Englische Prosodie : Eine Einführung 3878081227

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Englische Prosodie : Eine Einführung
 3878081227

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Jürgen Esser

Englische Prosodie Eine Einführung

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Gunter Narr Verlag Tübingen

Tübinger Beiträge zur Linguistik herausgegeben von Gunter Narr

122

Jürgen Esser

Englische Prosodie Eine Einführung

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Gunter Narr Verlag Tübingen

CIP-Kurztitelaufnahm e der Deutschen Bibliothek Esser, Jürgen:

Englische Prosodie: e. Einf./Jürgen Esser. — Tübingen: Narr, 1979. (Tübinger Beiträge zur Linguistik; 122) ISBN 3 - 87808 - 122 -7

© 1979 • Gunter Narr Verlag Tübingen Alle Rechte Vorbehalten. Nachdruck oder Vervielfältigung, auch auszugsweise, in allen Formen wie Mikrofilm, Xerographie, Mikrofiche, Mikrocard, Offset verboten. Druck: Müller+Bass, Tübingen Printed in Germany ISBN 3-87808 - 122-7

M einer Elisabeth

Vorwort

In dieser Arbeit werden die prosodischen Eigenschaften des gesprochenen Englisch (d.h. die englische Intonation im weitesten Sinn) erstmals auf fu n k ­ tionaler Grundlage dargestellt. Im Gegensatz zu den meisten Spezialuntersu­ chungen auf diesem Gebiet und allen m ir bekannten Lehr- und Übungsbü­ chern für die Sprachpraxis wird hier versucht, ohne funktional nicht genutz­ te, detaillierte phonetische Angaben die englische Prosodie in ihrer distinktiv-phonologischen Relevanz zu beschreiben. Hiermit wird zugleich der in jüngster Zeit häufiger erhobenen Forderung entsprochen, die phonetischen Beschreibungsmodelle der englischen Intonation zu vereinfachen. Bei seinen Überlegungen zu einem einfacheren (internationalen) Modell der englischen Aussprache schreibt z.B. Gimson (1978: 47): „There may well be a case in the simplified form fo r discarding the complexities o f English intonation (despite its crucial attitudinal and grammatical function in natural models), on the ground that basic intelligibility can be achieved by means o f correct accentuation w ith o u t over-insistence on complex pitch contours." Wegen ihres funktionalen Ansatzes versteht sich die vorliegende Arbeit als Beitrag zur Beschreibung der kommunikativen Kompetenz im gesprochenen Englisch. In diesem Sinn ist das kleine Buch für die Ergänzung von anglistischen Phonetikkursen oder als Einführungstext auf der Proseminarebene ge­ dacht. Darüber hinaus könnte es auch eine Anregung für Lehrer bzw. Didak­ tiker sein, die an einer linguistisch begründeten Vereinfachung der Prosodie­ beschreibung interessiert sind. Ich habe versucht, das Ziel einer theoretischen Einführung m it dem der praktischen Verwendbarkeit zu verbinden. In theoretischer Hinsicht stellt die A rbeit eine Weiterentwicklung meiner Dissertation (1975) dar; in prakti­ scher Hinsicht wertet sie mehrjährige Unterrichtserfahrungen in anglistischen Phonetikkursen und einschlägigen Seminaren aus. Ich habe darum so­ wohl den Rezensenten meiner Dissertation für die Ermunterung zu danken, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen, als auch meinen Studenten an der Gesamthochschule Duisburg, deren Fragen für mich o ft Anlaß waren, be­ stimmte Dinge klarer zu sehen.

7

Mein Dank geht auch an Herrn Dr. Axel Hübler (Duisburg) und Herrn Dr. W.R. Lee (Hounslow, UK), die m it m ir Teilprobleme diskutierten. Ganz be­ sonders danke ich jedoch Herrn Prof. Dr. Viläm Fried, Herrn Dr. Wolfgang Hünig (beide Duisburg), Frau Dr. Margret Popp (Würzburg), Herrn Prof. Dr. Heiner Pürschel (Duisburg) und Herrn Prof. Dr. Ewald Standop (Würzburg) für hilfreiche K ritik am Manuskript. Dem Gunter Narr Verlag möchte ich schließlich für das Verständnis und die Geduld bei der Herstellung des schwierigen Satzes danken.

September 1979

8

Jürgen Esser

IN H A LT

1

2

Verzeichnis der Symbole und Hinweise zur phonetisch/ phonologischen und grammatischen Term inologie............................

11

Von 1.1. 1.2. 1.3. 1.4.

13 17 20 21

Intonationsnormen bei 'native Speakers' und fremdsprachliche Intonationsnorm 2.1. 2.2. 2.3.

3

25 28

An der lautlichen Substanz orientierte Definitionen ............. 30 Amerikanische und britische Beschreibungssysteme................ 35 Distinktive prosodische Elemente ............................................ 36 Formale Oppositionssysteme ................................................... Funktionale Oppositionssysteme..............................................

43 44

Intonationsfunktionen 5.1. 5.2. 5.3. 5.4. 5.5.

6

23

Formale und funktionale Oppositionssysteme 4.1. 4.2.

5

Beschreibungssysteme................................................................ Zur I ntonation von native Speakers in verschiedenen Kom m unikationssituationen............................ Fremdsprachliche In to n a tio n s n o rm .........................................

Prosodische Merkmale 3.1. 3.2. 3.3.

4

der Silbe zum Sprechtakt D ie S ilb e ....................................................................................... Das W o rt....................................................................................... Der Sprechtakt............................................................................. Zusammenfassung........................................................................

Zur Vielschichtigkeit des F unktionsbegriffs............................ 53 Lexikalische und syntaktische D isam biguierung..................... 54 Syntaktische Verdeutlichung ................................................... 61 Textuelle Differenzierung........................................................... 63 Expressive Funktionen .............................................................. 65

Wort- und Satzbetonung 6.1. 6.2.

Level s tre s s .................................................................................. R hythm us.....................................................................................

68 76

9

7

Morphologisch-syntaktische Systematik von Intonationsmustern 7.1. 7.2. 7.3. 7.4.

8

9

Zur N orm a lin to n a tio n ................................................................ Syntaktische Segmentierung...................................................... Prosodisches Verhalten einiger F un ktion sw örte r..................... Kontextuelle In to nieru ng .....................................................

82 83 87 90

Textbeispiele m it distinktiver Intonationsnotierung 8.1. U nkontrolliert, spontan Gesprochenes .................................... 8.2. Sachlich, kontrolliert Gesprochenes......................................... 8.3. Zum Zuhören Vorgelesenes ......................................................

93 94 95

Glossar zur deutschen und englischen Intonationsterm inologie........................................................................

97

B ibliographie........................................................................................... 105 Sachregister . . . ..............................................................................

110

Abbildungsverzeichnis 1. 2. 3. 4. 5. 6.

10

Lautliche G liederungseinheiten...................................................... Kommunikationssituationen und ihre Intonationsnorm en.......... Prosodische M e rk m a le ..................................................................... Formale und funktionale Oppositionssysteme............................... Oppositionssysteme zur Wortstellung und In to n a tio n .................. In tonationsfunktionen.....................................................................

22 26 31 45 52 55

Verzeichnis der Symbole und Hinweise zur phonetisch/phonologischen Umschrift und grammatischen Terminologie

[ ]

(a) phonetische Umschrift. (b) zur Kennzeichnung des vorausgehenden oder folgenden Kontex­ tes eines analysierten Beispiels. (c) kommentierender Einschub, z.B. bei Zitaten.

/ / { }

phonologische (phonemische) Umschrift. als Morpheme betrachtete Einheiten.

graphische Symbole. wie in /aen ■i • m al/ zur Kennzeichnung der Silbengrenzen.

'

wie in / lit l/ zur Kennzeichnung der silbischen Funktion eines Sono­ ranten.

A /B

A und B stehen in Opposition.

A -B

A und B alternieren.

/

Pause (nur dort, wo dieses fakultative Merkmal zur Darstellung eines bestimmten phonetischen Effekts benötigt wird).

------

unterstrichene Silben wie in Have you read that book kennzeichnen das Intonationszentrum eines Sprechtaktes. NB Die unterstrichenen Silben stellen „orthographische" Silben dar, wie sie in Wörterbü­ chern angegeben sind, und nicht „phonetische". Diese Konvention ist notwendig, weil die meisten Beispiele zum leichteren Lesen in or­ thographischer Schrift geliefert werden, vgl. S. 15

t

Sprechtaktgrenze m it distinktiv steigender Tonbewegung.

4-

Sprechtaktgrenze m it distinktiv fallender Tonbewegung. wie in kiiom etre gibt die lexikalische Wortbetonung an. Transkriptionssymbole, die nur in zitierten Beispielen und sonst in dieser A rbeit nicht Vorkommen, werden an O rt und Stelle erläutert.

Die phonetisch/phonologische Umschrift erfolgt nach dem System von Lew­ is, das in seinem Concise pronouncing dictionary o f British and American Engiish (1972) und im O xford advanced iearner's dictionary o f current Engiish von Hornby (1974) verwendet wird. Neben allgemein gebräuchlichen deutschen und lateinischen grammatischen Termini werden die in vielen Fällen für das Englische passenderen englischen Termini benutzt, wie sie in den Grammatiken von Quirk et al. (1972) und Leech/Svartvik (1975) verwendet werden, wenn nichts anderes angegeben wird. 11

1'

M r -* ;

1

VON DER SILBE ZUM SPRECHTAKT

1.1. Die Silbe Für das Sprechen und Hören natürlich gesprochener Sprache sind nicht nur die segmentierbaren Sprachlaute von Bedeutung, sondern auch deren Grup­ pierungen zu höheren Einheiten. Hier sind zunächst die Silbe und das Wort zu nennen, da diese Größen auch für den Nicht-Linguisten von praktischer Bedeutung sein können, z.B. beim Singen oder der Silbentrennung. Obwohl Silben von den Sprechern einer Sprachgemeinschaft intuitiv erfaßt und als linguistische Größe vergleichsweise leicht benannt werden können, gibt es bislang keine allgemein anerkannte phonetische oder linguistische De­ fin itio n der Silbe, vgl. hierzu z.B. die Ausführungen von Gimson (1970: 51ff.) oder Köhler (1977: 79ff. und 112ff.). Die Vielfältigkeit der D efinitio­ nen ergibt sich aus unterschiedlichen phonetischen und linguistischen Be­ trachtungsweisen, wenngleich wohl Einigkeit darüber besteht, daß Silben m it der Gruppierung von Lauten zu tun haben. In auditiver Hinsicht sind Silben nach Lindner (1969: 91) Laute um einen Schalldruckgipfel, die zu einer sprachlichen Einheit höherer Ordnung (näm­ lich der Silbe) zusammengefaßt werden. In artikulatorischer Hinsicht wird die Silbe z.B. von Pilch (1968: 17) als „die Geräuschmenge, die von der bei einem einzigen Lungenstoß austretenden L u ft erzeugt w ird ", definiert. Ein weiterer Aspekt b e trifft den inneren Aufbau der so produzierten Ge­ räuschmenge. Danach haben Silben in ihrer allgemeinsten Form einen A n ­ fang, eine M itte und ein Ende.1 Als Anfangs- und Endelemente fungieren Konsonanten (K). Ihre Anzahl beträgt im Englischen in der Anfangsposition null bis drei und in der Endposition null bis vier. Die m ittlere Position, der Silbenkern fnudeus), ist den Vokalen (V) Vorbehalten. Diese können ein­ fach sein wie in b it h l (Monophthong) oder komplex wie in age / e i/ (Diph­ thong) und tire /a is / (Triphthong).2 Außerdem können auch die Sonoran­

1

Noväk (1978) definiert die Silbe als „das kleinste, ganzheitlich rhythmische Seg­ ment der lautlichen Gestalt der Sprache, das einen Anfang, eine M itte und ein Ende hat [Übertragung aus dem Tschechischen] Pilch (1968:18) nennt diese Elemente Silbenanlaut, Silbenkern und Silbenauslaut.

2

Es bestehen unterschiedliche Meinungen darüber, ob Triphthonge als monophonematisch, d.h. als komplexe Vokale anzusehen sind oder als Diphthong + /aZ, vgl.

13

ten (So) /!/ und /n / als Silbenkern auftreten, z.B. / t / + silbisches [1] wie in little .^ Im Englischen können Silben beispielsweise folgenden Aufbau ha­ ben: V KV VK KVK K K KV K KVKKKK KSo

/e i/ /h i/ /aet/ /b it/ /s tr o g / /siksO s/ l- tl]

der Buchstabe 'A ' he at b it strong sixths little

Wird der Anfang oder das Ende einer Silbe durch mehr als nur einen Konso­ nanten realisiert, spricht man von Konsonantenbündeln (dusters), z.B. /s t r / in strong oder /d z / in words. Konsonantenbündel sind Gruppierungen von Lauten, die im Englischen in jedem Fall kleiner als Silben sind. Das englische Konsonantenbündel /d z / stellt beispielsweise für englische Ohren (hier wird ein sprachspezifischer, gestaltungspsychologischer Aspekt angesprochen) im Gegensatz etwa zu l- tl] wie in little keine isolierbare Lautgestalt dar, da ihm ein vorausgehender Vokal als Kern fehlt (das Bündel /d z / kann im Eng­ lischen nur als Ende einer Silbe fungieren). Von der oben form ulierten Sil­ benregel weichen solche Silben ab, die nur aus einem vokalischen Kern be­ stehen und folglich weder Anfangs- noch Endelement haben, z.B. 'e' / i / (der fünfte Buchstabe im Alphabet) o d e r//o i/. Bei der Diskussion über den inneren Aufbau wurden drei Gesichtspunkte ge­ streift, die für das Verständnis der Silbe wichtig sind. Der erste Aspekt be­ tr if f t die sogenannte silbische Funktion. Hierm it ist ein phonetisch/phonologisches Klassifikationsmerkmal gemeint, das die Phoneme einer Sprache in zwei Klassen te ilt, je nachdem ob sie als Silbenkern Vorkommen oder nicht, vgl. Bloomfield (1935: 121) und Gimson (1970: 53). Während Vokale im­ mer als Silbenkerne fungieren,3 4 erfüllen Sonoranten diese Funktion nur in bestimmten Positionen, z.B. besonders am Wortende. In der ersten Silbe von little fungiert der Sonorant /!/ als Anfangselement zu dem Silbenkern / i/; in

z.B. Bloomfield (1935: 131), Gimson (1970: 138) oder Arnold/Hansen (1975: 44). Setzt man Diphthong + Is l an, könnte la l auch als Silbenauslaut interpretiert wer­ den. 3

Lewis (1974: xiii) nennt außer /IZ und In /, wie in bottle |b ö t|] oder button [b /tn ], auch noch die Sonoranten Zm/ und /r/ als mögliche Silbenkerne, z.B. in government (g/vmant) und temporary [tem pri] .

4

Dies gilt nur für die monophonematische Interpretation von Diphthongen und Triphthongen, vgl. Anm. 2.

14

der zweiten Silbe bildet der Sonorant M jedoch selbst den Silbenkern, d.h. er steht hier in silbischer Position bzw. er erfüllt eine silbische Funktion. Die silbische Funktion eines Sonoranten g ilt zumindest im Britischen Englisch nicht als funktional genutztes, distinktives Merkmal.5 Für das amerikani sehe Englisch führt Bloomfield (1935: 121) jedoch das folgende minimale Paar an, in dem die silbische Funktion des Sonoranten /r / distinktiv ist: stirring /strir)/ f String /strn )/. Der zweite Aspekt b e trifft die Silbengrenzen. Genauso wie Berge und Täler einander bedingen, ist für das linguistische Verständnis der Silbe neben der Bestimmung des Kerns auch die Abgrenzung gegenüber vorausgehenden oder folgenden Silben wichtig. Wenn Silben den kleinsten bedeutungstragenden Einheiten einer Sprache entsprechen, den sogenannten Morphemen, ist die Abgrenzung vergleichsweise einfach. Durch eine langsame, isolierende Sprechweise können die eingangs genannten phonetischen Eigenschaften der Silbe voll zur Geltung kommen. Bei einsilbigen Wörtern haben wir in lautlicher Hinsicht dann eine Entsprechung zu den Wortzwischenräumen bei geschriebener Realisationsart. Obwohl in der gesprochenen Sprache norma­ lerweise z.B. nicht zwischen den Morphemfolgen { a | + {nzee} + {c/zv'/j/r} und {a n } + {z'ce} + [d rin k ] unterschieden w ird,6 kann bei derartigen, gleichen segmentalen Lautketten die Silbengrenze funktional ausgenutzt werden, um bei Bedarf die gewünschte Morphemgrenze anzuzeigen. Insge­ samt sind die Entsprechungen zwischen Silben und Morphemen jedoch recht unterschiedlich. Silben können gebundene Morpheme darstellen, wie z.B. in destruction: {ate} + {sfruc} + {fzb/i} : /di • strxk • Jan/, oder freie Morphe­ me, wie z.B. in d rink: [d rin k ] : /d rirjk /. Einerseits können Silben kleiner sein als Morpheme, z.B. in animal: {anz'zna/} : / « ■m • m al/, andererseits können Morpheme kleiner sein als Silben, z.B. in drinks: [d rin k ] + {s} : /d rig k s/, wo der Konsonant /s / keine eigene Silbe bildet. Im Englischen wird die Situation noch dadurch kompliziert, daß die orthographische Sil­ benanalyse, wie sie in Wörterbüchern angegeben wird, in vielen Fällen m it dem intuitiv-phonetischen Befund nicht übereinstimmt. Die Wörter chiidren und sieeping haben beispielsweise als „morphologische" Silben [c h ild } + {re n } bzw. {s/eep} + {/b g '} , jedoch als „phonetische" Silben [tjil-dran] bzw. [s li-p ig ]. Doppelte Konsonantengrapheme werden entgegen dem pho­

5

Chomsky/Halle (1968: 354) führen zwar das Merkmal + syllabic ein, es dient jedoch lediglich der phonetischen Unterscheidung von silbischen Liquiden und Nasalen (z.B. [1] und [n ] ) sowie nicht-silbischen Liquiden und Nasalen (z.B. [1] und

[n] ). 6

Vgl. Quirk et al. (1972: 1057).

15

netischen Befund auf zwei Silben verteilt wie z.B. in p re t t y J Ein weiteres Problem ergibt sich, wenn einem Graphem zwei Phoneme in verschiedenen Silben zuzuordnen sind wie z.B. in ex-pel /ik s p e l/. Schließlich können un­ terschiedliche Aussprachevarianten in einem W ort unterschiedliche Silben­ grenzen erfordern. Während z.B. der Aussprache [sdiklik] die Trennung c y c tic entspricht, erfordert [siklik] wegen des kurzen [i] die Trennung cyc-Hc.% Während linguistische Regeln zur Bestimmung von Silbengrenzen eine gründliche Analyse der sprachlichen Daten voraussetzen, ist es bemer­ kenswert, „daß die Sprecher einer Sprache ohne weiteres imstande sind, Wörter ihrer Sprache meist völlig übereinstimmend in Silben zu zerlegen." (Scherer/Wollmann 1972: 191 ).7 9 8 Die intuitive Erfassung von Silben durch den muttersprachigen Sprecher lei­ tet über zu dem dritten, gestaltungspsychologischen Aspekt des Silbenver­ ständnisses, wonach die Silbe als eine rhythmische Größe verstanden w ird.10 Der rhythmische Charakter zeigt sich am klarsten im Vers, wo es auf die ge­ naue Zählung der Silben ankommt, vgl. Abschn. 6.2. Das oben angesproche­ ne gemeinsame Silbenverständnis der Sprachbenutzer ist eine wesentliche Kommunikationsvoraussetzung zwischen Versdichter und Versleser.

7

Es sei denn, man setzt eine phonemische Überlappung an, wie z.B. /prit/ + /tiZ oder bei animal / s n / + /m m / + /mal/. Diese Interpretation berücksichtigt den kon­ tinuierlichen Übergang von konkreten Sprachlauten.

8

Dieses Beispiel ist Webster's third international dictionary o f the English language (1971: 21a) entnommen.

9

Vgl. eine ähnliche Einschätzung z.B. bei Pilch (1968: 17) oder Lewandowski (1973-75: 602). Die Einschränkung „m eist" im vorliegenden Zitat verweist auf subjektive Beurteilungen durch den Hörer, vgl. hierzu Lindner (1969: 208). Allge­ mein läßt sich sagen, daß das Zählen von Silben zu größerer Übereinstimmung führt als das tatsächliche Segmentieren. Während z.B. beim Singen die Silbenzäh­ lung auch für den Laien von praktischer Bedeutung ist, ist die Silbentrennung nur unter dem Aspekt der orthographischen Norm von Belang.

10

Vgl. Anm. 1. Schon für Trubetzkoy (1968 [11939] : 85) war die Silbe eine „rhythmisch-melodische" Einheit. Je nach Sichtweise und Untersuchungsgegen­ stand kann Rhythmus bedeuten: (1.) den Wechsel von Silbenkern und Silbenrand (-anlaut und -auslaut), d.h. den wiederkehrenden Unterschied in der Klangfülle (sonorityl; (2.) den geordneten Wechsel von langen und kurzen Silben, z.B. in der antiken Metrik (diese Unterscheidung ist nicht identisch m it Bolingers langen und kurzen Silben,s.S.18); (3.) den geordneten Wechsel von betonten und unbetonten Silben (Hebungen und Senkungen); (4.) die regelmäßige Zeitspanne zwischen be­ tonten Silben, unabhängig von der Anzahl der unbetonten Silben, vgl. Heusler (1956). Das Problem des Rhythmus wird in Abschn. 6.2. ausführlicher behandelt.

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Zusammenfassend definieren w ir die Silbe als eine wiederkehrende, isolier­ bare Gruppierung von Lauten, die mittels eines Silbenkerns integriert w ird .11 In dieser D efinition bedeutet „isolierbar", daß der Sprecher einer Sprachgemeinschaft derartige Gruppierungen vornehmen kann, wenn es notwendig sein sollte, so z.B. zur morphologischen Disambiguierung, im Vers, bei der Silbentrennung oder zur Hervorhebung, vgl. Beispiel (21b) auf S. 74. Außerhalb derartiger Bedingungen sind Silben in spontan gesprochener Spra­ che nicht eindeutig isoliert, wie etwa Wörter durch Wortzwischenräume in geschriebener Sprache.

1.2. Das Wort Die nach der Silbe nächsthöhere Einheit ist das Wort. Das Wort ist ebenso wie die Silbe eine linguistisch schwer zu definierende Größe, obwohl w ir in der Alltagssprache keine Schwierigkeiten haben, das Wort IVorf zu gebrau­ chen.12 Viele Definitionen der W ortform (im Gegensatz zur Wortsemantik) berück­ sichtigen wie bei der Silbe den rhythmisch-melodischen Aspekt. Hierbei geht es um die Möglichkeit, ein W ort durch fakultative Pausen in einer Äußerung zu isolieren, vgl. Hockett (1958: 167). Eine phonetische W ortdefinition ist jedoch problematisch, weil sich auch Wörter wie Silben durch Gipfelbildung (Wortbetonung bzw. Silbenkern, und potentielle Segmentierbarkeit isolieren lassen. Statistische M ittelwerte sagen hier für den Einzelfall wenig aus, be­ sonders wenn es sich um spontan gesprochene Sprache handelt. In diesem Fall kann die Pause zwischen zwei Wörtern sogar an der Satzgrenze deutlich kürzer sein als die zwischen zwei Silben innerhalb eines emphatisch hervor­ gehobenen Wortes.13 Es geht um ein dynamisch veränderbares, relatives Ge­ füge, bei dem nicht nur die veränderlichen, relativen Pausenwerte für Silben und Wörter zu berücksichtigen sind, sondern auch das intuitive Silben- und Wortverständnis muttersprachlicher Sprachbenutzer.14

11

Vgl. die Formulierung von Drommel (1974: 150), nach der Vokale „mehrere Konsonanten 'Zusammenhalten'." Bei Silben ohne Anfangs- und Endelement, wie b e i/, wird der dem Abgrenzungsaspekt komplementäre Integrationsaspekt gegen­ standslos.

12

Vgl. zur Problematik der W ortdefinition Lewandowski (1973-75: 808 ff.), dort auch weitere Literatur.

13

Vgl. hierzu S. 25 f.

14

Zum Problem des Sprechtempos vgl. Lindner (1969: 207 ff.) und Crystal (1969: 152 f.).

17

Wenn w ir die Einheit Wort ebenfalls unter dem integrativen Aspekt der Gipfelbildung betrachten wollen, so müssen w ir auf der lexikalischen Ebene bei zwei- und mehrsilbigen Wörtern angeben, wodurch die Silben zu einer Einheit zusammengehalten werden, m it anderen Worten, was ein mehrsilbi­ ges Wort von mehreren einsilbigen Wörtern unterscheidet. Genauso wie die Phoneme einer Sprache danach klassifiziert werden, ob sie als Silbenkern auftreten können, lassen sich auch die Silben danach klassifizieren, ob sie im Fall eines zwei- oder mehrsilbigen Wortes die integrative Funktion der W ort­ betonung übernehmen können oder nicht. Hierzu unterscheiden w ir m it Bolinger (1964: 285) lange Silben (long syllables) und kurze Silben (short syl­ lables). Lange Silben sind solche, die als Silbenkern einen Diphthong oder ei­ nen vollen Vokal, d.h. alle Vokale m it Ausnahme des m ixed vowel / a / , ha­ ben.15 Kurze Silben haben als Silbenkern den m ixed vowel /a/ oder einen der oben genannten Sonoranten in silbischer Funktion, vgl. jedoch als Aus­ nahme das oben erwähnte Beispiel /s tp ri/ aus dem amerikanischen Englisch. Im Gegensatz zu langen Silben können kurze im Falle eines zwei- oder mehr­ silbigen Wortes nicht die Wortbetonung ausüben; sie setzen im W ort oder Sprechtakt (siehe unten) stets mindestens eine lange Silbe voraus. Während die Bestimmung des Kerns einer Silbe aufgrund der Einteilung in Vokale und Sonoranten einerseits und Konsonanten andererseits vergleichs­ weise einfach vorgenommen werden kann, sind die Verhältnisse bei der Be­ stimmung der Wortbetonung komplizierter. Dies hängt damit zusammen, daß in einem mehrsilbigen W ort mehrere lange Silben auftreten können, die im Gegensatz zu etwa vorhandenen kurzen Silben zunächst gleichermaßen für die Plazierung der Wortbetonung in Betracht kommen, z.B. kiiom etre [krtspm ita] - [kihSmits] . Es komm t noch erschwerend hinzu, daß W ort­ betonung und Vokalqualität einander bedingen. Wenn w ir z.B. bei decade zunächst von einer gemeinsamen lautlichen Form ausgehen, so wird deut­ lich, daß bei der Ausspracheversion [dikeid] gegenüber der von [dekeid] die Verlagerung der Wortbetonung die Abschwächung des Vokals /e/ zu / i/

15

18

Im amerikanischen Englisch haben w ir außer la l noch zwei weitere abgeschwächte Vokale, nämlich /♦/ und ZeZ, die z.B. in den letzten Silben der Wörter hairy und harrow Vorkommen, vgl. Bolinger (1968: 25); für das britische Englisch notieren w ir demgegenüber Zi/ und la vl. Ein Lautwert, der dem amerikanischen ZeZ ent­ spricht, wurde noch in der 12. Auflage des EngUsh pronouncing dictionary von Jones (1963) z.B. für molest angegeben, das dort m it [ou] bzw. (o l umschrie­ ben wurde. In der 14. Auflage haben w ir jedoch [au] bzw. [a ]. Die Unterschei­ dung zwischen vollen und reduzierten Vokalen ist nicht identisch m it der zwi­ schen langen und kurzen, vgl. SchererZWollmann (1972: 132).

b ew irkt16 oder umgekehrt der Vokal /e / seine Qualität beibehält, weil er Träger der Wortbetonung ist. Wie die beiden Aussprachevarianten von ap­ plicable [¿ p lik sb l] und [splikabl] zeigen, kann die Abschwächung bei dem Verlust der Wortbetonung so weit gehen, daß aus der langen Silbe [aep] eine kurze Silbe [sp] w ird. Wegen der relativ komplizierten Zusam­ mensetzung des englischen Wortschatzes (Wörter m it germanischer, lateini­ scher, französischer und griechischer Herkunft) gelten im Englischen unter­ schiedliche Regeln für die Zuweisung der Wortbetonung. Diese Regeln sind vor einiger Zeit besonders von der generativen Phonologie erforscht worden; vgl. Chomsky/Halle (1968).17 Der generativen Phonologie geht es jedoch nicht nur um die Bestimmung der integrativen Wortbetonung, sondern auch um eine phonetisch adäquate Beschreibung weiterer Betonungsabstufungen, die nicht funktional ausgenutzt werden. Eine in diesem Zusammenhang all­ gemein gebräuchliche Unterscheidung ist die in Hauptton (Wortbetonung) und Nebenton (erste Betonungsabstufung). Bei den paarweise auftretenden Stark- und Schwachformen der Funktions­ wörter kann ebenfalls zwischen langen und kurzen Silben unterschieden werden, ohne daß der Unterschied auf der lexikalischen Ebene funktional genutzt würde. Die Alternationen z.B. bei can [kaen] - [k 3 n ] ,a f [aet] [s t] , that [öaet] - [ö s t] etc. sind immer dann möglich, wenn das betref­ fende Wort nicht die Satzbetonung trägt, z.B. in He can dp it; bei Satzbeto­ nung ist jedoch die Starkform zu wählen: He can do it. In Anlehnung an unsere obige Silbendefinition (s.S. 17), aber auch zur A b ­ grenzung von ihr, definieren w ir das W ort in formaler Hinsicht als eine wie­ derkehrende, isolierbare und im Satz verschiebbare18 Gruppierung von Lau­ ten, die mittels Wortbetonung integriert wird. Die Eigenschaften „isolierbar" und „verschiebbar" betonen wiederum nur Möglichkeiten und setzen (ent­ sprechend ähnlich wie bei der Silbe) ein vorlinguistisches naives Wortver-

16

ln diesem Fall könnte man [d l] m it dem abgeschwächten Vokal [ i] auch den kurzen Silben zurechnen. Wir stünden dann aber vor dem Problem, /i/ sowohl als vollen Vokal, wie in [kflaw nits] , als auch als reduzierten Vokal, wie in [kild m its] , betrachten zu müssen.

17

Eine verständliche Einführung in die generativ formulierten Betonungsregeln des Englischen findet sich z.B. in Scherer/Wollmann (1972: 273-294). Zur K ritik vgl. jedoch z.B. Vanderslice (1970) und Esser (1975: 19 ff.,.

18

Dieses syntaktische Kriterium der W ortdefinition findet sich z.B. bei Baumgärtner et al. (1973: 449); es muß hinzugenommen werden, um die größere M obilität des Wortes im Gegensatz zur Silbe als Unterscheidungsmerkmal heranzuziehen. Zur Verschiebbarkeit im weitesten Sinne gehört auch, daß vor oder hinter einem Wort ein anderes eingefügt werden kann. Dies gilt in besonderem Maße für Pausenfüller wie z.B. uh und erm, vgl. Bolinger (1968: 52).

19

ständnis oder auf der Analyse geschriebener Sprache basierendes Wissen vor­ aus. Wie w ir in Kap. 6 sehen werden, haben in zusammenhängender Rede von einer gewissen Sprechgeschwindigkeit an die Wortzwischenräume in ge­ schriebener Sprache keine vergleichbar diskreten lautlichen Entsprechungen. Die obige W ortdefinition berücksichtigt also lediglich die Zitierform von Wörtern auf der lexikalischen Ebene.

1.3. Der Sprechtakt Die dem Wort übergeordneten Einheiten werden im Gegensatz zur Silbe und zum Wort gewöhnlich nicht mehr phonetisch, sondern ausschließlich syntak­ tisch definiert. Es können dies Phrasen unterschiedlicher syntaktischer Kate­ gorien sein, z.B. Nominalphrase, Verbalphrase, Adverbialphrase oder Präpositionalphrase, oder der einfache Satz. Diesen, dem W ort übergeordneten syntaktischen Einheiten, steht in lautlicher Hinsicht nur die Gruppierung zum Sprechtakt als der nächsthöheren Einheit gegenüber. Der Sprechtakt ist ein Redeabschnitt, bei dem meist mehrere Wörter durch ein hervorgehobe­ nes einsilbiges W ort oder durch die betonte Silbe eines mehrsilbigen Wortes integriert werden. Das durch die sogenannte Satzbetonung hervorgehobene W ort erhält das Intonationszentrum. Das Sprechtaktende wird durch eine distinktive Tonbewegung (fallend oder steigend) markiert, zu der bei langsa­ merer Sprechweise fakultativ das prosodische Merkmal Pause hinzutreten kann. Die syntaktischen Einheiten, die in lautlicher Hinsicht einem Sprechtakt entsprechen, können sehr unterschiedlich sein. So erhöht sich m it der Sprechgeschwindigkeit in der Regel auch die Anzahl der Wörter pro Sprech­ takt. Darüber hinaus gelten jedoch noch bestimmte Normen zur syntakti­ schen Verdeutlichung oder Disambiguierung. So erhalten z.B. satzeinleiten­ de Adverbialphrasen oder längere Subjektsätze in der Regel einen eigenen Sprechtakt. Es ist auch bekannt, daß additive Relativsätze im Gegensatz zu restriktiven einen eigenen Sprechtakt erfordern, vgl. z.B. A n d the children t who were !uckv \ got oresentsl t A n d the children who were luckv t got presentst. Während bei den soeben angeführten Beispielen die Sprechtaktgrenzen in­ nerhalb der Satzstruktur durch steigende Tonbewegungen m arkiert werden, rechnen w ir normalerweise am Ende der beiden Sätze m it einer fallenden Tonbewegung. Letztere signalisiert dem Hörer, daß die Sprechtaktfolge im Sinne einer vollständigen Äußerung an dieser Stelle als möglicherweise ab­ geschlossen gelten kann, vgl. unten S. 50.

20

1.4. Zusammenfassung Die Hierarchie der lautlichen Gliederungseinheiten stellt sich zusammenfas­ send wie in Abb. 1 dar. K steht für Konsonant, V für Vokal bzw. Sonorant, S für Silbe und W für Wort. Elemente in Klammern sind fakultativ und sagen nichts über die Anzahl der jeweiligen Elemente aus.19 So kann beispiels­ weise (K) für keinen, einen, zwei oder mehrere Konsonanten stehen. Den Gegensatz Konsonant vs. Vokal bzw. Sonorant rechnen w ir zu den phonologischen Unterschieden, auch wenn sich hier keine Wahlmöglichkeiten für den Sprecher ergeben, die funktional genutzt werden. Wir haben es jedoch m it einer binären Unterscheidung im System der Sprache zu tun, die nicht wie andere phonetische Merkmale unterschiedliche Ausprägungsgrade zu­ läßt. A u f der Wortebene unterscheiden w ir in phonologischer Hinsicht bei mehrsilbigen Wörtern zwischen betonten und unbetonten Silben und auf der Satz- bzw. Sprechtaktebene zwischen Wörtern, die das Intonationszentrum erhalten und übrigen. Zu dieser phonologischen Unterscheidung kommt auf der Sprechtaktebene noch die der distinktiven Tonbewegung. Der phoneti­ sche Unterschied zwischen langen und kurzen Silben bzw. Haupt- und Ne­ benakzent w irk t sich sowohl auf der Wort- als auch der Sprechtaktebene202 1 aus. Die zusätzlichen phonetischen Unterschiede z.B. zwischen high rise und low rise sind eine Sache der Genauigkeit der phonetischen Analyse (delicacy),2^ auf sie kommen w ir später zurück. Bei der weiteren Darstellung der englischen Prosodie treten die potentiellen Segmentierungseinheiten Silbe und Wort in den Hintergrund, da Wort- und Silbengrenzen nur unter bestimmten Bedingungen (die w ir z.T. in Kap. 2 und besonders in Kap. 6 näher kennenlernen werden) eindeutig und dann als Sprechtaktgrenzen realisiert werden.

19

Da die Einheiten Silbe und Wort ungeachtet ihres Komplexitätsgrades auf der Sprechtaktebene als Äußerungen fungieren können, fallen z.B. bei der Frage /? die drei Einheiten Silbe, Wort und Sprechtakt zusammen: o it.

20

Z.B. bei den Stark- und Schwachformen der Funktionswörter im Satz, vgl. oben S. 19.

21

Zum Begriff der deücacy vgl. Halliday (1966: 116 f.).

21

Einheit

allgemeine S truktur­ beschreibung

Silbe

V

Wort

(S) S (S)

(K)

(W) W (W) Sprechtakt (W) W (W) t 4

phonologischer Unterschied

zusätzlicher phone­ tischer Unterschied

Konsonant vs. Vokal bzw. Sonorant

betont vs. nicht betont

Intonationszentrum vs. kein Intonationszentrum

steigende Tonbewegung vs. fallende Tonbewegung

Abb. 1

lange Silben vs. kurze Silben

Haupt­ akzent vs. Neben­ akzent

z. B. h igh rise vs. low rise

z. B. fall rise vs. rise fall rise

2

INTO NATIO NSNO RM EN BEI 'N A T IV E SPEAKERS' UND FREMDSPRACHLICHE INTO NATIO NSNO RM

2.1. Beschreibungssysteme Bei der Beschreibung des artikulatorischen und akustischen Kontinuums ist es bei den segmentierbaren Lauten allgemein üblich, je nach Feinheit der Analyse (deUcacy) zwischen enger Transkription aufgrund auditiver Segmen­ tierung und Klassenbildung einerseits und breiter bzw. phonologischer Tran­ skription aufgrund der distinktiven Funktionen andererseits zu unterschei­ den.22 Die Unterscheidung zwischen enger und breiter Transkription reflek­ tie rt jedoch nicht nur den Gegensatz zwischen Phonetik und Phonologie. Für den Fremdsprachenunterricht ist es schon immer selbstverständlich ge­ wesen, sich im segmentalen Bereich der breiten Transkription zu bedienen. Das hierm it im Zusammenhang stehende Minimalziel einer „phonemischen" Aussprachekorrektheit23 wird gewöhnlich nur schwerpunktartig bezüglich phonetischer Korrektheit ergänzt, z.B. bei der Artikulationsbasis der Vokale oder dem dear [l] und dark (f] . Im suprasegmentalen Bereich hat sich demgegenüber eine Unterscheidung zwischen enger, allophonischer und breiter, phonologischer Transkription noch nicht durchgesetzt. Dennoch wird diese Situation nur von wenigen A u ­ toren als unbefriedigend empfunden. So schreibt z.B. Bald (1975: 143): „Denn so, wie die segmentalen Phoneme als Minimalziele beim Sprachenler­ nen angesetzt werden können, wäre das gleiche bei entsprechenden Einhei­ ten in der Intonation m öglich." Gutknecht (1975: 199) form uliert das Pro­ blem folgendermaßen: „H o w can the observed intonation contours be reduced to the 'minimal set' which the non-native speaker needs to code a message?"

22

Vgl. Heike (1972a: 32) und Gimson (1970: 54). Die Begriffe 'eng' / 'narrow' und 'breit' / 'broad' werden von Heike und Gimson jedoch unterschiedlich gebraucht, da Heike als zu beschreibende Einheiten nicht nur Phoneme l'phonologisch') und Allophone ('breit') ansetzt, sondern zusätzlich noch Phone ('eng'). Demgegenüber gilt die Beschreibung der Phoneme bei Gimson als phonemic l'phonologisch') bzw. broad ('breit') und die der Allophone als allophonic bzw. narrow ('eng').

23

Vgl. Heike (1972b: 4) zur Problematik dieses Begriffes.

23

Die phonologisch-distinktiven Eigenschaften der englischen Intonation sind bislang jedoch kaum erarbeitet worden.24 Fast alle Beschreibungssysteme sind ausgesprochen eng in ihrer Transkription; und obwohl die meisten von ihnen im Hinblick auf Anwendung im Fremdsprachenunterricht konzipiert wurden, handelt es sich fast ausnahmslos um Beschreibungen, die wegen ih­ res Nuancenreichtums kaum im Fremdsprachenunterricht einzusetzen sind.25 Der komplizierte und fast immer variierende Beschreibungsapparat der einzelnen Autoren hat sicherlich viel zur Unsicherheit bei Intonations­ fragen im Fremdsprachenunterricht beigetragen. Man schlage nur die tabella­ rischen Zusammenfassungen der Intonationssysteme z.B. bei Kingdon (1958), Halliday (1970) oder O'Connor/Arnold (1973) auf, um die von Leh­ rern wiederholt geäußerte Meinung zu verstehen, daß Intonation nur etwas für Eingeweihte sei. Den Unterschied zwischen phonetisch genauer und phonologisch d istin kti­ ver Intonationsbeschreibung möchte ich abschließend am Beispiel der Ton­ bewegungen low rise, high rise und fall-rise erläutern, wie sie bei O'Connor/ Arnold (1973: 17) m it Hilfe von tonetic stress marks und impressionisti­ schen Tonhöhenangaben illustriert werden: (1) a.

Low Rise:

,Two, I °th in k. •

b.

High Rise:

*

'T w o, did you °say?

• • •/ c.

Fall-Rise:

vTwo, you Qmean.

•> .

J

Diese drei phonetischen Beschreibungen sind Varianten eines distinktiven Intonationsmusters: ein Sprechtakt m it Intonationszentrum auf dem ersten

24

Ein durchgreifender Versuch hierzu wurde von Esser (1975) unternommen, vgl. Hansen (1977: 179), Künzel (1978: 177) und Buysschaert (1978: 379).

25

Meines Wissens sind Leech und Svartvik (1975) die ersten Autoren eines prakti­ schen Unterrichtswerks, die sich bei ihrer Darstellung der Intonation fast aus­ schließlich auf den distinktiven Aspekt beschränken, vgl. Esser (1977 a). Die „A n ­ wendung" im Fremdsprachenunterricht bezieht sich in erster Linie auf das laute Lesen; auf höheren Lernstufen dienen enge, phonetische Intonationsbeschreibun­ gen auch zur Unterstützung der listening comprehension, vgl. z.B. Lewis (1977).

24

Wort und steigender Tonbewegung am Ende:26 (2) a. b. c.

Two I th in k t Two did you sayt Two you meant

Die in (2a) bis (2c) notierten Informationen (Wahl des Intonationszentrums und der Tonbewegung) muß der Englischlernende im Sinne des von Gut­ knecht geforderten „m inim al set" (vgl. oben) berücksichtigen, wenn ersieh bei Benutzern der englischen Sprache27 verständlich machen w ill. Wegen der in der Regel ausgeprägten muttersprachlichen Aussprachgewohnheiten ist es für deutsche Lernende des Englischen erfahrungsgemäß schwierig ge­ nug, bei Sätzen wie den obigen die steigende Tonbewegung am Ende eines Sprechtaktes überhaupt zu realisieren, geschweige denn darüber hinausgehen­ de, nicht funktional genutzte Feinheiten, wie sie in (1, beschrieben sind.

2.2. Zur Intonation von native Speakers in verschiedenen Kom­ munikationssituationen Bei der Diskussion einer realistischen Intonationsnorm für den Fremdspra­ chenunterricht müssen neben dem Feinheitsgrad der Beschreibungsmodelle auch die muttersprachlichen Intonationsnormen in Betracht gezogen wer­ den. A u f einer Skala ineinanderübergehender Realisationsnormen unter­ scheiden w ir je nach Kommunikationssituation vier Typen, vgl. Abb. 2.28

26

Bei den Beispielen (1a) bis (1c) ist zu beanstanden, daß prosodische Formunter­ schiede an unterschiedlichen Morphemketten gezeigt werden. Die ausführliche Be­ gründung der distinktiven Notierung erfolgt in Kap. 3.

27

Englisch ist nicht nur Muttersprache in Ländern wie Großbritannien oder den Ver­ einigten Staaten, es ist auch Zweitsprache In Ländern wie Indien und Nigeria; dar­ über hinaus ist es weltweit die bevorzugte erste Fremdsprache, vgl. Quirk et al. (1972: 3) und Wächtler (1977: 51 ff.). Zum Thema Deutsches Englisch als Varie­ tät des International English vgl. Esser (19 7 9:95 ff.).

28

Die Theatersprache klammern w ir als Sonderfall aus. Söll (1974: 40) schreibt hier­ zu: „ . . . gesprochene Sprache dieser A rt ist nicht mehr spontan. Selbst wenn es möglich wäre, Theatertexte rein oral zu konzipieren, was zu bezweifeln ist, müßte durch die zwischen oraler Konzeption und oraler Realisierung liegende Umkodie­ rung in den code graphique ein Teil der ursprünglichen Originalität verlorenge­ hen." Söll zitiert Abercrombie (1965: 4), der schreibt: „B u t the truth Is that nobody speaks at all like the characters in any novel, play or film ."

25

zum Mitschreiben (Diktat)

Typ I

zum Zuhören (z.B. Nachrichten)

Typ II

sachlich, kontrolliert („dru ckreif")

Typ III

unkontrolliert, spontan

Typ IV

sprechen

vorlesen

frei sprechen

Abb. 2

Die beiden gesprochenen Realisationsarten Vorlesen und Sprechen lassen sich nach Kriterien des Kommunikationszwecks weiter unterscheiden. Soll das Vorgelesene mitgeschrieben werden, wie z.B. bei einem D iktat in der Schule, so wird die Sprechweise langsam und deutlich sein. Wörter oder klei­ nere Wortgruppen erhalten eigene Sprechtakte und werden fast wie in ihrer Zitierform möglichst ohne satzphonetische Erscheinungen wie Elision oder Assimilation ausgesprochen.29 Die Sprechtaktgrenzen werden neben der deutlich wahrnehmbaren distinktiven Tonbewegung an ihrem Ende noch durch Pausen zusätzlich markiert. Bei den einsilbigen Funktionswörtern wird statt der Schwachform (kurze Silbe) auch die Starkform (lange Silbe) gewählt, sogar the wird vor Konsonanten als ( ö i] realisiert.30 Die unnatür­ lich gleichmäßige Betonung ergibt einen besonders starken rhythmischen Ef­ fekt, der m it dem bei Versen vergleichbar ist. Zur Illustration zitiere ich den ersten Satz eines Diktat-Übungsbuches, das Betonungs-und Pausenhinweise für Lehrer enthält (H ill 1964: I ) : 31 (3) That morning, / I woke at five, / püt on / my sh6rts and stockings, / and went to the farm / to get some m ilk. /

29

Die hier für das Diktat-Vorlesen beschriebenen Merkmale der Segmentierung und Betonung gelten auch für das gemeinsame laute Sprechen des Vaterunsers oder des Glaubensbekenntnisses in der Kirche.

30

Diese Eigenschaften sind auch typisch für Typ III, wie sich an von mir untersuch­ tem Material häufig belegen läßt, vgl. Esser (in Vorbereitung).

31

Diese Notierung unterscheidet nicht zwischen Wort- und Satzbetonung, vgl. Kap. 6. Jedem betonten Wort in (3) ist ein eigener Sprechtakt zugeordnet; jeder zweite Sprechtakt endet m it einer Pause: T hatt m orning^ / Z woke? at fiv e t / etc.

26

Soll das Vorgelesene nicht mitgeschrieben werden, sondern der Information von Zuhörern dienen, wie z.B. bei den Nachrichten im Rundfunk, kann die Sprechweise schneller sein als im erstgenannten Fall, da die Rücksichtnahme auf den Schreibprozeß und eine idealisierte Aussprache als Hilfe für die Or­ thographie entfallen. Hieraus resultiert eine größere Dynamik bei der Satz­ betonung: Die Sprechtakte werden länger, und nicht jedes Inhaltswort (No­ men, Verb, Adjektiv oder Adverb)32 w ird zum Intonationszentrum eines Sprechtaktes. Im Gegensatz zu Typ I ist bei dem hier diskutierten Typ II der rhythmische Charakter schwer nachzuweisen.33 Die Sprechtakte sind je­ doch wegen der dynamischen Integrationskraft und relativ klar erkennbarer distinktiver Tonbewegungen an den Sprechtaktgrenzen meist deutlich zu er­ kennen. Je nach Lesegeschwindigkeit erleichtern auch zusätzliche Pausen das Hörverständnis. Beim freien Sprechen lassen sich abhängig vom Kommunikationszweck in den Extremen zwei Situationen unterscheiden, nämlich Typ III und Typ IV in Abb. 2. Bei manchen Leuten, die berufs- oder interessenmäßig viel m it dem geschriebenen Medium zu tun haben, hat die anerzogene Norm der ge­ schriebenen Sprache34 auch Auswirkungen auf spontane Sprachrealisatio­ nen, besonders wenn diese auf ein Sachgebiet bezogen sind, in dem der Spre­ cher sich gut auskennt. Er ist aufgrund verschiedener Faktoren (z.B. emotio­ nale Neutralität gegenüber dem Gesprächsgegenstand oder Erfahrung bei In­ terviews) in der Lage, seine Sprechproduktion so zu kontrollieren, daß man sie kaum von einer vorgelesenen schriftlichen Formulierung unterscheiden kann; diese A rt des Sprechens nennen w ir salopp „druckreif sprechen". Ne­ ben einer konsequent durchgeführten Syntax gehört es zu den Merkmalen dieser Sprechweise, daß die Intonation zur Verdeutlichung der syntakti­ schen Verhältnisse sowie der Informationslage beiträgt:35 Wie bei der In to ­ nationsnorm vom Typ II besteht ebenfalls bei T yp III eine hohe Korrelation zwischen Sprechtakt und Sinneinheit (sense group). Der wesentliche Unter­ schied zu Typ II besteht aber darin, daß bei spontaner Sprechweise die Sprechgeschwindigkeit stärker variiert, was m it den unterschiedlichen Kon­ zentrationsgraden des Sprechers bei den Sprechplanungsprozessen zu tun hat. Bei den meisten alltäglichen Sprechanlässen ist die oben geschilderte Selbst­ kontrolle der Sprechproduktion nicht erforderlich, so z.B. in der Familie,

32

Vgl. Fries (1952: 87).

33

Dies ergab eine Analyse von vorgelesenen Texten, vgl. Esser (in Vorbereitung).

34

Vgl. Quirk et al. (1972: 23).

35

Vgl. hierzu Abschn. 5.4.

27

unter Freunden oder Kollegen. Auch kann die Kontrolle der Sprechproduk­ tion durch innere Erregung behindert oder unmöglich gemacht werden. Die m it dieser Sprechweise im Zusammenhang stehende Intonationsnorm vom Typ IV ist dadurch gekennzeichnet, daß Sprechgeschwindigkeit und die Länge der Sprechtakte stark variieren.36 Dies kann zu sehr langen Sprech­ takten führen, die nach den übrigen Intonationsnormen in mehreren Sprech­ takten zu realisieren wären, vgl. z.B. (4).37 (4) The only way people are making money at the moment in this countr y ! ist w ith this redundancy paym ent! Andererseits entstehen bei spontaner Sprechweise auch kleine Sprechtakte, die dadurch hervorgerufen werden, daß der Sprecher nach Wörtern wie z.B. is in (4) oder because in (5) über den Inhalt des zu Sagenden weiter nach­ denkt:38 (5) I'm just gladt that my daugh te rt has met her boy frie n d t and they're going to get m arriedt becauset now they are becoming interested in having a house! and a garden! and that gives them something to d o !

2.3. Fremdsprachliche Intonationsnorm Aus der Diskussion der Intonationsnormen von native Speakers sollten mei­ nes Erachtens für eine realistische Intonationsnorm im Fremdsprachenunter­ richt folgende Schlußfolgerungen gezogen werden. Obwohl in letzter Zeit das gesprochene Englisch stärker im Unterricht berücksichtigt w ird, scheint es doch nicht erstrebenswert zu sein, die muttersprachliche Intonationsnorm vom Typ IV direkt anzustreben. Extrem lange Sprechtakte wie in Beispiel (4) können wegen der dazugehörigen hohen Sprechgeschwindigkeit ohnehin selbst von fortgeschrittenen deutschen Lernenden des Englischen kaum rea­ lisiert werden. Andererseits scheint es unzweckmäßig zu sein, die auf „Nach­ denkpausen" beruhende kleine Segmentierung bei der Zielnorm zu berück­ sichtigen. Derartige Erscheinungen werden sich auch bei deutschen Spre-

36

Vgl. hierzu Brown (1977: 92): „Tone groups no longer mark o ff the major con­ stituents of the sentence. Spontaneous speech is very much less structured in this sense than speech where the speaker is reading from a prepared te x t." (Hervorhe­ bung Brown]

37

Beispiel aus meinem Korpus „un kon tro llierter", spontan gesprochener Sprache, vgl. Esser (in Vorbereitung). [A2-1, 133-148, C liff, (6), S. 8]

38

Beispiel aus meinem Korpus, vgl. Anm. 36. (A2-2, 103-162, Joan, (11), S. 26)

28

ehern des Englischen in konkreten Sprechsituationen ohnehin einstellen. Da auch die Intonationsnorm vom Typ I wegen ihres künstlichen, rhythmisch­ übertriebenen Effekts nicht als erstrebenswert gelten kann, bleiben nur die Intonationsnormen vom Typ II und Typ III als vernünftiges Realisationsziel anstrebbar. Wie w ir sahen, waren die Ähnlichkeiten zwischen diesen beiden Typen ohnehin am größten. Übungs- und Anschauungsbücher zur englischen Intonation sollten darum danach bewertet werden, ob sie diesen Intonationsnormen nahekommen. Für Zwecke der Hstening comprehension und für phonetisch-linguistische Analysen sind jedoch auch study versions m it Realisationen des Intonations­ typs IV durchaus wünschenswert. Hierbei sollte jedoch darauf geachtet wer­ den, daß derartige Realisationen vorurteilsfrei ohne fremde Normvorstellun­ gen, wie z.B. das Rhythmus-Konzept (s. Abschn. 6.2.), beschrieben werden.

29

3

PROSODISCHE M ERKM ALE

3.1. An der lautlichen Substanz orientierte Definitionen Prosodische Merkmale bezeichnen lautsprachliche Eigenschaften, die sich in der Regel über mehr als einen Sprachlaut erstrecken.39 Weil sie die lautli­ chen Segmente gewissermaßen überlagern, werden sie auch suprasegmentale Merkmale genannt. Heike (1972a: 35) definiert die prosodischen bzw. suprasegmentalen Merkmale z.B. wie folgt: „Es sind dies hauptsächlich pho­ netische Merkmale des Tonhöhenverlaufs, des Intensitätsverlaufs, des Tem­ pos und der Dauer von Silben und Segmenten." Diese D efinition, die sich in ähnlicher Form auch bei anderen Autoren findet,40 liefert schon Hinweise dafür, wie mißverständlich die Bezeichnung der prosodischen Merkmale sein kann. Die genannten Termini Tonhöhenverlauf, Intensitätsverlauf, Tempo und Dauer beziehen sich nämlich auf drei von vier verschiedenen Beschrei­ bungsmodellen zur Interpretation lautsprachlicher Daten,41 vgl. Abb. 3. Die prosodischen Merkmale werden also nicht immer konsequent entsprechend einem Beschreibungsmodell benannt, sondern o ft synonym innerhalb einer Merkmalgruppe (vertikale Anordnung in Abb. 3) gebraucht. Außerdem ist der Faktor Zeit von vielschichtiger Bedeutung. Einerseits vollziehen sich alle möglichen Veränderungen (z.B. bei Grundfrequenz und Amplitude) im A b­ lauf der Zeit. Andererseits tr itt die Zeit selbst als quantitatives Merkmal, nämlich Pause und Dauer, in Erscheinung. In Abhängigkeit von der Anzahl der produzierten Laute ist die Zeit darüber hinaus noch bei dem Merkmal Tempo beteiligt.

39

Eine Ausnahme wäre z.B. bei der Frage /.’ gegeben.

40

Lindner (1969: 91) nennt Dynamik (Veränderung der Intensität im Verlauf der Zeit), Tonhöhenbewegung und Dauer; Lewandowski (1973-751: 526) nennt Ton, Stärke und Quantität. „Stärke" bezieht sich auf 'Intensität', ’Am plitude' und 'Lautstärke' in Abb. 3; „Q uan tität" bezieht sich auf Zeit-gebundene instrumentel­ le Größen, nämlich 'Pause', 'Dauer' und 'Tempo'.

41

Vgl. Pilchs (1976: 68) vier „models of phonetic/phonemic interpretation". Der Begriff 'Beschreibungsmodell' ist von 'Beschreibungssystem' zu unterscheiden. Letzteres zielt auf eine spezielle Notationskonvention ab, wie z.B. die tonetic stress marks in der britischen Tradition, vgl. Beispiel (1) auf S. 24.

30

Beschreibungsmodell

Prosodische Merkmale

artikulatorischphonetlsch

Frequenz der Stimmbandschwingungen

Intensität

akustisch/instrumentellphonetisch

Grundfrequenz

Amplitude

auditiv-phonetisch

Tonhöhe

phonologisch/ sprachstruktureil

Lautstärke

di ¡tinktive prosodische Elemen te -------------- --- --------- -------------------------------

Abb. 3

Ca)

Zeit (Quantität: Pause, Dauer, Tempo)

________

Ein weiteres verwirrendes Moment bei der D efinition prosodischer Merk­ male liegt darin, daß Elemente der drei Merkmalgruppen gleichzeitig in den Kodierungs- bzw. Dekodierungsprozeß eingehen und Einzelparameter nur instrumentell eindeutig isoliert werden können. Innerhalb des phonologisch/ sprachstruktureilen Beschreibungsmodells gehen w ir jedoch nicht von der 'Form'-Analyse an sich aus, wie es die Phonetik tu t, sondern beurteilen die lautlichen Erscheinungen nach ihrer Funktion im Sprachsystem. Aus diesem Grund ziehen w ir es vor, zunächst allgemein von distinktiven prosodischen Elementen zu sprechen, vgl. Pilch (1976: 79) und Abb. 3. Distinktive prosodische Elemente stehen in keinem eindeutigen Verhältnis zu den übrigen Merkmalgruppen, da sich diese zur Erlangung eines bestimmten phonologisch/sprachstrukturellen Effekts, wie z.B. bei der Betonung, gegenseitig kompensieren können, vgl. Heike (1969: 12 1f.). Die Möglichkeit zur Darstellung akustischer Einzelparameter führte in den fünfziger und sechziger Jahren zu mehreren Spezialuntersuchungen, die das Ziel hatten, die linguistische Relevanz einzelner Parameter „o b je k tiv " nach­ zuweisen.42 Hierbei wurden interessante psycho-akustische Erkenntnisse ge­ wonnen, die jedoch nicht als Aufhebung der prinzipiellen Autonomie der vier Beschreibungsmodelle zur Interpretation lautsprachlicher Daten (vgl. Abb. 3) gewertet werden sollten. Dies g ilt besonders für die Unabhängigkeit der substanzorientierten Beschreibungsmodelle (artikulatorisch, akustisch, auditiv) vom phonologisch/sprachstrukturellen,43 vgl. Martinet (1964: 32): „ A consciously functional approach to phonology normally entails that the labelling and grouping o f facts w ill be determined by the role they play in the process of communication more than by the physical nature o f those facts." Der hier angedeutete alte Gegensatz zwischen Phonetikern und Phonologen braucht jedoch nicht zu gegenseitiger Ablehnung zu führen,44 son­ dern kann zum gegenseitigen Verständnis und der Abgrenzung der eigenen Möglichkeiten dienen. So schreibt z.B. Lindner (1969: 68) in seiner Einfüh­ rung in die experimentelle Phonetik über die Interpretation von Intonations­ kurven: „Durch den Hörer wird das Signal nicht m it seinen Komponenten

42

Z.B. Bolinger (1958), Bolinger/Gerstman (1957) oder Isacenko/Schadlich (1966).

43

Vgl. hierzu Pilch (1976: 69): „Linguistic analysis w ill thus appear oddly un­ realistic or 'subjective' to those readers who recognize as 'real' only the data ob­ servable in the laboratory. . . The difference between the two kinds of analysis is thus not in the 'reality' or 'objectivity' of the data observed, but in the pre­ liminary assumptions in terms of which the data are interpreted. The results of the two kinds of analysis are equally reliable (i.e. verifiable)."

44

Wie z.B. bei Kiinzel (1978: 176), der den prosodischen Oppositionstest (siehe hierzu Abschn. 3.3.) anzweifelt.

32

einfach registriert, sondern in einem komplizierten A k t unter Einbeziehung seines ganzen Wissensbestandes und unter Hinzuziehung anderer Parameter bewertet." [Hervorhebung Lindner] Es ist kennzeichnend für die prosodischen Merkmale der substanzorientier­ ten Beschreibungsmodelle, daß sie in ihrem Ausprägungsgrad prinzipiell va­ riabel sind. Die Bewertung der variablen Merkmalkomplexe kann auf zwei Arten erfolgen, analog und diskret. Die Unterscheidung analog/diskret spielt in der Meßtechnik eine Rolle; sie läßt sich, wie ich meine, jedoch be­ sonders gut für die Erklärung von prosodischen Sachverhalten entlehnen. Der Unterschied zwischen analoger und diskreter Bewertung ist uns vom A u ­ tofahren her geläufig. Die Tachometernadel stellt in analoger Weise jede be­ liebige Geschwindigkeit bzw. deren Veränderung dar. Um sich an Geschwin­ digkeitsbeschränkungen halten zu können, muß der Autofahrer diese analo­ ge Inform ation diskret bewerten, d.h. er muß entscheiden, ob er eine vorge­ gebene Geschwindigkeitsbeschränkung unter- oder überschreitet. So lange er einen bestimmten Wert nicht über- oder unterschreitet (z.B. bei Mindestge­ schwindigkeiten) sind alle weiteren Geschwindigkeitsabstufungen im Sinne der Verkehrsregeln unbedeutend. Sie können jedoch unter anderen Gesichts­ punkten bedeutsam sein, so z.B. für eine wirtschaftliche Fahrweise. Während also die Einhaltung der Geschwindigkeitsbeschränkungen die diskrete Be­ wertung analoger Inform ation erfordert, setzt die Beurteilung der W irt­ schaftlichkeit einer Fahrweise die analoge Bewertung analoger Inform ation, nämlich der Veränderungen der Tachometernadel, voraus. Auch im prosodi­ schen Bereich haben wir es (bis auf den Wechsel der Richtung der Tonbewe­ gung) m it analoger Inform ation zu tun, die sowohl diskret als auch analog bewertet werden kann. Die diskrete Bewertung ist wichtig im Sinne des phonologischen Beschreibungsmodells der Sprachstruktur, die analoge Bewer­ tung jedoch für die Beschreibung expressiver Funktionen, vgl. Abschn. 5.5.45 Die diskrete Bewertung ist z.B. für die Bestimmung des Intonationszentrums (s. S. 37f.) oder für die Unterscheidung zwischen steigender und fallender Tonbewegung bedeutsam. Demgegenüber drückt ein Sprecher in analoger Weise z.B. das Interesse an einer Frage durch die relative Endhöhe einer stei­ genden Tonbewegung aus, vgl. Trim (1970: 265). Für den Sprecher gilt dann: je größer das Interesse, desto höher der Endpunkt; der Hörer bewertet diese analoge Inform ation ebenfalls analog: je höher der Endpunkt, desto größer das Interesse. Prosodische Phänomene sind gerade deswegen so schwierig zu beschreiben, weil die suprasegmentale Inform ation sowohl diskret als auch analog interpretiert wird. Die diskrete Interpretation dient

45

Vgl. Pilchs (1968: 61 f.) Ausführungen über distinktive und expressive Merkmale im segmentalen Bereich.

33

der kontextfreien Funktion der lexikalischen bzw. syntaktischen Disambiguierung oder der syntaktischen bzw. kommunikativen Verdeutlichung; vgl. Kap. 5. In diesem Bereich haben w ir es m it eindeutigen Wahlmöglichkeiten, d.h. binären Oppositionen zu tun. Expressive Funktionen des gleichen Sprachsignals stellen demgegenüber nicht nur analoge Inform ation seitens des Sprechers dar, sie werden auch analog vom Hörer dekodiert. So kann z.B. neben der Wahl des Intonationszentrums John in John d id it (diskrete Information) zusätzlich durch Lautstärke oder Frequenzumfang eine gradu­ elle Gewichtung durch den Sprecher erfolgen, die dann vom Hörer auch als analoge Inform ation eingestuft wird. Unter dem Gesichtspunkt der Graduierbarkeit phonetischer Merkmale muß nochmals auf das prosodische Merkmal Pause eingegangen werden. Wir ha­ ben oben (Abschn. 1.2.) schon erwähnt, daß in Abhängigkeit von einer dy­ namischen Veränderung der Sprechgeschwindigkeit die Pause zwischen zwei Silben innerhalb eines Wortes deutlich länger sein kann als die Pause zw i­ schen zwei Wörtern an einer Satzgrenze, vgl. (1, und (2). (1, A bsot / lutely 4(2) [Well, many countries that are at similar levels of tech­ nological and economic development are experiencing the same problems o f the declining birth-rate, and o f course in the world recession that we are experiencing we are also having d iffic u lty in finding the money to employ more teachers, to improve pupil-teacher ratios and do all those other things that would help to keep up the demand for teachers] and to keep the system expanding.! In fact, we're seeing! / [a contraction in a very large number of countries as far as numbers o f teachers being trained are concerned.]46 In (1) ist absolutely aus Gründen der Emphase47 (als zustimmende A n t­ wort) in zwei Sprechtakten zu realisieren. Die für diesen Effekt notwendige langsamere Sprechweise führt nicht nur zu einer steigenden Tonbewegung nach abso-, sondern auch zu einer deutlich wahrnehmbaren Pause innerhalb des Wortes. Demgegenüber konnte in (2) nach expanding keine Pause wahr­ genommen werden. Der Sprecher ist m it seiner Argumentation noch nicht fertig und schließt darum in fact nach der fallenden Tonbewegung an den

46

Beispiel aus meinem Korpus, vgl. Esser (in Vorbereitung) [B 1-2, 41-97, William, (4),S. 21] .

47

Vgl. unten S. 73.

34

beendeten Satz an, und pausiert erst nach seeing, wo die steigende Tonbewe­ gung m it einer Sprechplanungspause zusammenfällt. Das prosodische Merkmal Pause ist also Teil eines komplexen Grenzsignals, dessen linguistische Bewertung sich neben anderen Faktoren48 stärker auf die immer vorhandene Tonbewegung zu stützen scheint als auf das stark va­ riierende substanzorientierte Merkmal Pause.49 Es gehört leider zu den ver­ wirrenden Verhältnissen in der Prosodie, daß die Bezeichnung Pause nicht nur als substanzorientiertes prosodisches Merkmal verwendet wird, sondern auch als linguistisch interpretiertes, komplexes Grenzsignal, wie z.B. bei Wode (1968),50 Bei der Verwendung der Bezeichnung Pause sollte in jedem Fall klar sein, ob es sich um einen substanzorientierten Einzelparameter han­ delt oder um ein phonologisch/sprachstrukturelles Komplexsignal. Unter dem letztgenannten Gesichtspunkt ist es zweckmäßig, von einer 'möglichen Pausenstelle' statt von einer 'Pause' zu sprechen.

3.2. Amerikanische und britische Beschreibungssysteme Bei der Beschreibung der Intonation ist darauf zu achten, daß diskrete, sprachstrukturelle Inform ation und analoge, expressive Inform ation (vgl. Abschn. 5.5.) auseinandergehalten werden. Dies geschah jedoch nicht bei der Behandlung der Prosodie im amerikanischen Strukturalismus, da dort zwei phonetisch graduierbare Merkmalgruppen (vgl. vertikale Anordnung in Abb. 3) direkt linguistisch interpretiert wurden: Man postulierte vier Tonhö­ henphoneme (pitch phonemes), vier Betonungsphoneme (stress phonemes) und zusätzlich drei verschiedene Anschlußarten der Tonbewegung (Junkturen, junctures) auf der Satzebene: leicht steigend «/> oder », steigend ( oder ) oder fallend ((#> oder (double-bar juncture) Junktur wird jedoch allgemein nicht als funktional genutzt angesehen, da sie gleicher­ maßen die Grundbedeutung 'nicht fina l' (s.S. 65) haben, vgl. Pürschel (1975: 56f.) dort auch weitere Literatur.

61

Die graphische Auszeichnung des Intonationszentrums mittels Unterstreichung hat gegenüber dem Gebrauch von anderen Schriftzeichen (Großschreibung oder Italic} den Vorteil, daß fakultative Varianten wie in (29) angegeben werden kön­ nen. Außerdem ist diese Auszeichnungsart auch bei phonetischer Transkription, wie z.B. in (34) auf S. 78 anwendbar.

41

auch die Sprechgeschwindigkeit zu berücksichtigen. In Kap. 7 werden wei­ tere syntaktische Gruppen beschrieben, die als Gliederungseinheiten erster Ordnung fungieren. Für manchen Leser, der an die enge Transkription der britischen Tradition gewöhnt ist,62 mögen die drei beschriebenen distinktiven prosodischen Ele­ mente, nämlich Intonationszentrum, distinktiv steigende und distinktiv fa l­ lende Tonbewegung sowie die davon abhängige prosodische Segmentierung als zu einfach erscheinen.63 In der Tat drängt sich die phonetische W irklich­ keit als vielfältiger gegenüber den Sprachstrukturellen distinktiven Elemen­ ten auf. Da man besonders in der britischen Tradition nicht zwischen den prosodischen Elementen Intonationszentrum und Tonbewegung unterschied, deren Unabhängigkeit durch die oben aufgeführten Oppositionspaare nach­ gewiesen wurde, nahm man — nur von der lautlichen Substanz ausgehend — komplexere prosodische Einheiten an, wie z.B. fall-rise, rise-fall oder gar rise-fall-rise etc. Ein anschauliches Beispiel dafür, wie man der W illkürlichkeit derartiger, nicht funktional ausgewählter Beschreibungssysteme erliegen kann, liefern Leech/Svartvik (1975: 39), denen ansonsten das Verdienst zukommt, ein für die britische Tradition vergleichsweise distinktives Beschreibungssystem ent­ worfen zu haben:64 (28) (29)

iThat's not my signature.l iDo you like pop music?l

Trennt man die prosodischen Elemente Intonationszentrum und Tonbewe­ gung, wie w ir es in unserer Notierung vorschlagen, so ergibt sich: (28') That's not my signaturet (29') Do you like pop m usict Obwohl wir es bei (28) und (29) m it gleichen Intonationsmustern zu tun ha­ ben, wird (28) als fall-rise notiert und (29) nur als rise. Dabei haben w ir es in phonetischer Hinsicht auch vor dem Anstieg (auf bzw. nach pop) m it einer fallenden Tonbewegung zu tun. Da einem Anstieg immer ein Fall vorausge­ hen muß und umgekehrt, ist der Fall auf m y eine automatische Erscheinung, die auch ein Fremdsprachenlernender bei der Beachtung der beiden distink­ tiven prosodischen Elemente in (28') automatisch realisieren würde.

62

Vgl. z.B. (1) auf S.24 in der Notierung von O'Connor/Arnold (19731 oder (10) bis (14) auf S. 38 in der Notierung von Kingdon (1958).

63

So z.B. Buysschaert (1978: 379).

64

Vgl. Esser (1977a).

42

4

FORMALE UND FU N K TIO N A LE OPPOSITIONS­ SYSTEME

4.1. Formale Oppositionssysteme Bei der Erm ittlung der distinktiven prosodischen Elemente (Intonationszen­ trum , distinktiv steigende und fallende Tonbewegung) in Abschn. 3.3. wur­ de schon deutlich, daß die dort aufgeführten Oppositionen Wahlmöglichkei­ ten unterschiedlicher A rt darstellen. Innerhalb der systemic grammar, die von Halliday und anderen65 als linguistisches Beschreibungsmodell ent­ w ickelt wurde, werden derartige Wahlmöglichkeiten der sprachlichen Form in Anlehnung an Firth innerhalb eines system beschrieben, das Halliday (1973: 55) wie fo lgt definiert: „ A system is an abstract representation o f a paradigm; and this . . . can be interpreted as a set o f options w ith an entry condition — a number o f possibilities out o f which a choice has to be made if the stated conditions o f entry to the choice are satisfied. It has the form : if a, then either x or y (or . . . ) . " Um mögliche falsche Assoziationen m it dem seit Saussure gebräuchlichen Begriff des Sprachsystems zu vermeiden, gebe ich den Hallidayschen Begriff des system m it 'Oppositionssystem' wieder. Halliday selbst hat den Begriff des system ('Oppositionssystem') auch in die Intonationsforschung eingebracht und unterscheidet hierbei in formaler Hinsicht tonality, to n icity und tone (1967a: 18): „ I t can be seen, therefore, that in any utterance in English three distinct meaningful choices, or sets o f choices, are made which can be, and usually are, subsumed under the single heading o f 'intonation'. These are: first, the distribution into tone groups — the number and the location o f the tone group boundaries; second, the placing o f the tonic syllable . . . — the location, in each tone group, of the pretonic and tonic sections; th ird , the choice o f primary and secondary tone." Die im vorigen Kapitel behandelten Oppositionspaare (7) bis (9) auf S. 37 betreffen die Wahl des Intonationszentrums (tonicity), (17) bis (19) auf S. 39 die Sprechtaktwahl (tonality) und (20) bis (23) auf S. 39 f. die Wahl der distinktiven Tonbewegung (tone).66 Von den Hallidayschen formalen

65

Vgl. Halliday (1967b: 37), dort auch weitere Literatur.

66

Die tones bei Halliday sind nicht distinktiv in unserem Sinne, vgl. Esser (1975: 114ff.l. Die phonetisch genaueren, jedoch nicht funktional genutzten Einheiten wie pretonic und secondary tone greifen w ir nicht auf.

43

Oppositionssystemen tonality, to n icity und tone zielen nur to n icity und tone direkt auf distinktive prosodische Elemente ab, siehe Abb. 4 auf S.45. Die Sprechtaktwahl (tonality) stellt selbst kein direktes distinktives prosodisches Element dar, vgl. S. 41, sondern ergibt sich indirekt aus dem Zu­ sammenspiel der Wahl des Intonationszentrums und einer distinktiven Ton­ bewegung, vgl. (17) bis (19) auf S. 39.

4.2. Funktionale Oppositionssysteme Die distinktiven prosodischen Elemente sind nicht nur in ihrer Beziehung zu den formalen Oppositionssystemen tonaiity, to nicity und tone ungleichar­ tig. Wie die Beispiele (17) bis (20) einerseits und (21) bis (23) andererseits auf S. 39f. zeigen, kommt der distinktiven Tonbewegung eine unterschied­ liche Funktion zu, je nachdem ob sie das Sprechtaktende innerhalb oder am Ende einer Äußerung kennzeichnet. Innerhalb einer Äußerung dient die m it der Sprechtaktwahl verbundene distinktive Tonbewegung der Thema-Rhema-Gliederung;67 die Tonbewegung am Äußerungsende hängt jedoch von kontextuellen Faktoren ab.686 9Während die Hallidayschen Oppositionssyste­ me tonaiity, to n icity und tone ausschließlich formale Veränderungen erfas­ sen, verbinden die in Abb. 4 aufgeführten funktionalen Oppositionssysteme den formalen m it einem funktionalen Aspekt. In Anlehnung an Quirk et al. (1972: 937) nennen w ir das Intonationszen­ trum eines Sprechtaktes unter dem Gesichtspunkt der Thema-Rhema-Gliederung den Fokus (focus o f In fo rm a tio n ).^ Fokussierung ist demnach das

67

Bei der Thema-Rhema-Gliederung wird ein Satz nicht nach syntaktischen Krite­ rien wie Subjekt, Prädikat und Objekt analysiert, sondern nach neuer und/oder hervorhebenswerter Information (Rhema) sowie alter und/oder weniger hervorhe­ benswerter Information (Thema), vgl. Esser (1976).

68

Oer Begriff 'kontextuell' wird hier in seiner weiten Bedeutung benutzt und be­ zieht sich sowohl auf den sprachlichen Kontext (= Kontext) als auch auf den außersprachlichen Kontext (= Situation).

69

Vgl. ib.: „Each tone unit represents a unit o f inform ation, and the place where the nucleus falls is the focus of inform ation." Obwohl Quirk et al. Gedanken von Halliday aufgreifen, folgen sie ihm nicht in allen Punkten; so unterscheidet Halli­ day (1967c: 203) z.B. noch zwischen prim ary und secondary focus, eine Unter­ scheidung, die wir allerdings nicht treffen. Wir übernehmen von Halliday (1967c: 203) jedoch das funktionale Oppositionssystem „inform ation focus" an sich, das w ir Fokussierung nennen. Meine Unterscheidung in formale und funktionale Op­ positionssysteme, vgl. Abb. 4, beruht auf Hallidays unterschiedlichen Konzeptio­ nen zu diesem Themenbereich, wie sie in seinen Publikationen von 1967a und 1967c dargestellt sind.

44

Formale Oppositionssysteme tonicity

Distinktive prosodische Elemente

Funktionale Oppositionssysteme

Intonationszentrum

Fokussierung Thematische Intonierung

tonality Distinktive Tonbewegung

tone

(steigend oder fallend)

Kontextuelle Intonierung

Abb. 4

funktionale Oppositionssystem, in dem das W ort eines Sprechtaktes ausge­ wählt wird, welches das Intonationszentrum erhält. Das fokussierte Wort ist der minimale Bestandteil des Rhemas, also der Inform ation, die von seiten des Sprechers als neu und/oder hervorhebenswert angesehen wird. Prinzipiell und systematischerweise kann jedes W ort eines Satzes fokussiert werden, vgl. die Beispiele (10) bis (14) bzw. (10') bis (14') auf S. 38. Hierbei ist es sowohl vom intonatorischen Gesichtspunkt als auch von dem der ThemaRhema-Gliederung gleichgültig, ob der durch die Fokussierung ausgedrückte Kontrast kontextueller (einschließlich metasprachlichem Gebrauch) oder si­ tuativer A rt ist. Je nach Informationslage kann ein Satz verschiedene rhematische Bereiche haben, ohne daß die prosodische Form zu ändern ist, vgl. (1, bis (3).70 (1) [What happened?] She gave me presentst Rhema (2) [What d id she do?] She gave me presen tsl Rhema (3) [ What did she give you?] She gave me presentsl Rhema 70

Hallldays (1967c: 207) Beobachtung „the domain of focus is thus not the tonic component as such but, in general, the highest rank constituent within which the syllable that is tonic is the last accented syllable" stellt also nur einen Spezialfall dar.

45

Die Äußerung She gave me presen ts l hat also in bezug auf die drei angegebe­ nen Kontexttypen71 keine intonatorisch eindeutig markierte Thema-Rhema-Gliederung. Will der Sprecher jedoch eine eindeutigere Gliederung von Thema und Rhema signalisieren, so muß er sich anderer M ittel bedienen. Dies können Veränderungen der Wortstellung im weitesten Sinne, besser der Element-Anordnung sein und/oder eine andere prosodische Form, vgl. (4) und (5). (4) [IV/raf d id she give you?] a. It was presents that she gave m el b. She gave m et presentsl (5) [What d id she doP] a. As fo r hert she gave me presentsl b. Shet gave me presen tsl In den b-Sätzen von (4) und (5) dient die Aufteilung des Satzes in zwei Sprechtakte dazu, jeweils unterschiedliche Thema-Rhema-Gliederungen m it prosodischen M itteln explizit zu machen: Die Elemente der linken Sprech­ takte sind thematisch gegenüber den Elementen der rechten Sprechtakte, welche rhematisch sind. Unter „thematischer Intonierung" verstehen wir m ithin ein prosodisches Gestaltungsmittel, das einen Satz in zwei oder mehr Sprechtakte aufteilt, wobei die Elemente eines linken Sprechtaktes als the­ matisch (bekannte und/oder weniger hervorhebenswerte Inform ation betref­ fend) gegenüber den Elementen eines rechten Sprechtaktes ausgewiesen wer­ den.72 Die thematisch markierten („neuen") Sprechtakte erhalten jeweils ein eigenes Intonationszentrum73 und in der Regel eine distinktiv steigende Tonbewegung.

71

Die Fragen in Klammern in (1) bis (3) sollen nicht als strikte Fragetests verstan­ den werden, sie repräsentieren lediglich einen Kotext, der ebensogut m it anderen Worten oder als außersprachlicher Kontext dargestellt werden könnte. Zum Frage­ test vgl. Dane? (1970: 73), Sgall et al. (1973: 49ff.) und Esser (1977b: 136ff.).

72

Zu den wenigen Autoren, die das Konzept der thematischen Intonierung zumin­ dest erwähnen, gehört Dane? (1960: 48): . .it is possible to use a special intona­ tion contour for singling out the thème." Halliday (1967a: 21) beschränkt die Er­ scheinung auf solche Fälle, in denen bei einer affirmativen Satzstruktur dem Sub­ jekt andere Satzteile vorausgehen. Bekanntlich stützen sich Hallidays Begriffe theme und thematic nur auf die Anfangsposition im Satz und nicht auf die davon unabhängige Informationslage, vgl. Halliday (1967c: 200 und 204).

73

Aus diesem Grund wird in Abb. 4 dem funktionalen Oppositionssystem „Thema­ tische Intonierung" das distinktive prosodische Element „Intonationszentrum " zugeordnet.

46

Die Realisierung einer thematischen Intonierung hängt von verschiedenen al­ lein oder gemeinsam wirkenden Faktoren ab, nämlich Satzlänge, Satzstruk­ tur, Sprechgeschwindigkeit und kommunikativer Sprecherabsicht im Sinne der Thema-Rhema-Gliederung.74 In (6), (6) a. The man told us we could park it here! b. The man told ust we could park it at the railway station! c. The man told ust we could park itt in the street over there! das Leech/Svartvik (1975: 170) entnommen ist, w ird anschaulich, daß m it zunehmender Erweiterung der Satzlänge die Notwendigkeit größer wird, syntaktische Gliederungseinheiten auch prosodisch, mittels thematischer In­ tonierung zu markieren. Die physiologische Bedingung, nach der es schwie­ rig ist, Sätze m it mehr als ca. 10 Wörtern Länge in nur einem Sprechtakt zu sprechen,75 w ird bei der Produktion längerer Sätze dazu benutzt, die syn­ taktische S truktur zu verdeutlichen oder in bestimmten Fällen auch zu disambiguieren. Unabhängig von der Satzlänge kann jedoch auch bei kürzeren Sätzen, wie z.B. (4b) und (5b), die thematische Intonierung dazu dienen, die Thema-Rhema-Gliederung explizit zu machen. Hierbei haben w ir es m it ei­ ner vergleichsweise langsameren Sprechgeschwindigkeit zu tun, die typischer ist für die Intonationsnormen vom Typ II und III, vgl. Abschn. 2.2. Im Rah­ men dieser Normen und auch als realistische Zielnorm für den Fremdspra­ chenunterricht könnte (6a) auch die folgende prosodische Form haben: (7) The man told ust we could park it here! Die thematische Intonierung unterstützt als formales Gestaltungsmittel der Thema-Rhema-Gliederung die von dieser Gliederung prinzipiell unabhängige syntaktische Gliederung in all den Fällen, bei denen w ir es m it einer thema­ tischen Progression wie z.B. in (8) oder (9, zu tun haben.76 (8) The man told u s t ......... R we could park i t t .......................... ......... in the street over there! .......................... R

74

Vgl. Leech/Svartvik (1975: 170).

75

Vgl. Leech/Svartvik (1975: 170).

76

Beispielsätze aus Leech/Svartvik (1975: 170).

47

(9) The blue w h a le t........................................T I ------4 which is the world's largest a n im a lt. . . . R '

T i I

has been hunte d ( t ) .............................................. R '

H

almost to e x tin c tio n !....................................................... R Die Notierung soll andeuten, daß der erste Sprechtakt jeweils in bezug auf den zweiten thematisch ist. Der erste und der zweite Sprechtakt sind wie­ derum insgesamt thematisch gegenüber dem dritten usw. Der zweite Sprech­ ta kt ist also rhematisch bezüglich des ersten Sprechtaktes, aber m it dem er­ sten zusammen thematisch.gegenüber dem dritten. Beim spontanen Spre­ chen und noch mehr beim Verfassen von schriftlichen Texten wird die Ele­ ment-Anordnung in den meisten Fällen so gewählt, daß man von Bekanntem oder Allgemeinem, dem Thema, überleitet zu Neuem bzw. Speziellem, dem Rhema. M it Mathesius (1975: 156) sprechen w ir in solchen Fällen von einer „objektiven" Thema-Rhema-Anordnung. Diese kann jedoch besonders in der gesprochenen Sprache auch die Abfolge Rhema-Thema haben, z.B.: (10) [IVZiaf lovely flowers you've got in your garden!] John planted these flow ers! Rhema

Thema

In diesem Fall läßt die Informationslage aufgrund der gewählten syntakti­ schen Struktur keine thematische Progression zu. Um dieses Gestaltungsmit­ tel einsetzen zu können, müßte die Element-Anordnung z.B. mittels der Pas­ sivkonstruktion geändert werden, so daß sich (11) ergibt, (11) [What lovely flowers you've got in your garden!] These flow erst were planted by John! Thema

Rhema

wobei sich allerdings der Status von planted ändert. Eine thematische Intonierung, die John einen eigenen Sprechtakt zuweisen würde wie in (12), (12) [What lovely flowers you've got in your garden!] * Johnt planted these flo w ers! wäre kontextuell unangemessen. Diese Äußerung wäre nur in einem Kotext akzeptabel, wie z.B. What d id John do this afternoon?. Eine thematische lntonierung ist also nicht möglich, wenn einem rhematischen Element ein oder mehrere Elemente folgen, die in direktem Bezug auf dieses (rhematische) Element thematisch sind. Diese Regel g ilt auch für längere Sequenzen m it der Folge, daß Sprechtakte entstehen, die über die oben angegebene Zahl 48



von zehn Wörtern deutlich hinausgehen;77 vgl. Beispiel (13), das einem Text m it dem Titel A Readership Survey entnommen wurde, bei dem die Frage nach dem Lesestoff ein zentrales „Them a" ist.78 (13) N ot only does the interview tem pt people to m3ke false claims about which publications they read! it also assumes! that respondents dot readt Wäre die kotextuelle Informationslage von (13, so, daß die Elementeabout which publications they read rhematisch wären, erhielte (13, die folgende prosodische Form: (13') Not only does the interview tempt people to make false claims! about which publications they read! it also assumes! that respondents do! readt Der Einfluß der Informationslage auf die prosodische Form schließt Fokus­ sierung und thematische Intonierung ein, klammert jedoch die distinktive Tonbewegung am Äußerungsende aus, wie die Beispiele (21) bis (23) auf S. 40 belegen. Da w ir bisher nur prosodisch spezifizierte Einzelsätze unter­ schiedlicher Kom plexität betrachtet haben, war das Äußerungsende automa­ tisch gegeben und stellte kein Problem dar. Wir müssen das Äußerungsende jedoch dahingehend definieren, daß w ir dam it diejenigen Stellen eines Rede­ abschnitts meinen, an denen die Rede aufhören kann, ohne daß eine unm it­ telbar betroffene syntaktische oder semantische Einheit unvollständig bliebe wie z.B. nach read in (13). Der folgende Redeabschnitt (14)79 hat beispiels­ weise „m ögliche" Äußerungsenden nach brandy, married und then:

77

Danes (1960: 46) hat ähnliches im Auge, wenn er schreibt: „B y shifting the utter­ ance Cl [center o f intonation, Intonationszentrum — J.E.] from the end of the utterance toward its beginning, long contours are formed. A t the same time all sectional (medial) junctures [Sprechtaktgrenzen —J.E.] , which would otherwise follow the utterance Cl, are 'wiped ou t': the utterance Cl must be the last one." Beispiel (13) zeigt jedoch, daß der lange Sprechtakt („long contour") nicht unbe­ dingt am Äußerungsende stehen muß. Das nachgestellte Thema about which publications they read ist lediglich Bestandteil des ersten Teilsatzes, der m it dem folgenden komplexen Satz inhaltlich und intonatorisch zu einer Äußerung wird.

78

Beispielsatz (13) stammt aus Buck (1971: 73), er wurde im Textzusammenhang von native speakers in der notierten Weise realisiert. Neben der prosodischen Form . . . d o ! readl wäre auch . . . dp re a d l möglich. Die erste Version ist ein Beispiel für level stress, vgl. Abschn. 6.1.

79

Beispiel aus meinem Korpus, Esser (in Vorbereitung) [A 1-1, 33-35, Hilda (1), S. 1] .

49

(14)

I have a bottle of brandy ! and my father gave me i t ! fo r the year we were married! and it was a hundred! and f i f t y ! years old then!

Die bei der Bestimmung möglicher Äußerungsenden zu vermeidende seman­ tisch-syntaktische Unvollständigkeit kann sich sowohl auf Elemente bezie­ hen, die einem projektierten Äußerungsende vorausgehen als auch folgen. So ist die Einheit m y father gave me i t in sich abgeschlossen und könnte been­ det werden, wenn nicht noch fo r the year we were married folgte. Umge­ kehrt war zwar in (13) die Folge it also assumes that respondents do read in sich geschlossen, nicht aber die vorausgehenden Elemente. Die Sprechtakt­ grenze nach i t in (14) markiert folglich kein mögliches Äußerungsende, son­ dern eine Segmentierung im Sinne der thematischen Intonierung, die bei schnellerer Sprechweise nicht realisiert zu werden braucht:80 (14') . . . and my father gave me it fo r the year we were marrie d! Die fallenden Tonbewegungen an den möglichen Äußerungsenden nach brandy und married in (14) sind Ausdruck der Tatsache, daß die them ati­ sche Progression an diesen Stellen für beendet erachtet wird und daß kein d i­ rekter Thema-Rhema-Bezug zwischen den drei möglichen Äußerungssegmen­ ten besteht. Dieser könnte jedoch hergestellt werden, wenn w ir die d istin kti­ ven Tonbewegungen nach brandy und married durch steigende ersetzen: (14") I have a bottle of er brand y ! and my father gave me i t ! fo r the year we were m arried! and it was a hundred! and f i f t y ! years old then! In diesem Fall wird durch die steigende Tonbewegung an den möglichen Äußerungsenden vom Sprecher angedeutet, daß das Äußerungsende eben an dieser Stelle auf keinen Fall stattfinden soll, auch wenn im Sinne der seman­ tisch-syntaktischen Vollständigkeit die Möglichkeit dazu besteht. Hierbei handelt es sich um ein ähnliches Phänomen wie in Beispiel (2) auf S. 34, wo das mögliche Äußerungsende nach expanding zwar durch eine fallende Ton­ bewegung realisiert wurde (dies mag jedoch m it der sehr langen Satzstruktur Zusammenhängen), der Sprecher aber durch den schnellen Anschluß von in fact . . . zu erkennen gibt, daß er noch weitere Ausführungen machen möch­ te. Innerhalb eines Redeabschnitts können sich also durchaus Stellen erge­ ben, an denen durch die Wahl der distinktiven Tonbewegung eine stilistisch zu wertende Unterscheidung zwischen interner thematscher Progression wie

80

50

Die Sprecherin von (141 spricht insgesamt sehr langsam und bedächtig.

in (14", oder der Koordination von Thema-Rhema-Strukturen wie in (14) besteht. Dieser Unterschied kann in bestimmten Fällen auch noch zusätzlich syntaktisch ausgenutzt werden, wie in dem minimalen Paar (20) auf S. 39. Während die steigende Tonbewegung in (20a) als Mittel der thematischen Intonierung zu interpretieren ist und eine bestimmte syntaktische Konstruk­ tion verstärkt, ist die fallende Tonbewegung in (20b) kein Mittel der ThemaRhema-Gliederung. Die Wahl der Tonbewegung an möglichen Äußerungsen­ den erfüllt in (20b) bis (23) auf S. 39 f. also eine andere Funktion als in (17) bis (20a) auf S. 39. Die Wahl der Tonbewegung an möglichen Äuße­ rungsenden stellt somit ein eigenes Oppositionssystem dar, welches w ir im Hinblick auf die in Kap. 5 erläuterten Intonationsfunktionen 'kontextuelle Intonierung' nennen. Wenn w ir neben den systematischen Veränderungen im prosodischen Be­ reich auch noch die Element-Anordnung berücksichtigen, da sie wie die In­ tonation Mittel der Thema-Rhema-Gliederung ist, vgl. (4) und (5) auf S. 46, so ergibt sich eine Hierarchisierung von Oppositionssystemen zur Wortstel­ lung und Intonation wie in Abb. 5.81 Das erste Oppositionssystem, „Semanto-Syntax", stellt ein Satzmuster be­ reit, das bei der Ableitung einer Äußerung zunächst das Oppositionssystem „Elem ent-Anordnung" durchläuft. In ihm werden im Sinne von fakultativen Oberflächentransformationen die möglichen Veränderungen von Allo-Sät­ zen82 beschrieben. Dabei hängt das Inventar und die logische Anordnung der Transformationen von dem ursprünglichen Satzmuster ab. In dem Oppo­ sitionssystem „Fokussierung" wird das Intonationszentrum des Allo-Satzes festgelegt. Die Möglichkeiten zur Fokussierung werden durch die Wahl des Allo-Satzes mitbestimmt, /f is b y her that Z wasgiven presents läßt z.B. nur eine Fokussierung von her zu. In dem Oppositionssystem „Thematische In­ tonierung" erfolgt die Aufteilung in Sprechtakte. Wie w ir auf S. 47 bereits sahen, ist dies abhängig von Satzlänge, Satzstruktur, Sprechgeschwindigkeit und kommunikativer Sprecherabsicht im Sinne der Thema-Rhema-Gliede­ rung. Außerdem hängt die thematische Intonierung von der Wahl des Fokus ab. So ist z.B. bei der Wahl von She als Fokus wie in She^gave me presents keine thematische Intonierung mehr möglich, vgl. S. 48 In dem Opposi­ tionssystem „Kontextuelle Intonierung" wird schließlich die Tonbewegung am Äußerungsende bestimmt, wodurch z.B. Aussage und Frage oder Aussa­ ge ohne Im plikation und Aussage m it Im plikation prosodisch markiert wer­ den, vgl. S. 40.

81

Vgl. auch Esser (19761 und (1977c)

82

Dieser Begriff wird von Danes (1964: 233) benutzt.

51

She gave me presents (SVOO) ** EA Semanto-Syntax Zp u t the plate on the fable (SVOA) etc.

She gave me presents -+ FO ElementAnordnung (EA)

She gave presents to me / was given presents by her '

etc.

She gave me presents -+TI Fokussierung (FO)

She gave me presents etc.

Thematische Intonierung (TI)

Kontextuelle Intonierung (Kl)

SZ,et gave me presents -> Kl

1

She gave znet presents

(

She]gave me presentst She] gave me presents]

Abb. 5

52

5

IN TO N A TIO N S FU N K TIO N E N

5.1. Zur Vielschichtigkeit des Funktionsbegriffs Der Blick in ein linguistisches Wörterbuch macht klar, daß der Begriff Funk­ tion in der Linguistik in sehr unterschiedlicher Weise benutzt wird. In den meisten Verwendungsweisen bedeutet Funktion soviel wie Abhängigkeit ei­ nes Phänomens (Variable oder Element einer Menge) von einem anderen. Ist die Abhängigkeit der Variablen bzw. Zuordnung der Menge eindeutig, so ähnelt der linguistische Gebrauch des Begriffs Funktion dem Gebrauch in der Mathematik oder Logik. Ein derartiger Gebrauch liegt besonders dann vor, wenn die wechselseitige Abhängigkeit von Elementen der linguistischen Struktur dargestellt wird. Wir sagen z.B.: Wenn engl, /e/ statt /ae/ in der Um­ gebung /p _ n / erscheint, dann bedeutet dies 'Schreibgerät' statt 'Pfanne'; oder: der Unterschied zwischen /e / und /ae/ wird „fu n k tio n a l" ausgenutzt. In ähnlicher Weise wird 'Subjekt' in der Transformationsgrammatik defi­ niert: Wenn eine NP von einem S dom iniert w ird, ist diese NP das Subjekt; oder: die NP ist in „Subjektsfunktion". Der Begriff Funktion wird jedoch in der Linguistik auch gebraucht, wenn die Variablen bzw. Mengen, die in Abhängigkeit voneinander stehen, nicht exakt definiert werden können. Dieser Gebrauch des Begriffs Funktion zielt in mehr oder minder allgemeiner Weise auf den instrumentalen Charakter der Sprache ab, nämlich die sog. Sprachfunktionen. Derartige allgemeine Sprachfunktionen, wie z.B. im Organonmodell von Bühler (1965: 24ff.) oder den daraus abgeleiteten sechs Sprachfunktionen bei Jakobson (1960: 353), sind jedoch ohne direkten Bezug auf sprachliche Formen.83 Um die Sprachfunktionen nicht so allgemein zu halten, daß ihr Aussagewert bezüg­ lich einzelner sprachlicher Formen gering ist, müssen w ir von spezielleren Teilfunktionen ausgehen, die die allgemeinen Sprachfunktionen m it denje­ nigen Elementen der linguistischen S truktur verbinden, die auf funktiona­ lem Wege m it der Hilfe von Oppositionspaaren erm ittelt wurden. Als derar­ tige Elemente der linguistischen Struktur haben wir in Kap. 3 die distin kti­ ven prosodischen Elemente erm ittelt, die ihrerseits in die funktionalen Op­ positionssysteme eingehen, vgl. Kap. 4. Hierbei wurden Elemente der sprachlichen Form (die distinktiven prosodischen Elemente) so zusammen-

83

Vgl. Halliday (1970: 141): „extrinsic account of linguistic functions".

53

gefaßt, daß in den funktionalen Oppositionssystemen die systematischen Veränderungen bei der Anwendung der distinktiven prosodischen Elemente berücksichtigt wurden. Zur Kennzeichnung der Beziehung der formalen Ele­ mente zu anderen Einheiten der Sprachstruktur und zu außersprachlichen Bedingungen der Kommunikation behandeln w ir in diesem 5. Kapitel die Intonationsfunktionen. In Abb. 6 wird gezeigt, welcher A rt die Abhängigkeiten der funktionalen Oppositionssysteme zu den Intonationsfunktionen einerseits und der Into­ nationsfunktionen zu den allgemeinen Sprachfunktionen andererseits sind. Bei dem System der Sprachfunktionen stützen w ir uns auf das Modell von Halliday (1970), das eine Modifizierung des Bühlerschen Modells darstellt, da es die senderbezogene Ausdrucksfunktion und die empfängerbezogene Appellfunktion zur interpersonal function zusammenfaßt und darüber hin­ aus die bei Bühler nicht ausdrücklich angesprochene textuai function hinzu­ nimmt.

5.2. Lexikalische und syntaktische Oisambiguierung Im Englischen gibt es eine begrenzte Anzahl von mehrdeutigen segmentalen Morphemketten, die sich in referentiell-semantischer Hinsicht durch unter­ schiedliche prosodische Formen disambiguieren lassen. Alle drei genannten funktionalen Oppositionssysteme, nämlich Fokussierung, thematische Intonierung und kontextuelle Intonierung,können die Intonationsfunktion der Disambiguierung ausüben und erfüllen damit die ideationai function nach Halliday, vgl. Abb. 6.

54

Distinktive prosodische Elemente

Intonations Zentrum

Steigende Tonbewegung

Funktionale Oppositionssystème

Intonations­ funktionen

^.Fokussierung------ ^.Lexikalische odersyntaktische fDisambiguierung

Syntaktische Verdeutlichung~

Sprachfunk­ tionen (nach Halliday)

-> ideational

textual

Textuelle Differenzierung ■ Fallende Tonbewegung

Expressive Funktion — $ interpersonal

[analoge prosodische Inform ation] Abb. 6

Durch unterschiedliche Fokussierung werden z.B. die folgenden Morphem­ folgen disambiguiert:®4 (1) a. [What can you do to substantiate your claim?] I 've certain proofs) b. [UTiaf k in d o f proofs have you got?] I've certain proofs) (2) a. [What's the name o f that darkish bird?] [That's] a blackbird) b. [What can you see on the telegraph-wire?] A black b ird)

84

Beispiel (1) ist Danes (1960: 51) und (4) Newman (1946: 179) entnommen. Die in (2) relevante Unterscheidung zwischen Wort- und Satzbetonung wird in Abschn. 6.1. ausführlich diskutiert.

55

(3) a. [kWiaf are those boats over there?] Sailing boats! b. [What's your favourite sport?] Sailing boats! (4) a. [What's the purpose o f your visit?] I've instructions to leave! b. [What are your instructions?] I've instructions to leave! In (la ) handelt es sich um das Bestimmungswort (determiner) certain „n o t named or described but existing" und in (1b) um das Adjektiv certain „sure, established beyond all doubt or question, know n".85 (2a) m arkiert ein Kompositum, 'Amsel', und (2b) eine syntaktische Gruppe. In (3a) haben wir ein verbal noun als Teil eines Kompositums und in (3b) eine syntaktische Gruppe, bestehend aus gerund + Nomen in O bjektfunktion. In (4a) ist /nstructions direktes Objekt von leave, in (4b) haben w ir einen to-infinitive nominal clause als Objekt. Durch den Gebrauch der thematischen Intonierung lassen sich u.a. die fo l­ genden Morphemfolgen disambiguieren:86 (5) a. Please w ire t if I am to corned ('ob ich kommen soll') b. Please wire if I am to come! ('für den Fall, daß ich kommen soll') (6) a. He's a civil servant! ('Beamter') b. He's a c iv il! servant!87 ('höflicher Diener') (7) a. He turned! in his sleeping bag! ('sich umdrehen') b. He turned in ! his sleeping bag! ('abgeben')

85

Zitat nach dem Dictionary o f contemporary English s.v. certain.

86

Beispiel (5) aus Schubiger (1958: 106), (6) aus Pilch (1970: 87), (7) aus Wode (1966: 167), (8) aus Wode (1966: 146), (9) aus Crystal (1969: 265), (10) aus Lee (1955: 352), (11) aus Wode (1966: 145), (12) aus Wode (1966: 160), (13) abge­ ändert aus Wode (1966: 144), (14) aus Wode (1966: 153), (15) aus Lee (1955: 358), (16) abgeändert aus Wode (1966: 160), (17) aus Trager/Smith (1962: 46), (18) aus Schubiger (1958: 105).

87

Die Opposition zwischen (6a) und (6b) wird im Beschreibungssystem des amerika­ nischen Strukturalismus m it unterschiedlichen stress „phonem es" beschrieben:

56

(8) a. Later applications! should be sent to my d e p u ty !88 ('spätere Bewerbungen', b. Later! applications should be sent to my deputy! ('danach', (9) a. I want more experienced people! ('erfahrenere Leute', b. I want m ore! experienced! people! ('mehr und erfahrene Leute') (10, a. And the children! who were lucky ! got presents! (additiver Relativsatz, b. And the children who were lucky ! got presents! (restriktiver Relativsatz) (11, a. As it happened before he was eighteen! he was sent to a home! fo r juvenile delinquents! ('weil er noch keine achtzehn war', b. As it happened! before he was eighteen! he was sent to a home! fo r juvenile delinquents! ('wie es so geschah, wurde e r . . . ', (12, a. Those who took their chances! at once made a great fo rtu n e ! ('wurden sofort sehr reich') b. Those who took their chances at once! made a great fo rtu n e ! ('die die Gelegenheit sofort nutzten') (13) a. Some things you know ! are im portant! ('einige Dinge, die du weißt, sind wichtig') b. Some things! you kn o w ! are im portant! ('einige Dinge, mußt du wissen, sind w ichtig', (14) a. There are old men! and women ! ('alte Männer und Frauen') b. There are o ld ! men and women ! ('alte Männer und alte Frauen') (15) a. T w o! times three plus one! [is e ig h t!] b. Two times three! plus one! [is seven! 1

(6a'| c/v/7 servant f sfress) und -* Tonhöhe, vgl. -* Hauptton. Wortintonation Der Verlauf der -* Tonhöhe im Wort. Dieses -* prosodische Merkmal wird in einigen Sprachen, z.B. dem Chinesischen, funktional ausgenutzt und dient dort alleine zur Wortunterscheidung, vgl. -* Wortbetonung und -» Hauptton.

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Sachregister

Die hier aufgeführten Stichwörter verweisen auf die Kapitel 1 bis 8, jedoch nicht auf das Glossar, Kapitel 9. Amplitude 31 analoge Bewertung 33 analoge Information 33, 35, 37 Anfangsbetonung 58, 70, 72 Betonungsphoneme 35 breite Transkription 23,61 Dauer 30f. Diktat-Vorlese-Norm 26, 78, 80 Diphthong 13 diskrete Bewertung 33, 37 diskrete Information 34f., 38, 66 distinktive prosodische Elemente 31, 36, 3 9 f„ 42f., 45, 53, 60f., 75 distinktive Tonbewegung 20, 40, 42, 4 4 f„ 75 Element-Anordnung 46, 48, 51f. Endbetonung 71f. enge Transkription 23,79 enklitischer Anschluß 78, 94 expressive Funktionen 34, 65, 75 Fokussierung 44f,, 49, 51 f., 54f., 62f. formale Oppositionssysteme 45 Funktion 53 funktionale Belastung 60 funktionale Oppositionssysteme 45, 53f., 62 Frequenz der Stimmbandschwingun­ gen 31 geschriebene Realisationsart 15 geschriebene Sprache 20, 27 gesprochene Realisationsart 26 gesprochene Sprache 15, 48, 60, 78 Grundfrequenz 31 Hauptton (Hauptakzent) 19, 21 impUcatory rise 66f. Informationslage 27, 46, 48f., 63 Intensität 30f. Intonationsnormen 25f. Intonationsfunktionen 54 Intonationszentrum 20f., 37, 41f., 45, 75

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Junkturen 35 Konsonant 13,21 kontextuelle Intonierung 45, 51f., 54, 59, 62, 65, 75 kurze Silbe 18, 21,26, 77, 80f. lange Silbe 18, 21,26, 77, 8 0 f. Lautstärke 31 ,65 level stress 69-74, 77 lexikalische Disambiguierung 37, 54, 64, 71 Melismatik 74 Metrik 77 mögliche Pausenstelle 35 mögliches Äußerungsende 49f. Monophthong 13 Morphem 15 Nebenton (Nebenakzent) 19,21 Normalintonation 82 Oppositionssystem 43 Pause 17, 20, 2 6 f., 3 0 f„ 3 4 f., 40 proklitischer Anschluß 78 prosodische Merkmale (suprasegmentale Merkmale) 30, 37 Rhythmus 1 6 ,2 6 ,6 5 ,7 6 Satzakzent 37 Satzbetonung 19f., 77 Schwachform der Funktionswörter 19, 26 Silbe 1 3 ff„ 21f. Silbenanalyse 15 Silbengrenze 15f. Silbenkern 13f. Sinneinheit 27 Sonorant 13f., 21 Sprachfunktionen 53 Sprechgeschwindigkeit 20, 27f., 34,41, 47, 51,64, 70, 93 Sprechplanung 27, 35, 93, 95 Sprechtakt 20, 22, 27, 68 Sprechtaktende (Sprechtaktgrenze) 2 0 f„ 26, 40f., 70. 94

Sprechtaktwahl 43, 68 Starkform der Funktionswörter 26 suprasegmentale Merkmale s. prosodische Merkmale syntaktische Disambiguierung 20, 47, 54, 64, 71,82 syntaktische Verdeutlichung 20, 27, 47, 61 f.. 64, 68, 82, 93ff. Tempo 30f., 65 textuelle Differenzierung 37, 63f., 68, 70, 95 Thema-Rhema-Gliederung 44, 46, 48, 51, 63, 7 1 ,8 2 ,9 4 thematische Intonierung 45-49, 51f., 54, 56, 59, 62ff.

thematische Progression 47f., 82 Tonhöhe 30f. Tonhöhenphoneme 35 Tonhöhenumfang 65 Triphthong 13 Vers 16, 26, 80f. Vokal 13,21 Vokalqualität 18 Wahl der distinktiven Tonbewegung 43 Wahl des Intonationszentrums 43 Wort 1 7 ff„ 21 f. Wortakzent 37 Wortbetonung 18, 77f., 81

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