»Feinde in Scharen. Ein wahres Vergnügen dazusein«: Karl Kraus - Herwarth Walden. Briefwechsel 1909-1912 978-3-89244-613-2

Der hier erstmals veröffentlichte Briefwechsel zwischen Karl Kraus und Herwarth Walden spiegelt die Entwicklung ihrer li

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German Pages 688 Year 2002

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»Feinde in Scharen. Ein wahres Vergnügen dazusein«: Karl Kraus - Herwarth Walden. Briefwechsel 1909-1912
 978-3-89244-613-2

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Veröffentlichungen der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung 79. Veröffentlichung

Feinde in Scharen. Ein wahres Vergnügen dazusein Karl Kraus — Herivarth Waiden Briefwechsel 1909-1912 Herausgegeben von George C. Avery

Thomas J. Sara übräty

JlRENT UNIVERSITY wERBOROUGH, ONTARIO

WALLSTEIN VERLAG

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Inhalt

Briefe und Dokumente 9

Anhang Editorische Notiz 418 Verzeichnis der Abkürzungen und Siglen 420

Anmerkungen 421

Ausgewählte Literatur

573 Abbildungen 582

Nachwort 615

Dank

633 Abbildungsnachweise

635 Personenregister 637

Briefe und Dokumente

JUNI 1909

II

1. Herwarth Waiden an Karl Kraus (Postkarte) Poststempel: Bayreuth 22 [?]. Juni [19]09 Lieber Herr Kraus, Das ist Bayreuther Stil! Ohne Kommentar. Am Sonnabend war ich in München mit Herrn Dr. Heinrich zusam¬ men. Sehr freundlicher, lieber Mensch. Die Sprüche und Widersprüche bis jetzt zur Hälfte gelesen. Ich bin sehr entzückt über das Buch. Nähe¬ res aus Berlin, wohin ich heute fahre. Herzlichst Ihr Herwarth Waiden

[Zusatz auf dem Rand:] Gruß an P[eter] A[ltenberg] und Herrn A[dolf] Loos.

2. Herwarth Waiden an Karl Kraus >Das Theater< Berlin-Halensee 23. Juni 1909 Lieber Herr Kraus! Einliegend sende ich Ihnen das Schreiben des famosen Herrn Barchan. Meine Antwort erfolgte am 1. Maerz 1908. Das Heft des Magazins schicke ich Ihnen noch heute oder morgen. Lieber Herr Kraus. Wundern Sie sich nicht über die Schreibmaschine, ich diktiere alles meiner Privatsekretärin, weil meine Schrift zu lesen ein schwieriges Vergnügen ist. Die Dokumente haben Sie nun. Geben Sie es dem Jüngling recht deutlich! Gestern grüßte er mich bereits ehrfurchts¬ voll im Cafe des Westens. Ich ließ aber noch nichts merken. Herzlichst Ihr Herwarth Waiden

JUNI 1909

12

3. Karl Kraus an Herwarth Waiden (Telegramm) wien 24.6.1909 vielen dank fuer karten und drucksachen. brief bald, kraus. +

4. Karl Kraus an Herwarth Waiden (Telegramm) wien 25.6.1909 dank fuer dokumente bitte nichts merken lassen brief folgt gruesse ++

5. Karl Kraus an Herwarth Waiden 25. Juni [19109 In Eile! Lieber Herr Waiden! Nochmals herzlichen Dank für Ihre Freundlichkeit in der Sache des Herrn Bfarchan]. Hier sende ich Ihnen den Brief, den ich an ihn schrei¬ ben ließ. Ich bitte Sie noch einmal den Thatbestand zu überprüfen. Es stimmt wohl alles. Über die Zuweisung an die Schriftsteller-Cassa wollen Sie sich nicht wundern. P[eter] A[ltenberg] erschrak heftig und lehnte die Spende ab! Er fürchtet — das Übelwollen des Herrn B. und wollte sich um keinen Preis überreden lassen, - nicht einmal, wenn ich ihm das Doppelte versprochen hätte. Sein Verfolgungswahn ist doch eben noch stärker als seine Liebe zum Geld. Übrigens liegt er seit Tagen zu Bett, trinkt und will nicht auf die Beine. Heute rufen wir - gegen seinen Wil¬ len - einen Arzt. Daß Ihnen der liebe Heinrich in München so gut gefallen hat, freut mich sehr. Ihre Zeitschrift habe ich nicht erhalten. Warum haben Sie die Pariser Reise unterlassen? Sehr verbunden für gf. schnelle Rücksendung des Briefes - wenn möglich express, grüße ich Sie auf das Beste als Ihr ergebener Karl Kraus

JUNI 1909

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NB. Den interessanten Brief des Herrn B. an Sie und das N[eue] Magazin darf ich wohl noch behalten?

[Beilage. Verlag >Die Fackeh an Paul Barchan:]

Wien, 27. Juni 1909 Herrn Paul Barchan Nachträglich erfahren wir, dass die Tschechow’sche Skizze >Nachts< in der Zeitschrift >Das neue Magazin< und zwar im Jahre 1904 gedruckt wurde, und wir haben auch den Beweis dafür, dass Ihnen dies hinläng¬ lich bekannt war, als Sie uns die Skizze mit dem Vermerk »Nachdruck verboten« antrugen und mit der Versicherung, dass sie »in Deutschland wohl kaum anderswo zum Abdruck gelangen könnte«. Sie wurde Ihnen vom >Neuen Magazim selbst mit dem Hinweis, dass sie eben dort bereits erschienen sei, zurückgegeben. Wenn Ihnen das Erscheinen im N. M. bis dahin nicht bekannt war und Ihr Versuch bei dem Redakteur der Zeitschrift Herrn Herwarth Waiden in gutem Glauben erfolgte, so haben Sie mindestens damals erfahren, dass die Skizze von seinem Vorgänger, Herrn Renee[!] Schickele, veröffentlicht wurde. Sie waren durch eben je¬ nen Herrn Waiden, den jetzt erst ein zu Ihren Ohren gelangtes Gerücht in einen prozessualen Zusammenhang mit der Skizze bringen will, ganz genau darüber informiert, dass sie im »Neuen Magazim erschienen war und dass Herr Schickele - nicht sein Nachfolger, wie Sie gehört haben wollen - in einem Prozess, der in Deutschland Aufsehen machte, von der Anklage freigesprochen wurde. Dass Sie nach solchen Aufschlüssen und nicht nach Ihren Erfahrungen mit einem pornographischen Blatt »annehmen durften«, dass niemand in Deutschland die Skizze drucken werde, versteht sich von selbst. Sie mussten sich damit schon an eine österreichische Zeitschrift wenden, der man eine Kennerschaft der Vor¬ gänge nicht so ohne weiteres Zutrauen konnte. Die umfassenden Erkun¬ digungen, die Sie nach der Publikation Ihrer Uebersetzung in der >Fakkel< eingezogen haben, machen Ihrer Gewissenhaftigkeit alle Ehre, und es ist nur bedauerlich, dass der unbefangene Ton, mit dem Sie diese An¬ gelegenheit und im besondern die Person des Herrn Herwarth Waiden behandeln, uns nicht abhalten konnte, unsere eigenen Erkundigungen

H

JUNI 1909

fortzusetzen. Das Ergebnis ist ein Bedauern und eine Hoffnung. Das Bedauern, dass mit der Erschliessung der russischen Literatur für ein deutsches Publikum auch der Zuwachs eines russisch-deutschen Litera¬ tentums verbunden zu sein scheint, dessen ethische Eigenart als ein un¬ übersetzbarer Rest sich unserem Verständnis entzieht. Und die Hoff¬ nung, dass Sie das Ihnen übersandte Honorar von 30 Kronen, welches selbstverständlich nur der erstmaligen Uebersetzung zuerkannt wurde, unverzüglich zurückzahlen werden und zwar an die Geschäftsstelle des »Allgemeinen Schriftstellervereines< / Berlin W. Elssholzstr. 5 /, die es einem wohltätigen Zweck zuwenden wird. Der Verlag »DIE FACKEL
9 Lieber Herr Waiden! Vielen herzlichen Dank für Ihre sehr freundlichen Worte. Brief an Herrn B[archan] abgesandt. >Theater< gestern erhalten. P[eter] A[ltenberg] liegt noch immer, aber heute Abend ist endlich die Retterin Helga [Malmberg] aus Hamburg erschienen. Herzlichst Ihr KK. Wien [Beischrift von Adolf Loos:] Beste Grüße Loos [Bildpostkarte: Löwenbräu. Restaurateur Leopold Pelikan, I., Franzensring]

8. Herwarth Waiden an Karl Kraus >Das Theater< Berlin-Halensee 2. Juli 1909 Lieber Herr Kraus. Ich halte Sie nun definitiv für den besten deutschen Schriftsteller. Weil Sie aus einem dichterischen Vermögen heraus gestalten. Mit metaphysi¬ schem Intellektualismus. Sie müssen nicht glauben, daß ich mit derartigen Anwürfen um mich schmeiße. Ich tat es bisher nur dreimal. Einmal an Heinrich Mann, der die künstlerischsten Romane schuf. Das zweite Mal an Else LaskerSchüler, dem größten Lyriker. (Daß ich sie nachher heiratete ändert an der Tatsache nichts.) Und das dritte Mal dachte ich es sogar nur: daß Rudolf Blümner der sensibelste, intensivste Genießer ist. Ich bin sonst durchaus und nur für das Indirekte [!]. Aber manches muß direkt gesagt werden. Realitäten. »Na Prost« habe ich natürlich niemals geschrieben. Ich habe aber keine Ahnung, was an der Stelle steht. Wenn Sie es interes¬ siert, müßten Sie mir die Karte einsenden. Aber Wichtiges wird es wohl nicht sein. Der Unterzeichnete heißt Dr. Kurt Neimann.

JULI 1909

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Ferner: Fiat Fierr Barchan reagiert? Bringen Sie nichts in der >Fackel