Die Firma im internationalen Rechtsverkehr: Zum Kollisionsrecht der Firma unter besonderer Berücksichtigung des Rechts der Europäischen Union 9783161541513, 3161541510

Angenommen, eine englische Limited beantragt, im deutschen Handelsregister unter ihrer Firma "Auskunft Limited"

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Die Firma im internationalen Rechtsverkehr: Zum Kollisionsrecht der Firma unter besonderer Berücksichtigung des Rechts der Europäischen Union
 9783161541513, 3161541510

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
A. Problemstellung und Begrenzung des Themas
B. Gang der Untersuchung
Ausgangslage im materiellen und Internationalen Firmenrecht
A. Grundzüge des materiellen Firmenrechts
I. Handelsrechtliche Grundlagen und Bedeutung der Firma
1. Name des Kaufmanns
2. Firmenrecht zwischen Firmenwahlfreiheit und Verkehrsschutz
a) Firmenrechtliche Konfliktlage
b) Grundsätze des Firmenrechts
aa) Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft
bb) Firmenwahrheit
cc) (Konkrete) Firmenunterscheidbarkeit
dd) Firmenbeständigkeit
ee) Firmeneinheit
ff) Firmenpublizität
c) Firma der Zweigniederlassung
3. Gerichtliche Durchsetzung des Firmenbildungsrechts
a) Registerrechtliche Kontrollverfahren
b) Privatrechtlicher Unterlassungsanspruch nach § 37 Abs. 2 HGB
II. Vorgaben und Einflüsse des Unionsrechts
1. Primärrechtliche Schranken
2. Sekundärrechtliche Vorgaben und Einflüsse
a) Publizitätsrichtlinie
b) Zweigniederlassungsrichtlinie
aa) Grundlegender Regelungsgehalt
bb) Umsetzung im deutschen Recht
c) Sonstige firmenrechtliche Informationspflichten
d) Exkurs: Wettbewerbsrechtliche Richtlinien mit firmenrechtlicher Relevanz
aa) Regelungsgegenstand und -methodik (Überblick)
bb) Firmenführung als Werbung bzw. Geschäftspraktik
(1) Firmenführung als Werbung
(2) Firmenführung als Geschäftspraktik
cc) Registereintragung als Werbung bzw. Geschäftspraktik?
(1) Erforderlichkeit eines umfassenden Irreführungsverbots aus Gründen der richtlinienübergreifenden Gesamtsystematik?
(2) Nachrangiger Absatzbezug der Registereintragung bzw. Überlagerung durch Firmenführung
(3) Zwischenergebnis: Registereintragung kein richtlinienrelevanter Tatbestand
dd) Prüfungsmaßstab und Voraussetzungen des unionsrechtlichen Irreführungstatbestands im Firmenrecht
(1) Täuschung bzw. Täuschungseignung
(2) Entscheidungserheblichkeit der Irreführung
(3) Keine Irreführungsabsicht
(4) Maßgeblicher Empfängerhorizont
(5) Normativer Bewertungsmaßstab
III. Deutsches Firmenbildungrecht im europäischen Vergleich
1. Ordnungsrechtliche Restriktivität
2. Transnationales Konfliktpotential
B. Stand und Begriffsverständnis des Firmenkollisionsrechts
I. Fehlende gesetzliche Regelung
1. Bestrebungen auf nationaler Ebene
2. Bestrebungen auf europäischer Ebene
II. Kollisionsrechtliches Begriffsverständnis der „Firma“
Öffentlich- bzw. ordnungsrechtliche Qualifikation des Internationalen Firmenrechts
A. Methodische Ansätze
I. Grundlagen
II. Kollisionsrechtliche Folgerung aus der ordnungsrechtlichen Natur des Firmenrechts
1. Gebietsbezogene Anknüpfung des Firmenrechts
2. Gebietsbezogene Anknüpfung des „Firmenordnungsrechts“
3. Einseitige Anwendung deutschen Firmenrechts durch deutsche Hoheitsträger
B. Bewertung
I. Grundlegende Bedeutung und Fragestellung einer Abgrenzung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht
II. Das „Internationale Öffentliche Recht“ als dogmatisch-methodisches Verweisungssystem?
1. Unterscheidung nach der Rechtsnatur des Sachrechts
a) Methodisch-dogmatischer Ansatz
aa) Abgrenzungskriterium: Zwecksetzung der Norm
bb) Begründungsansatz
cc) Bewertung und Stellungnahme
(1) Kein Ausschluss der Austauschbarkeit a priori
(2) Anwendung ausländischen „öffentlichen“ Rechts als Ausdruck autonomer Wertentscheidung der lex fori
(3) Mangelnde Schärfe und Homogenität der Differenzierung
(4) Insbesondere: Gewährleistung der einzelfallbezogenen Interessenbewertung im Rahmen des internationalprivatrechtlichen Verweisungssystems
b) Schwerpunktverlagerung: Sonderanknüpfung von Eingriffsrecht
aa) Konkret-funktionale Betrachtung
bb) Räumlicher Anwendungsbereich von Eingriffsrecht: Grundsatz der Sonderanknüpfung
cc) Bewertung
c) Zwischenergebnis: Keine kollisionsrechtliche Zweiteilung nach der Rechtsnatur des Sachrechts
2. Unterscheidung nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis
a) Methodisch-dogmatischer Ansatz
aa) Abgrenzungskriterium: Art der Rechtsgestaltung
bb) Begründungsansatz
cc) Begrifflichkeit
b) Bewertung und Stellungnahme
aa) Der Grundsatz von der Einseitigkeit des Verwaltungskollisionsrechts
bb) Eigener Lösungsansatz: Faktische Geltung des Einseitigkeitsgrundsatzes unter Änderungsvorbehalt
cc) Zwischenergebnis: Verwaltungskollisionsrecht als (faktisch) einseitiges Verweisungsrecht
c) Verwaltungskollisionsrechtliche Verweisungsmethodik
aa) Inländisches Regelungsinteresse
(1) Grundsatz
(2) Wechselwirkungen zwischen internationaler Zuständigkeit und anwendbarem Recht
bb) Verwaltungskollisionsrecht als kollisionsrechtliches „Metarecht“
III. Ergebnis
C. Firmenregisterrecht zwischen Verwaltungskollisionsrecht und Internationalem Privatrecht
I. Ausgangslage
II. Vorüberlegung: Grenzüberschreitender Anwendungsbereich des Firmenbildungsrechts
1. Anmeldepflicht
2. Anwendung des Verfahrensrechts der lex fori
3. Internationale Zuständigkeit deutscher Registergerichte im Eintragungsverfahren
a) Maßgebliche Anknüpfung
b) Exkurs: Bestimmung der internationalen Zuständigkeit deutscher Registergerichte im Einzelnen
aa) Eintragung der inländischen Hauptniederlassung bzw. des inländischen Gesellschaftssitzes
(1) „Niederlassung“ eines Einzelkaufmanns
(2) „Sitz“ einer Kapitalgesellschaft
(3) „Sitz“ einer Personengesellschaft
bb) Eintragung der inländischen „Zweigniederlassung“ eines ausländischen Unternehmens nach § 13d HGB
(1) Zweigniederlassungsbegriff
(2) Formale Eintragung einer Hauptniederlassung als Zweigniederlassung?
cc) Eintragung von Zweigniederlassungen inländischer Rechtsträger
dd) Zwischenergebnis: Internationale Zuständigkeit für (Zweig-) Niederlassung und Sitz im Inland
4. Internationale Zuständigkeit deutscher Registergerichte im Rahmen des Firmenmissbrauchsverfahrens
a) Firmenmissbrauchsverfahren gegen einen inländischen Rechtsträger
aa) Bei Gebrauch der Hauptniederlassungsfirma
bb) Bei Gebrauch der Zweigniederlassungsfirma
(1) Keine ausdrückliche gesetzliche Inbezugnahme
(2) Exkurs: Internationale Zuständigkeit analog § 13 HGB
(a) Auslegung von § 377 Abs. 1 FamFG
(aa) Semantische Auslegung
(bb) Systematisch-historische Auslegung
(cc) Teleologisch-systematische Auslegung
(b) Bewertung und Ergebnis
b) Firmenmissbrauchsverfahren gegen einen ausländischen Rechtsträger mit Zweigniederlassung im Inland
aa) Keine ausdrückliche gesetzliche Inbezugnahme
bb) Internationale Zuständigkeit deutscher Registergerichte analog § 13d HGB?
(1) Vereinbarkeit mit den Vorgaben der Zweigniederlassungsrichtlinie
(2) Bewertung: Planwidrige Regelungslücke und vergleichbare Interessenlage
(3) Keine internationale Zuständigkeit bei bloßer inländischer Betriebsstätte
c) Zwischenergebnis: Internationale Zuständigkeit für (Zweig-)Niederlassung und Sitz im Inland
III. Internationalprivatrechtliche oder verwaltungskollisionsrechtliche Bestimmung des anwendbaren Firmenbildungsrechts?
1. Registereintragungsverfahren
a) Zuordnung nach der Art der Rechtsgestaltung
b) Ergebnis
2. Firmenmissbrauchsverfahren
a) Verwaltungskollisionsrechtliches Indiz des Wortlauts?
b) Zuordnung nach der Art der Rechtsgestaltung
c) Zweckmäßigkeit einer gesetzlichen Regelung zugunsten einer allseitigen Verweisung
d) Ergebnis
IV. Verwaltungskollisionsrechtlicher Anwendungsbereich deutschen Firmenrechts im Rahmen von § 37 Abs. 1 HGB
1. Inländische Niederlassung im Sinne von § 377 Abs. 1 FamFG bzw. § 13d HGB analog als Mindestvoraussetzung
2. § 377 Abs. 1 FamFG bzw. § 13d HGB analog als abschließender Maßstab?
a) Problemstellung
b) Eingeschränkter Anwendungswille des deutschen Firmenbildungsrechts
3. Zulässigkeit der Durchsetzung deutschen Firmenbildungsrechts im Geltungsbereich der Europäischen Grundfreiheiten
4. Ergebnis
Internationalprivatrechtliche Anknüpfung der Firmenberechtigung
A. Bisherige Lösungsansätze
I. Anknüpfungsgegenstand
1. Anknüpfung der Firma bzw. der Firmenberechtigung
2. Firmenbildung und Abgrenzung zum Firmengebrauch
II. Grundanknüpfung
1. Anknüpfung an das Heimatrecht des Kaufmann
a) Firmenstatut des Einzelkaufmanns
b) Firmenstatut der Handelsgesellschaft
c) Firmenstatut der inländischen Tochtergesellschaft
d) Firmenstatut der im Inland belegenen Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens
2. Anknüpfung an die Niederlassung des Kaufmanns
3. Kumulative Anwendung des Gründungsrechts und des Rechts am Ort der Niederlassung
4. Einseitige Verweisung auf deutsches Firmenrecht jedenfalls für inländische Zweigniederlassungen
5. Anwendung des Schutzstatuts
III. Anwendung deutschen Firmenrechts
1. Gesonderte Anknüpfung der Firma der Zweigniederlassung
2. Überlagerung des Firmenstatuts durch Firmenordnungsrecht
3. Gesonderte Anknüpfung wettbewerbsrechtlicher Aspekte des Firmenrechts
B. Eigenes Lösungsmodell
I. Methodische Vorüberlegungen
1. Allseitige Anknüpfung trotz etwaiger eingriffsrechtlicher Qualifikation
a) Problemstellung
b) Abgrenzung zur Schuldstatutstheorie
c) Interessenanalyse unter Einbeziehung etwaiger Eingriffsnormen
aa) Grundlagen
bb) Kompatibilität mit den Wertungen des kodifizierten IPR
cc) Relativität des Eingriffsrechts
d) Zwischenergebnis: Grundsatz der allseitigen Verweisung des Firmenbildungsrechts
2. Grundlagen der Interessenbewertung und -abwägung
a) Grundlagen und Modifikation der Kegel’schen Interessenlehre
b) Überblick: Typische Interessen und kollisionsrechtliche Bewertung der einzelnen Interessenkategorien
aa) Parteiinteressen
bb) Verkehrsinteressen
cc) Ordnungsinteressen
dd) Sachrechtsbezogene Ordnungsinteressen
3. Einfluss der Europäischen Grundfreiheiten auf das nationale Kollisionsrecht
a) Fragestellung
b) Verhältnis der Grundfreiheiten zum Kollisionsrecht
aa) Struktur und Funktionsweise der Grundfreiheiten
bb) Kein positiver kollisionsrechtlicher Regelungsgehalt
cc) Kollisionsrecht als Kontrollgegenstand der Grundfreiheiten?
(1) Grundsatz: Kein eigenständiger Grundfreiheitenverstoß
(2) Ausnahme: Spezifisch kollisionsrechtliche Beschränkung der Grundfreiheiten
dd) Sonderstellung von Niederlassungsfreiheit und „Gesellschaftskollisionsrecht“
(1) Grundlagen
(2) Niederlassungsfreiheit
(3) Auslegung bzw. Konkretisierung des Schutzgehalts der Niederlassungsfreiheit durch den EuGH
(a) Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit, insbesondere „Überseering“
(b) Bewertung: Niederlassungsfreiheit als einseitig beschränktes Verweisungsverbot
(c) Anwendung auf das Firmenkollisionsrecht
(aa) Firmenrechtlicher Gehalt der EuGH-Rechtsprechung
(bb) Bedeutung einer etwaigen gesellschaftsrechtlichen Qualifikation der Firmenberechtigung
(d) Exkurs: Briefkasten- bzw. Scheinauslandsgesellschaften
c) Zwischenergebnis: Kein positiver firmenkollisionsrechtlicher Gehalt der Grundfreiheiten
II. Anknüpfungsgegenstand
1. Problemstellung
2. Bewertung
a) Getrennte Betrachtung von „Firmenbildung“ und „Firmengebrauch“
b) Einordnung der Bildung der Zweigniederlassungsfirma unter Verwendung der Firma der Hauptniederlassung
III. Anknüpfung der Firmenbildung
1. Keine Anwendung von Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 Rom II-VO
2. Interessenbewertung
a) Parteiinteressen
b) Verkehrsinteressen
aa) Kreis der potentiell Beteiligten
bb) Räumliche Zuordnung der Verkehrsinteressen
c) Ordnungsinteressen
aa) Innerer Entscheidungseinklang
(1) Registereintragung und Firmenmissbrauchsverfahren
(2) Firmenbildungsstatut und Internationales Wettbewerbsrecht
(3) Firmenbildung und Internationales Immaterialgüterrecht
bb) Äußerer Entscheidungseinklang
cc) Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit
d) Sachrechtsbezogene Ordnungsinteressen
aa) Marktordnungsrechtliche Relevanz der Firmenbildung
bb) Kein Widerspruch zum Grundsatz der materiellrechtlichen Neutralität des Eintragungsverfahrens
cc) Zwischenergebnis: Sachrechtsbezogenes Ordnungsinteresse zugunsten einer Anwendung des Firmenrechts des Registerstaates
e) Zwischenergebnis: Fehlende Homogenität der firmenkollisionsrechtlichen Interessen
3. Interessenabwägung
4. Ergebnis
a) Eigener Normvorschlag
b) Einzelerläuterungen
aa) Regelanknüpfung
bb) Niederlassungsbegriff
cc) Abgrenzung zur einseitigen Anwendung deutschen Firmenrechts auf im Inland belegene Zweigniederlassungen
dd) Gesamt- oder Sachnormverweisung
IV. Anknüpfung des Firmengebrauchs
1. Grundsatz: Anwendung des Firmenbildungsstatuts
2. Indirekte Überlagerung des Firmenstatuts im Rahmen privatrechtlicher Ansprüche
a) Problemstellung
b) Ausgangspunkt: Funktionale Sachrechtsanalyse des firmenrechtlichen Unterlassungsanspruchs nach § 37 Abs. 2 HGB
c) Subsumtion unter europäisches Kollisionsrecht?
aa) Anwendbarkeit der Rom II-VO
(1) Außervertragliches Schuldverhältnis
(2) Kein Ausschluss nach Art. 1 Abs. 2 lit. d Rom II-VO
bb) Unzulässiger Firmengebrauch im Sinne von § 37 Abs. 2 HGB als „unlauteres Wettbewerbsverhalten“
(1) Sachlicher Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 Rom II-VO
(a) Semantische Auslegung
(b) Historische Auslegung
(c) Systematisch-historische Auslegung
(d) Teleologische Auslegung
(e) Zwischenergebnis: Funktionaler Wettbewerbsbegriff
(2) Subsumtion
(a) Wettbewerbsrechtliche Funktion der Firma und des Firmenbildungsrechts
(b) Marktbezogene oder bilaterale Wettbewerbsbeeinträchtigung?
(c) Marktbezug der Wettbewerbshandlung: Keine Anwendung auf Vorbereitungshandlungen
cc) Verhältnis zu Art. 8 Rom II-VO
(1) Sachlicher Anwendungsbereich von Art. 8 Abs. 1 Rom II-VO
(2) Immaterialgüterrechtliche oder wettbewerbsrechtliche Qualifikation des firmenrechtlichen Unterlassungsanspruchs
(a) Problemstellung
(b) Qualifikation anhand einer funktionalen Interessenbewertung
(aa) Art. 8 Abs. 1 Rom II-VO
(bb) Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO
(cc) Bewertung
(c) Zwischenergebnis:Wettbewerbsrechtliche Qualifikation
dd) Umfang der Verweisung
3. Zwischenergebnis: Firmendelikstrechtliche Überlagerung des Firmenstatuts
V. Regelung der Vorfragenanknüpfung
1. Im Rahmen des Registereintragungsverfahrens
2. Im Rahmen eines spezifisch firmenrechtlichen Unterlassungsanspruchs im Sinne von § 37 Abs. 2 HGB
3. Im Rahmen des Firmenmissbrauchsverfahrens
C. Ergebnis
Zulässigkeit bzw. Zweckmäßigkeit des vorgestellten Verweisungsmodells im Geltungsbereich der Europäischen Grundfreiheiten
A. Erforderlichkeit einer Korrektur der firmenkollisionsrechtlichen Anknüpfung?
I. Verhältnis der Grundfreiheiten zur Marktortanknüpfung nach Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO
II. Spezifisch kollisionsrechtliche Diskriminierung
1. Verweisung auf das Heimatrecht des Kaufmanns
2. Anknüpfung an den Ort der Registereintragung
III. Spezifisch kollisionsrechtliche Beschränkung
1. Problemstellung
2. Insbesondere: Einseitig beschränktes Verweisungsverbot
a) Firmenrechtlicher Schutzgehalt der Grundfreiheiten
aa) Allgemeiner Schutzbereich der betroffenen Grundfreiheiten
bb) Freiheitsbeschränkende Maßnahmen des Firmenrechts
(1) Spezifisch grenzüberschreitendes Marktzugangshindernis
(2) Keine unterschiedslos wirkende Verkaufs- bzw. Niederlassungsmodalität
(3) Zwischenergebnis: Punktueller firmenrechtlicher Schutzgehalt der Grundfreiheiten
b) Erforderlichkeit der Anwendung des originären Firmenstatuts?
c) Ergebnis
B. Zweckmäßigkeit einer Korrektur zugunsten des originären Firmenstatuts?
I. Fragestellung
II. Exkurs: Einfluss des Unionsrechts auf die Anwendung deutschen Firmenbildungsrechts
1. Rechtfertigung einer firmenrechtlichen Freiheitsbeschränkung
2. Immanente Rechtfertigungsprüfung des deutschen Firmenbildungsrechts
3. Unterschiedliche Maßstäbe je nach Art der Teilnahme am inländischen Geschäftsverkehr
III. Bewertung
C. Zweckmäßigkeit einer eigenen Zulässigkeitsprüfung bei vorheriger Eintragung der Ursprungsfirma in einem öffentlichen Register
I. „Anerkennung“ der originären Firma als Rechtslagenanerkennung?
1. Grundlagen der Rechtslagenanerkennung
2. Firmenrechtliche Fragestellung
3. Bewertung
II. Eintragung der ausländischen Firma als widerlegbare Vermutung
D. Ergebnis
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Sachregister

Citation preview

Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 345 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:

Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann

Julia Alma Schünemann

Die Firma im internationalen Rechtsverkehr Zum Kollisionsrecht der Firma unter besonderer Berücksichtigung des Rechts der Europäischen Union

Mohr Siebeck

Julia Alma Schünemann, geboren 1986; Studium der Rechtswissenschaft an der Universität zu Köln; seit 2010 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für internationales und ausländisches Privatrecht, Universität zu Köln; 2015 Zweites Staatsexamen.

Zugl.: Köln, Univ., Diss 2014 ISBN 978-3-16-154151-3 ISSN 0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb. dnb.de abrufbar. © 2016  Mohr Siebeck, Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer­ tung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elek­ tronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruck­ papier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.

Meiner Familie

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2014 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen. Sie ist während meiner Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für internationales und ausländisches Privatrecht der Universität zu Köln entstanden. Sie befindet sich auf dem Stand von August 2014. Neuere Literatur wurde bis Juli 2015 berücksichtigt. In großer Dankbarkeit verbunden bin ich meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Heinz-Peter Mansel. Durch seine Vorlesung zum Internationalen Privatrecht hat er frühzeitig meine Begeisterung für das Kollisionsrecht geweckt und mich jeher auf meinem fachlichen und persönlichen Werdegang gefördert und geprägt. Dies nicht zuletzt dadurch, dass er mir während meiner Zeit an seinem Lehrstuhl und der Promotion unter seiner Betreuung jederzeit mit Rat zur Seite stand und mir zugleich den erforderlichen wissenschaftlichen Freiraum ließ. Mein Dank gilt zudem Herrn Honorarprofessor Dr. Hilmar Krüger für die überaus zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Herrn Professor Dr. Dr. h.c. mult. Jürgen Basedow danke ich für die Aufnahme der Arbeit in diese Schriftenreihe. Dank schulde ich auch meinen Freunden und Weggefährten, den (zukünftigen) Dres. David Kruchen, Sandy Siegfanz-Strauß, Dana Tillich und Christoph Waldermann, die immer ein offenes Ohr für mich hatten und mir mit Anregungen und Aufmunterungen beistanden. Anna Schmid, Petra Schünemann und Dana Tillich danke ich zudem für die Durchsicht und Korrektur des Manuskripts. Meinem Freund, Steven Fischer, bin ich für die vielen großen und kleinen Hilfestellungen, durch die er zu der erfolgreichen Fertigstellung dieser Arbeit beigetragen hat, sowie für seine unermüdliche Geduld und seinen Blick für das Wesentliche zutiefst dankbar. Mein größter Dank gilt meinen Eltern, Götz und Petra Schünemann, sowie meiner Schwester, Anna Schmid, die mir mit ihrem Zuspruch, ihrem Verständnis und ihrer bedingungslosen Unterstützung in all meinen Vorhaben immer den erforderlichen Rückhalt geben. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Köln, im August 2015

Julia Alma Schünemann

Inhaltsübersicht Vorwort ...................................................................................................... VII Inhaltsverzeichnis ........................................................................................ XI Abkürzungsverzeichnis ........................................................................... XXII

Kapitel 1: Einleitung ............................................................................... 1 A. Problemstellung und Begrenzung des Themas .......................................... 1 B. Gang der Untersuchung ........................................................................... 5

Kapitel 2: Ausgangslage im materiellen und Internationalen Firmenrecht ............................................................................................... 7 A. Grundzüge des materiellen Firmenrechts ................................................. 7 B. Stand und Begriffsverständnis des Firmenkollisionsrechts ..................... 44

Kapitel 3: Öffentlich- bzw. ordnungsrechtliche Qualifikation des Internationalen Firmenrechts ....................................................... 51 A. Methodische Ansätze .............................................................................. 51 B. Bewertung .............................................................................................. 56 C. Firmenregisterrecht zwischen Verwaltungskollisionsrecht und Internationalem Privatrecht ................................................................... 91

X

Inhaltsübersicht

Kapitel 4: Internationalprivatrechtliche Anknüpfung der Firmenberechtigung ..................................................................... 125 A. Bisherige Lösungsansätze .................................................................... 125 B. Eigenes Lösungsmodell ........................................................................ 145 C. Ergebnis ............................................................................................... 230

Kapitel 5: Zulässigkeit bzw. Zweckmäßigkeit des vorgestellten Verweisungsmodells im Geltungsbereich der Europäischen Grundfreiheiten ................................................... 233 A. Erforderlichkeit einer Korrektur der firmenkollisionsrechtlichen Anknüpfung? ........................................................................................ 234 B. Zweckmäßigkeit einer Korrektur zugunsten des originären Firmenstatuts?................................................................................................. 247 C. Zweckmäßigkeit einer eigenen Zulässigkeitsprüfung bei vorheriger Eintragung der Ursprungsfirma in einem öffentlichen Register ........... 255 D. Ergebnis ............................................................................................... 261 Zusammenfassung ..................................................................................... 262 Literaturverzeichnis ................................................................................... 275 Sachregister ............................................................................................... 289

Inhaltsverzeichnis Vorwort ................................................................................................... XXII Inhaltsübersicht ........................................................................................... IX Abkürzungsverzeichnis ........................................................................... XXII

Kapitel 1: Einleitung ............................................................................... 1 A. Problemstellung und Begrenzung des Themas .......................................... 1 B. Gang der Untersuchung ........................................................................... 5

Kapitel 2: Ausgangslage im materiellen und Internationalen Firmenrecht ............................................................................................... 7 A. Grundzüge des materiellen Firmenrechts ................................................. 7 I. Handelsrechtliche Grundlagen und Bedeutung der Firma ................... 7 1. Name des Kaufmanns .................................................................... 7 2. Firmenrecht zwischen Firmenwahlfreiheit und Verkehrsschutz ..... 7 a) Firmenrechtliche Konfliktlage .......................................................7 b) Grundsätze des Firmenrechts .........................................................9 aa) Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft ........................ 10 bb) Firmenwahrheit ........................................................................10 cc) (Konkrete) Firmenunterscheidbarkeit ....................................11 dd) Firmenbeständigkeit ................................................................11 ee) Firmeneinheit ...........................................................................12 ff) Firmenpublizität .......................................................................12 c) Firma der Zweigniederlassung .....................................................13 3. Gerichtliche Durchsetzung des Firmenbildungsrechts ................. 14 a) Registerrechtliche Kontrollverfahren ..........................................14

XII

Inhaltsverzeichnis

b) Privatrechtlicher Unterlassungsanspruch nach § 37 Abs. 2 HGB............................................................................16 II. Vorgaben und Einflüsse des Unionsrechts ........................................ 17 1. Primärrechtliche Schranken ......................................................... 17 2. Sekundärrechtliche Vorgaben und Einflüsse ............................... 18 a) Publizitätsrichtlinie ........................................................................18 b) Zweigniederlassungsrichtlinie ......................................................20 aa) Grundlegender Regelungsgehalt ............................................20 bb) Umsetzung im deutschen Recht .............................................21 c) Sonstige firmenrechtliche Informationspflichten ....................... 22 d) Exkurs: Wettbewerbsrechtliche Richtlinien mit firmenrechtlicher Relevanz...............................................................................22 aa) Regelungsgegenstand und -methodik (Überblick) ............... 23 bb) Firmenführung als Werbung bzw. Geschäftspraktik ............ 24 (1) Firmenführung als Werbung .............................................25 (2) Firmenführung als Geschäftspraktik ................................27 cc) Registereintragung als Werbung bzw. Geschäftspraktik? ... 31 (1) Erforderlichkeit eines umfassenden Irreführungsverbots aus Gründen der richtlinienübergreifenden Gesamtsystematik? ....................................................... 31 (2) Nachrangiger Absatzbezug der Registereintragung bzw. Überlagerung durch Firmenführung ....................... 33 (3) Zwischenergebnis: Registereintragung kein richtlinienrelevanter Tatbestand .......................................34 dd) Prüfungsmaßstab und Voraussetzungen des unionsrechtlichen Irreführungstatbestands im Firmenrecht ........... 36 (1) Täuschung bzw. Täuschungseignung .............................. 36 (2) Entscheidungserheblichkeit der Irreführung ................... 37 (3) Keine Irreführungsabsicht .................................................37 (4) Maßgeblicher Empfängerhorizont....................................39 (5) Normativer Bewertungsmaßstab ......................................40 III. Deutsches Firmenbildungrecht im europäischen Vergleich ............... 40 1. Ordnungsrechtliche Restriktivität ................................................ 40 2. Transnationales Konfliktpotential................................................ 42 B. Stand und Begriffsverständnis des Firmenkollisionsrechts ..................... 44 I. Fehlende gesetzliche Regelung ......................................................... 44 1. Bestrebungen auf nationaler Ebene ............................................. 44 2. Bestrebungen auf europäischer Ebene ......................................... 46 II. Kollisionsrechtliches Begriffsverständnis der „Firma“ ..................... 49

Inhaltsverzeichnis

XIII

Kapitel 3: Öffentlich- bzw. ordnungsrechtliche Qualifikation des Internationalen Firmenrechts ....................................................... 51 A. Methodische Ansätze .............................................................................. 51 I. Grundlagen ....................................................................................... 51 II. Kollisionsrechtliche Folgerung aus der ordnungsrechtlichen Natur des Firmenrechts ............................................................................... 52 1. Gebietsbezogene Anknüpfung des Firmenrechts ......................... 52 2. Gebietsbezogene Anknüpfung des „Firmenordnungsrechts“ ....... 53 3. Einseitige Anwendung deutschen Firmenrechts durch deutsche Hoheitsträger ............................................................................... 55 B. Bewertung .............................................................................................. 56 I. Grundlegende Bedeutung und Fragestellung einer Abgrenzung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht ................................... 56 II. Das „Internationale Öffentliche Recht“ als dogmatisch-methodisches Verweisungssystem? ............................................................... 59 1. Unterscheidung nach der Rechtsnatur des Sachrechts .................. 61 a) Methodisch-dogmatischer Ansatz ................................................61 aa) Abgrenzungskriterium: Zwecksetzung der Norm ................ 61 bb) Begründungsansatz ..................................................................63 cc) Bewertung und Stellungnahme...............................................65 (1) Kein Ausschluss der Austauschbarkeit a priori .............. 66 (2) Anwendung ausländischen „öffentlichen“ Rechts als Ausdruck autonomer Wertentscheidung der lex fori...... 67 (3) Mangelnde Schärfe und Homogenität der Differenzierung ..................................................................68 (4) Insbesondere: Gewährleistung der einzelfallbezogenen Interessenbewertung im Rahmen des internationalprivatrechtlichen Verweisungssystems ................................69 b) Schwerpunktverlagerung: Sonderanknüpfung von Eingriffsrecht .................................................................................................70 aa) Konkret-funktionale Betrachtung...........................................70 bb) Räumlicher Anwendungsbereich von Eingriffsrecht: Grundsatz der Sonderanknüpfung ..........................................73 cc) Bewertung .................................................................................74 c) Zwischenergebnis: Keine kollisionsrechtliche Zweiteilung nach der Rechtsnatur des Sachrechts ...........................................76 2. Unterscheidung nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis . 77 a) Methodisch-dogmatischer Ansatz ................................................77 aa) Abgrenzungskriterium: Art der Rechtsgestaltung ................ 77

XIV

Inhaltsverzeichnis

bb) Begründungsansatz ..................................................................79 cc) Begrifflichkeit ..........................................................................81 b) Bewertung und Stellungnahme ....................................................81 aa) Der Grundsatz von der Einseitigkeit des Verwaltungskollisionsrechts ...................................................82 bb) Eigener Lösungsansatz: Faktische Geltung des Einseitigkeitsgrundsatzes unter Änderungsvorbehalt .......... 84 cc) Zwischenergebnis: Verwaltungskollisionsrecht als (faktisch) einseitiges Verweisungsrecht ................................87 c) Verwaltungskollisionsrechtliche Verweisungsmethodik ........... 87 aa) Inländisches Regelungsinteresse ............................................88 (1) Grundsatz ............................................................................88 (2) Wechselwirkungen zwischen internationaler Zuständigkeit und anwendbarem Recht ...............................................89 bb) Verwaltungskollisionsrecht als kollisionsrechtliches „Metarecht“ ..............................................................................89 III. Ergebnis ........................................................................................... 90 C. Firmenregisterrecht zwischen Verwaltungskollisionsrecht und Internationalem Privatrecht ................................................................... 91 I. Ausgangslage.................................................................................... 91 II. Vorüberlegung: Grenzüberschreitender Anwendungsbereich des Firmenbildungsrechts ....................................................................... 93 1. Anmeldepflicht............................................................................ 93 2. Anwendung des Verfahrensrechts der lex fori ............................. 94 3. Internationale Zuständigkeit deutscher Registergerichte im Eintragungsverfahren .................................................................. 95 a) Maßgebliche Anknüpfung ............................................................95 b) Exkurs: Bestimmung der internationalen Zuständigkeit deutscher Registergerichte im Einzelnen ....................................96 aa) Eintragung der inländischen Hauptniederlassung bzw. des inländischen Gesellschaftssitzes ............................................97 (1) „Niederlassung“ eines Einzelkaufmanns ......................... 97 (2) „Sitz“ einer Kapitalgesellschaft........................................97 (3) „Sitz“ einer Personengesellschaft ....................................97 bb) Eintragung der inländischen „Zweigniederlassung“ eines ausländischen Unternehmens nach § 13d HGB .................... 98 (1) Zweigniederlassungsbegriff ..............................................98 (2) Formale Eintragung einer Hauptniederlassung als Zweigniederlassung? ....................................................... 100 cc) Eintragung von Zweigniederlassungen inländischer Rechtsträger ............................................................................ 102

Inhaltsverzeichnis

XV

dd) Zwischenergebnis: Internationale Zuständigkeit für (Zweig-) Niederlassung und Sitz im Inland ........................ 103 4. Internationale Zuständigkeit deutscher Registergerichte im Rahmen des Firmenmissbrauchsverfahrens ................................ 103 a) Firmenmissbrauchsverfahren gegen einen inländischen Rechtsträger .................................................................................. 103 aa) Bei Gebrauch der Hauptniederlassungsfirma ..................... 103 bb) Bei Gebrauch der Zweigniederlassungsfirma ..................... 104 (1) Keine ausdrückliche gesetzliche Inbezugnahme .......... 104 (2) Exkurs: Internationale Zuständigkeit analog § 13 HGB .......................................................................... 104 (a) Auslegung von § 377 Abs. 1 FamFG ....................... 105 (aa) Semantische Auslegung .................................... 105 (bb) Systematisch-historische Auslegung ............... 105 (cc) Teleologisch-systematische Auslegung .......... 106 (b) Bewertung und Ergebnis ........................................... 107 b) Firmenmissbrauchsverfahren gegen einen ausländischen Rechtsträger mit Zweigniederlassung im Inland ...................... 108 aa) Keine ausdrückliche gesetzliche Inbezugnahme ................ 108 bb) Internationale Zuständigkeit deutscher Registergerichte analog § 13d HGB? ............................................................... 109 (1) Vereinbarkeit mit den Vorgaben der Zweigniederlassungsrichtlinie.............................................................. 109 (2) Bewertung: Planwidrige Regelungslücke und vergleichbare Interessenlage ........................................... 110 (3) Keine internationale Zuständigkeit bei bloßer inländischer Betriebsstätte ....................................................... 111 c) Zwischenergebnis: Internationale Zuständigkeit für (Zweig-) Niederlassung und Sitz im Inland .............................................. 113 III. Internationalprivatrechtliche oder verwaltungskollisionsrechtliche Bestimmung des anwendbaren Firmenbildungsrechts? ................... 113 1. Registereintragungsverfahren .................................................... 114 a) Zuordnung nach der Art der Rechtsgestaltung ......................... 114 b) Ergebnis ........................................................................................ 116 2. Firmenmissbrauchsverfahren ..................................................... 117 a) Verwaltungskollisionsrechtliches Indiz des Wortlauts? .......... 117 b) Zuordnung nach der Art der Rechtsgestaltung ......................... 118 c) Zweckmäßigkeit einer gesetzlichen Regelung zugunsten einer allseitigen Verweisung ...................................................... 118 d) Ergebnis ........................................................................................ 120 IV. Verwaltungskollisionsrechtlicher Anwendungsbereich deutschen Firmenrechts im Rahmen von § 37 Abs. 1 HGB ............................. 121

XVI

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1. Inländische Niederlassung im Sinne von § 377 Abs. 1 FamFG bzw. § 13d HGB analog als Mindestvoraussetzung ................... 121 2. § 377 Abs. 1 FamFG bzw. § 13d HGB analog als abschließender Maßstab? ............................................................................. 122 a) Problemstellung ........................................................................... 122 b) Eingeschränkter Anwendungswille des deutschen Firmenbildungsrechts ................................................................................... 123 3. Zulässigkeit der Durchsetzung deutschen Firmenbildungsrechts im Geltungsbereich der Europäischen Grundfreiheiten .............. 124 4. Ergebnis .................................................................................... 124

Kapitel 4: Internationalprivatrechtliche Anknüpfung der Firmenberechtigung ..................................................................... 125 A. Bisherige Lösungsansätze .................................................................... 125 I. Anknüpfungsgegenstand ................................................................. 125 1. Anknüpfung der Firma bzw. der Firmenberechtigung ............... 125 2. Firmenbildung und Abgrenzung zum Firmengebrauch .............. 126 II. Grundanknüpfung ........................................................................... 128 1. Anknüpfung an das Heimatrecht des Kaufmann ........................ 128 a) Firmenstatut des Einzelkaufmanns ............................................ 130 b) Firmenstatut der Handelsgesellschaft ........................................ 130 c) Firmenstatut der inländischen Tochtergesellschaft .................. 132 d) Firmenstatut der im Inland belegenen Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens ............................................ 132 2. Anknüpfung an die Niederlassung des Kaufmanns .................... 134 3. Kumulative Anwendung des Gründungsrechts und des Rechts am Ort der Niederlassung .......................................................... 136 4. Einseitige Verweisung auf deutsches Firmenrecht jedenfalls für inländische Zweigniederlassungen ............................................ 137 5. Anwendung des Schutzstatuts ........................................................ 138 III. Anwendung deutschen Firmenrechts............................................... 140 1. Gesonderte Anknüpfung der Firma der Zweigniederlassung ..... 140 2. Überlagerung des Firmenstatuts durch Firmenordnungsrecht .... 142 3. Gesonderte Anknüpfung wettbewerbsrechtlicher Aspekte des Firmenrechts ............................................................................. 144 B. Eigenes Lösungsmodell ........................................................................ 145 I. Methodische Vorüberlegungen ....................................................... 145

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XVII

1. Allseitige Anknüpfung trotz etwaiger eingriffsrechtlicher Qualifikation ............................................................................. 145 a) Problemstellung ........................................................................... 145 b) Abgrenzung zur Schuldstatutstheorie ........................................ 147 c) Interessenanalyse unter Einbeziehung etwaiger Eingriffsnormen ................................................................................................ 148 aa) Grundlagen ............................................................................. 148 bb) Kompatibilität mit den Wertungen des kodifizierten IPR . 150 cc) Relativität des Eingriffsrechts .............................................. 151 d) Zwischenergebnis: Grundsatz der allseitigen Verweisung des Firmenbildungsrechts .................................................................. 151 2. Grundlagen der Interessenbewertung und -abwägung ................ 152 a) Grundlagen und Modifikation der Kegel’schen Interessenlehre ............................................................................................... 152 b) Überblick: Typische Interessen und kollisionsrechtliche Bewertung der einzelnen Interessenkategorien ........................ 153 aa) Parteiinteressen ...................................................................... 154 bb) Verkehrsinteressen................................................................. 154 cc) Ordnungsinteressen ............................................................... 155 dd) Sachrechtsbezogene Ordnungsinteressen ............................ 156 3. Einfluss der Europäischen Grundfreiheiten auf das nationale Kollisionsrecht ........................................................................... 156 a) Fragestellung ................................................................................ 156 b) Verhältnis der Grundfreiheiten zum Kollisionsrecht ............... 157 aa) Struktur und Funktionsweise der Grundfreiheiten ............. 158 bb) Kein positiver kollisionsrechtlicher Regelungsgehalt........ 161 cc) Kollisionsrecht als Kontrollgegenstand der Grundfreiheiten? .......................................................................................... 164 (1) Grundsatz: Kein eigenständiger Grundfreiheitenverstoß .................................................................................... 164 (2) Ausnahme: Spezifisch kollisionsrechtliche Beschränkung der Grundfreiheiten ................................................ 167 dd) Sonderstellung von Niederlassungsfreiheit und „Gesellschaftskollisionsrecht“ .......................................................... 168 (1) Grundlagen ....................................................................... 168 (2) Niederlassungsfreiheit ..................................................... 169 (3) Auslegung bzw. Konkretisierung des Schutzgehalts der Niederlassungsfreiheit durch den EuGH ................. 170 (a) Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit, insbesondere „Überseering“ ....................... 171 (b) Bewertung: Niederlassungsfreiheit als einseitig beschränktes Verweisungsverbot ............................. 171 (c) Anwendung auf das Firmenkollisionsrecht ............. 175

XVIII

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(aa) Firmenrechtlicher Gehalt der EuGHRechtsprechung ................................................. 175 (bb) Bedeutung einer etwaigen gesellschaftsrechtlichen Qualifikation der Firmenberechtigung .......................................... 177 (d) Exkurs: Briefkasten- bzw. Scheinauslandsgesellschaften ............................................................. 178 c) Zwischenergebnis: Kein positiver firmenkollisionsrechtlicher Gehalt der Grundfreiheiten................................................. 179 II. Anknüpfungsgegenstand ................................................................. 180 1. Problemstellung ........................................................................ 180 2. Bewertung ................................................................................. 183 a) Getrennte Betrachtung von „Firmenbildung“ und „Firmengebrauch“ ...................................................................................... 183 b) Einordnung der Bildung der Zweigniederlassungsfirma unter Verwendung der Firma der Hauptniederlassung ...................... 184 III. Anknüpfung der Firmenbildung ...................................................... 185 1. Keine Anwendung von Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 Rom II-VO .......... 185 2. Interessenbewertung .................................................................. 186 a) Parteiinteressen ............................................................................ 186 b) Verkehrsinteressen....................................................................... 188 aa) Kreis der potentiell Beteiligten ............................................ 188 bb) Räumliche Zuordnung der Verkehrsinteressen ................... 189 c) Ordnungsinteressen ..................................................................... 190 aa) Innerer Entscheidungseinklang ............................................ 190 (1) Registereintragung und Firmenmissbrauchsverfahren . 191 (2) Firmenbildungsstatut und Internationales Wettbewerbsrecht ......................................................................... 192 (3) Firmenbildung und Internationales Immaterialgüterrecht ................................................................................... 193 bb) Äußerer Entscheidungseinklang ........................................... 194 cc) Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit ............................... 195 d) Sachrechtsbezogene Ordnungsinteressen .................................. 196 aa) Marktordnungsrechtliche Relevanz der Firmenbildung .... 196 bb) Kein Widerspruch zum Grundsatz der materiellrechtlichen Neutralität des Eintragungsverfahrens ....................... 197 cc) Zwischenergebnis: Sachrechtsbezogenes Ordnungsinteresse zugunsten einer Anwendung des Firmenrechts des Registerstaates ........................................................................ 198 e) Zwischenergebnis: Fehlende Homogenität der firmenkollisionsrechtlichen Interessen ......................................................... 198 3. Interessenabwägung .................................................................. 199 4. Ergebnis .................................................................................... 202

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XIX

a) Eigener Normvorschlag .............................................................. 202 b) Einzelerläuterungen ..................................................................... 202 aa) Regelanknüpfung ................................................................... 202 bb) Niederlassungsbegriff ............................................................ 203 cc) Abgrenzung zur einseitigen Anwendung deutschen Firmenrechts auf im Inland belegene Zweigniederlassungen ..................................................................................... 203 dd) Gesamt- oder Sachnormverweisung .................................... 204 IV. Anknüpfung des Firmengebrauchs .................................................. 205 1. Grundsatz: Anwendung des Firmenbildungsstatuts ................... 205 2. Indirekte Überlagerung des Firmenstatuts im Rahmen privatrechtlicher Ansprüche................................................................ 205 a) Problemstellung ........................................................................... 205 b) Ausgangspunkt: Funktionale Sachrechtsanalyse des firmenrechtlichen Unterlassungsanspruchs nach § 37 Abs. 2 HGB .. 207 c) Subsumtion unter europäisches Kollisionsrecht? ..................... 209 aa) Anwendbarkeit der Rom II-VO ............................................ 209 (1) Außervertragliches Schuldverhältnis ............................. 209 (2) Kein Ausschluss nach Art. 1 Abs. 2 lit. d Rom II-VO . 209 bb) Unzulässiger Firmengebrauch im Sinne von § 37 Abs. 2 HGB als „unlauteres Wettbewerbsverhalten“ ..................... 210 (1) Sachlicher Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 Rom II-VO............................................................ 210 (a) Semantische Auslegung ............................................ 210 (b) Historische Auslegung............................................... 211 (c) Systematisch-historische Auslegung........................ 212 (d) Teleologische Auslegung .......................................... 213 (e) Zwischenergebnis: Funktionaler Wettbewerbsbegriff .............................................................................. 214 (2) Subsumtion ....................................................................... 214 (a) Wettbewerbsrechtliche Funktion der Firma und des Firmenbildungsrechts .......................................... 214 (b) Marktbezogene oder bilaterale Wettbewerbsbeeinträchtigung? ........................................................... 216 (c) Marktbezug der Wettbewerbshandlung: Keine Anwendung auf Vorbereitungshandlungen .. 217 cc) Verhältnis zu Art. 8 Rom II-VO........................................... 218 (1) Sachlicher Anwendungsbereich von Art. 8 Abs. 1 Rom II-VO ........................................................................ 219 (2) Immaterialgüterrechtliche oder wettbewerbsrechtliche Qualifikation des firmenrechtlichen Unterlassungsanspruchs .............................................................................. 220 (a) Problemstellung.......................................................... 220

XX

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(b) Qualifikation anhand einer funktionalen Interessenbewertung .............................................................. 221 (aa) Art. 8 Abs. 1 Rom II-VO .................................. 221 (bb) Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO .................................. 222 (cc) Bewertung .......................................................... 224 (c) Zwischenergebnis:Wettbewerbsrechtliche Qualifikation ............................................................... 225 dd) Umfang der Verweisung ....................................................... 225 3. Zwischenergebnis: Firmendelikstrechtliche Überlagerung des Firmenstatuts .............................................................................. 226 V. Regelung der Vorfragenanknüpfung ............................................... 227 1. Im Rahmen des Registereintragungsverfahrens ......................... 228 2. Im Rahmen eines spezifisch firmenrechtlichen Unterlassungsanspruchs im Sinne von § 37 Abs. 2 HGB ................................. 228 3. Im Rahmen des Firmenmissbrauchsverfahrens .......................... 229 C. Ergebnis ............................................................................................... 230

Kapitel 5: Zulässigkeit bzw. Zweckmäßigkeit des vorgestellten Verweisungsmodells im Geltungsbereich der Europäischen Grundfreiheiten ................................................... 233 A. Erforderlichkeit einer Korrektur der firmenkollisionsrechtlichen Anknüpfung? ........................................................................................ 234 I. Verhältnis der Grundfreiheiten zur Marktortanknüpfung nach Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO .......................................................................... 234 II. Spezifisch kollisionsrechtliche Diskriminierung ............................. 235 1. Verweisung auf das Heimatrecht des Kaufmanns ...................... 236 2. Anknüpfung an den Ort der Registereintragung......................... 237 III. Spezifisch kollisionsrechtliche Beschränkung ................................. 237 1. Problemstellung ........................................................................ 237 2. Insbesondere: Einseitig beschränktes Verweisungsverbot ......... 238 a) Firmenrechtlicher Schutzgehalt der Grundfreiheiten ............... 239 aa) Allgemeiner Schutzbereich der betroffenen Grundfreiheiten ............................................................................................ 239 bb) Freiheitsbeschränkende Maßnahmen des Firmenrechts .... 240 (1) Spezifisch grenzüberschreitendes Marktzugangshindernis ................................................................................. 241 (2) Keine unterschiedslos wirkende Verkaufs- bzw. Niederlassungsmodalität ....................................................... 243

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XXI

(3) Zwischenergebnis: Punktueller firmenrechtlicher Schutzgehalt der Grundfreiheiten ................................... 244 b) Erforderlichkeit der Anwendung des originären Firmenstatuts? ............................................................................................... 245 c) Ergebnis ........................................................................................ 247 B. Zweckmäßigkeit einer Korrektur zugunsten des originären Firmenstatuts?................................................................................................. 247 I. Fragestellung .................................................................................. 247 II. Exkurs: Einfluss des Unionsrechts auf die Anwendung deutschen Firmenbildungsrechts ..................................................................... 248 1. Rechtfertigung einer firmenrechtlichen Freiheitsbeschränkung . 248 2. Immanente Rechtfertigungsprüfung des deutschen Firmenbildungsrechts ............................................................................... 251 3. Unterschiedliche Maßstäbe je nach Art der Teilnahme am inländischen Geschäftsverkehr .......................................................... 252 III. Bewertung ...................................................................................... 253 C. Zweckmäßigkeit einer eigenen Zulässigkeitsprüfung bei vorheriger Eintragung der Ursprungsfirma in einem öffentlichen Register ........... 255 I. „Anerkennung“ der originären Firma als Rechtslagenanerkennung? 256 1. Grundlagen der Rechtslagenanerkennung .................................. 256 2. Firmenrechtliche Fragestellung ................................................. 258 3. Bewertung ................................................................................. 258 II. Eintragung der ausländischen Firma als widerlegbare Vermutung .. 260 D. Ergebnis ............................................................................................... 261 Zusammenfassung ..................................................................................... 262 Literaturverzeichnis ................................................................................... 275 Sachregister ............................................................................................... 289

Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. a.E. a.F. ABl. ABl. EG ABl. EU Abs. AcP AEUV

AG AktG Anh. Anm. Art. b2b b2c BayObLG BayObLGZ

anderer Ansicht am angegebenen Ort am Ende alte Fassung Amtsblatt Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (bis Februar 2003; siehe nunmehr ABl. EU) Amtsblatt der Europäischen Union (seit Februar 2003) Absatz Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift) Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Konsolidierte Fassung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 25. März 1957, BGBl. II S. 766) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 2008, ABl. Nr. C 115 S. 47 Aktiengesellschaft Aktiengesetz vom 6. September 1965, BGBl. I S. 1089 Anhang Anmerkung Artikel

BGBl. BGH BGHZ BSG BT-Drucks. bzw.

business to business business to consumer Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Band Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002, BGBl. I S. 42, ber. S. 2909 und BGBl. 2003 I S. 738 Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundessozialgericht Drucksachen des Deutschen Bundestages beziehungsweise

CML Rev.

Common Market Law Review (Zeitschrift)

Bd. BGB

Abkürzungsverzeichnis d.h. DB ders. Dig. DJ DL-InfoV DNotZ DStR DStR DVBl. e.V. EG EGBGB

XXIII

das heißt Der Betrieb (Zeitschrift) derselbe Digesten Deutsche Justiz (Zeitschrift) Verordnung über Informationspflichten für Dienstleistungserbringer (Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung) vom 12. März 2010, BGBl. I S. 267 Deutsche Notarzeitschrift Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift)

EWS

eingetragener Verein Europäische Gemeinschaften (seit 1.12.2009 Europäische Union) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1994, BGBl. I S. 2494, ber. BGBl. 1997 I S. 1061 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 25. März 1957 in der Fassung bis 30. November 2009, ABl. Nr. C 325/33 (zuletzt geändert durch Art. 2 Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007, ABl. Nr. C 306 S. 1) Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister vom 10. November 2006, BGBl. I S. 2553 Einleitung Europäische Union Europäischer Gerichtshof Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. 2001 Nr. L 12 S. 1, ber. ABl. Nr. L 307 S. 28 und ABl. 2010 Nr. L 328 S. 36 Europarecht (Zeitschrift) Vertrag über die Europäische Union in der Fassung des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007, ABl. Nr. C 306 S. 1, ber. ABl. 2008 Nr. C 111 S. 56, ABl. 2009 Nr. C 290 S. 1, ABl. 2011 Nr. C 378 S. 3 Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung Verordnung (EWG) Nr. 2137/85 des Rates vom 25. Juli 1985 über die Schaffung einer Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV), ABl. Nr. L 199 v. 31.7.1985, S. 1 Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift)

f./ff.

folgende

EGV

EHUG Einl. EU EuGH EuGVVO

EuR EUV

EuZW EWG EWiR EWIV EWIV-VO

XXIV FamFG FamRZ Fn. FS GAD GenG GG GmbH GmbHG GmbHR GPR GRUR GRUR Int GRUR-RR GS GWB GWR Hb. HGB HRefG

Abkürzungsverzeichnis Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008, BGBl. I S. 2586 Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht, Erbrecht, Verfahrensrecht, Öffentlichem Recht Fußnote Festschrift Gesetz über den Auswärtigen Dienst (GAD) vom 30. August 1990, BGBl. I S. 1842 Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Genossenschaftsgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Oktober 2006, BGBl. I S. 2230 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949, BGBl. S. 1 Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898, RGBl. S. 846 Die GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Zeitschrift für das Privatrecht der Europäischen Union Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil (Zeitschrift) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Rechtsprechungs-Report (Zeitschrift) Gedächtnisschrift Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 2013, BGBl. I S. 1750, ber. S. 3245 Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)

HS

Handbuch Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897, RGBl. S. 219 Gesetz zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung anderer handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften (Handelsrechtsreformgesetz) vom 22. Juni 1998, BGBl. 1998 I S. 1474 Herausgeber Verordnung über die Einrichtung und Führung des Handelsregisters (Handelsregisterverordnung) vom 12. August 1937, DJ S. 1251 Halbsatz

i.d.F. i.e.S. i.V.m. IntGesR IntImmGR IntUnlWettbR IntWettbR IntWirtschR

in der Fassung im engeren Sinne in Verbindung mit Internationales Gesellschaftsrecht Internationales Immaterialgüterrecht Internationales Recht gegen den unlauteren Wettbewerb Internationales Wettbewerbsrecht Internationales Wirtschaftsrecht

Hrsg. HRV

Abkürzungsverzeichnis IÖR IP IPG IPR IPRax IPRspr.

XXV

JZ

Internationales Öffentliches Recht Pressemitteilungen der Europäischen Kommission Gutachten zum Internationalen und Ausländischen Privatrecht Internationales Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Zeitschrift) Die Deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des Internationalen Privatrechts (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift)

KG KGaA KOM

Kammergericht Kommanditgesellschaft auf Aktien Dokumente der Europäischen Kommission

LG lit. Lit. Ltd.

Landgericht littera Literatur Limited

m.abl. Anm. m. Anm. m.w.N. MarkenG

mit ablehnender Anmerkung mit Anmerkung mit weiteren Nachweisen Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz ) vom 25. Oktober 1994, BGBl. I S. 3082, ber. 1995 S. 156 Monatsschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift) Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008, BGBl. I S. 2026

MDR MoMiG n.F. NJW NJW-RR NotBZ Nr. NZA

neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis Nummer Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht

OLG OLGR Hamm OLGZ OVG

Oberlandesgericht OLG-Report Hamm Entscheidungssammlung der Oberlandesgerichte in Zivilsachen Oberverwaltungsgericht

PartGG

Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe (Partnerschaftsgesellschaftsgesetz) vom 25. Juli 1994, BGBl. I S. 1744 Personenstandsgesetz vom 19. Februar 2007, BGBl. I S. 122 Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 18833, BGBl. 1970 II S. 391, ber. 1985 II S. 975

PStG PVÜ RabelsZ RefE RG

Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Referentenentwurf Reichsgericht

XXVI RGBl. RGZ RIW RL Rn. RNotZ Rom I-VO

Rom II-VO

Rspr. S. SE SE-VO Slg. StGB

Abkürzungsverzeichnis Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Richtlinie Randnummer/n Rheinische Notar-Zeitschrift Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl. Nr. L 177 S. 6, ber. 2009 Nr. L 309 S. 87 Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), ABl. Nr. L 199 S. 40, ber. ABl. 2012 Nr. L 310 S. 52 Rechtsprechung Seite Societas Europaea (Europäische Gesellschaft) Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. L 294 v. 10.11.2001, S. 1 Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts Erster Instanz Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998, BGBl. I S. 3322

TMG

Telemediengesetz vom 26. Februar 2007, BGBl. I S. 179

u.a. Unterabs. UWG

unter anderem Unterabsatz Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. März 2010, BGBl. I S. 254

v. VAG

von/vom Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992, BGBl. 1993 I S. 2 Verfasserin vergleiche Verordnung Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991, BGBl. I S. 686

Verf. vgl. VO VwGO WFBV WM

Wet op de formeel buitenlandse vennootschappen (Gesetz über formal ausländische Gesellschaften) vom 17. Dezember 1997, Staatsblad 1997, Nr. 697 Wertpapier-Mitteilungen, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht

YbPrivIntL

Yearbook of Private International Law (Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis z.B. ZfRV ZGR ZHR ZIP ZPO ZVglRWiss ZZP

XXVII

zum Beispiel Zeitschrift für Rechtsvergleichung, Internationales Privatrecht und Europarecht Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005, BGBl. I S. 3202, ber. 2006 S. 431 und 2007 S. 1781 Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Zivilprozess

Kapitel 1

Einleitung A. Problemstellung und Begrenzung des Themas A. Problemstellung

Das Internationale Firmenrecht führt im Fragenkomplex der grenzüberschreitenden Mobilität von Gesellschaften ein Schattendasein. Im Fokus der kollisionsrechtlichen Literatur steht hier seit über einem Jahrzehnt das Internationale Gesellschaftsrecht. Regelmäßig wird das Internationale Firmenrecht in der kollisionsrechtlichen Literatur dann auch am Rande des weiten Problemfeldes des Internationalen Gesellschaftsrechts behandelt. 1 Dies ist aufgrund der faktischen Verknüpfung des Internationalen Firmenrechts mit der Eintragung eines (ausländischen) Kaufmanns in das Handelsregister durchaus sachgerecht. Darüber hinaus wird das Internationale Firmenrecht weitgehend auch normativ dem Gesellschaftskollisionsrecht zugeordnet und dem Gesellschaftsstatut unterstellt. 2 Dem folgt auch die deutsche Rechtsprechung. 3 Die zu Beginn formulierte Abtrennung des Internationalen Firmenrechts vom Gesellschaftskollisionsrecht mag deshalb unter Zugrundelegung der doch recht gefestigten Rechtsprechung und Literatur verwundern. Dieses Anknüpfungsergebnis ist indes nicht so zwingend, wie es die Zahl der befürwortenden Stimmen erscheinen lässt. Das bisherige Schattendasein des Firmenkollisionsrechts mag zwar mit seiner geringeren praktischen Relevanz zu begründen sein. So kommt es in tatsächlicher Hinsicht, anders als im Kern des Gesellschaftskollisionsrechts, nicht in jedem Fall einer Gründung einer Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft durch eine Auslandsgesellschaft zu einer materiellrechtlichen Konfliktlage zwischen den möglicherweise anwendbaren Rechtsordnungen, durch die eine positive Entscheidung über das anzuwendende Firmenbildungsrecht erforderlich wird. Der Komplexität der Fragestellung wird die bisherige Behandlung indes kaum gerecht. Die Schwierigkeit des Firmenkollisionsrechts liegt im Wesentlichen in zwei Aspekten begründet: Zum einen ist das Firmenbildungsrecht in besonderem Maße durch seine ordnungsrechtliche Funktion geprägt, die es auch im Rahmen des Verweisungsrechts zu berücksichtigen gilt.

1 Siehe statt vieler Bamberger/Roth/Mäsch, BGB, Anh II Art. 12 EGBGB Rn. 73; NomosKomm/Hoffmann, BGB, Bd. 1, Anh. Art. 12 EGBGB Rn. 21. 2 Vgl. unten S. 129 ff. 3 Vgl. unten Fn. 20.

2

Kapitel 1: Einleitung

Die kollisionsrechtliche Dogmatik weist für die Behandlung von „Ordnungsrecht“ jedoch bisher keine gefestigten Grundsätze auf, auf welche die Bestimmung des räumlichen Anwendungsbereichs des Firmenbildungsrechts gestützt werden könnte. Die Ermittlung der maßgeblichen Verweisungsregel bzw. des maßgeblichen Verweisungskonzepts erfordert demnach eine Analyse grundlegender dogmatisch-methodischer Fragestellungen des Kollisionsrechts. Daneben liegt die Schwierigkeit des Firmenkollisionsrechts innerhalb des europäischen Binnenmarkts insbesondere in seinem Verhältnis zu den europäischen Grundfreiheiten begründet. Hier stellt sich ebenso wie im Internationalen Gesellschaftsrecht die Frage, ob dem nationalen Verweisungsrecht aus dem Vorrang des europäischen Primärrechts inhaltliche Vorgaben bzw. Schranken erwachsen. Das Internationale Firmenrecht weist somit durchaus Parallelen zum Gesellschaftskollisionsrecht auf, die eine Anwendung des Gesellschaftsstatuts auch auf die Firma der Gesellschaft nahelegen. Hier wie dort stehen den Einzelinteressen der Gesellschaft Allgemeininteressen des Rechtsverkehrs sowie staatliche Regulierungsinteressen entgegen, welche es bei der kollisionsrechtlichen Anknüpfung in Ausgleich zu bringen gilt. Zudem wird das Gesellschaftskollisionsrecht in besonderem Maße durch die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit geprägt, durch welche der Anwendung des nationalen Gesellschaftsrechts im Binnenmarkt Schranken gesetzt werden. Mitunter wird die Geltung des gesellschaftlichen Personalstatuts aber erst gar nicht mit einer entsprechenden gleichwertigen Interessenlage begründet. Vielmehr wird ausgehend von dem Begriff des Gesellschaftsstatuts ohne großen Begründungsaufwand festgestellt, dass auch die Firma dem Personalstatut der Gesellschaft zu unterstellen sei. 4 Dem wäre es gleichzusetzen, wenn im Internationalen Namensrecht primär danach gefragt würde, welche Aspekte von dem Personalstatut einer natürlichen Person beherrscht werden, und nicht, wie das Namensstatut natürlicher Personen zu bestimmen ist. Die Umkehrung der Fragestellung bedeutet zwar nicht notwendig auch eine Umkehrung der zugrunde gelegten kollisionsrechtlichen Wertungen. Sie trägt jedoch die Gefahr in sich, Unterschiede der (kollisions-)rechtlichen Wertung zu vernachlässigen oder gar zu übersehen. Die Untersuchung der vorliegenden Arbeit setzt deshalb an einer von der gesellschaftsrechtlichen Verknüpfung des Internationalen Firmenrechts losgelösten Betrachtung an. Ausgangspunkt für die Bildung einer nationalen Anknüpfungsregel für das Internationale Firmenrecht ist deshalb ausschließlich das Firmenrecht selbst. Eine Bestimmung des räumlichen Anwendungsbereichs des Firmenbildungsrechts erfordert danach mitunter eine Analyse grundlegender Fragestellungen des Kollisionsrechts. Das sind neben der Rechts-(fort-)bildung im nationalen IPR und der kollisionsrechtlichen Bedeutung der Grundfreiheiten auch 4

Zu dieser Ansicht im Einzelnen unten S. 129 ff.

A. Problemstellung

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das bis heute nicht vollständig durchdrungene System des Internationalen Öffentlichen Rechts 5 sowie das von Christian von Bar und Peter Mankowski in Teilen als „Königsproblem des internationalen Handels- und Wirtschaftsrechts“ 6 bezeichnete Eingriffsrecht. Auf den ersten Blick haben die genannten Fragenkomplexe wenig gemein. Eine Übereinstimmung zeigt sich jedoch dann, wenn man die jeweils zugrunde liegende Problematik auf ihren Kern bzw. Ausgangspunkt reduziert: die Kollision widerstreitender Interessenlagen. Von der konkreten firmenrechtlichen Fragestellung losgelöst liegt der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit dementsprechend in der Auflösung von Interessenkonflikten – private Einzelinteressen contra öffentliche Interessen der Allgemeinheit, nationale Rechtsanwendungsinteressen contra Interessen der Europäischen Union an einem einheitlichen Binnenmarkt. Wiederkehrendes methodisches Kriterium der folgenden Untersuchung wird dementsprechend die Interessenanalyse und Interessenbewertung sein. Die Fragestellung des „Internationalen Firmenrechts“ wird in der vorliegenden Arbeit auf die Anknüpfung der Firmenbildung und des Firmengebrauchs beschränkt. Die Bedeutung dieser Einschränkung wird nur unter Bezugnahme auf diejenigen Fragestellungen ersichtlich, die dadurch abgegrenzt werden sollen. So ist die Anknüpfung von Firmenbildung und Firmengebrauch nur insofern Gegenstand der vorliegenden Arbeit, als es um die Zulässigkeit der Firma nach dem Firmenbildungsrecht, nicht aber nach dem Marken- oder Wettbewerbsrecht (i.e.S.) geht. Anders gewendet ist Gegenstand der vorliegenden Untersuchung die Bestimmung des räumlichen Anwendungsbereichs des Firmenbildungsrechts, wie es im deutschen Recht insbesondere in den §§ 17 ff. HGB sowie entsprechenden Spezialgesetzen geregelt ist. Dementsprechend umfasst der Begriff des „Firmenstatuts“ in der vorliegenden Arbeit die Summe der räumlich anwendbaren Firmenbildungsvorschriften. Von praktischer Bedeutung ist die Bestimmung des anwendbaren Firmenbildungsrechts aus Sicht deutscher Gerichte immer dann, wenn die Zulässigkeit einer Firma anhand spezifisch firmenbildungsrechtlicher Vorgaben zu prüfen ist. Dies erfasst zum einen die Fälle der Eintragung der Firma des Kaufmanns in das Handelsregister. Daneben ist das Firmenbildungsrecht auch in den Fällen des § 37 Abs. 1 und Abs. 2 HGB alleiniger Maßstab für die Beurteilung der Zulässigkeit des Firmengebrauchs. Nicht behandelt wird auch die, zuletzt von Michael Lamsa 7 eingehend untersuchte, Frage der Vereinbarkeit des materiellen deutschen Firmenrechts mit den Vorgaben des europäischen Primärrechts. Vielmehr setzt die vorliegende Untersuchung an einer dem materiellen Recht vorgelagerten Ebene an und geht der Frage nach, wann deutsches Firmenbildungsrecht in räumlicher Hinsicht Vgl. Schinkels, Normsatzstruktur des IPR, S. 54. v.Bar/Mankwoski, IPR, Bd. 1, § 4 Rn. 20. 7 Lamsa, Die Firma der Auslandsgesellschaft, insbesondere S. 259 ff. 5 6

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Kapitel 1: Einleitung

überhaupt zur Anwendung berufen wird. Der Vorrang des Unionsrechts ist hier mithin nur soweit Gegenstand der Untersuchung, als es um dessen kollisionsrechtliche Implikationen für die Anknüpfung der Firmenbildung und des Firmengebrauchs geht. Ebenfalls nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind kollisionsrechtliche Fragestellungen in Bezug auf die Voraussetzungen und Wirkungen einer rechtsgeschäftlichen oder erbfolgebedingten Firmenübernahme sowie die Behandlung der Firma in der Insolvenz. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, konkrete Verweisungsregeln für die zulässige Bildung und den zulässigen Gebrauch einer Firma zu formulieren. Im Fokus steht diesbezüglich vorrangig der Rechtsanwender, der bis zu einer etwaigen Kodifizierung des Internationalen Firmenrechts im Konfliktfall das anwendbare Firmenbildungsrecht durch entsprechende Rechtsfortbildung bestimmen muss. Ob eine entsprechende gesetzliche Regelung überhaupt oder jedenfalls in absehbarer Zeit durchgesetzt werden wird, ist fraglich. So liegt der Referentenentwurf für ein Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen des Bundesministeriums der Justiz 8, der weitgehend auf einem Vorschlag des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht 9 aufbaut und auch das Firmenrecht der Gesellschaften mitregelt, mittlerweile seit fünf Jahren brach, ohne dass Bestrebungen zur Wiederaufnahme dieses Vorhabens ersichtlich sind. Es scheint vielmehr so, dass der deutsche Gesetzgeber die eigenen Bestrebungen mit Blick auf eine etwaige Initiative des europäischen Gesetzgebers zurückgestellt hat. Entsprechende Bestrebungen der Europäischen Kommission haben jüngst mit der von ihr im August veröffentlichten Ausschreibung 10 Kontur angenommen. Wenig absehbar ist jedoch, ob die beabsichtigte Regelung des Gesellschaftskollisionsrechts auch die Firmenberechtigung erfassen wird; bislang stand das Firmenrecht nicht erkennbar im Fokus der Kommission. Die ausgeschriebene Studie wird sich aber jedenfalls aufgrund der ausdrücklichen Bezugnahme der Kommission auf den Vorschlag des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht zum Internationalen Gesellschaftsrecht mit der Frage einer etwaigen gesellschaftskollisionsrechtlichen Qualifikation der Firmenberechtigung auseinandersetzen müssen. Die mit dieser Aufgabe verbundenen Schwierigkeiten deutet eine Feststellung von Hans Jürgen Sonnenberger im Rahmen seiner einführenden Kommentierung zum IPR im Münchener Kommentar an: „Auffallende Beispiele, wie ungesichert der Boden in den vom Gesetzgeber nicht bearbeiteten 8 Abrufbar unter (zuletzt abgerufen am 1.8.2015). Zu diesem unten S. 45 f. 9 Eine deutsche und englische Beschlussfassung unter der Redaktion von Hans Jürgen Sonnenberger und Frank Bauer ist abgedruckt in: Sonnenberger (Hrsg.), Vorschläge und Berichte zur Reform des europäischen und deutschen internationalen Gesellschaftsrechts, S. 3 ff., 65 ff.; die deutschsprachige Fassung wurde zugleich abgedruckt in RIW 2006, Beilage 1 zu Heft 4, S. 2. Zu diesem unten S. 44 f. 10 Eingehend dazu unten S. 48 f.

B. Gang der Untersuchung

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Bereichen nach wie vor ist, sind dagegen das internationale Gesellschaftsrecht und die Präzisierung der Anknüpfung von Eingriffsnormen.“ 11 Auch wenn im Rahmen dieser Dissertation erst zu prüfen sein wird, ob das Internationale Firmenrecht tatsächlich ganz oder zumindest in Teilen gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren ist, soll die folgende Untersuchung einen Beitrag dazu leisten, den Boden für die Behandlung beider Bereiche in Teilen weiter auszubauen und zu festigen. Sollten wider Erwarten auf nationaler Ebene weitere Schritte in Richtung einer Kodifizierung des Internationalen Firmenrechts unternommen werden, will die vorliegende Untersuchung dazu anregen, nochmals zu überprüfen, ob die Firma tatsächlich, wie in dem bisherigen Referentenentwurf vorgesehen, dem Gesellschaftskollisionsrecht zugeordnet werden sollte.

B. Gang der Untersuchung

B. Gang der Untersuchung

Die Arbeit ist neben der Einleitung in vier Abschnitte untergliedert. Als Grundlage für die spätere kollisionsrechtliche Analyse befasst sich der erste Abschnitt (Kapitel 2) zunächst mit den Grundzügen des materiellen deutschen Firmenrechts. Besonderes Augenmerk liegt insofern auf der materiellrechtlichen Konfliktlage, durch die das Firmenbildungsrecht geprägt wird und der das Handelsrecht mit verschiedenen Kontrollmöglichkeiten entgegenwirkt. Anschließend widmet sich die Arbeit der Frage, inwiefern das materielle Firmenrecht durch Unionsrecht, insbesondere durch Richtlinien des europäischen Gesellschafts- und Wettbewerbsrechts, beeinflusst wird. Im Anschluss daran wird auf Grundlage einer kurzen rechtsvergleichenden Übersicht aufgezeigt, wie sich die nationalspezifische Ausgestaltung des (deutschen) Firmenbildungsrechts kollisionsrechtlich auswirkt. Im Rahmen der anschließenden Analyse der aktuellen Rechtslage im Internationalen Firmenrecht werden zunächst die bisherigen Ansätze des deutschen Gesetzgebers aufgezeigt und anschließend die Entwicklungen und Perspektiven auf unionsrechtlicher Ebene untersucht. Im zweiten Abschnitt (Kapitel 3) wird der in der Literatur vertretene Ansatz einer ordnungs- bzw. öffentlichrechtlichen Qualifikation des Internationalen Firmenrechts zum Anlass genommen, um der grundlegenden Frage nach einer etwaigen Dichotomie des Kollisionsrechts nachzugehen. Hierbei wird zunächst der Versuch unternommen, die zugrunde liegende Fragestellung losgelöst von konkreten Regelungszusammenhängen auf ihre dogmatischen Grundlagen zurückzuführen. Darauf aufbauend werden die beiden in Literatur und Rechtsprechung im Wesentlichen vertretenen Ansätze dazu, inwiefern im Kollisionsrecht zwischen Öffentlichem Recht und Privatrecht zu unterscheiden sei, dargestellt und kritisch bewertet. Auf Grundlage des gefundenen Ergebnisses wird anschließend untersucht, ob das Firmenrecht bzw. bestimmte firmenrechtliche 11

MünchKomm/Sonnenberger, BGB, Einl. IPR Rn. 75.

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Kapitel 1: Einleitung

Sachverhalte internationalprivatrechtlich oder internationalöffentlichrechtlich zu qualifizieren sind und wie der kollisionsrechtliche Anwendungsbereich des Firmenbildungsrecht bei einer etwaigen öffentlichrechtlichen Zuordnung zu bestimmen ist. Das darauffolgende Kapitel (Kapitel 4) widmet sich der Bestimmung des internationalprivatrechtlichen Anwendungsbereichs des Firmenbildungsrechts sowie des Rechts des Firmengebrauchs. Nach einer kurzen Übersicht zu den bisher vertretenen Ansätzen werden die methodischen Grundlagen für das hier vertretene Verweisungsmodell aufgezeigt. Besonderes Augenmerk liegt hierbei auf der bereits zuvor angerissenen Frage nach der kollisionsrechtlichen Behandlung von Sachnormen mit eingriffsrechtlichem Charakter und der methodischen Umsetzung des hier vertretenen Lösungsansatzes im Rahmen der kollisionsrechtlichen Interessenlehre. Dem folgt eine Untersuchung, inwiefern sich die europäischen Grundfreiheiten, insbesondere die Niederlassungsfreiheit, auf das Firmenkollisionsrecht auswirken. Diese beschränkt sich im Wesentlichen auf einen etwaigen positiven kollisionsrechtlichen Gehalt des Primärrechts im Sinne einer vorrangigen unionsrechtlichen Verweisungsnorm. Mangels entsprechender Vorgaben hat sich die darauffolgende Bestimmung der maßgeblichen Verweisungsnormen ausschließlich an den zuvor aufgezeigten Grundlagen des autonomen deutschen IPR auszurichten. Im Rahmen der zunächst erforderlichen Festlegung des Anknüpfungsgegenstands geht es namentlich um die Notwendigkeit, bei der Anknüpfung zwischen Tatbeständen der Firmenbildung und solchen des Firmengebrauchs zu unterscheiden. Entsprechend dieser Trennung werden auf Grundlage autonomer Interessenanalyse und -abwägung die maßgeblichen Anknüpfungsmomente des Firmenbildungsrechts bestimmt und zu einem umfassenden Gesetzesvorschlag zusammengeführt. Hinsichtlich des auf den Firmengebrauch anzuwendenden Rechts sind hingegen vorrangig die Regelungen der Rom II-VO zu beachten, sodass sich die kollisionsrechtliche Analyse hier auf eine Auslegung und Anwendung der entsprechenden Verweisungstatbestände der Rom II-VO beschränkt. Für den Gesetzgeber und Rechtsanwender stellt sich hinsichtlich der gefundenen Lösungsmodelle abschließend die Frage nach einer möglichen Konfliktlage mit den Gewährleistungen der europäischen Grundfreiheiten. Dementsprechend befasst sich die Arbeit in einem anschließenden Abschnitt (Kapitel 5) damit, unter welchen Voraussetzungen das konkrete Anwendungsergebnis auf Grundlage der aufgezeigten Verweisung einen Verstoß gegen das europäische Primärrecht begründen kann und ob danach eine Korrektur der kollisionsrechtlichen Anknüpfung geboten bzw. zweckmäßig erscheint. Abschließend werden die wesentlichen Ergebnisse nochmals zusammengefasst.

Kapitel 2

Ausgangslage im materiellen und Internationalen Firmenrecht A. Grundzüge des materiellen Firmenrechts A. Grundzüge des materiellen Firmenrechts

I. Handelsrechtliche Grundlagen und Bedeutung der Firma 1. Name des Kaufmanns Die Firma in ihrer grundlegenden Bedeutung wird im Dritten Abschnitt des Ersten Buchs des Handelsgesetzbuchs geregelt. Daneben finden sich für die unterschiedlichen Gesellschaftsformen spezielle Regelungen in den entsprechenden Gesetzesabschnitten des HGB und den gesellschaftsrechtlichen Spezialgesetzen. Ausgangspunkt ist § 17 Abs. 1 HGB, der den Begriff der Firma definiert. Danach ist die Firma der Name des Kaufmanns, unter dem er seine Geschäfte betreibt und seine Unterschrift abgibt. Träger einer Firma können demzufolge allein Einzelkaufleute und Handelsgesellschaften sowie über § 16 VAG Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit und über § 17 Abs. 2 GenG Genossenschaften sein. 1 2. Firmenrecht zwischen Firmenwahlfreiheit und Verkehrsschutz a) Firmenrechtliche Konfliktlage Die Firma ist danach der Handelsname des Kaufmanns. Als solcher ist sie Persönlichkeitsrecht des Kaufmanns. 2 Sie dient der Kennzeichnung und der (Selbst-)Identifikation des Kaufmanns im Geschäftsverkehr. Die Wahl einer werbewirksamen Firma mit hohem Erkennungswert kann im Wettbewerb von erheblicher Bedeutung für den Kaufmann sein. Darüber hinaus kommt einer erfolgreichen Firma, die im Laufe der Zeit einen gewissen Status erworben hat, ein eigenständiger Vermögenswert (good will) zu, der sich bei der Veräußerung des Handelsunternehmens des Kaufmanns realisieren lässt. Aufgrund der sich 1 Die Bearbeitung beschränkt sich im weiteren Verlauf auf die Darstellung des Einzelkaufmanns und der Handelsgesellschaften. Auf die Genossenschaft und den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeiten kann hingegen nicht gesondert eingegangen werden. 2 Siehe statt vieler Canaris, Handelsrecht, § 12 Rn. 7 m.w.N.; a.A. Kessen, Die Firma als selbstständiges Verkehrsobjekt, S. 79 f.; Götting, Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, S. 122; H.Köhler, in: FS Fikentscher, S. 494, 496 f.

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Kapitel 2: Ausgangslage im materiellen und Internationalen Firmenrecht

daraus ergebenden wirtschaftlichen Bedeutung der Firma ist diese nach heute überwiegender Ansicht auch ein Immaterialgüterrecht des Kaufmanns. 3 Neben ihrer Kennzeichnungsfunktion erfüllt die Firma insbesondere Identifikations- und Publizitätszwecke. Der Rechtsverkehr muss über die wesentlichen Merkmale des Firmeninhabers informiert werden bzw. sich über diese informieren können und auf die angegebene Information vertrauen dürfen. Während also das Interesse des Kaufmanns regelmäßig dahin gehen wird, in der Wahl und dem Gebrauch der eigenen Firma möglichst frei zu sein, richtet sich das Interesse des Rechtsverkehrs grundsätzlich darauf, der Gestaltungsfreiheit des Kaufmanns durch ein Mindestmaß an gesetzlicher Regulierung Schranken zu setzen. 4 Die heutige Konzeption des deutschen Firmenrechts spiegelt diesen Konflikt wider und schafft einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen. So ist der Kaufmann in der Wahl seines Firmenkerns grundsätzlich frei. Er kann seine Firma als reine Personen-, Sach- und Phantasiefirma oder durch Kombination dieser Bestandteile (sog. Mischfirma) gestalten. Die strengen Vorgaben des bis zur Handelsrechtsreform 1998 5 geltenden Firmenrechts, die vorsahen, dass die Firma zwingend den bürgerlichen Namen des Kaufmanns bzw. der Gesellschafter oder den Geschäftsgegenstand des Handelsunternehmens enthalten musste und keine Phantasiebezeichnungen beinhalten durfte, wurden zum Zwecke der Vereinheitlichung des Firmenbildungsrechts für alle Rechtsformen, insbesondere aber auch im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Firmenrechts und deutscher Unternehmen im internationalen Vergleich 6 aufgegeben. 7 Die freie Firmenwahl des Kaufmanns wird, wie eben aufgezeigt, aus Gründen des Verkehrsschutzes und der Marktordnung durch zwingende Vorgaben des Firmenbildungsrechts eingeschränkt. Diese betreffen die Firmenberechtigung, also die Frage, unter welcher Firma der Kaufmann im Rechtsverkehr zulässigerweise auftritt. Davon erfasst werden, wie sich aus § 37 HGB ergibt, sowohl die zulässige Firmenbildung als auch der zulässige Firmengebrauch. Das bedeutet: Wurde die Firma rechtskonform gebildet, ist auch der Gebrauch eben dieser Firma grundsätzlich firmenrechtlich zulässig. Entspricht hingegen die Ausgestaltung der Firma bereits bei ihrer Bildung nicht den Vorgaben des Canaris, Handelsrecht, § 10 Rn. 7; Fezer, Markenrecht, § 15 MarkenG Rn. 159; Lettl, WM 2006, 1841; MünchKomm/Heidinger, HGB, Bd. 1, § 17 HGB Rn. 42; Staub/Burgard, HGB, Bd. 1, § 17 HGB Rn. 50. 4 Vgl. Lamsa, Die Firma der Auslandsgesellschaft, S. 13 f. 5 Gesetz zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung anderer handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften (Handelsrechtsreformgesetz – HRefG) vom 22. Juni 1998, BGBl. 1998 I S. 1474. 6 Zu der Einordnung des deutschen Firmenrechts im internationalen Vergleich unten S. 40 ff. 7 Vgl. die Begründung zum HRefG (oben Fn. 5), BT-Drucks. 13/8444, S. 1, 35 f. 3

A. Grundzüge des materiellen Firmenrechts

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Firmenbildungsrechts, ist auch die Verwendung dieser Firma in der Regel unzulässig. Der Kaufmann hat die Vorgaben des Firmenbildungsrechts demnach grundsätzlich 8 auch im Rahmen des Firmengebrauchs zu beachten, auf den die Firma bereits ihrer gesetzlichen Definition nach ausgerichtet ist. Unter den Begriff des Firmenbildungsrechts werden im Folgenden insofern auch solche Anforderungen gefasst, die speziell auf den Gebrauch der Firma im Geschäftsverkehr ausgerichtet sind, wie dies etwa bei § 37a HGB der Fall ist. Das materielle Firmenbildungsrecht wird in der Regel hinsichtlich seines Regelungscharakters in Firmennamensrecht und Firmenordnungsrecht 9 unterteilt. 10 Canaris beschreibt den Gegenstand des Firmennamensrechts unter weitgehender Zustimmung 11 dahingehend, dass dieses „im Wesentlichen die mit dem Namenscharakter der Firma verbundenen bürgerlichrechtlichen Probleme“ umfasse, während das Firmenordnungsrecht „vor allem die Anforderungen [regele], die an die inhaltliche Gestaltung der Firma zum Schutz des Verkehrs“ gestellt werden. 12 Welche firmenrechtlichen Aspekte nach dieser Unterscheidung dem Firmenordnungsrecht zuzuordnen sind 13 und welche Bedeutung der ordnungsrechtlichen Qualifikation zukommt, ist für die hier in Frage stehende Thematik allein im kollisionsrechtlichen Kontext von Bedeutung; eine eingehende Untersuchung erfolgt daher im Rahmen der kollisionsrechtlichen Darstellung. b) Grundsätze des Firmenrechts Die wesentlichen Grundwertungen des materiellen Firmenrechts spiegeln sich in den sogenannten Firmengrundsätzen wider. Klassischerweise werden darunter gefasst die Kennzeichnungseignung und die (abstrakte) Unterscheidungskraft der Firma, der Grundsatz der Firmenwahrheit und der (konkreten) Unterscheidbarkeit, die Firmenbeständigkeit sowie die Firmeneinheit und die Firmenpublizität. Seit der Handelsrechtsreform 1998 wird teilweise das oben dargelegte Prinzip der Firmenwahlfreiheit als weiterer Firmengrundsatz angeführt. 14 Eine Ausnahme wird insofern im Rahmen der Werbung gemacht, vgl. dazu unten S. 13. Die Bezeichnung als „Ordnungsrecht“ bezieht sich hier zunächst allein auf eine materiellrechtliche Zuordnung. Zu der Frage, ob diese Zuordnung auch im Kollisionsrecht vorzunehmen ist bzw. ob dieser Zuordnung auch auf kollisionsrechtlicher Ebene Bedeutung zukommt, ausführlich unten S. 51 ff. und 145 ff. 10 Vgl. Quinke, in: Münchener Hb. Gesellschaftsrecht, Bd. 2, § 3 Rn. 1; Canaris, Handelsrecht, § 11 f.; MünchKomm/Heidinger, HGB, Bd. 1, Vor § 17 HGB Rn. 8. 11 So die in Fn. 10 Genannten mit Verweisung auf Canaris; zudem auch Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Kindler, HGB, Bd. 1, Vor §§ 1–7 HGB Rn. 31. 12 Canaris, Handelsrecht, § 11 Rn. 1. 13 Vgl. dazu etwa die weitere Darstellung bei Canaris, Handelsrecht, § 11; siehe auch Fezer, ZHR 161 (1997) 52, 57. 14 Staub/Burgard, HGB, Bd. 1, Vor § 17 HGB Rn. 26 f. 8 9

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Kapitel 2: Ausgangslage im materiellen und Internationalen Firmenrecht

Die Firmengrundsätze sind nur teilweise gesetzlich verankert. Soweit sie sich – sei es in ihren Grundzügen oder lediglich in ihrer konkreten Ausgestaltung – aus Rechtsprechung und Literatur entwickelt haben, ist ihnen gewohnheitsrechtliche Geltung beizumessen. aa) Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft Nach § 18 Abs. 1 HGB muss die Firma zur Kennzeichnung des Kaufmanns geeignet sein und abstrakte Unterscheidungskraft besitzen. In dem Erfordernis der Kennzeichnungseignung spiegelt sich die Namensfunktion der Firma wider. Als Name des Kaufmanns dient sie seiner Individualisierung. Das setzt voraus, dass die Firma aus einer Aneinanderreihung von Buchstaben oder solchen Zeichen besteht, die insgesamt ein Wortgebilde darstellen, das vom Rechtsverkehr als Name verstanden und ausgesprochen werden kann. 15 Auch die Unterscheidungskraft dient der Individualisierung des Kaufmanns. 16 Um Unterscheidungskraft zu besitzen, muss eine Firma grundsätzlich dazu geeignet sein, im Rechtsverkehr eine Assoziation mit einem ganz bestimmten Unternehmensträger herzustellen und eine abstrakte Verwechslungsgefahr 17 mit anderen Unternehmensträgern zu verhindern. 18 Dies setzt eine bestimmte Eigenart der Bezeichnung voraus, durch welche sich die Firma von anderen Firmen abgrenzt. 19 Nicht geeignet sind danach insbesondere reine Gattungs- oder Branchenbezeichnungen. 20 bb) Firmenwahrheit Der Grundsatz der Firmenwahrheit ist in § 18 Abs. 2 HGB geregelt. Während § 18 Abs. 2 HGB a.F. ausdrücklich nur die Verwendung von Firmenzusätzen untersagte, die geeignet waren, Täuschungen über Art oder Umfang des Geschäfts oder die Verhältnisse der Geschäftsinhaber herbeizuführen, verbietet § 18 Abs. 2 HGB n.F. jegliche Angaben, welche ersichtlich dazu geeignet sind, den Rechtsverkehr über wesentliche Umstände irrezuführen. Rechtsprechung Vgl. Canaris, Handelsrecht, § 10 Rn. 13 ff.; MünchKomm/Heidinger, HGB, Bd. 1, § 18 HGB Rn. 2; Oetker/Schlingloff, HGB, § 18 HGB Rn. 6. 16 Canaris, Handelsrecht, § 10 Rn. 18. 17 In Abgrenzung zu der von § 39 HGB erfassten konkreten Verwechslungsgefahr, siehe Canaris, Handelsrecht, § 10 Rn. 18; MünchKomm/Heidinger, HGB, Bd. 1, Vor § 17 HGB Rn. 21 f. 18 Vgl. Canaris, Handelsrecht, § 10 Rn. 18; MünchKomm/Heidinger, HGB, Bd. 1, Vor § 17 HGB Rn. 22. 19 MünchKomm/Heidinger, HGB, Bd. 1, § 18 HGB Rn. 23; Oetker/Schlingloff, HGB, § 18 HGB Rn. 10. 20 OLG München, Beschluss v. 1.7.2010, GmbHR 2010, 1156; Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 18 HGB Rn. 6; Canaris, Handelsrecht, § 10 Rn. 21; MünchKomm/Heidinger, HGB, Bd. 1, § 18 HGB Rn. 28 ff.; Oetker/Schlingloff, HGB, § 18 HGB Rn. 12. 15

A. Grundzüge des materiellen Firmenrechts

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und Literatur haben den Grundsatz der Firmenwahrheit aber bereits vor seiner Novellierung als umfängliches Täuschungsverbot verstanden, welches auf die Firma als Ganzes, also sowohl auf den Firmenkern als auch auf Firmenzusätze, zu beziehen war; § 18 Abs. 2 HGB a.F. wurde insofern als gesetzlicher Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes der Firmenwahrheit angesehen, ohne jedoch die Maßstäbe des Irreführungsverbots abschließend zu benennen. 21 Die Handelsrechtsreform hat somit faktisch keine inhaltliche Erweiterung des Irreführungsverbots mit sich gebracht, wie es der erste Anschein vermuten lässt. Vielmehr sollte durch die Handelsrechtsreform die Überprüfung der Firma am Maßstab der Firmenwahrheit auf offensichtliche und wesentliche Täuschungen beschränkt werden, um den Arbeitsaufwand der Gerichte sowie der Industrieund Handelskammern zu verringern und der teilweise „unverständlich streng[en]“ und „unübersichtliche[n] Kasuistik“ der Rechtsprechung zur Firmenwahrheit abzuhelfen. 22 cc) (Konkrete) Firmenunterscheidbarkeit Unter das Prinzip der Firmenunterscheidbarkeit fällt der in § 30 HGB verankerte Grundsatz, dass sich eine neu einzutragende Firma von allen an demselben Ort oder in derselben Gemeinde bereits bestehenden und in das Handelsregister eingetragenen Firmen deutlich unterscheiden muss. 23 Dadurch soll eine Verwechslung der Firma durch die Verkehrsteilnehmer eines bestimmten lokalen Marktes im konkreten Vergleich zu den übrigen dort ansässigen Unternehmen verhindert werden. Im Hinblick auf die örtliche Begrenzung des Wirkungsbereichs des § 30 HGB ist der damit einhergehende Schutz des Besserberechtigten lediglich als Nebeneffekt einzustufen. 24 dd) Firmenbeständigkeit Als Ausnahme zur Firmenwahrheit werden teilweise die unter den Grundsatz der Firmenbeständigkeit gefassten Tatbestände der §§ 21, 22 und 24 Abs. 1 HGB verstanden. 25 Danach darf der Firmenkern einer bereits gebildeten Firma beibehalten werden, obwohl sich die der Firmenbildung zugrunde liegenden Verhältnisse des Unternehmensinhabers verändert haben. Lediglich der Rechtsformzusatz muss stets die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegeln und entsprechend angepasst werden, § 19 Abs. 1 HGB. Der Gesetzgeber hat damit Vgl. die Begründung des HRefG-Entwurfs (oben Fn. 5), BT-Drucks. 13/8444, S. 36. Begründung des HRefG-Entwurfs (oben Fn. 5), BT-Drucks. 13/8444, S. 36. 23 Auch Grundsatz der Firmenausschließlichkeit genannt. 24 Zur grundlegenden Zwecksetzung des § 30 HGB siehe Canaris, Handelsrecht, § 11 Rn. 28; MünchKomm/Heidinger, HGB, Bd. 1, § 30 HGB Rn. 1 ff.; Oetker/Schlingloff, HGB, § 30 HGB Rn. 1; K.Schmidt, Handelsrecht, § 12 Rn. 125 ff. 25 MünchKomm/Kindler, BGB, Bd. 11, IntGesR Rn. 244; Staub/Burgard, HGB, Bd. 1, Vor § 17 HGB Rn. 31; vgl. auch Canaris, Handelsrecht, § 11 Rn. 17 ff. 21 22

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Kapitel 2: Ausgangslage im materiellen und Internationalen Firmenrecht

dem Interesse am Erhalt des Werts einer etablierten Firma Rechnung getragen. 26 ee) Firmeneinheit Als weiteres firmenrechtliches Prinzip wird der Grundsatz der Firmeneinheit verstanden, nach dem jeder Kaufmann für ein und dasselbe Handelsgeschäft nur eine Firma führen dürfe. 27 Soweit hingegen mehrere organisatorisch selbstständige Unternehmen betrieben werden, dürfe bzw. müsse (jedenfalls) der (Einzel-)Kaufmann mehrere Firmen führen. 28 Die Firmeneinheit ist nicht ausdrücklich im Gesetz verankert, sondern wurde von Rechtsprechung und Literatur zum Teil als weitere Ausprägung der Identifizierungsfunktion 29, zum Teil als konsequente Weiterentwicklung (auch) des Irreführungsverbots 30 entwickelt. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Rechtsverkehr, insbesondere in Hinblick auf die Haftungsverhältnisse des Firmeninhabers, erkennen und unterscheiden kann, welche Rechtspersönlichkeit hinter der jeweiligen Firma steht. Der konkrete Aussagegehalt des Grundsatzes der Firmeneinheit und die damit im Zusammenhang stehenden Fragestellungen sind heute indes stark umstritten. 31 ff) Firmenpublizität Schließlich herrscht im deutschen Firmenrecht der Grundsatz der Firmenpublizität. Danach unterliegt der Unternehmensträger hinsichtlich seiner Firma bestimmten Offenlegungspflichten. 32 Insbesondere muss er seine Firma und diesbezügliche Änderungen in das Handelsregister eintragen lassen (§§ 29, 31

Vgl. Canaris, Handelsrecht, § 11 Rn. 17. BGH, Urteil v. 8.4.1991, NJW 1991, 2023, 2024; Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 17 HGB Rn. 7 f.; Fezer, Markenrecht, § 15 MarkenG, Rn. 165; MünchKomm/Heidinger, HGB, Bd. 1, Vor § 17 HGB Rn. 34 ff.; a.A. für die organisatorische Zusammenführung verschiedener Unternehmen Canaris, Handelsrecht, § 11 Rn. 35; dem zustimmend auch Koller/Kindler/Roth/Morck/W.-H.Roth, HGB, § 17 HGB, Rn. 15. 28 Vgl. BGH, Urteil v. 8.4.1991, NJW 1991, 2023, 2024; Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 17 Rn. 8; Canaris, Handelsrecht, § 11 Rn. 35; MünchKomm/Heidinger, HGB, Bd. 1, § 17 HGB Rn. 9; K.Schmidt, Handelsrecht, § 12 Rn. 68 ff.; a.A. Staub/Burgard, HGB, Bd. 1, Vor § 17 HGB Rn. 41. 29 Vgl. Quinke, in: Münchener Hb. Gesellschaftsrecht, Bd. 2, § 3 Rn. 29; MünchKomm/Kindler, BGB, Bd. 11, IntGesR Rn. 243; Rehberg, in: Eidenmüller (Hrsg.), § 5 Rn. 42; K.Schmidt, Handelsrecht, § 12 Rn. 67. 30 Canaris, Handelsrecht, § 11 Rn. 35; Hübner, Handelsrecht, § 3 B III. 31 Vgl. hierzu Canaris, Handelsrecht, § 11 Rn. 35 ff., MünchKomm/Heidinger, HGB, Bd. 1, § 17 HGB Rn. 7 ff.; W.-H.Roth, in: Lieb (Hrsg.), S. 31, 51 ff.; Staub/Burgard, HGB, Bd. 1, § 17 HGB Rn. 39, alle mit weiteren Nachweisen zum Meinungsstreit. 32 Zu den unionsrechtlichen Grundlagen dieser Offenlegungspflichten unten S. 17 ff. 26 27

A. Grundzüge des materiellen Firmenrechts

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HGB). Zudem ist die vollständige Firma gemäß § 37a HGB in Geschäftsbriefen anzugeben. Der Verlust des Informationsgehalts des Firmenkerns durch die Handelsrechtsreform wird dadurch ausgeglichen, dass die Firma gemäß § 19 HGB zwingend die Angabe der Rechtsform des Unternehmensträgers enthalten muss. Einschränkungen dieses Grundsatzes können sich indes dort ergeben, wo mangels entsprechender schützenswerter Interessen von der Angabe der Rechtsform abgesehen werden kann. So soll es nach überwiegender Ansicht etwa im Rahmen der Werbung zulässig sein, eine Kurzform der Firma zu verwenden. 33 c) Firma der Zweigniederlassung Wie die Firma einer Zweigniederlassung 34 zu bilden ist, ist gesetzlich nicht explizit geregelt. § 30 Abs. 2 HGB bestimmt nur, dass die neu einzutragende Zweigniederlassungsfirma dann, wenn an dem Ort der Errichtung der Zweigniederlassung bereits ein anderer Kaufmann unter der gleichen Firma eingetragen ist, einen Zusatz enthalten muss, der eine Unterscheidung von der bereits eingetragenen Firma gewährleistet. In ähnlicher Weise setzt § 50 Abs. 3 S. 2 HGB für die wirksame Beschränkung des Umfangs einer Prokura auf die Geschäfte der Zweigniederlassung voraus, dass die Zweigniederlassung unter einer von der Hauptniederlassung unterscheidbaren Firma geführt wird. Für die Frage der Firmenbildung wurde daraus zutreffend gefolgert, dass die Zweigniederlassung grundsätzlich nicht unter der gleichen Firma geführt werden muss. 35 Im Übrigen beruhen die heute weitgehend anerkannten Regeln über die Bildung einer Zweigniederlassungsfirma auf den allgemeinen Wertungen des Firmenbildungsrechts. Von Bedeutung ist diesbezüglich insbesondere der Grundsatz der Firmenwahrheit, aus dem das Erfordernis abgeleitet wird, dass aus der Firma der Zweigniederlassung ihre Zugehörigkeit zur Hauptniederlassung hervorgehen müsse.

33 BGH, Urteil v. 8.4.1991, NJW 1991, 2023, 2024 (m. Anm. W.-H.Roth, ZGR 1992, 632): Es sei „nahezu allgemein anerkannt, daß sich der Unternehmensträger jedenfalls in einzelnen Bereichen seines nicht im eigentlichen Sinne rechtsgeschäftlichen Geschäftsverkehrs, namentlich in der Werbung und in Aufschriften, nicht seiner – dafür auch vielfach ungeeigneten, weil unhandlichen – Firma bedienen muß, sondern sich statt dessen mit Bezeichnungen an sein Publikum wenden darf, die das von ihm betriebene Unternehmen in schlagwortartiger, einprägsamer und damit werbewirksamer Weise bezeichnen und von anderen Unternehmen abheben.“ Siehe auch Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Reuschle, HGB, Bd. 1, § 17 HGB Rn. 19; Koller/Kindler/Roth/Morck/W.-H.Roth, HGB, § 37 HGB Rn. 4; MünchKomm/Krebs, HGB, Bd. 1, § 37 HGB Rn. 18; Oetker/Schlingloff, HGB, § 17 HGB Rn. 20. 34 Zum Zweigniederlassungsbegriff unten S. 98 f. 35 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Pentz, HGB, Bd. 1, § 13 HGB Rn. 27; MünchKomm/Krafka, HGB, Bd. 1, § 13 HGB Rn. 21.

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Kapitel 2: Ausgangslage im materiellen und Internationalen Firmenrecht

Im Ergebnis werden heute nach weit überwiegender Ansicht die folgenden Alternativen als zulässig angesehen: Die Firma der (rechtlich unselbstständigen) Zweigniederlassung kann mit der Hauptniederlassungsfirma identisch sein oder unter dem gleichen Firmenkern, dem ein Zweigniederlassungszusatz beigefügt ist, geführt werden. Den Anforderungen der Firmenwahrheit wird aber auch dadurch genügt, dass die Zweigniederlassung einen von der Firma der Hauptniederlassung abweichenden Firmenkern trägt, soweit aus einem entsprechenden Zusatz die Zugehörigkeit der Zweigniederlassung zu dem Unternehmen des Kaufmanns eindeutig hervorgeht. 36 3. Gerichtliche Durchsetzung des Firmenbildungsrechts Da das Firmenbildungsrecht weitgehend auf den Schutz des Rechtsverkehrs ausgerichtet ist, bedarf es entsprechender Mechanismen, um die Einhaltung der firmenbildungsrechtlichen Vorgaben zu gewährleisten. Das Handelsrecht bzw. Registerrecht sieht diesbezüglich verschiedene Möglichkeiten vor: a) Registerrechtliche Kontrollverfahren Entsprechend dem oben dargestellten Grundsatz der Firmenpublizität hat der Kaufmann seine Firma zum Handelsregister anzumelden. Dem handelsrechtlichen Registerverfahren kommt hierbei eine grundlegende Kontrollfunktion zu. So hat das Registergericht bei Anmeldung des Kaufmanns zur Eintragung in das Handelsregister die Eintragungsvoraussetzungen sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht zu überprüfen, 37 so auch die Zulässigkeit der angemeldeten Firma. Umstritten ist jedoch, wie das Gericht zu verfahren hat, sollte es die angemeldete Firma für unzulässig erachten. In Betracht kommt zum einen eine Abweisung des Eintragungsantrags nach § 382 Abs. 3 FamFG. 38 Nach anderer Ansicht stellt die Anmeldung einer unzulässigen 36 BayObLG, Beschluss v. 19.3.1992, DNotZ 1993, 622, 623 f. (allerding noch zur Rechtslage vor dem HRefG); Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 13 HGB Rn. 7; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Pentz, HGB, Bd. 1, § 13 HGB Rn. 27; MünchKomm/Krafka, HGB, Bd. 1, § 13 HGB Rn. 21 f.; Oetker/Preuß, HGB, § 13 HGB Rn. 31 ff.; K.Schmidt, Handelsrecht, § 12 Rn. 81 ff.; Schneider, in: Breithaupt/Ottersbach (Hrsg.), B. Handelsrecht Rn. 105; Wessel/Zwernemann/Kögel, Firmengründung, Rn. 426 ff. Gegen das Erfordernis eines solchen Zusatzes bei unterschiedlichem Firmenkern nach dem HRefG hingegen Koller/Kindler/Roth/Morck/W.-H.Roth, HGB, § 13 HGB Rn. 8. 37 Zum Prüfungsrecht bzw. der Prüfungspflicht des Registergerichts in Handelssachen etwa MünchKomm/Krafka, HGB, Bd. 1, § 8 HGB Rn. 57 ff.; Oetker/Preuß, HGB, § 8 HGB Rn. 83 ff. 38 So im Ergebnis Bumiller/Harders/Bumiller/Harders/Schwamb, FamFG, § 392 FamFG Rn. 2; Keidel/Heinemann, FamFG, § 392 FamFG Rn. 10; MünchKomm/Krafka, HGB, Bd. 1, § 29 HGB Rn. 15; ders., in: MünchKomm, FamFG, § 392 FamFG Rn. 7; dezidiert Winkler, DNotZ 1989, 245 ff. sowie Gustavus, EWiR 1988, 801, 802. Nicht eindeutig Haag/Löffler/Löffler, HGB, § 29 HGB Rn. 9 und § 37 HGB Rn. 3.

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Firma bereits einen „Gebrauch“ der Firma im Sinne von § 37 Abs. 1 HGB dar, mit der Folge, dass das Eintragungsverfahren ausgesetzt und ein Firmenmissbrauchsverfahren nach § 37 Abs. 1 HGB eingeleitet werden müsse. 39 Nach § 37 HGB i.V.m. §§ 392, 388 ff. FamFG kann bzw. muss 40 das zuständige Registergericht im Falle des unzulässigen „Gebrauchs“ einer Firma – unabhängig davon, ob die Firma im Handelsregister eingetragen wurde oder nicht 41 – den Kaufmann durch Festsetzung eines Ordnungsgeldes zur Unterlassung des Firmengebrauchs verpflichten (sogenanntes Firmenmissbrauchsverfahren). Dieses ist von Amts wegen einzuleiten. Prüfungsmaßstab des Firmenmissbrauchsverfahrens sind wie im Rahmen des registerrechtlichen Eintragungsverfahrens ausschließlich die Vorschriften des Firmenbildungsrechts, also insbesondere, aber nicht ausschließlich die §§ 18 ff. HGB. Als „Gebrauch“ ist jede Handlung zu werten, die einen unmittelbaren Bezug zum Geschäftsbetrieb aufweist und den Willen des Kaufmanns bekundet, die verwendete Bezeichnung als eigene Firma auf Dauer zu benutzen. 42 Danach könnte grundsätzlich auch die bloße Anmeldung zum Handelsregister unter den Anwendungsbereich von § 37 Abs. 1 HGB gefasst werden. Sowohl aus systematischen als auch aus prozessökonomischen Gründen würde sich dieses Ergebnis aber als wenig sachgerecht erweisen: Bei Anmeldung eines Kaufmanns zur Eintragung in das Handelsregister obliegt es dem zuständigen Registergericht die Rechtswirksamkeit und Zulässigkeit der angemeldeten Tatsachen zu prüfen. Steht der Eintragung ein formelles oder materielles Hindernis entgegen, hat das Registergericht die Eintragung nach § 382 Abs. 3 FamFG zu verweigern. Die Frage der Zulässigkeit der Firma aus diesem Verfahren auszunehmen wäre nur dann geboten oder zumindest zweckmäßig, wenn § 37 Abs. 1 HGB ein spezielleres und insofern vorrangiges Verfahren BayObLG, Beschluss v. 28.4.1988, DNotZ 1989, 243 m. abl. Anm. Winkler, 245 = EWiR 1988, 801 m. abl. Anm. Gustavus; Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 29 HGB Rn. 4, § 37 Rn. 8; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Reuschle, HGB, Bd. 1, § 29 HGB Rn. 10; Henssler/Strohn/Wamser, Gesellschaftsrecht, § 29 HGB Rn. 3; Koller/Kindler/Roth/Morck/ W.-H.Roth, HGB, § 29 HGB Rn. 3; MünchKomm/Krebs, HGB, Bd. 1, § 37 HGB Rn. 9; Oetker/Schlingloff, HGB, § 29 HGB Rn. 5; Röhricht/Graf v.Westphalen/Haas/Ries, HGB, Bd. 1, § 29 HGB Rn. 8. 40 Ob dem Registergericht insofern ein Ermessen zusteht oder ob es bei unzulässigem Firmengebrauch vielmehr zur Durchführung eines Firmenmissbrauchsverfahren verpflichtet ist, ist umstritten, vgl. etwa Henssler/Strohn/Wamser, Gesellschaftsrecht, § 37 HGB Rn. 2; Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 37 HGB Rn. 6; MünchKomm/Krebs, HGB, Bd. 1, § 37 HGB Rn. 34; Oetker/Schlingloff, HGB, § 37 HGB Rn. 6; Staub/Burgard, HGB, Bd. 1, § 37 HGB Rn. 38. 41 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Reuschle, HGB, Bd. 1, § 37 HGB Rn. 7; MünchKomm/Krebs, HGB, Bd. 1, § 37 HGB Rn. 24; Staub/Burgard, HGB, Bd. 1, § 37 HGB Rn. 9. 42 BGH, Urteil v. 8.4.1991, NJW 1991, 2023, 2024; Koller/Kindler/Roth/Morck/ W.-H.Roth, HGB, § 37 HGB Rn. 4; MünchKomm/Krebs, HGB, Bd. 1, § 37 HGB Rn. 9; Oetker/Schlingloff, HGB, § 37 HGB Rn. 3. 39

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darstellen würde, weil das Firmenmissbrauchsverfahren aufgrund seiner konkreten Ausgestaltung eine sachnähere und effektivere Durchsetzung des Firmenrechts gewährleisten würde. Für beides lassen sich jedoch keine Anhaltspunkte finden. Der Zweck des Firmenmissbrauchsverfahrens liegt darin, die Einhaltung der firmenbildungsrechtlichen Vorgaben bei Verwendung der Firma im Geschäftsverkehrs von Amts wegen und gerade unabhängig von einer etwaigen Eintragung der Firma im Handelsregister zu überprüfen und ggf. bußgeldbewährt durchzusetzen, bevor oder jedenfalls ohne dass eine konkrete Rechtsverletzung im Sinne von § 37 Abs. 2 HGB eingetreten sein muss. 43 Nicht bezweckt ist mit dem Firmenmissbrauchsverfahren hingegen die Gewährleistung der Eintragung einer zulässigen Firma. Das Firmenmissbrauchsverfahren ist insofern auch gar nicht erforderlich, da hier die Zulässigkeit der Firma bei Anmeldung zum Handelsregister – unstreitig – umfassend zu prüfen ist und die Eintragung durch Ablehnung des Eintragungsantrags verhindert werden kann. Stellt die Anmeldung zum Handelsregister die einzige Form des unzulässigen Firmengebrauchs dar, kann dieser also bereits durch bloße Ablehnung der Eintragung innerhalb des laufenden Prüfungsverfahrens unterbunden werden. 44 Die Aussetzung des Eintragungsverfahrens und die Einleitung eines Firmenmissbrauchsverfahrens würde so den Prüfungsaufwand erhöhen und die Durchsetzung des Firmenrechts verzögern, 45 ohne dass dies aus Gründen der Zweckmäßigkeit oder der besonderen Sachnähe des entscheidenden Gerichts 46 geboten erscheint. Der Anwendungsbereich des § 37 Abs. 1 HGB ist folglich dahingehend zu reduzieren, dass die bloße Anmeldung der Firma keinen „Gebrauch“ der Firma im Sinne von § 37 Abs. 1 HGB darstellt. Kommt das zuständige Registergericht im Rahmen des Eintragungsverfahrens zu dem Schluss, dass die angemeldete Firma gegen die §§ 18 ff. HGB verstößt, hat es die Eintragung nach § 382 Abs. 3 FamFG durch Beschluss abzulehnen. Geht der tatsächliche Gebrauch der Firma jedoch – wie wohl im Regelfall – über die bloße Anmeldung zum Handelsregister hinaus, kann bzw. muss zudem ein Firmenmissbrauchsverfahren nach den allgemeinen Grundsätzen des § 37 Abs. 1 HGB eingeleitet werden. b) Privatrechtlicher Unterlassungsanspruch nach § 37 Abs. 2 HGB Nach § 37 Abs. 2 HGB kann zudem jeder, der durch den unzulässigen Firmengebrauch „in seinen Rechten“ verletzt wird, von dem Firmeninhaber unabhängig von einem selbstständigen Einschreiten des Registergerichts Unterlassung 43 Vgl. Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 37 HGB Rn. 1, 5; MünchKomm/Krebs, HGB, Bd. 1, § 37 HGB Rn. 1 f.; Staub/Burgard, HGB, Bd. 1, § 37 HGB Rn. 3. 44 Anders insofern Staub/Burgard, HGB, Bd. 1, § 37 HGB Rn. 3 a.E. 45 Vgl. Keidel/Heinemann, FamFG, § 392 FamFG Rn. 10; Winkler, DNotZ 1989, 245 f. 46 So bestimmt sich die Zuständigkeit für beide Verfahren nach den gleichen Vorschriften des FamFG i.V.m. HRV.

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des Gebrauchs dieser Firma verlangen. Zwecksetzung und Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 HGB laufen im Wesentlichen parallel zu denen des von Amts wegen einzuleitenden Firmenmissbrauchsverfahrens. 47 Aus diesem Grund ist § 37 Abs. 2 HGB nicht, jedenfalls nicht im Kontext der vorliegenden Arbeit, dem Bereich des klassischen „Firmenschutzes“ zuzuordnen. Hierunter werden etwa der bürgerlichrechtliche Namensschutz nach § 12 BGB sowie markenrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche im Sinne von § 15 i.V.m. § 5 MarkenG gefasst. Die kollisionsrechtliche Behandlung des klassischen Firmenschutzes ist nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Prüfungsmaßstab des § 37 Abs. 2 HGB ist hingegen gerade und ausschließlich das Firmenbildungsrecht, sodass sich hier in kollisionsrechtlicher Hinsicht, im Gegensatz zu den eben genannten Ansprüchen, die in der vorliegenden Arbeit zu untersuchende Frage nach dem räumlichen Anwendungsbereich des Firmenbildungsrechts stellt. II. Vorgaben und Einflüsse des Unionsrechts Materielles Firmenrecht ist bisher lediglich im Regelungsbereich der Societas Europaea (SE) sowie der Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) unmittelbar Gegenstand europäischer Rechtsakte geworden. 48 Mit dem Firmenrecht verbundene Problemstellungen werden im Übrigen nur mittelbar durch das Recht der Europäischen Union berührt. 1. Primärrechtliche Schranken Firmenrechtliche Fragestellungen treten der Funktion der Firma entsprechend im Rahmen unternehmerischer Tätigkeit auf. Die Frage des anwendbaren Firmenrechts stellt sich faktisch erst, soweit die Tätigkeit des Unternehmens die Grenzen einer Rechtsordnung überschreitet und mit einer weiteren Rechtsordnung in Berührung kommt. Innerhalb des europäischen Binnenmarktes wird die grenzüberschreitende unternehmerische Tätigkeit von den Grundfreiheiten des AEUV geschützt. Soweit demnach firmenrechtliche Fragestellungen in einem mitgliedstaatenübergreifenden Kontext auftreten, darf die Anwendung nationalen Firmenrechts – also sowohl des Firmenkollisionsrechts als auch des materiellen Firmenrechts – nicht zu einer ungerechtfertigten Diskriminierung oder Beschränkung der unionsrechtlich geschützten Freiheiten führen. Es wird

Siehe dazu unten S. 207 f. Vgl. Art. 11 Abs. 1 SE-VO (Voran- oder Nachstellung des Zusatzes „Societas Europaea“ oder der Abkürzung „SE“) und Art. 5 lit. a EWIV-VO (Voran- oder Nachstellung des Zusatzes „Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung“ oder der Abkürzung „EWIV“). 47 48

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daher an späterer Stelle zu prüfen sein, ob und in welcher Form sich die Grundfreiheiten auf das nationale Kollisionsrecht auswirken und der Ausgestaltung des Firmenkollisionsrechts möglicherweise Schranken setzen. 49 2. Sekundärrechtliche Vorgaben und Einflüsse a) Publizitätsrichtlinie Im Jahre 1968 hat der europäische Gesetzgeber die Erste gesellschaftsrechtliche Richtlinie 50 zur Regelung der Publizität von Kapitalgesellschaften 51 erlassen. Die sogenannte Publizitätsrichtlinie wurde im Laufe der Jahre mehrfach geändert und schließlich im Jahre 2009 neu kodifiziert. 52 Eine der wesentlichen Neuerungen der Richtlinie stellte die Verpflichtung der Mitgliedstaaten dar, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um eine Speicherung und Offenlegung der relevanten, in der Richtlinie im Einzelnen benannten gesellschaftsrechtlichen Informationen in jedem Mitgliedstaat in einem zentralen Register oder einem Handels- oder Gesellschaftsregister – seit dem 1.1.2007 in elektronischer Form 53 – zu ermöglichen (Art. 2 und 3). Zudem sieht die Richtlinie eine Verpflichtung der betreffenden Gesellschaften vor, auf Geschäftsbriefen und Bestellscheinen das Register und die Nummer der Eintragung der Gesellschaft sowie deren Rechtsform 54 und den Ort des satzungsmäßigen Sitzes anzugeben. 55 Unten S. 158 ff. und 233 ff. Erste Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. Nr. L 65 v. 14.3.1968, S. 8 (im Folgenden: Publizitätsrichtlinie 1968). 51 Vgl. den abschließenden Katalog in Art. 1. Im deutschen Gesellschaftsrecht betrifft dies die deutschen Gesellschaftsformen der AG, KGaA und GmbH. 52 Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Abs. 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. Nr. L 258 v. 1.10.2009, S. 11. 53 Geändert durch Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister vom 10.11.2006, BGBl. 2006 I S. 2553. Damit wurde die Richtlinie 2003/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 zur Änderung der Richtlinie 68/151/EWG des Rates in Bezug auf die Offenlegungspflichten von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, ABl. Nr. L 221 vom 4.9.2003, S. 13, umgesetzt. 54 Zu dem unionsrechtlichen Verhältnis von Firma und Rechtsformzusatz siehe Lamsa, Die Firma der Auslandsgesellschaft, S. 150 ff. 55 Diese Pflicht ist im deutschen Recht in den §§ 35a GmbHG, § 80 AktG niedergelegt (eine entsprechende Pflicht sieht das HGB auch für den Einzelkaufmann und Personengesellschaften vor, vgl. §§ 37a, 125a, 177a HGB). Danach müssen Geschäftsbriefe u.a. Angaben über „die Rechtsform und [den] Sitz der Gesellschaft, das Registergericht des Sitzes der 49 50

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Die „Firma“ wird im Rahmen der Aufzählung der eintragungspflichtigen Angaben in Art. 2 nicht explizit aufgeführt. Die Richtlinie ist jedoch dahingehend auszulegen, dass ihr eine solche Verpflichtung immanent zugrunde liegt. Die Publizitätsrichtlinie ist im Wesentlichen darauf gerichtet, es Dritten durch Offenlegung zu ermöglichen, „sich über die wesentlichen Urkunden der Gesellschaft sowie einige sie betreffende Angaben“ zu informieren. 56 Zu diesem Zweck soll für jede Gesellschaft bei dem für sie zuständigen Register eine Akte mit den betreffenden Urkunden und Angaben angelegt werden (Art. 3 Abs. 1). Insofern stellt sich die Frage, wie, wenn nicht über die Angabe des Namens der betreffenden Gesellschaft, eine solche Akte angelegt werden soll, welche es Dritten erlaubt, sich über die Verhältnisse der Gesellschaft zu informieren. Denn so stellt die Firma für den Rechtsverkehr das maßgebliche Identifizierungsmerkmal einer Gesellschaft dar. Zwecksetzung und Informationssystematik der Publizitätsrichtlinie setzen mithin immanent die Eintragung der Firma der Gesellschaft in das jeweilige Register voraus. Entsprechendes muss für die Angabe der Firma auf ihren Geschäftsbriefen gelten. 57 Dieses Auslegungsergebnis wird letztlich auch durch eine systematische, richtlinienübergreifende Betrachtung des gesellschaftsrechtlichen Sekundärrechts bestätigt. Von Bedeutung ist diesbezüglich die Elfte gesellschaftsrechtliche Richtlinie (sogenannte Zweigniederlassungsrichtlinie) 58, die für Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften am Ort der Zweigniederlassung eine allgemeine Registrierungspflicht vorsieht. Offenzulegen ist in diesem Zusammenhang unter anderem „die Firma [...] der Gesellschaft sowie die Firma der Zweigniederlassung, sofern diese nicht mit der Firma der Gesellschaft übereinstimmt“. Ausweislich der in der Richtlinie angegebenen Erwägungsgründe sollen durch die Zweigniederlassungsrichtlinie die registerrechtlichen Publizitätsanforderungen zum Schutz des Rechtsverkehrs auf Zweigniederlassungen ausländischer Rechtsträger erstreckt und bisherige Unterschiede, die hinsichtlich der Offenlegung von Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften bestanden hätten, beseitigt werden. In den vorangestellten Erwägungsgründen heißt es dazu ausdrücklich: Zur Regelung des öffentlichen Interesses „an einer Offenlegung der Gesellschaft bei der Zweigniederlassung“ biete es sich an, „von dem Verfahren Gebrauch zu machen, das bereits für Kapitalgesellschaften in der Gemeinschaft eingeführt worden ist.“ Wenn also das

Gesellschaft und die Nummer, unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist“, enthalten sein. 56 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 3. 57 Im Ergebnis auch Lamsa, Die Firma der Auslandsgesellschaft, S. 149. 58 Elfte Richtlinie 89/666/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsform errichtet werden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, ABl. EG Nr. L 395 v. 30.12.1989, S. 36.

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bisher im Rahmen der Publizitätsrichtlinie niedergelegte Verfahren auf Zweigniederlassungen erstreckt werden soll und insofern auch die Firma der Gesellschaft sowie ggf. der Zweigniederlassung einzutragen ist, kann daraus abgeleitet werden, dass auch die Publizitätsrichtlinie eine Pflicht zur Offenlegung der Firma der Gesellschaft begründet. b) Zweigniederlassungsrichtlinie aa) Grundlegender Regelungsgehalt Wie bereits angedeutet, wurde mit der Zweigniederlassungsrichtlinie 59 das unionsrechtliche System zur Offenlegung auf solche Zweigniederlassungen 60 erstreckt, die von einer nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründeten Kapitalgesellschaft 61 in einem anderen Mitgliedstaat errichtet werden. Zur Vermeidung einer Diskriminierung von Gesellschaften aus EU-Mitgliedstaaten wurde der Anwendungsbereich der Richtlinie ausdrücklich auf Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften aus Drittstaaten ausgedehnt. Nach der Zweigniederlassungsrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten zum Schutz des Rechtsverkehrs am Ort der Zweigniederlassung Maßnahmen zur Offenlegung bestimmter Verhältnisse der Zweigniederlassung und gegebenenfalls auch der dahinter stehenden Gesellschaft treffen. Dies umfasst neben allgemeinen Offenlegungspflichten des Kaufmanns im Rahmen der Eintragung der Zweigniederlassung in ein öffentliches Register (Art. 1–5), korrespondierend zu Art. 4 der Publizitätsrichtlinie 1968 auch die Pflicht zur Angabe bestimmter Informationen auf Geschäftsbriefen und Bestellscheinen der Zweigniederlassung (Art. 6). In der Richtlinie enthalten ist ein abschließender Katalog 62 derjenigen Informationen, die von der Zweigniederlassung in dem Mitgliedstaat, in dem sie sich befindet, offengelegt werden müssen, darunter auch die von der Gesellschaft bzw. der Zweigniederlassung geführte Firma sowie die Rechtsform der Gesellschaft. Die Frage, wie die Firma der Zweigniederlassung ausgestaltet sein muss oder welche Rechtsordnung auf diese Frage anzuwenden ist, wird hingegen nicht positiv geregelt. Nach einer Ansicht soll der Zweigniederlassungsrichtlinie jedoch in einem Umkehrschluss entnommen werden können, welche Angaben nicht offenzulegen sind und deren Offenlegung somit auch im Rahmen der

Oben Fn. 58. Zum europäischen Zweigniederlassungsbegriff unten S. 98 f. 61 Darunter sind alle Gesellschaftsformen zu fassen, die unter den Anwendungsbereich der Ersten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (Publizitätsrichtlinie, oben Fn. 50) fallen. 62 So ausdrücklich EuGH, Urteil v. 30.9.2003 – C-167/01 (Inspire Art), Slg. 2003, I10155 = NJW 2003, 3331; vgl. auch K.Schmidt, in: Lutter (Hrsg.), S. 15, 24 f. m.w.N. 59 60

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Firma nicht verlangt werden könnte. 63 Diese Ansicht stützt sich im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des EuGH in Inspire Art. Da diese an späterer Stelle Gegenstand einer eingehenden Untersuchung sein wird, bietet es sich an, dort auch der Frage der firmenrechtlichen Bedeutung dieser Entscheidung bzw. der Zweigniederlassungsrichtlinie nachzugehen. Eine Bewertung der eben aufgezeigten Meinung erfolgt deshalb im Rahmen der dortigen Rechtsprechungsanalyse. 64 bb) Umsetzung im deutschen Recht Umgesetzt wird die Richtlinie im Wesentlichen in den §§ 13d ff. HGB. Dort wurden die bisher in den gesellschaftsrechtlichen Spezialgesetzen verteilten Normen zur Registereintragung von Zweigniederlassungen durch das Gesetz zur Durchführung der Elften gesellschaftsrechtlichen Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften und über Gebäudeversicherungsverhältnisse vom 22.7.1993 65 zusammengeführt. 66 Die §§ 13 ff. HGB wurden zuletzt an die Einführung elektronischer Register durch das EHUG 67 angepasst. Im Folgenden soll lediglich ein kurzer Überblick über den Regelungsbereich und die Systematik der §§ 13 ff. HGB gegeben werden. Soweit der Regelungsgegenstand der §§ 13 ff. HGB für die weitere Untersuchung von Bedeutung sein sollte, erfolgt an der jeweiligen Stelle eine vertiefte Betrachtung der relevanten Normen. Die grundlegende Systematik der §§ 13 ff. HGB baut auf einer Unterscheidung nach der Herkunft des Unternehmensinhabers auf. § 13 HGB regelt die registerrechtlichen Offenlegungspflichten der inländischen Zweigniederlassung eines inländischen Unternehmens. Dahingegen ist Gegenstand der §§ 13d ff. HGB die inländische Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens. Ob es sich um einen inländischen oder ausländischen Kaufmann handelt, bestimmt sich nach den Grundsätzen des Internationalen Privatrechts. 68 Im Wesentlichen bestimmen die §§ 13 und 13d HGB, bei welchem Register die betreffende Zweigniederlassung anzumelden ist und welche tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse der Zweigniederlassung bzw. des dahinter stehenden Unternehmens im Handelsregister offenzulegen sind. § 13d Vgl. Forsthoff, in: Hirte/Bücker (Hrsg.), § 2 Rn. 35; Leible/Hoffmann, EuZW 2003, 677, 680; M.-P.Weller, DStR 2003, 1800, 1801; Zimmer, NJW 2003, 3585, 3587; wohl auch MünchKomm/Heidinger, HGB, Bd. 1, Vor § 17 HGB Rn 47 f. 64 Unten S. 175 ff. 65 BGBl. 1993 I S. 1282. 66 Zur Normentwicklung allgemein Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Pentz, HGB, Bd. 1, § 13 HGB Rn. 6 ff. 67 Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister vom 10. November 2006, BGBl. 2006 I S. 2553. 68 Siehe dazu unten S. 50. 63

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HGB geht insoweit über die Vorgaben der Zweigniederlassungsrichtlinie hinaus, als dort eine Eintragungspflicht nicht nur für Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften sondern auch von Einzelkaufleuten und Personengesellschaften normiert wird. Speziell für Kapitalgesellschaften finden sich ergänzende Regelungen in den §§ 13e und 13f HGB. Soweit die §§ 13d ff. HGB die Vorgaben der Zweigniederlassungsrichtlinie umsetzen, müssen sie richtlinienkonform ausgelegt und angewendet werden. c) Sonstige firmenrechtliche Informationspflichten Weitere formale Vorgaben firmenrechtlicher Art ergeben sich etwa aus den Informationspflichten der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr sowie der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG. Danach haben Diensteanbieter bzw. Dienstleistungserbringer im Sinne der jeweiligen Richtlinie den Nutzern bzw. Empfängern unter anderem den Namen, die geographische Anschrift und, soweit der Anbieter in einem öffentlichen Register eingetragen ist, das betreffende Register und die Registernummer offenzulegen (Art. 5 Abs. 1 RL 2000/31/EG 69 bzw. Art. 22 Abs. 1 RL 2006/123/EG 70). Im Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie muss zudem die Rechtsform des Dienstleistungserbringers angegeben werden. Die genannten Informationspflichten flankieren damit die in Art. 5 Publizitätsrichtlinie 1968 und Art. 6 Zweigniederlassungsrichtlinie niedergelegten Offenlegungspflichten der Gesellschaften im geschäftlichen Verkehr und sind wie diese 71 Bestandteil des vom EuGH propagierten gemeinschaftsrechtlichen „Informationsmodells“. 72 d) Exkurs: Wettbewerbsrechtliche Richtlinien mit firmenrechtlicher Relevanz Das Firmenrecht als solches ist nicht unmittelbar Gegenstand der bisherigen Harmonisierung durch die Europäische Union. Da der Firmenberechtigung unter Berücksichtigung der Zwecksetzung des Firmenrechts, insbesondere seines ordnungsrechtlichen Gehalts, auch wettbewerbsrechtliche Bedeutung zukommt, 73 stellt sich jedoch die Frage, inwiefern sich unionsrechtliche Regelungen im Rahmen des Rechts des unlauteren Wettbewerbs auch auf den Na-

Umgesetzt in § 5 TMG. Umgesetzt in § 2 Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung (DL-InfoV). 71 Vgl. MünchKomm/Kindler, BGB, Bd. 11, IntGesR Rn. 34, 46. 72 Zum Informationsmodell im europäischen Gesellschaftsrecht Grundmann, DStR 2004, 232 ff.; Eidenmüller, in: Eidenmüller (Hrsg.), § 3 Rn. 33 ff. 73 Vgl. etwa BGH, Beschluss v. 25.10.1972, NJW 1973, 93; Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 18 HGB Rn. 10; K.Schmidt, Handelsrecht, § 12 Rn. 88; nach Canaris ist das Firmenordnungsrecht sogar grundsätzlich lauterkeitsrechtlich einzuordnen, Canaris, Handelsrecht, § 11 Rn. 54. Zum wettbewerbsrechtlichen Gehalt des § 37 Abs. 2 HGB ausführlich unten S. 210 ff. 69 70

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men des Kaufmanns erstrecken, unter dem er im Wettbewerb auftritt. In Betracht kommen insbesondere die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken 74 (Lauterkeitsrichtlinie) 75 sowie die Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung 76 (Irreführungsrichtlinie) 77. Beide Richtlinien begründen im Ergebnis ein weitreichendes lauterkeitsrechtliches Irreführungsverbot. Sollte sich der Anwendungsbereich der genannten Richtlinien auf die Firmenführung erstrecken, bestünde bei richtlinienkonformer Umsetzung des Irreführungsverbots innerhalb der Europäischen Union ein einheitlicher firmenrechtlicher (Mindest-)Standard in Form eines firmenrechtlichen Irreführungsverbots. Neben den daraus zu gewinnenden rechtsvergleichenden Erkenntnissen ist das Ergebnis dieser Untersuchung insbesondere für die Frage der Vereinbarkeit des deutschen Firmenrechts mit dem europäischen Sekundär- und Primärrecht von Bedeutung. 78 Vor diesem Hintergrund soll im Folgenden untersucht werden, ob und wenn ja, in welchem Umfang die Verwendung einer (irreführenden) Firma unter den Anwendungsbereich der genannten lauterkeitsrechtlichen Richtlinien fällt. Sollte die Firma danach von der europäischen (Teil-)Harmonisierung auf dem Gebiet des Lauterkeitsrechts umfasst sein, ist anschließend der Frage nachzugehen, welche Maßstäbe der unionsrechtliche Irreführungsbegriff an die lautere Firmierung stellt. aa) Regelungsgegenstand und -methodik (Überblick) Der Anwendungsbereich der Irreführungsrichtlinie ist auf irreführende bzw. vergleichende Werbung im Verhältnis zwischen Gewerbetreibenden („b2b“) begrenzt. Nach Art. 1 dient sie im Allgemeinen dem „Schutz von Gewerbetreibenden vor irreführender Werbung und deren unlauteren Auswirkungen“ und legt die „Bedingungen für zulässige vergleichende Werbung“ fest. Zur Erreichung dieses Zwecks haben die Mitgliedstaaten nach Art. 5 im Interesse der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. Nr. L 149 v. 11.6.2005, S. 22. 75 Vgl. Fezer, WRP 2007, 1021. 76 Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung, ABl. Nr. L 376 v. 27.12.2006, S. 21 (Neukodifizierung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung, ABl. Nr. L 250 v. 19.9.1984, S. 17, vgl. Erwägungsgrund Nr. 1 der RL 2006/114/EG). 77 Vgl. v.Ungern-Sternberg, in: Gloy/Loschelder/Erdmann (Hrsg.), § 23 Rn. 34. 78 Siehe dazu unten kursorisch S. 248 ff. 74

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Gewerbetreibenden und deren Mitbewerber geeignete und wirksame Mittel zur Bekämpfung „irreführender Werbung“ zur Verfügung zu stellen. Die Richtlinie legt diesbezüglich aber nur einen Mindestschutzstandard fest; so bleibt es den Mitgliedstaaten – mit Ausnahme der vergleichenden Werbung, „soweit es sich um den Vergleich handelt“ (Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 2) – überlassen, durch ihre nationalen Bestimmungen einen weiterreichenden Schutz zu gewährleisten, als durch die Richtlinie vorgegeben (Art. 8 Abs. 1). Während die Irreführungsrichtlinie auf den Schutz anderer Gewerbetreibender gerichtet ist und nur die Werbung unter Gewerbetreibenden erfasst, dient die Rechtsangleichung im Rahmen der Lauterkeitsrichtlinie insbesondere dem Erreichen eines hohen Verbraucherschutzniveaus, mit der Folge, dass hier nur unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmern gegenüber Verbrauchern („b2c“) erfasst werden. Die (unglückliche) Aufspaltung des europäischen Lauterkeitsrechts zwischen Werbung im Verhältnis b2b und unlauteren Geschäftspraktiken im Verhältnis b2c, 79 wie sie durch die beiden Richtlinien vorgegeben wird, wird zusätzlich durch die unterschiedliche Methodik beider Richtlinien verstärkt. So stellt die Lauterkeitsrichtlinie einen Akt der Vollharmonisierung dar, während die Irreführungsrichtlinie nur eine Mindestharmonisierung vorsieht. bb) Firmenführung als Werbung bzw. Geschäftspraktik Damit die Verwendung einer Firma unter den Anwendungsbereich der genannten unionsrechtlichen Rechtsakte fällt, müsste sie unter den Begriff der „Geschäftspraktiken von Unternehmern gegenüber Verbrauchern“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 lit. d. RL 2005/29/EG bzw. der „Werbung“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 lit. a RL 2006/114/EG zu subsumieren sein. Die Auslegung europäischen Sekundärrechts hat grundsätzlich unionsautonom zu erfolgen. 80 Auch soweit die Vorgaben der jeweiligen Richtlinie im nationalen Recht mitunter fast wörtlich übernommen wurden, kann somit nicht ohne weiteres auf die nationale Rechtsprechung oder Literatur zur Auslegung der einschlägigen nationalen Umsetzungsnorm zurückgegriffen werden. Im Hinblick auf die Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung verbietet sich ein solcher Rückgriff – etwa auf die in Art. 5 UWG i.d.F. vom

79 Kritisch gegenüber dieser Konzeption Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V., GRUR 2004, 215 f.; Henning-Bodewig, GRUR Int 2005, 629, 630; H.Köhler/Lettl, WRP 2003, 1019, 1034; mit einer Übersicht zu der vorgebrachten Kritik Gamerith, WRP 2005, 395, 412 f. 80 Etwa EuGH, Urteil v. 27.1.2005 – C-188/03 (Junk), Slg. 2005, I-855 = NJW 2005, 1099; Riesenhuber, in: Riesenhuber (Hrsg.), § 10 Rn. 4 ff.

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8.7.2004 81 fast wörtlich übernommene Definition der „irreführenden Werbung“ des Art. 3 RL 2006/114/EG – auch deshalb, weil den Mitgliedstaaten hier die Möglichkeit der überschießenden Richtlinienumsetzung offensteht und demzufolge nicht automatisch von einem Gleichlauf zwischen nationalem Recht und Sekundärrecht ausgegangen werden kann. Aber auch im Hinblick auf die Konzeption der Lauterkeitsrichtlinie als abschließenden Harmonisierungsakt ist Zurückhaltung geboten. Zwar hat der BGH die Verwendung eines irreführenden Bestandteils in der Unternehmens- bzw. Kanzleibezeichnung mit Hinweis auf die Umsetzung von Art. 6 Abs. 1 lit. f RL 2005/29/EG in Art. 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG als irreführende geschäftliche Handlung qualifiziert. 82 Da dem nationalen Gesetzgeber aber ebenso wenig wie den einzelstaatlichen Gerichten eine abschließende Kompetenz zur Auslegung des Sekundärrechts zukommt, kann dieser Entscheidung im Ergebnis nur geringe Autorität zugesprochen werden. Eine Berufung auf die Rechtsprechung des BGH im Hinblick auf die hier zu untersuchende Fragestellung steht somit unter dem Vorbehalt der richtlinienkonformen Umsetzung des Art. 6 Abs. 1 lit. f RL 2005/29/EG in das deutsche Recht sowie der richtlinienkonformen Anwendung durch den BGH. Demzufolge ist in jedem Fall eine unionsrechtsautonome Auslegung der oben genannten Richtlinien erforderlich – sei es im Rahmen einer abstrakten Bestimmung des Anwendungsbereichs aus der Richtlinie selbst heraus oder im Rahmen einer Kontrolle des nationalen Umsetzungsaktes und dessen Anwendung durch inländische Gerichte. (1) Firmenführung als Werbung Welche Handlungen als Werbung im Sinne der Irreführungsrichtlinie anzusehen sind, wird in Art. 2 lit. a definiert: „Werbung“ ist danach „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen [...] zu fördern“. Der Anwendungsbereich der Richtlinie beschränkt sich danach auf Handlungen im geschäftlichen Verkehr. Eine Anwendung auf den Gebrauch eines Handelsnamens scheint insofern möglich. Fraglich erscheint hingegen eine Subsumtion unter den Begriff der Werbung insofern, als dieser nach der deutschen Sprachfassung auf „Äußerungen“ des Gewerbetreibenden bezogen wird. Die Firma wird im Zweifel weniger Gegenstand der Äußerungen des Gewerbetreibenden zur Absatz- bzw. Dienstleistungsförderung sein als vielmehr immanenter Bestandteil des geschäftlichen Auftritts des Gewerbetreibenden. Eine Beschränkung des Tatbestands der Werbung auf „Äußerungen“ des Gewerbetreibenden wird jedoch bei einem Blick auf die ebenso verbindliche 81 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3.7.2004, BGBl. 2004 I Nr. 32, S. 1414, in Kraft getreten am 8.7.2004. 82 BGH, Urteil v. 13.6.2012, GRUR 2012, 1273 f.; BGH, Urteil v. 18.10.2012, NJW 2013, 1373, 1374.

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englische Sprachfassung aufgeweicht: Dort wird als relevante Werbehandlung „the making of a representation in any form“ angegeben. Der Begriff „representation“ ist somit abweichend zur deutschen Sprachfassung nicht zwingend als „Äußerung“ oder „Erklärung“ zu verstehen, sondern kann gerade auch mit weniger sprachbezogenen Formen wie „Angabe“ oder „Präsentation“ übersetzt werden. Die Form der Informationsweitergabe zum Ziel des Warenabsatzes oder der Erbringung von Dienstleistungen erweist sich dem Wortlaut der englischen Sprachfassung zufolge mithin als bedeutungslos, wie letztlich auch der Zusatz „in any form“ unterstreicht. 83 Ein weites Verständnis des Begriffs der Werbung bzw. der Äußerung scheint zudem im Hinblick auf den Telos der Richtlinie geboten. Denn nach der Zwecksetzung der Richtlinie – Schutz der Gewerbetreibenden vor irreführender Werbung – kann es keinen Unterschied machen, ob der Gewerbetreibende die Täuschung durch eine ausdrückliche Äußerungen hervorruft oder ob diese lediglich immanent durch die Verwendung einer irreführenden Geschäftsbezeichnung des Gewerbetreibenden verursacht wird. Bei interessengerechter Auslegung sollte der Tatbestand der Werbung demzufolge auf jede Form der Weitergabe von absatz- bzw. dienstleistungsrelevanten Informationen im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit des Gewerbetreibenden ausgeweitet werden. Weiter wird der Tatbestand der Werbung nach dem Wortlaut des Art. 2 lit. a und b RL 2006/114/EG dahingehend konkretisiert, dass es sich um Angaben handeln muss „mit dem Ziel, den Absatzes von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen [...] zu fördern“ (Intention zur Absatzförderung), 84 und die dazu geeignet sind, den Adressaten zu täuschen und dadurch das wirtschaftliche Verhalten des Adressaten zu beeinflussen oder die Mitbewerber des Werbenden zu schädigen. Der Handelsname bzw. Bestandteile des Handelsnamens müssten mithin als absatz- bzw. dienstleistungsrelevante Informationen anzusehen sein und sich zum anderen abstrakt zur Irreführung eignen. Ersteres erfordert jedenfalls einen wie auch immer gearteten Zusammenhang zwischen dem Marktauftritt des Kaufmanns unter seiner Firma und dem Ziel des Kaufmanns, seine Produkte zu vertreiben. Eine solche Verbindung wird in der Regel gegeben sein. Darüber hinaus ist dem Erfordernis der Absatzförderungsintention aber keine eigenständige Bedeutung beizumessen. So ist dann, wenn eine Handlung im Geschäftsverkehr vorgenommen wird, die dazu geeignet ist, den Adressaten in seiner wirtschaftlichen Entscheidung zu beeinflussen, davon auszugehen, dass diese Handlung von dem Gewerbetreibenden gerade (auch) mit dem Ziel des Warenabsatzes bzw. der Erbringung von Dienstleistungen Zugunsten einer solchen weiten Definition im Ergebnis auch EuGH, Urteil v. 25.10.2001 – C-112/99 (Toshiba), Slg. 2001, I-7945 = GRUR 2002, 354 Rn. 28; Ludwig, Irreführende und vergleichende Werbung in der EG, S. 258; MünchKomm/Micklitz, UWG, Bd. 1, EG D Art. 6 Rn 101: „Die Form der Äußerung ist für die Beurteilung gleichgültig“. 84 Vgl. Henning-Bodewig, GRUR Int 2010, 549, 557. 83

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vorgenommen wird. Dass die Firma grundsätzlich dementsprechende Informationen beinhalten kann, kann aus Art. 3 lit. c RL 2006/114/EG gefolgert werden. Danach sind zur Beurteilung der Frage, ob eine Werbung irreführend ist, alle ihre Bestandteile, insbesondere „die Art, die Eigenschaften und die Rechte des Werbenden, wie seine Identität und sein Vermögen, seine Befähigungen und seine gewerblichen, kommerziellen oder geistigen Eigentumsrechte oder seine Auszeichnungen oder Ehrungen“, zu berücksichtigen. Gegenstand irreführender Werbung können somit gerade auch personenbezogene Informationen sein, wie sie häufig innerhalb des Handelsnamens angegeben werden. Irreführende Firmenangaben können danach in der Regel unter das Merkmal der „Eigenschaften“ des Gewerbetreibenden subsumiert werden. Auf Grundlage der hier vorgenommenen richtlinienautonomen Auslegung ist somit davon auszugehen, dass die Verwendung einer Firma dem Grunde nach eine Form der irreführenden Werbung im Sinne der vorliegenden Richtlinie darstellen kann. 85 Durch die Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung wird folglich in dem Umfang der dort vorgesehenen Mindestharmonisierung ein firmenrechtliches Irreführungsverbot begründet. (2) Firmenführung als Geschäftspraktik Der Begriff der „Geschäftspraktiken von Unternehmern gegenüber Verbrauchern“ im Sinne der Lauterkeitsrichtlinie ist in Art. 2 lit. d legaldefiniert. Eine Geschäftspraktik umfasst danach „jede Handlung, Unterlassung, Verhaltensweise oder Erklärung, kommerzielle Mitteilung einschließlich Werbung und Marketing eines Gewerbetreibenden, die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an Verbraucher zusammenhängt“. Im Ausgangspunkt wurde der Tatbestand der Geschäftspraktik, gerade auch im Vergleich zu dem in der Irreführungsrichtlinie verwendeten Begriff der Werbung, sehr weit 86 gefasst. Nach seiner Definition erfasst dieser jegliches dem Geschäft des Unternehmers zuzurechnendes Verhalten, soweit dieses in unmittelbarem Zusammenhang mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung von Waren oder Dienstleistungen 87 an einen Verbraucher steht. Trotz dieser weiten Begriffsdefinition könnten im Hinblick auf die hier vorliegende Fragestellung – Einbeziehung der Firmenführung unter den Anwendungsbereich der Lauterkeitsrichtlinie – insoweit Bedenken bestehen, als der Tatbestand der Geschäftspraktik einen „unmittelbaren“ Zusammenhang zwischen Firmenführung und Absatzförderung voraussetzt. Die Bedeutung dieser Insofern zumindest missverständlich Schricker, GRUR Int 1990, 112, 113. EuGH, Urteil v. 14.1.2010 – C-304/08 (Plus), Slg. 2010, I-254 = NJW 2010, 1867, 1869; EuGH, Urteil v. 9.11.2010 – C-540/08 (Mediaprint), Slg. 2010, I-10909 = GRUR 2011, 76, 77. 87 Vgl. Art. 2 lit. c RL 2005/29/EG. 85 86

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Beschränkung ergibt sich erst in einer Gesamtschau des Regelungsgehalts und der Zwecksetzung der Lauterkeitsrichtlinie. Eine Auslegungshilfe bietet Erwägungsgrund Nr. 7, welcher den Bezugspunkt der „Unmittelbarkeit“ weiter konkretisiert. Geschäftspraktiken im Sinne der Richtlinie sind danach solche Verhaltensweisen, die in unmittelbarem Zusammenhang „mit der Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung des Verbrauchers in Bezug auf Produkte stehen.“ Nicht erfasst sein sollen dementsprechend solche Geschäftspraktiken, „die vorrangig anderen Zielen dienen, wie etwa bei kommerziellen, für Investoren gedachten Mitteilungen, wie Jahresberichten und Unternehmensprospekten.“ 88 Vor diesem Hintergrund wäre das Tatbestandsmerkmal der „Unmittelbarkeit“ vorrangig auf den Zusammenhang zwischen der Geschäftspraktik und der Beeinflussung der Erwerbsentscheidung des Verbrauchers zu beziehen. Fraglich bleibt hingegen, ob eine solche unmittelbare Beeinflussung auch dann gegeben ist, wenn das Marktverhalten nur mittelbar dem Absatz der Produkte des Unternehmers dient und keinen unmittelbaren Produktbezug aufweist, wie dies der Wortlaut von Art. 2 lit. d RL 2005/114/EG vorzugeben scheint. Die dargestellten Schwierigkeiten, den unbestimmten Rechtsbegriff des „unmittelbaren Zusammenhangs“ richtlinienkonform auszufüllen, hat in der deutschsprachigen Literatur die Überlegung hervorgerufen, solche Tatbestände aus dem Anwendungsbereich der Lauterkeitsrichtlinie auszunehmen, die, wie etwa die sogenannte Aufmerksamkeits- oder Imagewerbung 89, vorrangig dazu dienen, die Bekanntheit und das Ansehen des Unternehmens zu fördern, aber mangels konkreten Produktbezugs nicht in der Lage sind, die Erwerbsentscheidung des Verbrauchers unmittelbar zu beeinflussen. 90 Demzufolge sind nach Ansicht von Helmut Köhler und Tobias Lettl „bewusst falsche Unternehmensbezeichnung[en]“ nicht von der Richtlinie erfasst. 91 Dieses Ergebnis kann nach hier vertretener Ansicht nicht überzeugen. Zunächst ist unabhängig von der grundsätzlichen Zuordnung reiner Aufmerksamkeits- bzw. Imagewerbung unter den Begriff der Geschäftspraktiken festzustellen, dass ein pauschaler Ausschluss von (irreführenden) Unternehmensbezeichnungen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie nicht greifen kann, auch wenn die Firma nicht explizit produktbezogene, sondern vielmehr – wie wohl in aller Regel – unternehmensbezogene Informationen transportiert und die Firmenführung somit zumeist nicht unmittelbar auf den Produktabsatz, sondern vorrangig auf den Marktauftritt im Allgemeinen gerichtet ist. Gerade das von Köhler und Lettl Zu solchen nicht lauterkeitsrechtlich relevanten Zielen vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung eines ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BT-Drucks. 16/10145, S. 21. 89 Zu diesen allgemein Ohly/Sosnitza/Sosnitza, UWG, § 4 UWG Rn. 1/120 ff. 90 Vgl. Henning-Bodewig, GRUR Int 2004, 183, 189; H.Köhler/Lettl, WRP 2003, 1019, 1036; MünchKomm/Micklitz, UWG, Bd. 1, EG D Art. 3 Rn. 14. 91 H.Köhler/Lettl, WRP 2003, 1019, 1036. 88

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genannte Beispiel („Klosterbrauerei“) zeigt, dass eine eindeutige Grenzziehung zwischen rein imagebezogener Werbung ohne Produktbezug und Imagewerbung mit (indirektem) Produktbezug nicht immer möglich ist. So dürfte die Unternehmensbezeichnung „Klosterbrauerei“ aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers nicht nur auf die Vermittlung eines bestimmten Images des Unternehmens gerichtet, sondern würde darüber hinaus auch Assoziationen in Bezug auf die Produkte des Unternehmens hervorrufen, wie etwa hinsichtlich der Art und Weise der Herstellung und der Rezeptur oder der Inhaltsstoffe des Produkts. Aber auch ganz allgemein schafft die Bezugnahme auf Umstände des Unternehmens oder Eigenschaften des Unternehmensträgers innerhalb der Firma bei dem Gegenüber des Kaufmanns nicht selten zugleich produktbezogene Vorstellungen, weil mit den „personenbezogenen“ Informationen der Firma in aller Regel nicht zuletzt qualitative Eigenschaften der Ware oder der Dienstleistung verbunden werden. Daneben ist aber bereits im Grundsatz fraglich, ob ein unmittelbarer Absatzoder Produktbezug des betreffenden Marktverhaltens erforderlich ist, um eine (unlautere) Geschäftspraktik im Sinne der Lauterkeitsrichtlinie darzustellen. Dass dies gerade nicht der Fall ist, zeigt eine Gesamtschau der Zwecksetzung und Systematik der Richtlinie. Das Verbot unlauterer Geschäftspraktiken bezweckt den Schutz der wirtschaftlichen Interessen des Verbrauchers. Die Systematik des europäischen Wirtschaftsrechts beruht in vielerlei Hinsicht auf dem Erfordernis, zwischen den Interessen des inländischen nationalen Rechtsverkehrs und der grundlegenden Zwecksetzung der Europäischen Union – Schaffung eines möglichst grenzenlosen Binnenmarktes – einen angemessenen Ausgleich zu schaffen. Dieser Ausgleich erfolgt nicht selten mit Hilfe der Weitergabe von Informationen. Wesentlicher Bestandteil des Konzepts des Unionsgesetzgebers zum Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher ist es danach, eine autonome und informierte Entscheidung der Verbraucher zu gewährleisten. Dem dient auch das europäische Lauterkeitsrecht, indem unangemessene Beeinflussungen der Erwerbsentscheidung von Verbrauchern unterbunden werden sollen. 92 Nach dieser Zwecksetzung muss der Anwendungsbereich der Richtlinie grundsätzlich weit gefasst werden, um möglichst alle Formen unternehmerischen Marktverhaltens zu erfassen, durch das dem Verbraucher für seine Erwerbsentscheidung relevante Information vermittelt wird. Hinsichtlich der Frage, welchem Verhalten bzw. welchen Informationen regelmäßig eine entsprechende Entscheidungserheblichkeit beigemessen wird, kann auf den in Art. 6 RL 2005/29/EG genannten Katalog zurückgegriffen werden. Von Bedeutung für die hier vorliegende Frage erscheinen insbesondere Art. 6 Abs. 1 lit. c („Aussagen [...] im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring“), lit. d („kommerzielle Mitteilung“) und lit. f (Angaben über „die Erwägungsgrund Nr. 14 der RL 2005/29/EG. Vgl. auch Fezer, WRP 2007, 1021 ff.; MünchKomm/Micklitz, UWG, Bd. 1, EG D Art. 5 Rn. 35 ff. 92

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Person, die Eigenschaften oder die Rechte des Gewerbetreibenden“). Danach stellt die Lauterkeitsrichtlinie selbst offensichtlich nicht nur auf unmittelbar absatz- und/oder produktbezogene Angaben ab. So dient gerade das „Sponsoring“ neben etwaigen ideellen Motiven vordergründig der Förderung eines positiven Images des Unternehmens. Es soll Aufmerksamkeit auf das Unternehmen und dessen Produkte lenken und stellt somit eine Form der mittelbaren Absatzförderung dar. 93 Daneben belegt die Aufzählung potentiell relevanter Angaben in Art. 6 Abs. 1 lit. f, dass auch Angaben über die Person und Eigenschaften des Werbenden die erforderliche Täuschungs- und Entscheidungsrelevanz zugesprochen wird. Aus den dargestellten Gründen spricht eine an der Zwecksetzung und Systematik orientierte Auslegung der Richtlinie dafür, dass für das Vorliegen einer Geschäftspraktik im Sinne von Art. 2 lit. d RL 2005/29/EG erforderlich aber auch ausreichend ist, wenn das betreffende Verhalten nach objektiven Maßstäben unmittelbar auf die Beeinflussung der Erwerbsentscheidung des Verbrauchers ausgelegt ist. 94 Das (unlautere) Verhalten muss hingegen nicht unmittelbar auf den Produktabsatz gerichtet sein. 95 Im Ergebnis ergibt sich daraus folgender Befund: Geschäftspraktik im Sinne der Unlauterkeitsrichtlinie ist jedes Marktverhalten, das einen unmittelbaren oder mittelbaren Bezug zur Absatzförderung der Produkte des Unternehmens aufweist, soweit dieses Verhalten darauf gerichtet ist, die produktbezogene Entscheidung des Verbrauchers zu beeinflussen. Oder anders gewendet: Erfasst ist jedes Verhalten, welches die „Absatz- oder Nachfrageinteressen eines Unternehmens objektiv fördert oder mit einer zumindest potentiell marktrelevanten Vertragsdurchführung zusammenhängt.“ 96 Nach diesem Begriffsverständnis fällt die Firmenführung grundsätzlich unter den Anwendungsbereich der Richtlinie, wenn diese im konkreten Fall darauf gerichtet ist, den Verbraucher in seiner Entscheidung, „ob, wie und unter Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Keller, UWG, § 2 UWG Rn. 71; Köhler/Bornkamm/H.Köhler, UWG, § 2 UWG Rn. 50. 94 In diesem Sinne auch OLG Karlsruhe, Urteil v. 9.7.2009, GRUR-RR 2010, 47, 48; Köhler/Bornkamm/H.Köhler, UWG, § 2 UWG Rn. 45, 48; Erdmann, in: Gloy/Loschelder/Erdmann (Hrsg.), Hb. Wettbewerbsrecht, § 31 Rn. 55 ff.; vgl. auch Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung eines ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BT-Drucks. 16/10145, S. 21. 95 So auch Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Keller, UWG, § 2 UWG Rn. 62, 71; Köhler/Bornkamm/H.Köhler, UWG, § 2 UWG Rn. 47, 50. 96 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Keller, UWG, § 2 UWG Rn. 27. Diese Umschreibung ist zwar unmittelbar auf den Begriff der „geschäftlichen Handlung“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG bezogen, wird aber auch auf den Begriff der „Geschäftspraxis“ im Sinne von Art. 2 lit. d RL 2005/29/EG übertragen, wie sich aus dem Hinweis auf das Erfordernis der richtlinienkonformen Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG (a.a.O. Rn. 13) ergibt. 93

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welchen Bedingungen“ 97 er das Produkt des Firmeninhabers erwerben möchte, zu beeinflussen. Die oben angesprochene Entscheidung des BGH entspricht damit einer richtlinienkonformen Anwendung des Art. 5 UWG. Es ist davon auszugehen, dass die genannten Merkmale bei einer irreführenden Firma in der Regel vorliegen, da der Kaufmann kaum unrichtige oder irreführende Angaben in seine Firma aufnehmen wird, wenn diese nicht darauf ausgerichtet sind, die geschäftlichen Entscheidungen der Rechtsverkehrs (zu seinen Gunsten) zu beeinflussen. Im Hinblick auf den Schutzzweck der Lauterkeitsrichtlinie sollte im Zweifel also nicht bereits der Tatbestand der Geschäftspraktik verneint werden, sondern erst im Rahmen des Irreführungstatbestands darauf abgestellt werden, ob die Firma im konkreten Einzelfall dazu geeignet ist, die Erwerbsentscheidungen und mithin die Vermögensinteressen der Verbraucher zu beeinträchtigen. cc) Registereintragung als Werbung bzw. Geschäftspraktik? Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, dass das in den Richtlinien 2005/29/EG und 2006/114/EG verankerte Irreführungsverbot grundsätzlich auch die Firmenführung erfasst. Offengelassen wurde indes bisher, ob der Anwendungsbereich der genannten Richtlinien auch soweit reicht, dass das unionsrechtliche Irreführungsverbot bereits im Rahmen der Registereintragung zur Anwendung gelangt und so einen einheitlichen (Mindest-)Prüfungsstandard bei Eintragung der Firma in ein öffentliches Register vorgibt. Eine Subsumtion der Registereintragung unter die Tatbestandsmerkmale der Werbung bzw. Geschäftspraktik scheint nach der gebotenen weiten Auslegung beider Begriffe nicht von vorneherein ausgeschlossen. Insbesondere handelt es sich hierbei nicht um einen rein internen Vorgang; vielmehr weist die Registereintragung als Publizitätsakt einen, wenn auch nur mittelbaren, Marktbezug auf. Auch der erforderliche Absatzbezug könnte ähnlich der Imagewerbung bereits in der Namensgebung selbst angelegt sein. Ob diese Wertung auch im Einklang mit der Systematik und Zwecksetzung der betreffenden Sekundärrechtsakte steht, scheint hingegen fraglich. (1) Erforderlichkeit eines umfassenden Irreführungsverbots aus Gründen der richtlinienübergreifenden Gesamtsystematik? Für eine Einbeziehung der Registereintragung der Firma in den Anwendungsbereich des europäischen Lauterkeitsrechts könnte insbesondere eine gesamtsystematische Auslegung der oben dargestellten lauterkeits- und gesellschaftsrechtlichen Richtlinien sprechen. Ausgangspunkt sind insofern die Erste und die Elfte gesellschaftsrechtliche Richtlinie, welche für die dort aufgeführten

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Art. 2 lit. k RL 2005/29/EG.

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Gesellschaftsformen eine Eintragungspflicht sowohl der Firma der Gesellschaft als auch derjenigen der ausländischen Zweigniederlassung vorsehen. 98 Daneben unterliegt der Kaufmann auf Grundlage verschiedener europäischer Rechtsakte in weiten Bereichen des Geschäftsverkehrs einer Pflicht zur Angabe seiner Firma. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, ist darin wiederum gem. Art. 7 Abs. 1, Abs. 4 lit. b (i.V.m. Anhang II) RL 2005/29/EG eine irreführende Geschäftspraktik in Form der irreführenden Unterlassung zu sehen. Neben diesen formalen Aspekten ergeben sich inhaltliche Anforderungen an die Firmenführung wiederum aus den vorliegend zu untersuchenden lauterkeitsrechtlichen Richtlinien. Das darin vorgesehene Irreführungsverbot beinhaltet zum einen ein Verbot zur Verwendung irreführender Angaben innerhalb einer Firma. Daneben begründet es aber auch ein grundlegendes Gebot, auf dem Markt unter der „richtigen“ Firma aufzutreten: Das Verbot der Irreführung erstreckt sich nach beiden Richtlinien ausdrücklich auf die Identität des Gewerbetreibenden, Art. 6 Abs. 1 lit. f RL 2005/29/EG bzw. Art. 3 lit. c RL 2006/114/EG. Die Identifizierung des Kaufmanns erfolgt wiederum vorrangig über seinen Handelsnamen. Unter der Annahme, dass es sich bei der Identität des Gewerbetreibenden regelmäßig um eine solche wettbewerbsrelevante Angabe handelt, welche dazu geeignet ist, die wirtschaftlichen Entscheidungen von Verbrauchern oder Gewerbetreibenden zu beeinflussen, würde ein Auftreten unter einer anderen als der rechtmäßig erworbenen, im Handelsregister eingetragenen Firma mithin regelmäßig 99 den Tatbestand der Irreführung erfüllen. Aus einer Verknüpfung des lauterkeits- und gesellschaftsrechtlichen Sekundärrechts ergibt sich daraus folgender Zwischenbefund: Eine Kapitalgesellschaft muss ihre Firma in ein öffentliches Register eintragen lassen. Ist die Gesellschaft zur Angabe ihrer Firma ausdrücklich verpflichtet oder tritt sie außerhalb einer solchen expliziten Pflicht unter ihrer Firma im Rechtsverkehr auf, hat sie nach dem europäischen Lauterkeitsrecht ihre Firma grundsätzlich so führen, wie sie im Handelsregister eingetragen ist. Darüber hinaus darf die Firma in der dargestellten Konstellation auch inhaltlich nicht dazu geeignet sein, den Rechtsverkehr irrezuführen und dadurch in seiner wirtschaftlichen Entscheidung zu beeinflussen. Insofern würde sich für die vorliegende Frage der Einbeziehung der Registereintragung unter den Anwendungsbereich der betreffenden Richtlinien wiederum folgende Wertung ergeben: Muss die geführte Firma der im Register eingetragenen Firma entsprechen und darf diese zugleich inhaltlich nicht irreführend sein, hat die Firma an sich, also auch die in das Register eingetragene Firma, den Vorgaben des Irreführungsverbots zu entsprechen. Andernfalls Vgl. oben S. 18 ff., 20 f. So ist etwa in der Werbung im engeren Sinne in der Regel eine nur schlagwortartige Verwendung der Firma zulässig, siehe oben S. 13 mit Fn. 33. 98 99

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käme es zu dem widersprüchlichen Ergebnis, dass die betreffende Gesellschaft nach Maßgabe des Irreführungsverbots zwar grundsätzlich dazu verpflichtet wäre, im Geschäftsverkehr ihre im Register eingetragene Firma zu führen, diese Firma aber aufgrund ihrer inhaltlichen Täuschungsgefahr tatsächlich nicht führen dürfte. Die dargestellte gesamtsystematische Argumentation scheint mithin eine Auslegung der Lauterkeitsrichtlinie sowie der Irreführungsrichtlinie zu stützen, nach der bereits im Rahmen des Eintragungsverfahrens die Zulässigkeit der Firma am Maßstab des lauterkeitsrechtlichen Irreführungsverbots zu messen wäre. Fraglich bleibt jedoch, ob diese Auslegung auch dem Willen des Unionsgesetzgebers entspricht und somit unionsrechtlich geboten ist. Sollte dies nicht der Fall sein, bliebe es der einzelstaatlichen Wertung und dem nationalen Gesetzgeber überlassen, die entsprechende „Lücke“ durch eigene Rechtsetzung in konsequenter und systemkonformer Weise zu schließen. (2) Nachrangiger Absatzbezug der Registereintragung bzw. Überlagerung durch Firmenführung Auch wenn eine Einbeziehung des Eintragungsverfahrens sachgerecht erscheint, spricht eine auf die interne Systematik der Richtlinien 2005/29/EG und 2006/114/EG beschränkte Auslegung letztlich gegen einen entsprechenden Willen des Unionsgesetzgebers. Geht man zunächst davon aus, dass die Registereintragung grundsätzlich unter die Begriffe der Werbung bzw. der Geschäftspraktik subsumiert werden könnten, ist weiter zu prüfen, welche Voraussetzungen die Registereintragung der Firma im Einzelfall erfüllen muss, um unter den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Wettbewerbsrechts zu fallen. Damit überhaupt ein, wenn auch nur mittelbarer Zusammenhang zwischen Registereintragung und Produktabsatz angenommen werden kann, setzt dies voraus, dass die (angestrebte) Geschäftstätigkeit der Gesellschaft jedenfalls auch den Absatz von Waren umfasst. Danach wäre etwa die Registereintragung einer Holding mangels entsprechenden Gesellschaftszwecks aus dem Anwendungsbereich der beiden Richtlinien auszunehmen. Ein mittelbarer Absatzbezug der Firma wäre also nur dann eindeutig gegeben, wenn die Gesellschaft bereits zum Zeitpunkt der Eintragung in entsprechender Weise auf dem Markt tätig ist. 100 In allen anderen Fällen bedürfte es zur Beurteilung des potentiellen Absatzbezugs einer Prognoseentscheidung. Prognoseentscheidungen bergen aber naturgemäß die Gefahr der Fehleinschätzung. Zudem läge die Schwierigkeit einer solchen Prognoseentscheidung hier im Hinblick auf die Diese Konstellation kann im deutschen Recht folglich nur bei der Eintragung von Personenhandelsgesellschaften gegeben sein, nicht jedoch bei Kapitalgesellschaften, welche erst mit Eintragung in das Handelsregister als solche entstehen; hier kommt die Publizitätsrichtlinie aber gerade nicht zur Anwendung. Die oben genannte Konstellation käme aber wohl für den Fall der Firmeneintragung im Rahmen einer Umwandlung in Betracht. 100

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uneinheitliche Harmonisierungskonzeption des europäischen Lauterkeitsrechts nicht nur in Bezug auf das „Ob“ des beabsichtigten Produktabsatzes, sondern auch hinsichtlich der Frage, wer die potentiell angesprochenen Verkehrsteilnehmer sind, d.h. ob ein Absatz nur im Verhältnis b2b oder auch im Verhältnis b2c erfolgen soll. Auch wenn diese „Schwachstelle“ nicht zwingend dazu führen muss, die dementsprechende Auslegung zu verwerfen, so offenbart die Erforderlichkeit der dargestellten „Hilfskonstruktion“ in Form der Prognoseentscheidung aber den eigentlichen systematischen Fehler der aufgezeigten Auslegungsvariante: Eine Prognoseentscheidung wäre im Einzelfall deshalb erforderlich, um den nach beiden Richtlinien vorausgesetzten Bezug zwischen wettbewerbsrelevanter Handlung und Produktabsatz herzustellen. Der vorrangige Zweck des sekundärrechtlichen Irreführungsverbots liegt darin, (potentielle) Abnehmer in ihrer Erwerbsentscheidung vor unlauterer Beeinflussung zu schützen. Eine wettbewerbsrelevante Gefährdung dieser Interessen ist nach beiden Richtlinien nur dann gegeben, wenn der Gewerbetreibende seine Produkte anbietet und so ein Produkterwerb überhaupt möglich ist. Sobald der Gewerbetreibende auf dem Markt die erforderliche absatzrelevante Tätigkeit entfaltet, geht die eigentliche Gefährdung einer irreführenden Firma indes nicht (mehr) von deren Registereintragung aus, sondern unmittelbar von dem Marktauftritt des Kaufmanns unter Verwendung der irreführenden Firma. Die Firmenführung überlagert sozusagen die aus der Registereintragung hervorgehende potentielle Gefährdung des Rechtsverkehrs. Insofern dürfte die bloße Eintragung der Firma in ein öffentliches Register kein wettbewerbsrelevantes Verhalten darstellen, welches nach der Zwecksetzung der Lauterkeits- und der Irreführungsrichtlinie von dem Regelungsgehalt des europäischen Wettbewerbsrechts erfasst werden sollte; ein solches wird erst durch die Firmenführung begründet. Demzufolge stellt die Registereintragung keine „Geschäftspraktik“ bzw. „Werbung“ dar, auf die sich das wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot des europäischen Richtlinienrechts erstreckt. (3) Zwischenergebnis: Registereintragung kein richtlinienrelevanter Tatbestand Als Zwischenergebnis ist mithin festzuhalten: Die Eintragung der Firma in ein öffentliches Register fällt, trotz der Zweckmäßigkeit einer entsprechenden Kontrolle anhand des Irreführungsverbots, nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinien 2005/29/EG und 2006/114/EG. Vielmehr kann erst der Marktauftritt des Unternehmers, also die Firmenführung, unter den Tatbestand der Geschäftspraktik bzw. Werbung subsumiert werden. Der Zusammenhang zwischen Firmenführung und Registereintragung hat jedoch mittelbar Auswirkungen auf die Eintragung der Firma in ein öffentliches Register, insofern als es auf Grundlage autonomer Wertungen des nationalen Rechts geboten erscheint, zur Vermeidung von Widersprüchen sowie aus Gründen der Zweckmäßigkeit

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und der Rechtssicherheit auch bei Eintragung der Firma eine entsprechende Prüfung vorzunehmen und eine Eintragung (potentiell) irreführender Firmen zu verhindern. Eine unmittelbare Geltung des Unionsrechts kommt insofern nur im Hinblick auf etwaige Vorgaben bzw. Schranken des Primärrechts, insbesondere der Grundfreiheiten, in Betracht. 101 In diesem Zusammenhang könnte den grundlegenden Wertungen des lauterkeitsrechtlichen Sekundärrechts Bedeutung für die Auslegung und Konkretisierung des Schutzgehalts der Grundfreiheiten zukommen. 102 Diese Feststellung entspricht offenbar auch der in Deutschland herrschenden Rechtslage: Zum einen besteht heute 103 im Ergebnis ein weitgehender Gleichlauf zwischen dem Irreführungsverbot des UWG und dem firmenrechtlichen Irreführungsverbot gemäß § 18 Abs. 2 HGB. 104 Dies ist nicht zuletzt Folge einer – gezielten 105 – Annäherung des firmenrechtlichen Irreführungsverbots an europäische Maßstäbe. 106 Allerdings lassen sich – zu Recht – weder von Seiten des Gesetzgebers noch von Seiten der Rechtsprechung oder Literatur 107 eindeutige Hinweise darauf entnehmen, dass ein solcher Gleichlauf aufgrund richtlinienkonformer Auslegung geboten sei oder die Kontrolle der Firma am Maßstab des Irreführungsverbots bei Eintragung in das Handelsregister in irgendeiner Art und Weise unionsrechtlich oder zumindest wettbewerbsrechtlich begründet sei. 108 101 Dahingehend auch die Darstellung bei Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Reuschle, HGB, Bd. 1, § 18 HGB Rn. 39 unter der Überschrift „Europarechtliche Einflüsse im Firmenrecht“; ebenso Clausnitzer, DNotZ 2010, 345, 362 f. 102 Dazu unten S. 249 ff. 103 Anders noch zwischen Art. 18 Abs. 2 HGB und § 3 UWG a.F. (UWG 1996), vgl. BTDrucks. 13/8444 S. 53. 104 Vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Reuschle, HGB, Bd. 1, § 18 HGB Rn. 38; Kopp, Irreführung durch Personenmarken und Personenfirmen, S. 127 ff.; Oetker/Schlingloff, HGB, § 18 HGB Rn. 16; siehe auch Hopt, der sich für die Möglichkeit eines Rückgriffs auf die Rechtsprechung des jeweils anderen Bereichs ausspricht, Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 18 HGB Rn. 11. Kritisch gegenüber einer Verankerung eines „allgemeinen Irreführungsverbots“ im handelsrechtlichen Registerverfahren Fezer, ZHR 161 (1997) 52, 61 f.; jedoch dürfte das heutige Irreführungsverbot des § 18 Abs. 2 HGB den Wertungen Fezers genügen. 105 So Koller/Kindler/Roth/Morck/W.-H.Roth, HGB, § 18 HGB Rn. 9. 106 Vgl. Koller/Kindler/Roth/Morck/W.-H.Roth, HGB, § 18 HGB Rn. 9; vgl. auch Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 18 HGB Rn. 12. 107 In eine solche Richtung weisen möglicherweise die Darstellungen bei Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 18 HGB Rn. 12, sowie bei MünchKomm/Heidinger, HGB, Bd. 1, § 18 HGB Rn. 40 („Welche Anforderungen an den Wahrheitsgehalt einer Firma zu stellen sind, ist zurzeit besonders im Hinblick auf das Europarecht schwierig zu beantworten“ [Hervorhebung im Original]). 108 In der Begründung des Gesetzentwurfs des HRefG wird zwar eine Verbindung zwischen den Vorschriften des UWG und § 18 Abs. 2 HGB hergestellt. Die dort vorgenommene Verknüpfung beschränkt sich auf den Hinweis, dass eine nur „nachträgliche Kontrolle mit Mitteln des Wettbewerbsrechts“ nicht ausreichend sei und inhaltlich eine „Anlehnung an die

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dd) Prüfungsmaßstab und Voraussetzungen des unionsrechtlichen Irreführungstatbestands im Firmenrecht Die Voraussetzungen und Maßstäbe der in der Lauterkeitsrichtlinie und der Irreführungsrichtlinie verankerten unionsrechtlichen Irreführungstatbestände sind wiederum durch autonome Auslegung zu bestimmen. Abzustellen ist auf die einschlägige Rechtsprechung des EuGH. Dieser hatte, soweit ersichtlich, bisher nur über die Anwendung des Irreführungsverbots im Verhältnis b2c zu entscheiden. Es ist indes nach hier vertretener Ansicht davon auszugehen, dass dem Irreführungsverbot beider Richtlinien eine einheitliche Grundkonzeption zugrunde liegt. Soweit die Rechtsprechung des EuGH nicht im Speziellen auf die Besonderheiten des Verhältnisses b2c zugeschnitten ist, sind dessen Wertungen deshalb auf das Irreführungsverbot im Verhältnis b2b zu übertragen. Es soll an dieser Stelle nochmals verdeutlicht werden, dass die Mitgliedstaaten nur im Anwendungsbereich der Irreführungsrichtlinie dazu befugt sind, bei der Umsetzung über den dort verankerten Schutzstandard hinauszugehen. Ziel des folgenden Abschnitts ist es, die wesentlichen Merkmale und grundlegenden Wertungen des Tatbestands der Irreführung durch die Verwendung täuschender bzw. täuschungsgeeigneter Firmen herauszuarbeiten. Eine umfassende Darstellung und Analyse des unionsrechtlichen Irreführungsbegriffs – wenn man mit der hier vertretenen Ansicht von einem einheitlichen Konzept des europäischen Gesetzgebers ausgeht – kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht geleistet werden und wäre auch nicht zweckdienlich. Die folgende Darstellung erhebt folglich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. 109 (1) Täuschung bzw. Täuschungseignung Nach dem eindeutigen Wortlaut beider Richtlinien setzt eine irreführende Werbung bzw. Geschäftspraktik voraus, dass diese zur Täuschung des angesprochenen Personenkreises geeignet ist, Art. 6 Abs. 1 Fall 2 RL 2005/29/EG bzw. Art. 2 lit. b RL 2006/114/EG. Erforderlich und ausreichend für die Annahme einer irreführenden Firma ist demzufolge, dass diese Angaben enthält, durch welche eine Täuschung hervorgerufen werden könnte, nicht jedoch, dass eine Täuschung auch tatsächlich eingetreten ist. 110 modernere Formulierung“ des lauterkeitsrechtlichen Irreführungsverbots vorgenommen wurde, BT-Drucks. 13/8444 S. 52. 109 Eine umfassende Darstellung des sekundärrechtlichen Lauterkeitsrechts im Allgemeinen und des Irreführungstatbestands im Einzelnen findet sich etwa bei MünchKomm/Micklitz, UWG, Bd. 1, 1. Auflage 2006, EG D–EG F (zu einem einheitlichen Irreführungskonzept insbesondere EG F Rn. 26 ff.); Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Glöckner, UWG, Einl. B II.; Ohly/Sosnitza/Ohly, UWG, Einführung C Rn. 1 ff., 26 ff.; H.Köhler/Lettl, WRP 2003, 1019. 110 Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH. Die in der Nissan-Entscheidung (EuGH, Urteil v. 16.1.1992 – C-373/90, Slg. 1992, I-131 = GRUR Int 1993, 951) gewählte

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(2) Entscheidungserheblichkeit der Irreführung Eine wettbewerbsrelevante Irreführung ist nur dann gegeben, wenn die Werbung bzw. Geschäftspraktik geeignet ist, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers (Art. 6 Abs. 1 a.E. i.V.m. Art. 2 lit. e RL 2005/29/EG) bzw. des Gewerbetreibenden (Art. 2 lit. b RL 2006/114/EG) wesentlich zu beeinflussen. Von einer solchen (wesentlichen) Beeinflussung ist dann auszugehen, wenn die jeweilige Person aufgrund der täuschenden Firma „in jedem Fall tatsächlich oder voraussichtlich“ 111 zu einer Entscheidung veranlasst wird, die sie ansonsten nicht getroffen hätte. Nach der wohl überwiegenden Meinung in der deutschsprachigen Literatur soll bereits ausreichen, wenn die angesprochene Person durch die betreffende Handlung überhaupt erst ihre Aufmerksamkeit auf den Gewerbetreibenden und dessen Produkte richtet und sich mit diesen auseinandersetzt (sogenannter Anlockeffekt). 112 Eine andere Ansicht legt die Rechtsprechung des EuGH 113 dahingehend aus, dass ein solches Verhalten dann kein unlauteres Wettbewerbsverhalten begründet, wenn vor Vertragsschluss eine Klarstellung erfolgt. 114 Der Richtlinienwortlaut scheint letztlich auch in Bezug auf diese Frage für eine weite Auslegung und somit für eine Einbeziehung des Anlockeffekts zu sprechen. Darauf deutet auch der Hinweis in Erwägungsgrund Nr. 4 der Irreführungsrichtlinie hin, nach welchem Werbung wirtschaftliche Interessen des Rechtsverkehrs grundsätzlich unabhängig davon berührt, „ob sie zum Abschluss eines Vertrags führt“. Die erstgenannte Ansicht scheint somit vorzugswürdig. (3) Keine Irreführungsabsicht Von wesentlicher Bedeutung für die Frage des Schutzumfangs beider Richtlinien ist, inwiefern der Tatbestand der Irreführung ein subjektives Element im Sinne einer Täuschungsabsicht voraussetzt. Auch insofern scheint der Wortlaut Formulierung („so könnte diese Werbung nur dann als irreführend eingestuft werden, wenn nachgewiesen wäre, daß eine erhebliche Zahl von Verbrauchern, an die sich die streitige Werbung richtet, ihre Kaufentscheidung getroffen hat, ohne zu wissen, daß [...]“.) ist insofern zwar unglücklich, darf jedoch im Hinblick auf den eindeutigen Richtlinienwortlaut nicht überbewertet werden, so auch im Ergebnis H.Köhler/Lettl, WRP 2003, 1019, 1040 f.; Köhler/Bornkamm/Bornkamm, UWG, § 5 UWG Rn. 1.20 f. Nicht gefolgt werden kann deshalb insoweit der Darstellung von Micklitz, nach dessen Ansicht der „Gemeinschaftsverträglichkeit eines abstrakten Gefährdungstatbestands“ durch die Rechtsprechung des EuGH eine „Absage“ erteilt wurde, MünchKomm/Micklitz, UWG, Bd. 1, EG D Art. 6 Rn. 24 ff., 26. 111 Art. 6 Abs. 1 RL 2005/29/EG. 112 Köhler/Bornkamm/Bornkamm, UWG, § 5 UWG Rn. 2.192 f.; H.Köhler/Lettl, WRP 2003, 1019, 1041 f.; Ohly/Sosnitza/Sosnitza, UWG, § 5 UWG Rn. 212. 113 EuGH, Urteil v. 16.1.1992 – C-373/90 (Nissan), Slg. 1992, I-131 = GRUR Int 1993, 951, vgl. dazu bereits oben Fn. 110. 114 So etwa Apostolopoulos, GRUR Int 2005, 292, 294, 297; MünchKomm/Micklitz, UWG, Bd. 1, EG D Art. 6 Rn. 37.

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der Richtlinien eindeutig. Zwar lassen sich vereinzelt Hinweise auf eine subjektive Komponente des Irreführungstatbestands finden. So ist der Lauterkeitsrichtlinie in Erwägungsgrund Nr. 7 zu entnehmen, dass die Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung des Verbrauchers mittelbares Ziel der Handlung sein muss, damit das Verhalten des Gewerbetreibenden als „Geschäftspraktik“ zu werten ist. Dies entspricht auch der Formulierung in Art. 2 lit. e RL 2005/29/EG („um [...] zu beeinträchtigen“). Eine ähnliche Tendenz findet sich im Rahmen der Irreführungsrichtlinie, insoweit als dort der Begriff der „Werbung“ als Äußerungen „mit dem Ziel“ der Absatzförderung definiert wird, Art. 2 lit. a RL 2006/114/EG. Bezugspunkt der jeweiligen Zielsetzung der dargestellten Formulierungen ist jedoch nicht das Hervorrufen einer Täuschung des Empfängers, sondern die Absatzförderung bzw. die Beeinflussung des Kunden. 115 Dass darüber hinaus eine Täuschungsabsicht des Unternehmers vorausgesetzt würde, ist den Richtlinien nicht zu entnehmen. Eine Beschränkung des Tatbestands des Irreführungsverbots nach subjektiven Absichten des Gewerbetreibenden stünde letztlich auch nur bedingt in Einklang mit der Zwecksetzung beider Richtlinien. Diese sind darauf gerichtet, durch einen möglichst umfassenden Schutz vor unlauterer Beeinflussung eine informierte und deshalb effektive Erwerbsentscheidung 116 von Verbrauchern und Gewerbetreibenden zu gewährleisten. Der Frage, ob die Irreführung beabsichtigt war, nur in Kauf genommen wurde oder die Möglichkeit der Irreführung vielleicht gar nicht bedacht wurde, kann deshalb keine Bedeutung zukommen, soweit das Verhalten faktisch zur Täuschung geeignet ist. Erforderlich und ausreichend ist im Ergebnis, dass das betreffende Verhalten bei bloßer „objektiver Betrachtung darauf gerichtet ist, durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer den Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen des eigenen oder eines fremden Unternehmens zu fördern.“ 117 Auf die subjektiven Vorstellungen des Gewerbetreibenden kommt es hingegen regelmäßig nicht an. 118

Daraus könnte möglicherweise das Erfordernis einer „Wettbewerbsabsicht“ gezogen werden, wie sie das frühere deutsche Wettbewerbsrecht vorsah (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG a.F.), vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Keller, UWG, § 2 UWG Rn. 60. 116 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 14 der RL 2005/29/EG. 117 BGH, Urteil v. 10.1.2013, NJW. 2013, 2756; siehe auch OLG Karlsruhe, Urteil v. 9.7.2009, GRUR-RR 2010, 47, 48; siehe auch Köhler/Bornkamm/H.Köhler, UWG, § 2 UWG Rn. 48. 118 OLG Hamm, Urteil v. 7.8.2008, MMR 2008, 750, 751; Köhler/Bornkamm/H.Köhler, UWG, § 2 UWG Rn. 48; Erdmann, in: Gloy/Loschelder/Erdmann (Hrsg.), Hb. Wettbewerbsrecht, § 31 Rn. 48 f. m.w.N. 115

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(4) Maßgeblicher Empfängerhorizont Hinsichtlich des Empfängerhorizonts, aus dessen Blickwinkel die Täuschungseignung der Firma zu beurteilen ist, ist zwischen beiden Richtlinien zu unterscheiden, da auf den jeweils angesprochenen Verkehrskreis abzustellen ist. Die Bestimmung des maßgeblichen Empfängerhorizonts hat formal danach zu erfolgen, die Irreführung welchen Verkehrskreises – Verbraucher oder Gewerbetreibende – im Einzelfall geltend gemacht wird. Soweit die Irreführung von Verbrauchern geltend gemacht wird, ist ausweislich des Erwägungsgrundes Nr. 18 der Lauterkeitsrichtlinie auf das europäische Leitbild 119 des angemessen gut unterrichteten, aufmerksamen und kritischen Verbrauchers abzustellen. Im Einzelfall sind jedoch etwaige kulturelle, soziale und sprachliche 120 Besonderheiten der angesprochenen Verbrauchergruppe zu berücksichtigen, ebenso wie Eigenschaften besonders schutzwürdiger (Unter-)Zielgruppen, wie etwa von Kindern, welche diese Gruppe besonders anfällig gegenüber einer unlauteren Beeinflussung machen. 121 Das der Irreführungsrichtlinie zugrunde liegende Unternehmerleitbild wird demgegenüber nicht durch die Richtlinie selbst konkretisiert. Auch kann diesbezüglich nicht auf einschlägige Rechtsprechung des EuGH zurückgegriffen werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass hinsichtlich der grundlegenden Merkmale des Referenzunternehmers keine geringeren Anforderungen zu stellen sind als an den Durchschnittsverbraucher. Parallel zum europäischen Verbraucherleitbild sollte deshalb auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und kritischen Unternehmer abgestellt werden. 122 Ob auch hier auf sprachliche, soziale oder kulturelle Besonderheiten des angesprochenen Unternehmerkreises Rücksicht genommen werden kann, erscheint hingegen fraglich, da von demjenigen, der sich als Unternehmer auf dem (europäischen) Markt betätigt, im Gegensatz zum Verbraucher grundsätzlich verlangt werden kann, sich den Gepflogenheiten und Anforderungen des Marktes anzupassen. Ebenso wenig sachgerecht erscheint es, bestimmte Unternehmergruppen (z.B. Kleingewerbetreibende) als besonders schutzwürdig anzusehen und insofern den Beurteilungsmaßstab des Empfängerhorizonts zu verändern. 123

Zu dessen Entwicklung Lubberger, in: Gloy/Loschelder/Erdmann (Hrsg.), Hb. Wettbewerbsrecht, § 40 Rn. 6 ff. 120 Zur Bedeutung der Sprache im grenzüberschreitenden Sachverhalt mit firmenrechtlichem Bezug unten 43. 121 Vgl. Erwägungsgründe Nr. 18 und 19 der RL 2005/29/EG. 122 MünchKomm/Micklitz, UWG, Bd. 1, EG D Art. 6 Rn. 120. 123 Vgl. MünchKomm/Micklitz, UWG, Bd. 1, EG D Art. 6 Rn. 120 ff. 119

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(5) Normativer Bewertungsmaßstab Ob die oben genannten Voraussetzungen aus Sicht des angesprochenen Verkehrskreises erfüllt sind, ist grundsätzlich normativ zu beurteilen. 124 Dies entspricht auch der Feststellung des EuGH auf die Vorlagefrage des BVerwG zur Irreführungseignung einer Handlung nach der Verordnung (EWG) Nr. 1907/90 125, wonach das „nationale Gericht [...] darauf abzustellen [habe], wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher diese Angabe wahrscheinlich auffassen wird.“ 126 Daneben weist Gunda Dreyer 127 zutreffend darauf hin, dass das Verkehrsverständnis bereits deshalb nicht empirisch sondern normativ ermittelt werden müsse, weil es den Durchschnittsverbraucher, auf den die Lauterkeitsrichtlinie abstellt, nicht gebe. Entsprechendes muss auch für den Referenzunternehmer im Sinne der Irreführungsrichtlinie gelten. Soweit es dem nationalen Richter im Einzelfall nicht möglich sein sollte, eine normative Beurteilung des fraglichen Verhaltens vorzunehmen, ist ihm nach Auffassung des EuGH aber nicht verwehrt, seine Entscheidung auf Sachverständigengutachten oder Befragungen der betreffenden Verkehrskreise zu stützen. III. Deutsches Firmenbildungrecht im europäischen Vergleich 1. Ordnungsrechtliche Restriktivität Das Firmenrecht ist seit dem Inkrafttreten des HGB im Jahre 1897 bis zu seiner Novellierung durch die Handelsrechtsreform von 1998 weitgehend unverändert geblieben. Daher entsprach es – gerade auch im Vergleich und Wettbewerb der (europäischen) Rechtsordnungen – „mit seinen strengen und über Gebühr einschränkenden Anforderungen nicht mehr den Ansprüchen des modernen Wirtschaftslebens“. 128 Die durch die Handelsrechtsreform herbeigeführte Liberalisierung hat das deutsche Firmenrecht ausländischen Firmenrechtssystemen grundsätzlich angenähert. 129 Aufgrund seiner ordnungsrechtlichen Schutzmechanismen ist es

124 Ahrens, WRP 1999, 389, 395; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Dreyer, UWG, § 5 UWG Rn. B 9 ff.; Kopp, Irreführung durch Personenmarken und Personenfirmen, S. 128; MünchKomm/Micklitz, UWG, Bd. 1, EG D Art. 6 Rn. 30 ff. 125 Verordnung (EWG) Nr. 1907/90 des Rates vom 26. Juni 1990 über bestimmte Vermarktungsnormen für Eier, ABl. L 173 vom 6.7.1990, S. 5. 126 EuGH, Urteil v. 16.7.1998 – C-210/96 (6-Korn-Eier), Slg. 1998, I-4657 = WRP 1998, 848. 127 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Dreyer, UWG, § 5 UWG Rn. B 10. 128 BT-Drucks. 13/8444, S. 35 f. 129 Einen Überblick zum europäischen Firmenrecht im Vergleich gibt Möller, EWS 1993, 22 und 1997, 340. Zu den firmenrechtlichen Vorgaben einzelner europäischer Gesellschaftsformen vgl. Eurojuris Deutschland e.V./Schönberger (Hrsg.), Kompendium der Gesell-

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im europäischen Vergleich jedoch weiterhin als eher restriktiv und streng einzuordnen, 130 auch wenn vielen europäischen Rechtsordnungen die im deutschen Recht geltenden Prinzipien des Firmenrechts dem Grunde nach bekannt und zu eigen sind. So muss sich u.a. in Belgien 131, Dänemark, Frankreich, Großbritannien 132, Italien 133, den Niederlanden 134, Österreich 135, der Schweiz 136 und Spanien 137 ein neu gebildeter Handelsname von bereits bestehenden Firmen unterscheiden. In Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien 138, Italien, den Niederlanden, 139 Österreich 140, Portugal, der Schweiz 141 und Spanien 142 muss die Firma – zumindest soweit der Unternehmensträger nur beschränkt haftet – einen Hinweis auf die Rechtsform des Unternehmensträgers beinhalten, und Frankreich, Großbritannien, Irland, die Niederlande 143, Österreich 144, Portugal, die Schweiz 145 und Spanien sehen eine ausdrückliche Regelung vor, nach der durch die in der Firma enthaltenen Angaben kein falscher Eindruck über bestimmte, für den Rechtverkehr relevante Umstände hervorgerufen werden darf. 146 Für die Firmenführung greift bei

schaftsformen Europa & USA, 2003 (abrufbar unter