Ethik im internationalen Marketing: Notwendigkeit und Gestaltungsmöglichkeiten unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsländer [1 ed.] 9783896448835, 9783896731531

Der Autor betritt mit diesem Buch ein (bislang) wenig bearbeitetes Feld der Marketingliteratur. Es ist ihm nicht nur gel

146 43 29MB

German Pages 316 [317] Year 2002

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Ethik im internationalen Marketing: Notwendigkeit und Gestaltungsmöglichkeiten unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsländer [1 ed.]
 9783896448835, 9783896731531

Citation preview

Ethik im internationalen Marketing

Schriftenreihe Unternehmensführung Herausgeber: Prof. Dr. Hartmut Kreikebaum

Band 21

Gerrit Rützel

Ethik im internationalen Marketing Notwendigkeit und Gestaltungsmöglichkeiten unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsländer

Verlag Wissenschaft & Praxis

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Rützel, Gerrit: Ethik im internationalen Marketing : Notwendigkeit und Gestaltungsmöglichkeiten unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsländer. / Gerrit Rützel. - Sternenfels : Verl. Wiss, und Praxis, 2002 (Schriftenreihe Untemehmensfiihrung ; Bd. 21) Zugl.: Frankfurt (Main), Univ., Diss. 2001 ISBN 3-89673- 153-X

ISBN 3-89673-153-X © Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2002 Nußbaumweg 6, D-75447 Sternenfels Tel. 07045/930093, Fax 07045/930094

Alle Rechte Vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich ge­ schützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheber­ rechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Printed in Germany

Geleitwort

5

-GeleitwortIn der gegenwärtig geführten Debatte über die Folgen einer Globalisierung von Märkten und Produkten stehen sich Marktpuristen und Globalisierungsgegner oft unversöhnlich gegenüber. Mein ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter Gerrit Rützel trägt mit der vorliegenden Dissertation zu der Erkenntnis bei, daß interna­ tional tätige Unternehmen nicht nur ökonomische Ziele verfolgen dürfen, sondern ihr Verhalten unter Beachtung moralischer Gesichtspunkte auch kritisch reflek­ tieren müssen. Ausgehend von den Konflikten speziell im Marketingbereich unternimmt er den gelungen Versuch, sowohl die Notwendigkeit einer internationalen Marketing­ ethik nachzuweisen als auch deren Spielräume und Gestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Eine tragfähige Grundlage bietet sich dafür im Ansatz einer Dis­ kursethik. Der sensible Umgang mit unterschiedlichen kulturellen Interessen insbesondere der Verbraucher in den Entwicklungsländern trägt entscheidend zum Aufbau von Vertrauen in die Integrität der Marktpartner bei und stärkt gleichzeitig die Reputation der Produzenten. Die vorliegende Dissertation besticht durch eine kluge, abgewogene Argumenta­ tion auf hohem Niveau, ausgesprochene Praxisorientierung und eine hervor­ ragende Lesbarkeit. Ich wünsche ihr deshalb eine gute Aufnahme in der wissen­ schaftlichen Fachwelt und bei allen am Thema interessierten Praktikern. Hartmut Kreikebaum

Vorwort

7

-Vorwort„Man ist nicht realistisch, wenn man keine Ideale hat.“ (Riklin 1987, S.201)

Die vorliegende Arbeit wurde im Juni 2001 am Fachbereich Wirtschaftswissen­ schaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main, als Dis­ sertation angenommen. Sie entstand während meiner Tätigkeit als (freier) wissen­ schaftlicher Mitarbeiter am dortigen Seminar für Industriewirtschaft und am Lehrstuhl für Internationales Management II an der EUROPEAN BUSINESS SCHOOL in Oestrich-Winkel.

Meinem sehr verehrten akademischen Lehrer und Doktorvater, Herm Prof. Dr. Hartmut Kreikebaum gilt mein besonderer Dank. Für ihn gilt in besonderer Weise das nachfolgende Zitat: „Wer vom Zersorgen um sich selbst befreit ist, kann auch anderen Menschen gelassen und freigiebig gegenübertreten und ihnen Spielräume zur freien Entfaltung ihrer Chancen ermöglichen“ (Kreikebaum 1997, S.247). Er war und ist mir deshalb in vielen Bereichen des beruflichen sowie privaten Le­ bens Vorbild. Ferner danke ich Herm Prof. Dr. Malcolm Dunn für seine bereitwillige Unterstützung und die Übernahme des Zweitgutachtens. Eine Dissertation entsteht natürlich nicht ohne die Hilfe anderer und wenn einem in dieser Zeit nicht Freunde zur Seite stehen. Tiefe Dankbarkeit schulde ich dabei an erster Stelle Frau Ulla Saelzle und Frau Dr. Isabel Herbold, die mich bei der Erstellung dieses Werks freundschaftlich und kollegial begleitet haben und mit denen ich Freud4 und Leid der Promotion teilen konnte. Darüber hinaus sind auch all die Freunde und Bekannten zu nennen, die mir wissend oder unwissend die notwendige Ablenkung und den Ausgleich von Wissenschaft und Theorie gaben.

Für die Durchsicht des Manuskripts danke ich ganz herzlich Herm Dr. Dirk Ul­ rich Gilbert und Frau Dr. Christina Würthner, die mir mit nützlichen Anregungen und konstruktiver Kritik zur Seite standen. Mein größter Dank gilt meinen Eltern, die mich in jeder Phase meines bisherigen Lebenswegs großzügig gefordert haben und mir neben dem notwendigen Rück­ halt eine sorgenfreie Ausbildung ermöglicht haben. Auch meiner Großmutter Erika Hedrich danke ich für ihr fortwährendes Interesse und ihre liebevolle Un­ terstützung. Meiner Familie ist diese Arbeit in Liebe und Dankbarkeit gewidmet. Frankfurt am Main, im Dezember 2001

Gerrit Rützel

Inhaltsverzeichnis

9

-InhaltsverzeichnisSeite Geleitwort.............................................................................................................. 5

Vorwort................................................................................................................. 7

Inhaltsverzeichnis................................................................................................. 9 Abbildungsverzeichnis....................................................................................... 13 T abellenverzeichnis............................................................................................ 15 Abkürzungsverzeichnis ...................................................................................... 17

1

Einleitung..................................................................................................... 21

1.1 Problemstellung und Erkenntnisziel....................................................... 21

1.2 Begriffliche Abgrenzungen.................................................................... 25 1.2.1

Internationales Marketing........................................................ 25

1.2.2

Untemehmensethik im internationalen Kontext.......................30

1.2.3

Entwicklungsländer.................................................................. 35

1.3 Gang der Untersuchung.......................................................................... 39

2

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing........................ 45

2.1 Die Kritik am kommerziellen Marketing als Ausgangspunkt.............. 45 2.1.1

Gesellschaftlicher Wertewandel und Konsumerismus............ 45

2.1.2

Konsequenzen für das Marketing............................................. 49 2.1.2.1 Entwicklung alternativer Marketingkonzepte.......... 49 2.1.2.2 Entwicklung einer Marketingethik in den USA und Deutschland.......................................... 52

2.1.3

Marketingmanagement in sozialer Verantwortung.................. 54

2.2 Theoretische Fundierung und praktische Konsequenzen einer Ethik im Marketing.................................................................................. 60

2.2.1

Erkenntnistheoretische Grundlagen......................................... 60

2.2.2

Forschungsrichtungen und ihre strategischen Ansätze............. 64

10

Inhaltsverzeichnis

2.2.3

Der Ansatz einer dialogischen Marketingethik von Hansen...69

2.2.3.1 Der Dialoggedanke im Marketing im Kontext von Praxis und Theorie...............................69 2.2.3.2 Dialogformen und ihre Eignung als Verfahren des Interessenausgleichs im Marketing...... 74

2.2.3.3

Kritische Würdigung................................................ 79

2.3 Zusammenfassung der Ergebnisse und Konsequenzen......................... 82 3

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing...... 87

3.1 Ethisch relevante Konflikte im internationalen Marketing................... 87 3.1.1

Ethische Dilemmasituationen als Ausgangspunkt....................87

3.1.2

Mögliche Konfliktebenen und -Ursachen.................................92

3.1.3

Die spezifische Bedeutung kultureller Konflikte.................... 99

3.2 Die normative Ausgestaltung einer internationalen Marketingethik... 106

3.2.1

Ethnozentrismus und Kulturrelativismus als unzureichende Handlungsregulatoren............................................. 106

3.2.2

Universalistische Ansätze als Handlungsoption................... 110

3.2.3

Die Diskursethik von Habermas als Ausweg aus dem kulturellen Dilemma................................................ 115 3.2.3.1 Ausgangspunkt und theoretische Fundierung der Sprachphilosophie............................... 115

3.2.3.2 Anwendungsvoraussetzungen der Diskursethik im interkulturellen Kontext....................... 120

3.3 Zusammenfassung der Ergebnisse und Konsequenzen...................... 127

4

Internationales Marketing, Entwicklungsländerund Ethik................. 133

4.1 Die Bedeutung des internationalen Marketing für die Entwicklungsländer...................................................................... 136 4.1.1

Zusammenhang von Marketing und ökonomischer Entwicklung............................................................ 136

4.1.2

Möglichkeiten und Grenzen des Marketing auf unvollkommenen Märkten...................................... 142

Inhaltsverzeichnis

11

4.2 Spielräume (un-)ethischen Handelns im internationalen Marketing... 148 4.2.1

Notwendigkeit ethischer Handlungsnormen auf Untemehmensebene................................................ 148

4.2.2

Notwendigkeit ethischer Handlungsnormen auf Branchenebene........................................................ 154

4.3 Implikationen für das internationale Marketing...................................161 4.4 Zusammenfassung der Ergebnisseund Konsequenzen........................ 166 5

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext.................................................................... 171

5.1 Die Diskursethik als Ausgangspunkt des marktorientierten Untemehmensdialogs................................................................... 171 5.2 Konzeptionelle Ausgestaltung einer dialogischen Marketingethik in international tätigen Unternehmen.......................................... 175

5.2.1

Konfliktträger und Ebenen des marktorientierten Untemehmensdialogs............................................. 175 5.2.1.1 Marktorientierte Dialoge mit der Makroumwelt der multinationalen Unternehmung.......... 175 5.2.1.2 Anforderungen an die Konfliktträger und die Bedeutung „stellvertretender Diskurse“... 180

5.2.1.3 Standardisierung versus Differenzierung des Marketing als Ausgangspunkt der dezentralen Konfliktregulierung................................... 188 5.2.2

Gestaltungsrahmen des marktorientierten Untemehmensdialogs.............................................. 194

5.2.2.1 Organisatorische Gestaltungsanforderungen als Vorbedingung............................................ 194

5.2.2.2 Gestaltung der Dialogstruktur................................. 202

5.2.2.3 Gestaltung des Dialogablaufs.................................. 206 5.3 Grenzen einer Dialogethik im internationalen Marketing...................209 5.4 Zusammenfassung der Ergebnisse und Konsequenzen....................... 214

Inhaltsverzeichnis

12

6

Implementierung marktorientierter Unternehmensdialoge im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung.................... 219 6.1 Diskursive Willensbildung im Rahmen der internationalen Marketingplanung....................................................................... 219

6.2 Dialogisch zu handhabende Probleme der internationalen Marktforschung in Entwicklungsländern.................................... 226

6.3 Dialogisch zu handhabende Aspekte des internationalen Marketing-Mix in Entwicklungsländern..................................... 232

6.3.1

Internationale Produktpolitik.................................................. 232

6.3.2

Internationale Kommunikationspolitik................................... 237

6.3.3

Internationale Preispolitik...................................................... 245

6.3.4

Internationale Distributionspolitik......................................... 252

6.4 Zusammenfassung der Ergebnisse und Konsequenzen - Der Nestle-Fall als Beispiel für die Gestaltung eines marktorientierten Untemehmensdialogs in Entwicklungsländern............................ 259 7

Schlußbetrachtung und Ausblick............................................................ 267

Anhang.............................................................................................................. 271

Literaturverzeichnis.........................................................................................273

A bbildungsverzeichnis

13

-AbbildungsverzeichnisSeite

Abbildung 1-1:

Systematisierung von Intemationalisierungsstrategien...... 29

Abbildung 1-2:

Gliederung der Ethik.......................................................... 31

Abbildung 1-3:

Gang der Untersuchung...................................................... 44

Abbildung 2-1:

Die Entwicklung der Marketingwissenschaft.................... 50

Abbildung 2-2:

Differenzierung der strategischen Ansätze einer Marketingethik nach Aggregationsebenen....................... 67

Abbildung 2-3:

Dialogformen nach Dialoganlässen und -zielen............... 75

Abbildung 3-1:

Einflußfaktoren und Konfliktfelder im internationalen Management...................................................................... 88

Abbildung 3-2:

Dreieck der Kultursysteme............................................... 102

Abbildung 3-3:

Ansätze zur Überwindung des interkulturellen Dilemmas......................................................................... 113

Abbildung 4-1:

Die Rolle des Marketing im ökonomischen Entwicklungsprozeß...................... 140

Abbildung 4-2:

Der Zusammenhang zwischen Marketing und ökonomischer Entwicklung........... 141

Abbildung 4-3:

Das Spannungsdreieck zwischen Ökonomie, internationalem Marketing und Ethik.............................. 162

Abbildung 5-1:

Rahmenkonzeption marktorientierter Untemehmensdialoge in international tätigen Unternehmen.................. 174

Abbildung 5-2:

Der stellvertretende Diskurs im internationalen Marketing...................................... 187

Abbildung 5-3:

Aufbau einer Ethik-Kommission......................................200

Abbildung 5-4:

Funktionen von marktorientierten Untemehmensdialogen........................................................................... 211

Abbildung 6-1:

Struktur einer diskursiv ausgerichteten Marketing­ konzeption .................................... 220

Abbildung 6-2:

Diskursive Willensbildung im internationalen Marketing..................................... 222

Tabellenverzeichnis

15

-T abellenverzeichnisSeite Tabelle 2-1:

Monologischer und dialogischer Begriff sozialer Verantwortung..................................................................... 59

Tabeile 2-2:

Forschungsprogramm einer Marketingethik............................ 64

Tabeile 2-3:

Dialogformen und Beispiele..................................................... 75

T abeile 3-1:

Konfliktebenen......................................................................... 93

Tabelle 3-2:

Konflikte zwischen MNU und EL........................................... 95

Tabelle 3-3:

Ethische Probleme im internationalen Marketing.................. 103

T abeile 3-4:

Handlungstypen......................................................................117

Tabelle 3-5:

Gegenüberstellung von Lebenswelt und System.................... 119

Tabelle 3-6:

Universale Geltungsansprüche von Sprechhandlungen........ 122

Tabelle 4-1:

Beispiele für internationale Branchenvereinbarungen........... 157

Tabelle 5-1:

Mögliche Schulungsinhalte im Rahmen eines interkulturellen Mitarbeitertrainings.................................... 182

Tabelle 5-2:

Beispiele spezifischer aufbauorganisatorischer Einrichtungen........................................... 197

Tabelle 6-1:

Beispiele für im Diskurs zu behandelnde Probleme der internationalen Marktforschung......... 231

Tabelle 6-2:

Beispiele für im Diskurs zu behandelnde Aspekte der internationalen Produktpolitik............ 237

Tabelle 6-3:

Beispiele für im Diskurs zu behandelnde Aspekte der internationalen Kommunikationspolitik.......................... 245

Tabelle 6-4:

Beispiele für im Diskurs zu behandelnde Aspekte der internationalen Preispolitik................ 252

Tabelle 6-5:

Beispiele für im Diskurs zu behandelnde Aspekte der internationalen Distributionspolitik.... 257

A bkürzungsverzeichnis

-Abkürzungsverzeichnisa.

am

AG

Aktiengesellschaft

AgChrU

Arbeitsgemeinschaft christlicher Unternehmer

AMA

American Marketing Association

Bd.

Band

BfAi

Bundesstelle für Außenhandelsinformationen

BfuP

Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis

BMZ

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

BSP

Bruttosozialprodukt

bspw.

beispielsweise

BWL

Betriebswirtschaftslehre

bzw.

beziehungsweise

ca.

circa

Corp.

Corporation

D

Diskursgrundsatz

d.

der

d.h.

das heißt

DAC

Development Assistance Committee

DBW

Die Betriebswirtschaft

E

Electronic

e.V.

eingetragener Verein

EASA

European Advertising Standards Alliance

Ed.

Editor

Eds.

Editors

EL

Entwicklungsland, -länder

Emnid

Ermittlungs-, Meinungs-, Nachrichten-, Informationsdienst

17

18

A bkürzungsverzeichnis

ERBE

Erkältungskrankheiten und ihre Behandlung

ESOMAR

European Society for Opinion and Marketing Research

et al.

et alii

etc.

et cetera

EU

Europäische Union/European Union

Europ.

Europäisch(e)

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

GATT

General Agreement on Tariffs and Trade

GBDe

Global Business Dialogue on Electronic Commerce

gepa

Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt

GfK

Gesellschaft für Konsumforschung

GNP

Gross National Product

HAGE

Haarpflege und Gesundheit

Hrsg.

Herausgeber

i.d.R.

in der Regel

i.e.S.

im engeren Sinne

i.S.

im Sinne

i.w.S.

im weiteren Sinne

IAA

International Advertising Association

ICC

International Chamber of Commerce

ICCA

International Council of Chemical Associations

IL

Industrieland, -länder

imug

Institut für Markt, Umwelt und Gesellschaft

Jap.

Japanisch(e)

JgKap.

Jahrgang

KfW

Kreditanstalt für Wiederaufbau

lat.

lateinisch

LDCs

Least Developed Countries

Kapitel

Abkürzungsverzeichnis

Mass.

Massachusetts

MNC(s)

Multinational Corporation(s)

MNU

Multinationale Untemehmung/Untemehmen

NGO(s)

Non-Governmental organization(s)

No.

Number

Nr.

Nummer

NSP

Nettosozialprodukt

o.Jg.

ohne Jahrgang

o.V.

ohne Verfasser

OECD

Organization for Economic Cooperation and Development

PP&G

page

PKE

Pro-Kopf-Einkommen

pp.

pages

PR

Public Relations

SADC

South African Development Community

SCIP

Society of Competitive Intelligence Professionals

RC

Responsible Care

S.

Seite(n)

sog.

sogenannt(e)

S-O-R

Stimulus-Organismus-Response

Sp.

Spalte

SUP

Strategische Untemehmensplanung

TAZ

Die Tageszeitung

U

Universalisierungsgrundsatz

u.a.

unter anderem/und andere

U.S. (US)

United States

U.S.A. (USA)

United States of America

u.U.

unter Umständen

UFTAA

Universal Federation of Travel’s Agents Associations

Procter & Gamble

19

20

A bkürzungsverzeichnis

UNCTAD

United Nations Conference on Trade and Development

UNO

United Nations Organizations

Verf.

Verfasser

Vgl.

Vergleiche

Vol.

Volume

VR

Volksrepublik

vs.

versus

W&V

Werben und Verkaufen

WAGE

Waschen und Gewässerschutz

WHO

World Health Organization

WiSt

Wirtschaftswissenschaftliches Studium

WISU

Das Wirtschaftsstudium

z.B.

zum Beispiel

z.T.

zum Teil

ZfB

Zeitschrift für Betriebswirtschaft

ZfbF

Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung

ZFO

Zeitschrift Führung + Organisation

ZFP

Zeitschrift für Forschung und Praxis

zfwu

Zeitschrift für Wirtschafts- und Untemehmensethik

Einleitung

21

1

Einleitung

1.1

Problemstellung und Erkenntnisziel

Die wirtschaftliche Globalisierung, die erst im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts Realität wurde, stellt für das internationale Management, unabhängig von der Größe und Branchenzugehörigkeit der Unternehmen, eine theoretische und prak­ tische Herausforderung dar. Sie ist gekennzeichnet durch die „radikale Entbettungsstrategie“ wirtschaftlicher Prozesse, die jede Bindung an Kulturen, Zeiten, lokale Räume und Handlungskontexte auflöst und demokratische Verständi­ gungsprozesse schrittweise durch marktliche Austauschprozesse ersetzt. Es ver­ geht deshalb kein Tag, ohne daß über ihre sozialen und wirtschaftlichen Auswir­ kungen diskutiert wird.1 Während in der tagespolitischen Diskussion eher die Ge­ fahren dieses Phänomens betont werden und dessen Legitimität und Sinnhaftigkeit angezweifelt wird, zieht sich durch die reine und monetäre Außenwirt­ schaftstheorie fast durchgängig ein positiver Tenor.2 Für Marktpuristen scheint es gleichermaßen den Beweis für die ethische Überlegenheit der „reinen“ ökonomi­ schen Lehre zu liefern.3 International tätige Unternehmen müssen sich dieser Dis­ kussion stellen, da sie sowohl zentrale Motoren der Globalisierung sind als auch mit deren Bedingungen und Auswirkungen fertig werden müssen. Schon lange bevor der Terminus „Globalisierung“ seine aktuelle Popularität erlangte, gerieten sie mit ihren Aktivitäten in den Entwicklungs- und Schwellenländem immer wie­ der ins Zentrum der Kritik, die explizit mit ethischen Ansprüchen verbunden war. 4

Die Diskussion um die Mitverantwortung der international tätigen Unternehmen an den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Krisen in den Entwicklungslän­ dern wird selten frei von ideologischen Einfärbungen geführt. Eine kritische Hal­ tung gegenüber den „Multinationals“ ist jedoch auch durch deren Verhalten aus­ gelöst worden. So belegen nachweisbare Beispiele wie das Bhopal-Unglück und der Fall Nestle, daß sich ihr Verhalten in diesen Ländern z.T. gegen das Gemein­ 1 2 3

4

Vgl. Scherer/Löhr 1999, S.262-263; Gil 1998, S.49. Vgl. Dunn 2001b, S.405. Vgl. Maak 1998, S.20. Eine derartige Position wird bspw. von Hans-Olaf Henkel vertreten, der für ein bis in soziale Belange hineinreichendes Primat der Wirtschaft vor der Politik eintritt: „Bei der Globalisierung ist der Triumph von Marktwirtschaft, Demokratie und Menschenrechten als Mitreisender immer dabei“. Hom 2001, S.14. Vgl. Scherer/Löhr 1999, S.263-264; Engelhard 1989, Sp.2155; Simpson 1982, p.232.

22

Einleitung

wohl richtet und z.B. nicht mit Arbeitsbeschaffungsargumenten relativiert werden kann. Unter der plausiblen Annahme, daß diese Unternehmen die strengeren Vor­ schriften bzw. sogar Verbote in ihren Heimatländern kennen, könnte man ihnen eine geringere Achtung und Bewertung der Konsumenten in den Entwicklungs­ ländern unterstellen.5 Wohltätigkeit ist offensichtlich eine steigende Funktion der Nähe: Je größer die soziale Nähe, desto größer scheint auch das Verantwortungs­ gefühl zu sein.6 Es handelt sich allerdings um einen Irrglauben, daß sich die Men­ schen in den Industrieländern diesen Entwicklungen bzw. ihren Folgen mittelund langfristig entziehen könnten. Erscheinungen wie die Zerstörung der natürli­ chen Umwelt, Armutsmigration und grenzüberschreitende Wirtschaftskriminalität treffen die gesamte Weltwirtschaft, direkt oder indirekt, negativ.7 „Die globalen Herausforderungen können nur in verantwortungsvoller Gemeinschaft zwischen Industrie- und Entwicklungsländern gemeistert werden.“8 International tätige Un­ ternehmen dürfen also nicht ausschließlich nach ökonomischen Zielen handeln, sondern müssen als politische Akteure ihren Beitrag zur Sicherung des Weltfrie­ dens leisten und zum Zwecke ihrer eigenen Existenz die moralische Verantwor­ tung eines „Genius universalis“ und „citoyen mondial“ übernehmen.9

Dubiose Marketingpraktiken zählen für Donaldson zu den Hauptkategorien ethi­ scher Konflikte international tätiger Unternehmen:10 Dem internationalen Marke­ ting kommt gestaltende und richtungsweisende Funktion für jedes international orientierte Unternehmen zu. So nehmen, als Reaktion auf den weltweiten Wett­ bewerb, die Markterschließung und Absatzsicherung unter den vielfältigen empi­ risch belegbaren Intemationalisierungsmotiven (bspw. werden auch Produktions­ kosten- und beschaffüngsmarktorientierte Motive verfolgt) eine vorrangige Stel­ lung ein.11 Auch in den Entwicklungsländern wird, außer aus Kostengesichts­ punkten, überwiegend aus absatzpolitischen Gründen investiert, da die Entwick­ lungsländermärkte in einer Zeit der wirtschaftlichen Stagnation in den Industrie­ ländern das einzige noch zu erschließende Marktpotential darstellen.12 Das inter­ nationale Marketing stellt gleichsam das wichtigste Bindeglied zwischen der Un­ ternehmung und dem jeweiligen Ländermarkt dar. Das Absatzverhalten ruft des­ halb in der dortigen Öffentlichkeit häufig das meiste Aufsehen hervor, zumal die 5 6 7 8 9 10 " 12

Vgl. Richter 1997, S.261,277-279. Vgl. Jones 1991, p.386; Hesse 1988, S.207. Die Verallgemeinerungsfahigkeit dieser Beobachtung kann jedoch nur durch eine empirische Untersuchung belegt werden. Vgl. Homann/Gerecke 1999, S.439; Genscher 1997, S.6-7. Gerhardt 2000, S.20. Vgl. Kumar/Steinmann 1998, p.2; Kumar 1998, S.90; Amba-Rao 1993, p.556. Vgl. Donaldson 1993, Sp.735; Donaldson 1989, p.30. Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.97-98; Kumar 1998, S.61; UNCTAD (Ed.) 1997, p.38; Meissner 1995, S.57; Hermanns 1995, S.24. Vgl. Ortmanns 1992, S.55-56; Schütz 1990, S.7-9; Essawy 1989, S.l, 76; Peters 1988, S.73.

Einleitung

23

Gesellschaft auf diese Weise einen Einblick in das Aktionsfeld der international tätigen Unternehmung bekommt.13 In Anbetracht des erhöhten Konfliktpotentials gewinnt die Entwicklung einer Untemehmensethik bzw. eines verantwortungs­ vollen Marketingmanagements - so Meffert/Bolz - mit fortschreitender Globali­ sierung zunehmend an Bedeutung. Mit Rücksicht auf die divergierenden Wert­ vorstellungen z.B. der Gastlandmitarbeiter und lokalen Konsumenten muß eine Marketingethik international tätiger Unternehmen insbesondere den Anforde­ rungen interkulturellen Handelns gerecht werden.14 Wegen der Unterschiedlich­ keit der kulturellen Rahmenbedingungen besteht die Schwierigkeit für diese Un­ ternehmen darin, eine Balance zwischen dem Aufbau einer eigenen Identität als multikulturelle Organisation, dem Bezug zur kulturellen Umgebung ihres Hei­ matlandes und der Integration in die Gastlandkultur zu finden.15 Dieser Span­ nungsbogen entfaltet sich insbesondere im Rahmen der Marktorientierung: Kul­ turelle Unterschiede im Konsumentenverhalten wirken sich sowohl auf die grundlegende Akzeptanz eines Produktkonzepts als auch auf den Wirkungsgrad der eingesetzten Marketingmix-Strategie aus, so daß zu überprüfen ist, inwiefern sie mit den Verhaltensnormen in der betroffenen Absatzregion vereinbar sind.16 Hieraus folgt zugleich, daß die vorhandenen Überlegungen zu einer Ethik im na­ tionalen Marketing nicht unreflektiert einen Beurteilungsrahmen für Marketing­ handeln im internationalen Kontext liefern können.17 Vielmehr wird mit zuneh­ mender Intemationalität des Marketing auch die Entwicklung einer internationa­ len Marketingethik erforderlich.18 Internationale Marketingmanager stehen vor der Herausforderung, komplexe ethische Dilemmata regulieren zu müssen, die dem nur national operierenden Marketingmanager weitgehend fremd sind. Sie bewegen sich nämlich nicht nur im Spannungsfeld der andersartigen Norm- und Wertvorstellungen lokaler Stakeholdergruppen, sondern auch zwischen den in der internationalen Untemehmenspraxis gebräuchlichen Handlungsorientierungen von Ethnozentrismus und Kulturrelativismus.19 Für das weitere Verständnis der Arbeit ist hier vorwegzunehmen, daß sich beide Ansätze heftiger Kritik ausge­ 13

14 15 16

17 18 19

Vgl. Schlegelmilch/Götze 1999, S.27; Smith 1993, p.4; Armstrong 1992, pp. 161-162; Fritzsche 1987, p.85. Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.313. Vgl. Rumpf 1997, S.8-9. Vgl. Schuh 1997, S.79. „Der Bereich des Internationalen Marketing und besonders die Aktivi­ täten im Strategischen Internationalen Marketing stellen damit den eigentlichen Brennpunkt der internationalen Kultur der Unternehmen dar.“ Meissner 1995, S.69. Vgl. Iyer 1998, p.222. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.415. Vgl. Schlegelmilch 1998, p. 149. Während die ethnozen tri sehe Verhaltensweise durch eine starke Stammlandorientierung gekennzeichnet ist, dienen bei einer kulturrelativistischen Position die lokalen Normen und Werte als Verhaltensorientierung. Vgl. dazu Kapitel 3.2.1.

24

Einleitung

setzt sehen. Angesichts ihrer Probleme, interkulturell konsensfähige Verhaltens­ orientierungen zu begründen, und dem wachsenden ethischen Konfliktpotential internationaler Marketingaktivitäten soll diese Arbeit einen Beitrag zur Beant­ wortung ethischer Fragestellungen im internationalen Marketing leisten. Das internationale Marketingmanagement hat sich - obwohl in Theorie und Praxis, nicht zuletzt als Reaktion auf die oben beispielhaft genannten und andere Zwi­ schenfälle in den Entwicklungsländern, wiederholt die Forderung nach einer internationalen Entwicklung der Marketingethik aufgestellt wurde - bisher nur am Rande mit ethischen Aspekten auseinandergesetzt.20 Vor allem im deutsch­ sprachigen Raum gibt es nur wenige Autoren, die sich explizit und umfassend mit diesbezüglichen Problemen beschäftigen, zumal diese Konzepte hinsichtlich ihrer philosophischen Grundlagen nicht immer hinreichend begründet sind.21 Ausgehend von dem Ziel dieser Arbeit, einen konzeptionellen Entwurf für eine Ethik im internationalen Marketing vorzustellen, sind unter Berücksichtigung der bisherigen Ausführungen zwei Untersuchungsbereiche abzuleiten und zu bear­ beiten: Erstens stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit und der Möglichkeit, ethische Überlegungen im internationalen Marketing zu berücksichtigen. Hier bildet das Marketing international tätiger Unternehmen in den Entwicklungslän­ dern einen geeigneten Ausgangspunkt, um zu illustrieren, daß ethische Erwägun­ gen nicht trotz, sondern gerade wegen der dort vorherrschenden Rahmenbe­ dingungen einen wertvollen Beitrag zur (Weiter-)Entwicklung dieser Länder zu leisten vermögen.22 Hieraus resultiert zweitens die Frage nach der Ausgestaltung einer internationalen Marketingethik, die ausreichend begründet ist, um universell gültige Handlungsanleitungen vorzugeben. Mit der Anwendung der Diskursethik von Habermas auf ökonomische Fragestellungen hat sich ein methodisch ange­ messenes Konzept zur Behandlung komplexer Interaktionsprobleme ergeben, da der Diskurs als formal-prozedurales Prinzip intersubjektiver Verständigung die Komplexität der unterschiedlichen Gesellschaften und Kulturen in sich abbildet.23 Die vorliegende Arbeit überträgt dieses Konzept konsequent auf die funktions­ spezifischen Marketingprobleme international tätiger Unternehmen, um eine eigene Rahmenkonzeption marktorientierter Untemehmensdialoge zu entwerfen. 20

21 22

23

Vgl. Rogers/Ogbuehi/Kochunny 1995, p.14; Segal/Giacobbe 1995, p.l 10; Armstrong/Sweeney 1994, p.776; Armstrong 1992, pp. 161-162, 168; Dubinsky et al. 1991, p.652; Mayo/Marks/Ryans 1991, p.72. Vgl. dazu Schlegelmilch/Götze 1999; Schlegelmilch 1998 und das Dissertationsprojekt von Srnka „Ethik im Marketing: Eine interkulturelle Betrachtung“. Vgl. Smka 2000, S. 108-115. Skeptiker, sofern sie überhaupt wissen, was Marketing bzw. Ethik ist, könnten bspw. ein wenden: „Any economy needs standards of ethics and integrity if it is to thrive, but ethics can be seen as an unaffordable luxury in an environment where humanity is too preoccupied with daily existence to worry about,higher* motivations.“ Reddy/Campbell 1994, p.37. Vgl. z.B. Gilbert 1998; Ulrich 1998; Steinmann/Scherer 1998; Hansen 1996; Zerfaß 1996a.

Einleitung

25

1.2

Begriffliche Abgrenzungen

1.2.1

Internationales Marketing

Die Auseinandersetzung mit internationalen Marketingproblemen setzt zunächst eine begriffliche Abgrenzung und Klärung des Terminus „Marketing“ voraus.24 Nach Meffert bedeutet Marketing in der klassischen Interpretation „die Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen und potentiellen Märkte ausge­ richteten Untemehmensaktivitäten. Durch eine dauerhafte Befriedigung der Kun­ denbedürfnisse sollen die Untemehmensziele verwirklicht werden“.25 Kotier/ Bliemel definieren Marketing demgegenüber als einen „Prozeß im Wirtschaftsund Sozialgefuge, durch den Einzelpersonen und Gruppen ihre Bedürfnisse und Wünsche befriedigen, indem sie Produkte und andere Dinge von Wert erzeugen, anbieten und miteinander austauschen“.26 Während also Meffert vor allem die Orientierung an Kundenbedürfnissen betont und Kotier die Austauschbeziehung­ en in den Vordergrund stellt, wird das Marketing heute ganz allgemein als marktorientierte Untemehmensfuhrung verstanden.27 Diese Sichtweise entwi­ ckelte sich aus der Erkenntnis, daß mit der Entstehung von Käufermärkten der Absatzbereich der größte Engpaßfaktor auf dem Weg zu unternehmerischem Erfolg ist. „Marktorientierung“ bedeutet demnach in erster Linie Absatzmarktbzw. Kunden- und Bedürfnisorientierung.28 Während für die konzeptionelle Aus­ gestaltung des internationalen Marketing also eine Ausgangsbasis geschaffen ist, bedarf dieses Marketingkonzept im Rahmen ethischer Überlegungen an späterer Stelle einer kritischen Evaluierung. Gleichzeitig ist damit der Inhalt der eigenen Forschungsarbeit umrissen. Die folgenden Überlegungen konzentrieren sich pri­ mär auf das Handeln von Unternehmen zur Förderung von Transaktionen auf Ab­ satzmärkten, also auf das Absatz-, nicht auf das Beschaffungsmarketing.

24

25 26 27 28

Vgl. Backhaus/Büschken/Voeth 1998, S.65-66; Quack 1995, S.5-6. Allerdings kann trotz der großen empirischen Relevanz der Internationalisierung von Untemehmensaktivitäten derzeit im Bereich des internationalen Marketing nicht von einer geschlossenen Theorie mit einem axiomatischen und widerspruchsfreien Aussagensystem gesprochen werden. Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.29; Stegmüller 1993, S.386-387. Meffert 1998, S.7. Kotler/Bliemel 1992, S.6. Vgl. Hermanns 1995, S.25; Quack 1995, S.6 und ausführlich Bruhn/Steffenhagen 1997. Käufermärkte sind dadurch gekennzeichnet, daß das Angebot tendenziell schneller wächst als die Nachfrage und die Nachfrager zunehmend schärfer umkämpft sind. Der Anreiz und Spielraum für moralisch fragwürdiges Verhalten sind im Absatzmarketing deshalb viel größer als im Beschaffungsmarketing. Vgl. Kaas 1997, S.50-51.

26

Einleitung

Internationale, d.h. grenzüberschreitende Untemehmenstätigkeiten haben in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Die wachsende Weltmarktexpan­ sion - bedingt durch eine Deregulierung vieler Märkte und eine Internationalisie­ rung des Handels - und die Verbesserungen im Bereich der Verkehrs- und Kom­ munikationstechnologien sowie sozio-kulturelle Integrationsprozesse haben dazu geführt, daß sich unternehmerische Entscheidungsprozesse zunehmend auf inter­ nationale Geschäftstätigkeiten verlagern.29 Der nach dem Zweiten Weltkrieg ein­ setzende Wachstumsprozeß (Intemationalisierungs-Pull) hatte eine Verschärfung der Konkurrenzsituation auf internationalen Märkten zur Folge, die die Erhaltung bzw. Gewinnung internationaler Wettbewerbsvorteile zur zentralen Aufgabe der modernen Untemehmensführung macht (Internationalisierungs-Push). 30 Aus der weltweiten Veränderung der Wettbewerbssituation resultiert vor allem ein Be­ deutungsanstieg des internationalen Marketing: Marketing verstanden als Eng­ paßfaktor erfordert die Entwicklung einer markt- bzw. kundenorientierten inter­ nationalen Unternehmenspolitik.31

Angesichts dieser Entwicklungen stellt sich die Frage, ob eine eigenständige Aus­ einandersetzung mit dem Marketing im internationalen Kontext gerechtfertigt ist oder ob es sich dabei lediglich um einen spezifischen Anwendungsfall herkömm­ licher Marketingkenntnisse handelt.32 Zunächst ist festzuhalten, daß sich mit dem Begriff „internationales Marketing“ in der Literatur bis heute kein einheitlicher Vorstellungsinhalt verbindet.33 Ausgangspunkt für eine terminologische Bestim­ mung kann die Begriffsfassung der „internationalen Unternehmung“ bilden.34 International tätige Unternehmen zeichnen sich dadurch aus, daß ihre Wertschöp­ fungsaktivitäten grenzüberschreitend in mindestens zwei Ländern erfolgen.35 In­ ternationales Marketing besteht folglich - in Anlehnung an die weiter oben ge­ machten Ausführungen - „in der Analyse, Planung, Durchführung, Koordination und Kontrolle marktbezogener Untemehmensaktivitäten bei einer Geschäftstätig­ keit in mehr als einem Land“.36 Typisch für die vorherrschenden Definitionen des 29 30 31 32

33 34 35

36

Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.15-16; Meissner 1993, Sp.1872; Bruhn 1992, S.704. Vgl. Perlitz 2000, S.l-2; Meffert/Bolz 1998, S.15; Meissner 1995, S.l-2. Vgl. Hermanns 1995, S.24; Quack 1995, S.6; Meissner 1995, S.2. Vgl. Backhaus/Büschken/Voeth 1998, S.67-68. Zur kritischen Diskussion um die Einordnung internationaler Aspekte in die Betriebswirtschaftslehre (BWL) vgl. u.a. Schoppe 1998, S.l-3; Albach 1981, S.13-22. Vgl. in diesem Zusammenhang die Übersicht bei Backhaus/Büschken/Voeth 1998, S.67. Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.23-24. Vgl. Kreikebaum 1998a, S.6-9. Während in der Literatur eine Vielzahl von begrifflichen Ab­ grenzungen im Hinblick auf international tätige Unternehmen existiert (bspw. im Hinblick auf ihre Organisationsstruktur), werden sie in der folgenden Arbeit unter dem in der Theorie des internationalen Management schwerpunktmäßig behandelten Begriff der multinationalen Un­ ternehmung (MNU) zusammengefaßt. Meffert/Bolz 1998, S.25.

Einleitung

27

internationalen Marketing ist demnach zunächst ihre enge Anlehnung an her­ kömmliche Marketingdefinitionen. Die Notwendigkeit eines eigenständigen inter­ nationalen Marketing ergibt sich weniger aus einer Veränderung der Aufgabenin­ halte oder der formalen Prinzipien, sondern aus den Besonderheiten der grenz­ überschreitenden Tätigkeit als zweiter allgemein akzeptierter Abgrenzungsgrund ­ lage.37 Die folgenden Ausführungen werden deshalb verdeutlichen, daß es zwar bis zu einem bestimmten Ausmaß möglich ist, auf bekannte Überlegungen zu einer Marketingethik zurückzugreifen, daß ein internationales Marketing jedoch eine eigenständige Konzeption braucht, die nicht aus der Analogie zu nationalen Konzepten zu gewinnen ist. Das internationale Marketing sieht sich mit den folgenden, an die Überschreitung von Ländergrenzen gekoppelten, marktbezogenen Problemen konfrontiert, die den Unterschied zum nationalen Marketing ausmachen:38



Informationsbedarf: Der Informationsbedarf nimmt sprunghaft zu und gleichzeitig ist mit einer erschwerten Informationsbeschaffung zu rechnen.



Risiko: Beim Überschreiten von Ländergrenzen kommt es zu erhöhten und zusätzlichen Risiken (z.B. Verschuldungs-, Kurs- und Transferrisiko, politi­ sche Risiken).



Koordinationsbedarf: Dieser entsteht durch den erhöhten Aufwand, die Viel­ zahl der bearbeiteten Ländermärkte zu koordinieren (bspw. die Allokation knapper Ressourcen).



Komplexität: Durch die Konfrontation mit heterogenen Umwelten kommt der Entscheidungsvorbereitung eine besondere Bedeutung zu.

Während Informationsbedarf und Risiko im Laufe einer kontinuierlichen Markt­ bearbeitung u.U. abnehmen, bleibt die Bedeutung der Komplexität und der Koor­ dinationsaufgabe im internationalen Marketing zumindest konstant.39 In bezug auf den Koordinationsbedarf sind deshalb Marketingaktivitäten, die auf die Be­ sonderheiten in einzelnen Ländermärkten abstellen und keine Interdependenzef­ fekte bzw. Rückkopplungen mit anderen Ländern aufweisen, Anwendungsberei­ che des nationalen Marketing Verständnisses.40 Demgegenüber ergibt sich die 37 38

39 40

Vgl. Backhaus/Büschken/Voeth 1998, S.68; Hummel 1994, S.l; Cundiff/Hilger 1988, p.4. Vgl. im folgenden Meffert/Bolz 1998, S.22-23; Backhaus/Büschken/Voeth 1998, S.69; Hermanns 1995, S.26; Quack 1995, S.l0-11; Scholl 1989, Sp.984. Vgl. Backhaus/Büschken/Voeth 1998, S.69-71. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.331; Backhaus/Büschken/Voeth 1998, S.74-94. Wie anhand der unterschiedlichen ethischen Marketingkonflikte noch gezeigt wird, ist dies jedoch in der vor­ liegenden Arbeit gerade nicht der Fall. Vgl. dazu Kapitel 3.1.

28

Einleitung

Komplexität fur das multinationale Unternehmen (MNU) durch einen prinzi­ piellen Situationswandel, der aus der Pluralität der sozio-kulturellen und poli­ tisch-rechtlichen Bedingungen und des damit verbundenen Normensystems re­ sultiert.41 Dies erfordert eine qualitative Anpassung von Entscheidungsprozessen. Auch bei den Entwicklungsländern handelt es sich keineswegs um monolithische Gebilde, sondern um Länder von großer Heterogenität.42 Zur Handhabung dieser Komplexität und des Koordinationsbedarfs ist eine sinn­ volle Strukturierung der zahlreichen Erscheinungsformen des internationalen Marketing notwendig.43 Ein in diesem Zusammenhang häufig angewendetes und stringentes Modell stammt von Perlmutter, der bezüglich der verhaltenswissen­ schaftlichen Grundhaltung gegenüber den bearbeiteten Ländermärkten eine ethno-, poly-, regio- und geozentrische Orientierung unterscheidet und diesen Ansatz später für das internationale Marketing spezifiziert.44 In Anlehnung daran zeichnet sich unter Berücksichtigung der Marktbearbeitung, der Intemationalisierungsform und der organisatorischen Struktur eine Systematisierung dahinge­ hend ab, daß „internationales“, „multinationales“ und „globales“ Marketing als alternative Formen des Marketing über nationale Grenzen hinweg bezeichnet werden.45

„Internationales Marketing“ ist durch eine ethnozentrische Orientierung gekenn­ zeichnet: Das Unternehmen vermag nur begrenzt Anpassungsmodifikationen be­ züglich seiner Auslandsmärkte vorzunehmen. Die Übertragung seiner für den Inlandsmarkt entwickelten Produkte erfolgt in erster Linie in Form eines Export­ geschäfts.46 Im Mittelpunkt steht also die Nutzung des Wissens und der Kompe­ tenz des Stammhauses.47 Demgegenüber zeichnet sich das „multinationale Mar­ keting“ durch den bewußten Verzicht auf die Realisierung von Integrationsvor­ teilen zugunsten einer höheren Autonomie und Flexibilität der Landesgesell­ schaften aus, um auf nationale Besonderheiten reagieren zu können. Durch diese polyzentrische Orientierung und die damit verbundene Entscheidungsdezentrali­ sierung eröffnet sich die Möglichkeit höherer potentieller Markterlöse und das Risiko einer Intervention von seifen des Staates kann gesenkt werden.48 Die „glo­ bale bzw. geozentrische Orientierung“ versucht schließlich die Integration der unterschiedlichen Regionen der Welt vorzunehmen: Muttergesellschaft und natio­ 41 42 43 44 45 46 47 48

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Meffert/Bolz 1998, S.22-23; Meissner 1981, S.19. Nuscheler 1995, S.70-72; Austin 1991, S.35-36. Stegmüller 1993, S.388. Wind/Douglas/Perlmutter 1973, p.14. Keegan 1989, p.7; Meffert 1986, S.689-693. Meffert 1986, S.690. Bartlett/Ghoshal 1990, S.31-32. Scholl 1989, S.992.

Einleitung

29

nale Niederlassungen betrachten sich als Teile einer weltweiten Einheit, die durch eine ausgeprägte Zentralisierung der Entscheidungskompetenzen im Marketing gekennzeichnet ist.49 Diese Denkweise vernachlässigt weitgehend nationale Un­ terschiede und stellt vielmehr die Verbesserung von Kostendegressions-, Lemund Synergieeffekten zur Erhöhung der globalen Wettbewerbsfähigkeit in den Mittelpunkt der Bemühungen.50 Die nachfolgende Abbildung macht deutlich, daß die verschiedenen Konzepte der Intemationalisierungsstrategien auch als Stadien eines Entwicklungspfads verstanden werden können.51 Darüber hinaus existieren auch Mischstrategien (sog. transnationales Marketing), die auf Basis einer welt­ weit konzipierten Rahmenstrategie eine differenzierte Marktbearbeitung durch spezialisierte Untemehmenseinheiten postulieren.52

Abbildung 1-1: Quelle:

Systematisierung von Internationalisierungsstrategien Eigene Darstellung in Anlehnung an Meffert/Bolz 1998, S.27; Meffert 1989a, Sp.l413-1414.

Gemäß der Begriffsauffassung zur „internationalen Unternehmung“ soll „interna­ tionales Marketing“ im folgenden jedoch unter statistisch-quantitativen Gesichts­ punkten als Oberbegriff der zuvor erläuterten Termini verstanden werden und nicht nur den Export, sondern alle Möglichkeiten einer systematischen Aus­ 49 50 51 52

Vgl. Perlitz 2000, S.l38-140. Vgl. Carl 1989, S.33-34. Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.25; Kumar 1993, S.188. Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.29.

30

Einleitung

landsmarktbearbeitung umfassen. Abgesehen davon wurde deutlich, daß eine internationale Geschäftstätigkeit ohne Beachtung von Makroaspekten (z.B. Ge­ samtwirtschaft, Politik, Kultur) vielfach nicht möglich ist.53 Das internationale Marketingkonzept „erfordert deshalb eine sehr viel längerfristige Orientierung und zugleich die sensible Berücksichtigung der Dynamik der Umfeldfaktoren, die in veränderten politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen, im Wertewandel der Verbraucher oder im technologischen Wandel zum Ausdruck kommen“.54 Der Entwicklung und Integration einer strategischen Rahmenplanung in das interna­ tionale Marketing kommt somit eine besondere Bedeutung zu.55

1.2.2

Unternehmensethik im internationalen Kontext

Für die begriffliche Bestimmung der (internationalen) Untemehmensethik ist die Unterscheidung von „Ethik“, „Ethos“ und „Moral“ fundamental. Ethik als Diszi­ plin der praktischen Philosophie leitet ihren Namen von dem griechischen Wort „ethos“ (Gewohnheit, Sitte, Brauch) ab.56 Aufgabe der Ethik ist die wissenschaft­ liche Reflexion des Problembereichs Moral, d.h. die theoretische Herleitung, Sys­ tematisierung und theoriegestützte Anwendung von Moral.57 Als „Moral“ wird dabei die Gesamtheit faktisch herrschender Normen und Werte bezeichnet, die durch die gemeinsame Anerkennung in einer Gemeinschaft als verbindlich ak­ zeptiert und somit als handlungsleitend angesehen werden können.58 Unter „Ethos“ wird hingegen ein persönliches Wertgefuge verstanden, die innere Ak­ zeptanz der sittlichen Verpflichtungskraft von Werten und Normen und die Be­ reitschaft, ihnen entsprechend zu handeln.59 Ethos und Moral beziehen sich folg­ lich auf die praktische Seite, während die Ethik aus normativer, reflektierender Sicht Maßstäbe für gutes und gerechtes Handeln zu geben versucht.60 Als wissen­ schaftliche Disziplin wird sie in deskriptive und normative Ethik untergliedert. Während die deskriptive Ethik beschreibt, wie der Mensch sich tatsächlich ver­ hält, will die normative Ethik dem Menschen aufzeigen, wie er handeln soll. Die normative Ethik, als wichtigster Teil der praktischen Philosophie, kann wiederum in eine formale und eine materiale Ethik, die durch standardisierte inhaltliche

53 54 55 56 57 58 59 60

Vgl. Quack 1995, S.6-7. Meissner 1995, S.2. Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.35; Meissner 1995, S.2-5, 84; Hermanns 1995, S.27 und Kapitel 6.1. Vgl. Kreikebaum 1996, S.8-9; Pieper 1994, S.24-25. Vgl. Honecker 1993, Sp.249; Homann/Blome-Drees 1992, S.16. Vgl. Staffelbach 1994, S.138; Lay 1991, pp.56-57. Vgl. Kerber 1986, S.125. Vgl. Kreikebaum 1996, S.9-10; Ricken 1983, S.l 1-15.

Einleitung

31

Aussagen gekennzeichnet ist, unterschieden werden.61 Da die Akzeptanz ein­ zelner Normen aber intersubjektiv und vor allem interkulturell diskussionswürdig ist, kann eine Ethik nur dann intersubjektive Geltung erlangen, wenn sie auf die konkrete Vorgabe von auf Traditionen und Religionen aufbauenden Normen verzichtet und eine Formalethik ist, durch die die Individuen das moralisch Gute mittels prozessualer Normen selbst bestimmen können.62 Die Dialog- bzw. Dis­ kursethik als Beispiel für eine formal-prozedurale Ethik steht im Mittelpunkt dieser Arbeit: Für die Diskursethik ist die Begründung von Recht und Moral ausschließlich in den Verfahrensregeln argumentativer Rede möglich, da sie Sprache als intersubjektive, öffentlich zugängliche Praxis faßt.63

Abbildung 1-2: Quelle:

Gliederung der Ethik Eigene Darstellung in Anlehnung an Kreikebaum 1996, S.l 1; Hinterhuber/Nill 1993, S.259.

Die vergleichsweise späte Auseinandersetzung mit ethischen Fragestellungen im Rahmen der Wirtschaftswissenschaften ist vermutlich mit dem in Deutschland vorherrschenden Wissenschafts Verständnis zu erklären, wonach die Forschung auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Untemehmensethik lange Zeit als nicht mit

61 62

63

Vgl. Kreikebaum 1996, S.l0-11; Förschner 1986, S.60-61 und ausführlicher Kapitel 2.2.2. Vgl. Gilbert 1998, S.37. Als dritte Unterscheidung wird häufig noch die Metaethik genannt, die sprachliche Elemente und Ausprägungen moralischer Aussagen sowie die Letztbegründung der Ethik untersucht. Vgl. Honecker 1993, Sp.251. Vgl. Schmidt 1999, S.45-47 sowie ausführlich die Kapitel 2.2.3 und 3.2.3.

32

Einleitung

dem Wertfreiheitspostulat der Wissenschaft vereinbar galt.64 Dies führte zur totalen Ausgrenzung ethischer Fragen aus der Wissenschaft und zu einer sog. „Zwei-Welten-Konzeption “ von Wirtschaftstheorie einerseits und Wirtschafts­ ethik andererseits.65 Tatsächlich existiert kein „ethik-freier“ bzw. amoralischer Aktionsraum, da jedes zielgerichtete und bewußte wirtschaftliche Handeln inso­ fern moralische Elemente besitzt, als es sich auf grundlegende Werte bezieht, die nicht unbedingt verallgemeinerungsfähig sind.66 So verweist Rothschild darauf, daß das Marktsystem nur ein Teilsystem eines sozioökonomischen Gesamtsys­ tems darstelle und bei rein ökonomischer Betrachtung zahlreiche ethische und humane Probleme aufgrund weitreichender Interdependenzen unberücksichtigt blieben.67 Rich faßt dies mit den Worten zusammen, “...daß nicht wirklich men­ schengerecht sein könne, was nicht sachgerecht ist, und nicht wirklich sachge­ mäß, was dem Menschengerechten widerstreitet.“68 Diese Einsicht entwickelte sich nicht zuletzt angesichts ökonomischer, sozialer und ökologischer Probleme, die im Widerspruch zu einer marktwirtschaftlichen Systemordnung stehen, welche von Adam Smith als Garant ethisch legitimierbarer Ergebnisse betrachtet wurde.69 Wenn darüber hinaus - insbesondere im interkulturellen Kontext, auf­ grund divergierender Wertvorstellungen - kein Konsens über die in der Wirt­ schaft zu verfolgenden Oberziele besteht, erscheint das in der Betriebswirtschaft vorherrschende zweckrationale Denken unangemessen.70 Eine den weiteren Aus­ führungen zugrundegelegte Konzeption von Wirtschafts- und Untemehmensethik ist jedoch nicht als moralisches Korrektiv von außen her zu verstehen, sondern als Erweiterung ökonomischer Rationalität um ethische Vernunft von innen her.71 An dieser Stelle erscheint eine inhaltliche Abgrenzung von Wirtschafts- und Un­ temehmensethik notwendig. Bei ersterer handelt es sich um eine auf die allge­ meine Wirtschaft bezogene Systemethik (z.B. zur Ausgestaltung der Wirtschafts­ ordnung), bei letzterer um die ethische Reflexion des unternehmerischen Wirt­ schaftens.72 Aufgrund der skizzierten Probleme und der Tatsache, daß unterneh­ merisches Handeln nicht vollständig durch die Wirtschaftsordnung determiniert 64 65 66 67 68 69

70 71 72

Vgl. dazu Weber 1973. Vgl. Ulrich 1987, S.123; Apel 1980, S.279-280. Vgl. Kreikebaum 1996, S.5-6, 176; Homann u.a. 1988, S.29. Vgl. Rothschild 1987, S. 19. Rich 1987, S.81. Vgl. Hansen 1995, Sp.616; Homann/Blome-Drees 1992, S.20. Diese Systemethik wird in fol­ genden Sätzen deutlich: „Nicht vom Wohlwollen des Metzgers, Brauers und Bäckers erwarten wird das, was wir zum Essen brauchen, sondern davon, daß sie ihre eigenen Interessen wahr­ nehmen. Wir wenden uns nicht an ihre Menschen-, sondern an ihre Eigenliebe, und wir erwähnen nicht die eigenen Bedürfnisse, sondern sprechen von ihrem Vorteil.“ Smith 1988, S.17. Vgl. Hinterhuber/Nill 1993, S.260-261. Vgl. Ulrich 1987, S.125. Vgl. Behnam 1998, S.17.

Einleitung

33

wird, entstehen diskretionäre Handlungsspielräume, die untemehmensethisches Handeln nicht nur möglich, sondern sogar nötig machen.73 Nach Ulrich ist Unter­ nehmensethik deshalb „die systematische (philosophisch-ethische) Auseinander­ setzung mit dem [...] konstitutiven Grundproblem auf der Ebene der institutio­ neilen Rahmenbedingungen der Unternehmung sowie der personalen Verantwor­ tungsprobleme in diesem Rahmen.“74

In diesem Zusammenhang bedarf die Frage, ob ein Unternehmen an sich Verant­ wortung übernehmen kann, einer Konkretisierung. Es geht also um das internatio­ nale Unternehmen als moralischer Akteur bzw. die Übernahme individualethi­ scher Verantwortung (bspw. durch die Marketingmanager) im internationalen Kontext. Zwar verfugt das Unternehmen als Institution nicht über ein „Gewissen“ und kann dementsprechend nicht personifiziert werden.75 Doch läßt sich sein ganzheitlicher Charakter nicht völlig auf die Aggregation einzelner Handlungen von Untemehmensangehörigen zurückfuhren. Das Unternehmen kann also im analogen Sinne als moralischer Akteur bezeichnet werden.76 Dies darf allerdings nicht dazu fuhren, daß der einzelne Handlungs- und Entscheidungsträger von sei­ ner persönlichen Verantwortung entbunden wird.77 Ein Antagonismus von Insti­ tutionen- und individualethischer Festlegung von Verantwortung erscheint nicht sinnvoll. Eine pragmatische Untemehmensethik muß aus diesem Grund sowohl eine institutionenethische als auch eine individualethische Betrachtungsweise be­ rücksichtigen.78 Dadurch lassen sich die vorliegenden Erkenntnisse zur internatio­ nalen Untemehmensethik mit dem Entscheidungs- und Verantwortungsspielraum der einzelnen Marketingmanager zum Zwecke konzeptioneller Überlegungen zu einer internationalen Marketingethik verbinden.

Insbesondere MNU sehen sich seit ihrem Bestehen massiven Vorwürfen der Öf­ fentlichkeit ausgesetzt und in Entwicklungsländern gelten ihre Aktivitäten z.T. heute noch als wirtschaftlicher Kolonialismus und als unmoralisch.79 Das klassi­ sche Argument von den negativen Extemalitäten unternehmerischen Handelns und den damit verbundenen sozialen und ökologischen Kosten gilt auch gegen MNU und verlangt, daß sie ihre Entscheidungen auch an nicht-ökonomischen

73 74 75 76

77 78 79

Vgl. Kreikebaum 1996, S.7; Enderle 1991, S.181 -182. Ulrich 1987a, S.411. Vgl. Kreikebaum 1996, S.194. Vgl. Enderle 1992, S. 143-147. „Als zielorientiertes und zugleich sich selbst organisierendes Gebilde [...] weist es eine spezifische Eigenständigkeit des Handelns auf und kann deshalb zu Recht als moralischer Akteur bezeichnet werden.“ Enderle 1991, S.183. Vgl. Gilbert 1998, S.163-164; Richter 1997, S.12-14; Hoffmann/Rebstock 1989, S.671. Vgl. dazu u.a. Palazzo 2000, S.23; Eretge 1996, S.l3; Kreikebaum 1996, S.309. Vgl. Kreikebaum 1996, S.313; Kumar 1991, S.231.

34

Einleitung

Maßstäben orientieren.80 Schließlich bedürfen auch paretooptimale Zustände ethi­ scher Reflexion, denn ansonsten gilt: „Alle hungern paretooptimal.“81 Der Verweis auf die gesetzliche Rahmenordnung als in diesen Fällen geeignetes Steuerungsinstrument erscheint in mehrfacher Hinsicht problematisch: Die Defi­ zite und Interpretationsspielräume des Rechtssystems aufgrund der Unmöglich­ keit seiner umfassenden und lückenlosen Regelung, die Informations- und Macht­ asymmetrien und die damit verbundenen Vollzugs- und Präventionsdefizite sowie Time-lags bei der Rechtsentwicklung weisen der Untemehmensethik bereits im nationalen Kontext eine ergänzende, entlastende und verbessernde Funktion zu.82 Am Beispiel der Entwicklungsländer, in denen Ordnungen nach westlichen Stan­ dards gänzlich fehlen, wird deutlich, daß der Untemehmensethik im internationa­ len Kontext noch eine ungleich größere Bedeutung zukommt; sie muß die feh­ lende internationale Gesetzgebung nicht nur ergänzen, sondern z.T. sogar erset­ zen.83 Die Notwendigkeit einer freiwilligen ethischen Selbstverpflichtung als Er­ gänzung der marktlichen und rechtlichen Steuerungsmechanismen ergibt sich zu­ dem aus dem Spannungsverhältnis zwischen Legalität und Legitimität moralisch sensibler Transaktionen im Rahmen internationaler Wirtschaftsbeziehungen.84 De facto resultiert eine Vielzahl ethischer Konflikte maßgeblich daraus, daß MNU eben in unterschiedlichen Kulturkreisen agieren. Wegen der divergierenden Nor­ men- und Wertsysteme, die sich aus dem multikulturellen Umfeld ergeben, kann generell davon ausgegangen werden, daß dieses Konfliktpotential mit zunehmen­ der Internationalisierung steigt.85 Problematisch ist dann, daß es die gemeinsame normative Basis, die auf nationaler Ebene als Konfliktregulierungsmechanismus dient, bei der Globalisierung wirtschaftlicher Aktivitäten nicht mehr gibt.86

Sofern auf supranationaler Ebene nicht mit der Ausbildung funktionsfähiger Sub­ stitute gerechnet werden kann, obliegt es dem MNU selber, die Rolle des morali­ schen Akteurs zu übernehmen und in Eigenverantwortung Normen für ein ver­ trägliches Wirtschaften zu konstituieren.87 Ansonsten können die angesprochenen Konflikte, insbesondere in Entwicklungsländern, zu einer Art „organisierter Un­ verantwortlichkeit“88 fuhren (bspw. beim Bhopal-Unglück). Häufig wird diesen 80

81 82 83 84 85 86 87 88

Vgl. Kreikebaum 1998, S.173; Kreikebaum/Behnam/Gilbert 1996, S.6; Kumar/Sjurts 1991, S.l64; Ulrich 1990, S.129. Prosi 1988, S.482. Vgl. dazu auch ausführlich Sen 1995, p.7; Sen 1990, pp.31-32, 39. Vgl. im folgenden Dunn 1999, S.245-246; Behnam 1998, S.94-100; Steinmann/Olbrich 1994, S.126; Homann 1991, S.106-107; Kumar/Sjurts 1991, S.166-169. Vgl. Steinmann/Olbrich 1994, S.l26; Homann 1991, S.106-107 und ausführlich Kapitel 4.2.1. Vgl. Wieland 1997, S.528; Jöstingmeier 1994, S.4; Kumar/Sjurts 1991, S.l66. Vgl. Gilbert/Würthner 1995, S.l; Steinmann/Olbrich 1994, S.125; Jöstingmeier 1994, S.6. Vgl. Gilbert 1998, S.20-22; Steinmann/Scherer 1997, S.24-25; Hinterhuber/Nill 1993, S.261. Vgl. Kumar/Graf 1998, pp.134-135; Steinmann/Scherer 1997, S.24-25. Kreikebaum 2000, S.148.

Einleitung

35

Unternehmen aufgrund ihrer Machtagglomeration Vorteilsnahme aus Unrecht unterstellt und dementsprechend die moralische Verantwortung angelastet. Das Ausmaß der Verantwortungsübemahme hängt dabei stets von den verfügbaren Handlungsspielräumen ab. Allerdings werden die weiteren Ausführungen ver­ deutlichen, daß insbesondere MNU in der Lage sind, selbständig ethische Impera­ tive zu verfolgen.89 MNU und die in ihnen handelnden (Marketing-)Manager können somit Legitimitätsdefizite ihrer Existenzgrundlage überwinden, wenn sie ihre Entscheidungsfreiheit unaufgefordert in moralisch selbstverpflichtender und verantwortungsvoller Weise nutzen.90

Mit anderen Worten: Die internationale Untemehmensethik muß im Rahmen ei­ ner zunehmenden Globalisierung der Wirtschaft an Bedeutung gewinnen.91 Als Problem erweist sich dabei vor allem die Normenbegründung im interkulturellen Kontext. Während über die Notwendigkeit ethischer Reflexion in international tätigen Unternehmen zumindest in der Theorie ein allgemeiner Konsens besteht und sich mit der Zeit diverse Ansätze herausgebildet haben, gibt es bis heute kein einheitliches Verständnis zum Forschungsprogramm einer internationalen Unter­ nehmensethik.92 Die vorliegende Arbeit folgt dem Vorschlag von Kreikebaum, für internationale Forschungsprojekte eine Konkretisierung bezüglich bestimmter Funktions- oder Querschnittsbereiche vorzunehmen, ohne dabei den Bezug zu einer übergeordneten Untemehmensethik aus den Augen zu verlieren.93

1.2.3

Entwicklungsländer

Die Probleme der Entwicklungsländer und die Wirtschaftsbeziehungen zwischen ihnen und den Industrieländern sind in den letzten Jahren zu einem beherrschen­ den Thema in Wirtschaftswissenschaft und -praxis geworden. Dabei wuchs einer­ seits die Erkenntnis, daß die Entwicklungsländer durch ihre zunehmende Integra­ tion in die Weltwirtschaft eine wachsende Bedeutung erhalten, und andererseits die Einsicht, daß es gerade die Dynamik der weltwirtschaftlichen Rahmenbedin­

89

90 91 92 93

Vgl. Kreikebaum 1998, S.174; Steinmann/Olbrich 1994, S.127. Tatsächlich sind MNU i.d.R. nicht auf Märkten mit vollkommener Konkurrenz, sondern auf oligopolistisch strukturierten Märkten tätig und verfügen folglich über eine marktbeherrschende Stellung bzw. eine größere Marktmacht als rein national tätige Unternehmen. Vgl. Donaldson 1993, Sp.734; Kumar/Sjurts 1991, S. 164-165 und ausführlich Kapitel 4.1.2 und 4.2.1. Vgl. Kumar 1998, S.67-68; Wieland 1997, S.529; Rogers/Ogbuehi/Kochunny 1995, p.35. Vgl. Steinmann 1997, S.l. Vgl. dazu Steinmann/Scherer 1998; Gilbert 1998; Kreikebaum/Behnam/Gilbert 1996; Donaldson/ Dunfee 1994; Jöstingmeier 1994; DeGeorge 1993. Vgl. Kreikebaum 1996, S.313.

36

Einleitung

gungen ist, die diesen Ländern kaum tragbare Lasten auferlegt und auch tiefgrei­ fende Auswirkungen auf die Industrieländer hat.94

Für den Begriff „Entwicklungsland“ existiert keine allgemein anerkannte Defini­ tion, da seine relevanten Merkmale umstritten sind und die Gruppe der „Ent­ wicklungsländer“ sehr heterogen ist.95 Dies gilt sowohl für die Abgrenzung dieser Länder als Gruppe als auch hinsichtlich der konzeptionellen Differenzierung zwi­ schen den so bezeichneten Ländern. In der Literatur existiert folglich eine Viel­ zahl von Begriffen wie „arme Länder“, „unterentwickelte Länder“, „rückständige Länder“, „Dritte Welt“ oder „Süden“, wobei sich seit Beginn der 50er Jahre aus diplomatischer Rücksichtnahme der euphemistische Terminus „Entwicklungslän­ der“ (EL) international durchgesetzt hat.96 Tatsächlich werden zu dieser Gruppe jene Staaten gezählt, „deren bisher erreichter Entwicklungsstand hinter dem Ent­ wicklungsstand jener Länder zurückgeblieben ist, den man in der Regel als Norm ansieht.“97 Die Lage dieser Länder ist also durch Stagnation bzw. Rückständigkeit gekennzeichnet, und die Bezeichnung weist weniger auf einen Ist- als auf einen Sollzustand hin.98 Diese Definitionsprobleme resultieren aus dem normativen, wertbeladenen Gehalt des Entwicklungsbegriffs.99 Die ökonomische, politische und kulturelle Vielfalt und nicht zuletzt die individuellen Wertvorstellungen lassen bereits bei der Defi­ nition des Terminus „Entwicklung“ die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit universell gültigen Normen deutlich werden. Der Entwicklungsbegriff kann so­ wohl statisch als auch dynamisch angelegt sein. Das jeweils spezifische Umfeld in EL läßt sich folglich auf die verschiedenen Entwicklungsstände und -prozesse zurückfuhren. Der Prozeß der Entwicklung ergibt sich aus der intertemporalen Verbindung mehrerer Entwicklungsstände, wobei die damit verbundene Zielvorstellung als konstitutives Element zu betrachten ist.100 Der materielle Inhalt des Entwicklungsstandes läßt sich durch den Lebensstandard der Bevölkerung kon­ kretisieren, was auch besagt, daß im Rahmen des Entwicklungsprozesses ganz allgemein eine Erhöhung der objektiv feststellbaren Lebensbedingungen erreicht werden kann bzw. soll.101 Zu deren Messung werden Entwicklungsindikatoren herangezogen, was angesichts des multidimensionalen Phänomens Entwicklung Vgl. Nunnenkamp 1998, S.3; Gosh 1996, S.38; Qureshi 1996, S.33; Wagner/Kaiser 1995, S.l. Vgl. Dülfer 1999a, S.46-47; BMZ (Hrsg.) 1998, S.342; Lachmann 1994, S.l 1. Vgl. Nuscheler 1995, S.68-73; Wagner 1993, S.4; Hemmer 1988, S.5; Ringer 1966, Sp.1-8. Hemmer 1988, S.5. Vgl. Wagner 1989, Sp.421; Hemmer 1988, S.5-7. Vgl. Nuscheler 1995, S.178; Lachmann 1994, S.15; Wagner 1989, Sp.418. Vgl. Wagner 1996, S.127; Lachmann 1994, S.15; Austin 1991, S.36; Nohlen/Nuscheler 1982, S.48. 101 Vgl. Wagner/Kaiser 1995, S.7; Lachmann 1994, S.16; Hemmer 1988, S.3-4.

94 95 96 97 98 99 100

Einleitung

37

jedoch nicht unproblematisch ist. So wurde Entwicklung über lange Zeit mit wirt­ schaftlichem Wachstum gleichgesetzt und die Wachstumsrate des Pro-Kopf-Ein­ kommens (PKE)102 als alleiniges Erfolgskriterium der Entwicklungspolitik heran­ gezogen.103 Angesichts der geringen Erfolge dieser Wachstumspolitik, sowie grundsätzlicher Meßprobleme, erschien diese eindimensionale Reduzierung von Entwicklung auf den wirtschaftlichen Bereich durch sog. quantifizierbare Realde­ finitionen bald fragwürdig.104 Es setzte sich die Überzeugung durch, daß jedes Land immer ein Konglomerat von politisch-rechtlichen, sozio-kulturellen und ethnischen Variablen und Entwicklungen darstellt und daher eine Präzisierung der übergeordneten Zielvorstellung notwendig sei. Die erfolgte durch eine qua­ litative Ergänzung der ökonomischen Indikatoren durch soziale, sozio-kulturelle und politische Indikatoren.105 Tatsächlich zeichnen sich die EL bei aller Hetero­ genität durch bestimmte, allen gemeinsame Merkmale aus:106



hohe Arbeitslosigkeit bei niedriger Arbeitsproduktivität



ungenügende Versorgung mit Nahrungsmitteln



hohe Bevölkerungszuwachsraten trotz hoher Säuglingssterblichkeit und ge­ ringer Lebenserwartung



geringe Bildungsmöglichkeiten und hohes Analphabetentum



niedriger Lebensstandard bei extrem ungleicher Verteilung des vorhandenen Vermögens und Einkommens



geringe Spar- und Investitionsquote



Dominanz der Landwirtschaft und geringer, aber zunehmend dynamischer Industrialisierungsgrad



hohe Auslandsverschuldung



unzureichende soziale und wirtschaftliche Infrastruktur.

Aus der Erkenntnis, daß Entwicklung bzw. Unterentwicklung ein vielschichtiges Phänomen ist, das verschiedene Faktoren zur Ursache hat, folgte die Einsicht, daß die Orientierung an mehreren relevanten Entwicklungsindikatoren die conditio sine qua non einer sinnvollen Begriffsabgrenzung darstellt. In der Konsequenz 102 Dabei handelt es sich um das Volkseinkommen (NSP zu Faktorkosten) in Relation zur Bevöl­ kerungszahl des betreffenden Landes. 103 Vgl. Lachmann 1994, S.16; Wagner 1993, S.2-3; Wagner 1989, Sp.418-419. 104 Vgl. Nuscheler 1995, S.137-140; Wagner/Kaiser 1995, S.4-6; Lachmann 1994, S.16-18. 105 Vgl. Wagner 1996, S.127; Wagner 1993, S.l-2; Hemmer 1988, S.8; Meffert 1976, S.3. 106 Vgl. im folgenden Dülfer 1999a, S.50-51; BMZ (Hrsg.) 1998, S.342; Lachmann 1994, S.12-20; Austin 1991, S.36-42; Meffert 1976, S.3.

38

Einleitung

führte dies zur Entwicklung sogenannter Kriterienkataloge bzw. Totalindikatoren, die durch eine Verknüpfung mehrerer Partialindikatoren eine Länderklassifizie­ rung ermöglichen sollten.107 Nichtsdestoweniger können gegen diese Kriterien­ kataloge dieselben Einwände wie gegen einzelne Entwicklungsindikatoren vorge­ bracht werden,108 so daß das ökonomische Kriterium „Pro-Kopf-Einkommen“ bei aller theoretischen Kritik, in der entwicklungspolitischen Praxis noch immer den gebräuchlichsten Entwicklungsindikator darstellt. Der Grund dafür liegt in der begrenzten Validität qualitativ vergleichbarer Daten bezüglich anderer Indika­ toren, aber auch daran, daß das PKE eine notwendige, wenn auch nicht hinrei­ chende Bedingung für Entwicklungsspielräume darstellt.109 Dieses Vorgehen, auf das sich die meisten internationalen Organisationen (bspw. OECD, UNO und Weltbank) geeinigt haben, wird auch in dieser Arbeit bei der Bestimmung der EL gewählt. Unabhängig davon werden aber die wichtigsten soziokulturellen Merk­ male später noch ausführlicher untersucht, da diese Gestaltung und Einsatz der Marketinginstrumente entscheidend beeinflussen und ethische Reflexion häufig erst erforderlich machen. Eine international verbindliche Liste der Entwicklungsländer gibt es bisher nicht. Im folgenden wird die Länderliste des Entwicklungshilfeausschusses (DAC) der OECD zugrunde gelegt, die für die internationale Anerkennung von Entwick­ lungshilfeleistungen maßgebend ist und an der sich auch die Bundesregierung orientiert.110 Sie umfaßt seit dem 1.1.2000 folgende Gruppen:111



am wenigsten entwickelte Länder,



Länder mit niedrigem Einkommen (Pro-Kopf-BSP 1998 unter 760 US$),



Länder mit niedrigerem mittlerem Einkommen (zwischen 761 und 3030 US$),



Länder mit höherem mittlerem Einkommen (zwischen 3031 und 9360 US$),



und Länder mit hohem Einkommen (Pro-Kopf-BSP 1998 über 9360 US$).

107 Vgl. Wagner/Kaiser 1995, S.4-10; Lachmann 1994, S.16-17; Hemmer 1988, S.8-38. 108 Eine detaillierte Darstellung der Probleme, die mit dem Einsatz von Indikatoren verbunden sind, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht erfolgen. Vgl. dazu Wagner/Kaiser 1995, S.6-16; Hemmer 1988, S.8-38. 109 Vgl. Lachmann 1994, S.16-18; Wagner 1993, S.2-5; Wagner 1989, Sp.419-421. 110 Vgl. Hemmer 1988, S.38. 111 Vgl. OECD (Ed.) 1999, p.3. Eine ausführliche DAC-Liste der EL findet sich im Anhang dieser Arbeit. Obwohl die Leistungen an alle genannten Länder als öffentliche Entwicklungshilfe geltend gemacht werden können, konzentriert sich die Hilfe der DAC-Mitglieder auf Empfänger unterhalb der Ausleihegrenze der Weltbank (1995: 5280 US$). Diese Abgrenzung liegt auch dem Entwicklungslandbegriff dieser Arbeit zugrunde, da für „Schwellenländer“ („newly industrialised countries“) keine offizielle internationale Liste existiert.

Einleitung

39

Dabei werden etwa zwei Drittel der öffentlichen Entwicklungshilfe an „am we­ nigsten entwickelte Länder“ und „Länder mit niedrigem Einkommen“ geleistet.112 Darüber hinausgehende politische oder regionale Sondereinteilungen haben nur geringe ökonomische Relevanz.

1.3

Gang der Untersuchung

Zu Beginn des zweiten Kapitels erfolgt zunächst eine historische Rekonstruktion der Entwicklung ethischer Überlegungen in der Marketingwissenschaft. Auslöser für die Kritik am kommerziellen Marketingkonzept war der Wertewandel der Verbraucher, der sich Anfang der 70er Jahre in der Verbraucherbewegung des Konsumerismus artikulierte. Vor diesem Hintergrund entstanden verschiedene Vorschläge für eine gesellschaftsbezogene Konzeptrevision, die aber angesichts der mangelhaften Begründungsleistung ihrer normativen Forderungen nicht ge­ eignet waren, die Kritik am kommerziellen Marketingkonzept zu entkräften. Ins­ besondere in den USA gewann die Forschung zur Marketingethik in der Folge zunehmend an Bedeutung, während in Deutschland aufgrund des Wertfreiheits­ postulats noch bis zu Beginn der 90er Jahre eine gewisse Beitragslücke zu kon­ statieren ist. Im Zusammenhang mit den in Deutschland einsetzenden For­ schungsbemühungen rückt der Verantwortungsaspekt des Marketing in den Mit­ telpunkt der Überlegungen und bildet den „Identitätskem“ einer Marketingethik. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird gezeigt, daß der i.d.R. monologisch verwendete Verantwortungsbegriff in ein dialogisches Verantwortungskonzept transformiert werden muß. Damit ist der erste Schritt zur Begründung einer dialo­ gischen Marketingethik getan. Die weiteren Ausführungen dienen dazu, diese Überlegungen theoretisch zu untermauern. Zu diesem Zweck werden die erkennt­ nistheoretischen Grundlagen sowie die Forschungsrichtungen und strategischen Ansätze zur Implementierung und Fundierung moralischer Grundsätze in der Ge­ staltung der Markt- und Umweltbeziehungen eines Unternehmens untersucht, um von hier aus Anknüpfungspunkte für eine Ethik im internationalen Marketing auszumachen. Der bisherigen Argumentation folgend, erscheint die Realisierung ethischer Ansätze jedoch nur dann sinnvoll, wenn die materiellen Normen das Ergebnis einer dialogisch-argumentativen Verständigung zwischen den betroffe­ nen Konfliktparteien darstellen. Den Ausgangspunkt der weiteren Ausführungen bildet daher der Ansatz einer dialogischen Marketingethik von Hansen, bei dem es sich um ein geschlossenes Konzept handelt. Aufgrund einer ausführlichen 112 Vgl. BMZ (Hrsg.) 1998, S.342-345.

40

Einleitung

Analyse werden dessen Stärken und Schwächen ausgelotet, um seine prinzipielle Übertragbarkeit für ethische Probleme im internationalen Marketing zu überprü­ fen und, vor allem im Hinblick auf seine theoretische Fundierung, notwendige Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Damit ergeben sich gleichzeitig be­ stimmte Anforderungen an seine praktische Ausgestaltung. Derartige Fragestel­ lungen können allerdings erst beantwortet werden, wenn die Notwendigkeit einer (dialogischen) Ethik im internationalen Marketing hinreichend begründet ist. Das dritte Kapitel beschäftigt sich deshalb zunächst mit der Identifizierung und Erklärung von Norm- und Wertkonflikten im internationalen Marketing. Ausge­ hend von der Feststellung, daß in einem Konflikt immer Norm- und Wertvorstel­ lungen von Menschen kollidieren, erfolgt eine grundlegende Konfliktanalyse im internationalen Marketingkontext. Aus dieser Feststellung resultiert zugleich, daß es eine wertfreie Konflikthandhabung nicht geben kann und die Regulierung der identifizierten ethischen Konflikte die Integration ethischer Überlegungen in das internationale Marketing notwendig macht. Für die Konfliktfelder gilt es, inhalt­ liche Normen zu Handlungsanweisungen zu formulieren, um die Wertkonflikte im internationalen Marketing zu mindern und die Marketingentscheidungen in eine sozial verantwortliche Richtung zu lenken. Die Schwierigkeit, eindeutige Empfehlungen zu formulieren, ergibt sich dabei nicht nur aus der vorherrschen­ den Interessenpluralität, sondern vor allem aus der Tatsache, daß einheitliche Wert- und Normstrukturen fehlen, die einen Basiskonsens hinsichtlich der Kon­ fliktregulierung bieten könnten. Unterschiedliche Kulturen besitzen divergierende Norm- und Wertvorstellungen, so daß im Rahmen der internationalen Marketing­ tätigkeit vor allem das Management kulturell bedingter Wertdifferenzen an Be­ deutung gewinnt. Um dieses Dilemma zu lösen, ist es zunächst von der pragmati­ schen Ebene auf die Metaebene zurückzufuhren. MNU nehmen zur Regulierung dieses Problems meist eine Position zwischen Ethnozentrismus und Kulturrelati­ vismus ein. Die kritische Diskussion dieser Konzepte wird jedoch zeigen, daß beide Ansätze zur Überwindung des interkulturellen Spannungsfeldes konzeptio­ nelle Begründungsprobleme aufweisen und daher nur unzureichende Handlungs­ regulatoren darstellen. Folglich ist zu überprüfen, inwiefern universalistische An­ sätze einen Ausweg aus dem interkulturellen Dilemma bieten können. Vor allem das von Habermas und Apel entwickelte Konzept zur Diskursethik erscheint auf­ grund seines formalethischen Charakters ausreichend begründet. Indem der Dis­ kurs die Komplexität der pluralisierten Gesellschaft in sich abbildet, finden die unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexte und moralischen Vorstellungen der jeweiligen Kulturräume Berücksichtigung. Als Ergebnis der Diskussion über die sprachphilosophischen Grundlagen zeigt sich, daß der Ansatz einer dialogischen Marketingethik von Hansen erst dann theoretisch ausreichend fundiert ist, um im

Einleitung

41

internationalen Kontext Anwendung zu finden, wenn er die Diskursethik von Ha­ bermas zur Grundlage hat. Das dargestellte Konfliktpotential im internationalen Marketing macht den Eintritt in den diskursethischen Normenfindungsprozeß dabei erst notwendig bzw. ist eine Voraussetzung für sein Zustandekommen. Darauf aufbauend, ist im vierten Kapitel die Frage zu beantworten, inwiefern MNU und die in ihnen tätigen Marketingmanager überhaupt über die nötigen Handlungsspielräume verfugen, um diskursethische Imperative zu verfolgen. Zu diesem Zweck wird unter institutionenökonomischen Gesichtspunkten das Ver­ hältnis von Markt und Moral anhand möglicher Informations- und Machtasym­ metrien im internationalen Marketing geklärt. Während die EL in den vorange­ gangenen Ausführungen eher beispielhaft als systematisch Berücksichtigung ge­ funden haben, da die gewonnenen Erkenntnisse und das im Anschluß darzustel­ lende Gestaltungskonzept nicht nur in EL, sondern bei weltweiten Marketingakti­ vitäten Anwendung finden sollen, bieten sie jetzt einen geeigneten Ausgangs­ punkt, um die Notwendigkeit der Berücksichtigung ethischer Überlegungen im internationalen Marketing überzeugend darzustellen. So stellt sich insbesondere in den EL die Frage, ob eine Entwicklung wünschenswert ist, die allenthalben an sozio-ökologische Grenzen stößt. Das Marketing von MNU produziert trotz seines Beitrags zum Entwicklungsprozeß dieser Länder negative externe Effekte, und die Rahmenordnungen sowie der Wettbewerb in diesen Ländern sind nur unzureichend in der Lage, den Handlungsspielraum zu begrenzen. Es sind gerade die Besonderheiten des internationalen Marketing - die Zunahme des Informa­ tions- und Koordinationsbedarfs, des Risikos und der Komplexität -, die zu den systemimmanenten, Handlungsspielräume schaffenden Macht- und Informations­ asymmetrien führen und die diskursive Formulierung ethischer Handlungsnormen erforderlich machen. Um das anvisierte Problem möglichst weitgehend zu lösen, und auch unter Wettbewerbsgesichtspunkten, wäre es von Vorteil, die Hand­ lungsnormen innerhalb der gleichen Branche zu standardisieren. Dafür müßten die betroffenen Unternehmen auf Branchenebene diskursive Normenfindungspro ­ zesse in Gang bringen. Wenngleich die dafür notwendigen Voraussetzungen in den EL noch nicht gegeben sind, zeigt sich, daß sich für die Marketingmanager aus den existierenden Handlungsspielräumen im internationalen Wettbewerb nicht nur die Möglichkeit, sondern sogar die Notwendigkeit zur Übernahme indi­ vidualethischer Verantwortung ergibt. Die Berücksichtigung ethischer Aspekte im Marketingmanagement der MNU ist dabei nicht reiner Selbstzweck, sondern ermöglicht es, sowohl einzel- als auch gesamtwirtschaftliche Vorteile zu erzielen. Die selbstbindende Implementierung des marktorientierten Untemehmensdialogs dient der Verständigung mit den beteiligten Anspruchsgruppen im internationalen

42

Einleitung

Kontext und zugleich dazu, bei den betroffenen Teilöffentlichkeiten Vertrauen zu schaffen.

Nach den notwendigerweise eher abstrakt und theoretisch gehaltenen Erörterung­ en zur Diskursethik im dritten Kapitel wird im fünften Kapitel die Möglichkeit ihrer praktischen Anwendung im internationalen Marketing untersucht. Untersu­ chungsgegenstand sind die praktischen Gestaltungs- und Konfliktregulierungs­ prinzipien des Dialogkonzepts und dessen Einbindung in ein kommunikationspo­ litisches Gesamtkonzept. Im Mittelpunkt steht die Schaffung der Voraussetzun­ gen für sanktionsfreie, vorbehaltlos offene und argumentative Entscheidungs- und Kommunikationsprozesse über alle moralischen Aspekte des Marketinghandelns im MNU. Ausgangspunkt der vorgestellten Rahmenkonzeption bildet die aus dem marketingtheoretischen und diskursethischen Begründungszusammenhang abge­ leitete Definition des marktorientierten Untemehmensdialogs. Die marketingspe­ zifischen Aspekte kommen insbesondere bei der Bestimmung der Konfliktträger auf der Grundlage des Stakeholder-Ansatzes zum Tragen. Wenngleich die Ein­ bindung der vom Marketingkonflikt Betroffenen eine unabdingbare Vorausset­ zung für die argumentative Konfliktregulierung darstellt, wird es mangels Dialog­ fähigkeit bzw. -bereitschaft der Konfliktträger nicht zuletzt in den EL zwangsläu­ fig zu einer faktischen Begrenzung der Diskursteilnehmer kommen. Für diese Interessengruppen muß sich die Verantwortungsübemahme im stellvertretenden Diskurs vollziehen, um handlungsleitende Normen ermitteln zu können. Sofern die ethischen Forderungen hierbei nicht den Handlungsspielraum der betroffenen Tochtergesellschaft übersteigen bzw. sofern nicht andere Subsysteme involviert sind, sollte dies soweit als möglich situationsspezifisch durch lokale Normenfin­ dungsprozesse erfolgen. Eine dezentrale Konflikthandhabung erhöht grundsätz­ lich die Wahrscheinlichkeit der Konsensfindung, da sie die jeweiligen kulturellen Bedingungen stärker berücksichtigt. Die Schaffung der organisatorischen Struk­ turen ist eine Grundvoraussetzung für eine derart flexible Konflikthandhabung. Der marktorientierte Untemehmensdialog ist nicht nur personell und untemehmenskulturell zu ermutigen, sondern auch organisatorisch zu ermöglichen (z.B. durch Ethikkommissionen), da vor allem Einflüsse wirken, die durch die formale Organisation bedingt sind. Erst unter diesen Prämissen erscheint es sinnvoll, Ge­ staltungsvorschläge im Hinblick auf Struktur und Ablauf des marktorientierten Untemehmensdialogs zu entwickeln. Gleichwohl bedarf der vorgestellte Dialog­ rahmen einer situationsabhängigen Ausgestaltung. Die große Heterogenität der Gruppe der EL erlaubt es deshalb nicht, allgemeingültige inhaltliche Handlungs­ empfehlungen für die dort zu führenden Dialoge auszusprechen. Im marktorien­ tierten Untemehmensdialog erfordern angesichts unterschiedlicher kultureller Prägungen der Konfliktträger selbst die Diskursregeln eine lokale Rekonstruk­

Einleitung

43

tion, d.h., um Diskurse fuhren zu können, müssen sich die Beteiligten erst über die diskursiven Verfahrensregeln verständigen. Das Kapitel endet mit Aus­ führungen, die die Grenzen einer Dialogethik im internationalen Marketing auf­ zeigen. Der Dialog mit den betroffenen Interessengruppen bietet keine Erfolgsga­ rantie. Durch seinen grundsätzlich offenen Ausgang schließt er auch die Option ein, keinen Konsens zu erzielen. Da außerdem gerade im Marketing die Gefahr einer Instrumentalisierung des Dialogs besteht, ergibt sich die Notwendigkeit, kommunikatives und strategisches Handeln aufeinander abzustimmen.

Entscheidend ist, daß es sich beim marktorientierten Untemehmensdialog nicht um ein situatives „Trouble-Shooting-Projekt“ handelt, bei dem sich die MNU bei der Konfliktregulierung auf ein einziges Land konzentrieren kann. Vielmehr muß der Dialoggedanke Ausdruck einer neuen Qualität des Umgangs miteinander sein und durch eine verständigungsorientierte Untemehmenspolitik langfristig im in­ ternationalen Marketing internalisiert werden. Die im sechsten Kapitel darge­ stellte Implementierung im Sinne einer international integrierten Konflikthandha­ bung ist geeignet, dies zu gewährleisten. Durch die Verankerung der diskursiven Verfahrensregeln in der Untemehmensverfassung wird die Leitidee der Diskurs­ ethik für alle internationalen Subeinheiten vorgegeben, um desintegrativen Ten­ denzen entgegenzuwirken und eine einheitliche Grundauffassung sicherzustellen. Der (diskursive Willensbildungs-) Prozeß der internationalen Marketingplanung dient dabei als Transmissionsriemen, um das hohe Abstraktionsniveau durch funktions- bzw. situationsspezifische Handlungsanleitungen zu konkretisieren, ohne die Systemkonsistenz der universell gültigen Verfahrensnormen zu konter­ karieren. Ausgehend davon, werden die internationale Marktforschung und die absatzpolitischen Instrumente bei ihrem Einsatz in EL auf ethische Konfliktfelder untersucht, die zu Entscheidungsdilemmata führen und nur durch Eintritt in den marktorientierten Untemehmensdialog zu regulieren sind. Die unter Rückgriff auf Praxisbeispiele durchgeführte Analyse dient der Sensibilisierung hinsichtlich ethischer Konfliktpotentiale im internationalen Marketing. Eine solche differen­ zierte Reflexion ist geeignet, sozial-ökologische Problemfelder frühzeitig zu erkennen, und eröffnet den Marketingmanagem die Möglichkeit zu proaktivem Handeln. Zur Erhöhung der Anschaulichkeit dieser Ausführungen wird abschlie­ ßend der „Fall Nestle“ rekonstruiert. Als Beispiel für eine gelungene Kon­ flikthandhabung ist er zugleich Beleg dafür, daß das Konzept des marktorientier­ ten Untemehmensdialogs bereits heute im internationalen Kontext Anwendung findet. Das siebte Kapitel beendet die Arbeit mit einer Schlußbetrachtung und einem Ausblick auf die Konsequenzen, die sich für Forschung und Praxis ergeben. Die nachfolgende Abbildung gibt den Aufbau der Arbeit schematisch wieder.

44

Einleitung Kapitel 1: Einleitung

Problemstellung und Erkenntnisziel

Begriffliche Abgrenzungen

Gang der Untersuchung

Kapitel 2: Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

Die Kritik am kommerziellen Marketing als Ausgangspunkt

Theoretische Fundierung und praktische Konsequenzen einer Ethik im Marketing

Zusammenfassung der Ergebnisse und Konsequenzen

Notwendigkeit/Voraussetzungen einer dialogischen Ethik im internationalen Marketing Kapitel 3:

Kapitel 4:

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

Ethisch relevante Konflikte im internationalen Marketing

Die Bedeutung des internationalen Marketing für die EL

Die normative Ausgestaltung einer internationalen Marketingethik

Zusammenfassung der Ergebnisse und Konsequenzen

Spielräume (un-)ethischen Handelns im internationalen Marketing

Implikationen für das internationale Marketing Zusammenfassung der Ergebnisse und Konsequenzen

Gestaltungsmöglichkeiten einer dialogischen Ethik im internationalen Marketing Kapitel 5:

Kapitel 6:

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

Implementierung marktorientierter Untemehmensdialoge im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

Die Diskursethik als Ausgangspunkt des marktorientierten Untemehmensdialogs

Diskursive Willensbildung im Rahmen der internationalen Marketingplanung

Konzeptionelle Ausgestaltung einer dialogischen Marketingethik in international tätigen Unternehmen

Dialogisch zu handhabende Probleme der internationalen Marktforschung in EL

Grenzen einer Dialogethik im internationalen Marketing

Dialogisch zu handhabende Aspekte des internationalen Marketing-Mix in EL

Zusammenfassung der Ergebnisse und Konsequenzen

Zusammenfassung der Ergebnisse und Konsequenzen

Kapitel 7: Schlußbetrachtung und Ausblick

Abbildung 1-3:

Gang der Untersuchung

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

2

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

2.1

Die Kritik am kommerziellen Marketing als Ausgangspunkt

2.1.1

Gesellschaftlicher Wertewandel und Konsumerismus

45

Das Marketing als exponiertester Untemehmensbereich und Schnittstelle zur Au­ ßenwelt ist in besonderem Maße Zielpunkt externer Kritik.1 Die ethische Trag­ weite der unternehmerischen Absatztätigkeit ergibt sich dadurch, daß sie als ge­ sellschaftlicher Vorgang durch die dauerhafte Bereitstellung von Gütern und de­ ren Verbrauch soziale und ökologische Beziehungen schafft.2 Die vermehrte Be­ schäftigung mit ethischen Fragestellungen im Marketing ist aber wohl weniger das Resultat von Fakten an sich als das ihrer Wahrnehmung und verstärkten öf­ fentlichen Diskussion.3 Dies ist mit den noch bis zu Beginn der 70er Jahre gängi­ gen wohlfahrtsökonomischen Vorstellungen der Absatztheorie zu erklären. Da­ nach wird der Wettbewerb durch die frei geäußerten Vorstellungen und Verhal­ tensweisen der Konsumenten gesteuert, d.h. die Akteure sind, entsprechend dem individualistisch-utilitaristischen Prinzip, gezwungen, die Konsumwünsche der anderen so gut wie möglich zu berücksichtigen, und maximieren so die individu­ elle und gesellschaftliche Wohlfahrt.4 Man glaubte lange Zeit an die These: Die „eigentliche soziale Tat der Unternehmer und der freien Wirtschaft besteht in ihrer unternehmerischen Leistung und in ihrer am Konsumenten ausgerichteten unternehmerischen Tätigkeit.“5 Im Zusammenhang mit der Problematik der Chancengleichheit und Entscheidungsfreiheit aller Individuen aufgrund der be­ reits angedeuteten Machtasymmetrien ist es für die liberale Gesellschaftsordnung jedoch von fundamentaler Bedeutung, ihre Integrationsschwächen hinsichtlich gesellschaftlicher Interessen zu überwinden.6 Zu dieser Erkenntnis trugen anfangs 1 2 3 4 5 6

Vgl. Smka 1997, S.XIII; Kaas 1997, S.6; Eretge 1996, S.l; Hensel/Dubinsky 1986, p.63. Vgl. Angehm 1981, S.4. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.399; Hansen 1995, Sp.615. Vgl. Behnam 1998, S.76-77; Picot 1974, Sp.563 und ausführlich Smith 1988, S.l7. Mancher 1978, S.9. Vgl. Wilkens 1993, S.25-26.

46

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

der 70er Jahre vor allem zwei Entwicklungen bei, die im folgenden dargestellt werden: die durch einen Wertewandel ausgelöste gesellschaftspolitische Bewe­ gung des Konsumerismus und die sich daran anschließende wissenschaftliche Auseinandersetzung zur Konsumentensouveränität.7 Eine kurze Darstellung der theoriengeschichtlichen Entwicklung des Marketing soll den Gesinnungswandel zunächst in seinem wechselnden Kontext verorten.

Der traditionelle Begriff „Absatz“, verstanden als die Verwertung von Erzeugnis­ sen am Markt, wurde angesichts realer Veränderungen im Wirtschaftsgeschehen bzw. im Absatzbereich der Unternehmung - in erster Linie der weitgehenden Sät­ tigung traditioneller Märkte, des Wandels zum Käufermarkt, eines steigenden Wettbewerbsdrucks und eines rapiden technologischen Fortschritts8 - durch den Begriff „Marketing“ im Sinne einer marktorientierten Untemehmensphilosophie substituiert. Dieses Konzept des kommerziellen Marketing, d.h. des Marketing erwerbswirtschaftlicher Unternehmen, entspricht einer speziellen Ausprägung unternehmerischen Engpaßhandelns9 und entspringt der Überzeugung, die best­ mögliche Befriedigung der Wünsche und Bedürfnisse der Nachfrager sei für das Erreichen der langfristigen Untemehmensziele unabdingbar.10 Diese Auffassung, die sich in Wissenschaft und Praxis weitgehend durchgesetzt hat, erfuhr vermut­ lich deshalb eine so große Resonanz, weil sie das Handeln der Marketingakteure in ihrer Rolle als Erfüllungsgehilfen der Endnachfrager legitimiert und in positi­ ver Weise auszeichnet.11 „Von daher ist das Marketing bereits von seiner Theo­ riekonzeption (oder Ideologie) her stets auf den anderen ausgerichtet und in einer naiv positivistischen Interpretation a priori sozial.“12 Problematisch erschien in diesem Zusammenhang allerdings, daß das Primat der Kunden- bzw. Bedürfnis­ orientierung zu einer Vernachlässigung gesellschaftlicher Bedingungen und nachteiliger Folgen der unternehmerischen Produktions- und Absatzentscheidun­ gen führte.13 In der Konsequenz wurde seit Anfang der 70er Jahre ein naiver Harmonieglaube im Rahmen zahlreicher Verbraucherschutzbewegungen und der von ihnen vorgetragenen Kritik am kommerziellen Marketing zur Diskussion gestellt.14

7 8 9 10 11 12 13 14

Unabhängig von diesen marketingspezifischen Überlegungen wurde diese Entwicklung als „institutionalistische Revolution“ bezeichnet. Vgl. Albert 1977, S.203. Vgl. Hansen 1993, Sp.633-634; Stauss 1991, S.121. Vgl. Raffee 1979, S.4, 9. Vgl. Meffert 1989, S.341-343. Vgl. Hansen 1993, Sp.639; Hansen/Stauss 1983, S.79. Meffert/Remmerbach 1987, S.3. Vgl. Stauss 1991, S.121; Kroeber-Riel 1974, S.34. Vgl. Stauss 1996, S.206; Hansen 1995b, S.5.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

47

Die Kritik an wirtschaftlichen Absatztätigkeiten, insbesondere an der Institution des Handels, reicht weit in die Geschichte zurück, wie Beispiele aus der stoischen und scholastischen Philosophie zeigen.15 Seit Ende der 60er Jahre bildete jedoch die Absatztätigkeit der industriellen Unternehmen, und dabei vor allem das Mar­ keting im allgemeinen sowie partielle Mißstände bei den einzelnen Marketingin­ strumenten im besonderen, vermehrt die Zielscheibe der Kritik.16 In dieser Zeit verlor die Affirmation der modernen Industriegesellschaft mit ihrem Wohlstand und ihren immensen Konsummöglichkeiten an sozialer Bindungskraft. Im Zuge eines Wertewandels manifestierten sich antiautoritäres Lebensgefuhl und Unbe­ hagen am Streben nach äußerem Erfolg.17 Die Konsumkritik als Bestandteil die­ ser Protestbewegung wurde vor allem von dem Philosophen Erich Fromm for­ muliert, der im Zusammenhang mit der Befriedigung „synthetischer“ Bedürfnisse und einem ausgeprägten Besitzdenken vom „Marketing-Charakter“ des Men­ schen spricht.18 Zum Ausdruck kam dieser Protest in einer sich zunehmend for­ mierenden Verbraucherbewegung, dem sog. Konsumerismus. Obwohl es sich dabei nicht um eine reine „Anti-Marketing-Bewegung“, sondern um einen viel­ schichtigen politischen Prozeß handelte, stellte insbesondere die Kritik am Mar­ keting und an einer Untemehmensphilosophie, die die Kundenbedürfnisse zum ausschließlichen Ausgangspunkt ihrer Aktivitäten macht, die Marketingpraxis und -theorie vor große Herausforderungen.19 Das sog. liberale Konzept hatte zahlreiche negative Wirkungen gezeigt und entsprechend vielschichtig war die Kritik. Sie äußerte sich insbesondere in den folgenden Vorwürfen:20 •

Hypertrophierung von Ökonomie und Konsum durch die Weckung uner­ wünschter Bedürfnisse und Förderung hedonistischer Tendenzen



Verursachung externer Effekte durch gesundheitsschädigende Produkte



geplante Obsoleszenz



Ressourcenverschwendung und Umweltbelastungen durch unnötige Verpa­ ckungen



Schädigung des Verbrauchers durch die Monopolisierung von Märkten mit­ tels wettbewerbsbeschränkender Maßnahmen und Ausnutzung von Markt­ macht in Form von Irreführungen bei Werbung und Preispolitik.

15 16 17 18 19 20

Bspw. Cicero in „De officiis“. Vgl. Angehm 1981, S.7. Vgl. Eretge 1996, S.14; Hansen 1988, S.712. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.l 19-120; Meffert/Remmerbach 1987, S.4. Vgl. Fromm 1984, S.141-147, 166-171. Vgl. Hansen/Stauss 1982, S.2-3; Meffert/Bruhn 1978, S.371; Meffert 1975, S.69-71. Vgl. Bauer 1993, S.3; Angehm 1981, S.8-9; Raffee 1979, S.16-27; Fischer-Winkelmann/Rock 1977, S.131.

48

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

Die Aufzählung macht deutlich, daß es sich bei der Konsumerismus-Bewegung um einen Interessen- und Wertkonflikt handelte. Der Konsumerismus als „Schande des Marketing“ provozierte schließlich die Frage, ob das Marketing generell versagt hatte.21 Das zentrale Problem dieser Marketingkonzeption mit ihrer primären Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Endnachfrager war, daß sie die gesellschaftlichen Folgen und Probleme des Marketinghandelns dem Markt­ geschehen unterordnete und somit unberücksichtigt ließ.22 Die vielfache Prokla­ mation der Autonomie des Konsumenten bewirkte, daß er die Verantwortung für gesellschaftlich nachteilige Entwicklungen alleine zu tragen hatte und die Unter­ nehmen gegenüber jeder Art von gesellschaftlicher Kritik immunisiert wurden.23 Daraus folgte konsequenterweise eine Legitimationskrise des Marketing, da es sich dabei „explizit nicht nur um die Befriedigung vorhandener Bedürfnisse, son­ dern auch um die Weckung und Formung von Bedürfnissen im Interesse des Un­ ternehmens handelt.“24 Die These von der Konsumentensouveränität konnte also zu Recht angezweifelt werden und führte zu einer grundsätzlichen „Ideologiekri­ tik“.25 Als theoretische Prämisse zahlreicher marktwirtschaftlicher Ordnungsmo­ delle steht sie zwar im Ruf empirischer Überprüfbarkeit, ist aber vergleichsweise ebenso unrealistisch wie die Annahme vollkommener Konkurrenz.26 De facto führen Macht- und Informationsasymmetrien, nicht zuletzt bedingt durch Marke­ tingaktivitäten, und die wenig rationalen Entscheidungsprozesse auf der Seite der Konsumenten dazu, daß sich diese trotz eines Käufermarktes in einer schwächeren Marktposition als die Unternehmen befinden.27 Den Vertretern dieser These schien jedoch „eine systembedingte, berufsideologische Haltung die Verringerung der gesellschaftlichen Problematik der von ihnen abgebildeten unternehmerischen Marketingmaßnahmen“28 nahezulegen.

21 22 23 24 25

26 27 28

Vgl. Drucker 1985, S.64; Meffert 1975, S.70, 89. Vgl. Stauss 1991, S.122-123. Vgl. Hansen 1993, Sp.640; Hansen/Stauss 1983, S.79-80; Kroeber-Riel, 1974, S.34. Hansen 1995b, S.5. Vgl. auch Zerfaß/Emmendörfer 1994, S.6; Hansen/Stauss 1983, S.84-85. Die mikroökonomische Annahme der Konsumentensouveränität besagt, daß die Steuerung wirtschaftlicher und politischer Prozesse im Sinne des Gemeinwohls durch die Ausrichtung am Nutzenmaximierungsprinzip der Konsumenten am besten gewährleistet wird. Die freie Ent­ scheidung der privaten Haushalte erfolgt dabei auf der Basis autonom geprägter Präferenzen. Vgl. Bauer 1993, S.14; Hahne 1979, S.69. Vgl. Raffee 1979, S.l6; Meffert 1975, S.84-85; Heinen 1974, Sp.964. Vgl. Angehm 1981, S.6-7; Kroeber-Riel 1977, S.92-93. Kroeber-Riel 1974, S.35. Meffert/Bruhn sprechen in diesem Zusammenhang von einem „Mar­ keting der Fiktionen“. Vgl. Meffert/Bruhn 1978, S.381.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

2.1.2

Konsequenzen für das Marketing

2.1.2.1

Entwicklung alternativer Marketingkonzepte

49

Aus verhaltenswissenschaftlicher Perspektive ist das Aufkommen des Konsu­ merismus durch ein gestörtes Anreiz-Beitrags-Gleichgewicht der Konsumenten in ihrer Rolle als Akteure des wirtschaftlichen Distributionssystems zu erklären.29 Damit wären Verbraucherberatungen, die Stiftung Warentest und ähnliche Insti­ tutionen als Ausdruck der Gegensteuerung sowie wachsender Kritik- und Sankti­ onspotentiale zu interpretieren, die das kommerzielle Marketing vor neue Heraus­ forderungen stellten.30 Zum damaligen Zeitpunkt war das Marketing zu sehr von seinen einzelnen Instrumenten annektiert worden. Die mit ihnen verbundenen ökonomischen Fragen der Umsatz- und Gewinnmaximierung bzw. Marktgestal­ tung standen, entgegen der Proklamation der Kundenorientierung, eindeutig im Vordergrund.31 Hier wird die Grenze dieser traditionellen Sichtweise deutlich: Bedürfnisorientierung ist in diesem Sinne lediglich die Entwicklung und Bereit­ stellung marktmäßig verwertbarer Güter.32 Ansonsten müßte die Orientierung an dieser Grundmaxime des Marketing eine Kompatibilität von gesellschaftlichen Wirkungen der Marketingaktivitäten einerseits und Wertvorstellungen der End­ nachfrager andererseits beinhalten.33 Daraus folgte die Einsicht, daß Markt- bzw. Kundenorientierung zwar eine notwendige Voraussetzung, nicht aber hinrei­ chende Bedingung für die Erreichung der Untemehmensziele ist.34 „Im Kem der Sache geht es also darum, das dichotomische Denken zwischen Verkaufen einer­ seits und , Sozialengagement4 andererseits aufzulösen und synergistisch miteinan­ der zu verknüpfen.“35 Es entwickelten sich in diesem Zusammenhang verschiedene Vorschläge für eine gesellschaftsbezogene Konzeptrevision, um die rein ökonomische Sichtweise zu überwinden und eine übergreifende Betrachtung der gesellschaftlichen Herausfor­ derungen zu ermöglichen.36 Raffee sieht in dieser Entwicklung, die mit einer zu­ nehmenden verhaltenswissenschaftlichen Orientierung verbunden war, einen Pa-

29 30 31 32 33 34 35 36

Vgl. Meffert 1975, S.71. Vgl. Raffee 1989, S.9-10. Vgl. Praetorius 1993, S.50-51; Hansen 1988, S.712; Raffee/Specht 1974, S.376. Vgl. Hansen/Stauss 1983, S.80-81. Vgl. Bauer 1993, S.4. Vgl. Fässler 1989, S.295. Wilkens 1993, S.24. Vgl. Stauss 1991, S.121 -124; Picot 1974, Sp.571.

50

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

radigmawechsel im Marketing.37 Die Weiterentwicklung der Marketingkonzep­ tion erfolgte vor allem in zwei Richtungen:38

1994, S.6; Krulis-Randa 1993, S. 7.

Im Rahmen einer Ausweitung (Broadening) des Marketing im Erfahrungsobjekt­ bereich wurde eine Übertragung der marktorientierten Grundkonzeption auf nicht-kommerzielle Institutionen, wie z.B. Theater, Museen und Kirchen, ange­ strebt, um so die normative Kritik zu entkräften (sog. „Non-Business-Marketing“). Ferner wurde mit der Vertiefung (Deepening) des klassischen Marketing d.h. mit einer Erweiterung seiner Zielinhalte - versucht, Antworten auf die Kritik zu geben. Hierzu gehören die Ansätze des „Human Concept of Marketing“, des „Societal Marketing“ und des „Öko-Marketing“. Allerdings waren das „NonBusiness-Marketing“ und das „Social Marketing“ - als das Marketing sozialer 37 38

Vgl. Raffee 1980, S.320. Vgl. dazu Zerfaß/Emmendörfer 1994, S.6-8; Stauss 1991, S.l26-127; Meffert 1989, S.344.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

51

Ideen und Ziele und somit ein besonderer Anwendungsfall des nicht-kommer­ ziellen Marketing - nicht in der Lage, die Kritik am kommerziellen Marketing­ konzept zu entkräften.39 Diese Ansätze werden deshalb nicht weiter verfolgt. Eine ausführliche Darstellung der unterschiedlichen Vertiefungsansätze kann im Rah­ men dieser Arbeit ebenfalls nicht gegeben werden. Stellvertretend für diese An­ sätze eines erweiterten gesellschaftlichen Marketingverständnisses wird im fol­ genden das „Human Concept of Marketing“ erläutert, da Dawsons normative Überlegungen erste Anknüpfungspunkte für eine Marketingethik darstellen.40 Dawson forderte vor dem Hintergrund des gesamtgesellschaftlichen Wertewan­ dels eine Ausrichtung der Untemehmensaktivitäten an humanitären Zielen, da nur so das langfristige Überleben des Unternehmens gewährleistet werden könne. Ferner führe die Berücksichtigung sozialer Verantwortung im Marketing dazu, an Stelle einer eindimensionalen Gewinnmaximierung ein (notwendiges) Gewinn­ streben zu verfolgen.41 Durch das Postulat von der Notwendigkeit unternehme­ rischer Verantwortung des Marketinghandelns griff Dawson somit implizit das vernachlässigte Problem einer Marketingethik auf.42 Da er es jedoch versäumte, die Anwendungs- und Durchsetzungsbedingungen seiner Forderungen zu opera­ tionalisieren, wurden seine Überlegungen in der Literatur zumeist als „Marketing der schönen Worte“, „gutgemeinter Appell“ oder Marketingkonzeption der „Leerformeln“ kritisiert.43 Die Schwäche der vorgestellten Konzeptionen resultierte in erster Linie aus der Begründungsleistung ihrer normativen Forderungen und einer mangelnden theo­ retischen Fundierung ihrer Aussagen, so daß einzelne Forschungsfragen häufig nicht einwandfrei zuzuordnen waren. Ihr Verdienst ist aber in einer zunehmenden ethischen Reflexion des Marketinghandelns zu sehen.44 Als Fazit kann festgehal­ ten werden, daß es bei einem Paradigmawechsel im Marketing nicht um eine im Verbalen steckenbleibende Neuorientierung gehen kann, sondern darum, „wie die Marketing-Konzeption und die soziale Verantwortung des Unternehmens simul­ tan [...] verknüpft werden“45 können.

39 40 41

42 43 44 45

Vgl. Hansen 1993, Sp.641; Stauss 1991, S.127; Fischer-Winkelmann/Rock 1975, S.145. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.396. Vgl. Dawson 1969, S.32-38. Unabhängig davon handelt es sich bei der gewinnmaximierenden Unternehmung ohnehin um eine theoretische Fiktion, da die Gewinnmaximierung lediglich auf dem Papier besteht.Vgl. dazu u.a. Dunn 1998, S.48-52; Thommen 1990, S.306-307. Vgl. Raffee 1979, S.34-35. Vgl. Meffert/Bruhn 1978, S.381; Fischer-Winkelmann/Rock 1977, S.146; Raffee/Specht 1974, S.384. Vgl. Stauss 1991, S.131. Wilkens 1993, S.23.

52

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

2.1.2.2

Entwicklung einer Marketingethik in den USA und Deutschland

Im Laufe der 80er Jahre setzte sich aufgrund einer steigenden Ökonomisierung vieler Lebensbereiche und einer zunehmenden Deregulierung im staatlichen Be­ reich die gesellschaftspolitische Kritik am Marketing fort. Insbesondere die öko­ logischen Folgen des Marketing und die damit verbundenen externen Effekte wurden vermehrt dem unternehmerischen Verantwortungsbereich zugewiesen.46 Nicht alle kritisierten Verhaltensweisen verstießen jedoch gegen geltendes Recht und wurden auch, trotz der gestiegenen Sanktionspotentiale und der verbraucher­ politischen Institutionen der Gegensteuerung, nicht umgehend vom Markt geahn­ det.47 Es drängte sich die Frage auf, „ob die heutige Diskussion nicht auch Aus­ druck einer als mangelnd wahrgenommenen ethischen Fundierung des Marketing [...] sein kann“ 48 Die Reflexion über die Etablierung einer eigenständigen Marke­ tingethik, die als eine metaethische Aufgabe zu sehen ist, war allerdings nicht neu. So hatte Picot bereits Mitte der 70er Jahre in logischer Konsequenz der ge­ schilderten Entwicklungen erklärt, daß das Marketing angesichts seiner ge­ samtgesellschaftlichen Auswirkungen nicht wertfrei innehalten dürfe, sondern seine ethischen Grundlagen reflektieren müsse.49

Demgegenüber hat die Forschung zu einer Wirtschafts- und Marketingethik in den USA seit über 25 Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die starke ethische Betroffenheit des Marketing und der damit verbundene praktische Pro­ blemdruck sind dafür als mögliche Gründe zu nennen.50 Als Auslöser für eine Flut von theoretischen und empirischen Arbeiten im anglo-amerikanischen Raum gilt nicht zuletzt die Konsumerismusbewegung zu Beginn der 70er Jahre.51 Ange­ sichts einer zunehmenden Problematisierung des Marketinghandelns seit Anfang der 80er Jahre hat sich in den USA im letzten Jahrzehnt eine stark erfahrungswissenschaftliche Marketingethik als eigenständige Wissenschaftsdisziplin und For­ schungsrichtung der Marketingtheorie etablieren können.52 Diese sozialwissen­ schaftlich-empirischen Ansätze versuchten in erster Linie, die Quellen ethischer Marketingprobleme auszumachen und die Ursachen kritischer Handlungsweisen von Marketingmanagem auf empirischer Basis zu analysieren.53 Dies zeigt, daß

46 47 48 49 50 51

52 53

Vgl. Hansen/Bode 1999, S.400; Hansen 1995b, S.5. Vgl. Kaas 1997, S.6. Meffert/Remmerbach 1987, S.5. Vgl. Picot 1974, Sp.572. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.397; Eretge 1996, S.l7. Einen Literaturüberblick liefert Kay-Enders 1996, S.24-25. Vgl. Smka/Wagner 1996, S.l99. In Europa war die Konsumerismusbewegung vergleichsweise weniger spürbar und ihre Forderungen demzufolge weniger zwingend. Vgl. Hansen 1995, Sp.618; Hansen 1988, S.714. Vgl. Hansen 1993, Sp.641.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

53

in den USA die Beschäftigung mit der Marketingethik vornehmlich pragmatisch und anwendungsorientiert erfolgt, was ihr von deutscher Seite den Vorwurf mangelnder theoretischer bzw. philosophischer Fundierung eintrug.54

In Deutschland klafft bis heute eine gewisse Beitragslücke im Bereich der Marke­ tingethik: Ungeachtet eines zunehmenden Bedarfs sind nach wie vor einige Pro­ blembereiche eines ethisch fundierten Marketing ungeklärt.55 Erste inhaltliche Berührungspunkte mit einer Marketingethik ergaben sich mit den dargestellten Vertiefungskonzepten und dort insbesondere beim ökologischen Marketing. Ethi­ sche Aspekte des Marketing wurden ferner implizit in Verbindung mit Fragen der Wirtschafts- und Untemehmensethik behandelt.56 Ethische Fragestellungen im Marketing fanden, trotz früher Beiträge, erst Ende der 80er Jahre explizit Eingang in die wirtschaftswissenschaftliche Diskussion.57 Sie stehen allerdings verhältnis­ mäßig bezuglos nebeneinander. Die vergleichsweise späte wissenschaftliche Aus­ einandersetzung ist mit dem bereits angesprochenen Wertfreiheitspostulat von Max Weber zu begründen.58 Vor diesem Hintergrund bildet etwa das Konzept eines „gesellschaftsorientierten Marketing“ von Raffee/Wiedmann den Versuch, ethische Fragestellungen im Marketing aufzugreifen.59 Es stellt, analog zu den amerikanischen Ansätzen, in der deutschsprachigen marketingwissenschaftlichen Diskussion den umfassendsten Versuch dar, gesellschaftliche Aspekte in das dies­ bezüglich defizitäre Marketingkonzept zu integrieren.60 Bei der Begründung nor­ mativer Aussagen berufen sich die Autoren jedoch, im Rahmen des kritischen Rationalismus, eindeutig auf das Wertfreiheitspostulat.61 Fraglich erscheint, ob diese Vorgehens weise für die Lösung praktisch-normativer Probleme hilfreich sein kann. So greift bspw. für Zerfaß/Emmendörfer die Methode des kritischen Rationalismus als Basis eines gesellschaftsorientierten Marketings zu kurz.62 Da­ her, und wegen weiterer inhaltlicher Kritikpunkte,63 soll dieses Konzept im Ver­ lauf der Arbeit nicht weiterverfolgt werden.

54 55 56 57

58

59

60 61 62 63

Vgl. Eretge 1996, S.22; Kay-Enders 1996, S.24. Zur Kritik vgl. Steinmann/Löhr 1987, S.60. Vgl. Raffee 1989, S.2. Vgl. Hansen 1995, Sp.618. Vgl. u.a. Picot 1974; Angehm 1981; Meffert/Rernmerbach 1987; Hansen 1988, 1995, 1996; Raffee 1989; Praetorius 1991; Dichtl 1991; Bauer 1993; Kay-Enders 1996; Smka 1997; Schle­ gelmilch 1998, 1998a; Kaas 1997, 1999, 1999a; Ziegler 1999. Vgl. Kay-Enders 1996, S.22; Hansen 1992, S.660 und Kapitel 1.2.2. Zu den Thesen Max Webers vgl. Weber 1973. Vgl. hierzu u.a. Raffee/Wiedmann 1985 S.552-611; Raffee/Wiedmann 1986, S.39-51; Wiedmann 1989, S.227-246; Wiedmann 1993; Raffee 1994, S.309-326. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.393-394; Stauss 1991, S.138. Vgl. Wiedmann 1993, S.l64-165; Raffee 1980, S.322-323; Raffee/Specht 1974, S.394-396. Vgl. Zerfaß/Emmendörfer 1994, S.38 aber auch Raffee selber: Vgl. Raffee 1989, S.l. Vgl. dazu ausführlich Zerfaß/Emmendörfer 1994; Stauss 1991, S.l32-139.

54

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

Im Gegensatz zu weiteren Veröffentlichungen im deutschsprachigen Raum, die bei der inhaltlichen Diskussion einzelner Kritikbereiche innehalten und folglich nur partielle Marketingprobleme angehen, handelt es sich beim Ansatz von Han­ sen um ein in sich geschlossenes Konzept. Das macht es für diese Arbeit so taug­ lich, genau wie seine überzeugende Annahme, daß die Übernahme sozialer Ver­ antwortung den zentralen Ausgangspunkt und „Identitätskem“ ethischer Überle­ gungen im (internationalen) Marketing bilden muß: Die Marketingethik befaßt sich grundsätzlich „mit moralischen Werten (dem Wünschbaren) und Normen (den Aufforderungen) für die Praxis des verantwortlichen Marketinghandelns. Es geht also um die Anwendung des »Prinzips Verantwortung4 (Jonas)“™ Der Ver­ antwortungsaspekt soll im folgenden Unterkapitel näher konkretisiert werden. Den Überlegungen von Hansen ist ein eigenständiges Kapitel gewidmet, in dem dezidiert zu prüfen sein wird, inwiefern sie möglicherweise einen geeigneten Ausgangspunkt für die Entwicklung einer internationalen Marketingethik darstel­ len. Im Zusammenhang mit den Gestaltungsmöglichkeiten ethischer Aspekte im internationalen Marketing wird darüber hinaus auf die eher pragmatischen Über­ legungen der anglo-amerikanischen Literatur zurückzugreifen sein. Angesichts der Kritik an ihrer erfahrungswissenschaftlichen Ausrichtung stehen sie jedoch nicht im Mittelpunkt dieser Arbeit65

2.1.3

Marketingmanagement in sozialer Verantwortung

Der Verantwortungsbegriff ist durch eine dreidimensionale Beziehung gekenn­ zeichnet: die Zuständigkeit von Individuen für die von ihnen übernommenen Auf­ gaben (bzw. für ihr Tun und Lassen) als auch für ihre Charakteristika vor einer Instanz, vor der sie Rechenschaft ablegen müssen (bspw. vor einem Gericht, vor Gott, vor dem Gewissen oder betroffenen Mitmenschen bzw. „Stakeholdem“).66 Auf den (Marketing-)Manager angewandt, heißt das, daß er ein „moralisches Subjekt“ ist, das für seine Handlungen und ihre Folgen einstehen muß und dem Anerkennung oder Verachtung zuteil wird.67 Das Verantwortlichsein erstreckt sich jedoch nicht nur auf den Menschen selbst, sondern auch auf die Mitmen64 65 66

67

Hansen/Bode 1999, S.396. Für eine Darstellung der Kritik vgl. die Ausführungen in Kapitel 2.2.2. Eine Gegenüberstellung deutscher und amerikanischer Modelle zur Untemehmensethik findet sich bei Palazzo 2000. Vgl. Höffe 1986c, S.263-264. Als Ergänzung bzw. Abgrenzung zum Begriff des „Shareholder“ werden die verschiedenen Interessenträger unter dem Begriff des „Stakeholder“ zusammengefaßt. In Bezug auf die zuletzt genannte Instanz liegt mit dem Stakeholder-Modell ein geeigneter Ausgangspunkt für die Marketingethik vor. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.401 und ausführlich Kapitel 5.2.1.1. Vgl. Höffe 1986c, S.264.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

55

sehen sowie alle Aspekte in Verbindung mit dem menschlichen Dasein, also auch auf ökologische Gesichtspunkte.68 Verantwortung kann aber nur für das über­ nommen werden, was im Bereich der individuellen bzw. gemeinschaftlichen Möglichkeiten liegt (kausale Macht). Die vorhandenen Handlungsfähigkeiten und -freiräume sind somit Entlastung und Verpflichtung zugleich.69 Diesbezüglich erhöht sich vermutlich mit zunehmender Sensitivität eines Marketingmanagers die Perzeption einer ethisch relevanten Situation im Marketing und somit auch die Wahrscheinlichkeit, daß Handlungsfreiräume wahrgenommen und realisiert werden.70 Aufgabe einer Unternehmens- und Marketingethik ist es folglich, seinen Blick dafür zu schärfen, welche Verantwortung er übernehmen könnte bzw. muß.71 Der Verantwortungsaspekt ist somit ein zentraler Aspekt der Ethik.72

Nach Meffert/Bruhn berühren die Forderungen der Konsumerismusbewegung in erster Linie das soziale Verantwortungsbewußtsein des Marketing, d.h. die Be­ reitschaft seitens der Unternehmen, bei der Lösung gesellschaftlicher und ökolo­ gischer Konflikte mitzuwirken.73 Die Bedeutung der Forschung zur Verbraucher­ zufriedenheit liegt deshalb darin, durch Einbeziehung der Wertsysteme der Nach­ frager in ihre Analyse einen ethisch-normativen Leitfaden für das unternehme­ rische Handeln zu liefern.74 Mit zunehmendem Wissen zum Verbraucherverhalten erweitert sich parallel der unternehmerische Handlungsspielraum. Daher muß ein Entscheidungsträger, der über diese Handlungsspielräume verfügt, auch Kritik an sich selbst akzeptieren.75 Diese von externen Personengruppen und zunehmend auch von Insidern gegen die Unternehmen bzw. das Marketing im besonderen vorgetragene Kritik kann dahingehend interpretiert werden, daß von den mittelbar und unmittelbar Betroffenen Verantwortlichkeiten als verletzt betrachtet werden.76 68

69 70 71 72

73 74 75 76

Vgl. Korff 1992, S.6; Rich 1987, S.41-49. Eine ähnliche Auffassung wird von Jonas vertreten, der neben technisch-ökologischen Aspekten eine Zukunftsverantwortung fordert und den Begriff der Verantwortung in den Mittelpunkt der Ethik stellt. Vgl. Jonas 1979, S.8-9. Vgl. Kreikebaum 1996, S.185; Göbel 1992, S.61; Bronner 1992, Sp.2504-2509. Vgl. Eretge 1996, S.60 und die dortigen Überlegungen bezüglich ethisch relevanter Freiheitsgrade im Marketing. Vgl. Göbel 1992, S.91. Die verantwortungsethische Fundierung ist für Kreikebaum ein zentraler Aspekt seiner ent­ scheidungsethischen Konzeption. Vgl. Kreikebaum 1996, S.l79-207. Auch für Küpper steht er im Mittelpunkt der Integration ethischer Überlegungen in die BWL. Vgl. Küpper 1992, S.514; Küpper 1988. Für Jöstingmeier ist Ethik die systematische Begründung von Normen und Prin­ zipien, die aus der Verantwortung gegenüber Dritten abgeleitet werden können. Vgl. Jöstingmeier 1994, S.12. Vgl. Meffert/Bruhn 1978, S.371. Die normative Forderung, sich „sozial“ zu verhalten, bedeutet folglich ganz allgemein, das Wohl der Gesellschaft zu berücksichtigen. Vgl. Göbel 1992, S.60. Vgl. Kaas/Runow 1984, S.458; Meffert 1975, S.90. Vgl. Hansen 1993, Sp.640. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.404; Hansen 1995, Sp.620; Hansen 1988, S.712.

56

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

Die moralische Kritik am Marketing kann nicht einfach vernachlässigt werden oder als nicht in den Zuständigkeitsbereich einer wertfreien Betriebswirtschafts­ lehre gehörend beiseite geschoben werden.77 Eine derartige Kritik fuhrt insbeson­ dere, wenn sie sich nicht nur auf partielle Mißstände verantwortlichen Marketing­ handelns, sondern auch auf systembedingte Defizite (wie die Vernachlässigung externer Effekte und sozialer Kosten) richtet, zu Wertkonflikten im Marketing. Dort tritt der Konflikt zwischen unternehmerischem Erfolgsstreben auf der einen Seite und ethischer Verantwortung auf der anderen Seite besonders deutlich zu­ tage.78 Das Marketing unterliegt ausgesprochen stark dem Markt und seinen Ge­ setzmäßigkeiten, beeinflußt aber in so hohem Maße die Wohlfahrt der Konsu­ menten, daß es auch Fragen moralischer Art aufwirft.79 Häufiger als Mitarbeiter anderer Untemehmensbereiche müssen Marketingmanager Entscheidungen tref­ fen, bei denen ihre moralische Gesinnung wie ihre soziale Verantwortung für die Handlungsfolgen tangiert wird.80 Es ist die Regulierung dieses scheinbar unauf­ lösbaren Konflikts, die die Integration ethischer Überlegungen in das Marketing unabdingbar macht. Prima facie ist somit ein erster Ausgangspunkt für die Be­ schäftigung mit ethischen Fragestellungen im Marketing geschaffen. Aufgrund des Wertepluralismus in der heutigen Gesellschaft wird die Bewertung der geäu­ ßerten Kritik jedoch (gerade im interkulturellen Kontext) unterschiedlich aus­ fallen und hohe Anforderungen an die Beteiligten stellen.

Einschränkend ist anzumerken, daß diese Argumentation ein positivistischer An­ satzpunkt ist, d.h. die Reflexion über ethische Verantwortung im Marketing kann strenggenommen nicht erst im Zuge einer expliziten Kritik erfolgen.81 Ein zweiter wichtiger Ausgangspunkt für ein sozialverantwortliches Marketing ergibt sich aus den Grenzen der Systemethik. Selbst unter Berücksichtigung staatlicher Regulie­ rungen ist das marktwirtschaftliche Wirtschaftssystem und ein folglich an Ge­ winn- und Wachstumszielen orientiertes Marketing nur eine unzureichende Ge­ währ für ein Marketing in sozialer Verantwortung.82 Auf die externen Effekte von Marketingaktivitäten und deren „sozialen Kosten“, die von der Gesellschaft mit zu tragen sind, wurde bereits hingewiesen.83 Ferner beeinträchtigt die zuneh­ mende Machtkonzentration in der Wirtschaft und, damit einhergehend, die Er­ weiterung des unternehmerischen Handlungsspielraums die positiven Marktme­ 77 78 79 80 81 82

83

Vgl. Kaas 1999, S.128. Vgl. Meffert 1989, S.351; Steinmann/Löhr 1988, S.810-811; Lenders 1988, S.806-807. Vgl. Kaas 1999, S.l28. Vgl. Hansen 1988, S.711. Vgl. Hansen 1995, Sp.620-621; Remmerbach 1988, S.809. Vgl. Raffee 1989, S.l2. Zur begrifflichen Abgrenzung von System-, Institutionen- und Indivi­ dualethik vgl. Kapitel 1.2.2. Vgl. Fischer-Winkelmann/Rock 1977, S.132.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

57

chanismen. Daraus resultiert die Forderung nach moralisch agierenden Unterneh­ men bzw. individualethischer Verantwortungsübernahme im Marketing.84 Schließlich erschwert speziell im internationalen Marketing die Komplexität der Geschäftswelt die Folgenzuweisung und bringt eine Verschärfung moralischer Defizite mit sich.85 Marketingmanager können also die Richtigkeit ihrer Hand­ lungen nicht nur an ökonomischen Maßstäben messen, sondern sollten innerhalb ihrer verbleibenden Handlungsspielräume moralisch verantwortlich operieren.86 Diese Überlegungen machen deutlich: „Systemethik kann immer nur der eine Hebel für ein sozial-verantwortliches Marketing sein. Der unverzichtbare zweite Hebel ist die Individualethik, und zwar sowohl als Verantwortungs- wie als Ge­ sinnungsethik.“87 In diesem Zusammenhang erscheint eine Konkretisierung der Begriffe „Verantwortungs-“ und „Gesinnungsethik“ erforderlich. Das Abgrenzungskriterium zwischen „Gesinnungs-“ und „Verantwortungsethik“ ist für Max Weber die Berücksichtigung der (Handlungs-)Folgen. Bei der Gesin­ nungsethik zielt das Handeln auf die durchgehende Erfüllung einer absoluten mo­ ralischen Maxime, d.h. das Handeln wird allein in bezug auf die verfolgte Absicht bewertet (deontologisch: deon = Pflicht). Bei der Verantwortungsethik stehen hingegen die Handlungsfolgen und -ergebnisse bei der Legitimation einer Hand­ lung im Vordergrund (teleologisch: telos = Zweck, Ziel).88 Für sozialverantwort­ liches Marketing reicht es allerdings nicht, sich nur mit Verantwortung im Markt zu positionieren, dazu braucht es auch einen Teil moralischer Gesinnung.89 So­ zialverantwortliches Marketing bedeutet schließlich, nicht nur die eigenen Inte­ ressen, sondern auch die anderer anzuerkennen und zu berücksichtigen.90 In Wirklichkeit ist der Konflikt zwischen Gesinnungs- und Verantwortungsethik ein Scheindilemma, da sie kein absolutes Gegensatzpaar sind, sondern einander er­ gänzen: „Es kann folglich nicht etwas gesinnungsethisch sein, was nicht gleich­ zeitig die Konsequenzen des Handelns verantwortungsethisch, d.h. pragmatisch mitbedenkt.“91 Umgekehrt kann von sittlicher bzw. moralischer Verantwortung nur dann gesprochen werden, wenn die Verantwortungsübemahme nicht mit Blick auf erwartete positive oder negative Sanktionen erfolgt, sondern aus der

84 85 86 87 88 89 90 91

Vgl. Hansen 1992, S.660; Hansen 1988, S.712. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.399; Hansen 1995, Sp.616. Vgl. Kay-Enders 1996, S.l; Dichtl 1991, S.393. Raffee 1989, S.l2. Vgl. Weber 1973 S.167-185. Vgl. u.a. auch Kreikebaum 1996, S.182-183. Vgl. Bauer 1993, S.24; Rath 1989, S.124; Raffee 1989, S.13; Hansen 1988, S.719. Vgl. Raffee 1989, S.2. Kreikebaum 2000, S.150. Vgl. auch Bauer 1993, S.8; Ulrich 1993, S.72-74; Göbel 1992, S.85.

58

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

Einsicht, daß man sich selber als verantwortlich erkennt und nach seinem Ge­ wissen handelt.92 Diese Argumentation erscheint noch einleuchtender, wenn man die Semantik des Begriffs Verantwortung betrachtet. Etwas „ver-antworten“ bedeutet nichts anderes als Antwort zu geben bzw. den Betroffenen für die Gründe seines Han­ delns Rede und Antwort zu stehen.93 Der dialogische Begriffsursprung bleibt im „monologischen“ Verantwortungsbegriff der gängigen Verantwortungsethik zumeist unberücksichtigt. Bei einsamen bzw. elitären (Schiedsrichter-)Entscheidungen muß sich der Verantwortungsträger lediglich vor dem eigenen Gewissen rechtfertigen.94 Dabei sind nicht nur im interkulturellen Kontext die Verantwor­ tungsinhalte und die Frage, an welcher Instanz bzw. an welchem Maßstab sich das Gewissen orientieren soll, diskussionsbedürftig und unterschiedlich interpre­ tierbar.95 Als Ausweg aus diesem Dilemma fordert Ulrich daher die Transforma­ tion des herkömmlichen Verantwortungsbegriffs (unter Berücksichtigung der Diskursethik) in ein dialogisches Verantwortungskonzept, d.h. mit den Betrof­ fenen zu entscheiden und nicht für sie96 Eine wohlverstandene gesellschaftliche Verantwortungshaltung bedeutet in diesem Sinne „die Anerkennung der Hand­ lungsbetroffenen als faktisch oder potentiell mündige Personen, über die man aus ethischer Sicht nicht einseitig verfugen kann, mit denen hingegen eine rationale Verständigung über gerechtfertigte, allseits akzeptable Handlungsorientierungen real durchgeführt oder, wo das nicht möglich ist, stellvertretend in ,einsamer4 Reflexion gedanklich geführt werden kann und soll.“97 Die aktuelle Forderung nach sozialverantwortlichem Untemehmenshandeln ist für Ulrich deshalb nicht zuletzt das Symptom von asymmetrischen gesellschaftlichen Verständigungs­ beziehungen.98

92 93 94 95 96

97 98

Vgl. Kreikebaum 1996, S.l80; Höffe 1986c, S.264. Vgl. Ulrich 1998, S.87; Kreikebaum 1996, S.179; Thommen 1990a, S.136; Ulrich 1983, S.82. Vgl. Ulrich 1993, S.320; Ulrich 1983, S.82. Vgl. Kreikebaum 1996, S.180; Nunner-Winkler 1993, Sp.l 186-1188; Hansen 1988, S.713. Vgl. Ulrich 1998, S.87. Die Diskursethik entwickelt dabei zugleich die von Kant vertretene Gesinnungsethik in bezug auf die Normenbegründung zur Verantwortungsethik weiter. Vgl. Apel 1986, S.5-6 und ausführlich Kapitel 3.2.3.1. Ulrich 1993, S.321 und die Ausführungen in Kapitel 5.2.1.2. Vgl. Ulrich 1993, S.318.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

„MONOLOGISCHE“ VERANTWORTUNG Utilitaristische Ethik: Sozialnutzenmaximierung

59

DIALOGISCHE VERANTWORTUNG Kommunikative Ethik: Wille zum vernünftigen Konsens ;

Output-Verantwortung

Input-V erantwortung

Entscheiden für die Betroffenen

Entscheiden mit den Betroffenen

Patemalistisch-elitäre „Interessenberück­ sichtigung“: SOZIALMARKETING

Dialogischer Interessenausgleich mit allen Betroffenen: PARTIZIPATION I

Strukturkonservativ: Beibehaltung asymmetrischer Kommunikationssituationen (Symptombeseitigung) 1

▼ Strukturkritisch: Schaffung sym­ metrischer Kommunikationssituationen (Ursachenbeseitigung) 1

▼ Abhängigkeit und „Verantwortungslosig­ keit“ der Betroffenen

▼ Mündigkeit und Verantwortungsfähigkeit aller Betroffenen = Beteiligten

I

I

▼ Technokratischer Horizont (Manager- und Expertenherrschaft)

▼ Demokratischer Horizont (Rationale Politik unter selbstverantwortlichen Personen)

Tabelle 2-1: Monologischer und dialogischer Begriff sozialer Verantwortung Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Ulrich 1987, S.141. Aus marketingethischer Sicht sind daher vor allem die Forderungen von großer Relevanz, die nicht über den Markt prononciert werden können." In diesen Fällen kann es nur darum gehen, die bisher unmündig gebliebenen Betroffenen durch die Verwirklichung einer Verständigungsgegenseitigkeit und die Institutionalisierung von Dialogen in die Lage solidarischer Mitverantwortung zu versetzen.100 Nur 99 Vgl. Hansen 1992, S.660. 100 Vgl. Ulrich 1993, S.317-318; Ulrich 1983, S.84.

60

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

vor diesem Hintergrund und weiteren Anstrengungen zur Ausbildung eines kriti­ schen Konsumentenbewußtseins sind Aussagen zu interpretieren, die bspw. dem Letztnachfrager eine gewisse Mitverantwortung für sozial nicht verantwortbare Wirkungen des Marketing aufbürden.101 Es kann daher festgehalten werden, daß sich die Denkhaltung der Marketingmanager durch eine konsensorientierte Ver­ antwortungsethik bewähren muß. Sozialverantwortliches Marketing ist dann aber nur durch den stetigen Dialog mit den Betroffenen, insbesondere den Letztnachfragem, praktikabel und konsensfähig.102 Das Marketing muß sich dabei um so mehr einer sozialen Verantwortung stellen, als es im Kontext der Untemehmensfunktionen den Anspruch eines Führungskonzepts vom Markt her stellt.103

2.2

Theoretische Fundierung und praktische Konsequenzen einer Ethik im Marketing

2.2.1

Erkenntnistheoretische Grundlagen

Sofern über die Etablierung einer eigenständigen Marketingethik reflektiert wird, erscheint dies vom wissenschaftlichen Standpunkt aus nur dann sinnvoll, wenn die ethischen Fragestellungen des Marketing so spezifisch sind, daß es sich aus erkenntnistheoretischer Sicht als fruchtbar herausstellt.104 Der Integration ethi­ scher Aspekte in das Marketing stand man lange Zeit jedoch skeptisch gegenüber. So sieht z.B. Tietz durchaus das Problem rechtswidriger Marketingmaßnahmen, hält aber bspw. eine Anwendung des Kategorischen Imperativs von Kant auf Pro­ blemstellungen des Marketing für ergebnislos. Seiner Meinung nach kann daher auch nicht von einer Marketingschuld gesprochen werden, sondern eher von ei­ nem Versagen politischer Ideologien bzw. der religiösen Ethik. Langfristig be­ wirkten die Rahmenordnung und ein funktionsfähiger Wettbewerb ein ökonomi­ sches Optimum.105 Hier setzt jedoch die Kritik an, die das Marketingmanagement als eine grundsätzlich menschliche Untemehmensfunktion versteht, die sich mit

101 102 103 104 105

Vgl. u.a. Kaas 1999, S.127; Raffee 1989, S.8; Lenders 1988, S.807; Angehm 1981, S.22-25. Vgl. Praetorius 1993, S.60; Meffert/Remmerbach 1987, S.10. Vgl. Meffert 1989, S.351; Hansen/Stauss 1983, S.77-82. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.396; Hansen 1995, Sp.618. Vgl. Tietz 1982, S. 101-102. Kants Kategorischer Imperativ basiert auf der Annahme, daß der Mensch, über seine Neigungen und Triebe hinaus, eine Vemunftmotivation kenne, die sich in einem unbedingten Sollen ausdrücke. Vgl. zu seiner Anwendung auf Fragen des Marketing u.a. Smka 1997, S.15-16, 21-22.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

61

nichtlinearen, unberechenbaren und diskontinuierlichen Systemen beschäftigt.106 „Marketingethik ist also kein Oxymoron. Statt dessen ist auch im Marketing ethi­ sche Forschung möglich, da es dort keine Eigengesetzlichkeiten oder Naturge­ setze gibt.“107 Ausgangspunkt für die Erwägungen zur Berücksichtigung einer Ethik im Marketing ist aber nicht zuletzt die spezifische ethische Betroffenheit dieser Untemehmensfunktion.108 Im Zusammenhang mit der Frage nach dem Erkenntnisfeld einer Marketingethik wird dem Vorschlag von Hansen gefolgt, dieses aus dem defmitorischen Marke­ tingbegriff abzuleiten. Angesichts von unterschiedlichen theoretischen Vorstel­ lungen handelt es sich dabei nicht nur um eine Frage der Terminologie, sondern es ergeben sich z.B. mit der Abgrenzung zu anderen Forschungsbereichen auch inhaltliche Konsequenzen.109 Die dieser Arbeit zugrunde gelegte Definition bezog sich auf die weitgehend akzeptierte Sicht von Marketing als „marktorientierter Untemehmensfühnmg“. Genaugenommen können jedoch zwei Standpunkte un­ terschieden werden:

Der erste ergibt sich, sofern Marketing als neues Managementkonzept bzw. als marktorientierte Untemehmensphilosophie verstanden wird, da alle unternehme­ rischen Aktivitäten durch einen starken Marktbezug geprägt sind.110 Der damit verbundene Führungsanspruch des Marketing innerhalb der Betriebswirtschafts­ lehre wird bspw. explizit von Raffee und seinen Schülern vertreten, die im Mar­ ketingansatz die Grundkonzeption betriebswirtschaftlicher Untemehmensfühnmg sehen.111 Es erscheint allerdings wenig zweckmäßig, alle Aktivitäten einer marktorientierten Untemehmensfühnmg unter „Marketing“ zu subsumieren, da dies die Marketingwissenschaft zwangsläufig überfordert und den Vorwurf pro­ vozieren würde, mit der Betriebswirtschaftslehre in Konkurrenz treten zu wol­ len.112 In diesem Fall wäre der Objektbereich des Marketing dem einer allgemei­ nen Untemehmensfühnmg ähnlich und das Themenspektrum einer Marketing­ ethik entspräche weitgehend dem einer allgemeingültigen Untemehmensethik.113 Von dem zweiten, hier eingenommenen Standpunkt aus kann der Führungsan­ spruch des Marketing gleichwohl auf einen plausiblen Grundgedanken reduziert werden. So führt Meffert die Prävalenz des Marketing in der Tradition Guten­ bergs auf das Engpaßdenken zurück und spricht infolgedessen lediglich von „an­ 106 107 108 109 110 111 112 113

Vgl. Wilkens 1993, S.18; Knapp 1990, S.72. Kay-Enders 1996, S.l. Vgl. dazu auch Abel 1988, S.8O3. Vgl. Eretge 1996, S.14. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.396; Hansen 1995, Sp.618. Vgl. Eretge 1996, S.l9. Vgl. Raffee 1993, S.l07; Wiedmann 1993, S.31. Vgl. Hansen/Stauss 1983, S.78. Zu diesem Vorwurf vgl. u.a. Schneider 1983. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.396; Hansen 1995, Sp.618.

62

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

gewandter Führungslehre“.114 Das macht deutlich, daß Marketinghandeln nicht automatisch mit Untemehmensführung gleichzusetzen ist. Vielmehr wird der situative Gehalt des Konzepts offenkundig, das von der Annahme ausgeht, die Existenz des Unternehmens werde, aufgrund der dargestellten Entwicklungen, in vielen Fällen durch den Absatzbereich als den unternehmerischen Engpaß be­ stimmt.115 Aufgabe des Marketing ist es also, gegenüber der Untemehmensfuh­ rung und den anderen Funktionsbereichen vor allem die Relevanz einer marktori­ entierten Denkhaltung zu verdeutlichen. Es stellt somit allein den integrativen Bestandteil dieser Untemehmenspolitik dar.116 An anderer Stelle wurde bereits darauf hingewiesen, daß Marktorientierung aus Sicht des Marketing in erster Li­ nie Kunden- bzw. Bedürfnisorientierung bedeutet. Die dazu geäußerte Kritik machte allerdings klar, daß aufgrund der fließenden Grenzen zwischen marktli­ chen und gesellschaftlichen Prozessen neben dieser marktbezogenen Grundkon­ zeption des Ansatzes verstandesmäßig die Beachtung gesellschaftlicher Bedin­ gungen und langfristiger Folgen von Markttransaktionen erforderlich wird. Um dem Marketing eine „weltfremde Allzuständigkeit“ zu ersparen, sollte in diesem gesellschaftlichen Kontext jedoch nur dann von Marketing gesprochen werden, falls die Marketingaktivitäten wenigstens noch partiell gestaltend auf die Trans­ aktionen am Markt einwirken.117 Die engere Austauschperspektive resultiert da­ raus, daß das Marketing nun als Spezialist für die Ausgestaltung der organisationsextemen Stakeholderbeziehungen gilt, die vornehmlich durch einen Tauschvertrag gestaltet sind. Es hat die in diesem Zusammenhang notwendigen Rechtfertigungs- und Begründungsleistungen zu erbringen.118 Die Marketing­ ethik, verstanden als (Funktions-)Bereichsethik, hat folglich eine eigene Pro­ grammatik, die eigenständige Beiträge zur ethischen Beschreibung, Beurteilung und Handhabung marketingrelevanter Problemlagen leisten kann und nicht mit einer umfassenden Untemehmensethik deckungsgleich ist.119

Grundsätzlich besteht bei der Etablierung unterschiedlicher Bereichsethiken das Risiko, daß sich unzusammenhängende ethische Orientierungen entwickeln.120 Diese Gefahr ist bei der hier gewählten Perspektive jedoch nicht gegeben, und zwar aus der Einsicht, daß von jedem Untemehmensangehörigen von Grund auf die Verwirklichung der gleichen ethischen Normen eingefordert wird, die auch in Vgl. Meffert 1989, S.343, 354. Vgl. Zerfaß/Emmendörfer 1994, S.5; Hansen 1993, Sp.634 und Kapitel 2.1.1. Vgl. Hansen/Stauss 1983, S.78. Vgl. Stauss 1991, S.138-139. Vgl. Zerfaß/Emmendörfer 1994, S.48-49. Diesen Überlegungen liegt das Verständnis der Un­ ternehmung als Koalition zugrunde. Vgl. Staehle 1969 und ausführlich Kapitel 5.2.1.1. 119 Vgl. Rettberg 1999, S.43. 120 Vgl. Steinmann/Löhr 1994, S.146. Wagner spricht deshalb auch sarkastisch von sog. „Binde­ strich-Ethiken“. Vgl. Wagner 1990, S.298.

114 115 116 117 118

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

63

den Lebensbereichen außerhalb des Unternehmens Gültigkeit besitzen.121 Die Marketingethik ist also mit der allgemeinen Ethik konsistent; sie beinhaltet den Lebensbereich, der sich auf das Marketinghandeln bezieht.122 Eine Marketing­ ethik kann demzufolge auch nur dann erfolgreich sein und mit der allgemeinen Untemehmensphilosophie im Einklang stehen, wenn sie in das Konzept einer Untemehmensethik eingebettet ist.123 Gleichzeitig muß jedoch die Bildung ethischer Urteile immer Sachkenntnis mit ethischer Beurteilung verbinden. Bei Fragen der Verantwortung ist es meist einfacher, sich darüber zu einigen, was wem gegenüber verantwortet werden muß, als darüber, wer die Verantwortung dafür zu tragen hat.124 Folglich kann es nicht darum gehen, losgelöst von der allgemeinen Ethik eigenständige Normen auszuarbeiten, sondern allein die mar­ ketingorientierten Inhalte bzw. der spezifische Objektbereich lassen die Eta­ blierung einer Marketingethik im Rahmen der Untemehmensethik sinnvoll er­ scheinen. Die enge Verknüpfung von beiden erscheint nicht zuletzt aus prozeß­ orientierten Überlegungen notwendig.125 Die Marketingethik wird von Hansen in logischer Konsequenz als Teilbereich bzw. spezifischer Anwendungsbereich einer allgemeineren Untemehmensethik definiert:

„Die Marketing-Ethik befaßt sich wertorientiert in ihrem Kembereich mit An­ sprüchen aller Marktpartner einer Unternehmung im Zusammenhang mit ihrem Produkt- und Dienstleistungsangebot (beschaffungs- und absatzseitige Mikroum­ welt) und mit den Ansprüchen weiterer gesellschaftlicher Gruppierungen, die von den Folgen dieses Angebots kurz- oder längerfristig betroffen sind (Makroum­ welt, wie z.B. ökologische Basisgruppen).“126 Das Konzept einer Marketingethik erfordert eine multidisziplinäre Ausrichtung und eine interdisziplinäre Öffnung zur Philosophie, damit es ein solides theoreti­ sches Fundament hat.127 Die dafür relevanten methodischen Überlegungen werden im folgenden Unterkapitel dargestellt.

121 Vgl. Kaas 1997, S.7. 122 Vgl. Kay-Enders 1996, S.l5-16; Steinmann/Löhr 1988, S.812. 123 Vgl. Eretge 1996, S.20; Lenders 1988, S.807. In diesem Zusammenhang bildet die dialogische Untemehmensethik von Ulrich den übergeordneten Bezugsrahmen dieser Arbeit. Vgl. dazu u.a. die Ausführungen in Kapitel 1.2.2, 2.1.3 und 2.3. 124 Vgl. Honecker 1993, Sp.251; Praetorius 1993, S.52. 125 Vgl. Hansen/Bode 1999, S.415; Eretge 1996, S.l8-20. 126 Hansen 1992, S.660. 127 Vgl. Hansen/Bode 1999, S.396; Eretge 1996, S.20 und ausführlich Kapitel 3.

64

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

Forschungsrichtungen und ihre strategischen Ansätze

2.2.2

Die Forschungsbemühungen im Bereich der Untemehmensethik sollten weder wissenschaftlicher Selbstzweck noch purer Pragmatismus sein.128 Während die allgemeine Beschäftigung mit ethischen Fragestellungen in der deutschen Be­ triebswirtschaftslehre häufig noch in einem sehr abgehobenen und isolierten Rahmen stattfmdet,129 sind ethische Marketingfragestellungen eher in den Be­ zugsrahmen einer anwendungsorientierten Forschung einzuordnen. Sie nimmt faktische Entscheidungs- und Handlungskonflikte, die sich z.B. im interkulturel­ len Kontext aus der Konfrontation unterschiedlicher Wertmaßstäbe und Rollen­ vorstellungen ergeben, zum Ausgangspunkt theoretischer Reflexion.130 Allerdings wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit, insbesondere im Vergleich zur anglo­ amerikanischen Literatur, der Theorie wesentlich mehr Bedeutung eingeräumt. Nur durch die Sichtweise einer Marketingethik an der Schnittstelle zwischen philosophischer Disziplin und allgemeiner Betriebswirtschafts- bzw. Marketing­ lehre kann ein profundes Verständnis der Problemstellung vermittelt werden. Im folgenden sollen, in Anlehnung an Hansen, die Grundpositionen einer möglichen Marketingethik referiert werden. Die verschiedenen Forschungsfelder und Frage­ stellungen ergeben sich dabei durch die unterschiedlichen Ausprägungen der zwei elementaren Dimensionen „Methodik“ (deskriptiv vs. normativ) und „Gegen­ stand“ (Normen- vs. Verfahrensethik) der Ethik und deren Kombination innerhalb einer zweidimensionalen Matrix.131 egen stand

Normenethik

Verfahrensethik

Methodik

Erfahrungswissen­ schaftlich/ Deskriptiv Normativ/ Präskriptiv

Tabelle 2-2: Quelle:

128 129 130 131

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Welches

Von welchen

Marketinghandeln wird für

Determinanten ist (un)moralisches

moralisch gehalten?

Handeln im Marketing bestimmt?

Wie sollte

Unter welchen idealen Bedingungen

moralisches Marketinghandeln

sollten Normen für das Marketing

aussehen?

entwickelt und durchgesetzt werden?

Forschungsprogramm einer Marketingethik Eigene Darstellung in Anlehnung an Hansen/Bode 1999, S.407; Eretge 1996, S.21; Hansen 1995a, Sp.618.

Enderle 1988, S.71. Thommen 1996, S. 187-188. Kay-Enders 1996, S.16. Hansen/Bode 1999, S.403-407; Hansen 1995, Sp.617-619 und allgemeiner Kapitel 1.2.2.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

65

Bei der Abstufung zwischen deskriptiver und normativer Marketingethik ist bei ersterer die Darlegung ethischer Konzeptionen, bei letzterer deren erwünschter Charakter Gegenstand der Untersuchung.132 Die deskriptive Ethik versucht, die faktischen Moralvorstellungen verschiedener Personen, Gesellschaften und Kul­ turen auf empirischer Grundlage zu beschreiben und zu analysieren, um so zur Theoriebildung beizutragen.133 In den USA wird die Forschung zur Marketing­ ethik häufig in dieser erfahrungswissenschaftlichen Absicht betrieben. Die Wahr­ nehmung und Erklärung von konkreten Wertkonflikten steht im Mittelpunkt der Betrachtungen. Das Konfliktpotential im Marketing kann aus Rollenkonflikten, interorganisatorischen Konflikten zwischen den einzelnen Funktionsbereichen und Konflikten mit der untemehmensextemen Marketingumwelt resultieren.134 Ausgangspunkt der Überlegungen ist die empirisch zu untermauernde Kritik am Marketing. Zur Erklärung moralisch unzulänglichen Marketinghandelns wurden im Sinne einer verhaltenswissenschaftlichen Determinantenbetrachtung zahlrei­ che Entscheidungsmodelle für Marketingmanager entwickelt.135 Demgegenüber will die normative bzw. präskriptive Ethik die geltenden Moralvorstellungen kritisch reflektieren und Sollensforderungen für gutes und gerechtes Handeln entwickeln und legitimieren.136 Von einer moralphilosophischen Basis aus the­ matisiert sie also die erwünschte Sittlichkeit des Handelns der Marketingmanager bzw. die Frage, wie diese erreicht werden soll.137 Ihre Überlegungen können auf zwei fundamentale Positionen zurückgeführt werden, die allerdings nicht disparat sind: Als teleologische Ethik bewertet sie, ausgehend von einer utilitaristischen oder egoistischen Grundhaltung, Handlungsfolgen nach dem erstrebenswerten Ziel und als deontologische Ethik mißt sie Verhalten an als richtig angenom­ menen Leitsätzen (bspw. die Anwendung des Kategorischen Imperativs von Kant in der Marketingpraxis).138 Es muß allerdings nochmals betont werden, daß keine der beiden Positionen als die überlegene oder als die einzig richtige anzusehen ist.139

Hinsichtlich der zweiten Dimension erfolgt die Differenzierung von Normen- und Verfahrensethik nach inhaltlichen Kriterien: Die Normenethik beschäftigt sich mit den in verschiedenen Gesellschaften und Kulturen zu einem bestimmten Zeit­ punkt geltenden bzw. im Sinne einer Sollensforderung angestrebten moralischen 132 133 134 135 136 137 138 139

Vgl. Hansen/Bode 1999, S.378. Vgl. Höffe 1986, S.54. Vgl. Kay-Enders 1996, S.l7-18; Hansen 1992, S.661 und ausführlich Kapitel 3.1.2. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.404; Hansen 1995, Sp.620-624. Zu den Entscheidungsmodellen vgl. die Übersicht bei Kay-Enders 1996, S.73-114 sowie Eretge 1996, S.37-56. Vgl. Honecker 1993, Sp.251; Höffe 1986, S.54-55. Vgl. Kay-Enders 1996, S.l8; Hansen 1992, S.660-661; Hansen 1988, S.714. Vgl. Smka 1997, S.12-24; Staffelbach 1994, S. 151 -161; Höffe 1986b, S.183-184. Vgl. Rich 1987, S.40 und die Ausführungen in Kapitel 2.1.3.

66

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

Werten und Normen.140 Die Forschungsbemühungen, die in Abhängigkeit von der Vorgehens weise entweder deskriptiv oder präskriptiv erfolgen, konzentrieren sich vor allem auf Fragen der Wertevielfalt und den damit verbundenen Wertewan­ del.141 Im Gegensatz dazu befaßt sich die Verfahrensethik mit den Rahmenbedin­ gungen der Moralentwicklung. Bezogen auf das Marketing, geht es also um die Prozesse der Gewinnung und Verwirklichung ethischer Werte und Normen der Marktgeschehnisse.142 Prozesse, die unter erfahrungswissenschaftlichen Gesichts­ punkten auf der Basis von ethischen Verhaltens- bzw. Entscheidungsmodellen und der dort einbezogenen Entscheidungsdeterminanten ermittelt werden können. Davon zu unterscheiden ist eine Verfahrensethik, die unter einem normativen Blickwinkel die idealen Voraussetzungen einer prozessualen Entwicklung ethi­ scher Aspekte im Marketing zum Gegenstand hat.143 Ein Beispiel einer so ver­ standenen Verfahrensethik ist die Diskursethik: Ethik ist in dieser Interpretation das Resultat eines Konsenses der betroffenen Menschen. Im Mittelpunkt der Dis­ kursethik stehen moralische Forderungen (sog. formale Normen), die sich auf Verfahrensregeln beziehen und einen ethischen Konsens erlauben sollen.144 Für das Forschungsziel der vorliegenden Arbeit erscheinen grundsätzlich alle hier vorgestellten Forschungsfelder von Nutzen. Allerdings ist Steinmann/Löhr zuzustimmen, wenn sie feststellen, daß eine erfahrungswissenschaftlich ausgerichtete Marketingethik keine Sollensforderungen über gutes und gerechtes Marketing­ handeln legitimieren kann. Konsequenterweise fordern sie, das deskriptive Para­ digma in Richtung einer (normativen) Morallehre zu überwinden.145 Gleichwohl wird dadurch eine deskriptive Ethik im Marketing nicht überflüssig, kann sie doch einen geeigneten Ansatzpunkt für die ethische Diskussion liefern.146 Für die noch zu betrachtenden internationalen Fragestellungen erscheint sie aufgrund des damit verbundenen Wertepluralismus und des Problems einer Übertragbarkeit ihrer Ergebnisse auf andere Kulturräume aber überfordert.147 Die Wertmaßstäbe jedes einzelnen, also auch die des Marketingmanagers, werden stets durch die Gesellschaft vermittelt und durch die Kultur, in die er hinein geboren wird, beein­ flußt.148 Ähnliche Schwierigkeiten ergeben sich im Kontext einer Normenethik. Die Frage, welches Marketinghandeln als gut oder schlecht betrachtet wird bzw. betrachtet werden sollte, wird im (internationalen) Marketing kaum auf der 140 141 142 143 144 145 146 147 148

Vgl. Rich 1987, S.27-29. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.406. Vgl. Hansen 1995, Sp.617. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.406; Hansen 1995, Sp.626. Vgl. Kreikebaum 1996, S.l 1; Honecker 1993, Sp.254-255. Vgl. Steinmann/Löhr 1988, S.811-812. Vgl. auch Rath 1989, S.123-124. Vgl. Eretge 1996, S.21; Hansen 1989, S.127. Vgl. Smka/Wagner 1996, S. 199. Vgl. Honecker 1993, Sp.258; Schöpf 1986, S.278-279.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

67

Grundlage einer gemeinsamen philosophischen Wertbasis zu beantworten sein. Wenngleich die hier vorgestellten idealtypischen Forschungsfelder bei der Reali­ sierung einer (internationalen) Marketingethik immer vermischt in Erscheinung treten werden (bspw. im Diskurs entstandene Untemehmensleitlinien), liegt der Schwerpunkt der Betrachtungen in der vorliegenden Arbeit deshalb im Bereich der normativen Verfahrensethik. Marketingethik wird hier „als normative Wis­ senschaft nicht auf die Festlegung inhaltlicher Normen verpflichtet, sondern auf den konsensbildenden Dialog als ein Verfahren, in dem moralische Wahrnehmungs- und Beurteilungsunterschiede überbrückt werden sollen.“149 Diese Vorgehens weise hat den Vorteil, daß die Marketingethik nicht bei der em­ pirischen Feststellung moralischer Faktizitäten und Wertkonflikte innehalten muß. Vielmehr ermöglichen die im Diskurs ermittelten Maßstäbe des guten Mar­ ketinghandelns die Entwicklung von Strategien und Anreizmechanismen zur Förderung eines sozialverantwortlichen Marketing.150 Inhaltlich geht es bei den strategischen Ansätzen einer Marketingethik darum, die ermittelten Selektions­ maßstäbe moralischen Marketinghandelns in der strategischen Ausgestaltung der unternehmerischen Markt- und relevanten Umweltbeziehungen zu berücksich­ tigen und zu verankern.151 Zu ihrer Strukturierung erscheint eine Differenzierung nach Betrachtungs- bzw. Aggregationsebenen sinnvoll, wenngleich sich die ver­ schiedenen Handlungsebenen, wie bereits angemerkt, gegenseitig beeinflussen und somit Interdependenzen bestehen.152

Abbildung 2-2: Quelle: 149 150 151 152

Differenzierung der strategischen Ansätze einer Marke­ tingethik nach Aggregationsebenen Eigene Darstellung

Hansen 1995, Sp.626. Vgl. hierzu auch Steinmann/Löhr 1988, S.811-812. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.407. Vgl. Kay-Enders 1996, S.20 sowie Kapitel 1.2.2.

68

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

Strategien auf Branchenebene beziehen sich auf die untemehmensübergreifenden Rahmenbedingungen zur Berücksichtigung ethischer Aspekte im Marketing.153 Vorkehrungen bzw. Selbstverpflichtungen einzelner Unternehmen zur Gewähr­ leistung moralischen Marketinghandelns sind unter Wettbewerbsaspekten u.U. nur schwer aufrechtzuerhalten. Exemplarisch für kollektive Maßnahmen sind die Gründung der American Marketing Association, des Deutschen Werberats oder der Federation of European Direct Selling Associations sowie die Verabschie­ dung diverser Branchenkodizes zu nennen.154

Demgegenüber ist die Untemehmensebene betroffen, sofern es um die untemehmensindividuelle Gestaltung der institutionellen Handlungsbedingungen zur För­ derung der Moral von Marketingmanagem geht.155 Außer einer ethisch geprägten Untemehmenskultur und den damit verbundenen Anreiz- und Sanktionsmecha­ nismen ist hier folgender institutioneller Maßnahmenkatalog auf ethische Frage­ stellungen im Marketing anwendbar: insbesondere Verhaltensleitlinien, aber auch Ethikkommissionen, Ombudsmänner bzw. Ethikbeauftragte sowie ein Ethikau­ diting.156 Darüber hinaus stellen die sog. Untemehmensdialoge eine sachgerechte Möglichkeit dar, externe Marketingbetroffene am Wert- und Normenbildungspro­ zeß teilhaben zu lassen.157 Schließlich hat die Individualebene einzelner Marketingmanager neben der Ana­ lyse von Wertkonflikten auch Ausbildungsmaßnahmen zum Gegenstand. Sie sol­ len dazu beitragen, die Sensibilität des einzelnen Mitarbeiters für moralisches Marketinghandeln zu erhöhen - und damit seine Bereitschaft, die ihm übertra­ gene soziale Verantwortung verstärkt wahrzunehmen.158

153 Vgl. Hansen/Bode 1999, S.414. 154 Vgl. Kaas 1999, S.146; Kaas 1997, S.59-61. Vgl. dazu auch Angehm 1981, S.23; Picot 1974, Sp.571 und Kapitel 4.2.2. 155 Vgl. Kay-Enders 1996, S.19. 156 Vgl. Kaas 1999, S.144-145; Kaas 1997, S.56-57; Kay-Enders 1996, S.153-194; Meffert 1989, S.352; Hansen 1988, S.718-719. 157 Vgl. Hansen/Bode 1999, S.412-413 sowie ausführlich die Kapitel 2.2.3,5 und 6. 158 Vgl. Kay-Enders 1996, S.19; Hansen 1992, S.661.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

2.2.3

Der Ansatz einer dialogischen Marketingethik von Hansen

2.2.3.1

Der Dialoggedanke im Marketing im Kontext von Praxis und Theorie

69

Angesichts der fortdauernden Konzentrationsprozesse im Bereich der MNU und der damit verbundenen Machtagglomeration wird von den Unternehmen heute zunehmend eine Mitwirkung bei der Verwirklichung sozial-ökologischer Zielvor­ stellungen, z.B. „faire Handelsbeziehungen zu den EL“, verlangt. Die Sichtweise vom Konsumenten als Bürger und vom Bürger als Konsument stellt dabei nach Hansen vor allem das Marketing vor eine große Herausforderung.159 Ethische Konflikte, die sich aus dem scheinbar unauflösbaren Widerspruch von ökonomi­ schen und sozial-ökologischen Zielvorstellungen ergeben, können nach ihrer An­ sicht aber nur die Unternehmen und die betroffenen Anspruchsgruppen selber regulieren.160 Vertreter von Theorie und Praxis beschäftigen sich folglich zuneh­ mend mit dialogischen Strategien zur Ausgestaltung der Beziehungen zwischen Unternehmen und ihrer Umwelt.161 Im Gegensatz zu partiellen Ansätzen, die sich bspw. mit der Produkthypertrophierung oder Obsoleszenzstrategien beschäftigen, müssen diese die Perzeption und Verwirklichung einer gesellschaftlich er­ wünschten, ganzheitlichen Ausrichtung des Marketing zum Thema haben. Es geht nach Hansen also primär darum, dem Kritik- und Forderungspotential der betroffenen Anspruchsgruppen mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen.162 Obwohl der Gedanke eines Dialogs zwischen Hersteller und Letztnachfrager kei­ neswegs neu ist - so forderte bereits John F. Kennedy zu Beginn der 60er Jahre ein Anhörungsrecht für Konsumenten -, erklären sich die Unternehmen explizit erst seit einigen Jahren bereit, ihre soziale Verantwortung wahrzunehmen, selbst wenn das für sie mit Kosten verbunden ist. Gleichzeitig bekennt man sich auch auf Verbraucherseite zunehmend zu einer gesellschaftlichen Verantwortung im Rahmen des Konsumverhaltens.163 Der entscheidende Schritt weg von einem mo­ nologischen Begriff unternehmerischer Verantwortung hin zu einer dialogischen Konfliktregulierung ist erst mit der Einbeziehung solcher Interessengruppen in den unternehmerischen Entscheidungsprozeß vollzogen.164

159 Vgl. Hansen u.a. 1995, S.l 12-113; Hansen/Schoenheit 1993, S.70. 160 Vgl. Hansen u.a. 1995, S.l 10. Zu ethischen Konflikten, d.h. Divergenzen im Bereich der Norm-, Ziel- und Wertvorstellungen, im internationalen Marketing vgl. ausführlich Kapitel 3.1. 161 Vgl. Hansen 1996, S.34. 162 Vgl. Hansen 1993, Sp.641-642. 163 Vgl. Hansen 1996, S.9-10. 164 Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996, S.313.

70

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

Der gesellschaftliche Druck war sicherlich Auslöser für die Einführung des Dia­ logprinzips im Marketing. Der Dialog ist insofern als eine Strategie der Anpas­ sung, Innovation oder Kooperation zu interpretieren, die sich zumindest in der Bereitschaft manifestiert, Interessenkonflikte wahrzunehmen bzw. sich mit ihnen auseinanderzusetzen.165 Allerdings hat die große Popularität des Dialogkonzepts in den 90er Jahren, wie bereits angedeutet, zu einer großen Spannweite von Dia­ logauffassungen und -Zielsetzungen geführt, die nicht selten inflationäre Züge aufweist.166 Die z.T. gedankenlose und rein rhetorische Verwendung des an sich normativ festgelegten Dialogbegriffs führt dazu, daß zahlreiche Begriffsanwen­ dungen lediglich als Scheindialoge zu charakterisieren sind.167 Die vielfältigen Anwendungszusammenhänge reichen von einer auf interaktive Kommunikation gestützten Marktbearbeitungstechnik, die als strategische Maßnahme zur Kunden­ bindung fungiert, bis hin zu Konfliktregulierungsstrategien, deren Ziel die Erar­ beitung von Konsenspositionen auf der Grundlage präskriptiver Verfahrensregeln der Diskursethik ist.168 Insgesamt können nach Hansen drei Ausgestaltungs­ ebenen unterschieden werden: Fragwürdig erscheint insbesondere die Thematisierung gesellschaftlicher Kritik und Erwartungen im Rahmen der traditionellen Überzeugungskommunikation. Zu dieser ersten Ebene gehört die pauschale Bereitschaft zum „Dialog“ mit der Öf­ fentlichkeit bspw. in Form monologer Anzeigenkampagnen.169 Offenheit und Gesprächsbereitschaft können angesichts der Vielfalt des Dialogbegriffs aller­ dings nur als kleinster gemeinsamer Nenner gedeutet werden.170 Unter formalen Aspekten ist der Dialog (diälogos = Gespräch, Unterredung) grundsätzlich eine Zweiwegkommunikation, d.h. alle am Dialog Beteiligten können initiativ werden und wechselseitig kommunizieren. Diese Interaktivität des Zuhörens und des In­ formierens gilt keineswegs nur für gemeinsam vertretene Positionen und Auffas­ sungen, sondern auch für die Verständigung über unterschiedliche Vorstellungen (z.B. der Konsumentenkritik).171 Diesen formalen Anforderungen wird zumindest eine zweite Ausgestaltungs­ ebene des Dialogprinzips im Marketing gerecht: Im interaktiven Dialog mit dem einzelnen Konsumenten geht es darum, die Nachteile traditioneller Einweg- und Massenkommunikation zu überwinden und durch seine Instrumentalisierung die 165 Vgl. Hansen 1995b, S.6. 166 Vgl. Hansen 1998, S. 141-142; Hansen 1996, S.34; Hansen/Raabe 1995, S.50. Vgl. hierzu auch Bentele/Steinmann/Zerfaß 1996, S.12 und ausführlich Schleuning 1995, S.47-51. 167 Vgl. Hansen 1996, S.35; Hansen 1995b, S.7; Hansen/Schoenheit/Devries 1995, S.74. 168 Vgl. Hansen 1996, S.34-35; Hansen/Raabe 1995, S.51; Hansen 1995b, S.7. 169 Vgl. Hansen u.a. 1995, S.lll. 170 Vgl. Hansen 1996, S.34. 171 Vgl. Hansen/Schoenheit/Devries 1995, S.73; Hansen/Schoenheit 1985, S.l4.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

71

Kundenzufriedenheit bzw. -bindung zu erhöhen.172 Vor diesem Hintergrund stellt sich der Dialog als individualisierte Lösung zeitlicher und kapazitativer Engpässe dar, die permanenten Überlastungen in der modernen Informationsgesellschaft geschuldet sind.173 Einen theoretischen Begründungsrahmen liefert hierbei die Sichtweise vom Dialog als strategischem Marketinginstrument im Rahmen eines übergeordneten Marketinginformationssystems. Er wird folglich weniger mit normativem als mit programmatischem Anspruch zur Wahrnehmung von Chan­ cenpotentialen eingesetzt.174 Bei der Anwendung des Dialogkonzepts sind zwar auch erfolgsstrategische Gesichtspunkte von mehr oder weniger großer Bedeu­ tung, doch ist in diesem Fall die Gefahr einer rein strategischen Instrumentali­ sierung des Dialogs nicht von der Hand zu weisen.175

Nach Auffassung von Hansen nimmt der Dialog im heutigen Marketing insbeson­ dere wegen des Spannungsfelds der Anforderungen zahlreicher gesellschaftlicher Interessengruppen und gesellschaftspolitischer Zusammenhänge eine entschei­ dende und zukunftsträchtige Rolle ein: Der Dialog fungiert auf dieser dritten Ebene als normatives Verfahren zur fallbezogenen bzw. kontinuierlichen Ver­ ständigung mit den betroffenen gesellschaftlichen Anspruchsgruppen und ihren Interessenvertretem.176 Ignorieren die Unternehmen aktuelle und potentielle Interessenkonflikte, geraten sie möglicherweise in dauerhafte Legitimations­ nöte.177 Die Suche nach Konsenspositionen über Planungs- und Entscheidungs­ prozesse zwischen den betroffenen Verbrauchern und den involvierten Institu­ tionen dient daher nicht zuletzt der Sicherung der unternehmerischen Handlungs­ fähigkeit.178 Hansen versteht den Dialog folglich als verständigungsorientierte Commitment-Strategie, durch die sich das Unternehmen konstruktiv auf die ge­ sellschaftliche Verantwortungszuweisung mit den betroffenen Anspruchsträgem bzw. einzelnen Konsumenten einläßt. Die traditionelle Marktorientierung erfährt demnach eine Erweiterung um die gesellschaftlich relevante Orientierung.179 Im Grunde genommen haben sich allerdings nicht nur die unternehmerischen Hand­ lungsspielräume erweitert und somit individualethische Fragestellungen aufge­ worfen. Letztendlich „fuhrt die wachsende Bedeutung des Marketing dazu, daß der Preis als alleiniges Steuerungsinstrument des Marktes an Wirkung verliert.“180 Der Dialog übernimmt darüber hinaus also eine Funktion als ergänzendes Koor­ 172 173 174 175 176 177 178 179 180

Vgl. Hansen u.a. 1995, S.l 11-112. Vgl. Hansen 1996, S.35-36. Vgl. Hansen/Raabe 1995, S.59-60; Hansen/Schoenheit 1985, S.l5. Vgl. Hansen 1996, S.44. Vgl. Hansen 1996, S.l 1; Hansen u.a. 1995, S.l 11-112. Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996, S.310. Vgl. Hansen/Raabe 1995, S.50. Vgl. Hansen 1996, S.39. Hansen/Lübke/Schoenheit 1993, S.588.

72

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

dinationsprinzip in einer unvollkommenen Wettbewerbswirtschaft. Dabei können nach Hansen vor allem zwei Arten von Wettbewerbsdefiziten unterschieden werden:181



Externe Effekte: die von den Unternehmen zunehmend verursachten gesell­ schaftlichen Kosten bzw. die externen Kosten des Marketing erfordern eine dialogische Verständigung mit den betroffenen Gesellschaftsgruppen.



Informationsprobleme: Sie entstehen in erster Linie bei sog. Vertrauensgütem. Hier soll der Dialog dem Aufbau einer vertrauensvollen bzw. glaub­ würdigen Geschäftsbeziehung dienen, da sich ansonsten Unternehmen, die tatsächlich sozial-ökologische Verantwortung übernehmen, von Opportu­ nisten und Trittbrettfahrem kaum abheben können.182

Eine so verstandene dialogische Marketingethik macht demnach Verfahren des Zuhörens und Interagierens zum Gegenstand ihrer Forschungsbemühungen, und das mit der Bereitschaft, offen für kritische Fragen zu sein und konstruktiv nach Verbesserungsmöglichkeiten Ausschau zu halten. 183„Mit ihr können Maßstäbe für ein gutes Marketinghandeln gemäß eines Verständigungsprinzips gewonnen wer­ den, indem durch das Verfahren eines Dialogs in Konfliktfällen unter allen von einem potentiellen Handeln betroffenen Marktteilnehmern ein Konsensus herbeigefuhrt wird.“184 Nicht zuletzt vor dem Hintergrund pluralistischer Wertvorstel­ lungen bzw. normativer Sichtweisen bezüglich der Ausformung des Postulats nach sozialer Verantwortung erscheint dieser dialogische Verständigungs- und Problemlösungsprozeß unverzichtbar.185

Die Beurteilung des Dialogs im Marketing hängt von den Maßstäben bzw. davon ab, wie streng der Dialogbegriff definiert wird. Einer wenig aussagekräftigen Verflachung des Terminus ist durch eine tragfähige Begriffsdefinition entgegen­ zuwirken, um so seine wahllose und leichtfertige Verwendung zu vermeiden.186 Dialoge dürfen nicht als beliebige Verfahren gedeutet werden, d.h. in Bezug auf die Glaubwürdigkeit der handelnden Personen müssen prozedurale Verfahrensre­ geln entwickelt werden.187 Im Mittelpunkt des theoretischen Bezugsrahmens, der sich auf die begriffliche und verfahrensorientierte Konkretisierung des normati­ 181 Vgl. Hansen 1996, S.36-37. 182 Vgl. Hansen 1998, S.141. Vertrauenseigenschaften liegen vor, wenn die Käufer auch durch eigene Erfahrungen mit dem Produkt keine Rückschlüsse auf dessen Qualität ziehen können. Zur informationsökonomischen Unterscheidung von Such-, Erfahrungs- und Vertrauensgütem vgl. u.a. Kaas/Busch 1996. 183 Vgl. Hansen 1995b, S.4. 184 Hansen/Bode 1999, S.406-407. 185 Vgl. Hansen/Schoenheit/Devries 1995, S.74,106; Hansen/Schoenheit 1993, S.72-74. 186 Vgl. Hansen 1996, S.39-40. 187 Vgl. Hansen/Schoenheit/Devries 1995, S.75.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

73

ven Dialogkonzepts richtet, steht deshalb seine kommunikationsethische Fun­ dierung und Auslegung im Rahmen der Diskurstheorie.188 Gegenstand kommunikations- bzw. diskursethischer Ansätze ist die pragmatische Ausgestaltung so­ wohl inhaltlicher als auch sozialer Dimensionen der Zweiwegkommunikation.189

Während Hansen in einer früheren Veröffentlichung noch explizit Lorenzenl Schwemmer als Vertreter der konstruktiven Philosophie der Erlanger Schule zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen nahm, wählt sie in späteren Arbeiten die Dis­ kursethik der Frankfurter Schule von Habermas als theoretischen Bezugsrah­ men.190 Demzufolge ist der Dialog bzw. Diskurs ein Kommunikationsverfahren, das der gesellschaftlichen Verständigung zugute kommt, da mit dessen Hilfe in gesellschaftlichen Problembereichen moralisch rechtfertigbare Ergebnisse für alle Betroffenen herbeigeführt werden können.191 Dazu sind präskriptive Verfahrens­ regeln zu definieren, die aus dem Begründungszusammenhang der Diskursethik deduziert werden können.192 Für eine fruchtbare dialogische Konsenssuche von Unternehmen und Letztnachfragem erscheint es Hansen sinnvoll, die Gestal­ tungsvorgaben der Diskursethik in regulativer Form, d.h. als Leitprinzipien für praktische Dialoge zu veranschaulichen.193 Diese bilden für sie, aus Untemehmenssicht, das Gerüst einer alternativen Form der Kommunikation mit dem Marktpartner Konsument, das erweiterte Möglichkeiten der Konfliktregulierung, Präferenzbildung und Informationsgewinnung bietet.194 Angesichts dieser prag­ matischen Anforderungen, die zugleich einer normativen Auszeichnung entspre­ chen sollen, definiert Hansen den Dialog „als eine interaktive, verständigungsori ­ entierte Kommunikationsform. Diese Verständigungsorientierung setzt voraus, daß die Dialogpartner eine Bereitschaft zu aktivem Zuhören und zum vorurteils­ freien Überprüfen aller Argumente entwickeln und damit eine Infragestellung eigener Positionen zulassen.“195 Die Umsetzungsformen dieser definitorischen Basis in der Untemehmenspraxis sollen nachfolgend dargestellt werden. 188 Vgl. Hansen 1996, S.40; Hansen/Raabe 1995, S.51. 189 Vgl. Hansen/Raabe 1995, S.53. 190 Vgl. hierzu den Beitrag von Hansen/Raabe 1995, S.53-54, der sich auf den Ansatz von Lorenzen/Schwemmer (1975) bezieht. Demgegenüber beziehen sich spätere Veröffentlichungen (vgl. Hansen 1996, S.40; Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996, S.312, 319; Hansen 1998, S.l42) auf den Ansatz von Habermas (1992). Eine vergleichende Gegenüberstellung beider Ansätze findet sich bei Stauss 1980, S.74-97. Eine ausführliche inhaltliche bzw. grundlagentheoretische Darstellung des diskursethischen Programms nach Habermas erfolgt in Zusammenhang mit der Konzeption einer internationalen Marketingethik in Kapitel 3.2.3. 191 Vgl. Hansen 1996, S.40. Die Begriffe „Dialog“ und „Diskurs“ werden im weiteren Verlauf der Arbeit als Synonyme verwendet. 192 Vgl. Hansen 1996, S.40. 193 Vgl. Hansen/Raabe 1995, S.55. 194 Vgl. Hansen/Raabe 1995, S.70. 195 Hansen 1996, S.40-41.

74

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

2232

Dialogformen und ihre Eignung als Verfahren des Interessenaus­ gleichs im Marketing

Hansen differenziert den Dialog zunächst nach inhaltlichen Dimensionen, die vom unternehmerischen (Marketing-)Handeln betroffen sind. Dieses Handeln erfolgt im dreidimensionalen Spannungsdreieck ökonomischer, ökologischer und sozialer Herausforderungen. Vom Dialog im Sinne einer Konfliktregulierung kann dabei sowohl innerhalb einer der genannten Dimensionen als auch zwischen ihnen Gebrauch gemacht werden. Dementsprechend ist eine Differenzierung in ein- bzw. mehrdimensionale Dialoge möglich.196 Hansen unterscheidet Dialoge darüber hinaus nach Anlässen und der daraus re­ sultierenden Konfliktintensität sowie nach den damit verbundenen Dialogzielen. Sie nimmt hierbei folgende Einteilung vor:197 •

Sensibilisierungsdialoge: Ziel ist es, Entwicklungen im Untemehmensumfeld, wie z.B. Wertewandeltendenzen, rechtzeitig wahrzunehmen und differenziert zu reflektieren, um so eine Sensibilisierung für sozio-ökologische Problemfel­ der zu erreichen und proaktives Handeln zu ermöglichen.



Risikodialoge: Hier soll die Gesellschaft über untemehmensinteme Risiken, die u.U. zu sozio-ökologischen Beeinträchtigungen fuhren können, aus Grün­ den der Bewertung und Akzeptanz in Kenntnis gesetzt werden.

• Regulierungsdialoge: Die Intention ist dabei, eine Verständigung über die verschiedenen Standpunkte der beteiligten Anspruchsgruppen in aktuellen Konfliktsituationen herbeizufuhren. Dialoggegenstand sind elementare und zukünftige Fragen des sozio-ökologischen Unternehmens verhaltens. Im Gegensatz zum (Schaden-)Regulierungsdialog sind die beiden zuerst genann­ ten Dialogformen als „Präventivdialoge“ zu charakterisieren - sie werden ohne ein akutes Problem veranlaßt.198 Diese nach Anlässen zu unterscheidenden Dia­ logformen schließen sich allerdings nicht aus, sondern ergänzen einander.199

196 197 198 199

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Hansen 1996, S.41. Hansen u.a. 1995, S.l 18-119. Hansen 1996, S.42. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996, S.308.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

Abbildung 2-3: Quelle:

75

Dialogformen nach Dialoganlässen und -zielen Hansen 1996, S.42.

Schließlich können sich nach Hansen die Dialogkonzeptionen je nach Anwen­ dungsbereich (d.h. Art und Anzahl der Dialogbeteiligten) entweder auf die Mikro- oder die Makroebene der Untemehmensumwelt beziehen.200 Dementspre­ chend können aus betriebswirtschaftlicher Marketingperspektive einzelne Unter­ nehmen oder ganze Untemehmensverbände bzw. Branchen initiativ werden. Als Dialogpartner fungieren entweder der individuelle Kunde (Mikroumwelt), oder aber verschiedene gesellschaftliche Interessengruppen (Makroumwelt).201 Umwelt Untemehmeri^*^^^

Unternehmung

Individueller Kunde

Gesellschaftliche Interessengruppen

Kundendialoge

Unternehmensdialoge

(z.B. Beschwerdemanagement,

(z.B. Nestle, Procter &

V erbraucherabteil ungen,

Gamble)

Konsumentenpartizipation

bei der Produktentwicklung)

Unternehmensgruppen/ -verbände

Wenig ausgeprägt

Verbandsdialoge

(z.B. Schiedsgerichtsverfahren)

(z.B. Branchenkodizes der

Chemischen Industrie)

Tabelle 2-3: Quelle:

Dialogformen und Beispiele Eigene Darstellung in Anlehnung an Hansen 1996, S. 43.

200 Vgl. Hansen 1995b, S.7-9. Um einer Begriffsverwirrung vorzubeugen, sei an dieser Stelle betont, daß sich die hier vorgenommene Unterscheidung nach Mikro- und Makroebene auf die Untemehmensuwwe/Z bezieht. Demgegenüber wird an späterer Stelle zwischen der Mikro- und Makroebene innerhalb des Unternehmens unterschieden. Vgl. dazu Kapitel 6.1. 201 Vgl. Hansen 1996, S.43.

76

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

Auf der Mikroebene der Untemehmensumwelt spiegelt sich eine veränderte Sichtweise des Letztnachfragers als Marktadressat wider: Die neue Orientierung des Marketing richtet sich von der bisher monologisch praktizierten Einzeltrans­ aktion auf ein Verständnis, das den Konsumenten als Beziehungspartner einer Transaktionsabfolge sieht.202 Die Kemidee des Dialogkonzepts liegt folglich in der Nutzung und Anwendung von Kommunikationsbeziehungen durch die Unter­ nehmung.203 Im Extremfall kann dieser Dialog deshalb als Sonderform einer qua­ litativen Marktforschung gedeutet werden.204 Um die Artikulationsmöglichkeiten von Verbrauchern zu verbessern und einen Beitrag zur problemgerechten Bedürfnisbefriedigung zu leisten, wurden im ver­ braucherzentrierten Marketingansatz der 70er Jahre vor allem die Konzepte der „Verbraucherabteilung “, des „Beschwerdemanagement“ und der „Beteiligung an Produktentwicklungsprozessen“ diskutiert. Unter der strategischen Perspektive einer stärkeren Kundenbindung wurden derartige Konzepte in den letzten 10 Jah­ ren durch das Beziehungs- und Nachkaufmarketing erweitert.205 Zwar entspricht diese Einordnung des sog. „Kundendialogs“, der schwerpunktmäßig schadensre­ gulierenden Charakter hat, bis zu einem gewissen Maß auch diskursethischen An­ sprüchen, sie greift sie allerdings nicht explizit auf.206 Dieses marketingstrategi­ sche Dialog Verständnis ist mehr an betriebswirtschaftliche Verwertungsinteressen gekoppelt und deshalb eher kommunikations- als legitimationsorientiert.207 Gleichzeitig sind dem wettbewerblichen Einsatz dieser Kundendialoginstrumente durch das Niveau der Dialogfähigkeit und -Willigkeit der Letztnachfrager auch Grenzen gesetzt.208 Mit dieser Dialogform wird also primär die Gewinnung von marketingstrategisch relevanten Informationen angestrebt - zur Berücksichtigung kollektiver Verbraucherinteressen dürfte sie aber kaum taugen.209 So verstanden ist das Marketing nicht Gegenstand eines kritischen gesellschaftlichen Dialogs, sondern der Dialog, als strategische Marketingausrichtung, wird zum Gegenstand der Marketinglehre.210

Dem kritisch-normativen Marketingverständnis wird das auf der Makroebene der Untemehmensumwelt angesiedelte Dialogkonzept gerecht, das konsequenter­ 202 Vgl. Hansen 1996, S.43. 203 Vgl. Hansen/Raabe 1991, S.191. 204 Vgl. Hansen/Raabe 1988, S.7. Eine Unterscheidung ist hierbei nach universellen/projektbezogenen und kontinuierlichen/fall weisen Dialogen möglich. Vgl. Hansen/Raabe 1995, S.60. 205 Vgl. Hansen 1995b, S.7-8. Vgl. dazu u.a. folgende Beiträge: Hansen/Jeschke/Schöber 1995; Hansen/Raabe 1991; Hansen/Stauss 1985; Hansen/Schoenheit 1985; Hansen 1982. 206 Vgl. Hansen 1996, S.44. 207 Vgl. Hansen/Raabe 1995, S.66. 208 Vgl. Hansen 1995b, S.9. 209 Vgl. Hansen/Raabe 1991, S.194. 210 Vgl. Hansen 1996, S.34.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

77

weise im Mittelpunkt von Hansens Forschungen steht und dem sie für die Zu­ kunft vermehrte Bedeutung beimißt: Der Dialog soll, angesichts der Zunahme des unternehmerischen Machtpotentials, der zur Bewältigung gesellschaftlich-ökolo­ gischer Herausforderungen erforderliche verständigungsorientierte Umgang mit kollektiven Anspruchspartnem sein.211 Hansen möchte damit der Forderung nach einer neuen Kommunikationskultur nachkommen, die als eine Form der Selbstbe­ schränkung geeignet ist, der strukturellen Verantwortungslosigkeit und Problemextemalisierung entgegenzuwirken.212 Das theoretische Konzept, das in die­ sem Zusammenhang relevant erscheint, ist die Koalitions- oder Stakeholdertheorie der Unternehmung, die die marktbezogenen und gesellschaftlichen An­ spruchsgruppen dem Untemehmenssystem gegenüberstellt.213 Diese schwer­ punktmäßig von Unternehmen initiierten Dialoge sind als Reaktion darauf zu ver­ stehen, daß ein Großteil der unternehmerischen Entscheidungen heute politische Qualität besitzt und mit ihnen nicht zuletzt auch „quasi legitimatorische Ziele“ in Gestalt von Konsenszielen verknüpft werden können.214 Ein geeignetes Forum zur Verständigung bildet nach Hansen der sog. „Untemeh­ mensdialog“. Er wird als inhaltlich argumentativer Austauschprozeß verstanden, der durch eine stringente Verfahrensdefinition unterstützt wird und sich an der Diskursethik als normativer Gestaltungsgrundlage orientiert.215 An der Schnitt­ stelle zwischen Unternehmen und Gesellschaft trägt er dieser Herausforderung Rechnung. Unter Verfahrensgesichtspunkten stellt er somit in gewisser Hinsicht die intermediäre Ebene dar, während die dialogische Kommunikation die Voraus­ setzung für Lemchancen innerhalb des Unternehmens und des Verfahrens selbst bildet.216

„Untemehmensdialoge sollen im folgenden als besondere Verfahren verstanden werden, die von Unternehmen initiiert werden, um mit den relevanten Anspruchs­ gruppen bzw. Stakeholdem situative und strukturelle Probleme und Konflikte zu erörtern, die sich aus der unternehmerischen Leistungserstellung und -Verwertung ergeben haben oder ergeben könnten, mit dem Ziel, Verständigung herbeizufüh-

211 Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1997, S.l04; Hansen 1995b, S.8-9. 212 Vgl. Hansen u.a. 1995, S.l 15. Vgl. dazu auch Königswieser 1992, S.229. 213 Vgl. Hansen 1996, S.45. Zur Stakeholdertheorie vgl. ausführlich Kapitel 5.2.1.1. Zur Koaliti­ onstheorie der Unternehmung vgl. u.a. Dunn 1998, S.58-61. 214 Vgl. Hansen/Raabe 1995, S.50-51,55. 2,5 Vgl. Hansen u.a. 1995, S.l 10. 216 Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996, S.316. 217 Hansen u.a. 1995, S.l 16.

78

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

Die einzelnen Elemente der Begriffsbestimmung werden von Hansen wie folgt charakterisiert:218 •

Besondere Verfahren: Die Diskursethik als präskriptive Verfahrensethik lie­ fert die normativen Gestaltungskriterien, um die Verfahrensgerechtigkeit zu gewährleisten. Ferner sind Untemehmensdialoge raum- und zeitgebundene (d.h. situationsabhängige) Verfahren mit feststellbarem Anfang und Ende.



Relevante Anspruchsgruppen'. Hierbei handelt es sich um die direkt oder indirekt betroffenen Anspruchsgruppen des zu behandelnden Problemfelds.



Probleme der unternehmerischen Leistungserstellung und -Verwertung: Den Kem des Untemehmensdialogs bilden die akuten oder latenten Konflikte be­ züglich der unternehmerischen Produkte und ihrer Leistungsverwertung am Markt, also Marketingprobleme (i.w.S.).



Verständigung als Ziel: Im Dialog geht es sowohl um die Identifizierung von Konsensfeldem als auch um die Ermittlung von Konfliktregulierungsstrate ­ gien für verbleibende Dissensfelder.

Hansen konnte im Rahmen zahlreicher Forschungsprojekte innerhalb der Bundes­ republik 25 derartige Untemehmensdialogverfahren identifizieren, deren Beispiel zeigt, daß derartige Bemühungen um Verantwortungsübemahme und Verständi­ gung nicht nur sinnvoll, sondern auch praktikabel sind.219 In Abhängigkeit vom Anlaß erfolgt die konkrete Ausgestaltung des Dialogverfahrens, so daß die Er­ folgspotentiale der unterschiedlichen Gestaltungsvarianten letztlich von den situativen Rahmenbedingungen bzw. Umfeldfaktoren abhängen.220 Unabhängig davon ist das Zustandekommen von Untemehmensdialogen jedoch an drei fun­ damentale Voraussetzungen gebunden:221 1.

Der Gegenstand des Dialogs ist aufgrund divergierender Wert- bzw. Moral­ vorstellungen strittig.

2.

Es existieren Handlungsspielräume und die Aussicht, „Win-win“-Konstellationen zu ermitteln.

3.

Alle Beteiligten müssen neben der grundsätzlichen Dialogbereitschaft über die nötigen Ressourcen (bspw. Geld, Zeit) verfugen.

218 Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996, S.311-313; Hansen u.a. 1995, S.l 16-117. 219 Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1997, S.l04; Hansen/Schoenheit/Devries 1995, S.l06. 220 Vgl. Hansen u.a. 1995, S.l 19. Eine detaillierte Darstellung der Gestaltung von Unternehmensdialogen hinsichtlich ihrer Struktur und ihres Ablaufs sowie der damit verbundenen Chancen und Risiken erscheint deshalb erst im Zusammenhang mit ihrer Anwendung auf ethische Fragen des internationalen Marketing sinnvoll. 221 Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996, S.316-317; Hansen u.a. 1995, S.l 17. Diese Voraus­ setzungen werden in den folgenden Kapiteln zu überprüfen sein.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

79

Aus Effizienzgründen erfolgt die Verantwortungsübemahme und Verständigung über gesellschaftliche Interessen daher nicht selten durch branchenweite Unter­ nehmensverbände (sog. Branchen- oder „Verbandsdialoge“).222 Es kann ferner davon ausgegangen werden, daß Untemehmensdialoge eigentlich nur als Handlungsaltemative herangezogen werden, wenn die Unternehmung über eine ver­ antwortungsorientierte Untemehmensphilosophie verfugt. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Erweiterung der Entscheidungsmaßstäbe durch die Einbeziehung exter­ ner Anspruchsgruppen und eigener Mitarbeiter zur Reflexion der eigenen Verant­ wortung bzw. zur Revision der Untemehmensstrategie fuhrt.223 Unter diesen Vo­ raussetzungen können Untemehmensdialoge einer dezentralen Konfliktregulie­ rung und -prävention dienlich sein und zu einem angemessenen Verhalten im Umgang zwischen Unternehmung und Anspruchsgruppen fuhren. Gleichzeitig besteht aber immer auch das Risiko, daß der Dialog ergebnislos abgebrochen wird und der Konflikt sich gar zuspitzt.224 Für Hansen ist jedoch mit dem Unter­ nehmensdialog die Hoffnung verbunden, die aufgrund steigender Komplexität und Dynamik zunehmend divergierenden Interessen im Ansatz zum Ausgleich zu bringen.225 2.23.3

Kritische Würdigung

Das Forschungsfeld einer dialogischen Marketingethik, verstanden als präskrip­ tive Verfahrensethik, von Hansen und ihren Schülern scheint durchaus mit „er­ folgversprechenden Anknüpfungspunkten“ bzw. „guten Chancen“ versehen zu sein:226 „Der Untemehmensdialog ist zweifellos geeignet, die Ausrichtung des Marketing an ethischen Maßstäben zu unterstützen.“227 Für den Dialog mit den Betroffenen sind dabei verschiedene Institutionen denkbar: Verbraucherabteilun ­ gen, Ethikkommissionen oder -beiräte, die quasi als Gewissen der Unternehmung einem verantwortlichen Marketinghandeln sowohl nach innen wie auch nach au­ ßen mehr Geltung verschaffen sollen.228 Unabhängig davon erscheint es jedoch unumgänglich, den Ansatz von Hansen hinsichtlich der nachfolgend dargestellten

222 223 224 225 226 227 228

Vgl. Hansen 1998, S.l30; Hansen 1996, S.45 und ausführlich Kapitel 4.2.2. Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996, S.313-315 und ausführlich Kapitel 6.1. Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1997, S.104. Vgl. Hansen u.a. 1995, S.124-125. Vgl. Zerfaß/Emmendörfer 1994, S.49; Steinmann/Löhr 1988, S.812. Kaas 1999, S. 145. Vgl. Hansen 1993, Sp.642; Hansen 1988, S.718. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Vorschlag von Hansen zur Einrichtung von Verbraucherabteilungen als institutionalisierter Form des Dialogs erfolgt im Zusammenhang mit der organisatorischen Ausgestaltung von Untemehmensdialogen in MNU. Vgl. dazu ausführlich Kapitel 5.2.2.1.

80

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

Aspekte weiterzuentwickeln, um ihn zur Grundlage einer Ethik im internationalen Marketing machen zu können: Zum Konzept des gesellschaftsorientierten Untemehmensdialogs von Hansen et al. ist an erster Stelle kritisch anzumerken, daß eine zu weite Fassung des Objekt­ bereichs des Marketing kontraproduktiv erscheint. Der Vorschlag von Hansen, eine Verständigung mit „allen Stakeholdem des Unternehmens“ zu suchen und somit „Marketingprobleme i.w.S.“ einzubeziehen, scheint untauglich.229 Zwar hat die Diskussion um „Marketing als marktorientierte Untemehmensfuhrung“ ge­ zeigt, daß eine eindimensionale Marktdefinition dem Prinzip sozialer Verantwor­ tung nicht gerecht wird.230 Doch die Erfahrungen mit einer gesellschaftsorientier­ ten Erweiterung der Marketingkonzeption haben dazu geführt, nur dann von Mar­ keting zu sprechen, wenn die Untemehmensaktivitäten noch partiell Einfluß auf die Gestaltung von Marktprozessen nehmen. Für das Marketing ist aus diesem Grund der Dialog mit Verbrauchern bzw. verbraucherpolitischen Institutionen sowie anderen „Teilöffentlichkeiten“ wesentlich.231 Im Zusammenhang mit ethi­ schen Fragestellungen des Marketing empfiehlt es sich daher, von einem „^^/orientierten Untemehmensdialog“ im dargestellten Sinn zu sprechen, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, mit einer allgemeineren Untemehmensethik in Konkurrenz treten zu wollen.

Ein zweiter kritischer Punkt ist ihre Ausrichtung des Dialoggedankens: Sicherlich läßt der gesellschaftliche Wertewandel ein Marketingmanagement, das nicht dem „Prinzip Verantwortung“ entspricht, gegenwärtig zu einem ausdrücklichen Risiko werden.232 Im Sinne eines einheitlichen Rationalitätsverständnisses233 ist ferner sowohl die kommunikationsethische als auch die betriebswirtschaftlich strategi­ sche Fundierung und damit verbundene Kompatibilitätszonen von Bedeutung. Somit sollte es z.B. im bekannten Nestle-Fall gerade nicht, wie von Steinmann vertreten, um eine Entscheidung über die Priorität von Gewinnziel oder ethischen Anforderungen an das internationale Marketing gehen.234 Damit sich hinter der dialogischen Marketingethik aber nicht ein „Wolf im Schafspelz“ bzw. ein „krypto-amoralisches Phänomen“ verbirgt, das nur der erfolgsstrategischen Diffe­ renzierung dient, bedarf der Untemehmensdialog einer präzisen ethischen Quali­

229 Problematisch bzw. unglücklich erscheint nicht zuletzt die Bezugnahme auf den „gesell­ schaftsorientierten“ Marketingansatz von Wiedmann (1993). Vgl. dazu u.a. Hansen/Niedergesäß/ Rettberg 1996, S.312-313, 320 und ähnlich Rettberg 1999, S.5, 35-36, 42. 230 Vgl. Hansen/Bode 1997, S.77. 231 Vgl. Kaas 1997, S.58; Meffert 1989, S.352 und ausführlich Kapitel 5.2.1.1. 232 Vgl. Behnam 1995, S. 156-157; Raffee 1988, S.212. 233 Zur Unterscheidung von instrumenteller und kommunikativer Rationalität vgl. Kapitel 3.2.3.1. 234 Vgl. Steinmann 1992, S.l7 und zum Fall Nestle ausführlich Kapitel 6.4.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

81

fizierung.235 Es erscheint deshalb bedenklich, wenn Hansen et al. ihren Überle­ gungen einen „abgeschwächten“ Dialogbegriff zugrunde legen und von der dis­ kursethischen Forderung der Ergebnisoffenheit des Dialogverfahrens abrücken.236

In das Konzept zur dialogischen Marketingethik von Hansen sind drittens sowohl Grundgedanken der Erlanger Konstruktivisten als auch Überlegungen der Frank­ furter Schule eingegangen. Prinzip und Zielsetzung der beiden Ansätze unter­ scheiden sich scheinbar nur unwesentlich.237 Im nationalen Kontext erweist es sich deshalb zunächst noch als verhältnismäßig unproblematisch, daß die diesbe­ züglich undifferenzierten Dialoggedanken von Hansen nicht eindeutig einer theo­ retischen Schule zugeordnet werden können. Im Hinblick auf die Regulierung interkultureller Konfliktlagen zeigen diese Ansätze aber wesentliche Unter­ schiede, die sich auch auf das interkulturelle Management auswirken.238 Im wei­ teren Verlauf dieser Arbeit bildet deshalb ausschließlich die Diskursethik von Habermas den Ausgangspunkt der Überlegungen. Wenngleich bei der alleinigen Zugrundelegung der Diskursethik Habermasscher Prägung in bezug auf den An­ satz einer dialogischen Marketingethik von Hansen keine besondere Begrün­ dungsleistung zu erbringen ist, erscheint nicht zuletzt das dargestellte „Prinzip Verantwortung als Identitätskem“ einer Marketingethik239 konsistent mit der von Habermas vertretenen diskursiven Verantwortungsethik. Das Modell der Erlanger Schule ist aber für die vorliegende Arbeit ungeeignet, da es vor dem Hintergrund posttraditionaler Gesellschaften entwickelt wurde.240 Im Mittelpunkt der hier ver­ folgten Überlegungen zu einer internationalen Marketingethik stehen jedoch ins­ besondere Konflikte zwischen Vertretern posttraditionaler und traditionaler Kul­ turen. Gerade das Leben in EL ist vielfach noch durch religiöse Sitten und Ge­ bräuche oder unhinterfragte Anordnungen weltlicher bzw. geistlicher Herrscher bestimmt.

235 Vgl. Zerfaß/Emmendörfer 1994, S.3; Bauer 1993, S.l-2; Steinmann/Löhr 1988, S.811. Vgl. dazu auch Ulrich 1998, S.418-421; Steinmann/Zerfaß 1993, S.10; Rath 1989, S.124. 236 Vgl. Rettberg 1999, S.l73; Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1997a, S.49; Hansen/Niedergesäß/ Rettberg 1997, S.l09. 237 Vgl. Hansen/Raabe 1995, S.71. 238 Vgl. Steinmann/Scherer 1998a, S.ll. Im Kem geht es dabei um die Konfrontation zweier un­ terschiedlicher Auffassungen von moralischer Universalität und Normativität. Vgl. dazu u.a. Rähme 1998, S.l91. 239 Vgl. Hansen/Bode 1999, S.396. 240 Posttraditionalit'ät bedeutet, daß die Menschen Lebensgestaltung und -sinnstiftung selbst in die Hand nehmen. Vgl. Steinmann/Scherer 1998, S.42, 61; Steinmann/Scherer 1997, S.39.

82

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

13

Zusammenfassung der Ergebnisse und Konsequenzen

Tatsächlich liefert die Berücksichtigung (diskurs-)ethischer Überlegungen im kommerziellen Marketing erfolgversprechende Anknüpfungspunkte, der sozialen Verantwortung unternehmerischen Marketinghandelns gerecht zu werden. Nach allgemeiner Einschätzung gilt nämlich der Erfolg einer Umsetzung der eingangs dargestellten Erweiterungs- und Vertiefungskonzepte, die vor dem Hintergrund eines zunehmend kritischen Konsumentenbewußtseins entstanden, als ungesi­ chert, da diese Forschungsfelder als mehr oder weniger rein semantische Strate­ gien im Grunde genommen nichts an der überwältigenden Dominanz des kom­ merziellen Marketing geändert haben.241 Bei der Marketingethik handelt es sich demgegenüber nicht um eine grundlegend neue Marketingmanagement-Theorie mit einem weitgehend definitorischen Dissens, sondern um ein qualitativ neues Verständnis von Marketing, als der Integration sozio-ökologischer Bedürfnisse in das Marketing. Analog zur Untemehmensethik kann es nicht darum gehen, mit Korrekturbemühungen des Gewinnprinzips an den die Realität dominierenden Sachzwängen der institutionalisierten betriebswirtschaftlichen Rationalitätsimpe­ rative „vorbei zu moralisieren“.242 Kurz: „Es geht um eine methodische Versöh­ nung von ökonomischer Rationalität und ethischer Vernunft.“243 Ausgehend davon wurde als erstes auf den unzweckmäßigen Antagonismus von individueller Marketingethik und institutioneller Untemehmensethik hingewie­ sen. Korporative und persönliche Verantwortung existieren stets nebeneinan­ der,244 wobei nicht nur die Untemehmensfuhrung, sondern alle Untemehmensmitglieder die Gelegenheit und Verpflichtung zu moralischem Handeln haben, also auch jeder Marketingmanager.245 Die Marketingethik wurde deshalb in An­ lehnung an Hansen als Bereichsethik definiert, die durch ihren eigenständigen Objektbereich begründet ist und sich als Teil einer allgemeineren Untemehmens­ ethik darstellt. Der diskursethische Ansatz von Ulrich ist deshalb auch Ausgangs­ punkt zahlreicher Überlegungen. Gegenüber vergleichbaren Ansätzen nimmt die Untemehmensethik bei ihm durch die Betonung eines einheitlichen Rationalitäts­ verständnisses und der Notwendigkeit einer Einheit des Handelns keine subsi­

241 242 243 244 245

Vgl. Amold/Fisher 1996, p.131; Wiedmann 1993, S.44. Vgl. Ulrich 1989, S.138-139. Ulrich 1987, S.125. Vgl. dazu auch Kapitel 2.2.3.3. Vgl. Maring 1989, S.38. Vgl. Kreikebaum 1997, S.233.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

83

diäre Funktion bei sichtbar werdenden Konflikten wahr, sondern ermöglicht es, den Graben zwischen ökonomischer und außerökonomischer Rationalität zu schließen.246

Zweitens gründet sich die Marketingethik auf die Ausgangsposition der Verant­ wortungsethik. Dieser Überlegung liegt die allgemeine Überzeugung zugrunde, daß der einzelne Mensch, als Bedingung ethischen Handelns, im Rahmen der ihm verfügbaren Möglichkeiten seinen sozialen Verpflichtungen nachkomme.247 „Ge­ nauso wie wir von Ökonomie und Ökologie und deren Überbrückung sprechen, müssen wir das Problem der Armut sehen [...]. Wir können ja die Armen nicht beiseite schieben und ein Marketing nur für die Reichen machen. Wir müssen schon dahin fmden, daß das Marketing eine soziale Verantwortung hat. Dies wird künftig mehr denn je gefordert werden.“248 Im Hinblick auf die Entwicklung einer internationalen Marketingethik erscheint dabei von Vorteil, daß die Verantwor­ tungsethik gegenüber neuen Entwicklungen eine Denkweise der Weltoffenheit und Vorurteilsfreiheit einnimmt. Sie verlangt einen Prozeß der effizienten Infor­ mationssuche und der rationalen AltemativenbeWertung, ohne jedoch eine Aus­ sage darüber zu machen, was im konkreten Einzelfall das Gute ist.249 Damit ist der dritte entscheidende Aspekt einer Marketingethik angesprochen: Im Gegensatz zu immer gültigen und situationsunabhängigen Normen, die entweder durch den Willen Gottes oder naturrechtlich begründet sind, ermöglichen konsen­ suell legitimierte Entscheidungsmaßstäbe es, verschiedene Argumente und Mei­ nungen wie auch besondere Situationen zu berücksichtigen.250 Es ist die Aufge­ schlossenheit für die Wertvorstellungen fremder Kulturbereiche, die den Diskurs bzw. Dialog gleichberechtigter Argumentationspartner zum vielversprechendsten Anknüpfungspunkt für die Entwicklung einer internationalen Marketingethik werden läßt. Vertreter kommunikationsorientierter Ansätze (wie bspw. Hansen und Ulrich) begreifen die Untemehmensethik nicht im voraus als eine materiale Ethik, sondern als dialogische Verfahrensethik, die in realen historischen Situa­ tionen nicht abstrakt-monologisch, sondern durch diskursive Verständigung eine Konfliktregulierung mit den jeweils Betroffenen ermöglichen soll.251 Auf formal­ prozessualer Grundlage werden ethische Anforderungen formuliert, die im Ergeb­ nis erst zur Entwicklung situationsgerechter materialer Normen führen.252 Ziel 246 Vgl. Behnam 1998, S.160-161. Für eine ausführliche Darstellung des untemehmensethischen Ansatzes von Peter Ulrich vgl. u.a. Behnam 1998, S.l38-155; Kreikebaum 1996, S.l32-138. 247 Vgl. Angehm 1981, S.3. 248 Meffert 1992, S.l7. 249 Vgl. Kreikebaum 1996, S.185. 250 Vgl. Praetorius 1993, S.42 und ausführlich Kapitel 3.2.2. 251 Vgl. Steinmann/Olbrich 1994, S.l22. 252 Vgl. Kreikebaum 1996, S.46; Praetorius 1991, S.283.

84

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

dieser dialogischen Verantwortungskonzeption ist nach Ulrich der partizipative Interessenausgleich - nicht die paternalistische Interessenberücksichtigung im Sinne eines „Sozialmarketing“.253 Prozessuale Normen richten sich vor diesem Hintergrund aber auch auf die Schaffung von Institutionen, wie Verbraucherabteilungen oder Konsumentenschutzbeauftragten, die Konsumenteninteressen bei Marketingentscheidungen berücksichtigen und so die Entwicklung inhaltlicher Normen selbst vornehmen bzw. fördern.254 Für das weitere Vorgehen kann festgehalten werden, daß es grundsätzlich mög­ lich erscheint, diese theoretischen bzw. methodologischen Vorüberlegungen zu einer Marketingethik auf internationale Fragestellungen zu übertragen.255 Hilf­ reich ist dabei u.a. die enge Anlehnung der vorherrschenden Definitionen des internationalen Marketing an die herkömmliche Marketingdefinition als „marktorientierte Untemehmensfuhrung“.256 Für die MNU bedeutet dies: Das Marketing bevormundet die übrigen Funktionsbereiche nicht, sondern entwickelt unter deren Einbezug lediglich eine Konzeption über das strategische Vorgehen am internationalen Markt, wobei die Entscheidung darüber von der gesamten Unternehmensleitung getroffen wird.257 Die Besonderheiten im internationalen Marketing ergeben sich aus der grenzüberschreitenden Tätigkeit (Risiko, Kom­ plexität, Informations- und Koordinationsbedarf): Während die Bedürfnisorientie­ rung im nationalen Marketingkontext nur als conditio sine qua non angesehen wurde und daraus die Forderung nach einer stärkeren Analyse der Makroumwelt abgeleitet wurde, wird diese Analyse bei internationaler Geschäftstätigkeit quasi automatisch erforderlich. Eine Ethik im internationalen Marketing stellt sich deshalb als ein Satz allgemeingültiger Verfahrensregeln (z.B. den Diskursregeln) für die Gestaltung von Marktprozessen dar, der sich aus der Verantwortung der MNU und der in ihr tätigen Marketingmanager gegenüber dem internationalen Konsumenten und ihrer Integrität im Hinblick auf internationale Markttrans­ aktionen ergibt.258 Die einschlägigen Veröffentlichungen beschränken sich jedoch weitgehend auf nationale Fragestellungen. Zur internationalen Marketingethik gibt es nur wenige oder bezuglos nebeneinander stehende Studien - sie ist also nach wie vor eine „Forschungslücke“.259 Neben den damit verbundenen theoretischen Ableitungs­ 253 254 255 256 257 258 259

Vgl. Ulrich 1987, S.141. Vgl. Jöstingmeier 1994, S.65. Vgl. Hansen 1995, Sp.627. Vgl. Hermanns 1995, S.25-26; Quack 1995, S.7. Vgl. Quack 1995, S.7. Vgl. dazu auch Iyer 1998, p.223. Vgl. Delener 1995, pp.6-7. Die Mehrzahl dieser Untersuchungen stammt aus dem anglo­ amerikanischen Raum.

Die Entwicklung ethischer Überlegungen im Marketing

85

Schwierigkeiten scheint die (moralische) Verletzung fremder Nationalitäten, nach dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“, als weniger schwerwiegend empfun­ den zu werden.260 Es ist aber vor allem seine Konfrontation mit einer Vielzahl unterschiedlicher Wertvorstellungen und die differierende Wahrnehmung ethi­ scher Problemsituationen in einem multikulturellen Umfeld, die den Marketing­ manager auf internationalen Märkten vor besondere Entscheidungsprobleme stellt.261 Da der moralische Gehalt einer Handlung nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände beurteilt werden kann, erscheint es notwendig, sich auf einen ethischen Diskurs einzulassen und diesen global zu fuhren.262 Dabei könnte gerade „das Marketing mit seiner kommunikativen Kompetenz [...] die Modera­ tionsaufgabe für einen weltweiten Dialog gesellschaftlicher Anspruchsgruppen übernehmen, um Gestaltungs- und Selektionskriterien zu entwickeln.“263 Im Mit­ telpunkt des folgenden Kapitels steht deshalb neben der Analyse des ethischen Konfliktpotentials im internationalen Marketing und der damit verbundenen Pro­ bleme der Konflikthandhabung die ausführliche Darstellung der theoretischen Grundlagen und interkulturellen Anwendungsvoraussetzung der Diskursethik von Jürgen Habermas.

260 261 262 263

Vgl. Amine 1998, p.385. Vgl. Chonko 1995, p.44; Rawwas/Patzer/Klassen 1995, p.62; Armstrong/Sweeney 1994, p.775. Vgl. Praetorius 1991, S.283-285. Hansen 1995a, S.32.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

3

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

3.1

Ethisch relevante Konflikte im inter­ nationalen Marketing

3.1.1

Ethische Dilemmasituationen als Ausgangspunkt

87

Aus den vorangegangenen Hinweisen zum internationalen Marketing resultiert die zweifache Aufgabe einer metaethisch reflektierten Analyse der Globalisierung und ihrer Konfliktpotentiale einerseits und der Vorschläge zu deren Regulierung andererseits.1 Dies erscheint nicht zuletzt deshalb von Bedeutung, als das Zustan­ dekommen von Untemehmensdialogen zuallererst voraussetzt, daß ihr Gegen­ stand aufgrund divergierender Wert- und Moralvorstellungen strittig ist. Mit be­ liebig herausgegriffenen Stichworten, wie bspw. denen von den „grauen Märk­ ten“ oder der „Korruption“, die ein permanentes ethisches Dilemma bezeichnen, lassen sich einige der internationalen moralischen Konfliktfelder bereits an­ deuten.2

Die Kritik an bestimmten Produktgattungen und dem branchenüblichen Einsatz von Marketinginstrumenten, aber auch die allgemein kritische Einstellung von Letztnachfragem zu unternehmerischem Markthandeln infolge der Problematisie­ rung gesellschaftlicher Folgen des Marketing müssen nicht nur wahrgenommen, sondern auch in die Marketingentscheidungsprozesse eingebracht werden.3 Kom­ plexität und Dynamik sind aber, wie die bisherigen Ausführungen deutlich mach­ ten, wesentliche Eigenschaften internationaler Marketingentscheidungen und er­ fordern einen erhöhten Koordinationsbedarf.4 Mit anderen Worten: Es existieren in global operierenden Unternehmen spezifische ethische Spannungsfelder, nicht

1 2

3 4

Vgl. Kreikebaum 1998, S.l69. Vgl. Steinmann 1997, S.7; Kreikebaum 1997, S.243. Zu den drei elementaren Voraussetzungen von Untemehmensdialogen vgl. Kapitel 2.2.3.2. Vgl. Hansen/Stauss 1983, S.82. Vgl. Hermanns 1995, S.36-37; Meissner 1994, S.45.

88

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

zuletzt im Hinblick auf Einstellung und Verhalten gegenüber den EL.5 Das Spezi­ fikum dieser gesellschaftlichen Konfliktlagen und ihrer untemehmensethischen Bewältigung liegt im Spannungsfeld zwischen einer länderübergreifenden zen­ tralen Untemehmenspolitik einerseits und unterschiedlichen Anforderungen in den einzelnen Ländern und Kulturen andererseits.6

Einflußfaktoren der globalen Integration (Anforderungen des Gesamtunternehmens und aus dem Heimatland)

Wirtschaft

► A^

Wirtschaft

Ökologie

U ► S◄ L A

Ökologie

Staat

Kultur

Kultur

Beschäftigung

► d^

Beschäftigung

Finanzielle Einflußnahme und Aus­ stattung

E R L ► A^ S s

Finanzielle Beteiligung

Personal

Quelle:

► n^

Staat

I E

Produkte

Abbildung 3-1:

D S

>N G E

Einflußfaktoren der lokalen Anpassung (Anforde­ rungen aus dem Gastland)

Politische Kontrolle Arbeitskräfte

► n^ — personelle

Beteiligung

Einflußfaktoren und Konfliktfelder im internationalen Management Eigene Darstellung in Anlehnung an Kumar 1991, S.229.

Konflikte zwischen den Organisationsmitgliedem oder mit externen Anspruchs­ gruppen werden in den vorherrschenden Theorien der internationalen Unterneh­ mung allerdings ausgeblendet. Das MNU wird unter Rückgriff auf ökonomische 5 6

Vgl. Sarasin 1998, S.370. Vgl. Löhr/Steinmann 1998, p.7; Kumar 1991, S.227-232.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

89

Theorien ausschließlich über das Steuerungsmedium Preissystem gelenkt.7 Auf­ grund der zunehmenden Internationalisierung der Untemehmenstätigkeit wird die Konfliktträchtigkeit des Wirtschaftsprozesses jedoch zunehmen und Fragen der Konfliktbewältigung im interkulturellen Marketing immer wichtiger werden, da sie sich einer generellen Problemlösung auf politischer Ebene entziehen und An­ laß zu gefährlichen Instabilitäten geben.8 Angesichts der häufigen Verwendung des Konfliktbegriffs im Verlauf dieser Ar­ beit und seiner Bedeutung im Zusammenhang mit einer dialogischen Marketing­ ethik im internationalen Kontext erscheint es sinnvoll, seine theoretischen Grundlagen zu konkretisieren. Der Begriff „Konflikt“ (lat. confligere = Zusam­ menstößen, streiten) bezeichnet den Gegensatz zwischen unterschiedlichen aber nicht unversöhnlichen Anschauungen, Ideen, Werten, Personen und ihren Hand­ lungen.9 Er beschreibt einen Spannungszustand zwischen dem Gewünschten und dem Erreichten bzw. dem Erreichbaren. Der Konflikt ist dem Lebensvollzug inhärent, hat unterschiedliche Auswirkungen und tritt in vielfältiger Form auf.10 Er kann bspw. latent sein, d.h. er wird nicht ausgetragen, oder aber er tritt offen, also beobachtbar, zutage und das Problem wird von den Beteiligten subjektiv wahrgenommen (manifester Konflikt).11 Konflikte entstehen i.d.R. aus der Dis­ krepanz zwischen Verantwortungs- und Entscheidungsspielraum. In Anlehnung an Toffler spricht Kreikebaum in diesem Fall von einem ethischen Dilemma.12 Derartige Kongruenzmängel ergeben sich im Wirtschaftsbereich meist dann, wenn Unternehmen sich gegenüber der Umwelt abschließen, wenn sich durch organisatorische Verselbständigung und räumliche Distanzierung Subkulturen bilden und die bestehende Untemehmenskultur mit den ethischen Werten der Entscheidungsträger, also z.B. denen der Marketingmanager, kollidiert.13 Diese Argumentation erscheint insbesondere im internationalen Kontext einleuchtend. Ethische Entscheidungsdilemmata ergeben sich danach bspw., wenn persönliche Wertmaßstäbe einerseits und Wert- bzw. Rollenvorstellungen der MNU anderer­ seits wegen prinzipieller Interpretationsunterschiede und Kommunikations­ störungen aufgrund von Sprach- und Kulturbarrieren aufeinanderprallen.14 Kurz: 7 8

9 10

11 12 13 14

Vgl. Scherer/Löhr 1999, S.262; Steinmann/Scherer 1998, S.39. Zum Verständnis von der Un­ ternehmung als einem sozialen und weniger einem technischen System vgl. auch Dunn 1998. Vgl. Welge/Berg 1999, S.194; Steinmann/Scherer 1998a, S.9-10; Steinmann 1997, S.4; Gilbert/Würthner 1995, S.l; Dubinsky et al. 1991, p.652. Vgl. Kramer 1993, Sp.528; Vossenkuhl 1986, S.l32. Vgl. Kreikebaum 1996a, S.377. Zu den positiven Auswirkungen von Konflikten vgl. u.a. Berkel 1999, S.382. Vgl. Berkel 1999, S.379-380; Kramer 1993, Sp.531. Vgl. Toffler 1986 sowie Kreikebaum 1997, S.237; Kreikebaum 1996, S.l96. Vgl. Schreyögg 1989, S.99. Vgl. Kreikebaum 1996, S.7, 23-24.

90

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

„Ethische Konflikte liegen dann vor, wenn sich zwischen Individuen oder Insti­ tutionen Divergenzen im Bereich der Normen, Ziele und Wertvorstellungen er­ geben.“15 So soll für die Fragestellung dieser Arbeit eine Marketingentscheidung im inter­ nationalen Kontext als ethisch relevant angesehen werden, wenn es Diskrepanzen zwischen verschiedenen Norm- bzw. Wertsystemen gibt und es infolgedessen zu widersprüchlichen Handlungsorientierungen kommt. Sollen diese Widersprüch­ lichkeiten aufgelöst und eine ethisch legitimierbare Handlungsaltemative gefun­ den werden, ist der Bereich der Normenbegründung betroffen. Klar ist, daß die Moralvorstellungen der Entscheidungsträger in alle Entscheidungsprozesse mit einfließen, da die Auswahl der Handlungsaltemativen und die Bewertung ihrer Konsequenzen den subjektiven Wert- und Normvorstellungen (sog. „ethischen Vorprägungen“) der Entscheider unterliegen.16 Dabei hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß die genannten Konflikte im Rahmen des Auslandsengagements die Effizienz bzw. Qualität der betrieblichen Entscheidungsprozesse beeinträchti­ gen können.17 Die im Marketing, als einem besonders exponierten Untemehmensbereich, häufig auftretenden Wertkonflikte sind als systembedingt anzuse­ hen, so daß sie für einige Autoren sogar zum primären Strukturierungsprinzip in der Marketingethik werden.18 Der Marketingmanager muß im Rahmen seiner Entscheidungen die Wertvorstellungen verschiedener Interessengruppen (z.B. Unternehmen, Mitarbeiter, Shareholder, Kunden, Medien) beachten und demzu­ folge häufig zwischen konfliktären Wertvorstellungen abwägen. Aus der Erfor­ dernis, verschiedene interne und externe Blickwinkel zu berücksichtigen, können ethische Konflikte entstehen.19 Konflikte zwischen bestimmten Werten sind gleichwohl eine normale Eigenschaft aller Moralsysteme. Was in internationalen Ökonomien neu bzw. anders ist, ist die Unsicherheit über die Ablehnungswürdig­ keit oder den Vorzug bestimmter moralischer Werte.20

Werte sind die existierenden Orientierungsstandards einer Gesellschaft, die aus der Erfahrung heraus entstehen und nur im nachhinein rational begründet werden 15 16

17 18 19

20

Kreikebaum 1998, S.l75. Vgl. Smka 2000, S.109; Gilbert 1998, S.102; Kreikebaum 1996, S. 166-170. So stellte Herbert Simon schon 1947 fest, daß organisatorische Entscheidungen „[...] sowohl ethischen als auch faktischen Gehalt“ haben. Simon 1981, S.85. Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.96-98; Kreikebaum 1995, S.l; Krüger 1981, S.911. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.378; Kay-Enders 1996, S.l-2; Blumröder/Hanser/Kaiser 1995, S.41; Chonko 1995, p.27; Meffert 1989, S.351; Pestalozzi 1982, S.466-472. Vgl. Schlegelmilch/Götze 1999, S.34; Corey 1993, p.40; Quelch/Smith 1993, p.689; Köhler 1987, Sp.1390. An anderer Stelle war bereits darauf hingewiesen worden, daß sich diese Konflikte im (internationalen) Marketing als der Schnittstelle zur Untemehmensumwelt besonders drastisch manifestieren. Vgl. Steinmann/Löhr 1988, S.810-811 sowie Kapitel 1.1 und 2.1.3. Vgl. Wieland 1997, S.535-536; Gergen 1995, pp.520-521.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

91

können. Sie gehen in betriebswirtschaftliche Entscheidungsprozesse erstens über die individuellen Wertvorstellungen der Entscheidungsträger und zweitens über die in der Untemehmenskultur institutionalisierten Normen ein.21 Die Entschei­ dungen von Marketingmanagem werden somit sowohl durch individuelle wie durch strukturelle, organisationsbedingte Faktoren beeinflußt.22 Die Multiperso­ nalität und Komplexität des Marketingsystems erhöht sich darüber hinaus in MNU schlagartig, wenn als dritte Gruppe von Schlüsselvariablen die gesell­ schaftlichen Anforderungen der unterschiedlichen Absatzmärkte die Entschei­ dungsfindung beeinflussen.23 Wenn in MNU unterschiedliche Wert- und Normensysteme aufeinandertreffen, tritt zunächst eine Verunsicherung ein, die Orientierungsbedarf erzeugt.24 De facto sehen sich viele internationale Marke­ tingmanager mit dem Problem konfrontiert, daß sie sich nicht länger wider­ spruchsfrei auf allgemein akzeptierte Maßstäbe moralischen Handelns berufen können, die Orientierung bieten könnten.25 Eine in den USA durchgeführte Be­ fragung von Marketingmanagem zeigte, daß derartige ethische Dilemmata dazu fuhren können, den jeweiligen Auslandsmarkt zu meiden und auf alternative Märkte auszuweichen oder das internationale Engagement einzuschränken. Diese Vorgehensweise wurde primär dann gewählt, wenn die Unterschiede in den Norm- und Wertvorstellungen als unüberbrückbar eingeschätzt wurden.26 Analog zur internationalen Untemehmensethik begründet sich die Notwendigkeit zur Berücksichtigung ethischer Aspekte im internationalen Marketing daher aus Kon­ flikten, die den verschiedenen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, weltanschauli­ chen und kulturellen Ausgangsbedingungen der Länder entspringen.27 Dies gilt vor allem für die EL. Im Verhältnis der MNU zu den EL kommt der Konflikt zwischen ethischen und ökonomischen Interessen bzw. Werten prägnant zum Ausdruck.28 Die permanente Konfrontation mit solchen ethischen Dilemmata wird die Marketingmanager künftig vermehrt vor die Aufgabe stellen, konfligierende Interessen auszugleichen und die von ihnen gewählte Vorgehensweise zu 21 22

23 24 25 26

27 28

Normen haben durch ihren Situationsbezug die Aufgabe, Werte in ihrer praktischen Bedeutung erkennbar zu machen. Vgl. Kreikebaum 1996, S.l72; Jahnke 1996, S.l 12-113. Vgl. Kreikebaum 1996, S.4; Hansen 1993, Sp.641. Insbesondere in der amerikanischen Mar­ ketingethik wurde der Versuch unternommen, potentielle Determinanten ethischen Marketing­ handelns im nationalen Kontext anhand verschiedener Modelle aufzuzeigen. Vgl. dazu die Übersicht bei Kay-Enders 1996, S.73-114 und Eretge 1996, S.37-56. Vgl. Amine 1998, p.389; Schlegelmilch 1998, p.5. Vgl. Osterloh 1994, S.l 11. Vgl. Wood 1995, p.8; Armstrong/Sweeney 1994, p.775; Laczniak/Murphy 1993, p.225. Dabei stand das Verhältnis von zusätzlichen Kosten (z.B. für die Konflikthandhabung und aus Reputationsverlusten) und potentiellen Erträgen i.d.R. im Mittelpunkt der Überlegungen. Vgl. Mayo/Marks/Ryans 1991, pp.62, 70; Mayo 1991, p.51. Vgl. Kreikebaum 2000, S. 147-148. Vgl. Kreikebaum 1996, S.l97, 318; Kreikebaum 1996a, S.374.

92

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

legitimieren.29 Wenngleich solche Dilemma- bzw. Konfliktsituationen den Kern­ punkt der Beschäftigung mit ethischen Fragen bilden, gilt es im Sinne einer Ver­ nunftethik auch, Kompatibilitäten bzw. ökonomische Konsequenzen des ethischen Handelns zu berücksichtigen.30 Ethische Konflikte aufgrund grenz- und kulturüberschreitender Untemehmenstätigkeit sind aber nicht als unabänderliches Schicksal anzusehen, sondern als prin­ zipiell gestalt- und beeinflußbar.31 So wie es keinen Königsweg für Konfliktlö­ sungen gibt, sofern eine Lösung überhaupt möglich ist, sind Konflikte von vorn­ herein weder funktional noch dysfunktional. Der Verlauf des Konflikts und das Konfliktregulierungsverhalten der Konfliktparteien determinieren letztlich sein Ergebnis bzw. seine Konsequenzen.32 Die Mitarbeiter müssen sich daher einer­ seits darüber bewußt sein, daß Marketingaktionen Verhandlungsangebote über Werte sind, und andererseits bereit und fähig sein, diese Wertediskussion auch zu fuhren.33 Die Konflikte transparent zu machen und auszutragen, kann folglich als eine der wesentlichen Aufgaben der Marketingwissenschaft angesehen werden, der dabei eine Katalysator- und Koordinationsfunktion zukommt.34 Sofern es denn je ein gemeinsames „Weltethos“ oder eine globale Untemehmensethik ge­ ben sollte, dann nur durch die gemeinsame Erfahrung und Abarbeitung von Wertkonflikten, denn gemeinsame moralische Überzeugungen einer Kultur sind immer das Ergebnis einer konfliktreichen und langwierigen sozialen Evolution gewesen.35

3.1.2

Mögliche Konfliktebenen und -Ursachen

Damit aus den verschiedenen Dilemmasituationen inhaltliche bzw. prozessuale Normen abgeleitet werden können, sind in einem ersten Schritt die ethisch rele­ vanten Konflikte aufzudecken und zu analysieren.36 Im folgenden geht es daher um die Bestimmung der einzelnen Konfliktebenen des internationalen Geschäfts und deren Konsequenzen im Hinblick auf eine internationale Marketingethik.

29 30 31 32 33 34 35 36

Vgl. Schlegelmilch 1998, pp. 136-137. Vgl. Kreikebaum 1996, S.l26, 318; Hansen 1995, Sp.621-622. Vgl. Kreikebaum/Behnam/Gilbert 1996, S.21. Vgl. Kramer 1993, Sp.533; Marr/Stitzel 1979, S.97. Der Begriff der Konflikthandhabung bzw. -regulierung wird deshalb auch dem der Konfliktlösung vorgezogen. Vgl. Praetorius 1993, S.59. Vgl. Meffert 1989, S.350-351. Dies gilt selbstverständlich nicht nur für die Marketinglehre. Vgl. Wieland 1997, S.539. Zum Projekt „Weltethos“ vgl. u.a. Küng 1997. Vgl. Kreikebaum 1999a, S.91.

______ Ethisches Dilemma______

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

Konflikt­

Erkenntnisobjekt

ebene

Intrapersonell

Konflikte innerhalb von

Wissenschaftliche

Beispiel aus der

Disziplin

Marketingpraxis

Psychologie

Interpersonell

Konflikte zwischen

Zahlung von Bestechungsgeldem

Individuen

Sozialpsychologie

Konflikte aufgrund

unterschiedlicher

Individuen

Rollenverständnisse (z.B. in EL)

Intra-

Konflikte innerhalb von

Organisationstheorie,

organisational

Unternehmen (Mutter-

Internationales

Entstehung

Tochter und Tochter-

Management

„grauer Märkte“

Verrechnungspreise,

Tochter)

Inter­

Konflikte zwischen

Organisationstheorie,

Preisdumping,

organisational

Unternehmen und

Internationales

Fragen der Produkt-

Umwelt

Management,

sicherheit/-qualität

Soziologie

Tabelle 3-1: Quelle:

Konfliktebenen Eigene Darstellung in Anlehnung an Kreikebaum 1996, S.198; Gilbert/Würthner 1995, S3; Jeschke 1993, S.10.

Die Abgrenzung der Konfliktebenen läßt sich einerseits anhand des Erkennt­ nisobjekts und andererseits anhand der zuständigen wissenschaftlichen Disziplin präzisieren.37 Ein Vorteil dieser Vorgehens weise ist, daß individualethische Überlegungen durch eine Institutionalethik ergänzt werden.38 Die genannten Kon­ flikte können demnach auf intrapersoneller, interpersoneller, intraorganisationaler und interorganisationaler Ebene auftreten.39 Allerdings ist in der Realität eine eindeutige Abgrenzung kaum möglich, da interpersonelle Konflikte bspw. auch als eine Teilmenge der intraorganisatorischen Konflikte aufgefaßt werden kön­ nen. Im internationalen Kontext stellen Konflikte innerhalb von Unternehmen etwa zwischen der Stammhauszentrale und der ausländischen Niederlassung oder zwischen den Tochtergesellschaften (intraorganisationale) - und solche zwischen dem Unternehmen und externen Anspruchsgruppen (interorganisationale) den

37 38 39

Vgl. Gilbert 1998, S.34-35; Krüger 1981, S.915-917. Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.102; Kreikebaum 1996, S.210. Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.l00; Kreikebaum 1996, S.l98-201, 229-232. Die Begriffe intra-/ interorganisational und intra-lmterorganisatorisch werden dabei als Synonyme verwendet.

94

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

Kem des Problems dar.40 Der interorganisatorische Konflikt zwischen den Wert­ haltungen der Entscheidungsträger im internationalen Marketing und denen der externen Anspruchsgruppen (z.B. Regierung, Händler, Kunden) kann dabei als konstitutives Grundproblem angesehen werden. Demgegenüber ergibt sich der Stellenwert der intraorganisatorischen Konflikte nicht zuletzt aus der Notwendig­ keit, die Länderentscheidungen bezüglich der Marketingprogramme mit der Gesamtunternehmensstrategie in Einklang zu bringen.41 In bezug auf die Konfliktursachen bietet sich zwar grundsätzlich eine analytische Trennung an, sie wird im Rahmen dieser Arbeit allerdings nicht explizit verfolgt. Bei realen Konflikten und ihren Ursachen handelt es sich um mehrdimensionale Phänomene, die nur schwer bzw. nicht eindeutig in ein Analyseraster eingeordnet werden können.42 Während strukturelle und strategiebedingte Konfliktursachen im internationalen Marketing deshalb implizit mit den verschiedenen Konflikt­ ebenen behandelt werden, empfiehlt es sich, die kulturbedingten Konflikte auf­ grund ihrer besonderen Relevanz im Anschluß separat darzustellen. Hinweise darauf, wie MNU aus Europa, Japan und den USA die Bedeutung verschiedener Konfliktursachen beim Auslandsengagement in EL einschätzen, gibt die von Negandhi/Baliga durchgefuhrte Befragung:43

40

41 42 43

Vgl. Kreikebaum 2000, S.148; Kreikebaum 1998, S.175; Kreikebaum 1995, S.l; Gilbert/ Würthner 1995, S.4-6. Auch Hansen und Kay-Enders differenzieren Wertkonflikte im nationalen Marketingkontext nach Konfliktebenen, wobei intra- und interpersonelle Konflikte im Mittelpunkt der Überlegungen stehen. Vgl. Kay-Enders 1996, S.2-3; Hansen 1992, S.661. Vgl. u.a. Quack 1995, S.l 1; Hermanns 1995, S.36-37 und die Ausführungen in Kapitel 1.2.1. Vgl. Gilbert 1998, S.44-72; Richter 1997, S.108. Vgl. Negandhi/Baliga 1981, pp.63-73.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

Konfliktursachen

95

US-

Europ.

Jap.

Anzahl

MNU

MNU

MNU

der

Ant­ worten

Kapitalbeteiligung von einheimischen Unternehmen

13

14

1

28

Einflußnahme auf das Management durch lokale Partner

17

20

15

52

De vi sen vorschri ften

2

4

0

6

I mportvorschri ften

3

1

1

5

Ausdehnung von Exportmärkten

4

3

2

9

Preispolitik (Transferpreise)

11

8

2

21

Verwendung von einheimischen Inputs (local content)

0

2

0

2

Einmischung der Gastlandregierung in die Untemehmens-

2

3

0

5

Beitrag des Unternehmens zur Entwicklung des Gastlandes

4

0

0

4

Eimischung des Unternehmens in die Kultur des Gastlandes

2

1

1

4

Einmischung der Regierung des MNU-Heimatlandes in die

2

0

0

2

60

56

22

138

führung

Politik des Gastlandes Summe:

Tabelle 3-2: Quelle:

Konflikte zwischen MNU und EL Eigene Darstellung in Anlehnung an Negandhi/Baliga 1979, p.15.

Gelegentlich sind die Konfliktursachen allerdings überhaupt nicht bekannt, da das ethische Dilemma entweder gar nicht oder infolge von Identifizierungsbedürfhissen und Harmoniestreben nur selektiv oder unterschiedlich wahrgenommen wird.44 Marketingmanager lernen im Rahmen ihrer Ausbildung, auf den Marktmechanismus zu vertrauen und den Marktpartner in behavioristischer Tra­ dition nach dem S-O-R-Schema zu behandeln.45 Für sie besteht der Konflikt des­ halb u.a. darin, daß sie nicht nur die gegebenen Verbraucherbedürfnisse befriedi­ gen sollen, sondern auch welche im Interesse der Unternehmung wecken und 44 45

Vgl. Amine 1998, p.389; Staffelbach 1994, S.278-279. Vgl. Praetorius 1993, S.52; Abel 1988, S.804-805; Hansen 1988, S.717. Das neobehavioristische S-O-R-Paradigma besagt, daß bestimmte Stimuli (S) auf einen Organismus (O) treffen; Stimulusfaktoren und Organismusfaktoren fuhren gemeinsam zur Response bzw. Reaktion (R).

96

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

formen sollen.46 Dies stürzt sie in einen moralischen Zwiespalt (intrapersonaler Konflikt), da sie zwischen unterschiedlichen Werten, Normen und Zielen sowie den damit verbundenen Handlungsaltemativen abwägen müssen.47 Demgegen­ über ergeben sich z.T. unüberwindbare Probleme, sofern sie sich bestimmter ethischer Dilemmata im Zusammenhang mit den verfolgten Intemationalisierungsstrategien überhaupt nicht bewußt sind.48 In diesen Fällen soll die ethische Reflexion die Marketingmanager für latente Konflikte sensibilisieren und ihnen eine Orientierungshilfe für Entscheidungen unter Unsicherheit bieten49 Intra-, aber vor allem auch interpersonelle Konflikte resultieren in EL u.a. aus der habituellen Gesellschaftsordnung, in der die geburtsbestimmte, also kästen- oder stammesmäßige Zugehörigkeit alle Lebensbereiche und folglich auch das Rollen­ verständnis des EL-Mitarbeiters prägt.50 Interpersonelle Konflikte treten bei Gruppenentscheidungen (d.h. von mindestens zwei Individuen) auf, bei denen unterschiedliche Absichten, Interessen und Realisationsvorstellungen aufeinan­ derprallen. Typisch sind bspw. Auseinandersetzungen zwischen einem Marke­ tingmanager und seinem Vorgesetzten, der seine Rollenverpflichtung gegenüber dem Unternehmen mißachtet.51 Dieser Aspekt gewinnt besondere Bedeutung, wenn in MNU die Führungskräfte des Stammhauses mit den lokalen Marketing­ managem der ausländischen Niederlassung kooperieren müssen. Das Aufeinan­ dertreffen unterschiedlicher nationaler Kulturen und Landessitten birgt ein ge­ wichtiges ethisches Konfliktpotential in sich, dessen Handhabung Priorität zu­ kommen sollte.52 Die (Marketing-)Mitarbeiter sollten demzufolge kein von „westlicher Besserwisserei geprägtes arrogantes Gehabe“ zeigen, sondern sich als „Brückenbauer“ zwischen den Kulturen bewähren. Dies erscheint allerdings nur dann möglich, wenn die multinationalen Teammitglieder nicht nur in ihrer öko­ nomischen Rolle, sondern auch als moralische Akteure gewürdigt werden.53 Wichtige Entscheidungen sind also nicht nur aus der Sicht des Stammhauses, son­ dern auch unter Mitwirkung der Entscheidungsträger im Tochterunternehmen zu treffen, d.h. aber auch, daß sich aus der Organisationsstruktur der MNU u.U. Barrieren für moralisches Handeln ergeben können.54 46 47 48 49 50 51 52 53 54

Vgl. Hansen 1995b, S.5. Vgl. Kreikebaum 1996, S.199; Kay-Enders 1996, S.3; Kramer 1993, Sp.528-529. Vgl. Dubinsky et al. 1991, p.655. Vgl. Kay-Enders 1996, S.6-7. Vgl. Dülfer 1999, S.382-383; Jöstingmeier 1994, S.21; Dülfer 1987, Sp.279. Vgl. Kreikebaum 1997, S.232; Zentes 1996, S.212; Kay-Enders 1996, S.3; Krüger 1981, S.915. Vgl. Amine 1998, p.388; Dubinsky et al. 1991, p.654; Kumar/Steinmann 1986, S.l 182; Lee 1981, pp.58-59. Vgl. Bierich 1999, S.442; Wieland 1997, S.528; Hüller 1991, S.715. Vgl. Jöstingmeier 1994, S.l99. An dieser Stelle zeigt sich erneut das Problem der Abgrenzung von Individual- und Institutionenethik bzw. des Übergangs von der einen zur anderen.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

97

Tatsächlich sind intraorganisatorische Spannungen oft unvermeidlich. Dabei prallen die Vorstellungen von Individuen und institutionellen Einheiten oder ver­ schiedenen Organisationseinheiten aufeinander. Typische Konflikte sind bspw. die zwischen Marketing und Vertrieb und/oder Forschung & Entwicklung. Kon­ flikte ergeben sich aber auch dann, wenn der Entscheidungsträger im Einzelfall zu anderen Problemlösungen gelangt, als sie ihm von der Untemehmensseite her nahegelegt werden.55 Dazu gehören nicht nur bestimmte Formen der Berichter­ stattung, sondern u.a. auch der Erfolgsdruck, die von der Muttergesellschaft vor­ gegebenen Verkaufszahlen auf dem Auslandsmarkt zu erreichen.56 Im internatio­ nalen Marketing sind jedoch derartige Konfliktkonstellationen im Vergleich zu denen zwischen der Organisationskultur des Stammhauses und den Subkulturen der jeweiligen Intemationalisierungsform zu vernachlässigen. Eine interkulturelle Untersuchung zum Zusammenhang von Markteintrittsform und Wahrnehmung ethischer Konflikte im internationalen Marketing kommt zu dem Ergebnis, daß mit einer wachsenden Verlagerung der Aktivitäten ins Ausland die Frequenz der Konflikte zunimmt. Dies ist mit dem steigenden Interaktions- und Integrations­ druck zu begründen, dem die betroffenen Marketingmanager im ausländischen Markt ausgesetzt sind (z.B. von Seiten der Regierung, Gesetzgeber und Gesell­ schaft).57 Beim Export beschränken sich die Konflikte deshalb i.d.R. auf Mei­ nungsverschiedenheiten bei der Gestaltung von Produktspezifika und/oder über die Verwendung eines standardisierten Marketing-Mix. Im Rahmen von Koope­ rationen mit Kapitalbeteiligungen dominieren dagegen Konflikte bei der Produktund Preisgestaltung sowie bei der Wahl der Vertriebswege.58 Darüber hinaus zeigt die Mißerfolgsrate strategischer Allianzen, daß die Bedeutung der Kultur­ verträglichkeit oft verkannt wird und stabile Kooperationsbeziehungen ohne ein bewußtes Wertemanagement nicht zu erreichen sind.59 Zu Konflikten kommt es schließlich auch zwischen der Muttergesellschaft im Heimatland und den dezen­ tralen Tochtergesellschaften im Ausland. So fuhrt der Versuch der Muttergesell­ schaft, von oben herab globale Marketingstrategien durchzusetzen, oft zu Kom­ munikationsstörungen, Kompetenzverzerrungen und Informationsasymmetrien.60 Dabei erweist sich der Ausgleich zwischen den Stammhausinteressen (Erzielung 55 56 57

58 59 60

Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.100; Kreikebaum 1996, S.200, 225,231; Kieser 1983, S.385-387. Vgl. Amine 1998, pp.386-388; Schlegelmilch 1998, pp.20-21; Mathur 1995, p.55. Die Befragung richtete sich an 400 Unternehmen in Australien und 250 Firmen in Hongkong. Branchenunterschiede konnten nicht festgestellt werden. Vgl. ausführlich Armstrong/Sweeney 1994, pp.782-784. Vgl. Richter 1997, S.108-118. Vgl. Krystek/Zur 1997, S.511; Wieland 1997, S.527; Richter 1997, S.l 12-113; Armstrong/ Sweeney 1994, p.783; Meffert 1989b, S.457. Vgl. Kreikebaum 1997, S.237-238; Amba-Rao 1993, p.560; Kumar 1991, S.236; Meffert 1986, S.696-697.

98

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

von Synergieeffekten) und den Autonomiebestrebungen der Tochtergesellschaft vor allem im Marketing als problematisch, da in der Untemehmenspraxis die Tendenz besteht, internationale Marketingorganisationen zu dezentralisieren.61 Die Anpassung der Unternehmens- und Marketingstrategien an die Kultur des Gastlandes wird nämlich durch eine gewisse Autonomie, d.h. die Partizipations­ möglichkeit und Eigenständigkeit der Auslandsgesellschaft erleichtert.62 Es er­ scheint daher berechtigt, die ethische Qualität von Organisationsstrukturen und -kulturen zu durchleuchten.63 Die Situation im Untemehmensinneren wird in der (internationalen) Praxis aber nicht selten vernachlässigt, obwohl ein glaub­ würdiger Auftritt des Unternehmens nach außen bei internen Konflikten kaum zu realisieren ist.64 Vor diesem Hintergrund existiert in EL oft die Befürchtung, daß das Verhalten der dort ansässigen Tochtergesellschaften primär vom Willen der fernen Kon­ zemzentrale gelenkt wird und daher eine „geistige“ Distanz entsteht, die auf Kosten dieser Länder geht. Derartige Konflikte zwischen einzelwirtschaftlichen und nationalen Interessen bzw. Zielen können sich auch auf Anpassungsmaß ­ nahmen in der Produkt- und Absatzpolitik beziehen:65 Einerseits stehen interna­ tionale Marketingmanager vor dem grundsätzlichen Problem zu entscheiden, inwiefern überhaupt ein Engagement in einem Land mit vollkommen anderen gesellschaftlichen Wertorientierungen (z.B. totalitären Machtstrukturen) ange­ zeigt ist,66 da die politischen Rahmenbedingungen einen wesentlichen Einfluß­ faktor im internationalen Marketing darstellen.67 Andererseits macht z.B. der Verkauf fragwürdiger Medikamente deutlich, daß bei einem ökonomischen Standortvorteil viele ethische Konflikte dann entstehen, wenn die MNU die rechtlichen und sozialen Rahmenbedingungen des Gastlandes zu einem im Hei­ matland moralisch oder rechtlich unzulässigen Verhalten nutzen.68 In beiden Fällen bestehen konfligierende Ansprüche zwischen der MNU und bestimmten externen Organisationseinheiten (interorganisatorischer Konflikt), die übergeord­ nete Interessen mit dem Ziel der Einflußnahme von außen an die Unternehmung 61 62 63 64 65 66 67

68

Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.268; Pausenberger 1992, Sp. 1062-1064; Schneidewind 1992, S.632. Vgl. Kreikebaum 1995b, S.79. Vgl. Jöstingmeier 1994, S.173. Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996, S.314. Umgekehrt werden Innenkonflikte zwangsläufig auch durch extern induzierte Spannungen beeinflußt. Vgl. Krüger 1981, S.914. Vgl. dazu Amba-Rao 1993, p.559; Pausenberger 1980, S.l24-130; Biedenkopf 1975, S.35-46. Vgl. Richter 1997, S.l 13; Mayo/Marks/Ryans 1990, pp.62, 70-71. Vgl. Meissner 1994, S.51, 54. Die MNU und der Staat existieren demzufolge nicht isoliert nebeneinander, sondern sie stehen in mehr oder weniger kooperativen bzw. antagonistischen Beziehungen zueinander. Vgl. Engelhard/Gerstlauer/Hein 1999, S.292. Vgl. Wieland 1997, S.528-529; Jöstingmeier 1994, S.7, 47-48; Kumar/Sjurts 1991, S.l66. Zum Verkauf fragwürdiger Medikamente und anderen Beispielen im Bereich der Produkt- und Ab­ satzpolitik vgl. die Ausführungen unter Kapitel 6.3.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

99

herantragen.69 Während die Konflikte mit den Interessen ausländischer Konsu­ menten sachgemäß im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stehen, gehören auch Regierungen, Gesetzgeber, Konkurrenten, Handelspartner, bestimmte Interessen­ gruppen (z.B. Verbrauchergruppen, Bauern- und Industrieverbände in EL) sowie die Gesellschaft als Ganzes zu den potentiellen Konfliktgegnem im internationa­ len Marketing.70 In diesem Zusammenhang gerät die MNU im allgemeinen und das Marketing im besonderen häufig in Loyalitätskonflikte zwischen den ver­ schiedenen Anspruchsgruppen im Heimat- und im Gastland.71 Angesichts der bereits im nationalen Kontext steigenden Interessendifferenzierung wird dabei zunehmend deutlich, daß nicht für alle Anspruchsgruppen weltweit die gleichen Maßstäbe angelegt werden können.

3.1.3

Die spezifische Bedeutung kultureller Konflikte

Tatsächlich haben die vergleichbaren Anspruchsgruppen in verschiedenen Län­ dern ihre kulturspezifischen Erwartungen und Ansprüche an die MNU und dem­ entsprechend variieren auch die Konfliktursachen.72 Die größte Schwierigkeit bei Konflikten im internationalen Kontext ist, diese nicht fälschlicherweise als Sach­ probleme oder personelle Konflikte anzusehen, sondern als Ausdruck von Kultur­ unterschieden zu erkennen, denn jeder Aspekt der Interaktion kann die Ursache kultureller Mißverständnisse bilden.73 So wurden kulturelle, ethisch relevante Gesichtspunkte der Globalisierung lange vernachlässigt, da sie keinen unmittelba­ ren Einfluß auf die Entscheidungsbildung hätten. Die Rationalität des homo oeconomicus sei schließlich kulturindifferent („culture-free“). Demzufolge erwies sich auch im internationalen Marketing die Frage nach der Beziehung zwischen inter­ nationaler Absatzgestaltung und Kultur als nicht so dringlich.74 Insbesondere in der Kritik der EL an den Managementpraktiken der westlichen MNU zeigte sich jedoch schnell, daß nicht allein in der ökonomischen Effizienz, sondern auch in der kulturellen Funktionalität der Maßstab des Managements gesehen wurde. Die Marketingmanager versäumten häufig, im Glauben an den „allseligmachenden Charakter“ der europäischen Wertsysteme, ihr Management an die lokalen kultu­ rellen Normen anzupassen.75 Die interkulturelle Managementforschung erlebte 69 70

71 72 73 74 75

Vgl. Kreikebaum 1996, S.201,226. Vgl. Schlegelmilch 1998, pp.21-22; Kay-Enders 1996, S.3; Picot 1974, Sp.565. Zum besonderen Stellenwert des Kunden als Stakeholder im Marketing vgl. Kühn/Jenner 1999, S.230-233. Vgl. Bierich 1999, S.435; Gilbert/Würthner 1995, S.4; Austin 1991, S.186. Vgl. Gilbert 1998, S.66. Vgl. Haussmann/Mandt 1999, S.397-399. Vgl. Dülfer 1999, S.366; Gil 1998, S.45; Schuh 1997, S.90. Vgl. Hüller 1991, S.711; Kumar 1988, S.390.

100

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

angesichts der wachsenden Kritik daran zu Beginn der 80er Jahre einen Auf­ schwung. Ihre Bemühungen beschränkten sich allerdings auf die Benennung of­ fensichtlich kulturrelevanter Faktoren, und erst in den letzten Jahren wurde das Problem interkultureller Managementkonflikte verstärkt unter dem Aspekt der Inkommensurabilität von landesspezifischen Moralvorstellungen und ethischen Normen betrachtet.76 In der anthropologischen Tradition beschreibt der Begriff „Kultur“ (lat. colere = bauen, gründen), im Unterschied zur vorgegebenen Natur, den vom Menschen geschaffenen Lebensraum.77 Den terminologischen Ausgangspunkt der vorliegen­ den Arbeit bildet die Kulturdefinition von Keller. Die Kultur umfaßt danach alle kollektiv geteilten, expliziten und impliziten Werte und Verhaltensnormen, wel­ che von den Mitgliedern einer sozialen Gruppe erlernt bzw. internalisiert und mittels Symbolen (z.B. Sprache, Kunst, Schrift) über Generationen weitergeben werden.78 Danach beeinflussen kulturelle Determinanten auch die ethische Wahr­ nehmung bzw. den Denkstil der Individuen, also auch der (Marketing-)Manager.79 Derartige Überlegungen werden durch interkulturelle Analysen bestätigt. Die Kultur der befragten Manager hatte demnach einen signifikanten Einfluß auf ihre Wahrnehmung ethischer Probleme im internationalen Marketing - sowohl was deren Häufigkeit als auch was deren Bedeutung anging (beides schätzten etwa die Hongkong Chinesen im Vergleich zu den australischen Marketingmana­ gem als geringer ein).80 Aus den kulturspezifischen Unterschieden zwischen Gastlandmitarbeitem und von der Zentrale entsandten Führungskräften ergibt sich deshalb u.U. ein erhebliches ethisches Konfliktpotential.81

76

77

78

79 80

81

Vgl. Kumar/Hoffmann 1999, S.344-345; Steinmann/Scherer 1997, S.30; Müller/Kommeier 1995, S.l47. Ein aktuelles Beispiel ist der kulturell bedingte Konflikt zwischen den USA und Europa bezüglich der Vermarktung gen technisch veränderter Lebensmittel. Vgl. Krenzler/Landwehr 2000, S.28. Vgl. Dülfer 1999a, S.l93; Vossenkuhl 1986a, S.140. Diese anthropologische Sichtweise, wonach eine Gesellschaft keine Kultur hat, sondern eine Kultur ist, hat sich weitgehend durchgesetzt. Die Theorie des kommunikativen Handelns von Habermas bildet u.a. die theoretische Basis dieser Position. Vgl. Osterloh 1994, S.97-98 und Kapitel 4.4. Vgl. Keller 1982, S.l 18-119. Somit können innerhalb einer Nation verschiedene Kulturen (sog. Subkulturen) existieren, aber auch eine Kultur über mehrere Nationen verbreitet sein. Aus Ver­ einfachungsgründen wird der „Kulturraum“ jedoch i.d.R. mit dem Nationalstaat gleichgesetzt. Dieses Vorgehen wird auch in der vorliegenden Arbeit gewählt. Vgl. Smka 2000, S. 108-109; Schlegelmilch/Götze 1999, S.33; Chonko 1995, p.44; Keller 1982, S.l65-166. Um Verzerrungen zu vermeiden, wurde im folgenden deshalb vor allem auf interkulturelle Befragungsergebnisse zurückgegriffen. Vgl. Armstrong/Sweeney 1994, pp.777, 781-783. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen Dubinsky et al., die in ihren Untersuchungen die Vertriebsmanager von US-amerikanischen, japanischen und koreanischen MNU befragt haben. Vgl. Dubinsky et al. 1991, pp.652, 664. Vgl. Kreikebaum 1995a, S.l; Donaldson 1993, Sp.735; Lee 1981, p.59.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

101

Ethische Meinungen sind also nicht kongenital. Der zu ihrer Aneignung erforder­ liche Lernprozeß, d.h. die bewußte oder unbewußte Übernahme kultureller Ele­ mente, wie Verhaltensschemata, Überzeugungen sowie gesellschaftliche Werte und Normen, wird als Enkulturation bezeichnet. Dieser Enkulturationsprozeß be­ einflußt über das jeweilige Wert- und Normengerüst das Verhalten der Entschei­ dungsträger.82 Er wird auch in der kulturvergleichenden Untersuchung von Lee, die als bisher einzige bei den der Marketingpraxis zugrunde gelegten ethischen Standards keine Unterschiede feststellen konnte, als Erklärung für das ähnliche Verhalten britischer und chinesischer Marketingmanager in der (ehemaligen) bri­ tischen Kronkolonie Hongkong herangezogen. Obwohl kulturbedingte Unter­ schiede in den Norm- und Wertvorstellungen erwartet worden waren, bewerteten die befragten Marketingmanager zehn verschiedene ethische Sachverhalte im Rahmen eines Rankings sehr ähnlich.83 Wenngleich damit noch keine Aussage über ihre Konflikthandhabung getroffen ist, macht das Beispiel deutlich, daß die kulturellen Gegebenheiten und Wertvorstellungen in den verschiedenen Ländern - besonders in den EL - nicht dauerhaft sind, sondern einem „social and econo­ mic change“ unterliegen.84 Als vorläufiges Fazit kann festgehalten werden, daß das Gewissen bzw. Ethos stets die Wert- und Moralvorstellungen der eigenen Kultur widerspiegelt und da­ her bei interkulturell geprägten moralischen Entscheidungssituationen häufig überfordert ist.85 Die Marketingmitarbeiter bewegen sich nämlich strenggenom­ men in einem Dreieck der Kultursysteme aus Gastlandkultur, Kultur des Heimat­ landes und Untemehmenskultur.86 Dies bedeutet, daß „die Unternehmens- und Marketingkultur einer spezifischen Pflege und Gestaltung bedarf, um Disharmo­ nien und Konflikte [...] zu vermeiden. Dies betrifft insbesondere die Abstimmung unterschiedlicher Kulturen in international tätigen und/oder stark dezentralisierten und diversifizierten Unternehmungen.“87 Wenngleich einheitliche Elemente der Untemehmenskultur in interkulturell tätigen Unternehmen unentbehrlich sind, legen untemehmensethische Überlegungen häufig eine Differenzierung der Un82

83 84 85 86

87

Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.285; Jahnke 1996, S.l07-108; Kreikebaum 1996, S.l73-175; Müller/Kommeier 1995, S.l47. Vgl. Lee 1981, p.65. Vgl. Dülfer 1999, S.390. Vgl. Hinterhuber/Nill 1993, S.258-259. Vgl. Kreikebaum 1998a, S.78; Holzmüller 1995, S.42-44; Schreyögg 1990, S.383-385. Dies ist damit zu begründen, daß auch Unterschiede zwischen den Untemehmenskulturen desselben kulturellen Kontextes unübersehbar sind. Meffert 1989, S.353. Vgl. hierzu auch ausführlich Jöstingmeier 1994, S.109-140. Für die Defi­ nition von „Untemehmenskultur“ wird der anthropologische Kulturbegriff aufgenommen und auf Unternehmen übertragen. Sie ist somit das Kollektiv aller aus Lernprozessen entstandenen und akzeptierten Normen und Werte, welche die Entscheidungen und das Verhalten der Unter­ nehmensmitglieder prägen. Vgl. Schreyögg 1990, S.379-380.

102

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

temehmenskultur im Sinne einer multikulturellen Organisation nahe, um ethische Konflikte in den Gastländern weitestgehend zu vermeiden.88 Da allerdings weder das eine noch das andere Kulturkonzept überzeugen kann, scheinen nur Kulturen mittlerer Intensität, sog. „synergetische Untemehmenskulturen“, die die Vorteile beider Konzepte verbinden, geeignet zu sein:89 Solche untemehmenskulturellen Mischtypen werden einerseits auf einem Minimalkonsens an Regeln aufbauen, um ein übergreifendes Orientierungsmuster zu schaffen, andererseits jedoch in­ nerhalb des Unternehmens unterschiedliche Wertkonfigurationen zulassen, um situativ auf lokale Marketingkonflikte reagieren bzw. sich konstruktiv mit anderen Werthaltungen auseinanderzusetzen zu können.90

Abbildung 3-2: Quelle:

Dreieck der Kultursysteme Eigene Darstellung

Im Rahmen der internationalen Untemehmensethik wird vor diesem Hintergrund davon ausgegangen, daß die kulturbestimmten Konflikte an erster Stelle des ethi­ schen Konfliktpotentials rangieren. Von diesem Konfliktpotential sind ferner alle Tätigkeiten und Bereiche betrieblichen Wirtschaftens betroffen, also auch das

88 89 90

Vgl. Steinmann/Scherer 1998, S.69 und ausführlich Jöstingmeier 1994, S.l09-140. Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.313; Gilbert 1998, S.234; Meffert 1989b, S.456; Berkel 1997, S.l 16. Vgl. Gilbert 1998, S.234-236; Berkel 1997, S.l 16.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

103

Marketing.91 Bestätigt wird dies durch verschiedene Befragungen von Führungs­ kräften unterschiedlicher Nationalität über die Häufigkeit und Bedeutung ethi­ scher Konflikte im internationalen Marketing: Je nach Studie gehören kulturelle Unterschiede, neben der Zahlung von Bestechungsgeldem und Preisbil­ dungspraktiken, stets zu den am häufigsten genannten Konfliktursachen.92 Wäh­ rend einige der anderen Konflikte (bspw. die Korruption) zunächst nicht als kul­ turbedingt erscheinen mögen, spielt die kulturelle Dimension jedoch spätestens bei der Art und Weise ihrer Handhabung eine entscheidende Rolle.93

Australische Manager

Amerikanische Manager

(n = 38)

(n = 207)

Rang

Frequenz

%

Rang

Frequenz

%

Bestechung/Korruption

1

17

35

1

59

34

Kulturelle Unterschiede

2

10

20

2

9

5

Preispolitik

3

6

12

3

5

3

Geschenke, Gefälligkeiten

4

5

10

5

3

2

Ethisches Problem

etc.

Tabelle 3-3: Quelle:

Ethische Probleme im internationalen Marketing Eigene Darstellung in Anlehnung an Armstrong et al. 1990, p.10.

Die Wechselbeziehung zwischen der Marketingtätigkeit des anbietenden Unter­ nehmens und der Kultur der jeweiligen Absatzgebiete kann grundsätzlich wie folgt charakterisiert werden:94

91 92 93 94

Vgl. Steinmann/Scherer 1997, S.24; Kreikebaum 1995, S.l; Steinmann/Olbrich 1994, S.l25. Vgl. Armstrong 1992, pp. 166-167; Mayo 1991, pp.55-56; Mayo/Marks/Ryans 1991, pp.66-68; Armstrong et al. 1990, p.10. Vgl. Steinmann/Scherer 1996, S.5 und die verschiedenen Beispiele in Kapitel 6.3. Vgl. Angehm 1986, S.203-204.

104

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

1.

Das Marketingmanagement nimmt nicht nur auf die Lebensgestaltung des einzelnen Menschen Einfluß, sondern auch auf die der Gesellschaft als Gan­ zes. Internationale Marketingmaßnahmen sind prinzipiell dazu geeignet, so­ wohl direkt als auch indirekt auf kulturelle Verhaltensmuster zu wirken.95 Gerade in den EL entstand daher die Forderung, die Bewahrung lokaler Kulturen und Traditionen nicht unter dem Aspekt der Opportunitätskosten zu betrachten. Vielmehr müssen sich die Marketingverantwortlichen der Aus­ wirkungen ihrer Tätigkeiten bewußt werden, um durch die von ihnen bereit­ gestellten Produkte und Dienstleistungen einen Beitrag zur Lebensqualität des Individuums wie der Gesellschaft leisten zu können;96

2.

Die Art und Weise, wie die Menschen in den einzelnen Absatzgebieten den­ ken und handeln und somit Kultur leben, gibt dem Marketing darüber hinaus einen mehr oder weniger dauerhaften Rahmen vor (z.B. durch den Stellen­ wert von Verbraucherbewegungen, die Rolle des Handels und die gesetz­ lichen Vorgaben).97 Genauer formuliert: Kulturgebundene Konsummuster konstituieren das produktbezogene Kauf- und Verwendungs verhalten, das eng mit den Verhaltensnormen und tradierten Lebensgewohnheiten einer Ge­ sellschaft verbunden ist. Sie beeinflussen die Absatzchancen der Produkte und Dienstleistungen und bilden die höchste Barriere für eine standardisierte Marktbearbeitung.98 So kann bspw. das vorherrschende gesellschaftliche Normensystem den Konsum einer Produktkategorie aus religiösen Gründen verbieten oder aber die Umsetzung des Marketingkonzepts in Produktge­ staltung und Werbung (z.B. wegen tabuverletzender Werbeinhalte) scheitern lassen.99

In der Praxis legen Marketingmanager aber nicht selten ein arrogantes Verhalten an den Tag und versuchen, ihre „überlegene“ eigene Kultur auf Länder, die öko­ nomisch noch nicht soweit entwickelt sind, zu übertragen. Es reicht folglich nicht, die Gastlandkultur zu kennen, sondern es ist auch wichtig, die Relativität des

95 96 97 98 99

So ändert bspw. die Einführung von Einwegwindeln (in EL) direkt das Pflegeverhalten und indirekt die Freizeitgestaltung der Eltern. Vgl. Schuh/Holzmüller 1992, S.300. Vgl. Dholakia/Sharif/Bandari 1988, pp. 141 -142; Angehm 1986, S.202, 208. Vgl. Usunier/Walliser 1993, S.l4-19. Vgl. Dülfer 1999, S.366; Meffert/Bolz 1998, S.42; Usunier/Walliser 1993, S.8-12; Mesdag 1987, S.12. Vgl. Schuh 1997, S.78-79, 89 und ausführlich die Beispiele in Kapitel 6.3. Je wichtiger der Verhaltensbereich für die Identität der betrachteten Kultur ist, desto größer ist die Neigung zur Beibehaltung traditioneller Konsummuster. Vgl. Schuh/Holzmüller 1992, S.295-302.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

105

eigenkulturellen Kontexts zu sehen und sich von ihm zu lösen.100 Im Grundsatz geht es bei einer internationalen Untemehmensethik also immer um die Frage: „Verkündigungsstrategie oder Lemstrategie“?101 Aus ethischer Sicht ist somit der tolerante und sensible Umgang mit nichtidentischen multikulturellen Wertvorstel­ lungen gefordert. Er ist sowohl für die Erhaltung der natürlichen und kulturellen Diversität als auch für die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit von Organisa­ tionen von großer Bedeutung, da die Unterdrückung eines Dialogs pluraler Stim­ men ein erhebliches Konfliktpotential in sich birgt.102 Internationale Marketing­ manager müssen sich bewußt sein, daß ihre Entscheidungen die unterschied­ lichsten Kulturen betreffen und ihre Art, ein Produkt zu präsentieren, u.U. nicht allgemein akzeptiert ist.103

Zusammenfassend hat sich gezeigt, daß das internationale Marketing kulturspezi­ fische Wertvorstellungen und Normen berücksichtigen muß, wenn es ethische Konflikte vermeiden will.104 Mit anderen Worten: „Kulturspezifische Wertvorstellungen können [...] im Bereich des internationalen Marketing [...] berücksichtigt werden. [...] Die Untemehmensethik international tätiger Unternehmen muß insbesondere den Anforderungen gerecht werden, die daraus resultieren, daß internationale Untemehmenstätigkeit zumeist auch inter­ kulturelles Handeln beinhaltet.“105 Insofern kann die Unternehmens- bzw. Marketingethik in MNU auch als Medium des Interessenabgleichs zwischen den verschiedenen Wertsystemen verstanden werden.106 Wenn nämlich das Aufgehen in einem größeren Ganzen als Identitäts­ verlust erlebt wird, dem bestimmte historische Identitäten entgegengesetzt wer­ den, und es nicht die Universalität der ökonomischen Rationalität gibt, wird das kulturelle Konfliktpotential im Marketing mit der Globalisierung steigen, ohne daß für die Konflikthandhabung taugliche multinationale Regelungsmechanismen bereitstünden.107

100 Vgl. Haussmann/Mandt 1999, S.400-403; Kreikebaum 1996, S.224; Hofstede 1992, S.323. Um sich vom eigenkulturellen Kontext zu lösen, ohne dabei in einen „Kulturrelativismus“ zu ver­ fallen, ist der Eintritt in den Diskurs notwendig. Vgl. dazu die nachfolgenden Kapitel. 101 Steinmann 1997, S.20. 102 Vgl. Pless 1998, S.355-358; Wieland 1997, S.529; Austin 1991, S.439-440. Krystek spricht in diesem Fall von einem „Verstärkungseffekt mißtrauensinduzierender Kulturelemente“. Krystek 1997, S.552. 103 Vgl. Bittner 1997, S.509. 104 Vgl. Mathur 1995, pp. 43, 55; Jöstingmeier 1994, S.23. 105 Jöstingmeier 1994, S.l96. 106 Vgl. Dülfer 1999, S.390; Kumar/Sjurts 1991, S.170. 107 Vgl. Kumar 1998, S.77; Steinmann/Scherer 1997, S.25; Müller/Kommeier 1995, S.l56.

106

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

3.2

Die normative Ausgestaltung einer inter­ nationalen Marketingethik

3.2.1

Ethnozentrismus und Kulturrelativismus als unzu­ reichende Handlungsregulatoren

Der Marketingmanager kann bei interkulturellen Geschäftsbeziehungen sein Han­ deln nicht an den Gesetzen und Moralvorstellungen der jeweiligen Gesellschaften ausrichten, da unterschiedliche Kulturen z.T. divergierende gesellschaftliche Grundregeln besitzen.108 Was jedoch von ihm verlangt wird, ist die Ermittlung moralisch akzeptabler und ökonomisch praktikabler Lösungsvorschläge für lokale Wertkonflikte, die das Ergebnis dieser fundamentalen Inkompatibilitäten sind.109 Das entscheidende Problem einer Unternehmens- und Marketingethik im interna­ tionalen Kontext betrifft deshalb die Frage, welche Normen und Werte der invol­ vierten Moralsysteme unterschiedlicher kultureller Tradition als Orientierungs­ rahmen gelten können und sollen.110 Ethiker und Philosophen haben verschiedene Theorien entwickelt, ob ethische Normen hierbei grundsätzlich relativ sind, d.h. von Kultur zu Kultur oder sogar von Fall zu Fall variieren („When in Rome, do as the Romans do“) oder ob es die moralische Homogenität innerhalb einer be­ stimmten Organisation durchzusetzen gilt („When at McDonald’s do as McDo­ nald’s does“).111 Vor diesem Hintergrund bewegt sich die Lösungsmöglichkeit im Spannungsfeld zwischen ethnozentrischer und kulturrelativistischer Grundhal­ tung.112 Gleichwohl werden die Ausführungen zeigen, daß beide Vorschläge mit schwerwiegenden Problemen hinsichtlich der Normenbegründung verbunden sind und bei ihrer Anwendung als Handlungsregulatoren für ethische Konflikte in MNU zahlreiche Schwierigkeiten auftreten. De facto sind sie vielfach sogar Trä­ ger bzw. Auslöser von ethischen Konflikten in der internationalen Untemehmensund Marketingpraxis.

Sofern sich die Moral einer international tätigen Unternehmung primär nach den kulturellen Maßstäben des Heimatlandes richtet, die Gegebenheiten anderer Kul­ turen nicht berücksichtigt oder sogar versucht, fremde Umwelten kulturell zu do­ minieren, spricht man von Ethnozentrismus. Eine ethnozentrisch konzipierte Mar­ 108 109 110 111 112

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Donaldson 1993, Sp.738; Hinterhuber/Nill 1993, S.261. Wieland 1997, S.539. Wieland 1999, S.106; Gilbert 1998, S.103. Schlegelmilch/Götze 1999, S.32; Löhr/Steinmann 1998, p.7. Kreikebaum 2000, S.l48; Kreikebaum 1998, S.l75; Kreikebaum 1998a, S.78.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

107

ketingethik gerät deshalb mit den im jeweiligen Gastland vorherrschenden Wert­ vorstellungen in Konflikt.113 Der Ethnozentrismus fuhrt dazu, daß die Marketing und Vertriebsmitarbeiter unter der Annahme arbeiten, die in ihrem Heimatland akzeptierten Handlungs- und Bewertungsmaßstäbe könnten in allen Kulturen weltweit Gültigkeit beanspruchen.114 Diese Verhaltensweise kann u.a. folgender­ maßen erklärt werden: Einerseits ist das Leben mit und in der eigenen Kultur häu­ fig ein unbewußter Mechanismus und jeder ist mehr oder weniger „Gefangener“ seiner jeweiligen Kultur. Die Anpassung an eine fremde kulturelle Umgebung ist darüber hinaus meist mit einem großen Aufwand verbunden und einer instinkti­ ven Regelung wird daher oft der Vorzug gegeben.115 Andererseits werden einem die Wert- und Normvorstellungen der eigenen Kultur nicht selten deshalb zum Bewertungsmaßstab, weil sie explizit als weltweit gültig und denen anderer Kul­ turen als überlegen postuliert werden.116

Unter den heutigen gesellschaftlichen und weltpolitischen Bedingungen gilt je­ doch eine derartige autoritäre Ethik, wie sie bspw. im Mittelalter durch die christ­ liche Dogmatik gegeben war und in der Kolonialzeit missionarisches Programm war, als unzumutbar.117 Ethnozentrismus fuhrt tendenziell zum Kulturimperialis­ mus, da nachvollziehbare und objektive Gründe für die Annahme der Überlegen­ heit der eigenen Kultur zwangsläufig fehlen. Es wird sich ja schon a priori der Richtigkeit des vernünftigen Standpunktes versichert.118 Derartige Überlegungen finden sich z.T. heute noch, und zwar insbesondere im Verhältnis zwischen west­ lichen MNU und EL. Selbst wenn der eigene kulturelle Einfluß auf das morali­ sche Handeln der Marketing- und Vertriebsmanager grundsätzlich anerkannt wird, besteht grundsätzlich die Tendenz, die ethischen Standards der EL als ver­ gleichsweise unterentwickelt zu betrachten.119 Die Wertmaßstäbe dieser Gesell­ schaften mit ihrem ökonomischem Entwicklungsstand in Verbindung zu bringen, impliziert, die Werte der IL zwar nicht unbedingt als absolut, aber doch als vor­ bildlich zu betrachten.120 Im interkulturellen Kontext läßt sich der Ethnozentris­ mus aber nicht konsistent begründen, da es sich um einen logischen Fehler han­ delt, wenn die eigene kulturelle Überlegenheit mit Hilfe von in dieser Kultur gültigen Beurteilungs- und Bewertungsmaßstäben aufgezeigt werden soll.121 Abgesehen davon fuhrt diese Vorgehens weise auch zu ökonomisch suboptimalen 113 114 115 1,6 117 118 119 120 121

Vgl. Jöstingmeier 1994, S.l5. Vgl. Mathur 1995, p.44. Vgl. Usunier/Walliser 1993, S.74; Austin 1991, S.421. Vgl. Nill 1994, S.35. Vgl. Dülfer 1999, S.383. Vgl. Hinterhuber/Nill 1993, S.263. Vgl. Wood 1995, pp.12-13, 16. Vgl. Schlegelmilch 1998, p.9. Vgl. Nill 1994, S.36.

108

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

Ergebnissen, wenn die MNU bspw. die gleichen Löhne wie im Stammland zahlen und auf diese Weise die Entwicklung des Auslandsmarkts beeinträchtigen würde, da niedrige Löhne einen wichtigen Investitionsanreiz darstellen.122 Eine ethnozentrische Ethik ist demzufolge nicht geeignet, ethische Systeme zu begründen, die in einem international tätigen Unternehmen das Entscheidungsverhalten sei­ ner Mitglieder vor Ort (bspw. das der Marketingmanager) angemessen prägen könnte.123 Für die Anhänger des Relativismus stellt sich die Frage, inwiefern es generell möglich ist, die verschiedenen kulturellen Normvorstellungen zu bewerten.124 Vertreter des Kulturrelativismus bestreiten die Allgemeingültigkeit sittlicher Maßstäbe. Wertungen wie „gut“ und „schlecht“, „richtig“ und „falsch“ erlangen danach erst vor ihrem kulturellen Hintergrund eine Bedeutung.125 Der ethische Relativismus läßt sich auf die Tradition der griechischen Sophisten zurückfuhren. Schon Protagoras hatte den Einwand erhoben, daß Moralprinzipien nicht für alle gelten könnten und Menschen stets den Konventionen der Gruppe folgen, der sie angehören.126 Dies würde implizieren, daß weder die Tätigkeit der MNU noch die lokalen Verhältnisse in fremden Kulturen rational kritisiert werden könnten. Die beteiligten Akteure hätten sich wechselseitig so zu akzeptieren, wie sie sind, und gegen diese faktische Koexistenz wäre zunächst auch nichts einzuwenden.127

Mit dem Hinweis auf ihren Gaststatus sollten international tätige Unternehmen ihre Unternehmens- und Marketingpolitik vor diesem Hintergrund an die im Gastland herrschenden Wert- und Normstrukturen anpassen.128 Diese Einstellung erscheint grundsätzlich nicht unangemessen, denn einerseits existiert eine Rich­ tigkeitsvermutung von traditionellen Handlungsweisen im entsprechenden kultu­ rellen Kontext und andererseits ist der Respekt und die Toleranz anderer Werte und Kulturen die Stärke dieser Position.129 In letzterem Aspekt liegt jedoch zu­ gleich auch ihre Schwäche, denn sie läßt einen großen Entscheidungsspielraum. Dies veranlaßt Donaldson schließlich dazu, den Kulturrelativismus nicht mit kul­ tureller Toleranz, sondern mit einem Rückzug ethischer Überlegungen gleichzu­ setzen, da er u.U. ad absurdum geführt werden kann.130 Danach müßten auch die 122 123 124 125 126 127 128 129

Vgl. Donaldson 1993, Sp.738-739. Für weitere Beispiele vgl. Usunier/Walliser 1993, S.125. Vgl. Dülfer 1999, S.374; Jöstingmeier 1994, S.14. Vgl. Richter 1997, S.200; Hinterhuber/Nill 1993, S.263. Vgl. Wood 1995, p.10; Donaldson 1989, p.14. Vgl. Nill 1994, S.38; Tsalikis/Nwachukwu 1989, p.49. Vgl. Steinmann/Scherer 1997, S.28-29. Vgl. Kreikebaum 1998a, S.78; Wieland 1997, S.534. Vgl. Schlegelmilch/Götze 1999, S.32; Leisinger 1997, S.57; Nemetz/Christensen 1996, p.440. Nach Richter ist der Kampf gegen die Intoleranz des Ethnozentrismus sogar das eigentliche Anliegen des Kulturrelativismus. Vgl. Richter 1997, S.201. 130 Vgl. Donaldson 1989, pp. 16-17.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

109

ethischen Maßstäbe einer Kultur akzeptiert werden, in der bspw. Kannibalismus, Mord, Sklaverei und die Unterdrückung von Frauen und Minderheiten nicht nur gebilligt, sondern sogar moralisch vertreten werden. Auf diese Weise würden zwar nicht die Rechts- und Wertsysteme der Gastländer verletzt, möglicherweise jedoch das eigene moralische Empfinden respektive das der Öffentlichkeit im Heimatmarkt.131 International tätige Marketingmanager stehen denn z.B. vor der Entscheidung, ob sie sich bei der Zahlung von Bestechungsgeldem an den morali­ schen Normen des Bestimmungs- oder denen des Herkunftslandes orientieren sollen. Sie geraten so möglicherweise in intrapersonelle Konflikte, wenn sie ihre eigenen kulturellen Maßstäbe aufgeben.132 Es ist offensichtlich nicht sinnvoll, sich in jeder Situation an die Standards des Gastlandes zu halten. Vielfach wurde den Marketingmanagem deshalb im Zusammenhang mit Fragen der Korruption vorgeworfen, „Moralarbitrage“ zu betreiben, indem sie bspw. die in vielen EL weniger differenzierten Regulierungen ausnutzten.133 Derartige Regulierungsdefi ­ zite können eine verantwortungsbewußte MNU aber prinzipiell nicht davon ent­ binden, selbst verantwortungsvoll zu handeln. Solche Beispiele machen die nega­ tive Seite des Kulturrelativismus deutlich, nämlich seine fließende Grenze zum Opportunismus.134 Es ist darüber hinaus grundsätzlich fraglich, ob die Politik und Ziele des Gastlandes unter ethischen Aspekten gut begründet sind. Der Schwach­ punkt dieses Konfliktlösungsmechanismus ist, daß das Faktische per se auch schon für das ethisch Gerechtfertigte gehalten wird.135 Ethische Relativisten begehen einen naturalistischen Fehlschluß, wenn sie aus dem deskriptiven, d.h. empirischen kulturellen Relativismus einen normativen Relativismus ableiten, denn die Folgerung von Sein- auf Sollensaussagen enthält immer verdeckte Wert­ setzungen.136 Neben der zweifelhaften Fundierung des Relativismus ist die Bestimmung des Geltungsbereichs einer Kultur in der Realität nur schwer möglich, zumal in jeder Kultur verschiedene Subkulturen mit teilweise divergierenden Wert- und Norm­ vorstellungen existieren. Es würde sich demzufolge erneut die Frage stellen, wel­ che Normen und Werte für eine vernünftige Konfliktregulierung handlungsleitend sein sollen.137 Der Kultunelativist hätte danach die gegebene Machtverteilung zu 131 Vgl. Wieland 1999, S. 106-107; Schlegelmilch 1998, pp.9-10, 30. 132 Vgl. Kay-Enders 1996, S.295; Nill 1994, S.38-39. 133 Vgl. Homann/Gerecke 1999, S.442; Rogers/Ogbuehi/Kochunny 1995, pp. 18-19; Laczniak/ Murphy 1993, p.211 und die Ausführungen in Kapitel 6.3.2. Der Relativismus liefert bei Kom­ patibilität der Korruption mit der jeweiligen Kultur kein begründbares Gegenargument. Vgl. Hinterhuber/Nill 1993, S.265. 134 Vgl. Leisinger 1999, S.327; Wieland 1999, S.107. 135 Vgl. Laczniak/Murphy 1993, p.217; Kumar/Sjurts 1991, S.177. 136 Vgl. Kreikebaum 1998, S.l76; Rich 1987, S.27; Höffe 1986a, S.205-206. 137 Vgl. Hinterhuber/Nill 1993, S.265-266.

HO

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

akzeptieren, was auf eine Assimilationslösung hinausliefe und somit in einer Do­ minanz über die Minderheitenkultur resultieren würde.138 Ein Problem, das nicht zuletzt im Hinblick auf internationale Marketingaktivitäten in EL an Bedeutung gewinnt. Unabhängig davon sind machtinduzierte Konfliktlösungen jedoch grundsätzlich instabil, da durch jede Änderung der Machtverhältnisse immer neue Konflikte heraufbeschworen werden.139

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß das eine wie das andere Extrem aus ethischer Sicht problematisch erscheint. Während der Ethnozentrismus auf­ grund seiner Intoleranz gegenüber fundamentalen Kulturunterschieden inakzepta­ bel erscheint, ist der Kulturrelativismus moralisch blind. Der Weg aus diesem Dilemma scheint vielmehr zwischen beiden Extremen zu liegen.140

3.2.2

Universalistische Ansätze als Handlungsoption

Zur Überwindung dieses Dilemmas bedarf es einer Konzeption, die einerseits interkulturell akzeptierte Werte und Normen hervorbringt und sich andererseits den dargestellten Begründungsproblemen entzieht.141 In diesem Zusammenhang könnte die Theorie des Universalismus, d.h. die Identifikation von kulturinvari­ anten, zeit- und raumunabhängig gültigen Prinzipien, ein Lösungsansatz sein.142 Mit solchen universellen Normen könnten die MNU eine einheitliche Unterneh­ mens- und Marketingpolitik gewährleisten; Widersprüche zu den einzelnen Wertund Normsystemen gäbe es nicht.143 Das unternehmerische Bemühen, die ge­ nannten Konflikte durch die Anwendung universeller Wertestandards zu lösen, wird deshalb durch politische Organisationen (z.B. durch das US-amerikanische Handelsministerium in Form der „Model Business Principles“), aber auch durch verschiedene Glaubensinstitutionen (bspw. die Interfaith Foundation mit den „Principles for Corporate Responsibility“) unterstützt.144 Danach sollen universell gültige Werte wie bspw. ein „menschenwürdiges Leben“ bei allen ökonomischen Aktivitäten und in jedem Land, den EL wie den entwickelten Ländern, zur Gel­ tung gebracht werden.145 Die weiteren Ausführungen werden jedoch zeigen, daß 138 139 140 141 142 143 144

Vgl. Steinmann/Scherer 1998, S.37. Vgl. Steinmann/Olbrich 1994, S.120. Vgl. Schlegelmilch 1998, p.l 36; Donaldson 1996, pp.48-52; Dubinsky et al. 1991, p.666. Vgl. Kreikebaum/Behnam/Gilbert 1996, S.10. Vgl. Schlegelmilch 1998,pp.l0, 136; Nill 1994, S.41. Vgl. Gilbert 1998, S.108; Hinterhuber/Nill 1993, S.267. Da diese Initiativen keine marketingspezifischen Probleme zum Gegenstand haben und de facto für eine interkulturelle Konfliktregulierung nur begrenzt hilfreich erscheinen, wird auf ihre Darstellung verzichtet. Vgl. dazu ausführlich Steinmann/Scherer 1998, S.29-36. 145 Vgl. Wieland 1997, S.534; Steinmann 1997, S.8-9.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

111

universell erachtete Werte wie „Menschenwürde“ oder „Freiheit“ in verschie­ denen Kulturkreisen unterschiedlich interpretiert werden können und die daraus abgeleiteten Handlungsanweisungen eines globalen Konsenses bedürfen, wenn sie nicht zur Quelle neuer Konflikte werden sollen.146

Insbesondere das Konzept der universellen und absoluten Gültigkeit der Men­ schenrechte wird in Theorie und Praxis immer wieder vorgeschlagen. So bildet bspw. für Donaldson die Wahrung der fundamentalen Menschenrechte bei Aus­ landsaktivitäten den untersten ethischen Anforderungsgrad für MNU.147 Eine ähnliche Position vertreten LacznitMMurphy, die die „United Nations Universal Declaration of Human Rights“ von 1948 zur Orientierungsgrundlage moralischen Handelns im internationalen Marketing machen wollen. Sie glauben empirische Hinweise dafür gefunden zu haben, daß die verschiedenen Gesellschaften welt­ weit, unabhängig von der kulturellen Vielfalt, bestimmte Bedürfnisse und Werte wie z.B. „Sicherheit“, „Gerechtigkeit“ und „Freundschaft“ teilen. Ohne daß sie von ihnen auf internationale Marketingkonflikte konkret angewendet würde, fin­ det sich in der Menschenrechtserklärung ihrer Meinung nach eine umfangreiche Zusammenstellung dieser fundamentalen Anforderungen menschlicher Lebensbe­ dingungen.148 In der Praxis lassen sich derartige Überlegungen in den Verhaltens­ standards der Levi Strauss & Co. ausmachen, die die Menschenrechtserklärung nicht nur im Marketing, sondern auch in allen anderen betrieblichen Funktionsbe­ reichen universell zur Geltung bringen will und sich daher z.B. weigerte, den chi­ nesischen Markt aufgrund der dortigen Menschenrechtsverletzungen zu belie­ fern.149 Ein solches Vorgehen birgt jedoch grundsätzlich mehrere Probleme: So stellt sich die Frage, ob es für ein Unternehmen moralisch verantwortlich ist, ei­ nen Auftrag abzulehnen, den es zur Sicherung seiner Existenz dringend braucht und/oder wie Lebenschancen in Europa gegen Entwicklungschancen in der „Drit­ ten Welt“ verrechnet werden.150 Schließlich liegt die Vermutung nahe, daß der Werteuniversalismus erneut in Werteimperialismus umschlägt, wenn mit einer gewissen Selbstverständlichkeit vorausgesetzt wird, daß die Menschenrechte eine universelle Geltung beanspruchen können, obwohl dies in der politischen Praxis 146 Vgl. Iyer 1998, p.224; Schlegelmilch 1998, p. 136. 147 Vgl. Donaldson 1996, pp.53-54; Donaldson 1993, Sp.736-737. 148 Vgl. Laczniak/Murphy 1993, p.217. Dieses Vorhaben muß, wie der Versuch, aus der weltweiten Ächtung von „Mord“ ein universelles Moralprinzip abzuleiten, scheitern. Zunächst ist die inhaltliche Konkretisierung und Interpretation des Begriffes „Mord“ in den verschiedenen Kulturen kontrovers. Wenn Mord darüber hinaus schon sprachlich als eine ablehnenswerte Handlung definiert ist, ist dies Ausdruck einer Tautologie und nicht das Vorhandensein einer universell gültigen Moralvorstellung. Vgl. Hinterhuber/Nill 1993, S.269-270. Vgl. dazu auch Nemetz/Christensen 1996, p.441. 149 Vgl. Haas 1998, pp.217-218. 150 Vgl. Leisinger 1999, S.l09.

112

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

gerade umstritten ist.151 Der Forderung nach einer universellen Beachtung der Menschenrechte wird von Kritikern entgegengestellt, daß deren Formulierung Ende der vierziger Jahre auf US-amerikanischen und europäischen Wertvorstel­ lungen beruhte, die von anderen Kulturen weder geteilt noch verstanden würde.152 Initiativen dieser Art sind daher als Versuch zu sehen, über einen emanzipatori­ schen Vorgriff der westlichen Vernunft auf strategischem Weg zum Erfolg zu verhelfen.153 Diese Einschätzung gilt auch für den Vorschlag von Iyer, die Konsumentensou­ veränität als universelles Recht zu betrachten, das die MNU im Rahmen ihrer weltweiten Markttransaktionen als oberstes Prinzip zu achten hätten.154 Zum Schutz der Konsumenten als „Schlüsselfiguren“ der internationalen Marketing­ aktivitäten soll danach gelten: „Consumers (individuals, households, organiza­ tions, and governments) must possess the capability to evaluate the offer and make decisions; must be provided with truthful and complete information on relevant aspects of the offer, and must have the necessary freedom to choose.“155 Es konnte im Rahmen der Marketingforschung jedoch schon frühzeitig nachge­ wiesen werden, daß es sich bei der Konsumentensouveränität lediglich um ein Wunschbild handelt und die Konsumenten nicht in dieser idealtypischen Weise souverän sind.156 Diesem Einwand begegnet Iyer damit, daß es bspw. in den EL u.a. an den MNU liege, vorhandene Mißstände mit Hilfe von konsumentenorien­ tierten Aufklärungsprogrammen zu beseitigen.157 Unabhängig davon, und das ist viel wichtiger, wird aber nicht in allen Kulturen bzw. Volkswirtschaften das Werturteil geteilt, daß der Konsument der Souverän der Faktorallokation sein soll.158 Auch diesem Vorschlag wird deshalb nicht weiter nachgegangen.

Demgegenüber entwickelt Jöstingmeier sein Konzept einer „Basisethik“ neben der Anerkennung fundamentaler Menschenrechte auf der Grundlage von Normen, die sich in den meisten Weltreligionen finden und daher Anspruch auf internatio­ nale Akzeptanz erheben könnten.159 Es wird allerdings zu Recht kritisiert, daß auch dieses Konzept bei näherer Betrachtung Brüche aufweist. In den drei Weltreligionen besteht u.a. kein Konsens bezüglich der Einstellung zum Men151 Vgl. Steinmann/Scherer 1998, S.31,36; Steinmann/Scherer 1997, S.29. 152 Vgl. Tibi 1995, S.125-161 und seine kritischen Analysen zum islamischen Fundamentalismus. 153 Vgl. Apel 1997, S.247-249; Apel 1992, S.35-36. Dabei entsteht nicht selten der Eindruck, daß in diesem Zusammenhang auch den Unternehmen zum Erfolg verholfen werden soll. 154 Vgl. Iyer 1998, pp.227-229. 155 Iyer 1998, p.228. 156 Vgl. Rosenberger 1996, S.235; Rogers/Ogbuehi/Kochunny 1995, p. 16; Hahne 1979, S. 179-192; Heinen 1974, Sp.951-966 sowie ausführlich Kapitel 2.1.1 und 4.2.1. 157 Vgl. Iyer 1998, pp.229-230. 158 Vgl. Hesse 1988, S.199. 159 Vgl. Jöstingmeier 1994, S.87-96; Jöstingmeier 1994a, S.253-256.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

113

sehen als Mann und Frau und auch innerhalb einer Religion können kontroverse Auffassungen bestehen. Ein Spannungsbogen zwischen „Gesetz“ und „Gnade“ existiert z.B. im Alten und Neuen Testament.160 Religiöse Normen werden zwar durch göttliche Offenbarung gesetzt, ihre unterschiedliche inhaltliche Interpreta­ tion aufgrund divergierender Glaubens Vorstellungen macht jedoch die Ableitung universeller Normen unmöglich.161 Nach Ulrich liegt bei dieser Vorgehens weise die Gefahr prinzipiell darin, daß die für eine interkulturelle Glaubwürdigkeit der Grundsätze notwendige postkonventionelle Vemunftethik unterbleibt, da im Sinne einer materiellen Werteethik in einer vormodemen, konventionalistischen Morallehre verharrt wird.162 ^~~Ethik"in^ereichlnterkulturelle^3esc^^

Ethnozentrismus: Werte der eigenen Kultur

Universalismus: Universelle Werte und ihre Begründung

Formale Ethik: Deskriptive Ethik: (sog. Realismus) z.B. „Menschenrechte“, „Konsumentensouverä­ nität“, „Demokratie“

Konfliktäre Normen

Abbildung 3-3: Quelle:

z.B. Diskursethik

Normenfindungsprozeß, d.h. indirekte Bestimmung und Prüfung von Normen

Kulturrelativismus: Werte der fremden Kultur

Materiale Ethik. religiöse Normen durch göttliche Offenbarung z.B. „Basisethik“ und „Projekt Weltethos“

Konsensfähige Normen

Ansätze zur Überwindung des interkulturellen Dilemmas Eigene Darstellung

160 Vgl. Kreikebaum 1996, S.311. 161 Vgl. Kreikebaum 1996, S.237; Nill 1994, S.45. Aus einer theologischen Position heraus argu­ mentiert Küng dennoch ganz ähnlich, wenn er mit seiner Erklärung zum „Weltethos“ den ethi­ schen Grundkonsens zwischen den großen Religionen vorlegt. Vgl. u.a. Küng 1997, S.l54-155. Für eine kritische Würdigung dieses Ansatzes vgl. Kreikebaum 2000, S.l52-156 und die verschiedenen Beiträge in Küng/Kuschel 1998. 162 Vgl. Ulrich 1998a, S.44-45. Für die postkonventionelle Vemunftethik bildet der argumentative Diskurs das unausweichliche, nicht hintergehbare ethische Minimum. Vgl. Ulrich 1993, S.301.

114

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

In der Tat haben die Beispiele gezeigt, daß weder eine deskriptive Ethik (d.h. em­ pirische Realitäten) noch bestimmte inhaltliche (z.B. religiöse) Verhaltensorien­ tierungen bzw. die Anwendung materialer Normen für die interkulturelle Kon­ fliktregulierung geeignet erscheinen, da sich die Frage stellt, ob sie überhaupt legitimierbar sind.163 Ein Begründungsverfahren, das auf empirisch festzustel­ lende Wertvorstellungen (z.B. „Mord“, „Demokratie“) zurückgreift, muß schei­ tern, da lediglich das Sein zum Sollen erhoben wird. Das Problem mit der Be­ gründung universell gültiger materialer Normen liegt darin, daß diese nicht auf dem Wege eines deduktiven Verfahrens ermittelt werden können, weil man durch den Rückgriff auf jeweils höhere Normen, die wiederum begründungsbedürftig sind, unweigerlich in das sog. „Münchhausen-Trilemma“ gerät.164 Eine formale Ethik bietet möglicherweise einen Ausweg bei der Begründung uni­ versell gültiger Normen, da sie lediglich die Grundsätze bereitstellt, die unter Wahrung eines kulturellen Pluralismus die Legitimation ethischer Normen durch einen universalen Grundkonsens gewährleisten sollen.165 Die in diesem Zusam­ menhang diskutierten Dialoge bzw. Diskurse und somit die Diskursethik müßten demzufolge intersubjektive und interkulturelle Gültigkeit besitzen, um universell gültige Normen zur Konfliktregulierung ableiten zu können.166 De facto vertritt die Diskursethik der Frankfurter Schule eine universalistische Position, indem sie mit Hilfe von kulturinvarianten Bedingungen der Möglichkeit von Verständigung die Gültigkeit von Normen überprüfen möchte.167 Die weiteren Ausführungen werden zeigen, inwiefern es ihr gelingt, die genannten Begründungsprobleme zu überwinden. 163 Zwar kann z.B. das Gebot der Nächstenliebe möglicherweise konfliktreduzierend wirken, ethische Aussagen werden aber nur dann zu gesellschaftlich akzeptierten Normen, wenn eine intersubjektive Anerkennung erfolgt. Genauso scheitert die Integrationsleistung der Forderung nach mehr Demokratie häufig daran, daß interkulturell keine Einigkeit darüber besteht, was darunter zu verstehen ist. 164 Vgl. Gilbert 1998, S.108-111; Hinterhuber/Nill 1993, S.267-269. Das von Albert beschriebene „Münchhausen-Trilemma“ bedeutet, daß der Begründungsprozeß endlos fortgesetzt wird, will­ kürlich abgebrochen wird oder aber in einem logischen Zirkel auf frühere Normen, die ihrerseits begründungsbedürftig sind, zurückgegriffen wird. Vgl. Albert 1991, S.l5. Demgegenüber wird beim Übergang von Seins- zu Sollensaussagen seit George E. Moores „Principia ethica“ von 1903 von einem naturalistischen Fehlschluß gesprochen. Vgl. Moore 1993, pp.62,65,71. 165 Vgl. Ulrich 1998a, S.45 und ähnlich Kreikebaum 1996, S.237-238. 166 Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.l06. 167 Vgl. Steinmann/Scherer 1997, S.32. Als Hauptvertreter der Frankfurter Schule gelten die beiden Philosophen Jürgen Habermas und Karl-Otto Apel, die in Wechselwirkung und mit unterschied­ lichen Akzentuierungen in den Kernfragen übereinstimmende Ansätze entwickelt haben. Der Hauptunterschied liegt darin, daß Apel eine transzendentalpragmatische Letztbegründung an­ strebt, während Habermas auf eine derartige Letztbegründung verzichtet. Im Einklang mit Ulrich wird in der vorliegenden Arbeit die Meinung vertreten, daß die Diskursethik nicht den Status einer fundamentalistischen Letztbegründung beanspruchen sollte, weshalb die Überlegungen von Habermas im Mittelpunkt der weiteren Ausführungen stehen. Vgl. dazu Ulrich 1993, S.282-283.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

3.2.3

Die Diskursethik von Habermas als Ausweg aus dem kulturellen Dilemma

3.2.3.1

Ausgangspunkt und theoretische Fundierung der Sprachphilo­ sophie

115

Dem Leitgedanken seiner Arbeit folgend, normative Kriterien für die Entwick­ lung einer gesellschaftlichen Rationalität zu gewinnen, formuliert Habermas mit Bezug auf die kommunikative Alltagspraxis der Menschen Bedingungen, die eine rationale Konflikthandhabung ermöglichen sollen.168 Durch das Festhalten an der „Wahrheitsfähigkeit“ praktischer Fragen steht Habermas als Vertreter einer kognitivistischen Ethik grundsätzlich in der Tradition von Kant)69 Die Orientierung an Kant wird darüber hinaus in der Annahme der Verallgemeinerungsfähigkeit von (universalen) Normen deutlich, die der qualifizierten Zustimmung aller po­ tentiell Betroffenen bedürfen und somit einen allgemeinen Willen ausdrücken.170 Habermas nimmt also gleichzeitig auch eine Abgrenzung zum Kategorischen Imperativ von Kant vor, der die moralische Entscheidung über die Allgemeingül­ tigkeit einer Handlungsweise dem Gewissen des Einzelnen überläßt und sich des­ halb dem Vorwurf des Solipsismus (lat. solus ipse = ich allein) aussetzt.171 Statt einer sozialen Kommunikationsethik entwirft Kant eine solipsistische Gesin­ nungsethik, die von den Handlungszwecken und -folgen abstrahiert und die Ver­ ständigungsgegenseitigkeit unterschlägt, die die Beteiligten in die Lage versetzen würde, solidarische Mitverantwortung zu tragen.172 Vor diesem Hintergrund wird der zentrale Stellenwert der Sprache bei Habermas deutlich: Die Vernunft des Menschen beruht im Vermögen der Sprache, mit der er sich über die bloße Natur erhebt und ohne die keine Erkenntnis möglich ist.173 Aus der Einsicht, daß wir nicht radikal reflektieren können, ohne die Sprache in Anspruch zu nehmen, kommt es zum Paradigmawechsel von der Bewußtseinszur Sprachphilosophie und der methodische Solipsismus wird überwunden,174 da Sprache nicht nur ein Ereignis, sondern das explizite Medium der öffentlichen und intersubjektiven Verständigung auf soziokultureller Ebene ist.175 Anders 168 169 170 171

172 173 174 175

Vgl. Bonacker 1997, S.27. Vgl. Habermas 1992, S.53. Auch Apel steht in dieser kantianischen Tradition. Vgl. Habermas 1992, S.73; Horster 1990, S.23. Vgl. Behnam 1998, S.l38; Horster 1995, S.71. Der ethische Solipsismus besagt grundsätzlich Selbstsucht. Vgl. Apel 1997, S.23-24; Ulrich 1993, S.278, 318; Apel 1986, S.5-6. Vgl. Schmidt 1999, S.45; Kreikebaum 1996, S.82. Vgl. Braun 1993, S.57. Vgl. Habermas 1976, S.l75. Diese Überlegungen gehen in erster Linie auf George Herbert Mead als Vertreter des amerikanischen Pragmatismus zurück.

116

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

formuliert: Der Mensch ist ein Sprachwesen, „das in seinem Denken auf die konsensuale Kommunikation immer schon angewiesen ist.“176 Die Sprache, in der sich die Menschen intersubjektiv über ihre Interessen verständigen, ist das soziale und linguistische Band zwischen den Gesellschaftsmitgliedem bzw. vergesell­ schaftet die Individuen.177 Sprachliche Äußerungen werden jedoch nicht nur verstanden - durch Sprech-a£te tun wir etwas, und veranlassen andere zum Han­ deln. Die Sprache als spezielles Medium der Verständigung bewirkt somit eine Handlungskoordination.178 Sogar die Grenzen des Handelns sind durch die Grenze der Sprache bestimmt, da ein Subjekt nur solche Handlungen ausfuhren kann, deren Intention es prinzipiell beschreiben kann.179 Im Hinblick auf die Koordinierung von Handlungen spielt die Sprache folglich eine entscheidende Rolle, weshalb Habermas am Leitfaden der sprachlichen Verständigung den Begriff der kommunikativen Rationalität entwickelt.180

Im Mittelpunkt einer Gesellschaftstheorie, die den Paradigmawechsel vom ein­ sam handelnden zum sich verständigenden Subjekt vollzieht, müssen deshalb sowohl die instrumentell als auch die kommunikativ handelnden Subjekte ste­ hen.181 Hier wird die für das gesamte Werk von Habermas grundlegende Unter­ scheidung von zweckrationalem und kommunikativem Handeln deutlich.182 Zweckrationales Handeln kann, je nachdem, ob das Bezugsobjekt des Handelns ein Objekt oder ein Subjekt ist, instrumentell oder strategisch sein. Während instrumentelles Handeln zwar durch den Objektbezug mit sozialen Interaktionen verknüpft sein kann, richtet sich das strategische Handeln auf die Beeinflussung eines Subjekts, und stellt somit selbst eine soziale Handlung dar.183 In sozialen Handlungssituationen ist deshalb neben dem kommunikativen Handeln vor allem das strategische, d.h. erfolgsorientierte Handeln relevant, da mit diesen beiden Handlungstypen Aspekte der Handlungskoordination erfaßt sind. Diese gelingt im letztgenannten Fall indirekt über eine Vernetzung der Handlungsfolgen.184 Im sozialen Handeln erfolgt die Koordinierung zielgerichteter Handlungen verschie­ dener Interaktionsteilnehmer aber nicht nur über das Ineinandergreifen egozen­ trischer Nutzenkalküle, sondern auch über konsensuelle Beziehungen bzw. ein sozial-integrierendes Einverständnis über Werte und Normen.185 Nach Habermas 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185

Apel 1986, S.26. Vgl. Bonacker 1997, S.64; Horster 1995, S.31,69. Vgl. Schmidt 1999, S.46; Habermas 1992, S.68. Vgl. Habermas 1985, S.161. Vgl. Horster 1995, S.80. Vgl. Gripp 1984, S.85. Vgl. Horster 1995, S. 14. Vgl. Habermas 1995, S.385; Habermas 1968, S.62. Vgl. Kirsch/Knyphausen 1993, S.221-222. Vgl. Habermas 1995, S.l50.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

117

ist der strategische Sprachgebrauch ferner „parasitär“ abhängig vom verständi­ gungsorientierten Sprachgebrauch, der den Originalmodus sozialen Handelns darstellt.186 Vom kommunikativen bzw. verständigungsorientierten Handeln als zweiter Ausprägung wird daher gesprochen, „[...] wenn die Handlungspläne der beteiligten Aktoren nicht über egozentrische Erfolgskalküle, sondern über Akte der Verständigung koordiniert werden. Im kommunikativen Handeln sind die Beteiligten nicht primär am eigenen Erfolg orientiert; sie verfolgen ihre individuellen Ziele unter der Bedingung, daß sie ihre Handlungspläne auf der Grundlage gemeinsamer Handlungsdefinitionen aufein­ ander abstimmen können.“187 HandlungsOrientierung

erfolgsorientiert

verständigungsorientiert

Handlungssituation

nicht-sozial

instrumentelles

(Subjekt-Objekt)

Handeln

-

sozial

strategisches

kommunikatives

(Subjekt-Subjekt)

Handeln

Handeln

Tabelle 3-4: Quelle:

Handlungstypen Eigene Darstellung in Anlehnung an Habermas 1995, S. 384.

Sofern soziales Handeln als Handeln unter geltenden Normen verstanden wird, beziehen sich kommunikative Handlungen auf einen Kontext von Handlungsnor­ men und Werten, die sie erfüllen oder verletzen.188 Vor diesem Hintergrund kann das kommunikative Handeln als grundlegender Reproduktionsmechanismus aller Gesellschaften ausgewiesen bzw. die Gesellschaft als ein Netzwerk kommunika­ tiver Handlungen betrachtet werden.189 Das explikationsbedürftige Phänomen ist also nicht mehr die Erkenntnis oder Verfugbarmachung einer objektivierten Na­ tur, sondern die Intersubjektivität möglicher Verständigung. Der Untersuchungs­ fokus verschiebt sich in diesem Zusammenhang von der kognitiv-instrumentellen

186 Vgl. Habermas 1995, S.388. Der verständigungsorientierte Sprachgebrauch ist Voraussetzung dafür, daß ein strategisch handelnder Sprecher sein Ziel erreicht. Vgl. Gripp 1984, S.87-89. 187 Habermas 1995, S.385. 188 Vgl. Habermas 1985, S.141-142; Habermas 1976, S.216-217; Habermas 1968, S.62. 189 Vgl. Schmidt 1999, S.47; Braun 1993, S.48; Habermas 1976a, S.12.

118

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

zur kommunikativen Rationalität.190 Habermas hält zwar an Max Webers ein­ dimensionalem bzw. verkürztem Rationalisierungsbegriff der Zweckrationalität fest, erweitert ihn jedoch kommunikationstheoretisch, da er sonst in einen Engpaß führt und eine ausschließlich pessimistische Gegenwartsdiagnose zum Ergebnis hätte.191 Die kommunikative Rationalität beschreibt grundsätzlich die zentrale Erfahrung der zwanglos einigenden Kraft argumentativer Rede, in der sich die Teilnehmer der Intersubjektivität ihres Lebenszusammenhangs vergewissern und eine konsensuelle Konfliktregelung vornehmen können.192 Habermas macht ge­ gen die Vereinseitigung der Moderne auf das Modell der instrumenteilen Ratio­ nalität die Kritik- und Begründungsfähigkeit der kommunikativen Rationalität geltend, die die Sphäre der sozialen Integration der Gesellschaft bildet und auf den normativen Konsens über Strittiges angelegt ist.193 Auf dieser Basis kann er schließlich eine kritische Gesellschaftstheorie entwi­ ckeln, die aufgrund ihres zweistufigen Konzepts von Gesellschaft in der Lage ist, die Ambivalenz des Rationalisierungs- und Modemisierungsprozesses darzustel­ len, statt sie nur unter dem Gesichtspunkt der Institutionalisierung zweckrationa­ len Handelns zu erfassen.194 Dies wird durch die Integration des Handlungskon­ zepts in die Gesellschaftstheorie ermöglicht: Während der Terminus „Lebens­ welt“ als Komplementärbegriff zum kommunikativen Handeln verstanden wird, bildet das „strategische Handeln“ die Grundstruktur des „Systems“.195 Jeder Sprechakt ist in einen lebensweltlichen Kontext eingebettet, da die Sprache kultu­ relle Selbstverständlichkeiten und normative Hintergrundüberzeugungen konser­ viert. Die Lebenswelt ist für die Verständigung somit konstitutiv:196 Sie begründet sich aus kultureller Tradition, Sozialisation und sozialer Integration und stellt auf diese Weise die Teilnahme an sozialisatorischen Interaktionen sowie die Zuge­ hörigkeit zu sozialen Gruppen sicher.197 Gesellschaft wird von Habermas jedoch als Entität konzipiert: Aus der Teilnehmerperspektive handelnder Subjekte ist sie die Lebenswelt einer sozialen Gruppe, aus der Beobachterperspektive lediglich

190 Vgl. Habermas 1995, S.525. In diesem Punkt finden sich Unterschiede zur Konzeption von Apel, der im Gegensatz zu Habermas ein mehrstufiges Rationalitätskonzept entwirft. Vgl. hierzu ausführlich Apel 1986, S.23-25. 191 Vgl. Fahrenbach 1998, S.406; Reese-Schäfer 1994, S.33-34; Horster 1990, S.26. Zur Auswirkung auf die Weiterentwicklung des ökonomischen Rationalitätskonzepts vgl. u.a. Ulrich 1992. 192 Vgl. Habermas 1995, S.28; Habermas 1976a, S.34. 193 Vgl. Bonacker 1997, S.33. 194 Vgl. Bonacker 1997, S.28-31; Habermas 1995, S.449; Gripp 1984, S.76-77. 195 Vgl. Gripp 1984, S.93, 105; Kreikebaum 1996, S.83. Die Verknüpfung von System und Le­ benswelt übernimmt auch Apel. 196 Vgl. Habermas 1995a, S. 189-191; Habermas 1995, S.449-451; Habermas 1992, S.112. 197 Vgl. Yoo 1993, S.80. Neben der Gesellschaft identifiziert Habermas auch die Kultur und Per­ sönlichkeit als Strukturelemente der Lebenswelt. Vgl. Habermas 1995a, S.203, 228.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

119

ein System von Handlungen.198 Anders als im lebensweltlichen Bereich kom­ munikativen Handelns sind Handlungen im Bereich des Systems nicht über Spra­ che, sondern über normfreie Steuerungsmedien koordiniert, die handlungsleitend wirken. Für die beiden wichtigsten Teilsysteme, Ökonomie und Politik, ersetzen Geld und Macht die sprachliche Koordination.199 Es können demzufolge zwei gesellschaftliche Integrationsformen unterschieden werden: Einerseits setzt die Sozialintegration an den Orientierungen der Handelnden an, andererseits erfolgt die Systemintegration über die funktionale Vernetzung von Handlungsfolgen.200 Die Systemintegration erleichtert zwar die Koordination komplexer Organisa­ tionen und entlastet den Kommunikationsbedarf der Lebenswelt, ist ihrerseits aber selbst auf die Sozialintegration angewiesen.201

Rationalität



Lebenswelt

System

Konsensual-kommunikativ,

Kognitiv-instrumentell,

verständigungsorientiert

strategisch

Verständigungsprozesse



Funktionale, normfreie

Koordination mittels Steuerungsmedien (z.B. Macht und Geld)

Handlungskoordinierung



Perspektive/Ziel

Tabelle 3-5: Quelle:

Im Mittelpunkt der



Im Mittelpunkt der

Betrachtung stehen die

Betrachtung stehen die

Handiungsorientierungen

Handlungs/o/gew

Sozialintegration/

Systemintegration/

Erhaltung und Entfaltung der

Systemerhaltung und

verschiedenen Lebenswelten

Komplexitätsreduktion

Gegenüberstellung von Lebenswelt und System Eigene Darstellung in Anlehnung an Gilbert/Würthner 1995, S.12; Braun 1993, S.52

Derartige Überlegungen sind grundsätzlich auch auf betriebswirtschaftliche Orga­ nisationen übertragbar, deren Kultur und somit das verständigungsorientierte Handeln in einer „derivativen Lebenswelt” institutionalisiert sind.202 Gleichwohl 198 199 200 201 202

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Habermas 1995a, S.179-180. Knyphausen-Aufseß 1998, S.37-38; Bonacker 1997, S.29; Braun 1993, S.48-49. Habermas 1995a, S.226-228. Vgl. dazu auch Gripp 1984, S.95. Ulrich 1993, S.74. Kirsch/Knyphausen 1993, S.224-225.

120

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

kann man in diesen Organisationen jedoch von einer Dominanz erfolgsorientiertstrategischen Handelns ausgehen, da im Zweifelsfall eher auf formelle Regelun­ gen rekurriert wird (z.B. die Erreichung des Gewinnziels).203 In dieser zunehmen­ den „Entkoppelung von System und Lebenswelt” sieht Habermas das entschei­ dende Moment gesellschaftlicher Evolution, die eine Komplexitätssteigerung der Systemstrukturen und einen Rationalitätszuwachs der Lebenswelt mit sich bringe.204 Allerdings fuhrt nicht der Entkoppelungsprozeß an sich zu einseitiger Rationalisierung oder Verdinglichung, sondern erst „das Eindringen von Formen ökonomischer und administrativer Rationalität in Handlungsbereiche, die sich der Umstellung auf die Medien Geld und Macht widersetzen, weil sie auf kulturelle Überlieferung, soziale Integration und Erziehung spezialisiert sind und auf Ver­ ständigung als Mechanismus der Handlungskoordinierung angewiesen blei­ ben.”205 So Überspannen häufig wirkungsmächtige wirtschaftliche Handlungs­ strategien im Zuge der Globalisierung unterschiedliche Kulturbereiche und die damit verbundenen naturwüchsigen soziokulturellen Ethosprägungen.206 An der Nahtstelle von System und Lebenswelt entstehen somit Handlungskonflikte, die im Rahmen dieser „Kolonialisierung der Lebenswelt“, anders als bei einer konsensuellen bzw. verständigungsorientierten Konfliktlösung, zunehmend strategisch, über die Steuerungsmedien Macht und Geld, entschieden werden.207

3.23.2

Anwendungsvoraussetzungen der Diskursethik im interkulturellen Kontext

Zusammenfassend wurde die Lebenswelt in zweifacher Hinsicht beschrieben: Sie besteht einerseits aus einem unerschütterlichen Hintergrundkonsens an kulturel­ len Überlieferungen, und reproduziert sich andererseits im kommunikativen Han­ deln, bei dem die Akteure im Konfliktfall auf die Diskursebene wechseln müs­ sen.208 Mit zunehmender Rationalisierung der Lebenswelt können nämlich das in der Sprache enthaltene Hintergrundwissen und die moralischen Überzeugungen zur Diskussion gestellt werden.209 Dieser Gedankengang ist zu erläutern, denn der

Vgl. Bausch 1998, S.323-324; Habermas 1995a, S.458-460. Vgl. Habermas 1995a, S.228-230, 269. Habermas 1995a, S.488. Vgl. dazu auch Schmidt 1999, S.49; Gripp 1984, S.102-103. Vgl. Bausch 1998, S.343-344. Vgl. Bonacker 1997, S.38. Erich Fromm hat derartige Pathologien in seiner Konsumkritik aufgegriffen und spricht bezeichnenderweise vom „Marketing-Charakter“ des Menschen. Vgl. Fromm 1984, S. 141-147 sowie Kapitel 2.1.1. 208 Vgl. Bonacker 1997, S.42-43. 209 Vgl. Summer 1998, S.137; Horster 1995, S.29.

203 204 205 206 207

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

121

„Versuch, die Ethik in der Form einer Logik der moralischen Argumentation zu begründen, hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn wir einen speziellen, mit Ge­ boten und Normen verknüpften Geltungsanspruch auch schon auf der Ebene identifizieren können, auf der moralische Dilemmata zunächst einmal entstehen: im Horizont der Lebenswelt.”210

Habermas entdeckt in der Auseinandersetzung mit linguistischen und pragmati­ schen Theorien Geltungsansprüche, die jeder, der kommunikativ handelt, ausge­ sprochen oder unausgesprochen erhebt. Ohne diese zu erheben, wäre Sprechen gar nicht möglich.211 Diese universalen Geltungsansprüche bilden demzufolge Präsuppositionen des Sprechens. Sie sind fundamentaler als die Gültigkeit eines Satzes, da diese nicht unabhängig von der Einlösung der kritisierbaren Geltungs­ ansprüche geklärt werden kann.212 In den Begriff der kommunikativen Rationa­ lität gehen danach drei Dimensionen kommunikativen Handelns ein: Jedes spre­ chende Subjekt thematisiert gleichzeitig etwas aus der objektiven, der gemeinsa­ men sozialen und der subjektiven Welt.213 Wenn sich die Akteure über etwas in der objektiven Welt verständigen, stellen sie einen Wahrheitsanspruch auf; neh­ men sie Bezug auf die soziale Welt, soll die Aussage normativ richtig sein; mit einem Wahrhaftigkeitsanspruch rekurrieren sie auf Aussagen, die die subjektive Welt betreffen.214 Den drei genannten Geltungsansprüchen liegt der vierte Gel­ tungsanspruch der „Verständlichkeit der menschlichen Rede“ als Voraussetzung schlechthin zugrunde.215 Zwar kann einer dieser Ansprüche vorrangig erhoben werden, dennoch kommen sie in jeder Äußerung gleichzeitig ins Spiel und kon­ vergieren somit in dem, was für Habermas Vernunft ist.216 Ein Handeln ist dem­ nach genau dann rational, wenn es an kritisierbaren Geltungsansprüchen orientiert ist, die schließlich im Rahmen von Diskursen einer objektiven Beurteilung offen­ stehen.217 Ein rational Handelnder wird also nur solche Aussagen machen bzw. Ziele verfolgen, von denen er weiß, daß er sie begründen kann.

210 211 212 213 214 215 216 217

Habermas 1992, S.67-68. Vgl. Horster 1999, S.50-52; Horster 1990, S.26. Vgl. Rähme 1998, S.195; Braun 1993, S.47; Yoo 1993, S.64,67; Apel 1986, S.8-9. Vgl. Habermas 1995, S.525; Habermas 1992, S.68. Vgl. Bonacker 1997, S.32; Horster 1995, S.60. Vgl. Apel 1998, S.51; Habermas 1995, S.416,427,443; Habermas 1976, S.207. Vgl. Habermas 1984, S.l95. Vgl. Habermas 1995, S.44. Die kommunikative Rationalität kennzeichnet diese Art von Ver­ nünftigkeitsvoraussetzungen und ist allgemeingültig. Vgl. u.a. Reese-Schäfer 1994, S.29-30.

122

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

Gel tungsanspruch

Weltbezug Objektive Welt:

Theoretischer Diskurs:

propositionale

Sach verhalte, die intersubjektiv

Gegenstand sind Theorien und

Wahrheit

anerkannt und für alle Beobachter

Erklärungen. Es geht um die Kritik von

identisch sind.

Erkenntnis überhaupt.

Einlösung

Intersubjektive Beziehungen in

Gegenstand sind materiale Normen, die

Richtigkeit

einer Gruppe, die in verschiedenen

in der jeweiligen Lebenswelt

Lebenswelten differieren können.

problematisiert werden.

Subjektive Welt:

Handlungen:

Authentizität

Individuelle und nur dem einzelnen

Nur anhand ihrer Konsistenz kann man

bzw.

Subjekt zugängliche persönliche

sich der Wahrhaftigkeit eines Sprechers

Wahrhaftigkeit

Einstellungen und Erlebnisse.

und seiner Intention versichern.

Tabelle 3-6: Quelle:

S inngel tungsanspruch

Praktischer Diskurs:

normative

Verständlichkeits - oder

Soziale Welt:

Universale Geltungsansprüche von Sprechhandlungen Eigene Darstellung in Anlehnung an Gilbert 1998, S.l32; Reese-Schäfer 1994, S.29; Braun 1993, S. 48.

Die Geltungsansprüche bilden vor diesem Hintergrund den Ausgangspunkt der Normenbegründung, da Konflikte im Bereich normengeleiteter Interaktion durchweg auf ein gestörtes normatives Einverständnis zurückgehen.218 Die Zu­ stimmung wird entzogen und die Geltung der Normen hinterfragt, wenn Hand­ lungsroutinen unterbrochen sind. Diskurse zielen in diesem Fall auf die argumen­ tative Einlösung eines im kommunikativen Handeln ursprünglich nur unterstellten Konsenses über die Gültigkeit von Normen:219

„Der Diskurs ist das Verfahren, in dem die intersubjektive Austauschbarkeit der Perspektiven in der Gemeinschaft von Subjekten, die an der rationalen Begründbarkeit von Geltungsansprüchen interessiert sind, durch den verständigungsorien­ tierten Austausch von Argumenten [...] praktisch geprüft wird.“220

Diskursiv einlösbar sind allerdings nur die Ansprüche auf propositionale Wahr­ heit und normative Richtigkeit, während Wahrhaftigkeitsansprüche nur durch konsistentes Verhalten eingelöst werden können.221 Zusammenfassend haben wir es also mit folgendem Interaktionszusammenhang zu tun: Der praktische Diskurs 218 219 220 221

Vgl. Habermas 1992, S.77. Vgl. Schmidt 1999, S.47; Summer 1998, S.113; Bonacker 1997, S.32-33; Horster 1995, S.82. Ulrich 1998, S.78. Vgl. Habermas 1992, S.61, 68-69; Habermas 1984, S.137. Zur Unterscheidung von „theore­ tischen“ und „praktischen“ Diskursen vgl. Tabelle 3-6; Horster 1999, S.61; Gebauer 1993, S.33.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

123

über Normenkonflikte dient als Reflexionsform kommunikativen Handelns.222 Habermas entfaltet die Diskursethik vor dem Hintergrund, daß in modernen, weltanschaulich pluralen Gesellschaften die Geltung moralischer Normen nicht mehr aus der Überzeugungskraft umfassender Weltanschauungen, die keiner Argumentation bedürfen, gewonnen werden kann. Es kommt folglich zu einer „Versprachlichung des Sakralen“.223 Traditionale Weltbilder bzw. lebensweltliche Wissensbestände verlieren mehr und mehr ihre Überzeugungs- und Legitima­ tionskraft sowie den Charakter des Nicht-Hintergehbaren; die damit verbundenen Institutionen werden somit enttabuisiert und kommunikativ verflüssigt.224 Im folgenden wird noch weiter zu spezifizieren sein, warum die Diskursethik in diesem Zusammenhang den Anspruch universaler Gültigkeit erheben kann.

In der Diskursethik geht es zunächst wie in jeder Ethik um die Frage, auf welche Weise und in welchem Sinn moralische Normen und Gebote begründet werden können und der Dualismus von Sein und Sollen rational zu überwinden ist.225 Der Einwand der Diskursethiker ist, das beschriebene Münchhausen-Trilemma ergebe sich nur im Zusammenhang theoretisch-deduktiver Begründungsbemühungen.226 Der charakteristische Weg in der Philosophie ist die Reflexion auf die eigenen Bedingungen bzw. Voraussetzungen. Dies bedeutet für die praktische Argumen­ tation, daß nicht mehr nach einer deduktiven Begründung, sondern nach Argu­ mentationsregeln gesucht werden muß.227 Im Gegensatz zu inhaltlichen Ethiken steht bei der Diskursethik deshalb die sprachliche (logisch-semantische) Rekon­ struktion von Begründungsweisen für Normen im Vordergrund. Sie etabliert so­ mit eine nicht-deduktive Bestimmung von Normen.228 Die Diskursethik verzichtet zugunsten formal-prozeduraler Regeln der Normenentwicklung auf materielle Normen. Sie verfällt dadurch, daß die konkurrierenden „Entwürfe des guten Le­ bens“ den allgemeingültigen Diskursbedingungen untergeordnet werden müssen, keinem ethnozentrischen oder kulturrelativistischen Fehlschluß.229 „In seiner Of­ fenheit ist der Diskurs gerade darauf angewiesen, daß die kontingenten Inhalte in ihn ,eingegeben1 werden.“230 Darüber hinaus stellt auch ein Konsens nur eine vorübergehende Manifestation der Auffassungen dar, die im Zweifelsfall immer wieder zu verflüssigen ist.231 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231

Vgl. Bonacker 1997, S.43; Kirsch/Knyphausen 1993, S.223. Vgl. Habermas 1995a, S.519. Vgl. dazu auch Schmidt 1999, S.47; Bausch 1998, S.345. Vgl. Ulrich 1993, S.300; Gripp 1984, S.100. Vgl. Habermas 1992, S.67. Vgl. Steinmann/Olbrich 1994, S.l 19; Habermas 1992, S.90. Vgl. Reese-Schäfer 1994, S.58. Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.106-107; Servatius 1992, S.216-217. Vgl. Fahrenbach 1998, S.403-404; Kreikebaum 1996a, S.382-383; Apel 1986, S.6-8. Habermas 1992, S.113. Vgl. Bausch 1998, S.332-333; Bonacker 1997, S.52-53.

124

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

In diesem Zusammenhang erscheint auch die Unterscheidung von Norm- und Wertkonflikten von Bedeutung, da letztere an die besonderen Lebensumstände und kulturellen Einflüsse gebunden sind: Solche evaluativen, d.h. nicht moralisierungsfähigen Fragen des guten Lebens sind einer rationalen Erörterung nur innerhalb des unproblematischen Horizonts einer individuellen oder geschichtlich konkreten Lebensform zugänglich. Demgegenüber können moralische Fragen unter dem Aspekt der Verallgemeinerungsfähigkeit von Gerechtigkeit oder Inte­ ressen prinzipiell rational im Diskurs entschieden werden.232 Die Diskursethik hat es mit der Sollgeltung von Handlungsnormen, nicht mit der Präferenz von Werten zu tun. Kulturelle Werte kandidieren allenfalls für eine Verkörperung in Normen, die von allen Betroffenen akzeptiert werden.233 Die lokalen Kulturen und der da­ mit verbundene Traditionshintergrund, in denen die MNU operiert, stehen somit niemals als Ganzes zur Disposition, sondern sind immer nur einer „selektiven Traditionsauflösung“ zugänglich.234 Auf diese Weise geht die Universalität des Diskursprinzips mit einer Kontextsensibilität in Diskursen einher. Die kommuni­ kative Auflösung von Konflikten bildet die einzige Möglichkeit für eine „Solida­ rität unter Fremden“, die neben der kooperativen Regelung des Zusammenlebens auch die Rahmenbedingungen für einen kulturellen Pluralismus aufrechterhält.235

„Die Pointe der Diskursethik besteht nun darin, normative Richtigkeit als einen argumentativ einlösbaren Geltungsanspruch einzufordem.“236 Aufgabe des dis­ kursethischen Begründungsansatzes muß es sein, die angesprochenen universalen Bedingungen der Möglichkeit vernünftigen Argumentierens aufzuzeigen, denn das Faktum der konsenserzielenden Kraft des Arguments bedarf selbst der Erklä­ rung.237 Im Anschluß an die Unterscheidung zwischen evaluativen und normati­ ven Aussagen ist zunächst der „Universalisierungsgrundsatz“ (U) darzustellen. Er bearbeitet die Diskursinhalte dahingehend, daß nur die verallgemeinerungsfä­ higen bzw. universalistisch begründbaren Bestandteile zu akzeptieren sind.238 In Anlehnung an den Kategorischen Imperativ von Kant führt Habermas den Uni­ versalisierungsgrundsatz als sog. Brückenprinzip ein, welches in praktischen Diskursen das Einverständnis möglich macht, eine monologische Anwendung dieser Argumentationsregel aber ausschließt.239 Danach hat jede Norm der Be­ dingung zu genügen, daß „die Folgen und Nebenwirkungen, die sich aus einer 232 Vgl. Habermas 1992, S.l 18. An anderer Stelle spricht Habermas in Anlehnung an Hegel von Moralität und Sittlichkeit. Vgl. Habermas 1992, S.l09-110. 233 Vgl. Habermas 1992, S.l 13-114. 234 Vgl. Steinmann/Olbrich 1994, S.131; Ulrich 1993, S.73. Vgl. dazu auch Horster 1999, S.79. 235 Vgl. Habermas 1994, S.374. Vgl. dazu auch Bonacker 1997, S.61-63. 236 Bausch 1998, S.325. 237 Vgl. Habermas 1976, S.174; Habermas 1973, S.240. 238 Vgl. Habermas 1992, S.l 13. Vgl. dazu auch Yoo 1993, S.82. 239 Vgl. Habermas 1992, S.67, 76; Habermas 1992a, S.12. Vgl. auch Apel 1986, S. 17-19.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

125

allgemeinen Befolgung der strittigen Norm für die Befriedigung der Interessen eines jeden Einzelnen voraussichtlich ergeben, von allen zwanglos akzeptiert werden können.“240 Damit kann Habermas die notwendige Begründung dieses Moralprinzips im Rahmen der universalpragmatischen Argumentation geben.241 Habermas stützt sich in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Untersu­ chungen von Karl-Otto Apel. Danach denken wir schon immer in Argumenten und lassen uns hierbei auf einen minimalen Bestand nicht-hintergehbarer kommu­ nikativer Regeln ein. Auch als einsame Denker, d.h. im verinnerlichten Gespräch mit uns selbst, sind wir in einen Interaktionszusammenhang gestellt und operieren mit diesen Regeln.242 Das wichtigste Argument Apels ist das vom zu vermeiden­ den performativen Widerspruch:243 Im gleichen Augenblick, in dem der Oppo­ nent die normativen Voraussetzungen rationaler Kommunikation bestreitet, nimmt er sie im Akt des argumentativen Bestreitens implizit in Anspruch und gerät in einen performativen Widerspruch zwischen dem Inhalt seiner Aussage und dem Äußerungsakt.244 Jeder, der sich auf die notwendigen und allgemeinen Kommunikationsvoraussetzungen der argumentativen Rede einläßt und eine Handlungsnorm zu rechtfertigen weiß, akzeptiert also die Gültigkeit des Universalisierungsgrundsatzes, der ihn, im Unterschied zu den pragmatischen Argu­ mentationsvoraussetzungen, auch moralisch verpflichtet.245 Damit ist schließlich der „archimedische Punkt“ als tragfähiges normatives Fundament einer rationalen Ethik in der „condition humaine“ des Argumentierenden selbst gefunden.246 Dies bedeutet wiederum für die Regulierung interkultureller Konflikte, daß die Voraussetzungen einer aussichtsreichen Konflikthandhabung bereits in den for­ malen Bedingungen des Argumentierens angelegt sind, die hinter dem Rücken der Akteure in jeder Kultur existieren.247 Die Identifikation von performativen Widersprüchen ermöglicht es nun auch, die notwendigen Argumentationsregeln zu identifizieren und deren Altemativenlosigkeit zu erweisen, ohne daß diese (letzt-)begründet würde.248

240 241 242 243

244 245 246 247 248

Habermas 1992, S.103. Vgl. Horster 1995, S.71; Yoo 1993, S.75. Vgl. Horster 1990, S.26-27; Gripp 1984, S.132. Vgl. ausführlich Habermas 1992, S.88-93. Vgl. hierzu u.a. Apel 1998, S.50, 54-55; Apel 1986, S.8, 10-12. Apel hält jedoch im Gegensatz zu Habermas diese strikt reflexive Begründung für die gesuchte Letztbegründung, weshalb auf eine ausführliche Darstellung seiner Ausführungen verzichtet wird. Vgl. Habermas 1992a, S.135; Habermas 1992, S.91. Vgl. Habermas 1992, S.97. Vgl. auch Hoppe 1992, S.508. Vgl. Ulrich 1993, S.283-285. Vgl. Steinmann/Scherer 1997, S.33. Vgl. Habermas 1992, S.105.

126

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

Habermas schlägt in Anlehnung an Alexy für das Zustandekommen des Diskurses die folgenden präsupponierten Diskursregeln vor, die die formalen Eigenschaften des Diskurses darstellen: „(...1) Jedes sprach- und handlungsfähige Subjekt darf an Diskursen teilneh­ men. (...2) a. Jeder darf jede Behauptung problematisieren. b. Jeder darf jede Behauptung in den Diskurs einfuhren. c. Jeder darf seine Einstellungen, Wünsche und Bedürfnisse äußern. (...3) Kein Sprecher darf durch innerhalb oder außerhalb des Diskurses herr­ schenden Zwang daran gehindert werden, seine in (...1) und (...2) festge­ legten Rechte wahrzunehmen.“249

Im Anschluß daran faßt Habermas diese Eigenschaften, die den Diskurs zur al­ lein wahrheitserzeugenden Instanz machen, unter dem Begriff der „idealen Sprechsituation” zusammen.250 Nur unter diesen Bedingungen herrsche der „zwanglose Zwang des besseren Arguments”.251 Auf diese Weise gelingt es ihm auch, ein Kriterium für die Unterscheidbarkeit von wahrem und falschem Kon­ sens anzugeben. Jeder Konsens, der unter den Bedingungen der idealen Sprechsi­ tuation erzielt wird, kann per se als wahrer Konsens gelten. Der Vorgriff auf die ideale Sprechsituation in Form ihrer reziprok vorgenommenen Unterstellung ge­ währleistet, daß mit einem faktisch erzielten Konsens der Anspruch des wahren Konsens verbunden werden kann.252 Diese Unterstellung muß zwar nicht notwen­ digerweise kontrafaktisch sein, wäre aber selbst dann operativ wirksam, da wir im Vollzug des Sprechakts so tun, als sei die ideale Sprechsituation keine Fiktion, sondern Wirklichkeit.253 Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, daß die not­ wendige Unterstellung und regulative Idee der idealen Kommunikationsgemein­ schaft als diskursethische Interpretation des Moralprinzips verstanden werden kann.254 Wenn das Universalisierungsprinzip aus den Argumentationsvorausset­ zungen begründet werden kann, ist es möglich, das Grundprinzip der Diskurs­ ethik selbst in dem „diskursethischen Grundsatz” (D) zum Ausdruck zu bringen, wonach „nur die Normen Geltung beanspruchen dürfen, die die Zustimmung aller Betroffenen als Teilnehmer eines praktischen Diskurses finden ”.255 249 Habermas 1992, S.99 in Anlehnung an Alexy 1978, S.40-41. Eine detaillierte Darstellung und Anwendung der Diskursregeln erfolgt in Kapitel 5.2.2.2. 250 Vgl. Habermas 1985, S.211-213. 251 Habermas 1971, S.l37. Damit wird zugleich deutlich, daß Diskurse handlungsentiastet sind. 252 Vgl. Habermas 1971, S.136. 253 Vgl. Apel 1998, S.58-59; Habermas 1992, S.102; Habermas 1973, S.258. 254 Vgl. Ulrich 1998, S.80. 255 Habermas 1992, S.l03. Der Diskursgrundsatz bringt zum Ausdruck, daß die Diskursethik keine inhaltlichen Orientierungen vorgibt, sondern ein Verfahren der Normenbegründung vermittelt. Er

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

127

Dem diskursethischen Ideal ist in den faktischen Verhältnissen Rechnung zu tra­ gen, d.h. es ist kontextsensitiv auf die realen, soziokulturellen Gegebenheiten zu beziehen.256 De facto wird dieses Ideal in einem realen Dialog aber immer nur annäherungsweise zu erreichen sein, da es bestimmten Beschränkungen unter­ liegt: der Mangel an Offenheit im Hinblick auf Raum und Zeit, der Belastung durch das Eskalationspotential gesellschaftlicher Konflikte sowie der Dominanz der strategischen Konfliktlösung.257 Nichtsdestotrotz ist es wenig hilfreich, aus dem SpannungsVerhältnis zwischen realer und idealer Verständigungssituation einen Einwand gegen die Diskursethik vorzubringen - in jeder Ethik geht es an­ gesichts der Nichtidentität von Soll und Ist um die praktische Orientierung.258 Die Diskursidee ist deshalb als regulatives Prinzip zu verstehen, das den Weg der Vernunft zeigt, ohne daß das Ideal je vollständig erreicht würde und die Ergeb­ nisse theoretisch vorweggenommen werden könnten, denn Diskurse bedürfen letztlich immer der praktischen Durchführung. 259 Dieses ist von Apel als der inte­ grale verantwortungsethische Teil des Diskursgrundsatzes gedacht worden: Es gelte nicht nur die Verpflichtung, den argumentativen Konsens zu suchen, son­ dern gleichzeitig auch, die faktischen Realisierungsbedingungen für eine kon­ sensorientierte Bemühung herbeizufuhren bzw. zu sichern.260

3.3

Zusammenfassung der Ergebnisse und Konsequenzen

„Solange und soweit in einem Kulturkreis Bedürfhisorientierung herrscht, so­ lange und soweit der einzelne umweltverbunden agieren muß und zur Erreichung seiner Ziele der Mitwirkung anderer Personen bedarf und solange er unter un­ vollkommener Information arbeitet, solange wird es [ethische, d. Verf.] Konflikte geben.“261

256 257 258 259 260 261

ist somit auf ein Normenprüfungsprinzip reduziert, das das Moralische prozedural als Wettbewerb der Argumente bestimmt Vgl. Bausch 1998, S.336-337. Vgl. Bausch 1998, S.325. Vgl. Habermas 1992, S.102,115-116. Vgl. dazu auch Gilbert/Grimm 1999, S.l 11-112. Vgl. Ulrich 1998, S.82. Vgl. Ulrich 1993, S.292,303; Ulrich 1983, S.75-76. Vgl. dazu auch Apel 1992, S.45. Vgl. Apel 1998, S.68, 70-71; Apel 1997, S.38-39, 123-136; Apel 1986, S.22-23. Vgl. hierzu ausführlich Gilbert 1998, S.202-205; Ulrich 1993, S.316-322. Krüger 1981, S.914. Vgl. dazu auch die Ausführungen des vierten Kapitels.

128

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

Bei internationaler Geschäftstätigkeit hat dieses Dilemma jedoch gegenüber der im nationalen Kontext, eine zusätzliche Dimension, weil die in- und ausländi­ schen Interaktionspartner als Mitglieder ihrer jeweiligen Landeskultur eine diver­ gierende moralische Prägung in die betriebliche Kommunikation einbringen. Ge­ nauer gesagt gehen Entscheidungen, die Konsumenten oder andere Teilöffentlich­ keiten u.U. brüskieren, aus der Wechselbeziehung von Marketingmanager, MNU und internationalen Absatzmärkten hervor. In diesem Zusammenhang wurden die ethischen Konflikte im internationalen Marketing nach ihrer Austragungsebene respektive den Eigenschaften der Konfliktparteien klassifiziert. Von Bedeutung war deshalb, ob es sich bei den Konfliktparteien um Individuen, Gruppen oder größere Einheiten (z.B. ganze Organisationen) handelte.262 Für das internationale Marketing als betrieblichen Funktionsbereich an der Schnittstelle zwischen Un­ ternehmung und Außenwelt sind nicht zuletzt die interorganisatorischen Kon­ flikte von besonderer Bedeutung. Die Berücksichtigung gesellschaftlicher In­ teressengruppen, insbesondere der Kunden, erfolgt dabei im Rahmen des Stakeholder-Modells, das in Verbindung mit Marketingmanagementkonzepten auch in der Marketingtheorie auf breiter Grundlage angewendet wird.263 Mit diesem Ansatz ist das konzeptionelle Grundproblem des gerechten und fairen Interessen­ ausgleichs jedoch nicht zu lösen. Dazu bedarf es des Diskursmodells der kommu­ nikativen Untemehmensethik.264 Im Zusammenhang mit den betroffenen An­ spruchsgruppen ist zunächst jedoch auf die Relevanz interkultureller Aspekte hin­ zuweisen. Diese ist damit zu begründen, daß von den internationalen Unterneh­ mens- und Marketingaktivitäten einerseits ein breites Spektrum von Wirkungen auf die Gastlandgesellschaft ausgeht, andererseits aber auch Rückkoppelungen auf ihre Heimatmärkte festgestellt werden können. Im Bereich des internationalen Marketing sind deshalb vor allem kulturspezifische Norm- und Wertvorstellungen zu berücksichtigen, um ethische Konflikte zu vermeiden.265

Internationale Marketingmanager benötigen allerdings eine Hilfestellung für die Handhabung der verschiedenen Normkonflikte, zumal das Rechtssystem gerade im internationalen Kontext nur eine unzureichende Richtschnur für Marketing­ handlungen bietet.266 Eine internationale Unternehmens- und Marketingethik wird darüber hinaus nicht zuletzt aufgrund der nicht-antizipierbaren, ad hoc auftreten262 Vgl. zu dieser Vorgehensweise u.a. auch Werpers 1999, S.7-12. 263 Im Marketingmanagement wird es bisher jedoch vor allem unter Aspekten des ökonomischen Erfolgs betrachtet. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.381 -383. 264 Vgl. Rusche 1996, S.303. Zum Problem des Interessenausgleichs im Rahmen des Stakeholderansatzes vgl. u.a. Schlegelmilch 1998, pp.21-29 und die Ausführungen in Kapitel 5.2.1.1. 265 Vgl. Holzmüller 1995, S.44; Jöstingmeier 1994, S.23. Bestätigt wurden diese Überlegungen durch kulturübergreifende Studien, nach denen Kulturunterschiede zu den Hauptursachen ethischer Konflikte im internationalen Marketing gehören. 266 Zu den Regelungsdefiziten des Rechts im internationalen Kontext vgl. Kapitel 1.2.2 und 4.2.1.

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

129

den Konflikte notwendig.267 Ziel kann deshalb auch nicht die Unterdrückung von Konflikten sein, sondern ihre „ethisch akzeptable“ Überwindung. Es ist jedoch gerade diese Handhabung interkultureller Konflikte, die Anlaß für eine philoso­ phische Auseinandersetzung bietet: Einerseits erscheint sowohl die theoretische Fundierung des Relativismus, die die empirischen Norm- und Wertvorstellungen als nicht-hinterfragbare Moralprinzipien verabsolutiert, als auch die von ihm pos­ tulierte Unvergleichbarkeit von Normen inakzeptabel.268 Andererseits können die am Verständigungsprozeß Beteiligten nicht, wie vom Ethnozentrismus suggeriert, ihre eigenen Kulturtraditionen dogmatisch als sakrosankte Legitimationsgrund­ lage ins Spiel bringen, sondern müssen die damit verbundenen Geltungsan­ sprüche und Traditionsinhalte (zumindest selektiv) zur Disposition stellen.269 Kurz: „Eine Verallgemeinerung westlicher Standpunkte ist genauso problema­ tisch wie die Angst vor einer moralischen Beliebigkeit, weil ,Beliebigkeit4 eben immer nur Bedeutung aus der Perspektive einer privilegierten Sprachgemein­ schaft hat.“270 Es geht folglich um die Entwicklung einer internationalen Marke­ tingethik, die sich durch multikulturelle Normkonflikte nicht vor die Wahl „Er­ oberung oder Kapitulation“ stellt und somit auf moralische Verlierer abzielt, sondern nach Möglichkeiten für kollektive moralische Lernprozesse sucht. Voraussetzung dafür ist jedoch, daß Inkompatibilitäten nicht verwischt, sondern bewußt gemacht werden.271 Diesbezüglich erscheint der Diskurs mit den rele­ vanten Interessengruppen von Bedeutung, da er als Akt der Selbstverpflichtung nicht nur intrinsischen unternehmenspolitischen Wert besitzt, sondern auch die Möglichkeit eines Lernprozesses bietet, den kommunikativ vergesellschaftete Subjekte im Medium der gemeinsamen Sprache vollziehen.272 Toleranz und Universalismus werden somit in einen gemeinsamen Entwicklungsprozeß inte­ griert, damit Kulturimperialismus und opportunistische Anpassung vermieden werden können.

267 Vgl. Steinmann/Olbrich 1994, S.126. Vgl. dazu auch Kay-Enders 1996, S.4. In der Konfliktre­ gulierung liegt zwar, wie bereits erwähnt, der Kem ethisch-betrieblicher Überlegungen, eine reine „Inselbetrachtung“ ist jedoch aufgrund der generellen Wechselwirkungen nicht akzeptabel. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.409; Kreikebaum 1996, S.l26 und Kapitel 2.3. 268 Vgl. Nill 1994, S.40; Hinterhuber/Nill 1993, S.266. 269 Vgl. Rahme 1998, S.l93-194. 270 Dachler 1998, S.l 15. 271 Vgl. Wieland 1997, S.539. Vgl. hierzu auch Steinmann 1997, S.20. Dies gilt vor allem für die westlichen Industriegesellschaften, die sich gerade gegenüber den EL traditionell als Beleh­ rungsgesellschaften verstehen. Vgl. Lepenies 1996, S.67. 272 Vgl. Leisinger 1997, S.120; Bonacker 1997, S.63-65.

130

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

Normative Konflikte sind für Habermas grundsätzlich einer rationalen Begrün­ dung und Regulierung im Diskurs zugänglich und nicht von relativistischen oder dezisionistischen Perspektiven abhängig. Die Bedingungen rationaler Kon­ flikthandhabung ermittelt er durch Rekonstruktion der Unterstellungen, die beim Diskurseintritt von kommunikativ Handelnden prinzipiell gemacht werden, und leitet sie aus den nicht-hintergehbaren, kontrafaktischen Voraussetzungen der Geltungsbasis der Rede ab.273 Der praktische Diskurs kann als Legitimationsin­ stanz für strittige Richtigkeitsansprüche fungieren, weil wir mit dem ernsthaften Argumentieren das prozedurale Prinzip der Normenbegründung, das die inter­ subjektive Gültigkeit von Normen an ihrer Konsensfähigkeit für alle Beteiligten bemißt, nolens volens immer schon anerkannt haben müssen.274 Die moralische Richtigkeit wird folglich als die Einlösung eines Geltungsanspruchs im Modus der Argumentation verstanden, wobei der Diskursgrundsatz (D), der die Qualität von Normen und Handlungen an die freie Zustimmungswürdigkeit bindet, ein kultur- und kontextinvariantes Metakriterium darstellt.275 Die wechselseitige Anerkennung der Menschen als mündige Gesprächspartner, die in der Lage sind, gute Gründe für oder gegen erhobene Geltungsansprüche vorzubringen, stellt somit den Kem dieses universal gültigen Argumentationsaprioris dar.276 Haber­ mas selber bezeichnet das nicht bestreitbare normative Fundament unversehrter Intersubjektivität als eine „der Rede immanente Sittlichkeit“.277 Der hierbei anti­ zipierte Maßstab der Mitverantwortung und Gleichberechtigung aller Menschen ist nichts anderes als die normative Bedingung der Verständigungsmöglichkeit und der Kooperation und Koexistenz der unterschiedlichen real existierenden Wertgemeinschaften.278 Dies macht die zeitgenössische Aktualität der Diskurs­ ethik als mögliche Basis einer solidarischen Weltgemeinschaft über alle inter­ kulturellen Gegensätze hinweg aus. Es gelingt ihr, universale humanitäre Ver­ bindlichkeiten zur Handhabung der ethischen Herausforderungen glaubwürdig zu begründen, ohne den kulturellen Pluralismus eigenständiger Lebensformen und Wertvorstellungen in Frage zu stellen.279 Die Begründung von Recht und Moral kann allein in den Verfahrensregeln argumentativer Rede, nicht aber in substan­ tiellen Überzeugungen verankert werden.

Vgl. Bonacker 1997, S.44-45. Vgl. Apel 1986, S.13-15. Vgl. Bausch 1998, S.335-344. Vgl. Ulrich 1998, S.79; Ulrich 1993, S.287; Ulrich 1983, S.83. Im Gegensatz zu diesem gat­ tungsgeschichtlich rekonstruierten kommunikativen Gegenseitigkeitsethos spricht man zu einem Hund rhetorisch, und eine Wand kann expressiv angeredet werden. 277 Habermas 1980, S.42.Vgl. dazu auch Habermas 1995, S.533. 278 Vgl. Apel 1998, S.63. 279 Vgl. Ulrich 1993, S.288.

273 274 275 276

Probleme der Normenbegründung im internationalen Marketing

131

„Das Diskursmodell der kommunikativen Untemehmensethik verbindet formalis­ tische Verfahrensstrenge mit situativer Pragmatik, deontologische Universalisierungsfähigkeit mit verantwortungsethischer Folgenabschätzung. Es ermöglicht die kritische Berücksichtigung aller Ansprüche, die von den Betroffenen des unternehmerischen Handelns in praktische Diskurse eingebracht und in einem mehrstufigen, iterativen Diskursverfahren hinsichtlich ihrer Legitimität und Verantwortbarkeit geprüft und begründet werden.“280

Im Anschluß an die Kritik am Ansatz der dialogischen Marketingethik von Han­ sen kann deshalb festgehalten werden, daß dieser auf der Basis der Diskursethik von Habermas konkretisiert und weiterentwickelt werden muß, um bei ethischen Konflikten im internationalen Marketing (in EL) als Konzept zur konsensualen Generierung von Lösungsvorschlägen zu taugen.281 Die Diskursethik wird dem­ nach im weiteren Verlauf als regulative Leitidee für die Gestaltung marktorien­ tierter Untemehmensdialogverfahren in MNU dienen. Dabei stellt sich zwangs­ läufig die Frage, ob Marketingmanager prinzipiell über die notwendigen Hand­ lungsfreiräume verfugen, um die ethische Verantwortung für ihr Handeln über­ nehmen zu können.282 Es leuchtet unmittelbar ein, daß jede Entscheidungssitua­ tion eines internationalen Marketingmanagers komplex und einmalig ist und sich deshalb kaum allgemeingültige Aussagen über das Ausmaß ihrer objektiven Frei­ heitsgrade machen lassen.283 Die vorangegangenen Ausführungen lassen jedoch bereits jetzt vermuten, daß internationale Marketingmanager tendenziell über ge­ nügend Entscheidungsfreiheit verfügen. So wurde bspw. dargelegt, daß die inter­ nationale Marketingorganisation vergleichsweise stark dezentralisiert ist und die Marketingmanager daher weitgehend unabhängig von der Muttergesellschaft ope­ rieren können. Während derartige Aspekte im folgenden Kapitel noch näher zu analysieren sein werden, kann angesichts der in diesem Abschnitt dargestellten divergierenden Wert- bzw. Moralvorstellungen im internationalen Marketing zu­ mindest die erste Voraussetzung von Untemehmensdialogen als gegeben angese­ hen werden.

280 Rusche 1996, S.318. 281 Bereits im nationalen Kontext war der Dialog von Hansen angesichts eines wachsenden Wer­ tepluralismus in der Gesellschaft als eine prinzipiell geeignete Vorgehensweise für ethische Marketingkonflikte empfohlen worden. Für eine kritische Würdigung dieses Ansatzes vgl. aus­ führlich Gliederungspunkt 2.2.3.3. 282 Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.102; Kreikebaum 1996, S.8. 283 Vgl. hierzu im nationalen Kontext Eretge 1996, S.57-77.

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

4

133

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

In den letzten Jahren ist eine Entwicklung hin zu einer „Weltwirtschaftsgemein ­ schaft“ erkennbar, d.h. die gegenseitige Abhängigkeit der Menschen weltweit und die damit verbundene Verwundbarkeit haben zugenommen. Die Unterschiede zwischen Welt- und Volkswirtschaft sind somit nur noch gradueller, nicht mehr prinzipieller Natur.1 So wickeln MNU heute bereits ein Drittel des Welthandels innerhalb des eigenen Untemehmensbereichs ab und ein weiteres Drittel wird zwischen diesen Unternehmen vollzogen.2 Darüber hinaus sind die Jahresumsätze der größten MNU z.T. höher als das Sozialprodukt vieler UNO-Länder.3 Im Mit­ telpunkt der Globalisierungsdiskussion steht deshalb häufig die Frage, ob MNU eher Triebkraft oder Ausbeuter des wirtschaftlichen Wachstums und der gesell­ schaftlichen Wohlfahrt (in EL) darstellen.4 Die unmittelbare Bekanntmachung ethisch bedenklicher Verhaltensweisen von MNU auf den abgelegensten Ent­ wicklungsländermärkten wird nicht zuletzt angesichts des raschen Wachstums moderner Informations- und Kommunikationstechnologien ermöglicht.5 Es er­ scheint deswegen auch wenig verwunderlich, daß fast ein Drittel der deutschen Konsumenten den Unternehmen die Hauptverantwortung für einen gerechten Handel mit den EL zuschreibt.6 Trotz zahlreicher Verfehlungen von MNU erscheint eine differenzierte Betrach­ tung erforderlich,7 denn bei einer radikalen Ablehnung einer Vielzahl von Vortei­ len für die Gastländer „fällt insbesondere die völlige Unkenntnis ökonomischer Zusammenhänge auf4.8 MNU und ihre globalen Netzwerke sind immerhin ein entscheidender Wirtschaftsfaktor der weltweiten Entwicklung, sofern Indikatoren wie Handel, Investitionen, Beschäftigung sowie Forschung und Entwicklung in Betracht gezogen werden.9 Die entwicklungspolitische Beurteilung von MNU in EL hat sich in den letzten Jahren zwar verbessert, jedoch bildet nicht die Ent­ 1 2 3 4 5 6 7

8 9

Vgl. Genscher 1997, S.9; Hesse 1988, S.197. Vgl. Kreikebaum 1998, S.173; Kreikebaum 1997a, S.30. Vgl. Steinmann 1997, S.5. Vgl. Rumpf 1997, S.2-3; Leisinger 1997, S.31; Amba-Rao 1993, p.553. Vgl. Meffert 1988, S.387. Vgl. imug/Emnid (Hrsg.) 1993, S.4-5. Vgl. Grünärml 1989, Sp.461; Elsenhans 1983, S.41. Für eine ausführliche Darstellung ethisch fragwürdiger Verhaltensweisen von MNU im internationalen Marketing vgl. Kapitel 6.3. Kreikebaum 2000, S. 147. Vgl. Kumar 1998, S.66; Pausenberger 1983, S.37.

134

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

wicklungspolitik, sondern die Gewinnerzielung und/oder die langfristige Wettbe­ werbsfähigkeit das Hauptmotiv ihres kommerziellen Engagements, was nicht sel­ ten zu Interessenkonflikten in diesen Ländern fuhrt.10 Tatsächlich ist die aktuelle Problemsituation im Rahmen der Globalisierung in erster Linie durch das Aufeinanderprallen der unterschiedlichen Moral- und Wertvorstellungen der Industrieländer einerseits und der Entwicklungs- und Schwellenländer andererseits bestimmt.11 Die Interaktion von MNU in EL ist in diesem Zusammenhang vor allem von den auf beiden Seiten verfügbaren Poten­ tialen und Handlungsmöglichkeiten abhängig.12 Das Vorhandensein von Hand­ lungsfreiheiten - also die Fähigkeit, aus einem Spielraum alternativer Möglich­ keiten eine zu wählen, sofern die eigene Leistungsfähigkeit und das sozio­ politische Umfeld dies ermöglichen,13 - ist eine konstitutive Voraussetzung für die Übernahme von Verantwortung im internationalen Marketing. Es ist daher zunächst zu ermitteln, inwiefern die durch Wettbewerb und Rechtsordnung vor­ gegebenen Anreize und Kontrollen überhaupt Freiräume für ethisch begründete Entscheidungen auf Märkten lassen. Erst im Anschluß daran können die einzel­ nen Aktivitäten des internationalen Absatzmarketing im Hinblick auf ethische Normen analysiert werden.14

Vor diesem Hintergrund lassen verschiedene, z.T. interdependente Störungsmög­ lichkeiten im betrieblichen Kombinationsprozeß die Entwicklung einer internatio­ nalen Marketingethik notwendig erscheinen. Ursachen der wesentlichen Störun­ gen, die die Qualität von Marketingentscheidungen beeinträchtigen, sind in erster Linie:15



Informationsasymmetrien



Konflikte



Entscheidungsdilemmata.

Die Relevanz dieser Störungsfaktoren erscheint nicht zuletzt mit Blick auf grenz­ überschreitende Marketingaktivitäten plausibel, da diese durch erhöhtes Risiko, größere Komplexität und zusätzlichen Informations- und Koordinationsbedarf charakterisiert sind, was die Verantwortungszuweisung erschwert.16 Die Ansätze 10 11 12 13 14 15 16

Vgl. Leisinger 1997, S.31-32. Vgl. Steinmann/Scherer 1997, S.27. Vgl. Kreikebaum 1998, S.174. Vgl. Kreikebaum 1996, S.90. Vgl. Kaas 1997, S.7. Vgl. Kreikebaum 1996, S.23. Zu den Besonderheiten des internationalen Marketing vgl. Kapitel 1.2.1.

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

135

der Neuen Institutionenökonomik, die in der deutschsprachigen Marketingwissen­ schaft vor allem von Kaas vertreten werden,17 erlauben in diesem Zusammenhang eine stringente Annäherung an die Begründung ethisch fragwürdiger Marketing­ handlungen: Analysiert wird der Einfluß der Marktbedingungen, der Transakti­ onsarten und der Produkteigenschaften auf die Verhaltensweise der Marktakteure, d.h. die Annahme der simultanen Relevanz von Ethik und Ökonomie in einem Ereignis ist möglich.18 Zentrale Annahme ist dabei die pessimistische Vorstellung eines Menschen, dessen Opportunismus19 sich auf unvollkommenen Märkten insbesondere aufgrund von Informationsasymmetrien enthüllt, und die somit auf enge Anknüpfungspunkte zu ethischen Fragestellungen hinweist.20

Eine erste Intention dieses Kapitels ist folglich über die Analyse der volkswirt­ schaftlichen Funktion des Marketing von MNU in EL die Grundlage für eine Be­ gründung des internationalen Marketing zu legen. In einem nächsten Schritt sind die Grenzen dieser Systemethik abzustecken, d.h. die absatzwirtschaftlichen Akti­ vitäten sind im internationalen Kontext daraufhin zu beurteilen, „inwiefern sie die in den liberalen ethischen Werten beschriebenen Lebensinteressen des einzelnen zu fordern, zu beeinträchtigen oder unberührt zu lassen vermögen“.21 Ziel ist da­ bei zu zeigen, daß die aufgrund von Marktunvollkommenheiten in EL häufig be­ stehenden Macht- und Informationsasymmetrien den MNU zum Vorteil gerei­ chen, da sie deren Handlungsspielraum, bzw. den ihrer Marketingmanager, er­ weitern. Die aus der mangelnden Verantwortungsübemahme resultierenden Ver­ werfungen zwischen Verantwortungsdimension und Handlungsspielraum führen deshalb u.a. zu den im dritten Kapitel dargestellten Konflikten und Entschei­ dungsdilemmata im internationalen Marketing.

17 18 19

20

21

Vgl. hierzu u.a. Kaas 1990; Kaas 1991; Kaas 1992; Kaas 1995; Kaas 1997; Kaas 1999. Vgl. Wieland 1994, S.17. Egoismus fuhrt häufig zu unehrlichem, betrügerischem Verhalten, das die arglistige Täuschung der Transaktionspartner mit einschließt und als Opportunismus bezeichnet wird. Vgl. Irmscher 1997, S.147. Zu den unterschiedlichen Formen des Opportunismus vgl. u.a. Kaas 1999, S.133. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.404-405. Anreiz und Handlungsspielraum des Unternehmens zu opportunistischem Verhalten hängen hierbei auch von der Art der Gütereigenschaft und vom Transaktionstyp ab. Vgl. dazu ausführlich Kaas 1999a, S.241; Kaas 1997, S.l8. Picot 1974, Sp.564.

136

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

4.1

Die Bedeutung des internationalen Marketing für die Entwicklungsländer

4.1.1

Zusammenhang von Marketing und ökonomischer Entwicklung

Es war vor allem das eingangs dieses Kapitels beschriebene Spannungsfeld zwi­ schen marktwirtschaftlichen und sozialen Zielen, das in den letzten zehn Jahren zu einer intensiven Beschäftigung mit der Untemehmensethik und ihrer Funktion in der (sozialen) Marktwirtschaft geführt hat.22 Das Spezifikum der Untemeh­ mensethik ist ja gerade die Analyse der besonderen Konditionen und Ausprägun­ gen ethischen Handelns im Zusammenhang von Unternehmertum, Markt und Wettbewerb.23 Die Aufgaben einer internationalen Untemehmensethik bestehen also vor allem darin, „die negativen externen Effekte der Geschäftsaktivitäten kritisch zu reflektieren und gleichzeitig die marktwirtschaftlichen Anreizsysteme zu beleben“.24 Analog zu diesen auf das gesamte Unternehmen bezogenen Über­ legungen, die den Rahmen für ethisches Marketinghandeln vorgeben, können ähnliche Gedankengänge für eine internationale Marketingethik formuliert werden, denn das Marketing kann als ein besonders prägnanter Teil der Markt­ wirtschaft betrachtet werden.

Das Marketing ist in seiner Gesamtkonzeption und Zielrichtung - unternehme­ rische Leistungen auf dem freien Wettbewerbsmarkt gewinnträchtig an Letztnachfrager zu verkaufen, die aus einem breiten Angebot frei wählen können - untrennbar mit dem marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftssystem ver­ knüpft.25 Das Marketing respektive die Vermarktung von Dienstleistungen und Gütern ist der für alle sichtbare Bestandteil einer marktwirtschaftlich organi­ sierten Wirtschaftsordnung. 26 Angriffe gegen das Marketingmanagement sind somit auch als Bedrohung für das marktwirtschaftliche bzw. kapitalistische Wirt­ schaftssystem zu verstehen. Allerdings legen die Erfahrungen der letzten Jahre nahe, daß die Planwirtschaft die ethischen Mängel der Wettbewerbswirtschaft nicht im voraus vermeiden kann und die Marktwirtschaft auch im internationalen

22 23 24 25 26

Vgl. Steinmann 1997, S.l; Meffert 1987, S.l. Vgl. Kaas 1999, S.127. Kreikebaum 2000, S. 161. Vgl. Maucher 1978, S.8. Vgl. Bauer 1993, S.l0-11.

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

137

Kontext das zweckmäßigere Mittel zur Förderung ökonomischer Effizienz ist.27 Sofern jedoch das (internationale) Marketing mit mehr Ethos erfüllt werden kann, wird auch unser Gesellschafts- und Wirtschaftssystem verstärkte Akzeptanz finden.28 Nach allgemeiner Einschätzung war es u.a. das marktbezogene Absatzdenken, das für den wirtschaftlichen Entwicklungsprozeß der heute führenden Industrie­ länder (IL) eine bedeutende Rolle gespielt hat.29 Da das Marketing aber lange als Charakteristikum industrialisierter Volkswirtschaften betrachtet wurde, wurde nur selten der Zusammenhang zwischen Marketing und Entwicklungspolitik bzw. dessen Potential für die Entwicklung der „Dritten Welt“ gesehen.30 Marketingak­ tivitäten entwickelten sich in den westlichen Industriegesellschaften immerhin erst mit den Übergängen zur Konsumgesellschaft und vom Verkäufer- zum Käu­ fermarkt, so daß die Übertragbarkeit der Marketingkonzeption auf EL ex definitione weder notwendig noch zweckmäßig erschien.31 De facto ist aber das Mar­ keting für die Entwicklung dieser Länder sogar wichtiger als für ihre hochent­ wickelten Konkurrenten. Deshalb sind auch Anstrengungen zu unternehmen, das Marketingmanagement der Unternehmen in diesen Volkswirtschaften zu ver­ bessern.32 So sind Marketingfähigkeiten (neben dem damit verbundenen, noch darzustellenden internen Entwicklungspotential) z.B. auch für den Auftritt dieser Länder auf den globalisierten Märkten von Bedeutung.33

Entgegen den ursprünglichen Einwänden ist zunächst festzustellen, daß die Untemehmenskonzeption auch in EL prinzipiell dem Marketingansatz folgen muß: Für eine große Zahl von Konsumgütem muß die Nachfrage erst geschaffen wer­ den, da diese nicht allein durch Kaufkraftmangel, sondern zu einem großen Teil auch durch Konsumentenpräferenzen und bestimmte Verhaltensregeln gehemmt wird. Die Problemlage kommt somit tendenziell eher dem Fall des Käufermarktes gleich.34 In der Literatur wird aus diesem Grund heute auch mehrheitlich von der Übertragbarkeit der Marketingphilosophie auf EL ausgegangen, denn Marketing existiert in gewisser Form in jeder Gesellschaft, in der Austauschprozesse statt­ 27 28 29 30 31 32 33

34

Vgl. Homann 1994, S.l05; Steinmann/Olbrich 1994, S.123; Simpson 1982, p.230; Angehm 1981, S.9-11. Zur „Ethik und Absatzwirtschaft aus sozialistischer Sicht“ vgl. Puin 1974, Sp.575-583. Vgl. Raffee 1989, S.2. Vgl. u.a. Hosley/Wee 1988, p.43; Kotier 1984, p.VIII. Vgl. Dichtl 1970, S.l07. Vgl. Hüller 1991, S.709; Böcker 1989, Sp.1385-1386. Vgl. Kaynak/Hudanah 1987, p.62. Vgl. Reddy/Campbell 1994, pp.22-23; Kinsey 1982, p.69. Tatsächlich sehen einige Autoren die internationale Wettbewerbsschwäche dieser Staaten (z.B. Produkte in den IL abzusetzen) in Management- und Marketingproblemen, d.h. der mangelnden Beherrschung von Marketing­ techniken. Vgl. dazu u.a. Austin 1991, S.370; Böcker 1989, Sp.1384. Vgl. Dülfer 1979, Sp.1665-1666.

138

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

finden. Der Prozeß selber ist danach überall der selbe, wenn auch spezifische Marketingaktivitäten aufgrund der qualitativen und quantitativen Unterschiede nicht in allen Situationen angemessen erscheinen mögen.35 Um zu zeigen, daß Marketing in EL sowohl mikroökonomisch rentabel als auch gesamtwirtschaftlich sinnvoll ist, da es den ökonomischen Entwicklungsprozeß entscheidend zu be­ schleunigen vermag,36 werden im folgenden die Ansätze von Drucker und Meffert stellvertretend für eine Reihe von Veröffentlichungen dargestellt, die den Beitrag des Marketing zur Entstehung entwicklungsfordemder Verhaltensweisen untersuchen.37 Drucker befaßte sich als einer der ersten mit der Übertragung der Marketingkon­ zeption auf EL und erörterte deren entwicklungsfördemde Wirkung: Das Grund­ problem dieser Länder sei vor allem eine zu starke Produkt- und Produktionsori­ entierung, die konsequenterweise häufig zu Fehlinvestitionen führe. Hier könne das Marketing einerseits über die Bereitstellung vermarktbarer, d.h. bedürfnisge­ rechter Produkte und die Verwandlung von latenter in effektive Nachfrage die vorhandene Kaufkraft mobilisieren und andererseits das Distributionssystem ver­ bessern und damit das Niveau der gesamtwirtschaftlichen Aktivität beleben.38 Die Menschen tendierten oft zu wirtschaftlicher und sozialer Passivität, wenn ihr Tätigkeits- und Konsumstreben nicht voll ausgeprägt sei. Sofern dieses aktiviert und kanalisiert werden könne, seien entwicklungsfördemde Kräfte in dieser Gesell­ schaft zu erwarten.39 Gleichzeitig wird hierdurch, nach Drucker, die effektive und effiziente Nutzung vorhandener Ressourcen und Produktionskapazitäten ermög­ licht.40 Das Marketing als systematische Disziplin gewinnt seine Bedeutung als „Entwicklungsmultiplikator“ vor diesem Hintergrund insbesondere durch seine Organisationskraft bzw. Fähigkeit, moderne, verantwortungsvolle und professio­ nelle Unternehmer und Manager auszubilden.41

Eine ähnliche Auffassung vertritt Meffert. Neben der Lösung von Management­ problemen sieht er gleich mehrere Ansatzpunkte für die „generelle Eignung des Marketing auch für die heterogenen Probleme der Entwicklungsländer“:42 Im technologischen Bereich kann es mit seinem Denkansatz einen steuernden und selektiven Effekt haben, indem die Technologien den spezifischen Bedingungen in EL angepaßt werden und Transferkanäle für einen situationsadäquaten Tech­ 35 36 37 38 39 40 41 42

Vgl. Reddy/Campbell 1994, p.20; Kinsey 1988, p. 18. Vgl. Austin 1991, S.370; Böcker 1989, Sp.1387; Kinsey 1988, p.3; Hahne 1979, S.136. Vgl. dazu u.a. Kinsey 1982; Etemad 1984; Kaynak 1986; Kotier 1988; Reddy/Campbell 1994. Vgl. Drucker 1958, pp.255-256. Vgl. Dichtl 1970, S.107. Vgl. Drucker 1958, p.253. Vgl. Drucker 1958, pp.252-256. Meffert 1976, S.42.

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

139

nologietransfer geöffnet werden. Für die ökonomische Struktur von EL erfüllt es durch die Ausweitung und Erschließung von Exportmärkten eine Profilierungs­ funktion nach außen, während es intern eine Steuerungs- und Selektionsfunktion bei alternativen Investitionsaktivitäten übernimmt. Letztendlich kann es durch die Erschließung und Ausweitung von Massenmärkten die Voraussetzungen für In­ vestitionen schaffen und damit den Arbeitsmarkt stimulieren.43

Angesichts dieser entwicklungspolitischen Bedeutung befürworten beide Autoren prinzipiell die Übertragung des kommerziellen Marketingkonzepts. 44 Der Beitrag des Marketing zum wirtschaftlichen Entwicklungsprozeß dieser Länder wird von Reddy/Campbell wie folgt zusammengefaßt:45



Durch die Bereitstellung eines adäquaten Informationsflusses zwischen Pro­ duzent und Letztnachfrager trägt es zur Risikoreduzierung bei, da Produktion und Verbrauch aufeinander abgestimmt werden können.



Durch eine effiziente Ressourcennutzung und die Verbesserung des Distribu­ tionssystems können die Kosten für Konsumgüter gesenkt werden und die Profitabilität des Unternehmens gesteigert werden.



Durch die Erhöhung der Nachfrageelastizität bei neuen oder verbesserten Produkten leistet es nicht nur einen Beitrag zum Wohlbefinden der Verbrau­ cher, sondern auch zur Entwicklung dieser Länder.



Durch die Anregung der Forschung zu und Entwicklung von neuen Pro­ dukten trägt es zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Steigerung der Einkommen und somit des Lebensstandards bei.



Schließlich können die beim Austauschprozeß zwischen Anbieter und Letztnachfrager anfallenden Transaktionskosten (d.h. Anbahnungs-, Vereinbarungs-, Kontroll- und/oder Anpassungskosten) gesenkt werden.

Es ist also festzuhalten, daß das Marketing zwar vielfältige Funktionen erfüllt und auch nicht nur ein ökonomisches Entwicklungsmodell existiert, ein Zusammen­ hang zwischen Marketing und Entwicklung jedoch nicht bestritten werden kann.46 Dabei lassen sich zwei gedankliche Schulen unterscheiden: 43 44 45

46

Vgl. zum gesamten Abschnitt Meffert 1976a, S.4; Meffert 1976, S.7-14. Vgl. Hahne 1979, S.147, 289. Vgl. Reddy/Campbell 1994, pp.33-34. In diesem Zusammenhang wird deutlich, daß der wirt­ schaftliche Entwicklungsprozeß auch qualitative Elemente enthält, weshalb eine Erhöhung des Pro-Kopf-Einkommens nicht zwingend ist. Er bezeichnet demzufolge einfach den wirtschaftli­ chen Wandel sozialer Räume (bspw. von Regionen oder Ländern). Vgl. Dunn 2001, S.l. Vgl. Reddy/Campbell 1994, p.41; Kinsey 1988, p.25. Für einen quantitativen Ansatz zur Ope­ rationalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Größen vgl. Kaynak/Hudanah 1987.

140

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

Abbildung 4-1: Quelle:

Die Rolle des Marketing im ökonomischen Entwicklungs­ prozeß Hosley/Wee 1988, P.46.

Während die „Deterministen“ dem Marketing lediglich eine passive Rolle im Entwicklungsprozeß zuschreiben und es mehr als dessen Folge verstehen, beein­ flußt es für die „Aktivisten“ seine Umwelt und spielt demnach eine aktive Rolle im (sozio-)ökonomischen Entwicklungsprozeß.47 Genaugenommen ist das Mar­ keting sowohl die treibende Kraft dieses Prozesses als auch sein Ergebnis, und es ist nicht immer leicht zu unterscheiden, ob es primär eine aktive oder eine passive Rolle einnimmt.48 Gleichwohl tendieren die Meinungen heute mehrheitlich dahin, das Marketing als wirksamen „Katalysator“ für die Entwicklung dieser Länder zu sehen.49 Nach dieser Auffassung ist es geeignet, das in EL vorherrschende sta­ tische, sich selbst beschränkende System in einen kreativen und dynamischen Wachstumsprozeß zu überfuhren.50

47 48 49 50

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Hosley/Wee 1988, p.46. Kinsey 1988, p.20; Kinsey 1982, p.68. Etemad 1984, p.41. Reddy/Campbell 1994, p.25; Drucker 1958, p.255.

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

Abbildung 4-2: Quelle:

141

Der Zusammenhang zwischen Marketing und ökono­ mischer Entwicklung Eigene Darstellung in Anlehnung an Kaynak/Hudanah 1987, p.50; Kaynak 1986, p.25.

Sofern das Marketing ein Stimulus für den ökonomischen Entwicklungsprozeß ist, bieten die MNU die nach wie vor wohl wirkungsvollste Grundlage, das erfor­ derliche Marketingwissen in die EL zu transferieren und die skizzierten Rück­ stände zu überbrücken und aufzuarbeiten.51 Sie stellen auch unter Marketingge­ sichtspunkten für den Entwicklungsprozeß dieser Länder häufig die Initialzün­ dung dar, die in Verbindung mit dem Transfer von Technologie, Management­ wissen und Kapital einen Multiplikatoreffekt auslösen kann.52 Prima facie er­ scheint der internationale Marketingmanager demzufolge als eine treibende Kraft bei der Einführung von Marketingprinzipien und -methoden, deren Anwendung im Gastland zum beiderseitigen Vorteil gereichen kann.53 Eine derartige Diffu­ sion des Marketingkonzepts sollte den EL faire Wettbewerbsbedingungen sichern und zu einer besseren Güterversorgung sowie einer zweckmäßigen weltweiten Arbeits- und Ressourcenaufteilung führen.54 In diesem Zusammenhang sei jedoch noch einmal darauf hingewiesen, daß mit dem (ökonomischen) Entwicklungsbe­ 51

52 53 54

Vgl. Reddy/Campbell 1994, p.25; Kinsey 1988, p.21. Vgl. hierzu u.a. das Beispiel von Sears Roebuck in Lateinamerika bei Kinsey 1988, p.21 und Drucker 1958, pp.257-258. Vgl. Kinsey 1988, pp.21-22; Kinsey 1982, p.70. Vgl. Kinsey 1988, p.30. Vgl. Meffert 1976, S.43.

142

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

griff zwar i.d.R. eine Erhöhung des Pro-Kopf-Einkommens verbunden wird, es aber ebenfalls notwendig erscheint, qualitative Wachstumskriterien bzw. soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Unter der Voraussetzung, daß solche Aspekte überhaupt Berücksichtigung finden, wird die soziale Struktur in EL vielfach als Hindernis für die technologisch-öko­ nomische Entwicklung gedeutet.55 Dabei wird allerdings davon ausgegangen, daß das Marketing nicht nur bei ökonomischen, sondern auch bei sozialen Entwick­ lungskriterien (z.B. Bildung, Hygiene, Familienplanung) eine stimulierende Rolle spielen kann.56 Bedenklich erscheint dieses Vorhaben jedoch insbesondere dann, wenn als sog. Kompromißlösung „die aus einer ökonomischen Rationalität ge­ wonnenen Erkenntnisse in die bisherigen traditionellen und eigentümlichen Ver­ haltensweisen integriert werden“57 sollen. Während die Deterministen den poten­ tiellen Beitrag des Marketing zum Entwicklungsprozeß also systematisch unter­ schätzen, provoziert der aktivistische Ansatz möglicherweise Konflikte mit loka­ len Wert und Normvorstellungen und bedarf daher einer kritischen Reflexion.58

4.1.2

Möglichkeiten und Grenzen des Marketing auf unvoll­ kommenen Märkten

Die anfänglich geäußerten Bedenken zur Übertragbarkeit des Marketingkonzepts durch MNU auf die Märkte der EL konnten mit dem Hinweis auf seine positiven Auswirkungen auf den Entwicklungsprozeß dieser Länder zunächst entkräftet werden. In der Folge wurde sogar davon ausgegangen, daß das Marketing durch seine Grundorientierung dazu geradezu prädestiniert sei: Sein Kennzeichen und seine Bedeutung als Instrument im Dienst der Volkswirtschaft ist es ja, die Inte­ ressen der Marktpartner zum Ausgleich zu bringen und so wiederholte Aus­ tauschprozesse zu ermöglichen.59 Da die meisten Märkte in der Realität nicht rei­ bungslos funktionieren, sollen mit Hilfe des Marketing die Widerstände bei Markttransaktionen zwischen Anbieter und Nachfrager überwunden werden.60 Unabhängig vom Entwicklungsstand eines Landes und von seinen kulturellen Bedingungen stellt das Marketing demnach die geeigneten Mittel zur Verfügung, mit denen die entsprechenden Umweltbedingungen richtig eingeschätzt, mögliche Hindernisse überwunden und somit eine „optimale“ Entwicklung gefordert wer­ 55 56 57 58 59 60

Vgl. Kinsey 1988, p. 19; Meffert 1976a, S.4. Vgl. Reddy/Campbell 1994, p.33; Kindra 1984, p.XI; Meffert 1976a, S.4. Meffert 1976, S.l6. Vgl. Hosley/Wee 1988, pp.43, 52 und die Ausführungen in Kapitel 3.1. Vgl. Angehm 1981, S.4. Vgl. Kaas 1999, S.128.

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

143

den kann.61 Meffert geht sogar soweit, im Abbau der technologischen, ökonomi­ schen und sozialen Ungleichgewichte sowohl den Gegenstand als auch die struk­ turelle Voraussetzung des Marketing in EL zu sehen.62 Sicherlich kann es „zur Entwicklung der Dritten Welt einen wesentlichen Beitrag leisten. Manager müs­ sen jedoch hinsichtlich der sozialen Folgen von Marketingstrategien und -praktiken Sensibilität beweisen.“63

Die dargestellte Argumentation erscheint deshalb in zweifacher Hinsicht proble­ matisch: Zunächst birgt sie die Gefahr eines inhumanen Rechtfertigungsmecha­ nismus, d.h. die scheinbar dominanten Sachzwänge der Ökonomie fuhren zur Apologie der herrschenden Verhältnisse.64 Dies erscheint um so bedenklicher, wenn gezeigt werden kann, daß das Marketing trotz seiner unbestrittenen ökono­ mischen Relevanz auf unvollkommenen Märkten ethischer Reflexion bedarf. In den Ansätzen von Drucker und Meffert wird das Untemehmensziel der Ge­ winnmaximierung im Grundsatz bejaht, da sie die Auffassung vertreten, daß sich ein Großteil der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungsprobleme dieser Länder bei konsequenter Anwendung dieses Marketingkonzepts lösen ließe.65 Dies hatte zur Konsequenz, daß die Versuche von Marketingmanagem, die Schwierigkeiten des internationalen Marktgeschehens zu problematisieren (bspw. Umweltbelastungen), mit dem Hinweis auf ökonomische Sachzwänge relativ schnell beschwichtigt werden konnten.66 Darüber hinaus sind die Regie­ rungen der Gastländer teilweise heute noch dazu bereit, auf den Heimatmärkten der MNU verbotene Produkte bei sich vermarkten zu lassen, sofern der daraus entstehende Grenznutzen der ökonomischen Entwicklung die aus Gesundheitsri­ siken und Umweltverschmutzung resultierenden Grenzkosten übersteigt67 Symptomatische Konsequenz dieser Entwicklung ist häufig die Überdehnung der Marktwirtschaft zum Denkmuster einer ganzen Marktgesellschaft.68 Der Marke­ tingmanager konnte sich also guten Gewissens darauf beschränken, den Markt auf seine Funktionsfähigkeit, nicht aber seine Vernünftigkeit zu analysieren.69

Neben den makroökonomischen Auswirkungen der Marketingaktivitäten von MNU sind allerdings diverse weitere Effekte zu berücksichtigen. Die Auswirkun­ gen ihrer Aktivitäten können nämlich nicht einer neutralen Diagnose überlassen 61 Vgl. Kinsey 1988, pp. 19-20; Kinsey 1982, pp.73-74. 62 Vgl. Meffert 1976a, S.3-4. 63 Austin 1991, S.368. 64 Vgl. Praetorius 1991, S.277; Raffee 1989, S.12. 65 Vgl. Hahne 1979, S.148. Vgl. dazu auch Friedman 1984, S.175-179. 66 Vgl. Hansen 1988, S.711. 67 Vgl. Iyer 1998, p.235; Donaldson 1993, Sp.739. 68 Vgl. Ulrich 1998a, S.49. 69 Vgl. Abel 1988, S.804.

144

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

werden, sofern MNU von ihrer Wirtschaftskraft das Gewicht ganzer Volkswirt­ schaften haben.70 Die weiteren Ausführungen werden zeigen, daß Marktzwänge und rechtliche Vorschriften die persönliche Moral von Marketingmanagem nicht ersetzen können.71 Insbesondere im internationalen Kontext machen ökonomi­ sche, ökologische und soziale Probleme die Konflikte zwischen Markt und Moral sichtbar und stehen somit im Widerspruch zur Auffassung von Adam Smith.12 Sie zeigen aber nicht nur die Schwachstellen der Marktwirtschaft auf, deren Ausbau in EL ja gerade vorangetrieben werden soll, sondern auch die Grenzen, die dem Marketing auf unvollkommenen Märkten als Förderer dieses marktwirtschaftli­ chen Systems gesetzt sind.

Zur Überprüfung dieser These wird im folgenden auf den institutionenökonomi­ schen Ansatz zurückgegriffen, der sich vom Referenzmodell des vollkommenen Marktes löst und sich auf Informationsasymmetrien und Durchsetzungsprobleme im Marktgeschehen sowie die damit verbundenen Anreize zu opportunistischem Verhalten konzentriert.73 Diese Annahmen sind dazu geeignet, die Rahmenbedin­ gungen auf internationalen Märkten und insbesondere in EL realitätsnäher abzu­ bilden. Gleichzeitig wird damit der Auffassung von Iyer gefolgt, wonach auch im internationalen Marktgeschehen die Analyse von Austauschprozessen zwischen anbietenden und nachfragenden Einzelwirtschaften den Ausgangspunkt der ethi­ schen Beurteilung von internationalen Marketingaktivitäten bilden muß.74

Die angesprochenen Probleme - unvollkommene Information über die Marktda­ ten, Unsicherheit über die Zukunft - fuhren dazu, daß die Marktakteure Transak­ tionskosten in Form von Geld, Zeit und Mühe aufwenden müssen.75 Insbesondere bei wirtschaftlicher Tätigkeit in fremden Kulturen, in denen Vertragstreue einen geringeren Stellenwert hat, fallen durch weitere Absicherungen zusätzliche 70 71 72

73

74

75

Vgl. Knyphausen-Aufseß 1998, S.41-42; Rogers/Ogbuehi/Kochunny 1995, pp.31 -32. Vgl. dazu auch Hax 1993, S.770. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.398. Smith, als Vertreter der klassischen Nationalökonomie und „Urvater“ der marktwirtschaftlichen Idee, geht in seinen Überlegungen von einer übergreifenden Harmonie bzw. der wohlstandsfördemden Wirkung einer „unsichtbaren Hand“ aus. Vgl. dazu u.a. Behnam 1998, S.75-78; Kreikebaum 1996, S.59-63, 128-130. Vgl. Richter/Furubotn 1996; Williamson 1990. Im Gegensatz zum vollkommenen Markt, auf dem vollständige Markttransparenz herrscht und sachlich gleichartige Güter gehandelt werden, ohne daß auf Seiten der Konsumenten bestimmte zeitliche, räumliche und persönliche Präferenzen bestehen, ist auf unvollkommenen Märkten eine dieser Homogenitätsanforderungen verletzt. Vgl. Feess 1997, S.763. Vgl. Iyer 1998, p.222. Darüber hinaus benötigt auch die adäquate Behandlung des Phänomens der wirtschaftlichen Entwicklung nach Dunn eine stärker mikroökonomische Fundierung, „die am Verhalten des einzelnen Akteurs ansetzt, anstatt sich mit der wenig aussagekräftigen Annahme zu beschneiden, jeder Mensch verfolge eben seinen Nutzen und jedes Unternehmen maximiere seinen Gewinn.“ Dunn 2001, S.8. Vgl. Kaas 1999, S.128-129; Kaas 1997, S.9-10.

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

145

Transaktionskosten an.76 In den meisten Fällen haben allerdings die Anbieter den vergleichsweise höheren Informationsstand, während die Nachfrager in bezug auf das Leistungsangebot häufig unsicher sind.77 Speziell das Marketing in EL ist durch ein ungleiches Kräfteverhältnis charakterisiert, da die MNU i.d.R. den Zugang zu den notwendigen Informationen kontrollieren können.78 Die Initiative liegt deshalb primär bei den anbietenden Unternehmungen, zumal gerade in EL angezweifelt werden kann, daß sich die Nachfrager aktiv und unter Aufwendung zusätzlicher Kosten um ein Zustandekommen von Austauschprozessen bemühen werden. Dem Marketing kommt jedoch bei der Ermittlung und Bewertung sol­ cher Herausforderungen eine Katalysator- und Koordinationsfunktion zu:79 Durch die Überwindung von Informations- und Unsicherheitsproblemen mittels Ent­ wicklung und glaubhafter Vermittlung überlegener Leistungsangebote zielt es auf die Förderung von ökonomischen Austauschprozessen. Es dient demnach der Förderung dauerhafter Austauschbeziehungen in einer unvollkommenen Welt.80 Derartige Voraussetzungen sind konstitutiv für das Marketing, denn „in der idea­ len Welt des vollkommenen Marktes ist kein Raum für Marketing. [...] Es gibt nichts, was durch Marketing gefordert oder verbessert werden könnte.“81

Die Frage nach der moralischen Verantwortung des einzelnen Marketingmana­ gers und des Unternehmens stellt sich aber auch nur dann, wenn der Markt nicht automatisch zu unmoralischem oder moralischem Verhalten zwingt.82 So wie das Marketing erst auf einem unvollkommenen Markt eine Bewandtnis bzw. Aufgabe hat, ergeben sich analog dazu auch Spielräume für moralisches oder unmorali­ sches Handeln, das einer ethischen Beurteilung zugänglich ist.83 Moralische Ent­ scheidungen werden den Marketingmanagem durch folgende, auch im internatio­ nalen Kontext gegebene Unvollkommenheiten realer Märkte abverlangt:84

1.

76 77 78 79 80 81 82 83 84 85

Machtagglomeration: Im Gegensatz zum vollkommenen Markt versagt hier die disziplinierende Kraft des Wettbewerbs und ein Monopolist kann, indem er Menge, Preis und Qualität gewinnmaximal wählt, aktives Marketing be­ treiben, das einer moralischen Verantwortungsübemahme bedarf.85 Entgegen der markttheoretischen Voraussetzung für einen optimalen Interessenab­ gleich - nämlich dem Polypol - sind die MNU typischerweise auf Märkten Vgl. Wieland 1997, S.532. Vgl. Arnoldt 1996, S.147. Vgl. Amine 1998, p.380. Vgl. Meffert 1989, S.350. Vgl. Kaas 1999, S.129; Kaas 1995, S.5. Kaas 1999, S.130. Vgl. Enderle 1991, S.l81-182. Vgl. Kaas 1999, S.130. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.399; Hansen 1995, Sp.616. Vgl. Kaas 1997, S.12-13.

146

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

mit Oligopolstruktur organisiert.86 Aufgrund der relativ geringen Wettbe­ werbsintensität speziell in EL haben MNU dort fast unbeschränkte Hand­ lungsfreiräume.87 Häufig wird vor allem dem (internationalen) Marketing vorgeworfen, daß es durch den Einsatz einer intensiven Absatzgestaltung (z.B. Werbung) die Monopolisierung bzw. Oligopolisierung der Märkte an­ strebe, um das Unternehmen auf diese Weise dem Leistungswettbewerb zu entziehen.88 Die Belebung des Wettbewerbs durch neue Anbieter wird in EL vielfach durch einen restriktiven Marktzugang verhindert. Folglich funktio­ niert der Wettbewerb als Allokationsmechanismus meistens nur auf den klei­ neren, traditionellen Märkten.89 Es ist u.a. diese Machtstellung der MNU, die eine Berücksichtigung individualethischer Aspekte im internationalen Mar­ keting sowohl notwendig als auch möglich erscheinen läßt. 2.

Informationsasymmetrien: Sie ergeben sich vor allem aus der Komplexität des Wirtschaftens und hier insbesondere aus der Internationalisierung des Wirtschaftsgeschehens, wodurch sich das Folgenausmaß und das Problem der Folgenzuweisung verschärft. So können in EL diffuse Entscheidungspro­ zesse und asymmetrische Macht- und Informationsbeziehungen zwischen der Muttergesellschaft und ihren ausländischen Tochtergesellschaften zu einer „organisierten Unverantwortlichkeit“90 im internationalen Marketing fuhren. Die ausländischen Niederlassungen fühlen sich im Vertrauen auf übergeord­ nete Instanzen u.U. von der eigenen Verantwortung moralisch entlastet.91 Gleichzeitig eröffnen unvollkommene Informationen Handlungsspielräume für ein opportunistisches Verhalten (z.B. schlechte Qualität, irreführende Werbung), dessen moralische Legitimität fragwürdig sein kann.92 In diesem Zusammenhang kann die Möglichkeit, ungestraft auf moralisch fragwürdige Weise den eigenen Vorteil zu verfolgen, als ein bedeutender Faktor für un­ moralisches Marketinghandeln gesehen werden.93 Es erscheint einsichtig, daß opportunistisches Handeln um so leichter, folgenloser und dadurch reiz­ voller ist, je größer die Informationsasymmetrie zu Ungunsten des internen

86 87

Vgl. Kumar/Sjurts 1991, S.164-165; Simpson 1982, pp.229, 233. Vgl. Richter 1997, S.l00; Nevett 1988 p.240. Zu den unzureichenden Beschränkungen dieser Handlungsspielräume z.B. durch das nationale bzw. supranationale Rechtssystem vgl. Kapitel 4.2.1. Vgl. Angehm 1981, S.8; Harper 1975, pp.215-223; Dichtl 1970, S. 108-109. Vgl. Schlesinger 1988, S. 126-127; Hahne 1979, S.165-178. Auf diesen Märkten kommt der für heimische Anbieter typische Mangel an Kapital und Know-how weniger zum tragen. Vgl. Kreikebaum 2000, S.148; Kreikebaum 1998, S.174. Vgl. Kumar/Sjurts 1991, S.168. Vgl. Kaas 1999, S.130-131; Kaas 1997, S.13. Vgl. Smka 1997, S.72; Smka/Wagner 1996, S.203-204; Ferrell/Gresham 1985, p.92.

88 89

90 91 92 93

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

147

bzw. externen Transaktionspartners ist.94 Das muß insbesondere im interna­ tionalen Marketingkontext Anlaß zu Bedenken geben, ist doch die Asymme­ trie der Informations- und Machtverteilung dem multinationalen Untemehmensverband immanent.95 Darüber hinaus wird ein solches Verhalten als (fast) dominante Strategie bezeichnet werden müssen.96

3.

Externe Effekte: Es handelt sich hierbei um unerwünschte Folgen des Wirt­ schaftens, die nicht im Markt internalisiert werden können und gravierende Störfaktoren des Marktgeschehens darstellen, weil sie die Wohlfahrt unbetei­ ligter Personen beeinträchtigen. Auch im internationalen Marktgeschehen sind sie ein zeittypischer Normalfall und dies insbesondere in den EL,97 wie bspw. der Seveso-Unfall oder das Bhopal-Unglück gezeigt haben. Vom Mar­ ketingmanagement muß deshalb verlangt werden, seine potentiellen externen Effekte schon bei der Festlegung der Unternehmens- und Marketingziele verantwortlich zu integrieren.98

Hinsichtlich des Beitrags der Marketingaktivitäten von MNU zum Entwicklungs­ prozeß der EL wird deutlich: „Wer Moral zum überflüssigen Beiwerk der Wirtschaftstätigkeit erklärt, übersieht die Tatsache des Marktversagens. Auch der globale Markt bedarf einer Moral, die er selbst nicht erklären kann. Beispielsweise können Wachstumsprozesse in un­ terentwickelten Ökonomien verhindert werden, wenn unvermitteltes Selbstin­ teresse [...] dominiert, und eine gesellschaftliche Integration fehlt, die nicht durch den Markt geschaffen wird.“99

94 95

96

97 98 99

Vgl. Kaas 1999, S.l31 -132; Kaas 1997, S.19. Vgl. Wieland 1994, S.24; Kumar 1991, S.236. Darüber hinaus gelingt es den MNU z.T. auch, Informationsasymmetrien zum Nachteil der Nationalstaaten aufzubauen, was ihre Machtposition weiter stärkt. Vgl. Engelhard/Gerstlauer/Hein 1999, S.307. Vgl. Greffarth 1990, S.40. Eine „Strategie, die bei allen möglichen Strategienkombinationen der anderen Spieler mindestens zum gleichen und bei mindestens einer Strategienkombination der anderen Spieler zu einem besseren Ergebnis fuhrt, heißt dominante Strategie.“ Feess 1997, S.775. Vgl. Kumar/Sjurts 1991, S.l64. Vgl. Lenders 1988, S.807 und die detaillierten Ausführungen in Kapitel 6.1. Kreikebaum 2000, S.l47.

148

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

4.2

Spielräume (un-)ethischen Handelns im internationalen Marketing

4.2.1

Notwendigkeit ethischer Handlungsnormen auf Unter­ nehmensebene

Die Notwendigkeit unternehmens- und marketingethischer Normen ergibt sich einerseits aufgrund der dargestellten Marktunvollkommenheiten und andererseits angesichts der beschränkten Wirkung der nachfolgend erörterten institutionellen Kräfte, die zwar die opportunistische Ausnutzung von Informationsasymmetrien im internationalen Marketing begrenzen sollen, ethisch fragwürdiges Handeln aber nicht vollends unterbinden können. Neben den im internationalen Kontext zwangsläufig unvollkommenen rechtssetzenden und rechtsdurchsetzenden Insti­ tutionen100 entwickeln sich aus dem Marktprozeß selbst zwei weitere Mechanis­ men, die eigentlich opportunistisches Verhalten verhindern sollen: „Erstens wer­ den Opportunisten in dem Maße ,entlarvt4, in dem es den seriösen Anbietern ge­ lingt, sich den Nachfragern glaubhaft zu erkennen zu geben. Zweitens sorgt der Markt im allgemeinen dafür, daß sich Opportunismus auf lange Sicht nicht auszahlt.“101 Zum ersten Aspekt sei darauf hingewiesen, daß das Marketing durch die adäquate Bereitstellung von mehr und besseren Informationen (z.B. zur Produktqualität) die Markttransparenz erhöht und somit einen positiven Beitrag zur ökonomischen Entwicklung eines Landes zu leisten vermag.102 Der Anbieter ist im Vergleich zum Verbraucher jedoch insofern privilegiert, als er im Rahmen der (lückenhaf­ ten) Gesetzgebung weitgehend autonom darüber entscheiden kann, wie und in welchem Ausmaß er informiert.103 Die Kommunikation und der Umgang mit In­ formationen als Entscheidungsgrundlage ist somit ein bedeutendes Element mar­ ketingrelevanter ethischer Probleme, da Ehrlichkeit und Offenheit die notwendi­ gen Voraussetzungen für die Glaubwürdigkeit und Praktikabilität sozialen Ver­ haltens darstellen.104 Es braucht glaubwürdige und korrekte untemehmensbezogene Informationen, um Markttransaktionen unter ökologischen und sozialen Aspekten zu qualifizieren, da dieses Informationsdefizit vom Markt selber nicht 100 101 102 103 104

Vgl. Steinmann/Scherer 1997, S.24. Kaas 1997, S.21. Vgl. Kaynak/Hudanah 1987, p.48; Dichtl 1970, S.106,109. Vgl. Angehm 1981, S.6. Vgl. Meffert/Remmerbach 1987, S.l 1 und ähnlich Kreikebaum 1996, S.23-24.

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

149

kompensiert wird.105 Mit sog. „Selbstbindungen“ (z.B. Garantien, Gütesiegeln) hat der seriöse Anbieter allerdings eine Möglichkeit, glaubwürdige Signale für den Nachfrager zu schaffen, da diese für den opportunistischen Anbieter zu teuer sind.106

Die zweite institutionelle Grenze ergibt sich aus der Annahme, daß ein Marktme­ chanismus bestehe, der unmoralische Akteure beseitige, da sich die Verletzung ethischer Normen über eine bestimmte (elastische) Grenze hinaus für das Unter­ nehmen nicht lohne. Ein schlechter Ruf und gerichtliche Klagen können so etwa die Folgen extrem rücksichtslosen Handelns sein.107 Es ist demnach ökonomisch effizient, einen ausbeutungsresistenten Rahmen zu schaffen und auf einer Ver­ trauensgrundlage zu operieren.108 Insbesondere im Hinblick auf das internationale Marketing in EL scheint dieser Aspekt wichtig: „Das emotionale Element des Geschäfts ist sowohl bei Investitions- wie auch bei Konsumgütem viel stärker ausgeprägt als in Industrieländern. Freundschaft, Vertrauen, persönliche Bezie­ hungen lassen die rationalen Aspekte des Geschäfts [...] zurücktreten.“109 Der Aufbau von Vertrauen in die Integrität und Moralität des Marktpartners gewinnt auch angesichts der notorischen Schwierigkeiten, internationales Vertragsrecht durchzusetzen, an Bedeutung.110 DeGeorge argumentiert deshalb, daß jede inter­ nationale Geschäftsbeziehung ein Mindestmaß an Moralität erfordere.111 So könnten bspw. qualitativ hochwertige Produkte und der Verzicht auf irreführende Werbung die notwendigen Rahmenbedingungen für vertrauensvolle Aus­ tauschprozesse zwischen Unternehmern und Letztnachfragem im internationalen Kontext schaffen.112 Die so gewonnene Reputation enthält ergo immer auch eine moralische Komponente, die zu einem Wettbewerbsvorteil wird und deshalb auch nicht mit inhaltsleeren PR-Maßnahmen gleichzusetzen ist.113 Es ist vielmehr die langfristige Präsenz eines Unternehmens am Markt und sein Ruf als fairer Anbie­ ter von bspw. konstanter Qualität, die wie eine Geisel in der Gewalt des Nachfra­ gers wirken. Reputation kann daher auch als Extrapolation positiver Erfahrungen der Vergangenheit begriffen werden.114 Die Reputation eines Herstellers verfügt 105 Vgl. Hansen/Lübke/Schoenheit 1993, S.589. 106 Vgl. Kaas 1995a, Sp.976; Kaas 1990, S.545. Derartige freiwillige Selbstbindungen bilden folglich auch einen interessanten Anknüpfungspunkt für eine wie auch immer geartete moralische Eigeninitiative im internationalen Marketing (z.B. Unternehmens- und Branchendialoge). 107 Vgl. Smka 1997, S.48; Angehm 1981, S.20. 108 Vgl. Steinmann 1997, S.l6. 109 Schnitt 1985, S.5. Dies gilt z.B. in extremer Weise für Geschäftsaktivitäten in der VR China. Vgl. Berg/Holtbrügge 2000, S.24-25. 110 Vgl. Wieland 1997, S.528. 111 Vgl. DeGeorge 1993, pp. 19-20. 112 Vgl. Schlegelmilch 1998, pp.l 1-12; Rawwas/Patzer/Klassen 1995, p.73. 113 Vgl. Homann 1997, S.l90. 114 Vgl. Ungem-Stemberg/Weizsäcker 1981, S.613.

150

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

demzufolge über eine doppelte Wirkung, wenn man auf der einen Seite ihren möglichen Verlust und auf der anderen Seite ihren mühevollen und kostspieligen Aufbau berücksichtigt. Sie stellt somit eine effiziente Art der Selbstbindung und des Konsumentenschutzes dar. Darüber hinaus können derartige Überlegungen auch für die rücksichtslose Ausnutzung monopolistischer Strukturen und freier Ressourcen gelten, die Eingriffe seitens der (Gastland-)Regierung provozieren.115 Die anhaltende Kritik an den Marketingpraktiken der MNU läßt vermuten, daß die dargestellten Mechanismen und Institutionen, wie bereits angedeutet, lücken­ haft bzw. unvollkommen sind und demzufolge keinen ausreichenden Schutz ge­ gen opportunistische bzw. ethisch fragwürdige Marketinghandlungen liefern können. Nach Kaas handelt es sich dabei um folgende Unvollkommenheiten und Handlungsspielräume,116 die in ähnlicher Form, mutatis mutandis, im internatio­ nalen Marketing existieren und durch ethische Handlungsnormen ausgefüllt wer­ den müssen:

Erstens vollzieht sich die Globalisierung der Wirtschaft und mit ihr das interna­ tionale Marketingmanagement in Räumen, „für die noch keine Strukturen der Kontrolle und Rechenschaft erfunden sind“.117 Dies ist damit zu begründen, daß die Deckungsgleichheit von gesetzgeberischem „Handlungsraum“ und ökonomi­ schem „Wirkungsraum“ mehr und mehr verloren geht.118 Dieses Steuerungsdefi­ zit des Rechts ergibt sich neben den bereits im nationalen Kontext bekannten existierenden Unvollkommenheiten aus der Tatsache, daß den MNU, im Gegen­ satz zu den Nationalstaaten und ihrer territorial begrenzten Souveränität, ein weltumspannendes Handlungsfeld offensteht. Das System wechselseitiger Kon­ trolle von MNU und Regierung sowie von MNU und Letztnachfragem löst sich somit auf.119 Ein defizitäres sozioökonomisches Kontroll- und Sanktionssystem sowie kurzfristig nicht abbaubare Macht- und Informationsasymmetrien zeigen darüber hinaus die Mängel supranationaler Regelungsversuche.120 Die Unzuläng­ lichkeit international verbindlicher Rechtsvorschriften schafft somit einen zusätz­ lichen Normierungsbedarf, damit die MNU die Verantwortung für ihre Aktivitä­ ten nicht mit dem Verweis deren Gesetzeskonformität negieren kann. Überdies kann argumentiert werden, daß die ethische Verantwortung in Ländern mit einer unterentwickelten gesetzlichen bzw. regulierenden Rahmenordnung am größten

Vgl. Kaas 1997, S.23. Vgl. im folgenden Kaas 1999a, S.238-240, 244-246; Kaas 1997, S. 14-16, 23-25. Vgl. Dahrendorf 1997, S.14. Vgl. Steinmann 1997, S.6-7; Hesse 1988, S.203. Vgl. Dunn 1999, S.244-245; Kumar/Graf 1998, pp.132-134; Kreikebaum 1998, S.169; Donaldson 1993, Sp.734. 120 Vgl. Kreikebaum 2000, S.151; Kumar 1998, S.66. 115 116 117 118 119

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

151

ist, da MNU dort sonst „Moralarbitrage“ betreiben könnten.121 So stellt Carter fest, daß das Marketing in EL zweifellos einen Beitrag zur ökonomischen Ent­ wicklung zu leisten vermag - das allerdings, aufgrund defizitärer Gesetze und Verbraucherschutzbestimmungen, häufig nur zu einem „hohen Preis“.122 Die Forderung nach einer internationalen Marketingethik könnte deshalb in dem Sinne aufgestellt werden, daß z.B. der gesetzliche Konsumentenschutz in EL lediglich die Untergrenze des ethischen Verhaltens von MNU bilden sollte,123 zumal die Verbraucher dort besonders schutzbedürftig sind.

Zweitens ist zu berücksichtigen, daß die Letztnachfrager die ihnen zugedachte Kontrollfunktion nicht immer perfekt wahmehmen können oder wollen. Da das Einholen von Informationen und die Auswertung von Erfahrungen mit Transakti­ onskosten verbunden sind, die Verbraucher in EL häufig nicht auf sich nehmen können, nehmen sie bspw. Qualitätsdefizite bewußt in Kauf. Darüber hinaus ent­ springt nicht jedes Handeln einer individuell rationalen Kalkulation und ist nicht als deren Kausalfolge zu erklären.124 In EL sind es oft nicht Überzeugung und eigene Entscheidung, sondern Gewohnheit und Tradition, die das Einkaufsver­ halten dominieren.125 Schließlich gibt es Letztnachfrager mit systematischen De­ fiziten in der Verarbeitung von Marktinformationen. „In dieser Hinsicht beson­ ders gefährdet sind Verbraucher in der Dritten Welt, die oftmals schon aufgrund ihres Analphabetentums oder ihres bescheidenen Bildungsgrades den Verlockun­ gen des marktwirtschaftlichen Systems hilflos ausgeliefert sind.“126 In EL ist die „Verwundbarkeit“ der Letztnachfrager somit besonders signifikant, da sie in bezug auf Bildung und Selbstvertrauen bei der Artikulation ihrer Rechte gegen­ über den MNU in einer schwächeren Position sind. Dies kann u.U. zu einer Ero­ sion des Vertrauens in den Marktmechanismus und die Marketingverantwortlichen fuhren.127 Entscheidungen im internationalen Marketing können folglich nicht mit dem Verweis auf die Konsumentensouveränität getroffen werden. Die Annahme der Konsumentensouveränität als Garant für einen freien Zugang aller Bedürfnisse zum Markt kann weder notwendige noch hinreichende Bedingung für einen ethischen Marketingansatz sein und wurde deshalb bereits im nationalen Kontext nicht zuletzt angesichts der massiven Beeinflussung der Nachfrage als Fiktion verworfen.128 Gleichzeitig hat nur die monetäre Nachfrage Zugang zum 121 122 123 124 125 126 127 128

Vgl. Lazniak/Murphy 1993, p.225; Homann/Blome-Drees 1992, S.l 16. Vgl. Carter 1985, p.l 12. Vgl. hierzu auch Jöstingmeier 1994, S.8. Vgl. Kreikebaum 1996, S.20; Kroeber-Riel/Weinberg 1996, S.l 13-140; Bauer 1993, S.l6. Vgl. Böcker 1989, Sp. 1384-1385; Schlesinger 1988, S.124-125. Dichtl 1991, S.392. Vgl. auch Böcker 1989, Sp.1386; Meffert/Remmerbach 1987, S.8. Vgl. Amine 1998, pp.380-381, 388-389; Iyer 1998, pp.229-230. Vgl. Rogers/Ogbuehi/Kochunny 1995, p.16 sowie Kapitel 2.1.1 und Kapitel 3.2.2.

152

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

Interessenausgleich am Markt, so daß sich bei der Realisierung dieses Marketing­ konzepts in EL die Polarität der Bedürfnisse noch weiter verstärken würde.129 Einen dritten Aspekt stellen Märkte dar, auf denen der Anreiz zu unmoralischem Marketinghandeln darin besteht, kurzfristig Gewinne zu erzielen, da der genannte Mechanismus der Reputation nur langfristig wirkt.130 Wegen der Infrastrukturund Kommunikationsdefizite in EL (z.B. geographische Isolation, Schwächen des Fernmeldewesens) können negative Erfahrungen dort u.U. nicht unmittelbar wei­ tergegeben, was dazu fuhrt, daß die Marktakteure nicht zwangsläufig durch Zu­ kunftserwartungen diszipliniert werden. So kamen in den letzten Jahren zahlrei­ che Fälle ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit, bei denen Marketingmanager die Gelegenheit genutzt hatten, potentiell schädliche Produkte in EL zu vermark­ ten.131 Wie diese Beispiele gezeigt haben, mögen langfristig zwar gesundheitsund umweltschädigende Produkte vom Markt verdrängt werden, kurzfristig kann das moralische Dilemma dadurch allerdings nicht gelöst werden. Dies bedeutet, einen berühmten Ausspruch von Keynes auf den Kopf gestellt, „in the short-run, many people may die“.132 Diese Überlegungen spiegeln sich auch in der Ein­ schätzung des Marketingbeitrags von MNU zum Entwicklungsprozeß der Dritten Welt wider. Während die Rolle des Marketing für die Entwicklung westlicher Industrienationen selten in Frage gestellt wurde, zeichnet sich im Zusammenhang mit den EL ein differenzierteres Bild ab.133 Die zum Teil abträgliche bzw. sogar ablehnende Haltung ergibt sich danach aus dem in diesen Ländern herrschenden Image des Marketing, als einer quasi-parasitären, verschwenderischen und sozial irrelevanten Aktivität, die keinen spürbaren Entwicklungsbeitrag zu leisten ver­ mag. Dem Marketingmanager wird dort deshalb oft mit Mißtrauen begegnet.134 Realiter stellt die kurzfristige und spekulative Ausnutzung der Gewinnchancen und maximalen Vorteile aus jeder sich anbahnenden Transaktion keinen Einzel­ fall im Rahmen des gewinnorientierten Untemehmerverhaltens in EL dar.135 Die (Marketing-)Aktivitäten von MNU bergen folglich ein schwer berechenbares Risikopotential in sich, so daß sich ihre Wahrnehmung im Zeitablauf mitunter zu Recht verändern kann.136

129 Vgl. Hahne 1979, S.71-72. 130 Vgl. Kaas 1999, S.l36-137; Kaas 1997, S.24-25. 131 Vgl. Amine 1998, p.380 und ausführlich die genannten Beispiele in Kapitel 6.3.1. Diese Skandale kamen jedoch häufig erst über den Umweg der Heimatmärkte der MNU und folglich mit zeitlicher Verzögerung ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit. 132 Rogers/Ogbuehi/Kochunny 1995, p. 15. 133 Vgl. Hosley/Wee 1988, p.50. 134 Vgl. Kinsey 1988, pp.26-27; Kaynak/Hudanah 1987, p.52; Kindra 1984, p.XI. 135 Vgl. Dawson 1988, p.30; Hahne 1979, S.l61. 136 Vgl. Knyphausen-Aufseß 1998, S.44.

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

153

Zu ethisch zweifelhaften Verhaltensweisen (z.B. „hard selling“) kann es viertens auch dann kommen, wenn der innerbetriebliche Leistungsdruck übermächtig wird. So sieht sich der Vertriebs- und Marketingmanager bei seiner Tätigkeit, neue Märkte zu erschließen bzw. den Produktumsatz zu erhöhen, und den damit verbundenen Entscheidungen häufig einem Dilemma zwischen Effizienz und Moral gegenüber (bspw. bei der Lieferung von Kriegsmaterial in Krisenge­ biete).137 Diese Entscheidungen gewinnen im internationalen Marketing an Be­ deutung: Viele der ethisch fragwürdigen Verhaltensweisen entstehen dadurch, daß die verantwortlichen Marketingmanager unter großem Druck stehen, die vorgegebenen Verkaufsziele zu erreichen, wobei sie häufig isoliert von der Zen­ trale, bei nur minimaler Kontrolle operieren.138 In diesem Zusammenhang spielen auch die Informationsasymmetrien im internationalen Untemehmensverbund eine wichtige Rolle, da diese oft mit der bewußten Zurückhaltung entscheidungsrele­ vanter Informationen verknüpft sind, zumal MNU infolge der Globalisierung Teilen des Unternehmens oft größere Autonomie gewähren müssen.139 Ein wei­ terer Aspekt mag der Wettbewerb der Auslandsniederlassungen untereinander um die Ressourcen der Muttergesellschaft sein.140 In Anbetracht dessen scheint der Erfolgsdruck und somit die Bereitschaft zu unmoralischem Handeln unter re­ zessiven wirtschaftlichen Bedingungen, wie sie etwa in EL vorliegen, vielfach sogar noch größer.141 Zudem werden die MNU in diesen Ländern (bspw. in China) nicht selten dazu gedrängt, „positive Beiträge“ zur Realisierung der von Regierungsseite hochgesteckten gesamtwirtschaftlichen Wachstumsziele zu leisten, während ökologische und gesellschaftspolitische Anliegen nur von unter­ geordneter Bedeutung sind.142 Die ethischen Probleme des internationalen Marketing treten also offen zu Tage, wenn trotz der dargestellten Marktunvollkommenheiten und lückenhaften Institu­ tionen bzw. Mechanismen des Marktprozesses „der Glaube an die unsichtbare Hand‘ des Weltmarktes in Form einer ,Moral des Marktes* hypostasiert wird“.143 Die (diskursive) Formulierung ethischer Handlungsnormen im internationalen Marketing erscheint vor diesem Hintergrund unumgänglich, um ethisches Han­ deln zu gewährleisten. Dies um so mehr, wenn sich bestimmte (Entwicklungs-) Länder aus ökonomischen Gründen gezwungen sehen, als Trittbrettfahrer zu agie­ ren, indem sie sich nicht den höheren normativen Standards anderer Länder an­ 137 138 139 140 141 142 143

Vgl. Kreikebaum 1996, S.l86, 260. Vgl. Wood 1995, pp.7-8; Mathur 1995, p.55; Lee 1981, p.59. Vgl. Kreikebaum 1996, S.l98-199, 224; Homann 1997, S.191. Vgl. Kumar 1991, S.237. Vgl. Laczniak/Murphy 1993, p.216. Vgl. Berg/Holtbrügge 2000, S.l8-19. Kreikebaum 2000, S. 146.

154

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

schließen, um Investitionen zur Entwicklung des eigenen Landes an sich zu zie­ hen.144 Das Marktversagen geht in diesem Fall „Hand in Hand mit einem Staats­ versagen“.145

4.2.2

Notwendigkeit ethischer Handlungsnormen auf Branchenebene

„Individuelle Maßnahmen zur Verpflichtung eines Unternehmens auf die Einhal­ tung ethischer Normen im Marketing helfen nicht immer.“146 Unter bestimmten Marktbedingungen (z.B. einer verstärkten Wettbewerbssituation) kann es sich für das einzelne Unternehmen als schwierig erweisen, moralische Appelle zu befol­ gen. Dies ist damit zu begründen, daß verantwortungsbewußte Unternehmen u.U. ökonomische Nachteile erleiden, sofern es den Konkurrenten gelingt, durch op­ portunistische Verhaltensweisen eine Differentialrente zu erzielen.147 Moralisches Verhalten im Wettbewerb stellt i.d.R. ein öffentliches Gut dar, das zwar allen Be­ teiligten in Form von positiven Extemalitäten zugute kommt, aber von der MNU als moralischem Akteur allein zur Verfügung gestellt wird.148 Die Gefahr, dafür vom Markt bestraft zu werden, verstärkt sich im internationalen Wettbewerb, da die rivalisierenden Unternehmen mit verschiedenartigen Wettbewerbsstrukturen, Rahmenordnungen und Moralvorstellungen konfrontiert sind, aus denen sich un­ terschiedliche Ausgangssituationen für ökonomische Transaktionen ergeben. Die unterschiedlichen Rahmenbedingungen erzeugen ein erhöhtes Konfliktpotential, das sich aus der Nutzung ökonomischer Vorteile einerseits und der Einhaltung rechtlicher und moralischer Standards andererseits ergibt.149 Durch ethische Mar­ ketingstandards, die für eine ganze Branche150 Gültigkeit besitzen, lassen sich „Free-rider“-Positionen weitgehend ausschließen und gesellschaftlich wün­ schenswerte Wertorientierungen ohne Gefahr von Wettbewerbs Verzerrungen durchsetzen.151 In den Maßnahmen, die einen überbetrieblichen Rahmen für die Entfaltung der Unternehmens- und Marketingethik bilden, sehen Anhänger eines

Vgl. Steinmann 1997, S.17; Dunn 1993, S.191, 194. Dunn 1993, S.l92. Kaas 1999, S.l46. Vgl. Praetorius 1993, S.49-50. Vgl. Homann/Blome-Drees 1995, S.109; Homann 1992, S.78; Kreikebaum 1991, S.222-223. Vgl. Gilbert 1998, S.170. Die Branche wird als eine Gruppe von Unternehmen definiert, die Produktgruppen oder Produkte anbieten, die sich gegenseitig nahezu ersetzen können. Vgl. Kotler/Bliemel 1992, S.333. 151 Vgl. Homann/Gerecke 1999, S.444; Kumar 1998, S.82-83; Ulrich 1998, S.435-436; Kreikebaum 1997, S.239; Hansen 1992, S.661.

144 145 146 147 148 149 150

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

155

ökonomischen Determinismus deshalb die wichtigsten Ansatzpunkte der ethi­ schen Verhaltenssteuerung.152

In den EL ist die Angebotskonkurrenz bzw. der Wettbewerbsdruck für MNU zwar spürbar geringer, allerdings stehen neben absatzmarktorientierten Motiven häufig auch Kostenvorteile im Mittelpunkt der Intemationalisierungsbestrebungen, die durch die individuelle Übernahme ethischer Verantwortung u.U. ver­ lorengehen. So haben bspw. die Hersteller umweltfreundlicher Produkte aufgrund der Internalisierung externer Kosten einen Nachteil im Preiswettbewerb und ihr moralisches Verhalten wird keineswegs immer seiner Bedeutung entsprechend von den Verbrauchern honoriert.153 Während in den IL zwar zunehmend mehr Konsumenten bereit sind, die Vermarktung derartiger Produkte durch ihre täg­ lichen Einkaufsentscheidungen zu belohnen,154 muß in den ärmsten Ländern der Welt noch vom Gegenteil ausgegangen werden. Um dem Gesichtspunkt der Glo­ balisierung und der weltwirtschaftlichen Wettbewerbsneutralität zu entsprechen, ist eine überregionale und internationale Verbreitung ethischer Handlungsnormen daher wünschenswert.155 Ethische Branchenvereinbarungen sollen den Wettbe­ werb im legitimen Interesse Dritter in vorrangige „vitalpolitische“ Rahmenbe­ dingungen einbinden. Sie sind Ausdruck der kollektiv-autonomen Selbstbindung eines Wirtschaftszweigs und werden mangels supranationaler Regelungen im Sinne eines sukzessiven „ethical displacement“156 sowie des Subsidiaritätsprin­ zips in Kraft gesetzt.157 Eine solche Branchenvereinbarung kann auf internatio­ naler Ebene als „Wegbereiter” und Vorläufer einer veränderten Rahmenordnung dienen. Die Untemehmenspolitik substituiert in diesem Fall die vom Staat(enbund) bereitgestellte Ordnungspolitik und verpflichtet alle Anbieter zur Um­ setzung der ethischen Ansprüche.158

In diesem Zusammenhang wird ein weiterer, nicht zuletzt für EL entscheidender Aspekt deutlich: Es geht nicht nur darum, ethische Vorleistungen im praktischen Sinn aus dem Wettbewerb auszuklammem, sondern vielmehr darum, das anvi­ sierte Problem möglichst umfassend zu lösen (z.B. das der Korruption) und in der Wahrnehmung der politischen Verantwortung in gemeinsamem (republikani­ 152 153 154 155 156

Vgl. Hansen/Bode 1999, S.414. Vgl. Kaas 1999, S.146; Kaas 1997, S.60; Angehm 1981, S.21. Vgl. dazu u.a. imug/Emnid (Hrsg.) 1993, S.17-21. Vgl. Meister/Banthien 1998a, p. 101; Kreikebaum 1996, S.260-261. Ein „ethical displacement“ meint den Transfer einer Problemlösung auf eine übergeordnete Ebene und wird z.B. dann nötig, wenn einem MNU aufgrund des intensiven weltweiten Wettbewerbs individuelles ethisches Handeln nicht zumutbar ist. Vgl. dazu Kapitel 5.2.1.2; Tiemann 1999, S.810; Steinmann 1997, S.l9; Steinmann/Olbrich 1994, S.l35-136. 157 Vgl. Ulrich 1998, S.435. 158 Vgl. Meister/Banthien 1998a, pp.91-92; Kreikebaum 1996, S.234; Meister 1996, S.108; Homann 1991, S.109.

156

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

sehen) Engagement zur ordnungspolitischen Umkehrung der Anreize beizutra­ gen.159 Über die Individualverantwortung der Marketingmanager und des ein­ zelnen Unternehmens hinaus besteht eine übergeordnete Verantwortung von Be­ rufsgruppen, Branchenverbänden und Vereinigungen. Sie können ihrer fachbezo­ genen Verantwortung bspw. in Form eines Standes- und Berufskodex für ihre Mitglieder entsprechen und so den Raum möglicher Handlungsaltemativen ver­ antwortungsvoll eingrenzen.160 Die ordnungspolitische Verantwortung einer Branche ist insbesondere auf internationaler Ebene von Bedeutung, da dort in bestimmten Fällen ein individuelles moralisches Engagement weder zumutbar noch zur weitreichenden Handhabung von Konflikten geeignet ist und daher durch begleitende institutionelle Strukturveränderungen gestützt werden muß. Genauso wie ein einzelner Teppichproduzent ungesetzliche Kinderarbeit in seiner Branche nicht verhindern kann (bspw. in Indien), ist ein „Antibestechungspakt” nur als Selbstverpflichtung auf Branchenebene und unter breiter Beteiligung und Zustimmung möglichst aller Wettbewerber denkbar.161 Ein weiteres Beispiel ist der Mißbrauch von Kontaktklebstoff als Schnüffeldroge durch lateinamerikani­ sche Straßenkinder: Während der amerikanische Konzern H.B. Fuller seinen lö­ sungsmittelhaltigen Klebstoff vom hondurianischen Markt nahm, brachte Henkel einen wasserbasierten Klebstoff, der aber nicht so schnell und dauerhaft klebte, auf den Markt der betroffenen Länder. Dies führte in der Folge nicht nur dazu, daß der Umsatz von Henkel völlig einbrach und die Firma heute nicht mehr auf diesem Markt vertreten ist. Weder Henkel noch Fuller konnten im Alleingang die Straßenkinder vor weiteren Gesundheitsschäden schützen, da diese die Klebstoffe durch die z.T. noch giftigeren Produkte regionaler Hersteller ersetzten.162

Vor diesem Hintergrund kann zunächst festgestellt werden, daß derartige Pro­ gramme um so eher in solchen Branchen zustande kommen, die durch ein starkes produktbedingtes Risikopotential bezüglich Sicherheit, Gesundheit oder Umwelt­ schädigungen gekennzeichnet sind und wo sich derartige Probleme in individuel­ len Beeinträchtigungen niederschlagen.163 Angesichts der vielfältigen Probleme und Konflikte in den EL erscheint es deshalb zunächst wenig überraschend, daß auch dort Branchenvereinbarungen existieren. Unabhängig davon haben sich in größerem Maße im Bereich der Marktforschung und einigen Teilbereichen des Marketing-Mix internationale Branchenvereinbarungen entwickelt.

159 Vgl. Ulrich 1998, S.434-435; Homann/Blome-Drees 1992, S.l62. 160 Vgl. Kreikebaum 1996, S.196; Lenk/Maring 1991, S.370-376. 161 Vgl. Kreikebaum 2000, S.l50-151; Bierich 1999, S.445 und die dort dargestellten Initiativen der „Rugmark-Foundation“ und von „Transparency International“. 162 Vgl. dazu Tiemann 1999, S.3-5. 163 Vgl. Hansen 1998, S.142.

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik



Entwicklungsländer­

Marketingspezifische

Dialogische

spezifische

Branchenvereinbarungen

Branchenvereinbarungen

Branchenvereinbarungen

IM INTERNATIONALEN

IM INTERNA TIONALEN

Kontext

Kontext

Empfehlungen für unterneh­



merisches Verhalten in den EL (AgChrU) •





afrika (Sullivan Principles)

Society of Competitive Intelligence Professionals (SCIP)



derprostitution in der

Responsible-Care -

Programm der chemischen Industrie (ICCA 1993)

Leitlinien zur Markt- und Mei­ nungsforschung (ICC/ESOMAR)

Vereinbarungen gegen Ras­

Vereinbarungen gegen Kin­

Marketing Creed (World Marketing Contact Group)



sendiskriminierung in Süd­



157



Global Business Dialogue on

Electronic Commerce (GBDe 1999)

Richtlinien zur Lauterkeit in der Werbung (ICC/EASA bzw. IAA)

Touristikbranche (UFTAA)

• •

Vereinbarungen gegen Kin­

derarbeit in Indien (Rugmark)



Gesellschaft zur Förderung der

Europäischer Verhaltenskodex für

Franchising (Europ. Verband für Franchising) •

Transparency International



Federation of European Direct

Partnerschaft mit der Dritten

Welt (gepa)

Selling Associations

Tabelle 4-1: Quelle:

Beispiele für internationale Branchenvereinbarungen Eigene Darstellung

Solche Branchenvereinbarungen stellen häufig nur den ersten Schritt auf dem Weg zu einem handlungsleitenden Branchenstandard auf regionaler oder welt­ weiter Ebene dar, und ihrer Wirksamkeit sind z.T. noch Grenzen gesetzt. Dabei wird u.a. kritisiert, daß ihre inhaltlichen Formulierungen vage und unvollständig seien, ihre Einhaltung praktisch nicht kontrolliert werden könne und harte Sankti­ onsmöglichkeiten vielfach fehlten.164 Wie aber die Bemühungen zu Branchenver­ einbarungen im weltweiten Kontext zeigen (bspw. IAA, SCIP), wiegt viel schwe­ rer, daß die inhaltliche Bestimmung der Normen und Standards i.d.R. nicht durch argumentative Verständigungsprozesse erfolgt. Es mangelt ihnen demzufolge nicht nur an Sensibilität gegenüber kontextspezifischen Bedingungen und Bedürf­ nissen (in EL), sondern auch am Konsens darüber, was als moralisches Handeln 164 Vgl. Kaas 1997, S.59-60; Parasuraman 1986, p.51; Laczniak/Murphy 1985, p.101; Tybout/ Zaltman 1982, S.l 19.

158

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

betrachtet werden soll.165 Insofern ist Salbu zuzustimmen, wenn er feststellt, daß ethische Branchenleitlinien aufgrund ihres Mangels an Konsensfähigkeit und Le­ gitimation im globalen Kontext gegenwärtig nur auf regionaler Ebene (z.B. in Europa) ihre Wirksamkeit entfalten können.166 Bei der Betrachtung von Branchenleitlinien muß sich von der Vorstellung freige­ macht werden, ganze Wirtschaftszweige seien im Hinblick auf Fragen gesell­ schaftlicher Verantwortung und Verantwortungsbereitschaft monolithische Ge­ bilde. Vielmehr müssen die Vereinbarungen, die auf Branchenebene für alle Mit­ gliedsfirmen getroffen werden, der Heterogenität und weitverzweigten Vernet­ zung gesellschaftlicher Anspruchsthemen und ihren Folgewirkungen in den ver­ schiedenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Teilbereichen gerecht wer­ den.167 Dies gilt um so mehr, wenn die Unternehmens- und Marketingaktivitäten der beteiligten Firmen grenzüberschreitenden Charakter besitzen. Unter diesen Bedingungen liegt die ethische Dimension eines Branchenstandards darin begrün­ det, daß er sich nach Entstehung und Gestaltung, im Unterschied zu herkömm­ lichen Branchenleitlinien, argumentativen Verständigungsprozessen und der Ini­ tiative der beteiligten Unternehmen verdankt.168 In der vorliegenden Arbeit wird deshalb die Auffassung vertreten, daß materiale Normen für die internationale Marketingpraxis nur in einem diskursiven Normenfmdungsprozeß entwickelt werden können. Um ethnozentristischen bzw. kulturrelativistischen Positionen vorzubeugen, wird entscheidend sein, daß die brauchen- bzw. untemehmensweiten, regionalen und lokalen Leitlinien sowohl mit den Diskursprinzipien als auch mit den lokalen Werten und Normen der betroffenen Stakeholder konform sind.169 Die beteiligten MNU müssen sich in der konkreten Situation mit guten Gründen darüber verständigen, welche (und warum die in Frage gestellten) Nor­ men Geltung beanspruchen sollen. Auf diese Weise kann auch auf Branchen­ ebene die Widersprüchlichkeit der Handlungsorientierung im moralischen Di­ lemma argumentativ aufgelöst werden.170 Das „Responsible-Care-Programm “ der chemischen Industrie und der „Global Business Dialogue on Electronic Com­ merce“ (GBDe) zeigen beispielhaft, daß Branchenvereinbarungen, die vor dem Hintergrund der kulturellen Vielfalt auf diskursiven Verständigungsprozessen beruhen, auch heute schon weltweit akzeptierte Branchenstandards für zentrale 165 Vgl. Schlegelmilch 1998, p.76; Nevett 1988, pp.237-238. 166 Vgl. Salbu 1994, p.343. De facto beschränken sich die meisten der dargestellten Beispiele auf regionale Cluster (z.B. EU, Nordamerika) und globale Initiativen sind eher die Ausnahme. 167 Vgl. Mariacher 1996, S.292-293; Rieder 1996, S.144. 168 Vgl. Tiemann 1999, S.8-10. 169 Vgl. Gilbert 1998, S.191. Die Ausführungen sind Beispiel dafür, daß die idealtypisch definierte Verfahrensethik bei der Realisierung ethischer Ansätze nicht selten in Verbindung mit materialen Ausprägungen der Marketingethik auftritt. Vgl. Hansen 1995, Sp.626. 170 Vgl. Tiemann 1999, S.51.

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

159

ethische Konfliktfelder hervorbringen können.171 Für das internationale Marke­ ting empfiehlt sich eine sorgfältige Beobachtung und Rekonstruktion solcher Praxisinitiativen. Und das nicht nur zur inhaltlichen Anreicherung und konzeptio­ nellen Korrektur ihrer theoretischen Überlegungen, sondern auch zur Feststellung der Bedingungen ihrer Generalisierbarkeit und der Demonstration ihrer Gren­ zen.172 Eine wesentliche Voraussetzung für derart kollektives Handeln ist, daß die Ein­ haltung der Branchenleitlinien wirksam und zu akzeptablen Kosten kontrolliert und sanktioniert werden kann. Dazu könnten die Verbände bspw. ein umfassen­ des Monitoring durchfuhren und ein Benchmarking organisieren, das in ein Ranking mündet.173 Weder im volkswirtschaftlichen und noch weniger im welt­ wirtschaftlichen Maßstab wird man allerdings auf die Organisation der öffent­ lichen Kontrolle einer Branche und ihrer Leitlinien verzichten können. Sie wer­ den um so eher zustande kommen bzw. eingehalten werden, je höher das In­ volvement der spezifischen Abnehmer als Teilöffentlichkeit ist (oder zu sein verspricht). Die Betroffenheit und Sensibilisierung kann sowohl direkt am Markt artikuliert werden als auch indirekt durch die Medien verstärkt und reproduziert werden.174 Die faktisch hohe Akzeptanz von Branchenleitlinien beruht somit weniger auf formell-bindenden Umsetzungsvorschriften und quasi-rechtlichen Sanktionsregeln als auf eigendynamischen Umsetzungszwängen (bspw. dem Wandel in der Verbandsarbeit) und gesellschaftlichen Sanktionsmechanismen (z.B. öffentlicher Kritik).175 Die Übertragbarkeit eines solchen Programms wird deshalb u.a. von der Fähigkeit der Abnehmer abhängen, Aufgaben und Funk­ tionen dieser Art wahrzunehmen.176 Wie im folgenden am Beispiel der Selbstverpflichtung der Werbewirtschaft ge­ zeigt werden wird, ergeben sich unter diesen Handlungsbedingungen Einschrän­ kungen für ihre praktische Anwendung in den EL, obwohl Selbstbindungen auch dort unter konzeptionellen Gesichtspunkten gegenüber gesetzlichen Kontrollvari­ anten grundsätzlich vorteilhaft erscheinen.177 Die Voraussetzungen für ein derart hohes öffentliches Involvement, in Gestalt einer aktiven und elaborierten Ver­ braucherkörperschaft sowie einer fortgeschrittenen Medienlandschaft, scheinen in 171 Vgl. Ulrich 1998, S.435; Steinmann/Olbrich 1994, S.l38. Für eine detaillierte Darstellung des Responsible-Care-Programms vgl. u.a. Bayer AG (Hrsg.) 1999; Meister/Banthien 1998, S.107129; Hansen 1998, S.l30-145; Mariacher 1996, S.287-306. Zum Global Business Dialogue on Electronic Commerce (GBDe) vgl. die Ausführungen in Kapitel 6.3.4 172 Vgl. Hansen 1998, S.142; Steinmann/Olbrich 1994, S.l40. 173 Vgl. Kaas 1999, S.146; Meister/Banthien 1998, S.125; Homann 1991, S.109. 174 Vgl. Hansen 1998, S.142; Homann 1991, S.109-110. 175 Vgl. Rieder 1996, S.147, 150. 176 Vgl. Hansen 1998, S. 142. 177 Vgl. Nevett 1988, p.248.

160

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

den EL vielfach nicht oder nur bedingt gegeben.178 Darüber hinaus werden Ver­ pflichtungen, die im Sinne gesellschaftlich verantwortlichen Handelns für alle Mitgliedsfirmen auf Branchenebene getroffen werden, Aspekte der Zumutbarkeit gegenüber allen Mitgliedern berücksichtigen müssen. Dies gilt bspw. für die ein­ zelbetrieblichen Umsetzungsbedingungen (z.B. operative Fragen, die Informa­ tions- und Kommunikationsarbeit) sowie die Übergangsfristen.179 Eine kollektive Selbstbindung wird folglich auf Anbieterseite von der Homogenität und Über­ sichtlichkeit der Branchen- und Verbandsstruktur, von der Kommunikations­ struktur innerhalb der Branche und der verfügbaren Zeit abhängen. Da sie ferner die Handlungsmöglichkeiten der beteiligten Firmen im Bereich der inhaltlichen Normierung restringiert, dürfen sich die verschiedenen Anbieter in ihren wettbe­ werblichen Differenzierungsabsichten durch sie nicht eingeengt sehen.180 In den EL ist die WerbeWirtschaft allerdings aufgrund ihrer besonderen kulturellen Sen­ sibilität durch Interessenkonflikte, Spannungen und Rivalitäten zwischen lokalen Anbietern und ihren internationalen Gegenspielern gekennzeichnet. Die Werbein­ dustrie dieser Länder ist sehr fragmentiert. Sie besteht aus kleinen, schwer klassi­ fizierbaren Agenturen, die nur unter großen Anstrengungen in ein kollektives Selbstbindungsschema eingebunden werden können.181 Das heißt, die Vorausset­ zung eines kollektiven Problembewußtseins vor dem Hintergrund eines massiven gesellschaftlichen Anforderungsdrucks in Verbindung mit einem nennenswerten „Wir-Gefühl“ innerhalb der Branche182 ist in den EL aktuell nicht gegeben. Branchenvereinbarungen sind also eine sinnvolle Komponente eines „Marketing­ ethikprogramms“, ihre Anwendung im internationalen Kontext und speziell in EL unterliegt aber noch zahlreichen Einschränkungen. MNU sollten sie daher nicht als einzige oder dominante Ethikmaßnahme einsetzen.183 Ferner existieren im gesellschaftlichen Anforderungsspektrum viele produkt- und standortspezifische Fragen, die an einzelne Unternehmen adressiert werden müssen und nicht Gegen­ stand von Verständigungsprozessen auf übergeordneter (Branchen-)Ebene sein können.184 Hieraus ergeben sich auch Einschränkungen für die Handhabung (indi178 Vgl. Nevett 1988, pp.240-242, 249. Als Ausweg bietet sich an, Verstöße und jede Form von Moralarbitrage auf dem Heimatmarkt der MNU publik zu machen und/oder sog. Non-govemmental Organizations in den EL einzuschalten. Vgl. dazu auch Kapitel 5.2.1.2. 179 Vgl. Ulrich 1998, S.436; Mariacher 1996, S.293. 180 Vgl. Hansen 1998, S.143; Homann 1991, S.l 10. 181 Vgl. Nevett 1988, pp.239-240, 248. 182 Vgl. Tiemann 1999, S.8; Hansen 1998, S.130; Rieder 1996, S.134, 137. 183 Vgl. Homann 1997, S.205. 184 Vgl. Meister/Banthien 1998, S.l 10; Steinmann/Scherer 1997, S.25; Mariacher 1996, S.293. Kaas wendet darüber hinaus zu Recht ein, daß derartige Initiativen die Bedingungen der Han­ delspartner in den EL immer nur punktuell verbessern können. Vgl. Kaas 1999a, S.270-271. Die Ebene der staatlichen Ordnungspolitik wird demnach dort notwendig, wo es um grundlegende gesellschaftspolitische Fragen geht, deren Beantwortung nicht der privaten Wirtschaft überlassen

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

161

vidual-)ethischer Fragestellungen im internationalen Marketing, da die Bildung ethischer Urteile vor allem im interkulturellen Kontext die Sachkenntnis der kon­ kreten Umstände des Marketingkonflikts erfordert und die Marketingmanager aufgrund einer internationalen Branchenvereinbarung nicht automatisch von ihrer dialogischen Individualverantwortung entbunden sind.

4.3

Implikationen für das internationale Marketing

Märkte sind Institutionen, die der Koordination von Produktions-, Distributionsund Konsumentscheidungen über wirtschaftliche Güter dienen, wobei sich auf dem vollkommenen Markt der ökonomischen Theorie scheinbar niemand Gedan­ ken um Ethik und Moral zu machen braucht.185 Wenngleich die betrachteten Austauschprozesse nicht in allen Gesellschaften die gleiche Form haben, spielt der Transaktionsprozeß an sich auch im internationalen Marketing eine funda­ mentale Rolle für die Beziehung von Verkäufer und Käufer.186 Dabei konnte ge­ zeigt werden, daß der marktliche Koordinationsmechanismus weder mühelos noch kostenlos funktioniert. Das (internationale) Marketing ist ein Bereich des unternehmerischen Handelns, in dem die Konfrontation von Marktrationalität und Moralität besonders deutlich wird.187 Mit anderen Worten: Der Markt stellt das knappe Gut „Moral“ nicht in dem Maße zur Verfügung, wie es sozial gesehen wünschenswert wäre.188 Das marktwirtschaftliche System und eine von „Unsi­ cherheit, Unwissenheit, Transaktionskosten, Macht und dynamischen Empfehlun­ gen“189 bestimmte Weltwirtschaft haben danach in zweifacher Hinsicht mit Moral zu tun, als sie einerseits moralisch bewertbare Ergebnisse liefern und andererseits personale Moralvoraussetzungen erfordern.190 Dieser Abschnitt sollte deshalb das Spannungsverhältnis zwischen Ökonomie, internationalem Marketing und Ethik darstellen.

I8S 186 187 188 189 190

werden kann. In den EL wird von Regierungsseite z.B. oft angeführt, die „kulturim­ perialistischen“ Werbemaßnahmen von MNU gefährdeten die nationale Identität des Gastlandes. Vgl. Ulrich 1998, S.436; Nevett 1988, p.249. Vgl. Kaas 1999a, S.234-236; Kaas 1997, S.8-11. Vgl. Iyer 1998, pp.226-227. Vgl. Kaas 1999, S.127-128. Vgl. Sautter 1985, S.4-7. Homann 1992, S.81. Vgl. Bauer 1993, S.l 1-12.

162

Abbildung 4-3: Quelle:

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

Das Spannungsdreieck zwischen Ökonomie, internationa­ lem Marketing und Ethik Eigene Darstellung

Vor diesem Hintergrund können die moralischen Werte verschiedener Kulturen als informale Institutionen verstanden werden, die das Leistungsniveau im inter­ nationalen Wirtschaftsgeschehen sowohl negativ (z.B. durch Opportunismus) als auch positiv über die Transaktionskosten beeinflussen können.191 Die Bedeutung marketingethischer Normen als Verhaltensregulative für Informationsverarbeitungs- und Entscheidungsprozesse besteht demzufolge darin, daß sie Transak­ tionskosten sparen helfen, die Leistungsfähigkeit des Marktes erhöhen und den Anreiz zu regulierenden Staatseingriffen senken.192 Sie können somit darüber entscheiden, ob es im Rahmen internationaler Unternehmens- bzw. Marketing­ aktivitäten überhaupt zu einem wirtschaftlichen Austausch kommt oder auch nicht.193 Es kann deshalb zunächst festgehalten werden, daß moralische Marke­ tingtransaktionen trotz der Beschränkungen durch unterschiedliche ökonomische, strategische und kulturelle Faktoren grundsätzlich zur Verbesserung der Unter­ nehmensreputation, Steigerung der wirtschaftlichen Effizienz und Senkung der Transaktionskosten der Marktpartner beitragen.194

191 Vgl. Wieland 1997, S.533. 192 Vgl. Kreikebaum 1996, S.235, 316; Praetorius 1991, S.281. Zur transaktionskostensenkenden Wirkung von Normen im Unternehmen vgl. u.a. auch Dunn 1998, S.l97, 303-304. IM Vgl. Wieland 1997, S.533. 154 Vgl. Iyer 1998, p.236.

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

163

Diese Überlegungen entstehen nicht zuletzt aus der Erkenntnis, daß eine Beurtei­ lung der internationalen Untemehmenstätigkeit unter (alleiniger) Berücksichti­ gung der von der Theorie des internationalen Handels postulierten utilitaristi­ schen Funktion des Austauschs von nicht-ökonomischen Aspekten abstrahiert. Darüber hinaus werden am Markt nicht selten sogar kontrautilitaristische Konstellationen geschaffen (z.B. Marktmacht), die für einen marktlichen Interes­ senabgleich nachteilig sind.195 Der Diskussionsgegenstand ähnelt somit der Frage nach dem Beitrag des Kolonialismus zur Entwicklung der „Dritten Welt“. Kein Wunder also, daß MNU in Verbindung mit dem Vorwurf des Kulturimperialis­ mus häufig als Neokolonialisten betrachtet werden und eine besondere soziale Verantwortung des kommerziellen Marketings in EL gefordert wird.196

Den MNU wird vor allem deshalb Verantwortungslosigkeit vorgeworfen, weil die wirtschaftliche Integration der gesellschaftspolitischen in einem bestimmten Ausmaß stets voraus ist.197 Das zeigen die wiederholten Interessenkonflikte zwi­ schen international tätiger Unternehmung und Gastland. Danach gehen die einzelbzw. erwerbswirtschaftlichen Interessen der MNU selten mit den gesamtwirt­ schaftlichen, politischen und sozio-kulturellen Vorstellungen der EL konform.198 Dies erscheint um so bedeutender, als das Marketing von MNU zwar als Stimulus für den von den EL angestrebten Entwicklungsprozeß dienen kann, dieser heute jedoch allgemein als sozio-ökonomischer Transformationsprozeß verstanden wird, weshalb in Verbindung mit der angewandten Methodik stets auch ethische Gesichtspunkte angesprochen sind.199 Auch Marketingkonzepte und -praktiken sind stark kulturgebunden, weshalb ihr Transfer in EL nur unter Berücksichtigung des lokalen Umfelds sinnvoll erscheint.200 Beabsichtigt oder unfreiwillig, der Ein­ fluß auf die lokalen Kulturen, Einrichtungen, Religionen sowie den Lebensstil in den Gastländern ist oft langfristig und von substantieller Art. Es wird daher zu­ nehmend wichtig, daß sich die internationalen Marketingmanager als lenkende Kraft der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung dieser Länder verstehen und die ethische Reflexion ihrer Aktivitäten zum festen Bestandteil der strategischen Marketingplanung machen.201

Vgl. Iyer 1998, p.239; Kumar/Sjurts 1991, S.166. Vgl. Austin 1991, S.367; Kinsey 1988, p.256. Vgl. Rumpf 1997, S.3. Vgl. Rogers/Ogbuehi/Kochunny 1995, p.ll; Espejo 1989, S.92; Essawy 1989, S.24 und die Ausführungen in Kapitel 3.1.2. 199 Vgl. Amba-Rao 1993, p.558; Kinsey 1988, pp.27, 32. 200 Vgl. Hosley/Wee 1988, p.51; Kaynak/Hudanah 1987, p.63. 201 Vgl. Laczniak/Murphy 1993, p.228 und ausführlich Kapitel 6.1. 195 196 197 198

164

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß das Gewinnmaximierungsprinzip, als einziges Motiv der unternehmerischen Tätigkeit, angesichts der dargestellten Marktunvollkommenheiten auch in EL ungeeignet ist. Vielmehr müssen die MNU, verstanden als Entwicklungsträger, ihre Untemehmensziele mit den ent­ wicklungspolitischen Zielen abstimmen.202 Insbesondere in extrem gelagerten Marktsituationen wird eine einseitige konsum- bzw. marktorientierte Manage­ mentphilosophie sowohl für die Realisierung einzel- als auch für die gesamtwirt­ schaftlicher Ziele nicht ausreichen und langfristig sogar negative Wirkungen er­ zeugen.203 Innerhalb des unternehmerischen Zielsystems gewinnen die qualitati­ ven, außerökonomischen Ziele somit an Bedeutung.204 Für die aus den Gesamt­ zielen der Unternehmung abgeleiteten Marketingziele bedeutet dies, daß „Marke­ ting [...] nur unter Beachtung aller Entwicklungskomponenten im Sinne langfristi­ ger Entwicklungsziele informierende, steuernde, profilierende und stimulierende Aufgaben übernehmen“205 kann. Gerade in EL gilt es für die Unternehmen, in erhöhtem Maße gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, da hier noch mehr als in IL eine sozial verantwortbare wirtschaftliche Entwicklung vonnöten ist.206 Analog zu einer nationalen Marketingethik ergibt sich die sozial-ökologi­ sche Verantwortung des Marketingmanagers demnach auch im internationalen Kontext aus dem Marketingprozeß einerseits und seiner sozialen Verträglichkeit andererseits, d.h. der Balance zwischen Marktgesetzen und ethischen Imperati­ ven.207 Damit bietet sich ein weiterer Anknüpfungspunkt, denn „Verantwortung ist in ein letztes Vertrauen eingebunden“.208

Bei einer Normenverletzung ist mit einem Reputationsverlust der MNU zu rech­ nen, der sich in einem Rückgang der Verkaufszahlen bzw. des Untemehmensgewinns sowohl im Heimat- als auch im Gastland bemerkbar machen kann. Die dem internationalen Marketing zugrundeliegenden Austauschbeziehungen be­ ruhen auf Vertrauen, das die ethische Kompatibilität der Akteure zu einem zen­ tralen Element macht.209 Dieser Aspekt führt dazu, daß auch das Topmanagement ethische Probleme im internationalen Marketing verstärkt wahmimmt.210 Es erscheint wichtig, daß die Letztnachfrager in den EL Vertrauen zum Produkt und zur vermarkteten Institution bekommen.211 Diese Reputationspflege ist jedoch 202 203 204 205 206 207 208 209 210 211

Vgl. Hahne 1979, S.201. Vgl. Berg/Holtbrügge 2000, S.37; Amba-Rao 1993, p.558; Meffert 1976, S.l7-18. Vgl. Essawy 1989, S.25. Meffert 1976, S.l7. Vgl. Essawy 1989, S.26. Vgl. Rogers/Ogbuehi/Kochunny 1995, p.17. Kreikebaum 1996, S.l88. Vgl. Schlegelmilch/Götze 1999, S.27. Vgl. Schlegelmilch 1998, p. 19; Mayo/Marks/Ryans 1991, p.66. Vgl. Hüller 1991, S.715.

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

165

lediglich dem Marktwirken zuzurechnen. Sie entspringt nicht der Ausrichtung an untemehmensethischen Normen, weshalb dieses Verhaltensregulativ moralisches Marketinghandeln nicht immer sicherstellen kann.212 Vertrauen wird in diesem Zusammenhang häufig als Mittel zum Zweck betrachtet und existiert nicht eo ipso, d.h. intrinsisch.213 Vertrauen wird im gängigen Sprachgebrauch jedoch prinzipiell mit der Erwartung von Ehrlichkeit, Integrität, Gerechtigkeit und Zu­ verlässigkeit der betroffenen Person(en) und Institution(en) gleichgesetzt.214 Dies bedeutet, daß Vertrauenswürdigkeit strenggenommen in moralischen Qualitäten gründet. „Moralisches als auch vertrauenswürdiges Handeln ist gekennzeichnet durch den bewußten Verzicht auf den eigenen Vorteil zugunsten des Vorteils eines anderen“.215 Nach Laczniak/Murphy sind moralisch handelnde Marketing­ manager deshalb insofern vertrauenswürdig, als darauf gezählt werden kann, daß sie versuchen werden, opportunistische Verhaltensweisen zu unterlassen.216 Um dies angesichts der herrschenden Wirtschaftsordnung und der Informations- und Machtasymmetrien zwischen globalisierter Weltwirtschaft und staatlicher Politik gewährleisten zu können, wird die explizite Formulierung (marketing-)ethischer Handlungsnormen und ihre Durchsetzung im Rahmen vertrauensbildender Maß­ nahmen notwendig.217 Darüber hinaus lassen ein vollzogener Wertewandel und ein verändertes Menschenbild Vertrauen als Grundeinstellung auch im internatio­ nalen Kontext aus ethischen Gründen und für eine Völkerverständigung obligat erscheinen.218 Vor diesem Hintergrund fordert Roman Herzog eine globale Verantwortungsge­ meinschaft, die jedoch nur im interkulturellen Dialog, als vertrauensbildender Maßnahme, zu verwirklichen sei.219 Diese Forderung erscheint im Kontext der eigenen Ausführungen verständlich: Danach kann das Marketing von MNU sehr wohl einen Beitrag zum Entwicklungsprozeß der „Dritten Welt“ leisten. Sofern damit in der Vergangenheit allerdings keine optimalen Ergebnisse erzielt wurden, ist dies nicht zuletzt auch mit schwerwiegenden Informationsmängeln über den jeweiligen Marktpartner zu begründen.220 Der marktorientierte Untemehmens­ dialog kann in diesem Zusammenhang zum Abbau von Informationsasymme­ trien beitragen und so über die klassischen Marketingaufgaben der Leistungs­ findung und Leistungsbegründung hinaus die notwendige Vertrauensbasis schaf212 213 214 215 216 217 218 219 220

Vgl. Hax 1993, S.775-776 und die Ausführungen des vorangegangenen Kapitels. Vgl. Kreikebaum 1999, S.33. Vgl. Krystek 1997, S.543. Ripperger 1998, S.l59. Vgl. Laczniak/Murphy 1993, p.xi. Vgl. Kreikebaum 2000, S.144. Vgl. Krystek 1997, S.560. Vgl. Herzog 1999, S.8. Vgl. Essawy 1989, S.75.

166

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

fen sowie ethische Konflikte in MNU reduzieren.221 In der gegenwärtigen Dis­ kussion über eine Ethik im internationalen Marketing muß es u.a. auch darum gehen, diese Informationsasymmetrien abzubauen. Benötigt werden relevante und ausreichende Informationen für die betroffenen Stakeholder, die es ihnen ermög­ lichen, im Markt durch Kauf oder Verzicht verantwortlich zu handeln.222 Der normative Dialog kann somit, als Ersatz für das partielle Versagen der klas­ sischen Steuerungsinstrumente Markt, Staat und Öffentlichkeit, eine Verständi­ gung und Problemregulierung zwischen wirtschaftenden Personen und Institu­ tionen ermöglichen.223 Darüber hinaus kann der konsensorientierte Dialog im internationalen Kontext zur einzig effektiven Methode werden, um unterneh­ mens- bzw. marketingethisches Handeln zu gewährleisten, wenn er als Selbst­ bindung wirkt, die im Konfliktfall nicht aufgekündigt werden kann.224

4.4

Zusammenfassung der Ergebnisse und Konsequenzen

Eine gesonderte Behandlung der Ethik im internationalen Marketing ist in zwei­ erlei Hinsicht gerechtfertigt: Erstens wegen der zunehmenden Bedeutung dieses Tätigkeitsbereichs als Quelle neuer Marketing- und Entwicklungschancen und zweitens wegen der höheren Risiken und größeren Unsicherheiten, die Informa­ tions- und Machtasymmetrien den internationalen Transaktionspartnem auferle­ gen. Vor diesem Hintergrund konnte gezeigt werden, daß das wirtschaftliche Auftreten der MNU in den EL Chance und Problemfeld zugleich ist und ihre (Marketing-)Tätigkeit als ambivalent zu werten ist.225 Hieraus ergibt sich:

„The challenge, in which philosphers can play an important role, is drafting the guidelines for dealing with globals from an ethical point of view, recognizing that the end purpose of production and consumption is furthering the happiness of the entire world’s population.[...] It is recognizing that there is a difference between growth and equity and between growth and development.“226

221 222 223 224 225 226

Vgl. Kreikebaum 1995a, S.l und ausführlich Kapitel 5. Vgl. Amine 1998, p.391; Kreikebaum 1996, S.23. Vgl. Hansen 1996, S.36-37, 302; Hansen/Schoenheit/Devries 1995, S.75. Vgl. Kumar/Sjurts 1991, S.183; Kumar 1991, S.239. Vgl. Kramer 1988, S.125. Simpson 1982, p.235. Zur klassischen bzw. neoklassischen Gleichsetzung von Wachstum und Entwicklung, die eine Vernachlässigung negativer Begleiterscheinungen (bspw. zunehmende Umweltschäden) implizierte, vgl. u.a. Dunn 2001a, S.2.

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

167

Ungeachtet der zahlreichen entwicklungsfördemden Impulse des internationalen Marketing, kann von einem Entwicklungsautomatismus nicht die Rede sein. Die mit der Entwicklung verbundenen komplexen Strukturen und Prozesse können einer moralischen Beurteilung nicht entzogen werden und machen eine Verbin­ dung von Ethik und internationaler Marketing- bzw. Betriebswirtschaftslehre als angewandter Sozialwissenschaft erforderlich.227 Unter diesen Voraussetzungen würde die Globalisierung in der Tat größere Chancen als Risiken schaffen.228

Ziel dieses Kapitels war also darzustellen, daß es unter einem Primat der Ökono­ mie im internationalen Marketing zu Fehlentwicklungen kommen kann. Eine sinnvolle Entwicklung kann nur unter Berücksichtigung ethischer Aspekte statt­ finden, d.h. das Wirtschaften muß als ein lebensdienliches Mittel verstanden wer­ den, das, wenn möglich, im Dienste aller Menschen steht.229 Das (internationale) Marketing, als Spitze des „Eisbergs Marktwirtschaft“, entwickelt seine positiven Wirkungen nur dann, wenn die Handlungen der Akteure von ethischen Werthal­ tungen beeinflußt sind.230 Zusammenfassend kann daher für das internationale Marketing festgestellt werden, daß die „ethische Legitimierung bzw. Neutralisie­ rung des Erwerbsstrebens eine Voraussetzung für den Prozeß der wirtschaftlichen Entwicklung darstellt“.231 In diesem Zusammenhang gerät zunächst die institutionelle Problematik ins Blickfeld. Institutionen wie Märkte und Unternehmen üben erhebliche Wachs­ tumswirkungen aus und gehören zu den entscheidenden Triebkräften wirtschaftli­ cher Entwicklung (in den EL).232 Es liegt jedoch auf der Hand, daß eine qualita­ tive Entwicklung nicht nur als bloßes Wirtschaftswachstum begriffen werden kann, sondern auf eine ausgewogene Synthese wirtschaftlicher, sozialer und öko­ logischer Entwicklung abzielt.233 Die Neue Institutionenökonomik kann diese Sichtweise unterstützen und eine theoretische Erklärung möglicher Ungleichge­ wichte liefern. Sie eignet sich für die Analyse langfristiger ökonomischer Wachstums- und Entwicklungsprozesse, verweist aber auch auf Anknüpfungs­ punkte zu ethischen Kategorien, indem sie Altruismus als primären Beweggrund

227 Vgl. Hösle 1995, S.12. Zur BWL als angewandter Sozialwissenschaft vgl. Schanz 1988, S.15. 228 Vgl. o.V. 2000, S.l9. Auch die folgende Feststellung Druckers wird erst unter diesen Voraus­ setzungen (breite) Zustimmung finden: „Marketing in an ,under-developed* country is the de­ veloper of standards - of standards for product and service as well as of standards of conduct, of integrity, of reliability, of foresight, and of concern for the basic long-range impact of decisions on the consumer, the supplier, the economy, and the society.“ Drucker 1958, pp.256-257. 229 Vgl. Ulrich 1998a, S.58. 230 Vgl. Bauer 1993, S.13. 231 Sautter 1988, S.346. 232 Vgl. Klump 1998, S.107-108, 121. 233 Vgl. Kesselring 1995, S.241-242.

168

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

individuellen und kollektiven Handelns ausschließt und eigennutzenmaximierendes, opportunistisches Verhalten der Akteure unterstellt.234 Die Grenze dieser Vorgehensweise liegt, da sie intra- bzw. interkulturelle Wahr­ nehmungsdifferenzen unberücksichtigt läßt, bekanntlich dort, wo verschiedene Kulturen aufeinandertreffen. Der Grund dafür ist, daß das Problem der Tragweite lokaler Kulturen im internationalen Kontext durch den institutionenökonomi­ schen Ansatz ausgeblendet wird bzw. seine eigenständige Relevanz verliert.235 Es existiert folglich „ein weites Feld von Verhaltensweisen, die vielleicht nicht ver­ boten, aber moralisch mehr oder weniger anrüchig sind. Opportunistisches Ver­ halten muß nicht, aber es kann unmoralisch sein, es muß nicht, aber es kann ille­ gal sein“.236 Dies gilt erst recht für die internationale Untemehmenstätigkeit in EL mit ihren spezifischen Kulturen. Die Ausführungen des dritten Kapitels haben gezeigt, daß die Beurteilung, welche Handlungen moralisch akzeptabel seien, stets auch kulturell determiniert ist, so daß die selbe Handlung, in Abhängigkeit von der zugrunde gelegten ethischen Norm, sowohl als moralisch als auch als unmoralisch bewertet werden kann.237 Ethische Konflikte im internationalen Marketing sind deshalb nicht ausschließlich als Konsequenz der Macht- und In­ formationsasymmetrien im internationalen Marktgeschehen zu interpretieren, sondern erfahren durch die Betonung interkultureller Konfliktursachen eine ei­ genständige Bedeutung. Für ein theoretisches Begründungsmuster zur Erklärung von ethischen Entscheidungsdilemmata bzw. Konflikten und Gemeinsamkeiten zwischen verschiedenen Gesellschaften, das auf dem anthropologischen Kultur­ begriff basiert, muß deshalb weiterhin auf die Theorie des kommunikativen Han­ delns von Habermas zurückgegriffen werden.238

Für die Anwendung des Dialogkonzepts war an anderer Stelle vorausgesetzt wor­ den, daß der Gegenstand des Dialogs strittig ist und die nötigen Handlungsspiel­ räume vorhanden sind, um „win-win-Konstellationen” erzielen zu können. Entge­ gen der Annahme der neoklassischen Ökonomie, daß die Entscheidungsträger in marktwirtschaftlichen Systemen gegenüber dem Markt kaum Freiheitsgrade be­ sitzen und dementsprechend über keinen unabhängigen Handlungsspielraum ver­ 234 Vgl. Brauksiepe 1998, S.51-52. Die Hervorhebung der Beziehung zwischen Transaktionen und Institutionen ist für die Marketingwissenschaft besonders zu würdigen. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.255. 235 Vgl. Osterloh 1994, S.99,110-112 und ähnlich Steinmann/Scherer 1997, S.30. 236 Kaas 1999, S.l34. Vgl. dazu auch Kay-Enders 1996, S.71; Dichtl 1991, S.389. 237 Vgl. Leisinger 1997, S.57; Armstrong et al. 1990, pp.8, 14 und ausführlich Kapitel 3.1.3. 238 Vgl. Osterloh 1994, S.97-98 und ausführlich Kapitel 3.2.3. Zum anthropologischen Kulturbegriff („Gesellschaft ist eine Kultur“) vgl. Kapitel 3.1.3. Der Nachteil dieses sog. „interpretativen Ansatzes“ besteht allerdings darin, daß bei der Erklärung von Handlungen von den oben genannten Situationsfaktoren und Restriktionen abstrahiert wird, weshalb beide Ansätze in die Überlegungen dieser Arbeit einfließen.

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

169

fugen,239 konnte im Rahmen dieser Ausführungen gezeigt werden, daß MNU nicht nur in EL häufig eine marktbeherrschende Position besitzen. Der große Handlungsspielraum internationaler Marketingmanager zeigt sich dabei nicht zuletzt in ihren Möglichkeiten der Bedürfnis- bzw. Verhaltensteuerung und Ein­ flußnahme auf die Entwicklung in den Gastländern. Vor diesem Hintergrund müssen die MNU ihr Macht- und Beziehungspotential nutzen, um eigenständig ethische Imperative zu verfolgen240 und so einzel- und gesamtwirtschaftliche Erfolge zu realisieren. Der marktorientierte Untemehmensdialog führt aber nicht nur zu Aufforderungen an das initiierende Unternehmen. Durch das Dialogpro­ gramm und die Verbreitung des damit erarbeiteten Wissens kann es genauso zum Aufweis von Handlungsoptionen für andere Akteure und zum Anstoß umfassen­ der Lösungen auf übergeordneten Regelungsebenen kommen (z.B. Branchen/Verbandskodizes, staatliche Gesetzgebung).241 Die freiwillige Bereitschaft der MNU zur Übernahme ethischer Verantwortung und intraorganisationalen Eta­ blierung diskursiver Entscheidungsstrukturen ist langfristig durch ein umfassen­ des System von Sanktions- und Anreizmechanismen auf nationaler und suprana­ tionaler Branchenebene zu ergänzen. Ein derart integrativer Ansatz kann dazu führen, daß die Unternehmen ihre ökonomischen Kalküle um Aspekte kommuni­ kativ-ethischer Rationalität erweitern und so ihrer ordnungspolitischen Mitver­ antwortung gerecht werden.242 Dennoch bestehen auch hier Gefahren durch unzu­ reichende Sanktionsmöglichkeiten und „Free-rider“-Erscheinungen einerseits, sowie vage bzw. unverbindliche Moralappelle andererseits. Insbesondere unter den in vielen EL vorherrschenden Bedingungen existieren noch viele Einschrän­ kungen für die erfolgreiche Anwendung derartiger Programme.243 Ein Erfordernis der nationalen wie auch der internationalen Marketingethik ist ferner die Distan­ zierung von einer lediglich institutionenbezogenen Betrachtungsweise,244 da sich zahlreiche Konfliktregelungen nur im individuellen Kontext finden lassen.

Als Zwischenfazit ist festzuhalten.’ Die Notwendigkeit zur Berücksichtigung ethi­ scher Aspekte im internationalen Marketing ergibt sich, analog zur „nationalen“ Marketingethik, aus der unzureichenden moralischen Leistungsfähigkeit des Marktes bzw. der Erweiterung unternehmerischer und individueller Handlungs­ spielräume sowie ethischen Konflikten, die hier allerdings eine neue Qualität an­ 239 Vgl. Kreikebaum 1996, S.l30. Zur Kritik an der neoklassischen Gleichgewichtstheorie vgl. u.a. Kötter 1991. 240 Vgl. Steinmann/Scherer 1997, S.27. 241 Vgl. Zerfaß/Scherer 1995, S.503; Steinmann/Zerfaß 1993, S.10. Rieder geht sogar so weit, die Entwicklung von Branchenleitlinien als einen Dialog- und Konsensbildungsprozeß „par excel­ lence“ zu bezeichnen. Vgl. Rieder 1996, S.149. 242 Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.120. 243 Vgl. Nevett 1988, pp.229-230, 235, 249-250. 244 Vgl. Hansen/Bode 1999, S.378.

170

Internationales Marketing, Entwicklungsländer und Ethik

nehmen. Unter diesen Voraussetzungen kann der marktorientierte Untemehmens­ dialog, verstanden als vertrauensbildende, institutionelle Selbstverpflichtung bzw. kommunikative Methode zur Konfliktregulierung, als eine beide Aspekte berück­ sichtigende normative Gestaltungsmöglichkeit im internationalen Kontext ange­ sehen werden. Die Schaffung von diskursiven Entscheidungsstrukturen in der Marketingorganisation der MNU und individuellen Voraussetzungen der Marke­ tingmanager stehen deshalb im Mittelpunkt der weiteren Ausführungen.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

171

5

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

5.1

Die Diskursethik als Ausgangspunkt des marktorientierten Unternehmensdialogs

Angesichts von Mängeln im Angebot und der weltweiten Vermarktung von Pro­ dukten, unzureichender Verteilungsgerechtigkeit und Chancengleichheit in Re­ form- und Schwellenländem sowie der Armut in EL richten sich die Erwartungen auf die „konsensstiftende Kraft“ der Diskursethik.1 Die Diskursethik ermöglicht es, Handlungsempfehlungen für die praktische multipersonale Regulierung nor­ mativer Konflikte abzuleiten, indem sie eine Ethik zwischen universalistischer Verallgemeinerung und kasuistischer Vereinzelung darstellt.2 Tatsächlich ist „der Dialog mit dem Kunden [...] auf internationaler Ebene noch wichtiger als auf na­ tionaler“.3 Dem internationalen Marketingmanager steht damit ein Mittel zur Ver­ fügung, das ihm erlaubt, an seiner eigenen moralischen und kulturellen Identität festzuhalten, ohne der Gefahr des Ethnozentrismus zu erliegen, und zugleich auf Sitten und Gebräuche fremder Kulturen einzugehen, ohne einem Kulturrelativis­ mus zu verfallen. Die Diskursethik belastet sich nicht im voraus mit normativen Ansprüchen, sondern eignet sich aufgrund ihres formalethischen Charakters zur Konflikthandhabung in Entscheidungsprozessen zwischen verschiedenen kultu­ rellen Anspruchsgruppen.4 Sie ist bei diesem Prozeß auf die Erhebung normativer Geltungsansprüche durch die Argumentationsteilnehmer angewiesen, d.h. auf die Ergänzung durch eine strukturell analoge Lebenspraxis.5 Damit bleibt sie im Hin­ blick auf eine zeit-, situations- und kulturgerechte Konflikthandhabung flexibel. Unterschiedliche Kulturen haben differierende Sichtweisen von Wahrheit, „[...] aber alle Sprachen bieten die Möglichkeit, zwischen dem, was wahr ist, und dem,

1 2 3 4 5

Vgl. Abel 1996, S.94. Vgl. Gröschner 1991, S.l 16. Usunier/Walliser 1993, S.134. Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.119. Vgl. Habermas 1992, S.l 13.

172

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

was wir für wahr halten, zu unterscheiden. In die Pragmatik eines jeden Sprach­ gebrauchs ist die Unterstellung einer gemeinsamen objektiven Welt eingebaut“.6 Was in bestimmten Kulturen bzw. Verständnisgemeinschaften und ihren lokalen Realitäten (z.B. Organisationen) als richtig oder wahr gilt, ist folglich als Resultat fortwährender sprachlicher Interpretations- und Aushandlungsprozesse zu verste­ hen.7 Vor diesem Hintergrund ist auch die Forderung nach einem „geistigen Brückenschlag“ einzuordnen. Eine verantwortungsvolle Entwicklungspartner ­ schaft muß danach künftig verstärkt auf einen interkulturellen Dialog setzen, wenn die teilweise gravierenden Nord-Süd-Kommunikationsprobleme vergange­ ner Entwicklungsdekaden vermieden werden sollen.8 Von Vorteil erscheint hier­ bei, daß sich das vormals konfliktträchtige Wirtschaftsklima in EL trotz weiterhin bestehender Vorbehalte gegenüber westlichen MNU zugunsten eines zunehmend partizipativen respektive kooperativen Umgangs miteinander gewandelt hat.9 Die Diskursethik bietet in diesem Zusammenhang ein Orientierungswissen dazu, wie praktische Diskurse in MNU ausgestaltet sein müssen, damit internationale Marketingkonflikte konstruktiv gehandhabt werden können. Schließlich hängt der postulierte Bedeutungszuwachs einer Untemehmensethik auch von der Lösung einer ganzen Reihe praktischer Implementationsprobleme ab.10 Pragmatismus und Untemehmensethik sind nicht unvereinbar. Vielmehr geht richtig verstandener Pragmatismus vom Ideal des normativen Dialogkonzepts aus und versucht, die­ sem möglichst nahe zu kommen.11 Eine fruchtbare dialogische Kooperation zwi­ schen MNU und Konsumenten bzw. Teilöffentlichkeiten erscheint grundsätzlich auch auf der Basis eines partiellen Konsenses möglich, so daß es sich anbietet, die diskurstheoretischen Gestaltungsvorgaben als Leitvorgaben für praktische Untemehmensdialoge zu veranschaulichen.12

Einschränkend sei jedoch angemerkt, daß bestimmte institutionelle Maßnahmen die zwingende Lösung des Konflikts an sich bzw. ein moralisches Verhalten un­ abhängig vom ethischen Verantwortungsbewußtsein der Beteiligten nicht garan­ tieren. Es geht vielmehr darum, die formalen Möglichkeitsbedingungen der selbstkritischen ethischen Reflexion auf die moralische Handlungsqualität im Marketing zu schaffen und ethisch gut begründete Entscheidungen im alltäg6

Habermas 1992b, S.l78. Mit anderen Worten: Die Diskursregeln büßen ihre universalistische Perspektive nicht ein, weil sie überall dieselbe grammatische Rolle spielen. 7 Vgl. Pless 1998, S.361. 8 Vgl. Gerhardt 2000, S.22. 9 Vgl. Amba-Rao 1993, p.565. 10 Vgl. Steinmann 1997, S.l. 11 Vgl. Leisinger 1999, S.332; Hansen 1996, S.40. 12 Vgl. Hansen/Raabe 1995, S.55. Im Gegensatz zum Diskurs- bringt der Dialogbegriff bereits die verfolgte Pragmatik zum Ausdruck.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

173

liehen unternehmerischen Handeln weitestgehend zur Geltung zu bringen.13 De facto erwarten viele internationale Marketingmanager bei der moralischen Nor­ menbildung zu einschlägigen Konfliktfeldem eine organisatorisch-institutionelle Unterstützung.14 Letztendlich ist das Opportunismusproblem der Grund, warum einer institutioneilen Ethik ein zentraler Stellenwert für eine praktizierte Unter­ nehmens- und Marketingethik zukommt. Unternehmens- und branchenspezifische Ethikmaßnahmen dienen als Akte der Selbstbindung, die die Integrität der (Mar­ keting-) Transaktionen glaubwürdig signalisieren sollen.15

„Die Durchführung praktischer Diskurse weist bei nur national tätigen und bei international tätigen Unternehmen im Prinzip keine Unterschiede auf‘.16 Es kann deshalb auf die Erfahrungen aus dem nationalen Kontext zurückgegriffen werden. Wann welche Dialogkonzepte konkret angebracht sind, hängt dann aber doch da­ von ab, ob sich die Marketingmanager in lokalen oder überregionalen Handlungs­ zusammenhängen bewegen. Mit anderen Worten: Neben den diskursethischen Grundelementen ist auch der internationale Rahmen der unternehmens- und mar­ ketingpolitischen Konflikte bei der Gestaltung einzubeziehen.17 In Anlehnung an die bisherigen Ausführungen liegt dieser Arbeit folgende Vorstellung zugrunde: Marktorientierte Unternehmensdialoge sollen als diskursive Verfahren verstan­ den werden, die international tätige Unternehmen oder Untemehmensverbände initiieren,18 um sich verständigungsorientiert mit den Ansprüchen aller internatio­ nalen Marktpartner und weiterer Teilöffentlichkeiten, die von den Folgen des internationalen Produkt- und Dienstleistungsangebots kurz- oder langfristig be­ troffen sind, zu befassen. Ziel sollte es sein, ohne letzte Berufung auf politische und religiöse Autoritäten, sondern unter kritischer Prüfung des Gewohnten und Bewährten und expliziter Berücksichtigung des pluralistischen Charakters heuti­ ger Kulturen, Wahmehmungs- und Beurteilungsunterschiede zu überbrücken und Maßstäbe für verantwortliches Marketinghandeln im internationalen Kontext zu erarbeiten. 13 14 15 16 17 18

Vgl. Ulrich/Lunau 1997, S.51-52; Kreikebaum 1996, S.228; Staffelbach 1994, S.363; Wieland 1993, S.29. Vgl. Dubinsky et al. 1991, pp.664-665; Armstrong 1992, p.170. Vgl. Ulrich/Lunau 1997, S.53-54; Wieland 1994, S.22-26 und ausführlich Kapitel 4.2. Gilbert 1998, S.210. Vgl. Bentele/Steinmann/Zerfaß 1996a, S.457; Gilbert/Würthner 1995, S.20. Vgl. demgegenüber die Ausführungen in Kapitel 2.2.3 zur Definition von Hansen im nationalen Kontext. Wenngleich Anlässe für Untemehmensdialogverfahren auch von Dritten an das Unternehmen herangetragen werden können, wird hier gemäß Kapitel 4 die Auffassung vertreten, daß die Initiative primär bei den anbietenden MNU liegt. Ihre unternehmerischen Entscheidungen be­ sitzen vielfach politische Qualität und gerade in den EL kann angezweifelt werden, daß sich Dritte aktiv und unter zusätzlichen Kosten um deren Zustandekommen bemühen werden bzw. können.

174

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

Organisatorischer Gestaltungsrahmen Interne Stakeholder

(Muttergesellschaft, dezentrale Untemehmenseinheiten und insbesondere die dort tätigen Marketingmanager)

Lokale Rekonstruktion der Diskursregeln

Konfliktträger bzw. Dialogteilnehmer: D

A L O G S T R U K T R

MARKTORIENTIERTER UNTERNEHMENSDIALOG

• (nicht-restriktive) Auswahl • Dialogbereitschaft • kommunikative und soziale Kompetenzen • formale Kompetenzen • kulturelle Sensibilität

Makroumwelt („Teilöffentlichkeit“) Ä

o

• Neutralität • angemessener sozialer Status • methodische und soziale Kompetenzen

3 Öffentlichkeitsgrad: • öffentlich • nicht öffentlich

o

Dialoginstrumente:

o

• kontinuierlich ■ abgcsLhlumii

Nacbbereitungs- und Umsetzungsphase

o

Moderator:

■— '■

Externe Stakeholder (z.B. Verbraucher)

o

Infor­ mations und Vorbereitungs phas

Dialog- s , und f \ Konsens^ tfindungs-^ \ phase

o

o o o o

o

Dezentrale Konjliktregulierung durch lokale Diskurse

ETHIK-KOMMISSION Intensiver Austausch von Bauteilen, Produkten, Ressourcen, Menschen und Informationen zwischen unabhängigen Einheiten

Komplexe Kooperations- und Koordinationsprozesse in einem Umfeld gemeinschaftlicher Entscheidungsfindung

INTEGRIERTES

NETZWERK

Breitgestreute, spezialisierte Ressourcen und Kompetenzen

Abbildung 5-1: Quelle:

Rahmenkonzeption marktorientierter Unternehmens­ dialoge in international tätigen Unternehmen Eigene Darstellung

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

175

Abgesehen von diesem Dialograhmen ist jeder marktorientierte Untemehmens­ dialog ein Unikat. Für seine Durchführung gibt es keinen „one best way“, sondern nur eine Orientierung an bestimmten Gestaltungskriterien hinsichtlich Struktur und Ablauf. Die situationsabhängige Ausgestaltung des Verfahrens erschwert die Formulierung eines allgemeingültigen Handlungsprogramms und erfordert letzt­ lich die operative Intelligenz der Kommunikationspraxis.19 Die große Heteroge­ nität der Gruppe der EL erlaubt deshalb auch keine detaillierten inhaltlichen Handlungsempfehlung für die dort zu führenden Dialogverfahren.20 Unabhängig davon können jedoch grundlegende Anhaltspunkte dafür identifiziert werden, wie Untemehmensdialoge erfolgsfördemd vorzubereiten und zu gestalten sind. Dieser generelle Dialograhmen bzw. dieses Bündel von „Dialogerfolgsfaktoren “ ist dann situativ zu einem zielführenden Verfahren auszuformen.21 Im folgenden wird zu überprüfen sein, inwiefern die Beteiligten über die Bereitschaft und individuelle bzw. institutionelle Fähigkeit zur diskursiven Konflikthandhabung verfügen.

5.2

Konzeptionelle Ausgestaltung einer dialogischen Marketingethik in international tätigen Unternehmen

5.2.1

Konfliktträger und Ebenen des marktorientierten Unternehmensdialogs

5.2.1.1

Marktorientierte Dialoge mit der Makroumwelt der multinatio­ nalen Unternehmung

Dialogische Verfahren helfen, konfligierende Interessen zu vermitteln, konkurrie­ rende Rationalitäten ins Gespräch zu bringen, Mißverhältnisse im politischen Pro­ zeß zu vermindern und gemeinsame Handlungsmöglichkeiten zu initiieren.22 Al­ lerdings erfordert sowohl die vorurteilsfreie Analyse von Konfliktbereichen als auch die Ermittlung von konsensstiftenden Handlungsaltemativen die gemeinsa­

19 20

21 22

Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1997, S.109; Zerfaß 1996, S.25; Bentele/Steinmann/Zerfaß 1996a, S.448; Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996, S.319; Staffelbach 1994, S.320. Allerdings wird in Kapitel 6.4 als Beispiel für die Gestaltung von Struktur und Ablauf eines marktorientierten Untemehmensdialogs in EL der Fall der Firma Nestle geschildert. Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1999, S.550; Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1997a, S.44-46. Vgl. Feindt 1996, S.187.

176

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

men Bemühungen aller Beteiligten.23 Die machtausgeglichene Handhabung mar­ ketingbezogener Konflikte wird zur gemeinsamen Aufgabe aller Betroffenen, über nationale und kulturelle Grenzen hinweg.24 Nur durch die Berücksichtigung der moralischen Rechte aller Betroffenen - die Partizipation gilt dabei allein schon durch das Kriterium der „Betroffenheit“ als legitimiert - ist die Verantwortbarkeit und Legitimität bestehender und zukünftiger Strategien und Hand­ lungsprogramme zu gewährleisten.25 Hens el/Dubinsky plädierten schon früh dafür, daß Marketingmanager im Dialog mit den betroffenen Anspruchsgruppen einen Konsens über die Grenzen ihres Marketinghandelns erzielen sollten.26 Der marktorientierte Untemehmensdialog ist also eine Initiative, die einen ethisch­ politischen Diskurs über die Legitimität von Marketingpraktiken international tätiger Unternehmen ermöglichen soll. Die Unternehmen können ihn in der „In­ nenbeziehung“ (Eigentümer, Führungskräfte und Mitarbeiter) und in der „Außen­ beziehung“ (z.B. mit Regierung, Kunden, Lieferanten und Wettbewerbern) fuh­ ren. Konfliktträger sind sowohl die jeweiligen externen und internen Anspruchs­ gruppen als auch die Unternehmung selbst mit ihren Organisationseinheiten im betroffenen Gastland.27 Für das Problem der Bestimmung der von ethischen Konflikten betroffenen inter­ nen und externen Anspruchsgruppen bietet der Stakeholder-Ansatz wertvolle Ori­ entierungen. In Anlehnung an das untemehmensethische Postulat des sog. „Stake­ holder-Dialogs“ von Ulrich bildet er einen wichtigen Bezugspunkt des hier ver­ folgten marktorientierten Untemehmensdialogs.28 Der Begriff „Stakeholder“, der als Ergänzung bzw. Abgrenzung zu dem des „Shareholder“ entwickelt wurde, umfaßt „alle Individuen und Gruppen, die von der Untemehmenstätigkeit betrof­ fen sind und die daher ein berechtigtes Interesse am Verhalten der Unternehmung haben“,29 sei es aufgrund allgemeiner moralischer Rechte oder aufgrund speziel­ 23 24 25

26 27 28

29

Vgl. Kreikebaum 1996, S.318. Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996, S.320; Bleicher 1994, S.237-238; Apel 1992, S.30. Vgl. Ulrich/Lunau 1997, S.51; Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1997a, S.44; Bentele/Steinmann/ Zerfaß 1996a, S.450-451, 458. Diese Überlegungen ergeben sich bereits aus dem Universalisierungsgrundsatz (U) der Diskursethik, wonach die Befolgung einer strittigen Norm die zwanglose Akzeptanz aller Betroffenen erfordert. Vgl. Habermas 1992, S.l03. Vgl. Hensel/Dubinsky 1986, p.66. Vgl. Gilbert/Würthner 1995, S.27; Amba-Rao 1993, p.557; Steinmann/Löhr 1991, S. 14-15. Im Kem geht es um die öffentliche Begründbarkeit von Ansprüchen - in diesem Fall um die Verantwortbarkeit der Handlungspläne im internationalen Marketing. Vgl. dazu ausführlich Ulrich 1998, S.438-459. Vgl. auch Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1999, S.536-537; Schlegelmilch 1998, p.40; Zerfaß/Emmendörfer 1994, S.47; Nill 1994, S.177; Göbel 1992, S. 140-145. Göbel 1992, S.142. Diese Definition wurde gewählt, da das Stakeholder-Konzept je nach Ziel­ setzung zwei Untervarianten besitzt: Im Gegensatz zum normativ-kritischen Konzept wird in einer machtstrategischen Perspektive die Betroffenheit, als eigenständiger Grund für die Legi­ timität von Ansprüchen, auf das Einfluß- und Drohpotential bestimmter Gruppen reduziert. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.383-384; Ulrich 1998, S.441-444, 449.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

177

ler Rechte aus vertraglichen Vereinbarungen. Für die MNU ist die konstruktive Handhabung potentieller, latenter und manifester Konflikte mit untemehmensextemen Stakeholdem besonders wichtig. Neben den marktlichen Interessengrup­ pen (z.B. Kunden, Lieferanten, Wettbewerber) haben nicht zuletzt sozio­ politische Stakeholder (bspw. Regierungen, Gewerkschaften, Religionsgemein­ schaften) eine große Bedeutung.30 Es ist aber nicht nur im strategischen, sondern auch im operativen Bereich zu berücksichtigen, wie die Strategien und konkreten Maßnahmen von den Stakeholdem beurteilt werden und wie sie deren Ziele und Normen beeinflussen. Im Zusammenhang mit der Gestaltung externer Stakehol­ derbeziehungen ist vor allem das Marketing gefordert.31 Dies entspricht auch Vorschlägen von anglo-amerikanischen Autoren, die in ihren Entwürfen zu einer internationalen Marketingethik Anschluß an die (normative) Stakeholdertheorie suchen.32 Amines Vorschlag geht sogar in Richtung einer Verständigungsorien­ tierung, wenn sie eine Informationspolitik fordert, die die betroffenen Stakeholder aus ihrer „Opferrolle“ befreit. Demgegenüber würden Marketingmanager mit ihrer in keiner Weise zu rechtfertigenden Entscheidung, den Stakeholdem rele­ vante Informationen vorzuenthalten, offensichtlich andere bzw. „wichtigere“ Ziele als das Wohlergehen der Betroffenen auf fremden Märkten verfolgen.33 Tatsächlich können sich durch den marktorientierten Untemehmensdialog die Handlungsspielräume der Verbraucher bzw. gesellschaftlichen Interessengruppen erweitern und ihre Mitsprachemöglichkeiten bei unternehmerischen Entscheidun­ gen verbessern: Sie werden durch die Herstellung von Verständigungsgegen­ seitigkeit in die Lage solidarischer Mitverantwortung versetzt.34

Für die Unternehmensführung ist es kaum möglich, alle Stakeholder zu ermitteln, und Dialoge mit der gesamten Öffentlichkeit sind auch kaum sinnvoll zu realisie­ ren, so daß sich letztlich nur der Dialog in themenorientierter Form mit Teilöf­ fentlichkeiten anbietet.35 Die unternehmerischen Funktionsbereiche können dies­ bezüglich als Spezialisten für die unterschiedlichen externen Anspruchsgruppen angesehen werden. Ihre Vertreter betonen entsprechend die Bedeutung unter­ schiedlicher Stakeholder für die Unternehmung. Marketingvertreter betonen häu­ 30

31 32 33

34 35

Vgl. Welge/Berg 1999, S.194-198 und die Ausführungen in Kapitel 3.1.2. Im Gegensatz dazu sind die keineswegs zu vernachlässigenden internen Interessengruppen durch ihre faktische Mitgliedschaft im Unternehmen gekennzeichnet. Vgl. dazu u.a. Kreikebaum 1997b, S.l68; Behnam/Muthreich 1995, S.3-10. Vgl. Wagner 1997, S.98; Zerfaß/Emmendörfer 1994, S.47 und Kapitel 2.2.1. Vgl. Schlegelmilch 1998, p.21; Laczniak/Murphy 1993, pp.50, 222. Vgl. Amine 1998, p.391. „The MNCs (domestic or foreign based) could offer worldwide in­ formation on marketing and production aspects [...]“ Amba-Rao 1993, p.566. Vgl. Hansen/Raabe 1995, S.62-65; Ulrich 1993, S.318. Ferner spielt das Ziel der Legitimation auch bei den Stakeholdem eine Rolle. Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1999, S.546. Vgl. Hansen 1996, S.155; Nill 1994, S.178.

178

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

fig den Stellenwert einer Kunden- bzw. Marktorientierung.36 Im nationalen wie im internationalen Kontext bedeutet dies zunächst, daß die Auswirkungen des Marketing besonders unter dem ethischen Aspekt der Konsumentenbedürfhisse zu betrachten sind.37 Der Dialog mit dem Verbraucher auf der Mikroebene der Untemehmensumwelt erwies sich jedoch bereits auf nationaler Ebene lediglich als conditio sine qua non.38 Wenn es um die Befriedigung von Kundenbedürf­ nissen geht, rücken mehr und mehr auch gesellschaftliche Aspekte in den Vor­ dergrund: Die „Notwendigkeit einer Berücksichtigung der Verbraucherinteressen schließt [...] nicht aus, daß diese mit anderen Interessen abgestimmt werden.“39

In Anbetracht dessen kann eine partikularistisch verengte Marktdefinition schnell an Grenzen stoßen und das Marketing muß in einem „erweiterten Verständnis von marktorientierter Führung“ seine externen Effekte auf die Interessen der Betroffenen im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang ergründen.40 Gesellschafts- und Kundendialog sind als Aufgabe des Marketing nicht mehr voneinan­ der zu trennen, wenn die gesellschaftlichen Ansprüche auf die Kunden ausstrah­ len und von der Makro- in die Mikroumwelt, d.h. in den Absatzmarkt des Unter­ nehmens, diffundieren.41 Der Marketingmanager hat demzufolge nicht nur die Kundenbedürfnisse, nicht nur den Absatzmarkt und seine Akteure, sondern auch die Makroumwelt zu berücksichtigen.42 Dies ergibt sich im internationalen Kon­ text gewissermaßen zwangsläufig. Wie die Vielfalt ethischer Konfliktfelder ge­ zeigt hat, muß der international agierende Marketingmanager wesentlich komple­ xere Bedingungen seines Entscheidungsfeldes beachten und eine internationale Betätigung ist ohne die Berücksichtigung der Makroaspekte oft gar nicht mög­ lich.43 Es wurde aber auch deutlich, daß Kundenorientierung allein zur Verwirkli­ chung der einzel- und gesamtwirtschaftlichen Ziele in EL nicht ausreicht und der Forderung nach sozialer Verantwortung des internationalen Marketing nicht ge­ recht wird. Diesem erweiterten Verständnis entspricht die Definition des „marktorientierten Untemehmensdialogs“: Als normatives Verfahren der Kon­ fliktregulierung, das zumindest noch partiell auf die Gestaltung der Marktpro­ 36 37 38

39 40 41 42 43

Vgl. Kühn/Jenner 1999, S.228, 230-231; Hansen/Stauss 1983, S.78, 85-86. Vgl. Iyer 1998, p.222; Schlegelmilch 1998, p.22; Kay-Enders 1996, S.30; Hansen 1988, S.718; Angehm 1981, S.5; Picot 1974, Sp.565. Vgl. hierzu Hansen 1996, S.43-44; Hansen 1995b, S.7-8; Hansen/Stauss 1983, S.79 und die Ausführungen zur Unterscheidung nach Mikro- und Makroebene in Kapitel 2.2.3.2. Kreikebaum 1997b, S.147. Vgl. dazu auch Leisinger 1999, S.333; Rosenberger 1996, S.240-241; Hansen/Raabe 1995, S.58. Vgl. Hansen/Bode 1997, S.77; Meffert 1994, S.3-12; Stauss 1991, S.124, 138; Picot 1976 S.103. Vgl. Wimmer 1996, S.116. Vgl. Hansen/Stauss 1983, S.79, 85. Vgl. Welge/Berg 1999, S.l98; Quack 1995, S.6-7; Jöstingmeier 1994, S.l50 sowie die Kapitel 2.3 und 3.1.

Die dialogische Marketingethik, als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

179

zesse ausgerichtet ist, soll er die Unterstützung und das Verständnis der betrof­ fenen Stakeholder bzw. „Teilöffentlichkeiten“ erhalten.44 Diese Überlegung kor­ respondiert darüber hinaus mit der allgemein akzeptierten Vorstellung einer stra­ tegisch-integrativen Funktion des internationalen Marketing im Rahmen der Auslandsaktivitäten.45 Ausgehend davon gilt es, möglichst frühzeitig die relevanten Anspruchsgruppen des marketingethischen Problemfelds zu identifizieren und zur Teilnahme am Untemehmensdialog zu motivieren. Es kann allerdings nur situationsbezogen ent­ schieden werden, wer tatsächlich betroffen und im Diskurs zu berücksichtigen ist.46 Es erscheint daher mehr als fragwürdig, wenn z.B. Schlegelmilch in seinen Überlegungen zu einer internationalen Marketingethik bereits a priori eine Unter­ teilung nach primären (Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten und Eigentümer) und sekundären Stakeholdem (Medien, Regierung und Justiz) vomimmt.47 Diese Vor­ gehensweise birgt nicht zuletzt deswegen Probleme, weil angesichts erheblich divergierender Interessen und Ansprüche der in- und ausländischen Stakeholder nicht im voraus entschieden werden kann, welcher dieser Standpunkte wichtiger ist.48 Der Untemehmensdialog zeichnet sich vielmehr durch seinen nicht­ selektiven Charakter aus: Alle betroffenen Stakeholder, unabhängig von ihrer Stellung zum und im Unternehmen, sind zunächst als „different but equal“ zu betrachten.49 Er übernimmt so zugleich die antizipative Funktion eines Frühwambzw. Früherkennungssystems, das dem Kritik- und Forderungspotential der Be­ troffenen im Unternehmen mehr Gehör verschaffen soll. Im Dialog mit Kunden und Teilöffentlichkeiten lassen sich Risiken und Chancen häufig schneller erken­ nen als es mit einem quantitativen Frühwarnsystem möglich wäre.50

44

45 46 47 48 49 50

Vgl. hierzu die ähnlichen Überlegungen im nationalen Kontext bei Kaas 1999, S.l45; Kaas 1999a, S.268. Damit wird das Defizit einer idealtypischen Marktorientierung überwunden und gleichzeitig das Marketing vor einer unrealistischen und oft kritisierten „Allzuständigkeit“ be­ wahrt (vgl. Stauss 1991). Gleichzeitig wird dadurch eine Abgrenzung zu neueren Arbeiten von Hansen und ihren Schülern vorgenommen (vgl. u.a. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996), die entgegen früheren Überlegungen (vgl. Hansen/Stauss 1983) von einem „gesellschaftsorientierten“ Untemehmensdialog sprechen, wenngleich „marketingrelevante Themenlagen im Zentrum stehen“ (vgl. Rettberg 1999, S.V, 5, 35-36, 42). Ihre Arbeiten setzen sich dadurch dem Vorwurf aus, mit einer allgemeineren Untemehmensethik in Konkurrenz treten zu wollen. Vgl. Backhaus/Büschken/Voeth 1998, S.66; Meffert/Bolz 1998, S.311; Meissner 1995, S.57. Vgl. Ulrich 1998, S.440; Gilbert 1998, S.l92-194; Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996, S.320. Vgl. Schlegelmilch 1998, pp.22-29. Vgl. Bierich 1999, S.435; Rusche 1996, S.308. Vgl. Pless 1998, S.360; Gilbert 1998, S.202; Steinmann/Zerfaß 1993, S.13. De facto ist jedoch eine situationsspezifische Selektion und Priorisierung von Interessen unvermeidlich. Vgl. dazu Kapitel 5.2.2.2. Vgl. Leisinger 1999, S.333; Feindt 1996, S.186; Jöstingmeier 1994a, S.261, 271. Hansen spricht von „Sensibilisierungsdialogen “. Vgl. Hansen u.a. 1995, S.l 18 und Kapitel 2.2.3.2.

180

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

5.2.1.2

Anforderungen an die Konfliktträger und die Bedeutung „stellver­ tretender Diskurse“

In bezug auf die vorausgegangenen Ausführungen ist zu ergänzen, daß der Universalisierungsidee am besten Rechnung getragen wird, wenn idealerweise alle betroffenen Stakeholder selbst am Dialogprozeß teilnehmen, da sie i.d.R. am bes­ ten in der Lage sind, ihre Interessen und Wertprämissen zu artikulieren.51 Zentrale Voraussetzung hierfür ist zunächst die freiwillige Dialogbereitschaft der einzel­ nen Konsumenten bzw. Anspruchsgruppen, d.h. ihre allgemeine Motivation zu verständigungsorientierter Kommunikation, die durch ihre frühzeitige Einbezie­ hung in die Gestaltung des Dialogverfahrens erhöht werden kann.52 Aus Sicht der Dissonanztheorie ist ihre Unzufriedenheit zwar ein häufiges Motiv, mit den Un­ ternehmen zu kommunizieren, u.U. ist es jedoch notwendig, bestimmte Anreize (z.B. thematische/inhaltliche, informatorische, soziale oder monetäre) zu setzen, um die teilnahmebedingte Aufwendung knapper Mittel zu kompensieren.53 Tat­ sächlich können sich durch den notwendigen Zeit- und Ressourcenbedarf (bspw. in Form von Geld, Kompetenz und Entschlußkraft) Probleme bei der Realisierung des marktorientierten Untemehmensdialogs ergeben, wobei sich die Grenzen im Normalfall an den wesentlich begrenzteren Ressourcen der externen Anspruchs­ gruppen definieren.54 Es kann aber auch der MNU, angesichts ihres Wirkungs­ kreises bzw. der Zahl und räumlichen Verbreitung der Betroffenen, unter Kostenund Zeitaspekten unmöglich sein, mit allen Betroffenen einen verständigungs ­ orientierten Dialog zu fuhren.55

Argumentative Diskurse stellen hohe Anforderungen an die Handlungssituation, aber vor allem an die Kommunikationspartner. Engpässe können sich demnach nicht nur aus der Dialogbereitschaft, sondern auch aus der Dialogfähigkeit erge­ ben. Anders als die oben genannten Beschränkungen ist die Dialogfähigkeit, d.h. das Vermögen, seine Argumente in sachverständiger Weise zu artikulieren, selte­ ner als vielfach angenommen.56 Damit der Diskurs überhaupt stattfmden kann, müssen alle Beteiligten die Fähigkeit besitzen, Argumente zu verteidigen bzw. zu kritisieren und sich für das bessere Argument zu entscheiden. Als Gesprächspart­ 51 52 53 54 55

56

Vgl. Leisinger 1997, S.121, 130; Nill 1994, S.185; Ulrich 1993, S.291-292. Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.120; Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1997, S.106. Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1999, S.554; Raabe 1996, S.271 sowie Picot 1976a. Vgl. Kreikebaum 1996, S.142; Hansen 1996, S.51 -52; Hansen 1995, Sp.626. Vgl. Jöstingmeier 1994, S.70-72, 146. Neben den hier im Mittelpunkt stehenden personellen Anforderung ergeben sich u.U. weitere Restriktionen (z.B. organisatorische Anforderungen, vgl. dazu Kapitel 5.2.2.1.) für die Durchführung marktorientierter Untemehmensdialoge, die eine Verlagerung auf die übergeordnete Handlungsebene nötig machen können. Vgl. Bentele/Steinmann/Zerfaß 1996a, S.454; Kreikebaum 1996, S.142, 223; Rosenberger 1996, S.242.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

181

ner im Diskurs sieht Habermas mündige Personen vor, die über kommunikative Rationalität verfügen.57 Gleichzeitig macht erst das Erkennen und die Akzeptanz mehrerer Wahrheiten offen für den Diskurs und durch die Abstraktion von bishe­ rigen Routinen wird der Blick frei für alternative Handlungsmöglichkeiten. Mehr noch als im nationalen Kontext müssen die Diskursteilnehmer bei internationaler Untemehmenstätigkeit eine anspruchsvolle Reflexions- und Abstraktionsleistung erbringen. Sie sind gezwungen, ihre eigenkulturell geprägten Norm- und Wert­ vorstellungen zu überschreiten und sich auf fremdkulturelle Orientierungen ein­ zulassen bzw. von ihnen zu lernen.58

Für den Aufbau dialogischer Stakeholderbeziehungen braucht es daher zunächst entsprechende Fähigkeiten und Orientierungen des Marketingpersonals. 59 In der Realität ergeben sich jedoch immer wieder personelle Grenzen, da die Akteure in konventionellen Denkweisen verhaftet sind, interessengebunden sind und Vorur­ teile sowie Ängste vor Kontroll- und Machtverlust haben. Die (Marketing-)Mitarbeiter können sich deshalb durch die Anforderungen an die Dialoggestaltung u.U. verunsichert oder sogar überfordert fühlen.60 Vor diesem Hintergrund wächst der Personalentwicklung und -Selektion eine entscheidende Rolle für die Befähi­ gung zur ethischen Reflexion zu. Um das untemehmensethische Konfliktpotential erkennen und handhaben zu können, brauchen diese Mitarbeiter insbesondere „extrafunktionale Qualifikationen“, also kommunikative und soziale Kompeten­ zen (z.B. Empathie, Ambiguitäts- bzw. Frustrationstoleranz, Konflikt- und Kon­ sensfähigkeit).61 Die Vermittlung von Verständigungskompetenzen ist primär darauf ausgerichtet, Fähigkeiten wie die zum Zuhören und zur „Offenheit für das bessere Argument“ zu fördern, damit ethische Konflikte im multipersonalen Kontext des internationalen Marketing entsprechend den normativen Anforderun­ gen des Dialogs gelöst werden können.62 Für die Sozialkompetenz ergibt sich in Verbindung mit dem hier in Anspruch genommenen Forschungsprogramm eine zusätzliche Dimension durch die Vermittlung interkultureller Kompetenzen.

57 58 59 60

61 62

Vgl. Habermas 1995, S.27-28; Habermas 1992, S.99. Vgl. Gilbert 1998, S.l 17,119-120. Vgl. Stauss 1996, S.212; Hansen 1996, S.44,154; Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996, S.315. Vgl. Kreikebaum 1996, S.l92, 276; Hansen 1996, S.49-51. „Da die moralischen Implikationen des wirtschaftlichen Handelns speziell in der Marketing-Ausbildung häufig ganz ausgeblendet werden, haben ethische Bildungsmaßnahmen hier eine besondere Korrekturfunktion.“ Wollasch 1999, S.328. Vgl. Klaus/Richter/Terzidis 1999, S.529-530; Sarasin 1998, S.377-378; Bentele/Steinmann/ Zerfaß 1996a, S.460-461; Gilbert/Würthner 1995, S.30; Steinmann/Olbrich 1994, S.l37. Vgl. Hansen 1998, S.143; Staffelbach 1994, S.421-422.

182

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

Schulungsinhalte der interkulturellen und kommunikativen Personalentwicklung • Erkennen von Nonnen, die soziale Situationen regulieren • Überprüfung/Reflexion des eigenen Rollenverständnisses und Einsicht in die kulturabhängige

Rollenstruktur (kritische Kompetenz) • Entwicklung eines Spürsinns für (un-)erwünschtes Verhalten in sozialen Interaktionssituationen

(kosmopolitische Sensibilität) • Kenntnisse über die Bedingungen und (Neben-)Wirkungen beobachteten Verhaltens zwischen

fremdkulturellen Interaktionspartnem (Verbundkompetenz) • Kenntnisse über den als angemessen betrachteten Verhaltensspielraum in sozialen Situationen (Interaktionskompetenz)

• Entwicklung kommunikativer Kompetenz

Tabelle 5-1: Quelle:

Mögliche Schulungsinhalte im Rahmen eines interkulturellen Mitarbeitertrainings Eigene Darstellung in Anlehnung an Huber/Lange 1998, S.l09; Kreikebaum 1996a, S.388; Kammel/Teichelmann 1994, S.l25.

Das Management der MNU muß sich demzufolge nach außen und nach innen um einen Lernprozeß bemühen, der die Fähigkeit zum Umgang mit den verschiede­ nen Kulturen schafft: Während die MNU nach außen (bspw. gegenüber dem poli­ tischen System) nicht mehr als Verkünder westlicher Werte auftritt, hat dies nach innen in erster Linie Konsequenzen für das Verhalten der Vorgesetzten sowie für die Aus- und Weiterbildung der (Marketing-)Mitarbeiter.63 Das Instrumentarium des Personalmanagements respektive der Personalentwicklung ist deshalb darauf­ hin zu überprüfen, ob es Raum für Lernprozesse läßt und diese unterstützt.64 In bezug auf das Vorgesetztenverhalten äußert sich die besondere Relevanz sozial­ ethischer Normen für die Personalpolitik bspw. darin, daß der ethische Dialog einen partizipatorischen Führungsstil impliziert. Interkulturelle Kompetenzen sind deshalb vor allem in Kulturen gefragt, die einen autoritären und „frauen­ feindlichen“ Führungsstil gewohnt sind (bspw. in vielen EL).65 Empirische Unter­ suchungen zeigen, daß das Verhalten vieler Mitarbeiter nach wie vor häufig eine Quelle von Kulturkonflikten in den Niederlassungen der MNU ist und die be­ 63 64 65

Vgl. Steinmann/Scherer 1998, S.69; Steinmann/Scherer 1997, S.42. Vgl. Klaus/Richter/Terzidis 1999, S.512. Vgl. Dülfer 1999, S.386; Haussmann/Mandt 1999, S.400-401 sowie Kapitel 3.1.2.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

183

fragten Unternehmen mit der gezielten Aus- und Weiterbildung der Stammhaus­ und Gastlandmitarbeiter die Hoffnung verbinden, den Aufbau „ethischer Kompe­ tenz“ zu fördern.66 Das „Versuchs- und Irrtumslemen“, eine mögliche Alterna­ tive, wäre hier der aufwendigste Weg. Sofern solche Ausbildungsmaßnahmen darüber hinaus zur Ausbildung von Dialogfähigkeit genutzt werden, können sie einen wichtigen Beitrag zur Herausbildung der notwendigen moralischen Urteils­ fähigkeit der internationalen (Marketing-)Mitarbeiter leisten.67 Die Entwicklung interkultureller Sensibilität und Kommunikationsfähigkeit durch interkulturelle Schulung wird somit zu einer entscheidenden Voraussetzung für die Konzeption und Umsetzung einer Unternehmens- und Marketingethik im internationalen Kontext.68 Insbesondere zur Initiierung des marktorientierten Untemehmensdia­ logs braucht es eine vertiefte Kenntnis der Landeskulturen. Mittlerweile existie­ ren jedoch ausreichend Informations- und Trainingsmöglichkeiten (bspw. Simula­ tions- und Rollenspiele), aus denen sich Ansatzpunkte für die interkulturelle Dia­ logführung ableiten lassen.69 Ein systematisches Handlungsprogramm zur Stär­ kung der (interkulturellen) Dialogkompetenz muß schließlich immer vor dem Hintergrund der jeweiligen Untemehmenssituation formuliert werden.70

Demgegenüber sind in den EL mit ihrer sehr heterogenen Bevölkerungsstruktur und einem entsprechend niedrigen Bildungsniveau (bspw. einer hohen Analpha­ betenquote) großer Teile der Landbevölkerung bzw. des traditionellen Segments die „Idealbedingungen“ der Diskursethik nicht annähernd erfüllt.71 Ungeübtheit und fehlende Redegewandtheit der Betroffenen können sich genauso wie eine durch Einschüchterung, Verdrängung und Tabuisierung eingeengte Bedürfniswahmehmung auf die notwendige Bedürfhisartikulation auswirken. Erwachsene können so aus strukturellen Gründen „unmündig“ geblieben sein, weil sie ge­ 66

67 68 69 70

71

Vgl. Steinmann 1997, S.20; Kreikebaum 1995a, S.l. Da es sich hierbei nicht um marketing­ spezifische Untersuchungen handelt, wird auf eine detaillierte Darstellung verzichtet. Vgl. Kreikebaum/Behnam/Gilbert 2001 für eine ausführliche Erläuterung des Forschungsprojekts „Transcoop“ zu ethischen Konflikten multinationaler Unternehmen. Vgl. Steinmann/Olbrich 1994, S.l38. Vgl. Schlegelmilch 1998, p. 123; Kreikebaum/Behnam/Gilbert 1996, S.l6; Wood 1995, p. 16. Vgl. Haussmann/Mandt 1999, S.402-403; Thomas/Hagemann 1992, S.l89. Vgl. Bentele/Steinmann/Zerfaß 1996a, S.459. In der vorliegenden Arbeit wird deshalb auf eine ausführliche Darstellung verzichtet, zumal derartige Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen un­ abhängig von Position und Funktionsbereich der Mitarbeiter im MNU erfolgen und das Angebot an didaktischen Methoden zur Förderung reflexiver, kommunikativer und interkultureller Kompetenzen umfangreich in der Literatur aufgearbeitet ist. Zur Ausbildung einer Verständi­ gungskompetenz vgl. u.a. Ulrich/Lunau 1997, S.56; Staffelbach 1994, S.414-433; Rebstock 1992; Pieper 1988. Zur Vermittlung interkultureller Kompetenzen vgl. u.a. Gilbert 1998, S.256-261; Huber/Lange 1998; Rosenstiel 1993; Bergmann 1993; Thomas/Hagemann 1992. Vgl. Min 1991, S.27; Schlesinger 1988, S.125; Meffert 1976, S.23. Bildung und Ausbildung müssen angesichts des geforderten interkulturellen Dialogs daher auch im Mittelpunkt der Entwicklungsbemühungen stehen. Vgl. Gerhardt 2000, S.22.

184

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

wohnheitsmäßig „nichts zu sagen“ hatten.72 In totalitär regierten EL (z.B. in Indo­ nesien) ist mit Zensur von staatlicher Seite zu rechnen, und bestimmten Bevölke­ rungsgruppen, wie der der Frauen, ist es u.U. kulturbedingt nicht möglich, in der Öffentlichkeit ihre Meinung zu äußern.73 Während solche Dialogdefizite auf Seite der Konsumenten als „erlernte Sprachlosigkeit“ betrachtet werden können, birgt die Auswahl der Teilnehmer nach ihrer Kommunikationskompetenz grundsätz­ lich das Risiko in sich, daß sich der praktische Diskurs nur aus elitären Kreisen rekrutiert.74 Durch den marktorientierten Untemehmensdialog mit bestimmten Autoritäten eines Kultursystems könnten zwar Konfliktregulierungen auf hohem intellektuellen Niveau erreicht und Fragen erörtert werden, die die einfachen Bürger aus Normentreue nicht zu beantworten wagen.75 Aus Sicht der Nichtbe­ teiligten wäre dies aber nur dann akzeptabel, wenn sichergestellt wäre, daß ihre Interessen bei der angestrebten Konsensfindung angemessen berücksichtigt würden.76

In der Praxis erweist sich die Delegation der Konfliktregulierung an eine überge­ ordnete Ebene (sog. „ethical displacement“) als sinnvolle Alternative, wenn der Diskurs aus Kompetenz-, Geld- oder Zeitgründen nicht unter der persönlichen Beteiligung aller Betroffenen möglich ist. In diesem Fall sollten sie ihre Herr­ schaftsbefugnisse an Interessenvertreter (z.B. Verbraucherverbände und Gewerk­ schaften) delegieren, die dann unter Berücksichtigung der Verfahrensregeln den Konflikt handhaben.77 Die Verständigung im Repräsentationssystem durch „stell­ vertretende Diskurse“ (i.w.S.) gründet auf der Demokratietheorie, die neben der persönlichen Partizipation aller Betroffenen auch deren partielle oder durchgän­ gige Vertretung durch gewählte Repräsentanten zuläßt.78 Insbesondere im Hin­ blick auf die EL scheint diese Form der stellvertretenden Kritik einen geeigneten Ansatzpunkt zu bilden, wenngleich sich immer die Frage nach Herkunft der Kri­ tik und der Berechtigung dazu stellt. Das Mandat bzw. die formale Kompetenz der beteiligten Interessenvertreter wird deshalb als Dialogerfolgsfaktor einge­ schätzt.79

72 73 74 75 76 77 78 79

Vgl. Jöstingmeier 1994, S.59; Ulrich 1993, S.317. Vgl. Essawy 1989, S.51. Vgl. Hansen 1996, S.304; Hansen/Raabe 1995, S.54. Vgl. Dülfer 1999, S.387. Vgl. Hansen/Raabe 1995, S.54. Nach Dunn kann in EL noch viel weniger als in demokratischen Systemen apodiktisch davon ausgegangen werden, daß sich der entwicklungsoptimale Weg mit den Interessen der politischen Oberschicht deckt. Vgl. Dunn 1989, S.l62. Vgl. Steinmann/Olbrich 1994, S.135; Apel 1992, S.45; Göbel 1992, S.142. Vgl. Staffelbach 1994, S.320; Ulrich 1993, S.314. Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1999, S.552; Hansen 1995, Sp.621.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

185

Für die EL wäre es wünschenswert, ihre Konsumenten dazu zu bringen, sich so zu organisieren, daß sie aus ihrer Vereinzelung heraustreten und sich über basis­ legitimierte Verbrauchervertreter bzw. -Organisationen aktiv und frühzeitig an praktischen Dialogen mit den Unternehmen beteiligen können.80 Obwohl die Übertragung der Interessenwahmehmung auf Verbraucherorganisationen schon früh als wichtiger Ansatzpunkt zur Durchsetzung von Konsumenteninteressen gesehen wurde, sind solche gesellschaftlich organisierten Institutionen in den EL auch heute noch seltener als in den IL. Zudem standen die wenigen und ohne Breitenwirkung bleibenden Verbraucherprogramme lange im Verdacht, eher aus propagandistischen Zwecken aufgestellt worden zu sein.81 Reale Ansatzpunkte für eine wirksamere Durchsetzung von Interessen der un­ teren sozialen Verbraucherschichten stellen die Genossenschaften und Gewerk­ schaften dar. Während die Gewerkschaften vor allem die Aufgabe haben, die finanziellen und bildungspolitischen Voraussetzungen für eine Eingliederung in den modernen Sektor zu schaffen, können spezialisierte Konsumgenossenschaf­ ten als organisierte Interessenvertretung von Verbrauchern angesehen werden.82 Solche sog. „Non-governmental organizations“ (NGOs) der Zivilgesellschaft, die weder Profit- noch Regierungsorganisationen sind, haben auch in den EL an Größe, Zahl und Einfluß beträchtlich zugenommen. Sie stellen z.T. respektable Repräsentanten der sie konstituierenden Interessengruppen dar und können als kooperative Dialogpartner den MNU helfen, ihre Verantwortung gegenüber den betroffenen lokalen Anspruchsgruppen besser wahrzunehmen.83 Ungeachtet ihrer sozialen Fähigkeiten und ihres Bildungsniveaus sind sie als Stellvertreter aber erst dann mit einzubeziehen, wenn die direkte Beteiligung der betroffenen Stakehol­ der angesichts praktischer Restriktionen weder möglich noch sinnvoll ist.84

Sofern es im Extremfall auch nicht möglich sein sollte, einen Stellvertreter der Betroffenen (bspw. der durch ökologische Fragestellungen betroffenen zukünfti­ gen Generationen) bei der Konflikthandhabung einzubeziehen, bleibt dem Ent­ scheidungsträger noch die Möglichkeit, in „einsamer Entscheidung“ die Norm­ 80

81 82

83

84

Vgl. Hansen 1996, S.9; Hansen/Raabe 1995, S.62-63; Hansen/Schoenheit 1985, S.l7; Angehm 1981, S.7, 23; Picot 1976, S.101. Wichtig wäre jedoch ein zeitgemäßes Rollenverständnis der Verbraucherorganisation, die sich nicht nur als kritisch-distanzierte Gegenmacht („countervailing power“), sondern auch als Dialogpartner verstehen müßte. Vgl. Hansen 1996, S.88-89. Vgl. Amine 1998, p.381; Kaynak 1986, p.l 37; Simpson 1982, p.230; Hahne 1979, S.250-252. Vgl. Austin 1991, S.82, 164-165; Hahne 1979, S.253-272. Zur im Vergleich zu der von Ver­ braucherorganisationen größeren Bedeutung von Gewerkschaften in Indien vgl. Welge/Berg 1999, S.200-202. Vgl. Enderle 1999, S.444-446; Amba-Rao 1993, p.563; Austin 1991, S.l86. Demgegenüber bestehen bspw. in China noch zahlreiche Einschränkungen für die Arbeit von NGOs. Vgl. Berg/Holtbrügge 2000, S.l6-17. Vgl. Gilbert 1998, S.219-220; Apel 1993, S.434-435.

186

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

Vorstellungen der Betroffenen advokatorisch mit zu berücksichtigen.85 Wo die selbständige Verantwortungsübemahme unumgänglich ist, handelt demnach der­ jenige ethisch, der zumindest versucht, in einem fiktiven Dialog die Interessen der von einer Entscheidung Betroffenen einzubeziehen und die mögliche Kritik der idealen Kommunikationsgemeinschaft am eigenen Handeln selbstkritisch zur Geltung zu bringen.86 Obwohl die Situation des „einsamen Denkens“ eine verin­ nerlichte Sprechsituation darstellt, ist jeder monologisch „fingierte Dialog“ nur eine Ersatzlösung, die erst dann zulässig ist, wenn keine reale Dialogsituation herzustellen wäre.87 Für diese Situation fehlender oder unvollständiger Rezipro­ zität, in der eine Verständigung nicht möglich ist, bedarf die Diskursethik der Er­ gänzung durch eine kritische Verantwortungsethik, wenn sie die realen Hand­ lungsbedingungen nicht von vornherein verfehlen und dem Vorwurf eines sozial­ utopischen Ansatzes entgehen will.88 Danach handelt verantwortlich,89



wer bemüht ist, den Dialog mit den Betroffenen real zu fuhren wo die Voraus­ setzungen der Verständigungsgegenseitigkeit einigermaßen erfüllt sind



wer stellvertretend einen fiktiven Dialog in „einsamer“ Reflexion bestmöglich vollzieht, wo die Voraussetzungen aus prinzipiellen Gründen nicht erfüllt sind



wer zunächst stellvertretend die Verantwortung übernimmt, wo die Vorausset­ zungen aus pragmatischen Gründen nur vorübergehend nicht erfüllt sind, gleichzeitig aber auf eine Verwirklichung der idealen in der realen Kommuni­ kationssituation hinarbeitet.

85 86 87 88

Vgl. Rusche 1996, S.312; Jöstingmeier 1994, S.146; Nill 1994, S.179, 185. Vgl. Apel 1997, S.123; Apel 1993, S.435; Apel 1986, S.19. Vgl. Kreikebaum 1996, S.137; Ulrich 1993, S.290-292. Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.l 12; Ulrich 1998, S.87-88. Strenggenommen handelt es sich dabei jedoch nicht um eine Ergänzung, sondern um eine immer schon implizierte Orientierung bzw. Konsequenz des praktischen Diskurses. Vgl. Ulrich 1998, S.89 und Kapitel 3.2.3. Vgl. Ulrich 1993, S.321-322.

89

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

Abbildung 5-2: Quelle:

187

Der stellvertretende Diskurs im internationalen Marketing Eigene Darstellung

Zwischen diesem „stellvertretenden Diskurs“ (i.e.S.) in verantwortungsethischer Absicht und einem realen Legitimationsdiskurs besteht prinzipiell kein Unter­ schied, da beide in der kommunikativ-ethischen Grundhaltung der Argumenta­ tionsintegrität durchgeführt werden müssen und Aspekte situationsbezogener Folgenbeurteilung zu berücksichtigen haben.90 Internationale Marketingmanager werden realistischerweise nicht selten gezwungen sein, autonom zu entscheiden bzw. zu handeln, so daß die Notwendigkeit einer solchen Vorgehens weise aus pragmatischer Sicht kaum bestritten werden kann. Zugleich wird deutlich, daß einige lokale Interessengruppen mit der Einführung einer diskursiven Konfliktre­ 90

Vgl. Ulrich 1998, S.90.

188

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

gulierung und der verantwortungsvollen Mitwirkung der MNU bei der Realisie­ rung der idealen Kommunikationsgemeinschaft die Erwartung bzw. Hoffnung verbinden, die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse (z.B. durch die Förderung von Demokratisierungs- und Bildungsprozessen) bei sich verändern zu können. Schließlich wirken sich Beiträge dieser Art auf die Etablierung morali­ scher Standards tendenziell positiv aus.91 Voraussetzung dafür ist jedoch die situationsgerechte Konfliktregulierung vor Ort. 5.2.1.3

Standardisierung versus Differenzierung des Marketing als Aus­ gangspunkt der dezentralen Konfliktregulierung

Die vorangegangenen Ausführungen machten deutlich, daß internationale Marke­ tingmanager im Rahmen ihrer Absatzentscheidungen mit unterschiedlichen Kul­ turräumen konfrontiert werden. Insbesondere im Konsumgütermarketing wird eine Vielzahl von Elementen durch Kulturfaktoren beeinflußt.92 Entsprechend bildet die Entscheidung, ob eine national bzw. regional differenzierte oder eine weltweit standardisierte Marktbearbeitungsstrategie gewählt wird, die Kernfrage des internationalen Marketing93 und die Rahmenbedingung für ein marketing­ ethisch orientiertes Handeln im internationalen Kontext. In der Tendenz brachte die Anfang der 80er Jahre propagierte „Globalisierung der Märkte“ und somit auch die des Marketing zunächst einen Bedeutungsverlust der Einflußgröße Kultur mit sich 94 Levitt als bekanntester Vertreter dieser Haltung begründet die Entwicklung zu einem globalen Marketing mit der These von einer weltweiten Homogenisierung der Verhaltens- und Bedürfhisstrukturen, die den MNU eine Standardisierung der Auslandsmarktbearbeitung ermögliche und sich bei der Realisierung zentraler Entscheidungsstrukturen in entsprechenden Kosten­ vorteilen niederschlage.95 Im Mittelpunkt dieses sich selbst verstärkenden Globa­ lisierungsprozesses steht also das neopositivistische Wunschbild der Homogeni­ sierung nationaler Kulturen hin zu einer Universalkultur der Weltmärkte (sog. 91

92 93

94 95

Dies betrifft u.a. die Unterstützung der Tätigkeiten von freien Gewerkschaften, die in Ländern wie China, Vietnam und Indonesien verboten sind. Vgl. Berg/Holtbrügge 2000, S.14-15; Scherer/Löhr 1999, S.266; Homann/Gerecke 1999, S.447; Gilbert/Würthner 1995, S.30. Zur Einflußnahme von MNU auf die rechtlichen Bedingungen in Gastländern vgl. u.a. Maßmann/ Schmidt 1998, S.23-24. Vgl. Schuh 1997, S.76 und insbesondere die Ausführungen in Kapitel 3.1.3. Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.155; Meissner 1995, S.100; Quack 1995, S.74 und bereits Buzzel 1968, pp.102-113. Vgl. Schuh 1997, S.76; Usunier/Walliser 1993, S.V. Vgl. Levitt 1984, S.l9-27. Dies erscheint nicht zuletzt deshalb interessant, weil es u.a. auch Levitt war, der explizit von der Berücksichtigung ethischer Prinzipien durch unternehmerisches Verhalten abgeraten hatte. Vgl. Levitt 1958, pp.41-50.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

189

„Konvergenzthese“).96 Statt der Auslandsmärkte rücken folglich die Produkte ins Zentrum der strategischen Überlegungen, was zu einer bewußten Inkaufnahme national suboptimaler Strategien fuhrt.97 Diese simplifizierte Darstellung der Sachverhalte provozierte zahlreiche kritische Einwänden von Seiten der Marke­ tingwissenschaftler - und konnte empirisch auch nicht bestätigt werden.98 Tatsächlich scheint der Globalisierungsprozeß dem Konsumenten eher aufgezwungen als von ihm forciert zu sein, denn die Kultur als einer der wichtigsten Widerstandsfaktoren wird oft übersehen 99 Bereits ein Blick auf Europa (z.B. Ir­ land, Jugoslawien und Spanien) macht deutlich, daß die Neigung zur Bewahrung kultureller Unterschiede und lokaler Identitäten und die Unterschiede der Wert­ systeme z.T. noch wesentlich stärker ausgeprägt sind, als die erwartete lineare Konvergenz.100 Langfristig könnte zwar eine derartige kulturelle Homogenisie­ rung auf der Basis von gemeinsam geteilten Wertvorstellungen über das gute und gerechte Leben stellvertretend für die nationalstaatliche Integration erfolgen, ge­ genwärtig ist jedoch eine gegenteilige Entwicklung erkennbar.101 „Die (irrige) Annahme einer Standardisierung von Kulturen leugnet jeglichen kulturellen Partikularismus, der sich eher trennend als verbindend in der Welt auswirkt.“102 Unter Rekurs auf die Wertkonflikte zwischen dem Islam und dem Westen spricht Tibi in diesem Zusammenhang von einer strukturellen Globalisierung im Bereich der Ökonomie bei gleichzeitiger kultureller Fragmentation.103

Die Größe und das Ausmaß des globalen Marktes sind also, entgegen dem ersten oberflächlichen Eindruck, nach wie vor durch die limitierte Zahl der globalen Konsumenten und ihre Motivation, weltweit standardisierte Produkte zu konsu­ mieren, begrenzt. Daher kann bestenfalls von einer regio-, nicht aber von einer geozentrischen Standardisierungsperspektive gesprochen werden.104 Vor allem die in naher Zukunft nicht abbaubaren kulturellen Unterschiede in den EL und zwischen ihnen und den IL lassen große Marktpotentiale durch standardisierte Marketingaktivitäten unerreichbar scheinen.105 Der Konsum derselben Produkte 96 97 98 99

100 101 102 103

104 105

Vgl. Hermanns/Wißmeier 1995, S.18; Carl 1989, S.17-19; Meffert 1986, S.695. Vgl. Meffert 1986a, S.89. Vgl. Müller/Kommeier 1996, S.6-8; Hummel 1994, S.l 1; Usunier/Walliser 1993, S.99-102. Vgl. Usunier/Walliser 1993, S.l04. Levitt liefert selbst die folgende Situationseinschätzung: „Die Erde ist rund, aber in den meisten Fällen macht es Sinn, so zu tun, als sei sie flach.“ Levitt 1984, S.26. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.334; Schlegelmilch 1998, pp.7, 135; Meffert/Bolz 1998, S.28. Vgl. Steinmann/Scherer 1997, S.25. Kumar/Graf 1998, S.143. Vgl. Tibi 1995, S.67-69. Tatsächlich erscheint es kaum möglich, die islamische Regierung bzw. die muslimischen Konsumenten als Vertreter des islamischen Fundamentalismus durch aggressive westliche Marketingpraktiken zu blenden. Vgl. Saeed/Ahmed 1998, p.363. Vgl. Iyer 1998, p.221; Meffert/Bolz 1998, S.156. Vgl. Essawy 1989, S.57.

190

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

bedeutet auch nicht notwendigerweise eine Übereinstimmung in den kulturellen Wertvorstellungen. Die Begrenzung des Produktangebots kann einen Kanali­ sierungseffekt ausüben, und die Marketingstrategie von MNU in EL ist nicht selten darauf ausgerichtet, bestehendes Konsumentenverhalten zu verändern und neue Produktmärkte zu schaffen.106 Häufig orientieren sich die Produkte dabei an westlichen Bedarfsmustem. In logischer Konsequenz fuhrt dies dazu, in den Akti­ vitäten amerikanischer Unternehmen (z.B. von Pepsi und Kentucky-FriedChicken in Indien) kulturimperialistische Bestrebungen zu sehen.107 Es handelt sich hierbei um eine nicht zu unterschätzende Problematik mit teilweise verhäng­ nisvollen Folgen, da nach Belk insbesondere die Verbraucherkultur in EL einen Hang zum Hedonismus aufweist, der trotz unbefriedigter Grundbedürfnisse nicht selten zu Prestigekäufen führt.108 Nicht nur unter den dargestellten Entwicklungs­ gesichtspunkten muß deshalb von der unreflektierten bzw. undifferenzierten Übertragung von Marketingstrategien auf EL abgeraten werden.

Grundsätzlich wird die Wahl der Strategie durch eine Reihe situativer Rahmenbe­ dingungen und untemehmensextemer und -interner Faktoren beeinflußt. Dabei ist die Erfordernis zur lokalen Anpassung tendenziell um so höher, je größer die wirtschaftliche und vor allem, als stärkstes Hemmnis, die kulturelle Kluft ist.109 Das bestätigt auch die empirische Studie von Keegan/Still/Hill über den Transfer von 174 Konsumgütem in EL. Danach wurde die große Mehrheit der Produkte in irgendeiner Form angepaßt und standardisierte Produkte waren eher die Aus­ nahme als die Regel.110 Zugleich zeigt der Nestle-Fall aus den 80er Jahren, wel­ che folgenschweren Auswirkungen transferierte bzw. standardisierte Marke­ tingstrategien für die Kunden in EL haben können.111 Inzwischen ist die polarisie­ rende Diskussion allerdings einer differenzierteren Betrachtungsweise gewichen und in der Realität werden zunehmend Mischformen gemäß der Devise, „so viel Standardisierung wie möglich, so viel Differenzierung wie nötig“, verfolgt.112 Insgesamt kann jedoch festgestellt werden, daß die lokale Anpassung sowohl der sozialen Gerechtigkeit als auch der Bewahrung kultureller Identitäten dient.113 106 107 108 109

110 111 112 113

Vgl. Schuh 1997, S.90-91. Vgl. Rumpf 1997, S.5; Kallen 1987, S.l29-132 sowie Kapitel 4.3. Vgl. Belk 1988, p.l 18. Vgl. Müller/Kommeier 1996, S. 10-19; Meffert/Bolz 1992, S.664-666; Kumar 1991, S.228. Hier kann eine sorgfältige Marktforschung hilfreich sein, im internationalen Kontext mehr oder weniger homogene Marktsegmente zu identifizieren, die eine stärkere Standardisierung sinnvoll erscheinen lassen oder aber im umgekehrten Fall ein eher differenziertes Vorgehen nahe legen. Vgl. Austin 1991, S.356; Essawy 1989, S.57; Tietz 1989, Sp.1454. Vgl. Keegan/Still/Hill 1987, pp.97-101. Vgl. Kumar/Graf 1998, S.152; Steinmann/Olbrich 1994, S.130-131; Austin 1991, S.367-368 und die Ausführungen in Kapitel 6.4. Vgl. Müller/Kommeier 1996, S.19, 24; Hummel 1994, S.8; Meffert 1986, S.697, 709. Vgl. Kumar 1998, S.88.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

191

Mit anderen Worten: Eine „Strategie der multinationalen Differenzierung bietet für alle [...] Unternehmen bessere Voraussetzungen für die Lösung ethischer Kon­ flikte als eine Strategie der globalen Standardisierung“.114

Die Diskussion um die Standardisierung bzw. Differenzierung des internationalen Marketing ist somit aufs engste mit Fragen der (diskurs-)ethischen Konfliktregu­ lierung verbunden, denn die Handhabung ethischer Konflikte im internationalen Kontext verlangt sowohl ein genaues Verständnis der ethischen Normvorstellun­ gen und Grundlagen in den verschiedenen Gastländern als auch eine Kenntnis der konkreten Sachlage.115 Dies läßt zum einen die Entwicklung einer internationalen Marketingethik sinnvoll erscheinen, da sie durch ihren spezifischen Objektbe­ reich in bezug auf die Untemehmensethik eine theoretische Konkretisierungsund eine praktische Umsetzungsfünktion hat.116 Zum anderen werden die Chan­ cen einer Konfliktbewältigung um so stärker steigen, je eher die marktorientierten Untemehmensdialoge dezentral am Ort der Konfliktentstehung realisiert werden. Entsprechend der Empfehlung zur situationsspezifischen Ausgestaltung des Dia­ logverfahrens, können die Entscheidungen durch die Einbeziehung von Betroffe­ nen vor Ort qualitativ gewinnen.117 Darüber hinaus sind die Entscheidungsträger in Anbetracht wachsender Partizipationsansprüche der Betroffenen immer öfter dazu gezwungen, die Legitimität ihrer Handlungen in der direkten Konfrontation mit den lokalen Stakeholdem zu rechtfertigen. Mit der Dezentralisierung der Konflikthandhabung und Gestaltung als „bottom-up-Verfahren“ kann die MNU der Forderung nach mehr Partizipation und mehr Gerechtigkeit für ausländische Dialogpartner nachkommen.118 Schließlich ist die ethische Vernunft nur durch Begründung zur Geltung zu bringen, so daß es bei der ethischen Reflexion von Entscheidungen vorwiegend um die Begründung von Normen und nicht allein um ihre Anwendung geht.119 Eine zentrale Voraussetzung der diskursiven Verständi­ gung ist, daß die Inhalte moralischer Argumentationen von der realen Diskurs­ situation, in der sich die Betroffenen befinden, abhängig gemacht werden müssen. Die zur Verhandlung anstehenden konfliktären Normen werden durch die jewei­ lige historische Situation eines gestörten Einverständnisses determiniert.120 Es erscheint deshalb nicht sinnvoll, den marktorientierten Untemehmensdialog sei­ nem lokalen Kontext zu entreißen und zentral auf der Ebene der Muttergesell­ schaft zu verorten. 114 115 1,6 117 118 119 120

Kreikebaum 1995a, S. 1. Vgl. Jöstingmeier 1994, S.46^47. Vgl. Rettberg 1999, S.42 und die Ausführungen in Kapitel 2.2.1. Vgl. Kreikebaum 1996, S.248; Steinmann/Olbrich 1994, S.l28; Amba-Rao 1993, pp.567-568. Vgl. Zerfaß/Scherer 1995, S.496; Kramer 1988, S.129. Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.l 17 und die Ausführungen in Kapitel 3.2.2. Vgl. Habermas 1992, S.113.

192

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

Unter pragmatischen Aspekten erweist sich eine primär dezentrale Konfliktregu­ lierung aus den folgenden Gründen als vorteilhaft:121 •

Eine ausreichende Situations- und Problemkenntnis haben nur die „Experten vor Ort“, d.h. nur dezentrale Diskurse ermöglichen die Berücksichtigung der lokalen kognitiven Strukturen, die Sammlung von Informationen über die Rollenverteilung der betroffenen Stakeholder und die Marktgegebenheiten im Gastland.



Die Gefahr, sich in grundsätzlichen Prinzipienstreitigkeiten zu verlieren, ist minimal, da die Konfliktparteien durch die organisatorische Nähe zum Ent­ scheidungsproblem stärker den Randbedingungen und konfliktspezifischen Fakten der historischen Situation verbunden bleiben.



Eine zentrale Koordination der Konflikthandhabung hätte aufgrund der Kom­ plexität der Konfliktbeziehungen im internationalen Kontext hohe Kontrollund Koordinationskosten zur Folge. Die Dezentralisierung ist also auch aus Zeit- und Effizienzgründen notwendig. Auf diese Weise werden Reibungs­ verluste vermieden und das Top-Management weitgehend entlastet.



Sofern der marktorientierte Untemehmensdialog als ethisches Frühwarnsys­ tem verstanden wird, ist er zwangsläufig dezentral anzulegen, denn die loka­ len Einheiten können am schnellsten und besten beurteilen, ob im konkreten Fall Verständigungsbedarf besteht.

Vor diesem Hintergrund erscheint es notwendig, so nah wie möglich an den kon­ kreten Marketingproblemen bzw. den lokalen Geltungsansprüchen anzusetzen, um von dort aus, nach der Überwindung partikularistischer Positionen, gegebe­ nenfalls zu einer Verträglichkeit zu gelangen. Eine dezentrale Konfliktregu­ lierung entspricht damit dem Subsidiaritätsprinzip.122 Eine zentrale Konfliktregu­ lierung läuft ob der weltweiten kulturellen Unterschiede grundsätzlich Gefahr, als unwillkommene Bevormundung oder als realitätsfeme Wunschvorstellung empfunden zu werden. Die Informations-, Planungs- und Entscheidungsprozesse sind deshalb unter Beteiligung der lokalen Marketingmanager stärker bottom-up als top-down anzulegen.123 Dadurch erhöht sich zugleich die Wahrscheinlichkeit, daß solchermaßen entstandene Normen von den Betroffenen akzeptiert und um­ gesetzt werden. Die Muttergesellschaft respektive die Untemehmenszentrale sollte sich darauf beschränken, mit dem marktorientierten Untemehmensdialog lediglich das Verfahren der interkulturellen Konflikthandhabung zentral vorzuge-

121 Vgl. Gilbert 1998, S.218-220; Kreikebaum 1996a, S.391; Steinmann/Olbrich 1994, S.128-129. 122 Vgl. Steinmann/Scherer 1998, S.73-74; Gilbert 1998, S.219; Ulrich 1993, S.418. 123 Vgl. Sarasin 1998, S.379; Steinmann/Scherer 1997, S.44; Kreikebaum 1995a, S.l.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

193

ben, und sie dann situationsspezifisch-autonom am Ort des Konflikts stattfinden lassen.124 Diese Vorgehensweise gilt jedoch nur, wenn die ethischen Forderungen einerseits nicht den Handlungsspielraum der Tochtergesellschaft übersteigen, da eventuell noch andere Subsysteme involviert sind, und andererseits keine negativen exter­ nen Effekte für Dritte außerhalb dieser Kulturgemeinschaft mit sich bringen. Un­ ter diesen Umständen (vgl. bspw. den Fall „Brent Spar“) griffe eine ausschließ­ lich dezentrale Konfliktregulierung zu kurz und die vor Ort erzielten Einver­ ständnisse müßten auf ihre Eignung für eine weitere Universalisierung überprüft werden.125 Um dies zu gewährleisten, müßten die relevanten Informationen über ein international integriertes System der Untemehmenskommunikation schnell an die internen und externen Anspruchsgruppen kommuniziert werden.126 Dabei stellen die räumliche Dislozierung der verschiedenen Marketingaktivitäten, die dadurch erschwerte Kommunikation und der erhöhte Informationsbedarf sowie die Autonomiebestrebungen der Tochtergesellschaften hohe Anforderungen an die internationale Organisationsform.127 Zweifellos sind insbesondere rigide Kompetenzregelungen und gebundene Kommunikationsstrukturen bzw. Informa­ tionsasymmetrien geeignet, als organisatorische Entscheidungsrestriktionen den Handlungsspielraum im MNU einzuschränken.128 Daraus leitet sich das Postulat nach Organisationsformen ab, die sich in erster Linie durch netzwerkartige Inter­ aktionsstrukturen auszeichnen. Die Implementierung einer Netzwerkstruktur stärkt nicht nur die Eigenverantwortung der Ländergesellschaften, sondern bindet die Marketingmitarbeiter gleichzeitig in ein weltweites Informationssystem ein.129

Für die diskursive Handhabung ethischer Konflikte im internationalen Marketing müssen also folgende Bedingungen erfüllt sein:130 Erstens muß es genügend Frei­ räume geben, die eine Konfliktregulierung entsprechend der kulturell-historisch geprägten Konfliktsituation gewährleisten. Zweitens wird eine allgemeinverbind­ liche, für alle betroffenen Konfliktparteien akzeptable Vorgehensweise benötigt, die im globalen Maßstab für das untemehmensinteme Netzwerk Orientierungs­ funktion besitzt. Die Schaffung der Voraussetzungen dieser international inte­ grierten Konflikthandhabung steht im Mittelpunkt der weiteren Ausführungen. 124 Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.l 18-119; Gilbert 1998, S.218; Sarasin 1998, S.370, 381. Für die Anwendung der Diskursregeln gelten jedoch die in Kap. 5.2.2.2 genannten Einschränkungen. 125 Vgl. Steinmann/Scherer 1996, S.44-45; Steinmann/Olbrich 1994, S.l33-135. Zum Fall „Brent Spar“ vgl. u.a. Herkströter 1997, S.l-8. 126 Vgl. Gilbert 1998, S.220-223; Jöstingmeier 1994, S.l82. 127 Vgl. Hermanns 1995, S.34. 128 Vgl. Kreikebaum 1996, S.192, 224; Kreikebaum 1989a, Sp.1653, 1657-1658. 129 Vgl. Kreikebaum 1995a, S.l. Ähnliche Überlegungen finden sich bei Kambartel, der den Begriff der „dialogischen Netze“ verwendet. Vgl. Kambartel 1991 und Scherer 1995, S.230-232. 130 Vgl. Gilbert 1998, S.177.

194

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

5.2.2

Gestaltungsrahmen des marktorientierten Unterneh­ mensdialogs

5.2.2.1

Organisatorische Gestaltungsanforderungen als Vorbedingung

Bei der Durchführung von Untemehmensdialogen gilt es sowohl kulturelle und personelle wie auch organisatorische Barrieren (bspw. Fragen der Zuständigkeit) zu überwinden.131 De facto beruht die Nichterfüllung der idealen Argumentati­ onsvoraussetzungen bei der Durchführung von Untemehmensdialogen primär auf organisatorischen und personellen Schwierigkeiten,132 da die Untemehmenskultur für sich genommen zwar Orientierungen, jedoch keine expliziten Verfahrenshil­ fen für moralisches Handeln im (internationalen) Marketing geben kann.133 Vor­ bedingung dafür, daß in der MNU überhaupt eine rationale Argumentationskultur entstehen kann und die dialogische Marketingethik vor Ort praktisch wirksam wird, ist nicht zuletzt die Schaffüng der organisatorischen Voraussetzungen.134 Es erscheint deshalb wichtig, zunächst die organisatorisch-institutionellen Voraus­ setzungen der Gestaltung marktorientierter Untemehmensdialoge darzustellen, bevor die Rahmenkonzeption des Dialogverfahrens selbst näher konkretisiert wird.

Im Zuge der Internationalisierung erscheint eine Organisationsstruktur von Vor­ teil, die über die Merkmale Stabilität, Flexibilität und Offenheit verfügt.135 „Ähn­ lich wie im Falle der ethnozentrischen Organisationskultur können in einer geo­ zentrisch ausgerichteten Konzeption lokal entstehende Konfliktsituationen nicht flexibel genug bewältigt werden.“136 Gleichzeitig könnten sich die ausländischen Niederlassungen respektive die dort tätigen Marketingmanager im Vertrauen auf die „Weisheit der zentralen Instanzen“ von der eigenen Verantwortung entlastet fühlen.137 Die stark zentralisierten Entscheidungsstrukturen dieser Organisations­ formen haben sich ergo oft als nicht mehr zeitgemäß erwiesen. Der angesichts der kritischen Diskussion um die Standardisierung des internationalen Marketing ten­ denziell geringe Zentralisierungsgrad von Marketingentscheidungen in internatio­ nal tätigen Unternehmen steht einer solchen Vorgehensweise im übrigen entge­

131 Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1999, S.555; Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1997, S.109; Kreikebaum 1996, S.l92. 132 Vgl. Gilbert/Würthner 1995, S.22-23. Zu den personellen Anforderungen vgl. Kapitel 5.2.1.2. 133 Vgl. Kaas 1999, S.145; Kass 1997, S.57. 134 Vgl. Steinmann 1997, S.2; Zerfaß/Emmendörfer 1994, S.49; Steinmann/Olbrich 1994, S.l35. 135 Vgl. Haussmann/Mandt 1999, S.404; Behnam 1998, S.201-202; Jöstingmeier 1994, S.l82; Nill 1994, S.148, 192. 136 Kreikebaum 2000, S.l49. 137 Vgl. Kreikebaum 1996, S.312; Kumar 1991, S.232.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

195

gen.138 Demzufolge sind netzwerkartige Strukturen auszubilden, Hierarchie­ ebenen abzubauen und Entscheidungskompetenzen an die lokalen Einheiten zu übertragen, um flexibel genug reagieren zu können.139

Eine untemehmensinteme Netzwerkstruktur ermöglicht es, den „goldenen Mit­ telweg” zu finden und die dezentrale Grundstruktur des Legitimationsdiskurses mit den zentralen Universalisierungsanforderungen in Einklang zu bringen.140 Da beim polyzentrischen Organisationsmodell grundsätzlich die Gefahr besteht, daß die einheitliche Ausrichtung an einem Gesamtziel aufgegeben wird und intraorga­ nisatorische Konflikte auftreten, wird hier den Überlegungen von Kreikebaum gefolgt, der die transnationale Konzeption mit guten Chancen versehen sieht.141 Das transnationale Organisationsmodell berücksichtigt durch die enge Verflech­ tung der Zentrale mit allen Tochtergesellschaften simultan die Forderung nach länderspezifischer Anpassung und weltweiter Koordination. Es wird deshalb auch im Zusammenhang mit der organisatorischen Gestaltung internationaler Marke­ tingaktivitäten verstärkt diskutiert.142 Das von Bartlett/Ghoshal vorgeschlagene Modell eines integrierten Netzwerks ist vor allem durch multinationale Flexibili­ tät, globale Effizienz und weltweite Lernfähigkeit, d.h. die Übertragung von ge­ wonnenem Wissen auf alle Untemehmenseinheiten, gekennzeichnet.143 Neben der formalen Organisationsstruktur sind ferner eine gemeinsame Untemehmensvision bzw. -philosophie und Untemehmenskultur die zentralen Voraussetzungen für die Zusammengehörigkeit und Anpassungsfähigkeit der komplexen Systemele­ mente.144 Die praktische Umsetzung marktorientierter Untemehmensdialoge voll­ zieht sich demgegenüber vornehmlich in Form von Repräsentativorganen im Un­ ternehmen, für die unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten denkbar sind.

138 Vgl. dazu auch Meffert/Bolz 1998, S.268-271 und Kapitel 3.1.2. 139 Vgl. Homann/Gerecke 1999, S.444-445; Wieland 1997, S.529. 140 Vgl. dazu auch Jöstingmeier 1994, S.23, 108; Steinmann/Olbrich 1994, S.131. In der vorlie­ genden Arbeit werden untemehmensinteme Netzwerke, d.h. Kooperationsaktivitäten zwischen der Untemehmenszentrale und den dezentralen Tochtergesellschaften, betrachtet. Untemehmensexteme Netzwerkstrukturen (sog. dynamische bzw. strategische Netzwerke), als zweite Ausprägung des Netzwerkbegriffs, bleiben demgegenüber unberücksichtigt. Vgl. dazu u.a. Kreikebaum 1998a, S.l 18. 141 Vgl. Kreikebaum 2000, S. 148-149. Der von Steinmann/Olbrich verwendete Terminus einer „polyzentralen Konfliktbehandlung“ erscheint vor diesem Hintergrund etwas unglücklich bzw. mißverständlich. Vgl. Steinmann/Olbrich 1994, S.l28. 142 Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.35, 272; Meissner 1995, S.l74-175. 143 Eine detaillierte Darstellung des transnationalen Ansatzes kann im Rahmen dieser Arbeit nicht erfolgen; vgl. hierzu u.a. Bartlett/Ghoshal 1993, S.l 19; Bartlett/Ghoshal 1990, S.93; Bartlett 1992, S.425-464 und im Überblick Würthner 2001, S.33-43; Kreikebaum 1998a, S.l 18-123. 144 Vgl. Kreikebaum 2000, S.l49.

196

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

Zur Sicherstellung der Offenheit des Dialogzugangs und begründungsbezogener Beratungsbedingungen sind diesbezüglich prinzipiell die bestmöglichen institu­ tionellen Rahmenbedingungen in der realen Kommunikationsgemeinschaft zu verwirklichen. Dennoch sind strukturelle Ethikmaßnahmen zwar notwendig, aber nicht hinreichend, und so wird den im folgenden aufgefuhrten Möglichkeiten nur ein mäßiger Erfolg beschieden sein, wenn sie nicht in die entsprechende Unter­ nehmenskultur eingebunden sind.145 Darüber hinaus erschwert die geographische Streuung der internationalen Untemehmensaktivitäten die Konstruktion organi­ satorisch-institutioneller Regelungen und deren Überwachung durch das MNU.146 In der Untemehmenspraxis bieten sich deshalb spezielle Instrumente der Sekun­ därorganisation an, die aus der herkömmlichen Organisationsstruktur (sog. Pri­ märorganisation) ausgegliedert sind und sich mit Kommunikationsaktivitäten so­ wie der diskursiven Regelung von Konflikten beschäftigen.147 „Institutionelle oder organisatorische Voraussetzungen sind überall dort zu schaffen, wo ethische Reflexion tatsächlich auch stattfinden soll.“148 Die Ein­ richtung entsprechender institutioneller Organe leitet sich aus der UnternehmensVerfassung ab, die strukturbildend wirkt, um die praktische Umsetzung der Dis­ kursregeln zu gewährleisten.149 Geht man davon aus, daß ethische Konflikte diskursiv gehandhabt werden sollen, sind Ergänzungen in der Aufbauorganisation zu finden und zu institutionalisieren: entweder als einzelne Stelle oder aber als mehrköpfige Organe.150 Praxisbeispiele, die diesen Gedanken im Marketingbe­ reich aufgreifen, sind Einrichtungen wie Verbraucherabteilungen, Ethikkommis­ sionen, Kundenforen und -beiräte sowie Konsumentenschutzbeauftragte. Als institutionalisierte Formen des Dialogs sollen sie die Interessen von Konsumenten bei Marketingentscheidungen wahmehmen.151

145 146 147 148 149 150

Vgl. Ulrich 1998, S.91,458; Sarasin 1998, S.374; Chonko 1995, p.130. Vgl. Kumar 1991, S.232. Vgl. Gilbert 1998, S.245. Kreikebaum/Behnam/Gilbert 1996, S.l6. Vgl. Gilbert 1998, S. 184 sowie die Kapitel 2.3 und 6.1. Vgl. Kay-Enders 1996, S.l56; Staffelbach 1994, S.327-329. Realistischerweise muß im inter­ nationalen Kontext jedoch davon ausgegangen werden, daß die zu klärenden Fragen zu kon­ fliktbeladen sind, um durch eine einzelne Person gehandhabt werden zu können. 151 Vgl. Stauss 1996, S.211; Eretge 1996, S.62; Jöstingmeier 1994, S.65; Hansen 1992, S.661. So sollen z.B. auch die Verbraucherbeiräte der British Telecom einen ethisch-politischen Diskurs über die Legitimität bestimmter Marketingpraktiken ermöglichen. Vgl. Zerfaß 1994, S.305.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

Singuläre Stellen:

Multipersonale Gremien:

Universell, kontinuierlich:

Projektbezogen, fallweise:

• • •



Ombudsmann/-frau Ethikbeauftragter Ethik-Stelle

Tabelle 5-2: Quelle:

Ethikberater

Universell, kontinuierlich:

Projektbezogen, fallweise:



Verbraucherabteilung

• |•

Beschwerdeabteilung Ethikabteilung

• •



197

Kundenforen Gruppendiskussionen mit Konsumenten

Ethik-Kommission

Beispiele spezifischer aufbauorganisatorischer Einrichtungen Eigene Darstellung in Anlehnung an Hansen/Raabe 1995, S. 60; Staffelbach 1994, S.328.

Hansen befürwortet insbesondere die Einrichtung einer Verbraucherabteilung, die als „sensibilisierendes Gewissen der Unternehmung“ in der Lage sei, ethische Konflikte frühzeitig und umfassend wahrzunehmen und somit die Spannbreite wahrgenommener Handlungsaltemativen zu vergrößern. Neben dieser nach außen gerichteten Sensibilisierungsfunktion können Verbraucherabteilungen auch die Aufgabe haben, die Interessen der Konsumenten innerhalb der Unternehmung zu vertreten und Konflikte so zu internalisieren.152 Sie sollen also die Artikulations­ chancen von Verbrauchern verbessern, so daß deren Kritik und Widerspruch nicht nur akzeptiert, sondern förmlich stimuliert werden sollen. Insofern sind sie Ausdruck eines konstruktiven Umgangs mit verbraucherpolitischen Forderungen. Die Verbraucherabteilungen haben dabei die dialogische Aufgabe der Konsens­ bildung, d.h. die Idee der integrierten Interessenwahmehmung beruht auf der Vorstellung der Konfliktregulierung durch Argumentation.153 Die Vorteile einer derart spezifischen organisatorischen Einheit sind ein hohes Maß an Kenntnissen und Professionalität und die klare Regelung der Zuständigkeiten nach innen und außen.154 Allerdings ergeben sich gerade im Hinblick auf die Einrichtung von Verbraucherabteilungen in international tätigen Unternehmen einige Bedenken.

152 Vgl. Hansen 1989, S.l28; Hansen 1988, S.718. Zu den externen und internen Funktionen einer Verbraucherabteilung vgl. Hansen/Stauss 1985, S.151-159; Hansen/Schoenheit 1985, S.19-20. 153 Vgl. Rosenberger 1996, S.245; Schreyögg 1985, S.202; Hansen/Schoenheit 1985, S.l4, 20. 154 Vgl. Hansen/Stauss 1985, S.l53, 157-158.

198

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

Grundsätzlich ist die Spannweite des Konzepts „Verbraucherabteilung “ und des ihr zugrundeliegenden dialogischen Anspruchs zu hinterfragen. Verbraucherabteilungen sind üblicherweise auch mit Aufgaben ohne jede ethische Dimension betraut, und die Unterstützung moralischen Marketinghandelns ist nur selten ihre Hauptfunktion.155 „Ohne [...] ethische Qualifizierung würde die Verbraucherabteilung nur den Sinn haben, Marktsignale (besser) zu dechiffrieren, womit die Marketingethik womöglich zu einem rein strategischen Erfolgsfaktor für die Un­ temehmensfuhrung würde.“156 Von noch weiterreichender Bedeutung ist die Spe­ zialisierung auf eine bestimmte Stakeholdergruppe: Da sich Verbraucherabteilun­ gen ausschließlich mit konsumentenbezogenem moralischem Handeln beschäfti­ gen, läßt sich einwenden, daß deren spezifische Anliegen zwangsläufig vor ande­ ren ausgezeichnet werden. Dies ist jedoch mit dem Gedanken der prinzipiellen Offenheit gegenüber allen vom Marketinghandeln Betroffenen nicht mehr verein­ bar.157 Die bisherigen Ausführungen haben schließlich gezeigt, daß im internatio­ nalen Marketing zumeist mehrere Stakeholdergruppen für den marktorientierten Untemehmensdialog eine Rolle spielen (bspw. Wettbewerber, Lieferanten oder die Justiz des Gastlandes, die durch eine illegale oder illegitime Preispolitik der MNU betroffen sein können). Da es praktisch nicht möglich ist, für alle Stakehol­ der eigene Abteilungen zu schaffen, müßte der Begriff der „Verbraucherabtei­ lung“ der Vollständigkeit halber so weit interpretiert werden, daß alle Anliegen erfaßt werden, die mit dem Verbrauch respektive der Vermarktung des Produktes Zusammenhängen.158 Statt dessen wird die Einsetzung einer Ethikkommission empfohlen, die der Verbraucherabteilung ähnelt, aber eine umfassendere, „grö­ ßere Lösung“ zur Institutionalisierung des Dialogs darstellt.159 Insbesondere in den USA wird zur Institutionalisierung der Untemehmensmoral, ähnlich dem Umweltnetzwerk und Umweltbeauftragten im Bereich des ökologi­ schen Marketing, zunehmend die Einrichtung von Ethikkommissionen und -beauftragten diskutiert.160 „Als ein Gremium, das intern hierarchiefrei ist, soll die Ethik-Kommission explizit moralische Bedenken hinsichtlich bestimmter Ge­ 155 Vgl. Kay-Enders 1996, S.l61. Derartige, zu PR-Stellen degenerierte Abteilungen, die primär darauf angelegt sind, verbraucherpolitisches Konfliktpotential zu zerstreuen, sind aufgrund ihrer Substanzlosigkeit oft nur als sozialtechnisches Instrument zu betrachten. Vgl. Steinmann/Löhr 1991a, S.272. 156 Steinmann/Löhr 1988, S.811. 157 Vgl. Rettberg 1999, S.43; Kay-Enders 1996, S.161; Göbel 1992, S.281. 158 Vgl. Göbel 1992, S.l85, 280-281. Damit wäre aber noch nicht der zuerst genannte Einwand einer (strategischen) Instrumentalisierung von Verbraucherabteilungen entkräftet. 159 Vgl. Steinmann/Löhr 1991a, S.274. 160 Vgl. Hansen/Bode 1999, S.412; Schlegelmilch 1998, pp.126-127; Laczniak/Murphy 1985, pp. 102-103. Eine vergleichende Gegenüberstellung zum Umsetzungsstand in den USA, Deutschland und der Schweiz findet sich bei Ulrich/Lunau 1997, S.61. Zur Verbreitung in den USA vgl. Wieland 1993, S.36.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

199

schäftsaktivitäten ,zur Sprache4 bringen. Als unparteiisches Dialogforum versucht es, unterdrückte Problemlagen ans Licht zu bringen und Lösungen ethisch zu be­ denkender Konfliktpotentiale zu fördern.“161 Angesichts dieser Definition läßt sich die Ethikkommission prinzipiell als „Hüterin des Dialogs“ umschreiben, die es den von einem ethischen Dilemma Betroffenen ermöglicht, ihre Stimme zu erheben, ohne deshalb mit persönlichen Nachteilen rechnen zu müssen.162 Da­ rüber hinaus können ihr u.a. folgende Aufgaben zukommen:163 •

Kommunikation der ethischen Grundwerte und Entscheidungen des Unter­ nehmens an die Stakeholder und umgekehrt, um wechselseitige Erwartungen offenzulegen und zur Beachtung zu bringen (d.h. die Durchsetzung diskursi­ ver Willensbildung).



Durchführung von Ethikaudits.



Überwachung der Geschäftsaktivitäten (i.S. eines ethischen Frühwarnsys­ tems) und Übernahme ethisch relevanter Entscheidungen in kritischen Fällen.



Entwicklung und Überprüfung ethischer Richtlinien (z.B. für Marketing und Vertrieb) sowie die Behandlung von Verstößen.



Etablierung und Anwendung eines Anreiz- und Bestrafungssystems für (un-) moralisches Verhalten.



Ausbildung und interne Sensibilisierung der Marketingmitarbeiter.



Vertretung des Unternehmens in externen Organisationen (bspw. in den Kommissionen für Standesregeln von Berufs- und Branchenverbänden).

161 Ulrich/Lunau 1997, S.55. 162 Vgl. Ulrich 1998, S.456, und insbesondere Steinmann/Löhr 1991a, S.274. 163 Vgl. dazu Palazzo 2000, S.216; Kay-Enders 1996, S.157-158; Wieland 1994, S.14-16; Staffel­ bach 1994, S.333; Steinmann/Löhr 1991a, S.275-276; Laczniak/Murphy 1985, pp.102-103.

200

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

Abbildung 5-3: Quelle:

Aufbau einer Ethik-Kommission Eigene Darstellung in Anlehnung an Behnam 1998, S.l37; Gilbert 1998, S.247; Steinmann/Oppenrieder 1985, S.l80.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

201

Kurz: Die Ethikkommission hat einerseits die Aufgabe, zwischen den Betroffenen ein Forum dialogischer Verständigung über ethische Konflikte zu schaffen und nimmt andererseits eine Expertenrolle „in Sachen Ethik“ wahr.164 Diese zwei Kemfunktionen kommen auch in ihrer personellen Besetzung zum Ausdruck. Sofern die ethischen Konflikte in einer diskursiven Verständigung durch die vom Konflikt Betroffenen gelöst werden sollen, kann die personelle Zusammen­ setzung zwar nicht abschließend festgelegt werden, es lassen sich jedoch einige pragmatische Hinweise geben.165 Die Kommission sollte sich danach aus einem stehenden Ausschuß dialogbegleitender Experten, die Diskurse zu moderieren in der Lage sind, und aus den je nach dem zu verhandelnden Konfliktfall betrof­ fenen dialogfuhrenden Parteien zusammensetzen (bspw. den Marketingmanagem sowie Konsumenten und Regierungsvertretem aus den EL).166 Ihre Institutionali­ sierung erfolgt daher nur selten als ständige Abteilung, sondern neben turnusmä­ ßigen Zusammenkünften finden häufig problembezogene Sitzungen mit wechselnder personeller Zusammensetzung statt.167

Diese Vorgehensweise bietet für die Handhabung ethischer Konflikte im interna­ tionalen Marketing entscheidende Vorteile: Erstens kann eine dialogische Kom­ missionslösung durch die Überwindung partikularer Standpunkte für die MNU eine Quelle echter ethischer Legitimation darstellen.168 Zweitens ist sie durch ihre konfliktspezifische Zusammensetzung in der Lage, ein hohes Maß an marke­ tingspezifischer Kenntnis und Professionalität zu gewährleisten. Fragen der Zu­ ständigkeit nach innen und außen sind klar geregelt, ohne daß betroffene Stake­ holder, wie bei der Verbraucherabteilung, im voraus vom Dialog ausgeschlossen werden. Es ist daher auch nicht notwendig, sog. Marketing-Ethikkommissionen einzurichten, wie es z.B. von Laczniak/Murphy vorgeschlagen wird.169 Drittens sind sie als Orte diskursiver Argumentationen nicht an bestimmte Standorte ge­ bunden, weil sie unabhängig von der Primärorganisation aufgehängt sind. Durch die räumliche Flexibilität der Kommissionslösung sind sowohl zentrale als auch dezentrale Diskurse möglich.170 Tatsächlich zeigen die praktischen Erfahrungen

164 Vgl. Staffelbach 1994, S.332-333 und ähnlich Steinmann/Löhr 1991a, S.275-276. 165 Vgl. Staffelbach 1994, S.334. 166 Vgl. Gilbert 1998, S.246-247; Berkel 1997, S.l 18; Steinmann/Löhr 1991a, S.276-277 und ähnlich Laczniak/Murphy 1993,p.227. 167 Vgl. Kay-Enders 1996, S.157; Staffelbach 1994, S.333. 168 Vgl. Steinmann/Olbrich 1994, S.l36. 169 Vgl. dazu Laczniak/Murphy 1985, p.102. Als ständiges Kommissionsmitglied wäre jedoch bspw. ein nur für den Marketingbereich verantwortlicher Ethikbeauftragter denkbar, der als Ansprechperson für alle vom Marketinghandeln Betroffenen dient. Seine Präsenz kann die Be­ rücksichtigung ethischer Aspekte bei Marketingentscheidungen institutionalisieren. Vgl. dazu Kay-Enders 1996, S.l56, 163-164. 170 Vgl. Gilbert 1998, S.248.

202

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

der „Muskie-Kommission“ zu den Marketingmaßnahmen von Nestle für Mutter­ milchersatzprodukte in den EL, daß die Bedingungen der idealen Kommunika­ tionsgemeinschaft so zumindest in Ansätzen realisierbar sind.171 5.2.2J

Gestaltung der Dialogstruktur

Unter diesen Voraussetzungen lassen sich, auf der Grundlage der Diskursethik, Leitideen zur Gestaltung von Strukturen und Prozessen der kommunikativen Bil­ dung moralischer Normen im internationalen Marketing formulieren. Damit wird der Diskurs zu einer pragmatischen Form der moralischen Konflikthandhabung im internationalen Kontext.172 Bei der Gestaltung der Struktur unterscheiden Hansen et al. situationsabhängige und situationsunabhängige Gestaltungsva­ riablen. Bei den situationsunabhängigen Gestaltungsfaktoren handelt es sich um präskriptive Verfahrensnormen bzw. - regeln, die als Konstruktions Vorschriften im Sinne einer Verfahrensgerechtigkeit aus einem diskursethischen Begrün­ dungszusammenhang abgeleitet werden und auf Dialogverfahren angewendet werden.173 Die weiteren Ausführungen folgen diesbezüglich den Kriterien von Ulrich, der sowohl dem kritisch-normativen Stakeholderkonzept der gesellschaft­ lichen Verantwortungsübemahme als auch der Diskursethik von Habermas nahe­ steht:174



Beteiligung aller Betroffenen, d.h. Gesprächsoffenheit auch gegenüber dissidenten Stimmen inner- und außerhalb der MNU. Der interkulturelle Diskurs mit seiner welterweitemden Perspektive ist keine exklusorische Angelegen­ heit, sondern garantiert die unbeschränkte Bedürfhiseinbringung.175



Zwanglosigkeit im Sinne der Bereitschaft, auf Sanktionen und Persuasion zu verzichten. Dies bedeutet einen Verzicht auf manipulative Kommunika­ tionstechniken, wie sie z.B. in der Werbung und im Rahmen verbreiteter Marktforschungspraktiken den Konsumenten in seiner „Souveränität“ ein­ schränken.176

Vgl. hierzu ausführlich Muskie/Greenwald III 1986, pp. 19-23 und Kapitel 6.4. Vgl. Staffelbach 1994, S.314. Vgl. Hansen u.a. 1995, S.119. Vgl. Ulrich 1983, S.75. Vgl. demgegenüber die Kriterien von Pless 1998, S.363-364; Stein­ mann/Löhr 1994, S.78 und Hansen/Raabe 1995, S.53-54, 68-70. In einer späteren Veröffentli­ chung orientiert sich auch Hansen an den von Ulrich aufgestellten Anforderungskriterien (vgl. Hansen 1996, S.40). Es sei jedoch angemerkt, daß sich die Anforderungen der Frankfurter Schule und der Erlanger Konstruktivisten an das konsensorientierte Argumentieren trotz unter­ schiedlicher Fundierung nur unwesentlich unterscheiden. Vgl. dazu u.a. Lorenzen 1991, S.64. 175 Vgl. Pless 1998, S.362. 176 Vgl. Hansen/Raabe 1995, S.69. 171 172 173 174

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

203



Herrschaftsfreiheit und Chancengleichheit sollen insbesondere im interna­ tionalen Kontext gewährleisten, daß bspw. auch die „machtmäßig“, finan­ ziell und wirtschaftlich benachteiligten Konfliktparteien in EL die gleichen Chancen haben, ihre Argumente ohne negative Folgen frei vorzutragen.177



Informationssymmetrie, d.h. allen Beteiligten sind alle vorhandenen relevan­ ten Informationen zugänglich zu machen.



Universalisierbarkeit: Sie bezeichnet die Bereitschaft, auf bloß subjektive, nicht verallgemeinerungsfähige Argumente zu verzichten.



Rationale Motivation aller Diskursteilnehmer: Alle Beteiligten müssen den gemeinsamen Willen zur vernünftigen Argumentation, Unvoreingenommen ­ heit und Konsensfindung hinsichtlich des thematisierten Marketingkonflikts haben.178

„Die Anforderungen an die ,ideale Sprechsituation‘ im Sinne von Habermas sind dabei als Ideal zu sehen, dem es sich in der realen Sprechsituation anzunähem gilt.“179 Sofern Dialoge, anders als die herkömmlichen Überzeugungsstrategien im Rahmen eines modernen Netzwerkmarketing, der machtausgeglichenen Handhabung von Normkonflikten im internationalen Marketing dienen sollen, dürfen sie nicht als beliebige Verfahren betrachtet werden.180 Vielmehr ist die Einigkeit über „gewisse Spielregeln“ von übergeordneter Bedeutung für die ra­ tionale Regelung von Konflikten. Die Diskursregeln sind also ihrerseits zum Gegenstand eines (Meta-)Diskurses zu machen.181 Im Grunde besitzen die Dis­ kursregeln nur unter den Bedingungen der idealen Kommunikationsgemeinschaft kulturinvariante und uneingeschränkte Gültigkeit. Da sich deshalb bereits im nationalen Kontext die Frage stellt, ob es sich bei den Verfahrensregeln tatsäch­ lich um situationsunabhängige Gestaltungsfaktoren handelt, ist ihre problemlose Anwendung bei interkulturellen Konflikten erst recht fraglich. So ergeben sich dort u.U. Vorbehalte gegenüber einzelnen Diskursregeln.182 Die einzelnen Gesell177 Vgl. Leisinger 1997, S.125-126; Gilbert/Würthner 1995, S.20. 178 Im Gegensatz zum Konsens spiegelt der (Interessen-)Kompromiß per definitionem nur eine gegebene Machtverteilung wider, die bei jeder Änderung neue Verteilungskämpfe provoziert und nicht stabil ist. Vgl. Steinmann 1997, S.l 1-12; Habermas 1992, S.82-83. 179 Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996, S.312. Habermas selbst orientiert sich diesbezüglich an den Überlegungen von Alexy. Vgl. dazu Kapitel 3.2.3.2. 180 Vgl. Bentele/Steinmann/Zerfaß 1996a, S.460. 181 Vgl. Staffelbach 1994, S.315. 182 Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.l 15-116; Kreikebaum 1996a, S.384. Auch Hansen geht deshalb in neueren Arbeiten davon aus, daß die situationsadäquate Abstimmung der „Spielregeln“ für den Erfolg des Untemehmensdialogs bedeutsam ist. Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1999, S.554; Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1997, S.l08.

204

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

schäften nehmen bspw. gegenüber Kriterien wie Zwanglosigkeit und Offenheit sehr unterschiedliche Positionen ein, und die zwischen ihnen bestehenden kultu­ rellen Unterschiede können erhebliche Kommunikationshürden schaffen. So empfinden viele Asiaten eine herrschaftsfreie bzw. symmetrische Kommunika­ tionsbeziehung als bedrohlich und die Offenlegung aller relevanten Fakten und Meinungen als respektlos und unhöflich.183 Die diskursiven Verfahrensregeln können daher nicht unreflektiert von der Zentrale auf die Auslandsgesellschaften übertragen werden. Vielmehr sind die Diskursteilnehmer in der Praxis aufgefor­ dert, eine gemeinsame Wirklichkeitskonstruktion über die formale Struktur der diskursiven Verständigung zu generieren und die Diskursregeln inhaltlich zu füllen.184 Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, daß keine interkulturell voneinander abweichenden Verfahrensregeln entstehen, sondern die Beteiligten im Einzelfall lediglich beurteilen müssen, was unter Chancengleichheit, Offen­ heit, Informationssymmetrie oder Konsensorientierung zu verstehen ist.185 Der Ort realer Verständigung zwischen den Konfliktparteien ist der praktische Dis­ kurs, und nur aus ihm heraus können Dialogregeln lokal rekonstruiert, d.h. tat­ sächlich angewendet werden. Sie sind prinzipiell so lange problemlos anwendbar, wie sie nicht kritisiert werden.186 Die diskursiven Verfahrensregeln verlieren dadurch jedoch nicht ihre universalistische Perspektive, sondern stellen die An­ leitung für eine Argumentationskultur im MNU dar, die in der individuellen Le­ benspraxis bereits vorhanden ist.187 Darüber hinaus erfordern unterschiedliche Anlässe, untemehmensspezifische De­ terminanten (bspw. Größe, Branche und Leistungsprogramm) sowie das konkrete Umfeld (z.B. Determinanten der externen Anspruchsgruppen) eine situationsab­ hängige Gestaltung der Dialogstruktur. Betroffen sind folgende Gestaltungsvari­ ablen: die Bestimmung der Betroffenen bzw. Beteiligten, die Moderation, der Öffentlichkeitsgrad und die Wahl der Dialoginstrumente.188 Die Grundvorausset­ zung der diskursiven Konflikthandhabung ist die situationsbezogene Identifika­ tion der vom Marketinghandeln der MNU betroffenen Anspruchsgruppen. Im Denkmodell der „idealen Kommunikationsgemeinschaft“ gilt nur der „zwanglose Zwang des besseren Arguments“, so daß es dort im Prinzip keinen Grund gibt, irgendjemanden per se auszuschließen.189 Es liegt auf der Hand, daß diese Vor­ 183 184 185 186 187 188 189

Vgl. Haussmann/Mandt 1999, S.399; Jöstingmeier 1994, S.149; Austin 1991, S.417. Vgl. Gilbert 1998, S.214-215. Vgl. Bentele/Steinmann/Zerfaß 1996a, S.449. Vgl. dazu ausführlich Gilbert 1998, S.214-217. Vgl. Scherer 1995, S.321. Vgl. Hansen u.a. 1995, S.l 19-121. Vgl. Ulrich 1998, S.92. Zu den grundsätzlich für marktorientierte Untemehmensdialoge in Frage kommenden Interessengruppen vgl. die Ausführungen in Kapitel 5.2.1.1.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

205

gehensweise vor allem im internationalen Kontext angesichts der z.T. beträcht­ lichen Ausmaße ethischer Marketingkonflikte kaum zu verwirklichen ist. Da eine faktische Begrenzung der Art und Zahl der Dialogteilnehmer aus pragmatischen Gründen unumgänglich ist, aber zwangsläufig zu einer Interessenselektion und damit zu einem Begründungsproblem fuhrt, gilt auch hier, sich dem Leitprinzip der Diskursethik kontrafaktisch anzunähem.190 Die möglichst breite und nichtrestriktive Auswahl unter den betroffenen Dialogteilnehmer ist somit ein wichti­ ges unternehmerisches Dialogprinzip, das gerade im internationalen Kontext dazu dienen soll, die Vielfalt der Interessen und Sichtweisen abzubilden.191 Dies impli­ ziert auch, daß alle von dem Problem betroffenen UnternehmensVertreter bzw. Marketingmitarbeiter in den Dialog einzubeziehen sind. Im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen und die tatsächliche Umsetzung der Dialoger­ gebnisse spielen sie eine exponierte Rolle.192 Eine Stakeholderanalyse dient dem­ gegenüber dazu, eine personifizierte Sichtweise der Untemehmensumwelt zu er­ halten, und das MNU ist dadurch in der Lage, die Betroffenen, deren Ansprüche und Interessenverfolgung mit den internationalen Marketingaktivitäten kollidie­ ren, zu identifizieren und in den marktorientierten Untemehmensdialog einzu­ binden.193 Die Auswahl der Teilnehmer sollte im Verantwortungsbereich des Moderators bzw. Konfliktmittlers als neutraler Instanz liegen. Für diese Aufgabe würden sich bspw. der zuständige Ethikbeauftragte im Unternehmen anbieten oder Personen, die aufgrund ihres Status und ihrer methodischen und sozialen Kompetenz von allen Beteiligten akzeptiert werden.194 Der Moderator, dessen Tätigkeit von der einfachen Gesprächsleitung bis zum umfassenden Management des marktorien­ tierten Untemehmensdialogs reichen kann, soll zwischen den unterschiedlichen Sichtweisen und Wertungen der Anspruchsgruppen vermitteln und auch sonstige (z.B. organisatorische) Schwierigkeiten im Rahmen der Konflikthandhabung überwinden helfen (sog. „Klärungs- und Unterstützungsfunktion“).195 Darüber hinaus ist situativ zu entscheiden, ob der marktorientierte Untemehmensdialog als öffentliches oder nicht-öffentliches Verfahren durchgeführt wird und durch konti­ 190 Vgl. dazu auch Gilbert 1998, S.200-202. 191 Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1999, S.551; Gilbert 1998, S.200-202; Steinmann/Zerfaß 1993, S.8. 192 Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1997, S.106-107; Jöstingmeier 1994a, S.270. 193 Vgl. Gilbert 1998, S.192-193; Leisinger 1997, S.98-99. Eine detaillierte Darstellung der sozial­ verantwortlichen Umweltanalyse auf Stakeholder-Basis kann im Rahmen dieser Arbeit nicht erfolgen. Vgl. hierzu Göbel 1992, S.l45-172; Behnam/Muthreich 1995; Scholz 1987, S.25-30. 194 Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1997, S.106; Bentele/Steinmann/Zerfaß 1996a, S.454. Zur Position des Ethikbeauftragten vgl. die Ausführungen im vorangegangenen Kapitel. 195 Vgl. Rettberg 1999, S.l52-156; Meister/Pinkepank/Staudacher 1996, S.253; Gilbert/Würthner 1995, S.28.

206

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

nuierliche oder abgeschlossene Dialoginstrumente (bspw. Tagungen, Gesprächs­ kreise) zu gestalten ist.196 Im Gegensatz zu episodischen, d.h. nur sehr gering vorstrukturierten Begegnungen, stellen Veranstaltungsforen, die in zeitlicher, räumlicher und thematischer Hinsicht verhältnismäßig klar fixiert sind, das wich­ tigste Mittel dialogorientierter Untemehmenskommunikation dar.197 Damit sind letztlich auch Aspekte der erfolgreichen Gestaltung des Dialogverfahrens ange­ sprochen. 5.2.2.3

Gestaltung des Dialogablaufs

Die einzige Norm, die im Rahmen der Diskursethik vorgeben wird, ist die zur Etablierung eines Normenfindungsprozesses, in dem sich die Beteiligten über die zur Verhandlung anstehenden konfliktären Normen abstimmen.198 Eine ethisch verantwortungsbewußte MNU ist somit zur Gestaltung der entsprechenden Dis­ kursprozesse verpflichtet, was eine kontinuierliche interne und externe Ermittlung sowie Evaluation von (Marketing-)Konflikten impliziert.199 Bei der Konfliktregu­ lierung können die betroffenen Anspruchsgruppen je nach Diskursphase in unter­ schiedlicher Intensität eingebunden sein, so daß alle Beteiligten, und nicht nur die MNU, Einfluß auf Beginn, Verlauf und Ende des marktorientierten Untemeh­ mensdialogs haben. Daraus folgt, daß Dialoge relativ schlecht im Detail planbar sind.200 Sie sind nicht zielgerichtet und ergebnisorientiert wie die gängige Kom­ munikation im Marketing, sondern ergebnisoffen. Ihr Ablauf und vor allem ihre Auswirkungen und Konsequenzen sind nur schwer im voraus überschaubar.201 Zur Herstellung von Glaubwürdigkeit kann daher die Transparenz der laufenden Verfahrensgestaltung als wichtig erachtet werden. Marktorientierte Untemeh­ mensdialoge erfordern jedoch insofern ein „dialogisches Management“, als das Verfahren der diskursiven Willensbildung einer gewissen Vorbereitung, Durch­ führung und Nachbereitung bedarf, um seine Stringenz zu gewährleisten.202 Die Gestaltung des Dialogverfahrens verlangt ein iteratives Vorgehen. Der Dialogab­ lauf wird idealtypischerweise in drei ineinandergreifende Phasen eingeteilt, die in 196 197 198 199 200 201

Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996, S.321; Hansen u.a. 1995, S.121. Vgl. Bentele/Steinmann/Zerfaß 1996a, S.455-456. Vgl. Gilbert 1998, S.l 18; Kreikebaum/Behnam/Gilbert 1996, S.l 1. Vgl. Meister 1996, S.109. Vgl. Kreikebaum 1998, S.176; Bentele/Steinmann/Zerfaß 1996a, S.453. Vgl. Leisinger 1997, S.122-123; Rosenberger 1996, S.242; Feindt 1996, S.177; Wilkens 1993, S.l9-21. Demgegenüber gehen Hansen et al. in einem abgeschwächten Dialogbegriff von der Simultaneität von Ergebnisoffenheit und Ergebnisorientierung aus: Es wird ein, aber nicht das Ergebnis angestrebt. Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1997a, S.49; Hansen/Niedergesäß/ Rettberg 1997, S.109. 202 Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.l 14; Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1999, S.550.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

207

dieser Form auch für marktorientierte Untemehmensdialoge im internationalen Kontext Anwendung finden können:203 1.

Informations- und Vorbereitungsphase: In dieser Phase leisten die Zentrale und die direkt betroffenen Marketingmanager der lokalen Tochtergesell­ schaften die Wahrnehmung des latenten oder manifesten Marketingkonflikts und die Bestimmung der Konfliktursachen bzw. Bedrohungspotentiale. Dies fuhrt zur vorläufigen Definition des Dialoginhalts und des Problemverständ­ nisses. Nachdem die Handlungsnotwendigkeit erkannt wurde, müssen nun die potentiell betroffenen Anspruchsgruppen (bspw. Verbraucher, Händler, Gewerkschaften und Wettbewerber) identifiziert und der Moderator be­ stimmt werden. Daraufhin wird ihnen z.B. in unstrukturierten bilateralen Vorabgesprächen oder Leitfadeninterviews Gelegenheit gegeben, das Mar­ ketingproblem aus ihrer Sicht zu kommentieren und das geplante Dialogpro­ gramm kennenzulemen, um ein gemeinsames Dialogverständnis zu erarbei­ ten. Es handelt sich dabei um eine qualitative empirische Kulturforschung, bei der die Frage, welche Situationsdefinitionen es überhaupt gibt, im Vor­ dergrund steht. Die Zusammenfassung dieser erweiterten Problemsicht, die Bestandsaufnahme möglicher Dissens- und Konsensfelder, sollte z.B. in Form eines Arbeitspapiers die Grundlage des eigentlichen Untemehmens­ dialogs bilden.204 Die frühzeitige Einbindung der Teilnehmer in das Dia­ logverfahren kann vor diesem Hintergrund als wichtiger Dialogerfolgsfaktor betrachtet werden.205

2.

Dialog- und Konsensfindungsphase: Wenn es den betroffenen Konfliktpar­ teien nicht gelingt, sich in einer frühen Phase der Diskussion über die Gel­ tungsansprüche bzw. konfliktären Normen zu einigen, haben sie mehrere Möglichkeiten: die Kommunikation abzubrechen, strategisch zu handeln oder in den Diskurs einzutreten. In der Praxis verschwimmt zwar häufig die Grenze zwischen Diskussionen und Diskursen - wenn die Marketingkon­ flikte aber nicht willkürlich, sondern auf der Basis guter Gründe geregelt werden sollen, bleibt nur der Eintritt in den Diskurs. Die Moderatoren sollten daher noch einmal an die Dialogregeln erinnern (d.h. sie lokal rekonstruie­ ren), die eingehalten werden müssen, wenn Argumenten Geltung verschafft werden soll. Die eigentliche Dialogphase beginnt mit der Bestimmung und dem Vergleich der Positionen der betroffenen Stakeholder. In problemspezi­ fischen Arbeitsgruppen können anschließend Problem- und Lösungsskizzen

203 Vgl. im folgenden Rettberg 1999, S.13, 174-234; Gilbert 1998, S.206-210; Hansen u.a. 1995, S.121-122; Steinmann/Zerfaß 1993, S.7-9. 204 Vgl. Feindt 1996, S.178; Zerfaß/Scberer 1995, S.502-503. 205 Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1999, S.553; Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1997a, S.49.

208

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

angefertigt werden, die dann im Plenum vorgestellt und kommentiert werden. Die Moderatorenrunden bilden quasi reflexive Schleifen, bei denen es um die gemeinsame Interpretation der bereits gewonnen Daten geht. Die unter­ schiedlichen Interpretationsangebote werden den verschiedenen Akteuren zur Hinterfragung präsentiert.206 Durch die gemeinsame Suche nach Lösungsvor­ schlägen und den Aufweis interdependenter Aspekte des Themengebiets können sich u.U. bestimmte inhaltliche und/oder prozessuale Lösungen als konsensfähig erweisen (sog. „Konsensinseln“). Nicht immer wird sich ein Konsens aller Beteiligten erreichen lassen, allerdings sollte man in diesen Fällen wenigstens den Kompromiß suchen oder sich bemühen, die strittigen Fragestellungen besser herauszuarbeiten („rationaler Dissens“).207

3.

Nachhereitungs- und Umsetzungsphase: Diese abschließende Phase bein­ haltet die Aufarbeitung des marktorientierten Untemehmensdialogs und die Umsetzung der als sinnvoll erachteten Dialogergebnisse (bspw. die Gene­ rierung neuer Untemehmensleitlinien). Dazu gehört u.a. auch die Dokumen­ tation des Dialogverfahrens durch Dialogprotokolle und Abschlußberichte mit sämtlichen Ergebnissen und Folgerungen, die von allen getragen werden können. Konsensfelder und offen gebliebene Punkte bilden eine zusammen­ fassende Bilanz. Diese Dokumentationen sollten anschließend aus Gründen der Transparenz und Glaubwürdigkeit an die Dialogteilnehmer und die in­ teressierte Öffentlichkeit verteilt werden. Die erzielten Ergebnisse stellen aber keine endgültigen Resultate dar und sind immer wieder kritisch zu re­ flektieren. Aufgrund des dynamischen Charakters von Dialogen kann es möglicherweise sogar zu einer Wiederaufnahme des Dialog verfahrens kom-

Die Wirkungen marktorientierter Untemehmensdialoge werden grundsätzlich nach Abschluß des Dialogverfahrens erfaßt und bewertet und so der Erfolg bzw. Mißerfolg einer solchen Konfliktregulierung ermittelt. Dabei sichert die Vielzahl aufeinander aufbauender Schritte „eine erhöhte soziale Reflexivität der Ergeb­ nisse und vor allem der Handlungsempfehlungen, und vermindert den Einfluß einzelner Beteiligter [...] auf die Interpretation und die Handlungsempfehlun ­ 206 Vgl. Feindt 1996, S.178. 207 Vgl. Rettberg 1999, S.56-57; Bentele/Steinmann/Zerfaß 1996a, S.454. Die Chance auf einen Konsens hängt davon ab, inwiefern die Folgen und Nebenfolgen der Handlungsaltemativen für die Beteiligten zum Ausgleich gebracht werden können. Der rationale Dissens hat jedoch im Gegensatz zu nicht-diskursiv ausgetragenen Konflikten den Vorzug, Meinungsverschiedenheiten gemeinsam zu definieren. Er ist insofern als Ausgangspunkt zu betrachten, auf dem in weiteren Diskursen aufgebaut werden kann. Vgl. dazu Gilbert 1998, S.212, 227-228. 208 Vgl. Steinmann/Löhr 1988a, S.308.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

209

gen.“209 In der Praxis sind die skizzierten Phasen allerdings nicht immer so sauber voneinander zu trennen, und es ist auch denkbar, daß sie im Rahmen eines marktorientierten Untemehmensdialogs mehrmals durchlaufen werden.210 Der dargestellte Leitfaden kann zwar dazu beitragen, die Potentiale für einen erfolg­ reichen Dialog zu entfalten, der Ausgang des Verfahrens bleibt aber ungewiß. Aus diesem Grund erscheint es notwendig auf mögliche Unsicherheitsfaktoren bzw. Einschränkungen bei der Durchführung marktorientierter Untemehmensdialoge hinzuweisen und ihre Grenzen aufzuzeigen.

5.3

Grenzen einer Dialogethik im internationalen Marketing

Bei dem hier vorgestellten marktorientierten Untemehmensdialog handelt es sich weder um ein zeitlich klar fixiertes „Trouble-Shooting-Projekt “ noch um ein Mit­ tel der „Konsensproduktion“. Er ist vielmehr Ausdruck einer neuen Qualität des Umgangs miteinander und muß als offenes Lemsystem gesehen werden, das von den Dialogpartnem auch eine Verständigung über die Umsetzung der erarbeiteten Konsenspositionen erfordert.211 Die Idee einer kommunikativen Normenbildung durch qualifiziertes moralisches Argumentieren der von einem internationalen Marketingkonflikt Betroffenen mag zwar abstrakt und idealistisch anmuten, es handelt sich dabei jedoch um eine regulative Leitidee. Daraus folgt bereits analy­ tisch, daß die Durchführung marktorientierter Untemehmensdialoge immer nur „mehr oder weniger unvollkommen“ gelingen kann, da das Resultat auch von den historischen Umständen abhängt und die Leitidee nur die Richtung der unab­ schließbaren pragmatischen Annäherungsbemühungen vorgibt. Gleichzeitig wird vermieden, jede Abweichung zwischen idealer und realer Kommunikationsge­ meinschaft umstandslos dem Ideal anzulasten und es voreilig als Utopie zu dis­ kreditieren.212 Es ist also „eine differenziertere Sichtweise angebracht, die idealty­ pische und realtypische Erscheinungsformen des Dialoggedankens voneinander unterscheidet, ohne die Augen vor denjenigen Fällen zu verschließen, in denen der positiv besetzte Terminus ,Dialog4 schlicht als Fassade benutzt wird, hinter der sich monologische Vorgehens weisen verbergen.“213 209 2,0 211 212 213

Feindt 1996, S.l82. Vgl. Rettberg 1999, S.101. Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996, S.327; Hansen/Schoenheit/Devries 1995, S.l07. Vgl. Steinmann/Zerfaß 1993, S.12; Ulrich 1993, S.294. Bentele/Steinmann/Zerfaß 1996a, S.449.

210

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

In der internationalen Unternehmens- und Marketingpraxis sind diskursive Kon­ fliktregelungen oft nur schwer zu realisieren. Die Betroffenen werden aufgrund zeitlicher, räumlicher und sachlicher Beschränkungen u.U. nach strategischen Motiven handeln und kommunikative Rationalitätsvorstellungen als der Zielerrei­ chung hinderlich betrachten. Kommunikatives und strategisches Handeln, das ist allerdings keine unüberwindbare Dichotomie, zumal strategisches nicht eo ipso unmoralisches Handeln darstellt. Dem Subsidiaritätsprinzip entsprechend, ist strategisches Handeln noch überall dort notwendig, wo ein ausschließlich kom­ munikatives Handeln überfordert wäre.214 So erfolgt bspw. die Schaffung der (personellen und organisatorischen) Diskursvoraussetzungen über einen iterativen Prozeß, denn die Institutionalisierung von Diskursen kann häufig nur mit Hilfe strategischen Handelns zustande kommen.215 Schließlich soll mit der Einführung verständigungsorientierter Elemente in die ethische Konflikthandhabung ein bis­ her an objektiven Fakten und am Untemehmenserfolg orientiertes (Marketing-) Management nicht verdrängt, sondern um subjektive Wertvorstellungen und Inte­ ressen ergänzt werden. Erfolgsorientiertes Handeln muß demnach einer Kontrolle durch verständigungsorientiertes Handeln im Diskurs standhalten können.216 Ohne Sicherung der Verständigungspotentiale mit den vom Marketinghandeln Betroffenen lassen sich langfristig auch keine kommerziellen Erfolgspotentiale aufbauen. Es ist letztlich die langfristige Zufriedenheit der Verbraucher, die da­ rüber entscheidet, ob Dienstleistungen und Produkte erneut nachgefragt und wei­ terempfohlen werden.217 Ulrich spricht in diesem Zusammenhang von der „Öko­ nomie des Dialogs“: Die Kosten für die Beteiligung aller Betroffenen an der Ent­ scheidungsbildung fallen i.d.R. geringer aus als die Folgekosten externer Effekte, die in Form von Qualitätseinbußen aufgrund mangelnder Arbeitsmotivation, weltweiter Imageschädigung und/oder eines Boykotts zum Ausdruck kommen können.218 Darüber hinaus ist es unter den realen ökonomischen Bedingungen nur schwer zu verantworten, von strategischer Kalkülrationalität einseitig abzulas­ sen.219 So läuft das untemehmensethische Postulat vom Stakeholder-Dialog auch 214 Vgl. Gilbert 1998, S.224-225; Apel 1992, S.43. Der Diskurstheorie zufolge sind moralische Handlungen von der strategischen Instrumentalisierung der Moral selber, aber nicht von strate­ gischen Handlungen an sich bedroht. Vgl. dazu Gilbert 1998, S.225. 215 Vgl. Haussmann/Mandt 1999, S.394; Gilbert 1998, S.228-229. 216 Vgl. Apel 1997, S.292; Bleicher 1994, S.239. Ulrich spricht dabei von der sozialökonomischen Rationalität der Untemehmensführung. Vgl. Ulrich 1987, S.138-139. 217 Vgl. Kay-Enders 1996, S.6-8; Meister/Pinkepank/Staudacher 1996, S.257; Hansen 1996, S.306; Jöstingmeier 1994a, S.259-260. 218 Vgl. Ulrich 1993, S.438-440; Ulrich 1983, S.80 und ähnlich Dubinsky et al. 1991, p.653. Zwar kostet jedes Dialogverfahren Zeit und Geld - aber dafür mußte z.B. Nestle erhebliche Verluste hinnehmen, weil man die Reaktionen der Stakeholder zunächst unterschätzt hatte. Vgl. Kapi­ tel 6.4. 219 Vgl. Nill 1994, S.180.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

211

keineswegs auf die rigorose Forderung hinaus, die Marketingmanager müßten in „heroischer Selbstverleugnung“ zu „altruistischen Wohltätern“ werden und alle Erfolgs- und Gewinninteressen zurückstellen. Vielmehr kann der Legitimitätsdis­ kurs auch als Zumutbarkeitsdiskurs über die Angemessenheit und Berechtigung der verschiedenen Ansprüche verstanden werden.220 Allerdings darf der marktori­ entierte Untemehmensdialog nicht auf die strategische Dimension reduziert wer­ den, da man auf strategischem Wege - etwa durch suggestive Überredung der anderen oder durch Verhandlungen - nicht herausfinden kann, wer recht hat. Die „Ökonomie des Dialoges“ kann nur da funktionieren, wo ein ungefähres Macht­ gleichgewicht zwischen Betroffenen und Handelnden besteht. Argumente - nicht Macht - sollen Konflikte regulieren.221 Die Ideen der „Etho-Effizienz“ bzw. der „Ökonomie des Dialogs“ bergen offensichtlich die Gefahr einer Instrumentalisie­ rung der Ethik.222 So bemerkt auch Richard von Weizsäcker, daß sich in Anbe­ tracht der allseits verkündeten Dialogbereitschaft der Verdacht aufdrängt, fakti­ sche Gegensätze würden eher verschleiert als überwunden, und deshalb nicht sel­ ten Skepsis geboten sei.223 Begründung ist jedoch „die autonome Aufgabe des Moralsystems [...]. Begründung zielt immer auf Universalisierung, und ihre Leis­ tungsfähigkeit für die Akteure der Gesellschaft besteht darin, zwischen begründ­ baren und nichtbegründeten Normen zu diskriminieren und erstere für lokale Dis­ kurse zugriffsfähig zu halten. Begründungsdialoge und Instrumentalisierung schließen einander aus.“224

Abbildung 5-4: Quelle: 220 221 222 223 224

Funktionen von marktorientierten Unternehmensdialogen Eigene Darstellung in Anlehnung an Rettberg 1999, S. 69.

Vgl. Ulrich 1998, S.439-440. Vgl. Apel 1997, S.283; Zerfaß 1996, S.31; Ulrich 1993, S.440-441. Vgl. Sarasin 1998, S.382. Vgl. Weizsäcker 1968, S.1069-1071 und ähnlich Bentele/Steinmann/Zerfaß 1996, S.l 1-12. Wieland 1994, S.29.

212

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

Marktorientierte Untemehmensdialoge geraten immer dann an ihre Grenzen, wenn sie zum Ritus oder erkennbar (strategisch) instrumentalisiert werden. Damit wird der Dialog zum Durchsetzungsinstrument eigener Ziele degradiert und ad absurdum geführt, da keine inhaltlich argumentative Auseinandersetzung mit den Betroffenen stattfindet.225 Gerade im Marketing wird die Idee des „Kunden als Dialogpartner“ häufig mit dem Ziel verfolgt, die Interaktion auszunutzen (bspw. zum Aufbau einer Kundenbindung). So stellt die „Kundenorientierung“ oft nur die Stoßrichtung der Kommerzialisierung dar, die ein Feind des Dialogs ist.226 Ein Beispiel dafür ist auch, wie sich die PR-Abteilungen zunehmend des „Stakehol­ derdialogs“ bemächtigen. Diese herkömmlichen Akzeptanzsicherungsstrategien werden jedoch als Sozialtechnologien konzeptionalisiert, da es ihnen vielfach an der vorbehaltlosen Verständigungsorientierung mangelt.227 Im Marketing spricht man gleichermaßen bereits dann von Dialogmaßnahmen, wenn klassische Ein­ weginstrumente um eine Rückkoppelungsmöglichkeit ergänzt werden. Man kann deshalb u.U. zu dem Schluß gelangen, daß die Dialogorientierung im Marketing nur zur strategischen Differenzierung im Markt eingesetzt wird und auf eine Um­ schichtung der dort schon immer vorhandenen Kommunikationsformen hin­ weist.228 Marktorientierte Untemehmensdialoge ohne „vorkommunikative Handlungsab­ sicht“ (Habermas) verkommen leicht zu einer „Alibiübung von Machiavellisten“, die an einer Veränderung praktischen Handelns nicht interessiert sind. Unter die­ sen Umständen ist der Dialog lediglich als Zeitgewinnungs- und Hinhaltetaktik zu verstehen.229 Derartige Manipulationsversuche werden i.d.R. allerdings schnell durchschaut. Sie rufen bei den betroffenen Anspruchsgruppen Reaktanzen hervor, so daß dem wettbewerblichen Einsatz von Dialoginstrumenten auch Grenzen in der Dialogbereitschaft der Stakeholder entgegenstehen. Die Gefahr solcher Scheindialoge liegt darin, daß Konflikte kanalisiert oder banalisiert und die teil­ nehmenden Interessengruppen vor der eigenen Basis bzw. Öffentlichkeit diskre­ ditiert werden.230 In der Folge kann es beim Aufeinanderprallen inkommensurab­ ler Positionen zum ergebnislosen Abbruch des Dialogs durch eine Interessen­ gruppe oder sogar zur Konfliktverschärfung kommen. Bei marktorientierten Un­ temehmensdialogen muß es zwischen den Diskursteilnehmem einen Minimal­ konsens darüber geben, daß sie Konflikte nicht machtmißbräuchlich bzw. autori­ 225 Vgl. Hansen u.a. 1995, S.124. 226 Vgl. Wimmer 1996, S.111-115; Rosenberger 1996, S.238; Stauss 1996, S.209; Hansen 1996, S.34, 44; Hansen u.a. 1995, S.l 12; Hansen/Raabe 1995, S.59. 227 Vgl. Ulrich 1998, S.447; Zerfaß/Scherer 1995, S.496; Ulrich 1983, S.79. 228 Vgl. Bentele/Steinmann/Zerfaß 1996a, S.452; Zerfaß 1996, S.47; Steinmann/Zerfaß 1993, S.10. 229 Vgl. Leisinger 1997, S.129. Zum Zitat von Habermas vgl. Habermas 1995, S.378. 230 Vgl. Pless 1998, S.359; Hansen 1996, S.49-51; Hansen 1995b, S.9.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

213

tär, sondern diskursiv beilegen.231 Der Dialog ist kein Nullsummenspiel. Statt das Eigeninteresse zu verabsolutieren und die Beziehung zu instrumentalisieren, müs­ sen sich die Dialogteilnehmer als gleichberechtigte Kommunikationspartner be­ trachten, können sie doch nur dann konsensgetragene Problem- und Konfliktre­ gelungen erarbeiten.232 Es ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, wenn das Motiv des wohlverstandenen unternehmerischen Eigeninteresses konzeptio­ nell ßi/sgeschöpft wird, nur darf sich eine vorbehaltlos kritische Untemehmens­ ethik nicht darin erschöpfen.233 Damit international tätige Unternehmen über den marktorientierten Untemeh­ mensdialog bei marketingethischen Konflikten moralisch zu rechtfertigende Er­ gebnisse für alle Betroffenen herbeifuhren und der gesellschaftlichen Verständi­ gung dienen können, müssen sie ihn in selbstverpflichtender Weise umzusetzen. Da die weltweite Reputation eines sozialverantwortlichen und moralisch inte­ geren Unternehmens nur vertrauensvoll erworben werden kann, hängt der Erfolg nicht zuletzt davon ab, daß der Dialoggedanke nicht kurzfristig instrumentalisiert wird. In diesem Fall verlöre er bereits bei der ersten kritischen Entscheidung seine Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit.234 Es ist demzufolge eine stärkere ethische Fundierung der Untemehmenspolitik anzustreben. Nur durch den lang­ fristigen Einbau in die Untemehmensführung wird der Dialog zur ex ante ange­ botenen Sicherung gegen ex post möglichen eigenen Opportunismus.235 Glei­ chermaßen werden sich die organisatorischen und personellen Voraussetzungen einer diskursiven Konflikthandhabung im internationalen Marketing nicht mit einem Mal bewältigen lassen und unter konzeptionellen sowie kapazitativen Ge­ sichtspunkten möglicherweise sogar ein „ethical displacement“ des Normenfin­ dungsprozesses notwendig machen.236 Dennoch steht der bindungsorientierten Öffnung des Unternehmens gegenüber den Betroffenen erst dann nichts mehr im Wege, wenn die kulturellen und strukturellen Voraussetzungen dafür existieren, daß die Marketingmitarbeiter kritisch und loyal zugleich sind.237

Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.l20. Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1999, S.549; Pless 1998, S.360; Rosenberger 1996, S.242. Vgl. Ulrich 1998, S.419-421. Vgl. Bentele/Steinmann/Zerfaß 1996a, S.461; Wieland 1993, S.23-24 sowie Kapitel 4.2. Vgl. Wieland 1994, S.l9; Servatius 1992, S.215 und die Ausführungen in Kapitel 6.1. Vgl. Hansen/Raabe 1995, S.64-65; Gilbert/Würthner 1995, S.29-30; Ulrich 1993, S.433-434. Sofern es dem einzelnen MNU aus Wettbewerbsgründen nicht möglich ist, durch individuelle Selbstverpflichtungen ethisches Handeln sicherzustellen, haben sie in kollektiven Selbstbin­ dungen auf Branchenebene eine wettbewerbsneutrale Alternative. Vgl. dazu Kapitel 4.2.2. 237 Vgl. Amine 1998, p.389; Ulrich/Lunau 1997, S.63-64; Kreikebaum 1996, S.204; Eretge 1996, S.84-85.

231 232 233 234 235 236

214

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

Der Kontrolle und Berichterstattung der in einem MNU praktizierten Moral die­ nen periodisch durchgefuhrte Ethikaudits, die sich im Marketing auf operative und strategische Aspekte der Marktbearbeitung beziehen. Sie sollen sowohl ge­ meldeten Verstößen nachgehen als auch das Verhalten der Vertriebs- und Marke­ tingmanager überwachen.238 Dazu sind die qualitativen Überprüfungskriterien des internationalen Marketing-Audits,239 das mit der ergebnisorientierten MarketingKontrolle unter dem internationalen Marketing-Controlling zusammengefaßt wird, um ethische Aspekte zu ergänzen. Einerseits wird jedoch die Kontrolle der Einhaltung der Diskursregeln in MNU organisatorisch verhältnismäßig aufwen­ dig sein und andererseits wird die Evaluation von Untemehmensdialogen durch ihre (Ergebnis-)Offenheit erschwert.240 Letztlich zeigt sich der Erfolg marketing­ ethischer Bemühungen erst mit der Umsetzung der Ergebnisse eines Dialogver­ fahrens. Bei fehlenden Sanktionsmechanismen, wie es im internationalen Kontext i.d.R. der Fall ist, stellt die selbstverpflichtende Umsetzung der Dialogergebnisse durch die Konfliktparteien deshalb eine konstitutive Eigenschaft von „echten“ Dialogverfahren dar.241

5.4

Zusammenfassung der Ergebnisse und Konsequenzen

Sofern die Existenz und Möglichkeit kommunikativen Handelns in Unternehmen prinzipiell akzeptiert wird, ergibt sich folgerichtig die Anwendbarkeit der Dis­ kursethik zur Regulierung von (Marketing-)Konflikten auf der internationalen Unternehmens- bzw. Handlungsebene.242 So wurde in Anlehnung an die Dialog­ erfahrungen im nationalen Kontext und ausgehend von der begrifflichen Abgren­ zung des „marktorientierten Untemehmensdialogs“ die konzeptionelle Ausge­ staltung der Diskursethik in MNU dargestellt. Da sie lediglich einen Normenfin­ dungsprozeß vorgibt, in dem sich die von einem internationalen Marketingkon­ flikt Betroffenen situationsabhängig über die zur Verhandlung anstehenden konfliktären inhaltlichen Normen abstimmen, konnten die Gestaltungsvorgaben zur Dialogstruktur und zum Dialogablauf nur eine allgemeine Rahmenkonzeption 238 Vgl. Schlegelmilch 1998, pp. 128-130; Wood 1995, p.16; Laczniak/Muiphy 1993, p.228. Zum Ethikaudit im Marketing vgl. ausführlich Kay-Enders 1996, S.182-189. 239 Vgl. dazu Hermanns 1995, S.62-64. 240 Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.120; Hansen u.a. 1995, S.122. 241 Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1997a, S.43; Kumar 1991, S.237-239. 242 Vgl. Gilbert 1998, S.177.

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

215

sein. Selbst die nach Hansen vermeintlich situationsunabhängigen diskursiven Verfahrensregeln bedürfen angesichts des kulturellen Partikularismus einer Re­ konstruktion durch die lokale Kommunikationsgemeinschaft. Vor diesem Hintergrund wird zugleich die Notwendigkeit einer dezentralen Kon­ flikthandhabung deutlich, wobei eine Marketingstrategie der multinationalen Dif­ ferenzierung hierfür grundsätzlich die besseren Voraussetzungen respektive nöti­ gen Freiräume bietet. Da in der Praxis aber, aus Kostengründen, kaum auf stan­ dardisierte Marketingstrategien verzichtet werden kann und bei der Gestaltung des Dialogverfahrens auch eine allgemein akzeptable bzw. verbindliche Methode benötigt wird, sind marktorientierte Untemehmensdialoge im Sinne einer inter­ national integrierten Konflikthandhabung zu gestalten, die ihre organisatorische Entsprechung in der transnationalen Untemehmenskonzeption findet. Die hierfür notwendige Unterscheidung zwischen einer Makro- und einer Mikroebene der Konflikthandhabung wird bei der Darstellung der Anwendungsbereiche des marktorientierten Untemehmensdialogs in MNU noch zu konkretisieren sein. Im vorliegenden Kapitel ging es vielmehr darum, die personellen wie die ablauf- und aufbauorganisatorischen Voraussetzungen abzustecken.

Um dem verantwortlichen Marketinghandeln im untemehmensintemen Netzwerk nach innen und außen mehr Geltung zu verleihen, wurde die Institutionalisierung einer Ethikkommission als hierarchiefreier Ort des marktorientierten Untemeh­ mensdialogs in MNU vorgeschlagen. Entgegen dem Vorschlag von Hansen, Ver­ braucherabteilungen als institutionalisierte Form des Dialogs einzurichten, sind Ethikkommission sowohl unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensgerechtigkeit als auch unter Implementierungsaspekten besser geeignet, moralisches Marke­ tinghandeln im internationalen Kontext sicherzustellen. Allerdings ist auch die Kommissionslösung nicht unumstritten. Moralität läßt sich nicht „herbeiorgani­ sieren“, und moralisches Handeln ist nicht delegierbar. Es handelt sich deshalb um eine Instanz, die, in subsidiärer Verantwortungsübemahme, - mit anderen, nicht etwa abgehoben für andere - Entscheidungen adäquat und verbindlich fest­ legt.243 Ferner ist eine Institution wie die Ethikkommission außer auf zeitliche und räumliche Ressourcen immer auf Personen angewiesen, die bereit und fähig sind, der praktischen Vernunft Geltung zu verschaffen.244 Ethische Reflexion beinhaltet die kritische und umfassende Untersuchung der Handlungsgegebenheiten mit dem Ziel, situationsadäquates Handeln zu gewähr­ leisten. Sie erfordert besondere menschliche Fähigkeiten, wie die zur Betrachtung einer Situation aus den Perspektiven unterschiedlicher Betroffener und auch die 243 Vgl. Gilbert 1998, S.248; Berkel 1997, S.l 18; Staffelbach 1994, S.334. 244 Vgl. Steinmann/Löhr 1991a, S.279.

216

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

zur Selbstkritik.245 Diesbezüglich bieten Maßnahmen der internationalen Perso­ nalentwicklung sowohl Ansatzpunkte zur Beeinflussung der Untemehmenskultur (z.B. in Bezug auf das Verhalten der Vorgesetzten) als auch für die interkulturelle Dialogbefähigung der Marketingmitarbeiter. Einerseits sind die Marketingmana­ ger auf die mit einem Auslandsaufenthalt verbundenen Kulturkonflikte umfas­ send, rechtzeitig und systematisch vorzubereiten.246 Andererseits ist, insbesondere in den EL, dem Aufbau eines personalen Marketingpotentials vor Ort große Auf­ merksamkeit zu schenken.247 Die Marketingmanager lernen primär, was sie in bestimmten Situationen nicht tun sollten, so daß derartige Ausbildungsmaßnah­ men immer nur Anhaltspunkte, Entscheidungshilfen und Diskussionsgrundlagen vermitteln können. Deren Anwendung bzw. die Vorgehensweise im konkreten Entscheidungsfall bleibt jedoch immer dem einzelnen Marketingmanager überlas­ sen.248 So können bspw. kulturelle Vorurteile gelegentlich auch dann nicht abge­ legt werden, wenn zuvor andere Verhaltensinterpretationen gelehrt und rational gelernt wurden. Die Diskursteilnehmer handeln nicht immer rational und sind keine intelligiblen Charaktere. Ihre Handlungen werden von geschichtlichen und sinnlichen Erfahrungen beeinflußt, so daß sie sich nicht restlos hypothetisch zu ihrer eigenen kulturellen Identität verhalten können.249 Das im diskursethischen Ansatz vorausgesetzte Menschenbild stellt hohe Anforderungen an die Teilneh­ mer des internationalen Marketingdialogs. Diesbezüglich scheinen nicht zuletzt die Verbraucher in EL häufig überfordert, weshalb die Interessen der Betroffenen gegebenenfalls zunächst im stellvertretenden Diskurs zu berücksichtigen sind, langfristig jedoch auf eine Veränderung derartiger Verhältnisse hin zu wirken ist. Ein konsensstiftender Dialog setzt aber vor allem auch den guten Willen der Be­ teiligten voraus. Daß bspw. das Verhalten der Marketingmanager oft nicht ganz so idealistisch wie ihre (ethische) Gesinnung ist, wird deutlich, wenn die Betei­ ligten oder ein Teil davon gegen die „Spielregeln“ verstoßen (z.B. durch eine bewußt herbeigefuhrte Informationsasymmetrie).250 Die Durchsetzung moralisch verantwortlichen Handelns ist somit nicht nur ein Kommunikations-, sondern auch ein Motivationsproblem. Es liegt deshalb nahe, die Personalentwicklung

Vgl. Behnam/Würthner 1996, S.10, 27-28; Kreikebaum 1996a, S.387. Vgl. Meissner 1995, S.68. Vgl. Meffert 1976, S.34. Vgl. Schlegelmilch 1998, p. 125; Kay-Enders 1996, S.209-210; Chonko 1995, p. 132. Vgl. Haussmann/Mandt 1999, S.403; Gilbert 1998, S.146. Für die Durchführung praktischer Diskurse reicht es jedoch bereits aus, daß sich die Teilnehmer soweit als möglich von ihren kulturellen Hintergründen distanzieren. Vgl. Habermas 1992, S.l 13-115. 250 Vgl. Kaas 1999, S.l45; Smka 1997, S.70; Hansen u.a. 1995, S.l24. Wie bspw. eine Untersuchung von Srnka/Wagner zeigt, haben österreichische Marketingmanager eine durchweg positive Einstellung zur sozialen Verantwortung. Vgl. Srnka/Wagner 1996, S.203. 245 246 247 248 249

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

217

durch geeignete Anreiz- und Sanktionssysteme zu verstärken.251 Das Ziel derarti­ ger Ausbildungsmaßnahmen ist nicht nur die Vermittlung von ethischem Wissen, sondern insbesondere die Umsetzung ethischer Maßstäbe in Entscheidungen auf der Abteilungsebene. Dies bedeutet, daß die Anwendung konkreter Marketing­ mixstrategien mit dem ethischen Profil der Verantwortungsträger korrespondieren muß.252 „In diesem Fall wird die Berücksichtigung des allgemeinen Interesses nicht als Alternative zum Sachgerechten, sondern als dazu komplementäres Ent­ scheidungselement betrachtet.“253 Allerdings zeigt die Praxis, daß die meisten MNU von diesem Ideal noch weit entfernt und bei der Verwirklichung einer so­ zialökonomischen Rationalität häufig noch überfordert sind. Viele Unternehmen begegnen partizipativen Dialogverfahren, bei allem Interesse, nach wie vor mit Vorbehalten. Trotzdem weisen bereits heute einige Formen ex­ terner Untemehmenskommunikation diskurstypische Merkmale auf und werden auch dazu genutzt, gesellschaftliche Diskurse zu initiieren.254 Es handelt sich meist um größere Unternehmen, deren Tätigkeit in der Gesellschaft als risikobe­ haftet wahrgenommen wird oder aber ein hohes gesellschaftliches Involvement aufweist.255 Ein Beispiel für die Verwirklichung einer qualifizierten kommunika­ tiven Normenbildung ist die Funktionsweise der Schweizerischen Kommission für die Lauterkeit in der Werbung.256 Schließlich belegen neben dem Fall Nestle weitere Beispiele aus der internationalen Unternehmens- und Marketingpraxis, daß der Dialoggedanke auch im internationalen Kontext kein abstraktes Leitbild bleibt. So hat etwa Procter & Gamble, trotz der damit verbundenen Schwierig­ keiten, bereits erste dialogische Ansätze auf internationaler Ebene ausgearbeitet, da angesichts der Globalisierung der Märkte und der fortschreitenden europä­ ischen Integration zunehmend Handlungsbedarf empfunden wurde.257

251 Vgl. Kaas 1999a, S.267; Ulrich 1998, S.457; Eretge 1996, S.70; Steinmann/Olbrich 1994, S.136; Kreikebaum 1992, S.848. Es muß jedoch die richtige Balance gefunden werden, denn ein Regelwerk interner Steuerungs- und Kontrollmechanismen steht der geforderten Eigenver­ antwortung und Autonomie der Mitarbeiter eigentlich entgegen. Kein komplexes bzw. großes MNU kann allerdings völlig darauf verzichten. Vgl. Jönk 1992, S.l 69. 252 Vgl. Kreikebaum 1996, S.289; Chonko 1995, pp.131-132; Meffert/Remmerbach 1987, S.9. Ansonsten kommt es zu den in Kapitel 3.1.2 dargestellten intrapersonellen Konflikten. 253 Meffert/Remmerbach 1987, S.9. Vgl. ähnlich Klaus/Richter/Terzidis 1999, S.530. 254 Vgl. Meister 1996, S.l 10; Meister/Pinkepank/Staudacher 1996, S.246-247. 255 Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1999, S.541, die in Deutschland insgesamt 25 Dialogver­ fahren identifizieren konnten. Für einen Überblick vgl. Rettberg 1999, S.132-133. 256 Auf eine ausführliche Darstellung wird im Rahmen dieser Arbeit verzichtet, da es sich lediglich um einen nationalen Anwendungsfall handelt. Vgl. hierzu Staffelbach 1994, S.318-320. 257 Vgl. Hansen 1996, S.l57. Beispielhaft seien genannt: Der HAGE-Dialog (vgl. Hansen/ Schoenheit/Devries 1995, S.72-108), der ERB E-Dialog (vgl. Steinmann/Zerfaß 1991) und der WAGE-Dialog (vgl. Weizsäcker 1988).

218

Die dialogische Marketingethik als Normenfindungsprozeß im internationalen Kontext

„Auf eine Kurzformel gebracht, kann wohl vom beginnenden Abschied von der Führungstechnokratie in der Managementlehre gesprochen werden: vom desillu­ sionierten Aufwachen aus dem [...] Traum der Machbarkeit einer totalen sozial­ technologischen Komplexitäts- und Ungewissheitsbeherrschung in der Unterneh­ mung durch Konzepte und Methoden funktionaler Systemsteuerung.“258 Wo im­ mer sich MNU und Marketingmanager in Wahrnehmung der eigenen Verantwor­ tung auf einen echten Dialog über die ökologischen und sozialen Aspekte ihres Handelns einlassen, besteht die Möglichkeit, daß sie an ethischer Kompetenz ge­ winnen und sich der bereits feststellbare Wertewandel beschleunigt. In den EL könnte dann ein innovatives verständigungsorientiertes Marketing die Folge sein, das einen Beitrag zur qualitativen Entwicklung dieser Länder liefert. Dies wäre im Sinne gesellschaftlichen Fortschritts (z.B. Anhebung sozialer und ökolo­ gischer Standards) ein wertvoller Nutzeffekt des Dialogs.259 Zu diesem Zweck werden im folgenden die strategischen und operativen Möglichkeiten der Imple­ mentierung marktorientierter Untemehmensdialoge zur Konfliktregulierung im internationalen Kontext dargestellt.

258 Ulrich 1993, S.431. 259 Vgl. Wimmer 1996, S.l 16; Amba-Rao 1993, p.568.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

6

Implementierung marktorien­ tierter Untemehmensdialoge im Sinne einer international in­ tegrierten Konfliktregulierung

6.1

Diskursive Willensbildung im Rahmen der internationalen Marketingplanung

219

Die Muttergesellschaft hat auch bei dezentraler Konfliktregulierung immer eine Mitverantwortung für die langfristige Institutionalisierung der Diskursbedingun­ gen im Untemehmensnetzwerk.1 Diese Aufteilung berücksichtigt einerseits einen Pluralismus an Normvorstellungen und die individuellen Freiheiten der ausländi­ schen Partner und sichert andererseits die Identität des Gesamtuntemehmens im Hinblick auf das Verfahren der Konflikthandhabung.2 Auf einer grundsätzlichen Ebene steht die Dialogorientierung schließlich für ein spezifisches Selbstver­ ständnis der Unternehmung und ihrer Kommunikationspolitik.3 Wichtig ist also die langfristige Einbindung des marktorientierten Untemehmensdialogs in eine stimmige Gesamtkonzeption, die Hintergrund, Organisation und Evaluation des Dialogverfahrens berücksichtigt und den Dialog in die Gesamtprozesse des multi­ nationalen Unternehmens integriert. Bezugspunkte dafür finden sich in einer dia­ logorientierten Untemehmenspolitik und der Untemehmensstrategie.4 Die nachfolgende Abbildung macht deutlich, daß die internationale Marketing­ ethik in die Untemehmensphilosophie eingebunden bzw. mit ihr verknüpft wer­ den muß.5 Damit die Ebene des operativen Managements zumindest partiell ent­ lastet werden kann, sind auf der normativen und strategischen Ebene des Ma­ nagements die institutionellen Voraussetzungen zu schaffen. Sofern die diskur­ sive Handhabung ethischer (Marketing-)Konflikte auf der strategischen Unter­

1 2 3 4 5

Vgl. Gilbert 1998, S.220. Vgl. Ulrich 1993, S.288. Vgl. Bentele/Steinmann/Zerfaß 1996a, S.450. Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1999, S.555; Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1997a, S.48. Vgl. Lenders 1988, S.807 und Kapitel 2.2.1.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

220

nehmensebene ansetzt, ist gewährleistet, daß die Diskursethik nicht von der an sie gerichteten Erwartung überfordert wird.6 Vor diesem Hintergrund wird erneut die Klammerfunktion bzw. präskriptive Orientierungsfunktion einer übergeordneten Untemehmensethik deutlich, die grundsätzliche Werte definiert, die dann im Falle funktionsbereichsspezifischer Konfliktlagen angewendet werden können. Sie ist nicht deckungsgleich mit einer Marketingethik, sondern setzt lediglich den Rahmen für moralisches Marketinghandeln. Die Idee einer „integrativen Unter­ nehmensethik“ von Ulrich wird insofern operationalisiert, als sie an einem kon­ kreten Funktionsbereich festgemacht wird und nicht auf abstraktem Niveau ver­ bleibt (theoretische Konkretisierungs- und praktische Umsetzungsfunktion der Marketingethik).7

Abbildung 6-1: Quelle:

Struktur einer diskursiv ausgerichteten Marketingkon­ zeption Eigene Darstellung

In diesem Zusammenhang zeigt sich eine Parallele zu den strategischen Entschei­ dungen im MNU: Die internationale Planung fällt zwar in den Aufgaben- und Kompetenzbereich der Unternehmensleitung bzw. -zentrale, sie betrifft aber nicht nur das Unternehmen als Ganzes, sondern enthält, wenn auch keine inhaltlichen, zumindest koordinierende Vorgaben für die Tochtergesellschaften und Funktions­ bereiche.8 Der internationale Planungsprozeß beinhaltet daher sowohl einen sy­ 6 7

8

Vgl. Kreikebaum 1998, S.l76; Kreikebaum/Behnam/Gilbert 1996, S.l7. Vgl. Rettberg 1999, S.42-43 sowie die Kapitel 2.3 und 5.2.1.3. Zur „integrativen Untemeh­ mensethik“ vgl. Ulrich 1998, S.416-437. Vgl. Voigt 1998, S.265; Kreikebaum 1997b, S.71; Kreikebaum/Behnam/Gilbert 1996, S.2; Hermanns 1995, S.29.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

221

noptischen, als auch einen inkrementalen Ansatz und ermöglicht es so, den in Form der Absichten vorgegebenen Bezugs- bzw. Orientierungsrahmen des Gesamtuntemehmens zu berücksichtigen, aber auch die dezentrale Informations­ gewinnung und Durchführbarkeit der Marketingstrategien zu gewährleisten. Aus dem selben Grund empfiehlt es sich, die notwendigerweise mehrstufigen Ab­ stimmungsprozesse gemäß dem Gegenstromprinzip durchzufuhren.9 Internatio­ nale Marketingaktivitäten erfordern, wegen ihrer strukturellen Besonderheiten für die gesamten Entscheidungen im MNU, eine strategische Ausrichtung, d.h. die strategische Planung (SUP) von MNU ist eng mit den Strategien des internatio­ nalen Marketing verknüpft.10 Bei strategischen Produkt- und Marktentscheidun ­ gen muß die Unternehmensleitung deshalb stets gemeinsam mit den Funktionsbereichsvertretem aus dem Marketing Überlegungen zur Integration ethischer Aspekte in die Untemehmensführung anstellen.11

Die Untemehmenspolitik spiegelt also den Umgang mit den verschiedenen An­ spruchsgruppen wider und stellt die Grundlage des strategischen Planungsprozes­ ses dar. Sie determiniert die Wahl von Strategien und Maßnahmen bis hin zu quantitativen Zielgrößen und unterstützt somit die Koordination dezentraler Ent­ scheidungen und Handlungen.12 Mit anderen Worten: Die Marketingziele, durch die das ethische Profil des Marketing mitdefiniert wird, fußen auf einem Selbst­ verständnis der Unternehmung, das als Regulativ auf die Marketingzielformulie­ rung einwirkt.13 So wird erreicht, daß die weiter gefaßten ethischen Zielformulie­ rungen nicht gegenüber dem bspw. im Marketing-Mix typischerweise exakt defi­ nierten quantitativen Zielausmaß zurücktreten und auch der Weg zur Zielerrei­ chung berücksichtigt wird.14 Die langfristige Ausrichtung der Untemehmenspoli­ tik ist dabei durch die Untemehmensphilosophie bzw. die (generellen) Absichten als Untemehmenszweck gekennzeichnet. Aussagen können dabei nicht nur über die Entwicklung der Gesamtuntemehmung, sondern auch über einzelne Funkti­ onsbereiche, wie bspw. das Marketing, getroffen werden.15 Damit Marketingma­ 9

10

11 12 13 14 15

Vgl. Meissner 1995, S.157-164; Hermanns 1995, S.30-32; Kreikebaum 1989a, Sp.1652. Das Gegenstromprinzip bedeutet: partizipative Entscheidungsbildung von oben nach unten und gleichzeitig von unten nach oben. Vgl. Meissner 1995, S.85; Stegmüller 1993, S.398. In Kapitel 1.2.1 wurde bereits erwähnt, daß die Aktivitäten im Bereich des internationalen Marketing stets eine strategische Ausrichtung erfordern. Zur Verbindung zwischen SUP und Marketingplanung vgl. u.a. Kreikebaum 1997b, S.72; Jenner 1997, S.33-47; Kreikebaum 1985, S.283-298; Kreikebaum 1983, S.103. Vgl. Kreikebaum 1997, S.242. Vgl. Kreikebaum 1997b, S.39. Vgl. Meffert/Remmerbach 1987, S.9. Vgl. Ulrich/Lunau 1997, S.52; Jöstingmeier 1994, S. 128-129, 176. Vgl. Kreikebaum 1997b, S.53-55; Kreikebaum 1996, S.217. Der Begriff „generelle Absichten“ wird häufig synonym mit „Untemehmensgrundsätze“, „Verhaltensnormen“, „Mission Statement“ verwandt. Vgl. Schlegelmilch 1998, p. 113; Sarasin 1998, S.374.

222

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

nager die marktorientierten Untemehmensdialoge überhaupt als eine Handlungsaltemative in Betracht ziehen, bedarf es also vor allem einer entsprechenden Untemehmensphilosophie.16 Die ideale Kommunikationsgemeinschaft als regulative Leitidee und normatives Fundament des strategischen Planungs­ prozesses

Strategische Analyse

Strategie­ bestimmung

Strategie­ implemen­ tierung

Strategische Kontrolle

Abbildung 6-2: Quelle: 16

Diskursive Willensbildung im internationalen Marketing Eigene Darstellung in Anlehnung an Hermanns 1995, S.47.

Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996, S.313, 325; Eretge 1996, S.65.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

223

Die vordringliche untemehmensethische Handlungsorientierung ist demzufolge im Aufbau einer „dialogorientierten Untemehmenspolitik“ bzw. untemehmenspolitischer Verständigungspotentiale mit allen Betroffenen inner- und außerhalb der Unternehmung zu sehen.17 Wie ein Staat oder andere Körperschaften kann auch das Unternehmen mit Hilfe einer (Untemehmens-)Verfassung versuchen, seinen untemehmenspolitischen Willensbildungsprozeß den Bedürfnissen und Interessen der Betroffenen zu öffnen.18 Da die Untemehmensverfassung grund­ sätzlich interessenpluralistisch zu konstruieren ist, käme es zu einer Erweiterung traditioneller Zielvorstellungen.19 Die Untemehmensverfassung wird als Verfah­ rensordnung verstanden, welche die Funktion hat, die verbindlichen Regeln und Verfahrensweisen des untemehmenspolitischen Interessenausgleichs für alle Be­ troffenen festzulegen.20 Ulrich spricht in diesem Zusammenhang von der regulati­ ven Idee der „offenen Untemehmensverfassung“, durch die das formale Partizi­ pationsrecht aller Betroffenen gewährleistet werden soll.21 Dazu muß man die Leitidee der Diskursethik bzw. ihre Verfahrensregeln auf der Makroebene in die Untemehmensverfassung aufnehmen und auf diese Weise praktisch im System Unternehmen institutionalisieren.22 Durch die Implementierung der Diskursregeln in die Untemehmensverfassung gibt die Muttergesellschaft den idealtypischen Normenfindungsprozeß vor, der die diskursive Handhabung der ethischen Marke­ tingkonflikte im internationalen Kontext ermöglichen soll. Der vorgegebene Normenfindungsprozeß weist kulturinvarianten Charakter auf und ist somit für alle Subeinheiten im internationalen Untemehmensnetzwerk gültig.23 Es geht auf dieser übergeordneten Ebene allerdings nicht um die Ermittlung von Verhaltens­ normen für einzelfallspezifische Konfliktfälle im internationalen Marketing, son­ dern dämm, daß die Mikroebene, d.h. der praktische Diskurs vor Ort, durch die Makroebene (Untemehmensverfassung) begrenzt wird.24 17 18 19 20

21 22 23 24

Vgl. Ulrich 1998, S.448; Ulrich 1993, S.438; Ulrich 1983, S.79. Vgl. Ulrich/Fluri 1995, S.74. Vgl. Bartölke u.a. 1999, S.5; Gerum 1991, S.146. Vgl. Vanberg 1983, S.179. Die gewählte Definition macht deutlich, daß es in der vorliegenden Arbeit weniger um rechtliche Regelungen als um die Ergänzung der traditionellen Untemeh­ mensverfassung durch untemehmensethische Selbstverpflichtungen geht. Vgl. Löhr 1993, Sp. 1158-1159; Gerum 1991, S. 147. Vgl. Ulrich 1998, S.453-454; Ulrich 1993, S.420-421,426-428. Vgl. Sarasin 1998, S.381; Gilbert 1998, S.181; Gilbert/Würthner 1995, S.25. Vgl. Gilbert 1998, S.l81. Eine Adaption erfolgt erst mit der (lokalen) Rekonstruktion der dis­ kursiven Verfahrensregeln im praktischen Diskurs auf der Mikroebene. Vgl. Kapitel 5.2.2.2. Vgl. dazu ausführlich Gilbert 1998, S.l80-192. In diesem Zusammenhang sei auf den ver­ gleichbaren zweistufigen Ansatz von Donaldson/Dunfee verwiesen. Ausgangspunkt ihrer „In­ tegrative Social Contracts Theory“ bilden interkulturell gültige Hypemormen auf der Makroebene der Konfliktregulierung, die sie jedoch nicht diskursiv begründen, sondern auf materiale (d.h. kulturelle bzw. religiöse) Normen zurückfuhren (vgl. u.a. Donaldson/Dunfee 1994, pp.252-284; Donaldson/Dunfee 1988). Wenngleich dieser Ansatz auch auf ethische Probleme des

224

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

Konfliktzonen unternehmerischer Verantwortung beginnen bei der Formulierung grundlegender strategischer Absichten, so daß auch die strategische Planung einer ethischen Fundierung bedarf.25 „Eine Vermittlung zwischen einer solchen strate­ gischen Verantwortungsübemahme und der kommunikativen Verantwortungs­ ethik ist [...] möglich, indem die Leitidee der dialogischen Verantwortung selbst als regulatives Prinzip strategischen Handelns begriffen wird.“26 Im Rahmen der strategischen Untemehmensplanung wird eine konfliktorientierte Formulierung von Untemehmensabsichten wahrgenommene Konflikte zum Anlaß nehmen, ei­ nen diskursiven Normenfindungsprozeß auszulösen.27 Die MNU handeln prima facie also dann moralisch, wenn sie die Konfliktanfälligkeit ihrer Untemehmenspolitiken und -Strategien minimieren, indem sie sie durch den Konsens mit den betroffenen Stakeholdem legitimieren.28 Tatsächlich zeigt sich ein zunehmendes Interesse an der Integration diskursiver Elemente in Planungsprozesse, d.h. der Berücksichtigung einer diskursiven Willensbildung, die sich am Regulativ der idealen Sprechsituation orientiert.29 An dieser Stelle werden erneut die Interde­ pendenzen zwischen strategischem und kommunikativem Handeln deutlich. Der Aufbau von Erfolgspotentialen ist ohne den Aufbau von Verständigungspoten­ tialen nicht realisierbar. Die unterschiedlichen Rationalitätsebenen bilden eine Einheit.30 Diese Erkenntnisse auf dem Gebiet der strategischen Untemehmenspla­ nung können cum grano salis auch auf die strategische Marketingplanung übertra­ gen werden.31

Die unternehmerischen Absichten bilden folglich einen wichtigen Ansatzpunkt für die ethische Reflexion. Auf eine mögliche Verbindung zur Ethik als prakti­ scher Philosophie weist bereits die terminologische Gleichsetzung mit „Untemehmensphilosophie“ hin. Die Absichten lassen sich als institutionalisiertes Ergebnis ethischer Reflexion bezeichnen und schaffen als normatives Fundament des ge­ samten Planungsprozesses die erforderlichen Freiräume für ethische Reflexion

25 26 27 28 29 30

31

internationalen Marketing angewendet wurde (vgl. Dunfee/Smith/Ross 1999, pp. 14-32; Rogers/ Ogbuehi/Kochunny 1995, pp.21-31), wird im Rahmen dieser Arbeit auf seine Darstellung verzichtet, da sich in Anlehnung an frühere Ausführungen die aus philosophischer Sicht grundlegende Frage stellt, ob sich inhaltliche Wertvorstellungen ohne einen empirisch über­ prüften Normkonsens universell legitimieren lassen. Vgl. dazu Kapitel 3.2.2. Vgl. Kreikebaum 1992, S.841-843. Ulrich 1983, S.84. Vgl. Kreikebaum/Behnam/Gilbert 1996, S.l8. Vgl. Kumar/Graf 1998, p. 135; Steinmann 1997, S.2; Steinmann/Olbrich 1994, S.l24. Vgl. Behnam 1998, S.222-226; Kreikebaum 1997b, S.164-167; Nill 1994, S.172, 175-176. Vgl. Behnam/Würthner 1996, S.30; Gilbert/Würthner 1995, S.26-27. Zur Interdependenz und Komplementarität sowie zu den konzeptionellen Zusammenhängen von SUP und ethischer Re­ flexion vgl. ausführlich Behnam 1998, S.171-194; Kreikebaum 1997b, S.172-176. Vgl. Kreikebaum 1985, S.288.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

225

auf den nachfolgenden Planungsstufen.32 Dies bedeutet zugleich, daß ethisch reflektierte Absichten nicht automatisch, also in einem deterministischen Sinne, zu ethisch unbedenklichen Marketingstrategien fuhren. Die Untemehmensphilosophie bildet vielmehr die Grundlage und den Ausgangspunkt der konzeptionel­ len Planung im internationalen Marketing. Die erstrebenswerten Vorzugszustände sollen schließlich durch den Einsatz strategischer Parameter und taktischer Maß­ nahmen des internationalen Marketing-Mix erreicht werden.33 Der strategische Planungsprozeß, der prinzipiell durch freie Ziel- und Mittelwahl gekennzeichnet ist und somit die Freiwilligkeit der Übernahme moralischer Verantwortung durch die MNU betont, dient als „Transmissionsriemen“ für die normative Handlungs­ orientierung einer verständigungsorientierten Willensbildung von der Makro­ ebene „nach unten“.34 Erst dadurch wird der marktorientierte Untemehmensdia­ log von den Marketingmanagem als selbstverpflichtende Handlungsaltemative wahrgenommen und in der Konsequenz kann es von der Reflexion bis hin zur Revision der internationalen Marketingstrategie kommen. Ausschlaggebend ist, daß die Ergebnisse des Dialogs in die Formulierung von Strategien und die Ein­ leitung von Maßnahmen zur Konfliktvorbeugung oder -regulierung einfließen.35

Diese Überlegungen erscheinen deshalb so wichtig, da sowohl in der Marketing­ wissenschaft als auch in der internationalen Marketingpraxis detailliert ausge­ formte Instrumente im operativen Bereich existieren, ein politisch-konsensfähiges normatives Konzept aber nur schwach ausgeprägt bzw. kaum vorhanden ist.36 Unter diesen Umständen kann es zu widersprüchlichen Handlungen und Maß­ nahmen kommen, die möglicherweise zu einem inkonsistenten Verhalten gegen­ über den Stakeholdem fuhren, was in der Folge die Legitimation der Unterneh­ mens- und Marketingaktivitäten gefährdet und/oder Konflikte auslöst.37 In dem Maße, in dem jedoch schon in die internationale Marketingplanung Bestandteile der diskursiven Verständigung integriert sind, werden Einsatz und Gestaltung bestimmter absatzpolitischer Instrumente (z.B. Werbung, Preispolitik) weniger mit der Handhabung von ethischen Konflikten konfrontiert sein. Insofern hilft die Berücksichtigung ethischer Aspekte im strategischen Planungsprozeß den inter­ nationalen Marketingmanagem, ethische Dilemmata frühzeitig zu antizipieren und mit (der Entwicklung) einer proaktiven Orientierung anzugehen.38 Umge­ 32 33 34 35 36 37 38

Vgl. Kreikebaum 1997, S.241; Kreikebaum/Behnam/Gilbert 1996, S.l8; Kreikebaum 1996, S.217. Zum Prozeßcharakter der SUP vgl. Kreikebaum 1997b, S.37-39. Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.97; Dederichs 1995, S.55-57; Meissner 1995, S.90-91. Vgl. Kumar 1998, S.79-80, 90. Vgl. Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1996, S.314; Zerfaß 1996, S.53. Vgl. Iyer 1998, p.230; Praetorius 1993, S.53; Stegmüller 1993, S.395. Vgl. Behnam/Würthner 1996, S.25. Vgl. Quelch/Smith 1993, pp.689-690; Laczniak/Murphy 1993, p.223; Mayo 1991, p.51; Mayo/ Marks/Ryans 1991, p.72.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

226

kehrt erscheint es aber auch einsichtig, daß die internationale Planung je nach Vorgaben und Richtlinien u.U. einen hemmenden Einfluß haben kann. Um so wichtiger ist es, daß ethische Überlegungen schon in die strategische Planung der internationalen Marketingmanager Eingang finden, statt diese im nachhinein in ihren konfliktrelevanten Auswirkungen zu begrenzen.39

Die Entscheidung über die ethische Qualität einer internationalen Marketingstra­ tegie kann zwar immer nur im Einzelfall getroffen werden, grundsätzlich kommt jedoch sowohl der Philosophie als auch der Kultur der jeweiligen Unternehmung ein großes Gewicht zu,40 wenn ethische Überlegungen langfristig im internatio­ nalen Marketing internalisiert werden sollen. „Gelingt es nämlich nicht, das In­ strumentalsystem der operativen Ebene, integriert in das Steuerungssystem der strategischen Ebene, schlüssig in ein Normensystem der politischen Ebene einzu­ binden, ,schwankt das Marketing-Schiff im Winde*.“41

6.2

Dialogisch zu handhabende Probleme der internationalen Marktforschung in Ent­ wicklungsländern

Konstitutives Merkmal jeder strategischen Planung eines (international tätigen) Unternehmens ist die Ausrichtung auf seine spezifischen Umweltbedingungen.42 Damit Marketing als Prozeß aktiver Marktgestaltung funktioniert, benötigt der Marketingmanager für seine strategischen Entscheidungen im internationalen Kontext eine solide Informationsbasis. Die internationale Marktforschung kann demzufolge als systematischer Prozeß der Gewinnung und Analyse von Informa­ tionen für internationale Marketingentscheidungen verstanden werden.43 Ihre Methoden der Informationsgewinnung unterscheiden sich prinzipiell nicht von denen der nationalen Marktforschung. Es ist vielmehr die Komplexität aufgrund 39 40 41 42

43

Vgl. Laczniak/Murphy 1993, pp.221, 228. Vgl. Meissner 1995, S.l02; Quelch/Smith 1993, p.692. Praetorius 1993, S.54. Vgl. Kreikebaum 1997b, S.40. Im Sinne einer international integrierten Konflikthandhabung erscheint es deshalb notwendig, ethische Aspekte der Marktforschung bzw. Informationenbeschaffung darzustellen, wenngleich das JöjflZzmarketing im Mittelpunkt dieser Arbeit steht. Vgl. Stahr/Backes 1995, S.70; Schopphoven 1991, S.28. In der deutschsprachigen Literatur werden die Begriffe „Marketingforschung“ und „Marktforschung“ häufig synonym verwandt, wenngleich die Marketingforschung nicht nur die Beschaffung und Bewertung von Daten zu den Absatz- und Beschaffungsmärkten, sondern auch die interner Daten beinhaltet. Vgl. dazu u.a. Meffert/Bolz 1998, S.39; Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 1994, S.671.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

227

der räumlichen Distanz und kulturellen Vielfalt, die ihre Besonderheit ausmacht und sie zu einer Schlüsselfunktion im Auslandsgeschäft werden läßt.44 Nach Meissner spielt daher die Analyse der anthropologischen Grundlagen (z.B. kultu­ relle Bedingungen und herrschende Normen und Verhaltensweisen) eine wesent­ liche Rolle in der internationalen Marktforschung.45 Während angesichts dieses Hinweises vor einer unkritischen Übernahme des Methodenbestands zu warnen ist, wird bereits die Relevanz des kommunikativen Handelns von Habermas deut­ lich, das auf der Grundlage des anthropologischen Kulturbegriffs intersubjektive Situationsdefinitionen über das Medium der Sprache ermöglicht. Die internatio­ nale Marktforschung kann jedoch grundsätzlich mit der Sekundärforschung, d.h. der Analyse bereits vorhandener Daten, und einer gezielten eigenen Primärfor­ schung auf zwei komplementäre Wege der Datenbeschaffung zurückgreifen.46

Die MNU wird sich - aus Kostengründen, mangels technischer Voraussetzungen und wegen politisch-rechtlichen Beschränkungen - schwerpunktmäßig zuerst auf die bereits vorhandenen Datenquellen in- und ausländischer Institutionen (z.B. BfAi, UNO, OECD) konzentrieren.47 Die Problematik sekundärstatistischer Da­ ten liegt neben den Gesichtspunkten ihrer Vergleichbarkeit und Verfügbarkeit vor allem in ihrer Qualität begründet.48 Gerade in den EL gibt es oft nur wenige oder gar keine umfassenden Statistiken und Infrastruktur-Daten, die darüber hinaus häufig veraltet oder unzuverlässig sind.49 Vor diesem Hintergrund muß bspw. auf das „Selbstdarstellungsproblem“ von Nationen verwiesen werden: Die Unzuver­ lässigkeit amtlicher Statistiken ist in diesem Fall auf eine politische Manipulation zurückzufuhren, die dazu dienen soll, die Investitionsattraktivität in bezug auf Bonität und Wirtschaftskraft eines Landes zu erhöhen.50 Festzuhalten ist also, daß „die Berücksichtigung ethischer Gesichtspunkte in der Marktforschung Voraus­ setzung für qualitativ hochwertige Untersuchungsergebnisse ist“51 und somit auch die Erfolgsträchtigkeit der Marketingentscheidung im Auslandsgeschäft be­ stimmt. Angesichts des hier verfolgten Forschungsziels gilt dies vor allem für die Primär­ forschung, die, wegen der damit verbundenen zeitlichen, finanziellen und kultu­ rellen Hindernisse, als ultima Ratio normalerweise erst dann durchgeführt wird, wenn die Sekundärforschung keine brauchbaren Daten zur Verfügung stellen 44 45 46 47 48 49 50 51

Vgl. Mahefa 1998, S.516-517; Hermanns 1995, S.46-47; Kulhavy 1989, Sp.831. Vgl. Meissner 1995, S.l 13. Vgl. Stahr/Backes 1995, S.84-85; Meissner 1995, S.107; Schopphoven 1991, S.28-30. Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.85-87; Hermanns 1995, S.48; Stahr/Backes 1995, S.88-89. Vgl. Meissner 1995, S.l08-109; Stahr/Backes 1992, S.396-397; Schopphoven 1991, S.33-36. Vgl. Hüller 1991, S.712; Kulhavy 1989, Sp.838; Essawy 1989, S.49-50; Meffert 1976a, S.4. Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.87; Quack 1995, S.19; Schopphoven 1991, S.33. Tybout/Zaltman 1982, S.l20.

228

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

kann.52 Trotz der kritischen Verfügbarkeit geeigneter Interviewer stellt die münd­ liche Befragung gegenüber der telefonischen oder schriftlichen, wegen der teil­ weise geringen Dichte des Telefonnetzes und der großen Zahl an Analphabeten, in EL das wichtigste Instrument der Primärforschung (Befragung, Beobachtung und Experiment) dar.53 Die Möglichkeit zur Primärforschung wird dementspre­ chend durch den Entwicklungsstand des ausländischen Ländermarkts und das Informationsniveau bzw. die Informationsbereitschaft der Bevölkerung determi­ niert. Bei der Anwendung dieser Erhebungsform in EL werden deshalb nicht selten Bedenken vorgebracht.54 Erfahrungen in Indien und Ägypten belegen aber, daß es keinen Grund gibt, an der Überwindung dieser Probleme zu zweifeln, und diese besagte Einschätzung also nicht ohne weiteres generalisiert werden kann.55

Für solche Untersuchungen sollten externe Marktforschungsinstitute herangezo­ gen werden, da sie i.d.R. über eine entsprechende Organisation und detaillierte landesspezifische Kenntnisse verfugen.56 Problematisch erscheint dabei jedoch, daß es sich um eine Leistung mit extremer Informationsasymmetrie handelt. Für den Auftraggeber einer Marktforschungsstudie ist nicht nachvollziehbar, ob die Interviews gewissenhaft durchgeführt, der vereinbarte Stichprobenumfang einge­ halten und die statistische Analyse der Daten korrekt ausgeführt wurde.57 Es scheinen vor allem in EL Bedenken dahingehend angebracht, daß für lokal und überregional tätige Marktforscher unehrliche Interviewpraktiken und der Ge­ brauch veralteter Datensätze häufig keine ungewöhnlichen Marktforschungsme­ thoden darstellen.58 Umgekehrt wäre es auch ethisch fragwürdig, wenn der Auf­ traggeber die Zahlung verweigerte oder die Studie unter Rückgriff auf die Kon­ zepte der eingeholten Forschungsangebote einfach selber durchführte.59 Die Be­ zeichnung einer Studie als „quick and dirty“ und das Beschönigen von Zahlen deuten jedoch an, daß das Problem, die Wertvorstellungen der Marktforscher mit den Forderungen der Auftraggeber in Einklang zu bringen, als das wichtigste ethische Dilemma identifiziert wird:60 Ein chilenisches Marktforschungsinstitut könnte bspw., auch auf Druck nationaler Interessengruppen, einer britischen MNU den Markteintritt in Chile empfehlen, um auf diese Weise einen lukrativen Geschäftspartner zu gewinnen. Umgekehrt ist denkbar, daß der verantwortliche 52

53 54 55 56 57 58 59 60

Vgl. Mahefa 1998, S.519; Dülfer 1979, Sp.1666; Mai 1974, S.272. Einen Überblick liefert Kaynak 1984, p.241. Vgl. Austin 1991, S.349-350. Vgl. Tietz 1989, Sp.1461; Espejo 1989, S.89-90; Schnitt 1985, S.3. Vgl. Reddy/Campbell 1994, p.38; Schütz 1990, S.18-23. Vgl. Meissner 1993, Sp. 1878-1879; Tietz 1989, Sp.1464. Vgl. Kaas 1999a, S.263; Kaas 1997, S.51. Vgl. Kaynak 1984, pp.245-246. Vgl. Kay-Enders 1996, S.64. Vgl. Schlegelmilch/Götze 1999, S.28.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

229

Marketingmanager bereits eine Entscheidung für den Markteintritt getroffen hat und nun nur noch eine „statistische Bestätigung“ dafür braucht - was das entspre­ chende Marktforschungsinstitut, das am Erhalt der Geschäftsbeziehung interes­ siert ist, in bezug auf das Ergebnis der Studie unter Druck setzt.61 Auch in EL leidet die Qualität vieler Marktforschungsprojekte unter diesem Antagonismus. 62 Vor diesem Hintergrund kann die Einführung diskursiver Elemente in Form marktorientierter Untemehmensdialoge dazu dienen, eine vorwiegend am eigenen Erfolg der Konfliktträger orientierte und machtbestimmte Konflikthandhabung zu überwinden und stabile Kooperationsverhältnisse auf der Basis eines Konsenses zu erzielen. Der Mangel an qualifizierten Marktforschungsagenturen zwingt MNU jedoch gerade in EL häufig, die relevanten Primärdaten selbst durch eigene Marktfor­ schungsabteilungen zu erheben.63 Im Mittelpunkt der marktforschungsspezifi­ schen ethischen Probleme steht dabei die Verantwortung gegenüber dem Proban­ den. Das Verantwortungsausmaß ist jedoch interkulturell diskussionswürdig. Es werden deshalb nicht selten Bedenken gegenüber bestimmten Marktforschungs ­ techniken (z.B. heimliche Beobachtung, Zwangs- und Täuschungstechniken, Vor­ enthaltung wichtiger Untersuchungsinformationen) geäußert, da sie je nach kultu­ rellem Empfinden die Rechte der Probanden verletzen.64 Während bestimmte Rechte und die anzulegenden Maßstäbe bereits im nationalen Kontext diskutiert werden, verschwimmt die „Grenze“ bei internationaler Tätigkeit zunehmend. Au­ ßerhalb Westeuropas und der USA gibt es bspw. eine große Bandbreite an natio­ nalen Strategien zur Handhabung der Privatsphäre, die von „gar keiner“ bis zu „intensiver“ Regulierung reicht.65 Dies bedeutet, daß die für die Probanden aus westlichen Kulturen geltenden Rechte (bspw. auf Privatsphäre, Anonymität, Si­ cherheit und Information)66 im lokalen Diskurs zur Disposition zu stellen sind. Auf diese Weise können Konflikte, die einer ethnozentrischen Vorgehensweise entsprängen, vermieden werden, da z.B. die besondere Schutzbedürftigkeit der Probanden in EL ganz andere Anforderungen stellt. Darüber hinaus kann eine verständigungsorientierte Untemehmenspolitik verhindern, daß eine MNU in Ländern mit niedrigeren gesetzlichen Auflagen Moralarbitrage betreibt.

Die Probanden in EL scheinen aufgrund ihres geringen Bildungsgrades besonders gefährdet. Sie sind sich i.d.R. nicht ihrer spezifischen Rechte bewußt oder aber nicht in der Lage, diese durchzusetzen. De facto berühren die MNU „innerhalb 61 62 63 64 65 66

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Schlegelmilch 1998, pp.62-63. Kaynak 1984,p.249. Dülfer 1999a, S.415; Schopphoven 1991, S.40; Schnitt 1985, S.3. hierzu die Beispiele bei Kaas 1999a, S.263-264 und Picot 1974, Sp.565. Schlegelmilch 1998, p.71. Kay-Enders 1996, S.65-67; Parasuraman 1986, p.56; Tybout/Zaltman 1982, S.l 19-120.

230

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

der Fragestellung meist Fragen über Werte, Einstellungen und Verhaltensweisen. Derartige Bereiche sind aber nach dem Selbstverständnis [...] in Entwicklungslän­ dern [häufig, d. Verf.] tabu bzw. mit religiösen Inhalten besetzt.“67 Länderspezifi­ sche Tabus können folglich die Durchführung einer Marktforschungsstudie be­ hindern und die Reaktionen der Betroffenen entsprechend unterschiedlich ausfal­ len lassen:68 Bedenklich erscheint dies z.B. in islamischen Ländern während der Betzeiten, oder wenn Frauen allein zu Hause sind. In weniger entwickelten Län­ dern ist es oft auch nicht möglich, Frauen oder Angehörige von Minderheiten bei der Interviewertätigkeit einzusetzen. Von den Infrastrukturmängeln in EL abgese­ hen, muß der Berücksichtigung tradierter Werte ethischen oder religiösen Ur­ sprungs bei der Erhebungsmethode und Dateninterpretation deshalb ein beson­ derer Stellenwert eingeräumt werden. Andernfalls kann es zu schwerwiegenden Fehlentscheidungen kommen, die u.U. vehemente Reaktanzen verursachen.69 Allerdings kann auch der Versuch, kulturadäquate Untersuchungsmethoden an­ zuwenden, zu einer Beeinflussung der Ergebnisse statt zu objektiven Daten fuh­ ren. In der internationalen Marktforschung gibt es also besonders viel Raum für Mißinterpretationen.70 Die Basis für eine gemeinsame Interpretation von Restrik­ tionen kann nur durch die soziale Kommunikation aller Beteiligten im markt­ orientierten Untemehmensdialog geschaffen werden.

Die internationale Marktforschung bliebe zweifellos unvollständig, sofern sie sich auf die spezifischen Faktoren des Käuferverhaltens beschränkte und darauf ver­ zichtete, im Rahmen der Umweltanalyse Informationen über in- und ausländische Konkurrenzunternehmen zu sammeln.71 Aufgrund ihrer mangelnden internatio­ nalen Konkurrenzfähigkeit bemühen sich jedoch vor allem Unternehmen aus EL, ihre wenigen Wettbewerbsvorteile durch eine restriktive Informationspolitik zu schützen.72 In der anglo-amerikanischen Literatur wird im Zusammenhang mit dem Sammeln von Informationen über Wettbewerber von „competitive intel­ ligence“ gesprochen - wobei es in diesem Bereich eine Grauzone gibt, die eine klare Abgrenzung zwischen Konkurrenzbeobachtung und Industriespionage er­ schwert und ergo ethische Fragestellungen aufwirft.73 Während in den USA viele Unternehmen zögern, ihre Konkurrenten systematisch zu beobachten, ist dies in Frankreich schon eher üblich. Vor allem in (ehemaligen) Staatshandelsländem 67 68 69 70 71 72 73

Hüller 1991, S.712. Vgl. dazu u.a. Austin 1991, S.349-350; Schopphoven 1991, S.39; Tietz 1989, Sp. 1460-1461; Essawy 1989, S.51; Kaynak 1984, pp.246-248. Vgl. Böcker 1989, Sp.1392; Holzmüller 1989, Sp.l 146; Kaynak 1982, p.160. Vgl. Schlegelmilch/Götze 1999, S.28. Vgl. Kulhavy 1989, Sp.835; Tietz 1989, Sp. 1457; Meffert 1976, S.20-22. Vgl. Schütz 1990, S.23. Vgl. Schlegelmilch 1998, pp.72-73.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

231

stehen Marktforscher nicht selten im Verdacht, Untemehmensspionage zu betrei­ ben.74 Mit anderen Worten: Die „Beurteilung, welche [...] Vorgangs weisen im Rahmen der Konkurrenzbeobachtung aus ethischer Sicht zulässig sind, und wel­ che als Untemehmensspionage verurteilt werden müssen, ist schwierig und vari­ iert von Kultur zu Kultur, von Land zu Land“.75 Ethische Probleme der internationalen Marktforschung: •

Intern (eigene Primärforschung):

a) Während der Inhalt der Studie und/oder eine bestimmte Primärforschung:

Marktforschungstechnik u.U. länderspezifische Tabus be­ rührt, ist das Verantwortungsausmaß gegenüber den Letzt­ nachfragern interkulturell strittig.

b) Konkurrenzanalysen können je nach Kultur als „Kon­ kurrenzbeobachtung“ oder als „Untemehmensspionage“

beurteilt werden.



Extern (durch Marktforschungsinstitute):

Die Qualität der Marktforschungsstudie leidet unter den

räumlich bedingten Informationsasymmetrien und einem

kulturell bestimmten Antagonismus zwischen den Wertvor­ stellungen der Marktforscher und Auftraggeber.

Durch politische Manipulationsversuche zur Erhöhung der Investitionsattraktivität eines Ländermarktes („Selbstdarstel­ Sekundärforschung:

lungsproblem“ von Nationen) sind u.a. Fragen der sekundär­

statistischen Datenqualität angesprochen.

Tabelle 6-1: Quelle:

Beispiele für im Diskurs zu behandelnde Probleme der inter­ nationalen Marktforschung Eigene Darstellung

Der Mißbrauch bzw. die ethischen Probleme der Marktforschung als besonders kritischer Bereich innerhalb des Marketing werden sich mit zunehmender Inter­ nationalisierung der Untemehmenstätigkeit verschärfen. Bei der Handhabung der Konflikte mit den relevanten Interessengruppen (Kunden, Probanden oder Kon­ kurrenten) ist daher insbesondere die Existenz unterschiedlicher Werte und Nor­ 74 75

Vgl. Kulhavy 1989,Sp.838. Schlegelmilch/Götze 1999, S.29.

232

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

men in anderen Kulturen zu berücksichtigen.76 Mit dem zweistufigen Konzept marktorientierter Untemehmensdialoge verfugen die Marketingmanager aber über ein allgemeinverbindliches Verfahren, das gleichzeitig für eine zeit-, situations- und kulturgerechte Konflikthandhabung flexibel bleibt. Es wurde schließlich deutlich, daß alle Beteiligten verlieren, sofern moralische Werte ver­ letzt werden, da darunter auch die Qualität der Marktforschungsergebnisse leidet. Viele Marktforschungsvereinigungen sind sich dieser Tatsache bewußt und haben deshalb z.T. über nationale Grenzen hinweg Ethikkodizes entwickelt.77

6.3

Dialogisch zu handhabende Aspekte des internationalen Marketing-Mix in Ent­ wicklungsländern

6.3.1

Internationale Produktpolitik

„Die internationale Produkt- und Programmpolitik befaßt sich mit der markt- und umweltgerechten Gestaltung der international angebotenen Produkte und Leistun­ gen bzw. Leistungssysteme im Sinne von Problemlösungen für Nachfrager.“78 Derartige produktpolitische Entscheidungen machen es erforderlich, die über den Basisnutzen als Grundfunktion hinausgehenden relevanten Eigenschaften und Zusatzleistungen von Produkten zu identifizieren. Hierzu gehören insbesondere Produktbeschaffenheit, Verpackung, Markenimage sowie Garantie- und Service­ leistungen.79 Auf Auslandsmärkten umfassen die Aufgaben des Marketing- bzw. Produktmanagers hierbei alle strategischen Maßnahmen zur Auswahl und Ent­ wicklung neuer Produkte (Produktinnovation) sowie zur Aussonderung (Produkt­ eliminierung) und Veränderung (Produktvariation) bestehender Produkte.80 Als Ansatzpunkt für das Entscheidungsproblem kann u.a. die auslandsbezogene Mar­ ketingumwelt herangezogen werden. Sofern sich die produktpolitischen Entschei­ dungen dabei nicht nur an ökonomischen, sondern auch an sozialen Maßstäben orientieren, können Produktvariation, -innovation und -eliminierung ein Angebot

76 77 78

79 80

Vgl. Segal/Giacobbe 1995, p.l 14. Vgl. hierzu u.a. Kay-Enders 1996, S.64 und die Ausführungen in Kapitel 4.2.2. Hermanns 1995, S.54. In der vorliegenden Arbeit stehen Konsumgüter im Mittelpunkt der Betrachtungen. Vgl. Meffert/Bolz 1998, S. 161 -162; Mühlbacher 1995, S.140; Berekoven 1989, Sp. 1695-1697. Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.164-175; Berekoven 1989, Sp. 1698-1701; Meissner 1981, S.67-68.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

233

schaffen, das eine bessere Bedarfsdeckung in EL ermöglicht.81 In EL ist die Pro­ duktinnovation bspw. vielfach gleichbedeutend mit der Anpassung oder Einfüh­ rung von Produkten, die für das jeweilige Land zwar neu, andernorts aber bereits auf dem Markt sind.82 Die genannten Aktivitätsparameter sind folglich nicht iso­ liert zu sehen: Sie haben im Hinblick auf Breite und Tiefe direkte Auswirkungen auf die optimale Zusammensetzung des betrieblichen Produktprogramms auf Auslandsmärkten.83 Die Produktpolitik ist daher ein zentrales Element bei der Gestaltung des Marke­ ting-Mix und für den Erfolg jedes Unternehmens von ausschlaggebender Bedeu­ tung, da sich alle übrigen Aktionsparameter auf das Produkt beziehen.84 Um so erstaunlicher erscheint es, daß die internationale Produktpolitik de facto das Mar­ ketinginstrument ist, das, zusammen mit der Kommunikationspolitik, am häufig­ sten kritisiert wird.85 Wie die folgenden Ausführungen verdeutlichen, existieren prinzipiell in allen Bereichen und in jeder Phase des Produktlebenszyklus (z.B. bei Fragen der Positionierung, der Qualität bzw. Sicherheit und der Verpackung) (diskurs-)ethisch zu behandelnde Problemstellungen.86 In diesem Zusammenhang wird u.a. der Frage nachgegangen, ob und inwiefern die internationale Produkt­ politik „human“ angemessen bzw. sozial- und umweltverträglich ist. Für unter­ nehmerisches und individuelles Handeln sind hierbei grundsätzlich die gleichen Maßstäbe anzulegen, die aufgrund der pluralistischen, offenen Gesellschaft (im internationalen Kontext) jedoch unterschiedlich interpretiert werden können.87

Die Identifizierung der spezifischen wirtschaftlichen, politischen, demographi­ schen und kulturellen Charakteristika und ihre Berücksichtigung in der Produktund Programmpolitik sind vor allem bei Produktinnovationen ein kritischer Er­ folgsfaktor.88 Das Gesamtprogramm der MNU wird sich bei konsequenter Um­ weltorientierung vorwiegend aus Produkten zusammensetzen, von denen nur eini­ ge wenige auf allen Auslandsmärkten angeboten werden.89 Zunächst geht es folg­ lich darum, festzustellen, welche Leistungen des Unternehmens für eine umfas­ sende internationale Vermarktung geeignet sind und welche in bestimmten Län­ dern möglicherweise nicht angeboten werden sollten. In diesem Zusammenhang können auch die Marktforschungsaktivitäten behilflich sein, die länderspezifi81 82 83 84 85 86 87 88 89

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Mahefa 1998, S.523; Meffert 1976, S.27. Austin 1991, S.319. Meffert/Bolz 1998, S.l74; Berekoven 1989, Sp.l701. Kaas 1999a, S.246; Mahefa 1998, S.519; Mühlbacher 1995, S.139. Laczniak/Murphy 1993, p.215. Schlegelmilch/Götze 1999, S.29; Eretge 1996, S.l6. Kaas 1999a, S.246-250; Kaas 1997, S.26-31. Berekoven 1989, Sp.l704. Meffert/Bolz 1998, S.l74.

234

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

sehen Konsumentenbedürfnisse zu eruieren. Gerade in EL wird oft ein nicht an den Grundbedürfhissen der Bevölkerungsmasse orientiertes Produktspektrum angeboten.90 Wenngleich das damit verbundene marketingethische Problem des Konsummaterialismus in IL nicht eindeutig zu lösen ist, erscheint das „neopurita­ nische Zurück“ zu Produkten mit primär technisch-materiellen Eigenschaften in einer Welt, in der z.T. die physische Existenz des Menschen bedroht ist, zumin­ dest bedenkenswert.91 Bei den Verbrauchern in EL stehen physiologische und sicherheitsorientierte Bedürfnisse im Vordergrund, und es liegt dementsprechend nahe, zunächst vor allem relativ einfache und funktionelle Produkte anzubieten, statt den Lebens- und Konsumstil der IL unkritisch zu übertragen.92 Vor diesem Hintergrund können bei der Produktneueinführung grundsätzlich zwei ethische Problemfälle des internationalen Marketing unterschieden werden: Produkte, de­ ren Gebrauch bspw. in EL unangemessen erscheint, und/oder Produkte, die in anderen Ländern sogar verboten sind.93 Wie der Nestle-Fall offenbart, liegt das Problem mitunter nicht primär darin, was, sondern, an wen das Unternehmen etwas verkauft.94 Auf diese Weise kann es bei einer unbedachten Produktpositionierung zu ethischen Problemen kommen, auch wenn das Produkt selber ethischen Ansprüchen gerecht wird. Dies scheint insbe­ sondere dann der Fall zu sein, wenn die Konsumenten im Zielmarkt nicht in der Lage sind, die mitgelieferten Produktinformationen vernünftig auszuwerten.95 Dies gilt vor allem bei der Einführung potentiell gefährlicher Produkte, für die auf den Auslandsmärkten andere Zugangsbeschränkungen gelten. So wurde Lo­ motil, ein in den USA verschreibungspflichtiges und für Kinder kontraindiziertes Mittel gegen Verdauungsstörungen, durch örtliche Niederlassungen auch in eini­ gen EL vermarktet, wo es jedoch ohne Rezept und ohne ausreichende Ge­ brauchshinweise erhältlich war. Abgesehen von der Tatsache, daß das Medika­ ment in diesen Ländern bereits für Säuglinge empfohlen wurde, ergaben sich durch die regelmäßige Einnahme z.T. gesundheitliche Schäden, da die Diarrhöe dort keine Wohlstandserscheinung, sondern eine chronische Erkrankung dar­ stellt.96 Während im vorliegenden Fall eine präzise ethische Beurteilung nur aus dem marktorientierten Untemehmensdialog heraus zu treffen sein wird, da weder die Regulierung der amerikanischen noch die irgendeiner anderen nationalen 90 91 92 93 94 95 96

Vgl. Essawy 1989, S.60; Espejo 1989, S.82; Hüller 1991, S.714. Vgl. Bauer 1993, S.18. Vgl. Schnitt 1985, S.6; Meffert 1976, S.21,26. Vgl. Fritzsche 1987, p.85. Vgl. Dichtl 1991, S.390-391 und zum Fall Nestle Kapitel 6.4. Vgl. Schlegelmilch 1998, p.82. Vgl. Smith/Quelch 1993, p.l30; Kumar 1991, S.227; Dichtl 1991, S.389. Ein ähnliches Problem ergab sich für die Firma Johnson & Johnson bei der Vermarktung des Antidiarrhöemittels „Imodium“ in Pakistan. Vgl. dazu Rogers/Ogbuehi/Kochunny 1995, p.l5.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

235

Arzneimittelbehörde universelle Gültigkeit beanspruchen kann, liegt der Sach­ verhalt bei eindeutig gesundheits- und umweltschädigenden Mitteln auf der Hand.97 Das Risiko-Nutzen-Verhältnis eines bestimmten Produkts - z.B. eines Pestizids - mag zwar in einem EL anders sein als in einem IL, von den Unter­ nehmen kann aber ein weltweit kohärentes Handeln erwartet werden, sofern die Schädlichkeit des Produktes wissenschaftlich erwiesen ist.98 Verantwortungsloses Handeln von MNU ist besonders offenkundig, wenn Produkte, die im Inland aus Sicherheitsgründen verboten sind, in Auslandsmärkte exportiert werden, in denen der gesetzliche Konsumenten- und Umweltschutz weniger wirksam geregelt ist.99 Wie Fälle von Exporten krebserregender Babywindeln und nicht-freigegebener Unkrautvemichtungsmittel zeigen,100 werden besonders Entwicklungsländer­ märkte häufig als „Schuttabladeplätze“ für Produkte mißbraucht, deren Ver­ marktung im Ursprungsland gesetzlich untersagt ist.101 Ein viel zitiertes Beispiel dafür ist der Vertrieb des Verhütungsmittels Depo-Provera in Malaysia, das in den USA wegen seiner Nebenwirkungen (z.B. Menstruationsbeschwerden) und des Verdachts auf Krebserzeugung keine Vermarktungslizenz erhalten hatte.102 Durch derartige ethische Problemstellungen sind grundsätzlich Fragen zur Pro­ duktsicherheit und -qualität angesprochen. Allerdings kann man seinen Mitmen­ schen auch dadurch schaden, daß bestimmte Produkte erst gar nicht in den Ver­ kehr gebracht oder aber nicht verbessert werden.103 Hierbei werden MNU vor al­ lem mit dem Problem unterschiedlicher Sicherheitsstandards im internationalen Kontext konfrontiert, und es stellt sich die Frage, ob sie ungeachtet der i.d.R. da­ mit verbundenen Kosten verpflichtet sind, ihre Produkte nach neuesten Standards zu verbessern.104 In diesem Fall kann die Institutionalisierung marktorientierter Untemehmensdialoge die Betroffenen in die Lage solidarischer Mitverantwor­ tung versetzen. Wenn aber ein Qualitätsdefizit nach Ausmaß und Folgen ein Ri­ siko für die Sicherheit und Gesundheit der Nachfrager darstellt, das, wie oft bei technischen Produkten, nicht zu akzeptablen Kosten zu ermitteln ist, wird es nur schwer zu verantworten sein.105 Unter funktionalen Aspekten erscheint es diesbe­ züglich in EL zunächst gerechtfertigt, dem Nischenkonzept entsprechend, statt Spitzenqualität eine den Kulturformen adäquate Produktqualität und Darbietungs­

97 98 99 100 101 102 103 104 105

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

DeGeorge 1994, pp.5-6. Leisinger 1998, pp. 177-181 und das dort angeführte Beispiel. Kaas 1999, S.139; Kaas 1999a, S.247. Dichtl 1991, S.389. Essawy 1989, S.62. Kay-Enders 1996, S.68; Laczniak/Murphy 1993, p.215; Fritzsche 1987, pp.89-90. Dichtl 1991, S.390. Schlegelmilch 1998, p.81. Kaas 1999a, S.246; Kaas 1997, S.26.

236

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

form anzubieten.106 Während deshalb in IL die Produkte häufig dem neuesten Entwicklungsstand entsprechen, werden in EL zur gleichen Zeit vielfach veraltete bzw. obsolete Produkte und Produktlinien verkauft. Sofern aber die Verbraucher aufgrund ihrer intellektuellen Fähigkeiten, finanziellen Möglichkeiten und der vorhandenen Infrastruktur in der Lage wären, auch die aktuelle Produktversion zu nutzen, erscheint das Abstoßen obsoleter Produkte fragwürdig.107 Von einer MNU, die eine diskursethische bzw. dialogische Verantwortung in ihre Absichten aufgenommen hat, kann eine Produktlebenszyklusverlängerung in diesem Sinne wohl kaum verstanden werden. Eine Strategie der geplanten Obsoleszenz (d.h. einer gezielten Manipulation der Haltbarkeitsdauer von Produkten) ist angesichts der Einkommenssituation der Bevölkerungsmehrheit unter ethischen Gesichts­ punkten nur schwer zu rechtfertigen.108 Auch bei der Produktvariation können ethische Probleme auftreten. Dies nicht zuletzt in den EL, wo z.B. der Vermarktung von Körperpflegeprodukten häufig strenge soziale Normen und Tabus entgegenstehen. Die Produktgestaltung muß sich folglich außer am Verwendungszweck auch an den Erwartungen und Wert­ vorstellungen einer Gesellschaft orientieren.109 Für die MNU ist die Entschei­ dungskomplexität darin begründet, daß die gleichen Produktattribute, wie Ver­ packung, Produktgestaltung oder Markenname, je nach kulturellem Hintergrund der Konsumenten, verschiedene Interpretationen und Reaktionen hervorrufen - von der begeisterten Akzeptanz bis hin zur völligen Ablehnung.110 Bei der Ge­ staltung absatzfördemder Verpackungen, die daneben auch Schutz bieten und Verbrauchshinweise liefern, sind die Einflüsse der Infrastruktur, die rechtlichen Regelungen und gesellschaftlichen Werthaltungen besonders zu beachten.111 Dies gilt z.B. für die Tier- und Farbsymbolik: So wird die Farbe Weiß, die im Westen als Farbe der Geburt gilt, in Südostasien mit Trauer assoziiert. In Mexiko hätte eine gelbe, in Brasilien eine violette Verpackung diesen Effekt.112 Ferner sind in den EL aufgrund der geringen technischen Kenntnisse und Alphabetisierungspro­ bleme der Verbraucher möglichst einfache und verständliche Gebrauchsanleitun­ gen gefordert.113 Wie Fälle mißverständlicher oder sogar irreführender Etikettie­ rung und mangelhafter Wamhinweise zeigen, kommen aber nicht alle UntemehVgl. Hüller 1991, S.711; Böcker 1989, Sp. 1387. Vgl. Quelch/Smith 1993, p.692. Vgl. Essawy 1989, S.62-63. Vgl. Austin 1991, S.326; Min 1991, S.32. Vgl. Usunier/Walliser 1993, S.l43. Vgl. Mühlbacher 1995, S.l53. Vgl. Mühlbacher 1995, S.151; Usunier/Walliser 1993, S.145. Auch die Interpretation von Tiersymbolen ist stark kulturbezogen: In Ostasien haben Vögel bspw. eine negative Bedeutung und in vielen EL wird der Löwe als Symbol der Kolonialzeit betrachtet. Vgl. Dülfer 1992, S.l 82. 1,3 Vgl. Essawy 1989, S.65.

106 107 108 109 110 111 112

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

237

men immer ihrer Aufgabe nach, die Letztnachfrager mit akkuraten und angemes­ senen Informationen für einen sachgemäßen Produktgebrauch zu versorgen.114

Die Marketingmanager sind durch derartige Probleme prinzipiell vor die ethisch bedeutsame Entscheidung gestellt, das Produkt zu verändern, die Konsumenten lediglich zu informieren oder zu deren Gunsten auf kurzfristige Gewinne zu ver­ zichten und weltweit eine kostspielige Rückholaktion zu starten.115 Die Vielfalt ethischer Maßstäbe im internationalen Umfeld erschwert dabei die Entschei­ dungsfindung und macht den Eintritt in den marktorientierten Untemehmens­ dialog notwendig. Aufgrund seines formalethischen Charakters vermittelt er zwi­ schen den differierenden Moralvorstellungen, anstatt sich im voraus mit norma­ tiven Ansprüchen zu belasten. Ethische Aspekte der internationalen Produktpolitik: Neueinfuhrung von Produkten, deren Ge- bzw. Ver­

brauch in anderen Ländern unangemessen erscheint (z.B. V Produktinnovation:

Lomotil) und/oder die in anderen Ländern verboten sind (bspw. das Verhütungsmittel Depo-Provera).

Betrifft u.a. Fragen der Produktsicherheit und —qualität,

Strategien der geplanten Obsoleszenz und/oder künst­ V Produkteliminierung:

licher Produktlebenszyklusverlängerung auf dem betref­

fenden Auslandsmarkt.

Unterlassung von notwendigen

Veränderungen

äs­

thetischer, physikalischer, funktionaler und symbolischer v Produktvariation:

Eigenschaften angesichts unterschiedlicher gesellschaft­ licher Werthaltungen bzw. der gegebenen Infra- und Bildungsstruktur (vgl. dazu den Nestle-Fall).

Tabelle 6-2: Quelle:

6.3.2

Beispiele für im Diskurs zu behandelnde Aspekte der inter­ nationalen Produktpolitik Eigene Darstellung

Internationale Kommunikationspolitik

Die Kommunikationspolitik umfaßt die bewußte Gestaltung der auf die in- und ausländischen Absatzmärkte gerichteten Informationen eines Unternehmens mit dem Ziel der Verhaltenssteuerung aktueller und potentieller Käufer. Der Informa­ 114 Vgl. Amine 1998, p.381; Jöstingmeier 1994, S.8; Lacniak/Murphy 1993, p.209. 115 Vgl. Schlegelmilch 1998, pp.85-86.

238

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

tionsübermittlung und Steuerung des Kaufverhaltens dienen hierbei Werbung, Verkaufsförderung, persönlicher Verkauf, Public Relations und Spezialinstru­ mente wie Ausstellungen und Messen.116 Sie ist zweifelsohne das sichtbarste In­ strument des Marketing-Mix. Menschen aller Länder und Kulturen werden täg­ lich mit einer großen Zahl von Werbe- und Verkaufsmaßnahmen konfrontiert. Während somit jede kommunikationspolitische Entscheidung eine ethische Di­ mension hat und Konflikte hervorrufen kann, ist das Ausmaß der Kritik kulturab­ hängig.117 Da kulturelle Werte aber keinen Anspruch auf intersubjektive Gültig­ keit erheben, müssen sich die Konfliktträger im marktorientierten Untemehmens­ dialog soweit als möglich von ihren kulturellen Hintergründen distanzieren. Tatsächlich ist dieser Instrumentalbereich einem besonders starken Kultureinfluß ausgesetzt, da sich z.B. die Werbung aus Bildern und Sprache zusammensetzt und somit unweigerlich kulturell geprägten Auslegungen unterliegt.118 In einigen Kulturbereichen existieren bspw. religiöse oder sozialethische Handlungsbe­ schränkungen, deren Verletzung die Kommunikationsmöglichkeiten u.U. schwerwiegend belasten können.119 Auch die gesetzlichen Beschränkungen der Kommunikationspolitik (z.B. zu irreführender oder vergleichender Werbung) sind in den einzelnen Ländern unterschiedlich geregelt, da sie die ethischen Be­ urteilungen durch verschiedene Kulturen widerspiegeln.120 Mit anderen Worten: Sowohl sozio-kulturelle Gegebenheiten als auch rechtliche Beschränkungen sind für die internationale Kommunikationspolitik von großer Bedeutung. Sie haben Einfluß auf die Entscheidung, ob die Kommunikationsinstrumente einheitlich oder länderspezifisch ausgestaltet werden.121 Dieser Aspekt ist einer der meist diskutierten im Rahmen des globalen Marketing. Für eine erfolgreiche internationale Kommunikationspolitik müssen MNU des­ halb zunächst die relevanten Rahmenbedingungen (Wirtschaftsdaten, soziokultu­ relle und rechtliche Rahmenbedingungen, Media-Szene) analysieren.122 Die be­ sondere Relevanz der internationalen Kommunikationsziele ergibt sich daraus, daß mit ihrer Festlegung auch Entscheidungen über das erforderliche Budget, die einzusetzenden Kommunikationsinstrumente bzw. Medien und die Botschaftsge­ staltung verbunden sind.123 Analog zur nationalen Kommunikationspolitik kann hierbei zwischen ökonomischen (z.B. Gewinn, Kosten, Marktanteil) und psycho­ 116 117 118 1,9 120 121 122 123

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Meffert/Bolz 1998, S.l89. Schlegelmilch 1998,p.l05. Schuh 1997, S.88; Usunier/Walliser 1993, S.209. Dülfer 1999a, S.420. Schlegelmilch/Götze 1999, S.32. Dederichs 1995, S.73. Bemdt/Altobelli/Sander 1995, S.l80. Bruhn 1992, S.718.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

239

graphischen Zielen (bspw. Bekanntheit, Image) unterschieden werden. Letztere stehen dabei im Vordergrund, da sie sich unmittelbar in den ökonomischen Ziel­ größen niederschlagen, länderübergreifend stärker differenziert werden müssen und mit den spezifischen Zielvorstellungen des lokalen Managements in Einklang gebracht werden müssen.124 Eine aus Image- oder Kostengründen standardisierte Kommunikationspolitik kann folglich zu konfliktträchtigen Akzeptanzproblemen bei den lokalen Niederlassungen fuhren.125 In diesem Zusammenhang ist auch die Festlegung der Zielgruppe von Bedeutung, da deren jeweilige Merkmalsausprä­ gungen nicht nur Hinweise für die Botschaftsgestaltung und Mediaselektion, son­ dern auch für die Gestaltungsstrategie liefert, d.h. für die Frage, was der Ziel­ gruppe wie mit Hilfe welcher Kommunikationsinstrumente gesagt werden soll.126 Bei der nachfolgenden Betrachtung der Kommunikationsinstrumente unter ethi­ schen Aspekten stehen die Werbung und der persönliche Verkauf, angesichts ihrer im internationalen Kontext erhöhten Konfliktanfälligkeit, im Vordergrund. Auf den ersten Blick erscheint die Konjunktion „Werbung und Ethik“ zwar wi­ dersprüchlich die Werbewirtschaft als Teil des ökonomischen Systems mit star­ kem Bezug zur Öffentlichkeit kann jedoch nicht von der Pflicht (diskurs-)ethischer Reflexion ausgenommen werden. Selbstbeschränkungen (z.B. durch marktorientierte Untemehmensdialoge) sind dabei vor allem in den Bereichen gefragt, die nicht justitiabel sind.127 Tatsächlich muß unter ethischen Gesichts­ punkten „ganz besonders die Werbung [...] eine lokale Anpassung anstreben, um nationalen Normen und der kulturellen Identität nicht entgegenzustehen“.128 Im Gegensatz zur unpersönlichen Werbung ist bei den anderen Kommunikationsin­ strumenten die Standardisierungsmöglichkeit aufgrund ihres auf persönlichen Kontakt ausgerichteten Charakters sowieso wesentlich geringer.129 Die Aufgabe der Werbung besteht offiziell aber nicht darin, die Sitten der Gesellschaft zu ver­ ändern, sondern darin, den Verkauf von Produkten zu unterstützen. Auch sie hat folglich gesellschaftliche Konventionen zu respektieren und muß deshalb insbe­ sondere auf fremden Märkten entsprechende Anpassungen vornehmen.130 Für die Durchführung marktorientierter Untemehmensdialoge bedeutet dies, daß ledig­ lich dezentrale Diskurse geeignet sind, die lokalen Gegebenheiten angemessen zu 124 Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.l91-192. Einige wenige Autoren unterscheiden darüber hinaus streutechnische Ziele, wie z.B. die Maximierung der Kontaktzahl, die im Rahmen der vorlie­ genden Arbeit jedoch unberücksichtigt bleiben. Vgl. u.a. Berndt/Altobelli/Sander 1995, S.l 89. 125 Vgl. Bruhn 1992, S.708-709. 126 Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.193. 127 Vgl. Nickel 1990, S.574-579. Zum grundsätzlichen Problem rechtlicher Kontroll- und Sankti­ onsmöglichkeiten im internationalen Marketing vgl. u.a. Kapitel 4.2.1. 128 Kumar 1998, S.89. 129 Vgl. Bruhn 1992, S.707. 130 Vgl. Usunier/Walliser 1993, S.217.

240

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

berücksichtigen und die Chancen für eine konsensuale Konflikthandhabung zu er­ höhen. Die ethische Kritik an unternehmerischer Kommunikationspolitik richtet sich nämlich weniger darauf, daß Beeinflussung angestrebt wird, sondern darauf, wie und unter welchen Bedingungen sie zu beeinflussen sucht.131 Gerade in den EL scheint eine volle Ausnutzung der kommunikationstechnischen Einrichtungen unter entwicklungspolitischen Gesichtspunkten fragwürdig und möglicherweise dazu geeignet, die dualistischen Strukturen (städtische vs. ländliche Segmente) dieser Länder zu verschärfen.132 Werbung schafft zwar erst die Voraussetzungen für die entwicklungspolitisch notwendige (aktive) Beteiligung aller Gesell­ schaftsmitglieder am Entwicklungsprozeß, kann aber, bei einem (diskurs-)ethisch unreflektierten Einsatz, wenn sie nur Kultur und Lebensstil westlicher Gesell­ schaften propagiert, als Verschwendung knapper Ressourcen angesehen wer­ den.133 Anders formuliert: Der Wohlfahrtseffekt der Werbung in EL ist im we­ sentlichen durch die von ihr verursachten Extemalitäten bestimmt.134 Entspre­ chend garantiert die Beteiligung aller Betroffenen durch Konsensbildung im marktorientierten Untemehmensdialog die Internalisierung externer Effekte, so daß die ansonsten zu erwartenden Folgekosten entfallen.135

Im Rahmen der internationalen Werbung sind vor allem die Botschaftsgestaltung und Mediaselektion relevant, da bei der Werbebudgetierung und -erfolgskontrolle nur geringe Unterschiede zu nationalen Problemen auftreten.136 Die Botschaftsgestaltung läßt sich nach inhaltlichen und formalen Gestal­ tungsaspekten unterscheiden. Während im Rahmen der Kommunikationsinhalte die unmittelbare Aussage zum Werbeobjekt und ihre Tonalität (Humor, Furcht, Erotik, Emotionen) untersucht werden, bilden bspw. Sprache, Bilder und Sym­ bole die formalen Gestaltungselemente.137 Bei der Werbeaussage steht aus ethischer Sicht die Frage der Irreführung im Vordergrund. Es gibt durchaus Ver­ treter von MNU, die einräumen, daß bei deren Formulierung in Grenzbereiche vorgestoßen werde.138 Der Nachweis ist im Einzelfall deshalb kaum zu erbringen. Eine derartige Vorgehens weise wird aber nur schwer zu rechtfertigen sein, wenn 131 Vgl. Picot 1976, S.95; Picot 1974, Sp.566. 132 Vgl. Meffert 1976, S.28. „Dualismus bezeichnet die Aufspaltung der Gesellschaft in einen traditionellen, eher subsistenzwirtschaftlich orientierten Sektor (Landwirtschaft) und einen modernen, erwerbswirtschaftlich orientierten Sektor, der häufig mit der städtischen Industrie identifiziert wird.“ Dunn 2001a, S.5. 133 Vgl. Nevett 1988, p.244; Simpson 1982, pp.229-230; Hahne 1979, S.230. 134 Vgl. Leff/Farley 1980, pp.64-79. 135 Vgl. Ulrich 1983, S.80. 136 Vgl. Perlitz 2000, S.338. 137 Vgl. Meffert/Bolz 1998, S. 194-199; Bruhn 1992, S.720-722. 138 Vgl. Jönck 1992, S.l71. Eine Werbeaussage ist nach Raffee irreführend, wenn sie die Realität verdreht, undurchschaubar und verhaltenswirksam ist. Vgl. Raffee 1982, S.336.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konflikiregulierung

241

das kritische Urteilsvermögen der Käuferschaft wenig entwickelt ist.139 In dieser Hinsicht sind jedoch nicht nur die Verbraucher in EL, sondern auch Kinder und Jugendliche gefährdet, zumal die einschlägige Gesetzgebung nicht in allen Län­ dern gleich streng ist und demzufolge die ethische bzw. dialogische Verantwor­ tung der MNU abschätzen läßt.140 Darüber hinaus sind bspw. erotische oder hu­ morvolle Werbeaussagen besonders kultursensibel, so daß auch die Tonalität um so mehr differenziert werden muß, je größer die interkulturellen Unterschiede sind.141 Die inhaltliche Gestaltung und damit auch die nonverbalen Kommunika­ tionsbotschaften werden besonders von den Traditionen, Religionen, Werten und dem Bildungsniveau der Gastländer beeinflußt.142 „Die höhere ethnische, sprach­ liche und soziale Vielfalt in Entwicklungsländern verleiht dieser Variablen um so größere Bedeutung.“143 Damit ist zugleich ein weiterer häufig geäußerter Vorwurf gegenüber der Werbung angesprochen: der Verstoß gegen die guten Sitten. Dieser Gesichtspunkt gewinnt allerdings auch bei der Formalgestaltung an Be­ deutung, denn die Werbung für ein Produkt sollte nicht nur in ihrer Konzeption (diskurs-)ethisch gerechtfertigt sein, sondern auch in ihrer Umsetzung, d.h. der Wahl ihrer Mittel.144 Formale Gestaltungselemente wie Sprachfärbungen oder Dialekte sowie bildliche Hintergründe können unterschiedliche emotionale Asso­ ziationen auslösen, so daß der weltweite Einsatz identischer Reize eine Unzahl kultureller Interpretationsfallen bietet.145 Die Bedeutung der verschiedenen kul­ turspezifischen Moralsysteme zeigt sich insbesondere bei der Verwendung be­ stimmter Bilder, Symbole, Formen und Farben, da diese u.U. religiöse Sitten oder Tabus verletzten, was wiederum zur Ablehnung der Werbebotschaft fuhren kann.146 In EL kommt dieser Aspekt besonders zum Tragen, da hier wegen der hohen Analphabetenrate vor allem audiovisuelle Werbeträger eingesetzt werden (z.B. Radio und Kino).147

Welche Medien in welchem Umfang zur Verfügung stehen, ist in erster Linie von der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes abhängig, da sie als Bestandteil der Infrastruktur angesehen werden können.148 In EL haben bspw. Rundfunk und Kino im Vergleich zum Fernsehen und den Printmedien eine besondere Bedeu­ 139 Vgl. Angehm 1981, S.13-14. 140 Vgl. Schlegelmilch/Götze 1999, S.31-32. Zum dialogischen Verantwortungskonzept vgl. Kapitel 2.1.3. 141 Vgl. Dülfer 1999a, S.426; Mahefa 1998, S.538. 142 Vgl. Perlitz 2000, S.339; Bemdt/Altobelli/Sander 1995, S.207. 143 Austin 1991, S.340. 144 Vgl. Zimmerli/Aßländer 1995, S.44-45. 145 Vgl. Schuh 1997, S.89. 146 Vgl. Jöstingmeier 1994, S.21-22 und die dort angeführten Beispiele. 147 Vgl. Essawy 1989, S.73. 148 Vgl. Usunier/Walliser 1993, S.218; Meffert 1976, S.27.

242

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

tung, wenn auch für kommerzielle Werbesendungen der Zugang zu Radio und Fernsehen durch staatliche Kontrollen und Restriktionen häufig begrenzt ist.149 Derartige Kontrollen durch die Regierung sind in den EL häufig von größerer Bedeutung als selbstregulierende Maßnahmen seitens der Industrie.150 In Deutschland ist für letztere die Institution des Deutschen Werberats zu nennen, der Verhaltensregeln mit empfehlendem Charakter veröffentlicht hat. Auch auf europäischer Ebene sind solche Bemühungen erkennbar, denen es jedoch für ge­ wöhnlich an der notwendigen Verständigungsorientierung mangelt, obwohl ge­ rade im internationalen Kontext immer nur im Einzelfall beurteilt werden kann, ob die jeweilige moralische Grenze übertreten wurde.151 Schließlich zeigt sich in der artikulierten Kritik auch ein Mißtrauen gegenüber der Manipulationskraft der Werbung, die in bestimmten Situationen künstliche Be­ dürfnisse erzeuge.152 Dafür gibt es zwar keine gesicherten empirischen Beweise aber die internationale Werbung kann in EL durchaus eine Reihe unbeabsichtig­ ter, kontraproduktiver Auswirkungen haben:153 Erstens kann es zu Konflikten zwischen tatsächlichem und angestrebten Verbraucherstatus kommen, weil für ausländische Produkte angesichts der inadäquaten Medienlandschaft eine ziel­ gruppengerechte Werbeansprache kaum möglich ist. Zweitens kommt es mangels Werbekonkurrenz häufig dazu, daß die (suggestive) Werbebotschaft glaubwürdi­ ger erscheint und von den Nachfragern nicht kritisch reflektiert wird. Drittens wird der Abverkauf vor allem von der Intensität der Werbung beeinflußt, da das Verhältnis von Werbung und Verkaufszahlen in Ermangelung von Konkurrenz­ produkten wesentlich elastischer ist. Der Formulierung der Werbebotschaft wird daher von Seiten der Unternehmen weniger Aufmerksamkeit geschenkt.154 Alles in allem erfordert die Werbung einer MNU in EL also eine stärkere Beachtung der (diskurs-)ethischen Komponenten als bei werbegewohnten Konsumenten in IL.155

149 Vgl. Austin 1991, S.333-338; Schnitt 1985, S.l5. 150 Vgl. Nevett 1988, pp.248-250. 151 Vgl. Karl 1991, S.155. Zu Inhalt und Wirksamkeit derartiger Selbstbeschränkungsmaßnahmen auf internationaler Ebene vgl. Brioschi 1998, pp.321-339 und Kapitel 4.2.2. 152 Vgl. Kaas 1997, S.42-44; Angehm 1981, S.l5-17; Picot 1974, Sp.566. 153 Vgl. Iyer 1998, p.233. 154 Die Wirtschafts- und Sozialkommission der UNO hat aus diesen Gründen auch einen Vorschlag zu einer Resolution ausgearbeitet, um die Verbraucher in den EL zu schützen. Vgl. Usunier/ Walliser 1993, S.210. 155 Vgl. Min 1991, S.45.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

243

Beim persönlichen Verkauf handelt es sich demgegenüber um die mündliche Prä­ sentation von Argumenten in der Verhandlung mit einem oder mehreren poten­ tiellen Käufern mit dem Ziel eines Kaufabschlusses.156 Diese Form der persönli­ chen Kommunikation spielt angesichts der vielfältigen gesellschaftlichen und politischen Barrieren eine ganz wesentliche Rolle.157 Seine Bedeutung ist beson­ ders hoch, wenn auf diese Weise gesetzliche Werberestriktionen umgangen wer­ den sollen und wegen der begrenzten Verfügbarkeit geeigneter Medien auf andere Kommunikationsinstrumente ausgewichen werden muß. Dabei sollte in erster Linie lokales Verkaufspersonal eingesetzt werden, das mit den kulturellen Norm­ und Wertsystemen sowie den Sitten und Gebräuchen vertraut ist (sog. „silent language“-Kenntnisse).158 Verständlicherweise kommt dem persönlichen Verkauf gerade in EL mit ihrer mangelhaften Medieninfrastruktur und dem niedrigen Bil­ dungsniveau der Bevölkerung große Bedeutung zu.159

Im Bereich des persönlichen Verkaufs gehören Bestechungen zu den am meisten kritisierten Handlungen. Sie treten typischerweise vor allem im Investitionsgüter­ bereich auf.160 Der Begriff der „Korruption“ läßt sich allerdings nicht eindeutig definieren und ist ein interkulturell sehr unterschiedlich bewerteter Sachverhalt. Prinzipiell umfaßt Korruption jedoch sowohl die regelwidrige Beeinflussung öf­ fentlicher Akteure als auch die Bestechung in der Privatwirtschaft.161 Fälle von Korruption und Bestechung bilden nach Meinung einiger Autoren und der von ihnen befragten Manager die bedeutsamsten ethischen Problemfälle der interna­ tionalen Marketingpraxis, und dies nicht nur im Nord-Süd-Handel.162 Mißver­ ständnisse und ethische Konflikte in MNU sind dabei vorprogrammiert und nur einer Handhabung im marktorientierten Untemehmensdialog zugänglich, da die Einstellung gegenüber korrumpierendem Verhalten nicht in allen Ländern gleich ist. Während solche verdeckten Leistungen in einigen Gastländern eine Pflicht­ übung ohne negative Konnotation darstellen, sind sie mit der westlichen Ge­

156 Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.215. 157 Vgl. Meissner 1981, S.75. 158 Vgl. Perlitz 2000, S.344-345; Meffert/Bolz 1998, S.215-216. Zur „silent language“ vgl. Dülfer 1992, S.181. 159 Vgl. Schnitt 1985, S.6,14; Meffert 1976, S.28. 160 Vgl. Kay-Enders 1996, S.43. Wenngleich der Fokus der vorliegenden Arbeit auf dem interna­ tionalen Absatzmarketing von Konsumgütem liegt, erscheint es angesichts der großen Bedeutung korrumpierender Marketingpraktiken sinnvoll, dieses Problem kurz darzustellen. 161 Vgl. Homann 1997, S.191; Leisinger 1997, S.64-66. Für eine detaillierte, aber interkulturell diskussionswürdige Differenzierung nach Bestechung i.e.S., Schmiergeldern sowie unmorali­ schen Kommissionen vgl. Kay-Enders 1996, S.44-45. 162 Vgl. Wood 1995, p.l6; Armstrong et al. 1990, p.10. Vgl. hierzu auch die Beispiele bei Saeed/ Ahmed 1998, pp.342-343; Laczniak/Murphy 1993, p.210 und Fritzsche 1987, pp. 85, 91.

244

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

schäftsmoral offiziell nicht vereinbar.163 Unabhängig davon behindern derartige Praktiken aber in den EL direkt oder indirekt den Ausbau einer für deren Ent­ wicklungsprozeß notwendigen adäquaten Marketinginfrastruktur.164 So sind bspw. folgenschwere Fehlentwicklungen im Handel und Investitionsbereich zu befurchten. Die Vernachlässigung von Erweiterungs- und Ausrüstungsinvesti­ tionen sowie die Erschütterung des Vertrauens in die Institutionen lassen die Verabschiedung allgemeinverbindlicher Regeln gegen die Korruption auf inter­ nationaler Ebene dringend notwendig erscheinen.165 Insbesondere einige Entwicklungs- und Schwellenländer gehen deshalb neuerdings dazu über, strengere Verhaltensnormen im Umgang mit unter Komiptionsverdacht geratenen MNU anzuwenden.166 Dies muß jedoch als eine Art „gesellschaftliche Schizophrenie“ bezeichnet werden, da die Bestechung in diesen Ländern aufgrund traditioneller und kultureller Verhaltensweisen noch allgegenwärtig ist und als endemisch be­ trachtet werden muß (z.B. in China, Kolumbien, Bolivien, Kamerun und Nige­ ria).167 Ein länderübergreifender Konsens zu Bestechungsfragen, als Voraus­ setzung für den Beschluß gesetzlicher Maßnahmen, erscheint somit alles in allem fraglich, und es bleibt deshalb zunächst nur der Appell an die dialogische Ver­ antwortung der MNU und ihrer Marketingmitarbeiter.168 Schließlich ist die Be­ stechung eine Form des Tauschs und betrifft somit auch Fragen der internationa­ len Preispolitik.

163 Vgl. Homann 1997, S.192-194; Kumar/Sjurts 1991, S.175; Dichtl 1991, S.392; Fadiman o.Jg., S.87-92. De facto kann das Verhalten der westlichen Länder jedoch nur als „Scheinmoral“ be­ zeichnet werden, da westliche MNU i.d.R. die Auslöser von Korruptionszahlungen in den EL waren und sind, um an bestimmte Aufträge heranzukommen. Vgl. Bemreuter 1997, S.6. 164 Vgl. Reddy/Campbell 1994, p. 15. 165 Vgl. Pieth 2000, S.14; Kreikebaum 1997, S.243-244. 166 Vgl. Kreikebaum 1996a, S.379. 167 Vgl. Berg/Holtbrügge 2000, S.26; Transparency International 2000, S.l-3; Pieth 2000, S.l4. 168 Vgl. Usunier/Walliser 1993, S.l92. Aus diesem Grund hat bspw. die internationale NGO „Transparency International“, mit mehr als 60 Sektionen weltweit, das Modell der „Inseln der Integrität“ entwickelt. In diesem Integritätspakt verpflichten sich die Unternehmen unter An­ drohung von Vertragsstrafen und Sanktionen für ein konkretes Projekt, von korrupten Hand­ lungen Abstand zu nehmen. Vgl. dazu Transparency International 2000; Bierich 1999, S.445.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

245

Ethische Aspekte der internationalen Kommunikationspolitik; Neben Fragen der Irreführung und Manipulationskraft von Werbung sind insbesondere bei der inhaltlichen und

formalen

Werbung:

Botschaftsgestaltung

sozialethische

Hand­

lungsbeschränkungen zu berücksichtigen (Verstoß gegen die guten Sitten fremder Moralkulturen). Bestechung bzw. Korruption gehört zu den bedeut­

samsten ethischen Problemen des internationalen Mar­ Persönlicher Verkauf:

keting, da sie, statt zum Ausbau einer adäquaten Marke­ tinginfrastruktur, zu Fehlinvestitionen im Handel und

Investitionsbereich der betroffenen Länder führt. Entstehung von Konflikten aufgrund unterschiedlicher Verkaufsförderung,

gesellschaftlicher bzw. kulturell bedingter Erwartungs­

Public Relations:

haltungen an die MNU.

Tabelle 6-3: Quelle:

6.3.3

Beispiele für im Diskurs zu behandelnde Aspekte der inter­ nationalen Kommunikationspolitik Eigene Darstellung

Internationale Preispolitik

Während die Neoklassiker noch davon ausgingen, ein gerechter Preis komme al­ lein durch Angebot und Nachfrage zustande, werden heute in der Preispolitik zu­ nehmend ethische Probleme diskutiert.169 Die internationale Preispolitik hat Ent­ scheidungen zum Gegenstand, die sich auf die Bestimmung und Durchsetzung der Entgelte für das Leistungsangebot, auf mögliche Rabatte sowie auf die Lieferungs- und Zahlungsbedingungen im internationalen Geschäftsverkehr bezie­ hen.170 Sofern die international tätige Unternehmung über ausländische Tochter­ gesellschaften verfugt, stehen jedoch die Abgabepreise im Vordergrund.171 Auch in diesem Kapitel steht die Entgelt- und nicht die Konditionenpolitik im Mittel­ punkt. Konzeminteme Verrechnungspreise und steuerliche Aspekte bleiben weit­ gehend unberücksichtigt. Die MNU können sich allerdings durch „vorteilhafte“ Transfer- bzw. Verrechnungspreise wirtschaftspolitischen Regelungen einzelner

169 Vgl. Eretge 1996, S.l6. 170 Vgl. Perlitz 2000, S.306. Der Preis wird definiert als die monetäre Gegenleistung des Käufers für eine festgelegte Menge eines Wirtschaftsguts vorgeschriebener Qualität. Vgl. Diller 1989, Sp.1682. 171 Vgl. Simon/Wiese 1995, S.233-234; Diller 1992, S.686.

246

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

Länder entziehen, da Preisanpassungen auf Kosten der Steuer- und Devisenein­ nahmen der Regierung gehen. Während der Mißbrauch von Verrechnungspreisen deshalb dazu führt, daß vor allem Regierungen in EL besonders wachsam sind, reagieren die Unternehmen auf behördliche Preiskontrollen häufig mit falschen Rechnungen.172 Aus ethischer Sicht sind darüber hinaus primär zwei Wirkungs­ richtungen von Preisen zu unterscheiden, sofern der Markt nicht perfekt funktio­ niert. Sie betreffen weniger die Absatzmittler als vielmehr das Verhältnis zu den Wettbewerbern und Letztnachfragem.173

Die Preisbildung wird von internen (z.B. Kosten) und externen Determinanten (bspw. Nachfrage- und Wettbewerbssituation, rechtliche Rahmenbedingungen) bestimmt. Die Komplexität der Entscheidung nimmt deshalb im internationalen Kontext zu und bereitet dem Marketingmanagement u.U. den größten Problem­ druck, konfrontiert es mit spezifischen Chancen und Risiken.174 In vielen Ländern ist bspw. nicht festgelegt, ab wann die Senkung des Verkaufspreises als Sonder­ angebot bezeichnet werden darf, und ethische Fragen der Preisbindung werden für MNU vor allem dann relevant, wenn sie in Ländern operieren, in denen diese nicht gesetzlich untersagt ist.175 Ferner hat der Preis, auch wenn er zunächst als eine objektive Produkteigenschaft erscheint, als zentrales Interaktionselement zwischen Käufer und Verkäufer eine ausgeprägte kulturelle Dimension. So hat das Feilschen um den Preis in EL z.B. enorme Bedeutung, während es in den meisten IL eingeschränkt oder sogar verboten ist.176 Im marktorientierten Unter­ nehmensdialog ist demzufolge zu klären, was von den eigenen, kulturspezifischen Erfahrungen verallgemeinerbar ist. Eine besondere Form der internationalen Kon­ ditionenpolitik stellen die vor allem im Handel zwischen Industrie- und Entwick­ lungsländern gängigen Gegen- bzw. Kompensationsgeschäfte dar.177 Hauptgrund dieser anachronistischen Geschäftspraxis, deren Varianten letztlich alle dem Prin­ zip des Tauschhandels („Ware gegen Ware“) folgen, ist der anhaltende Devisen­ mangel dieser Länder.178 Probleme, die möglicherweise einer diskursethischen Handhabung bedürfen, bilden die Sicherstellung der Produktqualität, die Liefer­ unzuverlässigkeit von Unternehmen in EL und vor allem die Zielsetzung, Preis­ prüfungsverfahren und Anti-Dumping-Untersuchungen zu umgehen.179

172 173 174 175 176 177 178

Vgl. Austin 1991, S.332-333; Usunier/Walliser 1993, S.183. Vgl. Kaas 1997, S.32; Ortmeyer 1993, p.389. Vgl. Simon/Wiese 1995, S.225; Diller 1989, Sp.1683. Vgl. Schlegeimilch/Götze 1999, S.30; Schlegelmilch 1998, pp.88-90. Vgl. Usunier/Walliser 1993, S.l69-170. Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.241. Vgl. Hermanns 1995, S.57. Zu den verschiedenen Grundformen des „Countertrade“ vgl. Dülfer 1999a, S.145-147; Schnitt 1985, S. 13-14. 179 Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.243-244.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

247

Die Ausführungen machen deutlich, daß es bei der internationalen Preispolitik nicht nur um die Festlegung einer Zahl oder Geldeinheit geht, sondern daß durch das Marktversagen und die kulturelle Dimension auch ethische Konflikte entste­ hen können. Die daraus resultierende Notwendigkeit diskursiver Willensbildung läßt die reine Gewinnmaximierung für das unternehmerische Zielsystem inadäquat erscheinen. Sie ist allerdings nicht nur unzureichend, sondern auch kaum zu realisieren, da sie die genaue Kenntnis der Kosten- und Preisabsatzfunk­ tion erfordert. Die dafür nötigen Informationen sind aber vor allem international i.d.R. nicht verfügbar, weshalb denn viele MNU keine explizite Gewinnorientie­ rung, sondern marktstrategische Ziele verfolgen.180 Diese Überlegungen schlagen sich auch in den Ansätzen zur Preisbestimmung im Ausland nieder, dem kosten-, dem konkurrenz- und dem nachfrageorientierten Ansatz:181

Die kostenorientierte Preisbildung dominiert bei exportorientierter Sichtweise des internationalen Marketing. Man verfolgt das Ziel der Kostendeckung, d.h. kalku­ liert den Exportpreis unter Berücksichtigung der Herstellkosten sowie der inter­ nationalen Vermarktungskosten auf Voll- oder Teilkostenbasis. Die Akzeptanz des errechneten Preises unterliegt jedoch aufgrund der fehlenden Marktorientie­ rung häufig dem Prinzip „Versuch und Irrtum“. Ein Nachteil dieser Preiskalkula­ tion besteht folglich darin, im Zweifelsfall zu hohe Wertansätze und Risikozu­ schläge zu berücksichtigen, woraus typischerweise überhöhte Auslandspreise re­ sultieren (sog. Preiseskalationseffekt). Von gesellschaftlicher und politischer Seite ist dies häufig mit dem Verdacht der Preisdiskriminierung, etwa gegenüber den EL, verbunden.182 Die MNU rechtfertigen jedoch solche Abweichungen der Endverbraucherpreise mit den besonderen Umweltbedingungen und Unterschie­ den im Distributionssystem, wie z.B. stark divergierenden Handelsspannen.183 Insbesondere im Pharmamarkt variieren z.B. die Preise zwischen den Gastländern häufig erheblich (z.T. 400 - 500 %), so daß in EL dringend benötigte Medika­ mente nicht selten zu einem Vielfachen des europäischen Preises verkauft wer­ den.184 Ein aktuelles Beispiel ist der Prozeß um billige Aids-Medikamente in 180 Vgl. Simon/Wiese 1995, S.229-230; Diller 1989, Sp.1691. Wie in Kapitel 4.3 deutlich wurde, erscheint die Orientierung am Gewinnmaximierungsprinzip jedoch nicht nur vor diesem Hin­ tergrund unangemessen. Zur Diskussion, ob eine privatwirtschaftliche Preis- und Absatzpolitik auf Armuts- und Elendsmärkten in Industrie- und Entwicklungsländern dem Gewinnmaximie­ rungsprinzip folgen darf, vgl. u.a. auch Loitlsberger 1971. 181 Vgl. im folgenden Perlitz 2000, S.309-313; Mahefa 1998, S.527-531; Meffert/Bolz 1998, S.232234; Diller 1992, S.690-699. 182 Vgl. Diller 1992, S.695. Unter „Preisdiskriminierung“ wird die Preisdifferenzierung bei gleichen Produkten und gleicher Serviceleistung in Abhängigkeit vom Abnehmer verstanden. Vgl. KayEnders 1996, S.61. 183 Vgl. Schlegelmilch 1998, p.91; Simon/Wiese 1995, S.237. 184 Vgl. Kay-Enders 1996, S.69.

248

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

Südafrika (ca. 0,6 % des Weltmarkts).185 Die Konfliktträger dieser (sogar gericht­ lichen) Auseinandersetzung sind 39 Pharmaunternehmen einerseits und die süd­ afrikanische Regierung sowie Aids-Aktivisten des Landes andererseits. Während die pharmazeutischen Unternehmen sich bisher weigerten, über ihre Preisstruktur Auskunft zugeben und auf das grundsätzlich auch für EL geltende Patent- und Urheberrecht verweisen, strebt die südafrikanische Regierung die Zulassung von Zwangslizenzen an, damit Aids-Medikamente billiger angeboten werden können. Unterstützt wird sie dabei durch die WHO und die Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC) sowie zahlreiche Bürgerrechtsgruppen (z.B. „Ärzte ohne Grenzen“, Oxfam), die den Unternehmen Verschleppungstaktik aus „Profit­ gier“ und „unternehmerische Unmenschlichkeit“ vorwerfen. Vor diesem Hinter­ grund hat auch die Bundesregierung den beteiligten deutschen Unternehmen (bspw. Bayer, Schering, Hoechst Marion Roussel) nahegelegt, ihre Klagen zu­ rückzuziehen und eine einvernehmliche Lösung zu suchen. Diese Empfehlung kann nur dahingehend interpretiert werden, von einer machtinduzierten Kon­ fliktregulierung abzusehen und in den praktischen Diskurs bzw. den marktorien­ tierten Untemehmensdialog einzutreten. Während im vorliegenden Fall nicht auszuschließen ist, daß die MNU ihre Preise umsichtig festgelegt haben und eine derartige Mischkalkulation ethisch wie ökonomisch gerechtfertigt ist, erscheint die Sachlage manchmal eindeutiger.186 So soll Hofmann-LaRoche bei einer Grip­ peepidemie in Asien Preissteigerungen für ein bestimmtes Medikament durch eine künstliche Drosselung der Produktion erzwungen haben.187 Gleichermaßen stellte ein Automobilunternehmen in einem EL eine kleine Auflage des Standardmodells in einer anderen Farbe her, wobei es dafür einen höheren Preis ver­ langte und somit ein Premiumsegment erstellte, das weder auf Produkt- noch auf Kostenunterschieden basierte.188 In diesen Fällen haben die Unternehmen durch Ausnutzung ihrer Marktmachtpositionen ökonomisch nicht zu begründende, überhöhte Preise durchgesetzt.189 Mit anderen Worten: Die Möglichkeit zu einer differenzierenden Preispolitik wird in erheblichem Umfang durch die Stellung des Unternehmens im jeweiligen Auslandsmarkt beeinflußt.190

185 186 187 188 189 190

Vgl. im folgenden o.V. 2001, S.20. Vgl. Kaas 1999a, S.253; Kaas 1997, S.35-36. Vgl. Punch 1996, pp.30-31. Vgl. Iyer 1998, p.234. Vgl. Kaas 1999a, S.253; Kay-Enders 1996, S.58; Picot 1976, S.97. Vgl. Perlitz 2000, S.312.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

249

Bei der konkurrenzorientierten Preisbestimmung spielt die verfolgte Strategie eine herausragende Rolle. Das Unternehmen hat die Wahl zwischen einer Strate­ gie der Anpassung an die etablierten Konkurrenten, mit dem Ziel der Marktsi­ cherung, und einer aggressiven Markterschließungsstrategie, die wiederum im Hinblick auf die Preisabfolge im Zeitablauf differenziert werden kann. Während die Skimmingstrategie von einem hohen Anfangspreis ausgeht, der sukzessive gesenkt wird, sollen bei der Penetrationsstrategie mittels zunächst niedriger Preise in kurzer Zeit hohe Marktanteile erreicht werden, um so Degressions- und Er­ fahrungseffekte zu realisieren. Diese gezielte und systematische Preisunterbietung fuhrt jedoch bis hin zu offensichtlichem „Dumping“. Artikel VI des GATT ver­ bietet zwar die Vereinbarung diskriminierender Dumpingpreise, die dazu dienen sollen, Wettbewerber zu verdrängen oder ganz aus dem Markt auszuschließen, der Nachweis dafür ist im Einzelfall allerdings nur schwer zu fuhren.191 Das Problem bei der Anwendung von Anti-Dumping-Gesetzen besteht in erster Linie in der Festlegung, welche Preise als diskriminierend bzw. ungerechtfertigt niedrig einzustufen sind, da es weltweit fast so viele Bewertungsstandards wie Kulturen gibt.192 Ein eindimensionaler Ansatz, der ausnahmslos ökonomische Elemente enthält, ist daher zur Bearbeitung dieser Problemstellung ungeeignet. Preis­ dumping ist aus ethischer Sicht fragwürdig, da der ruinöse Preiskampf die Kon­ kurrenz schädigt und u.U. dazu fuhrt, daß einheimische Konsumenten die Fix­ kosten tragen und so durch zu hohe und ungerechtfertigte Preise die Dumping­ verkäufe des Unternehmens im Ausland in Form einer Mischkalkulation mitbe­ zahlen.193 Darüber hinaus werden langfristig aus der so gewonnenen Monopol­ stellung heraus häufig wieder Preiserhöhungen über das Ausgangsniveau ange­ strebt.194 Angesichts der Wettbewerbssituation in EL sind bei diesem Ansatz der Preisbestimmung folglich zahlreiche diskursiv zu handhabende ethische Kon­ flikte denkbar. Im Ergebnis könnte eine verständigungsorientierte Preispolitik möglicherweise „stabil sein und die Kostenvorteile in einem sichtbaren Maße weitergeben, wobei sie aber auch nicht diskriminierend für die Mitbewerber sein darf, die noch traditionell handwerklich arbeiten.“195 Tatsächlich ist in EL (z.B. im Iran) jedoch aufgrund der Wettbewerbsbedingungen und des Produktlebens­ zyklus meist die Anwendung der Skimmingstrategie zu beobachten, wenngleich dadurch die mittleren und unteren sozialen Schichten zunächst vom Marktge­ 191 Vgl. Meissner 1981, S.74. Produkte, die zu Dumpingpreisen (z.B. unter Herstellkosten) einge­ führt werden, können laut diesen Bestimmungen in einigen Ländern sogar mit Anti-DumpingZöllen belegt werden. 192 Vgl. Schlegelmilch 1998, p.93. Vgl. hierzu auch das Beispiel bei Fritzsche 1987, pp.90-91. 193 Vgl. Kreikebaum 1996, S.261; Dichtl 1991, S.392. Preisdumping ist also nicht zwangsläufig mit dem Dumping obsoleter Produktvarianten (vgl. Kapitel 6.3.1) gleichzusetzen. 194 Vgl. Schlegelmilch/Götze 1999, S.30; Usunier/Walliser 1993, S.l79. 195 Hüller 1991, S.716.

250

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

schehen ausgeschlossen bleiben.196 Das verhältnismäßig hohe Preisniveau und die mangelhafte Marktbearbeitung, die für eine wirtschaftliche Entwicklung des Gastlandes abträglich sind, können Konflikte mit den staatlichen Stellen provo­ zieren.197 Aus sozialen oder politischen Gründen verhängen deshalb insbesondere die Regierungen von EL häufig Preiskontrollen, um die Preise von Artikeln des Grundbedarfs niedrig zu halten. MNU sollten also zu den Regierungen zweisei­ tige und dauerhafte Kommunikations Verbindungen aufbauen, um ein Vertrauens­ verhältnis zu schaffen.198 Als Methode der Konfliktregulierung kann auch hier der in Form von marktorientierten Untemehmensdialogen institutionalisierte Diskurs dienen: Neben dem Aspekt der Selbstbindung kann durch den Bezug auf gemein­ sam geteilte Lebenserfahrungen Vertrauen in die Gültigkeit neuer Situationsdefi­ nitionen (bspw. bei Fragen des Preisdumping) gewonnen werden.199

Im Fall der nachfrageorientierten Preisfestlegung bilden die Nachfrageverhältnisse den zentralen Bezugspunkt. Außer der Kaufkraft variieren vor allem die Produktnutzen- und Wertvorstellungen der Konsumenten von Land zu Land sehr stark. Die nachfrageorientierte Preispolitik macht deshalb nicht nur eine gut aus­ gebaute Marktforschung, sondern auch eine internationale Preisdifferenzierung unumgänglich. Die Nutzenbewertung als ein Indikator für die Zahlungsbereit­ schaft kann deshalb internationale Preisdifferenzen verursachen, da die Bewer­ tung von Preis, Wert und Qualität nicht nur rational, sondern auch subjektiv und unmittelbar kulturell bedingt ist. Anders formuliert: Die Fähigkeit des Verbrau­ chers, ein Preis-Leistungs-Verhältnis zu ermitteln, hängt von seinem Informa­ tionsstand, seinen früheren Erfahrungen und nicht zuletzt von seinem kulturellen Hintergrund ab.200 Verbraucher können demzufolge hinsichtlich der KostenNutzen-Relation eines Produkts auch irregeführt werden (bspw. wenn ein schein­ bar günstiger Preis durch andere Aspekte kompensiert wird oder durch den hö­ heren Preis eines Produkts Aussagen über die Qualität abgeleitet werden sol­ len).201 „Normale“ Käufer auf einem hinlänglich funktionierenden Markt wissen um diese Preisunterschiede. Es gibt aber auch Verbraucher, die mangels Bildung, Erfahrung oder Tatkraft nicht in der Lage sind, dies herauszufinden.202 Verbrau­ cher in EL erscheinen in dieser Hinsicht besonders gefährdet. Sofern einem Un-

196 197 198 199 200 201 202

Vgl. Min 1991, S. 40-42. Vgl. Übleis 1976, S.59. Vgl. Austin 1991, S.326-329. Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.107 sowie Kapitel 4.3. Vgl. Usunier/Walliser 1993, S.l73-174 und die dort angeführten Beispiele. Vgl. Saeed/Ahmed 1998, p.360; Kay-Enders 1996, S.59-60. Vgl. Kaas 1999a, S.255; Kaas 1997, S.39.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

251

temehmen derartige Handicaps bekannt sind, oder es sogar systematisch nach solchen Kunden sucht, wird dieses Verhalten nur schwer zu rechtfertigen sein.203 Darüber hinaus ist die internationale Preisdifferenzierung mit weiteren Risiken verbunden. So fuhrt der Informationsbedarf insbesondere beim nachfrageorien­ tierten Ansatz zu einer relativ starken Dezentralisation der Preissetzungshoheit auf die Ländemiederlassungen, da diese über die notwendige Marktnähe und Flexibilität verfugen.204 Die ausschließliche Preissetzungskompetenz des lokalen Managements fuhrt aber nicht selten zur Entstehung sog. „grauer Märkte“, d.h. vom Hersteller nicht beabsichtigter Warenströme zwischen verschiedenen Län­ dern.205 Eine zu starke Preisdifferenzierung bietet immer dann einen Anreiz zu einer länderübergreifenden Arbitrage, wenn die Transaktionskosten dieser Grauimporte geringer sind als die Preisdifferenzen zwischen den Ländermärk­ ten.206 Sie sind „grau“, da sie im allgemeinen zwar legal sind, unter ethischen Gesichtspunkten allerdings in Frage zu stellen sind. Grauimporte beeinträchtigen nicht nur das Image und den Gewinn der Unternehmen,207 sondern bergen u.a. auch potentielle Risiken für die Konsumenten, da derlei Angebote z.B. von Kun­ dendienst- und Garantieleistungen ausgenommen sind, evtl, nur mit fremd­ sprachigen Gebrauchsanleitungen und Wamhinweisen versehen sind und bei wichtigen Rückrufaktionen unberücksichtigt bleiben.208

203 Vgl. Kaas 1999, S.141. 204 Vgl. Diller 1992, S.696; Diller 1989, Sp.1687, 1692. Preisdifferenzierungen ergeben sich jedoch auch bei der kosten- und konkurrenzorientierten Preisbestimmung. 205 Vgl. Simon/Wiese 1995, S.228-231, 244-249 und die dort dargestellten Ausgestaltungsformen grauer Märkte, die unter ethischen Gesichtspunkten jedoch zu vernachlässigen sind. 206 Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.246-247; Dederichs 1995, S.72. 207 Die daraus resultierenden Konflikte zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft bzw. Koopera­ tionspartner können deshalb sogar das internationale Engagement in Frage stellen. 208 Vgl. Mathur 1995, pp. 48-50.

252

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

Ethische Aspekte der internationalen Preispolitik: Unzureichende Lieferzuverlässigkeit und Produktqualität

bei Gegen- und Kompensationsgeschäften, die u.a. mit ' Konditionenpolitik:

der Absicht verfolgt werden, Preisprüfungsverfahren und Anti-Dumping-Untersuchungen zu umgehen. •

Kostenorientiert:

Es kommt oft zu Preiseskalationseffekten, die mit dem Verdacht der Preisdiskriminierung einhergehen. V Entgeltpolitik:



Konkurrenzorientiert: Während

die

„Penetrationsstrategie“

bis

zum

Dumping fuhren kann, provoziert die „Skim-

mingstrategie“ Konflikte mit (EL-)Regierungen, die den mittleren und unteren sozialen Gesellschafts­

schichten ihrer Länder vor allem den Zugang zu

Artikeln des Grundbedarfs ermöglichen wollen.



Nachfrageorientiert:

Die erforderliche Preisdifferenzierung kann Konsu­

menten hinsichtlich der Kosten-Nutzen-Relation eines Produkts irrefuhren und zur Entstehung

„grauer Märkte“ fuhren.

Tabelle 6-4: Quelle:

6.3.4

Beispiele für im Diskurs zu behandelnde Aspekte der inter­ nationalen Preispolitik Eigene Darstellung

Internationale Distributionspolitik

Grauimporte werden zwar durch Preisdifferenzen ausgelöst, ermöglicht werden sie allerdings erst durch die Nutzung nicht-autorisierter Bezugsquellen und Distri­ butionskanäle: So umgehen z.B. Diskonthändler in Europa die europäische Gene­ ralvertretung und beziehen Markendiafilme aus Asien.209 Konflikte im Distributi­ onskanal können also dadurch entstehen, daß die Händler des grauen Marktes als „free-rider“ agieren, indem sie von den Marketinganstrengungen der offiziellen Händler profitieren, die Produkte aufgrund des Preisvorteils aber bei ihnen ge­ kauft werden.210 Trotz der negativen Auswirkungen auf die Letztnachfrager, an­ 209 Vgl. Schlegelmilch/Götze 1999, S31. 210 Vgl. Schlegelmilch 1998, p.104; Cespedes 1993, p.482.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

253

dere Unternehmen und die Gesellschaft, ist die Einschätzung dieses Sachverhalts einerseits jedoch kulturell verschieden und andererseits fuhren die hohen Erfolgs­ erwartungen des MNU an das Verkaufspersonal dazu, daß langfristige Aspekte wie Vertrauen und Zufriedenheit der Kunden gegenüber der kurzfristigen Errei­ chung von Verkaufszielen oft an Bedeutung verlieren.211 Derartige Praktiken sind somit nicht nur das Resultat bestimmter Umweltbedingungen, sondern ergeben sich auch mangels ausreichender Kontrolle im Rahmen der internationalen Distri­ butionspolitik.212 Der Entscheidungskonflikt - „Grauimporte durchfuhren“ oder „die Verkaufsvorgaben nicht erreichen“ - verdeutlicht die Notwendigkeit einer (selbstbindenden) Implementierung marktorientierter Untemehmensdialoge, die den Betroffenen durch die dialogische Klärung von Konfliktpotentialen eine pragmatische Orientierung ermöglicht und sie ermutigt, ethische Kriterien im Entscheidungsprozeß zu berücksichtigen.

Mit der Wahl der Distributionswege und -Organe ist die akquisitorische Seite der Distribution und das Management des Distributionssystems angesprochen, durch die eine konzeptkonforme internationale Marktabdeckung und -bearbeitung er­ reicht sowie konzeptwidrige Querlieferungen und ungewollte eigene Konkur­ renzen vermieden werden sollen. Demgegenüber ist es die Aufgabe der physi­ schen Distribution (Logistik), die nachgefragten Absatzleistungen in der ge­ wünschten Menge, Art und Zusammenstellung zum geforderten Zeitpunkt am festgelegten Zielort bereitzustellen.213 Die internationale Distributionspolitik um­ faßt demnach alle Entscheidungen und Maßnahmen, die mit der Übermittlung eines Produkts/einer Dienstleistung an den Endverbraucher Zusammenhängen. Sie beinhaltet sowohl die Wahl der Absatzkanäle als auch den Einsatz von Organen zur physischen Übermittlung der Produkte.214 Die internationale Distributions­ politik schafft die absatzpolitischen Voraussetzungen und ist ein zentrales Ent­ scheidungsfeld im Rahmen der internationalen Untemehmenstätigkeit. Sie hat eine strategische Dimension und kann demzufolge nur unter Berücksichtigung der internationalen Unternehmens- und Absatzziele entwickelt werden.215 Sofern also schon in die internationale Marketingplanung Bestandteile der diskursiven Verständigung integriert sind, können ethische Dilemmata frühzeitig antizipiert werden, so daß der Einsatz und die Gestaltung des distributionspolitischen Instru­ mentariums weniger mit der Handhabung ethischer Konflikte konfrontiert ist. Einen verständigungsorientiert zu klärenden Sachverhalt bildet etwa die Lie­ ferung von Gütern an totalitäre und pseudodemokratische Staaten - insbesondere 211 2,2 213 214 215

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Mathur 1995, pp.46-47, 55. Iyer 1998, p.234. Schneider 1995, S.257; Hörschgen 1989, Sp.341. Meffert/Bolz 1998, S.221; Scheuch 1989, Sp.349. Schneider 1992, S.737-738; Scheuch 1989, Sp.352, 359-360.

254

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

von Waffen, aber auch von anderen Produkten, die in kriegerischen Auseinander­ setzungen eine Rolle spielen könnten.216 So geriet z.B. die Daimler-Benz AG unter den Verdacht, für den Krieg einsetzbare Unimogs über inoffizielle Distribu­ tionswege in den Sudan geliefert zu haben.217 Im Rahmen des internationalen Marketing beziehen sich distributionspolitische Entscheidungen in erster Linie auf die Selektion der Absatzwege in einem be­ stimmten Land. Diese Auswahl ist abhängig von der Art des Auslandsengage­ ments bzw. der jeweils gewählten Markteintrittsstrategie (z.B. Export oder Di­ rektinvestition).218 Die Entscheidung über die Zahl der Absatzstufen, d.h. die Länge des Absatzkanals, ist zunächst mit der Entscheidung verbunden, ob die Güter direkt oder indirekt an die Letztnachfrager geliefert werden sollen. Beim indirekten Vertrieb stehen die Alternativen des ein- oder mehrstufigen Vertriebs zur Disposition, wobei die Auslandsmärkte sowohl über einen, als auch mehrere verschiedene Vertriebswege bearbeitet werden können (ein- vs. mehrgleisiger Vertrieb).219 Ferner ist es sinnvoll, in Anlehnung an die Untemehmenszugehörigkeit nach betriebseigenen (Verkaufs-ZExportabteilung, Verkaufsniederlassung, Auslandsreisende) und betriebsfremden Absatzorganen (Groß- und Einzelhandelsuntemehmungen, Handelsvertreter, Makler, Kommissionäre) zu unterschei­ den.220 Für die Untersuchung der internationalen Distributionspolitik unter ethi­ schen Aspekten erscheint eine Differenzierung nach direktem und indirektem Ab­ satz sachgemäß.

Gerade in den EL ist eine effiziente Distributionspolitik für den Absatzerfolg un­ verzichtbar, wenngleich sie bei den oftmals komplexen Distributionssystemen dieser Länder nur mühevoll zu bewerkstelligen ist.221 Bei der Auswahl der Vertriebssystemaltemativen sind sowohl untemehmensinteme als auch untemehmensexteme Begrenzungsfaktoren zu berücksichtigen.222 Auch die Distributions­ politik ist stark mit der Kultur verwurzelt. Handelsbräuche erscheinen für Außen­ stehende oft als etwas Künstliches, vorrangig dazu da, ausländische Konkurrenten zu behindern.223 Charakteristisches Merkmal der Absatzwege in den meisten EL ist, daß sie unter dem Einfluß bestimmter ethnischer Gruppen stehen. Damit wird die kulturelle Analyse zu einem wichtigen Bestandteil der Absatzanalyse. Ethnische Gruppen und Minderheiten, die die Absatzwege dominieren und in 216 2,7 218 219 220 221 222 223

Vgl. Dichtl 1991, S.391-392. Vgl. Grässlin 1995, S.21. Vgl. Perlitz 2000, S.350-351; Hermanns 1995, S.58; Schneider 1992, S.749. Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.222-223; Hörschgen 1989, Sp.344. Vgl. Scheuch 1989, Sp.349. Vgl. Böcker 1989, Sp.1388. Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.226-227; Schneider 1995, S.267-271; Scheuch 1989, Sp.353-355. Vgl. Dülfer 1999a, S.430; Usunier/Walliser 1993, S.193.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

255

ihrem Verhalten kulturell geprägt sind, sind nämlich potentielle starke Verbün­ dete oder aber bedeutende Konkurrenten.224 So ist für den Konfliktfall von einer machtpolitischen Handlungsweise abzuraten. Vielmehr muß es das Ziel sein, in praktischer Rede, d.h. auf der Basis guter Gründe, über konfliktäre Normen inter­ subjektive Anerkennung zu erlangen.

Beim Direktvertrieb sind einige Neuerungen wie das Direktmarketing (z.B. Tele­ marketing, Onlinesysteme) und das Netzwerkmarketing zu verzeichnen, die einen zunehmenden Stellenwert bekommen. Speziell der Einsatz von Direktmarke­ tinginstrumenten wird angesichts des Fortschritts der Informationstechnologie (von dem aber die EL noch ausgenommen sind) noch weitere Verbreitung finden. Die Erhebung, Sammlung und Weitergabe von Informationen wirft allerdings auch zahlreiche ethische Fragen auf (Stichwort: „gläserner Verbraucher“).225 Die Unterschiede zwischen der diesbezüglich restriktiven europäischen und der eher liberalen amerikanischen Gesetzgebung machen jedoch deutlich, wie divergent etwa die Achtung der Privatsphäre der Verbraucher bewertet wird.226 Aus diesem Grund fand im September 1999 zum ersten Mal der „Global Business Dialogue on Electronic Commerce (GBDe)“ statt. Diese Gruppe weltweit führender Kommunikationsuntemehmen möchte allgemein akzeptierte Vorschläge zur Selbstre­ gulierung der Unternehmen auf supranationaler Ebene entwickeln, um eine ge­ wisse Transparenz und mehr Sicherheit zum Schutz der Privatsphäre der Benutzer zu gewährleisten. Aus der Erkenntnis, daß das digitale Zeitalter Regeln erfordert, die nicht durch nationale Gesetzgeber aufgestellt werden können, sollen unter Leitung eines 29 Mitglieder starken „Business Steering Committee“ (11 aus Europa/Afrika, 10 aus den Amerikas, 8 aus Asien/Ozeanien) nach dem Konsensprin­ zip formulierte Empfehlungen verabschiedet werden, die sich langfristig in inter­ nationales Recht umsetzen lassen.227 Insofern wird deutlich, daß marktorientierte Untemehmensdialoge im internationalen Kontext kein utopisches Ideal sind. Bei der Gestaltung der indirekten Distributionswege ist die Kontrolle betriebs­ fremder Distributionsorgane von besonderem Interesse. Während die Kosten der vertikalen Integration sehr hoch sein können, kann nach Iyer von einem verant­ wortungsvollen Marketingmanager jedoch zumindest die sorgfältige Auswahl und Überwachung der internationalen Absatzmittler erwartet werden.228 Typisch für die Marktstruktur in EL ist ein dualistisches Distributionssystem, d.h. kurze Absatzwege im modernen Sektor versus lange, nur schwer kontrollierbare Ab­ 224 225 226 227 228

Vgl. Austin 1991, S.345-348 sowie Dülfer 1999a, S.431 und die dort angeführten Beispiele. Vgl. Schlegelmilch/Götze 1999, S.30-31; Schlegelmilch 1998, pp.98-100. Vgl. dazu ausführlicher Argandona 1994, p. 146. Vgl. dazu u.a. o.V. 1999a; o.V. 1999, S.l-5. Vgl. Iyer 1998, p.234.

256

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

satzkanäle im traditionellen Umfeld. MNU können (bspw. aufgrund ethnischer Vormachtstellungen) die traditionellen Absatzwege allerdings bis heute nicht ohne weiteres durch eigene moderne Vertriebssysteme ersetzen.229 Dies ist gerade beim Vertrieb von Markenartikeln in EL von Bedeutung, da die Kundentreue i.d.R. auf der Identifikation mit der Marke und nicht auf rationalen Kriterien oder dem Verhältnis zu den Absatzmittlem basiert. Die Auswahl und Beurteilung der Händler nach rein wirtschaftlichen Kriterien geht daher möglicherweise auf Kosten der Endverbraucher, die mehr oder weniger der Willkür der Absatzmittler ausgesetzt sind.230 Oft fühlen sich die MNU nach dem Abschluß von Verträgen mit Subuntemehmem bei etwaigen Zwischenfällen aber gar nicht mehr selbst verantwortlich,231 obwohl fachlich versierte und entsprechend ausgestattete Ver­ treter vor allem in EL rar sind. Nicht selten sieht sich die MNU daher selbst mit unseriösen Praktiken konfrontiert. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn jemand eine Vertretung nur übernimmt, um sich ausschließlich den umsatzträchtigsten Pro­ dukten zu widmen oder um den Vertrieb zu sabotieren und zeitgleich Konkur­ renzprodukte zu lancieren.232

In EL ist die Entwicklung leistungsfähiger Distributionssysteme z.T. noch wichti­ ger als die Gestaltung der Absatzkanäle. Schlecht ausgebaute Transportwege, un­ zureichende Transportmittel und rückständige Einrichtungen in Lagerhäusern bilden die wichtigsten Marketinghemmnisse.233 Zugleich können auch in der in­ ternationalen Logistik gegenüber den Betroffenen nur schwer verantwortbare Schwachpunkte des internationalen Marketing aufgezeigt werden, die einer ver­ ständigungsorientierten Abstimmung bedürfen. Neben der verstärkten Beachtung einer Kostenreduktion verfolgt sie in erster Li­ nie das Ziel, einen präferenzschaffenden Lieferservice zu bieten. Dessen wesent­ liche Kriterien sind: Lieferzeit, Lieferbereitschaft, Lieferungsbeschaffenheit (quantitativ und qualitativ) sowie Lieferungsflexibilität. 234 Während eine schnelle Lieferzeit vor dem skizzierten Hintergrund in EL nur schwer zu verwirklichen ist, sollte zumindest die Lieferungsflexibilität sowie die Unversehrtheit und Vollstän­ digkeit der Lieferung gewährleistet sein.235 In diesem Zusammenhang wurde z.B. die Continental Grain Corp, beschuldigt, bei der Verschiffung von Körnern und Sojabohnen nach Übersee manipulierte Meßskalen verwendet zu haben. Die scheinbar geringe Abweichung von 0,05 % führte dazu, daß eine erhebliche 229 230 231 232 233 234 235

Vgl. Austin 1991, S.343-345; Min 1991, S.35; Schnitt 1985, S.16. Vgl. Iyer 1998, p.234. Vgl. Williamson 1996, S.7. Vgl. Schnitt 1985, S.9. Vgl. Dülfer 1979, Sp.1666; Meffert 1976, S.29-30. Vgl. Meffert/Bolz 1998, S.228-229; Scheuch 1989, Sp.358-359. Vgl. Essawy 1989, S.75.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

257

Menge der Ladung als sog. „Phantomfracht“ in andere Länder verschifft wurde.236 Darüber hinaus trifft die MNU bei der Gestaltung internationaler Lo­ gistiksysteme auf ungleich größere Risiken und komplexere Entscheidungspro­ bleme bspw. in bezug auf die Sicherheit des Transfers (Verpackung, La­ gerung).237 Während die Umwelt- und Sozialverträglichkeit derartiger Maßnah­ men folglich nur im Diskurs mit den (potentiell) Betroffenen zu bestimmen ist, kann die mögliche Beeinträchtigung von Mensch und Umwelt durch das Tanker­ unglück der Exxon Valdes 1989 vor Alaska verdeutlicht werden. Doppelwandige Tanker bieten in solchen Fällen zwar mehr Sicherheit, sind aber wesentlich teurer und diese zusätzlichen Kosten werden von den Ölfirmen u.U. auch noch auf die Verbraucher abgewälzt.238 Ethische Aspekte der internationalen Distributionspolitik: Sozial nur schwer verantwortbare Schwach­

punkte der internationalen Logistik ergeben Logistik (physische Distribution):

sich u.a. bei der Frage der Unversehrtheit und Vollständigkeit der Lieferung (sog. Phantomfracht) sowie ihrer Transfersicher-

heit im Hinblick auf Mensch und Natur. •

Direktvertrieb: Das Sammeln und Weitergeben von In­ formationen wirft vor allem interkul­

turell diskussionswürdige Fragen zum

Selektion der Distributionswege:

Schutz der Privatsphäre der Verbrau­

cher auf (vgl. dazu den GBDe). •

Indirekter Vertrieb: Die MNU müssen betriebsfremde Ab­

satzmittler in anderen Ländern bzw. Kulturen -

im Interesse der Verbrau­

cher - sorgfältig und nicht nur nach wirtschaftlichen Kriterien auswählen

und überwachen.

Tabelle 6-5:

Quelle:

Beispiele für im Diskurs zu behandelnde Aspekte der inter­ nationalen Distributionspolitik Eigene Darstellung

236 Vgl. Fritzsche 1987, pp.91 -92. 237 Vgl. Hermanns 1995, S.58; Schneider 1992, S.753. 238 Vgl. Saeed/Ahmed 1998, p.362.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

258

Die Diskussion ethischer Aspekte der internationalen Distributionspolitik ver­ deutlicht die Komplexität der Probleme, mit denen Marketingmanager nicht zu­ letzt aufgrund der Vielfalt der Beteiligten konfrontiert werden.239 Die meisten Sachverhalte sind nicht eindeutig zu beurteilen und erfordern daher einen dialogi­ schen Interessenausgleich. So ist eine Standardisierung der internationalen Distri­ butionspolitik wegen der länderspezifischen Besonderheiten auch nur in Ausnah­ mefällen möglich (z.B. beim Franchising).240 Multinationale Absatzsysteme sind vielmehr durch Wechselbeziehungen gekennzeichnet, die aus dem Zusammen­ spiel aller Auslandsorganisationen und Gesellschaften abgeleitet werden kön­ nen.241 Konflikte in internationalen Distributionskanälen sind daher keine Selten­ heit. Als Ursachen sind hierfür u.a. zu nennen:242



Abweichungen zwischen Rollenverhalten und Rollenerwartungen der Distri­ butionspartner aus unterschiedlichen Kulturen.



Kultur- und mentalitätsbedingte Divergenzen bei der Interpretation distribu­ tionsrelevanter Daten.



Kommunikationsprobleme aufgrund von Sprachbarrieren und kulturellen Unterschieden.

Bei der Steuerung und Kontrolle des Distributionssystems kommt deshalb sowohl der Gestaltung der Kommunikation zwischen den Distributionsorganen und der restlichen Unternehmung als auch der Fähigkeit, Konflikte zu regulieren, wesent­ liche Bedeutung zu.243 Mit der Verwirklichung diskursiver Kommunikationsbe­ ziehungen im internationalen Untemehmensnetzwerk kann beiden Anforderungen entsprochen und zugleich ein Beitrag zur ethischen Sensibilisierung des interna­ tionalen Distributions- bzw. Marketingmanagements geleistet werden.

239 240 241 242 243

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Schlegelmilch 1998, p.l 10. Perlitz 2000, S.350; Mahefa 1998, S.535. Scheuch 1989, Sp.352. Steffenhagen 1975, S.71 -128. Schneider 1995, S.279.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

6.4

259

Zusammenfassung der Ergebnisse und Konsequenzen - Der Nestle-Fall als Beispiel für die Gestaltung eines marktorientierten Unternehmensdialogs in Entwicklungsländern

In den vorangegangen Ausführungen ging es vor allem darum, die Wechselwir­ kungen zwischen dem operativen Dialogverfahren und dem strategischen und normativen Marketingmanagement in MNU darzustellen. Ein vielversprechender Integrationsfaktor ist hier die internationale Untemehmensphilosophie.244 Rosen­ berger weist zu Recht darauf hin, daß die Ursachen einer Dialogunfähigkeit in erster Linie in der strategischen Planung und Untemehmenskultur zu suchen seien.245 Bei der Formulierung der internationalen Marketingstrategie muß die Berücksichtigung diskursethischer Aspekte bereits eine bedeutende Rolle spielen, damit alle potentiellen Handlungsaltemativen aus der Perspektive der Betroffenen bewertet werden. Während sich die Untemehmensphilosophie als normatives Fundament des strategischen Planungsprozesses durch ihren Zukunftsbezug aus­ zeichnet und auf die explizite Steuerung des Konzerns abzielt, bestimmt die Un­ temehmenskultur eher implizit, welche „Streitkultur“ im MNU herrscht.246 Drehund Angelpunkt der Implementierung einer dialogisch konzipierten Marketing­ ethik ist demzufolge die dikursethische Reflexion bei der Formulierung der inter­ nationalen Untemehmensphilosophie - zum Verständnis und zur Berücksichti­ gung der sozial-ökologischen Präferenzen der vom Marketinghandeln Betrof­ fenen.

Auch die Bestimmung des Marketing-Mix stellt eine strategische Entscheidung dar, d.h. sie wird nicht ad hoc getroffen, sondern bewußt geplant. Dies ist damit zu begründen, daß nicht die absatzpolitischen Instrumente, sondern die Reaktio­ nen der Käufer und Konkurrenten das Absatzvolumen des Unternehmens bestim­

244 Vgl. Laczniak/Murphy 1993, pp.226-227. 245 Vgl. Rosenberger 1996, S.243. 246 Vgl. Gilbert 1998, S.232; Dederichs 1995, S.20-21. Darüber hinaus ist eine Beeinflussung der Untemehmenskultur in international tätigen Unternehmen ungleich schwieriger. Vgl. Ulrich 1998, S.459; Kreikebaum 1998a, S.l23; Chonko 1995, p.l30. Sie kann, wenn überhaupt, nur in engen Grenzen und allmählich vollzogen werden, weshalb auf eine detaillierte Darstellung ver­ zichtet wird (vgl. allerdings die Ausführungen in Kapitel 3.1.3). Zur Diskussion um die Steuerung von Untemehmenskulturen vgl. u.a. Krystek/Zur 1997; Bendixen 1989; Schreyögg 1988.

260

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

men.247 Im konkreten Planungsfall muß entschieden werden, welche Instrumente (qualitative Dimension) in welchem Umfang (quantitative Dimension) eingesetzt werden und wie lange und in welcher zeitlichen Abstimmung sie am Markt wir­ ken sollen, damit eine zieladäquate Marktreaktion erreicht wird.248 Der koordi­ nierte Einsatz der Marketinginstrumente realisiert die übergeordneten internatio­ nalen Marketingstrategien.249 Für MNU ist die Adaptierbarkeit ihres MarketingMix an die spezifischen Bestimmungsfaktoren der einzelnen Märkte (in EL) mit entscheidend für den Marketingerfolg.250 „Formal sind zwar alle Marketingin­ strumente auch in Entwicklungsländern einsetzbar. Ihre inhaltliche Gestaltung muß aber entsprechend den ganz anders gearteten sozio-kulturellen Umweltbe­ dingungen erfolgen.“251 Angesichts dieser Tatsache sind nicht nur die Ziele, son­ dern auch die eingesetzten Marketinginstrumente daraufhin zu untersuchen, in­ wiefern sie ethische Werte berühren.252

In der deutschsprachigen Literatur existiert bisher keine dezidierte Auseinander­ setzung mit ethischen Problemen in den einzelnen Aktionsbereichen des interna­ tionalen Marketing. Wenngleich die hier angeführten Beispiele aus dem interna­ tionalen Marketingalltag weder alle Konflikte von MNU in EL abbilden noch eindeutige Rechtsverstöße betreffen, werden sie je nach Einsichtsvermögen, Ver­ antwortungsbewußtsein und kulturellem Hintergrund des Lesers Verwunderung oder Verärgerung hervorgerufen haben. Die Analyse gesellschaftlicher Interessen und sozio-ökologischer Kritikpotentiale bezüglich der Marktforschung und der Art der Anwendung absatzpolitischer Instrumente im internationalen Kontext hat die Vielfalt ethikbeladener Probleme in der internationalen Marketingpraxis ver­ deutlicht. Sie hat offengelegt, daß alle Marketingentscheidungen ethische Aspekte berühren und der Marketingmanager oft zwischen verschiedenen Interessen ab­ wägen muß.253 Trotz möglicher Vorbehalte an der deskriptiven Herleitung einer internationalen Marketingethik ist die Konfrontation der theoretischen Ansätze

Vgl. Kreikebaum 1989, S.142. Vgl. Kaas 1992a, S.682. Vgl. Dederichs 1995, S.71. Vgl. Austin 1991, S.368; Meffert 1989a, Sp.1416; Meffert 1976a, S.4. Im Mittelpunkt der internationalen Einsatzgestaltung steht das charakteristische Entscheidungsproblem: Standardi­ sierung oder Differenzierung. Vgl. Mahefa 1998, S.543; Stegmüller 1993, S.401; Meissner 1981, S.79 und Kapitel 5.2.1.3. 251 Schnitt 1985, S.5. Vgl. hierzu auch Rogers/Ogbuehi/Kochunny 1995, pp. 12-13; Carter 1985, p.l 19; Meffert 1976, S.l9; Mai 1974, S.276 und die Ausführungen in Kapitel 4.1.2. 252 Vgl. Eretge 1996, S.14; Bauer 1993, S.10; Dichtl 1991, S.388. Für Knapp werden beim Einsatz der absatzpolitischen Instrumente gegen ethische Grundsätze die situativen Einflüsse maßgebend, die im Gegensatz zu den substantiellen Ansprüchen allerdings dem Zufall unterworfen sind. Vgl. Knapp 1990, S.78-79. 253 Vgl. Schlegelmilch/Götze 1999, S.34.

247 248 249 250

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

261

mit praktischen Erfahrungen jedoch unverzichtbar, da so bspw. Legitimations­ schwierigkeiten für die akademische Diskussion vermieden werden.254 Bei der Untersuchung der internationalen Marktforschung und des internationalen Absatzmarktprogramms unter ethischen Gesichtspunkten nimmt die empirische Forschung zur Marketingkritik einen breiten Raum ein. Ohne eine theoretische Basis läuft man jedoch Gefahr, rein positivistisch vorzugehen, und gerät darüber hinaus unweigerlich in die Problematik der Vielfalt moralischer Werte.255 Mit der Theorie des kommunikativen Handelns von Habermas liegt dieser Arbeit zwar ein theoretisches Begründungsmuster zur Erklärung von ethischen Konflikten zwischen verschiedenen Gesellschaften bzw. Kulturen vor, sie gibt jedoch nur eine einzige Norm vor: die zur Etablierung eines Normenfindungsprozesses. Die Diskursethik bleibt bei diesem Prozeß auf die situationsabhängige Erhebung normativer Geltungsansprüche durch die betroffenen Argumentationsteilnehmer angewiesen. So konnte der Autor nicht einfach seine eigenen normativen Über­ zeugungen zugrunde legen und bestimmte Handlungen als gut (moralisch) oder schlecht (unmoralisch) bewerten bzw. inhaltliche Handlungsempfehlungen geben. Es ging also primär darum, ethisch fragwürdige Handlungsweisen im internatio­ nalen Marketing darzustellen, die zu Konflikten bzw. Entscheidungsdilemmata führen und einer diskursiven Konflikthandhabung bedürfen. Über die Qualität der Handlung wurde dadurch noch nichts ausgesagt.256 Stellvertretend für diese Bei­ spiele kann hier der „Fall Nestle“ herangezogen werden, um die konzeptionellen Überlegungen zum marktorientierten Untemehmensdialog zu illustrieren und im Anwendungszusammenhang fragmentarisch zu überprüfen, da er auf die verstän­ digungsorientierte Regulierung eines normativen Konflikts im internationalen Marketing hinausläuft.257

Die fast 15 Jahre dauernde Auseinandersetzung der Firma Nestle mit einer Viel­ zahl gesellschaftlicher Interessengruppen um die Vermarktung von Mutter­ milchersatzprodukten in EL ging im Kem um die folgenden beiden Vorwürfe:258 1.

Vertrieb eines in einem bestimmten Gebiet ungeeigneten Produkts

2.

unter Einsatz inadäquater Marketinginstrumente

254 Vgl. Steinmann/Olbrich 1994, S.140; Jöstingmeier 1994, S.13; Wieland 1993, S.13. Zur Kritik an einer erfahrungswissenschaftlich konzipierten (Marketing-)Ethik vgl. u.a. Kapitel 2.2.2. 255 Vgl. Hansen/Bode 1999, S.414. 256 Vgl. dazu auch Kay-Enders 1996, S.l4; Eretge 1996, S.6. 257 Gleichwohl kann in dieser Arbeit keine lückenlose Rekonstruktion und Analyse dieser Ausein­ andersetzung erfolgen. Für eine detaillierte Darstellung vgl. u.a. Sethi 1994. 258 Vgl. Janisch 1993, S.45; Löhr 1991, S.205.

262

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

Anfang der 70er Jahre wurde unter Fachleuten Kritik an der Substitution von Muttermilch durch industriell gefertigte Milchpulver in den EL laut, da diese den für Säuglinge lebensnotwendigen Aufbau des Immunsystems nicht unterstütz­ ten.259 Diese Produkte waren den herkömmlichen Ersatzprodukten (z.B. Kuh- und Ziegenmilch) zwar ernährungsphysiologisch überlegen, führten in EL aber zu einer Steigerung der Säuglingssterblichkeit. Die Gründe hierfür lagen einerseits in den hygienischen Verhältnissen, da angesichts der Wasserqualität die problem­ lose Zubereitung einer sauberen Milch nicht möglich war. Andererseits führte sowohl das Analphabetentum als auch das geringe Einkommen zu einer unsach­ gemäßen Zubereitung der Säuglingsnahrung, da die Mütter die Gebrauchsanwei­ sungen z.T. gar nicht lesen konnten oder aus finanziellen Gründen die Milch stark verdünnten.260 Die Kritik der Marketingpraktiken Nestles betraf in der Haupt­ sache:261 intensive Konsumwerbung in den Massenmedien, aggressive Verteilung von Gratisproben und Werbegeschenken an Mütter und Ärzte, Einsatz von sog. „Milk Nurses“, d.h. Vertretern in krankenschwesterähnlichen Uniformen, unver­ ständliche Aufschriften und Etiketten auf den Produktverpackungen und der un­ kontrollierte Direktvertrieb über Lebensmittelgeschäfte. Steinmann/Löhr rekonstruieren die Konflikthandhabung durch die Nestle AG im Zeitablauf nach drei unterschiedlichen Handlungsorientierungen:262 •

Die Konfliktphase: Die Auseinandersetzungen begannen 1970 und waren zu­ nächst durch gegenseitige öffentliche Beschuldigungen, Expertenstreit, Ge­ richtsprozesse und den Boykott von Nestle-Produkten geprägt. Nestle trafen die öffentlichen Vorhaltungen gänzlich überraschend und unvorbereitet. Man fühlte sich auch völlig zu Unrecht beschuldigt und angeklagt.263 Der Konzern deutete die Kritik vielmehr als feindselige Agitation linker Splittergruppen und strebte, statt auf die Vorwürfe im Rahmen einer sachorientierten Ver­ ständigung einzugehen, eine gerichtliche Entscheidung an. Aufgrund der kompromißlosen Widerstandsstrategie im Hinblick auf den Inhalt der Vor­ würfe, schwerwiegender Kommunikationsprobleme mit den diversen Interes­ sengruppen und der Verkennung des moralischen Aspekts kam es 1977 zu einem Konsumboykott gegen Nestle.264 Kurz: Durch die sozialtechnischen

259 Vgl. Dyllick 1989, S.265; Achleitner 1985, S.98. 260 Vgl. Janisch 1993, S.45; Gloor 1990, S.241; Laczniak/Murphy 1985, p.98; Steinmann/Oppenrieder 1985, S.171. 261 Vgl. Gloor 1990, S.242-243, 245; Dyllick 1989, S.266-267; Achleitner 1985, S.98. 262 Vgl. im folgenden Löhr 1991, S.205-216; Steinmann/Löhr 1988a, S.301-307; Steinmann/Löhr 1987a, S.7-14. Demgegenüber unterteilt Dyllick die Auseinandersetzung in acht charakteristische Entwicklungsphasen. Vgl. Dyllick 1989, S.267-280. 263 Vgl. Gloor 1990, S.241-242; Dyllick 1989, S.270-271. 264 Vgl. Janisch 1993, S.46; Dyllick 1989, S.323.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

263

Strategien einer Machtpolitik war eine Konfliktregulierung nicht zu er­ reichen. •

Die Kompromißphase: Der anhaltende Boykott zwang Nestle zur Formulie­ rung eines Verhaltenskodex, wodurch eine vorläufige Beruhigung der Kon­ fliktsituation erreicht werden konnte. Die Regelung der Problematik wurde 1979 zunächst der WHO übertragen, um ein Rahmenprogramm für einen in­ ternationalen Marketingkodex zu erarbeiten. Nestle hatte zwar auch schon erste eigene Schritte zur Neubeurteilung seiner Marketingstrategien eingelei­ tet, nahm aber dann den WHO-Kompromiß, den die Konfliktparteien nolens volens anerkannten, als Basis für seine 1982 herausgegebenen (11) Marke­ tingleitlinien.265 Dessen ungeachtet betrachtete Nestle die Angelegenheit vor­ rangig als eine medienwirksame PR-Aufgabe. Seine „Umorientierung“ war, retrospektiv gesehen, bestenfalls eine Strategie der „selektiven Konfrontation bzw. Kooperation“.266 Da die angekündigten Maßnahmen in einzelnen Län­ dern deshalb auch nicht konsequent durchgeführt wurden, attestierten die Boykottgruppen den Verhaltensleitlinien eine ungenügende Verbindlichkeit und kritisierten, daß ihre Einhaltung nicht wenigstens teilweise von Vertre­ tern der Interessengruppen überwacht werde. Das Vertrauen der betroffenen Anspruchsgruppen konnte demzufolge noch nicht dauerhaft gewonnen wer­ den.



Die Konsensphase: Eine unter ethischen Gesichtspunkten für alle Betrof­ fenen befriedigende Regelung ergab sich erst nach langen Auseinander­ setzungen und Lernprozessen - durch eine grundsätzliche Änderung der Un­ temehmensphilosophie hin zu einer Verständigungsorientierung. Nestle be­ gann zunächst damit, dem Verhaltenskodex oberste untemehmenspolitische Priorität und Rückhalt beim Top-Management der Muttergesellschaft einzu­ räumen, um seine Implementierung in der weitverzweigten Organisation si­ cherzustellen.267 Zudem rief Nestle eine unabhängige Überwachungskom ­ mission unter dem Vorsitz des ehemaligen US-Außenministers Muskie ins Leben, die sich schließlich als Schlüssel für die Beilegung des Konflikts er­ weisen sollte. Sie hatte als Anlaufstelle für die Kritik am Untemehmensverhalten zu dienen, die Bemühungen von Nestle zur Implementierung der Leit­ linien zu überwachen, VerbesserungsVorschläge zu machen und Tätigkeits­ berichte zu publizieren.268 Ende 1984 riefen die Nestle-Gegner dann, nach einigem Zögern, zur Beendigung des Boykotts auf. Diese Konsensphase

265 266 267 268

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Gloor 1990, S.247-248; Steinmann/Oppenrieder 1985, S.l71. Dyllick 1989, S.277-278, 312-313; Achleitner 1985, S.100-101. Steinmann/Oppenrieder 1985, S. 171-172 und ausführlich Nestle (Hrsg.) 1998, pp.6-7, 16. Dyllick 1989, S.279; Achleitner 1985, S.102.

264

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

konnte erst durch eine „Strategie des Dialogs“, verstanden als die Verpflich­ tung auf eine ernsthafte und konstruktive Verständigung, erreicht werden, für die die Muskie-Kommission Forum und Katalysator gewesen war.

Der Nestle-Fall illustriert einen vorbildlichen Lernprozeß für eine internationale Marketingethik: Lange Zeit hatten die strategischen Reaktionen von Nestle am Forum der Öffentlichkeit und an der Ebene der Moral vorbeigezielt. Die Ausein­ andersetzungen machten deutlich, daß Nestles restriktive Interpretation einer rein rechtlich und wirtschaftlich definierten Verantwortung scharf mit den Markt und Gesetz übersteigenden, moralisch begründeten Forderungen der Kritiker kontras­ tierte.269 Entscheidend war deshalb Nestles allmähliche Einsicht in die normati­ ven Grundlagen des Konflikts, eines Konflikts um die moralische Dimension eines aggressiven Marketing in EL, und in die damit einhergehende Notwendig­ keit einer reflektierten Auseinandersetzung mit den Konfliktparteien.270 Es wurde zunehmend deutlich, daß die bis dato verfolgten PR-Maßnahmen und die elitäre bzw. monologische Ausarbeitung internationaler Marketingleitlinien den Boykott nicht beenden würden.271 Vielmehr erforderte dies die Bereitschaft und Fähigkeit der Entscheidungsträger, die Ideologien, Rationalitäten und Normen der An­ spruchsgruppen nicht nur zu akzeptieren, sondern auch zu verstehen und richtig zu interpretieren.272 Genau diese Einsicht aller Beteiligten führte schließlich zur Abkehr von unergiebigen machtpolitischen Wortgefechten und zum Aufbau einer vertrauensvollen Verständigung im Dialog, die erst die Grundlage für die Über­ einkunft aller Betroffenen schuf und die dauerhafte Lösung des weitreichenden moralischen Problems bedeutete.273

„Die Rekonstruktion dieses Falles verweist uns also auf die prinzipielle Möglich­ keit, konfliktfreies wirtschaftliches Handeln auf der Basis eines freien Konsenses (wieder) dauerhaft herzustellen, wenn von Unternehmungen weitreichende gesell­ schaftliche Konfliktlagen verursacht werden.“274 Genauer betrachtet bildet er ein 269 Vgl. Dyllick 1989, S.294,327-329. So kann z.B. Nestle‘s „Triumph“ beim Berner Gerichtsprozeß als „Pyrrhussieg“ betrachtet werden: Der Richter betonte in seinem Urteil, daß es nur z.T. um ein rechtlich beurteilbares Problem gegangen sei, und legte Nestle nahe, seine Marketingpraxis zu ändern und seine ethischen Standards zu überprüfen. Die Kritiker durften sich folglich als moralische Prozeßsieger fühlen. Vgl. Gloor 1990, S.245-246; Steinmann/Oppenrieder 1985, S.171. 270 Vgl. Löhr 1991, S.213; Steinmann/Löhr 1987a, S.12. 271 Vgl. Dyllick 1989, S.312; Steinmann/Löhr 1988a, S.308. 272 Vgl. Janisch 1993, S.46-47; Achleitner 1985, S.106-107. 273 Vgl. Löhr 1991, S.218-219; Steinmann/Löhr 1988a, S.306-308. An dieser Stelle wird die kate­ goriale Unterscheidung von Habermas in erfolgsstrategisches und verständigungsorientiertes Handeln deutlich. Vgl. dazu ausführlich Kapitel 3.2.3.1. 274 Steinmann/Löhr 1988a, S.307.

Implementierung im Sinne einer international integrierten Konfliktregulierung

265

äußerst illustratives Beispiel einer international integrierten Konflikthandhabung im Sinne eines marktorientierten Unternehmensdialogs'. In die Auseinanderset­ zung waren zwar diverse gesellschaftliche Interessengruppen involviert (z.B. Re­ gierungen der EL, Kirchengruppen, Gesundheitsorganisationen, Medien), die im Nestle-Kodex intendierten Steuerungseffekte beziehen sich aber auf Handlungen, „die primär die Konsumenten als Teil der externen Umwelt betreffen“.275 In die­ sem Zusammenhang ist auch festzustellen, daß die Interessengruppen im still­ schweigend vorausgesetzten (aber doch wirklichen) Interesse Dritter agierten. Wenngleich argumentiert werden könnte, daß ihre Legitimationsbasis also kei­ neswegs unangreifbar war,276 stellt diese Vorgehensweise ein gelungenes Praxis­ beispiel für ein „ethical displacement“ bzw. einen stellvertretenden Diskurs (i.w.S.) im internationalen Marketing dar. Den eigenen Vorschlägen ent­ sprechend, diente eine Ethikkommission den betroffenen Gruppen dabei als Fo­ rum der Verständigung und bildete die organisatorische Institutionalisierung prozessualer Normen.277

Rückblickend kann man das Ergebnis der Konfliktregulierung insgesamt positiv beurteilen. Es ist aber auch deutlich geworden, wie schwer es ist, eine Einigung zwischen Vertretern unterschiedlicher Wertsysteme zu erzielen. Sofern es einem Unternehmen jedoch gelingt, seine Unternehmens- und Marketingorganisation auf eine verständigungsorientierte Untemehmenspolitik umzustellen, kann der marktorientierte Untemehmensdialog im praktischen Anwendungsfall die wün­ schenswerten Voraussetzungen für die konsensuale Regulierung ethischer Kon­ flikte im internationalen Marketing bieten. Dies erscheint nicht zuletzt deshalb so wichtig, als in einer marktwirtschaftlichen Wettbewerbsordnung derlei Überle­ gungen Gefahr laufen, als realitätsfremder Idealismus verworfen zu werden.278

275 276 277 278

Steinmann/Oppenrieder 1985, S.l74. Vgl. Achleitner 1985, S.103. Vgl. Dyllick 1989, S.314; Steinmann/Löhr 1988a, S.307; Steinmann/Oppenrieder 1985, S.l79. Vgl. Steinmann/Löhr 1987a, S.6.

Schlußbetrachtung und Ausblick

7

267

Schlußbetrachtung und Ausblick

Trotz der bekannten externen Effekte des internationalen Marketinghandelns war die Bereitschaft der MNU zu einem Verhalten, das einen entscheidenden Wandel mit sich bringen könnte (z.B. durch freiwillige Selbstverpflichtungen), in der Ver­ gangenheit meist schwach ausgeprägt.1 Deshalb holen negative Schlagzeilen zum internationalen Marketing die Unternehmen in einer offenen und medialen Ge­ sellschaft immer mehr ein. Viele Verbraucher sind nicht länger bereit, unethische internationale Marketingpraktiken zu tolerieren, so daß sozial- und umweltbe­ wußtes Konsumentenverhalten in Zukunft vermutlich einen wirksamen Anreiz für einen Bewußtseinswandel der internationalen Marketingmanager darstellen wird.2 Analog zur Konsumerismusbewegung Ende der 60er Jahre wird ausschlaggebend sein, daß sie in der verbraucherpolitischen Kritik keine unzulässige Einmischung von Systemveränderem, sondern eine für Marketingwissenschaft und -praxis gleichermaßen wichtige Herausforderung sehen.3 Das Selbstverständnis eines aufgeschlossenen, selbstkritischen Gegenübers der öffentlichen Meinung kann als Ausdruck des Realitätsbezugs der Unternehmens- bzw. Marketingleitung und ihres klugen Umgangs mit den durch das eigene Erfolgsstreben begründeten ethi­ schen Konflikten interpretiert werden.4 Das internationale Marketing bietet auf­ grund seiner Marktorientierung und Kommunikationskompetenz zwar prinzipiell die Voraussetzungen für ein partnerschaftliches Grundmuster des Außenhandels, wer aber die Moralvorstellungen in den verschiedenen Auslandsmärkten nicht kennt und/oder bei seinen Entscheidungen nicht berücksichtigt, wird langfristig scheitern.

Vor diesem Hintergrund war die erste Zielsetzung der vorliegenden Arbeit, an­ hand der Ausführungen zum Marketing von MNU in EL die oft in den Vorder­ grund gerückten Regeln des Marktverhaltens im Sinne mechanischer Abläufe zu widerlegen. Im Mittelpunkt der Betrachtungen standen die Handlungsspielräume international tätiger Marketingmanager, (kurzfristig) eine unmoralische Maß­ nahme zum eigenen Vorteil zu ergreifen. Das SpannungsVerhältnis von Marktra­ tionalität und Moralität resultiert dabei aus der Existenz von externen Effekten, 1 2

3 4

Vgl. Kumar 1991, S.237. Vgl. Tiemann 1999, S.2; Saeed/Ahmed 1998, p.346. So sind z.B. 75 % der Verbraucher in der Bundesrepublik der Ansicht, durch ihre Kaufentscheidung erheblichen Druck auf die Hersteller ausüben zu können. Vgl. imug/Emnid 1993, S.24. Ein Beispiel dafür ist die Initiative des „Fair trade“ - Marketing. Vgl. dazu Prager 1995. Vgl. Stauss 1996, S.208. Vgl. Ulrich/Lunau 1997, S.54-55.

268

Schlußbetrachtung und Ausblick

Monopolstellungen und insbesondere den MNU inhärenten Informationsasym­ metrien, die zu Handlungen verleiten, deren moralische Legitimität zweifelhaft sein kann. Aus dem fast unbegrenzten Wirkungspotential von MNU als „Koloni­ satoren der Lebenswelt“5 wurde die analoge Schlußfolgerung gezogen, daß die Berücksichtigung des Ethikgedankens in den marketingtheoretischen und -politischen Entscheidungen der internationalen Marketingmanager einen wert­ vollen Beitrag zur einzel- und gesamtwirtschaftlichen (Weiter-)Entwicklung (in EL) leisten kann. In Anbetracht des kulturell bedingten Normen- und Werteplu­ ralismus ist die moralische Urteilsfindung für international tätige Marketing­ manager allerdings ungleich schwieriger, d.h. die Schere zwischen interkulturell divergierenden Anforderungen und moralischer Marketingkompetenz macht die Entwicklung einer internationalen Marketingethik notwendig.6 Die zweite Zielsetzung dieser Arbeit bestand deshalb darin, eine eigene Rahmen­ konzeption zur internationalen Marketingethik zu entwerfen, die sowohl theore­ tisch hinreichend begründet als auch im internationalen Kontext praktikabel ist. Mit der dialogischen Marketingethik von Hansen liegt für den nationalen Kontext bereits ein geeigneter Ansatz vor, der jedoch hinsichtlich seiner philosophischen Begründung einer Konkretisierung und im Hinblick auf seine praktische Ausge­ staltung einiger Ergänzungen bedarf, um für internationale Fragestellungen An­ wendung finden zu können. Das hier vorgeschlagene Konzept zur Überwindung des Dilemmas der Unvereinbarkeit kulturspezifischer Norm- und Wertvorstellun­ gen ist die Diskursethik von Habermas, Sie entspricht den Anforderungen an ein lebenspraktisches Konzept, da sie auf die Vorgabe bzw. deduktive Ableitung in­ haltlicher Normen verzichtet und nur ein Verfahren zur Normenbestimmung in praktischen Dialogen empfiehlt. Allgemeingültig und somit universell sind dann nur die Normen, die in praktischer Rede herbeigeführt wurden.7

Mit dem hier vorgestellten „marktorientierten Untemehmensdialog“ als pragma­ tischer Ausgestaltung der Diskursidee wird die Absicht verfolgt, die Kritikbereit­ schaft der Marketingmitarbeiter dahingehend zu fördern, daß sie im konkreten Konfliktfall eine kritische Rollendistanz zu ihrer organisatorischen Aufgabe ein­ nehmen und ihre unteilbare dialogische Verantwortung als Weltbürger zur Gel­ tung bringen. Ziel ist es, eine Kultur der Konflikthandhabung zu entwickeln, die von der Achtung fremdkultureller Norm- und Wertvorstellungen getragen ist und es den vom internationalen Marketingkonflikt Betroffenen ermöglicht, ihre eigene kulturelle Identität in wechselseitigem Respekt und konsensorientiertem Miteinander zu entwickeln. Aus einem gesellschaftlichen Interessenpluralismus 5 6 7

Vgl. Ulrich 1993, S.417. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.415; Schlegelmilch 1998, p. 131. Vgl. Gilbert/Grimm 1999, S.l08; Steinmann/Löhr 1991, S.l 1-13.

Schlußbetrachtung und Ausblick

269

heraus können schließlich nicht nur Konflikte, sondern auch Chancen entstehen.8 Die MNU leben gerade im Marketing von der Unterschiedlichkeit der Bedürf­ nisse. Sie sollten diesen Pluralismus ebenso nutzen, um im marktorientierten Untemehmensdialog ethische Handlungsnormen zu entwickeln, die kultursen­ siblen Sachverhalten Rechnung tragen. Dem Subsidiaritätsprinzip entsprechend empfiehlt es sich, die marktorientierten Untemehmensdialoge dezentral, d.h. vor Ort durchzufuhren.

Im einzelnen Konfliktfall ist mittels einer Stakeholder-Analyse situativ zu ermit­ teln, wer von den Interessenkonflikten tatsächlich betroffen und im marktorien­ tierten Untemehmensdialog zu berücksichtigen ist. Mit dem Stakeholder-Modell wird an die einzel- und gesamtwirtschaftliche Tradition der frühen Marketingund Absatzlehre angeknüpft. Danach ist die weitere Markt- bzw. Makroumwelt nicht nur ein externer Einflußfaktor, sondern wird auch vom Marketinghandeln beeinflußt.9 Angesichts der Forderung nach wechselseitiger Anerkennung der Menschen als gleichberechtigte Dialogpartner ist es aber weder sinnvoll noch legitim, daß der Diskurs über Marketing- und Entwicklungsfragen lediglich von den Personen geführt wird, die sich für „entwickelt“ halten.10 „For international marketing, the realization that consumers engaging in marketing exchanges all over the world should deserve the same high levels of respect, dignity and rights, despite structural and cross-cultural encumbrances, appears to be the greatest challenge.“11 Von der Globalisierung müssen alle, und nicht nur eine privilegierte Minderheit, profitieren können, denn die „Globalisierungsfalle“ schnappt tatsäch­ lich zu, wenn es nicht gelingt, die Frage nach einer gerechten und sinnvollen Ge­ nerierung globalen Wohlstands zu beantworten.12 Mit dem „marktorientierten Untemehmensdialog“ wurde ein für die angemessene Bearbeitung von ethischen Fragestellungen im internationalen Marketing geeig­ net erscheinendes Handlungskonzept entworfen. Allerdings wird vor allem seine inhaltliche Ausgestaltung immer von der spezifischen Situation der einzelnen MNU abhängen, so daß die Dialogorientierung eine ständige Herausforderung für die internationale Marketing- und Kommunikationspraxis bleibt. Die vorgestellte Theoriebildung wirkt dabei unterstützend. So ließen sich an den entwicklungslän­ derspezifischen Beispielen aus dem Bereich des internationalen Marketing-Mix ethisch-moralische Bedenken ebenso gut darstellen wie die Schwierigkeiten, in solchen Fällen als Außenstehender eine klare Bewertung vorzunehmen. Es wurde 8 9 10 11 12

Vgl. Leisinger 1997, S. 121. Vgl. Hansen/Bode 1999, S.385. Vgl. Leisinger/Hösle 1995, S.7. Iyer 1998, p.239. Vgl. Maak 1998, S.21. Zur „Globalisierungsfalle“ vgl. Martin/Schumann 1996.

270

Schlußbetrachtung und Ausblick

aber auch deutlich, daß bereits heute einige Unternehmen eine diskursive Kon­ flikthandhabung praktizieren (z.B. durch den „Global Business Dialogue on Elec­ tronic Commerce“). Der Dialoggedanke im internationalen Marketing ist somit weit mehr als ein ideologieverdächtiges Modell ohne praktische Bedeutung. Die Implementierung marktorientierter Untemehmensdialoge im internationalen Kontext ist jedoch nicht bar organisatorischer und personeller Schwierigkeiten. Dies kann allerdings nicht dahingehend interpretiert werden, von den konzeptu­ ellen und praktischen Anstrengungen abzulassen, sondern vielmehr die besseren Modalitäten eines solchen Verständigungsprozesses zu vergegenwärtigen: „Herr­ schaftsfreie Kommunikation, das sich-Einlassen auf die WirklichkeitsWahrneh­ mungen anderer und die verantwortungsethisch motivierte Suche nach Konsens­ möglichkeiten zum Wohle des Ganzen sind in jedem Fall richtige erste Schritte auf dem bergwärts führenden Weg aus der gegenwärtigen Polarisierung. Festhal­ ten an Voreingenommenheiten [...] führt zu Verhärtungen, die letztlich gemein­ sam zu tragende Lösungsansätze verunmöglichen. Nichthandeln hat jedoch auch seinen Preis.“13

Die Frage nach der Wirksamkeit marktorientierter Untemehmensdialoge im inter­ nationalen Kontext ist allerdings nur durch empirische Analysen hinreichend zu beantworten. Eine Forschungsperspektive dürfte in diesem Zusammenhang u.a. auch die mögliche Interdependenz zwischen marktorientierten Untemehmensdia­ logen und anderen Maßnahmen zur Sicherstellung moralischer Verhaltensweisen im internationalen Marketing sein (z.B. internationalen Unternehmens- und/oder Branchenkodizes). Das wäre das Thema der Verknüpfung der formalen mit den materialen Elementen der Ethik, die in der Diskursethik ausgespart werden.14

13 14

Leisinger 1999, S.325. Vgl. dazu auch Kreikebaum 1996, S.304-305, und Kay-Enders, die (im nationalen Kontext) grundsätzlich den kombinierten Einsatz gegenüber einem isolierten Einsatz einzelner Kompo­ nenten präferiert und konsequenterweise von einem „Marketingethikprogramm“ spricht. Vgl. Kay-Enders 1996, S.l55, 217. Ein illustratives Beispiel für die Verknüpfung formaler und materialer Ethikelemente stellt der Fall Nestle dar, bei dem der internationale Marketingkodex das Resultat einer dialogischen Verständigung darstellt. Vgl. dazu Kapitel 6.4.

Anhang

271

-AnhangPartI: Developing Countries and Territories (Official Development Assistance) Least Developed Countries

Lower Middle Income Countries and Territories (per capita GNP $761-$3030 in 1998)

Upper Middle Income Countries and Territories (per capita GNP $3031-$9360 in 1998)

High Income Countries and Territories (per capita GNP> $9360 in 1998)'

♦Albania Botswana Malta Brazil Algeria Slovenia Chile Belize Bolivia Cook Islands Bosnia and Herzegovina Croatia Gabon Colombia Grenada Costa Rica Lebanon Cuba Malaysia Dominica Dominican Republic Mauritius Ecuador • Mayotte Mexico Egypt El Salvador Nauru Fiji Palau Islands ♦Georgia Panama Guatemala • St. Helena Guyana St. Lucia Iran Trinidad and Tobago Iraq Turkey Jamaica Uruguay Jordan Venezuela ♦Kazakhstan Macedonia Threshold for Marshall Islands World Bank Micronesia, Fed. States Loan Eligibility Morocco ($5280 in 1995) Namibia Niue • Anguilla Palestinian, Adm. Areas Antigua and Barbuda Papua New Guinea Argentina Paraguay Bahrain Peru Barbados Philippines • Montserrat South Africa Oman Sri Lanka Saudi Arabia St. Vincent & Grenadines Seychelles Suriname St. Kitts and Nevis Swaziland • Turks and Caicos Syria Islands Thailand • Tokelau Tonga Tunisia ♦Uzbekistan • Wallis and Futuna Yugoslavia, Fed. Rep. Central and Eastern European Countries and New Independent States of the former Soviet Union Territory These Countries and territories will transfer to Part II (Countries and Territories in Transition) on 1 January 2003 unless an exception is agreed.

Afghanistan Angola Bangladesh Benin Bhutan Burkina Faso Burundi Cambodia Cape Verde Central African Rep. Chad Comoros Congo, Dem. Rep. Djibouti Equatorial Guinea Eritrea Ethiopia Gambia Guinea Guinea-Bissau Haiti Kiribati Laos Lesotho Liberia Madagascar Malawi Maldives Mali Mauritania Mozambique Myanmar Nepal Niger Rwanda Samoa Sao Tome and Principe Sierra Leone Solomon Islands Somalia Sudan Tanzania Togo Tuvalu Uganda Vanuatu Yemen Zambia * • 1

Other Low Income Countries (per capita GNP < $760 in 1998)

Anhang: Quelle:

*Armenia *Azerbaijan Cameroon China Congo, Rep. Cote d’Ivoire • East Timor Ghana Honduras India Indonesia Kenya Korea, Dem. Rep. ♦Kyrgyz Rep ♦Moldova Mongolia Nicaragua Pakistan Senegal ♦Tajikistan ♦Turkmenistan Vietnam Zimbabwe

DACList ofAID RECIPIENTS: As at 1 January 2000 OECD (Ed.) 1999, p. 3.

Literaturverzeichnis

273

-LiteraturverzeichnisAbel, Bodo: Marketingethik - Ausgangspunkte, Hemmnisse und Folgerungen, in: DBW, 48.Jg. (1988), Nr.6, S.803-806. Abel, Bodo: Dialog und Ethik - eine nicht-dialogische Methode zur ethischen Beurteilung des Dialogs, in: Hansen, Ursula (Hrsg.): Marketing im gesell­ schaftlichen Dialog, Frankfurt a. Main - New York 1996, S.93-108. Achleitner, Paul M.: Sozio-Politische Strategien multinationaler Unternehmung­ en. Ein Ansatz gezielten Umweltmanagements, Bem - Stuttgart 1985. Albach, Horst: Die internationale Unternehmung als Gegenstand betriebswirt­ schaftlicher Forschung, in: ZfB, 51.Jg. (1981), Ergänzungsheft 1, S.13-23. Albert, Hans: Individuelles Handeln und soziale Steuerung. Die ökonomische Tradition und ihr Erkenntnisprogramm, in: Lenk, Hans (Hrsg.): Handlungs­ theorien - interdisziplinär, Bd.IV, München 1977, S. 177-225. Albert, Hans: Traktat über die kritische Vernunft, Tübingen 1991. Alexy, Robert: Eine Theorie des praktischen Diskurses, in: Oelmüller, Willi (Hrsg.): Normenbegründung, Normendurchsetzung, Paderborn 1978, S.22-58. Amba-Rao, Sita C.: Multinational Corporate Social Responsibility, Ethics, Inter­ actions and Third World Governments: An Agenda for the 1990s, in: Journal of Business Ethics, Vol.12 (1993), No.7, pp.553-572. Amine, Lyn S.: The need for moral champions in global marketing, in: Schle­ gelmilch, Bodo (Ed.): Marketing Ethics - An international Perspective, London - Boston 1998, pp.380-395. Angehrn, Otto: Marketing und Ethik, in: GfK Jahrbuch der Absatz- und Ver­ brauchsforschung, 27.Jg. (1981), Nr.l, S.3-25. Angehrn, Otto: Marketing und Kultur, in: GfK Jahrbuch der Absatz- und Ver­ brauchsforschung, 32.Jg. (1986), Nr.2, S.201-208. Apel, Karl-Otto: Die Konflikte unserer Zeit und das Erfordernis einer ethisch­ politischen Grundorientierung, in: Apel, Karl-Otto (Hrsg.): Praktische Philosophie/Ethik, Reader zum Funkkolleg, Bd.l, Frankfurt a. Main 1980, S.267-292. Apel, Karl-Otto: Grenzen der Diskursethik? Versuch einer Zwischenbilanz, in: Zeitschrift für philosophische Forschung, o.Jg. (1986), Bd. 40, S.3-31. Apel, Karl-Otto: Diskursethik vor der Problematik von Recht und Politik: Kön­ nen die Rationalitätsdifferenzen zwischen Moralität, Recht und Politik selbst noch durch die Diskursethik normativ-rational gerechtfertigt werden?, in: Apel, Karl-Otto/Kettner, Matthias (Hrsg.): Zur Anwendung der Diskursethik in Politik, Recht und Wissenschaft, Frankfurt a. Main 1992, S.29-61.

274

Literaturverzeichnis

Apel, Karl-Otto: Transformation der Philosophie, Bd.2, Das Apriori der Kom­ munikationsgemeinschaft und die Grundlage der Ethik, Frankfurt a. Main 1993. Apel, Karl-Otto: Diskurs und Verantwortung: das Problem des Übergangs zur postkonventionellen Moral, Frankfurt a. Main 1997. Apel, Karl-Otto: Praktische Philosophie als Diskurs- und Verantwortungsethik, in: Apel, Karl-Otto/Hösle, Vittorio/Simon-Schaefer, Roland (Hrsg.): Globali­ sierung. Herausforderung für die Philosophie, Bamberg 1998, S.49-74. Argandona, Antonio: Business, law and regulation: ethical issues, in: Harvey, Brian (Ed.): Business ethics. A european approach, Hempstead 1994, pp. 124153. Armstrong, Robert W.: An empirical investigation of international marketing ethics: Problems encountered by Australian firms, in: Journal of Business Ethics, Vol.ll (1992), No.3, pp.161-172. Armstrong, Robert W. et al.: International marketing ethics: Problems encoun­ tered by Australian firms, in: European Journal of Marketing, Vol.24 (1990), No.10, pp.5-18. Armstrong, Robert W./Sweeney, Jill: Industry type, culture, mode of entry and perceptions of international marketing ethics problems: A cross cultural com­ parison, in: Journal of Business Ethics, Vol.13 (1994), No.13, pp.775-785. Arnold, M.J./Fisher, J.E.: Counterculture, Criticisms and Crisis: Assessing the Effect of the Sixties on Marketing Thought, in: Journal of Marketing Manage­ ment, Vol. 16 (1996), No.l, pp.l 18-133. Arnoldt, Andrea: Garantiezusagen und Qualitätsunsicherheit von Konsumenten, in: GfK Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, 42.Jg. (1996), Nr.2, S.147-163. Austin, James E.: Management in Entwicklungsländern: ein Handbuch, Frank­ furt a. Main-New York 1991. Backhaus, Klaus/Büschken, Joachim/Voeth, Markus: Internationales Marke­ ting, Stuttgart 1998. Bartlett, Christopher: Aufbau und Management der transnationalen Unterneh­ mung: Die neue organisatorische Herausforderung, in: Porter, Michael E. (Hrsg.): Globaler Wettbewerb. Strategien der neuen Internationalisierung, Wiesbaden 1992, S.425-464. Bartlett, Christopher A./Ghoshal, Sumantra: Internationale Untemehmensfuhrung: Innovation, globale Effizienz, differenziertes Marketing, Frankfurt a. Main - New York 1990. Bartlett, Christopher A./Goshal, Sumantra: Der Global Manager - ein Phan­ tom?, in: Harvard Manager, 15.Jg. (1993), Nr.2, S.l 19-128.

Literaturverzeichn is

275

Bartölke, Klaus u.a.: Zur Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen im und am Unternehmen, in: Kumar, Brij N./Osterloh, Margit/Schreyögg, Georg (Hrsg.): Untemehmensethik und die Transformation des Wettbewerbs: Share­ holder Value - Globalisierung - Hyperwettbewerb, Festschrift für Horst Steinmann zum 65. Geburtstag, Stuttgart 1999, S.3-26. Bauer, Hans H.: Marketing und Ethik? Vermarktete Ethik!, in: Jacob, AdolfFriedrich (Hrsg.): Vermarktete Ethik, Stuttgart 1993, S.l-29. Bausch, Thomas: Unternehmerische Verantwortung im Lichte universaler Prin­ zipienethik, in: Steinmann, Horst/Scherer, Andreas (Hrsg.): Zwischen Universalismus und Relativismus. Philosophische Grundlagenprobleme des interkulturellen Managements, Frankfurt a. Main 1998, S.322-347. Bayer AG (Hrsg.): Responsible-Care-Bericht, Leverkusen 1999. Behnam, Michael: Ökologische Optimierung der Produktpolitik als Teil der Untemehmensstrategie, in: Faix, Werner G./Kurz, Rudi/Wichert, Felix (Hrsg.): Innovation zwischen Ökonomie und Ökologie, Landsberg/Lech 1995, S. 155173. Behnam, Michael: Strategische Untemehmensplanung und ethische Reflexion, Sternenfels - Berlin 1998. Behnam Michael/Muthreich, Arndt: Die Einbeziehung externer Interessen­ gruppen in den Prozeß der strategischen Untemehmensplanung, Arbeitspapier Nr. 01/95 des Lehrstuhls für Internationales Management der European Busi­ ness School, Oestrich-Winkel 1995. Behnam, Michael/Würthner, Christina: Der konzeptionelle Zusammenhang von strategischer Untemehmensplanung und ethischer Reflexion, Arbeitspa­ pier Nr. 03/96 des Lehrstuhls für Internationales Management der European Business School, Oestrich-Winkel 1996. Belk, Russel W.: Third world consumer culture, in: Kumcu, Erdogan/Firat, Fuat A. (Eds.): Marketing and development: toward broader dimensions, Greenwich - London 1988, pp.103-127. Bendixen, Peter: Über die Machbarkeit der Untemehmenskultur - Über die Verantwortbarkeit des Machens, in: DBW, 49.Jg. (1989), Nr.2, S. 199-214. Bentele, Günter/Steinmann, Horst/Zerfaß, Ansgar: Dialogorientierte Unter­ nehmenskommunikation? Eine Einleitung, in: Bentele, Günter/Steinmann, Horst/Zerfaß, Ansgar (Hrsg.): Dialogorientierte Untemehmenskommunikation: Grundlagen - Praxiserfahrungen - Perspektiven, Berlin 1996, S. 11-19.

276

Literaturverzeichnis

Bentele, Günter/Steinmann, Horst/Zerfaß, Ansgar: Dialogorientierte Unternehmenskommunikation: Ein Handlungsprogramm für die Kommunikations­ praxis, in: Bentele, Günter/Steinmann, Horst/Zerfaß, Ansgar (Hrsg.): Dialog­ orientierte Untemehmenskommunikation: Grundlagen - Praxiserfahrungen Perspektiven, Berlin 1996, S.447-463 (hier zitiert als Bentele/Steinmann/ Zerfaß 1996a). Berekoven, Ludwig: internationale Produkt- und Programmpolitik, in: Macharzina, Klaus/Welge, Martin K. (Hrsg.): Handwörterbuch Export und internatio­ nale Unternehmung, Stuttgart 1989, Sp. 1693-1704. Berg, Nicola/Holtbrügge, Dirk: Zwischen Markt und Moral. Ökonomische, po­ litische und ethische Aspekte der Tätigkeit ausländischer Unternehmungen in der VR China, Arbeitsbericht Nr.30 des Lehrstuhls für Untemehmensführung, Universität Dortmund 2000. Bergmann, Alexander: Interkulturelle Managemententwicklung, in: Haller, Matthias u.a. (Hrsg.): Globalisierung der Wirtschaft. Einwirkungen auf die Be­ triebswirtschaftslehre, Bem - Stuttgart - Wien 1993, S.193-216. Berkel, Karl: Untemehmenskultur und Ethik, Heidelberg 1997. Berkel, Karl: Konflikte in und zwischen Gruppen, in: Rosenstiel, Lutz von (Hrsg.): Führung von Mitarbeitern: Handbuch für ein erfolgreiches Personal­ management, Stuttgart 1999, S.377-394. Berndt, Ralph/Altobelli, Claudia Fantapie/Sander, Matthias: Internationale Kommunikationspolitik, in: Hermanns, Amold/Wißmeier, Urban Kilian (Hrsg.): Internationales Marketing-Management: Grundlagen, Strategien, Instrumente, Kontrolle und Organisation, München 1995, S. 176-224. Bernreuter, Johannes: Von Bestochenen und Bestechern, in: TAZ, Nr. 5293, 01.08.1997, S.6. Biedenkopf, Kurt H.: Konflikte zwischen staatlicher Struktur- und Wettbe­ werbspolitik und multinationalen Unternehmen, insbesondere in Entwick­ lungsländern, in: ZfbF, 27.Jg. (1975), Sonderheft 4, S.35-46. Bierich, Marcus: Internationale Untemehmenstätigkeit, in: Korff, Wilhelm u.a. (Hrsg.): Handbuch der Wirtschaftsethik, Bd.3, Gütersloh 1999, S.432-448. Bittner, Andreas: Interkulturelle Kompetenz und internationales Denken, in: Krystek, Ulrich/Zur, Eberhard (Hrsg.): Internationalisierung: Eine Herausfor­ derung für die Untemehmensführung, Berlin u.a. 1997, S.497-510. Bleicher, Knut: Normatives Management: Politik, Verfassung und Philosophie des Unternehmens, Frankfurt a. Main - New York 1994. Blumröder, Markus von/Hanser, Peter/Kaiser, Jutta: Marketing zwischen Moral und Kapital. Wie handeln die Manager von morgen?, in: Absatzwirt­ schaft, 37.Jg. (1995), Nr.ll, S.40-53.

Literaturverzeichnis

277

Böcker, Franz: Marketing in Ländern der Dritten Welt, in: Macharzina, Klaus/ Welge, Martin K. (Hrsg.): Handwörterbuch Export und internationale Unter­ nehmung, Stuttgart 1989, Sp.1382-1395. Bonacker, Thorsten: Kommunikation zwischen Konsens und Konflikt. Mög­ lichkeiten und Grenzen gesellschaftlicher Rationalität bei Jürgen Habermas und Niklas Luhmann, Oldenburg 1997. Brauksiepe, Ralf: Mullahs und Militärs - Der Einfluß von Interessengruppen auf Institutionen in Entwicklungsländern, in: KfW (Hrsg.): Die Bedeutung der Neuen Institutionenökonomik für die Entwicklungsländer, Frankfurt a. Main 1998, S.39-53. Braun, Peter J.: Rationalität in der Wirtschaft aus der Sicht einer transzendental­ pragmatischen Diskursethik, Frankfurt a. Main u.a. 1993. Brioschi, Edoardo: The principles of the advertising self-regulation in Europe, in: Lange, Heiko/Löhr, Albert/Steinmann, Horst (Eds.): Working across cultures: Ethical perspectives for intercultural management, Dordrecht Boston - London 1998, pp.321-339. Bronner, Rolf: Verantwortung, in: Frese, Erich (Hrsg.): Handwörterbuch der Organisation, Stuttgart 1992, Sp.2503-2513. Bruhn, Manfred: Werbung und Kommunikation fur internationale Märkte, in: Kumar, Brij N./Haussmann, Helmut (Hrsg.): Handbuch der internationalen Untemehmenstätigkeit: Erfolgs- und Risikofaktoren, Märkte, Export-, Kooperations- und Niederlassungsmanagement, München 1992, S.701-734. Bruhn, Manfred/Steffenhagen, Hartwig (Hrsg.): Marktorientierte Untemeh­ mensfuhrung: Reflexionen - Denkanstösse - Perspektiven, Heribert Meffert zum 60. Geburtstag, Wiesbaden 1997. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung BMZ (Hrsg.): Joumalistenhandbuch Entwicklungspolitik, Bonn 1998. Buzzel, Robert D.: Can you standardize multinational marketing?, in: Harvard Business Review, Vol.46 (1968), No.6, pp. 102-113. Carl, Volker: Problemfelder des internationalen Managements, München 1989. Carter, Steve: Marketing in less developed countries - time for dedicated marke­ ting systems not adaptive transfer, in: Public enterprise, Vol.6 (1985), No.2, pp.107-120. Cespedes, Frank V.: Ethical issues in distribution, in: Smith, Craig N./Quelch, John A. (Eds.): Ethics in Marketing, Homewood - Boston 1993, pp.473-490. Chonko, Lawrence B.: Ethical decision making in Marketing, Thousand Oaks et al. 1995. Corey, Raymond E.: Marketing Managers: Caught in the middle, in: Smith, Craig N./Quelch, John A. (Eds.): Ethics in Marketing, Homewood - Boston 1993, pp.37-45.

278

Literaturverzeichnis

Cundiff, Edward W./Hilger, Marye Tharp: Marketing in the International En­ vironment, Englewood Cliffs 1988. Dachler, H. Peter: Mögliche Grenzen für die Entfaltung der Diskursethik im Kontext der Globalisierung, in: Maak, Thomas/Lunau, York (Hrsg.): Weltwirt­ schaftsethik: Globalisierung auf dem Prüfstand der Lebensdienlichkeit, Bem Stuttgart-Wien 1998, S.97-119. Dahrendorf, Ralf: An der Schwelle zum autoritären Jahrhundert, in: Die Zeit, Nr.47, 14.11.1997, S.14-15. Dawson, Leslie M.: The Human Concept: New Philosophy for Business. Marke­ ting concept outmoded today, in: Business Horizons, Vol. 12 (1969), No. 12, pp.29-38. Dawson, Leslie M.: Multinational strategic planning for third world markets, in: Journal of global marketing, Vol.l (1988), No.3, pp.29-49. DeGeorge, Richard T.: Competing with Integrity in international business, New York- Oxford 1993. DeGeorge, Richard T.: International business ethics, in: Business ethics quaterly, Vol.4 (1994), No.l, pp.1-9. Dederichs, Joerg: Unternehmensphilosophie als strategischer Erfolgsfaktor im internationalen Marketing, Marburg 1995. Delener, Nejdet: The growing importance of ethical issues in international mar­ keting and their practical relevance: An introduction, in: Delener, Nejdet (Ed.): Ethical issues in international marketing, New York 1995, pp.5-9. Dholakia, Ruby Roy/Sharif, Mohammed/Bhandari, Labdhi: Consumption in the third world: Challenges for marketing and development, in: Kumcu, Erdogan/Firat, A. Fuat (Eds.): Marketing and development toward broader dimen­ sions, Greenwich - London 1988, pp. 129-148. Dichtl, Erwin: Marketing und Wohlfahrtsökonomik, in: Der Markt, 9.Jg. (1970), Nr.4, S. 100-111. Dichtl, Erwin: Marketing und Ethik, in: WiSt, 20.Jg. (1991), Nr.8, S.388-393. Diller, Hermann: Preispolitik, in: Macharzina, Klaus/Welge, Martin K. (Hrsg.): Handwörterbuch Export und internationale Unternehmung, Stuttgart 1989, Sp.1682-1693. Diller, Hermann: Preisgestaltung bei internationaler Untemehmenstätigkeit, in: Kumar, Brij N./Haussmann, Helmut (Hrsg.): Handbuch der internationalen Untemehmenstätigkeit, München 1992, S.685-702. Donaldson, Thomas: The Ethics of International Business, New York - Oxford 1989. Donaldson, Thomas: Multinationale Unternehmen, in: Enderle, Georges u.a. (Hrsg.): Lexikon der Wirtschaftsethik, Freiburg - Basel - Wien 1993, Sp.732742.

Literaturverzeichnis

279

Donaldson, Thomas: Values in tension: Ethics away from home, in: Harvard Business Review, Vol.74 (1996), September-October, pp.48-62. Donaldson, Thomas/Dunfee, Thomas W.: Integrative Social Contracts Theory: Ethics in Economic Life, Georgetown (Pennsylvania) 1988. Donaldson, Thomas/Dunfee, Thomas W.: Toward a unified conception of busi­ ness ethics: Integrative social contracts theory, in: Acadamy of Management Review, Vol. 19 (1994), No.2, pp.252-284. Dunfee, Thomas W./Smith, N. Craig/Ross Jr., William T.: Social Contracts and Marketing Ethics, in: Journal of Marketing, Vol.63 (1999), No.7, pp.1432. Drucker, Peter F.: Marketing and Economic Development, in: Journal of marke­ ting, Vol.22 (1958), No.3, pp.252-259. Drucker, Peter F.: Management: Tasks, Responsibilities, Practices, New York 1985. Dubinsky, Alan J. et al.: A cross-national investigation of industrial sales­ people’s ethical perceptions, in: Journal of international business studies, Vol.22 (1991), No.4, pp.651-670. Dülfer, Eberhard: Produktionswirtschaft in Entwicklungsländern, in: Kern, Werner (Hrsg.): Handwörterbuch der Produktionswirtschaft, Stuttgart 1979, Sp. 1660-1670. Dülfer, Eberhard: Führung in Entwicklungsländern, in: Kieser, Alfred (Hrsg.): Handwörterbuch der Führung, Stuttgart 1987, Sp.271-282. Dülfer, Eberhard: Management in unterschiedlichen Kulturbereichen, in: Ham­ mer, Richard u.a. (Hrsg.): Strategisches Management Global, Wien 1992, S.174-183. Dülfer, Eberhard: Untemehmensethik - Bindeglied zwischen Untemehmens­ kultur und Landeskultur im internationalen Management, in: Kumar, Brij N./ Osterloh, Margit/Schreyögg, Georg (Hrsg.): Untemehmensethik und die Transformation des Wettbewerbs: Shareholder Value - Globalisierung - Hy­ perwettbewerb, Festschrift für Horst Steinmann zum 65. Geburtstag, Stuttgart 1999, S.365-392. Dülfer, Eberhard: Internationales Management in unterschiedlichen Kulturbe­ reichen, München - Wien 1999 (hier zitiert als Dülfer 1999a). Dunn, Malcolm H.: Zur Theorie und Praxis bürokratischer Entwicklungsgesell­ schaften, in: Körner, Heiko (Hrsg.): Zur Analyse von Institutionen im Ent­ wicklungsprozeß und in der internationalen Zusammenarbeit, Berlin 1989, S.161-165. Dunn, Malcolm H.: Entwicklungsländer-Tourismus und Umweltschutz, in: Sautter, Hermann (Hrsg.): Umweltschutz und Entwicklungspolitik, Berlin 1993, S.189-196.

280

Literaturverzeichnis

Dunn, Malcolm H.: Die Unternehmung als ein soziales System. Ein sozialwis­ senschaftlicher Beitrag zur Mikroökonomik, Berlin 1998. Dunn, Malcolm H.: Territorialität des Rechts als Problem des internationalen Managements - Ein Kommentar, in: Schenk, Karl-Emst u.a. (Hrsg.): Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie, Bd.18, Globalisierung und Rechtsordnung: Zur Neuen Institutionenökonomik internationaler Transaktionen, 1999, S.244-248. Dunn, Malcolm H.: Wirtschaftliche Entwicklung, in: Lehmann-Waffenschmidt, Marco/Herrmann-Pillath, Carsten (Hrsg.): Handbuch der Evolutorischen Öko­ nomik, Bd.2, Heidelberg 2001, S.l-9 (Veröffentlichung voraussichtlich Ende 2001). Dunn, Malcolm H.: Entwicklungspolitik, in: Lehmann-Waffenschmidt, Marco/ Herrmann-Pillath, Carsten (Hrsg.): Handbuch der Evolutorischen Ökonomik, Bd.2, Heidelberg 2001, S.l-8 (Veröffentlichung voraussichtlich Ende 2001/hier zitiert als Dunn 2001a). Dunn, Malcolm H.: Globalisierung: Wachstumsmotor oder Wachstumshemm­ nis?, in: Mager, Hans-Christian/Schäfer, Henry/Schrüfer, Klaus (Hrsg.): Pri­ vate Versicherung und Soziale Sicherung. Festschrift zum 60. Geburtstag von Roland Eisen, Marburg 2001, S.391-408 (hier zitiert als Dunn 2001b). Dyllick, Thomas: Management der Umweltbeziehungen. Öffentliche Auseinan­ dersetzung als Herausforderung, Wiesbaden 1989. Elsenhans, Hartmut: Multinationale Unternehmen: Motor der Überwindung oder der Vertiefung von Unterentwicklung, in: Harms, Jens (Hrsg.): Das Mul­ tinationale Unternehmen im sozialen Umfeld: ökonomische und ethische Aspekte, Frankfurt a. Main 1983, S.41-62. Enderle, Georges: Wirtschaftsethik im Werden. Ansätze und Problembereiche der Wirtschaftsethik, Stuttgart 1988. Enderle, Georges: Zum Zusammenhang von Wirtschaftsethik, Untemehmens­ ethik und Führungsethik, in: Steinmann, Horst/Löhr, Albert (Hrsg.): Untemeh­ mensethik, Stuttgart 1991, S.l73-187. Enderle, Georges: Zur Grundlegung einer Untemehmensethik: das Unternehmen als moralischer Akteur, in: Homann, Karl (Hrsg.): Aktuelle Probleme der Wirt­ schaftsethik, Berlin 1992, S. 143-158. Enderle, Georges: Untemehmensverantwortung der multinationalen Unterneh­ men aus der Sicht von Non-governmental organizations, in: Kumar, Brij N./ Osterloh, Margit/Schreyögg, Georg (Hrsg.): Untemehmensethik und die Transformation des Wettbewerbs: Shareholder Value - Globalisierung - Hy­ perwettbewerb, Festschrift für Horst Steinmann zum 65. Geburtstag, Stuttgart 1999, S.441-470.

Literaturverzeichnis

281

Engelhard, Johann: Verhaltenskodizes, in: Macharzina, Klaus/Welge, Martin K. (Hrsg.): Handwörterbuch Export und internationale Unternehmung, Stuttgart 1989, Sp.2155-2168. Engelhard, Johann/Gerstlauer, Michael/Hein, Silvia: Globalisierende Unter­ nehmen und Nationalstaaten - Überlegungen zur Redistribution von Staatsund Untemehmensmacht, in: Kumar, Brij N./Osterloh, Margit/Schreyögg, Georg (Hrsg.): Untemehmensethik und die Transformation des Wettbewerbs: Shareholder Value - Globalisierung - Hyperwettbewerb, Festschrift für Horst Steinmann zum 65. Geburtstag, Stuttgart 1999, S.291-317. Eretge, Frank: Freiheitsgrade bei marketingethisch relevanten Entscheidungen, Lehr- und Forschungsbericht Nr.38, Lehrstuhl Markt und Konsum der Univer­ sität Hannover, Hannover 1996. Espejo, Edgar A.: Marketingaspekte in Entwicklungsländern: eine empirische Studie am Beispiel Lateinamerika, München 1989. Essawy, Magdy A.: Internationales Marketing in Entwicklungsländern, Arbeits­ papier Nr.22 zur Schriftenreihe Schwerpunkt Marketing, Universität Augsburg 1989. Etemad, Hamid: Is Marketing the Catalyst in the Economic development process?, in: Kindra, Gurprit S. (Ed.): Marketing in developing countries, Croom Helm London 1984, pp.29-56. Fadiman, Jeffrey A.: Korruption in der Dritten Welt, in: Harvard manager, Bd.l Untemehmensethik, o.Jg., S.87-92. Fahrenbach, Helmut: Die Notwendigkeit des Projekts Weltethos - aber ohne „theonome Begründung“. Beiträge einer Philosophie kommunikativer Ver­ nunft - atheistisch, sozialistisch und diskursethisch akzentuiert, in: Küng, Hans/Kuschel, Karl-Josef (Hrsg.): Wissenschaft und Weltethos, München Zürich 1998, S.383-414. Fässler, Eduard: Gesellschaftsorientiertes Marketing: marktorientierte Unter­ nehmenspolitik im Wandel, Bem - Stuttgart 1989. Feess, Eberhard: Mikroökonomie: eine spieltheoretisch- und anwendungsorien­ tierte Einführung, Marburg 1997. Feindt, Peter Henning: Rationalität durch Partizipation? Das Mehrstufige Dialo­ gische Verfahren als Antwort auf gesellschaftliche Differenzierung, in: Feindt, Peter Henning (Hrsg.): Konfliktregelung in der offenen Bürgergesellschaft, Dettelbach 1996, S.l69-189. Ferrel, Odies C./Gresham, Larry G.: A contingency framework for understan­ ding ethical decision making in marketing, in: Journal of marketing, Vol.49 (1985), No.3, pp.87-96.

282

Literaturverzeichnis

Fischer-Winkelmann, Wolf/Rock, Reinhard: Konsumerismus, Verbraucherinteresse und Marketinglehre: Zum Stand der deutschen absatzwirtschaftlichen Konsumerismusdiskussion, in: ZfB, 47.Jg. (1977), Nr.3, S.127-152. Förschner, Maximilian: Formale Ethik - Materiale Ethik, in: Höffe, Otfried (Hrsg.): Lexikon der Ethik, München 1986, S.60-61. Friedman, Milton: Kapitalismus und Freiheit, Frankfurt a. Main - Berlin - Wien 1984. Fritzsche, David J.: Ethical issues in multinational marketing, in: Laczniak, Eugene R./Murphy, Patrick E. (Eds): Marketing ethics, Lexington (Mass.) 1987, pp.85-96. Fromm, Erich: Haben oder Sein, München 1984. Gebauer, Richard: Letzte Begründung: eine Kritik der Diskursethik von Jürgen Habermas, München 1993. Genscher, Hans-Dietrich: Globalisierung - Chance oder Gefahr?, in: Heidel­ berger Club für Wirtschaft und Kultur e. V. (Hrsg.): Globalisierung. Der Schritt in ein neues Zeitalter, Berlin 1997, S.3-14. Gergen, Kenneth J.: Global Organization: From imperialism to ethical vision, in: Organization, Vol.2 (1995), No.3/4, pp.519-532. Gerhardt, Wolfgang: Für eine globale Verantwortungsgemeinschaft, in: Ma­ nagement Berater, 4.Jg. (2000), Nr.5, S.20-22. Gerum, Elmar: Untemehmensethik und Untemehmensverfassung, in: Stein­ mann, Horst/Löhr, Albert (Hrsg.): Untemehmensethik, Stuttgart 1991, S.141152. Gil, Thomas: Ethische und kulturelle Aspekte der wirtschaftlichen Globalisie­ rung, in: Maak, Thomas/Lunau, York (Hrsg.): Weltwirtschaftsethik: Globali­ sierung auf dem Prüfstand der Lebensdienlichkeit, Bem - Stuttgart - Wien 1998, S.45-57. Gilbert, Dirk U.: Konfliktmanagement in international tätigen Unternehmen: Ein diskurs-ethischer Ansatz zur Regelung von Konflikten im interkulturellen Ma­ nagement, Sternenfels - Berlin 1998. Gilbert, Dirk U./Grimm Ulrich: Die Entscheidungsethik und ihre Anwendung in international tätigen Unternehmen, in: Wagner, Gerd Rainer (Hrsg.): Unter­ nehmensführung, Ethik und Umwelt: Hartmut Kreikebaum zum 65. Geburts­ tag, Wiesbaden 1999, S.95-125. Gilbert, Dirk U./Würthner, Christina: Die Eignung der Diskursethik zur Hand­ habung von Konflikten in international tätigen Unternehmen, Arbeitspapier Nr.2, Lehrstuhl für internationales Management der European Business School, Oestrich-Winkel 1995. Gloor, Max: Ein Leben mit Nestle. Auch Multis sind menschlich, Stäfa 1990.

Literaturverzeichnis

283

Göbel, Elisabeth: Das Management der sozialen Verantwortung, Berlin 1992. Gosh, Swati R.: Die zunehmende Bedeutung der Entwicklungsländer, in: Finan­ zierung & Entwicklung, 33.Jg. (1996), Nr.l, S.38-41. Grässlin, Jürgen: Spiel4 mir das Lied vom Tod: Intimfreunde in Indonesien, in: Koordinationskreis der Aktion „entrüstet Daimler 1995“ (Hrsg.): Broschüre des Dachverbands kritischer Aktionär/innen Daimler-Benz, Stuttgart 1995, S.21-22. Greffarth, Mathias: Das Prinzip Goldmarie, in: Die Zeit, Nr.6, 02.02.1990, S.40. Gripp, Helga: Jürgen Habermas: und es gibt sie doch - Zur kommunikations­ theoretischen Begründung von Vernunft bei Jürgen Habermas, Paderborn u.a. 1984. Gröschner, Rolf: Zur rechtsphilosophischen Fundierung einer Untemehmens­ ethik, in: Steinmann, Horst/Löhr, Albert (Hrsg.): Untemehmensethik, Stuttgart 1991, S.103-123. Grünärml, Frohmund: Entwicklungspolitik und multinationale Unternehmung, in: Macharzina, Klaus/Welge, Martin K. (Hrsg.): Handwörterbuch Export und internationale Unternehmung, Stuttgart 1989, Sp.452-468. Haas, Robert D.: Ethics - a global business challenge, in: Kumar, Brij N./ Steinmann, Horst (Eds.): Ethics in international management, Berlin - New York 1998, pp.213-220. Habermas, Jürgen: Technik und Wissenschaft als „Ideologie“, Frankfurt a. Main 1968. Habermas, Jürgen: Vorbereitende Bemerkungen zu einer Theorie kommunikati­ ver Kompetenz, in: Habermas, Jürgen/Luhmann, Niklas (Hrsg.): Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie - Was leistet die Systemforschung?, Frankfurt a. Main 1971, S. 101 -141. Habermas, Jürgen: Wahrheitstheorien, in: Fahrenbach, Helmut (Hrsg.): Wirk­ lichkeit und Reflexion. Walter Schulz zum 60. Geburtstag, Pfullingen 1973, S.211-265. Habermas, Jürgen: Was heißt Universalpragmatik?, in: Apel, Karl-Otto (Hrsg.): Sprachpragmatik und Philosophie, Frankfurt a. Main 1976, S. 174-272. Habermas, Jürgen: Zur Rekonstruktion des Historischen Materialismus, Frank­ furt a. Main 1976 (hier zitiert als Habermas 1976a). Habermas, Jürgen: Konventionelle oder kommunikative Ethik?, in: Apel, KarlOtto u.a. (Hrsg.): Praktische Philosophie/Ethik. Reader zum Funkkolleg, Bd.l, Frankfurt a. Main 1980, S.32-45. Habermas, Jürgen: Vorstudien und Ergänzungen zur Theorie des kommunikati­ ven Handelns, Frankfurt a. Main 1984.

284

Literaturverzeichnis

Habermas, Jürgen: Zur Logik der Sozialwissenschaften, Frankfurt a. Main 1985. Habermas, Jürgen: Moralbewußtsein und kommunikatives Handeln, Frankfurt a. Main 1992. Habermas, Jürgen: Erläuterungen zur Diskursethik, Frankfurt a. Main 1992 (hier zitiert als Habermas 1992a). Habermas, Jürgen: Nachmetaphysisches Denken - philosophische Aufsätze. Frankfurt a. Main 1992 (hier zitiert als Habermas 1992b). Habermas, Jürgen: Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaates, Frankfurt a. Main 1994. Habermas, Jürgen: Theorie des kommunikativen Handelns, Bd.l: Handlungs­ rationalität und gesellschaftliche Rationalisierung, Frankfurt a. Main 1995. Habermas, Jürgen: Theorie des kommunikativen Handelns, Bd.2: Zur Kritik der funktionalistischen Vernunft, Frankfurt a. Main 1995 (hier zitiert als Habermas 1995a). Hahne, Dietrich: Marketing in Entwicklungsländern, München - Florenz 1979. Hansen, Ursula: Die Stellung der Konsumenten im Prozeß der unternehmer­ ischen Produktentwicklung, in: Marketing ZFP, 4.Jg. (1982), Nr.l, S.27-36. Hansen, Ursula: Marketing und soziale Verantwortung, in: DBW, 48.Jg. (1988), Nr.6, S.711-721. Hansen, Ursula: Stellungnahme zu den Diskussionsbeiträgen zu „Marketing und soziale Verantwortung“ von Bodo Abel, Helmuth Lenders, Matthias Rath, Klaus-Ulrich Remmerbach, Horst Steinmann/Albert Löhr und Hartmut Wächter, in: DBW, 49.Jg. (1989), Nr.l, S. 126-128. Hansen, Ursula: Marketing - Ethik, in: Diller, Hermann (Hrsg.): Vahlens großes Marketinglexikon, München 1992, S.660-661. Hansen, Ursula: Marketing, in: Enderle, Georges u.a. (Hrsg.): Lexikon der Wirt­ schaftsethik, Freiburg - Basel - Wien 1993, Sp.633-643. Hansen, Ursula: Ethik und Marketing, in: Tietz, Bruno (Hrsg.): Enzyklopädie der Betriebswirtschaftslehre, Bd.4: Handwörterbuch des Marketing, Stuttgart 1995, Sp.615-628. Hansen, Ursula: Marketing-Konzepte für die EXPO 2000: Marketing könnte den weltweiten Dialog moderieren, in: Absatzwirtschaft, 38.Jg. (1995), Nr.8, S.32 (hier zitiert als Hansen 1995a). Hansen, Ursula: Verbraucher- und umweltorientiertes Marketing - Spurensuche einer dialogischen Marketingethik, in: Hansen, Ursula (Hrsg.): Verbraucherund umweltorientiertes Marketing: Spurensuche einer dialogischen Marketing­ ethik, Stuttgart 1995, S.3-9 (hier zitiert als Hansen 1995b). Hansen, Ursula (Hrsg.): Marketing im gesellschaftlichen Dialog, Frankfurt a. Main - New York 1996.

Literaturverzeichnis

285

Hansen, Ursula: Implikationen von Responsible Care für die Betriebswirt­ schaftslehre, in: Steinmann, Horst/Wagner, Gerd-Rainer (Hrsg.): Umwelt und Wirtschaftsethik, Stuttgart 1998, S.130-145. Hansen, Ursula u.a.: Untemehmensdialoge als besondere Verfahren des Interes­ senausgleichs zwischen Unternehmen und Gesellschaft, in: Hansen, Ursula (Hrsg.): Verbraucher- und umweltorientiertes Marketing: Spurensuche einer dialogischen Marketingethik, Stuttgart 1995, S.109-125. Hansen, Ursula/Bode, Matthias: Blinde Flecken der Marketingwissenschaft Das Problem der „4Gs“, in: Bruhn, Manfred/Steffenhagen, Hartwig (Hrsg.): Marktorientierte Untemehmensfuhrung: Reflexionen - Denkanstösse Perspektiven, Heribert Meffert zum 60. Geburtstag, Wiesbaden 1997, S.57-83. Hansen, Ursula/Bode, Matthias: Marketing und Konsum: Theorie und Praxis von der Industrialisierung bis ins 21. Jahrhundert, München 1999. Hansen, Ursula/Jeschke, Kurt/Schöber, Peter: Beschwerdemanagement - Die Karriere einer kundenorientierten Untemehmensstrategie im Konsumgüter­ sektor, in: Marketing ZFP, 17.Jg. (1995), Nr.2, S.77-88. Hansen, Ursula/Lübke, Volkmar/Schoenheit, Ingo: Der Untemehmenstest als Informationsinstrument für ein sozial-ökologisch verantwortliches Wirtschaf­ ten, in: ZfB, 63.Jg. (1993), Nr.6, S.587-611. Hansen, Ursula/Niedergesäß, Ulrike/Rettberg, Bernd: Dialogische Kommuni­ kationsverfahren zur Vorbeugung und Bewältigung von Umweltskandalen. Das Beispiel des Untemehmensdialogs, in: Bentele, Günter/Steinmann, Horst/Zerfaß, Ansgar (Hrsg.): Dialogorientierte Untemehmenskommunikation: Grundlagen - Praxiserfahrungen - Perspektiven, Berlin 1996, S.307-331. Hansen, Ursula/Niedergesäß, Ulrike/Rettberg, Bernd: Untemehmensdialoge jeder Dialog ein Kunstwerk, in: Absatzwirtschaft, 4O.Jg. (1997), Nr.9, S.l 04109. Hansen, Ursula/Niedergesäß, Ulrike/Rettberg, Bernd: Untemehmensdialoge mit gesellschaftlichen Meinungsführem. Das Beispiel Procter & Gamble, in: PR-Magazin: Informationen für Führungskräfte in der Kommunikationsbran­ che, 28.Jg. (1997), Nr.4, S.43-50 (hier zitiert als Hansen/Niedergesäß/Rettberg 1997a). Hansen, Ursula/Niedergesäß, Ulrike/Rettberg, Bernd: Untemehmensdialoge zur verständigungsorientierten Gestaltung der Umweltbeziehungen - Bericht aus einem Forschungsprojekt, in: Kumar, Brij N./Osterloh, Margit/Schreyögg, Georg (Hrsg.): Untemehmensethik und die Transformation des Wettbewerbs: Shareholder Value - Globalisierung - Hyperwettbewerb, Festschrift für Horst Steinmann zum 65. Geburtstag, Stuttgart 1999, S.535-565.

286

Literaturverzeichnis

Hansen, Ursula/Raabe, Thorsten: Konsumentenbeteiligung an der Produktent­ wicklung als Form des Dialogs zwischen Unternehmen und Verbrauchern, in: Hansen, Ursula/Raabe, Thorsten/Schoenheit, Ingo (Hrsg.): Konsumentenbe­ teiligung an der Produktentwicklung - Dialoge zwischen Unternehmen und Verbrauchern, Hannover 1988, S.l-22. Hansen, Ursula/Raabe, Thorsten: Konsumentenbeteiligung an der Produktent­ wicklung von Konsumgütem. Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, in: ZfB, 61.Jg. (1991), Nr.2, S. 171 -194. Hansen, Ursula/Raabe, Thorsten: Theoretische Grundlagen des Dialogs als Interessenausgleichsinstrument im Markt, in: Hansen, Ursula (Hrsg.): Verbrau­ cher- und umweltorientiertes Marketing: Spurensuche einer dialogischen Marketingethik, Stuttgart 1995, S.49-71. Hansen, Ursula/Schoenheit, Ingo: Die Verbraucherabteilung - eine Form des Dialogs zwischen Unternehmen und Verbrauchern, in: Hansen, Ursula/ Schoenheit, Ingo (Hrsg.): Verbraucherabteilungen in privaten und öffentlichen Unternehmen, Frankfurt a. Main 1985, S.13-23. Hansen, Ursula/Schoenheit, Ingo: Unternehmen und gesellschaftliche Verant­ wortung. Was belohnen Konsumenten?, in: Absatzwirtschaft, 36.Jg. (1993), Nr.12, S.70-74. Hansen, Ursula/Schoenheit, Ingo/Devries, Jan: Haarpflege und Gesundheit ein haariges Thema?, in: Hansen, Ursula (Hrsg.): Verbraucher- und umwelt­ orientiertes Marketing: Spurensuche einer dialogischen Marketingethik, Stutt­ gart 1995, S.72-108. Hansen, Ursula/Stauss, Bernd: Marketing und Verbraucherpolitik - ein Über­ blick, in: Hansen, Ursula/Stauss, Bemd/Riemer, Martin (Hrsg.): Marketing und Verbraucherpolitik, Stuttgart 1982, S.2-20. Hansen, Ursula/Stauss, Bernd: Marketing als marktorientierte Untemehmenspolitik oder als deren integrativer Bestandteil?, in: Marketing ZFP, 5.Jg. (1983), Nr.5, S.77-86. Hansen, Ursula/Stauss, Bernd: Funktionen einer Verbraucherabteilung und Kriterien ihrer Einrichtung, in: Hansen, Ursula/Schoenheit, Ingo (Hrsg.): Ver­ braucherabteilungen in privaten und öffentlichen Unternehmen, Frankfurt a. Main 1985, S.149-172. Harper, Malcolm: Advertising in a developing economy: Opportunity and Res­ ponsibility, in: European Journal of Marketing, Vol.9 (1975), No.3, pp.215223.

Literaturverzeichnis

287

Haussmann, Helmut/Mandt, Stefanie: Dialogethik und interkulturelles Ma­ nagement, in: Kumar, Brij N./Osterloh, Margit/Schreyögg, Georg (Hrsg.): Untemehmensethik und die Transformation des Wettbewerbs: Shareholder Value - Globalisierung - Hyperwettbewerb, Festschrift für Horst Steinmann zum 65. Geburtstag, Stuttgart 1999, S.393-408. Hax, Herbert: Untemehmensethik - Ordnungselement der Marktwirtschaft?, in: ZfbF, 45.Jg. (1993), Nr.9, S.769-779. Heinen, Edmund: Käufersouveränität, in: Tietz, Bruno (Hrsg.): Handwörterbuch der Absatzwirtschaft, Stuttgart 1974, Sp.951-966. Hemmer, Hans-Rimbert: Wirtschaftsprobleme der Entwicklungsländer: eine Einführung, München 1988. Hensel, Paul J./Dubinsky, Alan J.: Ethical Dilemmas in Marketing: A Ratio­ nale, in: Journal of Business Ethics, Vol.5 (1986), No.5, pp.63-67. Herkströter, Cornelius: Dilemmata multinationaler Unternehmen, in: Deutsche Shell AG (Hrsg.): Analysen und Vorträge, Nr.l, Hamburg 1997, S.l-8. Hermanns, Arnold: Aufgaben des internationalen Marketing-Managements, in: Hermanns, Amold/Wißmeier, Urban Kilian (Hrsg.): Internationales Marke­ ting-Management: Grundlagen, Strategien, Instrumente, Kontrolle und Organi­ sation, München 1995, S.23-68. Hermanns, Arnold/Wißmeier, Urban Kilian: Entwicklung, Bedeutung und theoretische Aspekte des internationalen Marketing-Managements, in: Hermanns, Amold/Wißmeier, Urban Kilian (Hrsg.): Internationales Marke­ ting-Management: Grundlagen, Strategien, Instrumente, Kontrolle und Organi­ sation, München 1995, S. 1-21. Herzog, Roman: Für eine globale Verantwortungsgemeinschaft, in: FAZ, Nr.24, 29.01.1999, S.8. Hesse, Helmut: Internationale Wirtschaftsbeziehungen als Gegenstand der Wirt­ schaftsethik, in: Hesse, Helmut (Hrsg.): Wirtschaftswissenschaft und Ethik, Berlin 1988, S.197-214. Hinterhuber, Hans H./Nill, Alexander: Untemehmensethik im Kontext inter­ kultureller Geschäftsbeziehungen, in: Journal für Betriebswirtschaft, 43.Jg. (1993), Nr.6, S.258-277. Höffe, Otfried: Ethik, in: Höffe, Otfried (Hrsg.): Lexikon der Ethik, München 1986, S.54-55. Höffe, Otfried: Relativismus, in: Höffe, Otfried (Hrsg.): Lexikon der Ethik, München 1986, S.205-207 (hier zitiert als Höffe 1986a). Höffe, Otfried: Normative Ethik, in: Höffe, Otfried (Hrsg.): Lexikon der Ethik, München 1986, S.l83-184 (hier zitiert als Höffe 1986b). Höffe, Otfried: Verantwortung, in: Höffe, Otfried (Hrsg.): Lexikon der Ethik, München 1986, S.263-264 (hier zitiert als Höffe 1986c).

288

Literaturverzeichnis

Hoffmann, Friedrich/Rebstock, Wolfgang: Untemehmensethik: Eine Heraus­ forderung an die Unternehmung, in: ZfB, 59.Jg. (1989), Nr.6, S.667-687. Hofstede, Geert: Die Bedeutung von Kultur und ihre Dimensionen im internatio­ nalen Management, in: Kumar, Brij N./Haussmann, Helmut (Hrsg.): Handbuch der internationalen Untemehmenstätigkeit: Erfolgs- und Risikofaktoren, Märkte, Export-, Kooperations- und Niederlassungsmanagement, München 1992, S.325-341. Holzmüller, Hartmut H.: interkulturelle Konsumentenforschung, in: Macharzina, Klaus/Welge, Martin K. (Hrsg.): Handwörterbuch Export und internatio­ nale Unternehmung, Stuttgart 1989, Sp.l 143-1157. Holzmüller, Hartmut H.: Konzeptionelle und methodische Probleme in der in­ terkulturellen Management- und Marketingforschung, Stuttgart 1995. Homann, Karl: Der Sinn der Untemehmensethik in der Marktwirtschaft, in: Corsten, Hans/Schuster, Leo/Stauss, Bernd (Hrsg.): Die soziale Dimension der Unternehmung, Berlin 1991, S.97-118. Homann, Karl: Marktwirtschaftliche Ordnung und Untemehmensethik, in: Un­ temehmensethik: Konzepte - Grenzen - Perspektiven, ZfB Ergänzungsheft Nr.l, Wiesbaden 1992, S.75-90. Homann, Karl: Ist der Begriff „Gerechtigkeit“ auf das Verhältnis zwischen In­ dustrienationen und Entwicklungsländern anwendbar?, in: Schuster, Leo (Hrsg.): Die Unternehmung im internationalen Wettbewerb, Berlin 1994, S.103-119. Homann, Karl: Untemehmensethik und Korruption, in: ZfbF, 49.Jg. (1997), Nr.3, S.187-209. Homann, Karl u.a.: Wirtschaftswissenschaft und Ethik, in: Hesse, Helmut (Hrsg.): Wirtschaftswissenschaft und Ethik, Berlin 1988, S.9-33. Homann, Karl/Blome-Drees, Franz: Wirtschafts- und Untemehmensethik, Göttingen 1992. Homann, Karl/Blome-Drees, Franz: Untemehmensethik - Managementethik, in: DBW, 55.Jg. (1995), Nr.l, S.95-114. Homann, Karl/Gerecke, Uwe: Ethik der Globalisierung: Zur Rolle der multina­ tionalen Unternehmen bei der Etablierung moralischer Standards, in: Kutschker, Michael (Hrsg.): Perspektiven der internationalen Wirtschaft, Wiesbaden 1999, S.429-457. Honecker, Martin: Ethik, in: Enderle, Georges u.a. (Hrsg.): Lexikon der Wirt­ schaftsethik, Freiburg - Basel - Wien 1993, Sp.249-258. Hoppe, Hansgeorg: Ethische Positionen im Vergleich: Utilitarismus (Hare) Vertragstheorie (Rawls) - Diskursethik (Apel/Habermas), in: Deutsche Zeit­ schrift für Philosophie, 4O.Jg. (1992), Nr.5, S.503-512.

Literaturverzeichnis

289

Horn, Karen: Erst das Fressen und dann die Moral, in: FAZ, Nr.77, 31.03.2001, S.14. Hörschgen, Hans: internationale Distributionskanäle, in: Macharzina, Klaus/ Welge, Martin K. (Hrsg.): Handwörterbuch Export und internationale Unter­ nehmung, Stuttgart 1989, Sp.341-348. Horster, Detlef: Erkenntnis und Moral bei Habermas, in: Negt, Oskar (Hrsg.): Theorie und Praxis heute - ein Kolloquium zur Theorie und politischen Wirk­ samkeit von Jürgen Habermas, Frankfurt a. Main 1990, S.22-31. Horster, Detlef: Habermas zur Einführung, Hamburg 1995. Horster, Detlef: Jürgen Habermas zur Einführung, Hamburg 1999. Hösle, Vittorio: Soll Entwicklung sein? Und wenn ja, welche Entwicklung?, in: Leisinger, Klaus M./Hösle, Vittorio (Hrsg.): Entwicklung mit menschlichem Antlitz: die dritte und die erste Welt im Dialog, München 1995, S.9-38. Hosley, Suzanne/Wee, Chow Hou: Marketing and Economic Development: Focusing on the less developed countries, in: Journal of macromarketing, Vol.8 (1988), No.l, pp.43-53. Huber, Stefan/Lange, Albrecht: Personalentwicklung für internationale Aufga­ ben, in: Kumar, Brij N./Wagner, Dieter (Hrsg.): Handbuch des internationalen Personalmanagements, München 1998, S. 105-126. Hüller, Günter: Marketing und Entwicklungsländer, in: Geisbüsch, Hans-Georg (Hrsg.): Marketing, Landsberg/Lech 1991, S.707-717. Hummel, Thomas: Internationales Marketing, München - Wien 1994. imug/Emnid (Hrsg.): Unternehmen und Verantwortung. Zusammenfassung einer empirischen Studie, imug-Arbeitspapier 2/1993, Bielefeld - Hannover 1993. Irmscher, Markus: Markenwertmanagement: Aufbau und Erhalt von Marken­ wissen und -vertrauen im Wettbewerb, Frankfurt a. Main u.a. 1997. Iyer, Gopalkrishnan R.: Ethical issues in international marketing, in: Kumar, Brij N./Steinmann, Horst (Eds.): Ethics in international management, Berlin New York 1998, pp.221-241. Jahnke, Ralph: Wirtschaftlichkeitsaspekte interkultureller Kommunikation: In­ terkulturelle Kommunikation in international tätigen Unternehmen unter be­ sonderer Berücksichtigung von Führungskräften, Sternenfels - Berlin 1996. Janisch, Monika: Das strategische Anspruchsgruppenmanagement: vom Share­ holder Value zum Stakeholder Value, Bem - Stuttgart - Wien 1993. Jenner, Thomas: Zur Integration des Marketing in das strategische Management, in: Die Unternehmung, 51.Jg. (1997), Nr.l, S.33-47. Jeschke, Barnim G.: Konfliktmanagement und Untemehmenserfolg; Ein situati­ ver Ansatz, Wiesbaden 1993.

290

Literaturverzeichnis

Jonas, Hans: Das Prinzip Verantwortung: Versuch einer Ethik für die technolo­ gische Zivilisation, Frankfurt a. Main 1979. Jones, Thomas M.: Ethical decision making by individuals in organizations: An issue-contingent model, in: Academy of management review, Vol. 16 (1991), No.2, pp.366-395. Jönk, Uwe: Ethische Fragen in der betrieblichen Praxis eines international täti­ gen Unternehmens, in: ZfB-Ergänzungsheft Nr. 1, Untemehmensethik: Kon­ zepte - Grenzen - Perspektiven, Wiesbaden 1992, S. 163-173. Jöstingmeier, Bernd: Zur Untemehmensethik international tätiger Unternehmen, Göttingen 1994. Jöstingmeier, Bernd: Pragmatische Untemehmensethik als strategischer Er­ folgsfaktor, in: Jöstingmeier, Bernd (Hrsg.): Aktuelle Probleme der Genossen­ schaften aus rechtswissenschaftlicher und wirtschaftswissenschaftlicher Sicht: Eberhard Dülfer und Volker Beuthien gewidmet, Göttingen 1994, S.251-275 (hier zitiert als Jöstingmeier 1994a). Kaas, Klaus P.: Marketing als Bewältigung von Informations- und Unsicher­ heitsproblemen im Markt, in: DBW, 50.Jg. (1990), Nr.4, S.539-548. Kaas, Klaus P.: Marktinformationen: Screening und Signaling unter Partnern und Rivalen, in: ZfB, 61.Jg. (1991), Nr.3, S.357-370. Kaas, Klaus P.: Marketing und Neue Institutionenlehre, Arbeitspapier Nr.l aus dem Forschungsprojekt „Marketing und ökonomische Theorie“, Frankfurt a. Main 1992. Kaas, Klaus P.: Marketing-Mix, in: Diller, Hermann (Hrsg.): Vahlens großes Marketinglexikon, München 1992, S.682-686 (hier zitiert als Kaas 1992a). Kaas, Klaus P.: Marketing und Neue Institutionenökonomik, in: Kaas, Klaus P. (Hrsg.): Kontrakte, Geschäftsbeziehungen, Netzwerke - Marketing und Neue Institutionenökonomik, ZfbF, 47.Jg. (1995), Sonderheft 35, S.l-18. Kaas, Klaus P.: Informationsökonomik, in: Tietz, Bruno/Köhler, Richard/Zentes, Joachim (Hrsg.): Handwörterbuch des Marketing, Stuttgart 1995, Sp.971-981 (hier zitiert als Kaas 1995a). Kaas, Klaus P.: Ethische Aspekte des Absatz- und Beschaffungsmarketing, Ar­ beitspapier Nr.8, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marke­ ting, Frankfurt a. Main 1997. Kaas, Klaus P.: Marketing und Ethik, in: Wagner, Gerd Rainer (Hrsg.): Unternehmensfuhrung, Ethik und Umwelt: Hartmut Kreikebaum zum 65. Geburts­ tag, Wiesbaden 1999, S.l26-150. Kaas, Klaus P.: Absatz- und Beschaffungsmarketing, in: Korff, Wilhelm u.a. (Hrsg.): Handbuch der Wirtschaftsethik, Bd.3, Gütersloh 1999, S.232-274 (hier zitiert als Kaas 1999a).

Literaturverzeichnis

291

Kaas, Klaus P./Busch, Anina: Inspektions-, Erfahrungs- und Vertrauenseigen­ schaften von Produkten, in: Marketing ZFP, 18.Jg. (1996), Nr.4, S.243-252. Kaas, Klaus P./Runow, Herbert: Wie befriedigend sind die Ergebnisse der For­ schung zur Verbraucherzufriedenheit?, in: DBW, 44.Jg. (1984), Nr.3, S.451460. Kallen, Paul-Bernhard: Direktinvestitionen deutscher Unternehmen in Ent­ wicklungsländern: theoretische Analyse und empirische Befunde, Frankfurt a. Main u.a. 1987. Kambartel, Friedrich: Versuch über das Verstehen, in: „Der Löwe spricht ... und wir können ihn nicht verstehen“. Ein Symposium an der Universität Frankfurt anläßlich des hundertsten Geburtstages von Ludwig Wittgenstein, Frankfurt a. Main 1991, S. 121 -137. Kammel, Andreas/Teichelmann, Dirk: Internationaler Personaleinsatz. Kon­ zeptionelle und instrumentelle Grundlagen, München - Wien 1994. Karl, Gerhard: Ethik und Werbung: Verletzt Werbung religiöse Gefühle?, in: Werbeforschung & Praxis, 36.Jg. (1991), Nr.4, S.155. Kay-Enders, Beate: Marketing und Ethik: Grundlagen - Determinanten - Hand­ lungsempfehlungen, Wiesbaden 1996. Kaynak, Erdener: Marketing in the Third World, New York 1982. Kaynak, Erdener: Marketing-research techniques and approaches for LDC’s, in: Kindra, Gurprit S. (Ed.): Marketing in developing countries, Croom Helm London 1984, pp.238-252. Kaynak, Erdener: Marketing and Economic Development, New York et al. 1986. Kaynak, Erdener/Hudanah, Ben Issa: Operationalising the relationship bet­ ween marketing and economic development: Some insights from less de­ veloped countries, in: European Journal of Marketing, Vol.21 (1987), No.l, pp.48-65. Keegan, Warren J.: Global Marketing Management, Englewood Cliffs 1989. Keegan, Warren J./Still, Richard R./HÜ1, John S.: Transferability and adapta­ bility of products and promotion themes in multinational marketing, in: Journal of global marketing, Vol.l (1987), No.4, pp.85-103. Keller, Eugen von: Management in fremden Kulturen, Bem - Stuttgart 1982. Kerber, Walter: Bewußtseinsorientierung: Zur Begründung ethischer Normen in einer säkularisierten Wirtschaft, in: Kaufmann, Franz-Xaver/Kerber, Walter/ Zulehner, Paul M. (Hrsg.): Ethos und Religion bei Führungskräften. Studie im Auftrag des Arbeitskreises für Führungskräfte in der Wirtschaft, München 1986, S.121-214.

292

Literaturverzeichnis

Kesselring, Thomas: Entwicklungshilfe - ethische Aspekte, in: Leisinger, Klaus M./Hösle, Vittorio (Hrsg.): Entwicklung mit menschlichem Antlitz: die dritte und die erste Welt im Dialog, München 1995, S.226-262. Kieser, Alfred: Konflikte in Organisationen: Organisationsstruktur und Bedürf­ nisse des Individuums, in: WiSt, 12.Jg. (1983), Nr.8, S.381-388. Kindra, Gurprit S.: Preface, in: Kindra, Gurprit S. (Ed.): Marketing in develo­ ping countries, Croom Helm London 1984, pp.xi-xii. Kinsey, Joanna: The Role of Marketing in Economic Development, in: Euro­ pean Journal of Marketing, Vol. 16 (1982), No.6, pp.64-77. Kinsey, Joanna: Marketing in developing countries, Houndmills - Basinstoke Hampshire 1988. Kirsch, Werner/Knyphausen-Aufseß, Dodo zu: Gibt es in betriebswirtschaft­ lichen Organisationen ein verständigungsorientiertes Handeln, in: DBW, 53.Jg. (1993), Nr.2, S.221-234. Klaus, Hans/Richter, Bernd/Terzidis, Konstantin: Personalentwicklung im Spannungsfeld von Globalisierung und Ethik, in: Kumar, Brij N./Osterloh, Margit/Schreyögg, Georg (Hrsg.): Untemehmensethik und die Transformation des Wettbewerbs: Shareholder Value - Globalisierung - Hyperwettbewerb, Festschrift für Horst Steinmann zum 65. Geburtstag, Stuttgart 1999, S.511532. Klump, Rainer: Wirtschaftswachstum und institutionelle Entwicklung, in: KfW (Hrsg.): Die Bedeutung der Neuen Institutionenökonomik für die Entwick­ lungsländer, Frankfurt a. Main 1998, S.107-124. Knapp, Hans G.: Marketing: Sozialtechnik oder Marktethik?, in: Schauenberg, Bernd (Hrsg.): Wirtschaftsethik, Wiesbaden 1990, S.69-82. Knyphausen-Aufseß, Dodo zu: Multinationale Unternehmen und gesellschaft­ liche Verantwortung, in: Lachmann, Wemer/Farmer, Karl/Haupt, Reinhard (Hrsg.): Globalisierung: Arbeitsteilung oder Wohlstandsteilung?, Münster 1998, S.25-58. Köhler, Richard: Führung im Marketingbereich, in: Kieser, Alfred u.a. (Hrsg.): Handwörterbuch der Führung, Enzyklopädie der Betriebswirtschaftslehre, Bd. 10, Stuttgart 1987, Sp.1389-1403. Königswieser, Roswita: Die Risikogesellschaft aus systemtheoretischer Sicht, in: Schmitz, Christof/Gester, Peter-W./Heitger, Barbara (Hrsg.): Managerie: Systemisches Denken und Handeln im Management, Berlin 1992, S.229-244. Korff, Wilhelm: Untemehmensethik und marktwirtschaftliche Ordnung, in: Zeit­ schrift für interne Revision, 27.Jg. (1992), Nr.l, S.l-16. Kotier, Philip: Foreword, in: Kindra, Gurprit S. (Ed.): Marketing in developing countries, Croom Helm London 1984, pp.viii-x.

Literaturverzeichnis

293

Kotier, Philip: The potential contributions of marketing thinking to economic development, in: Kumcu, Erdogan/Firat, Fuat A. (Eds.): Marketing and De­ velopment: Toward broader dimensions, Greenwich - London 1988, pp.1-10. Kotler, Philip/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management: Analyse, Planung, Umsetzung und Steuerung, Stuttgart 1992. Kötter, Rudolf: Fundierungsprobleme einer Untemehmensethik im Rahmen der neoklassischen Gleichgewichtstheorie, in: Steinmann, Horst/Löhr, Albert (Hrsg.): Untemehmensethik, Stuttgart 1991, S.125-138. Kramer, Rolf: Sozialer Konflikt und christliche Ethik, Berlin 1988. Kramer, Rolf: Konflikt, in: Enderle, Georges u.a. (Hrsg.): Lexikon der Wirt­ schaftsethik, Freiburg - Basel - Wien 1993, Sp.528-535. Kreikebaum, Hartmut: Zur Akzeptanz strategischer Planungssysteme, in: Mar­ keting ZFP, 5 Jg. (1983), Nr.2, S.103-107. Kreikebaum, Hartmut: Ansätze der strategischen Marketingplanung und Pro­ bleme ihrer organisatorischen Umsetzung, in: Raffee, Hans/Wiedmann, KlausPeter (Hrsg.): Strategisches Marketing, Stuttgart 1985, S.283-298. Kreikebaum, Hartmut: Wettbewerbsanalysen für Marketingentscheidungen, in: Bruhn, Manfred (Hrsg.): Handbuch des Marketing. Anforderungen an Marke­ tingkonzeptionen aus Wissenschaft und Praxis, München 1989, S. 131-156. Kreikebaum, Hartmut: internationale Planung, in: Macharzina, Klaus/Welge, Martin K. (Hrsg.): Handwörterbuch Export und internationale Unternehmung, Stuttgart 1989, Sp.1650-1658 (hier zitiert als Kreikebaum 1989a). Kreikebaum, Hartmut: Grundzüge einer theologisch orientierten Umweltethik, in: Steinmann, Horst/Löhr, Albert (Hrsg.): Untemehmensethik, Stuttgart 1991, S.213-224. Kreikebaum, Hartmut: Untemehmensethik und strategische Planung, in: Hahn, Dietger/Taylor, Bernard (Hrsg.): Strategische Untemehmensplanung - Strate­ gische Untemehmensfuhrung, Heidelberg 1992, S.838-851. Kreikebaum, Hartmut: Kulturelles Unverständnis prägt Fehlentscheidungen. Ethische Konflikte in multinationalen Firmen (1), in: Blick durch die Wirt­ schaft, 38.Jg. (1995), Nr. 141 vom 25.Juli, S.l. Kreikebaum, Hartmut: Information schafft die notwendige Vertrauensbasis. Ethische Konflikte in multinationalen Firmen (2), in: Blick durch die Wirt­ schaft, 38.Jg. (1995), Nr.142 vom 26.Juli, S.l (hier zitiert als Kreikebaum 1995a). Kreikebaum, Hartmut: Europäisierungsstrategien und interkulturelles Manage­ ment, in: Scholz, Christian/Zentes, Joachim (Hrsg.): Strategisches EuroManagement, Stuttgart 1995, S.73-84 (hier zitiert als Kreikebaum 1995b). Kreikebaum, Hartmut: Grundlagen der Untemehmensethik, Stuttgart 1996.

294

Literaturverzeichnis

Kreikebaum, Hartmut: Anforderungen an die Strategische Untemehmensplanung international tätiger Unternehmen durch die Zunahme ethischer Kon­ flikte, in: European Business School (Hrsg.): Erfahrung - Bewegung Strategie, Wiesbaden 1996, S.373-397 (hier zitiert als Kreikebaum 1996a). Kreikebaum, Hartmut: Die Integration moralischer Aspekte in die Untemeh­ mensführung durch das Konzept der Entscheidungsethik, in: Bruhn, Manfred/Steffenhagen, Hartwig (Hrsg.): Marktorientierte Untemehmensführung: Reflexionen - Denkanstösse - Perspektiven. Heribert Meffert zum 60. Ge­ burtstag, Wiesbaden 1997, S.229-249. Kreikebaum, Hartmut: Multinationale Konzerne - grenzenlos aktiv, in: UNI Magazin, 21.Jg. (1997), Nr.6, S.30-33 (hier zitiert als Kreikebaum 1997a). Kreikebaum, Hartmut: Strategische Untemehmensplanung, Stuttgart - Berlin Köln 1997 (hier zitiert als Kreikebaum 1997b). Kreikebaum, Hartmut: Untemehmensethik und Globalisierungsstrategien, in: Handlbauer, Gernot u.a. (Hrsg.): Perspektiven im strategischen Management: Festschrift anläßlich des 60. Geburtstags von Prof. Hans H. Hinterhuber, Berlin-New York 1998, S.l67-181. Kreikebaum, Hartmut: Organisationsmanagement internationaler Unter­ nehmen: Grundlagen und neue Strukturen, Wiesbaden 1998 (hier zitiert als Kreikebaum 1998a). Kreikebaum, Hartmut: Vertrauen als ethisches Problem, in: Kahle, Egbert (Hrsg.): Markt-Kunde-Vertrauen - Zukunft diakonischer Dienstleistungen, 3. Management-Symposium der Diakonischen Heime in Kästorf, Arbeitsbericht Nr.210, Lüneburg 1999, S.31-41. Kreikebaum, Hartmut: Die Ethikkomponente im Umweltmanagement, in: Seidel, Eberhard (Hrsg.): Betriebliches Umweltmanagement im 21. Jahrhundert - Aspekte, Aufgaben, Perspektiven, Berlin - Heidelberg - New York 1999, S.89-102 (hier zitiert als Kreikebaum 1999a). Kreikebaum, Hartmut: Internationale Probleme der Untemehmensethik, in: ZfB, 70.Jg. (2000), Nr.2, S. 143-161. Kreikebaum, Hartmut/Behnam, Michael/Gilbert, Dirk U.: Diskursives Kon­ fliktmanagement im Rahmen der Strategischen Untemehmensplanung interna­ tional tätiger Unternehmen, Arbeitspapier Nr.4, Lehrstuhl für internationales Management der European Business School, Oestrich-Winkel 1996. Kreikebaum, Hartmut/Behnam, Michael/Gilbert, Dirk U.: Ethische Konflikte Multinationaler Unternehmen, Wiesbaden 2001. Krenzier, Horst/Landwehr, Oliver: Gentechnisch veränderte Lebensmittel bringen Konflikte. Unterschiedliche Meinungen in Amerika und Europa, in: FAZ, Nr. 125, 30.05.2000, S.28.

Literaturverzeichnis

295

Kroeber-Riel, Werner: Ideologische Komponenten der entscheidungsorientier ­ ten Absatztheorie, in: Weinberg, Peter/Behrens, Gerold/Kaas, Klaus P. (Hrsg.): Marketingentscheidungen, Köln 1974, S.29-49. Kroeber-Riel, Werner: Kritik und Neuformulierung der Verbraucherpolitik auf verhaltenswissenschaftlicher Grundlage, in: DBW, 37.Jg. (1977), Nr.l, S.89103. Kroeber-Riel, Werner/Weinberg, Peter: Konsumentenverhalten, München 1996. Krüger, Wilfried: Theorie untemehmungsbezogener Konflikte, in: ZfB, 51 .Jg. (1981), Nr.9, S.910-951. Krulis-Randa, Jan S.: Marketingwissenschaft: Stand und Entwicklung, Diskus­ sionsbeitrag Nr. 11 des Instituts für betriebswirtschaftliche Forschung der Uni­ versität Zürich, Zürich 1993. Krystek, Ulrich: Vertrauen als vernachlässigter Erfolgsfaktor der Internationali­ sierung, in: Krystek, Ulrich/Zur, Eberhard (Hrsg.): Internationalisierung: Eine Herausforderung für die Untemehmensfuhrung, Berlin u.a. 1997, S.543-562. Krystek, Ulrich/Zur, Eberhard: Untemehmenskultur, Strategie und Akquisi­ tion, in: Krystek, Ulrich/Zur, Eberhard (Hrsg.): Internationalisierung: Eine Herausforderung für die Untemehmensführung, Berlin u.a. 1997, S.511-526. Kühn, Richard/Jenner, Thomas: Marketing und Shareholder Value, in: Kumar, Brij N./Osterloh, Margit/Schreyögg, Georg (Hrsg.): Untemehmensethik und die Transformation des Wettbewerbs: Shareholder Value - Globalisierung Hyperwettbewerb, Festschrift für Horst Steinmann zum 65. Geburtstag, Stutt­ gart 1999, S.225-244. Kulhavy, Ernest: Informationsbedarf für internationale Marketingentscheidung­ en, in: Macharzina, Klaus/Welge, Martin K. (Hrsg.): Handwörterbuch Export und internationale Unternehmung, Stuttgart 1989, Sp.831-841. Kumar, Brij N.: Interkulturelle Managementforschung. Ein Überblick über An­ sätze und Probleme, in: WiSt, 17.Jg. (1988), Nr.8, S.389-394. Kumar, Brij N.: Untemehmensethik im Kontext internationaler Untemehmens­ führung, in: Steinmann, Horst/Löhr, Albert (Hrsg.): Untemehmensethik, Stutt­ gart 1991, S.225-241. Kumar, Brij N.: Globales Strategisches Personalmanagement, in: Hammer, Richard (Hrsg.): Strategisches Management global: Unternehmen, Menschen, Umwelt erfolgreich gestalten und führen, Wiesbaden 1993, S.184-200. Kumar, Brij N.: Ethische Aspekte der Tätigkeit und Strategien multinationaler Unternehmen im Lichte des „Sustainable development“, in: Lachmann, Wemer/Farmer, Karl/Haupt, Reinhard (Hrsg.): Globalisierung: Arbeitsteilung oder Wohlstandsteilung?, Münster 1998, S.59-96.

296

Literaturverzeichn is

Kumar, Brij N./Graf, Ina: Globalization, Development and Ethics, in: Kumar, Brij N./Steinmann, Horst (Eds.): Ethics in international management, Berlin New York 1998, pp. 127-159. Kumar, Brij N./Hoffmann, Karen: Cross-Cultural understanding and interna­ tional management: Some considerations on a conceptual framework for con­ flict resolution in management in foreign cultures, in: Kumar, Brij N./Osterloh, Margit/Schreyögg, Georg (Hrsg.): Untemehmensethik und die Transformation des Wettbewerbs: Shareholder Value - Globalisierung - Hyperwettbewerb, Festschrift fur Horst Steinmann zum 65. Geburtstag, Stuttgart 1999, S.343364. Kumar, Brij N./Sjurts, Insa: Multinationale Unternehmen und Ethik, in: Dierkes, Meinolf/Zimmermann, Klaus (Hrsg.): Ethik und Geschäft: Dimen­ sionen und Grenzen unternehmerischer Verantwortung, Wiesbaden 1991, S.159-186. Kumar, Brij N./Steinmann, Horst: Managementkonflikte zwischen entsandten und lokalen Führungskräften in deutschen und japanischen Unternehmungen, in: ZfB, 56.Jg. (1986), Nr.12, S.l 182-1196. Kumar, Brij N./Steinmann, Horst: Introduction to the volume: Ethics in multi­ national corporations, in: Kumar, Brij N./Steinmann, Horst (Eds.): Ethics in international management, Berlin - New York 1998, pp.1-10. Küng, Hans: Weltethos fur Weltpolitik und Weltwirtschaft, München - Zürich 1997. Küng, Hans/Kuschel, Karl-Josef (Hrsg.): Wissenschaft und Weltethos, München - Zürich 1998. Küpper, Hans-Ulrich: Verantwortung in der Wirtschaftswissenschaft, in: ZfbF, 40.Jg. (1988), Nr.4, S.318-339. Küpper, Hans-Ulrich: Untemehmensethik - ein Gegenstand betriebswirtschaft­ licher Forschung und Lehre, in: BfuP, 44.Jg. (1992), Nr.6, S.498-518. Lachmann, Werner: Entwicklungspolitik, München-Wien 1994. Laczniak, Gene R./Murphy, Patrick E.: Incorporating Marketing Ethics into the Organization, in: Laczniak, Eugene R./Murphy, Patrick E. (Eds.): Marke­ ting Ethics, Lexington (Mass.) 1985, pp.97-105. Laczniak, Eugene R./Murphy, Patrick E.: Ethical marketing decisions: the higher road, Needham Heights 1993. Lay, Rupert: Ethik fur Wirtschaft und Politik, Frankfurt a. Main - Berlin 1991. Lee, Kam-Hon: Ethical beliefs in marketing management: A cross-cultural study, in: European Journal of Marketing, Vol. 15 (1981), No.l, pp.58-67. Leff, Nathaniel H./Farley, John U.: Advertising expenditures in the developing world, in: Journal of international business, Vol.l 1 (1980), No.2, pp.64-79.

Literaturverzeichnis

297

Leisinger, Klaus M.: Untemehmensethik: globale Verantwortung und modernes Management, München 1997. Leisinger, Klaus M.: Global responsibility for sustainable development, in: Kumar, Brij N./Steinmann, Horst (Eds.): Ethics in international management, Berlin-New York 1998, pp. 163-182. Leisinger, Klaus M.: Globalisierung, minima moralia und die Verantwortung multinationaler Unternehmen, in: Kumar, Brij N./Osterloh, Margit/Schreyögg, Georg (Hrsg.): Untemehmensethik und die Transformation des Wettbewerbs: Shareholder Value - Globalisierung - Hyperwettbewerb, Festschrift fur Horst Steinmann zum 65. Geburtstag, Stuttgart 1999, S.319-342. Leisinger, Klaus M./Hösle, Vittorio: Vorwort, in: Leisinger, Klaus M./Hösle, Vittorio (Hrsg.): Entwicklung mit menschlichem Antlitz: die dritte und die erste Welt im Dialog, München 1995, S.7-8. Lenders, Helmut: Stellungnahme zum Aufsatz von Frau Prof. Ursula Hansen „Marketing und soziale Verantwortung“, in: DBW, 48.Jg. (1988), Nr.6, S.806808. Lenk, Hans/Maring, Matthias: Der Ingenieur als Experte eines Freien Berufes und seine Verantwortung in der technisierten Gesellschaft, in: Steinmann, Horst/Löhr, Albert (Hrsg.): Untemehmensethik, Stuttgart 1991, S.363-377. Lepenies, Wolf: Selbstkritische Moderne. Neue Leitbilder im Kontakt der Kul­ turen, in: Dettling, Warnfried (Hrsg.): Die Zukunft denken: neue Leitbilder für wissenschaftliches gesellschaftliches Handeln, Frankfurt a. Main - New York 1996, S.50-68. Levitt, Theodore: The dangers of social responsibility, in: Harvard Business Re­ view, Vol.36 (1958), September/October, pp.41-50. Levitt, Theodore: Die Globalisierung der Märkte, in: Harvard manager, 6.Jg. (1984), Nr.4, S.19-27. Löhr, Albert: Untemehmensethik und Betriebswirtschaftslehre, Stuttgart 1991. Löhr, Albert: Untemehmensverfassung, in: Enderle, Georges u.a. (Hrsg.): Lexi­ kon der Wirtschaftsethik, Freiburg - Basel - Wien 1993, Sp.l 153-1160. Löhr, Albert/Steinmann, Horst: The ethical dimension of cross-cultural busi­ ness activities, in: Lange, Heiko/Löhr, Albert/Steinmann, Horst (Eds.): Wor­ king across cultures: Ethical perspectives for intercultural management, Dordrecht - Boston - London 1998, pp.7-19. Loitlsberger, Erich: Metaökonomische Wertvorstellungen und Rechtsordnungen als Determinanten betriebswirtschaftlicher Theorie, in: Kortzfleisch, Gert von (Hrsg.): Wissenschaftsprogramm und Ausbildungsziele der Betriebswirt­ schaftslehre, Berlin 1971, S.79-99.

298

Literaturverzeichn is

Lorenzen, Paul: Philosophische Fundierungsprobleme einer Wirtschafts- und Untemehmensethik, in: Steinmann, Horst/Löhr, Albert (Hrsg.): Untemehmens­ ethik, Stuttgart 1991, S.35-67. Lorenzen, Paul/Schwemmer, Oswald: Konstruktive Logik, Ethik und Wissen­ schaftstheorie, Mannheim 1975. Maak, Thomas: Globalisierung und die Suche nach den Grundlagen einer le­ bensdienlichen Ökonomie, in: Maak, Thomas/York, Lunau (Hrsg.): Weltwirt­ schaftsethik: Globalisierung auf dem Prüfstand der Lebensdienlichkeit, Bem Stuttgart-Wien 1998, S.19-44. Mahefa, Andri: Internationales Marketing-Management, in: Schoppe, Siegfried G. (Hrsg.): Kompendium der internationalen Betriebswirtschaftslehre, München - Wien 1998, S.503-563. Mai, Diethard: Marketing-Systeme für Entwicklungsländer, in: Zeitschrift für ausländische Landwirtschaft, 13.Jg. (1974), Nr.3, S.271-276. Mariacher, Anton: Dialogkommunikation als Ausdruck verantwortlichen Han­ delns auf Branchenebene: Das Beispiel der chemischen Industrie, in: Bentele, Günter/Steinmann, Horst/Zerfaß, Ansgar (Hrsg.): Dialogorientierte Untemehmenskommunikation: Grundlagen - Praxiserfahrungen - Perspektiven, Berlin 1996, S.287-306. Maring, Matthias: Modelle korporativer Verantwortung, in: Conceptus - Zeit­ schrift für Philosophie, 23.Jg. (1989), Heft 58, S.25-41. Marr, Rainer/Stitzel, Michael: Personalwirtschaft: ein konfliktorientierter An­ satz, München 1979. Martin, Hans-Peter/Schumann, Harald: Die Globalisierungsfalle. Der Angriff auf Demokratie und Wohlstand, Hamburg 1996. Maßmann, Jens/Schmidt, Reinhard H.: Recht, internationale UnternehmensStrategien und Standortwettbewerb, Working Paper Series: Finance & Accounting No.25, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt a. Main 1998. Mathur, Lynette Knowles: The impact of international gray marketing on con­ sumers and firms, in: Delener, Nejdet (Ed.): Ethical issues in international marketing, Binghamton - New York 1995, pp.39-59. Mancher, Helmut: Marketing im Spannungsfeld von Politik, Wirtschaft und Ge­ sellschaft, in: Institut fur Demokratieforschung Würzburg (Hrsg.): „reden zur zeit“, Bd. 36, Würzburg 1978. Mayo, Michael A.: Ethical Problems encountered by U.S. small businesses in international marketing, in: Journal of small business management, Vol.29 (1991), No.2, pp.51-59.

Literaturverzeichnis

299

Mayo, Michael AJMarks, Lawrence J./Ryans, John K.: Perceptions of ethical problems in international marketing, in: International Marketing Review, Vol.8 (1991), No.3, pp.61-75. Meffert, Heribert: Marketing und Konsumerismus, in: ZfB, 45.Jg. (1975), Nr.2, S.69-90. Meffert, Heribert: Marketing in Entwicklungsländern, Arbeitspapier Nr. 8 des Instituts fur Marketing der Universität Münster, Münster 1976. Meffert, Heribert: Die Rolle des Marketing in Entwicklungsländern, in: Verkauf und Marketing, 4.Jg. (1976), Nr.4, S.3-4 (hier zitiert als Meffert 1976a). Meffert, Heribert: Marketing im Spannungsfeld von weltweitem Wettbewerb und nationalen Bedürfnissen, in: ZfB, 56.Jg. (1986), Nr.8, S.689-712. Meffert, Heribert: Global Marketing, in: DBW, 46.Jg. (1986), Nr.l, S.89-90 (hier zitiert als Meffert 1986a). Meffert, Heribert: Einführung in die Problemstellung, in: Meffert, Heribert/ Wagner, Helmut (Hrsg.): Verantwortung und Ethik in der Untemehmens­ fuhrung - Dokumentation des 13. Münsteraner Führungsgesprächs, Doku­ mentationspapier Nr.42, Wissenschaftliche Gesellschaft für Marketing und Untemehmensführung, Münster 1987, S.l-2. Meffert, Heribert: Strategische Untemehmensführung und Marketing: Beiträge zur marktorientierten Untemehmenspolitik, Wiesbaden 1988. Meffert, Heribert: Marketing und allgemeine Betriebswirtschaftslehre - Eine Standortbestimmung im Lichte neuerer Herausforderungen der Untemehmens­ führung, in: Kirsch, Wemer/Picot, Arnold (Hrsg.): Die Betriebswirtschafts­ lehre im Spannungsfeld zwischen Generalisierung und Spezialisierung, Edmund Heinen zum 70. Geburtstag, Wiesbaden 1989, S.338-357. Meffert, Heribert: globale Marketingstrategien, in: Macharzina, Klaus/Welge, Martin K. (Hrsg.): Handwörterbuch Export und internationale Unternehmung, Stuttgart 1989, Sp. 1412-1427 (hier zitiert als Meffert 1989a). Meffert, Heribert: Globalisierungsstrategien und ihre Umsetzung im internatio­ nalen Wettbewerb, in: DBW, 49.Jg. (1989), Nr.4, S.445-463 (hier zitiert als Meffert 1989b). Meffert, Heribert: Der Abschied von den alten Marketing-Paradigmen, in: W&V, 3O.Jg. (1992), Nr.6, S. 15-17. Meffert, Heribert: Retrospektive und Perspektive der marktorientierten Unter­ nehmensführung, in: Marketing im Dialog - neue Herausforderungen an die marktorientierte Führung, Dokumentation des 4. Münsteraner MarketingSymposiums am 15.10.1994, Münster 1994, S. 1-13. Meffert, Heribert: Marketing, Wiesbaden 1998.

300

Literaturverzeichnis

Meffert, Heribert/Bolz, Joachim: Globalisierung des Marketing bei internatio­ naler Untemehmenstätigkeit, in: Kumar, Brij N./Haussmann, Helmut (Hrsg.): Handbuch der internationalen Untemehmenstätigkeit, München 1992, S.657683. Meffert, Heribert/Bolz, Joachim: Internationales Marketing-Management, Stuttgart - Berlin - Köln 1998. Meffert, Heribert/Bruhn, Manfred: Die Beurteilung von Konsum- und Um­ weltproblemen durch Konsumenten, in: DBW, 38.Jg. (1978), Nr.3, S.371-382. Meffert, Heribert/Remmerbach, Klaus-Ulrich: Einführungsthesen zum Thema „Marketing und soziale Verantwortung“, in: Meffert, Heribert/Wagner, Helmut (Hrsg.): Verantwortung und Ethik in der Untemehmensführung - Do­ kumentation des 13. Münsteraner Führungsgesprächs, Dokumentationspapier Nr.42, Wissenschaftliche Gesellschaft für Marketing und Untemehmens­ führung, Münster 1987, S.3-11. Meissner, Hans-Günther: Außenhandels-Marketing, Stuttgart 1981. Meissner, Hans-Günther: Internationales Marketing, in: Wittmann, Waldemar u.a. (Hrsg.): Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, Stuttgart 1993, Sp. 18711888. Meissner, Hans-Günther: Internationales Marketing und internationale Politik Abhängigkeiten, Einflußfaktoren und Strukturen, in: Schiemenz, Bemd/Wurl, Hans-Jürgen (Hrsg.): Internationales Management: Beiträge zur Zusammen­ arbeit; Eberhard Dülfer zum 70. Geburtstag, Wiesbaden 1994, S.45-59. Meissner, Hans-Günther: Strategisches internationales Marketing, München Wien 1995. Meister, Hans-Peter: Ethische Anforderungen in der industriellen Praxis: Dis­ kurse in der Wirtschaft, in: Köstner, Barbara/Vogt, Markus (Hrsg.): Mensch und Umwelt: eine komplexe Beziehung als interdisziplinäre Herausforderung, Dettelbach 1996, S.99-113. Meister, Hans-Peter/Banthien, Henning: Die Rolle internationaler Industriever­ bände für die Ermittlung und Implementierung einer Ethik: Das ResponsibleCare-Programm der Chemischen Industrie, in: Steinmann, Horst/Wagner, Gerd-Rainer (Hrsg.): Umwelt und Wirtschaftsethik, Stuttgart 1998, S.107-129. Meister, Hans-Peter/Banthien, Henning: The Role of International Industry Associations in the Development and Implementation of Corporate Ethics: The Case of the Chemical Industry and Responsible Care, in: Kumar, Brij N./Steinmann, Horst (Eds.): Ethics in International Management, Berlin - New York 1998, pp.87-108 (hier zitiert als Meister/Banthien 1998a).

Literaturverzeichnis

301

Meister, Hans-Peter/Pinkepank, Thorsten/Staudacher, Reinhard: Kon­ fliktvermeidung durch partizipative Kommunikation, in: Feindt, Peter Henning (Hrsg.): Konfliktregelung in der offenen Bürgergesellschaft, Dettelbach 1996, S.243-260. Mesdag, Martin van: Ist globales Marketing ein Irrweg?, in: Harvard manager, 9.Jg. (1987), Nr.3, S.12-15. Min, Sein: Exportmarketing im Wirtschaftsverkehr zwischen Industrie- und Ent­ wicklungsländern, Passau 1991. Moore, George E.: Principia ethica, Cambridge 1993. Mühlbacher, Hans: Internationale Produkt- und Programmpolitik, in: Hermanns, Amold/Wißmeier, Urban Kilian (Hrsg.): Internationales Marketing-Manage­ ment: Grundlagen, Strategien, Instrumente, Kontrolle und Organisation, München 1995, S.139-175. Müller, Stefan/Kornmeier, Martin: Internationales Marketing im Spannungs­ feld kultureller Einflußfaktoren, in: Der Markt, 34.Jg. (1995), Nr. 134, S.147158. Müller, Stefan/Kornmeier, Martin: Grenzen der Standardisierung im interna­ tionalen Marketing, in: GfK Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, 42.Jg. (1996), Nr.l, S.4-29. Muskie, Edward S./Greenwald III, Daniel J.: The Nestle Infant Formula Audit Commission as a Model, in: Journal of Business Strategy, Vol.6 (1986), Spring, pp. 19-23. Negandhi, Anant R./Baliga, B. Ram: Quest for survival and growth: a compara­ tive study of American, European and Japanese multinationals, Königsstein/Taunus 1979. Negandhi, Anant R./Baliga, B. Ram: Tables are turning: German and Japanese multinational companies in the United States, Königsstein/Taunus 1981. Nemetz, Patricia L./Christensen, Sandra L.: The challenge of cultural diver­ sity: Harnessing a diversity of views to understand multiculturalism, in: Academy of management review, Vol.21 (1996), No.2, pp.434-462. Nestle (Hrsg.): Nestle Corporate Business Principles, Zürich 1998. Nevett, Terence: Advertising Control through Self-Regulation: Some Policy Im­ plications for Developing Countries, in: Kumcu, Erdogan/Firat, Fuat A. (Eds.): Marketing and Development: Toward Broader Dimensions, Greenwich London 1988, pp.229-251. Nickel, Volker: Werbung und Ethik, in: Markenartikel, 52.Jg. (1990), Nr. 12, S.574-579. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, Berlin 1994. Nill, Alexander F.L.: Strategische Untemehmensfuhrung aus ethischer Perspek­ tive, Münster 1994.

302

Literaturverzeichn is

Nohlen, Dieter/Nuscheler, Franz: Was heißt Entwicklung, in: Nohlen, Dieter/ Nuscheler, Franz (Hrsg.): Handbuch der Dritten Welt, Bd.l: Unterentwicklung und Entwicklung: Theorien - Strategien - Indikatoren, Hamburg 1982, S.4868. Nunnenkamp, Peter: Wirtschaftliche Aufholprozesse und „Globalisierungs­ krisen“ in Entwicklungsländern, Kieler Diskussionspapiere Nr.328, Institut für Weltwirtschaft Kiel, November 1998. Nunner-Winkler, Gertrud: Verantwortung, in: Enderle, Georges u.a. (Hrsg.): Lexikon der Wirtschaftsethik, Freiburg - Basel - Wien 1993, Sp.l 185-1192. Nuscheler, Franz: Lem- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik, Bonn 1995. o.V.: GBDe: Top-Unternehmen einigen sich erstmals auf wesentliche Regeln für den E-Commerce, Spotlight, 13.09.1999, S.l-5. (Stand: 25.10.1999) https://www.benet.bertelsmann.de/module/viewerZO, 1368,17036,00.html. o.V.: Global Business Dialogue on Electronic Commerce. Weltökonomie braucht Weltpolitik, in: Bertelsmann AG (Hrsg.): Management News. Berichte für Führungskräfte, 1999, Nr.68 (hier zitiert als o.V. 1999a). o.V.: Globalisierung: Chancen größer als Risiken, in: FAZ, 05.09.2000, Nr.206, S.19. o.V.: Südafrikas Aids-Gruppen erreichen ersten Teilerfolg vor Gericht, in: FAZ, 08.03.2001, Nr.57, S.20. Palazzo, Bettina: Interkulturelle Untemehmensethik: deutsche und amerikani­ sche Modelle im Vergleich, Wiesbaden 2000. Organisation for Economic Cooperation and Development - OECD (Ed.): 1999 Review of the DAC List of Aid Recipients, Paris 1999. Ortmanns, Bruno: Ausländische Direktinvestitionen in Entwicklungsländern: mit dem Beispiel der Volksrepublik China, Frankfurt a. Main u.a. 1992. Ortmeyer, Gwendolyn K.: Ethical issues in pricing, in: Smith, Craig N./Quelch, John A. (Eds.): Ethics in Marketing, Homewood - Boston 1993, pp.389-404. Osterloh, Margit: Kulturalismus versus Universalismus - Reflektionen zu einem Grundlagenproblem des interkulturellen Managements, in: Schiemenz, Bernd/ Wurl, Hans-Jürgen (Hrsg.): Internationales Management: Beiträge zur Zusam­ menarbeit. Eberhard Dülfer zum 70. Geburtstag, Wiesbaden 1994, S.95-116. Parasuraman, A.: Marketing research, Reading (Mass.) 1986. Pausenberger, Ehrenfried: Internationale Unternehmungen in Entwicklungslän­ dern. Ihre Strategien und Erfahrungen, Düsseldorf - Wien 1980. Pausenberger, Ehrenfried: Die Stellung der multinationalen Unternehmung in der Volkswirtschaft, in: Harms, Jens (Hrsg.): Das Multinationale Unternehmen im sozialen Umfeld: ökonomische und ethische Aspekte, Frankfurt a. Main 1983, S.25-39.

Literaturverzeichnis

303

Pausenberger, Ehrenfried: Organisation der internationalen Unternehmung, in: Frese, Erich u.a. (Hrsg.): Handwörterbuch der Organisation, Enzyklopädie der Betriebswirtschaftslehre, Bd. 2, Stuttgart 1992, Sp. 1052-1066. Perlitz, Manfred: Internationales Management, Stuttgart 2000. Pestalozzi, Hans A.: Konflikte in der Marketing-Managerrolle, in: Hansen, Ursula/Stauss, Bemd/Riemer, Martin (Hrsg.): Marketing und Verbraucher­ politik, Stuttgart 1982, S.466-472. Peters, Joachim: Entwicklungsländerorientierte Internationalisierung von Indus­ trieunternehmen, Heidelberg 1988. Picot, Arnold: Ethik und Absatzwirtschaft aus marktwirtschaftlicher Sicht, in: Tietz, Bruno (Hrsg.): Handwörterbuch der Absatzwirtschaft, Stuttgart 1974, Sp.562-574. Picot, Arnold: Zur Vereinbarkeit von Marketing und marktwirtschaftlichen Wertvorstellungen, in: Fischer-Winkelmann, Wolf/Rock, Reinhard (Hrsg.): Markt und Konsument. Zur Kritik der Markt- und Marketingtheorie. Teilband II: Kritik der Marketingtheorie, München 1976, S.91-107. Picot, Arnold: Freiwillige Beteiligung externer Gruppen, in: Die Unternehmung, 3O.Jg. (1976), Nr.3, S.245-259 (hier zitiert als Picot 1976a). Pieper, Annemarie: Einführung in die Ethik, Tübingen - Basel 1994. Pieper, Rüdiger: Diskursive Organisationsentwicklung, Berlin - New York 1988. Pieth, Mark: „Bestechung bei Auslandsgeschäften ist die Norm“, in: FAZ, 22.12.2000, Nr.298, S.14. Pless, Nicola M.: Globalisierung und der Umgang mit kultureller Diversität, in: Maak, Thomas/Lunau, York (Hrsg.): Weltwirtschaftsethik: Globalisierung auf dem Prüfstand der Lebensdienlichkeit, Bem - Stuttgart - Wien 1998, S.355366. Praetorius, Matthias: Marketing und Ethik, in: Geisbüsch, Hans-Georg (Hrsg.): Marketing, Landsberg/Lech 1991, S.273-286. Praetorius, Matthias: Marketing und Ethik in der Realität, in: Disch, Wolfgang K.A./Wilkes, Malte W. (Hrsg.): Alternatives Marketing: Ideen, Erkenntnisse, preisgekrönte Beispiele, Landsberg/Lech 1993, S.29-63. Prager, Charles: „Fair trade“ marketing - Theory and practice, in: Aproma Re­ view, Vol.l (1995), No.45, pp.9-17. Prosi, Gerhard: Die wirtschaftliche Bedeutung ethischer Regeln, in: WISU, 17.Jg. (1988), Nr.8/9, S.481-485. Puin, Frank: Ethik und Absatzwirtschaft aus sozialistischer Sicht, in: Tietz, Bruno (Hrsg.): Handwörterbuch der Absatzwirtschaft, Stuttgart 1974, Sp.575583.

304

Literaturverzeichnis

Punch, Maurice: Dirty Business: Exploring Corporate Misconduct. Analysis and cases, London - Thousand Oaks - New Delhi 1996. Quack, Helmut: Internationales Marketing: Entwicklung einer Konzeption mit Praxisbeispielen, München 1995. Queich, John A./Smith, Craig N.: Ethical Issues in Marketing Strategy and Im­ plementation, in: Smith, Craig N./Quelch, John A. (Eds.): Ethics in Marketing, Homewood - Boston 1993, pp.689-700. Qureshi, Zia: Globalisierung: Neue Chancen, große Herausforderungen, in: Fi­ nanzierung & Entwicklung, 33.Jg. (1996), Nr.l, S.30-33. Raabe, Thorsten: Produktentwicklung im Dialog mit Konsumenten, in: Hansen, Ursula (Hrsg.): Marketing im gesellschaftlichen Dialog, Frankfurt a. Main New York 1996, S.267-280. Raffee, Hans: Marketing und Umwelt, Stuttgart 1979. Raffee, Hans: Grundfragen der Marketingwissenschaft, in: WiSt, 9.Jg. (1980), Nr.8, S.317-324. Raffee, Hans: Begriffliche Abgrenzung und Messung der Irreführung in der Werbung, in: Hansen, Ursula/Stauss, Bernd (Hrsg.): Marketing und Verbrau­ cherpolitik, Stuttgart 1982, S.334-351. Raffee, Hans: Der Wertewandel als Herausforderung für Marketingforschung und Marketingpraxis, in: Markenartikel, 5O.Jg. (1988), Nr.5, S.210-212. Raffee, Hans: Marketing in sozialer Verantwortung - Gedanken zu einer Marktund Marketingethik, Vortrag gehalten am 11.05.1987 anläßlich des 50jährigen Geburtstags von Heribert Meffert, Arbeitspapier Nr. 70 des Instituts für Mar­ keting, Universität Mannheim, Mannheim 1989. Raffee, Hans: Grundprobleme der Betriebswirtschaftslehre, Göttingen 1993. Raffee, Hans: Die Überwindung von Standortnachteilen mit Hilfe eines gesell­ schaftsorientierten Marketing, in: Dichtl, Erwin (Hrsg.): Standort Bundesrepu­ blik Deutschland: die Wettbewerbsbedingungen auf dem Prüfstand, Frankfurt a. Main 1994, S.309-326. Raffee, Hans/Specht, Günter: Basiswerturteile der Marketing-Wissenschaft, in: ZfbF, 26.Jg. (1974), Nr.2, S.373-396. Raffee, Hans/Wiedmann, Klaus-Peter: Wertewandel und gesellschaftsorien ­ tiertes Marketing - Die Bewährungsprobe strategischer Untemehmensführung, in: Raffee, Hans/Wiedmann, Klaus-Peter (Hrsg.): Strategisches Marketing, Stuttgart 1985, S.552-611. Raffee, Hans/Wiedmann, Klaus-Peter: Wertewandel und Marketing: Ausge­ wählte Untersuchungsergebnisse der Studie Dialoge 2 und Skizze von Marke­ tingkonsequenzen, Arbeitspapier Nr. 49 des Instituts für Marketing, Universi­ tät Mannheim, Mannheim 1986.

Literaturverzeichnis

305

Rahme, Boris: Ethischer Universalismus und interkulturelles Lernen. Kulturalistische versus transzendentalpragmatische Perspektiven, in: Steinmann, Horst/Scherer, Andreas (Hrsg.): Zwischen Universalismus und Relativismus. Philosophische Grundlagenprobleme des interkulturellen Managements, Frankfurt a. Main 1998, S. 191-211. Rath, Matthias: Pechmarie oder Goldmarie - Marketingethik als ökonomisches Kalkül?, in: DBW, 49.Jg. (1989), Nr.l, S.122-124. Rawwas, Mohammed Y.A./Patzer, Gordon L./Klassen, Michael L.: Consumer ethics in crosscultural settings: Entrepreneurial implications, in: European Journal of Marketing, Vol.29 (1995), No.7, pp.62-78. Rebstock, Michael: Organisation und Ethik: Zur Entwicklung und Umsetzung individueller moralischer Kompetenz in Unternehmen, Frankfurt a. Main u.a. 1992. Reddy, Allan C./Campbell, David P.: Marketing’s role in economic develop­ ment, Westport 1994. Reese-Schäfer, Walter: Jürgen Habermas, Frankfurt a. Main - New York 1994. Remmerbach, Klaus-Ulrich: Marketing und soziale Verantwortung, in: DBW, 48.Jg. (1988), Nr.6, S.808-810. Rettberg, Bernd: Der Untemehmensdialog als Instrument einer gesellschafts­ orientierten Untemehmensführung. Theoretische Fundierung, empirische Un­ tersuchung und Handlungsempfehlungen, Frankfurt a. Main u.a. 1999. Rich, Arthur: Wirtschaftsethik - Grundlagen in theologischer Perspektive, Gütersloh 1987. Richter, Lutz W.: Internationale Untemehmensethik: Freiheit - Gleichheit Gegenseitigkeit: John Rawls Gerechtigkeitskonzeption dargestellt am Beispiel des Auslandsengagements deutscher multinationaler Unternehmen in Ent­ wicklungsländern, Sternenfels - Berlin 1997. Richter, Rudolf/Furubotn, Eirik G.: Neue Institutionenökonomik: eine Einfüh­ rung und kritische Würdigung, Tübingen 1996. Ricken, Friedo: Allgemeine Ethik, Stuttgart u.a. 1983. Rieder, Bernhard: Dialoge bei der Entwicklung von Branchenkodizes, in: Hansen, Ursula (Hrsg.): Marketing im gesellschaftlichen Dialog, Frankfurt a. Main - New York 1996, S. 133-152. Riklin, A.: Verantwortung des Akademikers, St. Gallen 1987. Ringer, Karl-Ernst: Zur Begriffsbestimmung der Entwicklungsländer, in: Besters, Hans/Boesch, Emst E. (Hrsg.): Entwicklungspolitik - Handbuch und Lexikon, Stuttgart - Berlin 1966, Sp.l-28. Ripperger, Tanja: Ökonomik des Vertrauens: Analyse eines Organisations­ prinzips, Tübingen 1998.

306

Literaturverzeichnis

Rogers, Hudson P./Ogbuehi, Alphonso O./Kochunny, C.M.: Ethics and trans­ national corporations in developing countries: A social contract perspective, in: Delener, Nejdet (Ed.): Ethical issues in international marketing, Binghamton - New York 1995, pp. 11-38. Rosenberger, Günther: Der Dialog mit dem Kunden als Nagelprobe für die Kundenorientierung, in: Hansen, Ursula (Hrsg.): Marketing im gesellschaft­ lichen Dialog, Frankfurt a. Main - New York 1996, S.225-246. Rosenstiel, Lutz von: Interkulturelle Managemententwicklung, in: Haller, Matthias u.a. (Hrsg.): Globalisierung der Wirtschaft. Einwirkungen auf die Be­ triebswirtschaftslehre, Bem - Stuttgart-Wien 1993, S. 171-191. Rothschild, Kurt W.: Theorie und Ethik in der Entwicklung ökonomischer Lehrmeinungen, in: Biervert, Bemd/Held, Martin (Hrsg.): Ökonomische Theorie und Ethik, Frankfurt a. Main - New York 1987, S.l 1-22. Rumpf, Maria: Die Bedeutung von „Codes of Conduct“ für Multinationale Un­ ternehmen, Diskussionspapier Reihe A, Nr.97/06, Friedrich-Schiller-Uni ­ versität Jena 1997. Rusche, Thomas: Das Diskursmodell der kommunikativen Untemehmensethik Eine Weiterfuhrung des Shareholder- und Stakeholder-Ansatzes, in: Hinterhuber, Hans (Hrsg.): Das neue strategische Management: Elemente und Perspektiven einer zukunftsorientierten Untemehmensfuhrung, Wiesbaden 1996, S.301-320. Saeed, Mohammad/Ahmed, Zafar U.: An islamic framework for international marketing ethics, in: Kumar, Brij N./Steinmann, Horst (Eds.): Ethics in inter­ national management, Berlin - New York 1998, pp.341-366. Salbu, Steven R.: True codes versus voluntary codes of ethics in international markets: Towards the preservation of colloquy in emerging global communi­ ties, in: Journal of international business law, Vol. 15 (1994), No.3, pp.327371. Sarasin, Charles: Untemehmensethische Herausforderungen im globalen Um­ feld, in: Maak, Thomas/Lunau, York (Hrsg.): Weltwirtschaftsethik: Globali­ sierung auf dem Prüfstand der Lebensdienlichkeit, Bem - Stuttgart - Wien 1998, S.369-384. Sautter, Hermann: Die marktwirtschaftliche Idee im ordnungspolitischen Dialog mit den Entwicklungsländern, Eine Studie im Auftrag des Kirchen­ amtes der Evangelischen Kirche in Deutschland, Frankfurt a. Main 1985. Sautter, Hermann: Weitsicht, Moral und wirtschaftliche Entwicklung, in: Hesse, Helmut (Hrsg.): Wirtschaftswissenschaft und Ethik, Berlin 1988, S.339-365. Schanz, Günther: Methodologie für Betriebswirte, Stuttgart 1988.

Literaturverzeichnis

307

Scherer, Andreas G.: Pluralismus im strategischen Management. Der Beitrag der Teilnehmerperspektive zur Lösung von Inkommensurabilitätsproblemen in Forschung und Praxis, Wiesbaden 1995. Scherer, Andreas G./Löhr, Albert: Verantwortungsvolle Untemehmensführung im Zeitalter der Globalisierung - Einige kritische Bemerkungen zu den Perspektiven einer liberalen Wirtschaft, in: Kumar, Brij N./Osterloh, Margit/ Schreyögg, Georg (Hrsg.): Untemehmensethik und die Transformation des Wettbewerbs: Shareholder Value - Globalisierung - Hyperwettbewerb, Fest­ schrift für Horst Steinmann zum 65. Geburtstag, Stuttgart 1999, S.261-289. Scheuch, Fritz: Distributionspolitik, in: Macharzina, Klaus/Welge, Martin K. (Hrsg.): Handwörterbuch Export und internationale Unternehmung, Stuttgart 1989, Sp.349-361. Schlegelmilch, Bodo B.: Marketing Ethics - An International Perspective, Corn­ wall 1998. Schlegelmilch, Bodo B.: Ethik im internationalen Marketing, in: Werbefor­ schung und Praxis, 43.Jg. (1998), Nr.5-6, S.13 (hier zitiert als Schlegelmilch 1998a). Schlegelmilch, Bodo B./Götze, Elisabeth: Marketing-Ethik am Beginn des 2.Jahrtausends, in: Marketing ZFP, 21.Jg. (1999), Nr.l, S.25-37. Schlesinger, Michael: Internationales Beschaffungsmarketing für mittelständi­ sche Betriebe in Entwicklungsländern, Berlin 1988. Schleuning, Christian: Dialogmarketing. Theoretische Fundierung, Leistungs­ merkmale und Gestaltungsansätze, Ettlingen 1995. Schmidt, Thomas M.: Vernünftige Moral und kritische Gesellschaftstheorie. Zur Philosophie von Jürgen Habermas, in: Forschung Frankfurt. Wissenschafts­ magazin der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a. Main, 17.Jg. (1999), Nr.3, S.44-51. Schneider, Dieter: Marketing als Wirtschaftswissenschaft oder Geburt einer Marketingwissenschaft aus dem Geiste des Untemehmerversagens?, in: ZfbF, 35.Jg. (1983), Nr.3, S. 197-223. Schneider, Dieter J.G.: Distributionspolitik und Vertriebswege bei internationa­ ler Untemehmenstätigkeit, in: Kumar, Brij N./Haussmann, Helmut (Hrsg.): Handbuch der internationalen Untemehmenstätigkeit, München 1992, S.735755. Schneider, Dieter J.G.: Internationale Distributionspolitik, in: Hermanns, Amold/Wißmeier, Urban Kilian (Hrsg.): Internationales Marketing-Manage­ ment: Grundlagen, Strategien, Instrumente, Kontrolle und Organisation, München 1995, S.256-279.

308

Literaturverzeichn is

Schneidewind, Dieter: Zentralisation und Dezentralisation bei internationaler Untemehmenstätigkeit: Kriterien für Entscheidungsautonomie im Ausland, in: Kumar, Brij N./Haussmann, Helmut (Hrsg.): Handbuch der internationalen Untemehmenstätigkeit, München 1992, S.609-636. Schnitt, Peter: Marketing in Entwicklungsländern, Heft 22 der Exportakademie der Bundes Wirtschaftskammer, Wien 1985. Scholl, Rainer F.: Intemationalisierungsstrategien, in: Macharzina, Klaus/Welge, Martin K. (Hrsg.): Handwörterbuch Export und internationale Unternehmung, Stuttgart 1989, Sp.983-1001. Scholz, Christian: Strategisches Management. Ein integrativer Ansatz, Berlin New York 1987. Schöpf, Alfred: Wert, in: Höffe, Otfried (Hrsg.): Lexikon der Ethik, München 1986, S.277-279. Schoppe, Siegfried G.: Zur methodologischen Einordnung der internationalen Betriebswirtschaftslehre, in: Schoppe, Siegfried G. (Hrsg.): Kompendium der internationalen Betriebswirtschaftslehre, München-Wien 1998, S.l-3. Schopphoven, Iris: Marktforschung für das internationale Marketing, in: GfK Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, 37.Jg. (1991), Nr.l, S.28-47. Schreyögg, Georg: Die Beteiligung von Verbraucherabteilungen am unterneh­ merischen Entscheidungsprozeß, in: Hansen, Ursula/Schoenheit, Ingo (Hrsg.): Verbraucherabteilungen in privaten und öffentlichen Unternehmen, Frankfurt a. Main-New York 1985, S. 197-207. Schreyögg, Georg: Kann und darf man Untemehmenskulturen ändern?, in: Dülfer, Eberhard (Hrsg.): Organisationskultur: Phänomen - Philosophie Technologie, Stuttgart 1988, S.155-168. Schreyögg, Georg: Zu den problematischen Konsequenzen starker Untemeh­ menskulturen, in: ZfbF, 41.Jg. (1989), Nr.2, S.94-113. Schreyögg, Georg: Untemehmenskultur in multinationalen Unternehmen, in: BfuP, 42.Jg. (1990), Nr.5, S.379-390. Schuh, Arnold: Kulturgebundenheit als Bestimmungsfaktor internationaler Mar­ ketingstrategien im Konsumgüterbereich, in: Engelhard, Johann (Hrsg.): Inter­ kulturelles Management: Theoretische Fundierung und funktionsbereichsspezi­ fische Konzepte, Wiesbaden 1997, S.75-94. Schuh, Arnold/Holzmüller, Hartmut H.: Internationales Marketing im Span­ nungsfeld zwischen kulturgebundenen und globalen Konsummustem, in: Ei­ sendle, Reinhard/Miklautz, Elfie (Hrsg.): Produktkulturen: Dynamik und Be­ deutungswandel des Konsums, Frankfurt a. Main - New York 1992, S.289305. Schütz, Peter: Absatzstrategien für angepaßte Investitionsgüter in Entwick­ lungsländern, Frankfurt a. Main u.a. 1990.

Literaturverzeichnis

309

Segal, Madhav N./Giacobbe, Ralph W.: An empirical investigation of ethical issues in marketing research: asian perspectives, in: Evans, Joel R./Berman, Barry/Barak, Benny (Eds.): 1995 research conference on ethics and social res­ ponsibility in marketing, Hempstead 1995, pp.l 10-116. Sen, Amartya: On Ethics and Economics, Oxford - Cambridge 1990. Sen, Amartya: Demography and Welfare Economics, in: Empirica, Vol.22 (1995), No.l, pp.1-21. Servatius, Hans-Gerd: Ethisch verantwortliche Führung zum Abbau von Inno­ vationshemmnissen, in: ZFO, 61.Jg. (1992), Nr.4, S.212-219. Sethi, S. Prakash: Multinational corporations and the impact of public advocacy on corporate strategy: Nestle and the infant formula controversy, Norwell Dordrecht 1994. Simon, Herbert A.: Entscheidungsverhalten in Organisationen: eine Untersu­ chung von Entscheidungsprozessen in Management und Verwaltung, Landsberg/Lech 1981. Simon, Hermann/Wiese, Carsten: Internationale Preispolitik, in: Hermanns, Amold/Wißmeier, Urban Kilian (Hrsg.): Internationales Marketing-Manage­ ment: Grundlagen, Strategien, Instrumente, Kontrolle und Organisation, München 1995, S.225-255. Simpson, James R.: Ethics and Multinational Corporations vis-ä-vis Developing Nations, in: Journal of Business Ethics, Vol.l (1982), No.3, pp.227-237. Smith, Adam: Der Wohlstand der Nationen. Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen, München 1988. Smith, Craig N.: The Role of Ethics in Marketing Management, in: Smith, Craig N./Quelch, John A. (Eds.): Ethics in Marketing, Homewood - Boston 1993, pp.3-10. Smith, Craig N./Quelch, John A.: Pharmaceutical marketing practices in the third world, in: Smith, Craig N./Quelch, John A. (Eds.): Ethics in Marketing, Homewood - Boston 1993, pp.127-142. Srnka, Katharina: Ethik im Marketing: Einstellung und Verhalten des Manage­ ments, Wien 1997. Srnka, Katharina: Ethik im Marketing: Eine interkulturelle Betrachtung. Aufar­ beitung der Theorie und empirische Studie (Dissertationsprojekt), in: zfwu, l.Jg. (2000), Nr.l, S.l08-113. Srnka, Katharina/Wagner, Udo: Ethik im Management österreichischer Unter­ nehmen - Verknüpfung von Theorie und Praxis, in: Der Markt, 35.Jg. (1996), Nr.4, S.199-207. Staehle, Wolfgang: Die Unternehmung als Koalition und die Notwendigkeit der Werbung um Koalitionsteilnehmer, in: ZfB, 39.Jg. (1969), Nr.6, S.377-390.

310

Literaturverzeichnis

Staffelbach, Bruno: Management - Ethik: Ansätze und Konzepte aus betriebs­ wirtschaftlicher Sicht, Bem - Stuttgart - Wien 1994. Stahr, Gunter R.K./Backes, Sylvia: Informationsbeschaffung im In- und Aus­ land - Voraussetzung für Erfolg im Auslandsgeschäft, in: Kumar, Brij N./ Haussmann, Helmut (Hrsg.): Handbuch der internationalen Untemehmens­ tätigkeit, München 1992, S.385-401. Stahr, Gunter R.K./Backes, Sylvia: Marktforschung und Informationsmanage­ ment im internationalen Marketing, in: Hermanns, Amold/Wißmeier, Urban Kilian (Hrsg.): Internationales Marketing-Management: Grundlagen, Strate­ gien, Instrumente, Kontrolle und Organisation, München 1995, S.69-99. Stauss, Bernd: Verbraucherinteressen: Gegenstand, Legitimation und Organisa­ tion, Stuttgart 1980. Stauss, Bernd: Gesellschaftsorientiertes Marketing: Zur Diskussion um die Er­ weiterung der Marketing-Konzeption, in: Corsten, Hans (Hrsg.): Die soziale Dimension der Unternehmung, Berlin 1991, S.l 19-141. Stauss, Bernd: Marketing: Monolog und Dialog - Zur Gleichzeitigkeit unter­ schiedlicher Kommunikationsformen des Marketing, in: Hansen, Ursula (Hrsg.): Marketing im gesellschaftlichen Dialog, Frankfurt a. Main - New York 1996, S.205-223. Steffenhagen, Hartwig: Konflikt und Kooperation in Absatzkanälen, Münster 1975. Stegmüller, Bruno: Überlegungen zur Entwicklung internationaler MarketingKonzeptionen, in: GfK Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, 39.Jg. (1993), Nr.4, S.386-403. Steinmann, Horst: Untemehmensethik und internationales Management, Dis­ kussionsbeitrag Nr. 68, Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Untemehmensführung der Universität Erlangen-Nürnberg, Nürnberg 1992. Steinmann, Horst: Untemehmensethik: Freiheit und Verantwortung in einer glo­ balisierten Wirtschaft, Diskussionsbeitrag Nr.92, Lehrstuhl für Allgemeine Be­ triebswirtschaftslehre und Untemehmensführung der Universität ErlangenNürnberg, Nürnberg 1997. Steinmann, Horst/Löhr, Albert: Untemehmensethik: Begriff, Problembestände und Begründungsleistungen, in: Wissenschaftliche Gesellschaft für Theologie/ Evangelische Akademie Loccum (Hrsg.): Theologische Aspekte der Wirt­ schaftsethik, Loccumer Protokolle Bd.2 1987, S.21-92. Steinmann, Horst/Löhr, Albert: Untemehmensethik. Begriff, Problembestände und Begründungsleistungen, Diskussionsbeitrag Nr.35, Lehrstuhl für Allge­ meine Betriebswirtschaftslehre und Untemehmensführung der FriedrichAlexander-Universität, Erlangen-Nürnberg 1987 (hier zitiert als Steinmann/ Löhr 1987a).

Literaturverzeichnis

311

Steinmann, Horst/Löhr, Albert: Zur Kritik einer Marketingethik auf erfah­ rungswissenschaftlicher Grundlage, in: DBW, 48.Jg. (1988), Nr. 6, S.810-812. Steinmann, Horst/Löhr, Albert: Untemehmensethik - eine „realistische Idee“. Versuch einer Begriffsbestimmung anhand eines praktischen Falles, in: ZfbF, 4O.Jg. (1988), Nr.4, S.299-317 (hier zitiert als Steinmann/Löhr 1988a). Steinmann, Horst/Löhr, Albert: Einleitung: Grundfragen und Problembestände einer Untemehmensethik, in: Steinmann, Horst/Löhr, Albert (Hrsg.): Unter­ nehmensethik, Stuttgart 1991, S.3-32. Steinmann, Horst/Löhr, Albert: Der Beitrag von Ethik-Kommissionen zur Le­ gitimation der Untemehmensführung, in: Steinmann, Horst/Löhr, Albert (Hrsg.): Untemehmensethik, Stuttgart 1991, S.269-279 (hier zitiert als Steinmann/Löhr 1991a). Steinmann, Horst/Löhr, Albert: Grundlagen der Untemehmensethik, Stuttgart 1994. Steinmann, Horst/Olbrich, Thomas: Untemehmensethik und internationales Management: Implementationsprobleme einer Untemehmensethik der interna­ tionalen Unternehmung, in: Schiemenz, Bemd/Wurl, Hans-Jürgen (Hrsg.): In­ ternationales Management: Beiträge zur Zusammenarbeit. Eberhard Dülfer zum 70. Geburtstag, Wiesbaden 1994, S.l 17-144. Steinmann, Horst/Oppenrieder, Bernd: Brauchen wir eine Untemehmens­ ethik? Ein thesenartiger Aufriß einzulösender Argumentationspflichten, in: DBW, 45.Jg. (1985), Nr.2, S. 170-183. Steinmann, Horst/Scherer, Andreas: Interkulturelles Management zwischen Universalismus und Relativismus. Kritische Anfragen der Betriebswirtschafts­ lehre an die Philosophie, Diskussionsbeitrag Nr.88, Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Untemehmensführung der Universität ErlangenNürnberg, Nürnberg 1996. Steinmann, Horst/Scherer, Andreas: Die multinationale Unternehmung als mo­ ralischer Aktor - Bemerkungen zu einigen normativen Grundlagenproblemen des interkulturellen Managements, in: Engelhard, Johann (Hrsg.): Interkul­ turelles Management: Theoretische Fundierung und funktionsbereichsspezi­ fische Konzepte, Wiesbaden 1997, S.23-53. Steinmann, Horst/Scherer, Andreas: Interkulturelles Management zwischen Universalismus und Relativismus. Kritische Anfragen der Betriebswirtschafts­ lehre an die Philosophie, in: Steinmann, Horst/Scherer, Andreas (Hrsg.): Zwi­ schen Universalismus und Relativismus. Philosophische Grundlagenprobleme des interkulturellen Managements, Frankfurt a. Main 1998, S.23-87.

312

Literaturverzeichnis

Steinmann, Horst/Scherer, Andreas: Vorwort, in: Steinmann, Horst/Scherer, Andreas (Hrsg.): Zwischen Universalismus und Relativismus. Philosophische Grundlagenprobleme des interkulturellen Managements, Frankfurt a. Main 1998, S.9-21 (hier zitiert als Steinmann/Scherer 1998a). Steinmann, Horst/Zerfaß, Ansgar: Selbstmedikation bei Erkältungskrankheiten - Grundlagen und Ergebnisse eines Dialogprogramms, Stuttgart 1991. Steinmann, Horst/Zerfaß, Ansgar: Privates Unternehmertum und öffentliches Interesse, in: Wagner, Gerd Rainer (Hrsg.): Betriebswirtschaft und Umwelt­ schutz, Stuttgart 1993, S.3-26. Summer, Ludwig: Der untemehmensethische Begriff der „Verantwortung“: eine Grundlegung im Anschluß an Jonas, Kant und Habermas, Wiesbaden 1998. Thomas, Alexander/Hagemann, Katja: Training interkultureller Kompetenz, in: Bergemann, Niels/Sourisseaux, Andreas L.J. (Hrsg.): Interkulturelles Management, Heidelberg 1992, S.173-199. Thommen, Jean-Paul: Förderung des ethischen Verhaltens in der Wirtschaft, in: Die Unternehmung, 44.Jg. (1990), Nr.4, S.303-313. Thommen, Jean-Paul: Glaubwürdigkeit als Grundlage des strategischen Ma­ nagements, in: Rühli, Edwin/Krulis-Randa, Jan S. (Hrsg.): Gesellschaftsbe­ wußte Untemehmungspolitik - „societal strategy“, Bem - Stuttgart 1990, S.121-149 (hier zitiert als Thommen 1990a). Thommen, Jean-Paul: Betrachtungen zum Verhältnis zwischen Betriebswirt­ schaftslehre und Untemehmensethik, in: Nutzinger, Hans G. (Hrsg.): Wirt­ schaftsethische Perspektiven III - Untemehmensethik, Verteilungsprobleme, methodische Ansätze, Berlin 1996, S.l73-201. Tibi, Bassam: Krieg der Zivilisationen. Politik und Religion zwischen Vernunft und Fundamentalismus, Hamburg 1995. Tiemann, Regine: Ethische Branchenstandards: ein Lösungsweg für Unterneh­ men aus moralischen Dilemmata, München 1999. Tietz, Bruno: Die Wertedynamik der Konsumenten und Unternehmer in ihren Konsequenzen auf das Marketing, in: Marketing ZFP, 4.Jg. (1982), Nr.2, S.91 102. Tietz, Bruno: internationale Marktforschung, in: Macharzina, Klaus/Welge, Martin K. (Hrsg.): Handwörterbuch Export und internationale Unternehmung, Stuttgart 1989, Sp. 1453-1468. Toffler, Barbara Ley: Tough Choices - Managers Talk Ethics, New York et al. 1986. Transparency International (Hrsg.): Der 2000 Corruption Perceptions Index, S. 1-3. (Stand: 11.04.2001) https://www.transparency.de/documents/cpi/2000/cpi2000.de..html

Literaturverzeichnis

313

Tsalikis, John/Nwachukwu, Osita: Cross-Cultural Marketing ethics: On the ethical beliefs difference of greeks and americans, in: Journal of international consumer marketing, Vol.l (1989), No.3, pp.45-63. Tybout, Alice M./Zaltman, Gerald: Ethik in der Marktforschung: Ihre prakti­ sche Relevanz, in: Hansen, Ursula/Stauss, Bernd (Hrsg.): Marketing und Ver­ braucherpolitik, Stuttgart 1982, S.l 18-139. Übleis, Hans-Peter: Das absatzpolitische Instrumentarium der multinationalen Unternehmung, Gernsbach 1976. Ulrich, Peter: Konsensus-Management: Die zweite Dimension rationaler Unternehmensfuhrung, in: BfuP, 35.Jg. (1983), Nr.l, S.70-84. Ulrich, Peter: Die Weiterentwicklung der ökonomischen Rationalität - Zur Grundlegung der Ethik der Unternehmung, in: Biervert, Bemd/Held, Martin (Hrsg.): Ökonomische Theorie und Ethik, Frankfurt a. Main - New York 1987, S.122-149. Ulrich, Peter: Die neue Sachlichkeit oder: Wie kann die Untemehmensethik be­ triebswirtschaftlich zur Sache kommen?, in: Die Unternehmung, 41.Jg. (1987), Nr.6, S.409-424 (hier zitiert als Ulrich 1987a). Ulrich, Peter: Lassen sich Ökonomie und Ökologie wirtschaftsethisch versöh­ nen?, in: Seifert, Eberhard K./Pfriem, Reinhard (Hrsg.): Wirtschaftsethik und ökologische Wirtschaftsforschung, Bem - Stuttgart 1989, S.129-149. Ulrich, Peter: Wirtschaftsethik als Kritik der reinen ökonomischen Vernunft, in: Matthiessen, Christian (Hrsg.): Ökonomie und Ethik: Moral des Marktes oder Kritik der reinen ökonomischen Vernunft, Freiburg 1990, S.l 11-138. Ulrich, Peter: Perspektiven eines integrativen Ansatzes der Wirtschaftsethik am Beispiel sich verändernder betriebswirtschaftlicher Rationalisierungsmuster, in: Homann, Karl (Hrsg.): Aktuelle Probleme der Wirtschaftsethik, Berlin 1992, S.183-215. Ulrich, Peter: Transformation der ökonomischen Vernunft: Fortschrittsperspek­ tiven der modernen Industriegesellschaft, Bem - Wien - Stuttgart, 1993. Ulrich, Peter: Integrative Wirtschaftsethik: Grundlagen einer lebensdienlichen Ökonomie, Bem - Stuttgart - Wien 1998. Ulrich, Peter: Weltethos und Weltwirtschaft - eine wirtschaftsethische Perspek­ tive, in: Küng, Hans/Kuschel, Karl-Josef (Hrsg.): Wissenschaft und Weltethos, München 1998, S.40-60 (hier zitiert als Ulrich 1998a). Ulrich, Peter/Fluri, Edgar: Management. Eine konzentrierte Einführung, Bem Stuttgart 1995. Ulrich, Peter/Lunau, York: „Ethikmassnahmen“ in schweizerischen und deut­ schen Unternehmen. Konzeptionelle Überlegungen und empirische Befunde, in: Die Unternehmung, 51.Jg. (1997), Nr.l, S.49-65.

314

Literaturverzeichnis

UNCTAD (Ed.): World Investment report: Transnational corporations, market structures and competition policy, New York - Genf 1997. Unger n-Sternberg, Thomas von/Weizsäcker, Carl-Christian von: Markt­ struktur und Marktverhalten bei Qualitätsunsicherheit, in: Zeitschrift für Wirt­ schafts- und Sozialwissenschaft, 101 .Jg. (1981), Nr.6, S.609-626. Usunier, Jean-Claude/Walliser, Björn: Interkulturelles Marketing. Mehr Erfolg im internationalen Geschäft, Wiesbaden 1993. Vanberg, Viktor: Organisationsziele und individuelle Interessen, in: Soziale Welt, 34Jg. (1983), Nr.2, S.171-187. Voigt, Kai-Ingo: Strategisches Management der Multinationalen Unternehmung, in: Schoppe, Siegfried G. (Hrsg.): Kompendium der internationalen Betriebs­ wirtschaftslehre, München-Wien 1998, S.243-280. Vossenkuhl, Wilhelm: Konflikt, in: Höffe, Otfried (Hrsg.): Lexikon der Ethik, München 1986, S.132-133. Vossenkuhl, Wilhelm: Kultur, in: Höffe, Otfried (Hrsg.): Lexikon der Ethik, München 1986, S.140 (hier zitiert als Vossenkuhl 1986a). Wagner, Gerd-Rainer: „Untemehmensethik“ im Lichte der ökologischen Herausforderungen, in: Czap, Hans (Hrsg.): Untemehmensstrategien im sozio­ ökonomischen Wandel, Berlin 1990, S. 295-316. Wagner, Helmut: Marktorientierte Untemehmensfuhrung versus Orientierungen an Mitarbeiterinteressen, Shareholder-Value und Gemeinwohlverpflichtung, in: Bruhn, Manfred/Steffenhagen, Hartwig (Hrsg.): Marktorientierte Unter­ nehmensführung: Reflexionen - Denkanstösse - Perspektiven; Heribert Meffert zum 60. Geburtstag, Wiesbaden 1997, S.87-102. Wagner, Helmut: Wachstum und Entwicklung: Theorie der Entwicklungs­ politik, München-Wien 1993. Wagner, Helmut: Entwicklungsökonomie, in: WiSt, 25.Jg. (1996), Nr.3, S.127134. Wagner, Norbert: Ökonomik der Entwicklungsländer, in: Macharzina, Klaus/ Welge, Martin K. (Hrsg.): Handwörterbuch Export und internationale Unter­ nehmung, Stuttgart 1989, Sp.983-1001. Wagner, Norbert/Kaiser, Martin: Ökonomie der Entwicklungsländer: eine Ein­ führung, Stuttgart 1995. Weber, Max: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1973. Weizsäcker, Ernst Ulrich von: Waschen und Gewässerschutz, Karlsruhe 1988. Weizsäcker, Richard von: Der Dialog als politische Methode, in: Merkur, Deut­ sche Zeitschrift für europäisches Denken, 22.Jg. (1968), Nr.12, S.1069-1077.

Literaturverzeichnis

315

Welge, Martin K./Berg, Nicola: Public Affairs-Management in Multinationalen Unternehmungen - Ergebnisse einer empirischen Untersuchung deutscher Unternehmungen in Indien, in: Engelhard, Johann/Oechsler, Walter A. (Hrsg.): Internationales Management. Auswirkungen globaler Veränderungen auf Wettbewerb, Untemehmensstrategie und Märkte. Klaus Macharzina zum 60. Geburtstag, Wiesbaden 1999, S. 193-215. Werpers, Katja: Konflikte in Organisationen: eine Feldstudie zur Analyse inter­ personaler und intergruppaler Konfliktsituationen, Münster u.a. 1999. Wiedmann, Klaus-Peter: Gesellschaft und Marketing: Zur Neuorientierung der Marketingkonzeption im Zeichen des gesellschaftlichen Wandels, in: Specht, Günter/Silberer, Günter/Engelhardt, Werner-Hans (Hrsg.): Marketing-Schnitt­ stellen: Herausforderungen für das Management, Stuttgart 1989, S.227-246. Wiedmann, Klaus-Peter: Rekonstruktion des Marketingansatzes und Grundla­ gen einer erweiterten Marketingkonzeption, Stuttgart 1993. Wieland, Josef: Formen der Institutionalisierung von Moral in amerikanischen Unternehmen: die amerikanische Business-Ethics-Bewegung, Bem - Stuttgart -Wien 1993. Wieland, Josef: Organisatorische Formen der Institutionalisierung von Moral in der Unternehmung, in: Nutzinger, Hans G. (Hrsg.): Wirtschaftsethische Perspektiven II. Unternehmen und Organisationen, philosophische Begrün­ dungen, individuelle und kollektive Rationalität, Berlin 1994, S.l 1-35. Wieland, Josef: Untemehmensethik als Erfolgsfaktor in globalen Kooperationen, in: Krystek, Ulrich/Zur, Eberhard (Hrsg.): Internationalisierung: Eine Heraus­ forderung für die Untemehmensführung, Berlin u.a. 1997, S.527-541. Wieland, Josef: Die Ethik der Governance, Marburg 1999. Wilkens, Rainer: Der Abschied vom „Abschied vom Marketing“, in: Disch, Wolfgang K.A./Wilkes, Malte W. (Hrsg.): Alternatives Marketing: Ideen, Er­ kenntnisse, preisgekrönte Beispiele, Landsberg/Lech 1993, S.17-27. Williamson, Hugh: Am Spielzeug klebt Blut, in: TAZ, 03.02.1996, Nr.4840, S.7. Williamson, Oliver: Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus - Unter­ nehmen, Märkte, Kooperationen, Tübingen 1990. Wimmer, Frank: Der Nutzen des Dialogs mit der Untemehmensumwelt, in: Hansen, Ursula (Hrsg.): Marketing im gesellschaftlichen Dialog, Frankfurt a. Main-New York 1996, S.l09-117. Wind, Yoram/Douglas, Susan P./Perlmutter, Howard V.: Guidelines for De­ veloping International Marketing Strategies, in: Journal of Marketing, Vol.37 (1973), No.4, pp.14-23. Wollasch, Ursula: Normenkodizes in Unternehmen: Kundenorientierung - Stra­ tegisches Management und Christliche Sozialethik im Dialog, Münster 1999.

316

Literaturverzeichnis

Wood, Graham: Ethics at the purchasing/sales interface: an international pers­ pective, in: International Marketing Review, Vol.12 (1995), No.4, pp.7-19. Würthner, Christina: Transnationale Dienstleistungssysteme - eine Rahmen­ konzeption, Sternenfels 2001. Yoo, Joo-Hyun: Diskursive Praxis diesseits von Letztbegründung und Positivität: zur Kritik des Diskursbegriffes bei Jürgen Habermas und Michael Foucault, Frankfurt a. Main u.a. 1993. Zentes, Joachim: Grundbegriffe des Marketing, Stuttgart 1996. Zerfaß, Ansgar: Kommunikative Kompetenz und Untemehmensethik: Perspek­ tiven für die interne und externe Kommunikation, in: Bartsch, Elmar (Hrsg.): Sprechen, Führen, Kooperieren in Betrieb und Verwaltung, München - Basel 1994, S.297-306. Zerfaß, Ansgar: Dialogkommunikation und strategische Untemehmensfuhrung, in: Bentele, Günter/Steinmann, Horst/Zerfaß, Ansgar (Hrsg.): Dialogorientierte Untemehmenskommunikation: Grundlagen - Praxiserfahrungen - Perspekti­ ven, Berlin 1996, S.23-58. Zerfaß, Ansgar: Untemehmensfuhrung und Öffentlichkeitsarbeit: Grundlegung einer Theorie der Untemehmenskommunikation und Public Relations, Opladen 1996 (hier zitiert als Zerfaß 1996a). Zerfaß, Ansgar/Emmendörfer, Alexander: Gesellschaftsorientiertes Marketing und sozial verantwortliche Untemehmensfuhrung, Diskussionsbeitrag Nr.80, Lehrstuhl für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Untemehmensführung der Universität Erlangen-Nürnberg 1994. Zerfaß, Ansgar/Scherer, Andreas G.: Untemehmensführung und Öffentlich­ keitsarbeit, in: DBW, 55.Jg. (1995), Nr.4, S.493-512. Ziegler, Albert: Wirtschafts-Ethik. Hemmschuh oder Erfolgsfaktor für das Mar­ keting?, in: Marketing Journal, 32.Jg. (1999), Nr.6, S.342-345. Zimmerli, Walter Ch./Aßländer, Michael: Lexikon Wirtschaft und Ethik (6): Marketing-Ethik, in: Gablers Magazin, 9.Jg. (1995), Nr.5, S.44-45.