Franz Borkenau als politischer Denker [1 ed.] 9783428486991, 9783428086993

138 103 26MB

German Pages 265 Year 1996

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Franz Borkenau als politischer Denker [1 ed.]
 9783428486991, 9783428086993

Citation preview

BIRGIT LANGE-ENZMANN

Franz Borkenau als politischer Denker

Beiträge zur Politischen Wissenschaft Band 93

Franz Borkenau als politischer Denker Von

Birgit Lange-Enzmann

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Lange-Enzmann, Birgit: Franz Borkenau als politischer Denker / von Birgit LangeEnzmann. - Berlin : Duncker und Humblot, 1996 (Beiträge zur politischen Wissenschaft; Bd. 93) Zug!.: Eichstätt, Kath. Univ., Diss., 1994 ISBN 3-428-08699-6 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten

© 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fotoprint: Wemer Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0421 ISBN 3-428-08699-6

Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 @

Inhaltsverzeichnis

Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

1. Aufstieg und Fall eines Gottes: Borkenau und das kommunistische Ideal 1900 - 1932 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Werdegang eines Revolutionärs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild. . . . . . . . . .. a) Genese der Fragestellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Ausgangsthesen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beweisführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zeitgenössische Rezeption. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. e) Mechanik, Maschine, Manufaktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. f) Rolle des Klassenkampfes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. g) Bilanz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10 10 22 22 28 33 43 44 49 54

II. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus: Beiträge zur Staatstheorie 1932 - 1937. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Weg ins Exil. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eine Soziologie des Faschismus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Entstehungsursachen faschistischer Bewegungen. . . . . . . . . . . . .. b) Proletarische Revolution und faschistische Konterrevolution. . . . . .. c) Der echte Faschismus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. d) Der Nationalsozialismus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Scheitern der Demokratie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 4. Zur Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft. . . . . . . . . . . . . .. 5. Paretos Elitentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Spanischer Bürgerkrieg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Bedeutung des Kampfes für die politische Linke. . . . . . . . . . . . .. b) Ablösung der Materie durch den Geist. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Soziale Revolution und antirevolutionäre Poltik der Kommunisten. .. d) Linke oder rechte Diktatur - Spaniens Zukunftsaussichten. . . . . . .. 7. Revolution und Konterrevolution. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

55 55 57 57 60 63 66 70 86 94 111 111 115 119 127 132

III. Ringen um die Weltherrschaft: Kommunismus, Nationalsozialismus, Totalitarismus 1938 - 1945. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 137 1. Kriegsjahre, Kriegsschriften, Neuorientierung. . . . . . . . . . . . . . . .. 137 2. Absage an den Weltkommunismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 141

6

Inhaltsverzeichnis 3. Entwicklung und Inhalt der Totalitarismustheorie. . . . . . . . . . . . . .. a) Das Totalitäre als Kennzeichen des Faschismus. . . . . . . . . . . . . .. b) Totalitarismus als Gattungsbegriff einer neuartigen Herrschaftsform. . 4. Der Totalitäre Feind. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Neuer Schwerpunkt Nationalsozialismus. . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) The Totalitarian Enemy - eine Kampfschrift. . . . . . . . . . . . . . .. c) Nationalsozialistische Wirtschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. d) Art und Wurzeln der nationalsozialistischen Ideologie. . . . . . . . .. e) Deutsche Außenpolitik und ihre Erfolgschancen. . . . . . . . . . . . .. f) Bolschewismus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. g) Resümee. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 5. Planwirtschaft und politische Freiheit - Lehren für die westlichen Demokratien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

146 147 156 160 161 168 170 175 180 183 187

IV. Kreminologie und Zivilisations geschichte 1945 - 1957. . . . . . . . . . . . .. 1. Der Neuanfang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Borkenaus Theorie der Kulturzyklen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Der Kalte Krieg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 4. Borkenau und Marx - ein schwieriges Verhältnis. . . . . . . . . . . . . ..

201 201 206 217 224

Schluß betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

231

Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Primärliteratur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Chronologisches Verzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Alphabetisches Verzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Sekundärliteratur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Veröffentlichungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Unveröffentlichte Quellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

234 234 234 243 252 252 259

Namen- und Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

260

192

Einleitung "Der wahre Ex- Kommunist kann nie wieder eine geschlossene Persönlichkeit werden". Sein Leben werde stets im Zeichen des Kampfes mit den einstigen Idealen stehen, dem Kommunismus könne er nie entrinnen l . Richard Crossman beschreibt 1950 mit diesem düsteren Bild den schweren Weg der Abkehr vom Kommunismus. Ihn gingen auch zahlreiche prominente Publizisten, die in den zwanziger Jahren in der revolutionären Linken engagiert waren und sich später aus Enttäuschung über die kommunistische Politik von der Bewegung trennten. Zu ihnen gehörten beispielsweise George Orwell, Ignazio Silone, Andre Malraux, Arthur Koestler, Richard Löwenthal und auch Franz Borkenau. Sie entfernten sich ganz unterschiedlich weit von ihren einstigen Idealen und Kameraden und ein jeder versuchte auf seine Weise, den Verlust seiner Ideale zu verarbeiten und sich selbst neu zu plazieren. Franz Borkenaus Bruch war der größte: In den zwanziger Jahren Angehöriger des engeren Apparates der Komintern, entwickelte er sich in den fünfziger Jahren zu einem Mitkämpfer des Kalten Krieges und einem unversöhnlichen Kritiker des Marxismus und der kommunistischen Regime. Er hinterließ nach seinem frühen Tod 1957 ein umfassendes Werk teils wissenschaftlicher, teils journalistischer Schriften zu Politik, Soziologie, Geschichte und sogar Psychologie, in denen sich seine emotionale, weltanschauliche und wissenschaftliche Entwicklung spiegelt. Besonders interessant sind dabei seine politischen und politikwissenschaftlichen Arbeiten, in denen er, oftmals angetrieben von seiner persönlichen Erfahrung, Beiträge zur Faschismusanalyse, Demokratietheorie und besonders der Totalitarismustheorie leistet. Dieser Teil des Werkes Franz Borkenaus soll in vorliegender Arbeit präsentiert werden. Dabei wird Borkenau nicht als ein großer, sondern vielmehr als ein symptomatischer Denker behandelt: Mit dem Werk dieses österreichischen Publizisten, Ex- Kommunisten, gelernten Historikers und leidenschaftlichen Anwalts der menschlichen Erkenntnisfähigkeit begleiten wir den für Deutschland und seine politische Linke bewegenden Zeitraum von der Mitte der zwanziger bis Ende der fünfziger Jahre. Seine Schriften führen in die brisanten Themen der politischen Auseinandersetzung dieser Zeit. Diejenigen seiner Schriften, die die für die politische Linke entscheidenden Ereignisse verarbeiten, wie die Spaltung der Arbeiterbewegung, den Spanischen

1

Richard Crossman: Ein Gott der keiner war. Zürich 1950, S. 16.

8

Einleitung

Bürgerkrieg, die zunehmende Instrumentalisierung der Kommunistischen Internationale oder den Hitler-Stalin-Pakt, zeigen zudem den Weg seiner zunehmenden Abkehr vom Kommunismus. Es ist diese organische Verbindung von persönlicher und allgemeiner Geschichte, von politischer Praxis und Theorie, die in Franz Borkenaus Leben und Werk so deutlich hervortreten und ihn zu einem überaus anregenden Untersuchungsgegenstand machen. Diese Arbeit zum politischen Denken Franz Borkenaus kann sich auf eine Reihe früherer Studien zu Borkenau stützen: Bereits 1962 verfaßte John E. Tashjean eine Dissertation mit dem Titel "Franz Borkenau: A Study of his Social and Political Ideas", eingereicht an der Georgetown University in Washington. Tashjean beschränkt sich in der Präsentation des Werkes Borkenaus häufig auf genaue Übersetzungen deutschsprachiger Schriften ins englische oder auf detaillierte Inhaltsangaben. Der biographische Teil aber ist von kaum zu überschätzendem Quellenwert, da Tashjean noch eine Reihe von Zeitgenossen und Bekannten Borkenaus befragen konnte, was der Arbeit große Intimität verleiht. Sie wurde leider nicht veröffentlicht. Ebenfalls reichhaltige biographische Informationen liefern ein Nachruf Richard Löwenthals auf seinen Freund Borkenau und sein Vorwort zum posthum veröffentlichten "Ende und Anfang". Ausführliche Beachtung findet Borkenau auch in der Studie von William David Jones zum deutschen Antitotalitarismus. Er liefert zusätzliche Informationen für die Zeitspanne ab 1945. Eine Studie Volker Reineckes von 1992 befaßt sich mit den geschichtsphilosophisch interessanten Schriften Borkenaus. Die Arbeit gibt interessante, wenngleich kontroverse Anregungen zu den Berührungspunkten von Borkenau mit Marx. Alles in allem läßt die Sichtung der bisherigen Literatur zu Borkenau eine Studie seiner politikwissenschaftlich interessanten Arbeiten unter Berücksichtigung ihres wissenschaftlichen, sozialen und historischen Umfelds vermissen. Ich hoffe diese Lücke mit vorliegender Arbeit zu schließen. Grundlage sind die Schriften Franz Borkenaus. Sie werden, wo erforderlich, durch Hinzuziehung von Sekundärliteratur zur gleichen Themenstellung ergänzt, um eine Bewertung der Leistungen Borkenaus zu erlauben. Die biographischen Informationen wurden aus den genannten früheren Veröffentlichungen zu Franz Borkenau gewonnen, sowie aus zahlreichen verstreuten Hinweisen auf Borkenau in der Literatur zur Geschichte der politischen Linken. Einige zusätzliche Informationen erhielt ich aus Gesprächen mit Dr. Peter Borkenau, Dr. Wolfgang Berner und Elle Rosenkranz, denen ich für ihre Hilfe herzlich danken möchte. Leider ließen sich die Informationen zur Person Borkenaus nicht zu einer befriedigenden Biographie verdichten. Trotz der genannten Unterstützung standen zu wenig Berichte von Zeitgenossen zur Verfügung, Korrespondenz war nicht zugänglich, autobiographische Aussagen waren rar. Einigen Schaffensperioden konnten daher nur skizzenhafte biographische Passagen vorangestellt werden; der Mensch Borkenau bleibt im Hintergrund.

Einleitung

9

Im Winter 1994 wurde diese Arbeit als politikwissenschaftliche Dissertation an der Katholischen Universität Eichstätt eingereicht. Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Karl Graf Ballestrem, der mir nicht nur die Anregung zu diesem Thema gab, sondern die Arbeit auch betreute und in erheblichem Umfang wertvolle Hinweise und Kritik beisteuerte.

I. Aufstieg und Fall eines Gottes: Borkenau und das kommunistische Ideal 1900 - 1932 1. Werdegang eines Revolutionärs

Franz Borkenau beginnt seinen Lebensweg wie viele seiner späteren Weggefährten in der revolutionären Linken als Sohn aus gutem Hause. Am 15. Dezember 1900 in Wien geboren, erhält er den Namen Franz Carolus Richard Albert Pollack. Seine Mutter, Melanie Pollack, geborene Fürth, ist eine deutsche Katholikin. Der Vater, Dr. Rudolf Pollack, ist Professor für Zivilund Handelsrecht, Hofrat und Richter am obersten Gerichtshof. Die Möglichkeit einer solchen Karriere hatte er auch der Tatsache zu verdanken, daß er trotz jüdischer Abstammung katholisch getauft war. Denn da der Hof antisemitisch eingestellt gewesen sei, sei die Konversion zum christlichen Glauben zwar nicht per Gesetz aber doch de facto erste Bedingung für jede höhere Karriere gewesen, schreibt der Sohn Franz Borkenau in seiner Geschichte Österreichs "Austria and After" 1. Rudolf Pollack will auch seinem Sohn die besten Ausgangschancen bieten. Er strebt für Franz nach Berichten einer Freundin der Familie eine militärische Karriere an, betrachtet aber den Namen "Pollack" dafür als unvorteilhaft. Er erreicht daher, daß der Junge von einer Großtante adoptiert wird und deren Namen "Borkenau" übernehmen kann2 • Franz besucht von 1910 bis 1918 das angesehene Benediktiner Schottengymnasium in Wien und besteht das Abitur mit Auszeichnung 3 . Für Franz Borkenau: Austria and After. London 1938. S. 108, 114. John E. Tashjean: Franz Borkenau. A Study of his social and political Ideas. Unveröff. Dissertation, Washington, Georgetown University, 1962, S. 3, Fn. 6. Er gibt als Quelle für diese Information einen Brief von Dr. Hanns Jäger - Sunstenau an, dessen Mutter Hertha Jäger, geb. Markhoff eine enge Freundin der Pollacks gewesen sei. Anfangs habe Borkenaus Name dann "Borkenau - Pollack" gelautet. Borkenau verfaßte auch seine Dissertation noch unter diesem Doppelnamen. Tashjean berichtet, Franz habe später die Erlaubnis erhalten, den Zusatz "Pollack" wegzulassen. Siehe Tashjean 1962, S. 5, Fn. 2. Amtliche Registrierung der Adoption im: Archiv für Niederösterreich, Registratur der ehemaligen kaiserlich-königlichen Statthalterei, Akt/Abteilung VII, Zahl 4333/1917, Registraturzeichen V- 49- H. 3 Tashjean 1962, S.4 f. 1

2

1. Werdegang eines Revolutionärs

11

die verbleibenden Kriegsmonate wird er zum Militär eingezogen, ohne aber noch aktiv am Kriegsgeschehen teilnehmen zu müssen. Die Militärzeit hinterläßt daher keinen bleibenden Eindruck4 • Nur einmal nimmt er in seinen Schriften indirekt darauf Bezug: In seinem Bericht über den Spanischen Bürgerkrieg berichtet er von einem Bombenangriff auf Madrid in einer Nacht im August 1936. Er habe einen lauten Krach gehört. "Ich wußte sofort, es war eine Bombe, obwohl ich noch nie einen Krieg miterlebt habe"s, Die Militärkarriere, die der Vater gewünscht hatte, verweigert Franz. Er habe sich, so die Darstellung seines späteren Freundes Richard Löwenthal, mit seiner strengen Erziehung nicht abfinden können und sei in Rebellion gegen Elternhaus und Schule aufgewachsen. Diese Rebellion habe sich auch auf den Staat und das Gesellschaftssystem übertragen. So sei Borkenau sehr jung zu der oppositionellen Jugendbewegung "Jugendkultur" von Siegfried Bemfeld gestoßen, aus der auch zahlreiche andere kommunistische Intellektuelle hervorgingen6 • Ein Bekannter der Familie berichtet, daß der Vater wegen der radikalen Ansichten des Sohnes mit Franz gebrochen habe, jedoch ist der Zeitpunkt des Zerwürfnisses unbekannt? Franz Borkenau zieht es vor, im Wintersemester 1918/19 das Studium der Geschichte, politischen Ökonomie und Philosophie an der Universität Wien aufzunehmen. Er wechselt mehrfach den Studienort von Wien (1918/19, 19211922) nach Leipzig (1919-1921, 1922-1924), wo er schließlich am 20. Juli 1924 sein Studium als Doktor der Philosophie abschließf!. In seiner Dis4 So heißt es in den Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen in Verbindung mit der Philips-Universität Marburg, Bd. 15: Catalogus Professorum Academiae Marburgiensis. Die akademischen Lehrer der Philips- Universität Marburg. 2. Bd. 1911-1971. Marburg 1979, S. 473 zu Franz Borkenau -Pollack. 5 Franz Borkenau: Kampfplatz Spanien. Politische und Soziale Konflikte im Spanischen Bürgerkrieg. Ein Augenzeugenbericht. Stuttgart 1982, S. 170. Eng\. Original: The Spanish Cockpit. An Eye Wittness Account of the Political and Social Conflict of the Spanish Civil War. London 1937. 6 Richard Löwenthai: In memoriam Franz Borkenau. In: Der Monat. Eine internationale Festschrift für Politik und Geistiges Leben. 9. Jg. (1957), Juli 1957, Heft 106, S. 57-60, hier S. 57 f. 7 So ein Brief von Dr. HannsJäger-Sunstenau vom 16.11.1959. Zitiert nach Tahjean 1962, S. 6. 8 Valeria E. Russo: Henryk Grossman and Franz Borkenau. A Bio-Bibliography. In: Science in Context, 1, 1 (1987), S. 181-191, hier S. 186. Im Internationalen Biographischen Archiv (Munzinger Archiv) ist in einer biographischen Information zu Borkenau vom 10. 8. 1957 auch der Studienort Berlin verzeichnet, der sonst jedoch nirgends zu finden ist.

12

1. Aufstieg und Fall eines Gottes

sertation untersucht er die methodologischen und historiographischen Kriterien einer der ersten Universalgeschichten, die in London von George Sales unter dem Titel "A History of the World from the Earliest Accounts of the Times to the Present" herausgegeben worden war9 • Kern der Untersuchungen Borkenaus ist die Frage der Urheberschaft der einzelnen Abschnitte des Geschichtswerkes. Seine Arbeit beschränkt sich auf diesen rein formalen Gesichtspunkt und er nimmt keine Wertung des Inhalts vor. Von Interesse für sein eigenes weiteres Schaffen ist lediglich eine abschließende Betrachtung zur geschichtlichen Bedeutung der "Universal History" . Borkenau hebt hier hervor, daß das Werk "den Endpunkt jener Entwicklung, die an die Stelle der theologischen Geschichtsauffassung die profane setzt" darstelle lO • Denn bisher hätten alle weltgeschichtlichen Werke die Weltgeschichte als Verwirklichung eines einheitlichen göttlichen Heilsplanes dargestellt und alle Abschnitte mit entsprechenden sinngebenden Verknüpfungen verbunden. Die "Universal History" verzichte erstmals auf solche Verbindungen und setze damit eine Tendenz fort, die schon vereinzelt in Monographien aufgetaucht sei. Doch erst "die Verweltlichung des Gesamtverlaufes der Geschichte, erst die Zerbrechung der alten theologischen Verknüpfung der Tatsachen, macht den Weg frei für eine neue weltlich- kausale Verknüpfung der geschichtlichen Tatsachen" 11. Von der Existenz und Notwendigkeit solcher Verbindungen ist Borkenau überzeugt und erweist sich als Anhänger einer sinngebenden Geschichtsschreibung. Er kritisiert die Leistung des deutschen Bearbeiters der Universalgeschichte, Baumgartner, die in nichts über die englische Vorlage hinausreiche und damit "zwei fruchtbare Keime erstickt, die zur Erkenntnis der Geschichte als einer genetisch zusammrnenhängenden Reihenfolge von Zuständen führen könnte"12. Borkenau meint damit, daß der Bearbeiter nicht versucht habe, die durch den Verzicht auf theologische Bewertungsmaßstäbe entstandene Lücken durch die Einführung von neuen Kriterien zur Bewertung der Bedeutung historischer Ereignisse zu füllen. Zum zweiten verzichte er, wie schon die Vorlage, auf ein Muster für die Erörterung vermuteter Zusammenhänge zwischen historischen Ereignissen. Dagegen lobt Borkenau die Versuche

9 Franz Borkenau-Pollack: A universal history of the world from the earliest account of times etc. 1738 ff. Dissertation zur Erwerbung des phil. Doktorats. Unveröffentlichte Maschinenschrift. Leipzig 1925. Verzeichnet in: PreussischeStaatsbibliothek: Jahresverzeichnis der deutschen Hochschulschriften. Berlin. Bd. XLI (1925), S. 582. Das bearbeitete Geschichtswerk mit dem vollständigenTitel "Universal History of the world from the earliest Account of Times to the Present, compiled from original Authors and illustrated with maps, cuts, notes, chronological and other tables" erschien ab 1738. lO Borkenau, Universal History, S. 198, 196 ff. 11 Ebd., S. 198. 12 Ebd., S. 214.

1. Werdegang eines Revolutionärs

13

eines der Autoren der Universalgeschichte, Campbell, durch die konsequente Betrachtung eines historischen Prozesses unter dem Gesichtspunkt von Aufstieg und Verfall zu einem besseren Verständnis dieses Ereignisses zu kommen 13 • Hier zeigt sich zum ersten Mal die vielen Schriften Borkenaus zugrundeliegende Überzeugung von der Sinnhaftigkeitder menschlichen Geschichte. Immer wieder wird Borkenau versuchen, durch die Einordnung von Ereignissen in einen behaupteten historischen Entwicklungsprozeß (zum Beispiel die Durchsetzung des Kapitalismus oder die Verwirklichung der Demokratie) zu einem besseren Verständnis von Ereignissen zu gelangen. Die Suche nach einem geeigneten Verständnisprinzip der menschlichen Geschichte begleitet ihn bis an sein Lebensende. Gleichzeitig ermöglicht ihm die Überzeugung, daß die Geschichte der Menschheit kein Zufallsprodukt, sondern ein nach Gesetzen ablaufender Prozeß sei, in seinem Leben die verschiedensten Themen zu behandeln. Dies streicht Volker Reinecke in seiner Präsentation der Borkenausehen Geschichtsauffassung heraus: Dieser habe stets einen Von- Bis- Rahmen der Geschichte an ein zu beurteilendes Ereignis angelegt, gefragt, an welcher Stelle des Geschichtsablaufes sich dieses Ereignis befände und es dann gemäß seiner vermutlichen Bedeutung für die Verwirklichung des apriori gesteckten Entwicklungszieles beurteilt. Reinecke kritisiert, daß Borkenau sich so den Blick auf Details und Unterschiede verschiedener Ereignisse verstellt habe und er möglicherweise Vieles völlig verzerrt darstelle, um den Bezug zu seinem vorformulierten Entwicklungsziel herstellen zu können. Auch habe ihn sein Von-Bis-Entwicklungsrahmen stets verleitet, historische Parallelen für jedes Ereignis zu suchen und auch dadurch Feinheiten zu gering zu bewerten l4 • Inwieweit Reinecke mit dieser Kritik Recht hat, wird noch zu klären sein; ihm ist vorab zumindest soweit zuzustimmen, daß es Borkenaus Bemühen war, kein Ereignis isoliert zu betrachten, sondern stets nach möglichen Parallelen zu suchen, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszufiltern und über diese zu einem tieferen Verständnis des Ereignisses zu gelangen. Dabei verrät seine stete Frage nach der Funktion, dem Zweck oder gemeinsamen Entwicklungsgesetzen von Begebenheiten seinen tiefen Glauben in die Determiniertheit des menschlichen Lebens. Zu den politischen Geschehnissen, die ihn zu solcher Suche nach Gemeinsamkeiten veranlassen, gehören das Aufkommen totalitärer Regime und das Phänomen von Revolution und Gegenrevolution, die ihn über einige Jahre beschäftigen.

13 14

Ebd., S. 210, 214. Reinecke, S. 31, 32 f., 57 f.

14

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

Seine Studienjahre widmet Borkenau nicht nur der wissenschaftlichen Arbeit, sondern engagiert sich auch in der praktischen Politik. Sein Kontakt zur politischen Linken verstärkt sich und er tritt 1921 in die KPD ein. Über sein Engagement in dieser Organisation wissen wir wenig. Er selbst berichtet beispielsweise später in seiner Geschichte der Komintern, "World Communism", daß er an der Schlageter- Kampagne aktiv teilgenommen habe, in der die deutschen Kommunisten versuchten, die nationalistischen revolutionären Gruppen zu einer gemeinsamen Front für eine Revolution zu gewinnen. Dies scheiterte allerdings nach einer Reihe von Gesprächen 15. Viele Jahre später, in seinem Nachwort zu einer Aufsatzsammlung bekannter Ex- Kommunisten, äußert sich Borkenau zu dieser Zeit: Seine eigene Beschäftigung mit der Tiefenpsychologie habe ihn zu der Überzeugung kommen lassen, daß "der Konflikt mit meiner höchst 'bürgerlichen' Familie und ein aus diesem entspringendes blutdürstiges Ressentiment der entscheidende Faktor" für diese Hinwendung zum Kommunismus gewesen sei. Er glaube, daß dieser Wunsch nach Rache und das Verlangen nach Gewalt für ihn und die meisten anderen, die sich dem Kommunismus zuwandten weitaus entscheidender gewesen sei, als die bewegende Kraft hoher Ideale der kommunistischen Ideologiel6 . Doch dies ist, wie der Autor selbst sagt, eine Erkenntnis, die er erst viele Jahre später gewann. Welche Gründe er damals empfunden haben mochte, ob er dennoch den Traum von einer besseren Gesellschaft träumte und was ihm die Gemeinschaft mit Gleichgesinnten und die Mitarbeit an einer revolutionären politischen Bewegung bedeuteten, berichtet er nicht. Daß in seinem damaligen Denken die marxistischen Ideale durchaus eine Rolle spielen, wenngleich er sie später als gegenüber seinen Rachegedanken als unerheblich einschätzt, räumt Borkenau durchaus ein: Während seiner Zeit in der Partei habe er mit Appellen an diese hohen Ideale vor sich und anderen nicht gespart 17 • Der Literat und Ex- Kommunist Arthur Koestler setzt der Selbstanalyse Borkenaus eine völlig andere Sichtweise entgegen. Er glaubt, daß eine allgemeingültige Abwägung der Gründe für die Hinwendung zum Kommunismus nicht möglich ist. "Die Hingabe an eine reine Utopie und die Revolte gegen eine 'verderbte' Gesellschaft sind also die beiden Pole, welche die allen

15 Franz Borkenau: World Communism. A History ofthe Communist International. Ann Arbor, 1963 (erstmals veröffentlicht 1938 unter dem Titel Communist International in London), S. 248. 16 Franz Borkenau: Nachwort zur deutschen Ausgabe von: Richard Crossman (Hrsg.): Ein Gott der keiner war. Zürich 1950, S. 289-297, hier S. 294 f. An den Titel dieses Buches knüpft die Überschrift meines ersten Kapitels "Aufstieg und Fall eines Gottes" an. 17 Ebd.

1. Werdegang eines Revolutionärs

15

militanten Glaubensbekenntnissen eigene Spannung erzeugen. Die Frage aufzuwerfen, welcher der beiden Pole den Strom zum Fließen bringt, die Anziehung durch das Ideal oder die Abstoßung durch die soziale Umwelt, hieße, die alte Frage nach Ei und Henne stellen. Der Psychiater sieht sowohl das Verlangen nach der Utopie als auch die Erhebung gegen den status quo als Symptome sozialer Fehlanpassung an. Für den Sozial reformer sind beide Symptome einer gesunden rationellen Haltung. Der Psychiater ist immer geneigt zu vergessen, daß die geschmeidige Anpassung an eine degenerierte Gesellschaft degenerierte Individuen erzeugt. Und der Sozialreformer vergißt zu leicht, daß Haß, selbst auf das wirklich Hassenswerte, nicht zu der Nächstenliebe und Gerechtigkeit führen kann, auf denen allein eine utopische Gesellschaft beruhen kann". So sei die Meinung des Soziologen, wie auch des Psychiaters stets nur eine Halbwahrheit l8 • Verläßt Borkenau sich also in seinen späteren Lebensjahren rückblickend nur auf die tiefenpsychologische Analyse seiner kommunistischen Vergangenheit, wertet er damit letztlich die soziale Nützlichkeit und Notwendigkeit von Kritik und Auflehnung ab. Seine krasse Gegenüberstellung von Haß und Idealen als Beweggründe einer Entscheidung läßt außer acht, daß, wie es bei Koestler anklingt, zur Ablehnung einer bestehenden Gesellschaft auch immer das Wunschbild einer besseren gehört. Inwieweit der Kommunismus auch für Borkenau eine Zeitlang eine solche Idealvorstellung lieferte, ist ungewiß, da er seine ersten politischen Schriften erst veröffentlichte, nachdem er 1929 aus der Partei ausgeschlossen worden war. Diese Werke zeugen, wie zu sehen sein wird, zumindest von einer intensiven Suche nach einer Konzeption für eine bessere Gesellschaft. Nach seiner Promotion beginnt Borkenau eine Karriere in der Kommunistischen Internationale "Komintern": 1925 bis 1929 ist er Mitarbeiter der von Eugen Varga geleiteten Forschungsstelle für Internationale Politik in Berlin. Richard Löwenthal nennt diese Einrichtung "Abteilung Varga", eine "Studienabteilung der Komintern, die getarnt im Gebäude der Berliner Sowjetbotschaft arbeitete und die Aufgabe hatte, vertrauliche Analysen der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung in diversen Ländern auszuarbeiten"19. Borkenau selbst bezeichnet seine Funktion als rein wissenschaftlich. Er sei mit dem Studium der internationalen Arbeiterbewegung betraut gewesen. Richard Löwenthal schreibt, Borkenau sei Referent für die sozialdemokratischen Parteien Europas gewesen und habe dabei gelernt, Zeitungen in verschiedenen Sprachen zu lesen. Vermutlich auch erst nach Beendigung seines Studiums

18 Arthur Koestler in: Richard Crossman (Hrsg.): Ein Gott der keiner war. Zürich 1950, S. 21-82, hier S. 22. 19 LöwenthaI, In memoriam, S. 58.

16

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

übernimmt Borkenau zudem die Leitung des kommunistischen "Roten Studentenbundes" . Er übt diese Funktion unter dem Decknamen "Wegner" aus. Richard Löwenthal berichtet, Borkenau während der Ausübung dieser Tätigkeit kennengelernt zu haben20 • Von einer solchen Begegnung berichtet auch Erwin Ackerknecht. 1927 sei Borkenau ("ein ganz schrecklicher Kerl, der inzwischen auch beim lieben Gott ist") in zerlöcherten Hosen zu ihm nach Leipzig gekommen und habe ihn mit dem Argument für die KPD werben wollen, daß es da so schöne Stellen gebe. Auf eine Frage zu seinem Erscheinungsbild habe Borkenau geantwortet, daß er auf Parteitour immer ein bißerl alte Kleider anziehe21 • Pragmatische Argumente, wie das guter Stellen und ernüchternde Erklärungen, wie die zu Borkenaus kaputter Hose, sind eine eigentümliche Werbestrategie für die auf Idealismus und soziales Engagement gegründete Bewegung des Kommunismus. Sie fügen sich aber gut in Borkenaus selbstgemaltes Bild seiner eigenen Hinwendung. Er mag angenommen haben, daß auch andere sich aus pragmatischen Gründen anschließen würden. Tatsächlich entspricht sein Vorgehen auch einer damaligen Parteistrategie. Borkenau berichtet 1950 von einem Gespräch, das er in den zwanziger Jahren mit dem späteren Ex- Kommunisten Werner Scholem geführt habe. Dieser "sagte mir einmal, als wir beide noch in der Partei waren: 'Diejenigen, die sich uns anschließen, tun es, weil sie glauben, daß wir alles kaputt schlagen werden.' Das traf in weitem Umfang zu und war damals auch in Scholems Munde durchaus nicht als Tadel gemeint, vielmehr wollte er die Notwendigkeit erläutern, bei der Parteipropaganda darauf Rücksicht zu nehmen "22. Diese und ähnliche Hinweise seitens der Parteileitung mögen Borkenau eine pragmatische statt ideologisch ausgerichtete Werbung nahegelegt haben. Diese Schilderung Borkenaus weist darauf hin, daß er, wie die meisten Neuzugänge in der kommunistischen Partei eine intensive Schulung erfährt, die die Konformität mit der Parteilinie sichern soll. Arthur Koestler verdanken wir eine eindrucksvolle Schilderung des Prozesses einer solchen "geistigen

20 Borkenau, World Communism, S. 10; Russo, S. 186; Löwenthai, In memoriam, S. 58. Auch: Institut für Zeitgeschichte München in einer im Münchner Institut einzusehenden Materialsammlung zur deutschsprachigen Emigration, die zu einer Veröffentlichung zusammen mit der Research Foundation of Jewish Emigration Inc., New York, führte: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933, Bd. I. München, New York, London, Paris 1980. 21 Interview mit Prof. Dr. Erwin Ackerknecht, Zürich, am 29.3. 1971. Geführt von Dr. Werner Röder. In: Institut für Zeitgeschichte: Materialsammlung zur deutschsprachigen Emigration von 1933-45. Im Archivkatalog zu finden unter Borkenau, Franz, Archivnummer ZS 2077. 22 Borkenau, Nachwort zu: Ein Gott der keiner war, S. 294.

1. Werdegang eines Revolutionärs

17

Assimilation": So berichtet er, daß er nach seinem Parteieintritt immer wieder auf Schwierigkeiten stieß, weil er Kritik an einzelnen Schritten der Parteipolitik übte. Immer wieder habe er dann von seinem Betreuer eine "dialektische Interpretation der Tatsachen" erhalten, die ihn lehren sollte, von seiner "mechanistischen" Sichtweise der bloßen Oberfläche des Geschehens wegzukommen. "Allmählich lernte ich, meiner mechanistischen Voreingenommenheit für Tatsachen zu mißtrauen und die Welt um mich herum im Licht der dialektischen Interpretation zu sehen. Es war ein höchst befriedigender Zustand der Gnade; denn hatte man sich einmal die richtige Technik angeeignet, so gab es keine störrischen Tatsachen mehr; sie nahmen automatisch die gewünschte Farbe und Gestalt an und fügten sich willig in den vorbestimmten Rahmen. Die Partei war sowohl moralisch als auch logisch unfehlbar; moralisch, weil ihre Ziele richtig waren, d.h. der Dialektik der Geschichte entsprachen, und diese Ziele rechtfertigten alle Mittel; logisch andererseits, weil die Partei die Vorhut des Proletariats war und das Proletariat die Verkörperung des aktiven Prinzips in der Geschichte darstellte. Die Gegner der Partei, von den offenen Reaktionären bis zu den Sozialfaschisten, waren Produkte ihres sozialen Milieus, ihre Ideen spiegelten die Verzerrungen der bürgerlichen Gesellschaft wider. Abtrünnige von der Partei waren verlorene Seelen, die sich der Gnade begeben hatten; mit ihnen zu diskutieren oder auch nur ihnen zuzuhören, hieß mit dem Teufel paktieren '023. Nicht allen jedoch gelingt diese Anpassung und der Umgang der Partei mit "Abtrünnigen" ist unbannherzig: Kritik widerspricht dem Erfordernis der Geschlossenheit revolutionärer Bewegungen. Es kommt daher immer wieder zu "Säuberungsaktionen", in deren Verlauf die als unzuverlässig oder zu kritisch eingestuften Mitglieder ausgeschlossen werden. Borkenaus Mitarbeit in der Komintern fällt in eine solche bewegte Phase dieser Organisation, gezeichnet durch mehrere Säuberungswellen und radikale Veränderungen der Taktik. Borkenau schildert zum Beispiel in "World Communism" , daß der 1925 offen ausgebrochene Machtkampf zwischen Stalin auf der einen und Trotzky und dem Komintern- Sekretär Sinovjev auf der anderen Seite zu einer großen Ausschlußwelle führte, die sich noch zweimal wiederholt habe, bis alle ausgeschlossen waren, die möglicherweise eine eigene Meinung hätten haben können24 • Viele hätten zwar versucht, dem Ausschluß durch ein gewisses Einlenken zu entgehen, doch gelungen sei dies nie. "Exclusions were not yet a matter of course. Convinced communists still regarded them as almost equivalent to a death sentence. Most of the

23 Arthur KoestIer in: Ein Gott der keiner war. Zürich 1950, S. 21-82, hier S. 40, S. 38 ff. 24 Borkenau, World Communism, S. 270.

2 Lange-Enzmann

18

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

oppositionists tried to evade the bitter necessity of leaving the party and attempted to find some compromise between their convictions and the official 'line'. But they found it was treason to the cause not to speak up about what they thought was patent degeneration of Russia and of the Comintern. In the end all opposition groups were excluded"25. Die Unterordnung unter die Parteidisziplin und die Hinnahme taktisch veranlaßter Änderungen in der politischen Linie fiel, wie Richard Crossman schreibt, besonders den Intellektuellen schwer: Durch ihre Gewissenhaftigkeit galten sie als unzuverlässig, waren geduldet aber nicht geliebt. Richard Crossman spricht von einer unbestreitbar brutalen Behandlung der westlichen Intellektuellen: Wenn die Komintern nur ein gelegentliches Zeichen von Achtung zu irgendwelcher Zeit während der letzten dreißig Jahre gezeigt hätte, dann hätte sie die Unterstützung des größten Teils fortschrittlichen Denkens in der gesamten westlichen Welt für sich gewinnen können. Stattdessen scheine sie von Anfang an diese Unterstützung nur widerwillig angenommen und alles getan zu haben, um sie wieder loszuwerden26 • Zum Kreis dieser Intellektuellen gehört auch Franz Borkenau, der seinerzeit "als einer der begabtesten jungen Theoretiker des Marxismus" gegolten habe, so eine redaktionelle Anmerkung des "Monats" von 195227 . Doch Ende 1928 beginnt sich Borkenau von der kommunistischen Partei zu lösen. Über die Ursachen dieses Prozesses verfügen wir nur über Aussagen Dritter oder über im Abstand einiger Jahre geschriebener Erklärungen Borkenaus, die, wie schon seine Äußerungen zu seiner Hinwendung zum Kommunismus, sehr nüchtern klingen. Ausdrücklich widerspricht er den bewegten - und bewegenden Schilderungen in den Memoiren vieler ehemaliger Genossen, die den Lösungsprozeß als ein ihr ganzes Leben in Frage stellendes Ereignis darstellen, ausgelöst durch die plötzliche Erkenntnis, daß die Kommunistische Partei zum Machterwerb und -erhalt oft gewalttätige und grausame Methoden anwandte. Franz Borkenau fragt ungläubig: "War es den Verfassern oder, was viel wesentlicher ist, war es der Masse der früheren Kommunisten bei ihrem Eintritt in die Partei denn unbekannt, daß die Bolschewiki von Anfang an ein grausames terroristisches Regime errichtet hatten und es auf die ganze Welt auszudehnen strebten? "28. Borkenau glaubt stattdessen, daß es den meisten sehr wohl bekannt gewesen sei und die Gewaltbereitschaft und Zerstörungskraft Ebd. Richard Crossman in seinem Vorwort zu: Ein Gott der keiner war, S. 16. 27 Franz Borkenau: Das Jahr 1917. Wirklichkeit und Legende der russischen Revolution. Sonderdruck aus: Der Monat. Eine Internationale Zeitschrift. Berlin 1952, 25

26

S.48. 28

Borkenau, Nachwort zu: Ein Gott der keiner war, S. 294.

1. Werdegang eines Revolutionärs

19

der Kommunisten sogar einen Großteil der Werbekraft der Bewegung ausgemacht habe29 • Er erklärt zur Phase seiner Abkehr: "At that moment I already doubted for some time the correctness of communist policy. Closer contact with its machinery made me decide to break with it"30. Die Erlebnisse innerhalb des Apparates, der Parteitaktik, der Wendungen, der "Erkenntnis der Halbschlächtigkeit und Aussichtslosigkeit einer Auseinandersetzung auf dem Boden der kommunistischen Bewegung" waren in Borkenaus Augen auch für die meisten anderen Ex-Kommunisten die Gründe ihrer Abkehr. Die Erlebnisse hätten sie zu der Einsicht gebracht, daß die taktischen und strategischen Fehler der Kommunisten keine Zufälle, sondern nur Symptome innerster Verworfenheit und totaler Destruktionstendenzen seien3l . Die taktischen Manöver, von denen nun mehrfach die Rede war, drehen sich im wesentlichen um die Frage, ob die Kommunisten als Führungselite einer proletarischen Revolution den Sturz der bürgerlichen Demokratie einleiten, oder ob sie in Zusammenarbeit mit anderen Linksparteien auf Veränderungen hinwirken und diese Veränderungsbewegung möglicherweise in revolutionäre Bahnen lenken sollen. Dieser letzteren, sogenannten Einheitsfronttaktik hängt auch Borkenau an, wie seine entsprechenden Schilderungen in "World Communism" zeigen32 • Als daher, verursacht durch innersowjetische Machtkämpfe zwischen Stalin und dem neuen Komintern- Sekretär Bucharin, ab 1928 ein neuer Linksruck erfolgt und die Arbeiterbewegung erneut gespalten wird, beginnt Borkenaus Ablösung von der Partei und der Komintern. Während Borkenau überzeugt ist, daß angesichts der schwierigen Weltlage und des drohenden Faschismus alle Kräfte zusammenhalten und vereint vorgehen müssen, zerschlagen die Kommunisten auf Weisung Moskaus jede Möglichkeit auf Einigung: In Deutschland, so ist die neue offizielle Politik, sei die revolutionäre Situation zur Machtübernahme der Arbeiterklasse bereits eingetreten. Eine selbständige Erhebung der Arbeiter solle nicht mehr abgewartet werden. Stattdessen solle eine Gruppe von Aktivisten die Führung der Klasse in die Hand nehmen, um die Revolution herbeizuführen. Die Sozialdemokratie wird zum Hauptfeind erklärt, da sie ein geschlossenes Vorgehen der Arbeiterklasse verhindere und sie entzweie. Borkenau kann dieser Linie nach Darstellung Richard Löwenthals nicht folgen. Zum einen habe Borkenau in dieser neuen von Moskau befohlenen Linie eine Unterordnung der

29

Ebd.

30 Borkenau, World Communism, S. 8, dazu auch Löwenthai, In memoriam, S. 58;

Tashjean 1962, S. 10. 31 Borkenau in seinem Nachwort zu: Ein Gott der keiner war, S. 294 f. 32 Borkenau, World Communism, Kap. XII und XIV.

20

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

Komintern unter die Bedürfnisse innerrussischer Fraktionskämpfe gesehen. Zum anderen hätte er als eigentlichen Hauptfeind die Nationalsozialisten erkannt und gefürchtet, daß die Schwächung oder Verunglimpfung der Sozialdemokratie den Aufstieg der Nationalsozialisten nur noch erleichtern würde - womit er recht behalten solltd3 . Als zu diesem Zeitpunkt die Abteilung Varga nach Moskau beordert wird und umzieht, zieht es Borkenau vor, in Berlin zu bleiben und arbeitet eine Zeit für das europäische Büro der Komintern unter Manuilski. Er besucht in dessen Auftrag England, Belgien und Spanien, um über deren kommunistische Bewegungen zu berichten34 • 1929 wird Borkenau schließlich im Zuge einer weiteren Säuberungswelle als Anhänger der sogenannten "Rechtsopposition" um Heinrich Brandler aus der KPD ausgeschlossen. Für kurze Zeit schließt er sich noch der KPDO an, der Kommunistischen Partei Deutschlands/ Opposition, doch scheint ihm die Arbeit in einer Splittergruppe nicht fruchtbar genug zu sein, denn er löst sich bald aus diesem Kreis35 • Das Bild, das sich aus den bisher zitierten Selbstaussagen Borkenaus ergibt, ist das eines Revolutionärs: Er strebt aus Haß auf die bestehenden Verhältnisse die gewaltsame Zerschlagung der alten Ordnung an, wohl wissend, daß dies ein Regime der Unterdrückung und Unfreiheit zur Folge haben wird, wie das russische Beispiel gezeigt hatte. Borkenau ist jedoch bereit, dies zu akzeptieren, zumal er davon ausgeht, Bestandteil dieser diktatorischen Elite zu sein. Denn wenngleich er Unfreiheit anderer als Folge der Revolution offensichtlich akzeptiert, ist er keinesfalls bereit, sich selbst einer Parteiführung zu unterwerfen und dafür seine Überzeugungen zurückzustellen. Es scheint, daß es eine nach innen demokratische, nach außen diktatorische Partei gemäß dem marxschen Entwurf ist, die Borkenau in den zwanziger Jahren vorschwebt. Da die Partei diesem Ideal aber offensichtlich nicht entspricht und entsprechen will, sind Borkenaus eigene, spätere Darstellungen glaubwürdig, wonach der Parteiausschluß für sein weiteres Leben eine geringere Bedeutung, als für andere Ex- Kommunisten hat. Er mag ihn sogar als eine logische Konsequenz aus einer tiefgreifenden Meinungsverschiedenheit bezüglich der praktischen Politik sehen, ohne daß dadurch seine politischen Ideale unmittelbar betroffen sind. Dafür sprechen die drei Rezensionen, die Borkenau nach seinem Ausschluß zu Marx- Engels- Schriften verfaßt, die der Öffentlichkeit ab 1927 erstmals zugänglich wurden. Darunter war auch die "Deutsche Ideologie", in der Marx und Engels erstmals ausführlich und ohne propagandistische

33 34

35

Löwenthai, In memoriam, S.58. Borkenau, World Communism, S. 10. Institut für Zeitgeschichte, Materialsammlung.

1. Werdegang eines Revolutionärs

21

Zuspitzungen ihre Theorie eines geschichtsnotwendigen Verfalls des Kapitalismus aufgrund seiner systemimmanenten Widersprüche ausarbeiteten. Mit dieser Veröffentlichung wurde eine differenziertere, auf wechselseitigen Prozessen beruhende Sichtweise offenbar, die mit der an naturwissenschaftlichen Determinismus reichenden bisherigen Interpretation nicht übereinstimmte. Zwar hatte dies keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Beurteilung der praktischen Politik, doch vermittelt es Borkenau eine Aufbruchstimmung und Begeisterung über die neuen Perspektiven der Marxschen Theorie, die in den drei Rezensionen zu den Neuveröffentlichungen deutlich wird. Er spricht von neuen Grundlagen der Marx- Engels- Forschung und von der Beendigung zahlloser Mißdeutungen der Marx- Engelschen Weltanschauung36 • Alle drei Rezensionen erscheinen in dem von Grünberg herausgegebenen "Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung". Vermutlich ist es ebenfalls Grünberg, der Borkenau in den Kreis der Frankfurter Schule einführte. Es gelingt Borkenau, vom Institut für Sozialforschung 1929 einen Forschungsauftrag oder ein Stipendium zur Untersuchung der Entstehung der Grundformen des Modernen Denkens zu erhalten3? Wir wissen nicht, ob er diese Zusage vor oder nach seinem Partei ausschluß bekam. Das aus dem Projekt resultierende Werk "Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild" entspricht allerdings nicht den Erwartungen des Instituts und wird erst mit zweijähriger Verspätung veröffentliche8 (was zum Großteil auf die Notwendigkeit der Suche nach einem neuen Verlag im Ausland nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten zurückzuführen sein mag). Borkenau, so heißt es bei Martin Jay, habe zwar ein sehr intensives soziales Engagement gehabt, seine Aktivitäten in der Schule schienen jedoch eher erzwungen39 • Leider erläutert Jay nicht weiter, welche "Aktivitäten" Borkenau innerhalb des Instituts unternimmt. Fest steht aber, daß der Auftrag Borkenau nicht nur für

36 Franz Borkenau: Rezension zur Marx-Engels Gesamtausgabe, I. Abt., I. Bd., I. Halbband, Frankfurt am Main 1927. In: Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung, XIV. Jg. 1929, S. 458- 489, hier S. 489; ders.: Besprechung zu: Marx-Engels-Archiv. Zeitschrift des Marx-Engels-Instituts in Moskau. 11. Bd., Frankfurt 1927. In: Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung, XV. Jg. 1930, S. 311-313, hier S. 311. Die dritte Rezension behandelte die Neudrucke marxistischer Seltenheiten, Leipzig 1929, Bd. 3 und 4. In: Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung, XV. Jg. 1930, S. 313 -315. 37 Martin Jay: The Dialectical Imagination. A History of the Frankfurt School and the Institute of Social Research 1923-1950. Boston, Toronto 1973. S. 16. 38 siehe dazu 1.2. Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild, unten S. 16. 39 Jay, S. 306.

22

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

einige Jahre den Broterwerb sichert, sondern zudem eine großartige Chance der wissenschaftlichen Profilierung bietet.

2. Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild

a) Genese der Fragestellung 1929 erhält Franz Borkenau vom Institut für Sozialforschung einen Forschungsauftrag zur Untersuchung der Entstehung der Grundformen des Modemen Denkens4O • Dies betrifft eine Fragestellung, die für die marxistische Geschichtsphilosophie von erheblicher Bedeutung ist: den Zusammenhang von wirtschaftlicher und geistig- kultureller Entwicklung. Borkenau geht in seinem aus dem Projekt resultierenden Werk "Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild", erschienen in Paris 1934, davon aus, daß die Entstehung des kapitalistisch- bürgerlichen Denkens in engem Zusammenhang mit dem Vordringen der manufakturellen Arbeitsweise im 17. Jahrhundert stehe. Die Veränderung der Produktionsweisen im Arbeitsprozeß machte auch eine Veränderung des Denkens erforderlich. Dies entspricht dem von Karl Marx konstatierten Zusammenhang von Wirtschaft und Denken, den wir kurz skizzieren wollen, um im späteren Text auf Parallelen hinweisen zu können: Marx nahm an, daß das Denken und die gesellschaftlichen Verhältnisse gleichermaßen von der herrschenden Produktionsweise bestimmt werden. Die jeweilige Entwicklungsstufe der "Produktivkräfte", z. B. Maschinen, erfordert eine angemessene Form der "Produktionsverhältnisse", also der Eigentums- und Rollenverteilung im Wirtschaftsprozeß. Diese Produktionsverhältnisse bilden die Basis des gesellschaftlichen Lebens, bestimmen die politische Struktur und die geistige Entwicklung"l. Mit der Änderung der Produktivkräfte müssen sich nach Marx unvermeidlich auch die Produktionsverhältnisse, die gesamte gesellschaftliche Struktur, die politischen Verhältnisse und das gesamte Geistesleben wie Wissenschaft und Kunst verändern. "Die Produktions- und Verkehrsmittel, auf deren Grundlage sich die Bourgeoisie heranbildete, wurden in der feudalen Gesellschaft erzeugt. Auf einer gewissen Stufe der Entwicklung dieser Produktions- und Verkehrsmittel entsprachen die Verhältnisse, worin die feudale Gesellschaft produzierte und austauschte, die feudale Organisation der

Jay, S. 16. Karl Marx: Die deutsche Ideologie. In: Marx-Engels-Werke (MEW), Bd. 3, S. 13-530, hier S. 25-27; ders.: Zur Kritik der politischen Ökonomie. In. MEW Bd. 13, S. 3-160, hier S. 8 ff. 40

41

2. Der Übergang vorn feudalen zum bürgerlichen Weltbild

23

Agrikultur und Manufaktur, mit einem Wort die feudalen Eigentumsverhältnisse den schon entwickelten Produktivkräften nicht mehr. Sie hemmten die Produktion, statt sie zu fördern. Sie verwandelten sich in ebenso viele Fesseln. Sie mußten gesprengt werden, sie wurden gesprengt"42. Die wirtschaftlich tragende Klasse strebt aber gleichzeitig danach, die tragende politische Kraft zu werden und setzt zu diesem Zweck die Ideologie als Herrschaftsinstrument ein: Sie formuliert ihre Interessen als gemeinschaftliches Interesse aller, stellt sie als einzig vernünftig dar. So manifestieren sich im "herrschenden Denken" in einer Gesellschaft (setzen wir hier den Begriff "Weltbild" ein) die wirtschaftlichen Machtverhältnisse. Das Weltbild dient einerseits dazu, die wirtschaftliche Macht auch in politische umwandeln zu könilen und dient dann dazu, diese Herrschaft auch zu erhalten43 .Weil sich die Produktivkräfte und in deren Folge auch die wirtschaftliche und gesellschaftliche Macht- und Rollenverteilung in stetigem Wandel befinden, ist die gesamte bisherige Menschheitsgeschichte von Machtkämpfen zwischen den verschiedenen Klassen bestimmt: "Freier und Sklave, Patrizier und Plebeyer, Baron und Leibeigener, Zunftbürger und Gesell, kurz, Unterdrücker und Unterdrückte standen in stetem Gegensatz zueinander, führten einen ununterbrochenen, bald versteckten, bald offenen Kampf, einen Kampf, der jedesmal mit einer revolutionären Umgestaltung der ganzen Gesellschaft endete oder mit dem gemeinsamen Untergang der kämpfenden Klassen"44. Auch die Moralvorstellungen der Menschen sind durch ihre Klassenzugehörigkeit und deren Interessen geprägt. So heißt es bei Engels: "Wir behaupten dagegen, alle bisherige Moraltheorie sei das Erzeugnis, in letzter Instanz, der jedesmaligen ökonomischen Gesellschaftslage. Und wie die Gesellschaft sich bisher in Klassengegensätzen bewegte, so war die Moral stets eine Klassenmoral; entweder rechtfertigte sie die Herrschaft und die Interessen der herrschenden Klasse, oder aber sie vertrat, sobald die unterdrückte Klasse mächtig genug wurde, die Empörung gegen diese Herrschaft und die Zukunftsinteressen der Unterdrückten "45. Die marxistische Idee von den das Denken determinierenden Produktivkräften scheint die geistesgeschichtliche Entwicklung sehr einseitig und simpel darzustellen. Engels betonte zur Berichtigung dieses Eindrucks, daß Marx und 42 Karl Marx, Friedrich Engels: Manifest der kommunistischen Partei. In: MEW, Bd. 4, S. 459-493, hier S. 467. 43 Marx, Die deutsche Ideologie, S. 46-48. 44 Marx, Engels, Manifest der kommunistischen Partei, S. 462. 45 Friedrich Engels: Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft. In: MEW, Bd. 20, S. 5-306, hier S. 87 f.

24

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

er die Produktivkräfte zwar als den wichtigsten, nie aber einzigen Einflußfaktor gesehen hätten. Neben der wirtschaftlichen Lage spielten die politischen Formen des Klassenkampfes und seine Resultate, wie Rechtsordnung, Religion, politische, juristische und philosophische Theorien oder auch die Vorstellungen der Beteiligten von der Situation eine Rolle. "Es ist eine Wechselwirkung aller dieser Momente, worin schließlich durch alle die unendliche Menge von Zufälligkeiten (d.h. von Dingen und Ereignissen, deren innerer Zusammenhang untereinander so entfernt oder so unnachweisbar ist, daß wir ihn als nicht vorhanden betrachten, vernachlässigen können) als Notwendiges die ökonomische Bewegung sich durchsetzt. Sonst wäre die Anwendung der Theorie auf eine beliebige Geschichtsepoche ja leichter als die Lösung einer einfachen Gleichung ersten Grades46 " • Und dieses Eingeständnis der Wechselwirkungen ist keineswegs eine der Verzerrungen der Marxschen Vorlage, die Engels vorgeworfen werden. Wohl aber handelt es sich um eine Einsicht, die Marx zwar in der "Deutschen Ideologie" formulierte, aber deren Veröffentlichung er unterließ aus Gründen, die in meiner Arbeit unter IV. 4. noch zur Sprache kommen sollen. In der "Deutschen Ideologie" heißt es also: "Diese Geschichtsauffassung beruht also darauf, den wirklichen Produktionsprozeß, und zwar von der materiellen Produktion des unmittelbaren Lebens ausgehend, zu entwickeln und die mit dieser Produktionsweise zusammenhängende und von ihr erzeugte Verkehrs form, also die bürgerliche Gesellschaft in ihren verschiedenen Stufen, als Grundlage der ganzen Geschichte aufzufassen und sie sowohl in ihrer Aktion als Staat darzustellen, wie die sämtlichen verschiedenen theoretischen Erzeugnisse und Formen des Bewußtseins, Religion, Philosophie, Moral etc. etc., aus ihr zu erklären und ihren Entstehungsprozeß aus ihnen zu verfolgen, wo dann natürlich auch die Sache in ihrer Totalität (und darum auch die Wechselwirkungen dieser verschiedenen Seiten aufeinander) dargestellt werden kann "47. Da Marx auf eine abschließende Klärung des Gewichts der einzelnen Einflußfaktoren auf die gesellschaftlichen Prozesse verzichtete, ist es in der marxistischen Schule eine wichtige Frage geblieben, welche Einflußfaktoren zu bestimmten Denkweisen führen. Von besonderem Interesse ist dabei natürlich die Entstehung des Weltbildes, zu dessen Ablösung der Marxismus angetreten war: das bürgerliche. Diese Anschauung von Welt und Natur, die sich in den Natur- und Geisteswissenschaften aber auch in der Literatur des 17. Jahrhunderts zeigt, wird vielfach auch als das "mechanistische" Weltbild bezeichnet. Ursache dafür ist zum einen die Dominanz der Mechanik in der Physik dieser Epoche und die erheblichen Forschungsfortschritte in diesem Bereich, die die "klassische Mechanik" v. a. Newtons hervorbrachten. Zum anderen entsteht

46

47

Friedrich Engels an Joseph Bloch. In. MEW, Bd. 37, S. 462-465, hier S. 463. Marx, Die deutsche Ideologie, S. 37 f.

2. Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild

25

dieser Beiname, weil auch in den Geisteswissenschaften Bezug auf die mechanischen Gesetze genommen wird. Die Wissenschaftsgeschichte, i. e. die der Naturwissenschaften, setzt sich ausführlich mit der Frage auseinander, welche Faktoren zu dieser Weiterentwicklung der Physik führen. Neben wissenschaftsinternen Faktoren werden zunehmend auch externe diskutiert. Ab den 20er Jahren erlebt dieser Zweig der Wissenschaftshistorie einen Aufschwung. Er wird auch von marxistisch orientierten Autoren vertreten, die die Entwicklung der mechanischen Naturwissenschaft auf die neue Produktionsweise im entstehenden Kapitalismus zurückführen. Lefevre rechnet zu den Pionieren sozialökonomisch orientierter Wissenschaftsgeschichtsschreibung B. Hessen., H. Mineurs und Franz Borkenau48 • Doch Borkenaus Themenstellung ist weiter gefaßt: Er fragt nach der Entstehung des gesamten Denkens des 17. Jahrhunders, ein ungeheures Unternehmen, das ohne Vorbilder ist. Die Absicht dazu reift vermutlich in Abstimmung mit Max Horkheimer, wenn nicht sogar durch dessen Anregung. Max Horkheimer, Mitbegründer des Frankfurter Instituts für Sozialforschung und ab 1930 dessen Direktor, hat in dem Vorwort zu Borkenaus "Der Übergang" das besondere Interesse des Instituts an der Klärung des Zusammenhangs zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und geistiger Kultur bekundet49 • 1930 hat er zudem selbst einen kleinen Band der Entstehung des mechanistischen Denkens gewidmet. Wir finden darin zum einen die marxistische Vorlage verarbeitet, zum anderen ist hier auch bereits das später von Borkenau entwickelte Schema in Ansätzen enthalten: Zentraler Punkt in Horkheimers Schrift ist die Bedingtheit von Wissenschaft, Philosophie, Staatslehre etc. durch die Klassenzugehörigkeit des jeweiligen Denkers und seine Rücksichtnahme auf die Interessen dieser Klasse. Wie schon Marx konstatierte, sieht Horkheimer das Denken als ein wichtiges Mittel der Durchsetzung von Gruppeninteressen an. Diese Interessen kommen zum

48 Wolfgang LeIevre: Naturtheorie und Produktionsweise. Probleme einer materialistischen Wissenschaftsgeschichtsschreibung. Eine Studie zur Genese der neuzeitlichen Naturwissenschaft. Darmstadt, Neuwied, 1978, S. 9. B. Hessen: Die sozialen und ökonomischen Wurzeln von Newtons 'Principia'. Nachdruck in: P. Weingart (Hrsg.): Wissenschaftssoziologie, Bd. 2, Frankfurt am Main 1974. H. Mineurs: Mechanik und Astronomie. In: H. Wallon (Hrsg.): Die Wissenschaft im Lichte des Marxismus. 1934, Repr. 1970. 49 Borkenau, Franz: Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild. Studien zur Geschichte der Philosophie der Manufakturperiode. Paris 1934, hier Nachdruck Stuttgart 1971, im folgenden zitiert als Übergang, S. IV. Zu Horkheimers Stellung im Institut für Sozialgeschichte siehe Jay, S. 24 ff.

26

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

Tragen, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse verändern. Da sie die Grundlage aller menschlichen Verhältnisse seien, gebe ihr Wandel auch den Anstoß zu Veränderungen in der Wissenschaft, Kunst, Metaphysik und Religion, welche die neuen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen stützen sollen. Für die bürgerliche WeItsicht heißt das, daß versucht wird "der neuen Ordnung die Heiligung zu verleihen, die der alten durch eine ungebrochene Religiosität zuteil geworden war"50. Während sich die feudale Ordnung den Menschen als gott gewollt legitimierte, muß die neue Wirtschaftsund Gesellschaftsordnung neue Rechtfertigungsgründe anführen. Die Verteidiger dieser Ordnung - das Bürgertum und die dieser Klasse angehörenden Denker - versuchen dies durch das Aufzeigen der Natürlichkeit und Vernünftigkeit: Indem sie darlegen, daß die neue Form den selben Gesetzen gehorcht und auf den selben Prinzipien beruht wie die Natur selbst, kann diese Rechtfertigung gelingen. Das Prinzip, das die bürgerliche Naturwissenschaft als Lösung aller Rätsel preise, sei die Mechanik51 • Alle Vorgänge und Veränderungen in der Natur lassen sich erklären durch Bewegung der Teile von Körpern und ihre Übertragung auf andere, die nach immer gleichen mechanischen Gesetzen erfolgen. Horkheimer zeigt für Machiavelli, aber besonders für Hobbes auf, daß sie die naturwissenschaftlichen Methoden und die in der Natur erkannten Gesetze auf den Menschen und die Gesellschaft übertragen. So erkläre Hobbes, daß der Mensch und der Staat nichts anderes seien als Mechanismen52 . Alle menschlichen Taten seien notwendige Wirkung mechanischer Vorgänge in Körper und Außenwelt. Selbst die Gefühle seien nur mechanische Antworten auf bestimmte Reize. Die Form von Staat und Gesellschaft aber sei nach Hobbes die notwendige Antwort auf das Wesen und die Taten ihrer Bestandteile: auf die Natur des Menschen53 . In das nun aus der Vorstellung von der menschlichen Natur abgeleitete Modell eines legitimen, natürlichen Staates werden laut Horkheimer bei Hobbes und allen anderen Vertragstheoretikern die Forderungen des Bürgertums eingebaut. Dabei sieht Horkheimer die Klassenbedingtheit der Theorien nicht als eine bewußte Handlung an, sondern als Effekt eines "sozial wirksamen psychologischen Mechanismus"54. Zwar habe Hobbes klar erkannt, daß jede Staatslehre, Religion, Mystik etc. ein Herrschaftswerkzeug sei, auf das auch der neue Staat nicht verzichten könne. Hobbes plädiere etwa 50 Max Horkheimer: Anfange der bürgerlichen Geschichtsphilosophie. Stuttgart 1930. S. 56, S. 3l. 51 Ebd., S. 40. 52 Ebd., S. 42 f. 53 Ebd., S. 44, 48-52. 54 Ebd., S. 56, S. 52 f.

2. Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild

27

dafür, die in der Religion verarbeiteten Ängste in den Dienst des Staates zu stellen, um Gehorsam gegen die bürgerlichen Moralgesetze zu erreichen55 • Doch Hobbes habe die geschichtliche und soziale Bedingtheit seiner eigenen Staatslehre nicht erkannt, weil sein Maßstab der Richtigkeit die Übereinstimmung mit damaliger Erkenntnis und Vernunft war, er aber die Erkenntnis als ewig gültig angesehen habe, statt sie als ebenfalls geschichtlich- gesellschaftlich bedingt zu erkennen56 • Franz Borkenau erhält seinen Forschungsauftrag zur Entstehung des bürgerlichen Weltbildes 1929. Als Horkheimers Schrift 1930 erscheint, wird ihm damit ein Leitfaden über die geschichtsphilosophischen Ansichten der Institutsleitung und ein deutlicher Anhaltspunkt für die an ihn gestellten Erwartungen an die Hand gegeben. Und als Borkenau seine Arbeit 1932 schließlich vorlegt, hat er das von Horkheimer entwickelte Schema gebührend berücksichtigt, wie im folgenden zu sehen sein wird. Richard Löwenthal allerdings meint, die Verknüpfung von Wirtschaftsform und Denken sei bei Borkenau nur eine äußerlich aufgeklebte Fassade, denn Borkenau habe nicht ernsthaft versucht, die neuen Denkkategorien aus den Produktionsverhältnissen abzuleiten. Vielmehr seien die entsprechenden Ausführungen dazu oberflächlich und entstammten dem Versuch einer nachträglichen Anpassung an Kritik des Instituts57 • Tatsächlich wird Borkenaus bereits 1932/33 fertiggestelltes Buch erst 1934 veröffentlicht und 1935 erscheint eine vernichtende Kritik seiner zentralen Thesen, geschrieben von dem Institutsmitglied Henryk Grossmann. Diese Rezension zeigt eine deutliche Distanzierung von Borkenaus Sicht- und Vorgehensweisen58 • Zuerst sollen nun zusammenhängend Borkenaus Thesen und seine Beweisführung dargestellt werden. Die Gliederung des Werkes ist sehr komplex und die Ausführungen oft schwer zugänglich. Um ein Mindestmaß an Übersichtlichkeit zu erhalten, wird auf eine Bewertung innerhalb dieser Darstellung weitgehend verzichtet. Erst im Anschluß wird eine kritische Würdigung erfolgen.

Ebd., S. 59-67. Ebd., S. 73 f. 57 Löwenthai, Ende und Anfang, S. 15 f., ders., In memoriam, S. 58. 58 Kritik von Henryk Grossmann: Die gesellschaftlichen Grundlagen der mechanistischen Philosophie und die Manufaktur. In: Zeitschrift für Sozialforschung . IV, 2 (1935), S. 161-231. Borkenau hat seine Thesen 1932 bereits vorab einmal veröffentlicht: Zur Soziologie des mechanistischen Weltbildes. In: Zeitschrift für Sozialforschung, I, 3 (1932), S. 311-335. 55

56

28

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

b) Ausgangsthesen Jede Wissenschaft, jedes Weltbild, jedes System von Denkkategorien ist nach Borkenau historisch bedingt und damit vergänglich. Daraus folgert er, daß wolle man ein Weltbild verstehen, man nach den historischen Bedingungen fragen müsse, unter denen es entstand, d. h. im Fall des mechanistischen Weltbildes nach den "geschichtlich-gesellschaftlichen Bedingungen ( ... ), die die Menschen vom 17. Jahrhundert bis heute, in der durch die Vorherrschaft der kapitalistischen Produktionsweise bestimmten Geschichtsepoche gezwungen haben, gerade diese Kategorien zur Orientierung in der Welt auszubilden "59. Das mechanistische Weltbild ist demnach für Borkenau im 17. Jahrhundert als Antwort auf dessen Bedingungen entstanden, von denen die vordringlichste der Kapitalismus ist. Das Weltbild ist ein Versuch der Anpassung an neue Lebensbedingungen, so wie es auch Horkheimer schon dargestellt hatte. Als sich ab dem Mittelalter die Produktionsweisen langsam veränderten, verlor das auf die alten Verhältnisse zugeschnittene Weltbild seine Überzeugungskraft und mußte ersetzt werden. Doch erst im 17. Jahrhundert fand das Bürgertum in der Arbeitsweise der Manufaktur eine Vorlage, die zur Hervorbringung einer mechanistischen Weltsicht führte. Sie diente in dem mit jeder Durchsetzung neuer Produktionsweisen verbundenen Klassenkampf als Waffe des Bürgertums zur Förderung der neuen Verhältnisse. So stellt sich in kurzer Form die von Borkenau aufgestellte Theorie zur Genese des bürgerlichen, auch mechanistisch genannten Weltbildes dar. Borkenau greift zur Erarbeitung seiner These zunächst einen Indikator des mechanistischen Weltbildes heraus: die Naturwissenschaft des 17. Jahrhunderts. Dies ist naheliegend, da, wie erwähnt, die ersten Forschungen zum Denken des 17. Jahrhunderts in der Geschichte der Naturwissenschaft stattfanden. Sie konzentriere sich in hohem Maße auf Fragen der mathematisch gefaßten Mechanik und sei bestrebt, das ganze Naturgeschehen aus mechanischen Prozessen zu erklären. Diese Feststellung war schon bei Horkheimer zu lesen gewesen. Doch Borkenau konkretisiert nun, es sei das Bemühen "alles Naturgeschehen nach Analogie der Vorgänge in einer Manufaktur" aufzufassen60 • Das Besondere der Produktion in den Manufakturen läge in der "aufs äußerste getriebenen Arbeitszerlegung, bei vollständiger Beibehaltung der handwerklichen Grundlagen des Produktionsprozesses "61. Die Zerlegung der menschlichen Arbeit in immer gleiche, einfachste Handgriffe, die diese Arbeit

59

60 6!

Borkenau, Übergang, S. Vll. Ebd., S. 5. Ebd., S. 2.

2. Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild

29

ihrer Qualität beraube und sie zur allgemein menschlichen, abstrakten, rein quantitativ zu bewertenden Arbeit verkommen lasse, stelle das mechanische Moment im Produktionsprozeß der Manufakturen dar. Dies entspricht der von Marx im "Kapital" vorgenommenen Unterscheidung zwischen konkreter und abstrakter Arbeit. Borkenau folgt somit einer differenzierteren Version des Marxismus als Horkheimer, indem er den Prozeß der Verdinglichung und Entfremdung zur Grundlage seines Verständnisses von "mechanisch" macht. Horkheimer geht stattdessen den einfacheren, einprägsamen Weg der Analogie von Maschine und Mechanik, während Borkenau ganz richtig feststellt, daß im 17. Jahrhundert in den Manufakturen Maschinen nicht zum Einsatz kamen. Gleichzeitig gibt Borkenau dem Marxschen Modell noch eine eigene Wendung, indem er die Entfremdung nicht als einzige Folge einer so gewandelten Arbeit sieht. Stattdessen betont er, daß der Arbeitsprozeß in den Manufakturen durch und durch anschaulich und klar wird. Er wird aber auch rechnerisch kalkulierbar, rein mathematisch erfaßbar, weil der menschlichen Arbeit nun der subjektive (d.h. in seiner Qualität schwankende und von Arbeiter zu Arbeiter unterschiedliche) Charakter fehlt. 62 • Der Begriffskomplex "mechanisch, mechanistisch, mechanisiert" umfaßt bei Borkenau demnach drei verschiedene Komponenten: Negierung subjektiver Qualität zugunsten rein quantitativer Betrachtung, Anschaulichkeit und mathematische Faßbarkeit. Dies erlaubt Borkenau besser als Marx und Horkheimer den Bogen zu Denken und Wissenschaft der Manufakturperiode als Ganzes zu schlagen: Wenn Borkenau von einem mechanistischen Weltbild spricht, versteht er darunter das Bestreben aller Wissenschaften, anschaulich und streng rationalistisch im Sinne absoluter mathematischer DarsteIlbarkeit zu sein. Es bedeutet weiter, daß zu diesem Zweck jede qualitative Betrachtung zurückgestellt wird und durch Zerlegung jedes Objekt und jede Tätigkeit auf eine allen gemeinsame Qualität zurückgeführt wird, also auf einen einheitlichen Grundbaustein aller Körper, bzw. eine einheitliche Ursache aller Bewegung. Dieses Erklärungsschema wird dann auf die verschiedenen Denkbereiche übertragen. Dort wird versucht, alle Erscheinungen als mechanisch zu begreifen, d.h. als Systeme gleicher Grundbausteine, deren Veränderungen auf Bewegungen der Teile aufgrund einer bestimmten Ursache zurückgeführt werden. In diesem Sinne wurden der Mensch, der Staat, das Universum im 17. Jahrhundert als Mechanismus erklärt. Die naheliegende These eines vereinfachenden, "vulgären" Marxismus, daß schlicht die neue manufakturelle Produktionsweise das Denken, also auch die Wissenschaft determiniert habe, will Borkenau nicht ungeprüft übernehmen. Er

62

Ebd .• S. 7 ff.

30

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

stell t dar, daß im 17. Jahrhundert drei verschiedene Produktionsweisen nebeneinander bestanden: die traditionelle handwerkliche, die manufakturelle und auch bereits die industrielle63 • Die Manufakturen seien durchaus nicht die herrschende Produktionsweise gewesen, sondern eher "sporadisch" aufgetreten64 • Auch die beiden grundlegenden Voraussetzungen der manufakturellen Produktion, die von der Wissenschaft aufgenommen wurden (Abstraktion von qualitativen Unterschieden der Materie und das mechanische Funktionieren aller Bewegungungen)65, sind nach Borkenaus eigener Aussage keinesfalls durchgängig verwirklicht. Immer wieder stieße die Manufaktur an ihre Grenzen, weil die Qualitäten einzelner Arbeitsmaterialien eben doch zu unterschiedlich seien. Dennoch führte das manufakturelle Vorbild in der Naturwissenschaft zu mechanischen Theorien für z. B. Optik und Chemie und - hier findet Borkenau zurück zum Gesamtgegenstand der Untersuchung- die Philosophie entwerfe auf diesem Vorbild ein Weltbild, in dessen Mittelpunkt die Idee des mechanischen Funktionierens aller Bewegungen und der substantiellen Gleichheit aller Materie stehen66 • Auch diese Idee war schon bei Horkheimer zu lesen. Warum aber sei es ausgerechnet die manufakturelle Produktion, die eine solche Auswirkung auf das Denken habe, fragt Borkenau. Er folgert, daß besondere Kräfte dazu gedrängt haben müssen, "den Menschen als ein bloß mechanisch funktionierendes Wesen aufzufassen" und sich deshalb eine WeItsicht analog zu den Abläufen in einer Manufaktur anbot. "Nicht aus der Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur, aus der Auseinandersetzung des Menschen mit der entstehenden Gesellschaft ist die Verallgemeinerung des mechanistischen Weltbildes erwachsen" 67. Nicht die Mechanisierung der Arbeit, sondern erst die damit einhergehende Mechanisierung des gesellschaftlichen Lebens, führe zu einer theoretischen Verarbeitung des von der Technik vorgelegten Materials. Auch diese Idee der Rechtfertigung gesellschaftlicher Verhältnisse seitens der ökonomisch und politisch herrschenden Klasse mit Hilfe dieser verabsolutierten WeItsicht und Moral findet sich in Ansätzen schon bei Marx und Engels68 • Die meisten marxistisch orientierten Autoren bekräftigen die Bedeutung des Klassenkampfes für die geistige Entwicklung. Wie Borkenau, ist beispielsweise auch Leffwre der Ansicht, daß das neue Denken aus ideologischen Gründen entstand. Das Bürgertum habe eine exakte Naturwissenschaft gebraucht, um die

Ebd., S. 4, 13. Ebd., S. 14. 65 Ebd., S. 8ff. 66 Ebd., S. 12f. 67 Ebd., S. 13f. 68 Siehe oben S. 16 f. 63

64

2. Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild

31

neuen Lebensverhältnisse zu rechtfertigen. Die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse würden dann auf andere Denkbereiche übertragen, um auch diesen ein gesichertes Fundament wissenschaftlicher Bearbeitung zu legen: Das Weltbild wird mechanisiert. Dahinter steht nach Lefevre das Bedürfnis des Bürgertums, die neue Realität als notwendig darzustellen. Dafür sei es erforderlich gewesen, dies nicht nur spekulativ zu behaupten, sondern als Erkenntnis der erscheinenden Realität selbst abzusichern. So wissenschaftlich "bewiesen" konnte das neue Weltbild der feudalen Wel tanschauung entgegentreten69 • Nirgends wird die Aktualität der Borkenauschen Ansätze so deutlich, wie in den verblüffenden Parallelen dazu bei Lefevre - 44 Jahre danach. Daß Marx und Horkheimer von der Bedeutung des Denkens als ideologische Waffe im Klassenkampf überzeugt waren, wurde bereits dargestellt. Auch Freudenthal stimmt dem zu und legt dar, daß z. B. Newton an seinen Gundsätzen der Mechanik auch dort festhält, wo sie zur Erklärung offensichtlich nicht taugen70. So hatte auch Borkenau für die Mechanik des 17. Jahrhunderts formuliert: "Das Charakteristische ist hierbei: Soweit die Möglichkeit besteht, Vorgänge exakt als mechanisch zu beschreiben, ist die Forschung der Periode exakt. Wo diese Möglichkeit nicht besteht, ist sie rücksichtslos konstruktiv, ein kühnes Phantasiegebäude "71. Was Borkenau damit sagen will ist nicht, daß die Technik, d. h. die Produktivkräfte, keinen Einfluß auf das mechanistische Weltbild hätten. Im Gegenteil, sie sind die Quelle, aus der das Material für dieses Weltbild geschöpft wird. Doch dies geschieht nicht als ein Automatismus. Die Produktivkräfte wirken sich erst über einen Mittelsmann auf das Denken aus, nämlich über die Veränderung des gesellschaftlichen Lebens, d. h. der Produktionsverhältnisse. Die manufakturellen Produktivkräfte (die schon im 16. Jahrhundert aufgetreten seien) führen erst zur Schaffung eines neuen Weltbildes, als die Produktionsverhältnisse dies erforderten, weil sie sich veränderten. Und eine solche Veränderung scheint sich für Borkenau erst in der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert zu ergeben: "So wird nicht das sporadische Auftreten der ersten Manufakturen Ursache der Durchsetzung der mechanistischen Weltanschauung, sondern die gewaltige Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse, die sich an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert vollzieht "72. Äußere Bedingungen, nämlich die Beendigung der Religionskriege in Frankreich, die Gewinnung und Sicherung der

Lerevre, S. 119 f. Gideon FreudenthaI: Atom und Individuum im Zeitalter Newtons. Zur Genese der mechanistischen Natur- und Sozialphilosophie. Frankfurt 1982, S. 312 ff. 71 Borkenau, Übergang, S. 12. 72 Ebd., S. 14. 69 70

32

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

republikanischen Freiheit in Holland und die Beruhigung der Verhältnisse und Existenzsicherung unter Elisabeth I in England, verschafften der Bourgeoisie den für ihre wirtschaftliche und politische Entfaltung notwendigen Freiraum. Bourgeoisie beziehungsweise Gentry (als die den Kapitalismus tragenden Klassen) werden nun aktiv, um bald in den Vordergrund zu treten. "Diese historische Wendung geht zeitlich der Entstehung des mechanistischen Weltbildes unmittelbar voran; sie hat sie herbeigeführt ,,73 • Zur Durchsetzung ihrer neuen Machtinteressen proklamiert die Bourgeoisie ein neues Weltbild. In dieser Gedankenkette zeigt sich eine tiefe Kluft zwischen Borkenau und Horkheimer. Die Veränderung von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen in Richtung ihrer Mechanisierung bilden nach Borkenau zusammen den Prozeß des Durchdringens des Kapitalismus. So kehren wir zurück zu dem eingangs zitierten Satz, daß die gesellschaftlichen Bedingungen in der vom Kapitalismus geprägten Epoche die Menschen gezwungen hätten, ein mechanistisches Weltbild zu entwickeln. Diese besonderen gesellschaftlichen Bedingungen liegen nach Borkenau in den Macht- oder "Klassenkämpfen" die mit der Entstehung einer neuen Gesellschaftsordnung einhergehen: Das bürgerliche Weltbild ist ein im Interesse dieser Klasse entwickeltes System, das die Stellung des Bürgertums in der neuen Gesellschaft festigen und die Entstehung des Kapitalismus unterstützen soll. Auch dies entspricht einer bereits dargestellten These Horkheimers. Borkenau formuliert allgemein: "Alle ideologischen Prozesse werden von zielgerichteten Menschen getragen, die auf äußere Einflüsse nicht nach mechanischen Gesetzen, sondern vermittels spontan reagierender Anpassung in der Richtung der Selbsterhaltung antworten. Da die Geschichte Handeln von mit Spontaneität begabten Wesen ist, gibt es Entwicklungstendenzen. Diese Entwicklungstendenzen entspringen regelmäßig den Bestrebungen von Gruppen, sich innerhalb einer sich verändernden Gesamtgesellschaft zu behaupten ,,74 • Auffallend ist, daß in dieser Erläuterung von materiellen Bedingungen einer Gesellschaft keine Rede ist. Dagegen versucht Borkenau in seinem vorab veröffentlichten Aufsatz "Zur Soziologie des mechanistischen Weltbildes" diesen Faktor besonders deutlich herauszuarbeiten: "Diese Verallgemeinerung der von der Manufaktur ausgehenden Fragestellungen über den Bereich des gesamten menschlichen Wissens ist nicht aus den Bedürfnissen des technischen Produktionsprozesses, sondern aus den Klassenkämpfen zu erklären, die sich an das Emporkommen der neuen Produk-

73 74

Ebd., S. 14. Ebd., S. 159.

2. Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild

33

tionsweise knüpfen 1175. Hier also gelangen wir wieder an den Ausgangspunkt: Es ist die Produktionsweise (Produktivkräfte), die auf das gesellschaftliche Leben einwirkt und Veränderungen fordert, was in den Klassenkämpfen seinen Ausdruck findet und in deren Verlauf die Bourgeoisie das mechanistische Weltbild als Kampfmittel hervorbringt. Es soll die Manufakturarbeiter lehren, daß in der Natur alles nach den Gesetzen der Mechanik funktioniert und somit auch der Mensch ein rein mechanisch funktionierendes Wesen sei. Die Manufakturarbeit, die auf eben diesen mechanischen Grundlagen beruht, ist deshalb die für den Menschen natürliche Arbeitsweise. Und doch gilt es, sich Borkenaus vorherige Darstellung ins Gedächtnis zu rufen, wonach außen- und innenpolitische Veränderungen erst den Aufstieg der Bourgeoisie erlauben und die Frage der Macht- und Güterverteilung zwischen den Klassen neu aufwerfen. Hier zeigt sich in komplexer Form das Phänomen der Wechselwirkungen zwischen Technik, Politik, Wirtschaft, Denken und Religion, das wir bei Marx und Engels angesprochen, aber nicht zu Ende gedacht finden. c)

Beweisführung

Von Borkenaus weiteren Ausführungen wären folgende Nachweise zu erwarten: Zum einen wäre zu zeigen, daß sich im 17. Jahrhundert die Manufaktur als Produktionsweise immer stärker durchsetzt, daß sich zum zweiten die gesellschaftlichen Verhältnisse in Zusammenhang mit der Verbreitung der kapitalistischen Wirtschaftsform in diesem Jahrhundert verändern und dies Macht- und Klassenkämpfe hervorruft. Schließlich wäre zu zeigen, wie das Bürgertum das neue Denken hervorbringt, wie dieses aussieht und welche Elemente auf die manufakturelle Technik zurückzuführen sind. Wir erwarten demnach eine umfassende Sammlung von Daten zur Wirtschafts- und Sozialentwicklung in einem oder mehreren Ländern und die Aufdeckung eines kommunikativen Prozesses, an dessen Ende eine öffentliche Meinung über die entscheidenden Fragen der Zeit, also ein neues Weltbild steht. Stattdessen finden wir, daß Borkenau fast ausschließlich ideengeschichtliche Studien betreibt, auf Wirtschafts- und Sozialdaten verzichtet und nur anband der Entwicklung des Begriffes des Naturgesetzes über mehrere Jahrhunderte die historische Bedingtheit und die Veränderung des alten Weltbildes nachweisen will. Zur Begründung legt er dar, daß ein Weltbild aus Natur- und Selbstbild des Menschen bestehe. Die Grundkategorie des Naturbildes aber sei das

75 Franz Borkenau: Zur Soziologie des mechanistischen Weltbildes. In: Zeitschrift für Sozialforschung. Jg. 1(1932), S. 311-335.

3 Langc-Enzmann

34

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

"N aturgesetz", das einen besonders geeigneten Indikator für die Veränderung des Weltbildes sei. Denn es stelle eine Nahtstelle zwischen Naturordnung und Gesellschaftsordnung dar76. So verstünde Thomas von Aquin, als klassischer Vertreter des ständischfeudalen Weltbildes, unter dem Naturgesetz die natürliche und damit gute gesellschaftliche Ordnung, die der Mensch erkennen könne, wenn er die Natur betrachte und deren wunderbare vernünftige Ordnung77 • Die Lehre des Thomas habe die Funktion, die ständisch-feudale Ordnung zu rechtfertigen und als natürlich und gottgewollt darzustellen. Eine solche harmonische Weltsicht sei für Thomas aufgrund seines positiven Menschenbildes möglich gewesen. Mit dem Verfall der alten Ordnung jedoch ändere sich das Selbstbild des Menschen78 • Anfangs habe der entstehende Kapitalismus nur eine auflösende Wirkung auf die feudale Gesellschaftsordnung gehabt, "ohne noch seine eigenen Lebensformen als Normen des ganzen gesellschaftlichen Geschehens proklamieren zu können. Er behält seinen Charakter als Geld- und Handelskapitalismus; die Manufaktur steht in ihren ersten Anfängen, d.h. nur die Anwendung kapitalistischer Methoden im Arbeitsprozeß ermöglicht eine Betrachtung der Natur nach quantitativen Methoden. Vor der Manufakturperiode ist der Kapitalismus ausschließlich eine auflösende Kraft gegenüber der feudalen Gesellschaftdsordnung, dies aber immer tiefgreifender "79. Weil also dem Kapital der Eintritt in die wirtschaftliche Produktion noch nicht gelungen ist, die neue manufakturelle Produktionsweise sich noch nicht durchgesetzt hat, fehlt die geeignete gedankliche Vorlage für das neue Weltbild, das die entstehende Lücke füllen soll. Am Beispiel der Verwendung des Naturgesetzbegriffes etwa bei Calvin, Ficino, Vives und schließlich bei Bacon, zeigt Borkenau, daß der Begriff des moralischen Naturgesetzes im Lauf der Zeit immer mehr zurücktrete und auch die optimistische Deutung der Menschennatur immer mehr abgestreift werde. Borkenau führt dies auf die stärker werdende zersetzende Wirkung des Kapitalismus zurück, ohne aber Zahlen zu dessen Entwicklung zu nennen oder diese angeblich zersetzende Wirkung näher zu erläutern. In der Reformation werde dann der Naturgesetzbegriffim Sinne einer natürlichen Gesellschafts- und Moralordnung endgültig aufgegebenso.

76 Borkenau, Übergang, S. 15, 19; ders., Zur Soziologie des mechanistischen Weltbildes, S. 313. 77 Borkenau, Übergang, S. 23 ff.; ders., Zur Soziologie des mechanistischen Weltbildes, S. 313. 78 Borkenau, Übergang, S. 30; ders., Zur Soziologie des mechanistischen Weltbildes, S. 313 f. 79 Borkenau, Übergang, S. 54. 80 Ebd., S. 54 ff.

2. Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild

35

Zur Triebfeder der konkreten Ideen der einzelnen Denker erklärt Borkenau deren Klassenzugehörigkeit und die damit verbundenen Interessen. Nachdem er bei Thomas von Aquin den Wunsch nach Legitimierung der bestehenden ständischen Ordnung als Antrieb des Weltbildes unterstellt hatte, stellt er für Cusanus fest, daß seine Lehre ganz auf die Situation einer vom Vordringen des Kapitalismus bedrohten Schicht abgestellt sei: Die Kleinadeligen, Zunfthandwerker und Intellektuellen hätten durch den Zerfall keinerlei Machtvorteile erhalten, sondern sich schmerzvoll an die Bedingungen des Geldkapitalismus anpassen müssen. Ihr Weltbild sei deshalb wie ihre reale Situation pessimistisch. Die Weltordnung, in der sie keine Macht haben, sei ein Reich des Teufels, der Mensch durch und durch böse81 • Eine solche Lehre kann nur darauf abzielen, die Macht einer herrschenden anderen Klasse zu untergraben oder zumindest in Frage zu stellen. Als Gegenbeispiel referiert Borkenau die Lehre Ficinos, Parteigänger der Medicis, der versuche, die Kreisbewegung als verbindendes Glied zwischen Gott, Mensch und der Natur einzuführen um so die harmonische WeItsicht beibehalten und die bestehende Gesellschaftsordung verteidigen zu können 82 • In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ist es dann soweit: das alte Weltbild hat seine Gültigkeit vollends verloren. Es sei der Zeitpunkt des Höhepunkts des Zersetzungsprozesses durch den Kapitalismus, den Marx als "ursprüngliche Akkumulation" beschrieben habe 83 • Den Endpunkt der Entwicklung stelle die Naturwissenschaft Roger Bacons dar. Er habe die Idee eines allgemeinen Naturgesetzes endgültig verworfen und stattdessen zu wirklich empirischer Naturforschung aufgerufen. Damit habe Bacon aber keineswegs einen Grundstein für das neue Weltbild gelegt. Sein Forschen sei vielmehr eine "sinnlose ( ... ) Sammlung von Beobachtungen über Qualitäten", die wertlos sei, weil sie in kein Kategoriensystem eingeordnet wäre 84 • Den

Borkenau, Zur Soziologie des mechanistischen Weltbildes, S. 315. Borkenau, Übergang, S. 68 f. 83 Ebd., S. 89; die entsprechende Darstellung Karl Marx' siehe: Die sogenannnte ursprüngliche Akkumulation. In: Franz Borkenau (Hrsg.): Karl Marx. Frankfurt 1956. S. 121-156. Der Text stammt aus Karl Marx: Das Kapital. Bd. I. 84 Borkenau, Übergang, S. 88, 91, 94. Borkenau rechnet Bacon noch zu den Vertretern der alten Wissenschaft und stellt fest, dieser habe keinerlei bedeutende naturwissenschaftliche Entdeckung gemacht. ebd. S. 93 ff. Diese Ansicht vertritt auch Zilsel. Dieser sieht aber gleichzeitig die Bedeutung Bacons darin, der erste Denker gewesen zu sein, "der jedoch voll die grundlegende Bedeutung der methodischen wissenschaftlichen Forschung für den Fortgang der menschlichen Zivilisation erkannte" Edgar Zilsel: Die sozialen Ursprünge der neuzeitlichen Wissenschaft. Hrsg. v. Wolfgang Kohn. Frankfurt am Main, 1976, S. 62. 81

82

36

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

Grund, warum es Bacon nicht gelungen sei, einen Beitrag zu einem neuen Weltbild zu leisten, sieht Borkenau abermals in der Klassenzugehörigkeit und den schichtspezifischen Interessen. Bacon sei ein Mitglied des in England eng mit der Monarchie verbundenen Geldkapitals gewesen. Wegen der Vergabe von lukrativen Monopolen an diese Schicht durch den König, sei das Geldkapital an einer Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse nicht interessiert gewesen und somit auch nicht an der Einsetzung eines neuen Weltbildes85 • Wenn der Zusammenhang der Ideen eine Frage der Selbstentwicklung wäre, meint Borkenau, wäre die Wissenschaft wohl auf diesem Stand der "sinnlosen" Sammlung von Beobachtungen stehengeblieben. Doch die gesellschaftliche Entwicklung habe bald gebieterisch gefordert, sich wieder der Suche nach Normen zu widmen. Denn der Kapitalismus erreichte den Punkt, an dem er sich als allgemeine Lebensform der Gesellschaft proklamieren wollte und dafür bedurfte er zwingend Normen, die das gesellschaftliche Leben und individuelle Verhalten regeln. Deshalb sei nun eine rationale Konstruktion der Gesellschaft und ebensolche Deutung des Menschen entstanden, so Borkenau 86 • Wir vermissen auch hier einen Beleg für diesen Entwicklungsstand des Kapitalismus und müssen uns mit der bloßen Behauptung zufrieden geben. Die Lücke, die die Lehre von einer natürlichen Gesellschaftsordnung hinterlassen hat, wird nach Borkenau nun durch Modelle gesetzter Rechtsordnungen geschlossen. Als Beispiele führt er die Staatstheorien von z.B. Macchiavelli und Bodin an. Auf der anderen Seite müsse auch die zweite, von der alten Ordnung hinterlassene Lücke, die einer moralischen Ordnung gefüllt werden. Denn das Wirtschaftsleben des Kapitalismus, das von der Rechts- und Staatsordnung nicht erfasst werde, bedürfe einer gewissen Ordnung innerhalb des Arbeitsprozesses, um funktionieren zu können. Der Arbeiter, der nicht mehr durch Zunftregeln, Leibeigenschaft oder Arbeitszwang geleitet werde, müsse nun durch eine neue Moral zur Arbeit motiviert werden. Andererseits bedürften auch die Schichten einer neuen Moral, die nicht in den kapitalistischen Produktionsprozeß eingegliedert seien, wie etwa Teile der Oberschicht, die nach dem Verlust der bindenen Kraft der Tradition vor der Frage stünden, wie sich das wurzellos gewordene Individuum dem neuen Leben gegenüber verhalten solle8? So versuche jede Klasse eine ihren Interessen und Bedürfnissen entsprechende neue Anthropologie und Moral zu finden. Borkenau ordnet den außerhalb des Arbeitsprozesses stehenden aristokratischen Schichten den

85 86

87

Borkenau, Übergang, S. 90. Ebd., S. 95 f. Ebd., S. 152.

2. Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild

37

Neustoizismus und Skeptizismus zu, dem Hochadel den Libertinismus, der Bourgeoisie den Jansenismus, einer bunten Sammlung von Angehörigen verschiedener, anfangs nichtkapitalistischer Gruppen den Calvinismus. Dessen Anhänger seien getrieben gewesen von dem Versuch, die durch die kapitalistische Zersetzung notwendige Anpassung zu vollziehen. Sie hätten sich durch die Entwicklung immer mehr aneinander angeglichen und seien zu den tragenden Schichten des Manufakturkapitalismus geworden. So sei Max Webers These zuzustimmen, daß die kapitalistische Denkform dieser Schichten ihrer kapitalistischen Lebensform vorangegangen sei88 • Sie war, wie jeder ideologische Prozeß der Versuch, sich neuen Bedingungen anzupassen, um sich behaupten zu können89 • Borkenau skizziert kurz die verschiedenen Lehren, setzt sie allerdings nur gering in Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Bedingungen der Zeit. Es fehlt bis hierher eine umfassende Betrachtung der gesellschaftlichen Vorgänge in den verschiedenen Ländern, besonders aber konkrete Daten zur Wirtschaftsentwicklung. Borkenau begnügt sich mit der Wiederholung der stets gleichen Formel von der zersetztenden Wirkung des Kapitalismus, ohne dies an konkreten Entwicklungen festzumachen. Gänzlich fehlen Verweise auf die jeweilige Entwicklung der Manufakturen, ihrem Anteil an der wirtschaftlichen Produktion oder auch Beschäftigungszahlen, die ein Einschätzen ihrer Bedeutung zuließen. Die Manufakturen sind in den Abschnitten zu den Vorläufern des neuen Weltbildes praktisch unberücksichtigt. Was am Ende dieser ersten fast 270 Seiten bleibt, ist nach wie vor bloße These: Es ist noch immer nicht klar, wie und warum der Kapitalismus die alte Ordnung zersetzt, wir wissen nicht, welche Rolle die Manufakturen in diesem Prozeß spielen oder welche konkrete Auswirkung sie auf das neue Naturbild oder die Moral haben sollen. Deutlich wurde aber das Klasseninteresse der Bourgeoisie und Gentry: Sie müssen die nach Ansicht Borkenaus schlechte Wirklichkeit im Kapitalismus durch eine optimistische WeItsicht überdecken, die Realität im Denken überwinden. Denn die Bourgeoisie ist es, die die neue Wirtschaftsordnung trägt; die Schlechtigkeit der neuen Verhältnisse zuzugeben würde den Klassenkampf legitimieren und nach einer Änderung der Verhältnisse verlangen. Deshalb bedarf die Bourgeoisie eines Weltbildes, das die neue Arbeits- und Gesellschaftsform als vernünftig, weil mit allgemeinen Gesetzmäßigkeiten übereinstimmend darlegt. Damit sollen die neuen Verhältnisse gerechtfertigt und die Massen "domestiziert" werden. Wesentlicher Bestandteil

88 Ebd., S. 157 f., 193,199; ders., Zur Soziologie des mechanistischen Weltbildes, S. 321 ff. 89 Borkenau, Übergang, S. 159.

38

1. Aufstieg und Fall eines Gottes

des bürgerlichen Weltbildes ist eine innerweltliche Askese, die allein geeignet scheint, auch in real schlechten Verhältnissen Arbeitsleistung zu erreichen90 • Im Hauptteil des Buches untersucht Borkenau nun die Theorie einiger wichtiger mutmaßlicher Vertreter des bürgerlichen Weltbildes. Großen Raum nimmt die Betrachtung der Lehren Descartes ein. Die Philosophie und Naturwissenschaft des Rene Descartes als Mitglied der französischen Gentry sei ganz der Aufgabe einer harmonischen Darstellung der schlechten Welt gewidmet. Er versuche, durch die Entwicklung einer einheitlichen quantitativmathematischen Methode, die auf alles anwendbar und aus der alles ableitbar wäre, die Vernünftigkeit allen Geschehens zu zeigen. Damit wäre die Schlechtigkeit zwar nicht in der Realität und im Handeln, aber doch im Denken überwunden. "Das philosophische Ziel kann als erreicht gelten, wenn das ganze Weltall mechanisch gedeutet, die Mechanik aber auf reine Mathematik zurückgeführt ist. Denn nur dann stellt das Weltall ein mathematischen System dar, in dem aus wenigen evidenten Obersätzen more geometrico alles Konkrete deduziert werden kann. Nur dann wäre die Kontingenz wirklich überwunden. Aus der AufgabensteIlung des rationalistischen Fatalismus ergibt sich so die Tendenz auf das rationalistische System"91. Als Vorlage für dieses rationalistische System wählt Descartes nach Borkenau die manufakturelle Technik. Descartes habe vier Regeln für die naturwissenschaftliche Methode aufgestellt, die genau dem klassischen Programm des manufakturellen Denkens entsprächen: Klarheit und Anschaulichkeit; Zerlegung der Probleme in ihre einfachsten Bestandteile als Widerspiegelung der Zerlegungstendenzen der Manufakturtechnik; Notwendigkeit, das Zusammengesetzte aus dem Einfachen systematisch zusammenzufügen; Verständlichkeit der Induktiorf2. Aus dem Postulat der Anschaulichkeit resultiere Descartes' Reduktion der Materie auf ihre räumliche Dimension, unter Vernachlässigung anderer physikalischer Eigenschaften wie Gewicht oder Härte, wie auch die Behauptung, daß es nur eine einzige Materie gebe93 • Die kapitalistische Wirtschaftsform findet Borkenau in Descartes' Gesetz von der Konstanz der Bewegungen, welches Descartes auf die Güte Gottes zurückführe, aber nicht wissenschaftlich beweisen könne. "Die besondere Vollkommenheit dieses Konstanzgesetzes, die er als Selbstverständlichkeit behauptet, ohne sie zu begründen, liegt in Wahrheit im Austausch von Äquivalenten bei der Übertragung der Bewegung von einem

90

321. 91

92 93

Borkenau, Zur Soziologie des mechanistischen Weltbildes, S. 323,324, 315 f., Ebd., S. 327, 326 ff.; ders., Übergang, S. 345 f., 347 f., 349, 353, 358. Borkenau, Übergang, S. 347 f. Ebd., S. 353, 360, 348.

2. Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild

39

Körper zum anderen. Die bürgerliche Tauschgleichheit erweist sich so als Grundkategorie der Natur"94. Diese Beispiele zu Borkenaus Darstellung des Denkens Descartes' sollen genügen. Von besonderem Interesse hinsichtlich des oben aufgestellten Kataloges der zu beweisenden Fragen ist ein kurzer Abschnitt, in dem Borkenau diskutiert, inwieweit Descartes seine Philosophie und Naturwissenschaft bewußt auf die gewünschten gesellschaftlichen Auswirkungen hin entwickelt habe. Borkenau vertritt dabei die Ansicht, daß Descartes dies nicht bewußt getan habe, wie es Horkheimer bereits für Hobbes festgestellt hatte. Er sei beispielsweise ernsthaft überzeugt gewesen, daß Gesellschaft und Natur analoge Rechtsordnungen hätten. Er habe nicht erkannt, daß er nur die gesellschaftliche Ordnung in die Natur hineininterpretiere. Auch habe Descartes sich nicht bewußt sein können, daß die von ihm als evident angesehenen Grundannahmen nur in seiner Zeit und Gesellschaftsordnung selbstverständlich waren: "Denn die letzten entscheidenden Evidenzen, die sich im Naturgesetzbegriff einer Periode ausdrücken, sind ihr selbst regelmäßig unverständlich. ( ... ) Real beruht es auf der Unmöglichkeit aller bisherigen Gesellschaftsordnungen, ihre historische Bedingtheit zu erkennen, über ihre geschichtlichen Grenzen hinauszublicken, solange ihre Überwindung durch die nächste Gesellschaftsform noch nicht aktuell ist"9S. Borkenau hält an dieser Vorstellung, daß in der Endphase einer Gesellschaftsform oder Kultur die historische Bedingtheit ihres Denkens und ihrer Traditionen dem Menschen erkennbar wird, bis an seine Lebensende fest. Zwar übernimmt er diesen Gedanken von Marx, doch zeigt sich eine interessante Abweichung, die Borkenau erneut nicht als bloßen Gefolgsmann, sondern als Nach- und Weiterdenker der marxschen Vorlagen erweist. Als Gegenbeispiel zu den bürgerlich geprägten Ideen Descartes führt Borkenau Gassendi an. Dessen Lehre decke sich mit den Interessen des Adels und den ihm folgenden Schichten, sowie mit denen der Jesuiten. Sie zeige eine äußere Anpassung an das moderne Weltbild durch Übernahme einiger wichtiger naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, ohne daß aber die dem Weltbild zugrundeliegenden Prinzipien angenommen würden. Borkenau zeigt die persönlichen Beziehungen Gassendis zum Hochadel auf und erwähnt, daß zu den Befürwortern seiner Lehren laut einer Liste des zur gleichen Zeit lebenden Diderot ausschließlich Kreise des Versailler Adels gehörten. Gassendi sei "zu Lebzeiten Agent und Ideologe der frondierenden Großen, nach seinem Tode

94 95

Borkenau, Zur Soziologie des mechanistischen Weltbildes, S. 328. Borkenau, Übergang, S. 363.

40

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

aber das Losungswort der Jesuiten und der Lebewelt von Versailles" gewesen96 • Grund dafür war die von Gassendi entwickelte individuelle Moral, die vom gemeinen Mann ein sich Abfinden mit der unbefriedigenden Welt fordert. Sein Glück liegt in der Bescheidenheit. Der Weise aber steht außerhalb dieser Regel 97 • Einen Zusammenhang der Lehren Gassendis zur Entwicklung der Manufaktur stellt Borkenau nicht dar. Auf die Referierung der naturwissenschaftlichen Ausführungen wird deshalb verzichtet. Auch bei der Darlegung der Hobbesschen Staatslehre spielt die manufakturelle Technik eine untergeordnete Rolle. In den Vordergrund stellt Borkenau sein Erklärungsmuster des Klassenkampfes, der bei der Umwandlung von der feudalen in die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft auftreten soll. Borkenau erläutert, daß der von Hobbes geschilderte Kampf jeder gegen jeden, metaphorisch ausgedrückt in der historischen Formel homo homini lupus, keinesfalls ein Kampf der Individuen wegen der abgründigen Schlechtigkeit des Menschen ist. Es ist vielmehr der Klassenkampf. Doch habe Hobbes als Mitglied der die kapitalistische Entwicklung in England tragenden Gentry die Einsicht in das Wesen des Kampfes gefehlt. Denn jede Aufrollung des sozioökonomischen Hintergrundes des Kampfes der Parteien würde unweigerlich die Frage nach einer Änderung der Gesellschaftsordnung aufwerfen. "Die Theorie wird daher in der entgegengesetzten Richtung umgebogen, an Stelle der Einsicht in die differierenden Interessen der kämpfenden Gruppen ein nivellierender Gesichtspunkt hereingebracht, die Aufhebung der Stände mit der der Klassen verwechselt, so getan, als ob es letzten Endes nur die gleichen persönlichen Interessen der Individuen gebe, als ob daher hinter dem Parteikampf nichts als solche persönlichen Interessen stünden" 98. Der Klassenkampf aber sei in der kapitalistischen Ordnung eine ständige Bedrohung, weshalb eine unbeschränkte Staatsgewalt nötig sei, dem unbegrenzten Machtstreben feindlicher Klassen Einhalt zu gebieten. Die deshalb eingeführte Idee der Souveränität bei Hobbes sei das Organ zur Repression des Klassenkampfes99 • Die Souveränität werde zum Kerngedanken der Hobbesschen

Ebd., S. 438,436 ff. Ebd., S. 429 ff., 436. 98 Ebd., S. 462, 459 ff. Daß Hobbes' Modell letz lieh daran scheitert, daß er die Bedeutung der ökonomischen Klassen innerhalb der Marktgesellschaft nicht erkannte, ist auch die Ansicht Crawford B. Macphersons: Die politische Theorie des Bestizindividualismus. Frankfurt am Main 1973, S. 297 ff. 99 Ebd., S. 460 ff. Borkenau nähert sich später der am Kampf der Individuen orientierten Sichtweise Hobbes . , wenn er in Auseinandersetzung mit der Möglichkeit einer anarchistischen Gesellschaft erklärt, daß der Verteilungskampf eben nicht, wie 96 97

2. Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild

41

Staatslehre. Sie bedeute das Ende aller Ansprüche an einen allgewaltigen Herrscher: die Trennung von Staatsrnacht und Feudalität, die Abschaffung aller lokalen und ständischen Sonderrechte. Sie schaffe die Möglichkeit zur Errichtung einer einheitlichen Verwaltung. Damit wird die ungeteilte Souveränität zum Grundstock des kapitalistischen Staates, dessen Wesen die Eigentumsgarantie istJ()(}. So erklärt Borkenau die Unterstützung Hobbes' zuerst für die Monarchie, dann für die Cromwell'sche Diktatur und wiederum für die Monarchie damit, daß dies stets aus dem Interesse des Bürgertums heraus geschehen sei, dessen Interesse die Aufrechterhaltung der für die Wirtschaftsund Gesellschaftsordnung notwendigen Ordnung galt lOl • Die Naturlehre Hobbes' ist nach Borkenau deutlich von der manufakturellen Technik inspiriert. Er habe eine Optik entwickelt, die den Ansprüchen der Quantifizierbarkeit und Verallgemeinerbarkeit entsprochen hätte. Borkenau stellt für die Staats- und Naturlehre Hobbes' fest, daß sie beide einen durch die bürgerliche Sichtweise begründete Widersprüchlichkeit in sich trügen. Hobbes versuche, ausgehend von den pessimistischen Voraussetzungen einer schlechten Welt "dennoch die Möglichkeit einer vernünftigen Gesellschaftsordnung, eines moralisch zureichenden Individuallebens, rationaler Erkenntnis, ja gesellschaftlichen Fortschritts, mit einem Wort ein optimistischen Weltbild zu deduzieren" 102. Dieser Grundwiderspruch aller bürgerlichen Theorien ist aber nach Borkenau unauflösbar. So sieht er als Höhepunkt in der Entstehung des bürgerlich-mechanistischen Weltbildes Blaise Pascal an, der alle Grundideen dieses Weltbildes aufgreife, konsequent zuende denke, ihre Widersprüchlichkeit erkenne, hinnehme und die Schlechtigkeit und innerweltliche Sinnlosigkeit des Lebens in der kapitalistischen Gesellschaft begreife. Pascal lehne etwa den Versuch Descartes als unmöglich ab, die reale Schlechtigkeit der Welt im Denken zu überwinden, um so die bürgerlich-optimistische, d.h. den Kapitalismus rechtfertigende Weitsicht erhalten zu können 103 • Die Gesellschaft beruhe auf bloßer Macht, nicht auf

Marx glaube, zwischen den Klassen herrsche und daher deren Abschaffung schließlich die ausgleichende Staatsgewalt überflüssig werden lasse. Stattdessen betont er später, daß es ewig den Verteilungskampf zwischen den Menschen geben und der Staat daher nie seine Funktion verlieren werde. Auch für ihn wird, wie für Hobbes, der Souverän itätsgedanke das Kernproblem der Staatstheorie. Vgl. dazu unten 11. 3. Scheitern der Demokratie, S. 64 ff. und 11. 6. Spanischer Bürgerkrieg, S. 102 ff. 100 Borkenau, Übergang, S. 441, 460. 101 Ebd., S. 447 ff. 102 Ebd., S. 482. 103 Borkenau, Zur Soziologie des mechanistischen Weltbildes, S. 333 f.

42

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

Naturgesetzen. Pascal erkenne, daß im Kapitalismus weder Arbeit noch Vergnügen mehr einen Sinn hätten und er nur die Hoffnung und den Verweis auf den unendlichen Fortschritt als Sinn und Trost zu bieten habe. Die Unabänderlichkeit des Todes jedoch zerstöre auch diesen Sinn 104 • Das bürgerliche Dasein bleibe deshalb in all seinen Widersprüchen zurück. So mache es auch keinen Sinn mehr, die gesellschaftlichen Bedingungen als vermeintliche Naturgesetze in die Natur hineinzuinterpretieren. Die Naturwissenschaft könne deshalb nun rein empirisch, ohne die Zensur gesellschaftlicher Erwünschtheit stattfinden. Sie sei "moralisch nutzlos" gewordenlOS. Seine so befreite Forschung führte Pascal zur Entdeckung des Vakuums. Durch diesen Nachweis von Raum ohne Körperlichkeit sei Descartes Gleichsetzung von Raum und Materie zerstört worden und damit die Illusion der Einfachheit, Anschaulichkeit und Rechenbarkeit aller Erscheinungen. Damit sei der Allrationalismus unmöglich geworden, der so wesentlich für das optimistischbürgerliche Weltbild war 106 • Denn nur bei vollständigem wissenschaftlichen Nachweis der gesetzmäßigen Notwendigkeit der neuen gesellschaftlichen Verhältnisse konnte ihre Akzeptierung von Angehörigen anderer als der bürgerlichen Klasse gefordert werden. Damit endet Borkenaus Darstellung recht abrupt und ohne eine Bilanz seiner Theorie. Bei vorliegender Referierung hatte sie als Leitfaden gedient. Ziel der Betrachtung war, ihre Verifizierung zu verfolgen. Es war festzustellen, daß Borkenau die wirtschaftliche Entwicklung des 17. Jahrhunderts nicht schildert und weder die Zersetzungswirkung des Kapitalismus belegt, noch den Einfluß der Manufakturtechnik umfassend darlegt. Es ist weiter festzustellen, daß eine ausreichende Schilderung der sozialen Entwicklung in England, Frankreich und Holland fehlt, die es erlauben würde festzustellen, ob und in welcher Art Klassenkämpfe stattgefunden haben. Insbesondere erfahren wir nichts über die Situation der "Massen", ihre Anschauungen und Wortführer und somit einen wichtigen potentiellen Einflußfaktor auf die bürgerliche Politik. Schließlich erklärt Borkenau mit keiner Silbe, wie aus den Theorien einzelner Denker ein verbreitetes Weltbild, also eine soziale Handlungsgrundlage entsteht. Auch über die Rezeption und Verbreitung der einzelnen Lehren als Indikatoren eines solchen kommunikativen Prozesses erfahren wir nichts. Borkenaus Theorie muß als weithin nicht belegt gelten.

104 Borkenau, Übergang, S. 503 f., 513 ff, 519 ff.; ders., Zur Soziologie des mechanistischen Weltbildes, S. 304. lOS Borkenau, Zur Soziologie des mechanistischen Weltbildes, S. 335. 106 Borkenau, Übergang, S. 529.

2. Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild

43

d) Zeitgenössische Rezeption "Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild" war 1934 in deutscher Sprache in Paris erschienen, war so für das deutschsprachige Publikum nur schwer zugänglich und litt in Frankreich unter der Sprachbarriere. Während in französischer Sprache kurz darauf zwei positive Rezensionen erschienen 107, wurde dem deutschsprachigen Publikum das Buch erst durch einen Vermittler bekannt, über dessen Text eine kritische Würdigung des Borkenau-Buches nicht hinweggehen kann: Henryk Grossmann unterzog die Studie einer detaillierten und von der ersten bis zur letzten Zeile vernichtenden Kritik, die 1935 in der Zeitschrift für Sozialforschung erschien. Grossmann gehörte dem Institut für Sozial forschung an und war einer der wenigen aus diesem Kreis, die auch nach den Moskauer Säuberungsaktionen noch fest zu der sowjetischen Führung hielten. Im Gegensatz zu Grünberg oder auch Horkheimer galt er als orthodoxer Marxist. Zu Borkenau hatte er deshalb ein ausgesprochen schlechtes Verhältnis. Er bezeichnete diesen als gefahrlich und als einen untragbaren Renegaten 108 • So mag auch eine persönliche Feindschaft dazu beigetragen haben, daß Grossmann eine so intensive Kritik verfaßte. Dennoch ist m. E. Richard Löwenthals Zurückweisung der Rezension als doktrinär und ungerechtfertigt unzutreffend, was zu zeigen ist. Grossmanns Rezension wird hier nicht wegen ihrer Detailliertheit und nicht aus völliger Zustimmung einiger Platz eingeräumt. Vielmehr erscheint sie deshalb so bedeutend, weil ihre Abqualifizierung Borkenaus Buch m. E. nicht nur für die Vertreter linker Sozialtheorie ad acta legte und aus der wissenschaftlichen Diskussion nahm. Grossmanns Kritik muß jeden potentiellen Leser abschrecken, der sich anband der Rezension ein erstes Bild machen will. Ein schönes Beispiel dafür ist ein 1935 in einer sozialistischen Monatszeitschrift erschienener Text, der statt einer Rezension des Borkenau-Buches eine

107 C. Dawson: Determinisme social et Liberte formelle. In: Revue Internationale de Sociologie. Paris, Bd. 42, 1934, S. 372 ff., davon S. 372-375 Rezension zu "Der Übergang ... "; Lucien Febvre: Fondations economiques, superstructure philosophique: un synthese. In: Annales d 'histoire economique et sociale. Paris 6. Jg. (1934), S. 369374. Febvres positive Bewertung kommt im wesentlichen dadurch zustande, daß er die dargelegten Lehren isoliert betrachtet und die theoretische Rahmenkonstruktion nicht weiter untersucht. E. Y. Hartshorne Jr. resümiert zu Borkenaus Werk, daß es eine wertvolle Miene der Analyse und Zitation "even for the historian of ideas who rejects the special point of view consistently maintained throughout". Rezension in: International Journal of Ethics. 45. Vol (1934/35), S. 476-478, hier S. 477 f. 108 So stellt Russo die politischen und persönlichen Ansichten Grossmanns dar. Valeria E. Russo: Henryk Grossmann und FranzBorkenau. A Bio-Bibliography. In: Science in Context. 1. Jg. (1987), Heft 1, S. 181-191, hier S. 182 ff., 188.

44

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

überschwengliche Besprechung der Grossmann-Kritik enthält, die "die volle Aufmerksamkeit eines jeden Marxisten" verdiene 109. Verständlich ist die Heftigkeit der Diskussion um Borkenaus Buch erst, wenn man sich die schwierige Lage des Sozialismus in den dreißiger Jahren vor Augen führt: Wie beispielsweise Jürgen Habermas in Erinnerung ruft, scheint zu Beginn der dreißiger Jahre der Kommunismus als einzige Rettung vor dem drohenden Faschismus. Die sozialistische Bewegung strebt daher nach revolutionärer Geschlossenheit und jegliche Abweichung und Kritik steht unter der Verdacht, dem Feind in die Hand zu arbeiten. Da im Marxismus Theorie und Praxis untrennbar verwoben sind, erträgt er in dieser Zeit in keinem der beiden Bereich Abweichung oder Kritik. Habermas erläutert diese enge Verknüpfung zwischen marxistischer Theorie und kommunistischer Praxis am Beispiel der posthum veröffentlichten Pariser Manuskripte von Marx. Als diese 1932 erstmals veröffentlicht werden und damit eine Neudeutung und Umorientierung der Marxsicht dringend nahegelegt wird, kann die Diskussion darüber nicht frei geführt werden. Zu groß ist die tagespolitische Überfrachtung und zu groß die potentiellen Auswirkungen auf die Legitimation des Stalinismus. Dabei habe ich bereits in Zusammenhang mit Borkenaus drei Rezensionen zu Erstveröffentlichungen von Marxschriften 1928/29 dargestellt, daß Borkenau sie als den Beginn einer Neuorientierung des Marxismus pries und damit wohl große Hoffnungen auf einen undogmatischen Neuanfang verband. Er blieb aus. Grossmanns Kritik der Borkenau-Studie knüpft im wesentlichen an folgende Punkte an: Borkenaus Erläuterungen zur wirtschaftlichen Vorlage für das neue Weltbild und seine Gewichtung und sein Verständnis des Klassenkampfes.

e) Mechanik, Maschine, Manufaktur Ein Manko der Studie Borkenaus ist, daß er die Grundbegriffe der Fragestellung nicht, oder nicht ausreichend definiert. Dies betrifft das "Weltbild" ebenso, wie den Begriffskomplex "mechanisch/ mechanistisch". Dabei ist das Verständnis dieses letzteren Begriffes für die Untersuchung von entscheidender Bedeutung. Denn das, was als mechanisch definiert wird, gab dem bürgerlichen Weltbild seinen Beinamen, diente als seine Vorlage und macht sein Wesen aus. Aus verschiedenen Stellen wurde oben die Bedeutung als anschaulich, rein quantitativ, mathematisch faßbar abgeleitet. Borkenau unterläßt eine formale

109 I.d.: Kapitalismus und mechanistische Naturwissenschaft. In: Der Kampf. Sozialistische Revue. 3. Jg. (1936), Nr. 6, S. 257-260, hier S. 257.

2. Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild

45

Definition. Die drei Eigenschaften zieht er aus der Arbeitszerlegung in der Manufaktur. Grossmann übt an dieser Begriffsverwendung heftige Kritik. "Mechanisch" bedeutet für ihn allein die Analogie zur maschinellen Arbeitsweise. Das Studium der Maschinen habe zum mechanistischen Weltbild geführt, nicht aber die Arbeitszerlegung. Selbst Borkenaus eigenes Beispiel zur Stützung der These, der von Harvey eingeführte Vergleich des Blutkreislaufes mit einem Pumpenmechanismus, stamme nicht aus dem Bereich der Manufaktur, sondern beziehe sich auf eine Maschine. Um den Leser nicht auf den Gedanken kommen zu lassen, daß die Maschinen das Vorbild waren, verschweige Borkenau sogar Descartes umfassendes Werk zur Mechanik, weil es von verschiedenartigen Maschinen ausgehe, um die Gesetze der Mechanik zu erläutern. Alle anderen Werke Descartes' habe Borkenau dagegen betrachtet llO • Auch Grossmanns Sichtweise jedoch ist umstritten. Die Frage nach Maschine, Manufaktur und Mechanik wird in der Wissenschaftsgeschichte und Philosophie kontrovers diskutiert und ist nicht abschließend geklärt: Wolfgang Lefevre vertritt in seiner 1978 erschienen Wissenschaftsgeschichte die Ansicht, daß Maschinen, maschinelle Kriegsgeräte und Antriebsmaschinen die Studienobjekte zur Entwicklung der Grundbegriffe der neuen, "klassischen" Mechanik waren ill • Ebenso sieht es Gideon Freudenthal in seiner Untersuchung der Mechanik Newtons von 1982 als erwiesen an, daß dessen grundlegende Annahmen sich auf Erfahrungen im wissenschaftlich-technischen Bereich stütze, nämlich auf die Maschinen- und speziell Uhrenkonstruktion. Gleichzeitig stellt der Autor aber fest, daß der in der Mechanik wesentliche Begriff der Kraft "anthropomorph, d. h. ursprünglich aufgrund der Erfahrung eines jeden Menschen, Körper bewegen zu können, gebildet worden war", also nicht am maschinellen Beispiel. Auch die Analogie zwischen den Natur- und Sozialphilosophien Hobbes', Rousseaus und Smiths sieht Freudenthal nicht in Bezugnahmen auf Maschinen, sondern in dem Verständnis des Menschen und der Gesellschaft als Systeme bewegter Körper. Die Gesetzmäßigkeit des gesellschaftlichen Lebens hänge ebenso wie die eines Systems bewegter Körper von den Bewegungen der Elemente, also hier der Individuen, ab und sei daher nicht beliebig manipulierbar ll2 • Die Art der Bewegung ergebe sich aus den "essentiellen" Eigenschaften dieser Elemente, die ihnen unabhängig von dem 110 Henryk Grossmann: Die gesellschaftlichen Grundlagen der mechanistischen Philosophie und die Manufaktur. In: Zeitschrift für Sozialforschung. IV. Jg. (1935), Heft 2, S. 161-231, hier S. 166,170,191-196,200 ff. 111 Lerevre, S. 16 f. 112 Gideon Freudenthai: Atom und Individuum im Zeitalter Newtons. Zur Genese der mechanistischen Natur- und Sozialphilosophie. Frankfurt 1982, S. 312 ff., 163 f.

46

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

Gesamtsystem zukämen. Eduard J. Dijksterhuis ist gar der Ansicht, daß Vergleiche zu Maschinen, die in vielen naturwissenschaftlichen Darstellungen gezogen würden, nur stellvertretend für jedes beliebige mechanische, also gesetzmäßig funktionierende System stünden. Denn eine Maschine sei geschaffen, um einen bestimmten Zweck zu erfüllen. Wenn das Maschinengleichnis also einen wesentlichen Zug des mechanistischen Denkens darstellte, müßte dieses Denken teleologisch ausgerichtet sein. Doch die Naturwissenschaft dieser Epoche frage in der Regel nur nach der Ursache einer Bewegung, nicht aber nach dem Zweck, auf den sie gerichtet ist. Seien vereinzelt dennoch teleologische Interpretationen festgestellter Gesetzmäßigkeiten angestellt worden, sei dies stets der schwache Punkt einer Darstellung gewesen. Dijksterhuis stellt deshalb die verschiedenen anderen Bedeutungen des Begriffskomplexes "mechanisch, mechanistisch, mechanizistisch" dar, gekoppelt mit der Frage, welche der Bedeutungen dem Weltbild und der Naturwissenschaft des 17. Jahrhunderts wohl den Namen "mechanistisch" eingebracht haben möge, wenn es nicht die Maschinen gewesen seien. Als weitere mögliche Bedeutungen des fraglichen Begriffskomplexes nennt Dijksterhuis beispielsweise die Anschaulichkeit, das Gedankenlose, Unwillkürliche der Abläufe oder auch den leblosen Charakter. Den Beinamen mechanistisch bekam seiner Ansicht nach das Weltbild des 17. Jahrhunderts aber nach dem wesentlichen Unterschied zwischen der antiken und der neuen "klassisch" genannten Mechanik, für die Newton steht. Dieser wesentliche Unterschied liege in der mathematischen Fassung dieser Wissenschaft. Sie faßt ihre Erkenntnisse in die Sprache der Mathematik statt in Worte und ihre fundamentalen Begriffe sind mathematische 1l3 • Dies unterstützt Borkenaus Betonung der Bedeutung der mathematischen Faßbarkeit der zerlegten Arbeit in der Manufaktur als einem der mechanischen Merkmale ebenso, wie seine Herausarbeitung des Gedankenlosen, Unwillkürlichen als Bestandteil der neuen Arbeitsweise. Grossmann und Lefevre betonen aber nicht nur die Analogie der Naturbetrachtung zu den Maschinen, sie ziehen gleichzeitig Borkenaus Schilderung der manufakturellen Arbeit in Zweifel, die doch der Inbegriff der Mechanik sein soll. Beide stellen dar, daß die Arbeitszerlegung in den Manufakturen nicht eine geringere Qualifizierung, sondern höhere handwerkliche Spezialisierung 113 Eduard J. Dijksterhuis: Die Mechanisierung des Weltbildes. Berlin, Göttingen, Heidelberg 1956, S. 550 ff. Hinter dem für unsere Fragestellung so vielversprechenden Buchtitel verbirgt sich leider keine Untersuchung zum mechanistischen Weltbild, sondern eine reine Wissenschaftsgeschichte zur Entstehung der neuzeitlichen Mechanik. Deren Auswirkungen auf die Philosophie oder das Weltbild werden nur am Rande in Form von Annahmen angesprochen.

2. Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild

47

gebracht habe. Borkenau lege seiner Darstellung anscheinend einen Entwicklungsstand zugrunde, den die Manufakturen erst in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts erreicht hätten, fügt Grossmann hinzu 1l4 • Auch Borkenaus Darstellung, daß die Manufakturtechnik lediglich auf Zerlegung des handwerklichen Prozesses, nicht aber auf besonderer, etwa maschineller Technik beruhe, widerspricht Grossmann. Er listet auf, daß Maschinen sowohl als Antriebsmotoren, als auch als Pressen, Walzen, Mühlen etc. angewendet wurden. "Hier an der Maschinerie, beim Drehen der Wasserräder einer Mühle oder eines Eisenwerks, beim Bewegen der Arme eines Blasebalges, beim Heben der Pochstempel in der Eisenhütte etc., haben wir die einfachsten mechanischen Tätigkeiten, jene einfachen quantitativen Beziehungen zwischen der homogenen Arbeitskraft der Wassermaschinen und ihren Leistungen, als jene Beziehungen, an denen die modeme Mechanik ihre Grundbegriffe orientierte" 115. Wenn auch diese Maschinenorientierung bezweifelt werden mag, Borkenaus Entstehungskonzept stand - und fiel - mit dem Beleg, daß die Arbeitszerlegung zu rein quantitativer, gedankenloser und anschaulicher Tätigkeit führte. Wenn diese Zerlegung aber erst in den Manufakturen des 19. Jahrhunderts stattfand, die Übertragung mechanistischer Sichtweisen aber schon im 17. Jahrhundert, so kann die manufakturelle Arbeitszerlegung unmöglich das Vorbild für die Entwicklung der Grundbegriffe der Mechanik und damit auch nicht des Weltbildes gewesen sein 1l6 • Wenn auch Borkenaus Darstellung als widerlegt angesehen werden muß, bedarf auch Grossmanns Erklärung der Ergänzung. Denn es stellt sich die Frage, warum Maschinen, Mechanik und kapitalistische Produktionsform, wie sie im 16. Jahrhundert Einzug halten und die nach Grossmann Vorbild und Anlaß des bürgerlichen Weltbildes sind, nicht schon zu dieser Zeit einen Niederschlag in der Philosophie finden. Warum sich die Entstehung des Weltbildes verzögert, ließe sich mit Dijksterhuis erklären: Die Mathematisierung der physikalischen Mechanik als die Eigenschaft, die die neue "klassische" Form von der antiken unterscheide, sei erst im 17. Jahrhundert in ihren ganzen Möglichkeiten erkannt und durchgesetzt worden. Sie bestimme die Studien von Kepler, Galilei, Descartes und Huygens und fände ihre Vollendung bei Newton. Erst mit seinen Modellen ist die neue Mechanik geschaffen. Erst jetzt also liegt sie in der Form vor, in der die Übertragung ihrer Methoden geignet ist, die Rationalität, Vernünftigkeit und Wissenschaftlichkeit der Gesellschaftstheorien

114

115 116

Grossmann, S. 186 ff.; 192 ff., Lerevre, S. 17, 29. Grossmann, S. 194, 192 ff. Ebd., S. 187 f.

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

48

zu beweisen l17 • Der wesentliche Unterschied dieser Erklärungen zu den bisher diskutierten ist, daß er interne Entwicklungsfaktoren der Wissenschaft erwägt, während die marxistisch orientierte Wissenschaftsgeschichte sich auf die Untersuchung der externen,d. h. sozialen und wirtschaftlichen Faktoren konzentriert 1l8 • Bei Edgar Zilsel findet sich eine interessante Verbindung beider Ansätze, um zu erklären, warum die modeme Naturwissenschaft erst im 17. Jahrhundert vorlag. Von 1300 bis 1600 hätten drei institutionell und ideologisch voneinander getrennte Schichten neues Wissen über die Natur gesammelt: Universitätsgelehrte, Humanisten und eine praktisch orientierte Schicht von Künstlern, Ingenieuren, Handwerkern etc .. Letztere Gruppe habe auf praktischer Ebene das wissenschaftlich-technische Instrumentarium mit Geräten, Experimenten oder Sektion entwickelt, während die beiden ersten Naturbetrachtung nur auf theoretischer Ebene betrieben. Doch mit der Generation Gilberts, Galileis und Bacons kam es zu einer Verbindung praktischer Forschung und rational geschulter Aufarbeitung l19 • Diese Entwicklung wurde nach Zilsel durch den entstehenden Kapitalismus befördert. Er habe von den Menschen neue Handlungsweisen gefordert, nämlich eine die Eigeninitiative fördernde individualistische Gesinnung und den Einsatz rationaler und quantitaiver Methoden wie Vermessungstechnik, Rechnen und Buchhaltung und die Verwendung von Maschinen. Weil diese Methoden schnell erhebliche Bedeutung im Wirtschaftsprozess gewannen, hätten die theoretischen Wissenschaftler schließlich die von den Praktikern entwickelten Verfahren und Kenntnisse übernommen. Im Gegensatz zu der auf Individualismus beruhenden Wirtschaft, setzte die Wissenschaft nun auf Kooperation. Als Datum für diesen Schritt setzt Zilsel das Ende des 16. Jahrhunderts: "Insgesamt ist der Aufstieg der Methoden der Handarbeiter in die Reihen der akademisch ausgebildeten Gelehrten am Ende des 16. Jahrhunderts das entscheidende Ereignis in der Enstehung der Wissenschaft. Die höhere Schicht konnte logische Ausbildung, Gelehrsamkeit und theoretisches Interesse beitragen; die untere Schicht fügte hinzu den Sinn für Kausalität, das Experiment, die Messung, quantitative Handlungsanweisungen, Mißachtung von Schulautoritäten und sachbezogene Zusammenarbeit" 120.

Dijksterhuis, S. 555 f. Zu den Einteilungen der Methoden der Wissenschaftshistorie siehe Dijksterhuis, S. 1 f.; Lerevre, S. 9 f. 119 Zilsel, S. 49. 120 Ebd., S. 63, 50 ff., 62. 117 118

2. Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild

49

fJ Rolle des Klassenkampfes Wir haben gesehen, daß Borkenaus externes Erklärungsmuster , soweit es die "Produktivkräfte" in der Manufaktur betrifft, unrichtig ist. Borkenau hat innerhalb seiner Beweisführung ohnehin darauf verzichtet, Analogien zwischen Produktivkräften und Denken an Beispielen zu zeigen, was auch Grossmann ihm als weiteren Mangel vorwirft 121 • Doch auch Grossmanns Heranziehung der Produktivkräfte Maschinen als Vorbilder reichte nicht aus zur Erklärung der Entwicklung des Denkens. Die von beiden Autoren zugrundegelegte marxistische These über den Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher und geistigkultureller Entwicklung wird dadurch geschwächt. Allerdings haben Marx und Engels, wie zu Beginn dieses Kapitels referiert, eingeräumt, daß nicht nur die Produktionsweise, sondern auch politische, soziale und andere Faktoren einen Einfluß auf das Denken ausübten. Einen solchen Weg geht auch Borkenau, wie wir bereits gesehen haben. Er geht nicht von einer direkten Auswirkung der manufakturellen Technik auf das Denken aus. Weitere notwendige Voraussetzungen waren die zersetzende Wirkung des entstehenden Kapitalismus auf das alte Weltbild und die gesellschaftlichen Veränderungen an der Schwelle des 17. Jahrhunderts, die einen Aufstieg des Bürgertums ermöglichten. Borkenaus Darstellungen zu diesen Vorgängen sind jedoch ausgesprochen vage. Grossmann spricht sogar von einer "inhaltslosen Formel vom hereinbrechenden Geldkapitalismus als generellem Erklärungsmittel"122. Tatsache ist, daß Borkenau keine ausreichenden Angaben dazu macht, inwieweit es zu gesellschaftlichen Veränderungen in Zusammenhang mit dem Kapitalismus kommt. Wir erfahren aber, daß es infolge der kapitalistischen Enstehung und den sozialen Veränderungen zu Klassenkämpfen kommt, in deren Verlauf das Bürgertum sein Weltbild hervorbringt. Diese erneute "Wandlung" der Theorie resultiere "aus der Erkenntnis, daß ihm die Entwicklung der geistigen Situation jener Zeit aus den technischen Grundelementen der Manufaktur nicht ganz überzeugend geglückt sei", heißt es in einem überschwenglichen Artikel einer sozialistischen Zeitschrift zur Grossmann-Rezension123 • Tatsächlich haben wir gesehen, daß Borkenau den Vorstoß der Bourgeoisie auf die Vergrößerung ihres wirtschaftlichen und politischen Spielraums durch die außenpolitische Befriedung erklärt und damit eine enge Wechselbeziehung verschiedener Faktoren beschreibt. Grossmann erwähnt diese differenzierte Darstellung Borkenaus mit keinem Wort. Statt dessen behauptet er einen Weg Borkenaus von den Produktivkräften als Entstehungsursachen des Weltbildes, über die bloß

121 122 123

Grossmann, S. 196 ff. Grossmann, S. 199. l.d.: Kapitalismus und mechanistische Naturwissenschaft, S. 259 f.

4 Lange-Enzmann

50

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

manufakturelle Technik, zu den Produktionsverhältnissen und schließlich zu den Klassenkämpfen und konstatiert, Borkenaus Methode mache unter der Hand fortgesetzte Metamorphosen durch. Das schließlich letzte Erklärungsmuster der Parteikämpfe aber wende Borkenau dann auch nicht konsequent an. Dieser stelle die Parteikämpfe der Zeit garnicht oder völlig unzureichend dar: "Statt eines Gesamtbildes der Situation, aus dem erst der Standort der einzelnen Klassen und Parteien, sowie die ihnen zugeordneten Denker und geistigen Strömungen verständlich wären, wird eine Reihe einzelner, von einander losgetrennter, inhaltlich nicht verknüpfter zufaliiger Ausschnitte gegeben, die den Gesamtzusammenhang zerreißt" 124. Tatsächlich schildert Borkenau stets nur den soziographischen Hintergrund des jeweiligen Denkers, ohne auf die Gegenspieler einzugehen. Auf dieser Inforrnationsbasis ist eine Beurteilung der gesellschaftlichen Konstellation nicht möglich. Es ist aber hinzuzufügen, daß Borkenau die Klassenkämpfe ja nicht, wie Grossmann behauptet, als alleinigen und letzten Erklärungsfaktor behandelt, sondern nur als einen unter mehreren l25 • Daß Borkenaus Methode Metamorphosen durchmache, ist deshalb nicht völlig korrekt. Sie erfährt freilich eine Reihe wichtiger Erweiterungen. Grossmann stellt neben den schon genannten Vorwürfen bezüglich der Rolle der Klassenkämpfe weiter dar, daß die wenigen gegebenen Beispiele Borkenaus voller Widersprüche seien, weil Borkenau die historische Rolle der Parteien für den Zweck seiner Konstruktion entstelle. Grossmann bilanziert schließlich, daß man eben nicht die Parteikämpfe darlegen und verstehen könne, wenn man sich vorher nicht die Mühe gemacht hätte, die wirtschaftliche und soziale Gesamtsituation zu untersuchen 126 • Und er stellt schließlich fest, daß in den Parteikämpfen nicht die reale Situation, sondern die bewußten und unbewußten Illusionen der Parteien über diese Situation zum Ausdruck kämen. "Wer daher die Parteikämpfe selbst als Ausgangspunkt nimmt, der verliert die wirkliche Basis unter den Füssen und bildet sich ein Urteil nicht nach dem Wesen der Dinge, sondern nach ihren mehr oder weniger schattenhaften Verzerrungen" 127.

Grossmann, S. 220, S. 216-218. In späteren Schriften verwirft er das Erklärungsmuster des Klassenkampfes sogar ganz und kritisiert eine Reduzierung der Geschichte auf diese Auseinandersetzung als "Pseudo-marxist conception of some ltalian socialists who divide the whole social body into capitalists and proletarians and then explain history throughout the ages by their struggle". Franz Borkenau: Pareto. London 1936, S. 141. 126 Grossmann, S. 229. 127 Ebd., S. 229. 124 125

2. Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild

51

Was Grossmann hier als Mangel anführt, ist gerade eine Stärke der Konzeption Borkenaus, die dieser freilich ungenutzt verstreichen läßt: Das vielbemühte Weltbild ist ja selbst gerade nur eine Illusion: Es ist die Gesamtheit aller Vorstellungen der verschiedenen Denkbereiche, die sich der Mensch über sich und die Welt macht. M. E. kann man dieses Phänomen ähnlich der in der heutigen Soziologie und Kommunikationswissenschaft diskutierten" öffentlichen Meinung" zu den wesentlichen Fragen der Zeit betrachten. Das Konzept entstand bereits in den 20er Jahren und belegt, daß es gerade die Vorstellungen in den Köpfen der Menschen über die Realität sind, die ihr Handeln bestimmen, nicht aber die Wirklichkeit selbst. Dieses Wissen liegt Borkenaus Idee von der Nutzung des Weltbildes als Waffe im Klassenkampf und seinen Vorstellungen zur Möglichkeit objektiver Erkenntnis ebenso stillschweigend zugrunde, wie den entsprechenden Annahmen Marx' und Horkheimers. Weil Borkenau sich und dem Leser aber nicht ausreichend klar macht, daß er mit dem Weltbild nach einer sozialen Handlungsgrundlage fragt, greift er zu einer völlig unzureichenden Methode der Analyse dieses Weltbildes: Es sind nicht die Vorstellungen einzelner Denker, die es zu untersuchen gälte, sondern es soll ja von "herrschenden" Vorstellungen die Rede sein. Borkenau dürfte nach dessen Spuren nicht nur in intellektuellen Texten suchen, sondern auch in den Köpfen derer, die seiner Ansicht nach davon beeinflußt werden sollen: die Arbeiter und einfachen Leute. Dafür müßte er jedoch ein geeignetes Modell von Indikatoren entwickeln und ein intensives Studium der verschiedensten Quellen betreiben. Hier bieten sich Liedgut, Predigttexte, Intelligenzblätter, Dichtung, Kalendersprüche und vieles mehr an. Doch wie schon an anderer Stelle klar wurde, vermeidet Borkenau soziologische Studien so weit wie möglich, so unverzichtbar sie für sein Vorhaben auch wären. Auch John E. Tashjean kritisiert Borkenaus Handhabung des potentiellen Erklärungsprinzips des Klassenkampfes: Tashjean erklärt, daß Borkenau hier eine Reduktion des Marxismus vornehme, die diesen ad absurdum führe. So stelle Borkenau in Zusammenhang mit dem Jansenismus fest, daß in dessen Kreisen alle gesellschaftlichen Gruppen vertreten gewesen seien. Nur sehr wenige Bürgerliche seien aktive Jansenisten gewesen. Um dennoch den speziell bürgerlichen Klassencharakter der Bewegung nachweisen zu können, konstatiere Borkenau nun, daß sich der wahre Klassengehalt einer Bewegung nicht an ihren Mitgliedern zeige, sondern daran, wer im Kampf für oder gegen sie Stellung beziehe. Diese These bedeutet nach Tashjean "to eliminate all meaning from the phrase "class conflict". If someone can be organizationally a member of a class movement without beeing part of it operationally, then what is the explanatory power of "class" .... The distinction introduced here by Borkenau between organizational membership and militancy is an ad hoc expedient invented to explain away a particular case awkward for the theory of class

52

1. Aufstieg und Fall eines Gottes

conflict." Die Unterscheidung lasse uns zurück mit zwei beziehungslosen Kriterien, durch die nichts und alles erklärt werden könne. Tashjean ist auch der Ansicht, daß Borkenaus Entstehungskonzept als Ganzes mit der marxistischen Theorie nicht mehr übereinstimme: "There seems to be little doubt, that Borkenau here transforms historical materialism into something else by robbing the mode of production of an age of its power to determine the philosophy of that age"128. Dies ist m. E. nicht korrekt. Es wurde eingangs bereits die von Marx und Engels in der "Deutschen Ideologie" vertretene moderate Sichtweise geschildert, daß die Produktionsweisen nicht der einzige Einflußfaktor auf das Denken seien, wenngleich der wichtigste. Auch bei Borkenau ist die neue Produktionsweise der letzte Erklärungsgrund für die Entstehung des neuen Weltbildes und zwar sowohl formell wie inhaltlich. Auf die grundsätzliche Linientreue des Klassenkampfelernents in Borkenaus Modell wurde bereits hingewiesen und Tashjeans Einwand zur Sinnentleerung des Begriffes bei Borkenau läßt außer acht, daß Borkenau seine Idee vom wahren Klassengehalt einer Bewegung offensichtlich an die Marxsche Unterscheidung zwischen der Klasse an sich und für sich anknüpft. Erst die Klasse für sich, die organisierte und durch ein gemeinsames Bewußtsein geeinte ökonomische Gruppe tritt als Träger des Klassenkampfes auf. Und in diesem ist es möglich, erwünscht und nötig, daß Angehörige anderer Klassen duch die Erlebnisse der Ereignisse sich der proletarischen Klasse anschließen. Die erklärende Kraft des Begriffes Klasse ist in diesem Fall auch nur die innere Verbundenheit, nicht die tatsächliche Zugehörigkeit. Borkenau ist hier Marx weitaus näher als Tashjean behauptet, wenn man die differenzierteren Ausführungen des Altmeisters heranzieht. Unvereinbar sind Borkenaus Ausführungen freilich mit der engen, an Marx' Spätschriften orientierten "orthodoxen" Auslegung, der auch Grossmann anhängt: Wie Tashjean ist auch er der Ansicht, daß Borkenaus Marxismus mehr Lippenbekenntnis als Überzeugung ist. So fragt er völlig richtig, warum Borkenau, der sich ausdrücklich in seinem Text zur Methode des dialektischen Materialismus bekennt, diesen nicht anwende 129. Auch hier befindet sich Borkenau mit Marx selbst in kompetenter Gesellschaft. Auch dessen Ausführungen folgen in der "Kritik der politischen Ökonomie" nicht der Methode, die er im Vorwort des "Kapitals" von 1859 skizziert. Das soll heißen, daß Marx auch nicht versucht, aus einer Analyse der Produktivkräfte und Produktionsweise der vorkapitalistischen Zeit die bürgerliche Ideologie herzuleiten, sondern er beginnt mit einer Untersuchung des Gehalts, Zwecks und der

128 129

Tashjean 1962, S. 54., S. 55 f.; Borkenau, Übergang. S. 26l. Grossmann, S. 216.

2. Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild

53

Auswirkungen des bürgerlichen Denkens. Hinweise auf die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse dienen als Belege, ohne zu einer systematischen Herleitung zu wachsen 130. Wenn Borkenau also ebenfalls in Vernachlässigung der materialistischen Methode nicht mit einer Analyse der wirtschaftlichmateriellen Basis beginnt, um daraus den geistigen Überbau, das Weltbild abzuleiten, ist dies noch kein Hinweis auf mangelnde Linientreue. Allerdings ist es sehr wohl wissenschaftlich enttäuschend, daß Borkenau kein ausreichendes Erklärungsmodell anfügt. Grossmann fügt noch eine Reihe weiterer Einwände gegen Borkenaus Studie ins Feld, die zentrale marxistische Thesen berühren. So erläutert er, daß Borkenaus Beschreibung der Entwicklung und Technik der Manufakturen unrichtig sei. Nicht von Handwerkern, sondern vom Wucher- und Handelskapital seien sie gegründet worden. Wenn Borkenau sich mit seiner Meinung auf Max Weber berufe, übersehe er, daß dessen Ansicht im Lauf einer ausführlichen Diskussion widerlegt worden sei und Weber selbst später davon abgerückt wäre!3!. Grossmann widmet dieser Darstellung mehrere Seiten, weil sie für die Grundeinstellung eines Marxisten zum Kapitalismus wesentlich ist. Sollten tatsächlich ehrbare Handwerker die Manufakturen geschaffen haben, nicht aber das ausbeuterische Wucher- und Handelskapital, wäre eine negative Bewertung schwieriger als in letzterem Fall. Die Ablehnung einer solchen Vorstellung zeigt sich schön in der Rezension aus "Der Kampf": Der Sinn dieser Theorie ist, aus der Geschichte des Industriekapitalismus den Ausgang von den Greueln der ursprünglichen Akkumulation wegzueskamonieren" !32. Und auch Grossmann schreibt: Sie ist eine Theorie, die aus der Genesis des Kapitalismus, aus der ursprünglichen Akkumulation, eine "Idylle" macht"133. Hier zeigt sich ganz deutlich, daß Grossmans Kritik letztlich darauf zielt, nicht die neuen Denkanstöße Borkenaus zu einer differenzierteren marxistisch inspirierten Theorie zu prüfen, sondern diesen Versuch einer unkonventionellen Handhabung im Keim zu ersticken. Mag sein, daß Grossmann hier früher als Borkenau die schon angedeuteten Gefahren sieht, die die Hinzuziehung der posthum veröffentlichten Marxschriften birgt. Ich möchte darauf in einem späteren Kapitel noch einmal zurückkommen.

130 siehe dazu ausführlich Karl Graf Ballestrem: Karl Marx and Adam Smith. Critical Remarks about the Critique of Political Economy. In: James 1. O'Rourke u. a. (Hrsg.): Contemporary Marxism. 1984, S. 21-38, hier S. 28 bis 32. 131 Grossmann, S. 178, 174 ff. 1321. d.: Kapitalismus und mechanistische Naturwissenschaft, S. 258. 133 Grossmann, S. 182.

54

I. Aufstieg und Fall eines Gottes

g) Bilanz

Obwohl Borkenau mehrfach auf Marx Bezug nimmt und ein dessen Geschichtsphilosophie entsprechendes erstes Konzept entwirft, wendet er es nicht konsequent an. Auf Bezüge zwischen Manufakturtechnik und Denken verzichtet er in seiner Beweisführung ganz. Die Verweise auf den Klassencharakter einzelner Lehren sind zwar vorhanden, ohne daß aber ein umfassendes Bild der jeweiligen sozialen Situation gezeichnet würde. Zudem müssen wir festhalten, daß seine Schilderung von Mechanik und Manufaktur Fehler aufweisen. Wesentlich ist auch, daß der zum Nachweis seiner Idee ausgewählte Untersuchungsgegenstand (verschiedene philosophische und naturwissenschaftliche Lehren) nicht ausreichend ist: Allein der Nachweis eines Erklärungsmodells bei vier ausgewählten Denkern eines Jahrhunderts sagt nichts über die Akzeptanz dieser Anschauung in breiteren Kreisen, sagt auch nichts über möglicherweise zur gleichen Zeit aktuelle andere Strömungen. Borkenau begründet die Auswahl der behandelten Denker oder philosophischen Schulen mit keinem Wort. Es entsteht der Eindruck von Willkürlichkeit, fehlen doch so bedeutende Köpfe wie Locke und Newton. Der verbleibende Wert der Studie Borkenaus liegt m. E. darin, eine anfangs nur auf die Entstehung der Naturwissenschaften gerichtete Fragestellung auszuweiten. Er versucht nicht nur Licht auf die gesellschaftliche Bedingtheit der Naturwissenschaften zu werfen, sondern stellt auch die Frage nach dem inneren Zusammenhang von Geistes- und Naturwissenschaft neu. Doch die Geistes- und Naturgeschichte sowie die wirtschaftliche und soziale Situation in drei Ländern für ein ganzes Jahrhundert darzustellen, ist für einen einzelnen kaum befriedigend zu bewerkstelligen. Soziologe, Natur-, Geistes-, und Wirtschaftswissenschaftler zugleich sein zu wollen, um alle Bereiche adäquat beurteilen zu können, ist ein ehrgeiziges Unternehmen. Dies ist vermutlich auch der Grund, warum die Fragestellung der sozioökonomischen Bedingtheit des Denkens seither wieder v. a. bezüglich der Naturwissenschaften betrachtet wurde. Borkenaus ehrgeiziger Plan ist bis heute nicht zu Ende gebracht, obwohl, wie beispielsweise Lefevre betont, die Zusammenhänge zwischen Gesellschaft, Wirtschaft und Denken noch immer nicht befriedigend geklärt sind l34 • Es zeigt sich hier zum ersten Mal Borkenaus großes Gespür für interessante oder auch brisante Fragestellungen, aber zugleich seine mangelnde Geduld für sorgsame Ausarbeitung.

134

Lefevre, S. 9.

11. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus: Beiträge zur Staatstheorie 1932 - 1937 1. Der Weg ins Exil Für Franz Borkenau beginnt kurz nach Vollendung seiner Weltbildstudie ein neuer Abschnitt in seinem Leben und Schaffen. Unmittelbarer Anlaß dafür ist die vorerst mißglückte Machtübernahme der Nationalsozialisten nach den deutschen Reichstagswahlen vom Juli 1932. Borkenau gibt seine bisherige historisch orientierte Arbeit auf und beginnt mit dem Aufsatz "Zur Soziologie des Faschismus" eine Reihe gegenwartsbezogener staatstheoretischer Beiträge. Sie ist geprägt von der Überzeugung, daß die weltweit gleichzeitig auftretenden wirtschaftlichen und politischen Krisen der jüngsten Vergangenheit kein Zufall sind, sondern den Eintritt in eine unumgängliche Niedergangsphase des bisherigen Ordnungsrahmens bedeuten. Borkenaus Schriften der Jahre 1932 bis 1937 verbindet der Versuch, die hinter diesem Niedergang liegenden Notwendigkeiten und Gesetze zu erkennen. Gleichzeitig will er die Möglichkeiten des Menschen ergründen, eine diesen Vorgaben gerecht werdende und zugleich wünschenswerte neue Ordung herbeizuführen. Seine große Sorge gilt dem Faschismus, dessen Erfolge auf eine angemessene Berücksichtigung der neuen Erfordernisse hindeuten, der ihm aber keinesfalls als erstrebenswert scheint. Es gilt in seinen Augen, rasch einen alternativen Ausweg anzubieten, um den Vormarsch des Faschismus zu stoppen. Seine Betrachtung der rechtsgerichteten Diktaturen und besonders seine Beobachtung der direkten Konfrontation von linkem und rechtem Machtstreben im Spanischen Bürgerkrieg lassen in Borkenau aber auch die Erkenntnis reifen, daß seine Warnung allein vor einer rechten Diktatur zu einseitig ist. Er vollendet diese Einsicht in einem Resümee zu seinem Bericht über den Spanischen Bürgerkrieg und einer kurzen theoretischen Abhandlung zur modemen Revolution. Damit endet die meines Erachtens kreativste und bewegteste Schaffensperiode Borkenaus und leitet über in einen dritten Abschnitt von 1938 bis 1945, der der Identifizierung und Untersuchung einer neuen Art von Diktatur gewidmet ist, für die rechts oder links ein ganz unerhebliches Unterscheidungskriterium ist! .

56

11. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus

Auch das Leben Franz Borkenaus erfährt in der Zeit von 1932 bis 1937 wesentliche Änderungen. Er muß zahlreiche Mißerfolge verarbeiten und geht den schweren Weg ins Exil. Als 1933 die Nationalsozialisten die Macht ergreifen, kehrt er in seine Heimatstadt Wien zurück. Hoffte er, dort privat und beruflich einen neuen Anfang zu machen, so erfüllt sich dieser Wunsch nicht. Zwar heiratet er am 17.12.1933 Rosa Varga, nachdem er zwei Wochen zuvor zu ihrem protestantischen Glauben übergetreten war. Doch diese Verbindung hat nicht lange Bestand. Nach Information seines Sohnes Peter zerbricht sie bereits nach wenigen Jahren3 • Auch in politischer Hinsicht ist Wien für ihn eine Enttäuschung, da es ihm mißlingt, in der österreichischen Linken für seine Warnungen vor dem drohenden Faschismus Gehör zu finden4 • Borkenau kehrt Wien daher den Rücken und zieht nach Paris und von dort 1934 nach London. 1935/36 nimmt er einen Lehrstuhl für Geschichte an der Universität Panama an. Außerdem schreibt er in dieser Zeit ein Buch über Vilfredo Pareto, der als einer der theoretischen Wegbereiter des Faschismus gilt. 1936 kehrt Borkenau aus Südamerika nach Europa zurück. Er läßt sich in London nieder und beginnt eine Zusammenarbeit mit dem Verlagshaus Faber und Faber. Bis 1940 scheibt er jährlich in dessen Auftrag ein BuchS. Noch 1936 fordert man ihn auf, einen Bericht über den Spanischen Bürgerkrieg zu schreiben. Er beginnt deshalb eine Reise durch das republikanische Spanien, gerät zwischen die politischen Fronten und kann das Land nur mit Not wieder verlassen. Den Bericht seiner Beobachtungen nennt er "The Spanish Cockpit. An eye-wittness account of the political and social Conflict of the Spanish Civil War". Das Buch ist zugleich ein deutlicher Spiegel der Abkehr Borkenaus vom Sowjetkommunismus. Es enthält zum Teil heftige Kritik an den Einmischungen Moskaus in Spanien. Über Franz Borkenaus Privatleben in den Jahren des Exils gibt es keine gesicherten Informationen. Sein Sohn Peter Borkenau berichtet, Franz habe Ende der dreißiger, Anfang der vierziger Jahre nochmals geheiratet. Die zweite Frau Borkenau sei eine englische Historikerin gewesen. Leider existieren keine

I Siehe unten S. 119 ff.: Ringen um die Weltherrschaft: Kommunismus, Nationalsozialismus, Totalitarismus 1938-1945. 2 Tashjean, 1962 unter Berufung auf Jäger, der diese Angaben aus dem Heiratsregister des Evangelischen Pfarramtes Helvetischen Bekenntnisses, Wien I (Trauungen 1933/34), Blatt 31, Reihenzahl57. 3 Telefonat mit Dr. Peter Borkenau vom 10. Oktober 1991. 4 Siehe dazu unten S. 72 ff.: 11. 4. Zur Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft. S Die Information zu Borkenaus Übersiedlung nach London stammt vom Institut für Zeitgeschichte, München. Dagegen heißt es bei Tashjean, 1962, S. 12, Borkenau sei erstmals 1936 nach London gekommen.

2. Eine Soziologie des Faschismus

57

amtlichen Unterlagen; der Name der Braut und die Dauer der Ehe sind unbekannt. Auf die Richtigkeit der Angabe verweist allein eine Widmung in dem 1942 in London verfaßten "Socialism. National or International": "To my Wife". 2. Eine Soziologie des Faschismus Borkenaus Auseinandersetzung mit den Krisenerscheinungen seiner Zeit beginnt 1932: Bei den deutschen Reichstagswahlen im Juli 1932 erringen die Nationalsozialisten einen großen Stimmenzuwachs. Zwar scheitert die Übernahme der politischen Macht noch an der Weigerung Hindenburgs, Hitler zum Reichskanzler zu ernennen, doch ist ein nationalsozialistisches Deutschland in greifbare Nähe gerückt. Dies ist Anlaß für Franz Borkenau, sich in seinem im Herbst 1932 geschriebenen und 1933 veröffentlichten Aufsatz "Zur Soziologie des Faschismus" mit der Frage auseinanderzusetzen, warum die nationalsozialistische Bewegung einen solchen Wahlerfolg erringen konnte. Er erörtert Gefahren und Möglichkeiten des Faschismus und warnt eindringlich davor, im Faschismus eine Chance für die wirtschaftliche Erneuerung des Landes zu sehen. Er ruft das Bürgertum dazu auf, sich der Bewegung entgegenzustellen und selbst die Initiative zu ergreifen. Kern des Artikels ist die Frage nach den Ursachen des Vormarsches autoritärer, auf eine Diktatur abzielender Bewegungen, wie er sich nach Italien ab dem Sommer 1932 auch in Deutschland abzeichnete. In Auseinandersetzung mit verschiedenen Erklärungsansätzen stellt Borkenau dar, daß diese Bewegungen Erfolg haben, weil sie einen Ausweg aus dem von ihm vermuteten Grunddilemma der westlichen Entwicklung der letzten Jahrhunderte zu versprechen scheinen, nämlich aus dem Kampf der Klassen für und gegen die Durchsetzung des modemen Kapitalismus.

a) Entstehungsursachen faschistischer Bewegungen Borkenau ordnet den Nationalsozialismus als eine dem italienischen Faschismus ähnliche Erscheinung ein und versucht zu erörtern, warum in einem wirtschaftlich so fortschrittlichen Land wie Deutschland der Faschismus Erfolg habe, obwohl er bisher nur in wirtschaftlich unterentwickelten Ländern aufgetreten sei6 • Borkenau erkennt zwar, daß aufgrund dieser Unterschiede in

6 Franz Borkenau: Zur Soziologie des Faschismus. In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik. Tübingen, Jg. 1933, S. 513-547, S. 513.

58

11. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus

den Ausgangssituationen und damit potentiellen Zielen und Maßnahmen italienischer Faschismus und deutscher Nationalsozialismus so unterschiedlich sein müssen, daß eine Zusammenfassung unter dem Begriff "Faschismus" problematisch isf. Dennoch behält er den Sammelbegriff durch weite Teile seines Aufsatzes bei. Zum einen nämlich fehlt ihm 1932 noch ein besserer neuer Überbegriff für die spezielle Art von Bewegung, die er beschreibt. Erst in späteren Jahren findet er ihn im Begriff "Totalitarismus". Zum anderen aber ist es ja gerade die Zusammenfassung/ Identifizierung verschiedener autoritärer Bewegungen unter dem Begriff des Faschismus, die seine Suche nach gemeinsamen Ursachen rechtfertigten. Würde er gleich das (wenn auch falsche) begriffliche Band zwischen italienischem Faschismus und deutschem Nationalsozialismus zerschneiden, würde die Gesamtkonzeption der Studie zerfallen: Nur von der Ausgangsannahme der Gleichartigkeit beider Bewegungen lassen sich ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf eine verbindende Ursache beider zurückführen. Im Vorfeld seiner Darstellung der Entstehungsursachen des Faschismus diskutiert Borkenau die konservative und die sozialistische Theorie über dessen Ursachen. Er wirft beiden vor, die tatsächlichen historischen und gegenwärtigen Situationen in den jeweiligen Gesellschaften vor einer faschistischen Machtübernahme zu übergehen. Für die sozialistische Theorie nimmt er Bezug auf das von Otto Bauer entworfene Linzer Programm der österreichischen Sozialdemokratie und die Ansichten Thalheimers. Sie sehen den Faschismus als eine Reaktion der bürgerlich-konservativen Kräfte an, die die Macht an sich reißen, um mit einer Diktatur den drohenden Sieg des Proletariats zu verhindern. Borkenau wendet ein, daß alle historischen Erfahrungen dieser Sichtweise widersprächen. So habe in Spanien und Finnland die Bourgeoisie ihre Diktatur nicht vor einem drohenden Sieg des Proletariats errichtet, sondern gerade nach dessen Niederlage. In Ländern, in denen die Bourgeoisie tatsächlich von einem solchen Sieg bedroht war, habe sie nicht zur Diktatur gegriffen, sondern die Demokratie mit allen Mitteln verteidigt8 • Wenn also das Ziel einer Niederwerfung des Proletariats durch die Bourgeoisie nach Borkenau nicht ausreicht, um den Erfolg des Faschismus zu erklären, muß ein anderer oder zusätzlicher Grund gefunden werden. Doch auch die zweite große Theorie zu dessen Ursachen, vertreten von bürgerlich-konservativer und liberaler Seite, sieht Borkenau allein als ungenügend an. Diese Theorie hebt auf eine allgemeine Krise der Demokratie ab, die die modemen Staaten

7

8

Ebd., S. 513 ff. Ebd., S. 515 f.

2. Eine Soziologie des Faschismus

59

handlungsunfähig macht und sie hindert, mit den Anforderungen der modemen Welt fertig zu werden9 • Es sei communis opinio, erklärt Borkenau, daß das Vordringen des Nationalsozialismus in Deutschland mit einer Krise der Demokratie in Zusammenhang stehe, der gewöhnlich ein internationaler Charakter zugesprochen werde lO • Populär wurde diese Auffassung in Deutschland wohl vor allem durch eine Reihe von Schriften Carl Schmitts. Er erläutert, daß sich die Demokratie in einer schweren Krise befinde, weil in der modemen Massendemokratie die strukturellen Bestandteile von Liberalismus und Demokratie nicht mehr vereinbar seien. Denn die Demokratie fordere die Identität von Regierenden und Regierten, die durch den liberalen Parlamentarismus verhindert werde, weil im Parlament nicht der Wille des Volkes kundgetan werde, sondern unabhängige Abgeordnete miteinander diskutiertenll . Er spricht von einer die Demokratie gefährdenden Eigendynarnik des Parlaments: Die darin vertretenen heutigen Parteien seien durchorganisierte soziale Komplexe mit umfassenden Hilfs- und Stützorganisationen, die ihre jeweilige Klientel zusammenhielten. In den Parteien organisierten sich die verschiedenen gesellschaftlichen Interessen wirtschaftlicher, kultureller oder konfessioneller Art. Somit gebe es in einem vom Parlament, das heißt von den Parteien gelenkten Staat nichts mehr, was nicht potentiell staatlich oder politisch sei. Das Ergebnis seien zur Totalität strebende Parteigebilde, die zur Durchsetzung ihrer Interessen immer wechselnde Koalitionen eingingen. So werde der Staat nicht mehr von einem öffentlichen/ staatlichen, sondern von einer "Addierung von Augenblicks- und Sonderinteressen" regiert 12. Borkenau nimmt nun in "Zur Soziologie des Faschismus" ausdrücklich Bezug auf diese Thesen Schmitts. Tatsächlich sei der Staat zum Spielball und zum Kompromißobjekt totalitärer, daß heißt ihre Mitglieder in allen Lebensbereichen beeinflussenden und umfassenden Parteien geworden. Eine totalitäre Gruppe aber, die zum Kampf um die Staatsrnacht gerüstet sei, könne gamicht anders handeln. Sie müsse stets versuchen, ihre eigenen Interessen durchzusetzen und an der Macht zu bleiben, denn sonst würde sie von einer ebensolchen Gruppe ersetzt 13. Doch dieser auch nach Borkenaus Ansicht bestehende Fehler der

9 Vgl. Walter Schlangen: Die Totalitarismustheorie. Entwicklung und Probleme. Stuttgart u. a. 1976, S. 24 f. \0 Borkenau, Zur Soziologie des Faschismus, S. 534. 11 Carl Schmitt: Der Gegensatz von Parlamentarismus und moderner Massendemokratie. Zuerst erschienen als Einleitung zur 2. Aufl. von ders.: Geistesgeschichtliche Lage des Parlamentarismus. Berlin 1926, auch abgedr. in: ders.: Positionen und Begriffe im Kampf mit Weimar-Genf-Versailles 1923-39. Berlin S. 52-66. 12 Carl Schmitt: Der Hüter der Verfassung. 1931. S. 79, 83 f., 88. \3 Borkenau, Zur Soziologie des Faschismus, S. 538.

60

ll. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus

pluralistischen Demokratie erkläre ebenfalls nicht ausreichend die Entstehung des Faschismus. Denn die faschistische Bewegung mache vor den Staaten alter bürgerlicher Tradition Halt. Darunter seien diejenigen Staaten zu verstehen, in denen eine traditionell verankerte Demokratie mit einer hohen Reife der modemen Verhältnisse zusammenfalle, wie die USA, Großbritannien, Holland, Belgien, Schweiz, Norwegen, Schweden, Frankreich und Dänemark l4 . Eine befriedigende Erklärung für die Entstehung des Faschismus liegt für Borkenau deshalb nur in einer die beiden krisenhaften Momente der modemen Welt gleichermaßen berücksichtigenden Theorie. In der nun folgenden eigenen Konzeption zeigt sich wie schon in "Der Übergang" auch in "Zur Soziologie des Faschismus" zwar eine Anlehnung an sozialistisch-kommunistische Erklärungen, doch Borkenau bleibt auch diesmal nicht auf der vereinfachenden Sichtweise stehen, der Faschismus sei bloße bürgerliche Reaktion. Vielmehr setzt er die auch bereits in den 20er Jahren von kommunistischer Seite begonnene Überlegungen fort, die zwar eine Krise des Kapitalismus als zwingende Ursache der Entstehung faschistischer Regime sehen, diesen aber nicht allein bürgerlich-reaktionären Charakter zuschreiben, sondern eine gleichzeitig revolutionäre Kraft mit Anziehungskraft auf breite BevölkerungskreiselS.

b) Proletarische Revolution und faschistische Konterrevolution Trotz aller Unterschiede in den Ausgangssituationen und Zielen verschiedener, dem Faschismus ähnlicher Bewegungen glaubt Franz Borkenau doch an eine diesen gemeinsame Wurzel, die das zeitnahe Auftreten an verschiedenen Orten erklären ließe. Er findet sie durch die Einordnung in den schon in "Der Übergang" entwickelten Von-Bis-Rahmen der Durchsetzung des Kapitalismus. "Denn was sollte in der modemen Geschichte wichtiger sein und besser zu dem Prinzip des Verständnisses geeignet als der Kampf um die Durchsetzung des Kapitalismus?"16 Seit dem 16. und 17. Jahrhundert sei dies der wesentliche Antrieb der weltweiten Geschichte der Menschheit. Wie schon in seiner großen Studie zur Entwicklung des mechanistischen Weltbildes, vertritt er erneut die Ansicht, daß die Einführung des Kapitalismus mit einer angemessenen geistigen Haltung und Lebensart einhergehen muß. Zudem aber müßte ein geeigneter politisch-gesellschaftlicher Rahmen geschaffen werden. Wie aus Einzelbemer-

Ebd., S. 535. Vgl. dazu Schlangens Darstellung der Ideen Clara Zetkins, Karl Radeks oder Arturo Labriolas der Jahre 1922 -25, S. 22 ff. 16 Borkenau, Zur Soziologie des Faschismus, S. 531. 14

IS

2. Eine Soziologie des Faschismus

61

kungen hervorgeht, glaubt Borkenau, daß moderner Kapitalismus nur funktionieren kann in einem freiheitlich-demokratischen, aber gleichzeitig zentralistischen Staat mit intensiver wirtschaftlicher Organisations- und Planungstätigkeit, die sich um eine angemessene Berücksichtigung aller Bedürfnisse bemüht 17. In der Frühphase des Kapitalismus jedoch sei die Arbeiterschaft unbestreitbar großer Ausbeutung ausgesetzt und dies gelte umso mehr, je später ein Land in die kapitalistische Produktionsform eintreten wolle, d. h., je größer der Vorsprung anderer Nationen und je größer damit der äußere Konkurrenzdruck. Wenn aber die politische Entwicklung der wirtschaftlichen vorausgeeilt ist und das Proletariat im Rahmen des freiheitlichen Systems Möglichkeiten der Selbstorganisation und Selbstverteidigung habe, werde es sie nutzen, um die Einführung des Kapitalismus zu verhindern 18 - genauso wie die Vertreter des Kapitalismus alle Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele einsetzen werden. Zwar gebe es auch die Möglichkeit, daß kapitalistische Klasse und Proletariat sich in gegenseitigen Kompromissen begleiten und fördern könnten, um damit den Kapitalismus sozial verträglich durchzusetzen und den programmierten Weg des Fortschritts zu beschreiten. Doch für die wirtschaftlich spätentwickelten Länder hält Borkenau dies aufgrund der extremen internationalen Konkurrenz und der hohen Entwicklung des demokratischen Bewußtseins für keine realistische Möglichkeit 19 • Stattdessen führe der die Entwicklung der Menschheit in den letzten Jahrhunderten bestimmende Interessenskonflikt zu einem steten Ringen um die Macht und leite einen "Zyklus von Revolution und Restauration"20 ein. Die sich verweigernde Arbeiterschaft versuche durch eine proletarische Revolution den Kapitalismus endgültig zurückzuschlagen, um dann nach einer befriedigenderen Wirtschaftsform suchen zu können. Gerade jetzt befänden wir uns nach einer Weltrevolution, die jedoch unabgeschlossen abgebrochen sei, ohne daß eine befriedigende Lösung erreicht worden wäre. So bleibe der Interessenskonflikt weiter bestehen und solange keine Seite die eindeutige Macht errungen und ein angemessenes Verhältnis von wirtschaftlicher, politischer und geistiger Entwicklung geschaffen habe, hemme der Klassenkampf die Entwicklung des Kapitalismus und damit den programmierten Weg des Fortschritts. Deshalb müsse unweigerlich eine Konterrevolution oder Reaktion ebenso weltweiten Ausmaßes erfolgen, um ihrerseits zu versuchen, den Kampf für sich zu entscheiden. Die Reaktion aber stünde vor der schwierigen Aufgabe, "einerseits das Alte in möglichst unveränderten Formen wiederherstellen zu müssen, da jede

17 \8 \9 20

Ebd., Ebd., Ebd., Ebd.,

S. S. S. S.

518 f., 521. 529. 518 ff. 547.

62

11. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus

Konzession an die Forderungen des geschlagenen Gegners, den Keim der Zersetzung der Reaktion in sich trägt; andererseits doch irgendwie Neues zu schaffen, da die vorrevolutionären Verhältnisse nicht einfach wiederherstellbar und die Forderungen nach einer Neuorganisation des gesellschaftlichen Lebens zwingend sind". Um dies zu vereinbaren hätten sich viele reaktionäre Bewegungen darauf verlegt, in der Realität zum Alten zurückzukehren und lediglich mit Worten und einer neuen Ideologie zu reformieren, eine Taktik, die selten erfolgreich sei. Augenblicklich jedoch übernehme der Faschismus die historische Rolle der Konterrevolution: Er habe gleichzeitig das Wunder vollbracht, den Kapitalismus in Kraft zu setzen, die Arbeiterrechte zurückzudrängen und dennoch durch eine besondere Ideologie, seinen "korporativen" Staatsaufbau, seine Festigkeit und eine stürmische Massenbewegung den "Eindruck einer fundamentalen Neuschöpfung zu erwecken"21. So kann es in Borkenaus Augen dem Faschismus als einer besonderen Art der Reaktion gelingen, tatsächlich den historischen Antagonismus zu überwinden und unter Einschränkung der Freiheit eine zwangsweise Anpassung an die Erfordernisse des Kapitalismus herbeizuführen22 . Im Licht der Geschichte besehen agiert der Faschismus damit stellvertretend für die Bourgeoisie, der es innerhalb des früheren politischen Systems nicht gelungen war, ihre Interessen durchzusetzen und denen nun die faschistische Diktatur zum Durchbruch verhilft. Sobald der Faschismus seine historische Aufgabe der Festigung des Kapitalismus erreicht habe, werde die Bourgeosie aber versuchen, ihn abzuschütteln und die Herrschaft selbst zu übernehmen. Für den heutigen Betrachter mag die hier anklingende Stellvertreterfunktion des Faschismus absurd erscheinen. Tatsächlich war sie lange Jahre populär. Der Politikwissenschaftler Ernst Fraenkel etwa referiert sie in seinem 1941 erstmals erschienenen "The Dual State"23 als weitverbreitete These, nach der die Nationalsozialisten nur der Hausknecht des deutschen Monopolkapitals seien, der Hitler zur Durchsetzung eigener Interessen an die Macht geholfen habe. Dabei haben Fraenkel, wie auch Borkenau Zweifel, ob nicht die Faschisten beziehungsweise Nationalsozialisten sich als die maßgebliche Kraft erweisen werden. Wir kommen darauf noch zurück. Borkenau beschreibt verschiedene Konstellationen, in denen ein faschistisches, oder dem Faschismus ähnliches Regime als Ausweg aus der

Ebd., S. 514. Ebd., S. 514, 524 f. 23 Ernst Fraenkel: Der Doppelstaat. Frankfurt am Main, Köln 1974, S. 215 f. (Rückübersetzung des 1941 veröffentlichten The Dual State). 21

22

2. Eine Soziologie des Faschismus

63

Pattsituation und dem Stillstand der kapitalistischen Entwicklung auftreten können. Dies ist zum einen der Fall Italiens, in dem die Wirtschaft erst jetzt den Schritt in den modemen Kapitalismus tun will, in der Gesellschaft aber die geistige Bereitschaft dazu fehlt und die fortgeschrittene Demokratie ausreichend Möglichkeiten bietet, sich dem Fortschritt zu widersetzen. Der zweite Fall ist der Deutschlands, in dem es in der Zeit wirtschaftlicher Erschütterung gilt, schmerzliche Sparmaßnahmen zur Sicherung des Kapitalismus gegen Gruppeninteressen durchzusetzen. Beide Konstellationen sollen ausführlich dargestellt werden. Nur einen kurzen Hinweis gibt Borkenau auf eine ihm künftig möglich scheinende dritte Konstellation: Bis 1932 hätten die alten Demokratien Großbritannien, USA usw. den Gefahren pluralistischer Zersetzung durch den Klassenkampf widerstehen können. Sie hätten die Funktionsfähigkeit ihrer demokratischen Systeme durch Elemente straffer, zentralistischer Ordnung geschützt und dadurch ihre Handlungsfähigkeit erhalten: so etwa in Frankreich durch starke geographische Zentralisierung und eine vom Parlament relativ unabhängige Regierung und in den USA durch die Konzentration der Exekutive in der Hand des Präsidenten. Eine solche starke Staatsgewalt als Gegengewicht zu den verfeindeten gesellschaftlichen Kräften habe in Deutschland gefehlt, weshalb hier der Klassenkampf mit seiner ganzen zersetzenden Kraft aufgetreten sej24. Doch je mehr sich die Krise des Kapitalismus verschärfe, er die einzelnen Klassen nicht mehr befriedige und sich der Klassenkampf zuspitze, desto größer wird nach Borkenau auch die Zerreißprobe für die alten Demokratien. Hier könnte dann eine - neben der italienischen und deutschen dritte Form des Faschismus aufkommen, dessen Aufgabe es wäre, die Macht der Bourgeoisie zu erhalten und ihr Regime gegen Zersetzungserscheinungen zu schützen25 • c) Der echte Faschismus

Ausgehend von seinem allgemeinen Erklärungsmodell untersucht Borkenau nun die speziellen Ursachen, Aufgaben, Merkmale und Erfolgsaussichten von italienischem Faschismus und deutschem Nationalsozialismus: Der echte (eigentliche) Faschismus26 dient nach Borkenau dem Zweck, ein unterentwickeltes wirtschaftliches System dem bereits fortgeschrittenen politischen Borkenau, Zur Soziologie des Faschismus, S. 539-54l. Ebd., S. 543 f. Warum es zu einer solchen Verschärfung des Klassenkampfes und größeren Krise des Kapitalismus kommen sollte, erklärt Borkenau nicht weiter. Die dahinterstehende Idee setzt er erst 1936 in "Pareto" klarer auseinander. Siehe unten S. 79 ff., H. 5. Paretos Elitentheorie. 26 = der italienische, Borkenau, Zur Soziologie des Faschismus, S. 543, 544. 24 25

64

11. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus

Entwicklungsstand anzupassen und somit den Bedürfnissen des modemen, industriellen Kapitalismus gerecht zu werden27 • Der italienische Faschismus und die in anderen wirtschaftlich unterentwickelten Ländern aufgetretenen ähnlichen Bewegungen28 entstehen, als der Streit zwischen Proletariat und Bourgeoisie um diese Modernisierung zur völligen Handlungsunfähigkeit beider Klassen führt. Denn die Arbeiterklasse widersetzt sich ihrer steigenden Ausbeutung in der Einführungsphase kapitalistischer Produktionsweisen. Dank der fortgeschrittenen demokratischen Entwicklung dieser Länder verfügt das Proletariat bereits über schlagkräftige Organisationen. So kann es unter dem Schutz der Demokratie die Handlungsfreiheit der Bourgeoisie einengen und dadurch den wirtschaftlichen Fortschritt hemmen. Weil keine Klasse, auch das Proletariat nicht, eine alternative Staats- und Wirtschaftsordnung errichten kann, ergreift nun die klassenlose faschistische Bewegung die Macht und treibt die Modernisierung in Richtung eines industriellen Kapitalismus voran29 • Dies geschieht nach Borkenau im wesentlichen durch die Unterdrückung aller Artikulationsmöglichkeiten der Klassen und den Versuch ihrer Einigung in einer klassenübergreifenden faschistischen Massenbewegung. Der italienische Faschismus sei die exklusive Diktatur einer totalitären Partei, welche sich über alle Klassen stelle, sogar an die Stelle der Klasse trete. Das Parlament und alle anderen Parteien seien entmachtet, selbst wenn sie formal noch existierten30 • Der Faschismus zeichne sich weiter aus durch eine Massenbewegung , eine besondere Ideologie, die der Faschismus dringend benötige, die er aber nur jenseits seiner eigentlichen Leistungen gefunden habe3!. Der Faschismus habe eine kapitalistische Wirtschaftsordnung, in der alle sozialen Errungenschaften der Arbeiterbewegung zurückgedrängt sind: Niedrige Löhne gehen einher mit der Zerschlagung aller unabhängigen Interessenvertretungen der Arbeiter, der Errichtung staatlicher Gewerkschaften und einer unbeschränkten Handlungsfreiheit der Unternehmer. Das Regime habe große Modemisierungserfolge zu verzeichnen, sowie den Aufbau einer modemen Industrie, einer zentralistischen Verwaltung und einer schlagkräftigen Armee mit der Fähigkeit zu expansiver imperialistischer Politik32 • Eine große Besonderheit ist die Proklamation eines »korporativen« (d.h. nach Berufsständen organisierten) Staatsaufbaus, eines Anspruchs, dem Italien nach Borkenau aber gamicht gerecht wird. Denn tatsächlich hätten die neu geschaffenen Berufsstände keinerlei Einfluß auf das

27

28

29 30 31 32

Ebd., Ebd., Ebd., Ebd., Ebd., Ebd.,

S. S. S. S. S. S.

544. 529 f, 520-542. 525. 544. 514, 526. 526, 529.

2. Eine Soziologie des Faschismus

65

politische Geschehen. Er spricht vom »korporativen« Staatsaufbau Italiens nur in Anführungszeichen. Seine Proklamation gehöre zu dem Versuch, den Eindruck eines fundamental neuen Regimes zu erwecken. In der Praxis habe der korporative Staatsautbau keine Bedeutung, wohl aber auf dem Feld der Ideen33 • Tatsächlich habe der italienische Faschismus den Kapitalismus in einem bisher ungekannten Maße wieder hergestellt. In keinem anderen Industrieland der Welt seien "die Löhne so niedrig, das Herrenrecht des Unternehmers im Betrieb so grausam, das Proletariat so zu vollkommener Wehrlosigkeit verurteilt wie im faschistischen Italien "34. Damit sei der Faschismus zwar die auf die weltweite Revolution folgende Reaktion35 , unterscheide sich aber wesentlich von allen früheren oder anderem reaktionären Diktaturen. Denn er vermittele den Eindruck einer fundamentalen Neuschöpfung und großer Stabilität. So habe der Faschismus geschafft, woran bisher alle Reaktionen gescheitert seien: Er belasse alles beim Alten und binde so die konservativen Kräfte an sich, ziehe aber gleichzeitig alle auf Veränderung Hoffenden an, weil er auf ideologischem Gebiet seine Neuartigkeit und einen revolutionären Charakter proklamiere36 • Der Faschismus konnte seine historische Aufgabe der Durchsetzung des modemen Kapitalismus erfüllen: die industrielle Produktion habe sich vervielfacht37 • Doch dieser Erfolg des Faschismus bedeutet nach Ansicht Borkenaus auch gleichzeitig dessen nahes Ende: Mit der Verwirklichung des modemen Kapitalismus werde unter faschistischer Herrschaft auch die Bourgeoisie entsprechend ihrer Rolle im neuen Wirtschaftsleben erstarken und sie werde alles daran setzen, den Faschismus abzuschütteln, sobald er seine historische Aufgabe erfüllt habe. Echter Faschismus sei damit nur ein Übergangszustand auf dem Weg zur Schaffung des industriellen Kapitalismus und der Errichtung der Macht der ihn tragenden Bourgeoisie38• Sobald die Bourgeosie stark genug dafür sei, wolle sie selbst regieren und das wegen des großen Repressionsapparates teure, unsichere und ihre Handlungsfreiheit begrenzende faschistische Regime nicht mehr dulden. Sie werde dann versuchen, die reformbereiten Kräfte der Gesellschaft für sich zu gewinnen und mit Hilfe der Masse den Faschismus zu beseitigen um eine eigene Herrschaft zu errichten39 •

33

34 35 36

37 38

39

Ebd., Ebd., Ebd., Ebd., Ebd., Ebd., Ebd.,

S. 514,526. S. 526. S 514. S. 514, 517. S. 526. S. 525 f., 544. S. 544 f.

5 Lange-Enzmann

66

11. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus

d) Der Nationalsozialismus Auch die Erfolge des Nationalsozialismus sieht Borkenau als Bausteine großer historischer Entwicklung an. Während es in Italien gilt, die wirtschaftliche Entwicklung anzukurbeln, gilt es in Deutschland, den bestehenden wirtschaftlichen Stand zu sichern. Hier ist bereits ein hochentwickelter Kapitalismus vorhanden. Geistige und wirtschaftliche Entwicklung sind aufeinander abgestimmt, doch die politisch-gesellschaftliche Ordnung beginnt zunehmend den Kapitalismus zu bedrohen, als die Rezession den Interessenkonflikt zwischen den Klassen verschärft: In einer hochentwickelten Industriegesellschaft wie Deutschland sei die Bourgeoisie, anders als im unterentwickelten Italien an sich eine mächtige Klasse. Im Lauf der wirtschaftlichen Entwicklung hätte sie gelernt, die Arbeiterklasse in geringem Maße durch Teilkonzessionen einzubinden und so den Klassenkampf abzuschwächen. Doch der soziale und wirtschaftliche Fortschritt im kapitalistischen System ist nach Borkenau immer wieder katastrophalen Rückschlägen ausgesetzt, durch die der Klassenkampf bürgerkriegs ähnliche Formen annehmen kann4O • Einen solchen Rückschlag stellen die Weltwirtschaftskrise und die Reparationsverpflichtungen dar41 • In einem System mit einer starken Staatsrnacht könne die Regierung zwischen den Klassen ausgleichen und die notwendigen wirtschaftlichen Maßnahmen ergreifen. Doch in der deutschen Demokratie ständen sich in Form totalitärer Parteien, wie bei earl Schmitt beschrieben, nicht nur auf gesellschaftlichem und wirtschaftlichem, sondern auch auf politischem Feld die verfeindeten Klassen gegenüber. Dies sei auf einen Fehler der deutschen Verfassung zurückzuführen: Sie sei noch ganz in der Vorstellung verfangen, daß die Republik ein Mittel der "Freiheit" sei, statt zu begreifen, daß Demokratie angesichts des Gegensatzes der Klassen heute nicht weniger, sondern mehr Herrschaft sein müsse, als andere Staatsformen42 • Keine starke neutrale Staatsrnacht ist daher vorhanden, die diese Gegensätze hätte ausgleichen können43 • Die Parteien seien unfähig, die notwendigen, unliebsamen Maßnahmen zu ergreifen, weil jede um ihr Klientel fürchten müsse. So entsteht die gleiche Situation politischer Handlungsunfahigkeit wie zuvor in Italien. "Die mangelnde Herrschaftsgewalt des Staatsapparates behindert die Lebensnotwendigkeiten der kapitalistischen Entwicklung "44. In Italien ist es darum gegangen, die widerstrebenden Klassen den Anforderungen des kapitalistischen

40 41

42 43 44

Ebd., Ebd., Ebd., Ebd., Ebd.,

S. S. S. S. S.

532. 542. 541. 541, 534, 536. 542.

2. Eine Soziologie des Faschismus

67

Produktionsprozesses erstmalig unterzuordnen. In Deutschland geht es nun darum, den verschiedenen Klassen die zur Bewältigung der Krise notwendigen Opfer aufzuerlegen. "In beiden Fällen handelt es sich darum, ein Parteiensystem zu brechen, das das strikte Funktionieren des Staatsapparates in dem erforderlichen Sinne verhindert "45. In beiden Fällen kann die stark, neutral und klassenlos erscheinende faschistische/ nationalsozialistische Bewegung als Rettung erscheinen und Erfolge feiern. In seiner allgemeinen Konzeption der Entstehungsursachen des Faschismus betont Borkenau, daß es lediglich darum gehe, die Bourgeoisie zu vertreten, bis der modeme Kapitalismus gesichert sei. Für den italienischen Faschismus fügt er noch hinzu, daß dieser nur an ihrer Stelle und für eine Übergangszeit herrsche, bis die Bourgeoisie selbst erstarkt sei und ihn ablösen könne. Doch Borkenau weist auch auf einen eigenen Machtwillen der Faschisten hin, der der Bourgeoisie nicht so leicht Platz machen werde46 • Im Fall der Nationalsozialisten ist das Machtverhältnis noch klarer: Borkenau sieht den Nationalsozialismus bereits als eigenständige, von der bürgerlichen Klasse unabhängige Bewegung. Die deutsche Bourgeoisie habe den Faschismus zwar als vermeintliches Bollwerk gegen die Arbeiterklasse unterstützt, doch er wachse ihr zunehmend über den Kopf, werde ihr selbst zur Gefahr. In Deutschland müsse es der Bourgeoisie darum gehen, nicht weniger sondern mehr Einbeziehung und Mitbestimmung des Volkes zu erreichen, die Unterstützung der Massen zu gewinnen. Denn der Versuch, den Klassenkampf durch Unterdrückung der Arbeiter zu beseitigen, berge die Gefahr seines Umschlagens in revolutionäre Bewegungen47 und damit den Wiedereintritt in den schmerzlichen Zyklus von Revolution und Gegenrevolution. Weder die Restauration (in Form von Wehrmacht und Agrariern) noch die Nazis können deshalb helfen48 • Eine ähnliche Überlegung findet sich 1929/31 auch bei Hermann Heller: Auch nach seiner Überzeugung befindet sich die modeme Welt in einer politischen Krise, die durch den sozialen Klassengegensatz hervorgerufen wird. Dieser Gegensatz könne nur durch eine Gewinnung der Arbeiterklasse für eine Teilnahme an einer politischen Werte- und Willensgemeinschaft geschehen, nicht aber durch ihre dauernde diktatorische Unterdrückung: "Bei dem einmal erwachten Selbstbewußtsein dieser immer wachsenden Schichten kann die Krise schließlich nur dadurch behoben werden, daß sie sich grundSätzlich freiwillig

45 46 47

48

Ebd., Ebd., Ebd., Ebd.,

S. S. S. S.

543. 546. 532. 546 f.

68

II. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus

den staatlich-gesellschaftlichen Normen unterordnen und an ihnen mitarbeiten. "49. Eine faschistische Diktatur kann hier nach Heller keine Lösung sein. Denn der Faschismus würde ein solches demokratisches Selbsterziehungswerk gerade verhindern, weil er der Arbeitnehmerschaft jede Möglichkeit zur Mitgestaltung und politischen Selbstbetätigung verbiete50 • Von einer ganz anderen Warte aus argumentiert earl Schmitt. Er sieht den Faschismus von vorneherein nicht als Statthalter der Bourgeoisie, sondern im Gegenteil als einen unabhängigen Dritten, der über Arbeitgebern und Arbeitnehmern gleichermaßen steht. Er glaubt sogar, daß der autoritäre Staat der Faschisten letztlich eher den Arbeitnehmern dienen werde, denn sie seien das Volk, dessen Einheit der Staat manifestiere. "Nur ein schwacher Staat ist ein kapitalistischer Diener des Privateigentums. Jeder starke Staat ( ... ) zeigt seine eigentliche Stärke nicht gegenüber den Schwachen, sondern gegenüber den sozial und wirtschaftlich Starken .... Daher können die Arbeitgeber und insbesondere die Industriellen einem faschistischen Staat niemals ganz trauen, und müssen sie vermuten, daß er sich eines Tages im Ergebnis zu einem Arbeiterstaat mit Planwirtschaft entwickeln muß ,,51. Eine entsprechende Warnung formuliert 1941 auch Ernst Fraenkel, der bestätigt, daß Industrielle und Großgrundbesitzer Hitler für ihre Zwecke hätten nutzen wollen, doch sie hätten sich in der Einschätzung getäuscht, Hitler nach Belieben wieder fallenlassen zu können. Der tatsächliche wirtschaftliche Nutzen dieser Gruppen habe sich in den Bereich der Politik nicht fortsetzen lassen. Im besten Fall könnten sie hoffen, die Macht mit der Partei zu teilen. Sie seien aber nicht in der Lage, die Nationalsozialisten zu stürzen, sondern müßten ihrerseits fürchten, eines Tages aus ihren wirtschaftlichen und sozialen Machtpositionen vertrieben zu werden. Fraenkel äußert sich allerdings nicht dazu, ob die Nationalsozialisten je die Interessen der Bourgeoisie geteilt und die Erlösung aus einer wirtschaftlichen Notlage tatsächlich dasHauptziel der neuen Diktatur oder nur ein Propagandatrick gewesen sei52 • Borkenaus Warnung an die Bourgeoisie, sich von den Nazis keine Vorteile zu erhoffen, sondern sie als langfristige Gefahr für die eigene Herrschaft anzusehen, wenn sie auch kurzfristig als Schutzwall gegen Mitbestimmungsforderungen der Arbeiter erschienen, muß auch im Lichte der Situation vom 49 Herrmann Heller: Europa und der Fascismus. 1929, hier 2. veränderte Auflage, Berlin 1931, S. 158. 50 Ebd. 51 earl Schmitt: Wesen und Werden des faschistischen Staates (1929). In: ders.: Positionen und Begriffe im Kampf mit Weimar-Genf-Versailles 1923-39. Berlin S. 109115, hier S. 113. 52 Fraenkel, Der Doppelstaat, S.217.

2. Eine Soziologie des Faschismus

69

Juli 1932 gesehen werden: Borkenau hofft darauf, daß die Bourgeoisie Hitler ihre Unterstützung verweigert und so eine Machtergreifung der Nazis mit demokratischen Mitteln verhindert werden kann. Als diese Hoffnung 1933 scheitert, stellt sich Borkenau 1934 in einem weiteren Artikel zum Faschismus die Frage nach den tatsächlichen Chancen des Faschismus, den Klassenkampf zu beseitigen und damit den Revolutionszyklus endgültig zu durchbrechen53 . In "Fascisme et Syndicalisme" kommt er zu der schon 1932 anklingenden Überzeugung, daß der Faschismus keine einheitliche Theorie oder ein einheitliches Programm habe. Auch die politischen Organisationspläne, die sich die verschiedenen faschistischen Systeme im Lauf ihrer Erfahrungen gegeben hätten, seien nicht einheitlich. Daß dies aufgrund der unterschiedlichen Entstehungssituationen der als faschistisch bezeichneten Bewegungen garnicht anders sein kann, hatte Borkenau bereits 1932 erklärt. Die wesentliche Gemeinsamkeit von italienischem und deutschem Faschismus sieht Borkenau daher nach wie vor in dem gemeinsamen Ausgangspunkt der Politik Hitlers und Mussolinis, der im Ziel der Abschaffung des Klassenkampfes und der Unterordnung von Partikularinteressen unter nationale liege54 • Daraus ergebe sich eine gemeinsame Absicht und Maßnahme, nämlich die Abschaffung der unabhängigen Gewerkschaften, die im Klassenkampf als schlagkräftige Kampforganisationen dienten und die Auseinandersetzung verschärften. Sie seien in Italien und in Deutschland deshalb sogleich in staatlich kontrollierte Institutionen umgewandelt worden. Mit diesen Instrumenten des Klassenkampfes hoffte man, auch den Kampf selbst zu beseitigen. Weil dieser aber nicht auf einer Feindschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wegen der Ausbeutung letzterer durch erstere beruhe, ist dieser Versuch nach Borkenau nicht erfolgreich. Diese Feindschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern als Ursache des Klassenkampfes anzunehmen, sei ein Irrtum der "sozialistischen Mythologie't55. Grund des Klassenkampfes sei vielmehr die sich im modemen Kapitalismus stets neu stellende Frage der Verteilung der Güter. Keine Gruppe würde es freiwillig akzeptieren, daß ihre Einkünfte sich verringern, wenn die Chance bestehe, gemeinsame Last von Verlusten auf andere abzuwälzen. So ist der Klassenkampf unabhängig von der Existenz freier Gewerkschaften. Und weil es ein Hirngespinst sei zu glauben, daß man jemals einen Schlüssel der proportionalen Güterverteilung finden könne, rekonstruiere sich der Klassenkampf stets aufs

53 Franz Borkenau: Fascisme et syndicalisme. In: Annales d'Histoire Economique et Sociale, No. 28 vom 31.07.1934, S. 337-350. 54 Ebd., S. 337. 55 Ebd., S. 349.

70

11. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus

neue56 • Dies gilt nach Borkenau auch für eine gelenkte Wirtschaft. Weil in Italien und Deutschland nicht mehr die Tarifpartner für die Güterverteilung verantwortlich sind, sondern der Staat, der alle Löhne und Arbeitsbedingungen festlegt, wendet sich die Energie des Klassenkampfes quasi gegen den Staat und wird für ihn zur Gefahr. Sobald die internationale Wirtschaftskrise überwunden sei, eine Steigerung der Löhne erwartet und die Frage der Güterverteilung wieder aktuell werde, sei dann fraglich, ob sich die Arbeiterklasse von staatlichen Gewerkschaften angemessen vertreten fühlen werde 57 • Borkenau greift hier also das Argument wieder auf, daß die Forderung der Arbeiterklasse nach Mitbestimmung nicht auf Dauer unterdrückt werden kann, will man nicht ein Umschlagen in revolutionäre Richtung riskieren58 • Borkenau vermutet, daß die faschistischen Staaten mit der Normalisierung der Weltwirtschaftslage deshalb ihre Aktivitäten auf dem Feld der Ideen verstärken werden, um die Gefahr zu umgehen, die Kontrolle über die Arbeiterbewegung zu verlieren. Er nennt als Beispiel das italienische Dopolavoro-Programm59 • Borkenau betont sinngemäß, daß sowohl der Ausschluß der Arbeiterschaft von politischer Tätigkeit, wie die Abschaffung ihrer eigenen Interessenvertretungen als auch der Versuch der staatlichen Güterverteilung und des Interessenausgleiches ein Pulverfaß darstellen, das für die diktatorischen Regime zu einer erheblichen Gefahr werden muß. Diese Ansichten Borkenaus zur Instabilität moderner Diktaturen, in diesem Falle der faschistischen Regime Deutschlands und Italiens, sind besonders interessant. Er prognostiziert damit eine Entwicklung, die von der Totalitarismusforschung erst mit dem Aufscheinen der Krisen in der Sowjetunion ab Mitte der 50er Jahre gesehen wird60 •

3. Scheitern der Demokratie Franz Borkenau erklärt in seinem ersten Beitrag von 1932 zur Faschismusund Totalitarismustheorie die Verspätung der Demokratie in Deutschland zu einer wesentlichen Ursache für das Vordringen des Faschismus. Er verarbeitet Elemente der in den 20er und 30er Jahren populären Demokratiekritik. "Es ist

Ebd., S. 349. Ebd., S. 350. 58 Vgl. Borkenau, Zur Soziologie des Faschismus, S. 532. 59 Fascisme et Syndicalisme, S. 350. 60 Vgl. Karl Graf Ballestrem: Aporien der Totalitarismutheorie. In: Jahrbuch des politischen Denkens. Bd. 1 (1992). 56

57

3. Scheitern der Demokratie

71

communis opinio, daß das Vordringen des Nationalsozialismus in Deutschland mit einer Krise der Demokratie im Zusammenhang steht, der internationaler Charakter zugesprochen zu werden pflegt"61. Eines von vielen Beispielen dafür ist die Argumentation Hermann Hellers in seiner Faschismusstudie von 1931: Demokratie und Parlamentarismus seien auf eine Werte- und Willensgemeinschaft angewiesen, die durch die Revolutionen, die Klassengegensätze und die Interessensvielfalt in den Massendemokratien der Großstaaten nicht mehr gegeben seien. Diese Wertgemeinschaft allein aber wäre in der Lage, die Unterordnung unter den Mehrheitswillen zu erreichen. Fehlt sie, zerfällt die Gesellschaft62 . Auch Borkenau verweist auf die infolge der Wirtschaftskrise gestiegene Konfrontation zwischen den gesellschaftlichen Klassen, die die Parteien zu totalitären Interessensverbänden werden ließe. Dadurch verhielten sie sich nicht als Partner der Staatsgewalt im politischen System der Gesellschaft, sondern als deren Gegner, so Borkenaus an Carl Schmitt angelehnte Argumentation63 . Schmitt hatte dargestellt, daß die liberale parlamentarische Demokratie zwar einmal eine Berechtigung gehabt habe, aber unter den geänderten politischen und sozialen Bedingungen ihre Eignung verloren habe. Denn sie sei eine spezifische Institution der bürgerlichen Gesellschaft, die den Verhältnissen der Massendemokratie nicht mehr angemessen sei64 • Schmitt habe ihr damit, so Sontheimer, die geistige Existenzberechtigung abgesprochen und das Scheitern der deutschen Demokratie nicht mehr als Folge der schwierigen Begleitumstände, sondern als "folgerichtigen Ausdruck einer auf dem Weg des Parlamentarismus nicht mehr zu behebenden Krise" gesehen65 • Bei Borkenau hieß es 1932 ähnlich: Die klassischen Demokratien hätten bislang die Zersetzungserscheinungen abwehren können, weil sie dem Parlament als Instrument der Parteien eine mit überaus großen Befugnissen ausgestattete Regierung gegenüberstellten, die fest in der Hand der wirtschaftlich maßgeblichen Gruppe liege. Doch in Deutschland fehle eine solche starke Staatsgewalt als Gegengewicht. "Denn die deutsche Verfassung ist noch ganz in der Vorstellung befangen, die in ihr ein Mittel der 'Freiheit' sieht und verkennt, daß die Demokratie bei dem schroffen Antagonismus der Klassen heute nicht weniger, sondern mehr Herrschaft sein muß, als andere konservativere

Borkenau, Zur Soziologie des Faschismus,S. 534. Heller, Europa und der Fascismus, S. 9-1l. 63 Siehe dazu das vorangegangene Kapitel "Eine Soziologie des Faschismus". 64 earl Schmitt, Der Gegensatz von Parlamentarismus und moderner Massendemokratie , S. 64-66; ich habe diese Thesen im vorangegangenen Kapitel schon referiert. 65 Kurt Sontheimer: Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik. Die politischen Ideen des deutschen Nationalismus zwischen 1918 und 1933. München 1978, S. 153. 61

62

72

11. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus

Staatsformen"66. Dies glich der Beteuerung der Formel vom Klassencharakter jeder Herrschaft, insbesondere vom speziell bürgerlichen Charakter der parlamentarischen Demokratie, den auch Schmitt betont hatte67 • In dem Moment aber, in dem sich die Klassen- zur Massengesellschaft emanzipiert, ist eine solche bürgerliche Herrschaft nur noch durch eine Beschränkung des parlamentarischen Einflusses zugunsten einer fest in bürgerlicher Hand liegenden Regierung überhaupt haltbar, und, wie Borkenau in Einklang mit Schmitt andeutete, vermutlich nicht einmal auf Dauer. So erklärte er (zwischen Juli 1932 und 30. Januar 1933), daß aufgrund der schroffen Gegenüberstellung von Staat und Parteien die Exekutive und Legislative noch weiter getrennt, die parlamentarische Kontrolle der Regierung und damit ihre Parteibindung aufgehoben, das Weimer Verhältniswahlrecht geändert und der Föderalismus eingeschränkt werden müßten. Gleichzeitig hielt er die Erhaltung eines Mindestmaßes der demokratischen Freiheitsrechte für erforderlich, wenn sich das Bürgertum nicht den Nationalsozialisten ausliefern wolle, sondern seine Regierungsform durch die Beibehaltung selbständiger Massenorganisationen Unterstützung sichern wolle. Bei einem weiteren Anstieg der Mitwirkungsforderungen der Massen sah er für die bürgerliche Demokratie aber keine Chance. "Denn das ist ja das allgemeinste Resultat dieser Analyse, daß unvermeidlicherweise die Widersprüche innerhalb der demokratischen Staatsform mit dem Wachsen des Klassenkampfes wachsen, bis sie zerbricht "68. Nach dem Scheitern seiner Hoffnung auf eine Festigung der Demokratie durch die Straffung der bürgerlichen Macht aber greift Borkenau die oben angedeutete These vom Antagonismus von Freiheit und Herrschaft innerhalb der Demokratie erneut auf. Und auch diesmal zeigt sich eine deutliche Anlehnung an die von ihm oft zitierten Schriften Carl Schmitts. Borkenaus Aufsatz "Zur Geschichte der demokratischen Ideologie", der im März 1933 nach seiner Flucht aus Deutschland in Wien erscheint69 , ist einerseits ein

66 Borkenau. Zur Soziologie des Faschismus,S. 541, 538 ff.. Demokratie ist freilich keine Staats- (im Unterschied zu Monarchie und Republik) sondern eine Regierungsform, die durch die Prinzipien von Volkssouveränität, Gleichheit vor dem Gesetz und das Mehrheitsprinzip bei der Entscheidungsfindung gekennzeichnet ist. In diesem Sinne verwendet auch Borkenau den Begriff. 67 Sontheimer, Antidemokratisches Denken, S. 155 und Borkenau, Zur Soziologie des Faschismus,S. 547, wo er die Demokratie als Herrschaftsinstrumentder Bourgeoisie bezeichnet. 68 Borkenau, Zur Soziologie des Faschismus,S. 547, 545 f. 69 Franz Borkenau: Zur Geschichte der demokratischen Ideologie. In: Zeitschrift für öffentliches Recht. Wien, Bd. 13 (1933), Heft 3, S. 336-355.

3. Scheitern der Demokratie

73

origineller Beitrag zur Demokratiekritik der Weimarer Zeit, andererseits eine erhellende Darstellung seiner eigenen Staatsauffassung. Denn, wie Sontheimer treffend fomuliert, steht die Kritik am Bestehenden meist im Zeichen politischer Zukunftsvorstellungen. "Diese Staatsvorstellungen bilden den eigentlichen Hintergrund für die antidemokratische Kritik. In ihnen erscheinen wiederum leitmotivisch eine Reihe von Begriffen oder Ideen, die diesem Denken sein Gepräge geben"70. Dabei ist auch in der Demokratiekritik der Weimarer Zeit zu unterscheiden zwischen der von außen, auf autoritäre Staatsvorstellungen gegründeten Kritik und der von innen unter Anerkennung demokratischer und liberaler Grundwerte erfolgenden Einwände. Den Standort Borkenaus 1933 in dieser Debatte zu bestimmen, ist schwierig, wie sich zeigen wird. Doch es stellt sich nicht nur die Frage nach dem Standpunkt des Betrachters, sondern auch nach dem Objekt der Kritik. Borkenaus Einwände richten sich in interessanter Abweichung vom Gros der übrigen Schriften nicht gegen Mängel in der Umsetzung der Demokratie, sondern gegen deren theoretische Grundlagen. Er schließt sich einer laut Ernst Fraenkel in der Zwischenkriegszeit verbreiteten Sichtweise an, die die verschiedenen Verfallserscheinungen der Demokratie zwar auf den Auslöser der Wirtschaftskrise zurückführt, sie aber gleichzeitig nur als äußerliche Symptome eines "lebensbedrohenden konstitutionellen inneren Strukturfehlers " der Demokratie ansiehe!. earl Schrnitt hatte in diesem Sinne die parlamentarische Demokratie als eine einst funktionstüchtige, aber nun überholte Einrichtung eingestuft. Doch Borkenau geht noch einen Schritt weiter. Er will stattdessen darstellen, daß die Demokratie (im Sinne von Freiheit, Gleichheit und Volkssouveränität) zu keiner Zeit wirklich umgesetzt war und vermutlich auch künftig nicht würde umgesetzt werden können, da sie mit einem unlösbaren Grundwiderspruch behaftet sei: dem Antagonismus von Freiheit und Herrschaft. Die Demokratie wolle Form und Mittel der Freiheit sein, wäre aber, wie jede andere Herrschaftsform, gleichzeitig Form und Mittel des Zwangs. Die Praxis hat es bisher in Borkenaus Augen nicht vermocht, diese beiden Elemente zu versöhnen und auch in der Theorie könnten sie nie befriedigend in Einklang gebracht werden. Denn die Beschränkung der Staatsgewalt durch die Festschreibung unantastbarer Freiheitsrechte bedeutet für Borkenau die Autbebung der Souveränität,

Sontheimer, Antidemokratisches Denken,S. 142. Ernst Fraenkel: Strukturdefekte der Demokratie und deren Überwindung. In:ders., Kurt Sontheimer, Bernard Crick: Beiträge zur Theorie und Kritik der pluralistischen Demokratie. Schriften der Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn 1969, S. 3-16. hier S. 3. Erstmals erschienen in: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung "Das Parlament". Nr. 9/64 vom 26.2.1964. 70 71

74

11. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus

weil das Volk nicht mehr willkürlich alle Angelegenheiten regeln kann72 • Ein haltbares Demokratiekonzept erscheint ihm damit grundsätzlich unmöglich und die Regierungsform theoretisch gescheitert. Rousseau, der als erster mit der Volkssouveränität Ernst gemacht habe, habe dies auch einräumen müssen, indem er das Funktionieren seiner Demokratie auf einen Idealstaat verwies, in dem der Mehrheitswille und das Allgemeinwohl derart zusammenfallen, daß eine inhaltliche Festschreibung von Freiheitsrechten überflüssig wird und somit erst die unumschränkte, absolute Souveränität des Volkes gesichert bleibe3 • Borkenau aber hält es für erforderlich, daß die Verfassung eines Staates so gestaltet sein muß, daß sie auch in Krisensituationen seine Grundprinzipien sichern kann, ansonsten ist die Regierungsform zum Scheitern verurteilt, wie ihn das Weimarer Beispiel lehrt. Weil aber Freiheit und Souveränität des Volkes schon in der Theorie nicht in Einklang gebracht werden können, ist die Demokratie für Borkenau ein Schönwetterregime, das er, in Anlehnung an Rousseau, auf eine bessere, unbestimmte Zukunft verweise4 • Borkenau bekräftigt seine Überzeugung von der Unvereinbarkeit von Freiheit und Herrschaft als dem herausragenden Problem der Demokratie, durch eine Reihe von Beispielen politischer Theorien vom 14. bis 18. Jahrhundert, die in seinen Augen die Entwicklung der Ursprünge der "demokratischen Ideologie" aufzeigen. Er will belegen, daß in keiner dieser Theorien die Elemente von Freiheit und Herrschaft in Einklang gebracht sind, sondern das eine oder andere Element betont wird, je nachdem, welche Verwirklichungschance die Demokratie in der konkreten politischen Situation besitzt. Dabei verwendet Borkenau für die Darstellung des freiheitlichen oder herrschaftlich-autoritären Charakters eines Modells teilweise einen Indikator: Die freiheitliche Seite der Demokratietheorien hat nach Borkenau ihren Ursprung in der Naturrechtslehre, die herrschaftliche Seite (die Idee der Volkssouveränität) aber in der Lehre vom Gesellschaftsvertrag75. Borkenau bezeichnet beide als "scharf getrennte Wurzeln" der Demokratietheorie und gerade deren postulierte separate

72 Hier tritt ein besonderes SouveränitätsverständnisBorkenaus zutage, auf das noch zurückzukommen ist. 73 Borkenau vernachlässigt hier, daß der Gesellschaftsvertrag bei Rousseau eine "Republik", nicht eine "Demokratie" begründen soll. 74 Borkenau, Zur Geschichte der demokratischen Ideologie,S. 336, 354 f. Zwar können auch andere Regierungsformen nicht zugleich die Freiheit des Volkes und die unumschränkte Herrschaftsgewalt der Machthaber verwirklichen, doch führt vor allem die Demokratie ihre Überlegenheit auf die Verwirklichung der Freiheit des Volkes zurück. Damit wird gerade in ihr der Gegensatz Freiheit/ Souveränität zum zersetzenden Problem. 75 Ebd., S. 337.

3. Scheitern der Demokratie

75

Entwicklung macht er zu einem Hauptbeleg für seine Behauptung von der Unvereinbarkeit von Freiheit und Herrschaft in der Demokratie. Die Naturrechtslehre als die ältere der beiden Wurzeln der Demokratietheorien ist nach Borkenau eine reine Oppositionsideologie, die natürliche Rechte des Menschen den absolutistischen Herrschaftsansprüchen entgegenhält. Sie betrachte den Menschen als soziales Wesen, dem "bestimmte aus dem Wesen der Gesellschaft abzuleitende politische und private Rechte von Natur zukommen "76. Die Naturrechtslehre wird vertreten, solange die Errichtung einer demokratischen Gesellschaft außer Reichweite sei und dient der Beschränkung und Hinterfragung von Herrschaft. Als aber die Möglichkeit der Errichtung einer demokratischen Gesellschaft in Reichweite gelangt, müssen deren Befürworter eine neue, konstruktive Lehre entwerfen, die staatliche Herrschaft neu legitimiert: die Lehre vom Gesellschaftsvertrag. Borkenau bestreitet die verbreitete Sichtweise, daß diese Vertragslehre einen freien, mit natürlichen Rechten begabten Menschen zum Gegenstand hat, der in die vertraglich fixierte Beschränkung seiner Rechte zum Zwecke der Staats- und Gesellschaftsbildung einwilligt. Stattdessen behauptet Borkenau, die Gesellschaftsvertragslehre sehe Staat und Gesellschaft als "Resultat einer völlig freien, willkürlich gesetzten Vereinbarung" an, die keine vorstaatlichen, natürlichen Rechte des Menschen gegenüber der Staatsgewalt kenne oder berücksichtige. Vielmehr sei es das "innerste Wesen der Vertragslehre, die Existenz natürlicher Rechte zu negieren "77. Damit dienen nach Borkenau Naturrechts- und Vertragslehre als Kampf- und Rechtfertigungsmittel im Bemühen um die Durchsetzung der Demokratie und entlarven darin ihren Charakter als Ideologie78 • Ihre entgegengesetzten Funktionen sind für Borkenau bereits ein Beleg für die Unvereinbarkeit der beiden fraglichen Elemente. Wenn Borkenau die scharfe Trennung von Naturrechtslehre und Vertragstheorie behauptet, um in der Folge auch deren Unvereinbarkeit und die von Freiheit und Herrschaft feststellen zu können, muß er zum einen eine starke

76 Ebd., S. 337, 340 f., 345. Ob Borkenaus Verwendung und Beschreibungen den beiden Lehren gerecht werden, wird noch zu klären sein. 77 Ebd., S. 337. Diese Behauptung Borkenaus ist nicht korrekt. John Lockes Vertragslehre nimmt unveräußerliche, von Gott gegebene natürliche Rechte des Menschen als ihren Ausgangspunkt, die den Gesellschaftsvertrag und die Ausübung der Herrschaft inhaltlich binden. 78 Wie er auch die Demokratietheorie in ihren verschiedenen Formen als eine Ideologie im Sinne einer Rechtfertigungsgrundlage bürgerlicher Herrschaft ansieht, wie schon in "Zur Soziologie des Faschismus", S. 547 zu erkennen war. Siehe auch Borkenau, Zur Geschichte der demokratischen Ideologie, S. 337.

76

11. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus

Zuspitzung beider Lehren vornehmen und muß zum zweiten geeignete Beispiele finden, die seine Argumentation untermauern. Beides erweist sich als schwierig. In der Folge haben sich in Borkenaus Deutung und Präsentation der Ideen einzelner Denker Fehler eingeschlichen: Die in der Lehre des Marsilius von Padua enthaltenen neuen Ordnungsvorstellungen dieses Denkers übersieht er, weil sie nach seinem Entwicklungsschema als Naturrechtslehre reine Oppositionsideologie ohne herrschaftslegitimierende Elemente sein muß79 • Die Staatstheorie des Thomas Hobbes dagegen ist für ihn ausschließlich Legitimierung absoluter Herrschaft, die zwangsläufig jedes angeborene Naturrecht des Menschen gegenüber dem Staat leugnen müsse. Er erwähnt hier nicht, daß Hobbes durchaus ein solches, wenngleich sehr reduziertes Recht, nämlich das auf Leben vorsieht 8O • Aus Borkenaus Definition von Naturrecht muß es aber herausfallen, weil er eingangs eine besonders eng gefaßte Definition dieser Lehre präsentiert hatte. Um den Charakter der Naturrechtslehre als freiheitliche, oppositionelle Lehre im Gegensatz zur konstruktiven Vertragslehre betonen zu können, läßt er wichtige Veränderungen der Lehre im Lauf ihrer Geschichte außer acht81 • Naturrecht ist für ihn nur das dem Menschen aus

79 Dagegen verweist Heinz Rausch in seiner Darstellung der Lehre des Marsilius auf Ansätze einer Gesellschaftsvertragslehre und einer Konzeption von Volkssouveränität (wenngleich noch nicht mit diesem Begriff) und spricht von einem "grundlegenden Beitrag zur Entwicklung der Souveränitätstheorie des Staates". Heinz Rausch: Marsilius von Padua. In: Klassiker des Politischen Denkens. Bd. I: Von Plato bis Hobbes. München 6. Auflage 1985, S. 150-164, hier S. 164, 159 ff., 157 f. Vgl. dazu Borkenaus Darstellung, nach der Marsilius keine Begründung von Staat und Gesellschaft durch Vertrag vorsieht und Souveränität in seinem System ganz fehlt: Borkenau, Zur Geschichte der demokratischen Ideologie,S. 338 aber 339,345. 80 Vgl. Borkenau, Zur Geschichte der demokratischen Ideologie,S. 349, aber im Widerspruch dazu die Randbemerkung s. 337 f.: "Mag immerhin die Vertragslehre wie bei Hobbes ihrerseits naturgesetzlich fundiert sein ... ". 81 Die klassische Lehre des Thomas von Aquin betrachtet den Menschen ganzheitlich als Teil einer hierarchischen gesellschaftlichen und politischen Ordnung und diese wiederum als Teil des von Gott gegebenen und damit natürlichen und vernünftigen Ganzen. Durch die Erschütterung der ständischen Ordnung ebenso, wie durch das Vordringen moderner Marktwirtschaft aber wird der Blick der Philosophie zunehmend auf das Individuum gelenkt. Nun wird der Einzelne zum Träger natürlicher Rechte (und Pflichten), nicht mehr eine gesellschaftlich geordnete Einheit, wie etwa die Stände. Damit einher geht auch eine Veränderung des Menschenbildes: Nicht mehr der von Natur aus soziale und gute, sondern der eigennützige Mensch steht im Mittelpunkt, wodurch die neuen Anforderungen in der Konkurrenz der freien Marktwirtschaft verarbeitet werden. So Walter Euchner: Locke. In: Klassiker des politischen Denkens. Bd. 11.: Von Locke bis Max Weber. München, 5. Aufl. 1987, S. 9-26, hier S. 11 f. Erstaunlich ist, daß Borkenau, der noch in "Der Übergang" materielle und wirtschaft-

3. Scheitern der Demokratie

77

dem Wesen der Gesellschaft erwachsende Recht, er erkennt aber keinerlei vorstaatliches und vorgesellschaftliches, dem Menschen als Einzelwesen auch im Naturzustand zukommendes Recht an. Gerade ein solches macht aber Hobbes zum Ausgangspunkt seiner Lehre. Borkenaus Darstellung der Naturrechtslehre als Oppositionsideologie ist nicht neu und ist in der Rechtstheorie vielfach diskutiert worden. K. Bergbohm beispielsweise hatte deren revolutionären, rein freiheitlichen Charakter betont82 • Das Naturrecht in einem solchen Verständnis ist, wie auch Borkenau es darstellt, auf der Vorstellung von einem guten, geselligen Menschen gegründet, dem in der Gesellschaft natürliche Rechte zufallen, die keiner zwanghaften Durchsetzung bedürfen. Hans Kelsen wandte dagegen ein, daß ein so verstandenes Naturrecht nie Gegenstand einer Staatslehre sein kann, sondern vielmehr die Grundlage einer Ordnung der idealen Anarchie bildet83 • Seiner Ansicht nach stützt sich die Naturrechtslehre nicht auf die gute Menschennatur und die daraus folgenden Gesetze menschlichen Zusammenlebens, sondern leitet die Rechtssätze aus einer außerhalb des menschlichen Zugriffs liegenden Natur ab, in die dieser eingeordnet ist und deren Gesetze deshalb für ihn durchaus Zwangscharakter haben. Die Naturrechtslehre ist deshalb für ihn auch nicht reine Oppositionsideologie, sondern trage im Gegenteil konservativen Charakter, da sie dazu gedient habe, dem positiven Recht höhere Geltung zu verschaffen, indem sie es als eine Teilordnung im Rahmen einer höheren Ordnung darstelle 84 • Die Naturrechtslehre sei Ideologie in dem Sinne, daß sie subjektive Werturteile (nämlich das gesetzte Recht) objektiv zu rechtfertigen suche. Die Lehre vom Sozialvertrag, die Borkenau als eine der Naturrechtslehre entgegengesetzte Theorie angesehen hatte, sieht Kelsen gerade als einen solchen Rechtfertigungsversuch und als eine typische Doktrin der Natur-

liehe Veränderungen, insbesondere in Zusammenhang mit der Entwicklung des Kapitalismus, als ausschlagebend für eine Umwälzung des ganzen Weltbildes darstellte, bei der Deutung der Entwicklung der Demokratietheorien ganz auf die Erwägung solcher Einflüsse verzichtet und sich auf ein anderes exklusives Ursachenmodell zurückzieht, nämlich die Durchsetzung der Demokratie. Die Veränderung des Menschenbildes, die in der Hobbesehen Lehre so deutlich wird, findet in Borkenaus Modell aber ebensowenig eine Erklärung, wie die Verlagerung von gesellschaftlich gebundenen zu individuellen Rechten. 82 Siehe hierzu Kazimerz Opalek: Kelsens Kritik der Naturrechtslehre. In: Rechtstheorie. Zeitschrift für Logik, Methodenlehre, Kybernetik und Soziologie des Rechts. Beiheft 4 (1982), S. 71-86, hier S. 77. 83 Ebd., S. 74, 79 f. 84 Ebd., S. 79, 75, 77 .

78

11. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus

rechtslehre 85 • Kazimez Opalek relativiert zwar aus heutiger Sicht die von Kelsen in den zwanziger Jahren aufgestellte These vom überwiegend konservativen Charakter der Naturrechtslehre, bezeichnet es aber als einen großen Verdienst Kelsens, die unbegründete Ansicht über den grundsätzlich revolutionär destruktiven Charakter der Lehre zurückgewiesen zu haben86 . Wir müssen es bei diesem einen Beispiel für eine Borkenau ganz entgegengesetzte Darstellung der Rolle der Naturrechtslehre belassen, zumal dem Nachweis einer scharfen Trennung von Naturrechtslehre und Vertragstheorie als Substitute für die Elemente von Freiheit und Herrschaft in Borkenaus Aufsatz trotz zahlreicher Bekräftigungen inhaltlich nur eine untergeordnete Rolle zukommt. Warum Freiheit und Herrschaft in seinen Augen unvereinbar sein müssen, zeigen erst seine Ausführungen zur Souveränität der Staatsgewalt. Besonders in der Darstellung der Souveränitätslehre Bodins und des Staatsmodells des Althusius wird Borkenaus eigene Auffassung des Souveränitätsgedankens deutlich. Sie ist dem Ideal eines starken Staates verhaftet. Jeder Staat muß für ihn notwendigerweise souverän sein8? Souveränität aber bedeutet für Borkenau nicht einfach Gesetzgebungsgewalt, sondern die absolute, einheitliche, uneingeschränkte und originäre Verfügungsgewalt, die selbst eine vollständige Veränderung der staatlichen und gesellschaftlichen Ordung umfassen muß 88 . Jegliche Bindung des Souveräns an außerhalb seiner Verfügungsgewalt stehende Rechte, etwa Menschenrechte, lehnt er ebenso als Aushöhlung der Souveränität ab, wie die an einmal erlassene eigene Gesetze. Im Zusammenhang mit dem Staatsmodell des Althusius formuliert er: "Hieraus ergibt sich aber ein unauflöslicher sowohl logischer als praktischer Widerspruch. Denn logisch ist die absolute Gewalt, die alle bürgerlichen und politischen Grundrechte, sogar die vorgegebene Zusammensetzung des Staats aus Provinzen nicht antasten darf, eben nicht absolut, nicht souverän". Und später fügt er hinzu: "Es liegt im Begriff der Souveränität im allgemeinen und der Volkssouveränität im besonderen, daß sie mit keinem Naturrecht im eigentlichen Sinn vereinbar ist. Denn Souveränität bedeutet das Recht des Souveräns, nach seinem Belieben die gesellschaftlichen Verhältnisse zu ordnen und Volkssouveränität vollends die Abänderbarkeit aller gesellschaftlichen Verhältnisse nach dem willkürlichen Beschluß des Staatsträgers"89. So wird verständlich, wenn Borkenau behauptet, daß Locke den Grundwiderspruch in Ebd., S.7!. Ebd., S. 82. 8? Dies übernimmt er von Althusius; Borkenau, Zur Geschichte der demokratischen Ideologie, S. 348. 88 Ebd., S. 342 f., 344,347. 89 Ebd., S. 347. 85

86

3. Scheitern der Demokratie

79

der Demokratie zugunsten der Freiheit aufgelöst habe, indem er die Souveränität durch die Verankerung von Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung beseitigt habe90 • Es ist die Souveränität im Sinne absoluter, willkürlicher Herrschaftsgewalt, die hier verschwunden ist. Doch Borkenau ist überzeugt, daß ohne eine solche Gewalt ein Staat Krisensituationen nicht bewältigen kann: "Liberalismus als Staatstheorie ist nur möglich im Rahmen einer absolut unerschütterten und weithin unerschütterbaren Herrschaft einer eindeutig bestimmten Gruppe oder als oppositionelle Illusion, solange die liberale Partei noch nicht die Bitterkeit der Herrschaft in eigener Erfahrung erlebt hat. In der französischen Revolution ist die Apologie der englischen Verfassung als des Musters eines modemen Staates mit nur bedingter Herrschaft an den Tatsachen zerschellt"91. Dieses Scheitern der liberalen Demokratie sei in der Theorie bereits von Rousseau vorweggenommen worden. Dieser habe erstmals "Ernst mit dem Gedanken der Volkssouveränität" zu machen versucht, indem das Volk auch nach Staatsgründung das Recht zur willkürlichen Änderung seiner Grundlagen behielt. Dies allein genügt auch Borkenaus Anforderungen, macht aber die sichere Verankerung individueller Freiheitsrechte unmöglich. Eine Verwirklichung von Freiheit und inhaltlich bestimmter Gerechtigkeit ist in diesem Konzept nur dort gegeben, wo Mehrheitswille und Allgemeinwohl zusammenfallen. Rousseau räumte ein, daß dies nur in homogenen Kleinstaaten der Fall sein kann und Borkenau sieht dies als das Eingeständnis, daß die Idee der Demokratie als Ganzes gescheitert ist. Er, wie Rousseau, glaubt nicht, daß die Vernunft des Menschen seinen Eigennutz überwinden und zur Selbstbeschränkung veranlassen kann. Wie Rousseau folgert auch Borkenau, daß die Demokratie nur durch Änderung der Menschen möglich wäre und verweist sie damit auf eine unbestimmte, bessere Zukunft: "So erweist sich letzten Endes das Problem der echten Demokratie nicht als eines der Verknüpfung von Souveränität und Freiheit unter vorgegebenen Bedingungen, sondern als die Aufgabe der Änderung dieser Bedingungen, der Änderung der Menschen und der sie bestimmenden gesellschaftlichen Verhältnisse"92.

Ebd., S. 352. Ebd., S. 354. 92 Ebd., S. 355, 354. Diese Vorstellung der Notwendigkeit einer homogenen Gesellschaft für das Funktionieren einer demokratischen Ordnung ist heute nicht mehr allgemein anerkannt. Bereison, Lazarsfeld und Me Phee vertreten die Ansicht, daß gerade eine solche homogene Gesellschaft der Tod der Demokratie wäre und daß vielmehr die unvereinbaren Merkmale, die die Demokratie vom Wähler fordert, eine in vielerlei Hinsicht heterogene Gesellschaft verlangt. Denn nicht der einzelne Wähler könne die geforderten Eigenschaften besitzen, wohl aber die Gesellschaft als Ganzes. So ist beispielsweise die aktive Teilnahme einiger am politischen Prozeß unabdingbar, doch nur das geringe Interesse der Masse bewahrt die Demokratie vor Zersplitterung 90

91

80

11. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus

So hat sich gezeigt, daß eine verfassungs rechtliche Verankerung von unabänderlichen Freiheitsrechten mit Borkenaus Souveränitätsverständnis nicht vereinbar ist. Doch dies bedeutet nicht das Scheitern der liberalen Demokratie, wie Borkenau meint, sondern zeigt vielmehr die Unhaltbarkeit eines derartigen Staats- und Herrschaftsverständnisses. Tatsächlich findet sich selbst bei Jean Bodin, von dem Borkenau die Idee von Souveränität als absoluter Gewalt übernimmt, kein derartig absolutes Machtverständnis: Selbst er sah die Grenze dieser Allmacht im göttlichen Gebot, in den natürlichen Menschenrechten und den gleichen Rechten anderer VölkefJ3 . Zudem entwirft Bodin seine Souveränitätslehre am Idealfall einer von Gott abgeleiteten Monarchie. Dem Monarch fallt als Abbild Gottes gleichermaßen unumschränkte Befehlsgewalt zu, wie auch die Qualität vollkommener Gerechtigkeit94 • Auf die Verankerung vorstaatlicher Freiheitsrechte kann also verzichtet werden. Bodins Staatsmodell zeigt daher die "vollkommenste Verkörperung des Souveränitätsprinzips" . Dagegen kann die Demokratie, wie schon Bodin erkennt, die Souveränität nie voll verwirklichen9S • Das liegt zum einen, wie ich meine, daran, daß die Demokratie die Sicherung individueller Freiheitsrechte zumeist als wesentlichen Bestandteil ihrer Legitimation enthält. Zum zweiten aber ist die Souveränität bei Bodin an den Herrscher gebunden, während sie in der Demokratie beim Volk als Ganzen, dem Gemeinwesen, dem Staat angesiedelt ist. Es regiert damit kein einheitlicher und unabhängiger, sondern ein durch Kompromisse erreichter Mehrheitswille. So ist die Bodinsche Souveränitätslehre an grundlegend andere Bedingungen geknüpft und aus der Unmöglichkeit ihrer Übertragbarkeit auf die Demokratie kann nicht deren Scheitern geschlossen werden. Doch Borkenau sieht nur den ersten der genannten Gründe und betrachtet gerade die theologische Begründung der Souveränität bei Bodin als das Eingeständnis eines unlösbaren Widerspruches: "Gerade daß an Stelle der direkten naturrechtlichen Begründung der Staatsordnung die patriarchalische Analogie treten muß, zeigt, daß Souveränitätsbegriff und Naturrecht miteinander unvereinbar sind"96.

und erhält ihr ihre Kompromißfähigkeit. Bemard Bereison, Paul F. Lazarsfeld, William Mc Phee: Demokratische Praxis und demokratische Theorie. In: Frank Grube, Gerhard Richter: Demokratietheorien. Konzeptionen und Kontroversen. 1975, S. 95-103, hier S. 100 f. 93 Jean Bodin: Les six Livres de la Republique, Aalen 1961, S. 128, 131. Referiert nach Horst Denzer: Bodin. In: Klassiker des Politischen Denkens. Bd. I: Von Plato bis Hobbes. München, 6. Aufl. 1986, S. 245-265, hier S. 258. 94 Denzer, S. 258 f.; Borkenau, Zur Geschichte der demokratischen Ideologie, S. 343 f. 9S Denzer, S. 259 und 325, Anm. 50. 96 Borkenau, Zur Geschichte der demokratischen Ideologie, S. 344.

3. Scheitern der Demokratie

81

Mit seiner These vom Grundwiderspruch von Freiheit und Herrschaft in der Demokratie stimmt Borkenau somit bei näherer Betrachtung in die Klage über den Verlust wahrer Staatlichkeit in dieser Regierungsform ein, die einem Festhalten an der traditionellen deutschen Staatsidee entspringt, die sich vor allem auf die Souveränität stützt. Der Staat ist darin eine über allen gesellschaftlichen Gruppen stehende, sie ordnende souveräne Willensmacht. Doch diese Vorstellung entspreche in Weimar der staatlichen Wirklichkeit erstmals nicht mehr, so Kurt Sontheimer. Die Trennung zwischen Staat und Gesellschaft sei endlich verwischt, der staatliche Willensbildungsprozeß nicht mehr der staatlichen Ordnung vorbehalten, sondern wurde und wird von gesellschaftlichen Organisationen beeinflußt. Weite Kreise des Bürgertums in Weimar hätten deshalb geglaubt, daß die Republik gar kein Staat mehr sei, weil er die politische Willensbildung nicht mehr sich selbst vorbehielte. Und, so Sontheimer, "Dann kann man tatsächlich nicht mehr von einer souveränen Macht des Staates als Herrschaftssubjekt sprechen "97. Wer im Bann des traditionellen monistischen Staatsgedankens stehe, befürchte dann den Zerfall des Staates in eine Pluralität von Herrschaftsgebilden, die durch keine souveräne Instanz mehr zu einem für das Gedeihen der Nation notwendigen Zusammenhalt koordiniert werden könne. Vorreiter solcher Ideen seien die Verfassungsanalysen earl Schmitts, der die Zersetzung der staatlichen Einheit durch Pluralismus, Einfluß der staatlichen Wirtschaft und staatlichen Föderalismus ansehe. Sontheimer aber kritisiert solche Kritik als schon damals unzeitgemäß: "Wenn aber alle diese Vorgänge als Folge des Eindringens der Gesellschaft in den Staat keine uneingeschränkte kraftvolle Machtausübung mehr gestatten, ihn in seiner Staatlichkeit bedrohen und schwächen, dann ist die Idee des Staates, an der man sich orientiert, offenbar nicht die der freiheitlichen Demokratie, sondern des totalen oder autoritären Staates "98. Dieser Vorwurf ist einerseits richtig und überzeugend, greift aber andererseits ins Leere und verrät eine Voreingenommenheit gegenüber earl Schmitt, dessen differenzierte Ausführungen nach seiner undurchsichtigen Parteinahme für die Nationalsozialisten einseitig gedeutet wurden99 • earl Schmitt kritisiert nicht das "Eindringen der Gesell-

97 Kurt Sontheimer: Staatsidee und staatliche Wirklichkeit heute. In: Ernst Fraenkel, Kurt Sontheimer, Bernard Crick: Beiträge zur Theorie und Kritik der pluralistischen Demokratie. Schriften der Bundeszentralefür politische Bildung. Bonn 1969, S. 17-24, hierS.17,18. 98 Ebd., S. 19 f, 18. 99 Zu den möglichen Beweggründen Schmitts für diese Parteinahme vgl. Karl Graf Ballestrem: Carl Schmitt und der Nationalsozialismus. Ein Problem der Theorie oder des Charakters? In: Oscar W. Gabriel, Ulrich Sarcinelli, Bernhard Sutor, Bernhard Vogel (Hrsg.): Der demokratische Verfassungsstaat. Theorie, Geschichte, Probleme. Festschrift für Hans Buchheim zum 70. Geburtstag. S. 115-132, hier S. 115-118. 6 Lange-Enzmann

82

11. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus

schaft in den Staat", sondern spricht, wie Sontheimer an anderer Stelle richtig fonnuliert, von der Aufhebung der Trennung von Staat und Gesellschaft. Tatsächlich sieht Schmitt darin die Grundlage zu einem totalen Staat gegeben, der in alle Bereiche des Lebens eingreifen kann und dem keine unabhängige, die persönliche Freiheit wie auch die Verfassung vor Übergriffen des Staates schützende Einrichtung mehr entgegensteht. Dies aber ist nicht auf eine pluralistische Zersetzung der Gesellschaft zurückzuführen, sondern auf einen tiefen Konstruktionsfehler der heutigen liberalen Demokratie, der immer bestand, aber erst unter heutigen widrigen Bedingungen seine fatale Wirkung entfaltet. Da Borkenau sich offensichtlich von dieser Grundüberlegung stark hat inspirieren lassen, sei Schmitts Argumentation kurz dargestellt: Ausgangspunkt ist der liberale Staat des 19. Jahrhunderts, in dem der Staat, d. h. Regierung und Verwaltung vom Volk unabhängig bestand. Ihm war als Vertragspartner das Parlament gegenübergestellt, das als Vertreter des Volkes dessen Rechte wahren und die Eingriffe des Staats möglichst auf ein Minimum beschränken sollte. Ein solcher Staat überläßt die Gesellschaft in den meisten Lebensbereichen ihrer eigenen Dynamik und den Gesetzen des Wettbewerbs, er ist neutral. In dem Moment aber, in dem auch die Regierung durch Wahl aus Vertretern des Volks besteht, der Staat damit zur Selbstorganisation der Gesellschaft wird, gibt es für ihn keine Grenzen mehr und er wird zur Partei1°O. Die im Staat sich selbst organisierende Gesellschaft ist auf dem Weg vom neutralen Staat des liberalen 19. Jahrhunderts zum potentiell totalen Staat der Identität von Staat und Gesellschaft 101 • Eine der wichtigsten Folgen dieses Zusammenfaliens ist die Überholung der bedeutendsten politischen Einrichtung, des Parlaments: Sein Anspruch auf Volksvertretung gegenüber dem Staat fiel mit der Aufhebung der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft in sich zusammen. Doch auch seine Identität und Einheit, gestiftet von der verbindenden Gegnerschaft gegenüber dem Staat ging verloren. Das Parlament war nunnehr Abbild der pluralistischen Aufteilung des Staats selbst. "So wird das Parlament aus dem Schauplatz einer einheitsbildenden, freien Verhandlung freier Volksvertreter, aus dem Transformator parteiischer Interessen in einen überparteiischen Willen, zu einem Schauplatz pluralistischer Aufteilung der organisierten gesellschaftlichen Mächte" 102. Parlamentarismus und Liberalismus sind in Schmitts Augen mit

100 earl Schmitt: Die Wendung zum totalen Staat (1931). In: ders.: Positionen und Begriffe im Kampf mit Weimar-Genf-Versailles 1923-39. Hamburg 1940, Nachdruck: Berlin 1988, S. 146-157, hier S. 150 f. 101 Ebd., S. 151,152. 102 Ebd., S. 156, 155.

3. Scheitern der Demokratie

83

der Selbstorganisation des Volkes ( = Demokratie) somit letztlich unvereinbar. Eine allmächtige Gesellschaft kann sich nicht vor eigenen Übergriffen schützen, deshalb ist, wie auch Borkenau formuliert, wenngleich mit anderer Herleitung, die Sicherung von Freiheitsrechten nicht vereinbar mit Volkssouveränität. Da eine Rückkehr zur Trennung von Staat und Gesellschaft angesichts der Selbstbestimmungsansprüche des Volkes nicht mehr durchzuführen sei, plädiert Schmitt für die Errichtung eines demokratischen, aber nicht liberalen Staates unter einer vom Volk legitimierten und seine Einheit herstellenden Führung. Das bolschewistische Rußland und das faschistische Italien hätten als einzige diesen richtigen Versuch unternommen, mit dem "überlieferten Verfassungsklischee des 19. Jahrhunderts zu brechen und die großen Veränderungen in der wirtschaftlichen und sozialen Struktur des Landes auch in der staatlichen Organisation und in einer geschriebenen Verfassung zum Ausdruck zu bringen". Hier existiert wieder eine starke, unabhängige Staatsgewalt, die in der Lage ist, sich über die Parteien der Klassenkämpfe zu stellen und als höchster Dritter notwendige Entscheidungen zu treffen 103. Daß die Erkenntnis innerer Widersprüche zwischen Demokratie und Liberalismus keinesfalls zur Absage an das eine oder andere Gestaltungsprinzip führen muß, zeigen die Ausführungen Karl Dietrich Brachers: Wie Sontheimer hält auch er die Demokratiekritik Schmitts für unangemessen, führt sie aber nicht allein auf ein falsches Staatsverständnis zurück, sondern auch auf die Schwierigkeiten der Demokratietheorien. Die freiheitliche Demokratie sei die wohl anspruchsvollste und am schwersten zu akzeptierende politische Denkstruktur, gerade weil sie Selbstbeschränkung, Minderheitenschutz und ein Recht auf Opposition beinhalte lO4 und weil sie mit inneren Widersprüchen leben müsse, die nicht in der Theorie, sondern nur in der Praxis überwunden werden könnten. Eine völlig stimmige, widerspruchsfreie Theorie der Demokratie hält Bracher, wie wohl auch Borkenau, für unmöglich. Jede Demokratietheorie müsse zwar die drei Grundprinzipien dieser Regierungsform (Mehrheit, Freiheit und Gleichheit) verarbeiten, doch niemals könnten sie ganz miteinander versöhnt oder sogar zur Deckung gebracht werden. Jeder Anspruch, die Grundspannung zwischen Freiheit und Gleichheit auf perfekte Weise zu lösen, führe zur Diktatur und Auslöschung der FreiheitlO5 • In der Praxis aber könnten, wie die historische Erfahrung zeige, diese Lücken und 103 earl Schmitt: Wesen und Werden des faschistischen Staates (1929). In: ders.: Positionen und Begriffe im Kampf mit Weimar-Genf-Versailles 1923-39. Hamburg 1940, Nachdruck: Berlin S. 109-115, hier S. 111, 112 f. 104 Karl Dietrich Bracher: Demokratie und Ideologie im 20. Jahrhundert. Bonner Akademische Reden. Bd. 27, Bonn 1982, S. 8. 105 Ebd., S. 20.

84

H. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus

Widersprüche überbrückt werden durch ein angemessenes Werte- und Verantwortungs bewußtsein. Allzuoft aber werde dies in der Demokratiekritik übersehen, besonders dort, wo sie auf der Grundlage einer auf Effizienz oder Autorität ausgerichteten Staatsauffassung erfolge. Die Folge sei eine "zur Ideologie tendierende theoretische Zuspitzung, die in Perfektionismus die Realität der Demokratie verkennt"I06. Brachers Ansichten sind damit der von Borkenau konstatierten theoretischen Unhaltbarkeit der Demokratie sehr ähnlich, unterscheiden sich aber wesentlich in Brachers Vertrauen auf die demokratische Praxis. Beide Autoren legen, im Gegensatz zu der liberalen Haltung Sontheimers, besonderen Wert auf die Notwendigkeit staatlicher Souveränität auch in der Demokratie. Dabei übersieht Borkenau die Notwendigkeit eines sie tragenden Werte- und Verantwortungsbewußtseins keineswegs 107 , doch vor seinem Hintergrund der historischen Erfa.l}rung hält er die Entstehung eines solchen Bewußtseins im Deutschland seiner Zeit für unmöglich und fordert deshalb die Konzentration der Staatsgewalt in der Hand der Regierung und die Zurückdrängung demokratischparlamentarischen Einflusses. Schon Bracher betont, daß die demokratische Regierungsform mit den schweren Wirtschaftsproblemen identifiziert worden sei, die sie nicht lösen konnte. Den Vertretern der Demokratie in Theorie und Praxis sei es nicht gelungen, deren Grundwerte überzeugend darzustellen. Das freiheitlich-demokratische Denken und die demokratischen Werte konnten nicht im allgemeinen Bewußtsein verwurzelt werden 108. Bracher kann auf Jahre demokratischer Entwicklung zurückblicken, die zeigen, daß auch die liberale, parlamentarische Demokratie Krisen bewältigen kann. Weil Borkenau die Möglichkeit der Überbrückung von Mängeln der demokratischen Verfassung durch die Verfassungswirklichkeit als unrealistisch ansieht, geht er schließlich zu der oben geschilderten Auseinandersetzung mit der theoretischen Konzeption über, die einem Nachruf auf die Demokratie gleichkommt. Einen Alternativvorschlag für eine wünschenswerte aber gleichzeitig funktionstüchtige und krisensichere Regierungsform macht Borkenau aber nicht. So sicher schien das Scheitern der Demokratie in Theorie und Praxis, daß für konstruktive Neuansätze kaum Platz blieb, schrieb Ernst Fraenkel zu dieser verbreiteten Art destruktiver Kritik der Weimarer Zeit. An der populären Debatte hätten sich viele politologische Krisentheoretiker beteiligt, die sich berufen fühlten "den 106 Ebd., S. 30 f., 20. Vgl. auch Wilhelm Hennis: Verfassung und Verfassungswirklichkeit. Ein deutsches Problem. Tübingen 1968, S. 5 ff. 107 So betont er seine Übereinstimmung mit der Ansicht Max Webers, daß für das Funktionieren der Demokratie ein politisches Verantwortungsbewußtsein unverzichtbar sei. Borkenau, Zur Soziologie des Faschismus, S. 538. lOS Bracher, Demokratie und Ideologie, S. 18 f.

3. Scheitern der Demokratie

85

ungeduldig wartenden mutmaßlichen Erben die frohe Botschaft zu übermitteln, daß das Ende der unheilbar kranken Demokratie in jedem Augenblick zu erwarten sei, als ihr mit ärztlichem Rat zur Seite zu stehen, um zu bewirken, daß sie wieder zu Kräften komme" 109 • Wir kommen damit auf die eingangs gestellte Frage nach dem Standort der Borkenauschen Demokratiekritik zurück. Seine Ausführungen zeigen, daß er eine freiheitliche Ordnung zwar für wünschenswert, aber nicht für dauerhaft hält. Dies allein auf die historische Situation zurückzuführen, scheint dabei nicht ausreichend. Seine Ansichten zeigen auch den Perfektionisten, den Mißtrauischen, den Ängstlichen, sich erneut einem möglicherweise falschen Ideal zu verschreiben. Die Schlußbemerkungen seines Zeitgenossen Robert Michels zu dessen Schrift "Zur Soziologie des Parteiwesens" sind dagegen ein schönes Beispiel dafür, daß derjenige, der eine demokratische Ordnung für unbedingt wünschenswert hält, sich auch von der eigenen, empirisch belegten Erkelmtnis zu deren Mängeln nicht davon abbringen läßt, an seinem Ideal festzuhalten und an der größtmöglichen Annäherung an dieses Ideal zu arbeiten, auch wenn er weiß, daß es nie ganz verwirklicht werden kann. Anders als Borkenau, der eine freiheitliche Demokratie erst dann für möglich hält, wenn die Menschen und die sie prägenden sozialen Verhältnisse grundlegend geändert sind, empfiehlt Michels gerade, die Demokratie in ihrer ganzen Unvollkommenheit zu errichten, weil erst in ihr die notwendigen Lernprozesse stattfinden können, die uns dem Ideal näherbrigen. "Die Aufgabe des einzelnen wird also die des Schatzgräbers sein müssen, der von seinem sterbenden Vater einen Schatz angezeigt erhielt: Der Schatz ist zwar nicht auffindbar, aber die an die Suche nach ihm gesetzte Arbeit des Sohnes macht den Acker fruchtbarer. Die Suche nach der Demokratie wird keine anderen Früchte liefern"llo. Franz Borkenaus Demokratiebetrachtung steht aber im Zeichen einer anderen Zielvorstellung. Diese ist als Bestandteil einer Reihe seiner Schriften zu sehen, die versuchen, die tatsächliche politische Lage und die Zukunftsaussichten Europas zu beurteilen, indem sie Prinzipien politischer Ordnungen und politischen Handeins aufdecken. Es ist das Bemühen um eine realistische, nüchterne Betrachtung, das Borkenau dem Boom von Idealvorstellungen und Ideologien in der Zwischenkriegszeit entgegensetzt und das in diesem Fall zu einem überzogenen Abgesang auf die Demokratie gerät. Ist somit auch für ihn Ernst Fraenkel: Strukturdefekte der Demokratie, S. 3. Robert Michels: Zur Soziologie des Parteiwesens. Untersuchungen über die oligarchischen Tendenzen des Gruppenlebens. Leipzig, 2. Aufl. 1925, S. 512, 502-513, bes. S. 509. Leider resignierte auch Michels kurz darauf vor der Schwierigkeit der Aufgabe und wurde zu einem Verfechter des Faschismus. Siehe etwa Robert Michels: Corso di sociologia politica. 1927. 109

110

86

II. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus

die Unmöglichkeit des Überlebens dieser politischen und gesellschaftlichen Ordnungsform klar, hatte er noch immer keine wünschenswerte Alternative gefunden. In drei Aufsätzen von 1934 prüft er, inwieweit eine sozialistische Gesellschaft einen solchen erstrebenswerteren und praktikableren Weg darstellen könnte.

4. Zur Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft Auch im Exil hält Borkenau engen Kontakt zur politischen Linken und beteiligt sich an den heftigen Debatten über die künftige Linie der Bekämpfung des Nationalsozialismus. Er ist kurzfristig Wegbegleiter der Untergrundbewegung ORG (Gruppe Leninistische Organisation), die von dem früheren Kommunisten Walter Löwenheim geführt wird und ein Forum für die Sozialdemokraten, Sozialisten und Ex-Kommunisten darstellt. Ab 1934 kommt es wegen der Frage des weiteren Vorgehens im Widerstand zur Spaltung der Gruppe: Der Großteil der Mitglieder und Anhänger tritt für eine breite Widerstandspolitik mit dem Ziel eines revolutionären Umsturzes und der anschließenden Errichtung einer Demokratie ein. Eine kleinere Fraktion um Löwenheim dagegen glaubt nach der ersten Festigung der nationalsozialistischen Macht nicht mehr an einen revolutionären Impuls der Massen. Die Genossen im Inland sollten sich deshalb bis auf weiteres ruhig verhalten, während eine kleine Exilelite den Umsturz vorbereiten und die Pläne für das weitere Vorgehen entwickeln solle 11 1. Diese Linie vertritt Löwenheim in einer Broschüre "Neu Beginnen, Faschismus oder Sozialismus"ll2, die er unter dem Decknamen "Miles" publiziert. Er zieht damit heftige Kritik vor allem der orthodoxen Marxisten auf sich. Karl Kautsky wirft ihm vor, mit der Errichtung eines neuen Staats in Deutschland unter der Führung der revolutionären Sozialdemokratie zu versuchen, eine Diktatur durch eine andere zu ersetzen, während Kautsky selbst für die Errichtung einer Demokratie plädiert, in der sich nach seiner Überzeugung bald das richtige Bewußtsein der Massen entwickeln werde und damit der Sieg des Proletariats gesichert wäre ll3 •

111 Vgl. dazu William David Jones: Before the Cold War. On the ongms, development and varieties of leftwing anti-totalitarianism as shown in the writings of selected german socialist intellectuals, 1928-1944. Diss. Claremont, California, 1992, S., 98 f.; sowie Richard Löwenthai: Die Widerstandsgruppe "Neu Beginnen". Beiträge zum Thema Widerstand. Bd. 20. Berlin 1982. 112 Veröff. Karlsbad 1933.

4. Zur Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft

87

Die Wurzeln dieser Diskussion, an der sich Borkenau mit drei Artikeln zugunsten Löwenheims beteiligt, reichen bis in die Grundfesten von Theorie und Geschichte des Marxismus. Letztlich bildet die Debatte um "Neu Beginnen" eine Fortsetzung des den Marxismus von Beginn an begleitenden Streits zwischen Determinismus, Spontaneität und Voluntarismus: Ist die Entwicklung zum Sozialismus eine unumstößliche Folge der Entwicklungsgesetze der Gesellschaft, oder ist er ein Ideal, auf das es entschlossen hinzuarbeiten gilt? Im ersten Fall bräuchte man nur abzuwarten, der Entwicklung ihren Lauf zu lassen, um am Ende ans Ziel zu gelangen. Wenn auf dem Höhepunkt der kapitalistischen Entwicklung weiterer Fortschritt nicht mehr möglich ist und die Ausbeutung der Arbeiter ihr Maximum erreicht hat, werden sich die Proletarier im gemeinsamen revolutionären Bewußtsein vereinen, dem zusammenbrechenden kapitalistischen System die Macht entreißen und eine sozialistische Gesellschaft errichten. Negative Seite dieser Ansicht ist, daß jede Gesellschaft das von Marx entworfene Fünf-Phasen-Entwicklungsschema durchlaufen muß, einschließlich des Elends für die Arbeiterschaft in der Frühund Endphase des Kapitalismus. Jeder Versuch, vorzeitig durch Einzelaktionen zur Revolution zu gelangen oder Entwicklungsstufen zu überspringen wäre zwecklos. Vertreter eines solchen, orthodox-deterministischen Marxismus sind Karl Kautsky, die Autorität seiner Zeit in Fragen der Auslegung der reinen Lehre, und der russische Kommunist Georgi Plechanow 114 • Die zweite in der Diskussion vorgebrachte Position zieht die von Marx formulierten Entwicklungsgesetze in Zweifel und nimmt eine Umgewichtung von historischer Gesetzmäßigkeit einerseits und bestimmendem einzelmenschlichem Willen andererseits vor. Sie betont nun bedeutend stärker als Marx diese zweite, voluntaristische Seite. Eine solche Ansicht vertritt auch Borkenau, denn er ist überzeugt, daß sich eine in der Marxschen Theorie als für die proletarische Revolution notwendig eingestufte Voraussetzung nicht wie vorhergesagt eingestellt hat und daher von einer geschichtsnotwendigen Entstehung des Sozialismus nicht mehr ausgegangen werden kann: Er ist der Ansicht, daß dem Proletariat in Vergangenheit und Gegenwart das für eine revolutionäre

113 Karl Kautsky: Eine Diskussionsgrundlage. In: Sozialistische Revolution. Monatsschrift für die Probleme des Sozialismus. Jg. 1, Nr. 1 (Oktober 1933), S. 50-58, bes. S. 54, 58. Die Zeitschrift erschien ab Heft 2 unter dem Titel "Zeitschrift für Sozialismus" . 114 Vgl. Jan Jaroslawski: Theorien der sozialistischen Revolution. Von Marx bis Lenin. Hamburg 1973, S. 89 f.; sowie Roger Garaudy: Marxismus im 20. Jahrhundert. Reinbek 1969, S. 10 f.

88

11. Faschismus, liberale Demokratie, Sozialismus, Anarchismus

Erhebung notwendige proletarische Klassenbewußtsein, oder wie er manchmal sagt, echte sozialistische Denken fehlte und es höchst unwahrscheinlich sei, daß es gerade unter den Bedingungen des Faschismus zu einer solchen Bewußtseinsbildung komme. Er widerspricht damit der den Ansichten Kautskys zugrundeliegenden Vorstellung, der Nationalsozialismus werde nur eine kurzfristige Erscheinung sein, die von der unvermeidlichen proletarischen Revolution bald beiseite geschoben werde l1s • Auch werde sich, so Borkenau, nicht nach einer proletarischen Machtübernahme automatisch ein sozialistischdemokr.ändnis dieser Thesen liegt in Borkenaus wesentlichem Einwand gegen Spengler, wonach dieser eine einheitliche und geschlossene Kultur nur als Verkörperung der Ursymbole als ultimativer, nicht mehr zu hinterfragender Fakten der Geschichte betrachtet. Spengler erkennt laut Borkenau aber nicht, daß Integration und Geschlossenheit einer Kultur aus einem tiefen menschlichen Bedürfnis nach Gemeinsamkeit entspringt, also funktionalistisch zu deuten ist. Der Mensch braucht Kultur, und integrative Prinzipien oder auch Ursymbole sind ein Bestandteil davon. Nicht der Mensch dient der Verwirklichung von Symbolen sondern verbindende Symbole dienen den menschlichen Bedürfnissen. Dienen aber damit auch alle Kulturen nur dem gleichen menschlichen Bedürfnis und sind Ausdruck desselben menschlichen Geistes, so hat in Borkenaus Augen die Annahme der völligen Isoliertheit der Kulturen voneinander keinen Sinn30 • Vielmehr entsteht eine Kultur auf den und durch die Trümmer einer niedergegangenen anderen: Verliert eine Kultur

29

30

Ebd., S. 48 f. Borkenau, Os wald Spengler, S. 9-10.

2. Borkenaus Theorie der Kulturzyklen

211

ihre integrierende Wirkung durch Erschütterung der ihr zugrundeliegenden Werte, zum Beispiel durch einen Fortschritt der wissenschaftlichen Erkenntnis (Aufklärung) oder einen machtvollen Messias (Christentum, Islam), zerbricht diese Kultur und muß durch ein neues integrierendes System ersetzt werden. Auf der Suche nach einem solchen Modell lassen absterbende Hochkulturen auch solche Einflüsse umwohnender primitiver Kulturen zu, die ihnen Neues bringen. Primitive und Hochkulturen zersetzen gegenseitig die kulturelle Einheit noch mehr. Sie mischen sich ethnisch und kulture1l 3!. Dabei können sich nach Borkenau durchaus mehrere Hochkulturen und mehrere primitive miteinander mischen und eine neue Hochkultur begründen. Er widerspricht damit Amold Toynbee, der in seiner Überarbeitung des Spenglerschen Modells jede Kultur grundsätzlich nur als Erbe einer vorhergehenden ansieht und sich damit, wie Borkenau meint, den Weg zur Erkenntnis verstellt hat, daß das Abendland aus antiker und ostchristlicher Hochkultur, sowie keltischer und germanischer primitiver hervorgegangen ist 32 • In welcher Weise wird nun eine neue Kultur geschaffen? Borkenau greift zur Erklärung letztlich, ohne dies so zu nennen, auf Spenglers Idee des Ursymbols zurück: Auch er meint, daß eine Hochkultur dann beginnt, wenn sich die betroffenen Menschen ein neues Prinzip, "durch das die grundlegende Integration einer neuen Kultur stattfindet" aneigenen. Dieses Prinzip, ganz wie auch Spenglers Ursymbol, "setzt Entscheidungen zwischen verschiedenen Möglichkeiten der menschlichen Natur. Jedes Wertprinzip ist ausschließlich, einseitig, unvollständig", daß heißt es verkörpert nur einen Teil der Realität, präsentiert einen Ausschnitt, den die Kultur dann verabsolutiert und alle anderen, potentiell gleichwertigen Sichtweisen zur gleichen Frage ausgrenzf3 . Die verabsolutierte Teilwahrheit, die den Ausgangspunkt einer jeden Kultur bildet, betrachtet Borkenau als Ausdruck der menschlichen Sehnsucht nach einem innerhalb der neuen Gesellschaft fraglosen, vereinigenden Glauben, einem Mythus. Ein solcher Glaube ist aber nur in der stark primitiv geprägten Anfangsphase möglich, denn er wird durch die verdrängten, nicht integrierten Elemente der sich einbringenden Kulturen in Frage gestellt. Diese stehen daher dem menschlichen Bedürfnis nach Einheit und Geschlossenheit entgegen34 und die neue Hochkultur muß somit bestrebt sein, auch sie zu integrieren. Schließen sich die unterschiedlichen Antworten auf die gleiche Frage aber gegenseitig

Borkenau, Spengler - weitergedacht, S. 50. Ebd., S. 51; Franz Borkenau: Toynbee and the cultural cycle. In: Commentary, Bd., XXI (März 1956), S. 241. 33 Borkenau, Spengler - weitergedacht, S. 52-54. 34 Ebd., S. 54. 31

32

212

IV. Kreminologie und Zivilisationsgeschichte

aus, ist eine Integration unmöglich. Die alternativen Sichtweisen beginnen nach einer integrativen Hochphase die kulturelle Einheit dann wieder zu zersetzen. Der Mythus wird zerstört und muß durch einen neuen ersetzt werden. Dabei will Borkenau dies keinesfalls als eine Zeit der Dunkelheit verstanden wissen. Die Auflösungsperioden "bezeichnen ganz einfach den Punkt, wo eine bestimmte Kultursetzung den Bereich ihrer Entfaltungsmöglichkeiten ausgeschöpft hat und daher dem Ansturm der von ihr ausgeschlossenen, abgelehnten Tendenzen unterliegt ,,35 . Normalerweise geschieht eine solche "Verjüngung", wie Borkenau es bezeichet, durch die Herantragung eines neuen Prinzips von außen her. Träger ist eine primitive Kultur, die durch den Kontakt mit der überlegenen zersetzt wurde aber deren zugrundeliegendes geistiges Prinzip weiterlebt. Dieses "schlüpft gewissermaßen in den Leib der alten Hochkultur, ihn umbildend und verjüngend. Es handelt sich hier nicht im mindesten um eine tragische und zerstörende Unterbrechung gerade des germanischen Kulturablaufs, sondern im Gegenteil um die durchaus typische, ja um die einzig mögliche Form, in der neue junge Völker in einer Welt zu geschichtlicher Wirksamkeit gelangen, die bereits Hochkulturen hervorgebracht hat"36. Dabei sieht Borkenau, anders als Spengler, durchaus die Möglichkeit, daß eine Hochkultur die ihr durch ihre "Eltern" ursprünglich mitgegebene Spannbreite der Realität noch einmal neu auswertet. Dies geschieht, indem Randregionen, die vom ersten Integrationsprozeß weniger betroffen waren, nun zu einem neuen Herd der Kreativität werden. Die Zivilisation verlagert ihr geographisches Zentrum dorthin und kann so noch einmal oder sogar mehrmals den Zyklus von Aufstieg und Niedergang durchlaufen37 • Auf diese Weise kann eine Zivilisation ihr Erbe umfangreicher nutzen und sich verjüngen durch die Neuentdeckung ihr bereits innewohnender Einflüsse. Grundproblem der menschlichen Entwicklung ist somit, daß die Versuche der Herausbildung einer integrativen Ordnung, einer stilistischen Einheit, bisher stets auf Teilen der Realität beruhten. Eine solche Teilwahrheit aber könne nie zum allgemein anerkannten Gesetz und damit zur Grundlage konstanter Entwicklung werden. Aus der Dialektik der menschlichen Bedürfnisse nach einer begrenzenden kulturellen Geschlossenheit und einheitlichem Glauben einerseits und dem Bestreben nach Integration aller Teile der Realität andererseits sieht Borkenau daher den Zyklus der Zivilisation entstehen. Er äußert aber gleichzeitig die Hoffnung, daß dieser Grundwiderspruch seine Auflösung findet, je mehr die menschliche Einsicht in die Gesetze der Natur

35

36 37

Ebd., S. 53. Borkenau, Drei Abhandlungen zur deutschen Geschichte, S. 13. Borkenau, Oswald Spengler, S. 11.

2. Borkenaus Theorie der Kulturzyklen

213

wächst und uns metaphysische Einsicht auf wissenschaftlicher Basis möglich wird. Die Menschheit kann dann auf Mythen verzichten und sich der Realität als Ganzes stellen. Borkenau spekuliert, daß dann die Phase der Hochkulturen und ihrer zyklischen Entwicklung abgeschlossen sein wird und die Menschheit in eine neue Entwicklungsepoche eintritt. Genauso habe die Vorgeschichte geendet, als die erste Hochkultur entstand. "Nur das Abgeschlossene läßt sich ganz durchschauen; ist aber dann die Morgendämmerung gesamtgeschichtlicher Einsicht nicht das deutlichste Anzeichen, daß wir uns heute nicht nur dem zyklischen Abschluß einer einzigen, nämlich unserer eigenen abendländischen Kultur nähern, sondern dem Abschluß eines viel größeren geschichtlichen Zyklus? Vorahnung dieses Prozesses - das ist wohl die eigentliche "positive" Überwindung Spenglers" 38 • Diese Andeutung ist vage, wird von Borkenau aber in einer anderen Schrift wieder aufgegriffen. In Überarbeitung von Spenglers Idee des Ursymbols sucht Borkenau nach einer überzeugenderen menschlichen Grundfrage als denen nach der Erfahrung von Raum und Zeit. Inspiriert durch sein Interesse an Freud präsentiert er eine spekulative Variation, wonach es der Konflikt zwischen äußerer Erfahrbarkeit der menschlichen Sterblichkeit einerseits und der Unfahigkeit, sich den Tod vorzustellen andererseits sei, den jede Kultur auf ihre Weise zu bewältigen suche. Die Menschheit schwankt zwischen Todeshinnahme und Todesleugnung. Eine neu entstandene Hochkultur nimmt stets eine ihrer Vorgängerin entgegengesetzte Haltung zur Frage der Sterblichkeit ein. Im Laufe ihres Bestehens aber wird diese Position zunehmend hinterfragt. Der Sieg der Gegenposition kennzeichnet schließlich den Beginn einer neuen Zivilisation. An dieser Stelle präsentiert Borkenau erneut seine Zukunftsvision von einer Überwindung des Kreislaufs durch größere menschliche Erkenntnis: Ein sich andeutender Durchbruch der wissenschaftlichen Forschung in das Reich der Transzendenz könnte den bloßen Glauben an die Unsterblichkeit überflüssig machen durch die Erkenntnis einer Welt jenseits von Raum, Zeit und Kausalität39 • Ich habe eingangs schon erwähnt, daß Borkenau keine zusammenhängende Überarbeitung des Spenglerschen Modells mehr präsentieren oder sogar eine eigenständige neue Kultur- und Geschichtsphilosophie entwerfen kann. Dabei halte ich es für wahrscheinlich, daß er bis zu seinem Tod auf eine solche hinarbeitet und sie anhand einer umfassenden Geschichte der abendländischen Kultur zu präsentieren und zu belegen gedenkt. Im Rahmen einer solch

38 39

Borkenau, Spengler - weitergedacht, S. 55. Löwenthai, Einführung des Herausgebers, S. 25 f.

214

IV. Kreminologie und Zivilisationsgeschichte

großangelegten Studie zur Geschichte des Abendlandes kommt Borkenau auch auf die zuvor als Ursache seiner Hinwendung zu Spengler vennutete Frage der Entstehung totalitärer Diktaturen zurück. Er stellt noch im allgemeinen Zykluskonzept dar, daß über die ganze Lebensdauer einer Zivilisation hinweg die verschiedenen Einflüsse, die aus geographisch bestimmbaren früheren Kulturgruppen in der neuen integriert werden sollen, miteinander ringen. Dabei konzentriere sich dieser Kampf in der geographischen Mittelzone, in der auch die Verschmelzung am stärksten sei. In den Randzonen dagegen überwiegen stets die Relikte der hier früher ansässigen Kulturen. Der Süden Deutschlands liegt nach Borkenau (mit Nordfrankreich, Burgund, Südengland und der Lombardei) im Bereich dieser abendländischen Mittelzone4O , während Ostdeutschland stark von den ostchristlichen Wurzeln geprägt sei. Dieser Kontrast zwischen Ost und West wird für ihn zum bestimmenden Konflikt-wie Kreativitätsherd im 20. Jahrhundert. Dabei geht es ihm besonderes um die Bedeutung osteuropäischer Einflüsse auf die neuere deutsche Geschichte. Borkenau hebt 1947 hervor, daß ihm erst mit dieser Erkenntnis ein klares Verständnis dieser Geschichte zuteil wurde. Ausdrücklich heißt es: "Ich hatte vorher manches über deutsche Geschichte publiziert, was dieser Einsicht noch sehr feme stand, darunter auch einen Artikel über Preußen im Political Quaterly im Jahre 1942 "41. Ich habe den Inhalt dieses Artikels "The Myth of Prussia" bereits referiert42 • Borkenau bestreitet darin gerade einen wesentlichen Unterschied zwischen westeuropäischen und preußischen Traditionen und hebt allein das Luthertum als einen besonderen Einflußfaktor hervor: Das von Luther proklamierte Obrigkeitsdenken, sein Mißtrauen gegen Vergnügen und die Erhöhung harter Arbeit seien der geistige Nährboden für die preußische Effizienz und den Perfektionismus gewesen43 • Diese Eigenart können die Nationalsozialisten nutzen, ohne daß Borkenau aber eine geistige Verwandtschaft zwischen nationalsozialistischer und preußischer Führung.sieht. Die Nationalsozialisten hätten dieses Preußentum vielmehr gründlich zerschlagen und Preußen sei schließlich in Deutschland aufgegangen und verschwunden. Der Versuch, das Luthertum als Erklärungsgröße für die Akzeptierung autoritärer politischer Führung heranzuziehen, begegnet uns in späteren Schriften erneut.

Borkenau, Spengler - weitergedacht, S. 52. Borkenau, Drei Abhandlungen zur deutschen Geschichte. Frankfurt am Main 1947, S. 9. Er nimmt Bezug auf: The Myth ofPrussia·.ln: Political Quaterly. Bd. XIII, April 1942, S. 193-205. 42 Siehe oben S. 168 f. 43 Borkenau, The Myth of Prussia, S. 200. 40

41

2. Borkenaus Theorie der Kulturzyklen

215

Ich habe bereits im Rahmen des Totalitarismuskapitels seinen Aufsatz "On Lutheranism" erwähnt, in dem Borkenau eine kulturelle Verwandtschaft von Rußland und zumindest dem lutherisch geprägten Deutschland konstatiert und damit deren Empfänglichkeit für die pseudoreligiösen totalitären Ideologien erklären will. Borkenau macht diese Konfrontation zwischen westlicher und osteuropäischer Kultur 1947 noch einmal zum Gegenstand seiner Betrachtung. Unter der Überschrift "Luther- Ost oder West" präsentiert er eine Überarbeitung seines früheren Aufsatzes, nicht ohne vorwegzustellen, daß es ihm "durchaus nicht um unmittelbare politische Folgerungen zu tun" gewesen sei, etwa wenn er die starke Verbundenheit Ostdeutschlands mit osteuropäischer Kultur nachzuweisen sucht. Damit will er sich offensichtlich in der politisch hochsensiblen Nachkriegszeit vor Verdächtigungen schützen, er befürworte die deutsche Teilung oder eine dauerhafte Eingliederung in verschiedene Machtblöcke44 • Andererseits hebt er die besondere Bedeutung osteuropäischer Einflüsse auf die neuere deutsche Geschichte hervor und legt erneut dar, daß sehr ähnliche Einflüsse auf lutherischen und russisch-orthodoxen Glauben ebenso ähnliche politische Auswirkungen zeitigten. Gemeint ist wiederum das allein auf das innere Glaubenserlebnis ausgerichtete Erlösungsdenken, eine, wie Borkenau erstaunlicherweise konstatiert, höchst individualistische Haltung des lutherischen und russisch-orthodoxen Menschen, die sich auf das weltliche Freiheitsverständnis niederschlage: Im östlich geprägten Bereich, zu dem Borkenau auch die lutherischen Regionen Ostdeutschlands zählt, werde Freiheit als innere, persönliche Freiheit verstanden, die gleichzeitig eine gehorsame Unterordnung unter die weltliche Obrigkeit einschließt. Im Westen dagegen werde Freiheit stets in Verbindung mit der Gesellschaft gesehen, sei Freiheit innerhalb, nicht von der Gesellschaft, bedeute vor allem auch Freiheit der verschiedensten Kollektive von der Obrigkeit. Ein solches Freiheitsdenken ist notwendig für den, der die Erlösung durch gute Werke erlangen muß, während die innere Freiheit für den maßgeblich ist, der seine Erlösung durch seinen persönlichen Glauben sichert45 • Während damit der westliche Freiheitsgedanke untrennbar mit einer liberalen Demokratie verbunden ist, muß man Borkenaus Gedankengang ergänzen, kann der östliche auch in einem System der politischen Unfreiheit existieren. Borkenau formuliert auch, daß Luther die religiöse Befreiung mit weltlicher Knechtschaft erkauft habe. Die lutherische Haltung erweise sich als völlig ungeignet für das politische Leben. Denn das Politische sei das Reich der Verbindung von Geist, beziehungsweise Moral, und Welt. Das Luthertum aber wolle keine solche Verbindung, sehe Satan als Herrn der Welt, weshalb Politik von lutherisch geprägten Menschen nach Borkenau

44

45

Franz Borkenau: Drei Abhandlungen zur Deutschen Geschichte, S. 9 f. Borkenau, Drei Abhandlungen zur deutschen Geschichte, S. 72-75.

IV. Kreminologie und Zivilisationsgeschichte

216

stets eine moralisch ungebundene ist. "Die lutherische Haltung verfehlt den Kern des Politischen. Sie hat ihren Anteil daran, daß wir das Volk der politisch stets Versagenden wurden, das Volk, das zwischen den in der Praxis gleichfalschen Extremen weltferner gutmütiger Verinnerlichung und brutalsten Machttaumels hin- und hergerissen wird "46_ ein Problem, daß die "lutherische Haltung" nach Borkenau mit der östlichen teilt. Franz Borkenau unternimmt hier einen, wie ich finde recht vagen Versuch, seine frühere These von einer kulturellen Begründung des gleichzeitigen Auftretens tot;!..litärer Diktaturen in Deutschland und Rußland bei gleichzeitiger Verschonung der westlichen Demokratien wiederzubeleben. Seine Schilderung dieser Phänomene erscheint mir anfangs bewußt unklar gehalten, mit einer Vielzahl nicht unmittelbar relevanter historisch-kulturhistorischer Beziehungen ausgestaltet, um ihre Berechtigung innerhalb eines kulturphilosophischen Konzepts zu haben. Adequater schiene mir die Herleitung des postulierten unterschiedlichen Freiheitsdenkens durch den Hinweis auf die Gegner im Kampf um diese freiheit: Luthers Kampf war der eines Individuums gegen die Institution Kirche. Die weltliche Herrschaft bot ihm aus Eigeninteresse Unterstützung, freilich um den Preis politischer Enthaltsamkeit Luthers und seiner entstehenden Kirche. Im Gegensatz dazu war der Kampf der katholischen Kirche einer um die Bewahrung ihrer Handlungsfreiheit als Institution gegenüber den Machtansprüchen der weltlichen Herrscher. Tatsächlich muß auch Borkenau an später Stelle seines Aufsatzes ein bis dahin durchaus unterstütztes Mißverständnis klären, wonach das Luthertum selbstverständlich zu keiner Zeit unter einem nennenswerten Einfluß der Ostkirche stand, geschweige denn, wesentliche gemeinsame Wurzeln bestanden hätten. "Das Luthertum erwuchs aus der Westkirche, entstand am Ostrande der abendländischen Welt, setzte sich ausschließlich mit abendländischen Problemen auseinander. Wenn dabei eine Annäherung an ostkirchliche Haltungen zustande kam, so war das nicht das Ergebnis irgendwelcher Einflüsse, sondern das Resultat einer völlig spontanen selbständigen Entwicklung. Und diese Entwicklung ist in ihren Einzelheiten durch die Auseinandersetzung mit der Westkirche, nicht mit der Ostkirche bestimmt". Und Borkenau muß weiter einräumen, daß das Luthertum mit dem Katholizismus wesentliche Gemeinsamkeiten aufweist, wie es zur Ostkirche auch wesentliche Unterschiede zeigt47 • Alles in allem erweist sich Borkenaus Darstellung als keinesfalls geeignet, einen in zutiefst verwurzelten kulturellen Traditionen liegenden Unterschied zwischen (ost-) deutschem und westeuropäischem Menschen zu belegen. Borkenau mag

46 47

Ebd., S. 74. Ebd., S. 60 f.

3. Der Kalte Krieg

217

selbst Zweifel an der Überzeugungskraft seiner Argumentation gehabt haben. Aumillig ist zumindest, daß er nie versucht hat, sein allgemeines kulturphilosophisches Modell auf die Diktaturen in Deutschland und Rußland, eventuell sogar Italien zu beziehen, und sie in irgendeiner Form als Ausbruch von unzureichend verarbeiteten barbarischen Elementen zu fassen oder gar als Beginn einer barbarischen Zwischenphase, einer Überleitung zu einer neuen Zivilisation. Dabei hat er eine solche Übertragung durchaus bereits vorbereitet mit der Bezeichnung der Nationalsozialisten als barbarisch oder der schon erwähnten häufig geäußerten Spekulationen über den Auftakt einer neuen Zeit und den wichtigen Elementen, die es aus diesen Diktaturen zu übernehmen gälte. Damals war es die Hoffnung auf eine neue Zivilisatio. In den fünfziger Jahren verband er mit den verschiedensten Entwicklungstendenzen sogar den nahen Beginn einer neuen Epoche der Menschheitsgeschichte. Das Scheitern dieser großen Illusion seines Lebens mußte er nicht erleben. Ich möchte es bei diesem Teil der Ausführungen Borkenaus zu einer allgemeinen und einer abendländischen Kulturgeschichte belassen, denn besonders die Materialsammlung für letztere, führt von der dieser Arbeit gesetzten ThemensteIlung zu weit ab. Nur soviel sei genannt: Besondere Aufmerksamkeit widmet Borkenau den verschiedenen Ausdrucksformen eines einheitlichen kulturellen Stils, dem Spengler entscheidende Bedeutung zugesprochen hat, wie etwa der Architektur, der Sprache und der Malerei. Verschiedene Studien widmet er aber auch den zentralen Mythen im Vorfeld der abendländischen Kultur, wie dem Rolandslied oder der Siegfriedsage. Borkenau mißt diesen Mythen große Bedeutung bei, weil sie den barbarischen Zwischenphasen entspringen. Primitive Kulturen verarbeiten darin das durch den Kontakt mit sterbenden Hochkulturen auf sie einströmende Neue, ihnen bisher Fremde und ihrer alten Kultur damit potentiell Widersprechende. Mythen enthalten daher in Borkenaus Augen die bei der Integration verschiedener Kul turtrümmer zu bewältigenden wesentlichen Konfliktpunkte48 •

3. Der Kalte Krieg "In June 1950, as the Cold War grew more intense in Europe and North Korea invaded South Korea in Asia, more than a hundred European and American writers and intellectuals met in Berlin and established the Congress for Cultural Freedom to resist the Kremlin's sustained assault on liberal

48

LöwenthaI, Einführung des Herausgebers, S. 23 f.

218

IV. Kreminologie und Zivilisationsgeschichte

democratic values". So beginnt Peter Coleman seine Geschichte des "Congress for Cultural Freedom"49. Er schildert, daß diese Verschärfung des Ost-WestKonfliktes eine Vielzahl linker Ex- und Antikommunisten zu neuer Tätigkeit inspiriert. Anfang und Mitte der vierziger Jahre wurde diese Gruppe in der Linken als "Verräter" ausgegrenzt. Autoren wie Arthur Koestler, Ignazio Silone und George Orwell hatten Schwierigkeiten, Verleger für ihre Werke zu finden, geschweige denn, sie gut zu verkaufen oder angemessene Kritiken zu bekommen50 • Äußere Ereignisse, wie die Berliner Blockade 1948/49 diskreditieren den Ostblock-Kommunismus aber in noch weiteren Teilen der Linken und die Ex-Kommunisten finden nun für ihre Vorwürfe und ihr Schicksal vermehrtes Gehör. Der Ex-Kommunismus wird "gesellschaftsfähig", wie zum Beispiel das vielbeachtete Sammelbändehen autobiographischer Skizzen aus diesem Personenkreis "The God that failed" von 1950 zeigt51 • Es fehlt jedoch nach wie vor ein geeignetes Forum, das Anliegen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Im August 1949 treffen sich daher die ehemalige KPD-Führerin Ruth Fischer, Franz Borkenau und Melvin J. Lasky in Frankfurt und entwerfen einen Plan für eine internationale Konferenz linker Antikommunisten. Das Ergebnis ist der "Congress for Cultural Freedom", der 1950 in Berlin seine Gründungsveranstaltung abhält. Das Vorhaben steht von Beginn an unter der Obhut der amerikanischen Besatzungbehörden: Wie Franz Borkenau als Chefredakteur der "Ostprobleme" , steht auch Lasky in amerikanischen Diensten. Er ist Herausgeber der 1948/49 gegründeten Zeitschrift "Der Monat", die, wie die "Ostprobleme" , von der "Information Services Division" publiziert wird und die die Organisation der Gründungsveranstaltung übernimmt. Bei der Auflösung des Kongresses 1967 wird zudem eingestanden, daß der 1947 eingerichtete amerikanische Geheimdienst CIA an der Entstehung maßgeblich beteiligt gewesen ist und die Berliner Veranstaltung finanziert hat52 • Inwieweit allen Mitgliedern diese offizielle Unterstützung klar gewesen ist, ob sie mit inhaltlichen Einwirkungen einhergegangen und wie sie aufgenommen worden ist, kann Peter Coleman nicht abschließend klären. Er spricht aber von einem gemeinschaftlichen Bewußtsein und Engagement der

49 Peter Coleman: The Liberal Conspiracy. The Congress for Cultural Freedom and the Struggle for the Mind of Postwar Europe. New York 1989, S. xi. 50 Ebd., S. 7. Ich habe im obenstehenden Kapitel zum Spanischen Bürgerkrieg einen Brief George Orwells an Rayner Heppenstall, referiert, indem dieser von seinen Schwierigkeiten zur Veröffentlichung der "Hornage to Catalonia" und einer positiven Rezension zu Borkenaus "The Spanish Cockpit" berichtet. 51 Richard Crossman (Hrsg.): The God that failed. 1949. Zu der deutschen Ausgabe von 1950 unter dem Titel "Der Gott der keiner war" verfaßte Franz Borkenau ein Nachwort, das hier schon mehrfach zitiert wurde. 52 Coleman, S. 16, 83 f.

3. Der Kalte Krieg

219

Kongressmitglieder zumindest bis 1958, die nicht von einem Gefühl der äußeren Leitung sprechen: "Along with all that strength of commitment, what else was notable, especially in the early years, was the zest with which the congress went about its work. It enjoyed a sense of embodying an idea whose moment had come. With the gradual disintegration of the soviet mythos it feit itself in the avant garde, at the very center of aredefinition of civilization "53. Zu den Aktivitäten des Kongresses gehört vor allem die Schaffung eines internationalen Netzes assoziierter Zeitschriften. Borkenau veröffentlicht zahlreiche seiner Nachkriegschriften in diesen Periodika. Zum Netzwerk gehören "The Twentieth Century" (vormals "The Nineteenth Century and After"), "The New Statesman (and Nation)", der "Encounter" und der "Horizon" in England, "Preuves" in Frankreich, das "Forum" in Österreich oder der "Monat" in Deutschland. Zu den weiteren Aktivitäten des Kongresses zählen die Unterstützung von Veranstaltungen oder Buchverlegungen54 . In einer frühen und erfolgreichen Phase bis 1958 widmen sich der Kongreß und seine Mitglieder auf diese Weise der öffentlichen politischen Bildung mit dem Ziel der Aufklärung über das Wesen des Kommunismus. Peter Coleman resümiert diese Arbeit: "By the end of the period, the propaganda of the Soviet Union and its fellow-travellers was no longer credible"s5. Franz Borkenau entwickelt in dieser Richtung ein erhebliches Engagement, und der Antikommunismus wird zur Hauptaussage seiner politischen Schriften. Aber von dem Bewußtsein getragen, für die gerechte Sache zu arbeiten, wird Borkenau vereinzelt über das Ziel hinausgetragen. Dies gilt für polemische Passagen etwa in "Der Europäische Kommunismus" ebenso, wie für eine seiner Handlungen: William David Jones berichtet von einer Aussage Borkenaus gegen den US-Besatzungsoffizier Joseph von Franckenstein im Jahr 1953, den er der kommunisitischen Sympathien bezichtigt habe. Von Franckenstein habe daraufhin seine Stelle im State Department verloren und sie erst im April 1957 wieder erhalten56 . Diese Episode spricht für meinen in Zusammenhang mit Borkenaus rascher Rückkehr aus der australischen Deportation geäußerten Verdacht, Borkenau sei möglicherweise im Bereich informeller Information tätig gewesen. Obschon völlig ohne sachlichen Zusammenhang, möchte ich eine Personenbeschreibung nicht vorenthalten, die Gerald Brenan von Borkenau gibt: "He was a courageous man, as his book shows, but so extraordinarily Ebd., S. 13. Ebd., S. 59, 60, 83 f. 55 Ebd., S. 243. 56 As Informationsquelle gibt Jones Papiere an, die die Ehefrau des Beschuldigten, Kay Boyle, unter dem "Freedom of Information Act" erhalten habe. Siehe Jones, S. 221,220, Anmerkung 23. 53

54

220

IV. Kreminologie und Zivilisationsgeschichte

nervous that he could not sit or walk without continually turning his head to see if he was beeing watched or followed. We called hirn "the spy" because he looked like a cartoon of one by Herve"S7. Von der geschilderten unrühmlichen Begebenheit abgesehen, leistet Borkenau zwischen 1950 und 1957 wichtige Forschungs- und Informationsarbeit über das russische totalitäre Regime. Dies geschieht zum einen durch seinen tagesaktuellen Journalismus zur Politik der Sowjetunion, zum anderen durch eine Reihe von Beiträgen zu Wort und Wahrheit des Marxismus und der offiziellen kommunistischen Geschichtsschreibung. In dem ersten Bereich gelangt Borkenau in den fünfziger Jahren in den USA zu Ansehen. Er wird dort bekannt als der Vater der "Kreminologie", einer besonderen Betrachtungsweise der Machthaber und Machtkämpfe im Moskauer Regierungssitz. Er bezeichnet seinen neuen Tätigkeitsbereich als eine "neugeborene Wissenschaft", deren Inhalt die "Erforschung der innerpolitischen und innerparteilichen Kämpfe im Kommunismus" sei58 • Es gelingen ihm einige aufsehenerregende Vorhersagen, so etwa des Endes der Ära Stalins oder des Posener Aufstandes vom Juni 195659 • Borkenaus "Kreminologie", in Frankreich als "Sowjetologie" und in Deutschland von seinen Gegnern despektierlich als "Kreml-Astrologie" bezeichnet, ist aber gleichzeitig der Teil seiner Arbeit, der am stärksten der Relativierung durch die Zeit unterworfen war. Seine Vorhersagen im einzelnen oder die Details seiner Beschreibungen der Kremlpolitik haben im Lauf von 40 Jahren ihre Brisanz eingebüßt. Auch Borkenaus Methode der Kreminologie, die bis vor einigen Jahren originell und aktuell war, wurde von den Ereignissen überholt. John E. Tashjean schrieb noch 1962: "As long als the Soviet system is, in essentials, what it was when Borkenau studied it, his method of study will remain of interest"60. Das Sowjetsystem ist inzwischen zerbrochen und so bleibt Borkenaus Methode der Kremlbetrachtung nur interessant als ein Anwendungsfeld seiner in anderen Zusammenhängen erarbeiteten Vorstellungen zum Funktionieren der Politik im 20. Jahrhundert. Dazu gehört sein auf die Machtkämpfe innerhalb der politischen Entscheidungszentren gerichteter Blick,

57 Gerald Brenan: Personal Record 1920-1972, zitiert nach John E. Tashjean: Borkenau: The Rediscovery of a Thinker. In: Partisan Review. New York 1984 51 (2), S. 289-300, hier S. 289. 58 Franz Borkenau: Was ist Kreml-Astrologie? In: Der Monat. Internationale Zeitschrift für Politik und geistiges Leben, Bd. XIV, 7. Jg., Heft 79 (April 1955), S. 32-39, hier S. 34. 59 Franz Borkenau: Getting the facts behind the Soviet Facade. In: Commentary, Bd. 17, Nr. 4 (April) 1954, S. 393-400; ders.: Between Issues. In: The New Leader, 10. Juni 1957, S. 2; sowie Tashjean 1962, S. 129. 60 Tashjean 1962, S. 130.

3. Der Kalte Krieg

221

den wir als Folge seiner durch Pareto angeregten Elitenstudien betrachten können. Dazu gehört aber auch seine Gewichtung von Politik und Administration: Als Gewinn aus der Auseinandersetzung mit Burnharns These von der "Revolution der Manager" räumt er der Verwaltung eindeutig das größere Gewicht ein. "Im gesamten Bereich des Kommunismus ist es ein Grundfehler, die Politik an erster Stelle in Betracht zu ziehen und die Organisation als etwas Zweitrangiges, als ihr Werkzeug zu behandeln. Es ist der innerste Kern des Leninismus-Stalinismus, daß die Rolle dieser beiden Faktoren gegenüber ihrer Rolle in der Demokratie verkehrt wird. In der kommunistischen Bewegung muß man stets an erster Stelle die Organisation in Betracht ziehen und die Politik als die Folge der Organisation "61. An anderer Stelle schreibt er, es sei wichtig zu wissen, daß in der Praxis der innerparteiliche Kampf in seinen politischen und doktrinär-politischen Aspekten stets den Vorrang vor der sogenannten Staatsnotwendigkeit habe, daß heißt, daß die Partei immer vor dem Staate stehe. Erst wenn dieses Verhältnis sich einmal im Ernst ändere, ginge es mit dem totalitär-kommunistischen Regime faktisch zu Ende. Und bezüglich der Rolle der Elite formuliert er: "Wir haben versucht aufzuzeigen, daß die Herauslösung einer kleinen 'Elite' aus der Masse der innerste Sinn des Leninismus-Stalinismus ist. Diese Elite allein kennt den wirklichen Sinn der gesamten Bewegung, und sie allein versteht daher die wirkliche Bedeutung jedes taktischen Schachzugs. Es ist nur eine logische Weiterentwicklung dieses Gedankens, daß die Elite mehr und mehr zuerst ihre letzten Ziele und dann auch ihren Personenbestand tamt"62. Aus diesen Grundlagen ist Borkenaus besondere Betrachtungsweise der Vorgänge im Moskauer Machtzentrum erwachsen: Die UdSSR ist ein totalitärer Staat, errichtet von einer nach unbeschränkter Macht strebenden Elite und nur um deretwillen aufrechterhalten. Seit Lenins Tagen aber ist der Kreml von starken, permanenten innerparteilichen Kämpfen zwischen den Fraktionen dieser Elite gekennzeichnet, was immer wieder zu blutigen Entladungen führt. Dieses in der innerparteilichen Politik herrschende Prinzip des Machtkampfes und der Gewalt werde aber in gleicher Weise auf alle Ausdehnungsbereiche der Partei und des Staates übertragen. "Es gehört zum Begriff des Totalitären, daß dort überall ein und dasselbe Prinzip waltet". Für Borkenaus Betrachtung der Moskauer Außenpolitik ergibt sich daraus, daß entgegen allen Friedenskampagnen und Kooperierungsangeboten die UdSSR nie eine verläßliche Politik dieser Art betreiben könne, weil zum einen die politische Führung entgegen der starren Fassade nicht monolithisch, sondern in verfeindete Fraktionen zerrissen sei, die Macht

Borkenau, Der Europäische Kommunismus, S. 492 f. Borkenau, Was ist Kreml-Astrologie, S. 36, ders.: Der europäische Kommunismus, S. 521. 61

62

222

IV. Kreminologie und Zivilisationsgeschichte

der gerade Herrschenden stets gefährdet, die Politik ohne Vorwarnung den augenblicklichen taktischen Erfordernissen angepaßt würde und Machterhalt und -ausdehnung das einzige Handlungsmotiv bleibe63 • Borkenau ist daher überzeugt, daß man sich bei Verständnis und Berechnung der sowjetischen Politik nicht von der starren Fassade des Systems täuschen lassen darf, sondern sorgfältig jedes Anzeichen von personellem Wechsel beachten muß, jedes Anzeichen von Ausgrenzung einzelner Personen oder Gruppen, weil dies in Zusammenhang mit der Kenntnis, welche Fraktion davon betroffen ist, Vorhersagen über Änderungen der politischen Richtung erlauben. Kernstück von Borkenaus Kreminologie ist damit die genaue Analyse der Partei struktur und Einordnung aller Akteure in ein Netz von Seilschaften, Klientelen und Fraktionen. Denn nicht jeder bedeutende innerparteiliche Kampf spielt sich auf der höchsten Organisationsebene der Partei ab: Man mag augenblicklich nicht stark genug sein, seinen unmittelbaren Gegner anzugreifen, aber kann ihm dennoch empfindlich durch die Demontage eines seiner wichtigen Gefolgsleute schaden. Somit müßten zuerst die Führungspersonen der verschiedensten Klientel geortet, die Stärke dieser Protagonisten anhand der Stärke der ihnen unterstehenden Apparate eingeschätzt und ihre mutmaßlichen Gefolgsleute zugeordnet werden. Auch der Zusammenbruch des Sowjetsystems unter Gorbatschow bestätigt letztlich Borkenaus Vorgehensweise der Geringschätzung der Starre des Systems gegenüber der prägenden Kraft einzelner Fraktionen und Personen. Die gemeinsame Botschaft, die Borkenaus Kreminologie-Aufsätze vermitteln, ist die Aufforderungen zu stetem Mißtrauen und Vorsicht. Dauerhafte friedliche Zusammenarbeit mit dem Osten hält er für unmöglich. Doch es sind nicht allein die Kalten Krieger, an die sich seine Schriften richten, sie zielen auch auf Sympathisanten des Sowjetregimes, Sozialisten und Marxisten, die sich seiner Ansicht nach von den Legenden, die Moskau um sich und seine revolutionäre Vergangenheit spinne, täuschen ließen. Der Demaskierung dieser Mythen gelten zwei kleine Schriften von 1952 und 1954 zur Oktoberrevolution und dem anschließenden Bürgerkrieg. In "Das Jahr 1917" gibt Borkenau eine interessante und sachliche Schilderung der Vorgeschichte der Russischen Revolution. Borkenau kontrastiert seine Darstellung immer wieder mit der offiziellen kommunistischen Geschichtsschreibung und arbeitet eine mit der Herrschaft Stalins beginnende bewußte Geschichtsfälschung heraus. Lenin dagegen gesteht er zu, im großen Stile der Selbsttäuschung bezüglich seiner Ziele und Handlungen erlegen zu sein: "Man darf ihm wohl zutrauen, er habe nicht gesehen, daß seine Herrschaft sich von der zaristischen vor allem durch die viel

63

Borkenau, Was ist Kreml-Astrologie, S. 34.

3. Der Kalte Krieg

223

größere Grausamkeit unterscheiden würde; er habe ehrlich geglaubt, seine persönliche Diktatur sei mit größerer "Demokratie" (was immer dieses Wort in seinem Kopf bedeuten mochte) vereinbar; wie er sich ja ohne Zweifel ernsthaft für einen Marxisten hielt, obwohl er alle Grundgedanken von Marx auf den Kopf stellte. Der Fanatiker gibt niemand über sein wirkliches Handeln Rechenschaft, am wenigsten sich selber"64. Borkenau hebt als einen wesentlichen Gegenstand der Geschichtsfälschung die Frage der Beteiligung der Bolschewiki an den Ereignissen im März 1917 hervor. Damals habe tatsächlich eine völlig unorganisierte Massenerhebung stattgefunden, während die Bolschewiki erst an dem Sturz der neuen Regierung im November 1917 maßgeblich beteiligt gewesen seien. Dabei betont er andererseits, daß in diesem Teil der Revolution weder Bauern noch Arbeiter eine nennenswerte Rolle spielten. Die Revolutionäre seien vielmehr Angehörige einer in kein Klassenschema einzuordnenden Intelligenz gewesen, "klassenlose Verschwörerzirkel " . Diese Verschwörer hätten zu den Massen keinen Kontakt gehabt oder gesucht. "Dem innersten Wesen einer Verschwörerorganisation entsprechend, konnte also ihr Sieg nur zur Ersetzung einer Despotie durch eine andere führen, und zwar zur Ersetzung der brutalen ... zaristischen Despotie durch die Despotie kleiner Gruppen bedenkenloser Fanatiker "65 • Ein weiterer Schwerpunkt der Studie liegt in der Aufdeckung erheblicher Streitigkeiten zwischen Lenin und den anderen Mitgliedern der Parteiführung, während die offizielle Geschichtsschreibung vor allem unter Stalin Harmonie und Übereinstimmung behaupte. 1954, ein Jahr nach dem Tode Stalins, verfaßt Borkenau eine Fortsetzung dieser russischen Geschichte für die Zeit des Bürgerkrieges von 1918 bis 1921 66 • Er beschreibt darin die Weichenstellungen unter Lenin für die spätere totalitäre Diktatur Stalins durch die Niederschlagung jeder äußeren Opposition und Kritik bis hin zum Verbot der Fraktionsbildung und Diskussion innerhalb der Partei. Borkenau wirkt damit Versuchen der sowjetischen Führung, aber auch pro-kommunistischer Kreise im allgemeinen entgegen, die "Schuld" am russischen Totalitarismus allein Stalin zuzuschreiben. Zur besseren Bewältigung dieses beschämenden Erbes könnte man dann auf einen unbescholtenen Lenin zurückgreifen. Diese Klarstellung ist wesentlich für die Demontage der Sowjetunion. Borkenau weiß gut um die einigende und inspirierende Wirkung 64 Franz Borkenau: Das Jahr 1917. Wirklichkeit und Legende der Russischen Revolution. Berlin 1952 (Sonderdruck zu Der Monat), S. 48. Borkenau bewertet die Geschichtsschreibung unter Lenin noch als weitgehend aufrichtig, die Zeit der intensiven Fälschung beginnt erst 1925-30, siehe z. B. S. 12 f. 65 Borkenau: Das Jahr 1917, S. 7. 66 Franz Borkenau: Der russische Bürgerkrieg 1918-1921. Von Brest-Litowsk zur NEP. Berlin 1954.

224

IV. Kreminologie und Zivilisationsgeschichte

eines positiven Vorbildes und eines Mythus. So spricht er 1949 von einer "vollen Kraft des kommunistischen Mythus leninscher Prägung", die er selbst, verbunden mit einem Traum der Befreiung empfunden habe67 . In die gleiche Richtung zielt eine Fortsetzung seiner Geschichte der Komintern von 1938, die 1952 unter dem Titel "European Communism" - Der Europäische Kommunismus erscheint. Ihr Schwerpunkt liegt auf den Kriegsund Nachkriegsjahren und berücksichtigt besonders die kommunistische Bewegung in Frankreich und Jugoslawien. Seine Betrachtung beruht auf der schon 1943 in seinem anläßlich der Auflösung der Komintern verfaßten Aufsatz geäußerten Überzeugung, daß die Komintern ebenso wie alle nationalen kommunistischen Parteien nur Instrumente Moskaus, insbesondere der persönlichen Bedürfnisse Stalins seien. Damals hatte er geschrieben, daß die Komintern von Beginn an den russischen Interessen dienendes Instrument gewesen sei, zeige sich bereits· darin, daß kein Nicht-Russe je eine wichtige Position in dieser "sogenannten Internationale" habe bekleiden dürfen. "The non-Russians always remained 'proselytes of the gate', admitted to worship in the courtyard , but incompetent to fulfill priestly functions themselves"68. Besonders deutlich, so ergänzt er 1952, sei diese Abhängigkeit des internationalen Kommunismus von Rußland mit dem Hitler-Stalin-Pakt zutage getreten, der eine Wendung um neunzig Grad in Politik und Propaganda der europäischen kommunistischen Parteien erforderlich machte69 . Obwohl für den Historiker sicher interessant, gehe ich auf Details der Studie nicht weiter ein, da sie für die Betrachtung der politischen und politikwissenschaftlichen Grundüberlegungen Borkenaus keine Neuerungen birgt. 4. Borkenau und Marx - ein schwieriges Verhältnis "The fact that Borkenau was still poking around the wreck spoke to the persistently compelling nature of what he hirnself had labelled as the abortive journey of revolutionary marxism"70, heißt es bei William David Jones. Borkenau habe sich bis zu seinem Lebensende immer wieder mit Marx' Lehre befaßt, nicht nur um deren fortgesetzte Bedeutung zu betonen, sondern auch um

Borkenau, Revolution der Manager, S. 489. Franz Borkenau: The Comintern in Retrospect. In: The Dublin Review. No. 426, Juli 1943, S. 36-45, hier S. 41, 40. (f) Borkenau, Der europäische Kommunismus, S. 217 ff. 70 Jones, S. 219, 218 f. 67

68

4. Borkenau und Marx

225

zu einem klaren Verständnis zu kommen, warum diese Ideen so faszinierend sind und waren. Tatsächlich sind wir immer wieder Borkenaus Auseinandersetzungen mit den Ideen des Karl Marx begegnet. Die meisten der Gedankengänge stellen Verarbeitungen bereits in der Diskussion befindlicher Kritik an Marx dar. Mit Ausnahme seiner umfangreichen "Der Übergang" steuert Borkenau keinen wesentlichen Beitrag zur marxistischen Schule bei. Wenn der "Monat" im Gegensatz dazu für die Zeit vor 1929 in einer redaktionellen Anmerkung von 1953 behauptet, Borkenau "galt als einer der begabtesten jungen Theoretiker des Marxismus, ehe er in den späten zwanziger Jahren mit dem Bolschewismus brach '071, so haben wir davon kein Zeugnis. Denn Borkenaus literarisches Schaffen beginnt erst nach seinem Ausscheiden aus der Partei, so daß wir über seine Überzeugungen und Auseinandersetzungen mit der marxistischen Theorie vor 1929 nur spekulieren können. Den Endpunkt seiner Entwicklung in der Beurteilung des Marxismus aber können wir ausreichend dokumentieren. Denn entgegen seinen früheren, nur am Rande anderer Darstellungen gemachten Ausführungen finden sich in den Nachkriegsjahren mehrere ausführlichere Beiträge zu Marx. Besonderes Gewicht kommt dabei der Einleitung "Praxis und Utopie" zu einer von Borkenau herausgegebenen kleinen Marx-Sammlung zu, weil sie, 1956 geschrieben, das letzte Wort zum Thema darstellt. Ich möchte diesen Anlaß nutzen, die Entwicklung des Verhältnisses Borkenaus zum Marxismus zu resümieren. Dabei habe ich schon angedeutet, daß es von geringem Interesse wäre, die Richtigkeit der Borkenausehen Erläuterungen zu prüfen, da sie in der Regel keine originären Geistesakte darstellen. Vielmehr geht es um die Präsentation einer persönlichen Entwicklung. Wir begegneten als erstes Borkenaus freudiger Begrüßung der Veröffentlichung bisher unbekannter Marxschriften, die seiner Ansicht nach die Basis für eine neues Verständnis bilden könnten. Nur wenig versteckt war der Angriff auf eine starre Marxauslegung, deren Bestandteile ein vereinfachender Materialismus, die Überbewertung des Klassenkampfmomentes und die Zusarnmenbruchstheorie sind. Diese Marx-Rezensionen, "Der Übergang", aber auch die Neureither-Schriften zeigten, daß Borkenau ursprünglich an die Möglichkeit einer differenzierteren, realitätsnäheren Sicht innerhalb des Marxismus auf der Basis der Thesen des Altmeisters selbst überzeugt war. Borkenau betrachtete es zu diesem Zeitpunkt offensichtlich als einen fatalen Irrtum des "Vulgärmarxismus", ein vereinfachendes, weil massenwirksameres Modell zu präsentieren und damit hinter Marx' wirklichen Einsichten zurückzubleiben. In späteren Schriften führt Borkenau sich und seinen Lesern

71

Borkenau, Das Jahr 1917, S. 48.

15 Lange-Enzmann

226

IV. Kreminologie und Zivilisationsgeschichte

dann aber die Folgen der Berücksichtigung solcher differenzierter Sichtweisen (beispielsweise einer Wechselwirkung geistiger und materieller Einflußfaktoren in der Bestimmung der menschlichen Geschichte) vor Augen. Diese Schriften zeigten nun, wie in den entsprechenden Kapiteln dargestellt, entscheidende Variationen bis hin zur Falsifizierung zentraler Thesen des Marxismus. Beispiele dafür sind "Pareto", "The Spanish Cockpit", "State und Revolution" und "Socialism. National or International". Schwerpunkte der Auseinandersetzungen waren Marx' Lohntheorie und seine Prognosen des Zusammenbruchs des Kapitalismus und der proletarischen Revolution, die, wie Borkenau fortwährend darstellt, von der tatsächlichen Entwicklung widerlegt wurden: Die Klassengegensätze spitzten sich nicht bis zur Revolution zu, weil es durch Konzessionen gelang, die Arbeiterschaft einzubinden. Die Selbstzerstörung des kapitalistischen Systems blieb aus, weil die Ausbeutung der Arbeiterschaft nicht zu einem Endpunkt gelangt, an dem eine weitere Senkung der Löhne und Erwirtschaftung von Mehrwert nicht mehr möglich ist und an dem sich die kapitalistische Gesellschaft als unfähig erwiese, die Arbeiter als Basis ihres Wohlstandes zu ernähren72 • Borkenau verwies mehrfach darauf, daß Marx einige Fehler seiner Theorien an der tatsächlichen Entwicklung bereits hätte sehen können, aber nie Veränderungen vorgenommen hätte. Daraus zog Borkenau schließlich die Schlußfolgerung, daß der Marxismus als Ganzes eben keine Wissenschaft, sondern Erlösungsreligion sei73 • Diese theologische Deutung des Marxismus, die heute weitverbreitet und gängig ist, lag in der Zwischenkriegszeit "in der Luft" und wurde vor Borkenau bereits von Paul Tillich, Eduard Heimann und Theodor Steinbüchel vorgetragen74 • Sie beinhaltet nicht in erster Linie eine Abqualifizierung des Marxismus, sondern vor allem eine andere Ausrichtung der Kritik: Die Bedeutung von Details tritt gegenüber dem sinngebenden und verbindenden Ganzen zurück. Borkenau gelangt damit auf dem Umweg der Diskussion von Details zurück zu der Betrachtung des Marxismus als ein geschlossenes Ganzes, das seiner Ansicht nach auch nur in dieser Geschlossenheit haltbar ist. Diese Vorstellung und Erkenntnis veranlaßten meines Erachtens auch den "Vulgärmarxismus" zu seiner vereinfachenden Sicht. Borkenau formuliert 1948 seine Überzeugung von

12 Z. B. Franz Borkenau: Hundert Jahre Marxismus. In: Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken. 11. Jg., Heft 3 (März 1948), S. 321-333, hier S. 327 ff. 73 Siehe z. B. Borkenau, Hundert Jahre Marxismus, S. 322 f.; Franz Borkenau: Marx Prophecy in the Light of History . Balance Sheet after a Century. In: Comentary. Bd. VII (Mai 1949), S. 430-436, hier S. 430. Einige Passagen des genannten zweiten Aufsatzes hat Borkenau aus ersterem wortgetreu übernommen. 74 Jürgen Habermas: Theorie und Praxis. Sozialphilosophische Studien. Neuwied, Berlin, 3. Aufl. 1969 S. 293 f.

4. Borkenau und Marx

227

der Notwendigkeit einer ganzheitlichen Betrachtung: "Allzu sehr, so will es mir scheinen, hat sich die Diskussion um den Marxismus in der Frage nach der sachlichen Richtigkeit der Einzelthesen verfangen, aus denen Marx sein System aufbaut. Dies hieß, die Debatte unter das von Marx gesetzte Niveau herabzuziehen". Denn wie "bei jedem großen metaphysischen System stützt die das Ganze umfassende Zusammenschau die oft recht schwachen gedanklichen Einzelelemente, in die das System zerfällt, wenn man beginnt, es in seine Bestandteile zu zerlegen" 75. Borkenau geht es in diesem Aufsatz zum hundertsten Geburtstag des Kommunistischen Manifestes darum, den bleibenden Wert des Marxismus als geschichtsphilosophisches Modell zu betonen. Als Fazit dieses Aufsatzes könnte man formulieren: Bereinige Marx' Theorien von den dogmatisch-religiös-apokalyptischenZügen und Du erhältst eine wunderbar fruchtbare Geschichtsphilosophie. Doch wenn er auch der Kritik an Details abschwört, so sind es doch wiederum nur Einzelheiten innerhalb des Modells, die er für sich gelten läßt, das Modell als Ganzes wird als wissenschaftlich unhaltbar verworfen. Dies ist der Stand der Dinge, auf dem Borkenau 1956 seinen Text "Praxis und Utopie verfaßt. "Wer den Marxismus verstehen will, muß sich von den Entstellungen frei machen, die seinen ursprünglichen Sinn verschüttet haben"76 leitet er seine kleine Sammlung von Marx-Texten ein. Es ist aber nicht ein Versuch, den Spätschriften die Frühschriften Marx entgegenzustellen und damit, wie in seinen Marx-Rezensionen 1929 und 1930, für eine undogmatischere Sicht des Marxismus zu plädieren. Es ist vielmehr das Resümee seiner langjährigen Auseinandersetzung mit Theorie und Realität des Marxismus, die für Borkenau in der Erkenntnis endet, daß die nach und nach klar gewordenen empirischen Unhaltbarkeiten einiger Bestandteile der Lehre nicht geändert werden konnten, weil damit das ganze Gebäude zusammengebrochen wäre. Eine Revision des Marxismus ist für ihn damit unmöglich. "Die Lehre ist, daß die episodische Renaissance der Schriften des jungen Marx irreführend war. Nicht biographische Zufälle in Marx' Laufbahn, sondern die prinzipielle Undurchführbarkeit dessen, was er ursprünglich erstrebt hatte, zwang Marx, seinem Jugendtraum uneingestanden und halb unbewußt, zu entsagen" 77. Borkenau kommt damit zu einer grundSätzlich anderen Einschätzung der Fehler im Marxismus: Glaubte er in den dreißiger Jahren an eine Fehlinterpretation 75 Borkenau, Hundert Jahre Marxismus, S. 321f. Borkenau erwähnt hier nicht, daß er sich über viele Jahre just an dieser Fehlersuche beteiligte. 76 Franz Borkenau: Praxis und Utopie. In: ders.: Karl Marx. Auswahl und Einleitung von Franz Borkenau. Frankfurt am Main, Hamburg 1956, S. 7-37, hier s. S.7. 77 Ebd., S. 7.

228

IV. Kreminologie und Zivilisationsgeschichte

einer vielversprechenden Grundlage als Ursache der Mängel, konstatiert er nun die Baufalligkeit des Fundamentes. Die von Borkenau so oft kritisierten Sichtweisen der "Vulgärrnarxisten" sind für ihn nun wohl auch die einzig gangbaren, will man das System, trotz aller Widersprüche zur Realität als Ganzes erhalten. Borkenau wiederholt auch 1956 in "Praxis und Utopie", seine bekannten Einwände gegen die marxschen Ideen. Während er in früheren Schriften den Weg der empirischen Widerlegung gewählt hat, verweist er nun auch auf einen vieldiskutierten logischen Fehler in Marx' Lohntheorie. Danach hat Marx übersehen, daß selbst bei starker Einkommensdifferenzierung und geringer Massenkonsumption eine Wiederanpassung von Löhnen und Preisen erfolgen kann, wenn durch die Investition in Produktionsgüter die Produktion verbilligt, die Preise gesenkt und so der Absatz wieder angekurbelt wird. Marx habe dies erkannt und umfangreiche Rechnungen dazu angestellt. "Der Umstand, daß diese späteren Forschungen Fragment blieben, ist ohne Zweifel nicht auf Marx' langsame Arbeitsmethoden (er hatte diese Dinge mindestens 20-25 Jahre in der Schublade), sondern auf die ihm dämmernde Erkenntnis zurückzuführen, daß sie seine Theorie erschütterten, sowie auf vergebliche Bemühungen, diese dennoch zu halten und zu entwickeln. Die Katastrophentheorien seiner Jugend hat Marx nicht nur niemals widerrufen, sondern erst im Alter aus ihnen die radikalsten Folgerungen entwickelt "78. Und Borkenau betont erneut, daß Marx vor den realen Entwicklungen, besonders den Ausgleichstendenzen, beide Augen verschlossen habe. "Mit einem Wort, Marx war Revolutionär, nicht weil die ihm vorgegebene Wirklichkeit es nahelegte, sondern in totaler Mißachtung dieser Wirklichkeit, wo sie seinen revolutionären Wünschen widersprach". Der revolutionäre Trieb Marx' habe seinen Wunsch nach einer Verbindung von Theorie und Praxis weit übertroffen79 • Aus Enttäuschung über die ihm klar werdende Unhaltbarkeit seines Gebäudes habe Marx sich schließlich von der Praxis ab- und der Utopie zugewandt. Diese Utopie, deren Kerngedanken Borkenau nach wie vor in der Idee der Überflüssigkeit einer Staats- und Rechtsordnung im Kommunismus sieht, wird von ihm erneut heftig kritisiert. Schon früher, in "Socialism. National or International", begegneten wir Borkenaus Feststellung, daß nicht der Klassengegensatz die entscheidende Streitursache unter den Menschen sei, sondern zum Teil der im Zusammenhang mit der Güterverteilung zwischen und über alle Klassen hinweg auftretenden Interessenskonflikt, zum Teil aber auch nationale, rassische und ähnliche Feindschaften. Das bedeutet, daß auch nach einer Aufhebung des Klassengegen-

78

79

Borkenau, Praxis und Utopie, S. 21, 20 f. Ebd., S. 22 f.

4. Borkenau und Marx

229

satzes staatlicher Interessensausgleich und eine Rechtsordnung unverzichtbar bleiben. Nun betont der Autor erneut die Unsinnigkeit der Annahme eines freiwilligen Verzichtes der Wenigen zugunsten der Vielen und bestreitet, daß der Mensch sich je dauerhaft mit dem zufriedengeben werde, was er habe, denn stets würden die Bedürfnisse schneller wachsen, als ihre Befriedigung. Borkenau zieht abermals Parallelen zwischen alttestamentarischen und marxistischer Endzielvisionen und erklärt, daß Marx der Entchristianisierung der Welt durch den Fortschritt von Wissenschaft und Technik eine neue Erlösungsreligion entgegengestellt habe, die genau diesen Fortschritt als Weg zur Erreichung des irdischen Paradieses erkläre BO • Wenn Borkenau aber an der Marxschen Vision einer besseren Welt besonders engagierte Kritik übt, so ist gerade sie der Teil des Marxismus, der ihn bis zuletzt in seinem Bann hält. Dies gilt beispielsweise für die vom ihm einmal als wesentliche bleibende Erkenntnis des Marxismus gepriesene Idee, daß die neue Gesellschaft im Schoß der alten heranreife. Borkenau legt diese These, wie wir gesehen haben, seinem Kulturzyklenmodell zugrunde. Hier findet aber auch ein zweiter wesentlicher Bestandteil der Marxschen Utopie Verwendung, nämlich der Fortschrittsglaube. Borkenau kritisiert in Praxis und Utopie: "Damit erweist sich die Marxsche Utopie als ein besonders extremer Fall der modernen wissensschaftlichen Utopie, als ein besonders unmittelbarer Glaube daran, daß 'Technik und Wissenschaft' ein Paradies auf Erden schaffen werden"81. Auch Borkenau selbst knüpft aber seine schon geschilderte Hoffnung auf eine Überwindung der Ära eines Kreislaufs der Hochkulturen an die wachsende wissenschaftliche Erkenntnis, die Mythen und Halbwahrheiten überflüssig machen würde. Borkenau hebt, zur eigenen Abgrenzung von einern vereinfachenden Marxismus hervor, daß er technischen und wissenschaftlichen Fortschritt nicht in einem materiellem Sinne verstehe. Über die genannten Faktoren ist es nicht die Natur oder Materie, die die menschliche Geschichte bestimmt. Vielmehr sind Wissenschaft und Technik Ausdrucksformen des Kampfes des menschlichen Geistes mit der Natur. In "Marx Prophecy in the Light ofHistory" von 1949 sieht sich Borkenau durchaus in Marx Gefolgschaft in dieser Frage. Es sei ein wesentliches Verdienst des Marxismus, die Bedeutung der Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur verbreitet zu haben. Die Marxistische Philosophie mit simplem materialistischen Determinismus gleichzusetzen, bezeichnet Borkenau in diesem Aufsatz als gedankenlos, denn hier stände der Mensch der Natur doch selbständig als eigene Kraft

80 Ebd., S. 26 ff., 32 ff.; siehe auch Borkenau, Marx Prophecy in the Light of History, S. 430 f. 81 Borkenau, Praxis und Utopie, S. 35.

230

IV. Krerninologie und Zivilisationsgeschichte

gegenüber. Er lobt zudem die Größe der Marxschen Erkenntnis, daß wir uns am Beginn einer neuen, entscheidenden Phase des Kampfes des Menschen mit der Natur befanden82 • Dies bestätigt meinen schon geschilderten Eindruck, daß Borkenau in seinen Aufsätzen zum hundersten Geburtstag des Kommunistischen Manifestes um ein positives Resümee des Marxismus bemüht ist. Im Gegensatz dazu bemängelt Borkenau 1956 in "Praxis und Utopie" Marx' Ausführungen zur prägenden Rolle der Materie als leichtfertig und gehaltlos und bemängelt, daß Marx diese Frage nicht abschließend geklärt hat. Er erklärt die Unterlassung mit einem Hinweis auf die praktischen Zielsetzungen bei Marx: Diesem sei es mit der Formel des dialektischen Materialismus allein um die Zurückweisung jeden Anspruches von Moral und Religion gegangen, selbständige Prinzipien zu sein83 • Borkenau hat in "Praxis und Utopie" das marxsche Gesamtkonzept durch die Falsifizierung der Eckpfeiler als wissenschaftlich unhaltbar einstürzen lassen. Die wenigen gültigen Erkenntnisse aber lobt er nicht mehr, wie Ende der vierziger Jahre, als Errungenschaft des Karl Marx, sondern sieht sie als Allgemeingut der europäischen und deutschen Philosophie, die die Bausteine des Marxismus bildeten und nun, nach dem Zusammenbruch wieder offen zutage liegen. Als einzig originäres Verdienst verbleibt bei Marx nur das destruktive Element: "Marx' Lehre ist der Posaunenstoß, der die Totalkrise aller höheren gesellschaftlichen Daseinsformen, ja der menschlichen Existenz als Ganzes ankündigt, in der wir stehen"84. Der Kreis der Borkenausehen Biographie schließt sich damit: Er hat als Revolutionär mit einem klaren Feindbild begonnen und sich deshalb dem Marxismus zugewandt85 , ohne daß wir beurteilen könnten, inwieweit er zentrale Thesen und Zielvorstellungen des Marxismus zu diesem Zeitpunkt teilte. Er endet mit der Feststellung, daß der Reiz und Wert des Marxismus in seiner Endzeitvision und seinem zerstörerischen Element liegt.

82 Borkenau, Hundert Jahre Marxismus, S. 332 und wortgetreu wiederholt in Marx Prophecy in the Light of History , S. 436. 83 Borkenau, Praxis und Utopie, S. 33 f.

84 Ebd., S. 37. 85

Siehe I. 1. Werdegang eines Revolutionärs S. 9 ff.

Schlußbetrachtung "Ich habe mich verplappert und verraten, daß ich in die unverzeihliche Sünde des Glaubens an den Fortschritt verfallen bin. Ich meine nicht ( ... ) einen Fortschritt, in dem es keine Zyklen und keine Rückfälle mehr zu geben brauchte, einen Fortschritt, den man beruhigt sich selber überlassen kann; aber es scheint mir absurd zu bezweifeln, daß sich auf dem Weg vom Uratom zur Amöbe, von der Amöbe zum Menschen und vom Peking- Menschen zu Planck und Rutherford manches zugetragen hat, was einer philosopischen Beachtung jenseits des Lamentos über die Leiden und Sünden des Daseins wert ist. ( ... ) Als Kern des Glaubens an den Fortschritt stellte sich der Glaube an die wirksame Bedeutung der objektiven Wahrheit im Menschenleben heraus"l. Franz Borkenau war nicht nur von der Fähigkeit des Menschen zu objektiver Erkenntnis überzeugt, sondern auch von der Möglichkeit des Einzelnen, durch Wissen seine Zeit zu beeinflussen. Dies bedingte die enge Verknüpfung in seiner Arbeit zwischen Praxis und Theorie: Franz Borkenau hinterließ ein über 150 Titel zählendes Werk aus teils wissenschaftlichen, teils journalistischen Schriften. In den nur drei Jahrzehnten seines Schaffens wechselte sein Erkenntnisinteresse von Geschichte und Geschichtsphilosophie zu Politik, Staatslehre und politischer Philosophie, zur Psychologie und zurück zu Geschichts- und Kulturtheorie. In keiner Fakultät war er je allein zuhause. Eine solche Vielseitigkeit von Interesse - und auch Kompetenz - ist suspekt in unserer Zeit der Spezialisierung und Arbeitsteilung auch im Bereich des Wissens, die mit der Vermehrung unserer Erkennnis zwangsläufig einhergehen. Verloren gehen dabei Überblick und Verbindung zu den außerhalb des eigenen Sachgebietes liegenden Bereichen; die Universalwissenschaft ist längst überholt. Auch bei der Erforschung des Werkes Franz Borkenaus ist die Angst, es möge ob seiner Vielseitigkeit zwischen den Händen zerfallen, ein ständiger Begleiter. Doch am Ende bleibt es als Einheit bestehen. Es gibt Zeugnis von der treibenden Kraft einiger weniger Prinzipien und Grundüberlegungen, die Borkenau oft in entlegene Winkel verschiedener Wissensgebiete vorantreiben, die aber alle aus den Bedingungen seines Lebenslaufes und seiner politischen Überzeugungen entsprangen. Seine rastlose Suche nach der letzten Wahrheit, 1 Franz Borkenau: Technik und Fortschritt. In: Merkur, m. Jg., Heft 7 (Juli 1949), S. 625- 637, hier S. 636 f.

232

Schluß betrachtung

nach den einigenden Prinzipien der Menschheitsgeschichte, erfuhr durch äußere Impulse mehrfach eine Umorientierung: Teils wurden alte Ansätze durch aktuelle Ereignisse falsifiziert, wie etwa im Fall der Faschismusanalyse. Teils erhielt er von außen Anregungen zu neuen, überzeugenderen Erklärungsversuchen. Borkenau erwies sich dabei als geschickter Nutzer von Modethemen, der sich an dominierenden geistigen Strömungen orientierte, wie etwa dem Kalten Krieg in den fünfziger, dem Sozialismus in den zwanziger und dreißiger Jahren, der Diskussion um die Gründung Israels oder um Personen und ihr Werk wie Spengler oder Pareto. Dieses Verhalten zeugt nicht nur von Geschäftstüchtigkeit sondern auch von dem Wunsch nach Dabeisein und Teilhabe. Denn wie er historische, politische und kulturelle Phänomene durch ihre Einordnung in größere Zusammenhänge besser zu verstehen sucht, ist er auch für sich selbst auf der Suche nach einem geeigneten Platz. Er versucht, seine eigene Rolle innerhalb des politisch- historischen Geschehens zu definieren. Dafür sieht er sich selbst immer wieder als Teil einer gerade von ihm untersuchten Elite oder zumindest hervorgehobenen Personengruppe. Sei es, wenn er die Bedeutung der Ex-Kommunisten für die Bekämpfung des Totalitarismus herausstreicht, wenn er die Notwendigkeit einer revolutionären intellektuellen Elite zur Verbreitung der sozialistischen Revolution propagiert, oder wenn er 1955 ein Bekenntnis zu seiner "jüdischen Abstammung" formuliert und die Auslandsjuden als Hoffnungsträger eines Ausgleichs zwischen den widerstreitenden Traditionen von Ost und West einordnet. Borkenau erwies sich in dieser Hinsicht als ein typischer Vertreter der großen Gruppe der Ex- Kommunisten in seiner Generation, auf deren Persönlichkeit und Wesen sich ihr Bruch mit der Partei um so nachhaltiger auswirkte, je engagierter sie anfangs mitgearbeitetet hatten. Richard Crossman hatte zu Angehörigen dieser Gruppe geschrieben, sie würden "dem Kommunismus nie entrinnen. Ihr Leben wird immer in seiner Dialektik gelebt werden, ihr Kampf gegen die Sowjetunion wird immer ein Spiegelbild eines innerlich schwärenden Kampfes sein. Der wahre Ex- Kommunist kann nie wieder eine geschlossene Persönlichkeit werden "2. Franz Borkenau hat selbst nie eingeräumt, der Bruch mit dem kommunistischen Ideal und der Partei hätten einen nachhaltigen Verlust bedeutet. Doch sowohl der Haß, der ihn zur Denunziation eines anderen Menschen verleitet, wie auch die fortgesetzte Suche nach einem neuen Idealkonzept für die menschliche Gesellschaft, deuten in diese Richtung. Als sich der fundamentale Neuanfang, den Borkenau stets forderte und erwartete, auch nach dem Krieg nicht einstellte, projizierte er seine Wunschvorstellungen in Zukunftsbilder. Sie zeugen von großer schöpferischer Kraft, aber haben kaum mehr Realitätsbezug, als die Utopie des wahren Kommunismus, die er

2

Crossman, S. 16.

Schluß betrachtung

233

Marx so sehr vorgeworfen hatte. Die Berührung mit Sozialismus und Marxismus haben sich aber letztlich als die Quelle der Kreativität und Erkenntnisfähigkeit Borkenaus erwiesen. Sie erlaubten ihm zu einem frühen Zeitpunkt die Gefahren des Faschismus und schließlich der totalitären Diktaturen insgesamt zu erkennen, die Systeme zu beschreiben und ihre Fortentwicklung zu prognostizieren. Sie führten ihn auch zu noch heute richtungsweisenden Darstellungen des Spanischen Bürgerkrieges oder der Geschichte der Kommunistischen Internationale. Sie ermöglichten ihm darüber hinaus eine Reihe spannender Beiträge zur Staatstheorie, die, wenn auch zum Teil veranlaßt durch die Sorge vor rechter Diktatur, ohne ihre enge Verbindung zu sozialistischem Gedankengut nicht vorstellbar gewesen wären. Borkenaus Werk gibt nicht nur einen Einblick in eine schwierige, manchmal unsympatische aber immer spannende Persönlichkeit. Es zeigt auch, wie das Empfinden einer tiefen Krise der bestehenden politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ordnung einen Menschen zu immer neuen Vorstößen inspirieren kann. Daß von seinen hochfliegenden Träumen einer besseren Welt nur ein Bruchteil in Erfüllung ging und wir uns noch immer mit den von Borkenau beschriebenen Gefahren für Demokratie und Frieden in Form von rechter und linker Diktatur, Nationalismus und falschem Sendungsbewußtsein konfrontiert sehen, zeugt von einer ungeheuren Verschwendung menschlicher Erkenntnis, die wir uns nicht länger erlauben sollten. Denn die Formulierung "auch heute noch aktuell" bedeutet im Falle Borkenaus nichts anderes, als daß wir aus vor Jahrzehnten erkannten Wahrheiten noch immer zuwenig gelernt haben.

Literaturverzeichnis 1. Primärliteratur a) Chronologisches Verzeichnis Die Werke wurden nach den Jahren ihres Erscheinens und innerhalb dieses Jahres alphabetisch geordnet. Möglicherweise unvollständig ist das Verzeichnis der Jahre 1944 bis 1946 bei den deutschsprachigen Aufsätzen und das Verzeichnis der Jahre 1951 bis 1969 bei den fremdsprachigen. Einige Titelangaben, die aus Sekundärliteratur übernommen wurden, sind unvollständig und konnten weder in allgemeinen Bibliographien noch in den fraglichen Zeitschriften nachgewiesen werden. Ich habe sie der Vollständigkeit halber dennoch aufgenommen.

1924

An Universal History of the World from the Earliest Account of Times to the Present. Unveröff. Maschinenschrift, Phi!. Diss. vom 28. November 1924, Leipzig

1929

Rezension zu Marx-Engels Gesamtausgabe, I. Abt., Bd. I, I. Halbband. Frankfurt am Main 1927. In: Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung, XIV. Jg. 1929, S. 485-489

1930

Rezension zu: Marx-Engels-Archiv. Zeitschrift des Marx-Engels-Instituts in Moskau. 11. Bd. Frankfurt 1927. In: Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung, XV. Jg. 1930, S. 311-313 Rezension zu: Neudrucke marxistischer Seltenheiten. Leipzig 1929, Bd. m und IV. In: Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung, XV. J g. 1930, S.313-315

1932

Rezension zu R. Behrendt: Politischer Aktivismus., Leipzig 1932. In: Zeitschrift für Sozialforschung. Frankfurt am Main 1932, Bd. I, S. 178-179 Rezension zu Erich Fromm: Die Entwicklung des Christusdogmas. In: Zeitschrift für Sozialforschung. Frankfurt am Main 1932, Bd. I, S. 174-175 Rezension zu: Gründer der Soziologie. Eine Vortragsreihe unter Mitwirkung von G.L. Duprat, H. Freyer, A. Meusel, F. K. Mann, L. v. Wiese und M. Weber, Jena 1932. In: Zeitschrift für Sozialforschung. Frankfurt am Main 1932, Bd. I, S. 412

Literaturverzeichnis

235

Rezension zu L. Lublienski: Die Grundlagen des ethisch-politischen Systems von Hobbes, München 1932. In: Zeitschrift für Sozialforschung. Frankfurt am Main 1932, Bd. I, S. 419-420 Rezension zu: A. Schütz: Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt, Wien 1932. In: Zeitschrift für Sozialforschung. Frankfurt am Main 1932, Bd. 1, S. 415-416 Zur Soziologie des mechanistischen Weltbildes. In: Zeitschrift für Sozialforschung. Frankfurt am Main 1932, Bd. 1, S. 311-335

1933

Zur Geschichte der demokratischen Ideologie. In: Zeitschrift für Öffentliches Recht. Wien 1933, Bd. 8, S. 336-355 Zur Soziologie des Faschismus. In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik. Tübingen 1933, Bd. 68, Heft 5, S. 513-547

1934

Fascisme et syndicalisme. In: Annales d'histoire economique et sociale. Paris, 6. Jg. (1934), Nr. 28, S.337-350 Klassenbewußtsein. In: Zeitschrift für Sozialismus, Jg. 1, Nr. 5 (Februar 1934), S. 152159, unter dem Pseudonym Ludwig Neureither Staat und Revolution. In: Zeitschrift für Sozialismus, Jg. 1, Nr. 6 (März 1934), S. 180185, unter dem Pseudonym Ludwig Neureither Noch einmal Klassenbewußtsein. In: Zeitschrift für Sozialismus, Jg. 1, Nr. 10 (Juli 1934), S. 325-329, unter dem Pseudonym Ludwig Neureither Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild. Studien zur Geschichte der Philosophie der Manufakturperiode. Schriften des Instituts für Sozialforschung. Paris 1934; nachgedr. Darmstadt 1971; 1980; neu aufgelegt New York 1975

1935

Un essai d'analyse historique. Crise des partis socialistes dans I'Europe contemporaine. In: Annales d'histoire economique et sociale. Paris, 7. Jg. (1935), S. 337-352 Pareto. London 1935, New York 1936, nachgedr. Westport 1976, span.: Pareto. Mexiko 1941

1936

unter dem Pseudonym Fritz Jungmann: Autorität und Sexualmoral in der freien bürgerlichen Jugendbewegung. In: Studien über Autorität und Familie. Paris 1936 Curso de Civilizaci6n. In: Universidad. Panama, Heft I, 1936, S. 77-82 Origen de la Filosofia de la cienca modernas. In: Universidad. Panama 1936, Heft 1, S. 3-16

1937

The Spanish Cockpit. An Eye Wittness Account of the Political and Social Conflict of the Spanish Civil War. London 1937; 3. Aufl. 1974; Neudruck: Ann Arbor 1963 dt.: Kampfplatz Spanien. Politische und soziale Konflikte im Spanischen Bürgerkrieg. Ein Augenzeugenbericht. Stuttgart 1982

236

Literaturverzeichnis

State and Revolution in the Paris Commune, the Russian Revolution and the Spanish Civil War. In: Sociological Review. London, Bd. 29 (1937), Nr. 41, S.41-75

1938

Austria and After. London Mai 1938 The Communist International. London 1938; US-Version: World Communism. A History of the Communist International. New York 1938, 1939; 2. Aufl. 1963; Neudr. mit einer Einführung von Raymond Aron. Ann Arbor 1962 Rezension zu Norbert Elias: Über den Prozeß der Zivilisation. Bd. I. Bäle 193. In: Sociological Review, Bd. XXX, 1938), S. 308-311 Rezension zu E. A. Voigt: Unto Caesar. Constable 1938. In: Sociological Review, Bd. XXX, Nr. 1 (Januar 1939), S. 421-424

1939

I helped to build an Army. Civil War Memoirs of a Spanish Staff Officer, by Martin Blaquez, Jose, with an Introduction by F. Borkenau, ed. by Franz Borkenau. London 1939 The New German Empire. Harmondsworth, Middlesex 1939, New York 1939 Rezension zu Karl Korsch: Karl Marx. London 1938, In: Sociological Review, Bd. XXXI, Nr. 1 (Januar 1939), S. 117-119 Rezension zu Norbert Elias: Über den Prozeß der Zivilisation. Bd. 11. Bäle 1939. In: Sociological Review, Bd. XXXI, Nr. 4 (Oktober 1939), S. 450-452 The Situation in Spain. In: Nineteenth Century and After. London, Bd. 125, März 1939, S. 295-302

1940

The Totalitarian Enemy. London 1940; Reprint 1982 After Peace-what? A Programme for Counter Revolution. In: Common Sense. 1940. Vermutlich auch als Monographie. Norman, Oklahoma 1941. Buch war nicht zu beschaffen.

1941

The German Problem. Rezension zu Rohan D. Butler: The Roots of National Socialism. In: Dublin Review, 4. Series, Bd. 209 (Oktober 1941), S. 189-197

1942

Brief an den Herausgeber. In: Horizon, Bd. 5, Nr. 2 (Mai 1942), S. 365-366 The Myth of Prussia. In: Political Quaterly, Bd. xm, April 1942, S. 193-205 Rezension zu Rohan D. Butler: The Roots of National Socialism. In: The Tablet, 10. Januar 1942, Seitenzahl unbekannt Rezension zu Robert Vansittard: Black Record. Germans past and present; sowie Rohan D. Butler: The Roots ofNational Socialism. In: Horizon, Bd. 5, Nr. 27 (März 1942), S.21O-218 Socialism, National or International. London 1942 Sorel, Pareto, Spengler: Three Fascist Philosophers. In: Horizon, Bd. 5, Nr. 30 (Juni 1942, S. 420-431

Literaturverzeichnis

237

1943

Comintern in Retrospect. In: Dublin Review, Bd. 213 (Juli 1943), S. 36-45 Rezension zu: Erich Fomm: The Fear of Freedom. In: Horizon, Bd. 7, Nr. 39 (März 1943), S. 203-210

1944

New Politics. In: J. R. M. Brumell (Hrsg:): This changing World. London 1944, S. 148-159 On Lutheranism. In: Horizon, Bd. 10, Nr. 57 (September 1944), S. 162-176 Oswald Spengler. In: Dublin Review, Bd. 215 (Juli 1944), S. 1-11

1947

After the Atom. In: Horizon, Bd. 16, Nr. 95 (November 1947), S. 230-242 dt. als: Nach der Atombombe, siehe 1948 Drei Abhandlungen zur deutschen Geschichte. Frankfurt am Main 1947

1948

Bange machen gilt nicht. Eine Darstellung des amerikanisch-sowjetischen Kräfteverhältnisses. In: Die Neue Zeitung, 1948, Seitenzahl unbekannt Hundert Jahre Marxismus. In: Merkur. Deutsche Zeitschrift für Europäisches Denken, 3. Jg. Heft 3 (März 1948), S. 321-333 Die neue Komintern. In: Der Monat, 1. Jg. (1948/49) Heft 4, S. 50-60 Mut am rechten Ort. Nationalismus in Deutschland. In: Der Monat, 1. Jg. (1948/49) Heft 8/9, S. 60-64 Nach der Atombombe. In: Der Monat, 1. Jg. (1948/49) Heft 1, S. 9-16 Das Problem der deutschen Geschichte. In: Die Literatur der Gegenwart, 1948, Heft 2, S. 19-22 Von Marx bis Stalin. Rezension zu: Kommunismus. Schweizer Rundschau, Sonderheft 1948. Zürich. In: Der Monat, 1. Jg. (1948/49) Heft 5, S. 98-100 Zwischen Rot und Braun. Rezension zu Margarete Buber-Neumann: Als Gefangene bei Stalin und Hitler. In: Der Monat, 1. Jg. (1948/49) Heft 6, S. 95-97

1949

Der "große rote Führer". In: Rheinischer Merkur, 4. Jg. (1949), Nr. 51, S. 1-2 Der Kommunismus in West-Europa. Rheinischer Merkur, 4. Jg. (1949), Nr. 38, S. 9 und 12 Marx Prophecy in the Light ofHistory. In: Commentary, Bd. vrr (May 1949), S. 430436 Die Revolution der Manager. In: Merkur, 3. Jg., Heft 5 (Mai 1949), S. 487-494 Stalin im Schafspelz. Zu einer neuen Biographie von Isaac Deutscher. In: Der Monat, 1. Jg. (1948/49) Heft 14, S. 203-210 Stalin und Trotzki. Zur Metamorphose des Bolschewismus. In: Wort und Wahrheit. Monatsschrift für Religion und Kultur. Wien, 4. Jg. (1949), S. 892-903 Technik und Fortschritt. In: Merkur, 3. Jg., Heft 7 (Juli 1949), S. 625-637

238

Literaturverzeichnis

Von Marx bis Stalin. In: Der Fährmann. Zeitschrift für junge Christen. Freiburg 1949, Nr. 4, S. 9-10

1950

Die ausgebliebene Revolution. Von Rosa Luxemburg zur SED. In: Wort und Wahrheit. Monatsschrift für Religion und Kultur, 5. Jg. (1950), S. 821-829 Der Gott der keiner war. Mit einem Vorwort von Richard Crossmann und einem Nachwort von Franz Borkenau. Köln 1950, 1952 Griechische Partisanen. In: Ost-Probleme. Informationsblatt über Weltkommunismus, Bd. 11, Heft 44 (1950), S. 1391-1395 Rote Skipetaren. Rezension zu Julian Amery: Sons of the Eagle. London 1948. In: Der Monat, 3. Jg. (1950) Heft 27, S. 308-312 Rückkehr zu alten Werten? In: Der Monat, 3. Jg. (1950) Heft 22-23, S. 411-417 eng!. Version: Return to old Values. In: Twentieth Century, Bd. 148 (November 1950), S. 300-305 Stalins politische Technik. In: Rheinischer Merkur, 5. Jg. (1950), Nr. 39, S. 9 Tito und die kommunistischen Häresien. In: Merkur, 4. Jg. (1950), Heft 3, S. 241-252 Unzeitgenössisches Spanien. In: Merkur, 4. Jg. (1950), Heft 11, S. 1141-1150 Zwei Revolutionäre. Rezension zu Bertram D. Wolfe: Three who made a Revolution. Bd. I, New York 1948. In: Der Monat, 3. Jg. (1950) Heft 25, S. 19-29

1951

Doppelsäuberung in der Tschechoslowakei. In: Ost-Probleme. Frankfurt/ Main, 3. Jg. (1951), S. 1511-1514 How deal with Franco. In: Commentary, Bd. 12 (Dezember 1951), S. 533-541 Our Best Bets in Europe. In: The New Leader, 19. Februar 1951, S. 8-10 Die Revolution im 20. Jahrhundert. In: Der Arbeitgeber. Zeitschrift der Vereinigung der Arbeitgeber-Verbände. Düsseldorf, 1951, Nr. 24 (1), S. 24-28 Der Spötter als Panegyriker. Bemerkungen zu E.H. Carrs "Geschichte Sowjetrußlands. In: Der Monat. München, 4. Jg. (1951), Nr. 36, S. 606-615 Titos Aufstieg. Literaturbericht. In: Ost-Probleme, 3. Jg. (1951), S. 56-63 Will Spain fight? In: Human Events, 8. Jg. (1951), Nr. 30, S. 1-4 Will Technology destroy Civilization? In: Commentary, Januar 1951

1952

Barbarische Freundschaft. Deutschland und Sowjetrußland. In: Der Monat, 5. Jg. (1952), Heft 46, S. 414-417 The Chances of a Mao-Stalin rift. Will China's communist take the Tito road? In: Commentary. New York, Bd. 14, Nr. 2 (August 1952), S. 117-123 Der europäische Kommunismus. Seine Geschichte von 1917 bis zur Gegenwart. Bern, München 1952; eng!.: European Communism. London 1953; New York 1953 Das Jahr 1917. Wirklichkeit und Legende der Russischen Revolution. Berlin 1952 (Sonderdruck zu Der Monat) Mao Tse-Tung. In: Twentieth Century, Bd. 153, Nr. 906 (August 1952), S. 138-147 Die Schdanow-Krise. In: Merkur, 6. Jg. (1952), Nr. 6, S. 562-578

Literaturverzeichnis

239

Rezension zu: A. Weinberg: Hexensabbat. Frankfurt am Main, 1952. In: Ost-Probleme, Bd. IV, Heft 7, 1952, S. 218-220 Die Sonderart des chinesischen Kommunismus. In: Außenpolitik. Zeitschrift für Internationale Fragen, 3. Jg. (1952), S. 374-383 Un riva1 de Stalin: Mao Tse Toung. In: Preuves, Bd. 11, 22. Dezember 1952, S. 43-49 Der Utopist wider Willen. Geschichtsschreibung als Realpolitik. In: Der Monat, 5. J g. (1952), Heft 44, S. 214-216

1953

Der alte und der neue Herr im Kreml. In: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Ne. 11,

S. 4

Der Berliner Aufstand und der Kreml. In: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Ne. 26, S. 3 Can we negotiate with Malenkow. In: The Tablet, Mai 1953, Seitenzahl unbekannt Europe Changes in Hungary. In: The Tablet, Juli 1953, Seitenzahl unbekannt Der Kampf um die Sowjet-Armee. Stalins Nachfolger wirbt um die Gunst der Generäle. In: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Nr. 10, S. 3 Der Kampf um Stalins Nachfolge. Hintergründe der "Säuberungen" im Ostblock. In: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Ne. 5, S. 4 On the Chanson de Roland. In: Twentieth Century. London, Bd. 154, Ne. 917 (Juli 1953), S. 62-76; dt. als: Reckentum und Staatspflicht. Eine Untersuchung zum Französischen Rolandslied. In: Neues Abendland. Zeitschrift für Politik, Geschichte, Kultur, 8. Jg. (1953), Heft 11, S. 665-679 Moskaus "Friedensengel" in Berlin. In: Rheinischer Merkur, Jg. vrn, Heft 18, 1953, S. 6 The New Phase in Eastern Europe. In: The Tablet, 1953, Seitenzahl unbekannt Paradoxie der Sowjetwirtschaft. Die Erweiterung der Konsumgüterindustrie bringt neue Schwierigkeiten. In: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Nr. 38, S. 3 Pjotr F. Judin, der politische Berater Tschuikows. In: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Ne. 18, S. 6 Regards sur la societe post-stalinienne. In: Preuves, Nr. 27, Mai 1953, S. 46-50 Regimewechsel im Kreml. Malenkow im Ringen um die Alleinherrschaft. In: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Ne. 13, S. 3 Revolution oder Konterrevolution? Das Sowjetregime innen-und agrarpolitisch in der Sackgasse. In: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Nr. 41, S. 3 Scheitert Malenkow an der Nationalitätenfrage? Der Hintergrund von Berjas Sturz. Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Ne. 30, S. 5 Some Sources ofModern Europe. In: Twentieth Century, Bd. 154. Nr. 922 (Dezember 1953), S. 426-493 dt. als: Die Fresken von San Clemente. In: Der Monat, 7. Jg. (1954), Nr. 65, S. 511-519 Die Sowjets. Strategie im Kalten Krieg. In: Mitteilungen der wirtschaftspolitischen Gesellschaft, 1953, S. 13-18 (Ztsche. ab 1953, Ne. 28 ff unter dem Titel: Offene Welt. Mitteilungen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft) Stalinismus - und was weiter? In: Neues Abendland, 8. Jg. (1953), Heft 4, S. 207-218

240

Literaturverzeichnis

Verrostete Folterkammer. Die Anklage gegen Berja. m: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Nr. 52, S. 5 Vom Kreislauf der Eliten. Zum 30. Todestag Vilfredo Paretos m: Der Monat, 6. Jg. (1953), August 1953, S. 493-502 Was bedeutet Semjonows Sieg? Malenkow im Ringen um die Alleinherrschaft. m: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Nr. 23, S. 3 Was Malenkow behind the anti-semitic plot? m: Commentary, Jg. 15 (1953), Nr. 5, S.438-446 Zur Methode der Sowjetforschung. m: Philosophisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft, 62. Jg. (1953), S. 394-406

1954

Beyond Space and Time. m: Twentieth Century, Bd. 156, November 1954, S. 442-452 Bonifatius -Stifter des Abendlandes. m: Neues Abendland, 9. Jg. (1954), Heft 6, S. 323-329 The Communist Crisis. m: Encounter 11, Januar 1954, S. 60-64 Der dialektische Materialismus. Besprechung zu Gustav A. Wetter: Der dialektische Materialismus. Frankfurt 1952. m: Neues Abendland, 9. Jg. , Heft 2 (Februar 1954), S. 117-120 Getting at the facts behind the Soviet facade. m: Commentary, Bd. 17 Nr. 4 (April 1954), S. 393-400 Gratiserfolg für Moskau und Peking. m: Weltwoche, 22. Jg. (1954), Nr. 1088, S. 1-2 Ketzerei in Ungarn. m: Weltwoche, 22. Jg. (1954), Nr. 1098, S. 1-2 hn Blick auf Genf. m: Rheinischer Merkur, 2. April 1954, S. 5 Malenkow und Chrustschewbuhlen um die Rote Armee. m: Weltwoche, 22. Jg. (1954), Nr. 1077, S. 1-2 Mißerfolg des Atheismus. m: Neues Abendland, München, 9. Jg. (1954), Heft 10, S. 587-594 Mit dem Osten verhandeln? Der Osten ist jetzt nicht verständigungsbereit. m: Rheinischer Merkur, 9. Jg. (1954), Nr. 25, S. 5 Molotow, der Kreml und die Viererkonferenz. Die Gründe für die unelastische Politik der Sowjets. m: Rheinischer Merkur, 9. Jg. (1954), Nr. 7, S.6 The Peking-Moskow axis and the Western alliance. m: Commentary, Bd. 18 Nr. 6 (Dezember 1954), S. 513-521 Der russische Bürgerkrieg 1918-1921. Von Brest-Litowsk zur NEP. Berlin 1954 Um Stalins Ende. Zu Salisburys Moskauer Enthüllungen. m: Rheinischer Merkur, 9. Jg. (1954), Nr. 47, S.5 Unbesiegte Religion in Russland. m: Weltwoche, 22. Jg. (1954), Nr. 1094, S. 1-2 Vor neuem Gemetzel in der Sowjetunion. Die Rückkehr Ignatiews und des Antisemitismus. m: Rheinischer Merkur, 9. Jg. (1954), Nr. 20, S. 9 Warum Berlin scheitern mußte. m: Rheinischer Merkur, 9. Jg., 26. Februar 1954, S. 5 Zur Frage der Arbeiterpriester. m: Neues Abendland, 9. Jg. (1954), Heft I, S. 23-29

1955

Atomphysik und Tiefenpsychologie. m: Der Monat, 8. Jg. (1955), Heft 81, S. 257-264

Literaturverzeichnis

241

Chruschtschows persönliche Blamage. Der innerparteiliche Hintergrund des BelgradBesuches. In: Rheinischer Merkur, 10. Jg. (1955), Nr. 24, S. 5 The ConceptofDeath. In: Twentieth Century, Bd. 157, April 1955, S. 313-329 Entwicklung und Hintergründe der sowjetischen militärpolitischen Konzeption. In: Wehrkunde. Organ der Gesellschaft für Wehrkunde, 4. Jg. (1955), Heft 10, S. 438 ff. Entwicklung und Hintergründe der sowjetischen militärischen Planung. In: Nation Europa. Monatsschrift im Dienst der europäischen Erneuerung , 5. Jg (1955), Heft 11, S. 9-19 Die germanischen Götter - Legende und Wirklichkeit. In: Neues Abendland, 10. Jg. (1955), Heft 8, S. 451-462 Die Grenzen der Wunschträumerei. In: Forum. 15. Dezember 1955, S. 422-426 Hat sich der Kommunismus gewandelt? Koexistenzparole und kommunistische Parteigeschichte. In: Rheinischer Merkur, 10. Jg. (1955), Nr. 39, S. 5 Ein kurzer Tag. In: Neues Abendland, 10. Jg. (1955), Heft I, S. 15-24 Kegeln um Köpfe. Mit Abakumows Todesurteil zielte Chruschtschow auf Malenkow. In: Rheinischer Merkur, 10. Jg. (1955), Nr. 5, S. 4 Koexistenz - wie aufrichtig? In: Weltwoche, 23. Jg. (1955), Nr. 1137, S. 1-2 Konflikt im Weltkommunismus. Kampf zwischen den drei Zentren: Moskau, Peking, Belgrad. In: Die Zeit. Wochenzeitung für Politik, Wirtschaft, Handel und Kultur, 11. Jg. (1955), Nr. 79, S. 4 Marschälle im Kreml. Chruschtschow ist nicht Stalins Nachfolger. In: Rheinischer Merkur, 10. Jg., Nr. 8 (18. Februar 1955), S. 4 Molotow der Kanzlist. In: Weltwoche, 23. Jg. (1955), Nr. 1133, S. 3 Molotow und Tito. Eine Selbstbezichtigung und ihre Hintergründe. In: Rheinischer Merkur, 10. Jg. (1955), Nr. 44, S. 5 Die neuen Marschälle des Kreml. Kräftegleichgewicht in der Sowjetarmee. In: Rheinischer Merkur, 10. Jg. (1955), Nr. 13, S. 5 Neues über die "Borotbisti". In: Ost-Probleme, 7. Jg. (1955), Nr. 6, S. 246-247 Die Problematik der Achse Moskau-Peking. In: Ost-Probleme, 7. Jg. (1955), Nr. 9, S. 357-365 Reds dec1are War on Chinas Peasants. In: The New Leader, 28. November 1955, S. 34 Das sowjetische Heer in der Politik. In: Wehrkunde. Organ der Gesellschaft für Wehrkunde, 4. Jg. (1955), Heft 5, S. 183-189 Die Sowjetrevolution in der Sackgasse. Partei, Armee und neue "Staatsbourgeoisie" nach Stalins Tod. In: Wort und Wahrheit. Monatsschrift für Religion und Kultur, 10. Jg. (1955), S. 417-418 Spengler weitergedacht. In: Der Monat, 8. Jg. , Nr. 87 (Oktober 1955), S. 46-55 Spezialist für Gleichschaltung. V. Alexandrowitsch Sorin, Moskaus Botschafter für Bonn. In: Rheinischer Merkur, 10. Jg. (1955), Nr. 46, S. 6 Tito warf die Maske ab. Der Westen übersah Belgrads Kurswechsel. In: Rheinischer Merkur, 10. Jg. (1955), Nr. 21, S.5 Tito-Verräter und Sieger. In: Weltwoche, 23. Jg. (1955), Nr. 1124, S. 3 Toynbees Judgement on the Jews. In: Commentary, Bd. 19, Nr. 5 (Mai 1955), S. 421427 16 Lange·Enzmann

242

Literaturverzeichnis

Uneinige Russen in Genf. In: Weltwoche, 23. Jg. (1955), Nr. 1131, S. 2 Der Wanderer knüpft den Mantel fester. In: Der Monat, 8. Jg. , Nr. 80 (März 1955), S. 565-567 Was ist Kreml-Astrologie? In: Der Monat, Bd. XIV, 7. Jg., Heft 79 (April 1955), S. 32-39 Who sets Soviet Policy. In: The New Leader, 18. Juli 1955, S. 6-8 Zhukov vs. Konev. Battle ofthe Marshals. In: The New Leader, 30. Mai 1955, S. 3-5 1956 Abkehr vom Stalinismus? In: Zeitwende. Die neue Furche. Hamburg, 27. Jg. (1956), S.450-461 Can Khrushchev survive? In: The New Leader, 2. April 1956, S. 8-10 ChruschtschowsEntstalinisierung. In: Rheinischer Merkur, 11. Jg. (1956), Nr. 13, S.5 Chrustschev greift nach Stalins Szepter. In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1161, S.9 Chrustschevs großer Triumph. In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1164, S. 9 Chrustschew in Gefahr. In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1195, S. 1 Conflict in World Communism. In: The New Leader, 23. Januar 1956, S. 11-12 Degradierung der Politruks in der sowjetischen Armee. In: Wehrkunde. Organ der Gesellschaft für Wehrkunde, 5. Jg. (1956), S. 297-300 Freud und seine Kritiker. In: Der Monat, 9. Jg. (1956), Heft 90, S. 63-75 Gomulka und der Abfall vom Kommunismus. In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1205, S. 7 Ist Krieg das Grundproblem? In: Neues Abendland, 11. Jg. (1956), Heft 1, S. 44-52 Ist Rußland anders geworden? In: Der Monat, Bd. 16, Nr. 93 (1956) S. 12-16 Borkenau, Franz (Hrsg.): Karl Marx. Auswahl und Einleitung von Franz Borkenau. Frankfurt am Main, S. Fischer 1956 Mao auf dem Altenteil. In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1197, S. 9 Moskaus politischer Rückzug. Keine sowjetischen "Freiwilligen" für die Araber. In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1202, S. 9 Der Motor der Entstalinisierung. Tito als Haupt einer neuen Internationale? In: Rheinischer Merkur, 11. Jg. (1956), Nr. 17, S. 3 Der neue Herrscher. In: Rheinischer Merkur, 11. Jg. (1956), Nr. 8, S.5 Polen in Gefahr - was tut der Westen? In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1207, S.9 Das Problem der Machtergreifung des Kommunismus. In: Sowjetstudien. Institut zur Erforschung der UdSSR. München, 1956, Nr. 1, S. 5-19 Rückkehr zum Stalinismus? In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1200, S. 3 Das sowjetische Heer nach dem Parteitag. In: Wehrkunde. Organ der Gesellschaft für Wehrkunde, 5. Jg. (April 1956), S. 173-177 Die Sowjets und die Nah-Ost-Krise. In: Wehrkunde. Organ der Gesellschaft für Wehrkunde, 5. Jg. (1956), S. 571-574 Die Stalin-Debatte in der Sowjetarmee. In: Wehrkunde. Organ der Gesellschaft für Wehrkunde, 5. Jg. (1956), S. 578-579 Suslow: Satelliten müssen Sklaven sein. In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1201, S.9 Tito am Scheideweg. Bildet sich ein polnisch-jugoslawischer Block zur Rettung Ungarns? In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1203, S. 3 The Threat of Polycentrism. In: The New Leader, 30. Juli 1956, S. 14-15

Literaturverzeichnis

243

Tito and the Kremlin Spirit. In: The New Leader, 3. Dezember 1956, S. 6-7 Tito hat Chrustschew in der Hand. In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1170, S. 3 Toynbee and the Culture Cycle. His "Study of History" studied. In: Commentary, Bd. 21, Nr. 3 (März 1956), S. 239-249 Vorboten einer Revolution. In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1206, S. 3 Wie mächtig ist die Sowjetarmee? In: Die Zeit. Wochenzeitung für Politik, Wirtschaft, Handel und Kultur, 11. Jg. (1956), Nr. 14, S. 3 World communism shifts its line. In: Commentary, Bd. 21, Nr. 1 (Januar 1956), S. 716 The Years of Infighting. In: The New Leader, 25. Juni 1956, S. 8-9

1957

Between Issues. In: The New Leader, 10. Juni 1957, S. 2 Bilanz des Sowjetkongresses: Machtzuwachs der Roten Armee. In: Weltwoche, 25. Jg. (1957), Nr. 1228, S. 9 Chruschtschows Großangriff gegen die Manager. In: Weltwoche, 25. Jg. (1957), Nr. 1222, S. 3 Krieg und Politik. Zur Frage der militärisch-politischen Aktion. In: Wehrkunde. Organ der Gesellschaft für Wehrkunde, 6. Jg. (1957), S. 53-58 Nach der ersten revolutionären Welle. In: Weltwoche, 25. Jg. (1957), Nr. 1212, S. 9 Nasser und Gomulka weinen um Schepilow. In: Weltwoche, 25. Jg. (1957), Nr. 1215,

S. 3

Nationalkommunismus und Moskau. In: Die politische Meinung. Monatshefte für Fragen der Zeiten, 2. Jg. (1957), Heft 10, S. 27-38 Ein Sieg Malenkows im Politbüro. In: Weltwoche, 25. Jg. (1957), Nr. 1208, S. 9 Zwei Abhandlungen zur griechischen Mythologie. In: Psyche, April 1957, S. 1-27

1959

Todeskontradiktion und Geschichte. In: Der Monat, 12. Jg. (1959), Dezember (posthum), S. 3-21

1981

End and Beginning. On the Generations of Cultures and the Origins of the West. Mit einer Einführung von Richard LöwenthaI. New York 1981 dt.: Ende und Anfang. Von den Generationen der Hochkulturen und von der Entstehung des Abendlandes. Hrsg. und eingef. v. Richard LöwenthaI. Stuttgart 1984

b) Alphabetisches Verzeichnis Abkehr vom Stalinismus? In: Zeitwende. Die neue Furche. Hamburg, 27. Jg. (1956), S.450-461 After Peace- what? A Programme for Counter Revolution. In: Common Sense, 1940. Vermutlich auch als Monographie. Norman, Oklahoma 1941. Buch war nicht zu beschaffen. After the Atom. In: Horizon, Bd. 16, Nr. 95 (November 1947), S. 230-242

244

Literaturverzeichnis

Der alte und der neue Herr im Kreml. In: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Nr. 11, S.4 An Universal History ofthe World from the Earliest Account of Times to the Present. Unveröff. Maschinenschrift, Phil. Diss. vom 28. November 1924, Leipzig Atomphysik und Tiefenpsychologie. In: Der Monat, 8. Jg. (1955), Heft 81, S. 257-264 Die ausgebliebene Revolution. Von Rosa Luxemburg zur SED. In: Wort und Wahrheit. Monatsschrift für Religion und Kultur, 5. Jg. (1950), S. 821-829 Austria and After. London Mai 1938 Autorität und Sexualmoral in der freien bürgerlichen Jugendbewegung. In: Studien über Autorität und Familie. Paris 1936, unter dem Pseudonym Fritz Jungmann. Bange machen gilt nicht. Eine Darstellung des amerikanisch-sowjetischen Kräfteverhältnisses. In: Die Neue Zeitung, 1948, Seitenzahl unbekannt Barbarische Freundschaft. Deutschland und Sowjetrußland. In: Der Monat, 5. Jg. (1952), Heft 46, S. 414-417 Der Berliner Aufstand und der Kreml. In: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Nr. 26, S. 3 Between Issues. In: The New Leader, 10. Juni 1957, S. 2 Beyond Space and Time. In: Twentieth Century, Bd. 156, November 1954, S. 442-452 Bilanz des Sowjetkongresses: Machtzuwachs der Roten Armee. In: Weltwoche, 25. Jg. (1957), Nr. 1228, S. 9 Bonifatius-Stifter des Abendlandes. In: Neues Abendland, 9. Jg. (1954), Heft 6, S. 323329 Brief an den Herausgeber. In: Horizon, Bd. 5, Nr. 2 (Mai 1942), S. 365-366 Can Khrushchev survive? In: The New Leader, 2. April 1956, S. 8-10 Can we negotiate with Malenkow. In: The Tablet, Mai 1953, Seitenzahl unbekannt The Chances of a Mao-Stalin rift. Will China's communist take the Tito road? In: Commentary, New York, Bd. 14, Nr. 2 (August 1952), S. 117-123 Chrustschev greift nach Stalins Szepter. In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1161, S.9 Chrustschevs großer Triumph. In: WeItwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1164, S. 9 Chrustschew in Gefahr. In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1195, S. 1 ChruschtschowsEntstalinisierung. In: Rheinischer Merkur, 11. Jg. (1956), Nr. 13, S.5 Chruschtschows Großangriff gegen die Manager. In: Weltwoche, 25. Jg. (1957), Nr. 1222, S. 3 Chruschtschows persönliche Blamage. Der innerparteiliche Hintergrund des BeIgradBesuches. In: Rheinischer Merkur, 10. Jg. (1955), Nr. 24, S. 5 Comintern in Retrospect. In: Dublin Review, Bd. 213 (Juli 1943), S. 36-45 The Communist Crisis. In: Encounter 11, Januar 1954, S. 60-64 The Communist International. London 1938; US-Version: World Communism. A History of the Communist International. New York 1938, 1939; 2. Aufl. 1963; Neudr. mit einer Einführung von Raymond Aron. Ann Arbor 1962 The Concept of Death. In: Twentieth Century, Bd. 157, April 1955, S. 313-329 Conflict in World Communism. In: The New Leader, 23. Januar 1956, S. 11-12 Curso de Civilizaci6n. In: Universidad-Panama, Bd. I, 1936, S. 77-82

Literaturverzeichnis

245

Degradierung der Politruks in der sowjetischen Armee. In: Wehrkunde. Organ der Gesellschaft für Wehrkunde, 5. Jg. (1956), S. 297-300 Der dialektische Materialismus. Besprechung zu Gustav A. Wetter: Der dialektische Materialismus. Frankfurt 1952. In: NeuesAbendland, 9. Jg. ,Heft2 (Februar 1954), S. 117-120 Doppelsäuberung in der Tschechoslowakei. In: Ost-Probleme Informationsblatt über Weltkommunismus. Frankfurt! Main, 3. Jg. (1951), S. 1511-1514 Drei Abhandlungen zur deutschen Geschichte. Frankfurt am Main 1947 Ein kurzer Tag. In: Neues Abendland, 10. Jg. (1955), Heft 1, S. 15-24 Ein Sieg Malenkows im Politbüro. In: Weltwoche, 25. Jg. (1957), Nr. 1208, S. 9 End and Beginning. On the Generations of Cultures and the Origins of the West. Mit einer Einführung von Richard LöwenthaI. New York 1981 dt. : Ende und Anfang. Von den Generationen der Hochkulturen und von der Entstehung des Abendlandes. Hrsg. und eingef. v. Richard LöwenthaI. Stuttgart 1984 Entwicklung und Hintergründe der sowjetischen militärischen Planung. In: Nation Europa. Monatsschrift im Dienst der europäischen Erneuerung, 5. Jg (1955), Heft 11, S. 9-19 Entwicklung und Hintergründe der sowjetischen militärpolitischen Konzeption. In: Wehrkunde. Organ der Gesellschaft für Wehrkunde, 4. Jg. (1955), Heft 10, S. 438 ff. Europe Changes in Hungary. In: The Tablet, Juli 1953, Seitenzahl unbekannt Der europäische Kommunismus. Seine Geschichte von 1917 bis zur Gegenwart. Bern, München 1952 European Communism. London 1953; New York 1953 Fascisme et syndicalisme. In: Annales d'histoire economique et sociale. Paris, 6. Jg. (1934), Nr. 28, S. 337-350 Die Fresken von San Clemente. In: Der Monat, 7. Jg. (1954), Nr. 65, S. 511-519 Freud und seine Kritiker. In: Der Monat, 9. Jg. (1956), Heft 90, S. 63-75 The German Problem. Rezension zu Rohan D. Butler: The Roots of National Socialism. In: Dublin Review, 4. Series, Bd. 209 (Oktober 1941), S. 189-197 Die germanischen Götter- Legende und Wirklichkeit. In: Neues Abendland, 10. Jg. (1955), Heft 8, S. 451-462 Getting at the facts behind the Soviet facade. In: Commentary, Bd. 17 Nr. 4 (April 1954), S. 393-400 Gomulka und der Abfall vom Kommunismus. In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1205, S. 7 Der Gott der keiner war. Mit einem Vorwort von Richard Crossmann und einem Nachwort von Franz Borkenau. Köln 1950, 1952 Gratiserfolg für Moskau und Peking. In: Weltwoche, 22. Jg. (1954), Nr. 1088, S. 1-2 Die Grenzen der Wunschträumerei. In: Forum, 15. Dezember 1955, S. 422-426 Griechische Partisanen. In: Ost-Probleme, Bd. I1, Heft 44 (1950), S. 1391-1395 Der "große rote Führer". In: Rheinischer Merkur, 4. Jg. (1949), Nr. 51, S. 1-2

246

Literaturverzeichnis

Hat sich der Kommunismus gewandelt? Koexistenzparole und kommunistische Parteigeschichte. In: Rheinischer Merkur, 10. Jg. (1955), Nr. 39, S. 5 How deal with Franco. In: Commentary, Bd. 12 (Dezember 1951), S. 533-541 Hundert Jahre Marxismus. In: Merkur. Deutsche Zeitschrift für Europäisches Denken, 3. Jg., Heft 3 (März 1948), S. 321-333 I helped to build an Army. Civil War Memoirs of a Spanish Staff Officer, by Martin Blaquez, Jose, with an Introduction by F. Borkenau, ed. by Franz Borkenau. London 1939 Im Blick auf Genf. In: Rheinischer Merkur, 2. April 1954, S. 5 Ist Krieg das Grundproblem? In: Neues Abendland, 11. Jg. (1956), Heft 1, S. 44-52 Ist Rußland anders geworden? In: Der Monat, Bd. 16, Nr. 93 (1956) S. 12-16 Das Jahr 1917. Wirklichkeit und Legende der Russischen Revolution. Berlin 1952 (Sonderdruck zu Der Monat) Der Kampf um die Sowjet-Armee. Stalins Nachfolger wirbt um die Gunst der Generäle. In: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Nr. 10, S. 3 Der Kampf um Stalins Nachfolge. Hintergründe der "Säuberungen" im Ostblock. In: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Nr. 5, S. 4 Karl Marx. Auswahl und Einleitung von Franz Borkenau, hrsg. von Franz Borkenau. Frankfurt am Main, 1956 Kegeln um Köpfe. Mit Abakumows Todesurteil zielte Chruschtschow auf Malenkow. In: Rheinischer Merkur, 10. Jg. (1955), Nr. 5, S. 4 Ketzerei in Ungarn. In: Weltwoche, 22. Jg. (1954), Nr. 1098, S. 1-2 Klassenbewußtsein. In: Zeitschrift für Sozialismus, Jg. 1, Nr. 5 (Februar 1934), S. 152159, unter dem Pseudonym Ludwig Neureither Koexistenz - wie aufrichtig? In: Weltwoche, 23. Jg. (1955), Nr. 1137, S. 1-2 Der Kommunismus in West-Europa. Rheinischer Merkur, 4. Jg. (1949), Nr. 38, S. 9 und 12 Konflikt im Weltkommunismus. Kampf zwischen den drei Zentren: Moskau, Peking, Belgrad. In: Die Zeit. Wochenzeitung für Politik, Wirtschaft, Handel und Kultur, 11. Jg. (1955), Nr. 79, S. 4 Krieg und Politik. Zur Frage der militärisch-politischen Aktion. In: Wehrkunde. Organ der Gesellschaft für Wehrkunde, 6. Jg. (1957), S. 53-58 Malenkow und Chrustschew buhlen um die Rote Armee. In: Weltwoche, 22. Jg. (1954), Nr. 1077, S. 1-2 Mao auf dem Altenteil. In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1197, S. 9 Mao Tse-Tung. In: Twentieth Century, Bd. 153, Nr. 906 (August 1952), S. 138-147 Marschälle im Kreml. Chruschtschow ist nicht Stalins Nachfolger. In: Rheinischer Merkur, 10. Jg., Nr. 8 (18. Februar 1955), S. 4 Marx Prophecy in the Light ofHistory. In: Commentary, Bd. VII (May 1949), S. 430436 Mißerfolg des Atheismus. In: Neues Abendland, 9. Jg. (1954), Heft 10, S. 587-594

Literaturverzeichnis

247

Mit dem Osten verhandeln? Der Osten ist jetzt nicht verständigungsbereit. In: Rheinischer Merkur, 9. Jg. (1954), Nr. 25, S. 5 Molotow der Kanzlist. In: Weltwoche, 23. Jg. (1955), Nr. 1133, S. 3 Molotow, der Kreml und die Viererkonferenz. Die Gründe für die unelastische Politik der Sowjets. In: Rheinischer Merkur, 9. Jg. (1954), Nr. 7, S. 6 Molotow und Tito. Eine Selbstbezichtigung und ihre Hintergründe. In: Rheinischer Merkur, 10. Jg. (1955), Nr. 44, S. 5 Moskaus "Friedensengel" in Berlin. In: Rheinischer Merkur, Jg. Vli, Heft 18, 1953, S. 6 Moskaus politischer Rückzug. Keine sowjetischen "Freiwilligen" für die Araber. In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1202, S. 9 Der Motor der Entstalinisierung. Tito als Haupt einer neuen Internationale? In: Rheinischer Merkur, 11. Jg. (1956), Nr. 17, S.3 Mut am rechten Ort. Nationalismus in Deutschland. In: Der Monat, 1. Jg. (1948/49) Heft 8/9, S. 60-64 The Myth of Prussia. In: Political Quaterly, Bd. Xli, April 1942, S. 193-205 Nach der Atombombe. In: Der Monat, 1. Jg. (1948/49) Heft 1, S. 9-16 Nach der ersten revolutionären Welle. In: Weltwoche, 25. Jg. (1957), Nr. 1212, S.9 Nasser und Gomulka weinen um Schepilow. In: Weltwoche, 25. Jg. (1957), Nr. 1215,

S. 3

Nationalkommunismus und Moskau. In: Die politische Meinung. Monatshefte für Fragen der Zeiten, 2. Jg. (1957), Heft 10, S. 27-38 Der neue Herrscher. In: Rheinischer Merkur, 11. Jg. (1956), Nr. 8, S. 5 Die neue Komintern. In: Der Monat, 1. Jg. (1948/49) Heft 4, S. 50-60 Die neuen Marschälle des Kreml. Kräftegleichgewicht in der Sowjetarmee. In: Rheinischer Merkur, 10. Jg. (1955), Nr. 13, S. 5 Neues über die "Borotbisti". In: Ost-Probleme, 7. Jg. (1955), Nr. 6, S. 246-247 The New German Empire. Harmondsworth, Middlesex 1939, New York 1939 The New Phase in Eastern Europe. In: The Tablet, 1953, Seitenzahl unbekannt New Politics. In: J. R. M. Brumell (Hrsg:): This changing World. London 1944, S. 148-159 Noch einmal Klassenbewußtsein. In: Zeitschrift für Sozialismus, Jg. 1, Nr. 10 (Juli 1934), S. 325-329, unter dem Pseudonym Ludwig Neureither On the Chanson de Roland. In: Twentieth Century, London, Bd. 154, Nr. 917 (Juli 1953), S. 62-76 On Lutheranism. In: Horizon, Bd. 10, Nr. 57 (September 1944), S. 162-176 Origen de la Filosofia de la cienca modernas. In: Universidad-Panama 1936, Heft 1, S. 3-16 Oswald Spengler. In: Dublin Review, Bd. 215 (Juli 1944), S. 1-11 Our Best Bets in Europe. In: The New Leader, 19. Februar 1951, S. 8-10 Paradoxie der Sowjetwirtschaft. Die Erweiterung der Konsumgüterindustrie bringt neue Schwierigkeiten. In: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Nr. 38, S. 3

248

Literaturverzeichnis

Pareto. London 1935, New York 1936, nachgedr. Westport 1976, span.: Pareto. Mexiko 1941 The Peking-Moskow axis and the Western alliance. In: Commentary, Bd. 18 Nr. 6 (Dezember 1954), S. 513 -521 Pjotr F. Judin, der politische Berater Tschuikows. In: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Nr. 18, S. 6 Polen in Gefahr - was tut der Westen? In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1207, S.9 Das Problem der deutschen Geschichte. In: Die Literatur der Gegenwart, 1948, Heft 2, S. 19-22 Das Problem der Machtergreifung des Kommunismus. In: Sowjetstudien. Institut zur Erforschung der UdSSR. München, 1956, Nr. I, S. 5-19 Die Problematik der Achse Moskau-Peking. In: Ost-Probleme, 7. Jg. (1955), Nr. 9, S. 357-365 Reckentum und Staatspflicht. Eine Untersuchung zum Französischen Rolandslied. In: Neues Abendland, 8. Jg. (1953), Heft 11, S. 665-679 Reds declare War on Chinas Peasants. In: The New Leader, 28. November 1955, S. 3-4 Regards sur la societe post-stalinienne. In: Preuves, Nr. 27, Mai 1953, S. 46-50 Regimewechsel im Kreml. Malenkow im Ringen um die Alleinherrschaft. In: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Nr. 13, S. 3 Return to old Values. In: Twentieth Century, Bd. 148 (November 1950), S. 300-305 Die Revolution der Manager. In: Merkur 3. Jg., Heft 5 (Mai 1949), S. 487-494 Die Revolution im 20. Jahrhundert. In: Der Arbeitgeber. Zeitschrift der Vereinigung der Arbeitgeber-Verbände. Düsseldorf, 1951, Nr. 24 (1), S. 24-28 Revolution oder Konterrevolution? Das Sowjetregime innen- und agrarpolitisch in der Sackgasse. In: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Nr. 41, S. 3 Rezension zu R. Behrendt: Politischer Aktivismus., Leipzig 1932. In: Zeitschrift für Sozialforschung, 1932, Bd. I, S. 178-179 Rezension zu Rohan D. Butler: The Roots of National Socialism. In: The Tablet, 10. Januar 1942, Seitenzahl unbekannt Rezension zu Norbert Elias: Über den Prozeß der Zivilisation. Bd. I. Bäle 193. In: Sociological Review, Bd. XXX, 1938), S. 308-311 Rezension zu Norbert Elias: Über den Prozeß der Zivilisation. Bd. 11. Bäle 1939. In: Sociological Review, Bd. XXXI, Nr. 4 (Oktober 1939), S. 450-452 Rezension zu Erich Fromm: Die Entwicklung des Christusdogmas. In: Zeitschrift für Sozialforschung, 1932, Bd. I, S. 174-175 Rezension zu: Erich Fomm: The Fear of Freedom. In: Horizon, Bd. 7, Nr. 39 (März 1943), S. 203-210 Rezension zu: Gründer der Soziologie. Eine Vortragsreihe unter Mitwirkung von G.L. Duprat, H. Freyer, A. Meusel, F.K. Mann, L. v. Wiese und M. Weber, Jena 1932. In: Zeitschrift für Sozialforschung, 1932, Bd. I, S. 412 Rezension zu Karl Korsch: Karl Marx. London 1938, In: Sociological Review, Bd. XXXI, Nr. 1 (Januar 1939), S. 117-119 Rezension zu L. Lublienski: Die Grundlagen des ethisch-politischen Systems von Hobbes, München 1932. In: Zeitschrift für Sozialforschung, 1932, Bd. I, S. 419-420

Literaturverzeichnis

249

Rezension zu: Marx-Engels Archiv. Zeitschrift des Marx-Engels-Instituts in Moskau. ll. Bd. Frankfurt 1927. In: Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung, XV. Jg. 1930, S. 311-313 Rezension zu Marx-Engels Gesamtausgabe, I. Abt., Bd. I, I. Halbband. Frankfurt am Main 1927. In: Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung, XIV. Jg. 1929, S. 485-489 Rezension zu: Neudrucke marxistischer Seltenheiten. Leipzig 1929, Bd. m und IV. In: Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung, XV. Jg. 1930, S. 313-315 Rezension zu: A. Schütz: Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt, Wien 1932. In: Zeitschrift für Sozialforschung, 1932, Bd. 1, S. 415-416 Rezension zu Robert Vansittard: Black Record. Germans past and present; sowie Rohan D. Butler: The Roots ofNational Socialism. In: Horizon, Bd. 5, Nr. 27 (März 1942), S.21O-218 Rezension zu E. A. Voigt: Unto Caesar. Constable 1938. In: Sociological Review, Bd. XXX, Nr. 1 (Januar 1939), S. 421-424 Rezension zu: A. Weinberg: Hexensabbat. Frankfurt am Main, 1952. In: Ost-Probleme, Bd. IV, Heft 7, 1952, S. 218-220 Rote Skipetaren. Rezension zu Julian Amery: Sons of the Eagle. London 1948. In: Der Monat, 3. Jg. (1950) Heft 27, S. 308-312 Rückkehr zu alten Werten? In: Der Monat, 3. Jg. (1950) Heft 22-23, S. 411-417 Rückkehr zum Stalinismus? In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1200, S. 3 Der russische Bürgerkrieg 1918-1921. Von Brest-Litowsk zur NEP. Berlin 1954 Die Schdanow-Krise, In: Merkur. 6. Jg. (1952), Nr. 6, S. 562-578 Scheitert Malenkow an der Nationalitätenfrage? Der Hintergrund von Berjas Sturz. Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Nr. 30, S. 5 The Situation in Spain. In: Nineteenth Century and After. London, Bd. 125, März 1939, S. 295-302 Socialism, National or International. London 1942 Some Sources ofModern Europe. In: Twentieth Century, Bd. 154. Nr. 922 (Dezember 1953), S. 426-493 Die Sonderart des chinesischen Kommunismus. In: Außenpolitik. Zeitschrift für internationale Fragen, 3. Jg. (1952), S. 374-383 Sorel, Pareto, Spengler: Three Fascist Philosophers. In: Horizon, Bd. 5, Nr. 30 (Juni 1942, S. 420-431 Die Sowjets. Strategie im Kalten Krieg. In: Mitteilungen der wirtschaftspolitischen Gesellschaft, 1953, S. 13-18 (Ztschr. ab 1953, Nr. 28 ff unter dem Titel: Offene Welt. Mitteilungen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft) Das sowjetische Heer in der Politik. In: Wehrkunde. Organ der Gesellschaft für Wehrkunde, 4. Jg. (1955), Heft 5, S. 183-189 Das sowjetische Heer nach dem Parteitag. In: Wehrkunde. Organ der Gesellschaft für Wehrkunde, 5. Jg. (April 1956), S. 173-177 Die Sowjetrevolution in der Sackgasse. Partei, Armee und neue "Staatsbourgeoisie" nach Stalins Tod. In: Wort und Wahrheit. Monatsschrift für Religion und Kultur, 10. Jg. (1955), S. 417-418 17 lange-Enzmann

250

Literaturverzeichnis

Die Sowjets und die Nah-Ost-Krise. In: Wehrkunde. Organ der Gesellschaft für Wehrkunde, 5. Jg. (1956), S. 571-574 The Spanish Cockpit. An Eye Wittness Account of the Political and Social Conflict of the Spanish Civil War. London 1937; 3. Aufl. 1974; Neudruck: Ann Arbor 1963 dt.: Kampfplatz Spanien. Politische und soziale Konflikte im Spanischen Bürgerkrieg. Ein Augenzeugenbericht. Stuttgart 1982 Spengler weitergedacht. In: Der Monat, 8. Jg., Nr. 87 (Oktober 1955), S. 46-55 Spezialist für Gleichschlatung. V. Alexandrowitsch Sorin, Moskaus Botschafter für Bonn. In: Rheinischer Merkur, 10. Jg. (1955), Nr. 46, S. 6 Der Spötter als Panegyriker. Bemerkungen zu E.H. Carrs "Geschichte Sowjetrußlands. In: Der Monat, München, 4. Jg. (1951), Nr. 36, S. 606-615 Staat und Revolution. In: Zeitschrift für Sozialismus, Jg. 1, Nr. 6 (März 1934), S. 180185, unter dem Pseudonym Ludwig Neureither Stalin im Schafspelz. Zu einer neuen Biographie von Isaac Deuscher. In: Der Monat, 1. Jg. (1948/49) Heft 14, S. 203-210 Stalin und Trotzki. Zur Metamorphose des Bolschewismus. In: Wort und Wahrheit. Monatsschrift für Religion und Kultur. Wien, 4. Jg. (1949), S. 892-903 Die Stalin-Debatte in der Sowjetarmee. In: Wehrkunde. Organ der Gesellschaft für Wehrkunde, 5. Jg. (1956), S. 578-579 Stalinismus - und was weiter? In: Neues Abendland, 8. Jg. (1953), Heft 4, S. 207-218 Stalins politische Technik. In: Rheinischer Merkur, 5. Jg. (1950), Nr. 39, S. 9 State and Revolution in the Paris Commune, the Russian Revolution and the Spanish Civil War. In: Sociological Review. London, Bd. 29 (1937), Nr. 41, S.41-75 Suslow: Satelliten müssen Sklaven sein. In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1201, S.9 Technik und Fortschritt. In: Merkur. 3. Jg., Heft 7 (Juli 1949), S. 625-637 The Threat of Polycentrism. In: The New Leader, 30. Juli 1956, S. 14-15 Tito-Verräter und Sieger. In: Weltwoche, 23. Jg. (1955), Nr. 1124, S. 3 Tito am Scheideweg. Bildet sich ein polnisch-jugoslawischer Block zur Rettung Ungarns? In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1203, S. 3 Tito and the Kremlin Spirit. In: The New Leader, 3. Dezember 1956, S. 6-7 Titos Aufstieg. Literaturbericht. In: Ost-Probleme, 3. Jg. (1951), S. 56-63 Tito hat Chrustschew in der Hand. In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1170, S. 3 Tito und die kommunistischen Häresien. In: Merkur, 4. Jg. (1950), Heft 3, S. 241-252 Tito warf die Maske ab. Der Westen übersah Belgrads Kurswechsel. In: Rheinischer Merkur, 10. Jg. (1955), Nr. 21, S. 5 Todeskontradiktion und Geschichte. In: Der Monat, 12. Jg. (1959), Dezember (posthum veröff.), S. 3-21 The Totalitarian Enemy. London 1940; Reprint 1982 Toynbee and the Culture Cyde. His "Study of History" studied. In: Commentary, Bd. 21, Nr. 3 (März 1956), S. 239-249 Toynbees Judgement on the Jews. In: Commentary, Bd. 19, Nr. 5 (Mai 1955), S. 421427

Literaturverzeichnis

251

Der Übergang vorn feudalen zum bürgerlichen Weltbild. Studien zur Geschichte der Philosophie der Manufakturperiode. Schriften des Instituts für Sozialforschung. Paris 1934; nachgedr. Darmstadt: 1971; 1980; neu aufgelegt New York 1975 Um Stalins Ende. Zu Salisburys Moskauer Enthüllungen. In: Rheinischer Merkur, 9. Jg. (1954), Nr. 47, S.5 Un essai d'analyse historique. Crise des partis socialistes dans l'Europe contemporaine. In: Annales d'histoire economique et sociale. Paris, 7. Jg. (1935), S. 337-352 Un riyal de Stalin: Mao Tse Toung. In: Preuves, Bd. 11, 22. Dezember 1952, S. 43-49 Unbesiegte Religion in Russland. In: Weltwoche, 22. Jg. (1954), Nr. 1094, S. 1-2 Uneinige Russen in Genf. In: Weltwoche, 23. Jg. (1955), Nr. 1131, S. 2 Unzeitgenössisches Spanien. In: Merkur, 4. Jg. (1950), Heft 11, S. 1141-1150 Der Utopist wider Willen. Geschichtsschreibung als Realpolitik. In: Der Monat, Heft 44, 1952, S. 214-216 Verrostete Folterkammer. Die Anklage gegen Berja. In: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Nr. 52, S. 5 Vorn Kreislauf der Eliten. Zum 30. Todestag Vilfredo Paretos In: Der Monat, 6. Jg. (1953), August 1953, S. 493-502 Von Marx bis Stalin. In: Der Fährmann. Zeitschrift für junge Christen. Freiburg 1949, Nr. 4, S. 9-10 Von Marx bis Stalin. Rezension zu: Kommunismus. Schweizer Rundschau, Sonderheft 1948. Zürich. In: Der Monat, 1. Jg. (1948/49) Heft 5, S. 98-100 Vor neuem Gemetzel in der Sowjetunion. Die Rückkehr Ignatiews und des Antisemitismus. In: Rheinischer Merkur, 9. Jg. (1954), Nr. 20, S. 9 Vorboten einer Revolution. In: Weltwoche, 24. Jg. (1956), Nr. 1206, S. 3 Der Wanderer knüpft den Mantel fester. In: Der Monat, 8. Jg. , Nr. 80 (März 1955), S.565-567 Was bedeutet Semjonows Sieg? Malenkow im Ringen um die Alleinherrschaft. In: Rheinischer Merkur, 8. Jg. (1953), Nr. 23, S. 3 Was Malenkow behind the anti-semitic plot? In: Commentary, Jg. 15 (1953), Nr. 5, S.438-446 Warum Berlin scheitern mußte. In: Rheinischer Merkur, 9. Jg., 26. Februar 1954, S.5 Was ist Kreml-Astrologie? In: Der Monat, Bd. XIV, 7. Jg., Heft 79 (April 1955), S.32-39 Who sets Soviet Policy. In: The New Leader, 18. Juli 1955, S. 6-8 Wie mächtig ist die Sowjetarmee? In: Die Zeit. Wochenzeitung für Politik, Wirtschaft, Handel und Kultur, 11. Jg. (1956), Nr. 14, S. 3 Will Spain fight? In: Human Events, 8. Jg. (1951), Nr. 30, S. 1-4 Will Technology destroy Civilization? In: Cornmentary, Januar 1951 World communism shifts its line. In: Commentary, Bd. 21, Nr. 1 (Januar 1956), S. 716 The Years of Infighting. In: The New Leader, 25. Juni 1956, S. 8-9 Zhukov vs. Konev. Battle ofthe Marshals. In: The New Leader, 30. Mai 1955, S. 3-5 Zur Frage der Arbeiterpriester. In: Neues Abendland, 9. Jg. (1954), Heft 1, S. 23-29

252

Literaturverzeichnis

Zur Geschichte der demokratischen Ideologie. In: Zeitschrift für Öffentliches Recht. Wien 1933, Bd. 8, S. 336-355 Zur Methode der Sowjetforschung. In: Philosophisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft, 62. Jg. (1953), S. 394-406 Zur Soziologie des Faschismus. In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik. Tübingen 1933, Bd. 68, Heft 5, S. 513-547 Zur Soziologie des mechanistischen Weltbildes. In: Zeitschrift für Sozialforschung. Frankfurt am Main 1932, Bd. I, S. 311-335 Zwei Abhandlungen zur griechischen Mythologie. In: Psyche, April 1957, S. 1-27 Zwei Revolutionäre. Rezension zu Bertram D. Wolfe: Three who made a Revolution. Bd. I, New York 1948. In: Der Monat, 3. Jg. (1950) Heft 25, S. 19-29 Zwischen Rot und Braun. Rezension zu Margarete Buber-Neumann: Als Gefangene bei Stalin und Hitler. In: Der Monat, 1. Jg. (1948/49) Heft 6, S. 95-97

2. Sekundärliteratur a) Veröffentlichungen BaLlestrem, Karl Graf: Aporien der Totalitarismustheorie. In: Politisches Denken. Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft zur Erforschung des Politischen Denkens. Bd. 1 (1991/92), S. 50-67 - Carl Schmitt und der Nationalsozialismus. Ein Problem der Theorie oder des Charakters?: In: Oscar W. Gabriel, U1rich SarcineLli, Bernhard Sutor, Bernhard Vogel (Hrsg.): Der demokratische Verfassungsstaat. Theorie, Geschichte, Probleme. Festschrift für Hans Buchheim zum 70. Geburtstag. S. 115-132 - Karl Marx und Adam Smith. Critical Remarks about the Critique of Political Economy. In: James O'Rourke u. a. (Hrsg.): ContemporaryMarxism. 1984, S. 21-38 Beckerath, Erwin: Fascismus und Bolschewismus. In: Volk und Reich der Deutschen. 3. Bd., Berlin 1929, S. 134 ff Berelson, Bernard, Paul F. Lazarsjeld, WilIiam N. Me Phee: Demokratische Praxis und demokratische Theorie. In: Frank Grube, Gerhard Richter: Demokratietheorien. Konzeptionen und Kontroversen. 1975, S. 95-103 Bernecker, Walter L.: Die soziale Revolution im Spanischen Bürgerkrieg. Historischpolitische Positionen und Kontroversen. München 1977 Bernstein, Eduard: Die Voraussetzungen des Sozialismus. Hamburg 1969 Blachey, F.F. und E. Oatmann: Introduction to Comparative Government. New York 1938 Bousquet, Georges Henri: Apropos de Marie Metenier, mere de V. Pareto. Faits et reflexions. In: Cahiers Vilfredo Pareto, Nr. 15, 1968, S. 223-229 Bracher, Karl Dietrich: Demokratie und Ideologie im 20. Jahrhundert. Bonner Akademische Reden. Bd. 27, Bonn 1982 - Der umstrittene Totalitarismus. Erfahrung und Aktualität. In: ders.: Zeitgeschichtliche Kontroversen um Faschismus, Totalitarismus, Demokratie. München 2. Aufl. 1976, S. 33-61

Literaturverzeichnis

253

Brinton, Crane: Die Revolution und ihre Gesetz. Frankfurt 1959 Butler, Rohan D.: Brief an den Herausgeber. In: Horizon, Bd. 5, Nr. 2 (Mai 1942), S. 362-365

Buttinger, Joseph. Am Beispiel Österreichs. Ein geschichtlicher Beitrag zur Krise der Sozialistischen Arbeiterbewegung. Köln 1953

Coleman, Peter: The Liberal Conspiracy. The Congress for Cultural Freedom and the Struggle for the Mind of Postwar Europe. New York 1989

Crossman, Richard (Hrsg.): Ein Gott der keiner war. Zürich 1950 Dawson, C.: Determinisme social et Liberte formelle. In: Revue Internationale de Sociologie. Paris, Bd. 42, 1934, S. 372 ff

Detjen, Claus, Karl Hugo Pruys: Nachricht. In: Kurt Koszyk, Karl Hugo Pruys (Hrsg.): Handbuch der Massenkommunikation. München 1981, S. 195-203

Denzer, Horst: Bodin. In: Klassiker des Politischen Denkens. Bd. I: Von Plato bis Hobbes. München, 6. Aufl. 1986, S. 245-265

Dijksterhuis, Eduard 1.: Die Mechanisierung des Weltbildes. Berlin, Göttingen, Heidelberg 1956

Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hrsg.): Für Spaniens Freiheit.

Österreicher an der Seite der Spanischen Republik 1936-1939. Eine Dokumentation. Wien 1986 (zitiert als DÖW).

Eichner, Hans: Internierungslager und Lageruniversität. In: Egon Schwarz, Matthias Wegner (Hrsg.): Verbannung. Aufzeichnungen deutscher Schriftsteller im Exil. Hamburg 1964. S. 115-121

Eisermann, Gottfried: Vilfredo Pareto. Ein Klassiker der Soziologie. Tübingen 1987 Engels, Friedrich: Friedrich Engels an Joseph Bloch. In. MEW, Bd. 37, S. 462-465

- Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft. In: MEW, Bd. 20, S. 5-306 - Vorwort von 1895 zu Karl Marx: Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848 bis 1850, MEW, Bd. 7, S. 511-527 Euchner, Walter: Locke. In: Klassiker des politischen Denkens. Bd. 11.: Von Locke bis Max Weber. München, 5. Aufl. 1987, S. 9-26 Evans-Pritchard, E. E.: Pareto. By Franz Borkenau. In: The Sociological Review. Vol. 29 (1937), S. 426

Febvre, Lucien: Fondations economiques, superstructure philosophique: un synthese. In: Annales d'histoire economique et sociale. Paris 6. Jg. (1934), S. 369-374

Fischer, Louis: In: Ein Gott der keiner war. Zürich 1950. S. 205-239 Fraenkel, Ernst: Der Doppelstaat. Frankfurt am Main, Köln 1974. Rückübersetzung des

1941 veröffentlichten The Dual State - Strukturdefekte der Demokratie und deren Überwindung. In: ders., Kurt Sontheimer, Bernard Crick: Beiträge zur Theorie und Kritik der pluralistischen Demokratie. Schriften der Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn 1969, S. 3-16. Erstmals erschienen in: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament. Nr. 9/64 vom 26.2.1964.

254

Literaturverzeichnis

Freudenthal, Gideon: Atom und Individuum im Zeitalter Newtons. Zur Genese der mechanistischen Natur-und Sozialphilosophie. Frankfurt 1982 Friedrich, C. J.: Totalitäre Diktatur. Stuttgart 1957 Funke, Manfred: Erfahrung und Aktualität des Totalitarismus - Zur defmitorischen Sicherung eines umstrittenen Begriffs moderner Herrschaftslehre. In: Bayerische LandeszentralejUr Politische Bildung (Hrsg.): Totalitarismus contra Freiheit. Begriff und Realität. München 1988. S. 44-62 Garaudy, Roger: Marxismus im 20. Jahrhundert. Reinbek 1969 Goetz, Helmut: Über den Ursprung des Totalitarismusbegriffs in Italien. In: Neue Züricher Zeitung, Nr. 73, 28.129. 03. 1976, S. 25 Grossmann, Henryk: Die gesellschaftlichen Grundlagen der mechanistischen Philosophie und die Manufaktur. In: Zeitschrift für Sozialforschung. IV, 2 (1935), S. 161-231. Gurian, Waldemar: Der Bolschewismus. Einführung in Geschichte und Lehre, Freiburg i. Br. 1931 Habermas, Jürgen: Hegels Kritik der französischen Revolution. In: ders.: Theorie und Praxis. Frankfurt 1971, S. 128-147 - Theorie und Praxis. Neuwied, Berlin 1969 Hartshorne Jr., E. Y.: Rezension zu Franz Borkenau: Der Übergang .... In: International Journal of Ethics. 45. Vol (1934/35), S. 476-478 Heller, Herrmann: Europa und der Fascismus. 1929, hier 2. veränderte Auflage, Berlin 1931 Hennis, Wilhelm: Verfassung und Verfassungswirklichkeit. Ein deutsches Problem. Tübingen 1968 Hessen, B.: Die sozialen und ökonomischen Wurzeln von Newtons 'Principia'. Nachdruck in: P. Weingart (Hrsg.): Wissenschaftssoziologie, Bd. 2, Frankfurt am Main 1974. Horkheimer, Max: Anfänge der bürgerlichen Geschichtsphilosophie. Stuttgart 1930 Hughes, H. Stuart: Consciousness and Society. The Reorientation of European Social Thought 1890-1930. New York 1958, S. 260-261 Institut jUr Zeitgeschichte, München, Research Foundation oj Jewish Emigration Inc., New York: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933, Bd. 1. München, New York, London, Paris 1980. Internationales Biographisches Archiv (Munzinger Archiv): Franz Borkenau. Eintrag vom 10. 8, 1957 Jäger, Wolfgang: Lenin. Das revolutionäre Ziel als Opfer der revolutionären Mittel. In: Dieter Oberndörfer, Wolfgang Jäger: Marx-Lenin-Mao: Revolution und neue Gesellschaft. Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1974, S. 70-82 Jaroslawski, Jan: Theorien der sozialistischen Revolution. Von Marx bis Lenin. Hamburg 1973 Jay, Martin: The Dialectical Imagination. A History of the Frankfurt School and the Institute of Social Research 1923-1950. Boston, Toronto 1973 Johnson, Chalmers: Revolutionstheorie. Köln, Berlin 1966

Literaturverzeichnis

255

Iones, William David: Before the Cold War. On the origins, development and varieties of leftwing anti-totalitarianism as shown in the writings of selected german socialist intellectuals, 1928-1944. Diss. Claremont, California, 1992 Kautsky, Karl: Bernstein und das sozialistische Programm. Eine Antikritik. Berlin 1979. Erstmals veröff. 1899 - Eine Diskussionsgrundlage. In: Sozialistische Revolution. Monatsschrift für die Probleme des Sozialismus. Jg. I, Nr. 1 (Oktober 1933), S. 50-58. Die Zeitschrift erschien ab Heft 2 unter dem Titel "Zeitschrift für Sozialismus". Kessel, Eberhard: Vom Neubeginn der Historie an der Philipps-Universität nach dem Zweiten Weltkrieg. In: Marburger Universitätsbund e.V. (Hrsg.): Alma Mater Philippina. Wintersemester 1978/79, S. 13-16 Koestler, Arthur. In: Richard Crossman (Hrsg.): Ein Gott der keiner war. Zürich 1950, S. 21-82 Kohn, Hans: Communistand Fascist Dictatorship. A ComparativeStudy. In: G. S. Ford (Hrsg.): Dictatorship in the Modern World. Minneapolis 1935. Hier in dt. Übersetzung genutzt in B. Seidel, S. lenker (Hrsg.): Wege der Totalitarismusforschung. Darmstadt 1968, S. 49-63 I. d.: Kapitalismus und mechanistische Naturwissenschaft. In: Der Kampf. Sozialistische Revue, 3. Jg. (1936), Nr. 6, S. 257-260 Lane, James: An Analysis of some critics of Paretos Sociology. In: Sociological Analysis Nr. I, 1972/73, S. 16-37 Lasswell, Harold D.: Introduction: The Study of Political Elites. In: Harold D. Lasswell, Daniel Lerner (Hrsg.): World Revolutionary Elites. Studies in Coercive Ideological Movements, Camebride, London, 1965. S. 3-28 - The World Revolution of our Time. A Framework for Basic Policy Research. In: Harold D. Lasswell, Daniel Lerner: World Revolutionary Elites. Studies in Coercive Ideological Movements. Camebridge, London 1965. S. 29-96 Lasswell, Harold D., Daniel Lerner: Vorwort zu: diess. (Hrsg.): World Revolutionary Elites. Studies in Coercive Ideological Movements, Camebride, London, 1965. S. v-vii Lenin, W. I.: Rezension zu Kautskys: Bernstein und das sozialistische Programm. In: Werke, Bd. 4, S. 187-198 Lenk, Kurt: Theorien der Revolution. München 1973 Lerner, Daniel: The Coercive Ideologists in Perspective. In: Harold D. Lasswell, Daniel Lerner: World Revolutionary Elites. Studies in Coercive Ideological Movements. Camebridge, London 1965. S. 456-468 Lerner, Max: The Pattern of Dictatorship. In: G. S. Ford (Hrsg.): Dictatorship in the Modern World. Minneapolis 1935. Hier genutzt die dt. Übersetzung in B. Seidel, S. lenker (Hrsg.): Wege der Totalitarismusforschung. Darmstadt 1968, S. 30-48 Lejevre, Wolfgang: Naturtheorie und Produktionsweise. Probleme einer materialistischen Wissenschaftsgeschichtsschreibung. Eine Studie zur Genese der neuzeitlichen Naturwissenschaft. Darmstadt, Neuwied, 1978 Lindner, Clausjohann: Theorien der Revolution. 1972 Läwenheim, Walter: Neu Beginnen. Faschismus und Sozialismus. Karlsbad 1933

256

Literaturverzeichnis

Löwenthai, Richard: Einführung des Herausgebers. In: Franz Borkenau: Ende und Anfang. Von den Generationen der Hochkulturen und von der Entstehung des Abendlandes. Hrsg. und eingef. v. Richard LöwenthaI. Stuttgart 1984, S. 1245 In memoriam Franz Borkenau. In: Der Monat. Eine Internationale Zeitschrift für Politik und Geistiges Leben. 9. Jg. , Heft 106 (Juli 1957), S. 57-60 Vorwort zur amerikanischen Erstausgabe. In: Franz Borkenau: Ende und Anfang. Von den Generationen der Hochkulturen und von der Entstehung des Abendlandes. Hrsg. und eingef. v. Richard LöwenthaI. Stuttgart 1984, S. 7-10 Die Widerstands gruppe "Neu Beginnen". Beiträge zum Thema Widerstand. Bd. 20. Berlin 1982 Luxemburg, Rosa: Organisationsfragen der russischen Sozialdemokratie (1904). In: diess.: Schriften zur Theorie der Spontaneität. Hrsg. v. Susanne Hillmann. Reinbek 1970, S. 69-88 Macpherson, Crawford B.: Die politische Theorie des Besitzindividualismus. Frankfurt am Main 1973 Marshall, T. H.: Rezension zu Franz Borkenau: Pareto. In: Political Quaterly. 7 (1936), S. 459461 Marx, Karl: Die deutsche Ideologie. In: Marx-Engels-Werke (MEW), Bd. 3, S. 13-530 - Die sogenannnte ursprüngliche Akkumulation. In: Franz Borkenau (Hrsg.): Karl Marx. Frankfurt 1956. S. 121-156 - Zur Kritik der politischen Ökonomie. In. MEW Bd. 13, S. 3-160 Marx, Karl, Friedrich Engels: Manifest der kommunistischen Partei. In: MEW, S. 459493 Michels, Robert: Zur Soziologie des Parteiwesens. Untersuchungen über die oligarchischen Tendenzen des Gruppenlebens. Leipzig, 2. Aufl. 1925 Mineurs, H.: Mechanik und Astronomie. In: H. Wallon (Hrsg.): Die Wissenschaft im Lichte des Marxismus. 1934, Repr. 1970. Mongardini, Carlo: Paretos Soziologie um die Jahrhundertwende. Einleitung zu ders. (Hrsg.): Vilfredo Pareto. Ausgewählte Schriften. Frankfurt am Main 1976, S. 5-56 Morrow, Felix: Revolution and counter-revolution in Spain. New York 1938 Münkler, Herfried: Die "Internationalisierung" der Revolution. Franz Borkenaus Bericht über den Bürgerkrieg in Spanien. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 114, vom 20. 05. 1986, S. 11 Neumann, Siegfried: Permanent Revolution. Totalitarianism in the Age of International Civil War. London, 2. Aufl. 1956 Neureither, Ludwig - Pseudonym Franz Borkenaus, siehe Primärliteratur Nitti, Francesco: Bolschewismus, Fascismus und Demokratie. München 1926 Opalek, Kazimerz: Kelsens Kritik der Naturrechtslehre. In: Rechtstheorie. Zeitschrift für Logik, Methodenlehre, Kybernetik und Soziologie des Rechts. Beiheft 4 (1982), S. 71-86 Orwell, George: Brief an Rayner Heppenstall vom 31. Juli 1937. In: Sonia Orwell, lan Angus: The Collected Essays, Journalism and Letters of George Orwell. New York 1968, BD. 1: An Age like this. 1920-1940, S. 278-280

Literaturverzeichnis

257

- Red, white and brown. The Totalitarian Enemy: Franz Borkenau. In: Time and Tide. London, 4. Mai 1940, S. 484 - Review zu "The Spanish Cockpit". In: Time and Tide vom 31. Juli 1937. Hier zitiert nach dem Abdruck als Nr. 101 in: Sonia Orwell, lan Angus: The collected Essays, Journalism and Letters of George Orwell. New York 1968, Bd. 1: An Age like this. 1920-1940, S. 276-278

Papcke, Sven: Wie der Republik der Atem ausging. In: Die Zeit, Nr. 29 vom 11. 07. 1986, S. 7 Pareto, Vilfredo: Compendium of General Sociology. Minneapolis 1980 - Manuel d' economic politique. Bd. 11, Genf 1966 - Trasformazioni della democrazia, Modena, 1946 - The Mind and Society. Hrsg. Von Arthur Livingstone, New York 1935 - Les Systemes Socialistes. Nouvelle edition, Genf 1965, Bd. I Petersen, Jens: Zur Entstehung des Totalitarismusbegriffs. In: Manfred Funke (Hrsg.): Totalitarismus. Ein Studien-Reader zur Herrschaftsanalyse moderner Diktaturen. Düsseldorf 1978. Bonner Schriften zur Politik und Zeitgeschichte, Nr. 14. S. 105-128 Preussische Staatsbibliothek: Jahresverzeichnis der deutschen Hochschulschriften. Berlin. Bd. XLI (1925), S. 582 Puls, Ottokar: Klassenbewußtsein und" Avantgarde" . In: Zeitschrift für Sozialismus, 1. Jg., Nr 8 (Mai 1934), S. 261-267 Rabassaire, Henri: Espagne, creuset politique. Paris 1938 Rausch, Heinz: Marsilius von Padua. In: Klassiker des Politischen Denkens. Bd. I: Von Plato bis Hobbes. München 6. Auflage 1985, S. 150-164 Reinecke, Volker: Kultur und Todesantinomie. Die Geschichtsphilosophie Franz Borkenaus. Wien 1992 Rowse, A. L.: Totalitarian Aggression. The Totalitarian Enemy. By F. Borkenau; Germany the Aggressor. By F. J. C. Hearnshaw. In: The Spectator, 26. April 1940, S.599 Rühle, Jürgen: Literatur und Revolution. Die SchriftstelIer und der Kommunismus. Köln, Berlin, 1960 Ruhl, Klaus Jörg: Das linke Lager war in sich zerstritten. Franz Borkenaus DarstelIung des Spanischen Bürgerkriegs. In: Frankfurter Rundschau, Nr. 171 vom 28.07.1987, S.lO

Russo, Valeria E.: Henryk Grossman and Franz Borkenau. A Bio-Biobliography. In: Science in Context, 1, 1 (1987), S. 181-191 Sales, George: Universal History of the world from the earliest Account of Times to the Present, compiled from original Authors and illustrated with maps, cuts, notes, chronological and other tables. London 1744 ff Schlangen, Walter: Die Totalitarismustheorie. Entwicklung und Probleme. Stuttgart u.a. 1976 Schmitt, Carl: Der Gegensatz von Parlamentarismus und moderner Massendemokratie. Zuerst erschienen als Einleitung zur 2. Aufl. von ders.: Geistesgeschichtliche Lage des Parlamentarismus. Berlin 1926, auch abgedr. in: ders.: Positionen und Begriffe

258

Literaturverzeichnis

im Kampf mit Weimar-Genf-Versailles 1923-39. Hamburg 1940, Nachdruck: Berlin 1988, S. 52-66 - Der Hüter der Verfassung. 1931 - Die Wendung zum totalen Staat (1931). fu: ders.: Positionen und Begriffe im Kampf mit Weimar-Genf-Versailles 1923-39. Hamburg 1940, Nachdruck: Berlin 1988, S. 146-157 - Wesen und Werden des faschistischen Staates (1929). fu: ders.: Positionen und Begriffe im Kampf mit Weimar-Genf-Versailles 1923-39. Hamburg 1940, Nachdruck: Berlin 1988, S. 109-115 Schwan, Alexander: Zum Verhältnis von Theorie und Praxis im Marxismus-Leninismus am Beispiel der Parteilehre Lenins. fu: Dieter Oberndörjer, Wolfgang Jäger: MarxLenin-Mao: Revolution und neue Gesellschaft. Stuttgart, BerIin, Köln, Mainz 1974, S. 90-101 Sontheimer, Kurt: Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik. Die politischen Ideen des deutschen Nationalismus zwischen 1918 und 1933. München 1978 - Staats idee und staatliche Wirklichkeit heute. fu: Ernst Fraenkel, Kurt Sontheimer, Bernard Crick: Beiträge zur Theorie und Kritik der pluralistischen Demokratie. Schriften der Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn 1969, S. 17-24 Sorokin, Pitirim A.: Kulturkrise und gesellschaftsphilosophischemoderne Theorien über das Werden und Vergehen von Kulturen und das Wesen ihrer Krise. Stuttgart, Wien 1953 Spencer, Herbert: Die Prinzipien der Sociologie. Stuttgart 1889, Bd. m Sturzo, Luigi: Italien und der Faschismus. Köln 1926 - The Totalitarian State. fu: Social Research m (1936), S. 222-235 Tashjean, John E.: Franz Borkenau. A Study ofhis social and political Ideas. Unveröff. Dissertation, Washington, Georgetown University, 1962, - The Rediscovery of a Thinker. fu: Partisan Review. New York. 1984,51 (2), S. 289300 Tillich, Paul: The Totalitarian State and the Claims of the Church. fu: Social Research I (1934), S. 405-433 Tocqueville, Alexis de: Der Staat und die Revolution. München 1978, (frz. Orig.: L' Ancien Regime et la Revolution. Paris 1856) Tommissen Piet: Vilfredo Pareto. fu: Dirk Käser (Hrsg.): Klassiker des soziologischen Denkens. Bd. I: Von Comte bis Durkheim. München 1976, S. 201-231, sowie Bibliographie S. 381-386 und Anmerkungen S. 475-487 Tomovjev, T. T.: Der politisch-ideologische Kampf um das Erbe der Komintern und einige Probleme der Massenbewegung. fu: Institut jilr Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU: Die Kommunistische futernationale und ihre revolutionären Traditionen. Materialien der wissenschaftlichen Session anläßlich des 50. Jahrestages der Gründung der Kommunistischen futernationale in Moskau vom 25.1 26. März 1969. Berlin, 1970, S. 233-246 Trotzky, Leon: Über Lenin. Berlin 1924 - Unsere politischen Aufgaben (1904). fu: ders.: Schriften zur politischen Organisation. Übers. und hrsg. von Hartmut Mehringer, Reinbek 1970

Literaturverzeichnis

259

Turati, Filippo: Fascismo, Socialismo e democrazia. In: A. Schiavi. Esilio e morte di Filippo Turati. Rom 1956, dt. bei E. Nolte: Theorien über den Faschismus. Köln, Berlin 1967, S. 143-155 Veröffentlichungen der Historischen Kommission fir Hessen in Verbindung mit der Philipps-Universität Marburg, Bd. 15: Catalogus Professorum Academiae Marburgiensis. Die akademischen Lehrer der Philipps-Universität Marburg. 2. Bd. 19111971. Marburg 1979 Wassmund, Heinz: Revolutionstheorien. Eine Einführung. München 1978 Zauels, Günter: Paretos Theorie der sozialen Heterogenität und Zirkulation der Elite. Stuttgart 1968 Zilsel, Edgar: Die sozialen Ursprünge der neuzeitlichen Wissenschaft. Hrsg. v. Wolfgang Kohn. Frankfurt am Main, 1976 b) Unveröffentlichte Quellen Archiv fir Niederösterreich, Registratur der ehemaligen kaiserlich-königlichen Statthalterei, Akt/Abteilung VII, Zahl 4333/ 1917, Registraturzeichen V-49-H Interview mit Prof. Dr. ErwinAckerknecht, Zürich, am 29.3. 1971. Geführt von Dr. Werner Röder. In: Institut für Zeitgeschichte, München: Materialsammlung zur deutschsprachigen Emigration 1933-45. Im Archivkatalog zu finden unter Borkenau, Franz, Archivnummer ZS 2077 Interviews durch B. E. mit: Dr. Wolfgang Berner am 17.10.1991 Peter Borkenau am 10. 10 .1991 Elle Rosenkranz, geb. Möller am 14.8. 1991

Namen- und Sachwortverzeichnis Ackerknecht, Erwin 16 ADN, Amtliche Deutsche Nachrichtenagentur 140 Akkumulation des Kapitals 35, 53 Althusius, Johannes 78 Amendola, Giovanni 147, 149 Anarchismus 111,119-122,124, 128 f., 133 Anschluß 27,89, 162 Arbeiterbewegung 15, 19,21,64, 70, 91,94, 121 f., 140,142,144,162, 166, 171, 196 Arbeitslosigkeit 100, 166, 171 Arbeitszerlegung 28, 45-47 Arendt, Hannah 165, 188 Bacon, Roger 34-36 Ballestrem, Karl Graf 53, 70, 81 Bauer, Otto 58, 94, 121 BBC 140 Beckerath, Erwin 148, 152, 154 Berner, Wolfgang 202-205 Bernfeld, Siegfried 11 Bernstein, Eduard 80 Blachey, P.P. 160 Bodin, Jean 36, 80 Bolschewismus96, 103-105, 112, 146165, 169, 173, 178, 182-188, 193, 199, 225 Borkenau, Peter 56, 201, 204 Bourgeoisie, s. a. Bürgertum, 62, 65, 68 f., 120, 136 Bracher, Karl Dietrich 83 f., 149 Brandler, Heinrich 20 Brenan, George 219 f. Bucharin, Nikolai I. 19 Burckardt, Jacob 135

Bürgertum, s. a. Bourgeoisie, 26, 28, 30,33,49,57, 72 Burnham, James 198-200 Butler, Rohan D. 179, 193 f. Buttinger, J oseph 93 f. Calvin, Johann 34 CIA 218 Coleman, Peter 218 f. Comintern, s.a. Komintern 15, 18, 144, 224 Crossman,.Richard 213, 218, 232 Cusanus (Nikolaus von Cues) 35 DANA, Deutsche Nachrichtenagentur 140, 201 Demokratie 13, 19,41,55,58-66,7075, 111, 125, 136, 142, 145, 148 f., 154,157,164,167,176,180- 183, 191,200,215,221,223,233 Demokratietheorie 74, f., 77, 80, 83 Denicke, George 204 Deportation 139, 219 Derivationen 97 Descartes, Rene 38 f., 41 f., 45, 47, 175 Determinismus 21,87,229 dialektischer Materialismus 52, 230 Dijksterhuis, Eduard J. 46-48 Diktatur 41, 55-58, 62, 64, 68, 83 86, 88,91, 93, 103, 124, 127 f., 130, 132,135-137,145 f., 149-158,180185, 189-192,223,233 Dostojewski 176 dpa, Deutsche Presseagentur 141 Eichner, Hans 139 Einheitsfronttaktik 19, 144

Namen- und Sachwortverzeichnis Einparteienherrschaft 148, 150, 152 Einparteiensystem 130, 148, 157, 191 Eisermann, Gottfried 95- 98 Elias, Norbert 198 Elite 20, 91-111, 142, 145, 151-153, 158, 164 fo, 172, 178, 186 fo, 191, 198 fo, 207,221,232 Elitentheorie 63, 94-96, 100, 108, 152 Elitenzirkulation 98 fo, 105, 110 Engels, Friedrich 20-24, 30, 33, 49, 52, 208 Entfremdung 29 Ex-Kommunismus 86, 138, 205, 218, 232 Faschismus 19, 44, 55-72, 75, 83-92, 95 fo, 100-105, 108 fo, 111-113, 115, 118, 121-131, 135- 138, 141165, 173, 181, 188, 190-194, 198, 233 Feudalismus 21-26,31,34, 103, 116 Fichte, Johann Gottlieb 107, 177 Ficino, Marsilius 34 Fischer, Louis 112 f. Fischer, Ruth 218 Forsthoff, Ernst 154 Fortschritt 42, 63 fo, 66, 87, 97-99, 107, 116, 119 fo, 186, 209-211, 229,231 Fortschrittsglaube 229 Fraenkel, Ernst 62, 68, 73, 81 f. Franco, Francisco 111 fo, 115, 117, 122, 124, 128-132 Frankfurter Schule 21 Französische Revolution 79, 135 fo Freiheit 72-74, 79 fo, 83, 127 f., 132, 135, 147 fo, 158, 160, 179, 189, 192, 200, 215 fo Freiheitsrechte 72-74, 79 fo, 83, 158, 160, 189 Freudenthai, Gideon 31, 45 Friedrich, earl Joachim 23 fo, 146, 178,185,189 Fromm, Erich 141 Führer 94, 130 fo, 141, 146, 152, 159, 172, 177fo, 187,189,191,195,199

261

Führerkult 145 fo, 152, 187 Führerprinzip 157, 172, 186 fo, 191 Galilei, Galileo 47 fo Gassendi, Pierre 39 fo Geschichtsphilosophie 13, 22, 26, 33, 39, 54, 107, 115 fo, 119, 141, 205, 207,213,227,231 Geschichtstheorie, lineare 60 Gesellschaftsvertragslehre 74-76 Gewalt 14, 78-80, 105 fo, 109, 117, 127, 130, 153 fo, 159, 187, 191, 199, 221 Gewaltenteilung 79, 159, 191 Gewaltherrschaft, so ao Diktatur, 148 Gewerkschaften 64, 69 fo Gleichheit 30, 72 fo, 83 GNS 140 Grossmann, Henryk 27, 43-47, 49-53 Grünberg, Emil 21, 43, 113 Gurian, Waldemar 156 Güterverteilung 33, 69 fo, 101, 134, 171,228 Habermas, Jürgen 44, 135, 226 Hegel, Georg Wo Fo 107, 135, 157, 175,208 Heller, Herrmann 67 fo, 71, 151-153 Hessen, Bo 11, 25, 201 Hitler, Adolf 57, 62, 68 fo, 167 fo, 176-178,182,188, 194, 198,224 Hitler-Stalin-Pakt 167,178,182,224 Hobbes, Thomas 26 fo, 39-41,45, 76 fo, 80, 135 Hochkultur 202, 206-208, 210-213, 217,229 Horkheimer, Max 25-32, 39, 43 Ideologie 14, 20, 22-24, 62, 64, 72, 74-78,80,83 fo, 101,104-106,150, 152 fo, 157-159, 164 f., 170, 172, 175-177,180 fo, 183186,188-191, 194, 199 Inflation 106, 164, 166, 171 Institut für Sozialforschung 21-25,43, 113

262

Namen- und Sachwortverzeichnis

Internationale Brigade 112 Internierungsvorschrift 138 f. Jansenismus 37, 51 Jaroslawski, Jan 87,89,90,92 Jay, Martin 21 f., 25 Jones, William David 86, 93, 95 f., 192,219, 224 Juden 177, 185,206 Jugendkultur 11 Jung, earl Gustav 11, 208 Kalter Krieg 146, 149, 203, 232 Kant, Immanuel107, 175 Kapitalismus 13, 21, 25, 28, 32, 3437,41 f., 44, 48 f., 53,57,60-67, 69, 77, 87-90, 92, 100, 102, 116118,137,151,157,174,181,190, 191, 199,226 Katholizismus 160, 195, 216 Kautsky, Karl 86-89 Kelsen, Hans 77 f. Kessel, Eberhard 201 f. Klasse 19, 23, 25 f., 30, 32, 35 f., 42, 52, 61, 64, 66, 67, 103, 134, 159, 164, 183, 189, 198 f., 208 Klasse an sich 52 Klasse für sich 52 Klasseninteresse 37 Klassenkampf 24, 28, 30-33, 37, 4042,44,49-52,61,63,66,69 f., 72, 83, 95, 134, 151, 157, 158, 181, 186 Klassenmoral 23 Klassenzugehörigkeit 23, 25, 35 f., 101 Koestler, Arthur 14-17, 125, 218 Kohn, Hans 35, 157 f. Kolb, Fritz 94 Kollektivierung 120, 124, 185 Komintern 14 f., 17-20,94,112,123, 129, 142-145, 168, 186,205,224, Kommunismus 44,56, 102, 111-113, 123-126, 134, 136-138, 145-149, 156,159,167,185,188, 192,203, 205,207,218-221,224,228,232

Kommunistische Internationale 15, 18, 137, 141, 145, 233 Konformismus 16, 127, 159 Konterrevolution 60-62, 122, 128 f., 132 f. Korporatismus 150 KPD, Kommunistische Partei Deutschlands 14, 16, 20, 204 f., 218 KPDO (Kommunistische Partei Deutschlandsl Opposition 20 KPdSU, Kommunistische Partei der Sowjetunion 89, 144, 145 Kreminologie 201,205,220,222 KuIczar, I1se und Leopold 94 Lasky, Melvin J. 218 LassweIl, Harold D. 104-106, 110 f., 143, 145 Lerevre, Wolfgang 25, 30 f., 45-48, 54 Lenin, Wladimir I. 87, 89-93, 143 f., 222 f. Lerner, Max 104-106, 110 f., 143, 145 f., 157 f. Liberalismus 59, 79-84, 136, 145, 154,157,164, 167,174,183,191, 196,198 f., 207,215 Locke, John 54, 76, 78 Lohntheorie 196, 226, 228 Löwenheim, Walter 86, 91 f. Löwenthai, Fritz 203 f. Löwenthai, Richard 11, 15 f., 19 f., 27, 86, 93, 139,202- 207,213 f. Luther, Martin 178,214 f Luthertum 195, 214-216 Luxemburg, Rosa 93, 140 Machiavelli, Niccolo 36 Machtergreifung 21,69, 110, 125, 149 Manufaktur 23,27-34,37,40-47,53, 100 Marsilius von Padua 76 Marx, Karl 20-25, 29-31,33,35,39, 41, 44, 49, 51-54, 87, 89 f., 92, 110, 118 f., 135, 174, 184, 187, 205-208,223-230,233

Namen- und Sachwortverzeichnis Marxismus 18, 24 fo, 29, 44, 51 fo, 87,89 fo, 115,118, 133, 136, 145, 196,207,220,225-227,229 f., 233 Massenbasis 130 fo Massenbewegung 62, 64, 145, 150, 152, 158 Materialismus, dialektischer 52, 230 Meinung, öffentliche 33, 163 Mechanik 24-33,38,44-47,54 Menschheitsgeschichte 116, 119, 208 fo, 247,232 Michels, Robert 85 Mineurs, Ho 25 Modernisierung 64, 105, 117, 120, 129-131, 150, 186 Morrow, Felix 124 fo Mussolini, Benito 69,95,148 fo, 151, 161, 188 Nationalismus 71, 122, 145 fo, 151, 171 fo, 177,186- 188,233 Nationalsozialismus 20 fo, 56-59, 62, 66-68, 71 f., 81, 86, 88, 96, 102, 104, 106, 108, 110, 130, 137, 146 f., 150 f., 154, 158-165, 168174, 177, 179, 181-185, 188, 190, 192-194, 199,214, 217 Naturgesetz 33-35, 42 Naturlehre 41 Naturrechtslehre 74-78 Naturwissenschaft 25-30, 35, 38fo, 42, 44, 46, 48 fo, 53 fo, 206 Neumann, Siegfried 172 Neureither, Ludwig 88, 91 fo, 101 fo, 134, 142, 225 Newton, Isaac 31, 46 fo, 54 Nietzsche, Friedrich, 176, 194 Nitti, Francesco 148, 152 fo Oatman, Eo 160 Öffentliche Meinung 33, 163 Office of War Information 140 Oktoberrevolution 222 Opalek, Kazimerz 77 fo Orwell, George 114,125-127,168 fo, 182 fo, 218

263

Pareto, Vilfredo 50, 56, 63, 95-110, 125, 135, 141, 150 fo, 158, 165, 184, 189, 194, 198, 208 fo, 221, 226, 232 Pariser Kommune 135 Parlamentarismus 59, 71, 82 Parteiausschluß 20 f Parteidisziplin 18 Pascal, Blaise 41 fo, 202 Peutl, Karl 121, 125 Planwirtschaft 68, 101, 160, 172, 174, 179fo, 185, 192, 199 fo Plechanow, Georgij Wo 87 Pluralismus 60, 73, 81 fo, 131, 157, 200 Produktionsverhältnisse 22, 31, 117 fo Produktionsweise 22, 24 fo, 28-30, 33 f., 49, 52 Produktivkräfte 22 fo, 31, 33, 49, 52, 118 Programmlosigkeit 150, 153, 173 Proletariat 17, 58, 60 fo, 64,87 fo, 9093, 106, 121, 134, 136, 142, 164, 174, 183 fo, 186 Propaganda 148, 157, 159, 164, 172 fo, 179, 181, 191, 219, 224 Pross, Harry 203 Puls, Ottokar 91 fo Rabassaire, Henri 126 fo Rasse 106, 159, 177, 194 Rassentheorie 177 Rechtsstaatlichkeit 79 Reformation 34, 201 Reichstagswahlen 55, 57 Reinecke, Volker 13, 115 Residuen 97 Revolution, proletarische 19, 60 f., 87 fo, 134, 142,226 Revolution, russische, siehe Russische Revolution Revolution und Gegenrevolution 13, 67, 107 Revolutionstheorie 89, 115, 120, 135, 143

264

Namen- und Sachwortverzeichnis

RHEINA 140 Rosenkranz, Elle 202 Roter Studentenbund 16 Rousseau, Jean Jaques 45, 74-76 Russische Revolution 18, 121, 184, 205,222 f. Sales, George 12 Säuberungen 17, 43, 145 Schlageter-Kampagne 14 Schlögel, Lilli 205 Schmitt, earl 59, 66, 68, 71-73, 8183, 154, 156 Scholem, Werner 16 Silone, Ignazio 218 Smith, Adam 45, 53 Sontheimer, Kurt 71- 73, 81-83 Sorel, Georges 104, 108 f., 141, 194 Sorokin, Pitirim A. 107 f., 119 Souveränität 40 f., 73 f., 76, 81, 84, 93 Sozialfaschisten 17 Sozialismus 21, 44, 55, 86-94, 102, 111-113, 115, 122, 125, 130, 151, 155, 196 f., 199, 222, 232 f. Spanischer Bürgerkrieg 11, 41, 55 f., 111- 131,137,218 Spencer, Herbert 107-109 Spender, Stephen 111, 125 Spengler, Os wald 104, 108 f., 141, 205-214,217,232 Stalin, Josif W. 17, 19, 92 f., 102, 137, 146, 167 Stalinismus 44, 138, 221 Sturzo, Luigi 148, 152, 158-160 Tashjean, John E. 10, 19, 51 f., 56, 139 f., 201, 204 f., 207 f., 220 Terror 120, 133, 162, 164, 167, 172, 178, 185, 189, 191 Tillich, Paul 156-158, 176,226 Timovjev, T. T. 144 f. totaler Staat 82, 154, 156, 158

Totalitarismus 13, 56, 58, f., 64, 66, 71, 102, 108, 123, 127-131, 137, 146-161, 164, 167-175, 178, 180182, 184-195, 198-200,206 f., 215, 220-223, 232 f. Totalitarismustheorie 59,70, 141, 146161, 173, 180, 185, 189 Toynbee, Arnold J. 206,210 f. Trotzkisten 126 Trotzky, Leon 17, 93, 186 Turati, Filippo 148 f., 153 Ursprüngliche Akkumulation 53 Ursymbol208 f., 211 Varga, Eugen 15, 20, 56 Vergesellschaftung 90 Vertragslehre 26, 74-76 Vives, Juan Luis 34 Volkssouveränität 72-74, 76, 78 f., 83 von Aquin, Thomas 34 f., 76 von Franckenstein, Joseph 219 von Hindenburg, Paul 57 Weber, Max 37,53,76,84,103,199 Wegner (pseudonym Borkenaus) 16, 139 Weltbild 21-25, 28-36, 39,41-46, 49, 51,53, 103,116, 118, 199 Weltbild, bürgerliches 21 f., 25, 32, 42-44, 103, 116 Weltbild, mechanistisches 27, 28, 30, 32-35, 37-39, 41 f., 60 Weltrevolution61, 105, 141-144, 168, 190, 196, 198 Weltwirtschaftskrise 66, 191-196 Wiederaufrüstung 166, 170 f. Zentralisierung 63, 125, 133, 150, 160,191,199 Zetkin, Klara 152, 154 Zilsel, Edgar 35, 48 Zivilisation 35, 107, 116, 118, 159, 175 f., 194, 198,208-214,217 Zyklentheorie 61, 67, 138, 208-213