Digitalisierung und Internationales Steuerrecht: Ertrags- und Umsatzbesteuerung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen [1 ed.] 9783428554478, 9783428154470

Grenzüberschreitende, internetbasierte Dienstleistungen werfen zahlreiche steuerrechtliche Probleme auf. Die Grundfrage

144 28 3MB

German Pages 239 Year 2018

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Digitalisierung und Internationales Steuerrecht: Ertrags- und Umsatzbesteuerung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen [1 ed.]
 9783428554478, 9783428154470

Citation preview

Schriften zum Steuerrecht Band 132

Digitalisierung und Internationales Steuerrecht Ertrags- und Umsatzbesteuerung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen

Von

Anja Raden

Duncker & Humblot · Berlin

ANJA RADEN

Digitalisierung und Internationales Steuerrecht

S c h r i f t e n z u m St e u e r r e c ht Band 132

Digitalisierung und Internationales Steuerrecht Ertrags- und Umsatzbesteuerung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen

Von

Anja Raden

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Potsdam hat diese Arbeit im Jahr 2017 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2018 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Ochsenfurt-Hohestadt Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0235 ISBN 978-3-428-15447-0 (Print) ISBN 978-3-428-55447-8 (E-Book) ISBN 978-3-428-85447-9 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Für meine Digital Natives: August, Quirin und Josepha

Vorwort Auslöser für diese Arbeit war nicht nur meine Begeisterung für Digitalisierung, die erst lange nach Beginn meines Promotionsvorhabens zum weitverbreiteten Modewort wurde, sondern auch mein Interesse an Dienstleistungen und ihrer juristischen Abgrenzung zu Waren. Im Vordergrund stand dabei die Frage, welche steuerlichen Konsequenzen sich aus der Nichtgegenständlichkeit von Dienstleistungen ergeben. Einer der Dreh- und Angelpunkte des internationalen Steuerrechts, das historisch stark verwurzelte Betriebsstättenkonzept wurde in seinem Ausgangspunkt nur für Waren konzipiert. Das Überstülpen des Betriebsstättenkonzepts auf Dienstleistungen hat sich als schwierig erwiesen. Im Bereich digitaler Dienstleistungen, also Leistungen, die fast ausschließlich automatisiert, d. h. ohne menschliches Beteiligung erbracht werden, stößt es endgültig an seine Grenzen und ist damit ein ungeeigneter Anknüpfungspunkt für deren Besteuerung. Hierfür Alternativen aufzuzeigen war Ziel und Anspruch meiner Dissertation. Die Disputation dieser Arbeit fand im Dezember 2017 statt. Literatur und Rechtsentwicklungen konnten überwiegend bis März 2018 eingearbeitet werden. Mein erster, großer Dank geht an meinen Betreuer, Herrn Prof. Dr. Musil, für seine anregenden Doktoranden-Seminare, die rundum gute Betreuung und seine fachlichen Ratschläge sowie für die zügige Erstellung des Erstgutachtens. Mein Dank gilt weiterhin Herrn Prof. Dr. Lammers für die Übernahme des Zweitgutachtens und für das in diesem Gutachten zum Ausdruck kommende Interesse an der Thematik meiner Arbeit. Ein besonderer Dank geht an meine Eltern, die mir die verschiedenen Stationen meiner Ausbildung ermöglicht haben. Bei Herrn Dr. Daniel Fehling bedanke ich mich herzlich für die Durchsicht der Arbeit und für seine wertvollen Kommentare. Diese Arbeit ist in meinen Elternzeiten entstanden. Danken möchte ich daher vor allem jenen beiden Menschen, die mich in diesem Langzeitprojekt bedingungslos unterstützt und die Fertigstellung der Arbeit nie in Frage gestellt haben: meiner Mutter, Elisabeth Raden, und meinem Mann, Florian Möslein. Sein Rückhalt und sein zeitlicher Einsatz bei der Kinderbetreuung – beispielsweise an den vielen Samstagen, die er alleine mit unseren Kindern in Museen verbracht hat, während ich am Schreibtisch saß – waren die Grundvoraussetzung für das Gelingen der Arbeit. Dafür danke ich ihm von Herzen. München, im Sommer 2018

Anja Raden

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

1. Kapitel Grundlagen

29

I. Der Dienstleistungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1. Europa- und privatrechtlicher Definitionsansatz des Begriffs „Dienstleistung“ . 29 2. Steuerrechtliche Definitionsansätze des Begriffs „Dienstleistung“ . . . . . . . . . . 33 II. Internetbasierte Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1. Digitale Dienstleister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2. Inhalteanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3. Mischanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 III. Besteuerungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 1. Direktgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2. Betriebsstätten/Feste Niederlassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3. Tochtergesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 4. Anknüpfungsmerkmale zur Aufteilung der Steuerhoheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 1. Dienstleistungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2. Internetbasierte Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 3. Besteuerungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

10

Inhaltsübersicht 2. Kapitel Indirekte Besteuerung – Umsatzsteuerliche Behandlung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen 49

I. Regelungsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 1. Europäische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 2. Internationale Ebene – Ansätze der OECD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 3. Nationale Vorschriften und Fokus der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 1. Internetbasierte Lieferungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 2. Internetbasierte sonstige Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3. Unternehmen, Unternehmer und Entgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 4. Inland bzw. Leistungsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 5. Steuersatz, § 12 UStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 6. Bemessungsgrundlage, § 10 UStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 7. Steuerentstehung, § 13 UStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 8. Steuerschuldnerschaft und Vorsteuerabzug im grenzüberschreitenden Fall, §§ 15, 13a, 13b UStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 III. Fazit und Ausblick zur Umsatzsteuerbarkeit digitaler Dienstleistungen . . . . . . . . . . . 106

3. Kapitel Direkte Besteuerung – Ertragsteuerrechtliche Behandlung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen

108

I. Regelungsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 1. Europäische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 2. Internationale Ebene, insbesondere OECD Musterabkommen . . . . . . . . . . . . . . 110 3. Nationale Vorschriften und Fokus der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

Inhaltsübersicht

11

II. Inboundgeschäfte: Inlandsgewinne von in Deutschland beschränkt Steuerpflichtigen 111 1. Gewerbeeinkünfte aus Betriebsstätten oder über Ständige Vertreter . . . . . . . . . 112 2. Gewerbeeinkünfte durch die Verwertung von Darbietungen . . . . . . . . . . . . . . . 147 3. Gewerbeeinkünfte durch die Vermietung und Verpachtung oder Veräußerung von unbeweglichem Vermögen, Sachinbegriffen oder Rechten . . . . . . . . . . . . . 149 4. Einkünfte aus selbständiger Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 5. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 6. Sonstige Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 7. Steuerverfahren: Abzug und Veranlagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 8. Zusammenfassung und Fazit zur beschränkten Steuerpflicht im Inboundfall . . 166 III. Outboundgeschäfte: Auslandsgewinne von in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 1. Direktgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 2. Auslandsbetriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 3. Ausländische Tochtergesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 4. Ergebnis Outboundgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 IV. Beschränkungen der nationalen Besteuerungsrechte durch Doppelbesteuerungsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 1. Einkunftsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 2. Dienstleistungsspezifische Zuteilungsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 3. Gewinnaufteilung nach Abkommensrecht und nationalem Recht . . . . . . . . . . . 180 4. Fazit Doppelbesteuerungsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

12

Inhaltsübersicht 4. Kapitel Lösungsansätze zur Besteuerung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen

195

I. Betriebsstättengebundene Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 1. Modifizierung von Art. 5 Abs. 4 OECD-MA 2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 2. Digitale Betriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 3. Das Konzept der digitalen „erheblichen Präsenz“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 4. Fazit betriebsstättengebundene Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 II. Betriebsstättenlose Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 1. Bit-Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 2. Quellensteuer auf digitale Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 3. EU-Digitalsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 4. Fazit betriebsstättenlose Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 III. Destination-based Cash-Flow-Corporate-Tax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 1. Grundgedanke einer Bestimmungslandsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 2. Fazit zur Bestimmungslandsteuer und ihrer Anwendbarkeit auf internetbasierte Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 IV. Formelhafte Gewinnzuteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 1. Grundlagen der formelhaften Gewinnzuteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 2. Aktueller Stand in Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 3. Die Richtlinienentwürfe der Europäischen Kommission vom Oktober 2016 . . . 212 4. Die Richtlinienvorschläge der Kommission und ihre Relevanz für internetbasierte Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 5. Fazit zur formelhaften Gewinnzuteilung und ihrer Anwendbarkeit auf internetbasierte Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

Inhaltsübersicht

13

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 II. Indirekte Besteuerung – Umsatzsteuerliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 III. Direkte Besteuerung – Ertragsteuerrechtliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 IV. Lösungsansätze zur Besteuerung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

1. Kapitel Grundlagen

29

I. Der Dienstleistungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1. Europa- und privatrechtlicher Definitionsansatz des Begriffs „Dienstleistung“ . . . 29 a) Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 aa) Dienstleistungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 (1) Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 (2) Entgeltlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 (3) Abgrenzung zu den anderen Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 (4) Zielsetzung der Dienstleistungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 bb) Gemeinsames Europäisches Kaufrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 b) Privatrecht – Nationales Vertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 c) Ergebnis europa- und privatrechtlicher Dienstleistungsansatz . . . . . . . . . . . . . . 33 2. Steuerrechtliche Definitionsansätze des Begriffs „Dienstleistung“ . . . . . . . . . . . . . 33 a) Europäische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 b) UN- und OECD-Musterabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 c) Nationale Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 aa) EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 bb) GewStG, AStG und BMF-Schreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 II. Internetbasierte Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1. Digitale Dienstleister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 a) Internetserviceprovider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 b) Host- und Application-Service-Provider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 c) Cloudanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 d) Plattformbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 e) App-Store . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 f) App-Entwickler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2. Inhalteanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3. Mischanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

16

Inhaltsverzeichnis

III. Besteuerungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 1. Direktgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2. Betriebsstätten/Feste Niederlassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3. Tochtergesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 4. Anknüpfungsmerkmale zur Aufteilung der Steuerhoheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 a) Besteuerung dem Grunde nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 b) Besteuerung dem Umfang nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 1. Dienstleistungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2. Internetbasierte Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 3. Besteuerungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

2. Kapitel Indirekte Besteuerung – Umsatzsteuerliche Behandlung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen 49 I. Regelungsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 1. Europäische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 2. Internationale Ebene – Ansätze der OECD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 3. Nationale Vorschriften und Fokus der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 1. Internetbasierte Lieferungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 2. Internetbasierte sonstige Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3. Unternehmen, Unternehmer und Entgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 a) Zugangsanbieter und Netzbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 b) Host- und Application-Service Provider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 c) Cloudanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 d) Plattformbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 e) App-Stores und App-Entwickler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 aa) App-Stores . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 bb) App-Entwickler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 (1) Entgeltliche Apps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 (2) Unentgeltliche Apps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 (3) Werbefinanzierte Apps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 (4) Apps zur Finanzierung von Spenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 f) Inhalteanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 4. Inland bzw. Leistungsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 a) Normensystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

Inhaltsverzeichnis

17

b) B2B-Umsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 aa) Gemeinschaftsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 bb) Drittland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 cc) Nachweis der Unternehmereigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 c) B2C-Umsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 aa) Rechtslage für B2C-Geschäfte bis zum 1. 1. 2015 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 (1) Gemeinschaftsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 (2) Drittstaatsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 bb) Rechtslage seit dem 1. 1. 2015 für B2C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 cc) Qualifikation der internetbasierten Leistungen der verschiedenen OnlineAkteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 (1) Zugangsanbieter und Netzbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 (2) Host- und Application-Service-Provider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 (3) Cloudanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (4) Plattformbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (5) App-Stores und App-Entwickler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (6) Inhalteanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (7) Zwischenfazit Qualifikation der Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 e) Praxisprobleme und ihre derzeitigen Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 aa) Juristischer Lösungsansatz gemäß DVO (EU) Nr. 1042/2013 des Rates vom Oktober 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 (1) Normensystematische Einordung der DVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 (2) Materielle Kernaussagen der DVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 (a) Vermutungen bezüglich des Ortes des Dienstleistungsempfängers 71 (b) Widerlegung von Vermutungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 (c) Vermutungsunabhängige Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 (d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 bb) Technischer Lösungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 (1) Internet-Protokoll-Adressen (IP-Adresse) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 (a) Technische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 (b) Vorratsdatenspeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 (2) Verfahren der Geolokalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 (3) Ländercode der SIM-Karte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 (4) Zusammenfassung technische Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 cc) Praktische Umsetzung des Bestimmungslandprinzips: Die „kleine einzige Anlaufstelle“, § 18 h UStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 (1) Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 (2) Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (3) Fazit zur „kleinen einzigen Anlaufstelle“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

18

Inhaltsverzeichnis f) Fazit und Bewertung des Besteuerungsorts in der Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . 84 aa) Folgen der Leistungsortänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 bb) Status quo OECD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 cc) Weiteres Vorgehen der Europäischen Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 5. Steuersatz, § 12 UStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 a) App-Entwickler und App-Stores . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 aa) App-Entwickler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 bb) App-Stores . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 cc) Anwendungsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 b) Inhalteanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 aa) Vertragsbeziehung Autor – Verlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 bb) Vertragsbeziehung Verlag – Onlinevertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 cc) Vertragsbeziehung Onlinevertrieb – Endnutzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 (1) Anwendungsvereinbarungen Onlinevertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 (2) Virtuelle Bibliotheken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 (3) E-Pictures . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (4) Gesamtverkaufspreis Print- und E-Paper-Abonnements . . . . . . . . . . . . . 96 (5) Informationsmedien auf Datenträgern und zum Download . . . . . . . . . . 96 (a) Datenträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 (b) Download . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 (aa) EuGH-Urteil C-502/13 vom 5. März 2015 Kommission/Frankreich und Kommission/Luxemburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 (bb) Meinungsstreit: Ermäßigter Steuersatz für alle Bücher, unabhängig von der Verkörperungsform? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (cc) Wertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 c) Fazit Steuersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 6. Bemessungsgrundlage, § 10 UStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 a) Entgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 b) Rechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 7. Steuerentstehung, § 13 UStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 8. Steuerschuldnerschaft und Vorsteuerabzug im grenzüberschreitenden Fall, §§ 15, 13a, 13b UStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

III. Fazit und Ausblick zur Umsatzsteuerbarkeit digitaler Dienstleistungen . . . . . . . . . . . 106

Inhaltsverzeichnis

19

3. Kapitel Direkte Besteuerung – Ertragsteuerrechtliche Behandlung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen 108 I. Regelungsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 1. Europäische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 2. Internationale Ebene, insbesondere OECD Musterabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3. Nationale Vorschriften und Fokus der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 II. Inboundgeschäfte: Inlandsgewinne von in Deutschland beschränkt Steuerpflichtigen 111 1. Gewerbeeinkünfte aus Betriebsstätten oder über Ständige Vertreter . . . . . . . . . . . . 112 a) Onlineakteure als Gewerbetreibende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 b) Traditionelle Betriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 aa) Historie der traditionellen Betriebsstätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 (1) Die nationalen Anfänge des Betriebsstättenkonzepts von ca. 1845 bis 1909 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 (2) Die internationalen Anfänge des Betriebsstättenkonzepts von ca. 1899 bis zum Ende des 2. Weltkriegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (3) Das Betriebsstättenkonzept von OECD und UN . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (4) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 bb) Nationale und abkommensrechtliche Voraussetzungen der traditionellen Betriebsstättenbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (1) Feste Geschäftseinrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (2) Unternehmenstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (3) Verfügungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (4) Bezug zur Unternehmenstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 cc) Verbreitung traditioneller Betriebsstätten bei internetbasierten Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 (1) Internetdienstleister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 (2) Cloudanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (a) Technischer Hintergrund Cloud Computing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (b) Anwendbarkeit der Betriebsstättendefinition auf Clouds . . . . . . . . . 126 (aa) Feste Geschäftseinrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (bb) Ausübung der Unternehmenstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (cc) Vorbereitende- bzw. Hilfstätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 (dd) Verfügungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 (3) Host- und Application-Service-Provider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (a) Hostprovider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (b) Application-Service-Provider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (4) Plattformbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 (5) App-Stores . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

20

Inhaltsverzeichnis (6) App-Entwickler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (7) Inhalteanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 dd) Fazit traditionelle Betriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 c) Dienstleistungsbetriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 aa) Unechte Dienstleistungsbetriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 bb) Echte Dienstleistungsbetriebsstätten nach Anm. 42.23 OECD-MK . . . . . . . 136 cc) Dienstleistungsbetriebsstätten nach Art. 5 Abs. 3 UN-MA . . . . . . . . . . . . . 138 dd) Fazit Dienstleistungsbetriebsstätte in der digitalen Wirtschaft . . . . . . . . . . . 139 d) Bau- und Vertreterbetriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 aa) Baubetriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 bb) Vertreterbetriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 (1) Nationale und abkommensrechtliche Tatbestandsvoraussetzungen . . . . 141 (2) Vertreterbetriebsstätten in multinationalen Konzernen . . . . . . . . . . . . . . 142 cc) Baubetriebsstätten und Vertreterbetriebsstätten in der digitalen Wirtschaft 144 e) Wertungswidersprüche OECD-MA und OECD-MK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 f) Fazit Betriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 2. Gewerbeeinkünfte durch die Verwertung von Darbietungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3. Gewerbeeinkünfte durch die Vermietung und Verpachtung oder Veräußerung von unbeweglichem Vermögen, Sachinbegriffen oder Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 a) Grundsätzliches zur Vermietung, Verpachtung oder Veräußerung von Rechten und Sachinbegriffen i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f), Nr. 6 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . 149 b) Individual- und Systemsoftware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 c) Standardsoftware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 d) Hostingverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 e) SaaS-Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 f) App-Verkäufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 g) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 4. Einkünfte aus selbständiger Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 5. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 6. Sonstige Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 7. Steuerverfahren: Abzug und Veranlagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 a) Abzugsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 b) Veranlagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 8. Zusammenfassung und Fazit zur beschränkten Steuerpflicht im Inboundfall . . . . . 166

III. Outboundgeschäfte: Auslandsgewinne von in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 1. Direktgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 2. Auslandsbetriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 3. Ausländische Tochtergesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 4. Ergebnis Outboundgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

Inhaltsverzeichnis

21

IV. Beschränkungen der nationalen Besteuerungsrechte durch Doppelbesteuerungsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 1. Einkunftsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 a) Lizenzgebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 b) Unternehmensgewinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 c) Veräußerungsgewinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 d) Einkünfte aus selbständiger Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 e) Einkünfte internetbasierter Dienstleister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 2. Dienstleistungsspezifische Zuteilungsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 a) Beschränkte Besteuerungsrechte für technische Dienstleistungen in DBA . . . . 177 aa) Das DBA Deutschland/Indien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 bb) Das DBA Deutschland/Indonesien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 cc) Das DBA Deutschland/Vietnam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 b) Doppelbesteuerungsabkommen mit verankerter Dienstleistungsbetriebsstätte 178 aa) Das DBA Deutschland/Liberia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 bb) Das DBA Deutschland/Türkei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 c) Doppelbesteuerungsabkommen mit beschränktem Besteuerungsrecht für freiberufliche und selbständige Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 3. Gewinnaufteilung nach Abkommensrecht und nationalem Recht . . . . . . . . . . . . . . 180 a) Ergebnisaufteilung zwischen Stammhaus und physischer Betriebsstätte nach OECD-MA und Betriebsstättenbericht 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 b) Ergebnisaufteilung zwischen Stammhaus und physischer Betriebsstätte nach AStG und BsGaV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 c) Ergebnisaufteilung zwischen Stammhaus und Serverbetriebsstätte . . . . . . . . . . 184 aa) Anwendungsbereich der OECD-Papiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 bb) Fallgestaltungen im Bereich von Serverbetriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (1) Einzelserver im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (2) Mehrere Server im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (3) Einzelserver mit Mitarbeitern im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (4) Einzelserver mit Mitarbeitern und Wertschöpfung im Ausland . . . . . . . 189 (5) Webhosting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 (6) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 d) Übertragung der Gesichtspunkte der Serverbetriebsstätte auf Cloudbetriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 4. Fazit Doppelbesteuerungsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

22

Inhaltsverzeichnis 4. Kapitel Lösungsansätze zur Besteuerung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen

195

I. Betriebsstättengebundene Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 1. Modifizierung von Art. 5 Abs. 4 OECD-MA 2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 2. Digitale Betriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 3. Das Konzept der digitalen „erheblichen Präsenz“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 4. Fazit betriebsstättengebundene Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 II. Betriebsstättenlose Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 1. Bit-Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 2. Quellensteuer auf digitale Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 3. EU-Digitalsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 4. Fazit betriebsstättenlose Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 III. Destination-based Cash-Flow-Corporate-Tax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 1. Grundgedanke einer Bestimmungslandsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 2. Fazit zur Bestimmungslandsteuer und ihrer Anwendbarkeit auf internetbasierte Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 IV. Formelhafte Gewinnzuteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 1. Grundlagen der formelhaften Gewinnzuteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 2. Aktueller Stand in Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 3. Die Richtlinienentwürfe der Europäischen Kommission vom Oktober 2016 . . . . . 212 a) Neue Betriebsstättendefinition, Art. 5 GKB-RL-E . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 b) Gruppenmitgliedschaft, Art. 2, 3 GKB-RL-E, Art. 5 – 21 GKKB-RL-E . . . . . . . 213 c) Gewinnermittlungsvorschriften, insbes. Art. 9, 11 und 13 GKB-RL-E . . . . . . . 213 d) Gewinnkonsolidierung, Art. 1, 5 – 10 GKKB-RL-E . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 e) Aufteilungsparameter, Art. 28 – 45 GKKB-RL-E . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 4. Die Richtlinienvorschläge der Kommission und ihre Relevanz für internetbasierte Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 a) Betriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 b) Nichtkonzernstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 5. Fazit zur formelhaften Gewinnzuteilung und ihrer Anwendbarkeit auf internetbasierte Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 a) Nachteile und Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 b) Chancen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221

Inhaltsverzeichnis

23

II. Indirekte Besteuerung – Umsatzsteuerliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 III. Direkte Besteuerung – Ertragsteuerrechtliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 IV. Lösungsansätze zur Besteuerung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

Einleitung Im Jahr 2001 schrieb Rosemarie Portner, dass elektronische Dienstleistungen Ausdruck eines sich deutlich abzeichnenden Strukturwandels seien,1 der die grundständige Wertschöpfung von materialbasierten und rohstoffintensiven Tätigkeiten hin zu wissensbasierten und informationsintensiven Tätigkeiten verlagere.2 Heute, im Jahr 2017, ist ihre These zu ergänzen. Es findet derzeit ein weiterer Strukturwandel statt. Dieser manifestiert sich gerade nicht in wissensbasierten Tätigkeiten, sondern darin, dass die digitale Wirtschaft traditionelle Dienstleistungsbranchen erobert, wie z. B. die Hotelbranche (AirBnB), die Taxibranche (Uber) oder aber den Versicherungssektor (Lemonade)3. Als zugehöriges Schlagwort sei hier vor allem die „Sharing Economy“ genannt.4 Die gesamte Dienstleistungsbranche erwirtschaftet heute fast drei Viertel des deutschen Bruttoinlandsprodukts.5 Speziell im Internet lassen sich reale Dienstleistungen (z. B. Hotelbuchungen, Taxi) abgrenzen von digitalen Produkten (z. B. Download von Kinofilmen, Musik) oder aber dem Erbringen automatisierter Dienstleistungen (z. B. Werbebanner).6 MWStSystRL7 und MWStVO8 sprechen zudem von „elektronischen Dienstleistungen“. In ihrer technischen Weiterentwicklung handelt es sich um digitale Dienstleistungen, mithin Leistungen, die fast ausschließlich automatisiert, d. h. so gut wie ohne menschliche Beteiligung erbracht werden. Sowohl die eben beschriebenen realen und automatisierten Dienstleistungen als auch digitale Produkte fallen hierunter. Digitale Produkte ergeben jedoch nur im Zusammenspiel mit Inhalt, mit „content“, Sinn. Inhalteanbieter schreiben z. B. Onlinezeitungen oder drehen Videos oder Werbeclips speziell für das Netz. Inhalteanbieter bzw. ihre „content 1

Vgl. Portner, Ertragsteuerliche Aspekte des E-Commerce, S. 89. Aus der repräsentativen Verbraucherstudie „Interaktiver Handel in Deutschland 2016“ des bevh (Hrsg.) geht hervor, dass rund 14,2 Mrd. Euro der Gesamtausgaben in Höhe von insgesamt 52,7 Mrd. Euro auf Internetausgaben für digitale Dienstleistungen entfielen – beispielsweise auf Downloads von Musikfiles, Online-Tickets und private Übernachtungsbuchungen. 3 https://www.lemonade.com; zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 4 Sharing Economy meint das systematische Ausleihen von Gegenständen und gegenseitige Bereitstellen von Räumen und Flächen, insbesondere durch Privatpersonen und Interessengruppen. Im Mittelpunkt steht der Gemeinschaftskonsum. Vgl. https://wirtschaftslexikon.gab ler.de/definition/sharing-economy-53876; zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 5 ZEW u. a. (Hrsg.), 2010, Das wirtschaftliche Potenzial des Internet der Dienste, S. 163. 6 Siehe auch Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 25. 7 RL 2006/112/EG vom 28. 11. 2006, (ABl. 2006, L 347, S. 1). 8 VO (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. 3. 2011, Abl. 2011, L 77, S. 1. 2

26

Einleitung

services“ fallen zwar nicht unter die Definition der elektronischen/digitalen Dienstleistungen der MWStSystRL/-DVO, werden im Folgenden zur Abrundung des Themas aber mitbehandelt. Der Oberbegriff „internetbasierte Dienstleistungen“ soll für die Zwecke dieser Arbeit daher sowohl digitale Dienstleistungen als auch, in geringerem Umfang, die Leistungen von Inhalteanbietern umfassen. Ubiquität und Agilität des Internets zwingen Unternehmen dazu, sich global aufzustellen. Technologien wie Cloud Computing9 helfen Unternehmen dabei, Dienstleistungen im Internet zu entwickeln, zu vertreiben und zu handeln.10 Lautete die unternehmerische Kernfrage früher, wie sich am effizientesten Kosten senken lassen, so geht es heute darum, wie mit digitalen Hilfsmitteln am effektivsten in neue Märkte expandiert werden kann. Steueraspekte spielen bei dieser Expansion eine zentrale Rolle. Die Grundfrage lautet, wo überhaupt besteuert werden soll, sprich, welcher Besteuerungsort die an ihn gestellten Anforderungen umsatz- und ertragsteuerrechtlich am besten erfüllt. Die Grundfrage wiederum splittet sich auf in eine Reihe von verbundenen Unterfragen. Aus Umsatzsteuersicht z. B. , wie die Ansässigkeit von Kunden technisch am besten nachvollzogen werden kann, oder aber ertragsteuerrechtlich, wie eine Betriebsstätte im Zeitalter 4.0 zu definieren ist. Im Rahmen dieser Arbeit wird gezeigt werden, dass die EU-regulierte Umsatzsteuer dem digitalen Fortschritt Rechnung trägt. Das steuerjuristische Regelungsfundament ist nach aktuellem Stand als gelungen zu bezeichnen. Verbleibende Umsetzungsschwächen sind grundsätzlich nicht steuerrechtlicher, sondern technischer Natur. Ertragsteuerrechtlich wird zu klären sein, wie nichtgegenständliche, internetbasierte Dienstleistungen mit dem Konzept „Betriebsstätte“ in Einklang zu bringen sind, das ursprünglich auf den Austausch von Waren ausgerichtet war. Im Fall des Cloud Computing ist fraglich, ob und wie ein steuerrechtlicher Anknüpfungspunkt entstehen kann, wenn selbst für die Abnehmer von Speicherplatz oft nicht feststellbar ist, wo „in der Wolke“ sich die ausgelagerten Informationen oder Anwendungen gerade befinden.11 Der Gedanke einer festen Geschäftseinrichtung besitzt auch aufgrund der Digitalisierung immer weniger eine reale Grundlage im Wirtschaftsleben.12 Im Folgenden sollen daher Überlegungen angestellt werden, ob das Konzept „Betriebsstätte“ für grenzüberschreitende, internetbasierte Dienstleistungen ein zeitgemäßes Anknüpfungsmerkmal darstellen kann bzw. ob Alternativen vorstellbar sind. 9

Vgl. hierzu den aktuellen Begriff des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages zum Thema „Cloud Computing“ Nr. 15/10. 10 Vgl. BMWi (Auftragg.), Das wirtschaftliche Potenzial des Internet der Dienste, S. 163. 11 Vgl. den aktuellen Begriff des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages (Hrsg.) zum Thema „Cloud Computing“ Nr. 15/10. 12 In diesem Sinne Schön, StuW 2012, 215, 219.

Einleitung

27

Konsequenz des elektronischen Geschäftsverkehrs ist mithin, dass die Standortwahl der Unternehmen kaum mehr von den natürlichen Gegebenheiten der jeweiligen Länder abhängt. Vielmehr hat die Höhe der Steuersätze den entscheidenden Einfluss auf die Standortwahl. Der internationale Steuerwettbewerb bis hin zum schädlichen Steuerwettbewerb erlangt(e) deshalb erhebliche Bedeutung. Die internationale Staatengemeinschaft hat darauf u. a. mit dem Base-Erosionand-Profit-Shifting-Projekt der OECD reagiert. Seine Umsetzung wurde am 15./ 16. November 2015 final von den G20-Staats- und Regierungschefs gebilligt. Ziel des Projekts ist das Eindämmen von Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen.13 Eines der von der OECD angegangenen Themenfelder waren daher auch die Herausforderungen der digitalen Wirtschaft. Ihre konkreten Vorschläge zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft konzentrieren sich darauf, die bestehenden Besteuerungsprinzipien, an die Digitalisierung anzupassen.14 Neue Anknüpfungsmerkmale, z. B. digitale Betriebsstätten, werden aber nicht empfohlen. Nationale Gesetzesinitiativen, die versuchen, den Internethandel steuerrechtlich an der Quelle zu erfassen, gab es bereits viele.15 Beispielhaft genannt seien die Google tax aus Frankreich, die italienische Webtax oder die ungarische Bittax.16 Italien und Frankreich wollten z. B. Online-Werbeleistungen und damit die digitale Präsenz in ihrem Land besteuern, Ungarn die von seinen Bürgern konsumierte Datenmenge. Proteste sowie der potentielle Verstoß gegen die europäischen Grundfreiheiten haben die Gesetzesvorschläge zunichte gemacht. Erfolgversprechender scheinen daher grundsätzlich internationale Ansätze zu sein, die das Unternehmen selbst in den Besteuerungsfokus stellen und von national und digital geprägten Anknüpfungsmerkmalen Abstand nehmen. Dreh- und Angelpunkt für eine Besteuerung, und damit auch für die vorliegende Arbeit, ist daher die Frage, ob das gegenwärtig bestehende nationale, europäische und internationale steuerrechtliche Regelungskorsett für Dienstleistungen den Besonderheiten der Internetwirtschaft gerecht wird. Diese Dissertation untersucht die Besteuerung von grenzüberschreitenden, internetbasierten Dienstleistungen. Rein nationale Sachverhalte sowie der Austausch 13

Ausführlich hierzu in Kapitel 4. Zusammenfassung und Übersicht über die Ergebnisse des BEPS Projekts, abrufbar unter http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/201706-07-beps-15-aktionspunkte.html; zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 15 Italien versuchte bereits digitale Betriebsstätten einzuführen, vgl. https://www.techno logyslegaledge.com/2015/09/italy-new-digital-tax-in-italy-for-e-commerce-and-web-opera tors/; zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 16 Zur ungarischen BitTax: http://www.economist.com/blogs/easternapproaches/2014/10/ hungarys-internet-tax; für die italienische Web Tax siehe: http://www.gamingtechlaw.com/201 5/09/digital-tax-after-the-failure-of-web-tax.html; zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018; zu Frankreich, vgl. Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 171, dort Fn. 500. 14

28

Einleitung

von Waren bleiben daher außen vor.17 Ebenso wenig wird im Rahmen dieser Arbeit der Offline-Teil von Dienstleistungen behandelt, bei denen der Abschluss des Vertrags über eine Plattform, die Leistungserbringung aber auf konventionellem Wege erfolgt.18 Zunächst soll geklärt werden, was Dienstleistungen und speziell internetbasierte Dienstleistungen auszeichnet (Kapitel 1). Es wird gezeigt, dass die Umsatzsteuer rechtzeitig reagiert und mit dem Wechsel auf das Bestimmungslandprinzip auch im B2C-Bereich die Voraussetzungen für eine angemessene Besteuerung geschaffen hat (Kapitel 2). Der Ertragsteuerteil (Kapitel 3) beschäftigt sich primär mit betriebsstättenbasierten Fragen, sowohl auf nationaler Ebene als auch auf der Ebene von Doppelbesteuerungsabkommen. Untersucht wird, ob und wie sich die Besonderheiten internetbasierter Dienstleistungen mit dem Konzept der Betriebsstätten in Einklang bringen lassen. Den Abschluss der Arbeit bilden Lösungsansätze zur grenzüberschreitenden Besteuerung solcher Dienstleistungen (Kapitel 4).

17 Nicht untersucht wird damit die Warenversandsparte von Online-Händlern wie z. B. Amazon. 18 So z. B. bei AirBnB oder Uber.

1. Kapitel

Grundlagen I. Der Dienstleistungsbegriff Der zentrale inhaltliche Anknüpfungspunkt dieser Arbeit sind Dienstleistungen. Daher soll zunächst eine begriffliche Einordnung und Abgrenzung des Begriffs von anderen Tätigkeiten vorgenommen werden, die eine präzise Untersuchung der Besonderheiten von Dienstleistungen ermöglichen soll. Diese Basis ist nötig, um die Wirksamkeit der steuerrechtlichen Handhabung von Dienstleistungen zu prüfen. Grundsätzlich fällt auf, dass der Begriff der Dienstleistung nur wenig konturiert ist.1 Mithin ist konkret zu klären, wie andere Rechtsgebiete diesen Begriff verstehen (1.), welche Anhaltspunkte für eine Definition das Steuerrecht selbst liefert und welcher steuerrechtlich relevante Dienstleistungsbegriff der Arbeit zu Grunde gelegt wird (2.).

1. Europa- und privatrechtlicher Definitionsansatz des Begriffs „Dienstleistung“ Für eine erste Veranschaulichung empfiehlt sich ein Blick auf den Dienstleistungsbegriff in anderen Rechtsgebieten als dem Steuerrecht. Zwar sind entsprechende Wertungen für das Steuerrecht aufgrund der „Relativität der Rechtsbegriffe“ nicht bindend.2 Gleichwohl können begriffliche Konkretisierungen, insbesondere des Privatrechts, angesichts der Einheit der Rechtsordnung zumindest als Anhaltspunkt und Erkenntnishilfe für das Steuerrecht dienen.3 a) Europarecht Für die Definition des Begriffs „Dienstleistung“ wird in sämtlichen europäischen Regelwerken auf die Dienstleistungsfreiheit Bezug genommen. Sie ist deshalb über ihren eigentlichen Anwendungsbereich hinaus von grundlegender Bedeutung: Se1 2 3

Vgl. Rosenberger/Vitali/Ziehr, Beilage zu Heft 18 der IStR 2010, 1, 2. Erläuternd Pahlke, in: Koenig (Hrsg.), § 4 AO, Rdnr. 110 f. So z. B. Pahlke, in: Koenig (Hrsg.), § 4 AO, Rdnr. 110 f.

30

1. Kap.: Grundlagen

kundärrecht und insbesondere Richtlinien, wie z. B. die Dienstleistungsrichtlinie, sind primärrechtskonform, d. h. in ihrem Sinne auszulegen.4 aa) Dienstleistungsfreiheit Zentrale Normen sind die Art. 56 und 57 AEUV zur Dienstleistungsfreiheit, die Teil des Kernkonzepts zur Errichtung des Binnenmarkts sind.5 Relevant für den Dienstleistungsbegriff ist Art. 57 Abs. 1 und 2 AEUV. Abs. 1 spricht von „Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen.“ Abs. 2 führt Regelbeispiele für Dienstleistungen auf. Der Wortlaut der Norm schließt demnach keine Leistungen aus seinem Anwendungsbereich aus. Auch Bereichsausnahmen sind nicht vorgesehen. Rechtsgebiete wie z. B. das Straf- oder Erbrecht oder aber Materien wie z. B. Religion oder Kultur sind ebenfalls inkludiert.6 Vielmehr erfolgt die Eingrenzung des sachlichen Anwendungsbereichs durch die der Norm immanenten Merkmale: Grenzbezug, wirtschaftlich-entgeltliche Leistung und Subsidiaritätsklausel.7 Die wichtigsten materiellen Elemente des europarechtlichen Dienstleistungsbegriffs sind demnach der Leistungsbegriff, die Entgeltlichkeit sowie die Abgrenzung gegenüber den anderen Grundfreiheiten. (1) Leistung Gem. Art. 57 Abs. 1 AEUV ist sachlicher Gegenstand der Dienstleistungsfreiheit eine „Leistung“, in Abs. 2 ist von verschiedenen „Tätigkeiten“ die Rede. Die Wortlautauslegung lässt vermuten, dass „Leistung“ im Sinne von ergebnisorientiertem Erfolg zu verstehen ist, „Tätigkeit“ hingegen rein handlungsbezogen. Nach h.M. sind jedoch „Leistung“ und „Tätigkeit“ extensiv auszulegen: Ausschlaggebend sollen weder ein tatbestandlicher noch ein produktbezogener Erfolg sein.8 Auch die Regelbeispiele versuchen den „Leistungsbegriff“ zu konkretisieren. Gem. Art. 57 Abs. 2 fallen sowohl gewerbliche als auch kaufmännische, handwerkliche und freiberufliche Tätigkeiten in die Kategorie. 4

Anstatt vieler: Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Stand 2012, Art. 288, Rdnr. 226 sowie Streinz, Europarecht, Rdnr. 880. 5 Siehe Müller-Graff, in: Streinz, EUV/AEUV, Stand 2012, AEUVArt. 56, Rdnrn. 1 und 6. 6 Vgl. Rolshoven, Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs, S. 54; sowie Ehlers, Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, S. 81, wonach sich die Dienstleistungsfreiheit nicht auf die Tätigkeiten erstreckt, die in einem Mitgliedstaat dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind. 7 Siehe z. B. Musil/Burchard, Klausurenkurs im Europarecht, Rdnr. 114. 8 Vgl. u. a. Schöne, Dienstleistungsfreiheit in der EG und deutsche Wirtschaftsaufsicht, S. 31; Rolshoven, Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs, S. 54.

I. Der Dienstleistungsbegriff

31

(2) Entgeltlichkeit Das Entgelterfordernis stellt das Gegenstück zur Leistung dar, die grundsätzlich in Geld zu begleichen ist. Ausreichend ist aber, wenn das Entgelt nur im Regelfall entrichtet wird; auch eine Bezahlung in Naturalien wurde bereits vom EuGH akzeptiert.9 (3) Abgrenzung zu den anderen Grundfreiheiten Der AEUV selbst verzichtet aus gutem Grund auf eine eigenständige Definition der Dienstleistung. Der Begriff der Dienstleistung entzieht sich zumindest auf europäischer Ebene einer solchen. Konturen gewinnt er erst in Abgrenzung zu den anderen Freiheiten.10 Gem. Art. 57 Abs. 1 AEUV ist die Dienstleistungsfreiheit von den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr sowie über die Freizügigkeit der Personen abzugrenzen. Als Auffanggrundfreiheit ist sie erst einschlägig, wenn keine dieser anderen Grundfreiheiten einschlägig ist. Die Negativabgrenzung trägt aufgrund der unterschiedlichen Schutzbereiche der Freiheiten dazu bei, den Dienstleistungsbegriff zu präzisieren. Für die Zuordnung zu den verschiedenen Freiheiten ist entscheidend, in welcher Gestalt eine Leistung die Grenze überschreitet und welche Handelshemmnisse hierbei bestehen.11 Von der Warenverkehrsfreiheit ist die Dienstleistungsfreiheit über den Begriff „körperlicher Gegenstand“ abzugrenzen, der greifbare Produkte meint.12 Dienstleistungen stellen hingegen eine Arbeitsleistung mit einem unkörperlichen Ergebnis dar. Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit unterscheiden sich grundsätzlich dadurch, dass die Niederlassung von einer Dauerhaftigkeit geprägt ist während die Dienstleistungserbringung einen gelegentlichen oder vorübergehenden Charakter aufweist. Erfolgt der Austausch jedoch, wie bei elektronischen Dienstleistungen üblich, ohne dass er mit dem Aufenthalt des Dienstleistungserbringers oder – empfängers einhergeht, spielt das Kriterium „vorübergehend“ keine Rolle. Die dauerhafte grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung begründet keine

9 In diesem Sinne Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Stand 2011, Art. 56/57, Rdnr. 46 sowie Kluth, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Art. 56/57, Rdnr. 13. 10 Vgl. Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Stand 2011, Art. 56/ 57, Rdnr. 34. 11 So Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Stand 2011, Art. 56/57, Rdnr. 7. 12 Näher hierzu Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Stand 2011, Art. 56/57, Rdnr. 35 f.

32

1. Kap.: Grundlagen

Niederlassung.13 Vielmehr liegt eine so genannte Korrespondenzdienstleistung vor, was bedeutet, dass die Dienstleistung selbst die Grenze überschreitet.14 Die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist durch das Merkmal der Weisungsgebundenheit der Arbeitnehmer einzugrenzen, wohingegen Dienstleister selbständig tätig sind.15 (4) Zielsetzung der Dienstleistungsfreiheit Allgemeine Zielsetzung der Dienstleistungsfreiheit ist mithin, dass jeder Unternehmer ohne Einschränkungen in einem anderen Mitgliedstaat Dienstleistungen erbringen darf. Speziell für die Internetwirtschaft bedeutet dies, dass jeder internetgebundene Unternehmer ohne Einschränkungen in einem anderen Mitgliedstaat elektronische Dienstleistungen anbieten können muss. Die Dienstleistungsfreiheit schützt den Unternehmer folglich auch insofern, als er selbst hierfür keine Grenze überschreiten muss.16 bb) Gemeinsames Europäisches Kaufrecht In dem Entwurf für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, der inzwischen allerdings von der Kommission aufgegeben wurde, spielten Dienstleistungen eine bedeutende Rolle: Teil C des Buch IV widmete sich auf fast 30 Seiten ausschließlich den verschiedenen Varianten von möglichen Dienstleistungsverträgen (Processing, Storage etc.).17 Der Dienstleistungsbegriff tauchte im Rahmen der Formulierung des Servicevertrags auf: „A contract for services is a contract where under which one party, the service provider undertakes to supply a service to another party the client.“ Neue Erkenntnisse für eine Konturierung des Begriffs können aus dieser vagen Formulierung, die noch dazu keine Geltungskraft erlangen wird, nicht gewonnen werden. b) Privatrecht – Nationales Vertragsrecht Gem. § 611 Abs. 2 BGB können Gegenstand eines Dienstvertrags Dienste jeglicher Art sein. Darunter fallen selbständige wie unselbständige, unabhängige und abhängige, eigenbestimmte sowie fremdbestimmte Dienstleistungen.18 Da das 13 Siehe Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Stand 2011, Art. 56/ 57, Rdnr. 43. 14 So u. a. Pielow, in: BeckOK, § 1 GewO, Stand 2017, Rdnr. 38. 15 Vgl. Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Stand 2011, Art. 56/ 57, Rdnr. 40. 16 Siehe u. a. Pielow, in: BeckOK, § 1 GewO, Stand 2017, Rdnr. 38. 17 Der Entwurf ist abrufbar unter http://ec.europa.eu/justice/contract/files/european-privatelaw_vols3_4_en.pdf; zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 18 Vgl. u. a. Schreiber, in: Schulze u. a., Bürgerliches Gesetzbuch, § 611 BGB, Rdnr. 1.

I. Der Dienstleistungsbegriff

33

Dienstvertragsrecht nicht nur selbständige sondern auch abhängige Dienstverträge erfasst, stellen Arbeitsverträge eine wichtige Untergruppe des nationalen Dienstvertrags dar. Das deutsche bürgerliche Recht unterscheidet zudem streng zwischen Dienst- und Werkleistungen. Dienstverträge gem. § 611 BGB ff. kennzeichnen das bloße Wirken, die Arbeitsleistung als solche.19 So ist z. B. die entgeltliche Nutzung von Datenbanken als Dienstleistung des Datenbankanbieters zu beurteilen.20 Im Rahmen von Werkverträgen gem. §§ 631 ff. BGB wird hingegen die Herbeiführung eines vereinbarten, gegenständlich fassbaren Arbeitsergebnisses geschuldet.21 Als Abgrenzungshilfe von Werk- und Dienstvertrag dient die Frage, wer das Risiko des mit der Tätigkeit angestrebten Erfolgs, die Leistungs- und Vergütungsgefahr trägt. Liegt dieses Risiko beim Leistenden, handelt es sich um einen Werkvertrag, trägt es hingegen der Leistungsempfänger, ist ein Dienstvertrag gegeben.22 c) Ergebnis europa- und privatrechtlicher Dienstleistungsansatz Der deutsche zivilrechtliche Dienstvertragsbegriff ist nicht exakt deckungsgleich mit dem Anwendungsbereich der europäischen Dienstleistungsfreiheit. Ziel- und Regelungsgegenstand des nationalen Dienstvertrags sind ausschließlich Arbeitsleistungen, die ein immaterielles Ergebnis nach sich ziehen. Die Dienstleistungsfreiheit schützt hingegen auch handwerkliche Leistungen, die ein messbares Ergebnis nach sich ziehen. Der Schnittmenge an Tatbestandsmerkmalen aus den einzelnen Rechtsmaterien folgend, muss eine (Werk-)leistung vorliegen, die gegen Entgelt getätigt wird und keinen reinen Produktbezug aufweist. Zudem muss sie für Dritte erbracht werden. Internetbasierte Dienstleistungen sind damit grundsätzlich von der Schnittmenge erfasst. Im Folgenden wird zu prüfen sein, inwieweit sich diese begriffliche Eingrenzung für das Steuerrecht nutzbar machen lässt, oder ob das Steuerrecht umgekehrt eigenständige Wertungen erfordert.

2. Steuerrechtliche Definitionsansätze des Begriffs „Dienstleistung“ Dienstleistungen spielen in allen einschlägigen steuerrechtlichen Regelwerken eine zentrale Rolle.

19

Statt vieler: Sprau, in: Palandt (Begr.), Einf. vor § 631 BGB, Rdnr. 10. Vgl. Engler/Wellmann, in: Vögele/Borstell/Engler (Hrsg.), Verrechnungspreise, Kapitel N, Rdnr. 8. 21 Statt vieler: Sprau, in: Palandt (Begr.), Einf. vor § 631 BGB, Rdnr. 10. 22 Schreiber, in: Schulze u. a. Bürgerliches Gesetzbuch, § 611 BGB, Rdnr. 6. 20

34

1. Kap.: Grundlagen

a) Europäische Ebene Auf europäischer Ebene ist insbesondere die MWStSystRL hervorzuheben.23 Die Richtlinie erwähnt den Begriff „Dienstleistung“ ca. 220 Mal, ohne jedoch eine Legaldefinition vorzunehmen. Gem. Art. 24 Abs. 1 gilt als Dienstleistung jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen ist. Art. 25 präzisiert dies und bestimmt u. a., dass eine Leistung auch in der Abtretung eines unkörperlichen Gegenstandes bestehen kann oder in der Verpflichtung, eine Handlung zu unterlassen oder eine Handlung oder einen Zustand zu dulden. Elektronische Dienstleistungen werden in Art. 56 i.V.m. Anhang 2 der Richtlinie beispielhaft aufgezählt, woraus sich jedoch keine allgemein gültigen Rückschlüsse für Dienstleistungen ziehen lassen.24 Damit ist Ziel der MWStSystRL hinsichtlich Dienstleistungen, sie in ihrer gesamten Breite abzudecken und zu regeln. b) UN- und OECD-Musterabkommen Auch das UN- und das OECD-Musterabkommen enthalten in ihren Begriffsbestimmungen keine Definition von Dienstleistungen. Das UN-MA bestimmt lediglich in Art. 5 Nr. 3b), dass „consultancy services“ ebenfalls zu Dienstleistungen zählen. Der Kommentar zum OECD-MA engt den Anwendungsbereich von Dienstleistungen im Hinblick auf Dienstleistungsbetriebsstätten lediglich negativ ein. Nicht darunter fallen z. B. Einkünfte aus dem Verkauf von Fischfang.25 Außerdem wird bestimmt, dass die Dienstleistungen gegenüber Dritten erbracht werden müssen.26 Ein Kommentator des OECD-Entwurfspapier zur Dienstleistungsbetriebsstätte spricht daher auch vom „open character of services“ und davon, dass „the nature of services (…) undetermined“ sei.27 c) Nationale Ebene aa) EStG Vom deutschen Einkommensteuergesetz erfasst sind zahlreiche Dienstleistungen, u. a. gewerbliche oder freiberufliche Dienstleistungen. Der Begriff „Dienstleistung“ wird jedoch nur selten ausdrücklich verwendet und nicht definiert. Beispielhaft genannt seien hier zwei Vorschriften.

23

RL 2006/112/EG des Rates vom 28. 11. 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem. 24 Hierzu mehr im 2. Kapitel unter II.1. 25 OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.29. 26 OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.30. 27 So Pijil, Comments on „The Tax Treaty Treatment of Services: Proposed Commentary Changes“, S. 5.

II. Internetbasierte Dienstleistungen

35

– Gem. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG ist das Betreuen von Kindern als Dienstleistung anzusehen.28 – § 35a Abs. 2 S. 1 2. Alt. EStG spricht von haushaltsnahen Dienstleistungen. Laut BMF-Schreiben erfassen haushaltsnahe Dienstleistungen nur Tätigkeiten, die nicht zu den handwerklichen Leistungen i. S. des § 35a Abs. 3 gehören, gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt werden, und für die eine Dienstleistungsagentur oder ein selbstständiger Dienstleister in Anspruch genommen wird.29 Genannt werden u. a. Abfallmanagement, Kosmetikleistungen und Winterdienst. Die eben beschriebene Auswahl an Dienstleistungen zeigt, wie variantenreich Dienstleistungen sind und wie divers daher die damit verbundenen steuerrechtlichen Regelungsziele sind und sein können.30 bb) GewStG, AStG und BMF-Schreiben Gewerbliche Dienstleistungen im Fall der Aufteilung von Einkünften bei Betriebsstätten international tätiger Unternehmen sind z. B. Thema eines BMFSchreibens.31 Demnach sind als gewerbliche Dienstleistungen alle wirtschaftlichen Verrichtungen zu qualifizieren, die nicht in der Erzeugung von Sachgütern, sondern in persönlichen Leistungen bestehen. § 8 Abs. 1 Nr. 5 AStG spricht ebenfalls von Dienstleistungen, ohne sie näher zu definieren. Erfasst sind wirtschaftliche Verrichtungen, wie z. B. technische Planleistungen oder das Führen von Büchern. Ausschlaggebend sind damit wiederum persönliche Leistungen des Dienstleisters.32

II. Internetbasierte Dienstleistungen Neben dem Dienstleistungsbegriff ist zu klären, wie das Adjektiv „internetbasiert“ auszulegen ist. Auf der europäischen Steuerrechtsebene wird häufig noch der 28

Siehe hierzu auch Hutter, in: Blümich/Heuermann (Hrsg.), Stand 2016, § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG, Rdnr. 343, wonach der Dienstleistungsbegriff ein Schuldverhältnis voraussetzt, aufgrund dessen der Steuerpflichtige die Betreuung des Kindes fordern kann und der Betreuer die vereinbarte Vergütung oder zumindest Aufwendungsersatz geltend machen kann. 29 Vgl. BMF-Schreiben vom 15. 2. 2010, BStBl. I 2010, S. 140. 30 Vgl. hierzu auch Pickering, Enterprise Services, Cahier De Droit Fiscal International, Volume 97a, S. 25, die feststellt, „in the absence of a statutory definition, or other judicial or administrative guidance, the ordinary meaning of the term is likely to apply“. 31 Vgl. BMF-Schreiben vom 24. 12. 1999, BStBl. I 1999, S. 1076; geändert am 20. 11. 2000, BStBl. I 2000, S. 1509; und am 25. 8. 2009, BStBl. I 2009, S. 888. 32 Siehe Engler/Wellmann, in: Vögele/Borstell/Engler (Hrsg.), Verrechnungspreise, Kapitel N, Rdnr. 12.

36

1. Kap.: Grundlagen

inzwischen überholte Begriff der „elektronischen Dienstleistung“ verwendet. Art. 56 i.V.m. Anhang 2 der MWStSystRL, definiert elektronische Dienstleistungen mit Blick auf technische und inhaltliche Leistungen gerade nicht abschließend, um Raum zu lassen für technischen Fortschritt. Als Beispiele genannt werden das Bereitstellen von Websites oder Musik. Die einfachste Annäherung an das breite Spektrum internetbasierter Dienstleistungen erfolgt m. E. daher durch einen Blick auf diejenigen, die im Internet Leistungen anbieten. Diese Dienstleister unterfallen in zwei Gruppen. Typisierend sind zum einen die digitalen Dienstleister zu nennen, die dafür sorgen, dass der Zugang zum Internet funktioniert, ausreichend Speicherplatz vorhanden ist und immer neue Software, Apps und Plattformen programmiert werden, die für Abwechslung bei der Nutzergemeinde sorgen. Sie schaffen mithin den technischen Rahmen für die zweite Gruppe, nämlich die Inhalteanbieter, die als so genannte „Content Provider“, z. B. soziale Netzwerke oder Onlinemedien mit Nachrichten, Bildern, und generell ihren Ideen versorgen. Im Folgenden sollen die wichtigsten Vertreter dieser beiden Gruppen kurz beschrieben werden.

1. Digitale Dienstleister a) Internetserviceprovider Internetdienstleister (Internetserviceprovider, ISP) haben zumeist zwei Aufgaben.33 Zum einen sorgen sie für den Zugang zum Internet (Accessprovider), zum anderen unterhalten sie die dafür notwendigen Netzwerke (Netzwerkprovider). Als Netzwerkprovider betreiben sie selbst Telekommunikationsnetze. Sie stellen die Netze sowohl für das Internet als auch für firmeneigene Intranets zur Verfügung.34 Sie üben die rechtliche und tatsächliche Kontrolle über die technischen Funktionen aus, die zur Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen notwendig sind. Die für ein internationales Netzwerk benötigten Standleitungen werden teilweise bei anderen großen Netzwerkbetreibern angemietet. Kunden der Netzwerkbetreiber können auch kleinere Internet-Zugangs-Provider sein. Diesen wird Netzbandbreite und Datenvolumen verkauft, die letztere dann an Endkunden weiterverkaufen.35 33 Internetdienstleister sind z. B. Vodafone oder die Telekom. Internetzugangsanbieter sind häufig zugleich Netzwerkprovider. Daher ist eine Sammelbezeichnung als Internetdienstleister zumeist korrekt und umfassend; siehe auch Gabler Wirtschaftslexikon, http://wirtschaftslexi kon.gabler.de/Definition/internet-service-provider.html, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 34 Vgl. u. a. Gabler Wirtschaftslexikon, http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/inter net-service-provider.html, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 35 So u. a. bei von Wallis, in: Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Handbuch MultimediaRecht, Teil 27, Rdnr. 75.

II. Internetbasierte Dienstleistungen

37

In ihrer Funktion als Zugangsanbieter sorgen sie für den Anschluss an das Netz, stellen Einwahlknoten für ihre Kunden zur Verfügung und übernehmen administrative und organisatorische Aufgaben im Zusammenhang mit dem Netzanschluss. Für Ihre Tätigkeit berechnen sie in der Regel eine einmalige Installationsgebühr und es erfolgt eine monatliche Abrechnung. b) Host- und Application-Service-Provider Um im Internet mit einer Website präsent zu sein, benötigt man Speicherplatz, den typischerweise ein Hostprovider zur Verfügung stellt. Der Hostprovider speichert die Website auf einem eigenen Server oder auf dem Server eines Dritten und sorgt dafür, dass die Website über das Internet abrufbar ist.36 Hierdurch kann der Kunde z. B. auch seinen Mitarbeitern eine Plattform zur Verfügung stellen, auf die alle Zugriff haben.37 Application-Service-Providing (ASP) entstand Ende der 1990er Jahre und bezeichnet das Anbieten von Software über das Internet, wobei der Anbieter das Hosting der Software und ihre Administration übernimmt.38 Rundumpakete für Anwender können alles von der Datensicherung bis hin zur gesamten Administration beinhalten. Die Software, die der Kunde möchte, wird nicht gekauft, sondern unterliegt zumeist einer individuellen Nutzungsvereinbarung mit dem Anbieter.39 Die Software wird nicht auf dem Kundenrechner lokal installiert, sondern sie befindet sich auf einem zentralen Rechner. Beim Kunden selbst wird nur noch eine Zugangssoftware, der sog. „client“ installiert, oder der Kunde greift über einen Internetbrowser auf die Zugangssoftware zu. Die eigentliche Datenverarbeitung erfolgt auf den Rechnern der Application-Service-Provider.40 c) Cloudanbieter Cloudanbieter stellen Nutzern IT-Leistungen und IT-Infrastruktur zur Verfügung, die diese bedarfsgerecht und dynamisch abrufen können.41 Eigene Rechensysteme werden überflüssig, denn die Cloud ermöglicht jederzeit und weltweit auf einen mit 36 So Härting, Internetrecht, S. 180, Rdnr. 710. Ein großer Webhost Anbieter ist z. B. STRATO. 37 Dropbox bietet sowohl Privat- als auch Firmenkunden Speicherplatz an. 38 So Höllwarth, Cloud Migration, S. 63. 39 Vgl. S. Ernst, in: Hören/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 7.1, Rdnr. 66. 40 Vgl. u. a. hierzu von Wallis, in: Hören/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Handbuch MultimediaRecht, Teil 27, Rdnr. 91. 41 Beispielhaft genannt sei „Dropbox“, ein Webdienst, der die Online-Sicherung von Daten ermöglicht. Ab einer Speichermenge von mehr als 2 GB ist der Dienst kostenpflichtig. Die Aufgabe von Dropbox ist es, ein Netzwerk-Dateisystem für die Synchronisation von Dateien zwischen verschiedenen Rechnern und Benutzern bereit zu stellen und damit gleichzeitig die Online-Datensicherung zu ermöglichen.

38

1. Kap.: Grundlagen

den anderen Nutzern gemeinsam genutzten Pool von konfigurierbaren Rechnerressourcen (z. B. Netze, Server, Speichersysteme) zuzugreifen.42 Die Ressourcen können mit geringer Serviceprovider-Interaktion zur Verfügung gestellt werden.43 Die Cloud ist damit eine Erweiterung der Application-Service-Provider-Idee.44 Im Gegensatz zum ASP-Anbieter vertreiben Cloud-Anbieter jedoch keine Drittsoftware, sondern eigene Software. Sie stellen zudem ein breiteres Spektrum an Applikationen bereit. Es reicht von Apps, die einen lokal installierten Gegenpart benötigen, bis hin zu webbasierten Anwendungen. Nur Cloudanbieter können Apps so umsetzen, dass sie gleichzeitig einem großen Kundenstamm zur Verfügung stehen.45 d) Plattformbetreiber Internetplattformen (auch Websites) begründen einen Webauftritt und bestehen aus mehreren verbundenen Webseiten und anderen Ressourcen.46 Die Dienstleistung von Plattformbetreibern besteht in der Bereitstellung und Pflege ihrer Infrastruktur. Diese wird in vielen Fällen von den Nutzern des Internets mit Inhalten befüllt. EBay beispielsweise stellt einen Marktplatz zur Verfügung, auf dem die einzelnen Nutzer mitwirken und interagieren. Auch sozialen Netzwerken wie Facebook oder LinkedIn liegt eine technische Dienstleistung zu Grunde, genau wie Suchmaschinen (z. B. Google). Ihnen ist gemein, dass die digitale Grundkomponente, nämlich die Plattform, von einem (technischen) Akteur zur Verfügung gestellt wird und Dritte, die Internetnutzer selbst, die Dienstleistung für ihre Zwecke anwenden und nutzen dürfen. Diese Art von Plattformen finanziert sich entweder durch Werbung oder aber über direkte Quersubventionierung (Produkt oder Dienstleistung wird kostenfrei angeboten, um zum Kauf eines anderen kostenpflichtigen Angebots anzuregen).47 Anwendung findet auch das sogenannte Freemium-Modell. Bei diesem Modell werden verschiedene Varianten einer Dienstleistung angeboten: Es gibt eine Basisversion, die für alle Nutzer kostenlos ist und zusätzlich eine kostenpflichtige Version für Kunden, die besondere Funktionalitäten nutzen wollen.48 Der üblicherweise geringe

42

Zum technischen Hintergrund des Cloud Computing und den verschiedenen Modellen siehe im 3. Kapitel unter II. 1. cc) (2) (a). 43 Definition der US-amerikanischen Standardisierungsbehörde NIST. 44 Siehe hierzu Höllwarth, Cloud Migration, S. 63 f. 45 Vgl. Höllwarth, Cloud Migration, S. 64. 46 Siehe z. B. http://de.wikipedia.org/wiki/Website, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018, wonach eine Website alle einem Privatanbieter oder Unternehmen gehörenden Webseiten und evtl. herunterladbaren Dokumente im Netz umfasst, die unter einer bestimmten Domain zusammengefasst sind. 47 So genannte mehrseitige Märkte. 48 Siehe K. Möslein/Reichwald (Hrsg.), 2002, „Free Services“ Broschüre des BMBF, S. 6. Die Plattform „Xing“ nutzt z. B. das Freemium Modell.

II. Internetbasierte Dienstleistungen

39

Anteil an zahlenden Kunden subventioniert die Dienstleistung für die Nutzer der kostenfreien Basisversion.49 Immer mehr Zulauf erhalten Plattformen, welche die Brücke in die reale Welt schlagen. AirBnB, Uber oder aber das Versicherungs-Start-Up Oscar nutzen das Internet zur Vermittlung ihrer Dienstleistungen, wie z. B. dem Bereitstellen von Betten, Taxis, oder aber einer Krankenversicherung.50 Zu den in dieser Arbeit behandelten internetbasierten Dienstleistungen zählt jedoch nur die Programmierung und Pflege der Plattformen. Sie sind mehr als ein reiner Vertriebsweg, sie sind Kern und Herzstück des Unternehmens. e) App-Store App-Store (oder auch App-Shop) ist die Bezeichnung für eine digitale Vertriebsplattform von Anwendungssoftware. Der Service ermöglicht es Benutzern, Software für ihr Mobilgerät wie etwa ein Smartphone oder einen Tablet-Computer, teilweise auch für Personal Computer, aus einem Anwendungskatalog von Erst- und Drittanbieterentwicklern51 zu suchen und herunterzuladen. Über den App-Marktplatz wird die Bezahlung der Apps abgerechnet. Dabei erhält der App-Store-Betreiber in der Regel eine Provision. Neben dem Herunterladen hält der App-Store die Apps auf dem jeweiligen Gerät auf dem aktuellen Stand.52 Die Hersteller moderner Smartphone-Betriebssysteme, wie Apple, Google, Microsoft und Blackberry bieten für ihre Plattform jeweils einen eigenen App-Store53 an. Es gibt aber auch Herstellerunabhängige App-Stores, wie z. B. den Amazon App-Store. Auf das Angebot kann üblicherweise über eine eigene App-Store-Software auf einem Mobilgerät oder über eine Website im Internet zugegriffen werden.

49

Vgl. K. Möslein/Reichwald (Hrsg.), 2002, „Free Services“ Broschüre des BMBF, S. 6. http://www.airbnb.de, https://www.uber.com/de/, http://www.hioscar.com; zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 51 Erstanbieter: Apple entwickelt u. a. eigene App-Store Produkte und lizenziert diese an I-Tunes. Zudem gibt es App-Store Produkte, die von Dritt-Entwicklern entwickelt werden, und die von den Entwicklern direkt an die Kunden lizenziert werden. I-Tunes bleibt jedoch Drittbegünstigter der Endnutzerlizenzvereinbarung und ist berechtigt, die Lizenz gegenüber den Kunden durch zu setzen. Siehe die Legal Terms von Apple, Nutzungsbedingungen des Mac App-Stores, des App-Stores und des IBook Stores, S. 12/17; http://www.apple.com/legal/inter net-services/itunes/de/terms.html, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 52 Vgl. für die Updates z. B. die Legal Terms von Apple, Nutzungsbedingungen des Mac App-Stores, des App-Stores und des I-Book Stores, S. 10/17; http://www.apple.com/legal/inter net-services/itunes/de/terms.html, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 53 Z. B. „Google Play“ für das Betriebssystem Android oder den „App-Store“ für das Betriebssystem iOs für Iphone, IPad etc., bzw. OsX für Mac Books. 50

40

1. Kap.: Grundlagen

f) App-Entwickler App-Entwickler „erfinden“ Software. Je nach dem Funktionsumfang der Software unterscheidet man „Apps“ und „Applications“. Bei letzteren handelt es sich um herkömmliche Software wie z. B. Microsoft Word, die entweder auf dem eigenen Rechner installiert wird oder die über das Web angesteuert wird. „Apps“ werden bisher vor allem für mobile Endgeräte programmiert.54 Ihre Bandbreite reicht von einfachen Spielen und Zeitschriften bis hin zu Datenbanken. Einnahmen gehen nur zum Teil an die Entwickler. An den Einnahmen beteiligt ist auch der Betreiber des Vertriebsportals. So behalten Apple, Google und Microsoft ca. 30 Prozent des Kaufpreises einer App als Provision ein.55

2. Inhalteanbieter Inhalteanbieter („Content Provider“) bieten im World Wide Web eigene oder fremde Inhalte für elektronische Medien an.56 Anders als bei digitalen Dienstleistungen ist das menschliche Zutun mithin unabdingbar. Bei den Inhalten handelt es sich u. a. um Pressespiegel, Online-Zeitungen, Videos, Fernseh- oder Audioinhalte. Die Finanzierung der Inhalte erfolgt entweder über Spenden (z. B. Wikipedia), über Werbung (z. B. Spiegel Online), über Abonnements (z. B. Süddeutsche Zeitung) oder über bezahlten Einzelabruf (z. B. Testbericht Stiftung Warentest). Ebenfalls im Netz zu finden sind die Dienstleistungen von Freiberuflern wie z. B. Rechtsanwälten,57 die mittels Frage-/Antwort-Plattformen arbeiten.58 Im Fall solcher Plattformen gibt es die Besonderheit, dass teilweise der Mandant selbst die Höhe der Bezahlung bestimmt, indem er angibt, wie viel ihm die Beantwortung seiner Frage wert ist.

3. Mischanbieter Die klassische Aufteilung der Internetanbieter in z. B. Zugangsanbieter, Netzbetreiber und Inhalteanbieter verschwimmt in vielen Fällen. Eine Vielzahl der an Online-Transaktionen beteiligten Unternehmen erbringen Leistungen sowohl als 54 Vgl. hierzu z. B. http://www.gruenderszene.de/lexikon/begriffe/app, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 55 http://de.wikipedia.org/wiki/Mobile_App, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 56 Vgl. u. a. Gabler Wirtschaftslexikon, http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/inter net-service-provider.html, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018 sowie http://dictionary.reference. com/browse/content+provider, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 57 Keine elektronische Dienstleistung ist z. B. das Erstellen eines Gutachtens, das per E-Mail an den Auftraggeber übermittelt wird. Hier liegt nur ein so genannter Offline-Umsatz vor, weil die eigentliche Leistungserbringung in einer nicht auf elektronischem Weg erbrachten Dienstleistung besteht. Vgl. u. a. Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 3a UStG, Rdnr. 129. 58 Z. B. www.justanswer.de; zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018.

III. Besteuerungsgrundlagen

41

Zugangs- als auch als Inhaltsanbieter. Man spricht in diesem Fall von sog. Mischanbietern.59 Um jedoch die Besteuerung aller Online-Akteure detailliert analysieren zu können, wird die Typisierung in digitale Dienstleister und Inhalteanbieter mit ihren jeweiligen Unterformen im Folgenden beibehalten.

III. Besteuerungsgrundlagen Im Folgenden sollen die in Frage kommenden steuerrechtlichen Prinzipien vorgestellt werden, die einer grenzüberschreitenden Besteuerung internetbasierter Dienstleistungen zu Grunde liegen können.

1. Direktgeschäfte Unter grenzüberschreitenden Direktgeschäften werden alle gewerblichen Leistungsaustauschgeschäfte über die Grenze verstanden, die keinen festen „Stützpunkt“ im jeweils anderen Staat erfordern. Der unmittelbare Dienstleistungsexport wird daher mangels notwendigem festen Stützpunkt den Direktgeschäften zugeordnet.60 Existiert jedoch ein solcher „Stützpunkt“, ist schwerpunktmäßig zu untersuchen, ob die Voraussetzungen für die Begründung einer Betriebsstätte bzw. festen Niederlassung (zur Definition siehe sogleich unter 2.) vorliegen. Der große Dreh- und Angelpunkt bei der Besteuerung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen ist mithin sowohl ertrag- als auch umsatzsteuerrechtlich die Frage, ob ein Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung existiert.

2. Betriebsstätten/Feste Niederlassungen Ertragsteuerrechtliche Betriebsstätten und umsatzsteuerrechtliche Niederlassungen werden weltweit im Sinne des abkommensrechtlichen Verständnisses von Betriebsstätten definiert und interpretiert.61 Es handelt sich sowohl aus umsatzsteuerrechtlicher als auch aus ertragsteuerrechtlicher Sicht um feste Geschäftseinrichtungen oder Anlagen, die als verlängerter Arm eines Unternehmens in einem anderen Staat angesehen werden.

59

Ehrmann/von Wallis, in: Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Handbuch MultimediaRecht, Teil 27, Rdnr. 281. 60 Vgl. Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 243 f. 61 Zum Begriff der Betriebsstätte im Umsatzsteuerrecht vgl. Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnr. 7b. Siehe auch Englisch, IStR 2009, 526, 526.

42

1. Kap.: Grundlagen

Ertragsteuerrechtlich sollen durch die Anknüpfung an eine Betriebsstätte Erträge wirtschaftlich dem Land zugeordnet werden, in dem sie erwirtschaftet wurden. Im nationalen Recht sind ertragsteuerrechtliche Betriebsstätten in § 12 AO geregelt. Abkommensrechtlich, zur Vermeidung von Doppelbesteuerung, sind sie in Art. 5 OECD-Musterabkommen normiert.62 Ertragsteuerlich wird im Rahmen dieser Arbeit vor allem zu klären sein, ob durch Server bzw. Clouds Betriebsstätten begründet werden und welche Alternativen es zu dem Betriebsstättenkonzept geben kann. Kommt ein Doppelbesteuerungsabkommen zur Anwendung, ist zunächst die Einkunftsart zu klären (Lizenzgebühren, Unternehmensgewinne oder Veräußerungsgewinne) sowie, unter dem Verteilungsaspekt zwischen Ansässigkeitsstaat und Quellenstaat, ob im Quellenstaat eine Betriebsstätte besteht. Existiert keine Betriebsstätte, ist sowohl im Inbound– als auch im Outboundfall das zugrundeliegende elektronische Geschäft als nicht steuerbares Direktgeschäft zu qualifizieren.63 Anders als die Ertragsteuer kennt die Umsatzsteuer keine Doppelbesteuerungsabkommen, weil sie über die ihr eigene Leistungsortbestimmung das Steuergut und das Besteuerungsrecht jeweils ausschließlich einem Staat zuweist.64 Die Umsatzsteuer orientiert sich als Verbrauchssteuer grundsätzlich am Empfängerortprinzip, das weite Teile der Leistungsortbestimmung von § 3a UStG dominiert.65 Eine Besteuerung soll demnach in dem Staat erfolgen, in dem sich der mutmaßliche Endverbrauchsort der Dienstleistung befindet.66 Im B2B-Bereich bedeutet die Anwendung des Empfängerortsprinzips, also die Besteuerung beim Leistungsempfänger, dass es bei Vorliegen einer festen Niederlassung im anderen Staat Aufgabe der Niederlassung ist, eine im Verhältnis zum Auffangkriterium des Unternehmenssitzes (§ 3 Abs. 1 S. 1 UStG) stärkere Annäherung an den mutmaßlichen Endverbrauchsort zu gewährleisten. Nach Art. 44 S. 2 MWStSystRL, 11 Abs. 1 MWStVO67 ist eine für internetbasierte Dienstleistungen denkbare feste passive Niederlassung bereits dann gegeben, wenn sie über ausrei62 Die genauen Voraussetzungen der (ertragsteuerlichen) Betriebsstättenbegründung werden im 3. Kapitel unter II. 1. bb) geschildert. 63 Siehe u. a. Kessler, IStR 2000, 70, 70. 64 Vgl. Widmann, BB 2009, 927, 927. 65 Vgl. z. B. Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 3a UStG, Rdnr. 3 f. Die Ausdehnung des Empfängerortprinzips erfolgte in mehreren Schritten. Ausgangspunkt war die RL 2008/8/ EG, die die MWStSystRL bezüglich des Leistungsorts von Dienstleistungen anpasste und die zum 1. 1. 2010 in nationales Recht umzusetzen war (Mehwertsteuerpaket). Durch das KroatienAnpG, BGBl I 2014, S.1266, 1287, 1288 wurde zum 1. 1. 2015 das Empfängerortprinzip auch auf elektronisch erbrachte sonstige Leistungen an Nichtunternehmer, die im Inland, in der EU oder im Drittland ansässig sind, ausgedehnt. Die ursprüngliche Regel des Sitzortprinzips, verankert in § 3a Abs. 1 UStG, wird damit zur Auffangvorschrift. 66 Siehe u. a. Becker, DStR 2015, 1217, 1217. Ausführungen zum Verbrauchsort erfolgen im 2. Kapitel unter II. 3. 67 Siehe Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. 3. 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem; ABl. 2006, L 77, S. 1.

III. Besteuerungsgrundlagen

43

chende personelle und technische Mittel verfügt, um Leistungen zu empfangen und in der Niederlassung zu verwenden. Im B2C-Bereich wird das Verbrauchsortprinzip bei Leistungen auf dem Gebiet elektronischer Dienstleistungen grundsätzlich konsequent umgesetzt. Leistungsort ist gem. § 3a Abs. 5 S. 2 Nr. 3 UStG der Aufenthaltsort oder Ansässigkeitsstaat des Leistungsempfängers. Die Administrierbarkeit dieser Vorschrift wird unterstützt durch so genannte „kleine einzige Anlaufstellen“. Umsatzsteuerlich stellen sich damit im B2B-Bereich ähnliche Fragen wie bei der Ertragsteuer. Im B2C-Bereich sind vor allem Zweifelsfragen bezüglich des tatsächlichen Verbrauchsorts der internetbasierten Dienstleistungen zu klären, der aufgrund des rasanten technischen Fortschritts nicht immer offensichtlich ist.

3. Tochtergesellschaften Von Betriebsstätten grundsätzlich abzugrenzen sind Tochtergesellschaften. Sie unterscheiden sich von Betriebsstätten vor allem durch ihre rechtliche Selbständigkeit, sprich, ihre eigene Rechtspersönlichkeit. Damit einher geht auch die weit gehende Haftungstrennung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft.68 Wirtschaftlich sind sie jedoch genauso von ihrer Muttergesellschaft abhängig wie Betriebsstätten von ihrem Stammhaus. Zum Ausdruck kommt diese Abhängigkeit mangels grenzüberschreitender Organschaft insbesondere durch Beherrschungsund Gewinnabführungsverträge.69 Das Kapital der abhängigen Gesellschaft ist zum großen Teil, oft zu 100 %, im Besitz der herrschenden Gesellschaft, vgl. § 290 Abs. 1 S. 1 HGB. Tochtergesellschaften sind fast immer Kapitalgesellschaften, die in Deutschland in Form einer GmbH oder AG organisiert sind. Sie sind ein eigenes Steuersubjekt, d. h. ihre Gewinnbesteuerung erfolgt an ihrem Sitzort. Eventuell anfallende Dividenden werden im Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft erfasst und von den Gesellschaftern versteuert. Zu berücksichtigen ist mithin die Ebene der Kapitalgesellschaft als intransparente Einheit und getrennt davon die Ebene der Anteilseigner.70 Im Fall internetbasierter Dienstleistungen spielen Tochtergesellschaften zumindest für den Vertrieb der Dienstleistungen eine untergeordnete Rolle. Zum Start eines Downloads genügt ein Mausklick; um auf eine Cloud zuzugreifen, das Zur-Verfügung-Stellen einer Zugriffsmöglichkeit. Hierfür werden gerade keine festen und vorgegebenen Organisationsstrukturen im anderen Vertragsstaat benötigt. Zu klären ist daher, ab wann in diesen Fällen überhaupt die Schwelle zur Begründung einer Betriebsstätte überschritten sein kann, bzw. wie alternative Anknüpfungspunkte zu Betriebsstätten im anderen Vertragsstaat aussehen können. 68 69 70

Vgl. u. a. Schön, StuW 2012, 213, 220. Vgl. Merkt, in: Baumbach/Hopt (Hrsg.), § 290 HGB, Rdnr. 12. Vgl. Brähler, Internationales Steuerrecht, S. 262.

44

1. Kap.: Grundlagen

4. Anknüpfungsmerkmale zur Aufteilung der Steuerhoheit Eine „natürliche“ Aufteilung von Steuerhoheit zwischen Staaten, die in konkrete Vorgaben für rechtliche Regelungen in das internationale Steuerrecht überführt werden könnte, gibt es nicht.71 Im Folgenden sollen die Prinzipien skizziert werden, die zurzeit der Verteilung des Besteuerungssubstrats bei grenzüberschreitenden Aktivitäten zu Grunde liegen.72 Sie bauen auf Anknüpfungsmerkmalen auf, die sich einteilen lassen in eine Besteuerung dem Grunde nach (a)) und dem Umfang nach (b)). Ihre Umsetzung in Rein- oder Mischform bildet die Basis für Unwägbarkeiten in der Steuererhebung, wie z. B. Doppelbesteuerung oder doppelte Nichtbesteuerung.73 a) Besteuerung dem Grunde nach Ein mögliches Anknüpfungskriterium für die Besteuerung ist die Person des Steuerpflichtigen, bei der entweder die Staatsangehörigkeit mit dem steuererhebenden Staat übereinstimmt oder eine wirtschaftliche Gebietszugehörigkeit des Steuerpflichtigen vorliegt. Eine solche Gebietszugehörigkeit kann gegeben sein durch Ansässigkeit, gewöhnlichen Aufenthalt oder – bei juristischen Personen – durch Sitz bzw. Ort der Geschäftsleitung (Nationalitätsprinzip, Ansässigkeitsprinzip). Ebenfalls in Frage kommt eine Anknüpfung an das Steuergut. Das Quellenprinzip geht hierbei von inländischen Einkunftsquellen aus, ohne dass das Unternehmen dort ansässig wäre. Vielmehr unterhält es vor Ort eine Betriebsstätte. Im Grundsatz weist die OECD aktives Einkommen von Unternehmen („where it is generated“) dem Quellenstaat zu und passives Einkommen (Zinsen, Lizenzen, Dividenden) dem Ansässigkeitsstaat.74 Ebenfalls unter die Besteuerung dem Grunde nach fallen alle auf einem Staatsgebiet befindlichen Vermögensgegenstände (Belegenheitsprinzip). Umsatzsteuerrechtlich greift dem Grunde nach das Konsumptionsprinzip, wonach das Besteuerungsrecht auf dem tatsächlichen Verbrauch/Gebrauch bestimmter Güter innerhalb eines Staatsgebietes beruht. Umsatzsteuerrechtlich kann auch an Transaktionen angeknüpft werden, die einen Übergang von Verfügungsmacht zur 71

Vgl. Schön, StuW 2012, 213, 216. Siehe hierzu v. a. Brähler, Internationales Steuerrecht, S. 4 f; Reimer, IStR 2004, 816, 816 f. Zu den ökonomischen Prinzipen Kapitalimport, Kapitalexport und Kapitalinhaberschaft siehe u. a. Schön, StuW 2012, 213, 215 f. 73 Doppelte Nichtbesteuerung liegt vor, wenn die Einkünfte eines Steuerpflichtigen weder im Quellen- noch im Wohnsitzstaat besteuert werden. Ursächlich hierfür kann sein, dass der Tatbestand in keinem der nationalen Rechte besteuert wird. Oder aber, es liegt eine Steuerbefreiung nach nationalem Steuerrecht in Staat A vor und ebenso nach DBA in Staat B oder aber es besteht eine Steuerbefreiung nach DBA in beiden Staaten. Die Erzielung dieser so genannten „weißen Einkünfte“ kann durch legale Steuervermeidung erfolgen. Werden die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten des Abkommensrechts jedoch über Gebühr ausgenutzt, drohen die Gestaltungen als Missbrauch qualifiziert zu werden. 74 Vgl. u. a. Devereux/de la Feria, Destination-based Corporate-Tax, 2007, S. 6. 72

IV. Zusammenfassung

45

Folge haben. Besteuert werden kann hier nach dem Ursprungslandprinzip, d. h. in dem Land, aus dem die Leistung kommt. Ebenso relevant ist jedoch das Bestimmungslandprinzip, nach dem der Staat besteuert, für den die Leistung relevant ist. Im Fall des Belegenheitsprinzips erfolgt die Steuerbelastung in dem Staat, auf dessen Territorium die Transaktion stattfindet. b) Besteuerung dem Umfang nach Im Fall einer unbeschränkten Steuerpflicht, bei der es auf die persönlichen Merkmale des Steuerpflichtigen ankommt, wird das gesamte Welteinkommen und Weltvermögen erfasst (Universalitätsprinzip). Im Fall einer beschränkten Steuerpflicht knüpft der Staat seinen Besteuerungsanspruch an Steuergüter. Besteuert wird nur das innerhalb des Staatsgebiets belegene Vermögen und das aus inländischen Quellen stammende Einkommen (Territorialitätsprinzip). Das geltende Ertragsteuerrecht kennt Elemente beider Prinzipien, keines von ihnen ist in Reinform verwirklicht.75 Im Fall einer grenzüberschreitenden Unternehmenstätigkeit unterliegt ein Steuerpflichtiger regelmäßig dem Steuerrecht mehrerer Staaten. Doppelbesteuerungen können daher auftreten, sind jedoch zu vermeiden. Werden Schlupflöcher in den Regelungen aller betroffenen Staaten gesucht und gefunden, kann es umgekehrt zu einer doppelten Nichtbesteuerung, so genannten weißen Einkünften kommen. Diese gilt es, ebenso wie die Doppelbesteuerung, zu vermeiden.

IV. Zusammenfassung 1. Dienstleistungsbegriff Anhand von Beispielen konnte gezeigt werden, dass der Begriff „Dienstleistung“ sehr weit gefasst ist. Zwischen den besprochenen Rechtsgebieten variiert sein Bedeutungsgehalt, weil jedes Gebiet mit seinen Regelungen eine andere Zielsetzung verbindet. Das Europarecht bzw. die Dienstleistungsfreiheit setzt darauf, dass internetgebundene Unternehmer ohne Einschränkungen in einem anderen Mitgliedstaat ungehindert Korrespondenzdienstleistungen erbringen dürfen. Der nationale Dienstvertrag normiert das Austauschverhältnis rund um selbständige und unselbständige Arbeitsverhältnisse. Auf nationaler wie auch internationaler steuerrechtlicher Ebene ist der kleinste gemeinsame Nenner in Bezug auf Dienstleistungen das Ausführen von Verrichtungen in Form persönlicher Leistungen ohne Produktbezug. Eine zivilrechtliche Auslegung des steuerrechtlichen Dienstleistungsbegriffs im Sinne des nationalen 75

So Reimer, IStR 2004, 816, 816.

46

1. Kap.: Grundlagen

Vertragsrechts würde den Umfang des Begriffs im Steuerrecht auf reine Leistungsverpflichtungen beschränken und Werkleistungen ausschließen, mit denen ein konkreter Erfolg geschuldet wird.76 Sobald beispielsweise die Anpassung von Standardsoftware oder die Erstellung einer Website geschuldet wird, liegt regelmäßig ein Werkvertrag nach §§ 631 ff. BGB vor. Da es die Differenzierung in Dienstund Werkleistungen in dieser Form nur im deutschen Zivilrecht gibt,77 sind Dienstleistungen für das Steuerrecht grundsätzlich breiter auszulegen.78 Der Ansatz, auch erfolgsorientierte Komponenten unter steuerrechtliche Dienstleistungen zu subsumieren, ist zulässig, weil die zivilrechtliche Bedeutung eines Begriffs für das Steuerrecht nicht unbedingt verbindlich ist.79 Eine Identität des Begriffsgehalts kann nur dann in Betracht kommen, wenn bewusst ein Rechtsbegriff des Zivilrechts durch Aufnahme in ein Steuergesetz Tatbestandsmerkmal für die Besteuerung geworden ist.80 Dies ist im Fall von Werk- und Dienstleistungen nicht der Fall. Da Dienstleistungen zwar in sämtlichen steuerrechtlichen Regelwerken eine zentrale Rolle spielen, es aber in keiner Vorschrift eine einschränkende Definition von Dienstleistungen oder gar einen Verweis auf das Zivilrecht gibt, leuchtet es ein, auch Werkleistungen zu erfassen. Damit sind grundsätzlich auch Tätigkeiten aus Werkverträgen steuerrechtlich umfasst.81 Kumuliert bedeuten die Definitionsansätze, dass aus ertragsteuerlicher Sicht der Gewinn besteuert werden darf, der mit nichtgegenständlichen Arbeitsergebnissen erzielt wird, die gegenüber Dritten erbracht werden. Aus Umsatzsteuersicht unterliegt die persönliche Leistungserbringung selbst der Besteuerung, sie ist die Basis des steuerbaren Umsatzes. Zwar wäre eine präzisere steuerrechtliche Definition grundsätzlich wünschenswert, weil gerade im Steuerrecht die verfassungsrechtlich verankerten Gebote von Normenbestimmtheit und Normenklarheit aufgrund der Eingriffsintensität steuerrechtlicher Normen einen hohen Stellenwert besitzen.82 Aufgrund der Fülle an Dienstleistungsvarianten, wie sie z. B. die zahlreichen Einzelregelungen der MWStSystRL zeigen, kann es jedoch per se keinen einheit76

Vgl. Kahle/Ziegler, DStZ 2009, 834, 845. So z. B. Wendehorst, AcP, Bd 206 (2006), 205, 298. 78 In diesem Sinne auch Engler/Wellmann, in: Vögele/Borstell/Engler (Hrsg.), Verrechnungspreise, Kapitel N, Rdnr. 10. 79 Siehe Gersch, in: Klein (Hrsg.) § 4 AO, Rdnr. 35. So auch Drüen, in: Tipke/Kruse (Hrsg.), Stand 2011, § 4 AO, Rdnr. 322. 80 So BFH-Urteil vom 27. 08. 1968, II R 82/67, BStBl. II 1968, S. 781. 81 Siehe auch § 39 Abs. 2 AO wonach eine persönliche Zurechnung wirtschaftlichen Eigentums abweichend vom Zivilrecht nach wirtschaftlichen Kriterien in Betracht kommt; vgl. Ratschow, in: Klein (Hrsg.), § 39 AO, Rdnr. 15. 82 Waldhoff und Grefrath sprechen in einem Artikel zur Normenklarheit und Bestimmtheit der Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 – 14 AStG u. a. von der Qualitätsanforderung an die Sprachlichkeit des Rechts; vgl. IStR 2013, 477, 477. 77

IV. Zusammenfassung

47

lichen und einzigen Dienstleistungsbegriff für alle Steuerrechtsgebiete geben. Vielmehr resultiert aus der dadurch gebotenen Einzelfallbetrachtung eine durchaus angemessene und wünschenswerte Flexibilität sowohl für die Definition von Dienstleistungen, als auch für ihre Regelungsvielfalt und -intensität. Für die vorliegende Arbeit bedeutet dies, dass auch im Spezialfall der internetbasierten Dienstleistungen, je nach zu untersuchender Vorschrift, der Bedeutungsgehalt des jeweiligen Dienstleistungsbegriffs herauszuarbeiten ist.

2. Internetbasierte Dienstleistungen Eine Annäherung an und Auslegung des Adjektivs „internetbasiert“ erfolgt hier durch einen Blick auf die dahinter stehenden Dienstleister. Zum einen sind die digitalen Dienstleister zu nennen, deren Hauptaufgabe es ist, die Grundvoraussetzung der Internetwirtschaft zu schaffen, nämlich eine Infrastruktur, die sich an den jeweils neuesten Technologien orientiert. Diese Infrastruktur wird genutzt von der zweiten Gruppe an Dienstleistern, die das Netz gestaltet, den Inhalteanbietern, auch „content provider“ genannt. Sie versorgen die Infrastruktur mit Substanz. Zu den Infrastrukturschaffenden gehören die Internetserviceprovider, die Host- und ApplicationService-Provider, App-Stores, App-Entwickler, Plattformbetreiber, und Cloudanbieter. Klassische Inhalte- und damit Substanzanbieter sind u. a. Onlineredakteure. Vermengen sich Infrastrukturschaffende und Infrastrukturgestaltende, wird von Mischanbietern gesprochen.

3. Besteuerungsgrundlagen Unmittelbare Dienstleistungsexporte, d. h. Dienstleistungen, die ohne eine feste Anlaufstelle (Betriebsstätte oder feste Niederlassung) im andern Vertragsstaat auskommen, sind als Direktgeschäfte zu qualifizieren. Sie spielen für diese Arbeit nur eine exemplarische Rolle, denn ihr ertrag- und umsatzsteuerlicher Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung liegt grundsätzlich im Ansässigkeitsstaat des Dienstleisters. Tochtergesellschaften spielen für den Vertrieb von internetbasierten Dienstleistungen ebenfalls keine wesentliche Rolle. Zwar können Tochtergesellschaften grundsätzlich zugleich als Betriebsstätten fungieren.83 Die wesentliche Frage bei internetbasierten Dienstleistungen lautet aber, ab wann die unterste Schwelle zur Begründung einer Betriebsstätte überschritten ist. Da die Voraussetzungen zur Be83 Tochtergesellschaften können aufgrund besonderer – außerhalb des gesellschaftsrechtlichen Beherrschungsverhältnisses liegender – Beziehungen zur Mutter im Einzelfall Betriebsstätte sein. Vgl. Görl, in: Vogel/Lehner, Art. 5 OECD-MA Rdnr. 168 sowie Wassermeyer/ Kaeser, in: Wassermeyer Art. 5 OECD-MA, Stand 2017, Rdnrn. 245 f., 254, 258.

48

1. Kap.: Grundlagen

gründung einer Betriebsstätte/festen Niederlassung grundsätzlich geringer sind, als die zur Begründung einer Tochtergesellschaft, konzentrieren sich die folgenden Ausführungen auf Betriebsstätten. Hier ist ertragsteuerlich vor allem zu klären, ob Server bzw. Clouds Betriebsstätten begründen können und ob es Alternativen zum Betriebsstättenkonzept gibt. Umsatzsteuerrechtlich gilt es insbesondere Fragen aus dem B2C-Bereich zu beantworten. Die Besteuerung erfolgt umsatzsteuerrechtlich am Ort des Leistungsempfängers und damit am Verbrauchsort der Leistung. Die verbindliche Ermittlung des Verbrauchsorts ist aufgrund des technischen Fortschritts die damit verbundene Hauptschwierigkeit. Steuerrechtliche Aufteilungsprinzipien bestimmen, ob der Ansässigkeits- oder der Quellenstaat seine Besteuerungshoheit ausüben darf. Die Steuerhoheit dem Grunde nach kann auf persönlichen Merkmalen, wie z. B. der Staatsangehörigkeit oder aber auch auf wirtschaftlicher Gebietszugehörigkeit (z. B. Ansässigkeit) basieren. Wird an das Steuergut selbst angeknüpft, muss in dem jeweiligen Staat eine Betriebsstätte existieren. Eine Steuerhoheit dem Umfang nach unterscheidet zwischen unbeschränkter Steuerpflicht (Universalitätsprinzip) und beschränkter Steuerpflicht (Territorialitätsprinzip).

2. Kapitel

Indirekte Besteuerung – Umsatzsteuerliche Behandlung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen Die Umsatzsteuer und ihr ähnliche Verbrauchssteuern können als Erfolgsmodell bezeichnet werden.1 Sie wurde in über 150 Ländern weltweit eingeführt; weitere Länder planen ihre Implementierung.2 Allein der Europäische Binnenmarkt umfasst 500 Millionen potentielle Kunden, die mit elektronischen Dienstleistungen erreicht werden können. Daraus ergibt sich potenziell eine immense Zahl von USt-Transaktionen. Mithin spielt die Umsatzsteuer für die Erschließung digitaler Märkte eine zentrale Rolle. Ihr reibungsloses Funktionieren ist elementar, um das Wachstumspotential der digitalen Wirtschaft auszuschöpfen.3 Nachstehend ist daher zu klären, welche internetbasierten Dienstleistungen überhaupt von der Umsatzsteuer betroffen sind, und vor allem, wo im grenzüberschreitenden Fall die Umsatzsteuer anfällt. Thematisiert wird auch, wie sie länderübergreifend durchgesetzt werden kann. Ein kurzer Ausblick bewertet die jüngsten Gesetzesänderungen und zeigt auf, an welchen Stellen nachgebessert werden sollte.

I. Regelungsebenen 1. Europäische Ebene Die Umsatzsteuer ist in Europa inzwischen weitgehend harmonisiert.4 Gem. Art. 113 AEUV kann der Rat auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses einstimmig 1

Vgl. Haydl, IStR 2015, 587, 588. Boniface/Trautwein/Ogenblad, Tax Notes International, 2013, 431, 431. 3 Die Europäische Union hat z. B. am 6. Mai 2015 ein Strategiepapier zur Schaffung eines digitalen Binnenmarktes veröffentlicht (IP/15/4919). Eine zentrale Maßnahme ist dabei die Verringerung des Verwaltungsaufwands der Unternehmen, der sich aus unterschiedlichen Mehrwertsteuerregelungen ergibt. U. a. soll eine einheitliche Mehrwertsteuerschwelle eingeführt werden, die kleineren Start-Ups bei dem Einstieg in den Online-Handel helfen soll. 4 So z. B. Alber, in: Kessler/Kröner/Köhler (Hrsg.), Konzernsteuerrecht, § 1, Rdnr. 84 oder Pichler, JURA 2013, 30, 30. 2

50

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

Bestimmungen zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuer erlassen, so weit die Angleichung für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes notwendig ist.5 Die Harmonisierungszuständigkeit ist bewusst beschränkt auf indirekte Steuern.6 Rechtstechnisch erfolgt die Harmonisierung vorrangig durch Richtlinien i.S.d. Art. 288 Abs. 3 AEUV.7 Ihr Ziel ist es, die Wettbewerbsneutralität der Umsatzsteuer im Binnenmarkt zu erreichen, eigene Mehrwertsteuereinnahmen der Gemeinschaft zu generieren und Steuergrenzen zu beseitigen.8 Der wichtigste Schritt in der Abfolge der Harmonisierung der Umsatzsteuer war die Verabschiedung der 6. EG-Richtlinie9 vom 19. Mai 1977. Diese 6. EG-RL wurde im Jahr 2006 durch die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MWStSystRL) ohne inhaltliche Änderungen neu gefasst. Die MWStSystRL fasst in etwa 400 Artikeln die geltenden Vorgaben der EU über die Ausgestaltung der nationalen Umsatzsteuergesetze zusammen. Die USt-Gesetze der Mitgliedsstaaten müssen entsprechend der Richtlinie gestaltet und ihre Bestimmungen im Zweifel entsprechend den Vorgaben der Richtlinie ausgelegt werden (richtlinienkonforme Auslegung).10 Damit ist die Richtlinie sozusagen das mehrwertsteuerrechtliche Grundgesetz in der EU.11 Eine umsatzsteuerrechtliche Doppelbesteuerung ist innerhalb der EU nur denkbar, wenn einer der beteiligten Staaten die jeweils einschlägige Richtlinie unzureichend oder unzutreffend umgesetzt hat.12 Die Richtlinie wird durch Detailänderungen laufend weiterentwickelt. Im Jahr 2010 wurde im Rahmen des so genannten Mehrwertsteuerpakets der Ort der sonstigen Leistung geändert (Art. 58 MWStSystRL). Die neue Rechtslage, nach der u. a. als Ort für elektronisch erbrachte Dienstleistungen an Nichtunternehmer der Ort zählt, an dem der Leistungsempfänger ansässig ist, wird praktisch flankiert durch die Einführung einer „Mini-One-Stop-Shop“-Regelung, die z. B. in Deutschland in § 18 h UStG umgesetzt wurde. Einen großen Anteil an der europaweiten Harmonisierung der Umsatzsteuer hat zudem die Rechtsprechung des EuGH. Die Urteile des EuGH binden nach Maßgabe ihres Tenors die vorlegenden Gerichte und entfalten darüber hinaus Bindungswirkung für die Auslegung der fraglichen Richtlinienregel (Auslegungsmonopol). Für die Auslegung des nationalen Umsatzsteuerrechts sind nicht nur die EuGH-Urteile zu den jeweiligen nationalen Vorlagefragen relevant, vielmehr sind auch ausländi5

Robisch, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, vor § 1 UStG, Rdnr. 4. Siehe Alber, in: Kessler/Kröner/Köhler (Hrsg.), 2008, Konzernsteuerrecht, § 1, Rdnr. 84. 7 Siehe z. B. Pichler, JURA 2013, 30, 30. 8 Vgl. Stadie, in: Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, Einführung, Stand 2013, Anm. 423 i.V.m. Anm. 443 sowie Robisch, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, vor § 1 UStG, Rdnr. 15. 9 RL 77/388/EWG vom 19. Mai 1977, ABl. 1977, L 145, S. 1. 10 Vgl. auch Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rdnr. 3.85. 11 So Robisch, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, vor § 1 UStG, Rdnr. 5. 12 Siehe Haase, Internationales und Europäisches Steuerrecht, Rdnr. 911. 6

I. Regelungsebenen

51

sche Vorlagen einschlägig und müssen in der Praxis entsprechend berücksichtigt werden.13

2. Internationale Ebene – Ansätze der OECD Die OECD ist in Bezug auf die Regulierung der Umsatzsteuer tendenziell zurückhaltend. Die Erklärung hierfür ist, dass eine der wesentlichen Aktivitäten der OECD, das Bereitstellen von Musterabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung, für die Umsatzsteuer von untergeordneter Wichtigkeit ist. Die Gefahr der Doppelbesteuerung spielt in der Umsatzsteuer eine geringere Rolle, weil ihr die aus der Ertragsteuer bekannte Freistellungsmethode durch die Vorschriften zur Leistungsortbestimmung und damit einhergehend zur Besteuerung immanent ist.14 Dennoch besteht die Gefahr, dass die verschiedenen nationalen Mehrwertsteuersysteme nicht immer international kompatibel sind. Neben der Gefahr der Doppelbesteuerung kann dies auch dazu führen, dass die Mehrwertsteuer ihre Neutralität für Unternehmen verliert und zu einem echten Kostenfaktor wird.15 Daher macht sich die OECD Gedanken zur umsatzsteuerlichen Doppel- bzw. Nichtbesteuerung, und zwar sowohl für das B2B- als auch für das B2C-Geschäft. Sie hat internationale Umsatzsteuerrichtlinien zur Leistungsortbestimmung erlassen,16 die sich, ausgelöst durch eine immer stärker globalisierte und digitalisierte Wirtschaft, damit beschäftigen, wie internationale Umsatzsteuersysteme reibungslos miteinander interagieren können.17

3. Nationale Vorschriften und Fokus der Arbeit Die Guidelines der OECD zur Umsatzsteuer haben, ähnlich den ertragsteuerlichen Musterabkommen, lediglich Empfehlungscharakter („soft law“) für die Nationalstaaten. Daher werden im Folgenden die verbindlichen EU-Vorschriften analysiert, während die Guidelines nur bei offenen Fragen gegenüber gestellt werden. Durch die fortgeschrittene europaweite Harmonisierung der Umsatzsteuer sind die nationalen deutschen Vorschriften inhaltlich deckungsgleich mit den europäischen 13

Vgl z. B. Robisch, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, vor § 1 UStG, Rdnr. 11. Eine Alternative zur Leistungsortbestimmung ist z. B. der US-amerikanische „Market Place Fairness Act“. Er wird seit 2013 im US-Kongress verhandelt und sieht vor, dass die Bundesstaaten grundsätzlich von Internethändlern verlangen können Umsatzsteuer zu erheben und abzuführen, wenn sie keine physische Präsenz in dem jeweiligen Bundesstaat haben. 15 So Haydl, IStR 2015, 587, 588. 16 Siehe OECD (Hrsg.), International VAT/GST Guidelines 2015, sowie OECD (Hrsg.), Discussion Draft VAT/GSt B2C-Guidelines 2014. 17 Vgl. OECD (Hrsg.), International VAT/GST Guidelines 2015; insbesondere zum „destination principle“, S.12. 14

52

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

Vorgaben. Soweit möglich und sinnvoll werden beide Vorschriften zitiert; untergliedert wird jedoch nach den Normen des deutschen Umsatzsteuergesetzes.

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen Auf dem Prüfstand steht die Funktionsweise der Umsatzsteuerbarkeit von speziell internetbasierten Dienstleistungen. Ein Schwerpunkt der Untersuchung wird folglich auf dem Leistungs- und damit auch Besteuerungsort liegen, weil hier bedingt durch den Ausgangspunkt „elektronische Dienstleistungen“ die meisten Fragen aufgeworfen werden. Daher wird z. B. auch abgeglichen werden, ob die bereits vorgestellten Online-Akteure18 tatsächlich internetbasierte elektronische Dienstleistungen, Leistungen im Bereich der Telekommunikation oder aber konventionelle Dienstleistungen erbringen. Die Beantwortung dieser Frage ist relevant, weil je nach Dienstleistung unterschiedliche Leistungs- und damit Besteuerungsorte vorliegen können. Lieferungen und sonstige Leistungen sind grundsätzlich gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG umsatzsteuerbar, sofern sie von einem Unternehmer im Inland im Rahmen seines Unternehmens gegen Entgelt erbracht werden. Diese Tatbestandsvoraussetzungen werden im Folgenden einzeln analysiert werden.

1. Internetbasierte Lieferungen Die Lieferung von Waren zielt grundsätzlich auf die Schaffung von Verfügungsmacht über einen Gegenstand ab.19 Internetbasierte Lieferungen kann es nicht geben, da das Internet keine Verfügungsmacht über einen Gegenstand verschaffen kann. Es dient im Zusammenhang mit Waren lediglich zu Informationszwecken, der Vertragsanbahnung bzw. für den Vertragsschluss und ggf. zur Ausführung der Zahlung. Es werden lediglich Daten übermittelt und Rechte erteilt. Die eigentliche Lieferung erfolgt naturgemäß „offline“.20 Eine Lieferung, keine sonstige elektronische Leistung, liegt bzw. lag daher z. B. vor, wenn Standardsoftware auf einem Datenträger versandt wird.

18

Vgl. Kapitel 1 II. Stöcker, in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2014, § 1 UStG, Rdnr. 30. Gegenstände können Wirtschaftsgüter jeglicher Art sein, z. B. auch Elektrizität. 20 Vgl. u. a. von Wallis, in: Hören/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 27, Rdnr. 6. 19

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

53

2. Internetbasierte sonstige Leistungen Sonstige Leistungen sind gem. § 3 Abs. 9 UStG Leistungen, die gerade keine Lieferungen sind. Erfasst sind neben einem Unterlassen, dem Dulden einer Handlung oder eines Zustands v. a. Dienstleistungen, aber auch Gebrauchs- und Nutzungsüberlassungen. Elektronische Dienstleistungen werden in der MWStSystRL bewusst nicht definiert, um Spielraum für künftige technische Entwicklungen zu lassen.21 Es wird nur eine beispielhafte Aufzählung vorgenommen;22 im Einzelnen werden genannt: 1. Bereitstellung von Websites, Webhosting, Fernwartung von Programmen und Ausrüstungen; 2. Bereitstellung von Software und deren Aktualisierung; 3. Bereitstellung von Bildern, Texten und Informationen sowie Bereitstellung von Datenbanken; 4. Bereitstellung von Musik, Filmen und Spielen, einschließlich Glücksspielen und Lotterien sowie von Sendungen und Veranstaltungen aus den Bereichen Politik, Kultur, Kunst, Sport, Wissenschaft und Unterhaltung; 5. Erbringung von Fernunterrichtsleistungen. Konkreter wird die Durchführungsverordnung (MWStDVO)23 zur MWStSystRL und Abschnitt 3a.12 Abs. 1 S. 1 ihres zugehörigen nationalen UStAE vom 1. 10. 2010 in seiner konsolidierten Fassung vom 20. 1. 2014.24 Elektronische Dienstleistungen werden demnach über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz erbracht, ihre Erbringung ist aufgrund ihrer Art im Wesentlichen automatisiert, erfolgt nur mit minimaler menschlicher Beteiligung und wäre ohne Informationstechnologie nicht möglich.25 Eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung liegt mithin vor, wenn ein umsatzsteuerlich relevanter Leistungsaustausch über das Internet getätigt wird und die eigentliche Leistung in der Übermittlung

21 Die RL 2006/112/EG vom 28. 11. 2006, (ABl. 2006, L 347, S. 1), über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) ersetzt seit dem 1. 1. 2007 die 6. EG-RL 77/388/EWG. Die Richtlinie 2006/112/EG wurde bereits am 19. 12. 2006 durch die Richtlinie 2006/138/EG geändert. Durch diese Änderung wurde aber nur die zeitliche Geltungsdauer der Regelungen verlängert, vgl. Langer, in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2015, USt-Einführung Rdnr. 24. 22 Siehe Art. 56 Abs. 1 k) i.V.m. Anhang 2 der MWStSystRL (2006/112/EG). 23 VO (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. 3. 2011, Abl. 2011, L 77, S. 1. Nach Art. 288 Abs. 2 AEUV sind Verordnungen in allen ihren Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Die MWStDVO ist unmittelbar anwendbar seit dem 1. 7. 2011. 24 UStAE vom 1. 10. 2010, BStBl. I, S. 846, zuletzt geändert durch BMF-Schreiben vom 13. 3. 2015, BStBl. I 2015, S. 234. 25 Vgl. Art. 7 der MWStDVO und § 3a.12 Abs. 1 S. 1 des zugehörigen UStAE.

54

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

digitaler Inhalte liegt.26 Anders ausgedrückt, muss die digitale Dienstleistung als solche auf elektronischem Weg abgewickelt werden.27 Neben den elektronischen Dienstleistungen können auch Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation sowie die Leistungen von Inhalteanbietern internetbasiert und damit besteuerungsrelevant sein. Mit Telekommunikation gemeint sind u. a. alle technischen Vorgänge des Übertragens, Ausstrahlens und Empfangens von Nachrichten jeglicher Art in der Form von Zeichen, Sprache, Bildern oder Tönen mittels Telekommunikationsanlagen. Das Internet ist hierbei als Telekommunikationsanlage zu qualifizieren.28 Nach Art. 24 Abs. 2 MWStSystRL handelt es sich bei den Telekommunikationsdienstleistungen u. a. um Dienstleistungen zur Bereitstellung des Zugangs zu globalen Informationsnetzen. UStAE 3a.10 Abs. 2 führt aus, dass die Einräumung von Nutzungsmöglichkeiten verschiedener Übertragungskapazitäten ebenfalls zu den Telekommunikationsdienstleistungen zählt.29 Es ist zu klären, welche Anbieter dieser Dienstleistungen als Unternehmer zu qualifizieren sind und ob alle Anbieter ihre Leistungen nur gegen Entgelt erbringen.

3. Unternehmen, Unternehmer und Entgelt Ein Unternehmen definiert sich durch sämtliche Betriebe und/oder berufliche Tätigkeiten desselben Unternehmers.30 Unternehmer i.S.d. § 2 UStG ist jeder, der eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Als gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen zu qualifizieren. Eine Gewinnerzielungsabsicht – wie beim Gewerbetreibenden (§ 15 Abs. 2 EStG) – ist nicht erforderlich.31 Unternehmer ist damit, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt und entgeltliche Leistungen erbringt.32 In der MWStSystRL (Art. 9 ff.) wird der Unternehmer als „Steuerpflichtiger“ bezeichnet. Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine in Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 MWStSystRL bezeichnete „wirtschaftliche Tätigkeit“ „unabhängig von ihrem Ort, 26 Siehe Birgel, in: Weimann/Lang (Hrsg.), Umsatzsteuer national und international, S. 78; sowie BMF-Schreiben vom 12. 06. 2003, BStBl. I 2003, 375. 27 So Langer, in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2015, USt-Einführung, Rdnr. 197/1. 28 Vgl. Abschn. 3a.10 Abs. 2 Nr. 1d), konsolidierte Fassung UStAE vom 1. 10. 2010, BStBl. I, S. 846. 29 Siehe hierzu auch Wäger, in: Sölch/Ringleb (Hrsg.), Stand 2017, § 3a UStG, Rdnr. 308. 30 Vgl. u. a. Abschnitt 2.7, UStAE vom 1. 10. 2010, BStBl. I, S. 846, zuletzt geändert durch BMF-Schreiben vom 19. 12. 2016 (IV D 3 – S 7015/10/10002 2010/0815152), S. 55. 31 So z. B. Treiber, in: Sölch/Ringleb (Hrsg.), Stand 2017, § 2 UStG, Rdnr. 10. 32 Siehe Treiber, in: Sölch/Ringleb (Hrsg.), Stand 2017, § 2 UStG, Rdnr. 10.

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

55

Zweck und Ergebnis selbständig ausübt“ (Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 MWStSystRL). Die h. M. geht davon aus, dass der deutsche und der unionsrechtliche Unternehmerbegriff inhaltlich übereinstimmen und trotz des abweichenden Wortlauts der Vorschriften eine richtlinienkonforme Auslegung des § 2 UStG möglich ist.33 Gem. Art. 9 Abs. 2 MWStSystRL zählt u. a. als wirtschaftliche Tätigkeit die Arbeit von Händlern, Dienstleistenden und die der Freiberufler. Das Tatbestandsmerkmal „entgeltlich“ meint, dass der elektronischen Dienstleistung eine Gegenleistung gegenüberstehen muss, die in einem unmittelbaren, wechselseitigen Zusammenhang zur Leistung stehen muss.34 Fragen zur Entgeltlichkeit treten nur bei App-Entwicklern auf. a) Zugangsanbieter und Netzbetreiber Zugangs- und Netzbetreiber bieten ihre Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation gewerblich gegen Entgelt an. Sie sind damit als Unternehmer zu qualifizieren. b) Host- und Application-Service Provider Beide Online-Akteure bieten ihre Dienstleistungen an, um Einkünfte zu erzielen. Sie gehen damit einer entgeltlichen, wirtschaftlichen Tätigkeit nach, betreiben ein Gewerbe und erfüllen die Unternehmereigenschaft. c) Cloudanbieter Cloudanbieter sind vergleichbar mit Host- und Application-Service-Providern. Sie möchten mit ihrer Dienstleistung Einnahmen erzielen, gehen einer entgeltlichen, wirtschaftlichen Tätigkeit nach, betreiben ein Gewerbe und erfüllen die Unternehmereigenschaft. d) Plattformbetreiber Plattformbetreiber sind nur aus ihren Rechtsverhältnissen mit Werbenden und Schenkenden heraus als umsatzsteuerrechtliche Unternehmer zu qualifizieren. Grundtatbestand der Umsatzsteuer ist ein Leistungsaustausch, bei dem der leistende Unternehmer an einen Leistungsempfänger eine Leistung erbringt, der wie33

Vgl. hierzu Lippross, Umsatzsteuer, S. 414, 2.8.1 sowie BFH-Urteil vom 10. 04. 1997, V R 17/94, IStR 1997, 639, LS. 34 Siehe u. a. Abschnitt 1.1, UStAE vom 1. 10. 2010, BStBl. I, S. 846, zuletzt geändert durch BMF-Schreiben vom 19. 12. 2016 (IV D 3 – S 7015/10/10002 2010/0815152), S. 1.

56

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

derum eine Gegenleistung in Form eines Entgelts gegenübersteht.35 Google, Facebook und LinkedIn eint die Besonderheit, dass sie ihre Plattformen den Nutzern überwiegend unentgeltlich zur Verfügung stellen. Mangels eines Leistungsaustauschs entsteht hier kein steuerbarer Umsatz. Zugleich erzielen die Plattformbetreiber mit ihrem Angebot jedoch Werbeeinnahmen. Dies ist so geplant und gewollt. Die Absicht, Einnahmen zu erzielen, liegt daher vor, so dass die Plattformbetreiber mit Blick auf ihr Rechtsverhältnis mit jenen, die bei ihnen Werbung schalten, als Gewerbetreibende und Unternehmer einzustufen sind. Auch die Betreiber von z. B. Wikipedia müssen als vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer Umsatzsteuer abführen. Wikipedia finanziert sich ausschließlich über Schenkungen und ohne jegliche Werbung. Mithilfe eines „make a donation“ buttons werden Gelder für Wikipedias kostenlose Recherchedienstleistung eingeworben. Da hier jedoch keine gemeinnützige Spende i.S.d. §§ 52 – 45 AO vorliegt sondern die Dienstleistung quasi „bezahlt“ wird, ist Umsatzsteuer abführen. e) App-Stores und App-Entwickler aa) App-Stores App-Storebetreiber sind Gewerbetreibende,36 denn sie bieten auf ihrer Verkaufsplattform sowohl kostenpflichtige eigene Apps, die von ihren Angestellten programmiert werden, als auch gegen Provision Apps von Drittentwicklern an.37 Ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch ist in beiden Fällen gegeben, App-Storebetreiber erfüllen die Unternehmereigenschaft. bb) App-Entwickler Für die Entwickler von Apps ist das Programmieren ihrer Anwendungen nicht automatisch eine wirtschaftliche Tätigkeit, der sie nachgehen, um u. a. Einnahmen zu erzielen. Vielmehr wird manchmal nur eine einzige App entwickelt, oder das Programmieren ist ein Hobby. Viele Apps werden zudem kostenlos angeboten. Daher ist hinsichtlich der Unternehmereigenschaft von App-Entwicklern zu differenzieren: Unternehmer müssen steuerrechtsfähig sein. App-Entwickler müssen daher entweder natürliche oder juristische Personen sein, § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Nach § 2 35

Siehe u. a. Robisch, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 1 UStG, Rdnr. 7. Der Erfolg der App-Stores basiert auch darauf, dass sie die einzige offizielle Möglichkeit darstellen, Programme und Spiele von Drittanbietern auf Smartphones und Tablets zu übertragen. 37 Derzeit sind ca. 4,9 Millionen Apps auf dem Markt, siehe https://de.statista.com/statistik/ daten/studie/208599/umfrage/anzahl-der-apps-in-den-top-app-stores/, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. Aktuell bieten alle Hersteller von Smartphonebetriebsstystemen App-Stores an (Apple, Google, Microsoft, Blackberry). Herstellerunabhängig ist lediglich der Amazon AppStore. 36

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

57

Abs. 1 S. 1 UStG kann nur eine selbständige Tätigkeit zur Unternehmereigenschaft führen.38 App-Entwickler, die weisungsgebunden z. B. in einem Programmierer-/ Ingenieurunternehmen arbeiten, sind nicht persönlich umsatzsteuerpflichtig, sondern nur ihr Unternehmen, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG. Ob Weisungsgebundenheit vorliegt, richtet sich nach dem Innenverhältnis.39 Alleine tätige, freiberufliche Ingenieure erfüllen die Voraussetzung der Selbständigkeit genauso wie Privatpersonen, die abends hin und wieder programmieren. Zudem ist darauf abzustellen, ob App-Entwickler ihre Tätigkeit nachhaltig anbieten.40 Der Begriff der Nachhaltigkeit ist gesetzlich nicht definiert worden. Er unterliegt der Auslegung durch Literatur und insbesondere Rechtsprechung. Ob ein nachhaltiges Tätigwerden vorliegt, ergibt sich demnach aus dem Gesamtbild der Verhältnisse. Auch die Tätigkeit in sog. „Liebhabereibetrieben“, die ertragsteuerlich nicht zu einem Ausgleich der Verluste mit anderen Einkünften führen, kann umsatzsteuerlich bei Nachhaltigkeit zu einer unternehmerischen Betätigung führen.41 Beurteilungskriterien sind dabei laut BFH42 u. a. ein planmäßiges Handeln, eine auf Wiederholung angelegte Tätigkeit, die Beteiligung am Markt oder ein Auftreten wie ein Händler.43 Der EuGH sieht Nachhaltigkeit vor allem dann gegeben, wenn eine wirtschaftliche Tätigkeit zur fortwährenden Erzielung von Einnahmen vorliegt. Ausgehend von der Summe der Gegebenheiten des Einzelfalls agieren App-Entwickler daher nachhaltig, wenn sie ihre Anwendungen bewusst für den Vertrieb im Markt programmieren, diese dort gestreut und genutzt werden und sie eine Einnahmequelle für den Entwickler darstellen.44 Die Erzielung von Einnahmen braucht jedoch nicht die Triebfeder für die Tätigkeit zu sein.45 Nach Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL ist Steuerpflichtiger, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Hierbei handelt es sich um einen objektiv festgelegten Begriff, da die Tätigkeit an sich, unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, betrachtet wird. Somit wird eine Tätigkeit im Allgemeinen als wirtschaftlich angesehen, wenn sie nachhaltig ist und gegen ein Entgelt i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgeübt wird, das derjenige erhält, der die Leistung erbringt.46 Mithin ist zu unterscheiden zwischen 38

Siehe u. a. bei Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 2 UStG, Rdnr. 92. So u. a. Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 2 UStG, Rdnr. 95; vgl. BFH-Urteil vom 14. 4. 2010, XI R 14/09, BStBl. II 11, 433, Rdnr. 29. 40 A.A. Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 2 UStG, Rdnr. 51. 41 So Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 2 UStG, Rdnr. 50 f. 42 BFH-Urteil vom 18. 7. 1991, V R 86/87, BStBl. II, 776 unter 1. 43 Vgl. Abschn. 2.3 Abs. 5 UStAE vom 1. 10. 2010, BStBl. I, S. 846. 44 Rechtsprechung zur Frage der Nachhaltigkeit existiert u. a. zu „eBay-Händlern“. Ob Nachhaltigkeit vorliegt richtet sich demnach nach den gleichen Grundsätzen wie jede andere Händlertätigkeit und ist vor allem eine Tatsachenfrage. Bejaht wurde die Unternehmereigenschaft in eBay-Fällen u. a. wegen intensiven Tätigwerdens am Markt durch BFH-Urteil vom 26. 4. 2012, V R 2/11, BStBl. II 12, 634, Rdnr. 38. 45 Vgl. Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 2 UStG, Rdnr. 61. 46 Siehe Treiber, in: Sölch/Ringleb (Hrsg.), Stand 2017, § 2 UStG, Rdnr. 63. 39

58

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

den verschiedenen Entgeltvarianten, für die Apps derzeit zum Download angeboten werden. (1) Entgeltliche Apps Entgeltliche (Android-) Apps machen derzeit ca. 32 % der insgesamt angebotenen Anwendungen in Deutschland aus.47 Nicht abschließend geklärt ist bisher, ob zivilrechtlich der App-Entwickler oder der Storebetreiber der Leistende gegenüber den Kunden ist.48 Die Rechtsprechung orientiert sich hierfür momentan (noch) an den tatsächlichen Verhältnissen, da es bisher keine einheitliche Vertragsgestaltung gibt.49 Aus Sicht der Umsatzsteuer kann die Frage der Leistungsbeziehungen vorerst offen bleiben. Hier stellt sich lediglich die Frage, ob die Entwickler entgeltlicher Apps als Unternehmer zu qualifizieren sind. Dies ist zu bejahen. Die Entwickler beteiligen sich durch das Einstellen der Apps in die Plattform am Markt, sie agieren damit nachhaltig und sie erzielen Einnahmen. Sie können den Preis für ihre Apps nach von den Storebetreibern vorgegebenen Preisstufen (89 Cent aufwärts) frei wählen. Die App-Stores behalten davon durchgängig Gebühren in Höhe von ca. 30 Prozent ein,50 übernehmen dafür die Zahlungsabwicklung und stellen die Infrastruktur zur Verfügung. (2) Unentgeltliche Apps Die meisten deutschen Smartphone-User nutzen kostenlose Apps,51 bei denen die Entwickler auch von den Storebetreibern kein Geld für das Einstellen in ihren Store erhalten. Sorgt der Entwickler nicht selbst für Werbeeinnahmen, die ihm persönlich zufließen, ist er mangels Entgelt nicht als Unternehmer i.S.d. Umsatzsteuer zu qualifizieren.

47 Vgl. http://de.statista.com/statistik/daten/studie/74370/umfrage/android-apps-nach-kosten losen-und-kostenpflichtigen-angeboten/, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018 (kostenpflichtiger Inhalt). 48 Siehe Endert/Trinks, Elektronische Dienstleistungen in der Umsatzsteuer – Praxisprobleme und aktuelle Entwicklungen, SteuK 2013, 397, 400. 49 Vgl. Endert/Trinks, SteuK 2013, 397, 400 sowie das EuGH-Urteil vom 3. 5. 2012, Rs. C520/10, Lebara, EuZW 2012, 433, wonach im Zweifel auf die tatsächlichen Verhältnisse abgestellt und die zivilrechtlichen Vereinbarungen ausgeblendet werden. 50 Siehe z. B. http://www.newgadgets.de/58651/google-verlangt-mehr-provision-von-denapp-entwicklern/, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 51 Vgl. http://de.statista.com/statistik/daten/studie/74370/umfrage/android-apps-nach-kosten losen-und-kostenpflichtigen-angeboten/, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018 (kostenpflichtiger Inhalt).

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

59

(3) Werbefinanzierte Apps Programmierer verdienen an kostenlosen Apps jedoch zumeist über sogenannte In-App-Werbung.52 Beim Anklicken einer App erscheinen Werbebanner oder Videos. Werbevermarkter unterstützen die Programmierer bei der Monetarisierung ihrer Apps mit gezielten Servicepaketen.53 Sobald Werbeinnahmen vorliegen, ist eine ausreichende Teilnahme am Markt gegeben und die Unternehmereigenschaft liegt vor.54 (4) Apps zur Finanzierung von Spenden Fraglich ist, ob der Programmierer einer App, die Spenden generieren soll, ein Unternehmer i.S.d. Umsatzsteuer ist. Die App liefert zwar eine Einnahmequelle, diese kommt jedoch nicht ihrem Programmierer, sondern einem Spendenprojekt zugute. Steuerrechtlich ist im Vorfeld zu prüfen, ob tatsächlich eine Spende vorliegt, d. h. eine als gemeinnützig anerkannte Hilfsorganisation unterstützt werden soll. Andernfalls ist, wie im Fall von Wikipedia, eine Schenkung gegeben.55 Apps wie z. B. „betterplace.org“56 übernehmen diese Vorprüfung und informieren vor dem Auslösen des Spendenklicks über die steuerliche Absetzbarkeit. Steht hinter dem App-Betreiber eine juristische Person, eine private Körperschaft des Inlands oder ein begünstigter Spendenempfänger im EU/EWR-Ausland und sammelt Spenden i.S.d. §§ 52 – 54 ff. AO,57 unterliegen diese Spenden nicht der Umsatzsteuer. Es dürfen Spendenbescheinigungen ausgefüllt werden und die Zuwender können die Spende steuerlich geltend machen. Der App-Betreiber erhält kein 52 Mit der kostenlosen Spiele-App „Flappy Bird“ verdiente ihr Entwickler durch In-AppWerbung bis zu 50.000 USD pro Tag, vgl. http://www.focus.de/digital/rueckzug-aus-dem-app store-der-raetselhafte-aufstieg-und-fall-von-flappy-bird_id_3603135.html, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 53 Z. B. mit Hilfe der Google-Tochter Admob, die einer der größten Werbevermarkter für die sogenannten In-App-Banner ist; https://www.google.de/admob/, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 54 Apps, die nur für kurze Zeit am Markt verfügbar sind, („Flappy Bird“ wurde z. B. nach nur 9 Monaten wieder aus den App-Stores entfernt), sind vergleichbar mit der vom BFH entschiedenen Konstellation eines Karnevalsprinzen, der während der Karnevalszeit eine Broschüre mit Werbung herausgab. Laut BFH war er als Unternehmer zu qualifizieren, denn auch wenn er nur innerhalb einer kurz bemessenen Zeit tätig wurde, nahm er doch planmäßig, wiederholt und intensiv am Marktgeschehen teil und war damit Unternehmer, BFH-Urteil vom 27. 10. 1993, XI R 86/90, BStBl. II, 1994, S. 274. 55 Siehe Kapitel 2 II. 3. d). 56 Dasselbe gilt für deren Onlineangebot. 57 Soll die Spende einem Projekt im Ausland zu Gute kommen, ist insbesondere § 51 Abs. 2 AO zu berücksichtigen. Der steuerbegünstigte Zweck wird nur dann gefördert, wenn die Förderung auch zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland beitragen kann. Vgl. Gersch, in: Klein (Hrsg.), § 51 AO, Rdnr. 7.

60

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

Entgelt für seine Leistung, handelt nicht gewerblich und ist folglich nicht als Unternehmer zu qualifizieren.58 f) Inhalteanbieter Schon vor fast 20 Jahren wurden Inhalteanbieter definiert als Partner im Online–Bereich, welche die am Bildschirm sichtbaren Informationen liefern und Leistungen anbieten.59 Inhalteanbieter benötigen einen technischen Akteur, der ihnen bei der Einspeisung ihrer Signale in das Netz hilft. Heutzutage sind typische Beispiele für die Dienstleistungen von Inhalteanbietern Pressespiegel, Blogs, Wetterdienste, Börsenkurse oder die jeweilige online-Ausgabe eines Printmediums. Je nach Vermarktungskonzept und Nutzungsvereinbarung sind die Inhalte gegen Entgelt zugänglich oder frei abrufbar. Bei freier Abrufbarkeit finanziert sich das Angebot in der Regel über Werbebanner oder Videos. Die Banner verweisen dann als Hyperlink auf die Website des Werbenden oder sie legen sich für einige Sekunden über die Seite. Entgeltliche Angebote von z. B. Zeitungen in Form eines „E-Papers“ erfolgen hingegen über das kostenpflichtige Abonnement eines Digitalpakets. Bei einem sogenannten „Freemium-Modell“60 werden verschiedene Varianten einer Dienstleistung angeboten: Es gibt eine Basisversion, die für alle Nutzer kostenlos ist und zusätzlich eine kostenpflichtige Version für Kunden, die mehr Funktionalitäten nutzen wollen. Als Beispiel genannt seien die online-Wetterdienste. Wer beispielsweise regelmäßig eine 7-Tages Wetterprognose statt nur der kostenfreien 3-tägigen einsehen möchte, der muss dafür bezahlen.61 Festzuhalten ist, dass Inhalteanbieter Unternehmer sind, weil sie einer gewerblichen Tätigkeit nachgehen, mit der sie – auf unterschiedliche Weise – Einnahmen erzielen.

4. Inland bzw. Leistungsort Die Frage der Umsatzsteuerbarkeit eines Leistungsaustauschs ist auf das engste verknüpft mit der Frage, wo sich der jeweilige Leistungsort befindet.

58 Vgl. hierzu auch Radeisen, in: Plückebaum/Malitzky (Hrsg.), Stand 2011, § 2 UStG, Rdnr. 95. 59 von Herget/Reimer, DStR 1996, 1288, 1293. Siehe auch die Definition für Inhalteanbieter in Kapitel 1 unter II. 2. 60 Anderson, FREE, The future of a radical price, S. 245 f. Als sog. „freemium tactics“ werden genannt: time limited, feature limited (basic free, sophisticated version paid, seat limited (some number of people for free, but more than that is paid), customer type limit (small and young companies get it free, bigger and older ones pay). 61 Vgl. auch K. Möslein/Reichwald (Hrsg.), 2002, „Free Services“ Broschüre des BMBF, S. 6.

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

61

Regelungen zum Leistungsort existieren sowohl auf europäischer Richtlinienebene als auch in ihrer nationalen Umsetzung und zusätzlich in der Form von Durchführungsvorschriften. a) Normensystematik Durch das Mehrwertsteuer-Paket (Richtlinie 2008/8/EG)62 gab es bereits zum 1. 1. 2010 Änderungen betreffend den Leistungsort von Dienstleistungen. Dienstleistungen können auf Grund der technischen Entwicklungen immer leichter auch aus der Ferne erbracht werden. Die Leistungsortbestimmung hat sich mit der RL 2008/8/ EG dieser Entwicklung angepasst. Erwägungsgrund 3 der Richtlinie geht davon aus, dass alle Dienstleistungen in der Regel an dem Ort besteuert werden sollen, an dem der tatsächliche Verbrauch erfolgt, bzw. wo sie in Anspruch genommen werden.63 Im Gegensatz hierzu steht das Ursprungslandprinzip. Die Umsatzbesteuerung nach dem Ursprungslandprinzip64 wurde z. B. speziell für elektronische- und Telekommunikationsdienstleistungen ab 2015 zugunsten des Bestimmungslandprinzips aufgegeben. Diese Leitlinie wird besonders in der für die Mitgliedstaaten dispositiven Regel des Art. 59a der RL 2008/8/EG deutlich.65 Demnach kann die elektronische Dienstleistung am Ort ihrer tatsächlichen Nutzung der Besteuerung unterliegen, obwohl der formelle Dienstleistungsort woanders, nämlich innerhalb oder außerhalb der Gemeinschaft liegt. Das bedeutet, dass die jeweils betroffenen Mitgliedstaaten zur Vermeidung von Doppel- oder Nichtbesteuerung dafür optieren dürfen, den tatsächlich genutzten Dienstleistungsort losgelöst vom formellen Dienstleistungsort so zu behandeln, als ob er inner- oder außerhalb der Gemeinschaft liegt, abhängig davon, wo die tatsächliche Nutzung oder Auswertung der Leistung erfolgte. Unabhängig von dieser frei wählbaren „rule on effective use and enjoyment“ ist davon auszugehen, dass sich der tatsächliche Leistungsverbrauch zumeist am Ansässigkeitsort, dem Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthaltsort eines Dienstleistungsempfängers ergibt. Daher sollen diese Orte vom jeweiligen Dienstleister vorrangig ausfindig gemacht werden. Der Ort des tatsächlichen Verbrauchs soll 62 Mit der RL 2008/8/EG vom 12. 2. 2008, ABl. 2008, L 44, S. 11, wurden unionsrechtliche Regelungen der MWStSystRL, insbesondere zum Ort der Dienstleistung, neu gefasst. Vgl. hierzu u. a. Langer, in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2015, USt-Einführung, Rdnr. 26. Mit der RL 2008/9/EG vom selben Tag, ABl. 2008, L 44, S. 23, wurden Regelungen zur Erstattung der MWSt an in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige erlassen. 63 Siehe u. a. Erwägungsgrund 3 der RL 2008/8/EG vom 12. 2. 2008, ABl. 2008, L 44, S. 11. 64 Beim Ursprungslandprinzip sollen Besteuerungsrecht und Steueraufkommen beim Exportstaat verbleiben, während der Importstaat auf eine Besteuerung verzichtet, siehe Jakob, Umsatzsteuer, 2009, Rdnr. 501. 65 Art. 59a MWStSystRL ist wählbar bei Dienstleistungen, deren Erbringungsort sich gem. der Art. 44, 45, 56, 58 und 59 MWStSystRL bestimmt, siehe Fassung der MWStSystRL vom 1. 1. 2015.

62

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

hingegen erst dann zum Zug kommen, sobald Zuständigkeitskonflikte zwischen den Mitgliedstaaten drohen, weil z. B. der Nichtsteuerpflichtige in verschiedenen Ländern ansässig ist.66 Artikel 5 des Mehrwertsteuerpakets legt fest, dass das Bestimmungslandprinzip auch für elektronisch erbrachte Dienstleistungen sowie Telekommunikations-, Fernseh- und Rundfunkdienstleistungen gelten soll, soweit sie an Nichtunternehmer ohne USt-Idnr. erbracht werden. Die nationale Umsetzung des Mehrwertsteuerpakets erfolgte vor allem durch das Jahressteuergesetz 200967, das u. a. durch ein BMF-Schreiben vom 4. 9. 200968 ergänzt wurde. Mit einer Durchführungsverordnung des Rates vom Oktober 201369 wurde die ursprüngliche DVO (EU) Nr. 282/2011 zur Umsetzung des Mehrwertsteuerpakets bezüglich des Ortes der Dienstleistung geändert. Die darauf folgende Änderung der MWStSystRL galt dem B2C Sektor. Sie ist seit dem 1. 1. 2015 in Kraft und wurde national umgesetzt in § 3a V UStG.70 Seit der Neuregelung gilt in allen Mitgliedstaaten für Telekommunikationsleistungen, Rundfunk- und Fernsehleistungen und bei auf elektronischem Weg erbrachten Leistungen an Nichtunternehmer der Ort als Ort der sonstigen Leistung, an dem der Leistungsempfänger seinen Sitz, Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hat (vgl. Art. 58 MwStSystRL in der ab 1. 1. 2015 geltenden Fassung). Durch die Neuregelung wird der Umsatz im Land des Verbrauchs besteuert (Bestimmungslandoder Verbrauchslandprinzip). Ergänzt wird die Neuregelung durch ein für Unternehmer vereinfachtes Besteuerungsverfahren für Dienstleistungen vgl. §§ 3aV, 18 h UStG.71 Um die verschiedenen Fallkonstellationen des Leistungsorts systematisch darzustellen, soll im Folgenden auf einer ersten Gliederungsebene zwischen B2B- und B2C- Geschäften unterschieden werden, vgl. § 3a UStG.

66 Vgl. Erwägungsgründe 7 und 9 der DVO (EU) Nr. 1042/2013 des Rates vom 7. 10. 2013, ABl. 2010, L 284, S. 1. 67 Im Rahmen des JStG 2009 wurde u. a. dieses europäische Mehrwertsteuerpaket umgesetzt. 68 BMF-Schreiben vom 4. 9. 2009, geändert durch BMF-Schreiben vom 8. 12. 2009 (BStBl. I, S. 1612), ergänzt durch BMF-Schreiben vom 18. 3. 2010 (BStBl. I, S. 256) und BMFSchreiben vom 14. 6. 2010 (BStBl. I 2010, S. 568) 69 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1042/2013 des Rates vom 7. 10. 2013, ABl. 2013, L 284, S. 1. 70 § 3a Abs. 5 UStG in der Fassung des Art. 9 des KroatienAnpG vom 25. 7. 2014, BGBl I 2014, S. 1266, 1288. 71 Umsetzungsvehikel für das vereinfachte Besteuerungsverfahren war das KroatienAnpG, BGBl I 2014, S. 1266, 1287. Mehr zu dem Verfahren in Kapitel 2 II. 4. e) cc).

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

63

b) B2B-Umsätze Für B2B-Umsätze gilt unverändert das Bestimmungslandprinzip fort. Die Änderungen im B2C-Bereich zum 1. 1. 2015 hatten keine Auswirkungen auf B2BUmsätze. aa) Gemeinschaftsgebiet Grenzüberschreitende Umsätze zwischen Unternehmern, z. B. einem deutschen Webhost wie STRATO und einem Inhalteanbieter, wie der französischen Tageszeitung „La Libération,“72 werden von der Grundregel des § 3a Abs. 2 UStG erfasst.73 Diese lautet, dass eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen erbracht wird (B2B) an dem Ort ausgeführt wird, an dem der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt, § 3a Abs. 2 S. 1 UStG, (Bestimmungslandprinzip). Leistungsempfänger ist dabei grundsätzlich derjenige, in dessen Auftrag die Leistung ausgeführt wird.74 Die Leistung ist vom unternehmerischen Empfänger in seiner Heimat zu versteuern, vgl. § 13b Abs. 1 UStG, so genanntes Reverse-Charge-System. Im Fall von La Libération bedeutet dies, dass STRATO für die Pflege der Website der Zeitung keine deutsche Umsatzsteuer in Rechnung stellt und die Zeitung nur einen Nettopreis bezahlt, vgl. §§14, 14a Abs. 1 und 5 UStG. La Libération führt hingegen französische Umsatzsteuer in Frankreich ab.75 Würde die Webpflegeleistung von STRATO in bzw. über eine Betriebsstätte der Tageszeitung, z. B. auf La Réunion, koordiniert bzw. ausgeführt, wäre die Insel als Leistungsort maßgeblich, vgl. § 3a Abs. 2 S. 2 UStG.76 bb) Drittland Auch im digitalen Wirtschaftsverkehr mit Dienstleistungen in und aus Drittländern gilt das Bestimmungslandprinzip. Sind sowohl der Leistende als auch der Leistungsempfänger Unternehmer, so ist grundsätzlich auch in diesem Fall der maßgebliche Leistungsort der Unternehmenssitz des empfangenden Unternehmens vgl. § 3a Abs. 2 UStG. Das bedeutet, dass nach den jeweils dort geltenden nationalen steuerlichen Vorschriften entschieden werden muss, ob der Umsatz der jeweiligen 72

www.liberation.fr. Bezweckt werden soll mit der Grundregel des § 3a Abs. 2 UStG eine Gleichstellung zu zwischenunternehmerischen Lieferungen und damit eine weitere Festigung des Binnenmarkts. Siehe hierzu u. a. Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 3a UStG, Rdnr. 18. Hat der Leistungsempfänger seinen Sitz in Deutschland und der leistende Unternehmer ebenfalls, ist Steuerschuldner weiterhin der leistende Unternehmer, siehe §§ 1 Abs 1. Nr. 1, 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG. 74 Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 3a UStG, Rdnr. 19. 75 In Deutschland schuldet der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b Abs. 5 UStG. 76 Siehe hierzu Ehrmann/von Wallis, in: Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 27, Rdnr. 31 f. 73

64

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

nationalen Umsatzsteuer unterliegt. Doppelbesteuerung oder Nichtbesteuerung desselben Umsatzes sind möglich, sobald die Regelungen zum Leistungsort in den betroffenen Ländern voneinander abweichen. cc) Nachweis der Unternehmereigenschaft Der Nachweis, dass ein Leistungsempfänger Unternehmer ist, wird bei Unternehmern in der EU regelmäßig durch Angabe der USt-IdNr. erbracht. Ist der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig, kann der Nachweis nach UStAE 3a.2 Abs. 11 entweder durch die Unternehmerbescheinigung einer Behörde des Sitzstaates oder aber durch einen anderen geeigneten Nachweis geführt werden.77 Es kann davon ausgegangen werden, dass anstatt des Stammhauses eine Betriebsstätte Leistungen bezieht, wenn der Leistungsempfänger an Stelle der USt-IdNr. des Ansässigkeitsstaats eine USt-IdNr. des Betriebsstättenstaates verwendet.78 c) B2C-Umsätze aa) Rechtslage für B2C-Geschäfte bis zum 1. 1. 2015 (1) Gemeinschaftsgebiet Umsätze, die nach alter Rechtslage zwischen inländischen Unternehmern und Verbrauchern innerhalb der EU getätigt wurden, unterlagen dem Ursprungslandprinzip i.S.d. Grundregel des § 3a Abs. 1 UStG. Mithin waren die Umsätze nach § 3a Abs. 1 UStG im Inland steuerbar. Von dieser Grundregel, dass innerhalb des Gemeinschaftsgebiets am Unternehmenssitz und nicht am Ansässigkeitsort des EUVerbrauchers besteuert wird, bestanden zahlreiche bereits geschilderte Ausnahmen.79 Sie beschränkten sich jedoch auf den B2B-Bereich (§ 3a Abs. 2 UStG), auf Leistungsempfänger, die im Drittland ansässig sind (§ 3a Abs. 4 UStG) oder aber auf Unternehmer, die von einem Drittland aus operierten (§ 3a Abs. 5 UStG). Abonnierte daher z. B. ein deutscher Verbraucher das E-Paper einer englischen Tageszeitung, fiel die Umsatzsteuer (ohne Reverse Charge-Möglichkeit) in Großbritannien an, § 3a Abs. 1 UStG.

77

Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 3a UStG, Rdnr. 19. So Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 3a UStG, Rdnr. 20. 79 Die Grundregel der Besteuerung am Unternehmenssitz beschränkt sich ausschließlich auf Leistungen an Nichtunternehmer und lediglich für die Fälle, in denen kein anderer Tatbestand des § 3a Abs. 2 – 8 UStG einschlägig ist. Die Grundregel wird damit zur Ausnahme. Vgl. u. a. Hundt-Eßwein, in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2017, § 3a UStG, Rdnr. 20/1. 78

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

65

(2) Drittstaatsgebiet Für Leistungserbringer aus einem Drittlandsgebiet, wie z. B. den USA, galt bereits vor dem 1. 1. 2015 auch im B2C-Geschäft bei elektronisch erbrachten Dienstleistungen das Bestimmungslandprinzip, § 3a Abs. 5; Abs. 4 S. 2 Nr. 13 UStG.80 Das bedeutete, dass elektronisch erbrachte Dienstleistungen am Sitz oder Wohnsitz des Verbrauchers mit der dort gültigen Umsatzsteuer zu versteuern waren, wenn der Verbraucher die Leistung aus einem Drittstaat bezog. Umgekehrt galt, dass in den Fällen, in denen der Verbraucher seinen Wohnsitz in einem Drittlandsgebiet hatte, ebenfalls das Bestimmungslandprinzip anzuwenden war.81 § 3a Abs. 4 Nr. 11 und Nr. 13 UStG normieren, dass elektronische Dienstleistungen und Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, wie z. B. die der Zugangsanbieter,82 im Drittland ausgeführt werden und damit dort der Umsatzsteuer unterliegen. Eine inländische Besteuerung entfällt. Wird eine Dienstleistung von einem Unternehmen oder seiner festen Niederlassung aus bewirkt, die in einem Drittland liegen, und ist der Empfänger ihrer Dienstleistung in der EU ansässig, erfolgte die Umsatzbesteuerung an seinem Wohnsitz, vgl. § 3a Abs. 5 UStG.83 bb) Rechtslage seit dem 1. 1. 2015 für B2C Art. 58 MWStSystRL sieht im Gemeinschaftsgebiet im B2C-Bereich in seiner seit dem 1. 1. 2015 geltenden Fassung einen Wechsel vom Ursprungsland- zum Bestimmungslandprinzip vor.84 Elektronisch erbrachte Umsätze sowie Telekommunikationsdienstleistungen eines Unternehmers an private Abnehmer werden seit diesem Zeitpunkt nicht mehr am Unternehmenssitz, sondern am Ansässigkeitsort des Kunden der Besteuerung unterworfen.85 Mithin werden die sonstigen Leistungen an Nichtunternehmer, unabhängig vom Ort der Ansässigkeit des Unternehmens (Gemeinschaftsgebiet oder Drittland) am Ort des Leistungsempfängers ausgeübt und

80

Siehe auch BFH-Urteil vom 1.6. 2016, XI R 29/14. So z. B. bei Dorenkamp, IStR 2012, 717, 718. 82 Auch für Telekommunikationsleistungen an Nichtunternehmer im Gemeinschaftsgebiet gilt seit dem 1. 1. 2015 eine verbindliche Besteuerung am Empfangsort. Daher wurde VO (EU) Nr. 282/11 vom 15. 3. 2011, ABl. 2011, L 77, S. 1, zum 21. 6. 2013 geändert, so u. a. HundtEßwein, in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2017, § 3a UStG, Rdnr. 212. 83 Siehe Langer, in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2015, USt-Einführung, Rdnr. 197 f. 84 Vgl. Art. 5 der Änderungs-RL 2008/8/EG vom 12. 2. 2008, ABl. 2008, L 44, S. 11. 85 Gemäß den Legal Terms von Apple steht der i-Tunes Store den Kunden nur in Deutschland zur Verfügung. Der Dienst darf, vermutlich um die Zuordnung der Kunden zum Bestimmungsland nicht zu erschweren, explizit nicht von außerhalb Deutschlands genutzt werden. Siehe die Nutzungsbedingungen von i-Tunes, S. 2/17; http://www.apple.com/legal/in ternet-services/itunes/de/terms.html, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 81

66

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

dort besteuert.86 Die Ansässigkeit des Leistenden spielt damit seit Anfang 2015 keine Rolle mehr. cc) Qualifikation der internetbasierten Leistungen der verschiedenen Online-Akteure Nach § 3a Abs. 5 UStG sollen sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation sowie elektronisch erbrachte Dienstleistungen am Empfängerort besteuert werden. Mithin sind die Dienstleistungen der Online-Akteure zu qualifizieren. (1) Zugangsanbieter und Netzbetreiber Zugangsanbieter stellen im Rahmen ihres Unternehmens Internetnutzern den Internetanschluss zur Verfügung.87 Damit liegt nur eine Vorstufe und Grundvoraussetzung für das Erbringen elektronischer Dienstleistungen vor. Zugangsanbieter erbringen daher keine elektronischen Dienstleistungen, dafür aber Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation.88 Gem. § 3a Abs. 5 UStG wird die Leistung auch im B2C-Fall am Ort des Leistungsempfängers ausgeführt. Netzbetreiber sind Unternehmer, die gegen Entgelt die technische Infrastruktur zur Übertragung elektronischer Signale bereitstellen.89 Damit liegt ein umsatzsteuerlich relevanter Leistungsaustausch vor, jedoch keine sonstige Leistung, die auf elektronischem Weg erbracht würde. Vielmehr handelt es sich ebenfalls um sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation.90 Leistungsort ist damit ebenfalls der Empfängerort. (2) Host- und Application-Service-Provider Durch das Speichern der Website auf einem Server des Host-Unternehmers liegt eine automatisierte Dienstleistung vor. Sie ist nur mit Hilfe von Informationstechnologie durchführbar. Gem. Anhang II Nr. 1 der MWStSystRL, § 3a V Nr. 3 UStG liegt eine elektronische Dienstleistung vor. Es greift das Bestimmungslandprinzip. 86

So u. a. Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 3a UStG, Rdnr. 115. So z. B. Ehrmann/von Wallis, in: Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 27, Rdnr. 197. 88 Siehe Abschn. 3a.10 Abs. 2 Nr. 3d), konsolidierte Fassung UStAE vom 1. 10. 2010, BStBl. I, S. 846, sowie u. a. Hundt-Eßwein in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2014, § 3a UStG, Rdnr. 2019/3. 89 Vgl. Ehrmann/von Wallis, in: Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Handbuch MultimediaRecht, Teil 27, Rdnr. 175. 90 So z. B. Hundt-Eßwein, in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2017, § 3a UStG, Rdnr. 193. 87

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

67

Application-Service-Provider bieten ihren Kunden die Nutzung von Anwendungen über das Internet an. Sie stellen für sie Anwendungssoftware bereit und warten diese auf zentralen Rechnern. Die Programme müssen dadurch nicht mehr auf der lokalen Festplatte oder im lokalen Netzwerk installiert werden; meistens genügt ein Standardbrowser, der Java beinhaltet. Eine sonstige Leistung in Form einer elektronische Dienstleistung liegt vor, vgl. Anhang II Nr. 2 MWStSystRL, § 3a V Nr. 3 UStG. Das Bestimmungslandprinzip ist einschlägig. (3) Cloudanbieter Cloudanbieter tätigen im Rahmen des Leistungsaustauschs mit ihren Kunden elektronische Dienstleistungen.91 Mithilfe von Informationstechnologie erbringen sie für ihre Kunden digitalen Mehrwert. Von der beispielhaften Aufzählung in der MWStSystRL erfüllen Cloudanbieter die Punkte 1 – 4, indem sie u. a. Websites, Software und Musik bereitstellen. Leistungs- und damit auch Besteuerungsort ist folglich der Empfängerort. (4) Plattformbetreiber Der Erfolg von u. a. Facebook, eBay und Google rührt unter anderem daher, dass von den Betreibern der jeweiligen Plattform „nur“ die Website zur Verfügung gestellt wird. Erst die Interaktion mit und durch die Internetnutzer gibt den Plattformen ihre Gestalt. Die Aktivitäten der Plattformbetreiber fallen in die Sparte „elektronische Dienstleistungen“, weil sie automatisiert sind, und die Plattformen nach ihrer Erstprogrammierung technisch mit nur minimaler menschlicher Beteiligung funktionieren. Anzuwenden ist damit das Empfängerortprinzip. (5) App-Stores und App-Entwickler Die Entwicklung von Software und ihre Überlassung via Internet an den Betreiber eines App-Stores für Zwecke des Weiterverkaufs stellen in der Gesamtbetrachtung keine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung dar.92 Das Entwickeln einer App ist ein komplexer Vorgang, der nicht automatisiert erfolgen kann. Sonstige elektronische Dienstleistungen i.S.d. § 3a Abs. 4 Nr. 13 UStG werden nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erbracht. Das Entwickeln einer App erfordert jedoch erhöhten geistigen Input. Mithin liegt eine konventionelle Dienstleistung i.S.d. § 3 Abs. 9 UStG vor. Leistungsort ist im B2B-Fall damit der Ort des leistungsempfangenden Unternehmens und im B2C-Fall des leistungserbringenden Unternehmens.

91 92

So z. B. auch bei Boniface/Trautwein/Ogenblad, Tax Notes International 2013, 413, 414. A.A. Huschens, NWB 2011, 2364, 2368.

68

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

Anders zu bewerten ist dagegen der Vertrieb von Apps, die über das Internet zum Download zur Verfügung gestellt werden. Hier handelt es sich regelmäßig um auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen.93 Die Hauptleistung – das Einstellen der App ins Netz und ihr Vertrieb – erfolgt automatisiert über das Internet und wäre ohne das Netz nicht möglich. Einschlägig ist damit das Empfängerortprinzip. (6) Inhalteanbieter Gem. Art. 56 Abs. 1 Buchst. k i.V.m. Anhang 2 Nr. 3 der MWStSystRL ist das reine Bereitstellen, mithin das Einspeisen von Software, Bildern und Texten in das Internet als elektronische Dienstleistung zu qualifizieren. Art. 7 Abs. 3 e) und i) der DVO (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. 3. 2011 normieren, dass die eigentlichen Druckerzeugnisse selbst, wie z. B. Newsletter, Zeitungen und Zeitschriften oder aber Beratungsleistungen per Mail, nicht zu den elektronischen Dienstleistungen gehören. Inhalteanbieter decken nicht den technischen Part des Einspeisens von Informationen in das Internet ab. Vielmehr erbringen sie „konventionelle“ Dienstleistungen i.S.d. § 3 Abs. 9 UStG, nicht aber elektronische Dienstleistungen. (7) Zwischenfazit Qualifikation der Dienstleistungen Elektronische Dienstleistungen werden von Host- und Application-ServiceProvidern, Cloud- und Plattformanbietern sowie App-Storebetreibern erbracht. Zugangs- und Netzbetreiber erbringen hingegen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation i.S.d. § 3a Abs. 4 Nr. 11 UStG aus. App-Entwickler und Inhalteanbieter erbringen umsatzsteuerlich sonstige Leistungen i.S.d. § 3 Abs. 9 UStG.94 d) Zwischenergebnis In Deutschland sind damit sämtliche internetbasierten Dienstleistungen umsatzsteuerpflichtig, die von hier ansässigen Leistungsempfängern in Auftrag gegeben wurden. Eine Differenzierung in empfangende Unternehmer und Nichtunternehmer ist nicht mehr notwendig, weil in beiden Fällen das Bestimmungslandprinzip greift. Die zuweilen mühselige Unterscheidung von B2B- und B2C-Geschäften wurde aufgehoben und ist nun, zumindest theoretisch, überflüssig. Auch die Ansässigkeit des Dienstleistenden bzw. seiner festen Niederlassung (Gemeinschaftsgebiet/Drittstaat) interessiert nicht mehr. Die pauschale Umstellung auf das Bestimmungslandprinzip dürfte sich in Deutschland aller Voraussicht nach nicht negativ auf das nationale Umsatzsteueraufkommen auswirken. Allein aufgrund der Einwohnerzahl

93 94

So Huschens, NWB 2011, 2364, 2368. Vgl. z. B. Martin, in: Sölch/Ringleb (Hrsg.), Stand 2017, § 3 UStG, Rdnr. 523 f.

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

69

Deutschlands wird z. B. eine stattliche Anzahl an Musikstücken und Filmen95 pro Jahr heruntergeladen. So wurden laut dem Branchenverband BITKOM im Jahr 2006 rund 30 Millionen kostenpflichtige Downloads aller Art in Deutschland gezählt. 2010 waren es bereits fast 90 Millionen.96 Umsatzsteuerbedingte Wettbewerbsverzerrungen durch Anbieteransiedlungen in Ländern mit niedrigen Steuersätzen dürften aufgrund der Umstellung jedenfalls der Vergangenheit angehören, so etwa die Abwicklung des elektronischen B2C-Geschäfts in Luxemburg mit einer Umsatzsteuerbelastung von 15 %.97 e) Praxisprobleme und ihre derzeitigen Lösungsansätze Wie gezeigt, entscheidet seit dem 1. 1. 2015 alleine der Ort, an dem die internetbasierte Dienstleistung ausgeführt wird, über die jeweilige Besteuerungshoheit. Im Ausland ausgeführte Leistungen von deutschen Anbietern sind in Deutschland damit grundsätzlich nicht mehr steuerbar.98 Bei internetbasierten Dienstleistungen ist der Leistungsort jedoch nicht immer zweifelsfrei bestimmbar. Für die Beurteilung des Ortes einer Dienstleistung sind nur die Umstände zum Zeitpunkt der Erbringung der Leistung zu berücksichtigen. Dies gilt sowohl für den Status des leistenden Unternehmers als auch für den Status des Leistungsempfängers und auch für die beabsichtigte Verwendung der erbrachten Leistungen.99 Die Leistungsempfänger von Cloudanbietern sowie Hostprovidern sind sowohl Unternehmer als auch Privatleute. Zugangsanbieter und Service-Application-Provider erbringen elektronische Leistungen und Telekommunikationsleistungen mehrheitlich gegenüber anderen Unternehmern. Netzwerkprovider, App-Stores und Plattformbetreiber stellen ihre Telekommunikations- und elektronischen Dienste hingegen bevorzugt Nichtunternehmern zur Verfügung. Die Kunden der sonstigen Leistungen von App-Entwicklern und Inhalteanbietern sind sowohl Unternehmer als auch Verbraucher. Dienstleister wie z. B. Cloudanbieter, die sowohl B2B- als auch B2C- Umsätze tätigen, stehen trotz der Einführung des Bestimmungslandprinzips und der für sie dadurch komfortableren neuen Rechtslage vor einem administrativen Problem. Im B2C-Bereich fehlt die Umsatzsteuernummer als Anhaltspunkt für eine Identifikation des Verbrauchers. Anders als bei den so genannten offline-Umsätzen, bei denen die 95

Musik- und Filmdownloads fallen gem. UStAE vom 1. 10. 2010, BStBl. I, S. 846, Abschnitt 3a.12 Abs. 3 Nr. 6 und 7 unter die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen. 96 Siehe http://de.statista.com/statistik/daten/studie/38672/umfrage/bezahlte-downloads-indeutschland/, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 97 In diesem Sinne Dorenkamp, IStR 2012, 717, 718. 98 Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 3a UStG, Rdnr. 3. 99 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. 3. 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur MWStSystRL, Abl. 2011, L 77, S. 1. Siehe hierzu auch Langer, in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2015, USt-Einführung, Rdnr. 35.

70

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

Wohnanschrift für die Bestimmung des Leistungsortes der Warenlieferung herangezogen werden kann, fehlt ein ähnlich präziser Anhaltspunkt für Dienstleistungen, die sich lediglich durch das Herunterladen von Datenpaketen manifestieren und bei denen es oftmals zu keinem unmittelbaren Kontakt zwischen Anbieter und Kunde kommt.100 Hauptproblem an der Besteuerung im Land des Verbrauchers ist daher für alle betroffenen Unternehmer, den Wohnort des Kunden überhaupt hinreichend rechtssicher feststellen zu können. Fallen schließlich der Wohnsitz des Verbrauchers und der sekundär heranzuziehende Ort des „Verbrauchs“ der Dienstleistung auseinander, steht die Frage der Besteuerungshoheit im Raum, denn der Verbraucher ist an mehreren „locations“ zu verorten.101 Probleme rund um die Identifikation des Verbrauchers versucht u. a. die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1042/2013 des Rates zu lösen. aa) Juristischer Lösungsansatz gemäß DVO (EU) Nr. 1042/2013 des Rates vom Oktober 2013 (1) Normensystematische Einordung der DVO Durchführungsverordnungen sind Rechtsakte der Verwaltung ohne Gesetzescharakter, die regeln, wie auszuführen ist, was ein Gesetz fordert. Im Rahmen der von der EU erlassenen Rechtsakte (Basisrechtsakte) können ebenfalls Durchführungsverordnungen erlassen werden.102 Grundsätzlich sind die Mitgliedstaaten dafür zuständig, für die Durchführung von europäischen Gesetzgebungsakten entsprechende Durchführungsbestimmungen zu erlassen, vgl. Art. 291 Abs. 1 AEUV. Sobald jedoch in den Mitgliedstaaten einheitliche Bedingungen für die Durchführung verbindlicher Rechtsakte notwendig sind, können auch die Kommission oder in begründeten Sonderfällen der Rat, ermächtigt werden, Durchführungsrechtsakte zu erlassen, vgl. Art. 291 Abs. 2 AEUV. Die allgemeinen Regeln und Grundsätze für die Kontrollrechte und -pflichten der Staaten gegenüber der Kommission wurden vom Europäischen Parlament und Rat im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren in der Verordnung 182/2011 (ABl. L 55/2011) festgelegt, siehe auch Art. 291 Abs. 3 AEUV.103 Die zur Durchführung erforderlichen Verordnungen müssen den Zusatz „Durchführungs-“ im Titel tragen (Art. 291Abs. 4 AEUV).

100

Siehe hierzu auch die Ausführungen der Arbeitsgruppe Nr. 1 der EU-Kommission (Hrsg.), Arbeitsunterlage zum Ort der Erbringung von Dienstleistungen – taxud.c.1 (2012) 761901, S. 5, 20 f. 101 Vgl. hierzu auch EU-Kommission (Hrsg.), Arbeitsunterlage zum Ort der Erbringung von Dienstleistungen – taxud.c.1 (2012) 761901, S. 6. 102 Siehe u. a. http://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/eu-affairs/20160205STO 13235/es-liegt-im-detail, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 103 Siehe u. a. http://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/eu-affairs/20160205STO 13235/es-liegt-im-detail, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018.

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

71

Hinsichtlich DVO (EU) Nr. 1042/2013 liegt ein begründeter Sonderfall vor und der Rat ist für den Erlass der DVO zuständig. Gem. Art. 397 der MWStSystRL beschließt der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig die zur Durchführung dieser Richtlinie erforderlichen Maßnahmen. Die materielle Begründung liefert u. a. Erwägungsgrund 4 der DVO (EU) Nr. 282/2011, die durch diese neue DVO vom Oktober 2013 geändert, d. h. auf den aktuellen Stand gebracht wird. Erwägungsgrund 4 rekurriert auf das Ziel der europaweit einheitlichen Anwendung des Mehrwertsteuersystems in seiner derzeitigen Form, was wiederum einheitliche Vorschriften zur Durchführung der Richtlinie 2006/112/EG voraussetzt. Ein besonderes Augenmerk in punkto Einheitlichkeit soll dabei auf den Steuerpflichtigen, der Lieferung von Gegenständen, der Erbringung von Dienstleistungen sowie dem Ort der steuerbaren Umsätze liegen. (2) Materielle Kernaussagen der DVO DVO (EU) Nr. 1042/2013 ändert DVO (EU) Nr. 28/2011 bezüglich des Ortes von Dienstleistungen. In erster Linie legt die neue DVO ein System widerlegbarer Vermutungen fest, das die Bestimmung des Leistungsortes erleichtern soll.104 (a) Vermutungen bezüglich des Ortes des Dienstleistungsempfängers Ziel des in der DVO verankerten Systems widerlegbarer Vermutungen ist, dass die leistenden Unternehmer einfach, d. h. ohne große Nachforschungen, auf die Ansässigkeit ihrer Kunden abstellen können. Dieser Grundgedanke soll sowohl bei Dienstleistungen gegenüber Steuerpflichtigen als auch gegenüber Endverbrauchern eine zentrale Rolle spielen.105 Zwar betrifft jede einzelne Dienstleistung möglicherweise nur einen geringen Umsatz, die Gesamtzahl der Umsätze ist eventuell aber sehr hoch. Daher werden Vermutungen benötigt, um die praktische Anwendung der geltenden Vorschriften zur Leistungsortbestimmung zu vereinfachen.106 Angeknüpft werden soll an Lebensumstände, die im Alltagsgeschäft normalerweise bekannt sind. Art. 24a Abs. 1 der geänderten DVO 2011107 stellt mit Blick auf den Erbringungsort für die folgenden Steuertatbestände der Mehrwertsteuersystemrichtlinie Vermutungsregeln auf: 104

Vgl. hierzu auch EU-Kommission (Hrsg.), Arbeitsunterlage zum Ort der Erbringung von Dienstleistungen – taxud.c.1 (2012) 761901 sowie u. a. Erwägungsgrund (9) der DVO (EU) Nr. 1042/2013, ABl. 2010, L 284, S. 1. 105 Vgl. auch EU-Kommission (Hrsg.), Erläuterungen zu den Änderungen der EU-Mehrwertsteuervorschriften bezüglich des Ortes von Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronischen Dienstleistungen, die 2015 in Kraft treten vom 3. 4. 2014, S. 74. 106 Vgl. hierzu EU-Kommission (Hrsg.), Erläuterungen zu den Änderungen der EUMehrwertsteuervorschriften bezüglich des Ortes von Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronischen Dienstleistungen, die 2015 in Kraft treten vom 3. 4. 2014, S. 60. 107 DVO (EU) Nr. 1042/2013 ändert DVO DVO (EU) Nr. 28/2011. Im Folgenden werden nur mehr die einschlägigen Artikel ohne Nennung der neu gefassten DVO 2011 zitiert.

72

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

– Für Dienstleistungen an Steuerpflichtige (Art. 44, Leistungsort nach Bestimmungslandprinzip) – Für elektronische Dienstleistungen an Private (Art. 58 neu, Leistungsort nach Bestimmungslandprinzip) – Für die dispositive Regel des Art. 59a neu, wonach u. a. bei elektronischen Dienstleistungen der Leistungsort jeweils dorthin „verlagert“ wird, wo die tatsächliche Nutzung oder Auswertung der Dienstleistung erfolgt, mithin entweder in die EU oder in den jeweiligen Drittstaat. Im Fall dieser Steuertatbestände wird vermutet, dass elektronische Dienstleistungen, die an öffentlich zugänglichen Orten vom physisch anwesenden Dienstleistungsempfänger tatsächlich genutzt und ausgewertet werden (z. B. Telefonzellen, WLAN-Hotspots, Internetcafés oder Hotellobbys), als Ansässigkeitsort des Empfängers der Ort der Telefonzelle, der des Internetcafés etc. zählt. Hintergrund für diese Regelung ist die pragmatische Erwägung, dass in diesen Fällen gelegentlicher Leistungserbringung ein unverhältnismäßiger Nachforschungsaufwand verbunden mit eventuellen Datenschutzproblemen vermieden werden soll.108 Werden elektronische Dienstleistungen im Rahmen einer Personenbeförderung an einem mobilen Ort innerhalb des Gemeinschaftsgebiets der EU erbracht, z. B. auf Schiffen, in Flugzeugen oder Eisenbahnen, zählt als Ansässigkeits-/Leistungsort das Abgangsland der Personenbeförderung (Art. 24 a Abs. 2).109 Art. 24b normiert für elektronische Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige (Art. 58 neu MWStSystRL110), dass in bestimmten Fällen auch Vermutungen zum Ansässigkeitsort des Empfängers greifen können.111 Diese Fälle sind zum einen elektronische Dienstleistungen, die über einen Festnetzanschluss erbracht werden, Art. 24b (a). Ort des Festnetzanschlusses und Ansässigkeitsort sollen hier übereinstimmen. Elektronische Dienstleistungen, die mithilfe mobiler Netze bewerkstelligt werden, ziehen als Leistungsort das Land des Ländercodes einer SIM-Karte nach sich, Art. 24b (b). Als Anhaltspunkt sollen auch Decoder, Programm- oder Satellitenkarten dienen, Art. 24b (c). Vermutungsregelungen sollen dem Dienstleistungserbringer vor allem in den Situationen helfen, in denen er den Ort des nichtsteuerpflichtigen Dienstleistungs-

108

Siehe Erwägungsgrund 10 der DVO (EU) Nr. 1042/2013, ABl. 2010, L 284, S. 1. Ausführlich hierzu EU-Kommission (Hrsg.), Erläuterungen zu den Änderungen der EUMehrwertsteuervorschriften bezüglich des Ortes von Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronischen Dienstleistungen, die 2015 in Kraft treten vom 3. 4. 2014, S. 63. 110 Bis zum 1. 1. 2015 elektronische Dienstleistungen, die aus einem Drittstaat heraus erbracht wurden. 111 Vgl. auch EU-Kommission (Hrsg.), Erläuterungen zu den Änderungen der EU-Mehrwertsteuervorschriften bezüglich des Ortes von Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronischen Dienstleistungen, die 2015 in Kraft treten vom 3. 4. 2014, S. 65 f. 109

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

73

empfängers nicht oder nur unverhältnismäßig schwer bestimmen kann.112 Greifen die spezifischen Vermutungsregelungen der Art. 24a und 24b a-c nicht, gilt die allgemeine Vermutungsregelung des Art. 24b d, wonach der Dienstleistungserbringer den Dienstleistungsort anhand von nur zwei einander nicht widersprechenden Beweismitteln der nicht abschließenden Liste des Art. 24 f bestimmt. Als vorgeschlagene Beweismittel kommen u. a. die Rechnungsanschrift des Dienstleistungsempfängers, Bankangaben, Zulassungsdaten des Beförderungsmittels sowie sonstige wirtschaftlich relevante Informationen in Frage. (b) Widerlegung von Vermutungen Grundsätzlich sind alle Vermutungen durch den Dienstleistungserbringer und, in bestimmten Fällen, auch durch die Steuerbehörden widerlegbar. Gerade bei den Vermutungen nach Art. 24a (Telefonzellen, WLAN-Hotspots etc.) sollen Unternehmer nicht mit unverhältnismäßigem Aufwand belastet werden. Die spezifischen Vermutungsregelungen der Art. 24a und 24b a-c können durch drei einander nicht widersprechende Beweismittel der Liste des Art. 24 f widerlegt werden, die allgemeine Vermutungsregelung des Art. 24 b d) durch zwei Beweismittel.113 Auch wenn eine Dienstleistung nach Art. 24a nicht an einen Endverbraucher, sondern an einen steuerpflichtigen Dienstleistungsempfänger erbracht wird, greifen die Regelungen zur Widerlegung von Vermutungen nach Art. 24 d Abs. 1. Eine Widerlegung von Vermutungen ist prinzipiell durch den Einsatz von drei einander nicht widersprechender Beweismittel möglich.114 Generell können Vermutungsregelungen nicht vom Dienstleistungsempfänger sondern nur vom Dienstleistungserbringer widerlegt werden. Entscheidendes Argument hierfür ist, dass die abzuführende Umsatzsteuer alleine in den Zuständigkeitsbereich des Dienstleistungserbringers fällt. Dienstleistungserbringer sind jedoch nicht verpflichtet, Vermutungen überhaupt zu widerlegen.115 Steuerbehörden können Vermutungen nur dann widerlegen, wenn es Hinweise auf eine falsche Anwendung der Vermutung oder auf Missbrauch durch den Leistungs112

Vgl. auch EU-Kommission (Hrsg.), Erläuterungen zu den Änderungen der EU-Mehrwertsteuervorschriften bezüglich des Ortes von Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronischen Dienstleistungen, die 2015 in Kraft treten vom 3. 4. 2014, S. 71. 113 Siehe EU-Kommission (Hrsg.), Erläuterungen zu den Änderungen der EU-Mehrwertsteuervorschriften bezüglich des Ortes von Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronischen Dienstleistungen, die 2015 in Kraft treten vom 3. 4. 2014, S. 79 f. 114 Art. 24d Abs. 1 ist auch auf steuerpflichtige Dienstleistungsempfänger anwendbar. Art. 58 MWStSystRL wird nur angeführt, um die möglichen Leistungsarten – u. a. elektronische Dienstleistunge – aufzulisten. Vgl. EU-Kommission (Hrsg.), Erläuterungen zu den Änderungen der EU-Mehrwertsteuervorschriften bezüglich des Ortes von Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronischen Dienstleistungen, die 2015 in Kraft treten vom 3. 4. 2014, S. 74. 115 Vgl. auch EU-Kommission (Hrsg.), Erläuterungen zu den Änderungen der EU-Mehrwertsteuervorschriften bezüglich des Ortes von Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronischen Dienstleistungen, die 2015 in Kraft treten vom 3. 4. 2014, S. 72.

74

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

erbringer gibt.116 Sie dürfen sowohl die spezifischen Vermutungsregelungen der Art. 24a und 24b a) – c) als auch die allgemeine Vermutungsregelung nach Art. 24b d) unter freier Wahl des Beweismittels widerlegen. Mit Rücksicht auf Aufwand und Datenschutz sollte das Widerlegen von Vermutungen jedoch nur so selten wie möglich zum Einsatz kommen.117 (c) Vermutungsunabhängige Regelungen Über das System widerlegbarer Vermutungen hinaus bestimmt die DVO (EU) Nr. 1042/2013 in ihrem Art. 2a), dass für Steuertatbestände an Nichtsteuerpflichtige, die vor dem 1. 1. 2015 eintraten, der Ansässigkeitsort des Dienstleistungserbringers zählt, für Tatbestände, die an diesem Tag selbst oder danach eintraten, jedoch der Ansässigkeitsort des Dienstleistungsempfängers ausschlaggebend ist, und zwar unabhängig davon, wann die Erbringung der Dienstleistung begonnen hatte oder abgeschlossen sein wird. Zudem wird festgelegt, dass bei Steuertatbeständen, die vor dem 1. 1. 2015 verwirklicht wurden, der Steueranspruch auch nach dem Änderungszeitpunkt dem Mitgliedstaat zugesprochen wird, in dem der Tatbestand verwirklicht wurde, vgl. Art. 2c) DVO EU Nr. 1042/2013. Auch legt die DVO fest, wer z. B. bei App-Stores oder Musik- und Videoportalen als leistender Unternehmer anzusehen ist. Gem. Artikel 9 a neu gilt derjenige als leistender Unternehmer, der die Abrechnung erstellt. Wenn etwa der App-Programmierer seine Leistung im eigenen Namen, aber für Rechnung des App-Stores anbietet, gilt als leistender Unternehmer und damit Leistungserbringer und Steuerschuldner das Kommunikationsunternehmen. Ausnahmen hiervon sind möglich, müssen jedoch in den jeweiligen Vertragsgestaltungen und auf den Rechnungen deutlich zum Ausdruck kommen (Art. 9a) Abs. 1 neu). Um Leistungsortverschiebungen zu verhindern, dürfen die Kommunikationsunternehmen ausdrücklich keine anderen Personen als Erbringer elektronischer Dienstleistungen vorschieben (Art. 9a) Abs. 1 S. 3 neu). Ist ein nichtsteuerpflichtiger Dienstleistungsempfänger in verschiedenen Ländern ansässig, soll im Fall einer nichtsteuerpflichtigen juristischen Person der zentrale Verwaltungssitz als Erbringungsort zählen oder für den Fall, dass die Dienstleistung in einer festen Niederlassung erbracht wird, diese Niederlassung, vgl. Art. 13a. Bei nichtsteuerpflichtigen Privatpersonen soll der gewöhnliche Aufenthaltsort vorrangig sein, es sei denn, es kann nachverfolgt werden, dass die Dienstleistung am Wohnsitz erbracht wurde, vgl. Art. 13b.

116

Vgl. auch EU-Kommission (Hrsg.), Erläuterungen zu den Änderungen der EU-Mehrwertsteuervorschriften bezüglich des Ortes von Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronischen Dienstleistungen, die 2015 in Kraft treten vom 3. 4. 2014, S. 72. 117 Vgl. auch EU-Kommission (Hrsg.), Erläuterungen zu den Änderungen der EU-Mehrwertsteuervorschriften bezüglich des Ortes von Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronischen Dienstleistungen, die 2015 in Kraft treten vom 3. 4. 2014, S. 73.

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

75

(d) Zusammenfassung DVO (EU) Nr. 1042/2013 des Rates wurde erlassen, um europaweit einheitliche Bedingungen für die Durchsetzung der MWStSystRL zu schaffen. Ziel der MWStSystRL ist unter anderem die Besteuerung von Dienstleistungen an ihrem tatsächlichen Verbrauchsort. Um dieses Ziel voranzutreiben, unterstützt die Durchführungsverordnung vor allem Dienstleistungserbringer. Durch das Aufstellen von Vermutungsregeln werden sowohl der Ansässigkeitsort des Dienstleistungsempfängers als auch der Besteuerungsort verlegt. Werden beispielsweise elektronische Dienstleistungen unmittelbar in einem Internetcafé vom Leistungsempfänger genutzt, wird sowohl der Ansässigkeitsort des Dienstleistungsempfängers als auch der Besteuerungsort in das Internetcafé verlegt. Sind die Bedingungen, unter denen die spezifischen Vermutungsregelungen der Art. 24a und 24b a)-c) der DVO einschlägig sind, nicht gegeben, zählt Art. 24b d) i.V.m. Art. 24 f für Dienstleistungserbringer eine nicht abschließende Liste an Beweismitteln auf (z. B. Mobilfunkländercode), aus denen er zwei zur Bestimmung des Dienstleistungsortes auswählen kann. Möchte der Dienstleistungserbringer eine Vermutung bzgl. eines Dienstleistungsortes widerlegen, können die spezifischen Vermutungsregelungen der Art. 24a (Internetcafé, Telefonzelle) bzw. 24b a)-c) (Festnetzanschuss, mobile Netze, Decoder) durch drei einander nicht widersprechende Beweismittel des Art. 24 f widerlegt werden. Selbst wenn die Vermutung des Art. 24a einen steuerpflichtigen Dienstleistungsempfänger betrifft, kann sie nach Art. 24d Abs. 1 widerlegt werden. Die Nennung von Art. 58 MWStSystRL (Leistungen an Nichtunternehmer) in Art. 24d Abs. 1 soll lediglich die grundsätzlich erfassten Dienstleistungsarten aufzählen.118 Wird der Dienstleistungsort durch Art. 24b d) bestimmt, sprich durch Beibringung von zwei Beweismitteln des Art. 24 f, kann diese allgemeine Vermutung durch zwei weitere Beweismittel des Art. 24 f widerlegt werden. bb) Technischer Lösungsansatz Mit den widerlegbaren Vermutungsregeln zur Ansässigkeitsbestimmung einher gehen Fragen zur Eignung bestimmter technischer Instrumente, die Vermutungsregeln untermauern bzw. den Verbrauchsort identifizieren können. An technischen Instrumenten kommen insbesondere in Betracht die IP-Adresse der benutzten Hardware, das Verfahren der Geolokalisierung, sowie die SIM-Karte bei mobilen Endgeräten.119 118

Vgl. auch EU-Kommission (Hrsg.), Erläuterungen zu den Änderungen der EU-Mehrwertsteuervorschriften bezüglich des Ortes von Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronischen Dienstleistungen, die 2015 in Kraft treten vom 3. 4. 2014, S. 74. 119 Vgl. EU-Kommission (Hrsg.), Arbeitsunterlage zum Ort der Erbringung von Dienstleistungen – taxud.c.1 (2012) 761901, S. 12 f. sowie Annex 2 zur Unterlage betreffend Fragen rund um IP-Adressen.

76

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

(1) Internet-Protokoll-Adressen (IP-Adresse) (a) Technische Grundlagen Jedes Gerät, das mit dem Internet verbunden ist, braucht eine Adresse, um mit Daten versorgt werden zu können.120 Genutzt werden so genannte numerische IPAdressen, die von einer global tätigen Vergabestelle (IANA)121 blockweise an regionale Vergabestellen122 weitergegeben werden. Die regionalen Vergabestellen vergeben die ihnen zugeteilten Netze an lokale Vergabestellen. Lokale Vergabestellen sind in der Regel Internet Service Provider, deren Kunden entweder Endkunden oder weitere (Sub)-Provider sind.123 Letztere erhalten einzelne IP-Adressen oder Teile eines IP-Adressraums. Mit der Einführung der Version 4 des Internetprotokolls wurden IPv4-Adressen verwendet, die aus 32 Bits, mithin 4 Oktetten (Bytes) bestehen.124 Damit waren ca. 4 Milliarden Adressen darstellbar, die als vier voneinander durch Punkte getrennte ganze Zahlen im Bereich von 0 bis 255 geschrieben wurden. Als diese Adressen knapp wurden, wurde auf IPv6 Adressen umgestellt.125 IPv6 verwendet 128 Bit zur Speicherung von Adressen. Damit sind 25616 Adressen hexadezimal darstellbar. IP-Adressen sind nicht statisch, d. h. sie haften nicht dem jeweiligen Gerät an, sondern sie orientieren sich am Standort innerhalb einer Netzwerk-Topologie. Ein Laptop, der zu Hause benutzt wird, hat deshalb eine andere Adresse, als derselbe Laptop, der an einem WiFi-Hotspot verwendet wird.126 Einige Geräte können auch mehr als eine Adresse haben. Smartphones können z. B. mit mehreren Netzen verbunden werden, etwa zu Hause mit dem W-LAN, unterwegs mit 4G.127

120 Siehe hierzu auch Heckmann, in: juris Praxiskommentar Internetrecht, Kapitel 2.1, Rdnr. 4. 121 Internet Assigned Numbers Authority. 122 Seit Februar 2005 gibt es fünf regionale Vergabestellen, die Regional Internet Registries (RIR) genannt werden. AfriNIC (African Network Information Centre), APNIC (Asia Pacific Network Information Centre), ARIN (Americn Registry for Internet Numbers), LACNIC (Latin-American and Caribbean Network Information Centre), RIPE NCC (Réseaux IP Européens Network Coordination Centre), siehe u. a. http://de.wikipedia.org/wiki/IP-Adresse, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 123 Vgl. hierzu http://de.wikipedia.org/wiki/IP-Adresse, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 124 Ein Oktett ist in der Informatik und Digitaltechnik die Bezeichnung für eine geordnete Zusammenstellung (ein Tupel) von 8 Bit, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Oktett_%28Infor matik%29, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 125 Am 1. 2. 2011 vergab die international tätige Vergabestelle IANA (Internet Assigned Numbers Authority) die letzten beiden freien IPv4-Adressblöcke an das regional tätige AsiaPacific Network Information Centre APNIC. 126 Vgl. EU-Kommission (Hrsg.), Annex 2 zur Arbeitsunterlage zum Ort der Erbringung von Dienstleistungen betreffend Fragen rund um IP-Adressen – taxud.c.1 (2012) 761901, S. 2. 127 Vgl. EU-Kommission (Hrsg.), Annex 2 zur Arbeitsunterlage zum Ort der Erbringung von Dienstleistungen betreffend Fragen rund um IP-Adressen – taxud.c.1 (2012) 761901, S. 2.

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

77

Die Zuweisung einzelner IP-Adressen an einen IP-Knoten aus einem verfügbaren Adressraum kann statisch oder dynamisch erfolgen. Statische Adressen werden fest zugewiesen, d. h. die IP-Adressen werden für die einzelnen Rechner z. B. durch einen Systemadministrator im Unternehmen vergeben. Statische Adressen werden insbesondere von Server-Rechnern verwendet, weil diese im Netz gefunden werden müssen.128 Hierfür wird die statische IP-Adresse im Domain Name System (DNS) registriert und mit einem Namen assoziiert, z. B. www.wetter.de.129 Dynamische Adressen werden hingegen automatisch nur für einen kurzen Nutzungszeitraum vergeben und können sich bei der nächsten Vergabe ändern. IP-Adressen für Privatkunden werden von Internet Service Providern heute nahezu immer dynamisch vergeben, um die begrenzte Anzahl der für sie verfügbaren IP-Adressen möglichst effizient auf ihre Kunden zu verteilen. Jeder Benutzer, der sich einwählt, bekommt für die Dauer der Verbindung vom ISP dynamisch eine IP-Adresse zugewiesen. Beendet der Benutzer die Verbindung zum Einwahldienst, steht die Adresse für den nächsten Kunden zur Verfügung. Erneutes Einwählen führt daher im allgemeinen dazu, dass der Benutzer eine andere IP-Adresse bekommt. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich niemals alle Kunden gleichzeitig ins Netz einwählen, so dass weitaus mehr Kunden bedient werden können als IP-Adressen zur Verfügung stehen.130 Es gibt mehrere Möglichkeiten, einzelne IP-Adressen zu verschleiern. Mit Hilfe einer VPN-Verbindung131 wird effektiv eine IP-Adresse verwendet, die einem anderen Netzwerk zugeteilt ist. Dieses Netzwerk kann sich in einem anderen Land oder sogar Kontinent befinden.132 Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz eines Proxyservers. Proxies bilden eine Kommunikationsschnittstelle innerhalb eines Netzwerks. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie von den Internetnutzern Anfragen entgegennehmen, um dann über ihre eigene Adresse eine Verbindung zum jeweiligen

128

Seit einiger Zeit werden zunehmend Dienste zur Abbildung von Domain-Namen auf dynamische IP-Adressen angeboten, die auch als Dynamisches DNS (Dynamic DNS) bezeichnet werden. Sie gestatten Benutzern mit dynamischen IP-Adressen über die Indirektion eines Domain-Namens permanent erreichbar zu sein und damit trotz dynamischer IP-Adresse z. B. einen Web-Server betreiben zu können. Siehe u. a. http://www.teialehrbuch.de/KostenloseKurse/Internet-Technik/16129-Vergabe-von-IP-Adressen.html, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 129 So z. B. bei http://www.teialehrbuch.de/Kostenlose-Kurse/Internet-Technik/16129-Verga be-von-IP-Adressen.html, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 130 So z. B. bei www.teialehrbuch.de/Kostenlose-Kurse/Internet-Technik/16129-Vergabevon-IP-Adressen.html, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018 131 Virtual Private Network. 132 Siehe hierzu EU-Kommission (Hrsg.), Annex 2 zur Arbeitsunterlage zum Ort der Erbringung von Dienstleistungen betreffend Fragen rund um IP-Adressen – taxud.c.1 (2012) 761901, S. 4.

78

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

Dienst aufzunehmen, der nur die IP-Adresse des Proxy zu sehen bekommt, nicht jedoch die des Nutzers.133 Aus steuerrechtlicher Sicht sind IP-Adressen daher nur bedingt aussagekräftig.134 Einzelnen Internetnutzern können IP-Adressen aufgrund des dynamischen Vergabeprozesses nicht eindeutig zugewiesen werden. Die Anschlussinhaber bleiben somit grundsätzlich anonym. Art. 24 f b) der DVO (EU) Nr. 1042/2013 normiert, dass die IP-Adresse des von dem Dienstleistungsempfänger verwendeten Geräts als Beweismittel zur Verbrauchsortsbestimmung dienen soll. Technisch ist der bereits erwähnte Vorbehalt zu machen, dass die Rückverfolgung einer IP-Adresse faktisch nicht zu bewerkstelligen ist. (b) Vorratsdatenspeicherung Juristisch ist zu bedenken, dass die Verbrauchsortbestimmung eine Speicherung der genutzten IP-Adresse voraussetzt. Die Speicherung von IP-Adressen stellt eine Variante der Vorratsdatenspeicherung dar. Es wird gespeichert, welche IP-Adresse zu welchem Zeitpunkt am jeweiligen Internetanschluss verwendet wurde. Möglich sind damit präzise Bewegungs- und Kommunikationsmodelle des Internetnutzers. Mit EuGH-Urteil vom 8. April 2014135 wurde die RL 2006/24 EG welche die Speicherung von Verbindungsdaten anlassunabhängig, mithin „auf Vorrat“ zuließ, für ungültig erklärt. Auf nationaler Ebene wurden die deutschen Vorschriften zur Umsetzung der RL 2006/24 EG bereits im Jahr 2010 vom Bundesverfassungsgericht für ungültig und nichtig erklärt.136 Nach Erlass des EuGH-Urteils stand eine nationale und europäische Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung an. Am 16. 10. 2015 hat der deutsche Bundestag ein „Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ beschlossen.137 Der Bundesrat hat am 6. 11. 2015 entschieden, den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen, und das Gesetz trat am 18. 12. 2015 in Kraft. Es sieht eine anlasslose Speicherung von Standortdaten bei Mobiltelefonaten und mobiler Internetnutzung von vier Wochen sowie eine Rufnummern und IP-Adressenspeicherung von zehn Wochen vor. Die wieder eingeführten Speicherpflichten (vgl. §§ 113b-e und 113 g TKG) sind spätestens ab dem 1. Juli 2017 zu erfüllen, siehe § 150 Abs. 13 TKG. Die Daten sind im Inland zu speichern und nach Ablauf der vorgeschriebenen Frist zu löschen. Es bedarf keiner 133 Vgl. EU-Kommission (Hrsg.), Annex 2 zur Arbeitsunterlage zum Ort der Erbringung von Dienstleistungen betreffend Fragen rund um IP-Adressen – taxud.c.1 (2012) 761901, S. 5. 134 Vgl. u. a. Ismer/Gradl, die ebenfalls die Verlässlichkeit von IP-Adressen zur Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts anzweifeln, MWStR 2016, 324, 332. 135 EuGH-Urteil vom 8. 4. 2014, Rs. C-293/12 u. Rs. C-594/12, Digital Rights Ireland Ltd, EuZW 2014, 459. 136 Das BVerfG hatte am 2. 3. 2010 (BVerfGE-Urteil 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08; BVerfGE 125, 260 – 385) die in den Vorschriften §§ 113a, 113b TKG sowie § 100 g StPO umgesetzte RL 2006/24/EG für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Es verpflichtete die Telekommunikationsanbieter zur Löschung sämtlicher Daten. 137 Angenommen wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung, Drucksache 18/5171.

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

79

richterlichen Anordnung zur Herausgaben der Daten an Stellen der Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr. Verwendet eine der Stellen die gespeicherten Daten, muss sie sich jedoch auf eine gesetzliche Bestimmung berufen. Festzuhalten ist damit, dass allein schon aufgrund der zeitlich begrenzten Speicherpflicht die reinen IP-Adressen des vom Internetnutzer verwendeten Geräts kein geeignetes Beweismittel für die Ortsbestimmung des Dienstleistungsempfängers sind. Besser geeignet erscheint das ebenfalls in Art. 24 f b) DVO geregelte Verfahren der Geolokalisierung. (2) Verfahren der Geolokalisierung Geolokalisierung, auch Geotargeting genannt, ordnet IP-Adressen ihrer geographischen Herkunft zu.138 Ausgangspunkt des Verfahrens ist dabei, dass der Internetnutzer in seinen Browsereinstellungen entweder generell die Standortlokalisierung erlaubt, oder aber die angesteuerte Website bei ihm anfragt, ob er damit einverstanden ist, seinen momentanen Standort zu übermitteln.139 Bei Einwilligung werden gezielt Informationen gesammelt. Gesammelt werden Daten über nahegelegene Funkzugangsknoten, die IP-Adresse des jeweiligen Computers, sowie eine zufällige Identifikationsnummer für den jeweiligen Computer, die von Google zugeteilt und alle zwei Wochen gelöscht wird. Internetbrowser wie z. B. Firefox senden diese Daten dann an den Geolokalisierungsdienst „Google Location Services“, um den ungefähren Standort des Computers zu bestimmen. Diese Ortsangabe wird an die anfragende Website weitergegeben.140 Name oder Standort der besuchten Website sowie Cookies werden offiziell nicht an Google Location Services weitergegeben. Noch einfacher funktioniert die Geolokalisierung bei Aktivierung der „Orte“ Funktion, z. B. bei Facebook. Der eingebaute GPS-Empfänger von z. B. einem Smartphone sendet die aktuellen Geolokalisierungsdaten an Facebook und zeigt den „Facebook Freunden“ den aktuellen Nutzerstandort an. Geolokalisierung wird zumeist verbunden mit der so genannten Geointelligenz. Hier wird die Kenntnis, woher der Internetnutzer kommt, mit Regeln verknüpft, die auf der geographischen Herkunft des Internetnutzers basieren. Genutzt wird diese Methode vor allem für standortbezogene Werbung und Services.141 138

Vgl. EU-Kommission (Hrsg.), Arbeitsunterlage zum Ort der Erbringung von Dienstleistungen – taxud.c.1 (2012) 761901, S. 13. 139 Anders als bei der Vorratsdatenspeicherung ist die Einwilligung des Nutzers hier Grundvoraussetzung für das Sammeln von Informationen über den Internetnutzer. 140 Vgl. http://www.mozilla.org/de/firefox/geolocation/, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 141 Siehe u. a. http://www.onlinemarketing-praxis.de/glossar/geo-targeting, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. Standortbezogene Werbung meint, dass nur Nutzer einer Region angesprochen werden. Bei standortbezogenen Services werden Nutzern eines Services bzw. einer Smartphone-App zum Beispiel nur Unternehmen, Restaurants sowie Tankstellen im Umkreis des aktuellen Standorts angezeigt. Solche location-based Services gewinnen vor allem durch die Verbreitung von Smartphones an Bedeutung.

80

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

Das Verfahren der Geolokalisierung scheint sich grundsätzlich für die neuen Bedürfnisse der Umsatzsteuer zu eignen, nämlich den Verbrauchsort bzw. den Ansässigkeitsort des nichtsteuerpflichtigen Kunden ausfindig zu machen. Dienstleistungsunternehmen könnten z. B. bei Vertragsschluss die Einwilligung zur Standortabfrage verlangen. Anders als bei der systematischen Vorratsdatenspeicherung wird hier nur punktuell der Standort abgefragt und unter den Vorbehalt der Einwilligung des Nutzers gestellt. Datenschutzrechtliche Aspekte werden so ausreichend berücksichtigt. Zwar kann auch dieses Verfahren keine Gewähr dafür bieten, dass das Prinzip der Besteuerung am Verbrauchs- oder Ansässigkeitsort umfassend eingehalten wird. Schließlich ist der reine Vertragsschluss ortsungebunden. Verträge können auch im Urlaub in der Hotellobby per Mausklick geschlossen werden. Muss die Dienstleistung, z. B. individualisierte Software, heruntergeladen werden, ist die Wahrscheinlichkeit hingegen hoch, dass sich der Dienstleistungsempfänger beim Herunterladen in seinem eigenen W-LAN aufhält. Eine verpflichtende Standortabfrage ist zu diesem späten Zeitpunkt nach Vertragsschluss aber nicht mehr möglich. Die Einwilligung zur Standortabfrage bei Vertragsschluss wäre aber in jedem Fall eine nicht aufwändige Annäherung an den korrekten Besteuerungsort. Die Unternehmen könnten z. B. im Rahmen einer Änderung der Durchführungsverordnung verpflichtet werden, diese Abfrage zu schalten. (3) Ländercode der SIM-Karte SIM-Karten werden in technischen Geräten wie z. B. Handys, Smartphones und Pads verwendet. Sie ermöglichen ihrem Nutzer, eine Verbindung mit dem Internet herzustellen, ohne im Bereich eines W-LAN zu sein.142 Auf jeder SIM-Karte ist eine so genannte IMSI-Nummer143 abgespeichert. Sie besteht für gewöhnlich aus 15 Ziffern, wobei die ersten 3 Ziffern die Ländervorwahl abbilden. Die nächsten 2 – 3 Ziffern geben Auskunft über den Mobilfunkanbieter und mit den restlichen Ziffern kann der Mobilfunkkunde identifiziert werden. SIM-Karten sind fest an den jeweiligen Mobilfunkanbieter gekoppelt, der die Karten vertreibt und können daher immer einem Mitgliedstaat zugeordnet werden.144 Für Zwecke der Bestimmung des umsatzsteuerlichen Leistungsorts wird gemäß Art. 24 b b) DVO vermutet, dass die Ländervorwahl der SIM-Karte, die zur Erbringung der elektronischen Dienstleistung genutzt wird, dem Ansässigkeitsstaat des Mobilfunkkunden entspricht. Von dieser Regel profitieren vor allem die Telekommunikationsunternehmen selbst. Sie bieten neben der klassischen Telefonie verstärkt 142 Vgl. EU-Kommission (Hrsg.), Arbeitsunterlage zum Ort der Erbringung von Dienstleistungen- taxud.c.1 (2012) 761901, Annex 3 der Arbeitsunterlage zu „Technical Issues Linked with SIM cards“, S. 3. 143 International Mobile Subscriber Identity. 144 Vgl. EU-Kommission (Hrsg.), Arbeitsunterlage zum Ort der Erbringung von Dienstleistungen– taxud.c.1 (2012) 761901, Annex 3 der Arbeitsunterlage zu „Technical Issues Linked with SIM cards“, S. 2.

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

81

elektronische Dienstleistungen an, die sie über bzw. zusammen mit der Telekommunikationsleistung abrechnen. Das korrekte Abführen der Umsatzsteuer ist hier verhältnismäßig einfach. Drittanbieter elektronischer Dienstleistungen werden dagegen zur Bestimmung des Verbrauchsorts vermutlich auf andere Beweismittel als die Ländervorwahl abstellen, wie z. B. die Rechnungsanschrift oder Bankangaben. Als „Notnagel“ kann jedoch von Drittanbietern darüber nachgedacht werden, nicht die gesamte IMSI-Nummer abzuspeichern, sondern immer nur die Ländervorwahl. Damit kann die Umsatzsteuer quotal korrekt verteilt werden und die datenschutzrechtlichen Bedenken, die gegen eine Speicherung von IP-Adressen sprechen, würden nicht zum Zug kommen. (4) Zusammenfassung technische Lösungsansätze Es ist davon auszugehen, dass der tatsächliche elektronische Leistungsverbrauch eines Dienstleistungsempfängers an seinem Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthaltsort oder Ansässigkeitsort erfolgt. Um diesen Ort zu identifizieren, eignen sich vor allem das Verfahren der Geolokalisierung und die Ländervorwahl von SIM-Karten. Die optimale Nutzung der Geolokalisierung setzt eine Einwilligung zur Standortabfrage bei Vertragsschluss voraus. Die SIM-Karten von Mobilfunkanbietern sind fest mit einer Ländervorwahl verknüpft. Drittanbieter sollten aus Datenschutzgründen nur die Ländervorwahl speichern. Die Umsatzsteuer kann sowohl mit Hilfe der Geolokalisierung als auch anhand der Ländercodes von SIM-Karten den EU-Mitgliedstaaten exakt zugeordnet werden. cc) Praktische Umsetzung des Bestimmungslandprinzips: Die „kleine einzige Anlaufstelle“, § 18 h UStG Die Umstellung der Umsatzbesteuerung vom Ursprungslandprinzip auf das Bestimmungslandprinzip hätte ohne weitere Regelungen die Anbieter elektronischer Dienstleistungen vor gravierende praktische Probleme gestellt. Da die Umsatzsteuer nun grundsätzlich im Mitgliedstaat des Verbrauchs abzuführen ist, könnte ein einzelner Unternehmer parallel in allen 28 Mitgliedstaaten steuerpflichtig werden. Hinzu kommt, dass die Umsatzsteuer, anders als die Ertragsteuer, durch das Ausstellen einzelner Rechnungen geprägt ist von Massenverfahren, und innerbetriebliche Abläufe dies berücksichtigen müssen. Mit Geltung des Bestimmungslandprinzips trat am 1. 1. 2015 daher auch die „Kleine einzige Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer“ in Kraft.145 Kern ihres Konzepts ist es, dass die Mehrwertsteuer, die auf 145 Siehe u. a. den rechtlich nicht bindenden Leitfaden zur kleinen einzigen Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer, veröffentlicht von der Europäischen Kommission am 23. 10. 2013. Der Leitfaden basiert auf den folgenden Vorschriften: RL 2006/112/EG, VO (EU) Nr. 904/2010 vom 7. 10. 2010, ABl. 2010, L 268, S. 1, VO (EU) Nr. 967/2012 vom 9. 10. 2012, ABl. 2012, L 290, S. 1 (wichtig vor allem hier Art. 63c zu den Aufzeichnungspflichten des Steuerpflichtigen); DVO (EU) Nr. 815/2012 vom 13. 9. 2012, ABl. 2012 L 249, S. 3 mit Durchführungsbe-

82

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

sämtliche grenzüberschreitende elektronische Dienstleistungen eines Anbieters entfällt, über ein Internetportal in dem Mitgliedstaat abgerechnet werden kann, in dem der Unternehmer ansässig ist.146 Rechtsgrundlage ist Art. 369a ff. MWStSystRL; Deutschland hat die Verfahrensvorschriften in § 18 h UStG umgesetzt. Im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die im deutschen Inland gemäß § 3a Abs. 5 steuerbare Umsätze ausführen, sind von dem ebenfalls zum 1. 1. 2015 in Kraft getretenen § 18 Abs. 4e UStG erfasst.147 (1) Persönlicher Anwendungsbereich Die Anlaufstelle kann sowohl von in der EU ansässigen Steuerpflichtigen (EURegelung) als auch von nicht in der EU ansässigen Steuerpflichtigen (Nicht-EURegelung) in Anspruch genommen werden.148 Auch Mehrwertsteuergruppen können von ihr Gebrauch machen.149 Steuerpflichtige müssen sich an dem Ort für die Anlaufstelle registrieren, an dem der Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit in Form des Unternehmenshauptsitzes oder einer festen Niederlassung ist. Die Anlaufstelle befindet sich dann im so genannten Mitgliedstaat der Identifizierung.150 Im Rahmen der Nicht-EU-Regelung (§ 18 Abs. 4c UStG) darf der Steuerpflichtige nicht in der EU ansässig sein. Es darf sich weder der Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung hier befinden, noch darf er in der EU für Mehrwertsteuerzwecke registriert sein.151 Den Mitgliedstaat seiner umsatzsteuerlichen Identifizierung kann er daher selbst wählen. Der Mitgliedstaat der Identifizierung darf in diesem Fall auch identisch sein mit dem Mitgliedstaat des Verbrauchs.152

stimmungen zu der VO (EU) Nr. 904/2010 sowie den vom Ständigen Ausschuss für die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden (SCAC) angenommenen funktionalen und technischen Spezifikationen. Vgl. auch Anhang 1 zum Leitfaden zur kleinen einzigen Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer. 146 Die kleine einzige Anlaufstelle soll auch den Anbietern von Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen offen stehen. Vgl. auch Leitfaden zur kleinen einzigen Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer“, S. 2. 147 Siehe auch Leonard, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 18 h UStG Rdnr. 2. 148 Vgl. Leitfaden zur kleinen einzigen Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer, S. 4. 149 Im Fall von Mehrwertsteuergruppen werden mehrere Steuerpflichtige zusammen als ein einzelner Steuerpflichtiger behandelt, Art. 11 MWStSystRL. In Deutschland firmiert die Mehrwertsteuergruppe unter „umsatzsteuerliche Organschaft“, § 2 Abs. 2 UStG. Vgl. auch Leitfaden zur kleinen einzigen Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer, S. 10. 150 Vgl. Leitfaden zur kleinen einzigen Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer, S. 3. 151 Leitfaden zur kleinen einzigen Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer, S. 3, 7. 152 So Leitfaden zur kleinen einzigen Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer, S. 4.

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

83

(2) Sachlicher Anwendungsbereich Die Anlaufstelle entspricht weitgehend der bis 2015 geltenden Regelung für elektronisch erbrachte Dienstleistungen von Dienstleistern aus Drittstaaten an Nichtsteuerpflichtige, geregelt in Deutschland in § 18 Abs. 4c, d UStG. Die Teilnahme an der Anlaufstelle ist freiwillig. Ein opt-in bedeutet jedoch, dass sie für alle Mitgliedstaaten genutzt werden muss, in denen der Anbieter Dienstleistungen erbringt und in denen er keine Betriebsstätte/feste Niederlassung hat.153 Der Unternehmer muss gem. § 18 h Abs. 1 S. 1 gegenüber dem BZSt anzeigen, dass er an dem besonderen Besteuerungsverfahren teilnimmt.154 Besteuerungszeitraum ist das Kalendervierteljahr. Der dienstleistende Unternehmer reicht mithin über die webbasierte Anlaufstelle für jedes Quartal eine Mehrwertsteuererklärung und gerade keine Voranmeldung ein.155 Die Erklärung enthält genaue Angaben zu den geleisteten elektronischen Dienstleistungen, die für Nichtsteuerpflichtige in anderen Mitgliedstaaten erbracht wurden, in denen er weder Sitz noch feste Niederlassung156 hat. Der Unternehmer kann über die Anlaufstelle bewusst nicht die Umsätze regeln, die er in seinem eigenen Ansässigkeitsstaat (Mitgliedstaat der Identifizierung) tätigt. Vielmehr werden die Steuererklärungen zu den grenzüberschreitenden Umsätzen zusammen mit der entrichteten Mehrwertsteuer vom Mitgliedstaat der Identifizierung über ein sicheres Kommunikationsnetz an die entsprechenden Mitgliedstaaten des Verbrauchs übermittelt und weitergleitet.157 Für die Rechnungstellung gelten die Vorschriften des Mitgliedstaats des Verbrauchs,158 die Aufzeichnungspflichten sind vor allem in Art. 63c der VO (EU) Nr. 967/2012 des Rates geregelt. Die über die Anlaufstelle eingereichten Steuererklärungen ergänzen damit die Umsatzsteuererklärungen, die der Steuerpflichtige nach Maßgabe der nationalen Vorschriften bei den für ihn zuständigen nationalen Finanzbehörden abgibt. Das erzielte Umsatzsteueraufkommen wird zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten aufgeteilt.159

153

Siehe Leitfaden zur kleinen einzigen Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer, S. 3. Vgl. z. B. Leonard, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 18 h, Rdnr. 17. 155 Sobald der Dienstleister zur Anlaufstelle angemeldet ist, muss er für jedes Quartal eine elektronische Mehrwertsteuererklärung abgeben, unabhängig davon, ob er in dem betreffenden Quartal tatsächlich elektronische Dienstleistungen erbracht hat; vgl. Leitfaden, S. 17. Der Steuerpflichtige könnte sich jedoch auch selbst von der Anlaufstelle abmelden oder vom Mitgliedstaat der Identifizierung in genau definierten Fällen ausgeschlossen werden, siehe Leitfaden S. 14 f. 156 Elektronische Dienstleistungen, die im Mitgliedstaat einer Niederlassung erbracht werden, müssen in der inländischen Mehrwertsteuererklärung für die Niederlassung angegeben werden, vgl. Leitfaden S. 18. 157 In diesem Sinne Leitfaden zur kleinen einzigen Anlaufstelle, S. 3, 4 und 24 sowie z. B. Ehrmann/von Wallis, in: Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 27, Rdnr. 106. 158 Siehe Leitfaden zur kleinen einzigen Anlaufstelle, S. 27. 159 Leitfaden zur kleinen einzigen Anlaufstelle, S. 3. Siehe auch Kapitel 2 II. 4. e) cc). 154

84

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

(3) Fazit zur „kleinen einzigen Anlaufstelle“ Verfahrensrechtlich bleibt abzuwarten, wie gut die kleine einzige Anlaufstelle von den Unternehmern angenommen werden wird. Vorläufige Daten besagen, dass im Jahr 2015 Mehrwertsteuerzahlungen von mehr als 3 Mrd. Euro über die kEA abgewickelt wurden, was einem Umsatz von etwa 18 Mrd. Euro entspricht.160 Diese Zahlen sind als gelungener Start zu bezeichnen. Steigerungspotential besteht jedoch; insbesondere dann, wenn die im europäischen Mehrwertsteuerraum anfallende Mehrwertsteuerlücke in Höhe von 170 Mrd. Euro, wovon alleine 50 Mrd. Euro betrugsbedingt sind, nachhaltig geschlossen werden soll.161 Vor die Wahl gestellt, ob man in mehreren oder in einem einzigen Mitgliedstaat seine Steuererklärungen abgibt, dürfte die Entscheidung für die Anlaufstelle grundsätzlich nicht schwer fallen. Aus Sicht der Unternehmer dürfte positiv ins Gewicht fallen, dass die Anlaufstelle im eigenen Ansässigkeitsstaat einzurichten ist und zahlreiche compliancerechtliche Hürden damit wegfallen. Da es bereits Erfahrungswerte mit Anlaufstellen für Dienstleistungen aus Drittstaaten gibt, ist davon auszugehen, dass diese Kenntnisse in den Aufbau der kEA eingeflossen sind. Strafmechanismen wie Sperrfristen und ein möglicher Ausschluss von der Anlaufstelle zeigen, dass ein möglichst transparenter und reibungsloser Ablauf der Umsatzsteuerentrichtung gewünscht ist. f) Fazit und Bewertung des Besteuerungsorts in der Umsatzsteuer Im B2B-Fall hat sich die Umsatzbesteuerung am Ort des Dienstleistungsempfängers bewährt, gerade auch in Verbindung mit dem Reverse-Charge-System. Die Regelungen zur Einführung des Bestimmungslandprinzips im Fall internetbasierter Dienstleistungen an Endverbraucher sind erst verhältnismäßig kurz in Kraft. Für ein endgültiges Fazit ist es daher noch zu früh. Dennoch sollen die bereits jetzt ersichtlichen Folgen der Leistungsortänderung kurz zusammengefasst und dem Status quo der VAT-Guidelines der OECD gegenübergestellt werden. Außerdem sollen die weiteren Pläne der Europäischen Kommission aufgezeigt werden. aa) Folgen der Leistungsortänderung Die Vereinheitlichung von B2B- und B2C-Umsätzen ist grundsätzlich zu begrüßen. Für Unternehmen entfällt damit das mit dem Ursprungslandprinzip ver160 Zahl entnommen der Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 25. 9. 2015 zur Modernisierung der Mehrwertsteuer für den grenzüberschreitenden elektronischen Handel. 161 Mehrwertsteuerlücke definiert sich als Differenz zwischen den erwarteten und den tatsächlichen Mehrwertsteuereinnahmen der nationalen Behörden, vgl. EU-Kommission (Hrsg.), Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über einen Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer, KOM(2016) 148 final, S. 3.

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

85

bundene, oft mühsame, Auseinanderdividieren in Unternehmer und Verbraucher, um die Umsatzsteuer am korrekten Ort abzuführen. Für die Finanzhaushalte der Mitgliedstaaten ist positiv, dass dem bisherigen „Rosinenpicken“ nach den niedrigsten Umsatzsteuersätzen ein Ende gesetzt wird. Umsatzsteuerbedingte Wettbewerbsverzerrungen durch Anbieteransiedlungen in Ländern mit niedrigen Steuersätzen können so vermieden werden, d. h. konkret die Abwicklung des gesamten B2C-Geschäfts innerhalb der EU über Niedrigsteuerländer.162 Die Einführung des Bestimmungslandprinzips hat die Ausweitung der kleinen einzigen Anlaufstelle für den EU-Raum nach sich gezogen. Abgesehen von den verfahrenstechnischen Erleichterungen für den einzelnen Unternehmer ist der neue und zentrale keA-Ansatz auch deshalb zu begrüßen, weil er für eine höhere Transparenz in puncto Steuereinnahmen im europäischen Mehrwertsteuerraum sorgt. Diese Transparenz, bedingt durch die notwendige stärkere Zusammenarbeit der nationalen Finanzbehörden untereinander, ist die elementare Grundlage zur Bekämpfung betrugsbedingter Mehrwertsteuerlücken. Zu bedenken ist jedoch, dass die kleine einzige Anlaufstelle aufbaut auf Steuerehrlichkeit. Der sich jeweils im anderen Mitgliedstaat befindliche Unternehmer kann nur schwer zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten, insbesondere der genauen Angabe seiner Umsätze in den verschiedenen Mitgliedstaaten gezwungen werden. Aufgrund der räumlichen Distanz ist er für das Bestimmungsland oftmals schlicht nicht greifbar. Große Unternehmen können sich das Nichtmelden ihrer steuerbaren Umsätze aus Reputationsgründen nicht leisten. Kleine Unternehmen können hingegen zunächst durch ein Nichtmelden ihrer Umsätze finanziell von der Neuregelung profitieren. bb) Status quo OECD Ein Vergleich der VAT-Guidelines der OECD mit dem europäischen Regelwerk zur Mehrwertsteuer zeigt, dass beide Umsatzsteuerregime sowohl im B2B- als auch im B2C-Fall als Leistungsort auf das Bestimmungsland abstellen.163 Die verfahrenstechnische Umsetzung und Unterstützung des Bestimmungslandprinzips durch einen One-Stop- Shop ist auf OECD-Ebene jedoch (noch) nicht darstellbar. Die Einführung eines derartigen One-Stop-Shops wird zwar empfohlen, und die OECD nimmt auch explizit Bezug auf die europäische kleine einzige Anlaufstelle (keA).164

162

So Dorenkamp, IStR 2012, 717, 719. Vgl. OECD (Hrsg.), International VAT/GST Guidelines, Guideline 3.1. sowie OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Aktionspunkt 1, Arbeitsergebnis 2014, S. 49. 164 Vgl. OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Arbeitsergebnis 2014, S. 55. Die International VAT/GST Guidelines sprechen lediglich von 163

86

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

Aufgrund ihrer intergouvernementalen Verfassung kann die OECD selbst jedoch nur eine Empfehlung für einen One-Stop-Shop aussprechen. Die tatsächliche Umsetzung einer kleinen einzigen Anlaufstelle durch die OECD scheidet jedoch aus. Folge des fehlenden One-Stop-Shops ist, dass die VAT-Guidelines der OECD keine praktikable Lösung für B2C-Fälle nach dem Bestimmungslandprinzip anbieten können. Das Reverse-Charge-System scheidet als Alternative aus: im B2CFall gäbe es mangels abzuziehender Vorsteuer für private Endverbraucher keinen Anreiz, die anfallende Umsatzsteuer im Bestimmungsland anzumelden.165 Auch besteht ein Problem in B2B-Fällen, in denen das die Dienstleistungen empfangende Unternehmen nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, z. B. aufgrund von unechten Steuerbefreiungen. Das Unternehmen würde so behandelt, als ob es ein privater Endverbraucher wäre, und der Grundsatz der Kostenneutralität der Umsatzsteuer für Unternehmen käme so ins Wanken.166 Festzuhalten ist damit, dass sich das Bestimmungslandprinzip in B2C-Fällen nur im EU-Raum verwirklichen lässt. Nur hier kann es durch die Einführung einer einzigen kleinen Anlaufstelle auch praktisch umgesetzt werden. cc) Weiteres Vorgehen der Europäischen Kommission Im April 2016 hat die Europäische Kommission einen Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer vorgesellt. Er soll den Weg ebnen für einen umfassenden, einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum.167 Die bislang festgelegten Schlüsselmaßnahmen sehen unter anderem eine Ausweitung des bestehenden Konzepts der einzigen Anlaufstelle auf den gesamten elektronischen Geschäftsverkehr vor. Auch Waren wären damit inbegriffen. Außerdem soll eine Mehrwertsteuerschwelle eingebaut werden, unterhalb derer digitale Startups und kleine Unternehmen von der Umsatzsteuerpflicht befreit wären. Zudem sollen Mehrwertsteuerprüfungen bei grenzüberschreitend tätigen Unternehmen nur mehr im Herkunftsland zugelassen werden.168 einem vereinfachten Registrierungsprozess für den Dienstleistungserbringer im Bestimmungsland, C.3.3.1, S. 51. 165 Vgl. OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Arbeitsergebnis 2014, S. 54. 166 Vgl. u. a. OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Arbeitsergebnis 2014, S. 49. 167 Siehe EU-Kommission (Hrsg.), Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über einen Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer, KOM(2016) 148 final. 168 Relevant für Sachgüter ist die Ausweitung des derzeitigen elektronischen Registrierungs- und Zahlungsverfahrens in Anlehnung an die kEA sowie die Aufhebung der Mehrwertsteuerbefreiung für die Einfuhr von Kleinsendungen (bis 22 Euro) von Anbietern aus Drittländern. Siehe EU-Kommission (Hrsg.), Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über einen Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer, KOM(2016) 148 final, S. 6.

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

87

Reformvorschläge der Kommission, wie z. B. dieser Aktionsplan, zeigen, dass das Bestimmungslandprinzip in der EU bereits verankert ist und zudem kontinuierlich verbessert werden wird. Vorteile, wie z. B. das Verhindern von Wettbewerbsverzerrungen durch das Abwickeln von B2C-Geschäften über Niedrigsteuerländer, zeigen, weshalb das Bestimmungslandprinzip dauerhaft als adäquate Lösung akzeptiert werden dürfte.

5. Steuersatz, § 12 UStG Betriebswirtschaftlich ist die Umsatzsteuer für Unternehmen durch die Möglichkeit zum Vorsteuerabzug kostenneutral konzipiert. Die Umsatzsteuer soll der private Endverbraucher tragen. Die Höhe des Steuersatzes spielt jedoch für Unternehmen, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, und auch für den privaten Endverbraucher eine zentrale Rolle, weil der Steuersatz sich unmittelbar auf den Preis der Dienstleistung auswirkt. Grundsätzlich gibt es in Europa zwei Umsatzsteuersätze, einen allgemeinen Regelsteuersatz und einen ermäßigten Steuersatz. In Deutschland beträgt der Regelsteuersatz derzeit 19 % (vgl. § 12 Abs. 1 UStG) und der ermäßigte Steuersatz aktuell 7 % (vgl. § 12 Abs. 2 UStG).169 Zu prüfen ist, ob und wie sich Regelsteuersatz und ermäßigter Steuersatz auf internetbasierte Dienstleistungen, mithin elektronische Dienstleistungen und die Leistungen der Inhalteanbieter, verteilen. Die Lieferungen und Dienstleistungen, die nach der MWStSystRL einem ermäßigten Steuersatz unterworfen werden können, sind in Anhang 3 der Richtlinie aufgelistet. Explizit ausgenommen vom ermäßigten Steuersatz sind gem. Art. 98 Abs. 2 sämtliche elektronische Dienstleistungen. Die Leistungen der Host- und Application-Service- Provider sowie der Plattform- und Cloudanbieter unterfallen damit als elektronische Dienstleistungen i.S.d. § 3a Abs. 4 Nr. 13 UStG ausdrücklich dem Regelsteuersatz von 19 %.170 Zugangsanbieter und Netzbetreiber erbringen sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation und können, da sie keinen „Listenplatz“ im Anhang

169

Das System mit nur zwei Steuersätzen basiert auf Vorschlägen der EU-Kommission aus dem Jahr 1987. Die EU-weite Annäherung der Steuersätze wird erreicht durch die Festlegung eines Mindeststeuersatzes von 15 % beim Regelsteuersatz und 5 % beim ermäßigten Steuersatz, vgl. Art. 97 – 99 MWStSystRL. 170 Dies widerspricht diametral einem aktuellen Anliegen der Europäischen Kommission, ausformuliert in ihrer „Digital Agenda for Europe“. Eines der Ziele für einen potentiellen „Digital Single Market“ ist es, die Steuersätze für digitale Inhalte und ähnliche physische Waren einander anzugleichen, vgl. https://ec.europa.eu/taxation_customs/business/vat/digital-singlemarket-modernising-vat-cross-border-ecommerce_de, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018.

88

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

haben, ebenfalls nicht von einem ermäßigten Steuersatz profitieren. Anwendbar ist der Regelsteuersatz. Genauer zu prüfen sind hingegen die Leistungen der App-Entwickler und AppStores (a)) sowie die der Inhalteanbieter (b)). Zu klären ist jeweils, ob der ermäßigte Steuersatz aufgrund eingeräumter bzw. übertragener Urheberrechte zum Tragen kommt, vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 7c i.V.m. Lfd. Nr. 49 Anl. 2 UStG, UStAE 12.7. Es wird gezeigt werden, dass das entgeltliche Programmieren von Individualsoftware durch App-Entwickler dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, während die Entwicklung von Standardsoftware mit dem Regelsteuersatz zu belegen ist. Vertreibt ein App-Store die App für den Entwickler, unterliegt der Vertrag zwischen dem AppStore und dem Entwickler dem ermäßigten Steuersatz. In der Vertragsbeziehung App-Store-Verbraucher kommt hingegen der Regelsteuersatz zum Tragen. Inhalteanbieter, wie etwa Autoren, übertragen für gewöhnlich Nutzungsrechte wie z. B. das Recht auf Vervielfältigung an Verlage. Dieser umsatzsteuerrechtliche Vorgang unterliegt dem ermäßigten Steuersatz, weil abgeleitete Urheberrechte auf den Verlag übergehen.

a) App-Entwickler und App-Stores aa) App-Entwickler App-Entwickler programmieren Software für Smartphones, Tablets und PCs, die sie mit Hilfe von App-Stores vertreiben. Das geistige Eigentum an Software ist grundsätzlich gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG (Schriftwerke) oder gem. § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG (Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art) geschützt.171 Bei der Software selbst wird unterschieden zwischen Individualsoftware und Standardsoftware. Diese Differenzierung lässt sich sehr gut auf Apps übertragen. Die großen App-Stores, die sich grundsätzlich an Endnutzer richten, vertreiben Standard-Apps, wohingegen es sich bei einer für einen einzelnen Kunden programmierten App um eine Individual-App handelt. Diese werden nicht über die großen App-Stores verkauft, sondern von kleinen Softwareunternehmen172 entwickelt, designt und selbst vertrieben. Die Unterscheidung zwischen Individual- und Standard-App ist steuerrechtlich von Bedeutung, denn sie ist der Auslöser für eine Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz oder dem Regelsteuersatz. Der ermäßigte Steuersatz kommt bei Individualsoftware zum Tragen, so etwa, wenn ein Unternehmen einen Werkvertrag für eine App abschließt, die speziell auf den Unternehmenszweck zugeschnitten werden soll. Die Überlassung von urhe171 Siehe Mann, in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2015, § 12 Abs. 2 Nr. 7, Rdnr. 76. 172 Z. B. http://fluidmobile.de, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018.

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

89

berrechtlich geschützten Computerprogrammen unterliegt dem ermäßigten Steuersatz, wenn dem Leistungsempfänger die in § 69c Satz 1 Nr. 1 bis 4 UrhG bezeichneten Rechte auf Vervielfältigung und Verbreitung nicht nur als Nebenfolge eingeräumt werden.173 Legt der Appkäufer Wert darauf, die App i.S.d. § 69c S. 1 Nr. 1 – 3 UrhG vervielfältigen und verbreiten zu dürfen, müssen ihm explizit Rechte nach dem UrhG eingeräumt und ihm z. B. auch der Source Code ausgehändigt werden.174 Die Rechteübertragung ist damit keine Nebenfolge, sondern wesentlicher Leistungsinhalt und Hauptbestandteil des Vertrags.175 Die Individualisierung der App zieht ein vollumfängliches Nutzungsrecht nach sich; mithin greift der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 UStG.176 bb) App-Stores Der Vertrieb von Standardsoftware an Endverbraucher unterliegt hingegen dem Regelsteuersatz. Im Vordergrund steht nicht die Übertragung von Urheberrechten, sondern vielmehr der Handel und Verkauf von Apps und anderer Software zur Nutzung durch den Käufer.177 Stehen mithin die reinen Anwendungsbedürfnisse des Kunden im Vordergrund und die automatische Mitübertragung des urheberrechtlichen Nutzungsrechts ist lediglich Bestandteil einer einheitlichen wirtschaftlichen Gesamtleistung, findet der Regelsteuersatz Anwendung. App-Stores nehmen eine Vermittlerrolle zwischen den Entwicklern und den Endkunden ein. Der Vertrag zwischen App-Entwickler und App-Store, auf dessen Grundlage der Store die Apps des Entwicklers vertreiben darf, unterliegt dem ermäßigten Steuersatz. Der Entwickler erbringt durch das Einräumen von Urheberechten an seiner App (§ 69c S. 1 Nr. 1 – 3 UrhG) eine sonstige Leistung gemäß § 3 Abs. 9 UStG.178 Ohne die an den Store übertragenen Urheberrechte könnten die Apps vom Store nicht verkauft bzw. lizenziert werden. Mithin löst die Übertragung der Rechte den ermäßigten Steuersatz aus.

173 UStAE vom 1. 10. 2010, BStBl. I, S. 846, Abschnitt 12.7. Siehe u. a. auch den Leitsatz des BFH-Urteils vom 27. 9. 2001, V R 14/01, BStBl. II, 2002, S.114. 174 Vgl. Mann, in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2015, § 12 Abs. 2 Nr. 7 UStG, Rdnr. 80/8. 175 Siehe u. a. auch bei Mann, in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2015, § 12 Abs. 2 Nr. 7, Rdnr. 80/5. 176 So Mann, in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2015, § 12 Abs. 2 Nr. 7, Rdnr. 80/5. 177 Vgl. Mann, in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2015, § 12 Abs. 2 Nr. 7, Rdnr. 80/2 f. 178 In diesem Sinne Mann, in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2015, § 12 Abs. 2 Nr. 7, Rdnr. 80/1.

90

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

cc) Anwendungsvereinbarungen Diese theoretischen Ansätze werden untermauert von den Anwendungsvereinbarungen der diversen App-Stores. Beispielhaft genannt seien hier die Anwendungsvereinbarungen zwischen den Apple Stores (iTunes, Mac App, App-Store, iBooks)179 und ihren Kunden. Apple spricht davon, dass es Lizenzen zur Nutzung der Standardsoftwareprodukte verkauft.180 „Verkauf“ bedeutet hier, dass die Kunden im Vorfeld des Vertragsschlusses einer Endnutzerlizenzvereinbarung (EULA) zustimmen müssen.181 Sie erhalten damit eingeschränkte Nutzungsrechte an der erwünschten App. Die Lizenz wird durch die EULA-Vereinbarung beschränkt auf nichtübertragbare Nutzungsrechte. Das bedeutet, dass die App nicht vertrieben oder über ein Netzwerk zur Verfügung gestellt werden darf.182 Das umfassende geistige Eigentum an den Produkten wird von den Stores als potentiellen Lizenzgebern mithin bewusst nicht übertragen. Seit dem 1. 1. 2015 ist der Regelsteuersatz des jeweiligen Mitgliedstaates einschlägig.183 b) Inhalteanbieter „Content Provider“ bieten mit Hilfe des Internets Inhalte für die kommerzielle Nutzung an. Neben den herkömmlichen Inhalteanbietern, wie z. B. der Deutschen Presseagentur, zählen auch E-Libraries, Amazon, Fotografen oder aber Spieleanbieter zu den Inhalteanbietern.184 Sie erbringen keine elektronischen Dienstleistungen, zählen aber aufgrund der Verbreitung ihrer Inhalte über das Internet zu den internetbasierten Dienstleistern. Damit ist, wiederum ausgehend von Fragen rund um

179 Siehe http://www.apple.com/legal/internet-services/itunes/de/terms.html, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 180 So Legal Terms von Apple, Nutzungsbedingungen des Mac App-Stores, des App-Stores und des iBook Stores, S. 12/17; http://www.apple.com/legal/internet-services/itunes/de/terms. html, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 181 „EULA“ meint enduser-licence-agreement. bzw. Endnutzerlizenzvereinbarung. Für Apple Produkte abgedruckt auf den Seiten 14 ff. der Legal Terms, http://www.apple.com/legal/ internet-services/itunes/de/terms.html, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 182 Siehe EULA, S. 14, 15 der Legal Terms, http://www.apple.com/legal/internet-services/ itunes/de/terms.html, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 183 Der MwSt.-Satz für Kunden, die bis zum 1. 1. 2015 elektronisch ladbare Software oder andere Apple Produkte im App-Store kauften, lag bei 23 %. Dienstleistungsort war Irland, so dass die irische MwSt. galt. Heute unterliegt die elektronisch ladbare Software grundsätzlich dem Mehrwertsteuersatz des Ansässigkeitsortes des Dienstleistungsempfängers. Vgl. http:// store.apple.com/de/help/payments; zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 184 Siehe für die Definition von Inhalteanbietern auch http://www.onpulson.de/lexikon/ 5992/content-provider/, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018, sowie im Kapitel 1 unter II. 2. Auch E-Libraries, Amazon oder Ibooks, die elektronische Bücher über das Internet verleihen und vertreiben, oder aber die Herausgeber eines E-Paper-Abonnements sowie Spieleanbieter sind als Inhalteanbieter zu qualifizieren.

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

91

die Übertragung von Nutzungsrechten, zu klären, welche der zugehörigen Leistungen dem ermäßigten und welche dem Regelsteuersatz unterliegt. aa) Vertragsbeziehung Autor – Verlag Die Vertragsbeziehung Autor-Verlag unterliegt dem ermäßigten Steuersatz. Autoren werden durch das Urheberrecht geschützt. Erfasst sind ihre persönlichen, geistigen Schöpfungen und damit Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst.185 Inbegriffen sind mithin „Sprachwerke“ wie z. B. Bücher und Zeitungen. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG186 sind diejenigen Leistungen zwischen Autoren und Verlagen mit dem ermäßigten Steuersatz begünstigt, deren wesentlicher Inhalt in der Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten aus dem UrhG besteht.187 Die urheberrechtlichen Verwertungsrechte an einem Sprachwerk entstehen als Stammrecht bei dem jeweiligen Urheber. Übertragen werden können nur davon abgeleitete Rechte, d. h. die verschiedenen Nutzungsrechte, die wiederum den jeweils konkreten Nutzungsarten, wie z. B. der Vervielfältigung, entsprechen.188 Aufgezählt sind sie in den §§ 16 – 22 UrhG.189 Nutzungsrechte sind mithin der auf eine konkrete Nutzungsart beschränkte Teil eines Verwertungsrechts, über den der Urheber durch Rechtseinräumung verfügen kann.190 Nutzungsrechte können zeitlich, räumlich oder inhaltlich beschränkt übertragen werden. Wird ein Werk digitalisiert, fällt es in die Verwertungskategorie „Vervielfältigung“ des § 16 UrhG. Das Herunterladen aus dem Internet, E-Mail Versand und andere elektronische Werknutzungen sind ebenfalls als Vervielfältigung zu qualifizieren. Das Bereithalten zum elektronischen Abruf und weiterer Online-Nutzungsarten unterliegt seit dem 10. 9. 2003 dem Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, § 19a UrhG. Auslöser für die Gewährung des ermäßigten Steuersatzes ist damit die Entscheidung des Autors, ob er anderen Nutzungsrechte an seinem urheberrechtlich geschützten Werk einräumen möchte.191 Die Einräumung oder Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte muss Hauptbestandteil einer einheitlichen Gesamtleistung sein, d. h. Schwerpunkt des umsatzsteuerlichen Vorgangs. Ob dies der Fall 185

Vgl. § 2 UrhG. § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG findet in Art. 98 Abs. 2 MWStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 9 keine genaue Entsprechung. Ermäßigte MWSt-Sätze sind hier nur vorgesehen für Dienstleistungen von Schriftstellern, Komponisten und ausübenden Künstlern sowie diesen geschuldete urheberrechtliche Vergütungen. Nicht erfasst sind damit z. B. die Umsätze von Fotografen. 187 Vgl. UStAE vom 1. 10. 2010, BStBl. I 2010, S. 846, Abschnitt 12.7 Abs. 1. So auch Mann, in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2015, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Rdnr. 42. 188 Siehe u. a. Schulze, in: Dreier/Schulze (Hrsg.), § 15 UrhG, Rdnrn. 5 und 13 sowie Dreier, in: Dreier/Schulze (Hrsg.), § 19a UrhG, Rdnr. 2. 189 Z. B. das Vervielfältigungsrecht, das Vertreibungsrecht, das Ausstellungsrecht. 190 Schulze, in: Dreier/Schulze (Hrsg.), § 15 UrhG, Rdnr. 6. 191 Siehe UStAE vom 1. 10. 2010, BStBl. I 2010, S. 846, Abschnitt 12.7 Absatz 1, sowie Mann, in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2015, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Rdnr. 53. 186

92

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

ist, bestimmt sich nach dem Inhalt der Vereinbarungen; entscheidend ist, wofür genau die Gegenleistung erbracht wird.192 Der Erwerb von Verwertungsrechten ist für einen Verlag die Grundvoraussetzung für die Möglichkeit zum Vertrieb von Sprachwerken.193 Einer der Hintergedanken des Urheberrechts ist es, den Autor am wirtschaftlichen Erfolg seines Werkes teilhaben zu lassen, § 11 S. 2 UrhG.194 Dieses Regelungsziel wird flankierend unterstützt durch die Gewähr des ermäßigten Steuersatzes in der Vertragsbeziehung Autor-Verlag. bb) Vertragsbeziehung Verlag – Onlinevertrieb Bei Umsätzen zwischen Verlagen und Onlinebuchhändlern ist zu prüfen, inwieweit hier die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urhebergesetz ergeben, im Vordergrund steht. Steht sie im Vordergrund, kann der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG zur Anwendung kommen (vgl. auch Abschn. 12.7 UStAE).195 cc) Vertragsbeziehung Onlinevertrieb – Endnutzer Der Verkauf von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften an Endnutzer in traditioneller Papierform ist unstrittig umsatzsteuerlich ermäßigt. Es liegt naturgemäß eine Lieferung vor, die gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Anlage 2 Nr. 49 UStG196 aus kulturpolitischen Gründen privilegiert werden soll.197 Umstritten, und daher (noch) nicht einschlägig, ist hingegen der ermäßigte Steuersatz im Onlinevertrieb. Bisher gibt es nur nationale Absichtserklärungen der Parteien, aber noch keine

192

So Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 10 UStG, Rdnr. 4 sowie Lippross, Umsatzsteuer, § 12 UStG, S. 111 f., 2.2.3.3. 193 Vgl. z. B. Urteil des FG Baden-Württemberg vom 5. 9. 2013, 12 K 1800/12, Rdnr. 3, DStRE 2014, 1188. 194 Schulze, in: Dreier/Schulze (Hrsg.), § 15 UrhG, Rdnr 4. Gesprochen wird auch von einem Stufensystem zur mittelbaren Erfassung des Endverbrauchers, auf den letztlich die Kosten der Verlage abgewälzt werden sollen. 195 OFD Frankfurt/M. Rundverfügung vom 9. 4. 2014, DStR 2014, 1289 f. 196 Die Vorschrift basiert auf Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang 3 Nr. 6 MWStSystRL in der Richtlinienfassung 2009/47/EG, ABl. 2009, L 116, S. 18. 197 Mit kulturpolitischen Gründen gemeint sind u. a. Information und selbständige Meinungsbildung der Bevölkerung. Siehe u. a. Pressemitteilung Nr. 12 des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 27. 1. 2014, in der sich die Staatsministerin für Kultur und Medien aus den genannten Gründen für einen ermäßigten Steuersatz auch für elektronische Informationsmedien ausspricht; http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Pressemitteilun gen/BPA/2014/01/2014-01-27-e-books-mehrwertsteuer.html, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018.

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

93

Regelung, die E-Books und E-Paper aus kulturpolitischen Erwägungen heraus den Druckerzeugnissen gleichstellen würde.198 (1) Anwendungsvereinbarungen Onlinevertrieb Im Gegensatz zur Vertragsbeziehung Autor – Verlag, kommt eine Ermäßigung des Steuersatzes aus urheberrechtlichen Gründen auf dieser Verwertungsstufe nicht in Frage. Im Rahmen eines Vertriebsumsatzes reicht es für den ermäßigten Steuersatz nicht aus, wenn nur „auch Rechte“ nach dem UrhG übertragen werden, wenn dies nicht der Schwerpunkt des umsatzsteuerbaren Vorgangs ist.199 Die Kunden erhalten in dieser Vertragsbeziehung die Sprachwerke nur zur bestimmungsgemäßen Nutzung, d. h. ohne bzw. nur mit eingeschränkten Verwertungsrechten.200 Diesen aktuellen Status quo201 spiegeln auch die aktuellen Anwendungsvereinbarungen von z. B. i-Books202 und Amazon203 wieder. Beide Anbieter sehen sich als reine Verkaufsplattform an. Amazon spricht mit Blick auf den Verkauf seiner EBooks von der Gewährung „nicht-ausschließlicher Rechte, diese digitalen Inhalte ausschließlich für die persönliche, nicht-gewerbliche und nicht-unternehmerische Nutzung anzusehen, zu nutzen und anzuzeigen. (…) Die Inhalte werden durch den Anbieter von Inhalten lizenziert, aber nicht verkauft. (…) Die Rechte an den KindleInhalten oder Teilen davon dürfen nicht verkauft, vermietet, verliehen, vertrieben (…) oder in Unterlizenz vergeben werden.“ Auch I-Books spricht nur vom „Verkauf einer Lizenz zur Nutzung der Inhalte“ und davon, dass die Produkte nur zu privaten, nicht auch zu gewerblichen Zwecken genutzt werden dürfen. Der Verkauf von E-Books und E-Paper an Endnutzer kann deshalb aus urheberrechtlichen Gründen nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

198 Das Vorhaben, E-Books dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen, war bereits im Koalitionsvertrag 2013 von Union und SPD angekündigt worden. Laut einem Beschluss der geschäftsführenden Vorstände der CDU/CSU und der SPD-Fraktion vom 29. 4. 2014 sollte so schnell wie möglich ein Gesetzgebungsverfahren zur Steuersatzsenkung für E-Books und Hörbücher in die Wege geleitet werden. Die Fraktionen bitten in dem Beschluss die Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene für einen ermäßigten Steuersatz für elektronische Informationsmedien einzusetzen. Für Hörbücher gilt seit dem 1. 1. 2015 der ermäßigte Steuersatz von 7 %, nicht jedoch für reine E-Books. 199 Vgl. Heidner, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 12 UStG, Rdnr. 115 f., UStAE 12.7. 200 Die reine Wahrnehmung eines Werkes, der „Werkgenuss“, z. B. das Lesen eines Buches, ist kein urheberrechtlicher Vorgang, siehe Schulze, in: Dreier/Schulze (Hrsg.), § 15 UrhG, Rdnr. 21. 201 Siehe u. a. in Befürwortung eines ermäßigten Steuersatzes und mit zahlreichen weiteren Verweisen Becker, DStR 2014, 462. 202 Siehe http://www.apple.com/legal/internet-services/itunes/de/terms.html#APPS, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018. 203 http://www.amazon.de/gp/help/customer/display.html?nodeId=200506200, zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018.

94

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

(2) Virtuelle Bibliotheken Ein aktuelles BFH-Urteil zeigt, dass auch in den Fällen, in denen traditionellen Bibliotheken entgeltlich digitalisierte Inhalte zur Verfügung gestellt werden, der Regelsteuersatz zur Anwendung kommt.204 Die Klägerin entwickelt, vertreibt und betreibt digitale, virtuelle Bibliotheken.205 Sie schließt mit einer Vielzahl von Verlagen Lizenzverträge ab, um deren Werke nutzen zu können. Sie unterhält mit traditionellen Büchereien Rahmenverträge über die „Bereitstellung von Inhalten zum digitalen Ausleihen in einer digitalen, virtuellen Bibliothek“.206 Sie verpflichtet sich, registrierten Bibliotheksnutzern zeitlich befristete Rechte einzuräumen, damit diese sich Inhalte digital ausleihen können. Hierfür bietet sie den Büchereien gegen Gebühr verschiedene Lizenzen an, mit denen der Bücherei gestattet wird, den von ihr registrierten Nutzern ausgewählte Werke mit Hilfe ihrer digitalen Serviceprogramme auszuleihen.207 Die Klägerin war auch in der Revisionsinstanz der Auffassung, dass die durch den Vertrieb der Nutzungsrechte erzielten Umsätze dem ermäßigten Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 7c) UStG zu unterwerfen seien. Sie argumentiert mit einer zivilrechtlichen Urheberrechtskette, womit sie mehr als ein bloßes „Benutzungsrecht“ an die Bibliotheken übertragen konnte. Das FG Baden-Württemberg hatte dies abgelehnt, weil die Klägerin nur das Recht zur bestimmungsgemäßen Nutzung der Inhalte weitergeben konnte, nicht aber ein umfassendes Verwertungsrecht. Der BFH sieht ebenfalls den Regelsteuersatz als anwendbar an, begründet sein Ergebnis jedoch vorwiegend mit der Qualifikation von digitalen Inhalten als elektronische Dienstleistungen. Die unionsrechtliche Möglichkeit, auf die Vergütungen von Schriftstellern den ermäßigten Steuersatz anzuwenden (Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang III Nr. 9 MWStSystRL), gelte nicht für elektronische Dienstleistungen (Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 2 MWStSystRL). Das nationale Recht, § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG, müsse daher eng ausgelegt werden, und umfasse folglich nicht die von der Klägerin ausgeübten elektronischen Dienstleistungen.208 Darüber hinaus greife auch nicht der ermäßigte Steuersatz für das Vermieten von Büchern nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 UStG i. V. m. Anlage 2 Nr. 49 Buchst. a UStG. Das 204

Vgl. BFH-Urteil vom 3. 12. 2015, V R 43/13, MMR 2016, 347. Vorinstanzliches Urteil des FG Baden-Württemberg vom 5. 9. 2013, 12 K 1800/12, DStRE 2014, 1188. 205 Eine der aktuell bekanntesten virtuellen Bibliotheken ist z. B. „Skoobe“, bei der zu einem monatlichen Festpreis unbegrenzt viele Bücher über eine App gelesen werden können, https://www.skoobe.de (zuletzt aufgerufen am 24. 3. 2018). 206 Vgl. Urteil des FG Baden-Württemberg vom 5. 9. 2013, 12 K 1800/12, Rdnrn. 2 – 7, DStRE 2014, 1188. 207 Vgl. Urteil des FG Baden-Württemberg vom 5. 9. 2013, 12 K 1800/12, Rdnrn. 8 – 10, DStRE 2014, 1188. 208 Vgl. BFH-Urteil vom 3. 12. 2015, V R 43/13, MMR 2016, 347, Rdnrn. 18 – 19.

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

95

Überlassen von elektronischen Büchern zähle mangels physischem Träger als elektronische Dienstleistung, die gerade nicht unter die Steuerermäßigung fallen könne.209 Für den BFH bestehen keine Zweifel daran, dass die Klägerin durch die Einräumung von Nutzungsrechten an die Bibliotheken elektronische Dienstleistungen erbracht hat. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH sei deshalb nicht nötig.210 (3) E-Pictures Auch Bilder und Fotografien („Lichtbildwerke“) sind urheberrechtlich geschützt. Analog zur Situation bei E-Books klärt sich die Frage, ob in der Vertragsbeziehung zum Endnutzer der ermäßigte Steuersatz zum Tragen kommt, danach, ob Rechte nach dem Urhebergesetz eingeräumt werden oder nicht.211 § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG sieht als eng auszulegende Ausnahmevorschrift den ermäßigten Steuersatz vor, sobald Urheberrechte eingeräumt, wahrgenommen oder übertragen werden. Abschn. 12.7 Abs. 18 S. 4 UStAE legt fest, dass keine Urheberrechte übertragen werden, sobald der Fotograf seinem Auftraggeber nur die bestellten Positive, also Papierfotos wie Passbilder, Familien- oder Gruppenaufnahmen übergibt.212 Der Regelsteuersatz kommt in diesem Fall zur Anwendung, denn es liegt eine gerade nicht begünstigte Lieferung vor. Ebenso soll mit dem Verkauf von digitalisierten Bildern auf CD-Rom eine Übertragung von Urheberrechten regelmäßig nicht verbunden sein.213 Hiervon abweichen können jedoch individuelle Vereinbarungen mit den Kunden. Abzustellen sei auf das entsprechend der vertraglichen Vereinbarung erzielte wirtschaftliche Ergebnis.214 Fotografen wird deshalb geraten, ihre AGB zugunsten einer Rechteübertragung anzupassen, um von dem ermäßigten Steuersatz profitieren zu können.215 Andernfalls kann es zusätzlich zu nicht beabsichtigten Urheberrechtsverletzungen durch den Endkunden kommen. Die Rechte an Fotografenfotos, die von Endkunden z. B. in sozialen Netzwerken wie Facebook veröffentlicht werden, gehen laut der AGB des jeweiligen Netzwerks auf dieses über.216 Ohne eine Übertragung der Rechte auf den Endkunden durch den Fotografen würden die Urheberrechte jedoch bei dem Fotografen bleiben und der Kunde dürfte die Bilder ohne die Ein209

Vgl. BFH-Urteil vom 3. 12. 2015, V R 43/13, MMR 2016, 347, Rdnrn. 16 – 17. Vgl. BFH-Urteil vom 3. 12. 2015, V R 43/13, MMR 2016, 347, Rdnr. 22. 211 Siehe Stöbner/Gach, DStR 2013, 2044, 2044. 212 In diesem Sinne auch die Kurzinformation des FinMin Schleswig-Holstein vom 14. 6. 2013, VI 358 -S 7240 – 052; DStR 2013, 1734. 213 So Mann, in: Küffner/Stöcker/Zugmeier (Hrsg.), Stand 2015, § 12 Abs. 2 Nr. 7 UStG, Rdnr. 80/8. 214 Vgl. Abschn. 12.7 Abs. 1 S. 1 u 2 UStAE vom 1. 10. 2010, BStBl. I 2010, S. 846. 215 Siehe Stöbner/Gach, DStR 2013, 2044, 2046. 216 So z. B. bei Facebook, siehe Ziffer 2.1. der „Erklärung der Rechte und Pflichten“, https:// www.facebook.com/terms.php?locale=DE,zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 210

96

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

willigung des Fotografen nicht vollumfänglich nutzen, ohne eine Urheberrechtsverletzung zu begehen. Mithin ist es auch für den Endkunden empfehlenswert, auf die Rechteübertragung durch den Fotografen zu achten. Dieser hat durch die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf seine Dienstleistung auch ein Eigeninteresse daran. (4) Gesamtverkaufspreis Print- und E-Paper-Abonnements Die Besteuerungshandhabe von Print – und E-Paper-Abonnements einer Zeitung bzw. von gedrucktem Buch und E-Book, die als Gesamtpaket verkauft werden, wurde vom BMF erstmalig am 2. 6. 2014 im Rahmen eines BMF-Schreibens erläutert.217 Es erweckt den Anschein, als könne die digitale Fassung zu einer Papierzeitung oder einem gedruckten Buch bei einer Qualifizierung als Nebenleistung bzw. Annex den ermäßigten Steuersatz der Hauptleistung teilen. Im Ergebnis werden die digitalen Fassungen jedoch als eigenständige Hauptleistungen qualifiziert, die dem Regelsteuersatz unterliegen. Umfasst das Abonnement einer Zeitung sowohl die Print- als auch die elektronische Ausgabe, oder wird ein Buch en bloc sowohl in Papier- als auch in elektronischer Form veräußert, ist der Gesamtverkaufspreis nach Ansicht des BMF anteilig aufzuspalten in den ermäßigten Steuersatz und den Regelsteuersatz. E-Paper bzw. E-Books stellen nach Ansicht des BMF keine Nebenleistung zur Hauptleistung „Druckerzeugnis“ dar. Vielmehr dient ihre Bereitstellung einem eigenständigen Zweck. Sie ist damit als gesondert zu würdigende sonstige Leistung i.S.v. § 3 Abs. 9 S. 1 UStG zu bewerten. Sie unterliegt gem. § 12 Abs. 1 im Gegensatz zum Druckerzeugnis dem Regelsteuersatz von 19 %. Wird für die elektronische Ausgabe ein gesondertes Entgelt bezahlt, dient dieses als Bemessungsgrundlage für den Regelsteuersatz. Erhält der Abonnent einen Rabatt für die elektronische Ausgabe, muss dieser nicht zwischen den beiden Ausgaben aufgeteilt werden. Wird der Zugang zum E-Paper bzw. E-Book ohne ein gesondert berechnetes Entgelt eingeräumt, ist der Gesamtverkaufspreis nach Maßgabe von Abschnitt 10.1 Abs. 11 UStAE aufzuteilen. Danach ist grundsätzlich der einheitliche Preis sachgerecht auf die einzelnen Leistungen aufzuteilen, bzw. ist das Verhältnis der Einzelverkaufspreise maßgebend.218 (5) Informationsmedien auf Datenträgern und zum Download Die Komplexität der Besteuerungshandhabe von Print- und E-Paper bzw. E-Book wird auch unterstrichen durch die vielfältigen Meinungen und Ansätze zum Umgang mit Informationsmedien auf Datenträgern wie z. B. USB-Sticks bzw. zum Download. 217

Siehe BMF Schreiben vom 2. 6. 2014, IV D 2-S-7200/13/10005, UR S. 585. Siehe BMF Schreiben vom 2. 6. 2014, IV D 2-S-7200/13/10005, UR S. 585, Abschnitt 2.2 sowie BFH-Beschluss vom 3. 4. 2013, V B 125/12, BStBl. II 2013, S. 973. 218

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

97

(a) Datenträger Der „Gemeinsame Ausschuss der Europäischen Kommission zu Mehrwertsteuerleitlinien“ entschied sich Ende 2010 einstimmig für eine einheitliche ermäßigte Besteuerung von traditionellen Papierbüchern und Büchern auf physischen Trägern, sofern sie denselben Informationsinhalt haben. Nicht erfasst sein sollten lediglich virtuelle Bücher und Bücher im elektronischen Format, weil hier elektronische Dienstleistungen vorlägen.219 Nach inzwischen „differenzierterer“ Ansicht der Kommission sollen die Mitgliedstaaten zumindest die Möglichkeit eines ermäßigten Steuersatzes für Sprachwerke haben, die auf Datenträgern wie z. B. DVDs oder CD-ROMs an Endkunden vertrieben werden.220 Mit Schreiben vom 3. 1. 2014 lehnt Deutschland eine Bindungswirkung der ursprünglichen Leitlinien des Gemeinsamen Ausschusses der Kommission zu Mehrwertsteuerleitlinien ab.221 Die Bundesregierung beruft sich auf die fehlende Vergleichbarkeit von gedruckten Büchern und solchen auf anderen physischen Trägern und behält sich vor, auf sämtliche Datenträger den Regelsteuersatz anzuwenden.222 Diese Handhabe geht konform mit dem EuGH-Urteil K Oy vom 11. 9. 2014, wonach ein einheitlicher Steuersatz für Bücher und E-Books nicht zwingend ist.223 Das finnische Vorlageverfahren behandelt die Vergleichbarkeit von traditionellen Büchern mit Büchern, die auf physischen Datenträgern gespeichert werden.224 Eine Aussage zu downloadbaren Sprachwerken wird darin nicht getroffen. Zur Urteilsfindung zieht der EuGH den Grundsatz der steuerlichen Neutralität heran, der besagt, dass gleichartige Waren und Dienstleistungen einem einheitlichen

219 Siehe Leitlinien des 92. Treffens des MWSt-Ausschusses der KOM vom 7./8. 12. 2010, Dokument A – taxud.c.1(2011)157667 – 684, S. 142, Abschnitt 6.7; vgl. auch Becker, DStR 2014, 462, 463. 220 Diese neue Ansicht deckt sich mit dem EuGH-Urteil vom 11. 9. 2014, Rs. C-219/13, K Oy, MWStR 2014, 725. 221 Vgl. MWSt-Ausschuss der Europäischen Kommission, Treffen Nr. 92 am 7./8. 12.2010, in dem die Leitlinie verabschiedet wurde, dass Bücher auf physischen Datenträgern dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, Dokument A – taxud.c.1(2011)157667 – 684, S. 142, Abschnitt 6.7 222 BMF Schreiben vom 3. 1. 2014, IV D 1 S7072/13/10005, BStBl. I 2014, S. 67. 223 EuGH-Urteil vom 11. 9. 2014, Rs. C-219/13, K Oy, MWStR 2014, 725. 224 Deutschland war an der Rs. K Oy beteiligt und verneint ebenfalls, dass die Neuformulierung des Anhangs der MWStSystRL „Lieferung von Büchern auf jeglichen physischen Trägern“, die Mitgliedstaaten zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes zwingt. Die Bundesregierung beruft sich vor allem auf die grundsätzliche Freiwilligkeit der Anwendung der ermäßigten Steuersätze sowie den rein redaktionellen Charakter der Richtlinienänderung und sieht daher keinen Verstoß gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität. Vgl. Ziff. 13 der Schlussanträge vom 14. 5. 2014, BeckRS 2014, 81156.

98

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

Steuersatz zu unterwerfen sind.225 Nr. 6 des Anhangs III der MWStSystRL wurde mit RL 2009/47/EG vom 5. 5. 2009 erweitert um Bücher auf „jeglichen physischen Trägern“. Fraglich ist, ob der Unionsgesetzgeber den Mitgliedstaaten mit der Ausdehnung des ermäßigten Steuersatzes auf beide Buchkategorien Wertungsspielraum entziehen und sie damit zwingen wollte, den reduzierten Steuersatz anzuwenden. Die Begründung des Richtlinienvorschlags der Kommission spricht von einer klareren Bezugnahme zu allen Buchformen, jedoch nicht von einer völligen Vergleichbarkeit oder Gleichartigkeit der Kategorien.226 Die Kommission ging in der mündlichen Verhandlung ebenfalls nicht davon aus, dass der Unionsgesetzgeber die Mitgliedstaaten verpflichten wollte, auf alle Bücher, unabhängig von ihrem physischen Speicherträger, einen identischen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anzuwenden.227 Der EuGH stellt unter Bezugnahme auf das Prinzip der steuerlichen Neutralität auf die Sicht eines Durchschnittsverbrauchers im jeweiligen Mitgliedstaats ab.228 Ob ein Durchschnittsverbraucher gedruckte Bücher und Bücher, die auf anderen physischen Trägern gespeichert sind, als gleichartig anerkennt, könne nur das vorlegende Gericht prüfen.229 Es müsse zunächst das Ausmaß der Durchsetzung der neuen Technologien bzw. der Verbreitung von Büchern auf Datenträgern in seinem Staat untersuchen, um festzulegen, wie der Durchschnittsverbraucher in seinem Staat aussieht. Eine nationale Regelung, wie hier die finnische, die beide Steuersätze vorsieht, verstoße dann nicht gegen die MWStSystRL, wenn der Durchschnittsverbraucher seine Kaufentscheidung bewusst aufgrund der bestehenden Unterschiede in den beiden Buchkategorien treffe. Sie befriedigen unterschiedliche Bedürfnisse, basierend auf ihren objektiven Unterschieden. Bücher auf CD-Rom würden z. B. auch wegen ihrer Suchfunktion gekauft.230 Gerade wegen der bestehenden Unterschiede und der unterschiedlichen Bedürfnisbefriedigung, die das Kaufverhalten des Verbrauchers beeinflusst, kann die Anwendung eines unterschiedlichen Steuersatzes gerechtfertigt sein. Kommt es jedoch den Verbrauchern

225 Vgl. Ziff. 24 des Urteils in der Rs. K Oy, sowie Ziff. 22 des EuGH-Urteils vom 3. 5. 2001 in der Rs. C-481/98, Kommission/Frankreich, RIW 2001, 554, worin ebenfalls auf den Grundsatz der steuerlichen Neutralität abgestellt wird. 226 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf ermäßigte Mehrwertsteuersätze (KOM [2008] 428 endgültig), S. 9 Kategorie 6; sowie Ziff. 48, 49 der Schlussanträge vom 14. 5. 2014 in der Rs. C-219/13, K Oy. 227 Siehe Ziff. 28 des EuGH-Urteils vom 11. 9. 2014 in der Rs. C-219/13, K Oy, MWStR 2014, 725. 228 Siehe Ziff. 30 des EuGH-Urteils vom 11. 9. 2014 in der Rs. C-219/13, K Oy, MWStR 2014, 725. 229 Siehe Ziff. 31 des EuGH-Urteils vom 11. 9. 2014 in der Rs. C-219/13, K Oy, MWStR 2014, 725. 230 Siehe Ziff. 57 der Schlussanträge vom 14. 5. 2014 in der Rs. C-219/13 K Oy, BeckRS 2014, 81156.

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

99

gerade auf die gleichartigen Inhalte der Bücher an, ist die selektive Anwendung des Steuersatzes nicht gerechtfertigt.231 Als Zwischenfazit kann damit festgehalten werden, dass die Möglichkeit der Anwendung unterschiedlicher Steuersätze auf Bücher sowohl auf Datenträgern als auch auf traditionelle Bücher vom EuGH regelungssystematisch gerechtfertigt wird.232 (b) Download (aa) EuGH-Urteil C-502/13 vom 5. März 2015 Kommission/Frankreich und Kommission/Luxemburg Anders als in der Rs. K Oy betraf das Vorlageverfahren der Kommission gegen Frankreich und Luxemburg downloadbare Bücher, mithin Bücher, die auf E-BookLesegeräte, Pads oder Computer über eine Website heruntergeladen oder per Streaming abgerufen werden können. Frankreich und Luxemburg hatten jeweils den ermäßigten Steuersatz auf diese Bücher angewendet.233 Der EuGH sieht in der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes einen Widerspruch zu Anhang III Nr. 6 der Mehrwertsteuerrichtlinie. Der Anhang sieht die Möglichkeit eines ermäßigten Steuersatzes nur für die Lieferung von Büchern auf physischen Trägern vor. Zwar benötige ein elektronisches Buch, um gelesen zu werden, einen physischen Träger, wie z. B. ein E-Book Lesegerät. Jedoch wird ein solcher Träger nicht zusammen mit dem elektronischen Buch geliefert.234 Eine Berufung auf Anhang III Nr. 6 scheide somit aus. Zudem könne der ermäßigte Steuersatz auch deshalb nicht auf die Lieferung downloadbarer Bücher angewendet werden, weil sie als elektronisch erbrachte Dienstleistungen zu qualifizieren seien. Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 2 MWStSystRL sieht die Möglichkeit eines ermäßigten Steuersatzes nur für Lieferungen und Dienstleistungen des Anhangs III vor; dieser erwähnt aber elektronisch erbrachte Dienstleistungen nicht. Das Herunterladen elektronischer Bücher könne auch nicht

231

Siehe Ziff. 33 des EuGH-Urteils vom 11. 9. 2014 in der Rs. C-219/13, K Oy, MWStR 2014, 725. 232 Diesen Ansatz bestätigt auch das jüngste EuGH-Urteil zu diesem Thema vom 7. 3. 2017, Rs. C-390/15, Rzecznik Praw Obywatelskich (RPO), Ziff. 62 und 66. 233 Frankreich einen Mehrwertsteuersatz von 5,5 %, Luxemburg nicht nur den einfach ermäßigten von 6 %, sondern den stark ermäßigten von 3 %. Die Urteile in den beiden Vertragsverletzungsverfahren ergingen jeweils am 5. 3. 2015, EuGH-Urteil in der Rs. C-479/13, Europäische Kommission/Frankreich, MWStR 2015, 308 und Rs. C-502/13 Europäische Kommission/Luxemburg, MWStR, 335. 234 Vgl. Ziff. 36 des EuGH-Urteils vom 5. 3. 2015 in der Rs. C-502/13, Europäische Kommission/Luxemburg.

100

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

„umqualifiziert“ werden in die Lieferung eines Gegenstandes. Ein elektronisches Buch könne nicht als Gegenstand angesehen werden.235 Das Herunterladen elektronischer Bücher auf einen E-Reader oder einen Computer ist deshalb als elektronische Dienstleistung ausgeschlossen von der Möglichkeit eines ermäßigten Steuersatzes. Mangels unmittelbar bei der Lieferung vorhandenem Träger bestehe keine Vergleichbarkeit mit Büchern auf physischen Datenträgern. (bb) Meinungsstreit: Ermäßigter Steuersatz für alle Bücher, unabhängig von der Verkörperungsform? Die Befürworter eines ermäßigten Steuersatzes für sämtliche digitale Informationsmedien halten diesem Urteil vor allem den Grundsatz der steuerlichen Neutralität entgegen,236 wonach gleichartige Produkte gleich besteuert werden müssen.237 Sowohl E-Books als auch Papierbücher transportieren zuvörderst Texte, was in einem ersten Schritt für eine identische Besteuerung sprechen müsse. Der ermäßigte Steuersatz wiederum ließe sich aus dem ursprünglichen Ziel der Kulturförderung, der Information und Meinungsbildung innerhalb der Bevölkerung herleiten.238 Auch digitale Sprachwerke dienen diesem Ziel. Die Gegner eines ermäßigten Steuersatzes verweisen auf die entgegenstehenden europarechtlichen Vorgaben in Form der MWStSystRL und ihres Anhangs III, sowie die Nähe der digitalen Bücher und Zeitungen zu Leistungen im Gegensatz zu Lieferungen. Zudem wird darauf verwiesen, dass die digitalen Produkte eine eigenständige, funktionsreichere Produktkategorie bildeten,239 als traditionelle Bücher, was ihre höhere Besteuerung rechtfertigen könne.240 235 Vgl. Ziff. 42 des EuGH-Urteils vom 5. 3. 2015 in der Rs. C-502/13, Europäische Kommission/Luxemburg. 236 Nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität ist es insbesondere unzulässig, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln. Vgl. Begründungserwägung 8 der 1. UStRL vom 11. 4. 1967, ABl Nr. L 71, S. 1301: Wettbewerbsneutralität müsse in dem Sinne bewirkt werden, „dass gleichartige Waren innerhalb der einzelnen Länder ungeachtet der Länge des Produktions- und Vertriebswegs steuerlich gleich belastet werden“. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität schließt auch die Grundsätze der Einheitlichkeit der Mehrwertsteuer und der Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen ein. Siehe Ziff. 22 des EuGH-Urteils vom 3. 5. 2001, Rs. C-481/98, Kommission/Frankreich, RIW 2001, 554. 237 So auch Luther/Sailer, UR 2016, 81, 85. 238 In diesem Sinne Becker, DStR 2014, 462, 464 f.; für das ursprüngliche Ziel der Kulturförderung siehe u. a. BT-Drs. 16/4711 vom 19. 3. 2007, wo in der Vorbemerkung auf den verminderten Steuersatz für u. a. Bücher seit dem Umsatzsteuergesetz 1961 eingegangen wird. Grund war schon 1961 der kulturelle Beitrag von Büchern für eine Gesellschaft. 239 Siehe u. a. Ziff. 56 der Schlussanträge vom 14. 5. 2014 in der Rs. C-219/13 K Oy, BeckRS 2014, 81156. 240 Die Auswahl der ermäßigten Tatbestände folgt keiner inneren Logik, sondern ist zumindest teilweise interessengetrieben. Der Gedanke einer Vereinheitlichung des Umsatzsteu-

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

101

(cc) Wertung Der EuGH orientierte sich in dem o.g. Urteil streng an der MWStSystRL und kommt folglich zu einem regelkonformen Ergebnis. M. E. ist die scharfe Trennung zwischen Informationsmedien auf physischen Datenträgern und digitalen Daten bzw. Büchern jedoch auf Dauer nicht haltbar. Bücher, die auf einer CD-ROM oder einem USB-Stick gespeichert werden, sind durchaus vergleichbar mit Büchern, die auf einem E-Reader oder Pad abgespeichert werden. Letztere werden durch das Abspeichern im Gerätespeicher ebenso auf einem „physischen“ Datenträger abgespeichert wie ein Buch auf einer CD-ROM. Beide Kategorien sind erst mit Hilfe einer Darstellungssoftware lesbar. Das Argument, dass im Fall von physischen Datenträgern eine Lieferung vorliegt, während bei einem Buchdownload eine Leistung gegeben sei, ist zwar juristisch nachvollziehbar, in der Umsetzung aber schwierig und wertungsmäßig unbefriedigend. Der Buchdownload an sich, das „virtuelle Buch“, entfaltet ohne ein zusätzliches Gerät keine Wirkung. Damit die Leistung auch tatsächlich vom Kunden unmittelbar konsumiert werden kann, ist ebenfalls ein physisches Hilfsobjekt notwendig, auf dem die Darstellungssoftware laufen kann. Folglich ist die Leistung einer Lieferung angenähert: Ohne ein zusätzliches Gerät wäre sie wirkungslos.241 Downloadbare Bücher und Bücher auf Datenträgern sind daher meiner Ansicht nach qualitativ ebenbürtig. Ein durchschnittlicher Verbraucher kann keinen qualitativen Unterschied zwischen einem Hörbuch auf einem verkörperten Werkträger und einem downloadbaren Hörbuch feststellen. Beide müssen m. E. identisch besteuert werden können, d. h. es muss den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen werden, ob sie einen einheitlichen Steuersatz oder eine Kombination aus ermäßigtem Steuersatz für Druckerzeugnisse und Regelsteuersatz für sämtliche nichtpapierhaften Produkte einführen möchten. Eine weitere Differenzierung in Werke auf Datenträger und downloadbare Werke ist nicht gerechtfertigt. Um dieses Ergebnis zu erreichen, sollte Anhang III der MWStSystRL erweitert werden um downloadbare Druckerzeugnisse.

ersatzes, hin zu einem durchgehenden Regelsteuersatz, ist daher verlockend. Zu bedenken ist jedoch, dass die Einführung eines Einheitssteuersatzes vor allem einkommensschwache Haushalte treffen würde, weil sie proportional betrachtet einen höheren Anteil ihres Gesamteinkommens für ermäßigte Grundnahrungsmittel ausgeben. Ergänzt werden müsste ein Einheitssteuersatz daher durch soziale Komponenten, die den Verlust der ermäßigten Tatbestände abfedern könnten. Mit einer Reform der ermäßigten Steuersätze setzen sich Ismer/Kaul/Pfeifer/ Riemer auseinander; DStR 2012, 682. 241 Richtig ist, dass downloadbare Daten keine „Sache“ i.S.d. § 90 BGB darstellen. Folglich mangelt es an der sachenrechtlichen Übertragung der Verfügungsmacht an einem körperlichen Gegenstand und einem klassischen „Eigentumserwerb“ an den Daten. Siehe zur Anwendbarkeit von Kaufrecht auf downloadbare Hörbücher und E-Books u. a. das Urteil des LG Bielefeld vom 5. 3. 2013, Az. 4 O 191/11, S. 9, Abschnitt c); ZUM 2013, 688.

102

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

c) Fazit Steuersatz Internetbasierte Dienstleistungen unterliegen je nach Fallkonstellation entweder dem Regelsteuersatz oder dem ermäßigten Steuersatz. Auf elektronische Dienstleistungen findet der Regelsteuersatz Anwendung. Damit ist ein Großteil der Leistungen von Onlineakteuren (Host- und ApplicationService-Provider, Plattform- und Cloudanbieter) mit 19 % zu besteuern. App-Entwickler erbringen gerade keine elektronischen, sondern grundständige (internetbasierte) Dienstleistungen, weil ihre Arbeit nicht automatisiert erfolgen kann. Vertreiben App-Entwickler eigenhändig von ihnen selbst entworfene Individual-Apps, kommt der ermäßigte Steuersatz zum Zug. Das vollumfängliche Nutzungsrecht an der jeweiligen App wird mitübertragen. In der Vertragsbeziehung App-Entwickler – App-Store greift ebenfalls der ermäßigte Steuersatz. Wiederum werden sämtliche Urheberrechte mit übertragen, § 69c S. 1 Nr. 1 – 3 UrhG. Zugangs- und Netzanbieter sowie Inhalteanbieter erbringen ebenfalls internetbasierte, aber keine elektronischen Dienstleistungen. Zugangs- und Netzanbieter erbringen sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, die ebenfalls dem Regelsteuersatz unterliegen. Im Fall von Inhalteanbietern ist zu differenzieren, ob im Rahmen des Onlinevertriebs „nur“ Nutzungsrechte an den Inhalten auf den Dienstleistungsempfänger übertragen werden, was den Standardfall darstellt, oder auch Verwertungsrechte. Gehen Verwertungsrechte über, ist der ermäßigte Steuersatz einschlägig, wird nur das Nutzungsrecht übertragen, ist der Regelsteuersatz anwendbar. Nach diesem Schema verläuft auch die Steuersatzfindung bei E-Pictures. Je nachdem ob Urheberrechte mitübertragen werden, ist der ermäßigte Steuersatz einschlägig oder nicht. Im Fall eines Gesamtverkaufspreises für ein Print- und Digitalabonnement von z. B. einer Tageszeitung liegen zwei eigenständige Hauptleistungen vor. Das bedeutet, dass die Printausgabe mit 7 % Umsatzsteuer belastet ist, während für die digitale Ausgabe 19 % abzuführen sind. Auf Bücher, die auf einem Datenträger abgespeichert sind, fallen in Deutschland 19 % USt an. Nach Ansicht des EuGH können unterschiedliche Steuersätze für gedruckte Bücher und solche auf Datenträgern gerechtfertigt sein, wenn die Kaufentscheidung im jeweiligen Mitgliedstaat bewusst anhand der unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten der beiden Produktkategorien getroffen wird. Downloadbare Bücher unterfallen hingegen nach aktuellem Stand immer dem Regelsteuersatz. Zum einen liege eine elektronische Dienstleistung vor, zum anderen fehle die Verkörperung des Buches durch einen physischen Träger, was die Annäherung an die ermäßigte Lieferung eines Buches unterbinde.

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

103

6. Bemessungsgrundlage, § 10 UStG a) Entgelt Es ist zu klären, wie sich das Entgelt der verschiedenen Onlineakteure zusammensetzt, um die Bemessungsgrundlage für die Finanzbehörden zu erhalten. Als Entgelt wird grundsätzlich der in einer Rechnung oder Gutschrift ausgewiesene Nettobetrag bezeichnet. Entscheidend für die Charakterisierung als Entgelt ist das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhanges zwischen der erbrachten Leistung und der empfangenen Gegenleistung; nicht nötig ist aber ein innerer, synallagmatischer Zusammenhang.242 Nach nationalem Recht (§ 10 UStG) orientiert sich die Höhe des Entgelts an den Aufwendungen des Leistungsempfängers für den Erhalt der Leistung. Unionsrechtlich ist Art. 73 MWStSystRL einschlägig. Demnach gehört zur Bemessungsgrundlage „alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende vom Abnehmer oder einem Dritten erhält“.243 Trotz des unterschiedlichen Ansatzes der beiden Vorschriften schließen sie sich gegenseitig nicht aus, sondern führen zum gleichen Ergebnis: Der Leistende erhält das, was der Leistungsempfänger aufwendet.244 Bemessungsgrundlage im Fall von Internetserviceprovidern, Host- und Application-Service-Providern, App-Entwicklern sowie Cloudanbietern ist daher der Nettobetrag für die jeweilige Dienstleistung, der auf der Kundenrechnung ausgewiesen wird. Plattformbetreiber treten nur mit ihren Werbekunden und/oder den Kunden, die sich im Rahmen eines Freemium-Modells für eine kostenpflichtige Leistung entschieden haben,245 in eine umsatzsteuerbare Leistungsbeziehung. Maßgebend für die Bemessungsgrundlage ist mithin das Entgelt für das zur Verfügung stellen des Werbeplatzes bzw. der Dienstleistung, die über die Plattform angeboten wird. App-Stores vertreiben sowohl eigene als auch gegen Provision von Dritten entwickelte Apps. Bemessungsgrundlage ist bei eigenen Apps das auf der Homepage ausgewiesene Entgelt, bei fremdentwickelten Apps die Höhe der Nettoprovision. Zu beachten ist der Unterschied zwischen der Bemessungsgrundlage „Entgelt“ im UStG und dem bürgerlich-rechtlichen „Preis“, der i. d. R. eine etwaige Umsatzsteuer einschließt.246

242 243 244 245 246

Siehe u. a. BFH-Urteil vom 9. 11. 2006, V R 9/04, DStRE 2007, 489. So Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 10 UStG, Rdnr. 4. Vgl. Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 10 UStG, Rdnr. 4. Näheres zum Freemium-Modell in Kapitel 1, unter II. 1. d). So Treiber, in: Sölch/ Ringleb (Hrsg.), Stand 2017, § 10 UStG, Rdnr. 17.

104

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

b) Rechnungen Internetbasierte Dienstleister versenden für gewöhnlich keine Papierrechnungen sondern elektronische Rechnungen. Ihre rechtlichen Voraussetzungen sind größtenteils identisch mit den Anforderungen, die an Papierrechnungen gestellt werden. Sie stehen jedoch unter dem Vorbehalt, dass ihre Empfänger der elektronischen Übermittlung zumindest formfrei zustimmen, § 14 Abs. 1 S. 7 UStG. Die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen auch im Fall elektronischer Rechnungen gewährleistet sein, Art. 233 Abs. 1 MWStSystRL, § 14 Abs. 1 S. 2 UStG.247 Zu ihrer Bestätigung kommt die Einsetzung eines wirksamen innerbetrieblichen Kontrollverfahrens, oder aber die Verwendung einer digitalen Signatur oder des elektronischen Datenaustauschs EDI (electronic data interchange) in Frage, § 14 Abs. 3 Nr. 1 und 2 UStG. An elektronischen Formaten kommen für elektronische Rechnungen E-Mails, ihre Bereitstellung auf einem Internetportal zum Webdownload, Computerfaxe sowie Faxserver oder aber EDI in Frage.248 Zulässig ist auch, dass Signatur-Dienstleister die Erstellung und Versendung signierter elektronischer Rechnungen für leistende Unternehmen übernehmen.249

7. Steuerentstehung, § 13 UStG Es bestehen keine internetspezifischen Besonderheiten für die Frage, wann der Steueranspruch des Steuergläubigers entsteht. Grundsätzlich gelten Dienstleistungen im Zeitpunkt ihrer Vollendung als ausgeführt,250 d. h., sobald der Unternehmer alle zum Erbringen der Leistung erforderlichen Handlungen ausgeführt hat, die Leistung mithin in vollem Umfang bewirkt ist.251 Für einen Dienstleister, der z. B. digitale Signaturen vertreibt, bedeutet dies, dass die digitalen Signaturen so in den Machtbereich seiner Kunden gelangen müssen, dass diese die Signaturen problemlos verwenden können. Im Regelfall der Sollbesteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1a, 16 Abs. 1 UStG ist die Umsatzsteuer abzuführen, sobald die Dienstleistung ausgeführt wurde und der zugehörige Voranmeldungszeitraum abgelaufen ist.252 Bei der Ist-Besteuerung gem. § 20 UStG entsteht die Steuer in dem Voranmeldungszeitraum, in dem der Unternehmer die Entgelte vereinnahmt hat. Die Voranmeldungszeiträume sind nach der 247

Vgl. Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 14 UStG, Rdnr. 38. So Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 14 UStG, Rdnr. 39. 249 Siehe Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 14 UStG, Rdnr. 53. 250 Siehe Abschn. 13.1 Abs. 3 UStAE vom 1. 10. 2010, BStBl. I 2010, S. 846. 251 Vgl. Weimann, in: Weimann/Lang (Hrsg.), Umsatzsteuer national und international, § 3 UStG, S. 272. 252 Siehe Leonard, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz,, § 13 UStG, Rdnr. 11. 248

II. Umsatzsteuerbarkeit internetbasierter Dienstleistungen

105

Umsatzsteuerschuld des Vorjahres gestaffelt. Grundfall ist das Kalendervierteljahr, aber auch monatliche oder jährliche Voranmeldezeiträume sind vorgesehen, § 18 Abs. 2 UStG.

8. Steuerschuldnerschaft und Vorsteuerabzug im grenzüberschreitenden Fall, §§ 15, 13a, 13b UStG In B2B-Fällen, die sich auf das Gemeinschaftsgebiet erstrecken, greift das Reverse-Charge-Verfahren nach Art. 44, 196 MWStSystRL, national geregelt in den §§ 1 Abs. 1 Nr. 5, 13a Abs. 1 Nr. 2, 13b Abs. 1 UStG.253 Mithin schuldet die Umsatzsteuer der empfangende Unternehmer. Er erhält von dem Leistungserbringer eine Nettorechnung, anhand derer er die Umsatzsteuer nach den für ihn geltenden nationalen Vorschriften berechnet und an seinen nationalen Fiskus abführt. Grundsätzlich ist er zum Vorsteuerabzug im selben Umfang berechtigt, vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG. Im europaweiten B2C-Bereich liegt der Ort der Leistung seit dem 1. 1. 2015 beim nichtunternehmerischen Kunden, der elektronische Dienstleister bleibt jedoch Steuerschuldner.254 Er kann die Umsatzsteuerschuld z. B. mit Hilfe der einzigen kleinen Anlaufstelle (keA) in seinem Ansässigkeitsort abführen, von wo aus die Steuer an die Mitgliedstaaten der jeweiligen Leistungsorte verteilt wird, vgl. § 18 h UStG.255 Erbringt ein deutscher Unternehmer elektronische Dienstleistungen in einen Drittstaat, muss das Recht des Drittlands separat mit Blick auf eine generelle Umsatzsteuerpflicht, einen Ausweis der Umsatzsteuer auf der Rechnung, die Anwendbarkeit des Reverse Charge Verfahrens etc. geprüft werden. Elektronische Dienstleistungen eines im Drittland ansässigen Unternehmers sind sowohl im B2Bals auch im B2C-Fall in Deutschland zu besteuern, Art. 44 bzw. 58 MWStSystRL, national §§ 3a Abs. 6, 13b Abs. 2 Nr. 1., 18 Abs. 4c UStG. Steuerschuldner ist aufgrund der Steuerschuldumkehr im B2B-Fall der Leistungsempfänger, Art. 196 MWStSystRL, im B2C-Bereich bleibt sie jedoch bei dem Leistungserbringer, Art. 193 MWStSystRL, der sich wiederum für die keA registrieren kann.

253 Mit Änderungsrichtlinie 2008/8/EG vom 12. 2. 2008, ABl. 2008, L 44, S. 11. wurde die zwingende Verlagerung der Steuerschuldnerschaft bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen in Art. 44 MWStSystRL eingeführt. 254 Siehe DVO (EU) Nr. 1012/2013 des Rates vom 7. 10. 2013, ABl. 2013, L 284, S. 1, Erwägungsgrund 6. 255 Genauer siehe Kapitel 2 II. 4. e) cc).

106

2. Kap.: Indirekte Besteuerung

III. Fazit und Ausblick zur Umsatzsteuerbarkeit digitaler Dienstleistungen Die große „Unbekannte“ im Bereich der Umsatzsteuer ist nach wie vor die Neuregelung von § 3a V UStG zum 1. 1. 2015. Mit ihr wurde für die Umsatzbesteuerung in B2C-Fällen auf das Empfängerort- bzw. Bestimmungslandprinzip umgestellt. Auslöser für die Neuregelung waren die erheblichen Wettbewerbsverzerrungen aufgrund des Steuersatzgefälles innerhalb der EU. Große Unternehmen wie z. B. Amazon waren bewusst in Luxemburg ansässig, um von dort aus ihre elektronischen Dienstleistungen mit 3 % besteuern zu können.256 Durch die Einführung des Empfängerortprinzips ist dieses Vorgehen nicht mehr möglich.257 Die Neuregelung muss sich in der Praxis jedoch weiterhin beweisen.258 Die Einführung der kleinen einzigen Anlaufstelle (keA)259 hilft dem einzelnen Unternehmer zwar grundsätzlich, seinen Pflichten aus dem Besteuerungsverfahren nachzukommen. Vorgeschaltet ist jedoch die Notwendigkeit, dass die Unternehmer die Ansässigkeit ihrer Leistungsempfänger bestimmen können müssen.260 Genau dieser Punkt wird sich jedoch auf nicht absehbare Zeit als technisch schwierig erweisen. Technische Möglichkeiten und juristische Notwendigkeiten driften hier auseinander. Dennoch zeigt die Neuregelung, dass auch große Richtungswechsel realisierbar sind, wie das Umstellen vom Ursprungslandprinzip auf das Empfängerortprinzip, und dass Wettbewerbsverzerrungen auch von Seiten der EU nicht einfach hingenommen, sondern unterbunden werden sollen. Auch die OECD sieht im B2C-Bereich das Empfängerortprinzip als dem Ursprungsland überlegen an.261 Voraussetzung ist jedoch, dass die Umsatzsteueransprüche des Verbrauchsstaats durchgesetzt werden können. Andernfalls würden die inländischen Anbieter konkurrierender Dienstleistungen, die der USt-Pflicht unterliegen, durch gebietsfremde Anbieter unter Wettbewerbsdruck gesetzt. Die OECD

256 Siehe Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 3a UStG, Rdnr. 115; sowie Korn, IStR 2012, S. 707, 709. 257 Eine Alternative zum Empfängerortprinzip ist auch der im US-Kongress seit 2013 anhängige „Marketplace Fairness Act“. Dieser Gesetzentwurf sieht vor, dass die Bundesstaaten von Internethändlern verlangen können, Umsatzsteuer zu erheben und abzuführen, selbst wenn sie keine physische Präsenz in dem jeweiligen Bundesstaat haben. 258 Erfahrungswerte liegen bislang noch nicht vor. Gerade für Kleinunternehmer, auf deren inländische Umsätze gem. § 19 Abs. 1 UStG keine Steuer erhoben wird, bedeutet die Neuregelung Mehrarbeit. Zwar können sie die kleine einzige Anlaufstelle nutzen, sie müssen jedoch in allen grenzüberschreitenden Fällen den jeweiligen Umsatzsteuersatz des Bestimmungslandes in Rechnung stellen. 259 Auch Mini-One-Stop-Shop (MOSS) genannt. 260 In diesem Sinne auch Korn, in: Bunjes, Umsatzsteuergesetz, § 3a UStG, Rdnr. 115. 261 Vgl. OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Arbeitsergebnis 2014, S. 122, Tz. 319.

III. Umsatzsteuerbarkeit digitaler Dienstleistungen

107

macht sich daher ebenfalls stark für eine Pflicht für gebietsfremde Anbieter zur Registrierung, Erhebung und Abführung der Steuer.262 Abschließend lässt sich sagen, dass mit der allseitigen Bevorzugung des Empfängerorts als grundsätzlichem Besteuerungsort für internetbasierte Dienstleistungen eine gute Entscheidung getroffen wurde. Sie entspricht dem Charakter der Umsatzsteuer als Verbrauchssteuer und ordnet damit das Steuersubstrat dem Staat zu, in dem sich der Mehrwert der Dienstleistung manifestiert.

262 Vgl. OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Arbeitsergebnis 2014, S. 122, Tz. 319.

3. Kapitel

Direkte Besteuerung – Ertragsteuerrechtliche Behandlung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen Unter einer Online-Transaktion im ertragsteuerlichen Sinne wird grundsätzlich jede Art von Austausch von Waren oder Dienstleistungen verstanden, die durch eine räumliche Trennung zwischen dem Ort einer Handlung und ihrem Auswirkungsort gekennzeichnet ist und bei der eine Informationsübertragung über ein elektronisches Medium erfolgt.1 Bedingt durch das oft auch grenzüberschreitende Auseinanderfallen von Handlungs- und Auswirkungsort ist in der Ertragsteuer vor allem nach dem passenden Besteuerungsort zu fragen. Diese Kernfrage verzweigt sich in viele Teilaspekte, weshalb im Inboundbereich als Anknüpfungspunkt für potentielle Besteuerungsorte schwerpunktmäßig Betriebsstätten inklusive ihrer möglichen virtuellen Erscheinungsformen untersucht werden. Eine große Rolle spielen im Softwarebereich auch Einkünfte aus Lizenzrechten (beides unter II.). Die Outboundgeschäfte von in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen werden kurz unter III. hinterfragt. Fragen rund um die Beschränkung nationaler Besteuerungsrechte durch DBA werden unter IV. behandelt. Eingegangen wird hier vor allem auf die im OECD-MK verankerten Einkunftsarten und ihre Anwendbarkeit auf internetbasierte Dienstleistungen sowie auf einzelne konkrete DBA und die Gewinnaufteilung zwischen Betriebsstätten und Stammhäusern nach dem OECD-MK und seiner Umsetzung in nationales Recht. Eingerahmt wird dieses Kapitel durch einen kurzen Überblick über die anzuwendenden Regelungsebenen und ein Fazit (I. und V.)

I. Regelungsebenen 1. Europäische Ebene Im Gegensatz zu den indirekten Steuern ist die Harmonisierung der direkten Steuern in der EU deutlich weniger fortgeschritten. Daher besteht noch stärker die Gefahr einer Doppelbesteuerung. Die Gründe für die nicht vorhandene Harmoni1 Ehrmann/von Wallis, in: Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 27, Rdnr. 115.

I. Regelungsebenen

109

sierung liegen insbesondere im Fehlen einer eindeutigen Regelungskompetenz der EU.2 Angesichts des Fehlens eines konkreten Harmonisierungsauftrages im AEUV kann nur auf allgemeine Regelungen zurückgegriffen werden. Für die direkten Steuern gelten das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 7 AEUV), sowie das Subsidiaritätsprinzip (Art. 325 AEUV).3 Als Harmonisierungsvorschrift kommt Art. 115 AEUVals Ausdruck des Subsidiaritätsprinzips in Frage, d. h. der Erlass von Richtlinien, die sich unmittelbar positiv auf das Errichten und Funktionieren des Gemeinsamen Binnenmarktes auswirken.4 Der EuGH wiederum überlässt es grundsätzlich dem Ermessen der beteiligten Mitgliedstaaten, ihre gegenseitigen Besteuerungsrechte durch Doppelbesteuerungsabkommen abzugrenzen, die sich zumeist am OECD-Musterabkommen orientieren.5 Dennoch können DBA-Vorschriften gegen europäisches Recht verstoßen. In der Rs. Lidl Belgium hat sich der EuGH z. B. für die Europarechtswidrigkeit einer Regelung zu Freistellung von Betriebsstättenverlusten ausgesprochen, obwohl diese DBA-konform war.6 Trotz ihres begrenzten Handlungsspielraums ist die EU gerade in Bezug auf eine faire Unternehmensbesteuerung aktiv und legt ein besonderes Augenmerk auf die digitale Wirtschaft. Am 17. 6. 2015 hat sie einen Aktionsplan zur Unternehmensbesteuerung verabschiedet. Der Aktionsplan zielt auf eine Reform des Besteuerungsrahmens für Unternehmen in der EU, um Steuermissbrauch zu bekämpfen, nachhaltige Einnahmen zu gewährleisten und ein besseres Geschäftsumfeld im Binnenmarkt zu unterstützen.7 Bereits am 28. 5. 2014 veröffentlichte eine von der Kommission eingesetzte Expertengruppe einen „Report on Taxation of the Digital Economy.“ Beide Papiere nehmen Bezug auf Maßnahmen der OECD und werden in Kapitel 4 kurz erläutert.

2

Schaumburg (Hrsg.), Internationales Steuerrecht, Rdnr. 3.58. Siehe Pichler, JURA 2013, 30, 30. 4 Beispielsweise die Fusionsrichtinie (RL 90/434/EWG vom 23. 7. 1990, ABl. 1990, L 225, S. 1), die Mutter-Tochter-Richtlinie (RL 90/435/EWG, ABl. 1990, L 225, S. 6) oder die Zinsrichtlinie (RL 2003/48 EWG, ABl. 2005, L 103, S. 41). 5 Vgl. EuGH-Urteil vom 12. 5. 1998, Rs. C-336/96, Eheleute Robert Gilly/Directeuer des services fiscaux du Bas-Rhin–, Rdnr. 24. So u. a. auch Frotscher, Internationales Steuerrecht, Rdnr. 55. 6 Vgl. EuGH-Urteil vom 15. 5. 2008, Rs. C-414/06, Lidl Belgium GmbH & Co. KG/FA Heilbronn, Rdnr. 54. 7 Vgl. https://ec.europa.eu/taxation_customs/fight-against-tax-fraud-tax-evasion_de, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 3

110

3. Kap.: Direkte Besteuerung

2. Internationale Ebene, insbesondere OECD Musterabkommen Doppelbesteuerungen können durch den Abschluss internationaler Verträge zwischen einzelnen Staaten vermieden werden. Dabei regeln die Vertragspartner durch Verteilungs- bzw. Verzichtsnormen, wie die Besteuerung durchzuführen ist, wenn sich die Steueransprüche der beteiligten Staaten überschneiden.8 Auf bilateraler Ebene kommt es damit zum Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen in Form von Doppelbesteuerungsabkommen. Diese orientieren sich größtenteils am OECDAbkommen über die Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, das 1963 zum ersten Mal verfasst und 1977 grundlegend überarbeitet wurde. Seitdem fanden und finden regelmäßig Anpassungen statt. Die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, des „E-Commerce“, erlebte einen ersten Höhepunkt öffentlichen Interesses Ende der 90er Jahre, als erstmals auf OECD-Ebene über die Besonderheiten der Netzwirtschaft diskutiert und grundlegende Weichen gestellt wurden. Auf einer Ministerkonferenz in Ottawa einigte man sich 1998 auf den nach wie vor gültigen Grundsatz der steuerlichen Neutralität: E-Commerce und herkömmliche Geschäftsformen sollen steuerlich gleich behandelt werden.9 Nach einer verhältnismäßig langen Phase der Nichtbeachtung des Themas in Gesetzgebung und Schrifttum nahm sich die OECD im Jahr 2008 der Dienstleistungsbetriebsstätten an, die zumindest vordergründig Lösungen für das Themenfeld internetbasierter Dienstleistungen anbieten. Da sich eine internationale Konsensfindung schwierig gestaltete, entschied man sich, Dienstleistungsbetriebsstätten nicht explizit in das OECD-Musterabkommen aufzunehmen. Eingang fanden sie lediglich in der Kommentierung zu Art. 5 als „update“. Die zugrundeliegenden Fallstricke der „digital economy“ konnten damit in keiner Weise gelöst werden. Vielmehr nutzten die inzwischen zu „Global Playern“ herangewachsenen Unternehmen der digitalen Wirtschaft die Gunst der Nichtregulierung und erarbeiteten sich Steuersparmodelle, u. a. durch die Verlagerung ihrer Gewinne. Dies brachte das Thema im Jahr 2013 wieder zurück in das allgemeine Bewusstsein. Im Juli 2013 billigten die Finanzminister und Notenbankgouverneure der G-20-Länder einen OECD-Aktionsplan gegen Gewinnverkürzungen und Gewinnverlagerungen multinational tätiger Unternehmen („BEPS-Project“).10 Um globale Steuervermeidungsstrategien einzudämmen, wurden 15 Handlungsfelder identifiziert, unter anderem als „Action 1“ die Herausforderungen der digitalen Wirtschaft. Die in Art. 5 OECD-MA normierte Betriebsstätte wird im Zuge des BEPS-Projekts überarbeitet und die Besonderheiten der digitalen Wirtschaft sollen dabei berücksichtigt werden. 8

Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 37. Siehe dazu OECD (Hrsg.), Electronic Commerce: Taxation Framework Conditions, sowie u. a. Portner, Ertragsteuerliche Aspekte des E-Commerce, S. 20. 10 Base Erosion and Profit Shifting Projekt der OECD und G 20-Länder. Alle bisher erschienenen Reports sind abrufbar unter www.oecd.org/tax/beps-reports.htm, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 9

II. Inboundgeschäfte

111

3. Nationale Vorschriften und Fokus der Arbeit Im Bereich der Ertragsteuer spielen vor allem das nationale Recht sowie das OECD-Musterabkommen und die weiteren Vorschläge der OECD zum Umgang mit der digitalen Wirtschaft eine Rolle. Nationales deutsches Recht sowie das OECD-Musterabkommen werden daher im Folgenden gleichrangig analysiert. Für die Frage der Besteuerung internetbasierter Dienstleistungen ist daher in einem ersten Schritt das nationale Recht für Inbound- (II.) und Outboundgeschäfte (III.) zu klären, und in einem weiteren Schritt, ob zwischen den betroffenen Staaten ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen wurde, das die nationalen Besteuerungsrechte einschränkt (IV.) In Deutschland gelten für die digitale Wirtschaft (bislang) keine ertragsteuerrechtlichen Sonderregelungen. Für den Inboundfall, mithin nicht in Deutschland ansässige internetbasierte Dienstleister, die hier Einkünfte erzielen, stellt sich damit die Frage, ob sie die inländischen Anknüpfungsmerkmale erfüllen, die im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nach §§ 1 Abs. 4, 49 EStG, 1 KStG festgelegt wurden.11 Es ist zu klären, ob die Dienstleister in Deutschland eine Betriebsstätte unterhalten und damit Einkünfte erzielen bzw. ob sie betriebsstättenlose Einkünfte generieren (II.1 – 5.). Ist die Einkünfteerzielung zu bejahen, unterliegen sie im Fall betriebsstättenloser Einkünfte dem Abzugsverfahren nach § 50a EStG, das sowohl für die Dienstleister als auch für die Dienstleistungsempfänger einige Tücken bereithält (II. 6.) Für den Outboundfall ist u. a. zu prüfen, ob die Begründung einer Tochtergesellschaft oder einer Betriebsstätte im Ausland vorzugswürdig ist (III.). Haben die beteiligten Staaten ein DBA abgeschlossen, sind dessen individuelle Besonderheiten zu berücksichtigen (IV.).

II. Inboundgeschäfte: Inlandsgewinne von in Deutschland beschränkt Steuerpflichtigen § 49 EStG führt zahlreiche Möglichkeiten für eine potentielle beschränkte Steuerpflicht ausländischer internetbasierter Dienstleister im Inland auf.12

11

Jede der sieben Einkunftsarten findet in § 49 EStG eine Entsprechung durch sog. inländische Anknüpfungsmerkmale. Diese sind im Laufe der Jahre allerdings immer ausdifferenzierter und unübersichtlicher geworden, vgl. Lüdicke, Beihefter zu DStR 2008, 25, 26. 12 Vgl. hierzu auch Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnr. 4.

112

3. Kap.: Direkte Besteuerung

Sie können neben Einkünften aus der Vermietung oder Veräußerung von (Lizenz-) Rechten (§ 49 I Nr. 2 f), Nr. 6 EStG) auch Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder sonstige Einkünfte (§ 49 I Nr. 3, 9 EStG) erzielen.13 Ertragsteuerlich am umfassendsten abgedeckt werden gewerbliche Einkünfte aus internetbasierten Dienstleistungen jedoch, sobald eine Betriebsstätte im Inland begründet oder aber ein ständiger Vertreter eingesetzt wird, § 49 Abs. 1 Nr. 2 a) EStG.

1. Gewerbeeinkünfte aus Betriebsstätten oder über Ständige Vertreter Im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht bestehen inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 a) EStG, sobald die Grundvoraussetzungen für einen Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 2 EStG erfüllt sind und zusätzlich eine Betriebsstätte besteht oder ein ständiger Vertreter eingeschaltet wird.14 a) Onlineakteure als Gewerbetreibende Ein Gewerbebetrieb bzw. gewerbliche Einkünfte setzen voraus, dass die zugehörige Tätigkeit selbständig, nachhaltig, mit Gewinnerzielungsabsicht und unter Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr betrieben wird.15 Zusätzlich dürfen bestimmte negative Abgrenzungsmerkmale nicht erfüllt sein. Eine beschränkte Steuerpflicht aus Gewerbebetrieb kommt z. B. nicht in Frage bei einer sonstigen selbständigen Arbeit, wie z. B. einem der freien Berufe, oder aber bei privater Vermögensverwaltung. Diese Tätigkeiten werden anderweitig erfasst, u. a. gem. § 18 EStG als Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit von App-Entwicklern und Inhalteanbietern über § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Als Gewerbetreibende in Frage kommen Zugangs- und Netzbetreiber, Host und Application-Service-Provider, Cloudanbieter, App-Entwickler, App-Stores, Plattformbetreiber sowie Inhalteanbieter. Sie erbringen ihre Dienstleistungen selbständig, d. h. auf eigene Rechnung und Gefahr. Sie handeln nachhaltig, mit Wiederholungsabsicht und ihr Ziel ist es zumindest auch, ihr Betriebsvermögen zu vermehren.16 Sie erzielen mithin Gewerbeeinkünfte.

13 Siehe zur nationalen und internationalen Einkünftezurechnung Spatschek, Steuern im Internet, S. 19. 14 Siehe zu den Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs u. a. Golombek, in: Beck‘sches Steuer- und Finanzlexikon, Stand 2015, Gewerbebetrieb, Rdnr. 3 f. 15 Vgl. u. a. Bode, in: Blümich/Heuermann (Hrsg.), Stand 2016, § 15 EStG, Rdnr. 13. 16 Siehe Bode, in: Blümich/Heuermann (Hrsg.), Stand 2016, § 15 EStG, Rdnrn. 19 f., 31 f. und 36 f.

II. Inboundgeschäfte

113

b) Traditionelle Betriebsstätten Das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus grenzüberschreitend erbrachten Dienstleistungen liegt, genau wie bei anderen Geschäftstätigkeiten, grundsätzlich beim Wohnsitzstaat, es sei denn, im Tätigkeitsstaat besteht eine Betriebsstätte, § 49 Abs. 1 Nr. 2a) EStG, Art. 7 Abs. 1 OECD-MA 2010.17 Zu klären ist, ob gewerbetreibende Onlineakteure ihre internetbasierten Dienstleistungen mit Hilfe traditioneller Betriebsstätten realisieren. Die Betriebsstätten-Definition wurde in einem Zeitalter entwickelt, in dem die Tätigkeitsfelder von Unternehmen weniger mobil und stärker an einem Standort zentralisiert waren. Erst sobald die geschäftlichen Beziehungen eines Unternehmens zum jeweiligen Territorium eine gewisse Intensität, eine „Verwurzelung“ erreichten, durfte der Quellenstaat von seiner Besteuerungsmöglichkeit Gebrauch machen.18 An dieser Grundaussage hat sich bis heute nichts geändert. Betriebsstätten sollen weiterhin als Hilfsmittel und Schwelle dienen, um festzulegen, wann ein Vertragsstaat berechtigt sein soll, die Gewinne eines ausländischen Unternehmens zu besteuern.19 Bedingt durch die Mobilität internetbasierter Dienstleistungen ist das Bestimmen dieser Schwelle jedoch schwierig bis unmöglich geworden. Eine beschränkte Steuerpflicht internetbasierter Dienstleister kann mithin nur vorliegen, wenn diese ausreichende Anknüpfungsmerkmale im anderen Staat verwirklichen, sie mithin einen sogenannten „Nexus“ aufbauen. Primäres Anknüpfungsmerkmal im Bereich materieller Güter sind regelmäßig „klassische“ Betriebsstätten, z. B. in Form eines Warenlagers. Ein Äquivalent hierzu für Dienstleistungen gibt es bislang nicht. Ein Blick in die Historie von Betriebsstätten zeigt, weshalb Dienstleistungen in der Betriebsstättendefinition bislang nicht berücksichtigt wurden. aa) Historie der traditionellen Betriebsstätte Auslöser für das Erscheinen von Betriebsstätten sowohl auf der nationalen als auch auf der internationalen Bildfläche war das dauerhafte Konfliktpotential der Doppelbesteuerung, das bis heute nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat.20 In einem kurzen Abriss zur chronologischen Entwicklung der Betriebsstätte soll aufgezeigt werden, dass Betriebsstätten seit jeher ein Spielball der Dichotomie von Besteuerung im Quellenstaat und Besteuerung im Ansässigkeitsstaat waren.21 Auch soll deutlich gemacht werden, dass das Kernkonzept einer Betriebsstätte angelegt

17 18 19 20 21

Siehe auch OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.11. Anstatt vieler Bendlinger, SWI 2006, 358, 358. OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 1; vgl. auch Reimer, IStR 2009, 378, 378. So z. B. Huston/Williams, Permanent Establishments: A Planning Primer, S. 2. Grundlegend hierzu Lehner/Reimer, IStR 2005, 542.

114

3. Kap.: Direkte Besteuerung

war auf den Handel mit Waren und nicht auf den Vertrieb von Dienstleistungen.22 In einem nächsten Schritt soll ihr verbleibender Anwendungsbereich für internetbasierte Dienstleister aufgezeigt und abgesteckt werden. (1) Die nationalen Anfänge des Betriebsstättenkonzepts von ca. 1845 bis 1909 Der Begriff „Betriebsstätte“ hatte ursprünglich keine steuerrechtliche Bedeutung.23 Verwendet wurde er vielmehr zunächst ab 1845 in der Allgemeinen Gewerbeordnung Preußens sowie der wirtschaftsrechtlichen Gesetzgebung des Norddeutschen Bundes24 und später des Deutschen Reichs25. Der Begriff sollte einen Ort zur Durchführung von Geschäftsaktivitäten beschreiben. Ab ca. 1850 erfuhr der Begriff in Preußen auch eine steuerrechtliche Bedeutung.26 Verhindert werden sollte die Doppelbesteuerung zwischen den Städten und Gemeinden in Preußen.27 Steuern sollten nur mehr in der Gemeinde erhoben werden, in der sich das „stehende Gewerbe“ befand, auch wenn der Eigentümer in einer anderen Gemeinde lebte. Eingegrenzt wurde der Ausdruck 1869 mit dem Steuerabkommen zwischen Preußen und Sachsen, das für eine potentielle Steuererhebung vorsah, dass das Unternehmen für sein stehendes Gewerbe „gewerbliche oder Handelsanlagen“ nutzte.28 Im Wege richterlicher Übung wurde der Begriff weiter präzisiert. Ein stehender Betrieb setzte einen festen physikalischen Ort in dem anderen Staat voraus, sowie die Absicht des Unternehmens, an diesem Ort weiterhin geschäftlich tätig zu sein. Mithin lag gerade durch die Bedingung einer objektiven Präsenz vor Ort eine Beschränkung der vollumfänglichen Quellenstaatsbesteuerung vor.29 Eine allgemeingültige nationale Betriebsstättendefinition existiert seit der Verabschiedung des Deutschen Doppelbesteuerungsabkommens aus dem Jahr 1909, das die Beseitigung der Doppelbesteuerung zwischen den deutschen Teilstaaten zum Ziel hatte.30 Art. 3 Abs. 2 Doppelbesteuerungsgesetz lautete: „Betriebsstätte im Sinne dieses Gesetzes ist jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung des Betriebs eines stehenden Gewerbes dient. Außer dem Hauptsitz eines Betriebs gelten hiernach als Betriebsstätten: Zweigniederlassungen, Fabrikationsstätten, Ein- und Verkaufsstellen, Niederlagen, Kontore und sonstige zur Ausübung des Gewerbes 22 Einen ausführlichen Überblick zur Geschichte der Betriebsstätte gibt z. B. Skaar, Permanent Establishment: Erosion of a Tax Treaty Principle, S. 75 ff. 23 So z. B. Huston/Williams, Permanent Establishments: A Planning Primer, S. 2. 24 Gegründet 1866, Vereinigung norddeutscher Staaten. 25 Name des deutschen Nationalstaates zwischen 1871 und 1945. 26 Vgl. Skaar, Permanent Establishment: Erosion of a Tax Treaty Principle, S. 72. 27 Vgl. u. a. Kroppen, IWB Gruppe 2, S. 1865 ff., 1866. 28 Siehe Skaar, Permanent Establishment: Erosion of a Tax Treaty Principle, S. 73. 29 So Skaar, Permanent Establishment: Erosion of a Tax Treaty Principle, S. 73. 30 Doppelsteuergesetz vom 22. 3. 1909, RGBl. 1909, 332; vgl. Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnr. 1.

II. Inboundgeschäfte

115

durch den Unternehmer selbst, dessen Geschäftsteilhaber, Prokuristen oder andere ständige Vertreter unterhaltene Geschäftseinrichtungen.“

Diese Definition blieb nahezu unverändert bis zum Inkrafttreten von § 12 AO im Jahr 1977.31 Der Betrieb eines stehenden Gewerbes zielt ausschließlich auf die Produktion oder den Vertrieb von Waren ab. Dienstleistungen spielten ausweislich des Wortlauts der Vorschrift keine Rolle. (2) Die internationalen Anfänge des Betriebsstättenkonzepts von ca. 1899 bis zum Ende des 2. Weltkriegs32 Eine in unserem heutigen Sinne erste steuerrechtliche Definition von Betriebsstätten findet sich in dem preußisch-österreichischen Doppelbesteuerungsvertrag vom 21. 6. 1899.33 Dieses Abkommen ließ Quellenbesteuerung in großem Umfang zu.34 Art. 2 Abs. 1 S. 2 zählte als potentielle Betriebsstätten bereits unter anderem Fabrikationsstätten, Kontore sowie Ein- oder Verkaufsstellen auf.35 Nach dem Ende des 1. Weltkriegs gewann die Eliminierung der Doppelbesteuerung an Bedeutung, da nachkriegsbedingt die Steuern angehoben werden mussten.36 Zentraler Diskussionspunkt war daher die Frage nach dem Besteuerungsort, sprich, ob Ansässigkeits- oder der Quellenstaat vorrangig besteuern dürfen. Die International Chamber of Commerce (ICC) plädierte in Sachen Besteuerungsort zunächst für eine Art „Mischbesteuerung“ – die Besteuerung sollte an der Quelle erfolgen, der Ansässigkeitsstaat jedoch das Recht erhalten, den Unterschied zwischen den bezahlten Steuern und den Steuern, die „zu Hause“ angefallen wären, für sich zu beanspruchen.37 Eine Expertengruppe des Völkerbundes sprach sich in den 1920er Jahren für ein grundsätzliches Ansässigkeitsprinzip aus. Ihr Hauptargument war, dass Unternehmen in fremden Staaten nicht erfolgreich besteuert, sondern nur vom Handel „ausgesperrt“ werden können. Im Laufe der nächsten Jahre schloss sich auch die ICC dem Ansässigkeitsprinzip an. Eine Expertengruppe des Völkerbundes wies jedoch 31 Vgl. Skaar, Permanent Establishment: Erosion of a Tax Treaty Principle, S. 74, dort Fn. 26. 32 Siehe z. B. auch Huston/Williams, Permanent Establishments: A Planning Primer, S. 3, der sich stark auf die sprachliche Auslegung der Abkommen stützt, um sich dem Betriebsstättenkonzept zu nähern. 33 Preußisch-deutsche Gesetzessammlung, 1806 – 1904, Bd. I, 2 (Reichs- und Staatsfinanzwesen, Kommunalabgaben), S. 591. 34 Vgl. Skaar, Permanent Establishment: Erosion of a Tax Treaty Principle, S. 75 f.; sowie Kroppen, IWB Fach 2, 1865 ff., 1866. 35 Siehe Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnr. 1. 36 Vgl. Skaar, Permanent Establishment: Erosion of a Tax Treaty Principle, Fn. 36. 37 Die ICC wurde 1919 von Unternehmensvertretern gegründet. Vgl. Skaar, Permanent Establishment: Erosion of a Tax Treaty Principle, S. 81, Fn. 67 für weitere Nachweise.

116

3. Kap.: Direkte Besteuerung

darauf hin, dass die bis dato abgeschlossenen Verträge die Quellenbesteuerung bei bestimmten Vermögenswerten unterstützten. Diese Verträge bildeten auch die Grundlage für später abgeschlossene Verträge sowie Musterabkommen. Der Konflikt zwischen Ansässigkeits- und Quellenstaatsprinzip konzentrierte sich daher auf die Besteuerungshoheit für bestimmte Einkommensgruppen. Einkommen aus gewerblichen Aktivitäten und Handel unterlagen mithin der Quellenbesteuerung, wenn das Unternehmen eine Zweigstelle, eine Agentur, eine Niederlassung eine feste Handelsoder gewerbliche Organisation oder einen ständigen Vertreter hatte. Das erste Musterabkommen des Völkerbundes datiert von 1927 und legte fest, dass die Besteuerung von Unternehmensgewinnen dem Quellenstaat zusteht, wenn das Unternehmen im anderen Land eine Betriebsstätte unterhält. Das Musterabkommen enthielt eine Aufzählung, was alles als Betriebsstätte zu qualifizieren ist. Hierzu zählten z. B. die Orte, an denen Managemententscheidungen getroffen wurden, genauso wie z. B. Tochtergesellschaften (die bereits 1928 wieder von der „Positivliste“ gestrichen wurden), Warenlager oder Fabriken. Die Weiterentwicklung des Betriebsstättenkonzepts war nun fast zwanzig Jahre lang den individuellen Doppelbesteuerungsabkommen und der Auslegung der Gerichte und Finanzbehörden überlassen. Der Völkerbund bemühte sich um eine grundsätzliche Angleichung der Abkommenspraxis und entwickelte u. a. zwei bilaterale Musterabkommen, 1943 das Musterabkommen von Mexiko für Lateinamerika und 1946 das Europäische Abkommen von London.38 Das Musterabkommen von Mexiko ist bemerkenswert, da es eine radikale Kehrtwende vornahm. Es verlegte sich auf die Quellenbesteuerung, in deren Rahmen Betriebsstätten ein Beispiel, aber kein Kriterium der Steuerhoheit darstellten.39 Die Besteuerungshoheit knüpfte an die Regelmäßigkeit und Fortdauer der Unternehmensaktivitäten an, und nicht an den Inhalt oder die örtlichen Begebenheiten der Unternehmensaktivitäten. Im Ansässigkeitsstaat wurden nach diesem Modell nur individuelle oder gelegentliche Geschäftsvorfälle besteuert. Diese „Kehrtwende“ ist zurückzuführen auf die Nationalität der Teilnehmer. Aufgrund des 2. Weltkriegs nahmen an der Konferenz vor allem Entwicklungsländer teil. Die Betriebsstätte als Voraussetzung der Besteuerung an der Quelle wurde jedoch mit dem Londoner Musterabkommen von 1946 wieder „rück-eingeführt“. Die beiden Musterabkommen des Völkerbundes dienten nachfolgenden Doppelbesteuerungsabkommen nur vereinzelt als Vorlage.40 Grund für die Skepsis, mit der die Musterabkommen angenommen wurden, war der Status des Völkerbundes als „Pionier“ in Steuersachen sowie die Heterogenität der Mitgliedstaaten.41 Dennoch darf ihr Einfluss nicht unterschätzt werden. Das Be-

38 39 40 41

Siehe hierzu auch Brähler, Internationales Steuerrecht, S. 96. Vgl. Skaar, Permanent Establishment: Erosion of a Tax Treaty Principle, S. 88. Vgl. Skaar, Permanent Establishment: Erosion of a Tax Treaty Principle, S. 95. Vgl. Skaar, Permanent Establishment: Erosion of a Tax Treaty Principle, S. 95.

II. Inboundgeschäfte

117

triebsstättenkonzept etablierte sich und wurde sowohl von den kontinentaleuropäischen Ländern als auch von den Ländern des Common Law akzeptiert.42 Eng verknüpft mit den Regeln für die allgemeine grenzüberschreitende Besteuerung ist die Auslegung des Betriebsstättenbegriffs.43 Zunächst wurden Betriebsstätten als Begrenzung der Quellenbesteuerung betrachtet. Der Grundtatbestand der Betriebsstätten war daher noch sehr offen formuliert und breit angelegt. Nach und nach wurde die Betriebsstättendefinition konkretisiert und eingeschränkt. So wurden z. B. Tochtergesellschaften, „affiliated und related companies“, aus der Betriebsstättendefinition in den Musterabkommen des Völkerbundes Anfang der 1930er Jahre herausgenommen. Diese Entwicklung wurde abgelöst von der Tendenz, den Betriebsstättenbegriff durch Fiktionen auszuweiten, wie z. B. erstmals für Baustellen in den 1930er Jahren. (3) Das Betriebsstättenkonzept von OECD und UN Auslöser für das Erfordernis einer Neubewertung der Frage Quellenstaatsbesteuerung versus Ansässigkeitsbesteuerung durch UN und OECD war u. a., dass im Jahr 1955 die ICC ihren bisherigen Standpunkt zu Gunsten der Quellenbesteuerung änderte.44 Als Gründe nannte sie den erschwerten Kapitalexport sowie die Tatsache, dass eine gänzliche Verhinderung der Doppelbesteuerung auch durch die Ansässigkeitsbesteuerung aufgrund unterschiedlicher Steuersysteme nicht möglich sei.45 Dennoch bestätigt das OECD-Musterabkommen von 1963, sowie seine Überarbeitung von 1977, das Ansässigkeitsprinzip und legte eine weitgehend akzeptierte Definition des Betriebsstättenkonzepts fest. Die UN veröffentlichte im Jahr 1980 ein Musterabkommen, das sich speziell auf die Probleme der noch zu entwickelnden Länder konzentriert. Abkommen, die seitdem mit Entwicklungsländern abgeschlossen wurden, und die sich an dem UN-Abkommen orientieren, neigen zu einer Besteuerung im Quellenstaat, um das wirtschaftliche Ungleichgewicht zu Ungunsten der Entwicklungsländer auszugleichen.46 Auch bei den Mitgliedsstaaten der OECD wurden in den 1970ern- und 80er Jahren einige Doppelbesteuerungsabkommen

42

Vgl. Skaar, Permanent Establishment: Erosion of a Tax Treaty Principle, S. 95. Siehe auch Skaar, Permanent Establishment: Erosion of a Tax Treaty Principle, S. 71: „The history of the PE clause in tax treaties is as long as the history of double taxation conventions itself.“ 44 Vgl. Skaar, Permanent Establishment: Erosion of a Tax Treaty Principle, S. 97. 45 Vgl. Skaar, Permanent Establishment: Erosion of a Tax Treaty Principle, S. 98. 46 Dem OECD-Modell liegt als Ausgangsthese ein ausgeglichener Wirtschaftsverkehr zwischen den beteiligten Staaten zugrunde. Eine grundsätzliche Begrenzung der Quellenbesteuerung ist damit sinnvoll. Bei Entwicklungsländern ist hingegen ein Ungleichgewicht zu ihren Ungunsten festzustellen, weshalb das UN-Modell das Quellenbesteuerungsrecht stärker anerkennt. Vgl. hierzu z. B. Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 5, 73; sowie Esterer, Festschrift Wassermeyer, Rdnr. 4 f. 43

118

3. Kap.: Direkte Besteuerung

abgeschlossen, die in den Fällen des Abbaus von Bodenschätzen eine Besteuerung im Quellenstaat zulassen.47 (4) Zusammenfassung Ausgangspunkt der allgemeinen grenzüberschreitenden Besteuerung war die Besteuerung im Quellenstaat. Insbesondere durch die Einflussnahme des Völkerbundes orientierte sich die grenzüberschreitende Besteuerung jedoch schnell an der Ansässigkeitsbesteuerung. Diese erweist sich vor allem für kapitalexportorientierte Staaten von Vorteil. Auch die OECD vertritt nach wie vor die Ansässigkeitsstaatsbesteuerung. Die Auslegung des Begriffs „Betriebsstätte“ ist abhängig von den jeweiligen politischen Notwendigkeiten. bb) Nationale und abkommensrechtliche Voraussetzungen der traditionellen Betriebsstättenbegründung § 12 AO enthält die grundlegende Definition des Betriebsstättenbegriffs für das inländische Steuerrecht, Art. 5 OECD-MA einen Vorschlag für eine mögliche Betriebsstättendefinition in den zahlreichen Doppelbesteuerungsabkommen. Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit sind grenzüberschreitende, internetbasierte Dienstleistungen. Deutschland hat zurzeit mit ca. 90 Staaten Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen abgeschlossen.48 Ein Großteil der hier untersuchten Dienstleistungen dürfte daher dem Anwendungsbereich eines DBA unterfallen. Ob und in welcher Höhe in den beteiligten Staaten Steuerpflicht besteht, regelt jedoch das jeweilige innerstaatliche Recht. Durch Doppelbesteuerungsabkommen werden weder nach innerstaatlichem Recht nicht bestehende Steueransprüche begründet, noch bestehende in ihrem Umfang erweitert oder in ihrer Art verändert.49 Sind die Voraussetzungen für eine Betriebsstättenbegründung nach nationalem Recht nicht gegeben, schafft ein weiterer Betriebsstättenbegriff des OECD-MA bzw. des gerade einschlägigen DBA kein konkurrierendes Besteuerungsrecht. Eine Ausweitung des Betriebsstättenbegriffs durch ein DBA würde leer laufen, soweit der Betriebsstättenbegriff über den Tatbestand des § 12 AO hinausgehen würde.50 Vielmehr braucht bei fehlender Steuer-

47

Vgl. Skaar, Permanent Establishment: Erosion of a Tax Treaty Principle, S. 100. Siehe BMF-Schreiben vom 19. 1. 2015, BStBl. I 2015, S. 128. Weltweit gibt es aktuell 193 Staaten, die Mitglied der Vereinten Nationen (UNO) sind. 49 Vogel, in: Vogel/Lehner (Hrsg.), Doppelbesteuerungsabkommen, Einleitung, Rdnr. 72. 50 Vgl. hierzu Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 68, Fn. 171, wonach z. B. gerade unechte Dienstleistungsbetriebsstätten in DBA mit Deutschland nicht berücksichtigt werden, weil sie im deutschen Recht keine Entsprechung haben, bzw. Deutschland gegen sie im OECD-MK Veto eingelegt hat. 48

II. Inboundgeschäfte

119

pflicht nach nationalem Recht die Anwendbarkeit eines Doppelbesteuerungsabkommens nicht mehr geprüft zu werden.51 Doppelbesteuerungsabkommen setzen mithin in einem ersten Schritt eine schon bestehende Steuerpflicht nach nationalem Recht voraus. Für die Beurteilung der nationalen Steuerpflicht nach § 49 EStG ist folglich allein auf die nationale Definition nach § 12 AO abzustellen.52 In einem zweiten Schritt regeln DBA, in welchem Umfang das Besteuerungsrecht den beteiligten Staaten zusteht.53 Eine Besteuerung kann folglich auch nur dann erfolgen, wenn das DBA dem jeweiligen Vertragsstaat die Besteuerungshoheit auch tatsächlich zuweist.54 Soweit ein DBA zur Anwendung kommt, ist für den abkommensrechtlichen Betriebsstättenbegriff die Abkommensdefinition als lex specialis zum innerstaatlichen Recht maßgebend, denn der Betriebsstättenbegriff gilt nur im Verhältnis zu dem Staat, mit dem das Abkommen geschlossen wurde.55 Daher ist es nicht möglich, für die Auslegung des internationalen Betriebsstättenbegriffs auf § 12 AO zurückzugreifen.56 Hieran hindern die unterschiedlichen Wortlaute im Abkommensrecht und im nationalen Recht.57 Das deutsche Besteuerungsrecht kann mithin auch aufgrund einer engeren Betriebsstättendefinition eines DBA eingeschränkt sein.58 Im Folgenden sollen die Voraussetzungen für die Begründung einer traditionellen Betriebsstätte anhand beider Regime aufgezeigt, und die jeweiligen Unterschiede herausgearbeitet werden.

51 Zum Verhältnis von nationalem Recht zum Recht der DBA siehe u. a. Rauch, in: Blümich/ Heuermann (Hrsg.), Stand 2016, § 1 EStG, Rdnr. 116 f. 52 Siehe u. a. Ehrmann/von Wallis, in: Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 27, Rdnr. 127. 53 Zu dem Verhältnis von Doppelbesteuerungsabkommen und nationalem Steuerrecht vgl. auch Musil, Deutsches Treaty Overriding und seine Vereinbarkeit mit Europäischem Gemeinschaftsrecht, S. 29 f. 54 Leisner-Egensperger schreibt hierzu: DBA enthalten steuerrechtliche Normen, die in den Vertragsstaaten gelten sollen, mit dem Normstufenrang, der ihnen nach der jeweiligen Rechts-, insbesondere Verfassungsordnung zukommt; in Deutschland haben sie nach Art. 59 Abs. 2 GG den Rang von Parlamentsgesetzen, die gemäß § 2 Abs. 1 AO den Steuergesetzen vorgehen. Sie sind Bestandteile des Gesetzesrechts der beiden, aber eben der jeweiligen Gesetzesrechte der Vertragsstaaten, IStR 2014, 10, 10. Vgl. auch Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnr. 46; Rauch, in: Blümich/Heuermann (Hrsg.), Stand 2016, § 1 EStG, Rdnr. 121; Lüdemann, FR 2000, S. 83 ff., 85. 55 Vgl. Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnrn. 4 und 49. 56 Stellvertretend Wied, in: Blümich/Heuermann (Hrsg.), Stand 2015, § 49 EStG, Rdnr. 66. Mangels nationaler Regelung würde sich ein Rückgriff insbesondere im Fall der Dienstleistungsbetriebsstätten erübrigen. 57 Zwischen der nationalen und der abkommensrechtlichen Definition gibt es minimale Unterschiede, was jedoch rechtlich unbedenklich ist, weil es kein Gebot der Inhaltsgleichheit von innerstaatlichem und abkommensrechtlichem Begriff gibt. 58 So Reimer, in: Blümich/Heuermann, Stand 2016, § 49 EStG, Rdnr. 66.

120

3. Kap.: Direkte Besteuerung

(1) Feste Geschäftseinrichtung Basis einer herkömmlichen Betriebsstätte ist eine feste Geschäftseinrichtung. Der Ausdruck umfasst sowohl nach der deutschen Abgabenordnung als auch nach dem OECD-MA Räumlichkeiten, Einrichtungen und Anlagen. Sowohl nach nationalem Recht als auch nach Abkommensrecht unterstützen sie die Geschäftstätigkeit. Die Geschäftseinrichtung ist „fest“, wenn sie sich an einem bestimmten Ort (Verbindung zwischen der Geschäftseinrichtung und einem bestimmten Ort der Erdoberfläche) für eine gewisse Dauer befindet. Gemeint ist damit, dass die Anlage nicht nur vorübergehenden Charakter haben darf und dass sie sich grundsätzlich länger als 6 Monate an einem Standort befinden muss.59 Ausschlaggebend für die Beurteilung, ob eine Anlage „fest“ ist, ist nicht, ob sie an einen anderen Ort verlagert werden kann, sondern, ob sie tatsächlich verlagert wird.60 (2) Unternehmenstätigkeit Hierzu zählt jede nachhaltige selbständige berufliche Tätigkeit. Zur Auslegung kann daher § 2 Abs. 1 UStG herangezogen werden.61 Das OECD-MA definiert „Unternehmen“ in Art. 3 Abs. 1 Buchst. c) lediglich als Ausübung einer Geschäftstätigkeit. Art. 3 Abs. 2 OECD-MA verweist als Auslegungshilfe explizit auf das innerstaatliche Recht des jeweiligen Anwenderstaates.62 (3) Verfügungsmacht Eine Betriebsstätte liegt vor, wenn der Unternehmer eine gewisse, nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht über die Räumlichkeiten oder die feste örtliche Anlage der Geschäftsausübung hat.63 Nicht nötig ist, dass der Unternehmer die alleinige Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung innehat. Laut OECD-MK bedarf es keiner ausdrücklichen rechtlichen Befugnis, um Räumlichkeiten als Betriebsstätte für eigene Zwecke zu nutzen. Ausreichend sind vielmehr sowohl nach nationalem Recht als auch nach Abkommensrecht Anforderungen an die Verfügungsmacht, welche die Durchführung der betreffenden unternehmerischen Tätigkeit tragen; mithin genügen sogar rein tatsächliche Gründe, welche die Verfü-

59 Zur räumlichen und zeitlichen Komponente von Betriebsstätten vgl. Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnr. 10 – 15 sowie OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 4. 60 Vgl. u. a. OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.4. 61 Vgl. z. B. Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnr. 20. 62 Siehe z. B. Wassermayer, in: Debatin/Wassermayer, Art. 5 OECD-MA Rdnr. 26. 63 So z. B. BFH-Urteil vom 17. 3. 1982 – IR189/79, BStBl. III 1982, 624, 625. Siehe auch BFH-Urteil vom 16. 5. 1990 – I R 113/87, BStBl. II 1990, 166, 167 sowie Gersch, in: Klein (Hrsg.), § 12 AO, Rdnr. 5 und Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnr. 16.

II. Inboundgeschäfte

121

gungsmacht zum Ausdruck bringen.64 Selbst wenn die Räumlichkeiten illegal genutzt werden, kann eine Betriebsstätte vorliegen. Wichtig ist lediglich die unternehmerische Verfügungsbefugnis über die Räume.65 Zudem soll über die feste Geschäftseinrichtung eine örtliche Bindung, eine Verwurzelung mit dem Ort der unternehmerischen Tätigkeit zum Ausdruck kommen.66 (4) Bezug zur Unternehmenstätigkeit Gem. § 12 AO muss die Einrichtung oder Anlage dem Unternehmen des Steuerpflichtigen dienen, d. h. seinen Unternehmenszweck fördern.67 Ein „Dienen“ kann auch gegeben sein, wenn die Tätigkeit vollautomatisch und ohne ständiges Personal ausgeübt wird.68 In Art. 5 Abs. 1 OECD-MA fehlt die Voraussetzung des „Dienens“. Abkommensrechtlich wird vielmehr darauf abgestellt, dass der Dienstleister die feste Geschäftseinrichtung explizit für seine unternehmerischen Zwecke einsetzen kann und auch tatsächlich einsetzt.69 Vorausgesetzt wird eine aktive Tätigkeit. Ob durch dieses Auseinanderfallen von nationalem Recht und Abkommensrecht inhaltliche Unterschiede bei traditionellen Betriebsstätten vorliegen können, oder ob die Fassungen nicht doch synonym verwendet werden können, ist strittig, wird tendenziell jedoch im zweiten Sinne beantwortet.70 Nach nationalem Recht unerheblich ist es, ob in der Betriebsstätte Haupttätigkeiten oder lediglich Hilfs- oder Nebentätigkeiten durchgeführt werden.71 Der Einsatz von Personal ist nicht erforderlich, auch vollautomatische Mobilfunkeinrichtungen oder eine Satelliten-Empfangsanlage können eine Betriebsstätte be64 Siehe u. a. Reiser/Cortez, IStR 2013, 6, 7 sowie u. a. BFH-Urteil vom 14. 7. 2004, I R 106/ 03 (NV) sowie Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im E-Commerce, S. 29 sowie OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.2 f. 65 Vgl. OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.2. sowie das den Wandel markierende BFHUrteil vom 25. 5. 2000, III R 20/97, BStBl. II 2001, S. 365, in dem der BFH urteilte, dass ein Investor von Satellitenempfangsanlagen, der diese auch wartet, nicht nur vorübergehende Verfügungsbefugnis über sie hat, obwohl sie in bzw. an fremden Räumlichkeiten befestigt sind. 66 So BFH-Urteil vom 4. 6. 2008 – I R 30/07, BStBl. II 2008, S. 922 sowie Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnr. 16a. 67 Siehe z. B. Gosch, in: Kirchhof (Hrsg.), § 49 EStG, Rdnr. 13. 68 Vgl. z. B. BFH-Urteil vom 30. 10. 1996, II R 12/92, BStBl. II 1997, S. 12. Siehe auch Koenig, in; Koenig, § 12 AO, Rdnr. 19, sowie Reimer, in: Blümich/Heuermann (Hrsg.), Stand 2016, § 49 EStG, Rdnr. 67. 69 So auch Wassermayer, in: Debatin/Wassermayer, Art. 5 OECD-MA, Rdnrn. 51, 52. 70 Der BFH geht in seiner Pipeline-Entscheidung von einer synonymen Verwendung aus, siehe BFH-Urteil vom 30. 10. 1996, II R 12/92, BStBl II 1997, S. 12. So auch die Finanzverwaltung in ihrem Betriebsstättenerlass, BMF vom 24. 12. 1999, BStBl. I 1999, 1076, 1081, Rz. 1.2.1.1.; vgl. auch Köhler/Fetzer, Recht des Internet, Rdnr. 402. 71 Siehe u. a. Drüen, in: Tipke/Kruse (Hrsg.), Stand 2016, § 12 AO, Rdnrn. 19, sowie Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnrn. 22 und 47a.

122

3. Kap.: Direkte Besteuerung

gründen.72 Deutlich enger gefasst ist hingegen die abkommensrechtliche Betriebsstätte. Gem. Art. 5 Abs. 4 OECD-MA begründen z. B. Lager- oder Auslieferungseinrichtungen keine Betriebsstätte, genauso wie Einrichtungen, die für vorbereitende Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten unterhalten werden.73 cc) Verbreitung traditioneller Betriebsstätten bei internetbasierten Dienstleistungen (1) Internetdienstleister Zu klären ist, ob Internetdienstleister überhaupt traditionelle Betriebsstätten begründen können. Internetdienstleister betreiben zum einen Netzwerke und bieten zum anderen sowohl Unternehmenskunden als auch privaten Endkunden den Zugang zum Internet an. Durch die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes hat sich eine erhebliche Zahl von Netzanbietern etabliert.74 Nationale Anbieter sind unbeschränkt steuerpflichtig. Unterhält ein ausländischer Netzbetreiber im Inland ein Netz,75 unterliegt er der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG. Für ihn liegt, wenn das inländische Netz nicht von einer Tochtergesellschaft betrieben wird, eine Betriebsstätte vor.76 Sein „Internet-Netz“ erfüllt die Voraussetzungen nach § 12 AO. Es bildet eine feste, grundsätzlich physisch greifbare Geschäftseinrichtung für sein Unternehmen, das darüber auch die Verfügungsmacht hat. Es dient dem Unternehmen dazu, seinem Unternehmenszweck nachzukommen. Im „Pipeline-Urteil“ hat der BFH entschieden, dass eine ständige Anwesenheit von Unternehmenspersonal nicht erforderlich ist, und dass auch automatisch betriebene Anlagen eine Betriebsstätte begründen können.77 Auch die abkommensrechtlichen Voraussetzungen für eine Betriebsstätte sind damit grundsätzlich erfüllt. Zusätzlich zu klären ist jedoch, ob das Netz nicht nur eine so genannte „ Hilfsbetriebsstätte“ i.S.d. Art. 5 72

So Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnr. 22. Im Rahmen des BEPS-Projekts wurde dieser Punkt aufgegriffen. Zukünftig soll geprüft werden, ob tatsächlich vorbereitende Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten vorliegen, oder ob nicht die unterstützende Einrichtung einen stark ins Gewicht fallenden Anteil am Unternehmensertrag liefert. Diese Prüfung soll jedoch nicht verpflichtend sein. Vgl. OECD (Hrsg.), 2015, Preventing the Artificial Avoidance of PE Status, Rdnrn. 27 und 30.1. 74 Siehe Ehrmann/von Wallis, in: Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Handbuch MultimediaRecht, Teil 27, Rdnr. 175. 75 Das in Frankreich gegründete und seit 2006 in Deutschland und inzwischen weltweit operierende Unternehmen OHV betreibt z. B. ein eigenes weltweites Glasfasernetzwerk mit einer Gesamtkapazität von 3 Tbit/s hin zum Internet. Vgl. https://www.ovh.de, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 76 Vgl. von Wallis, in: Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 27, Rdnr. 82. 77 BFH-Urteil vom 30. 10. 1996, II R 12/92, BStBl. II 1997, S. 12. 73

II. Inboundgeschäfte

123

Abs. 4 OECD-MA begründet. Dies wäre der Fall, wenn mit Hilfe des Netzes nur vorbereitende Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten ausgeübt würden. Der OECDMusterkommentar führt u. a. an, dass das Herstellen einer Kommunikationsverbindung, z. B. über eine Telefonleitung, zwischen Lieferanten und Kunden keine Betriebsstätte bilden könne.78 Telefonleitungen, zumindest so lange sie nicht zu einem Telekommunikationsunternehmen gehören, unterstützen Unternehmen nur bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben. Internet-Netze bilden speziell für Internetdienstleister hingegen die zentrale Unternehmenskomponente. Ohne die Netze wäre das Unternehmen eines Internetdienstleisters wert- und zwecklos.79 Für ihre Aufgabe als Zugangsanbieter bedienen sich Internetdienstleister „herkömmlicher“ Internetserver, d. h. Computerhardware, die auch „host“ genannt wird. Diese Server sind üblicherweise die stärksten und am besten ausgebauten Rechner in einem Netzwerk. Sie besitzen große Festplattenkapazitäten, eine schnelle Zentraleinheit (CPU), 64-Bit-Technologie und eventuell diverse Coprozessoren. Sie sind an das Internet angeschlossen und können durch Nutzer von außen aufgerufen werden, um die im Server liegenden HTML- und andere Internet-Dokumente zum lokalen Rechner zu transportieren.80 Im Inboundverkehr qualifizieren sich im Inland aufgestellte Server sowohl nach nationalem Recht als auch nach Abkommensrecht als Betriebsstätte des Zugangsanbieters. Da sich die Funktion der Server in einer Computer-Hardware verfestigt hat, liegt zum einen die notwendige physische Komponente vor, zum anderen ist auch davon auszugehen, dass die Server nur selten umgezogen werden und das Merkmal der Dauerhaftigkeit damit ebenfalls erfüllt ist.81 Der Server dient der Unternehmenstätigkeit. Durch seine Bedeutung für das Unternehmen erfüllt er die abkommensrechtliche Voraussetzung einer Kernfunktion. Die Server dürften zumeist im Eigentum des Anbieters stehen oder von diesem zumindest gemietet/geleast sein. Mithin haben die Zugangsanbieter durch ihre unmittelbare Zugriffsmöglichkeit auch die nötige Verfügungsmacht über ihre technischen Geräte. Im Inboundverkehr stellen daher sowohl Netze als auch Server traditionelle Betriebsstätten für Zugangsanbieter dar.

78 Vgl. OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.7 sowie Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnr. 47b. 79 Nach Anm. 42.8. und 42.9 zu Art. 5 OECD-MK 2014 begründen Server immer dann eine Betriebsstätte, wenn das Unternehmen seine eigentliche Unternehmenstätigkeit durch den Server ausübt oder Kernfunktionen von Servern übernommen werden. Ob eine Kernfunktion vorliegt, hängt von der Art der Geschäftstätigkeit ab. Kernfunktionen eines Unternehmens werden nicht als vorbereitende oder als Hilfsfunktionen angesehen. 80 So http://www.itwissen.info/definition/lexikon/Server-server.html, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 81 Siehe auch Reimer, in: Blümich/Heuermann (Hrsg.), Stand 2016, § 49 EStG, Rdnr. 67.

124

3. Kap.: Direkte Besteuerung

(2) Cloudanbieter Auch für die Anbieter von Cloudlösungen stellt sich die Frage, ob Clouds im grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr traditionelle Betriebsstätten auslösen können. Clouds bestehen aus einem Netzwerk von Internetservern, die aus der Ferne gewartet und über den Globus verteilt sein können. Sie gewähren ohne Softwareinstallation auf dem eigenen Rechner weltweiten Zugang zu den eigenen Daten. Um überzeugende Lösungen für ihre Besteuerung zu finden, ist die inzwischen seit Jahrzehnten immer wieder auftauchende Frage der Besteuerung von Internetservern im Hinterkopf zu behalten.82 (a) Technischer Hintergrund Cloud Computing Cloudanbieter sind sowohl große IT-Unternehmen wie Microsoft oder Apple, als auch kleine Nischenunternehmen wie z. B. Spideroak,83 oder aber auch der auf Rechts- und Steuerberatung spezialisierte IT-Dienstleister Datev.84 Sie alle bieten ihren Unternehmenskunden Cloudlösungen an. Technisch werden im Rahmen einer Cloud Hard- und Software voneinander entkoppelt, d. h., auf einer physisch vorhandenen Hardwarelandschaft wird eine Vielzahl virtueller Softwarestrukturen betrieben.85 Von anderen Outsourcing- und Hostingformen unterscheiden sich Cloud-Modelle durch die fehlende feste Zuordnung physikalischer Ressourcen an den Cloudkunden,86 sprich die Nutzer teilen sich die Hardware. Dies ist möglich, da sich die Softwarestrukturen gezielt voneinander abschirmen lassen. Da die virtuellen Vorrichtungen isoliert voneinander arbeiten, kommen sie sich nicht durch Abhängigkeiten gegenseitig ins Gehege. In einer physischen Umgebung sind Hardware, Betriebssystem und Anwendungen hingegen eng miteinander verbunden und voneinander abhängig. Virtuelle Server sind daher durch ihre Modularisierung wenig störanfällig und universell einsetzbar.87 Zugegriffen wird auf die Cloud in der Regel mit einem Webbrowser.

82

335. 83

Zur Besteuerung von Clouds siehe auch Bal, Bulletin for International Taxation 2012,

https://spideroak.com/, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. Die Besonderheit der Datev-Wolke ist, dass gewährleistet wird, dass die Daten den deutschen Raum nicht verlassen. 85 Vgl. auch OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Abschlussbericht 2015, S. 41 f., 78 – 82 sowie u. a. Nägele/Jacobs, ZUM 2010, 281, 281. 86 Nägele/Jacobs, ZUM 2010, 281, 281. 87 Vgl. z. B. http://www.handelsblatt.com/technik/it-internet/it-strategie-virtuelle-rechnersenken-die-fehlerquote-seite-2/3298112-2.html, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 84

II. Inboundgeschäfte

125

Bisher gibt es drei etablierte Ausgestaltungen des Cloud Computing.88 Erstens das Modell „Software as a Service“ (SaaS), bei dem der Kunde mittels eines Webbrowsers Zugriff auf permanent aktualisierte Applikationen und Software bekommt, die auf der Infrastruktur des Anbieters installiert sind.89 Zweitens das Modell „Platform as a Service“ (PaaS), das Softwareingenieuren eine Entwicklungsumgebung an die Hand gibt, mit der sie neue Applikationen hervorbringen können. Drittens das Basismodell „Infrastructure as a Service“ (IaaS), das neben der Bearbeitung und Speicherung von Ressourcen auch Firewalls oder IP-Adressen zur Verfügung stellen kann.90 Angeboten werden inzwischen auch X-as-a-Service (XaaS) Konzepte, welche u. a. die Dienstleistungen „Content-as-a-Service“ und „Data-as-a-Service“ beinhalten.91 Cloud Computing ermöglicht es damit dem Nutzer ausschließlich bedarfsorientiert Dienstleistungen wie z. B. „Softwarenutzung“, „Rechenzeit“, oder „Speicherkapazität“ zu erwerben.92 Die Nutzer können jedoch z. B. nicht festlegen, auf welchem (virtuellen) Speicher ihre Daten gelagert werden sollen. Die Cloud existiert derzeit als „Private Cloud“ oder „Public Cloud“. Erstere ermöglicht Betreibern die unternehmensinterne Nutzung eigener Rechenzentren auf Basis einer Cloud-Architektur.93 Die „Public Cloud“ kann hingegen von allen interessierten Kunden – individuelle Nutzer und Unternehmen – genutzt werden. Auf dem Vormarsch sind derzeit so genannte „Hybrid Clouds“, die vornehmlich von Unternehmen zur Sicherung ihrer Daten verwendet werden und die sich hierzu der Strukturen einer Public Cloud bedienen.94 Die Hardwarelandschaft einer Cloud besteht aus mehreren hochkomplexen Rechenzentren.95 Rechenzentren der dritten Generation bestehen dabei aus vielen 88 Die wichtigsten Aspekte erläutert u. a. OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Abschlussbericht 2015, S. 60 f. 89 Vgl. z. B. Yoo, Cloud Computing: Architectural and Policy Implications, S. 5 sowie OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Abschlussbericht 2015, S. 60. 90 Vgl. zu den Erscheinungsformen des Cloud Computing auch Nägele/Jacobs, ZUM 2010, 281, 282; oder Yoo, Cloud Computing: Architectural and Policy Implications, S. 5, 6. 91 Siehe OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Abschlussbericht 2015, S. 60. Content-as-a-serve meint insbesondere die Außendarstellung eines Unternehmens über verschiedene Kanäle (Web, Mobile, Smartwatches etc.), die mittelfristig personalisierbar wird. Data-as-a-Service führt Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammen und verwaltet sie. 92 Vgl. z. B. Yoo, Cloud Computing: Architectural and Policy Implications, S. 2. 93 Vgl. Höllwarth, Cloud Migration, S. 65. 94 Siehe www.itwissen.info/definition/lexikon/Hybrid-Cloud-hybrid-cloud.html, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 95 Um weltweit flexible Leistungen aus der Cloud anbieten zu können benötigt man Rechenzentren von der Größe einiger Fußballfelder. Das weltweit größte Rechenzentrum entsteht aktuell in Korea. Es soll über eine Größe von 66 Fußballfeldern verfügen und insbesondere Backups für Microsoft Dienste in Asien vorhalten, vgl. http://www.drwindows.de/content/3257-

126

3. Kap.: Direkte Besteuerung

kleinen Containern, die jeweils komplette Rechenzentren im Miniaturformat sind, inklusive Server und Kühlung. Das Gebäude um sie herum ist so gestaltet, dass die Server Container bei Bedarf von Lastwägen angeliefert werden können und sie sich dann dem Rechenzentrumsverbund anschließen. Erste Rechenzentren der vierten Generation werden aus einzelnen Server-Containern einfach zusammengestellt, ohne ein sie umschließendes Gebäude.96 Im Unterschied zu herkömmlichen Rechenzentren ist ein „Cloud“–Rechenzentrum damit noch dynamischer und elastischer bei hoher Nachfrage, IT-Ressourcen können innerhalb kürzester Zeit freigegeben werden.97 (b) Anwendbarkeit der Betriebsstättendefinition auf Clouds (aa) Feste Geschäftseinrichtung Grundbaustein einer jeden Betriebsstätte ist die „feste Geschäftseinrichtung“. Die Geschäftseinrichtung ist „fest“, wenn sie sich an einem bestimmten, mit dem Erdboden verbunden Ort befindet und eine gewisse Ständigkeit hat.98 Von ihr erfasst sind grundsätzlich auch technische Anlagen, die der Ausübung der Tätigkeit eines Unternehmens dienen.99 Im Fall des Cloud Computing ist zu differenzieren zwischen den physisch vorhandenen Rechenzentren und den virtuellen Servern.100 Die tatsächlich greifbaren Hardwarelandschaften, die aus kleinen Containern inklusive Servern bestehen, sind „fest“. Sie sind, ganz im Sinne der Ausgangsdefinition, sogar mit dem Erdboden verbunden und zudem an das lokale Strom- und Telekommunikationsnetz angeschlossen ist.101 Um eine Betriebsstätte zu bilden, müssen die Container hinreichend lange Zeit an einem bestimmten Ort stehen, um fest im Sinne von Art. 5 Abs. 1 OECD-MA zu sein.102 Zwar können die Container leicht von A nach B transportiert werden, ausschlaggebend ist jedoch, ob sie tatsächlich verlagert werden.103 Da die Rechenzentren einer Cloud große Flächen in Anspruch nehmen (zurzeit noch mehrere Fußballfelder) ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie häufig verlagert werden, 66-fussballfelder-microsoft-plant-gigantisches-data-center.html, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. 96 Siehe zu diesem Thema z. B. https://www.microsoft.com/de-de/cloud-platform/globaldatacenters; zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. 97 Siehe z. B. Gablers Wirtschaftslexikon, http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/ cloud-computing.html, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. 98 Vgl. die Grunddefinitionen des OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 2, 4 und 5. 99 So OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 4. 100 Siehe auch Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnrn. 43a-43 h. 101 Vgl. Tappe, IStR 2011, 870, 872, sowie Strunk, Steuerliche Aspekte des Electronic Commerce, S. 42. 102 Vgl. OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.4. 103 Vgl. OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.4 oder z. B. Wassermayer, in: Debatin/Wassermayer (Hrsg.), Art. 5 OECD-MA, Rdnr. 33a.

II. Inboundgeschäfte

127

sehr gering. Im Normalfall dürften sie daher länger als die geforderten 6 Monate an einem Ort stehen. Der OECD-Kommentar qualifiziert Server, die von Unternehmen betrieben werden, um die Websites von Dritten darauf zu speichern, bereits seit langem als feste Geschäftseinrichtung.104 Daher muss erst recht eine ganze Hardwarelandschaft, sobald sie die zeitliche Komponente von 6 Monaten erfüllt, eine feste Geschäftseinrichtung darstellen können. Virtuelle, temporäre oder Mirror-Server105 erfüllen die Kriterien einer festen Geschäftseinrichtung hingegen nicht. Da sie im Netz lediglich simuliert werden, stellen sie keinen körperlichen Gegenstand dar. Der physische Kern der Cloud, die Hardwarelandschaft, kann demnach als feste Geschäftseinrichtung bewertet werden, nicht jedoch ihre „Besonderheit“, die darauf aufsetzenden virtuellen Server. Da eine klare Trennung zwischen den beiden Servertypen möglich ist, kann eine potentielle Besteuerungsbefugnis an der Hardwarelandschaft ansetzen. (bb) Ausübung der Unternehmenstätigkeit Die feste Geschäftseinrichtung, die Rechenzentren, müssten der Tätigkeit des Cloud-Anbieters dienen, bzw. abkommensrechtlich müsste die Unternehmenstätigkeit durch sie ausgeübt werden. Ob dies der Fall ist, ist grundsätzlich im Wege einer Fall-zu-Fall-Betrachtung zu überprüfen.106 In der Regel bilden die Rechenzentren die Unternehmensgrundlage eines Cloudanbieters. Ohne die Hardware könnten keine virtuellen Server zum Einsatz kommen. Mithin dient das Netzwerk aus physischen Servern der Unternehmenstätigkeit und ist essentieller Bestandteil des Unternehmens. Im Allgemeinen wird eine Betriebsstätte von Personen betrieben, die in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Unternehmen stehen. Daher wurde bis vor ca. 10 Jahren immer wieder probleatisiert, ob der Einsatz von Personal Voraussetzung für die Begründung einer Betriebsstätte ist. Auf nationaler Ebene wurde die Frage mit dem so genannten „Pipeline-Urteil“ des BFH beantwortet. Demnach ist bei vollautomatisch arbeitenden Anlagen, welche die Haupttätigkeit des Unternehmens übernehmen, kein Personal vor Ort erforderlich.107 Laut OECD-MK gilt dies heute

104

Vgl. OECD-MK 2014, Art. 5, insbesondere Anm. 42.1. Ein Mirrorserver enthält nur gespiegelte, mit dem Original identische Daten, um so die Datenwege zu verkürzen und die Zugriffsmöglichkeiten zu vergrößern. Die Verneinung der Betriebsstätteneigenschaft ist seit langem herrschende Meinung für Mirror-Server, vgl. OECDMK 2014, Art. 5, Anm. 42.7. Siehe hierzu Hutter/Schmidt, IStR 2000, 650, 657. So auch Endriss/Käbisch/Labermeier, BB 1999, 2276, 2279. 106 Siehe OECD-MK 2014, Art. 5. Anm. 42.5. 107 Siehe BFH, 30. 10. 1996 – II R 12/92, DStRE 1997, 217, 218. 105

128

3. Kap.: Direkte Besteuerung

auch für den elektronischen Geschäftsverkehr. Eine Betriebsstätte setzt die Anwesenheit von Menschen nicht mehr voraus.108 (cc) Vorbereitende- bzw. Hilfstätigkeiten Zudem darf die Geschäftseinrichtung nach OECD-Standards nicht nur vorbereitende oder Hilfstätigkeiten erbringen. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach der jeweiligen Art der Geschäftstätigkeit, die das Unternehmen ausführt.109 Im Rahmen des elektronischen Geschäftsverkehrs liegen lediglich vorbereitende Tätigkeiten vor, wenn die Computeranlage nur für Werbung oder die Übertragung von Informationen durch einen Spiegelserver genutzt wird.110 Selbst diese Tätigkeiten können jedoch eine Betriebsstätte begründen, wenn sie den wesentlichen und bedeutsamen Teil der Geschäftstätigkeit darstellen.111 Das Netzwerk aus physischen Servern von Cloudunternehmen deckt umfassend alle Kernaufgaben seiner Geschäftstätigkeit ab: Vertrieb, Abwicklung und Anwendung der Dienstleistungen.112 Virtuelle Server und Mirrorserver runden die angebotenen Dienstleistungen lediglich ab. Der OECDMusterkommentar führt ausdrücklich für Internetserviceprovider, die u. a.als Geschäftszweig das Hosting von Websiten übernehmen, an, dass es sich für sie um eine Kernaufgabe handeln würde, die zu einer Betriebsstätte führt.113 Mithin gilt dies erst recht für Cloudanlagen. (dd) Verfügungsbefugnis Soweit sich die vorgehaltene Hardwarelandschaft im Eigentum des Cloudanbieters befindet, kann von seiner entsprechenden Verfügungsbefugnis ausgegangen werden. Ausreichend für die Verfügungsbefugnis wäre jedoch auch ein Leasing- oder Mietvertrag, etwa wenn die Hardware vom jeweiligen Hersteller im Rahmen eines Besitzmittlungsverhältnisses überlassen wird.114 Selbst eine ausdrücklich verein108 Im Gegensatz hierzu war Art. 3 Abs. 2 der deutschen DBA von ca. 1909 – 1977 darauf angelegt, geschäftliche Beziehungen durchzuführen, die von Gewerbes durch den Unternehmer selbst, dessen Geschäftsteilhaber, Prokuristen oder andere ständige Vertreter ausgeübt wurden. Vgl. auch OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.6. So auch Gummert/Trapp, MMR 1998, 350, 353; oder aber Korf, IStR 2001, 368, 369. 109 Siehe OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.9 110 Siehe OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.7 – 42.9. E-Tailer, die ihre Produkte über einen Webshop anbieten, begründen mit ihren Servern nur dann eine Betriebsstätte, wenn am Ort der Computeranlage typische „Sales“-Funktionen wie z. B. der Abschluss der Kaufverträge oder die Online-Bezahlung vorgenommen werden. Vgl. auch Watrin, IStR 2001, 425, 429. 111 So OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.8. 112 Siehe zu Computeranlagen OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.8, 42.9. Reimer schlägt in IStR 2009, 378, 380 vor, Server aus dem Anwendungsbereich von Art. 5 Abs. 1 OECD-MA auszuscheiden, weil sie sich mit einer konstanten Stromversorgung und einer – u. U. rein satellitengestützten – Verbindung an ein nicht mehr staatengebundenes Datennetz begnügen. 113 Vgl. OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.9. 114 Vgl. u. a. Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnr. 43c sowie Gummert/ Trapp, MMR 1998, 350, 353.

II. Inboundgeschäfte

129

barte Rechtsposition ist laut BFH nicht mehr unbedingt notwendig, um die Verfügungsbefugnis zu begründen. Auch tatsächliche Gründe können ausreichen.115 In jedem Fall müsse sich jedoch eine gewisse Verwurzelung des Unternehmens mit dem Ort der festen Geschäftseinrichtung zeigen.116 Da die Server an ihrem jeweiligen Standort aufgestellt und gewartet werden müssen, ist dem Kriterium genüge getan. Die Rechenzentren der Cloudanbieter sind folglich als traditionelle Betriebsstätten zu qualifizieren. Da eine klare Trennung zwischen virtuellen und herkömmlichen Servern möglich ist, kann die Besteuerungsbefugnis des abkommensrechtlich jeweils anderen Vertragsstaates an der „Wolkenhardwarelandschaft“ ansetzen. (3) Host- und Application-Service-Provider Host- und Application-Service-Provider arbeiten anteilig mit traditionellen Betriebsstätten, anteilig mit Servern, welche die Betriebsstättenvoraussetzungen nicht erfüllen können. (a) Hostprovider Hostprovider stellen ihren Kunden Speicherplatz zur Verfügung, vornehmlich für Websites, und sorgen dafür, dass diese jederzeit abrufbar sind.117 Die Websites werden zumeist (noch) auf Servern des Hostproviders gesichert, die in Rechenzentren lagern und dort gewartet werden. Vermehrt werden die Websites aber auch auf sogenannten dedizierten Servern oder virtuellen Servern gespeichert.118 Dedizierte Server sind Rechner, die sich der Kunde nach seinen Bedürfnissen selbst zusammenstellen kann. Er kann sich u. a. aussuchen, welche Betriebssysteme auf dem Server laufen sollen und in welchem Rechenzentrum der von ihm „erworbene“ Server stehen soll.119 Dedizierte Server zeichnet aus, dass sie mit ihrer IP-Adresse 115 Vgl. BFH-Urteil vom 14. 7. 2004, I R 106/03, BFH/NV 2005, 154 m.w.N. aus der Rspr. Siehe auch Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 29. 116 So u. a. BFH-Urteil vom 4. 6. 2008, I R 30/07, DStR 2008, 1828, 1829. Siehe auch Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnr. 16a. 117 Beim konzerninternen Webhosting durch eine Tochtergesellschaft kommt es laut Pinkernell, Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 34 darauf an, „ob zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft ein echter Dienstleistungsvertrag oder eine schlichte Nutzungsüberlassung von Teilen des Betriebsvermögens an die Tochtergesellschaft gegeben sei. Im ersten Fall soll keine Betriebsstätte vorliegen, weil eine vollwertige Webhostingleistung zu fremdüblichen Bedingungen gegeben sei und die Muttergesellschaft deshalb keine Verfügungsmacht über die der Tochtergesellschaft hat. Im zweiten Fall, wenn der Server nur zur Verfügung gestellt und gewartet wird, werde der gesamte Serverbestand zu einem dedizierten Server der Muttergesellschaft und begründe daher eine inländische Betriebsstätte.“ 118 Vgl. u. a. https://www.ovh.de/virtual_server/ und https://www.ovh.de/dedicated_server/, zuletzt abgerufen am 24. 3. 2018. 119 Eingängig erklärt unter dem Reiter „Server-Fertigung“ von https://www.ovh.de/unterneh men/produktion.xml, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018.

130

3. Kap.: Direkte Besteuerung

und ihrer Rechenleistung ausschließlich einem einzigen Kunden zur Verfügung stehen. Dedizierte Server können von ihrem Eigentümer mittels Benutzer-ID und Passwort selbst verwaltet werden. Mithin kann der Hostprovider nicht frei über sie verfügen. Bei einem virtuellen Server handelt es sich um einen Teilbereich eines physikalischen Servers. Auf diesem werden mittels Virtualisierung bestimmte Ressourcen (CPU, RAM und Festplattenspeicher) für den virtuellen Server reserviert.120 Webhosting mithilfe virtueller Server zeichnet aus, dass der zu Grunde liegende physische Server von mehreren Kunden gleichzeitig genutzt wird, die virtuellen Ressourcen aber dem einzelnen Kunden vorbehalten sind und dieser auch den vollen Administratorenzugriff erhält.121 Die von einem Webhosting-Unternehmer im Inboundverkehr verwendeten herkömmlichen Server begründen, vergleichbar mit der Situation bei einem Zugangsanbieter, eine Betriebsstätte. Dagegen begründen dedizierte Server für den Hostprovider keine Betriebsstätte. Seine Aufgabe ist nur das Warten des Servers. Die Verfügungsmacht über den Server erhält der Kunde.122 Auch die virtuellen Server lösen für den Hostprovider keine Betriebsstätte aus. Hier fehlt es bereits am Merkmal der festen Geschäftseinrichtung. (b) Application-Service-Provider Application-Service-Providing (ASP) bezeichnet das Anbieten von Software über das Internet, wobei der Anbieter das Hosting der Software und ihre Administration übernimmt.123 Die Software wird nicht auf dem Kundenrechner lokal installiert, sondern sie befindet sich auf einem zentralen Rechner des Anbieters, der die Datenverarbeitung übernimmt.124 Beim Kunden selbst wird entweder eine Zugangssoftware, der sog. „client“ installiert oder aber der Kunde greift über einen Internetbrowser auf die Zugangssoftware zu. Application-Service- Provider begründen mithin überall dort eine Betriebsstätte, wo sie ihre – nicht virtuellen – Server untergebracht haben.125 Unterhalten Host- und/oder Application-Service-Provider in Deutschland physische Server bzw. Rechenzentren, begründen sie demnach Betriebsstätten und unterliegen der Besteuerung nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) EStG. Auf dem Vormarsch sind 120 Vgl. u. a. https://www.ovh.de/virtual_server/was-ist-ein-vps.xml, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. 121 Wartungsintensität, Sicherheit und Zugriffsmöglichkeit der Kunden zeigen sich auch im monatlichen Preisgefüge der verschiedenen Servermöglichkeiten. 122 Vgl. Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnr. 43c. 123 So Höllwarth, Cloud Migration, S. 63. 124 Vgl. u. a. hierzu von Wallis, in: Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 27, Rdnr. 91. 125 Host- und Application-Dienstleistungen werden häufig aus einer Hand erbracht. Siehe z. B. https://partners.ovh.com, zuletzt aufgerufen am 26. 3. 2018.

II. Inboundgeschäfte

131

virtuelle Server. Ihre Basis, physische Server, werden immer kleiner. Selbst die Standorte der physischen Server werden mittelfristig nicht mehr nachverfolgt werden können. Zusammengefasst begründen herkömmliche Server für Hostprovider Betriebsstätten, nicht jedoch dedizierte Server. Die physisch greifbaren Server der Application-Service-Provider bilden ebenfalls Betriebsstätten. Werden von ihnen virtuelle Server verwendet, erfüllen sie jedoch aufgrund des fehlenden Merkmals der festen Geschäftseinrichtung nicht die Voraussetzungen für eine Betriebsstätte. (4) Plattformbetreiber Internetplattformen (auch Websites) begründen einen Webauftritt und bestehen aus mehreren verbundenen Webseiten/Dateien und anderen Ressourcen.126 Die Dienstleistung von Plattformbetreibern besteht in der Bereitstellung einer digitalen Infrastruktur. Diese Infrastruktur wird in Fällen wie z. B. Ebay oder Facebook von ihren Nutzern mit Inhalten befüllt.127 Zu klären ist wiederum, ob diese digitale Infrastruktur eine traditionelle Betriebsstätte hervorrufen kann. Plattformbetreiber sind für ihre Dienstleistung auf das Internet und auf Internetserver angewiesen. Nutzen sie hierfür eigene physische Server, so errichten sie im Quellenstaat zweifelsfrei Betriebsstätten. Zumeist dürften sie aber eine Cloud oder einen Webhost nutzen. Im Rahmen einer Cloud teilen sich die Nutzer die Hardware und haben exklusiven Zugriff nur auf „ihre“ virtuellen Server.128 Eine Betriebsstättenbegründung scheidet in diesen Fällen für den Plattformbetreiber aus. Nutzt ein Betreiber jedoch keine Cloud, sondern einen Webhost, kann er sich für einen dedizierten Server entscheiden. Diese physischen Server sind einem einzigen Nutzer zugeordnet und bilden daher eine „Herrschaftsenklave“ des Plattformbetreibers. Dies rechtfertigt ihre Einordnung als Betriebsstätte.129 Plattformbetreiber begründen demnach nur dann Betriebsstätten, wenn sie eigene Server nutzen oder sie sich für dedizierte Server entscheiden, die ausschließlich ihnen zur Verfügung stehen. Der Standardfall dürfte jedoch sein, dass sie sich – auch um eine Betriebsstätte bewusst zu vermeiden – für das Anmieten von Rechnerkapazität in einer Cloud bzw. virtuelle Server eines Webhosts entscheiden.

126

Siehe z. B. http://de.wikipedia.org/wiki/Website, wonach eine Website alle einem Privatanbieter oder Unternehmen gehörenden Webseiten und evtl. herunterladbaren Dokumente im Netz umfasst, die unter einer bestimmten Domain zusammengefasst sind; zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. 127 Für eine ausführlichere Definition siehe Kapitel 1 unter II. 1. d). 128 Einige Anbieter führen inzwischen „dedicated clouds“, siehe https://www.ovh.de/dedica ted-cloud/, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018; für sie gilt das zu den dedizierten Servern geschriebene: sie bilden Herrschaftsenklaven und können mithin zu Betriebsstätten führen. 129 Vgl. Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 30.

132

3. Kap.: Direkte Besteuerung

(5) App-Stores Für App-Stores gilt das zu den Plattformbetreibern Gesagte. Nutzen sie eigene oder dedizierte Server im anderen Land, begründen sie dort Betriebsstätten. Betreiben sie ihre Stores mit den Rechnern von Dritten, fällt hingegen mangels Anknüpfungspunkt im anderen Land keine Ertragsteuer an.130 (6) App-Entwickler App-Entwickler begründen im Inboundverkehr nach nationalem Recht im Regelfall keine Betriebsstätte. Sind sie vor Ort bei ihren Kunden tätig, kann ihr Unternehmenslaptop zwar durchaus als feste Geschäftseinrichtung qualifiziert werden.131 Es fehlt jedoch am Merkmal seiner Ortsfestigkeit, der Verwurzelung mit dem Unternehmensort des Kunden. Zudem dürften die Entwickler selten länger als 6 Monate vor Ort tätig sein. Erhält der Entwickler im Fall eines Langzeitprojekts jedoch ein Büro in den Räumlichkeiten seines Kunden, ist die Ausgestaltung des Einzelfalles entscheidend, ob das ausländische App-Beratungsunternehmen Verfügungsmacht über das Kundenbüro erhält.132 Um von Verfügungsmacht ausgehen zu können, muss aus rechtlichen oder zumindest tatsächlichen Gründen anzunehmen sein, dass dem Kundenbetreuer vor Ort ein bestimmter Raum zur ständigen Nutzung zur Verfügung gestellt wird und diese Verfügungsmacht auch nicht bestritten wird.133 Die bloße Möglichkeit, den Raum zu nutzen, wäre nicht ausreichend, wohingegen auch ein begründetes Mitbenutzungsrecht genügen würde, um das Büro zur Betriebsstätte des App-Entwicklers werden zu lassen.134 (7) Inhalteanbieter Inhalteanbieter („Content Provider“) legen nur dann das Fundament für eine Betriebsstätte, wenn sie für ihre Arbeit eigene oder dedizierte Server nutzen. Da nur physische Server der Betriebsstättenvoraussetzung „feste Geschäftseinrichtung“ genügen, begnügen sich Inhalteanbieter, die ihre Dienstleistungen grenzüberschreitend vertreiben, im Rahmen ihres Webhosting-/CloudcomputingVertrages in der Regel wiederum mit virtueller Rechnerkapazität. Die Anmietung 130 Vgl. hierzu OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.3, wonach Unternehmen, die Server betreiben und Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit durch Websites ausüben, zumeist verschieden sind. Der Server steht dem Websitenunternehmen nicht zur Verfügung, es hat keine physische Präsenz am Standort der unkörperlichen Website. Die Begründung einer Betriebsstätte entfällt, es sei den, das Websitenunternehmen betreibt selbst den Server. 131 Siehe BFH-Urteil vom 17. 9. 2003, I R 12/02, BStBl. II 2004, S. 396, unter 3cc). 132 So u. a. die Leitsätze des BFH-Urteils vom 4. 6. 2008, I R 30/07, BStBl. II 2008, S. 922. 133 Siehe auch Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnr. 16af. 134 Vgl. FG Münster vom 22. 8. 2012, Az. 10 K 2722/11K, Rdnr. 41, 47.

II. Inboundgeschäfte

133

eines eigenen Servers wird bewusst vermieden. Weitere Anknüpfungspunkte für eine Besteuerung kommen nicht in Frage. Nutzt ein ausländischer Inhalteanbieter das inländische Netz eines Zugangs- und Netzbetreibers, so ist dieses nicht als Betriebsstätte zu qualifizieren. Zwar würde eine feste Anlage vorliegen. Es fehlt jedoch am Merkmal seiner Verfügungsmacht über das Netz. Ebenso stellen die Webseiten des Inhalteanbieters keine Betriebsstätte für ihn dar. Webseiten, selbst wenn sie über eine .de-Endung verfügen, stellen keine feste Geschäftseinrichtung dar. Es fehlt an ihrer physischen Greifbarkeit, an ihrer Verwurzelung im Inland.135 Das gleiche gilt für die Daten und Software, aus denen die Webseite aufgebaut ist. Nutzt ein Unternehmen zur Vermarktung seiner Dienstleistungen Banner-Space oder Microsites, so scheitert die Betriebsstättenerrichtung wiederum an der Virtualität der Datenwelt.136 dd) Fazit traditionelle Betriebsstätten Es konnte gezeigt werden, dass internetbasierte Dienstleister nur dann eine Betriebsstätte im Inboundverkehr begründen, wenn sie die Verfügungsmacht über physisch tatsächlich greifbare Komponenten haben. Zu den Dienstleistern, die eine Betriebsstätte begründen, zählen grenzüberschreitende Netzbetreiber sowie Zugangsanbieter, Host- und Application-Service-Provider und Cloudbetreiber, die materielle Hardwarekomponenten/Server nutzen. Plattformbetreiber, App-Stores, App-Entwickler und Inhalteanbieter können mit eigenen oder dedizierten Servern arbeiten. In diesen Fällen begründen sie eine Betriebsstätte. Im Normalfall werden sie jedoch die physischen oder virtuellen Server ihrer Dienstleister verwenden, um das Entstehen einer Betriebsstätte aus steuerstrategischen Gründen zu vermeiden. c) Dienstleistungsbetriebsstätten Im Folgenden soll untersucht werden, ob Dienstleistungsbetriebsstätten die Ertragssteuerlücke schließen können, die mangels eines Anknüpfungspunktes „traditioneller“ Betriebsstätten im Onlinebereich immer häufiger entsteht. Dienstleistungen benötigen aufgrund ihrer Nichtgegenständlichkeit für ihren Vertrieb zumeist keine Betriebsstätte. Daher wird eine solche Betriebsstätte auf Wunsch zahlreicher Staaten fingiert. Resultat dieser Fiktion ist die so genannte „Dienstleistungsbetriebsstätte“, welche trotz ihrer fehlenden festen Geschäftseinrichtung Anknüpfungspunkt und Schwelle für die Besteuerung im anderen Staat bilden soll. Sie existiert in Form von unechten und echten Dienstleistungsbetriebsstätten. 135 Vgl. OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.3. sowie Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 33. 136 Vgl. u. a. Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 39.

134

3. Kap.: Direkte Besteuerung

Unechte Dienstleistungsbetriebsstätten können z. B. die Lücke für ApplicationService-Provider und App-Entwickler schließen, sobald diese die Geschäftseinrichtung ihrer Kunden für ihre Dienstleistungen nutzen. Diese Option entfällt jedoch für Internetdienstleister, Plattformbetreiber, App-Stores und Cloudanbieter. Echte Dienstleistungsbetriebsstätten entstehen durch Abkommen zwischen Vertragsstaaten, in denen die Existenz und die Tatbestandsvoraussetzungen von Dienstleistungsbetriebsstätten individuell vereinbart werden. Theoretisch könnten alle internetbasierten Dienstleister, so lange sie selbst oder ihre Angestellten eine bestimmte Mindestanzahl an Tagen im anderen Vertragsstaat verbringen, echte Dienstleistungsbetriebsstätten begründen. Praktisch wird jedoch der von der OECD in ihrem Musterkommentar von 2008 vorgesehene Formulierungsvorschlag kaum verwendet. „Echte“ Dienstleistungsbetriebsstätten kennt auch das UN-Musterabkommen. Sie werden unter cc) dargestellt werden. Nachstehend werden die Tatbestandsvoraussetzungen für unechte aa) und echte Dienstleistungsbetriebsstätten bb) kurz dargestellt. Es wird gezeigt werden, dass sie trotz ihrer offensichtlichen Nähe zu internetbasierten Dienstleistungen keine Lösung sein können, um die Ertragsbesteuerung im anderen Staat für internetbasierte Sachverhalte zu optimieren. aa) Unechte Dienstleistungsbetriebsstätten Unechte Dienstleistungsbetriebsstätten werden als „unecht“ bezeichnet, weil sie im Text des OECD-Musterabkommens nicht ausdrücklich vorgesehen sind. Erwähnung finden sie lediglich im OECD-Musterkommentar, dessen Interpretation in Art. 5 OECD-MA hineingelesen wird. Die Basis der unechten Dienstleistungsbetriebsstätte bildet damit weiterhin der abkommensrechtliche Generaltatbestand für Betriebsstätten, der seit 1977 faktisch unveränderte Art. 5 Abs. 1 OECD-MA. Dessen Tatbestandsvoraussetzungen wurden bereits in Zusammenhang mit den Voraussetzungen für eine traditionelle Betriebsstättenerrichtung aufgezeigt. Die unechte Dienstleistungsbetriebsstätte wird mithin auf Abkommensebene im Wege einer extensiven Wortlautauslegung geschaffen.137 Hintergrund dieser Wortlautauslegung ist das so genannte Anstreicherbeispiel, das die OECD im Jahr 2003 in ihren Musterkommentar aufgenommen hat.138 Dieses besagt, dass ein Maler, der über einen längeren Zeitraum hinweg regelmäßig das Haus seines Auftraggebers streicht, allein durch die Geschäftstätigkeit an diesem Haus in dem anderen Vertragsstaat eine Betriebsstätte begründet.139 Damit wurde einer generell weiten Wortlautauslegung der festen Geschäftsreinrichtung, „durch die“ („through which“) die Geschäftstätigkeit ausgeübt wird, der Weg geebnet. Kennzeichen der unechten Dienst137 138 139

Vgl. Reimer, IStR 2009, 378, 379. Siehe OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 4.5. Vgl. hierzu auch Bendlinger, SWI 2006, 358, 361.

II. Inboundgeschäfte

135

leistungsbetriebsstätte ist seither, dass der Dienstleister „seine“ feste Geschäftseinrichtung im anderen Vertragsstaat substituiert durch die Einrichtung seines Auftraggebers, an und mit der er arbeitet. Dies soll ausreichen, um die Steuerhoheit des anderen Vertragsstaates zu begründen.140 Ein Großteil der Staaten schließt sich dieser „modernen“ Interpretation an, wonach die Geschäftstätigkeit auch an der Geschäftseinrichtung des Auftraggebers ausgeübt werden kann.141 So würde nach dieser Auffassung ein Unternehmen, das den Auftrag hat, eine Straße zu pflastern, so angesehen, als übe es seine Tätigkeit „durch“ den Ort aus, an dem die Tätigkeit stattfindet.142 Deutschland hat sich dezidiert gegen eine derartig weite Wortlautauslegung des OECD-MA auf nationaler Ebene ausgesprochen.143 Im Inboundverkehr spielt diese Form der Dienstleistungsbetriebsstätte daher keine Rolle. Die Rechtsprechung des BFH zur Auslegung der Tatbestandsvoraussetzung „Verfügungsmacht“ i.S.d. § 12 AO ist hingegen uneinheitlich. In einem dem Anstreicher-Urteil ähnlichen Fall aus dem Jahr 2008144 sprach sich der BFH gegen die Annahme einer Betriebsstätte aus. 2004 entschied er jedoch, dass die tatsächliche Nutzung einer Geschäftseinrichtung ausreicht.145 Im Jahr 2011 bejahte er die Verfügungsmacht eines Auftraggebers über Räumlichkeiten, obwohl dieser umfangreiche Managementaufgaben an den Auftragnehmer übertragen hatte. Auf eine örtliche Verwurzelung des Auftraggebers stellte er nicht ab.146 Folgt man der Auffassung der Mehrheit der Staaten, sinkt die Schwelle zur Betriebsstättenbegründung im Quellenstaat beträchtlich. Aufgegeben wird das Merkmal der Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung.147 Weder der Maler im Anstreicherbeispiel noch der Straßenpflasterer haben an der Einrichtung, sprich dem Haus bzw. der Straße, in und an der sie ihre Dienstleistung erbringen, Verfügungsmacht, die über das Recht auf Mitbenutzung hinausgeht. Demnach wäre Verfügungsmacht bereits gegeben, wenn ein Unternehmen eine Geschäftseinrichtung kontinuierlich nutzt, ohne die Kontrolle darüber zu haben. Die Anforderung an die Betriebsstättenbegründung nach Art. 5 Abs. 1 OECD-MA wäre auf die bloße Anwesenheit des Unternehmens in irgendeiner Geschäftseinrichtung herabgesenkt. Die weite Auslegung des Terms „durch die“ von Art. 5 Abs. 1 OECD-MA kann laut Anmerkungen 4.5 und 4.6 OECD-MK 2014 zu einer Betriebsstättenbegründung 140

Siehe u. a. Stuffer, Festschrift Wassermeyer, Rdnr. 6. So z. B. Bendlinger, IStR 2009, 521, 522. 142 OECD-MK 2014, Art. 5 Anm. 4.6. 143 Vgl. OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 45.7. 144 BFH-Urteil vom 4. 6. 2008, I R 30/07, BStBl. II 2008, S. 922. 145 BFH-Urteil vom 14. 7. 2004, I R 106/03, BFH/NV 2005, S. 154. 146 BFH-Urteil vom 24. 8. 2011, I R 46/10, vgl. Leitsatz 3, BFH/NV 2011, S. 2165; kritisch: Blumers/Weng, DStR 2012, 551, 552. Siehe auch Bürkle/Ullmann, DStR 2013, 944, 949. 147 Siehe auch Reiser/Cortez, IStR 2013, 6, 12. 141

136

3. Kap.: Direkte Besteuerung

führen, ohne dass eine feste Geschäftseinrichtung des Dienstleisters notwendig wäre, über die er Verfügungsmacht hat. In diesen Fällen wird die Geschäftseinrichtung des Kunden per Fiktion zur Betriebsstätte des Dienstleisters.148 Abgestellt wird nicht auf die Verfügungsmacht über eine feste Geschäftseinrichtung, sondern auf die Dienstleistungsintensität am Tätigkeitsort.149 Zu unterstreichen ist, dass diese weite Auslegung nur im Musterkommentar aufgeführt wird, sie aber zu keiner Änderung im Abkommen selbst geführt hat.150 Diese Tatsache, sowie die Möglichkeit divergierender Wortlautauslegungen der Vertragsstaaten und die damit verbundenen unternehmerischen und fiskalpolitischen Risiken in der Steuerplanung sollten in einem der nächsten Updates durch die OECD erneut überdacht werden. Internetdienstleister, Plattformbetreiber, App-Stores und Cloudanbieter können keine derartigen unechten Dienstleistungsbetriebsstätten begründen. Ihre Vertragspartner verfügen über keine feste Geschäftseinrichtung, „durch die“/anhand derer sie genau ihre Dienstleistung ausführen würden. Betriebsstätten entstehen bei diesen Dienstleistern bislang nur durch physisch greifbare Netze und Server im anderen Vertragsstaat. Die internetbasierten Dienstleister müssten daher zur Betriebsstättenbegründung mit Netzen und Servern ihrer Kunden arbeiten und damit ihre Dienstleistung erbringen. Dies ist jedoch weder möglich noch nötig. Es entstehen daher in diesen Fällen keine unechten Dienstleistungsbetriebsstätten. Anders verhält es sich bei Application-Service-Providern und App-Entwicklern. Sie können durchaus vor Ort bei ihren Kunden aus Praktikabilitätsgründen ein Projekt an deren Rechnern abwickeln. Die Räumlichkeiten des Kunden sowie seine Rechner würden, zumindest bei selbständigem Zutritt zu den Räumlichkeiten sowie uneingeschränktem Nutzungsrecht der Computer, zu einer Geschäftsreinrichtung führen, mit der sie eine unechte Betriebsstätte begründen könnten.151 bb) Echte Dienstleistungsbetriebsstätten nach Anm. 42.23 OECD-MK Das Erfordernis einer festen Geschäftseinrichtung wird bei echten Dienstleistungsbetriebsstätten gänzlich aufgehoben. Da es im Fall von internetbasierten Dienstleistungen durch die zunehmende Verwendung von virtuellen Servern an festen Geschäftseinrichtungen fehlt, lohnt ein Blick auf die Tatbestandsvoraussetzungen der echten Dienstleistungsbetriebsstätten. Echte Dienstleistungsbetriebsstätten entstehen laut OECD durch eine optionale Einigung der Vertragspartner auf eine isolierte Betriebsstättendefinition für 148 149 150 151

Siehe hierzu u. a. auch Wichmann, IStR 2012, 711, 713. Bürkle/Ullmann, DStR 2013, 944, 949. Vgl. Esterer, Festschrift Wassermeyer, Rdnrn. 6, 11. Siehe Reiser/Cortez, IStR 2013, 6, 13.

II. Inboundgeschäfte

137

Dienstleistungen in ihrem individuellen Abkommenstext.152 Vorbild für die Formulierung im individuellen Abkommenstext153 soll der Vorschlag in Tz. 42.23 zu Art. 5 des OECD-MK 2008 sein. Ausreichend kann demnach bereits das Tätigwerden im Quellenstaat über eine bestimmte Mindestzeitspanne hinaus sein. Das Erfordernis einer festen Geschäftseinrichtung würde in diesem Fall gänzlich aufgehoben.154 Nach Ansicht der OECD soll eine feste Geschäftseinrichtung jedoch weiterhin die Regelvoraussetzung für eine Betriebsstätte sein.155 Die Tatsache, dass der Formulierungsvorschlag nur im Musterkommentar und nicht auch im Musterabkommen selbst verankert ist, untermauert diesen Ansatz. Der Formulierungsvorschlag stellt daher eine ergänzende Regelung und keine alternative Definition für Betriebsstätten dar.156 Dienstleistungsbetriebsstätten begründen mithin nur eine Betriebsstättenfiktion und setzen keine feste Geschäftseinrichtung in dem anderen Vertragsstaat voraus.157 Dennoch unterliegen die aus ihr hervor gehenden Gewinne nach Art. 7 OECD-MA in dem anderen Staat der Besteuerung.158 Konkret kann eine echte Dienstleistungsbetriebsstätte nach Tz. 42.23 durch zwei alternative Tatbestände begründet werden: Zum einen wird eine Betriebsstätte begründet, wenn ein Unternehmen durch eine natürliche Person in dem anderen Vertragsstaat Dienstleistungen erbringt. Die natürliche Person muss sich dabei insgesamt länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten dort aufhalten und das Unternehmen muss in dieser Zeitspanne mehr als 50 % seiner Bruttoeinnahmen aus den Dienstleistungen der natürlichen Person beziehen. Diese in Rechnung zu stellenden Beträge müssen zu den aktiven Geschäftstätigkeiten des Unternehmens in dem anderen Vertragsstaat zählen. Zum anderen liegt eine Betriebsstätte vor, wenn ein Unternehmen in dem anderen Vertragsstaat an mehr als 183 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten Projektarbeit leistet, die von einer oder mehreren natürlichen Personen durchgeführt wird, die sich in dem anderen Vertragsstaat aufhalten und die Dienste dort erbringen. Im Rahmen der für Einzelunternehmer relevanten ersten Alternative ist zu berücksichtigen, dass die Vorschrift auf Fälle zielt, in denen verschiedene Dienst152

Vgl. Bürkle/Ullmann, DStR 2013, 944, 949. Die DBA Deutschlands mit China, Liberia und den Philippinen sehen Dienstleistungsbetriebsstätten vor. Diese orientieren sich jedoch mehr an dem UN-MA als an dem OECDMK. 154 So Rosenberger/Vitali/Ziehr, Beilage zu Heft 18 der IStR 2010, 1, 2. 155 OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.11 f. 156 OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.25 sowie Bürkle/Ullmann, DStR 2013, 944, 945 u. 947, wonach Dienstleistungsbetriebsstätten dem Generaltatbestand nach Art. 5 Abs. 1 OECDMA untergeordnet und über den OECD-MK zu mittelbaren Regelbeispielen werden. 157 OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.25. 158 OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.46. Echte Dienstleistungsbetriebsstätten sind jedoch nicht durch § 12 AO gedeckt; siehe Bürkle/Ullmann, DStR 2013, 944, 945 u. 949. 153

138

3. Kap.: Direkte Besteuerung

leistungen im anderen Staat durchgeführt werden und die 183-Tage Grenze für einzelne oder alle Dienstleistungen nicht überschritten wird. Auch kürzere, nur wenige Tage dauernde Projekte können damit in Summe der fiktiven Betriebsstätte zugerechnet werden.159 Entscheidend ist, dass sich die natürliche Person in dem anderen Vertragsstaat länger als 183 Tage aufhält.160 Der Zeitraum von mehr als 183 Tagen bezieht sich bei der zweiten Alternative auf das gesamte Unternehmen und nicht auf die natürlichen Personen. Nicht nötig ist es daher, dass immer dieselben Personen anwesend sind.161 Echte Dienstleistungsbetriebsstätten zeichnet aus, dass Vertragsstaaten ausformulierte Musterbeispiele als Grundlage für ihre jeweiligen DBA nehmen können. Im Bereich internetbasierter Dienstleistungen greifen diese Muster größtenteils jedoch nicht. Ausschlaggebend ist die physische Präsenz natürlicher Personen im anderen Vertragsstaat. Internetbasierte Dienstleister begründen daher im Normalfall keine echten Dienstleistungsbetriebsstätten. Dennoch ist es nicht ausgeschlossen, dass z. B. ein App-Entwickler oder Application-Service-Provider oder seine Angestellten vor Ort bei seinem Kunden mehr als 183 Tage verbringt oder Projekt vorangetrieben wird. Sind echte Dienstleistungsbetriebsstätten im individuellen DBA zwischen den beteiligten Staaten vereinbart, besteht, im Einklang mit den unechten Dienstleistungsbetriebsstätten, im anderen Vertragsstaat Ertragsteuerpflicht. cc) Dienstleistungsbetriebsstätten nach Art. 5 Abs. 3 UN-MA Die UNO hat mit Blick auf die Interessenlage der Entwicklungs- und Schwellenländer als Nettoimporteure von Leistungen und Kapital bereits in den UNMusterabkommen von 1979 und 2001 eine ausdrückliche Regelung zur Dienstleistungsbetriebsstätte vorgesehen.162 Art. 5 Abs. 3 lit b UN-MA normiert, dass Betriebsstätten auch durch das Erbringen von Dienstleistungen begründet werden können. Erfasst sind Dienstleistungen sowie Beratungsleistungen eines Unternehmens durch seine Arbeitnehmer oder anderes von einem Unternehmen zu diesem Zweck beschäftigtes Personal. Derartige Tätigkeiten müssen im anderen Vertragsstaat die Dauer von insgesamt 6 Monaten innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten überschreiten.163 Augenfällig ist, dass die Definition der UN keine feste Geschäftseinrichtung erfordert. Im Vergleich zur OECD sind jedoch natürliche Personen, sprich Einzel159

Vgl. Rosenberger/Vitali/Ziehr, Beilage zu Heft 18 der IStR 2010, 1, 4. OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.35. 161 OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.49. 162 Vgl. Rosenberger/Vitali/Ziehr, Beilage zu Heft 18 der IStR 2010, 1, 2. 163 Vgl. u. a. Bendlinger, IStR 2009, 521, 524 f.; sowie Rosenberger/Vitali/Ziehr, Beilage zu Heft 18 der IStR 2010, 1, 8. 160

II. Inboundgeschäfte

139

unternehmer, nicht umfasst („services (…) by an enterprise“). Auch das jeweilige zeitbezogene Zählkonzept ist unterschiedlich. Während die OECD-Fassung taggenau abrechnet, wird im UN-MA auf die Zeitspanne von Monaten abgestellt. In Summe dürfte die Fiktion des OECD-MK durch die taggenaue Abrechnung für die Entwicklungs- und Schwellenländer vorteilhafter sein. Darüber hinaus enthält das UN-MA für spezifische Dienstleistungstätigkeiten besondere Regelungen. Erfasst sind in Art. 5 Abs. 3 – 6 z. B. Baubetriebsstätten und ihre Überwachung, Vertreterbetriebsstätten sowie Versicherungsdienstleistungen. Diese Regeln sind bedeutsam, da sie in den Abkommen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz Verbreitung gefunden haben und weil eine feste Geschäftseinrichtung oder eine bestimmte Aufenthaltsdauer in diesen Fällen nicht erforderlich ist.164 dd) Fazit Dienstleistungsbetriebsstätte in der digitalen Wirtschaft Dienstleistungsbetriebsstätten kreieren in ihrer aktuellen Form zumeist keinen Anknüpfungspunkt für internetbasierte Dienstleister im anderen Vertragsstaat. Sie zeigen jedoch deutlich, dass Dienstleistungen anders als Waren zu behandeln sind. Offenbar besteht Bedarf für speziell zugeschnittene Regelungen. Dies zeigt sich in der Handhabe, Betriebsstättenfiktionen zu entwickeln, durch die der wesentliche Kern einer jeden Betriebsstätte, die feste Geschäftseinrichtung, ersetzt wird. Gerade durch die feste Geschäftseinrichtung wird die Verwurzelung im anderen Vertragsstaat offensichtlich. Anhand der festen Geschäftseinrichtung kann die Verfügungsmacht, die Autorisierung des Unternehmers über die Einrichtung am effizientesten überprüft werden. Sie ist zudem die physisch greifbare Komponente im Steuerverfahren: ihr kann z. B. ein Steuerbescheid zugestellt werden. Dieser Anknüpfungspunkt wird jedoch bei der Dienstleistungsbetriebsstätte gänzlich aufgegeben. Die angebotenen Fiktionen können daher nicht wirklich überzeugen. Sie schaffen Rechtsunsicherheit und entsprechen nicht dem historischen Kern, dem Grundgedanken von Betriebsstätten: eine Verkaufseinrichtung für Waren im anderen Vertragsstaat zu schaffen, die in einem Ausmaß am infrastrukturellen Leben des anderen Staates teilnimmt, dass ihre Besteuerung vor Ort gerechtfertigt ist. Im Rahmen von Dienstleistungsbetriebsstätten wird die feste Geschäftseinrichtung ersetzt durch die physische Anwesenheit der Dienstleister. Diese ist in der Onlinewelt aber typischerweise entbehrlich. Um internetbasierte Dienstleistungen über Dienstleistungsbetriebsstätten erfassen zu können, müsste nicht nur die physische Geschäftseinrichtung per Fiktion ersetzt werden. Hinzu käme als weitere Fiktion das Substituieren der physischen Präsenz des Dienstleisters durch eine Webpräsenz, in der sich seine Dienstleistungen ausdrücken. Eine solche Doppel-

164

So auch Rosenberger/Vitali/Ziehr, Beilage zu Heft 18 der IStR 2010, 1, 8.

140

3. Kap.: Direkte Besteuerung

fiktion wäre jedoch unvereinbar mit dem Erfordernis eines „Nexus“, eines Anknüpfungspunktes im anderen Vertragsstaat. d) Bau- und Vertreterbetriebsstätten Bau- und Vertreterbetriebsstätten sollen nachstehend kurz analysiert werden. Zwar spielen sie in Bezug auf internetbasierte Dienstleistungen eine untergeordnete Rolle. Trotzdem illustrieren auch sie, wie alternative Betriebsstättenansätze, die im OECD-MA verankert sind, aussehen können. Sie zeigen, wie groß der Spielraum für Anknüpfungspunkte in Bezug auf Betriebsstätten sein kann. aa) Baubetriebsstätten Art. 5 Abs. 3 des OECD-Musterabkommens normiert als Sondertatbestand die Baubetriebsstätte. Erwähnenswert ist sie in Zusammenhang mit internetbasierten Dienstleistungen, weil sie im Musterabkommen selbst geregelt ist, und weil trotz gänzlichen Nichtvorliegens einer festen Einrichtung eine Betriebsstätte begründet wird. Mithin ist zu klären, ob die Tatbestandsvoraussetzungen von Baubetriebsstätten auch für die digitale Wirtschaft Gültigkeit haben können. Der „Mangel“ einer festen Geschäftseinrichtung wird, wie bei der echten Dienstleistungsbetriebsstätte, durch ein zeitliches Erfordernis ausgeglichen. Baubetriebsstätten setzen ausweislich Art. 5 Abs. 3 OECD-MA ein Bestehen der Baustellen von 12 Monaten oder länger voraus. Strittig ist, ob Art. 5 Abs. 3 als „Betriebsstättenfiktion“ anzusehen ist, sprich als lex specialis zu Absatz 1, so dass weder Ständigkeit noch Verwurzelung und Verfügungsmacht zur Betriebsstättenbegründung notwendig wären. Diese Auffassung wird von der deutschen und der österreichischen Finanzverwaltung vertreten.165 Die Gegenauffassung betrachtet den Absatz 3 als schlichte Erläuterung des Absatzes 1; Tatbestandsvoraussetzungen wie die Verfügungsmacht seien trotzdem nötig. Auswirkungen zeigt dieser Dissens bei der Frage, ob Dienstleistungen, wie z. B. rein beratende Bauüberwachungstätigkeiten, wie Bauausführungen und Montagen zu behandeln sind, sprich erst dann betriebsstättenbegründend sind, wenn sie mindestens 12 Monate lang erbracht werden, oder aber ob sie (wie nach nationalem Recht, § 12 Nr. 8 AO) bereits nach 6 Monaten einen Steueranspruch des Quellenstaates auslösen können.166 Folgt man dieser letzten Meinung, werden die Baubetriebsstätten durch die Ausgliederung in einen eigenen Absatz 3 in allen Fragen außer der Mindestfrist wieder dem Regime des Art. 5 Absatz 1 unterstellt.

165 166

Vgl. Bendlinger, SWI 2006, 358, 359. So Rosenberger/Vitali/Ziehr, Beilage zu Heft 18 der IStR 2010, 1, 15.

II. Inboundgeschäfte

141

Bei Baubetriebsstätten handelt es sich typischerweise um Geschäftstätigkeiten, die „an“ einem Grundstück verrichtet werden.167 Die bloße Existenz von Art. 5 Abs. 3 OECD-MA spricht daher einerseits im Sinne der zweiten Auffassung für ein generelles Absenken der Anforderungen, die an das „durch“ in Absatz 1 zu stellen sind.168 Folgt man hingegen der ersten Auffassung, die Art. 5 Abs. 3 als lex specialis betrachtet, sind Baubetriebsstätten als Ausnahmeerscheinung zu qualifizieren, weil es in der Baubranche schlicht keine feste Geschäftseinrichtung im Sinne der Ausgangsdefinition geben kann. Festzuhalten ist, dass Baubetriebsstätten charakterisiert sind durch eine unfeste Geschäftseinrichtung und eine mindestens 12-monatige Existenz. bb) Vertreterbetriebsstätten Vertreterbetriebsstätten (Art. 5 Abs. 5 und 6 OECD-MA) sind als Konstruktion in Bezug auf internetbasierte Dienstleistungen aus zwei Gründen interessant. Zum einen sind ihre Tatbestandsvoraussetzungen wiederum denen der echten Dienstleistungsbetriebsstätte ähnlich. Eine feste Geschäftseinrichtung ist zur Betriebsstättenbegründung nicht notwendig. Abgestellt wird nicht auf ein zeitliches Erfordernis wie bei der Baubetriebsstätte, sondern lediglich auf den Vertreter im anderen Vertragsstaat, der eine natürliche oder juristische Person sein kann.169 Zum anderen sind Vertreterbetriebsstätten interessant, weil gerade digitale Dienstleistungen in multinationalen Konzernen oftmals zentral vertrieben und Betriebsstätten damit vermieden werden. Hier setzt das BEPS-Projekt an. Es werden derzeit Formulierungsvorschläge für Art. 5 Abs. 5 und 6 OECD-MA erarbeitet, um die Schwelle zur Annahme einer Vertreterbetriebsstätte zu erleichtern. (1) Nationale und abkommensrechtliche Tatbestandsvoraussetzungen Im nicht DBA-gebundenen Inboundverkehr ist die Schwelle zur Vertreterbetriebsstätte schnell überschritten. § 13 AO, die Vorschrift für ständige Vertreter, ist deutlich weiter gefasst als ihr Pendant für abhängige Vertreter im Abkommensrecht gem. Art. 5 Abs. 5 OECD-MA.170 Gem. § 13 AO ist ein ständiger Vertreter eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachanweisungen unterliegt. Aus167

Umstritten ist, ob auch der „Ort der Geschäftsleitung“ nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. a) OECD-MA zu den Betriebsstätten gehören soll, die keine feste Geschäftseinrichtung benötigen. Der BFH verlangt keine feste Geschäftseinrichtung, weil § 12 S. 2 Nr. 1 AO eine Definitionserweiterung enthalte, siehe „Wochenmarktfall“ des BFH vom 28. 7. 1993, IR 15/93, BStBl. II 1994, S. 148. 168 Vgl. Reimer, IStR 2009, 378, 380. 169 Vgl. Koenig, in: Koenig (Hrsg.), §13 AO, Rdnr. 2; sowie BFH-Urteil vom 14. 9. 1994, BStBl. II, 1995, S. 238. 170 Siehe auch Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 40.

142

3. Kap.: Direkte Besteuerung

weislich des Wortlauts der Vorschrift benötigt der Vertreter weder eine Vollmacht, noch muss er wirtschaftlich von dem vertretenen Unternehmen abhängig sein. Ausreichend ist, dass der Vertreter den sachlichen Weisungen des Vertretenen folgen muss.171 Ob dies aus rechtsgeschäftlichen oder aus tatsächlichen Gründen geschieht, spielt keine Rolle.172 Der Begriff des ständigen Vertreters setzt voraus, dass zwischen dem Vertreter und dem Unternehmen ein Vertretungsverhältnis besteht, die beiden mithin personenverschieden sind.173 Der Vertreter muss entweder gänzlich im Inland ansässig, oder seine Inlandsaufenthalte müssen so häufig sein, dass sie eine nachhaltige Repräsentanz des Unternehmens im Inland bedeuten. Eine feste zeitliche Grenze gilt hierbei nicht.174 Agiert ein Vertreter nachhaltig für ein Unternehmen, begründet er mithin bereits eine Betriebsstätte in Deutschland. Die Tatbestandsvoraussetzungen für einen „abhängigen Vertreter“ nach Art. 5 Abs. 5 OECD-MA sind im Vergleich deutlich enger gefasst. Der Inlandsvertreter löst nur dann eine Betriebsstättenfiktion aus, wenn er von dem zu vertretenden Unternehmen eine Vollmacht erteilt bekommt, für das Unternehmen in dessen Namen Verträge abzuschließen. Auf ein Anstellungsverhältnis kommt es dagegen nicht an.175 Vorbereitungs- und Hilfstätigkeiten i.S.d. Art. 5 Abs. 4 OECD-MA 2010 sind dabei nicht erfasst. Vielmehr müssen die Verträge des Vertreters dem eigentlichen Unternehmenszweck zuzuordnen sein.176 Laut Art. 5 Abs. 6 OECD-MA begründen unabhängige Vertreter wie z. B. Makler keine Betriebsstätte für ausländische Unternehmen.177 (2) Vertreterbetriebsstätten in multinationalen Konzernen Grenzüberschreitend agierende Unternehmensgruppen zentralisieren typischerweise ihre Vertriebswege. Das Thema „Vertreterbetriebsstätte“ ist daher für die Finanzverwaltungen von großer Bedeutung, aktuell jedoch wenig ertragreich. Multinationale Konzerne setzen u. a. unabhängige Vertreter (Kommissionäre) ein, die im Rahmen ihrer ordentlichen Geschäftstätigkeit die digitalen Dienstleistungen

171

So Gersch, in: Klein (Hrsg.), § 13 AO, Rdnr. 2. Siehe u. a. Gosch, in: Kirchhof (Hrsg.), § 49 EStG, Rdnr. 14. 173 So Gersch, in: Klein (Hrsg.), § 13 AO, Rdnr. 2. 174 Siehe Koenig, in: Koenig, §13 AO, Rdnrn. 3, 5. In Anlehnung an die Betriebsstättendefinition wird auch vertreten, dass der Vertreter über 6 Monate im anderen Staat tätig sein muss; vgl. u. a. Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 41. 175 Siehe u. a. Burwitz, NZG 2013, 1300, 1300. 176 Vgl. OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 33. 177 Siehe OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 32 – 35. 172

II. Inboundgeschäfte

143

der Konzernmütter vertreiben.178 Damit begründet der Konzern gem. Art. 5 Abs. 6 OECD-MA 2010 grundsätzlich keine Betriebsstätte. Häufig eingesetzt werden auch abhängige Vertreter, Kommissionäre i.S.d. Art. 5 Abs. 5 OECD-MA. Sie erhalten eine Abschlussvollmacht für Verträge, mit der sie das vertretene Unternehmen binden. Liegt diese vor, entsteht eine Vertreterbetriebsstätte. Abhängige Vertreter, z. B. Tochtergesellschaften, agieren jedoch oft auch ohne Abschlussvollmacht und dafür im eigenen Namen und für fremde Rechnung.179 Wie diese „Zwischenstufe“ an Vertretern zu behandeln ist, ist umstritten.180 Nach einer Auffassung kann sich die Abschlussvollmacht auch darin manifestieren, dass der Dritte, sprich der Kommittent, wirtschaftlich und faktisch gebunden wird.181 Nach herrschender Meinung ist jedoch die rechtliche, nicht nur die wirtschaftliche Bindung des Kommittenten zwingende Voraussetzung für eine Vertreterbetriebsstätte. Schließt der Kommissionär einen Vertrag im eigenen Namen ab, bindet er schließlich nur sich selbst. Eine solche mittelbare Vollmacht, mit der der Kommissionär Geschäfte auf Rechnung des Unternehmens im eigenen Namen abschließt, ist vom Wortlaut des Art. 5 Abs. 5 OECD-MA nicht gedeckt. Eine Vertreterbetriebsstätte entsteht in diesen Fällen zur Zeit nicht.182 Im Rahmen des Aktionspunktes 7 des BEPS-Projekts wurden Formulierungsvorschläge für Art. 5 Abs. 5 und 6 erarbeitet, welche die Annahme eines ständigen Vertreters in diesen Konstellationen künftig leichter möglich machen soll. Abhängige Vertreter werden zunehmend ersetzt durch Arbeitskräfte im Staat der Konzernmutter. Diese bereiten z. B. sämtliche Verträge vor, die dann über das Internet abgeschlossen werden.183 Hierin liegt eine weitere einfache Gestaltungsmöglichkeit, um Betriebsstätten zu vermeiden.

178

Ordentliche Geschäftstätigkeit meint, dass der Kommissionär keine zusätzlichen Aufgaben aus dem Bereich seines Auftraggebers übernimmt. Siehe Rasch, IStR 2011, 6, 9. 179 Die Abhängigkeit eines Vertreters bemisst sich anhand der Komponenten sachliche und persönliche Abhängigkeit. Ausschlaggebend sind damit die sachliche Weisungsgebundenheit sowie das Ausmaß der Verpflichtungen gegenüber dem Unternehmer und die Frage, wer das Unternehmerrisiko trägt. Vgl. hierzu Rasch, IStR 2011, 6, 9. 180 Siehe zu diesem Thema ausführlich Ditz/Bärsch/Schneider, UbG 2013, 493. 181 Vgl. z. B. die Entscheidung des spanischen Tribunal Supremo vom 12. 01. 2012 in der Rs. Roche, Nr. 1626/2008, besprochen von Ditz/Bärsch/Schneider, UbG 2013, 493. 182 Kern des Problems sind die unterschiedlichen Vertreterkonzepte im Common Law und Continental Law: „While an undisclosed agent would have sufficient authority to legally bind its principal, a commissionaire according to the continental European civil law acts in his own name, but for the account of the foreign enterprise“, siehe Report of the Commission Expert Group on Taxation of the Digital Economy, S. 48. 183 Siehe Report of the Commission Expert Group on Taxation of the Digital Economy, S. 49.

144

3. Kap.: Direkte Besteuerung

cc) Baubetriebsstätten und Vertreterbetriebsstätten in der digitalen Wirtschaft Klassische Baubetriebsstätten werden in Zusammenhang mit der digitalen Wirtschaft nur dann begründet, wenn z. B. neue Serverfarmen gebaut werden. Ausreichend und erforderlich wäre in diesem Fall, dass die Baustelle mindestens 12 Monate besteht. Unabhängig von einer Klassifizierung als Baubetriebsstätte ist festzuhalten, dass internetbasierte Dienstleister zeitliche Erfordernisse als Substitut zur festen Geschäftseinrichtung zumeist erfüllen können. Zwar gibt es keine einer Baustelle vergleichbare „unfeste“ Geschäftseinrichtung, dafür werden Dienstleistungen, wie z. B. das Anbieten von Speicherplatz, von demselben Anbieter mit hoher Wahrscheinlichkeit dauerhaft angeboten. Vertreterbetriebsstätten sind in der digitalen Wirtschaft ebenfalls rar gesät. Zwar wird auf das Kriterium der festen Geschäftseinrichtung verzichtet, substituiert wird es jedoch durch die physische Anwesenheit von Personen. Deren Anwesenheit im anderen Vertragsstaat muss sich zudem durch eine gewisse Regelmäßigkeit und Dauer auszeichnen. Server und/oder ähnliche Hardware scheiden daher von vornherein als Vertreter aus.184 Als Vertreter in Frage kommen Personen bzw. Unternehmen, die für ein ausländisches Unternehmen vor Ort z. B. den deutschen Webshop betreuen. Auf OECDEbene müssen die den Webshop betreibenden Personen auch in den Vertragsabschluss mit ihren Kunden eingeschaltet sein,185 auf nationaler Ebene wäre das reine Betreiben des Webshops bereits ausreichend, um eine Vertreterbetriebsstätte zu begründen. Eine Betriebsstätte begründen können auch mobile Kundenbetreuer sowie Telearbeiter186 von Cloudanbietern, Internetplattformen oder Host- und ApplicationService-Providern. Im Fall von Telemitarbeitern scheidet eine reguläre Betriebsstätte durch das Homeoffice des Mitarbeiters mangels Verfügungsmacht des ausländischen Unternehmens zumeist aus. Eine Vertreterbetriebsstätte durch den Telearbeiter oder den mobilen Kundenbetreuer kann nur dann vorliegen, wenn sie abkommensrechtlich mit Abschlussvollmacht, national weisungsgebunden, in den Vertrieb, sprich den Vertragsabschluss über Dienstleistungen eingebunden sind. Bau- und Vertreterbetriebsstätte zeigen mithin, dass einzelne Tatbestandsvoraussetzungen, die zur Begründung klassischer Betriebsstätten grundsätzlich notwendig sind, fehlen dürfen, ohne dass ihre Existenz als Betriebsstätte in Frage gestellt würde. Im ersten Fall fehlt es am Merkmal der festen Geschäftseinrichtung, Personen spielen keine Rolle, dafür aber die zeitliche Komponente. Im zweiten Fall 184

Server wären auch nicht in der Lage, eigenständige Willenserklärungen abzugeben. Siehe von Wallis, Handbuch des Multimedia-Rechts, 2011, Teil 27, Rdnr. 55. 185 Siehe OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.10. 186 Siehe hierzu Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 105 f.

II. Inboundgeschäfte

145

ist eine feste Geschäftseinrichtung überflüssig, dafür muss die natürliche oder juristische Person substanziell Zeit im Quellenstaat verbringen. Dies zeigt, dass mit den einzelnen Komponenten einer Betriebsstätte jongliert werden kann, und dass internetbasierte Dienstleistungen grundsätzlich auch Betriebsstätten begründen können müssten. e) Wertungswidersprüche OECD-MA und OECD-MK Sowohl im Bereich der echten Dienstleistungsbetriebsstätte als auch bei der Baubetriebsstätte und der Vertreterbetriebsstätte fallen Wertungswidersprüche zu Art. 5 Abs. 1 OECD-MA auf. Dies zeigt, dass das „Nachbessern“ der Betriebsstättenvoraussetzungen durch das Einfügen neuer Absätze in das MA, oder von Formulierungsvorschlägen in den MK, einen nicht stimmigen Flickenteppich tatbestandlicher Voraussetzungen hervorruft. Schließt z. B. ein Prinzipal im Quellenstaat einen Dienstleistungsvertrag ab, wären die Gewinne aus diesem Vertrag mangels fester Geschäftseinrichtung nicht von Art. 5 Abs. 1 OECD-MA erfasst. Würde den Vertrag jedoch sein abhängiger Vertreter abschließen, wäre der Sondertatbestand der Vertreterbetriebsstätte berührt, der Quellenstaat hätte Besteuerungshoheit.187 Gem. Art. 5 Abs. 3 OECD-MA begründen Bau- und Montageausführungen erst ab einer Zeitdauer von 12 Monaten eine Betriebsstätte. Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit Bau- und Montageausführungen stehen, können jedoch bereits nach 6 Monaten eine echte Dienstleistungsbetriebsstätte herbeiführen.188 Unklar ist auch, wieso die erste Alternative der echten Dienstleistungsbetriebsstätten, welche die Besteuerung von Dienstleistungen erst ab 50 % der Bruttoeinnahmen greifen lässt, vor allem für Einzelunternehmer gelten soll. Dies würde bedeuten, dass durch das Hinzuziehen weiterer Personen die Besteuerung im Quellenstaat umgangen werden könnte. Dieses Vorgehen steht nicht nur im Widerspruch zur zweiten Alternative, die auch für mehrere natürliche Personen gilt, sondern ist auch in sich nicht stimmig und vermutlich nicht gewollt.189 Nachhaltig gelöst werden könnte diese Problematik nur durch einen neu formulierten Betriebsstättenartikel. In diese Richtung zielt das BEPS-Projekt.190

187 188 189 190

Näher hierzu Reimer, IStR 2009, 378, 381. Vgl. u. a. Bendlinger, IStR. 2009, 521, 523. Siehe u. a. Rosenberger/Vitali/Ziehr, Beilage zu Heft 18 der IStR 2010, 1, 4. Vgl. Kapitel 4 unter I.

146

3. Kap.: Direkte Besteuerung

f) Fazit Betriebsstätten Es konnte gezeigt werden, dass im Verlauf der Jahre der Betriebsstättenartikel des OECD-MA Erweiterungen und Neuinterpretationen erfahren hat. In den OECD-MK eingefügt wurde der Formulierungsvorschlag für eine echte Dienstleistungsbetriebsstätte. Unechte Dienstleistungsbetriebsstätten können grundsätzlich in das Musterabkommen hineingelesen werden und finden anhand der Auslegungshilfe des MK („Anstreicherbeispiel“) einen breiten Anwendungsbereich. Diese Ausweitung des Betriebsstättenbegriffs – oft auch als „Aushöhlung“ bezeichnet – wird gerade von deutscher Seite sehr kritisch beurteilt. Eine Ausdehnung des Betriebsstättenbegriffs weckt vor allem Sorge um das nationale Steuersubstrat.191 Auch die am 18.4. 2013 vom Bundesfinanzministerium vorgestellte neue deutsche Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich Einkommen und Vermögen sieht (weiterhin) keine Begründung einer Betriebsstätte bei bloßer Dienstleistungserbringung vor.192 Dieser Standpunkt ist, gerade mit Blick auf die Historie von Betriebsstätten, und ihrem Zweck, den Vertrieb von Waren in anderen Vertragsstaaten steuerbar zu machen, wertungskonsistent. Es konnte nachgezeichnet werden, dass die Ausweitung des Betriebsstättenbegriffs auf Dienstleistungen keine weiteren eindeutigen Anknüpfungspunkte für internetbasierte Dienstleistungen im anderen Vertragsstaat kreieren konnte und kann.193 Soweit Hardwarekomponenten betroffen sind, können sie grundsätzlich unter den traditionellen Betriebsstättenbegriff subsumiert werden. In der Praxis dürften jedoch nur große Rechenzentren hiervon betroffen sein, und kleinere Unternehmen, die mit dedizierten Servern arbeiten, werden von den Finanzverwaltungen vermutlich nicht erfasst. Im Fall von virtuellen Servern sind keinerlei Anknüpfungspunkte einschlägig. Auch Vertreterbetriebsstätten können durch Gestaltungen, wie z. B. dem Kommissionärsmodell in mittelbarer Stellvertretung, leicht vermieden werden. All dies hat seinen fundamentalen Grund in dem Erfordernis der physischen Präsenz von Geschäftseinrichtungen und/ oder Personen im anderen Vertragsstaat; ein Erfordernis, das dem Betriebsstättenkonzept Rechnung trägt, den Anforderungen an eine Besteuerung der digitalen Welt jedoch nicht (mehr) gerecht wird und mithin Besteuerungslücken aufwerfen muss. Zusammenfassend ist daher zu bemerken, dass der Betriebssättenbegriff in seiner Textform nach Art. 5 OECD-MA und §12 AO ein in sich geschlossenes und stringentes Konzept für Waren darstellt, das jedoch nicht auf Dienstleistungen skalierbar ist. Speziell internetbasierte Dienstleistungen sind davon nicht umfasst. 191

Vgl. nur z. B. Kahle/Ziegler, DStZ 2009, 834, 847. Vgl. auch Burwitz, NZG 2013, 1300, 1300. 193 Die fortschreitende Nutzung des Internets ohne neue Regelungen würde prinzipiell einhergehen mit einer Bedeutungszunahme des Ansässigkeitsprinzips; Akcaoglu, Ankara Law Review 2002, 117, 151. 192

II. Inboundgeschäfte

147

Zu prüfen ist, ob sich im Rahmen der inländischen beschränkten und nicht DBAgebundenen Steuerpflicht ein ähnliches Bild ergibt für betriebsstättenlose Einkünfte aus internetbasierten Dienstleistungen. Nachstehend werden daher die folgenden Tatbestandsalternativen von § 49 Abs. 1 EStG untersucht, die Verwertung von Darbietungen unter Gliederungspunkt 2., die Vermietung, Verpachtung oder Veräußerung von Nutzungsrechten unter 3., selbständige Einkünfte unter 4., Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unter 5. sowie sonstige Einkünfte unter 6.

2. Gewerbeeinkünfte durch die Verwertung von Darbietungen § 49 Abs. 1 Nr. 2d) EStG erfasst künstlerische, sportliche, unterhaltende und artistische Darbietungen, die in Deutschland gewerbsmäßig ausgeübt oder verwertet werden. Mit dem Internet kompatibel ist nur die Verwertungsalternative, denn der Ausübungstatbestand setzt voraus, dass die jeweilige Tätigkeit unter physischer Anwesenheit des Darbietenden im Inland getätigt wird.194 Damit geht diese Tatbestandsalternative im Fall internetbasierter Dienstleistungen grundsätzlich ins Leere.195 Ebenfalls nicht von § 49 Abs. 1 Nr. 2d) erfasst ist das Herunterladen von Liedern, z. B. über I-Tunes. Hier fehlt es an der Tatbestandsvoraussetzung einer „Darbietung“, denn über I-Tunes und alle weiteren Anbieter werden grundsätzlich Studioaufnahmen heruntergeladen. Ebenfalls keine (Werbe-) Einkünfte aus verwerteten unterhaltenden Darbietungen werden von den Betreibern von u. a. Twitter, Ello und Facebook erzielt.196 Die Postings ihrer Nutzer sind nicht als Darbietung im Sinne eines persönlichen Auftretens zu qualifizieren.197 Grenzüberschreitende Streamings und Downloads von Darbietungen können hingegen die beschränkte Steuerpflicht ihrer Anbieter in Deutschland auslösen.198 Der Tatbestand ihrer Verwertung meint die Nutzbarmachung von Inlands- und Auslandsdarbietungen im Inland. Eine Verwertung liegt vor, „wenn das Ergebnis der 194 So u. a. bei Wied/Reimer, in: Blümich/Heuermann (Hrsg.), Stand 2015, § 49 Rdnr. 109 sowie Vierbrock, in: Littmann/Bitz/Pust, Stand 2015, § 49 Rdnr. 128 sowie BMF-Schreiben vom 25. 11. 2010, BStBl. I 2010, S. 1350, Rdnr. 18. 195 Siehe Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 48. 196 Unterhaltende Darbietungen umfassen das gesamte Show- und Unterhaltungsgeschäft; siehe Wied/Reimer, in: Blümich/Heuermann (Hrsg.), Stand 2015, § 49 Rdnr. 109. 197 Vgl. hierzu u. a. Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 50 f. 198 Der bekannteste Streaming-Anbieter ist Youtube. Die interatkive Plattform finanziert sich selbst über Instream- und Bannerwerbung und löst daher keine beschränkte Einkommensteuerpflicht aus. Kostenpflichtige Livestreams von z. B. Fußballspielen bietet z. B. auch der Sender Sport 1, http://tv.sport1.de, siehe Livestream-Pakete, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018.

148

3. Kap.: Direkte Besteuerung

künstlerischen, sportlichen oder artistischen Darbietung in dem Sinne dem Abnehmer zugeführt wird, dass ein Wert oder ideelles Produkt geschaffen wird, welches einer neben der Darbietung stehenden gesonderten Verwertung zugänglich und nicht mit der reinen Darbietung identisch ist“.199 Eine inländische Betriebsstätte ist hierfür ausweislich des Wortlauts der Vorschrift nicht erforderlich.200 Vom Verwertungstatbestand erfasst sind damit digital aufbereitete Darbietungen, welche über das Internet verkauft werden. Für den Verkauf in Frage kommen vor allem Livestreams sowie zeitversetzte Streams, aber auch der „klassische“ Download von z. B. einer Ballettaufführung.201 Bei einem Download werden Dateien mit einem digitalen Inhalt bei einem Portal „to own“ heruntergeladen und entweder auf einer Festplatte oder in einer Cloud abgespeichert.202 Im Rahmen eines Streams werden Inhalte als Datenstrom gehört oder gesehen. Die Dateien werden dabei schubweise in kleinen Paketen via Internet auf ein Endgerät, beispielsweise einen PC, ein Smartphone oder einen Tablet-Computer übertragen, ohne dort oder auf einer externen Festplatte gespeichert zu werden. Videound Audiodateien werden dabei zeitgleich über ein Netzwerk übertragen, wiedergegeben und die Daten anschließend verworfen.203 Als Streamingbeispiel genannt seien hier die Opern- und Ballettaufführungen der Staatsoper Wien, die weltweit kostenpflichtig „live“ oder zeitversetzt miterlebt werden können.204 Die Oper würde in Deutschland steuerpflichtig, wenn die Verwertung ihrer Darbietungen im Inland, mithin in Deutschland, erfolgte. Für die Frage, ob die Verwertung im Inland erfolgt, kommt es auf den Ort der Verwertung, nicht auf den Ort der Einkünfteerzielung an.205 Problematisch ist, dass der Wortlaut der Norm nicht klar erkennen lässt, ob es auf die Verwertung durch den inländischen Nutzer, durch den ausländischen Darbietenden oder durch den ausländischen Übertrager der Nutzungsmöglichkeit der Darbietung 199

BFH-Urteil vom 4. 3. 2009, I R 6/07, BStBl. II 2009, S. 625. Der Wortlaut der Vorschrift sieht keine inländische Betriebsstätte als Voraussetzung für die beschränkte Steuerpflicht aus einer Darbietungsverwertung vor. Dennoch wird teilweise gefordert, den Verwertungsbegriff insoweit im Lichte des § 49 Abs. 1 Nr. 6 einzugrenzen und eine inländische Betriebsstätte als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal zu verlangen. M. E. kann die Betriebsstättenvoraussetzung jedoch nicht in die Vorschrift hineingelesen werden. Vielmehr zeichnet sich die Vorschrift gerade dadurch aus, dass sie, anders als z. B. Nr. 2 f), wo die inländische Betriebsstätte explizit vorausgesetzt wird, „betriebsstättenlos“ verwirklicht wird. Auch die Finanzverwaltung lehnt eine Einschränkung des Tatbestands ab. 201 Zu den verschiedenen Definitionen und Vertriebsmöglichkeiten digitaler Inhalte, sowie ihrer urheberrechtlichen Bewertung, siehe ausführlich Bäcker/Höfinger, ZUM 2013, 623. Die Autoren gehen u. a. kurz auf das heutige Nutzungsverhalten im Online-Bereich ein, das einerseits geprägt ist vom klassischen Besitz von Inhalten (Download) und andererseits von ihrem reinen Konsum in Form des Streamings. 202 Vgl u. a. Handig, GRUR 2007, 206, 208. Siehe auch Bäcker/Höfinger, ZUM 2013, 623, 623 f. Sowie Bullinger, in: Wandtke/Bullinger (Hrsg.), § 19 a UrhG, Rdnr. 34. 203 Vgl. z. B. https://de.wikipedia.org/wiki/Live-Streaming, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. 204 https://www.staatsoperlive.com/de/, zuletzt aufgerufen am 26. 3. 2018. 205 U. a. bei Wied/Reimer, in: Blümich/Heuermann (Hrsg.), Stand 2015, § 49 Rdnr. 117. 200

II. Inboundgeschäfte

149

ankommt.206 Im Fall eines Streamings kommen zwei Verwertungsorte in Frage. Zum einen der Ort, an dem für die digitale Aufbereitung der Darbietung gesorgt wird (Oper Wien), zum anderen der Ort des privaten Nutzers, der die Darbietung im Inland über seinen Laptop konsumiert (Deutschland). Das Schrifttum sieht in herkömmlichen Fällen als Verwertungs- und damit Besteuerungsort Deutschland an und stellt damit auf die Inlandsnutzung ab. Ausschlaggebend sei die Übertragung der Nutzungsrechte auf inländische Vertragspartner durch den Übertragenden.207 Diese Ansicht würde eine beschränkte Steuerpflicht der Oper Wien in Deutschland als Folge ihres Streamingangebots nach sich ziehen. Dieses Ergebnis ist m. E. für Streamings und Downloads zu überdenken. Traditionell wurden bisher die Vermarktungs- oder Vervielfältigungsrechte an inländische Vertragspartner übertragen. Die inländische Verwertung bestand in der Erlaubnis für die inländischen Vertragspartner, die Darbietung weiter zu übertragen. Eine deutsche Fernsehanstalt durfte und darf z. B. die Darbietungen eines ausländischen Veranstalters übertragen. Im Fall des Streamings ist jedoch kein weiterer inländischer Vertragspartner zwischengeschaltet, der weiterverwertet. Vertragspartner ist vielmehr der private Nutzer selbst, der unmittelbar das Nutzungsrecht erhält. Er verwertet nicht die Darbietung im Sinne einer eigenen Wert- oder Produktschaffung, sondern konsumiert sie schlicht. Dies entspricht nicht der gängigen Definition einer Verwertung, die einen Mehrwert im Vergleich zur reinen Nutzung verlangt.208 Meiner Ansicht nach können daher weder Streamings noch Downloads inländischer Darbietungen ausländischer Veranstalter, noch ausländische Darbietungen eine beschränkte Steuerpflicht im Inland auslösen. Wünschenswert wäre hier eine Klarstellung des Wortlauts, z. B. im Rahmen des nächsten Jahressteuergesetzes.

3. Gewerbeeinkünfte durch die Vermietung und Verpachtung oder Veräußerung von unbeweglichem Vermögen, Sachinbegriffen oder Rechten a) Grundsätzliches zur Vermietung, Verpachtung oder Veräußerung von Rechten und Sachinbegriffen i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f), Nr. 6 EStG Bedingt durch den Untersuchungsgegenstand „Besteuerung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen“ ist in dieser Arbeit die Überlassung von Software zu untersuchen. Mithin ist die Tatbestandsalternative gewerbsmäßige 206

Vgl. auch Maßbaum, in: HHR (Hrsg.), Stand 2014, § 49 EStG, Rdnr. 542. So z. B. Maßbaum, in: HHR (Hrsg.), Stand 2014, § 49 EStG, Rdnr. 542; sowie Gosch, in: Kirchhof (Hrsg.), § 49 EStG, Rdnr. 24 und Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 48. 208 Siehe u. a. BMF-Schreiben vom 25. 11. 2010, BStBl. I 2010, S. 1350, Rdnr. 19. 207

150

3. Kap.: Direkte Besteuerung

Vermietung/Verpachtung oder Veräußerung von Rechten und Sachinbegriffen zu behandeln. Sachinbegriffe liegen vor, wenn mehrere Wirtschaftsgüter funktionell und technisch so aufeinander abgestimmt sind, dass sie eine wirtschaftliche Einheit bilden, wie dies z. B. bei Großrechenanlagen der Fall ist.209 Ähnlich zu beurteilen ist m. E. die hinter einem Webstoragedienst stehende Technik. Die Tatbestandsvariante „Rechte“ bezieht sich daher auf Nutzungsrechte an Software.210 Software stellt weder unbewegliches Vermögen dar noch bildet sie einen Sachinbegriff i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f), Nr. 6 EStG.211 Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist Software vielmehr als immaterielles Wirtschaftsgut zu qualifizieren; dies gilt auch, wenn die Software auf einem Datenträger verkörpert ist.212 „Rechte“ im Sinne dieser Vorschrift sind insbesondere gewerbliche Urheberrechte, die Lizenzen (Nutzungsrechte) an Software schützen und klarstellen sollen.213 Bei den Programmierern von Software entsteht regelmäßig ein persönliches und nicht durch Rechtsgeschäft übertragbares Urheberrecht.214 Grundvoraussetzung gewerblicher Vermietungs-, Verpachtungs-, oder Veräußerungseinkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) ist das Nichtvorliegen einer herkömmlichen Betriebsstätte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2a). Seit dem Veranlagungszeitraum 2009 ist durch die Formulierung des Wortlauts der Vermietungs- und Verpachtungseinkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG klargestellt, dass Nr. 6 gegenüber dem zu diesem Zeitpunkt ebenfalls neu gefassten Abs. 1 Nr. 2 f) grundsätzlich subsidiär ist. § 49 Abs. 1 Nr. 6 betrifft nur Einkünfte aus der Nutzung durch zeitlich begrenzte Überlassung eines Wirtschaftsgutes, nicht solche aus der Veräußerung der Vermögenssubstanz bzw. der endgültigen Rechtsübertragung.215 Da dem Urheber einer Software ein gesetzlich nicht abdingbares Rückrufrecht an seiner Software verbleibt, überlasst er das Wirtschaftsgut „Software“ immer zeitlich begrenzt an seine Kunden und § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG kann einschlägig sein.

209

Vgl. z. B. Kulosa, in: Schmidt (Hrsg.), § 21 EStG, Rdnr. 102. Für eine ausführliche Definition des Begriffs Software siehe u. a. OECD-MK 2014, Art. 12, Anm. 12.1. 211 Vgl. u. a. Kulosa, in: Schmidt (Hrsg.), § 21 EStG, Rdnr. 103. 212 Ackermann, ISR 2016, 258, 259. 213 Zu gewerblichen Urheberrechten siehe u. a. Loschelder, in: Schmidt (Hrsg.), § 49 EStG, Rdnr. 109 ff. Geistiges Eigentum wird geschützt durch den gewerblichen Rechtsschutz und das Urheberrecht („intellectual property“). In das Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte eingefügt wurden die auf EU-Richtlinien beruhenden Bestimmungen über den Schutz von Computerprogrammen und Datenbanken, siehe Harte-Bavendamm, in: Kilian/ Heussen (Hrsg.), Computerrechts-Handbuch, Abschnitt 56, Rdnr. 13. 214 So u. a. Ackermann, ISR 2016, 258, 261. 215 Siehe u. a. Loschelder, in: Schmidt (Hrsg.), § 49 EStG, Rdnr. 113. 210

II. Inboundgeschäfte

151

Für eine detaillierte Auslegung des Begriffs „Vermietung und Verpachtung“ in § 49 EStG ist § 21 EStG heranzuziehen. Den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht, wer die rechtliche oder tatsächliche Macht hat, unbewegliches oder bewegliches Vermögen, Sachinbegriffe oder Rechte anderen entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen.216 Danach meinen Vermietung und Verpachtung die zeitlich begrenzte Nutzungsüberlassung gegen Entgelt.217 Speziell für die Vermietung und Verpachtung von Rechten bedeutet dies, dass sie im Vermögen des Überlassenden bleiben und nicht in das Vermögen des Nutzenden übergehen.218 Veräußerung i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) bb) meint allgemein die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf eine andere Person gegen Entgelt.219 Eine Veräußerung von Rechten zielt auf eine zeitlich unbefristete oder eine verbrauchende Überlassung eines Rechts ab.220 Um eine beschränkte Steuerpflicht auszulösen, müsste das jeweilige Recht in einem zweiten Schritt entweder im Inland belegen oder in ein öffentliches Buch oder Register eingetragen sein. Diese Tatbestandsvarianten sind für zu vermietende oder zu veräußernde Rechte nicht einschlägig. Nutzungsrechte werden nicht registriert und ihre Belegenheit im Inland kann nicht garantiert werden. Vielmehr kann auf Software mittels eines Browsers von überall auf der Welt zugegriffen werden und auch der Server, auf dem die konkrete Software gespeichert wird, kann nicht immer ausfindig gemacht werden. Zur Anwendung kommen kann hingegen die Variante „Verwertung in einer Betriebsstätte“.221 Verwertet ein Lizenznehmer das digitale Produkt in seiner § 12 AO entsprechenden Betriebsstätte, kann der Lizenzgeber potentiell steuerpflichtige Gewerbeeinkünfte generieren.222 Verwerten meint das Nutzen, Benutzen oder Gebrauchen im Rahmen eigener Tätigkeit durch eigenes Tätigwerden.223 Verwertet der Lizenznehmer das digitale Produkt in und für sein Unternehmen, übt er damit die ihm 216

Vgl. u. a. Mellinghoff, in: Kirchhof (Hrsg.), § 21 EStG, Rdnr. 3. Siehe Peffermann, in: HHR (Hrsg.), Stand 2014, § 49 EStG, Rdnr. 621. 218 So die ständige Rechtsprechung. Siehe u. a. BFH-Urteil vom 19. 12. 2007, I R 1906, BStBl. II 2010, S. 398. 219 So Reimer, in: Blümich/Heuermann (Hrsg.), Stand 2016, § 49, Rdnr. 136. 220 Eine verbrauchende Rechteüberlassung meint z. B. die erschöpfende Nutzung zu Werbezwecken anlässlich einer Sportveranstaltung, vgl. z. B. BT-Drucks. 16/1545, 16; allgemein zur Definition von Veräußerung und Vermietung von Rechten, Peffermann, in: HHR (Hrsg.), Stand 2014, § 49 EStG, Rdnr. 619. Sowohl die Tatbestandsalternative „Vermieten oder Verpachten“ als auch das Merkmal „Veräußern“ setzen voraus, dass dem Vertragspartner etwas, hier ein Recht, überlassen wird. Gewerbliche Dienstleistungen ohne Überlassungskomponente, wie z. B. Online-Werbeleistungen, sind daher von dem Tatbestand nicht erfasst. Siehe auch Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 55. 221 So u. a. Frotscher, in: Frotscher/Geurts (Hrsg.), Stand 2015, § 49, Rdnr. 186. 222 Vgl. Klein, in: HHR (Hrsg.), Stand 2014, § 49 Rdnr. 954. 223 Siehe u. a. Ackermann, ISR 2016, 258, 264. 217

152

3. Kap.: Direkte Besteuerung

eingeräumten urheberrechtlichen Befugnisse aus, was grundsätzlich steuerbegründend wirkt.224 § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) EStG zählt trotz des inländischen Anknüpfungspunkts der Verwertung in einer Betriebsstätte zu den betriebsstättenlosen Einkünften. Ausschlaggebend für die beschränkte Steuerpflicht ist nämlich eine inländische Betriebsstätte des gewerblichen Lizenznehmers, nicht eine inländische Betriebsstätte des Lizenzgebers. Gerade Individualsoftware wird zumeist nicht von Privatpersonen erworben, sondern von gewerblichen Endverbrauchern, welche die Software zur Herstellung neuer Produkte benötigen. Folglich unterliegen gewerbliche Hersteller von Individualsoftware rasch der beschränkten Steuerpflicht. Die Lizenznehmer sind zum Quellensteuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG verpflichtet. Durch die Tatbestandsvoraussetzung einer inländischen Betriebsstätte des Lizenznehmers sind nur B2B-Geschäfte von der Vorschrift erfasst. Der Vertrieb von Nutzungsrechten an Verbraucher löst keine beschränkte Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) EStG aus.225 Untersucht wird das Vorliegen einer beschränkten Steuerpflicht durch den Vertrieb von Individual- (b)) und Standardsoftware (c)), von Webhosting (d)), SaaSLösungen (e)),226 sowie der „Verkauf“ von Apps durch App-Stores (f)).227 b) Individual- und Systemsoftware228 Die Überlassung von Individual- und Systemsoftware kann im Inboundfall sowohl Einkünfte aus gewerblicher Vermietung und Verpachtung (§ 49 I Nr. 2 f) aa), Nr. 6 EStG) als auch aus gewerblicher Veräußerung (§ 49 I Nr. 2 f) bb) EStG) generieren.

224

So z. B. Klein, in: HHR (Hrsg.), Stand 2014, § 49 Rdnr. 955. Pinkernell, Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 55. 226 Werden sowohl die Software als auch die IT-Infrastruktur von einem externen ITDienstleister betrieben, der zur Speicherung der Daten Cloud-Lösungen verwendet, liegt ein SaaS-Modell (Software as a Service) vor. „Vorstufe“ hierzu sind ASP-Modelle (ApplicationService-Providing), bei denen die Anwendungen auf Webservern des Anbieters laufen. IaaS(Infrastructure as a Service) und PaaS- (Platform as a Service) Dienstleistungen sind, anders als SaaS-Lösungen, per se nicht von § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) oder von § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG erfasst. Hier handelt es sich um virtuelle Ressourcen, die weder einen Sachinbegriff noch ein Recht bilden. Mithin würde es auch am Tatbestandsmerkmal der Verwertung fehlen. Vgl. Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 56. 227 Ausführlich zur grenzüberschreitenden Überlassung von Software vgl. Ackermann, ISR 2016, 258. 228 Software teilt sich auf in Systemsoftware und Anwendersoftware. Systemsoftware sorgt dafür, dass die Hardware einsatzbereit ist. Bei Anwendersoftware wird zwischen Standardsoftware und Individualsoftware unterschieden. Standardsoftware richtet sich an einen großen Benutzerkreis, während Individualsoftware für einen bestimmten Problemfall und/oder einen bestimmten Anwender hergestellt wird. Vgl. u. a. Verfügung der OFD München vom 28. 5. 1998, S 2303 – 34/11 St 41/42, BeckVerw 155659. 225

II. Inboundgeschäfte

153

Beide Softwarevarianten zeichnen sich im Fall des klassischen IT- Outsourcing durch ihren personalisierten Zuschnitt auf einen Kundenanwender bzw. seine Hardware aus. Bei Software handelt es sich um urheberrechtlich geschützte Werke i.S. von §§ 69c UrhG, 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Gewerbliches Vermieten und Verpachten von Individualsoftware bedeutet neben einer zeitlich begrenzten Nutzungsüberlassung der Software gegen Entgelt i.S. von § 49 Abs. 1 Nr. 2 f aa) bzw. subsidiär Nr. 6, vor allem einmalige, maßgeschneiderte Lösungen für Anwendungen über nahezu alle Branchen hinweg. Im Vermietungsverhältnis Softwareherstellern und Softwareanbieter hängt es vom Einzelfall ab, ob an den Softwareanbieter Urheberrechte übertragen werden. Erwirbt der Softwareanbieter nur die erforderlichen Rechte, um das Softwareprogramm durch die Weitervermietung an einen Kunden zeitlich begrenzt zu nutzen, liegt keine relevante Überlassung von Urheberrechten vor. Erwirbt er hingegen auch das Recht, die Software zu reproduzieren und fortzuentwickeln, liegen Einkünfte aus der gewerblichen Vermietung von Rechten vor. Das Entgelt wird kausal für den Erhalt der Nutzungsrechte entrichtet. Der ausländische Softwarehersteller wird durch das Vermieten der Software jedoch nur dann beschränkt steuerpflichtig, wenn die Nutzungsrechte an der Individualsoftware mit dem Inland sachlich verbunden sind. Eine Verbundenheit kann sich in Form einer inländischen Betriebsstätte oder einer anderen Einrichtung ergeben.229 Die dortige Verwertung der Software durch den Softwareanbieter und nicht den Hersteller/Lizenzgeber ist grundsätzlich steuerbegründend.230 Verwertet der Lizenznehmer die Software, indem er sie nutzt und damit Einkünfte erzielt, liegt eine beschränkte Steuerpflicht des Softwareherstellers/ Lizenzgebers i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) EStG vor.231 Bei der zeitlich unbegrenzten und vollständigen Überlassung von Individualsoftware kann sowohl im Vertragsverhältnis Hersteller/Anbieter als auch im Verhältnis Anbieter/Endnutzer eine gewerbliche Veräußerung von Rechten i.S.d. § 49 I Nr. 2 f) EStG vorliegen.232 Wie im Fall der gewerblichen Vermietung von Rechten ist auch hier der Einzelfall entscheidend. Ausschlaggebend ist, ob einem Dritten das wirtschaftliche Eigentum an urheberrechtlich geschützten Werken i.S.d. §§ 69c UhrG, 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG überlassen wird.233 Der ausländische Softwarehersteller oder Anbieter wird durch die Veräußerung jedoch wiederum nur dann beschränkt steuerpflichtig, wenn die Rechte an der Individualsoftware wie im Fall der Vermietung/Verpachtung mit dem Inland sachlich verbunden sind.

229

Anstatt vieler: Peffermann, in: HHR (Hrsg.), Stand 2014, § 49 EStG, Rdnr. 622. So z. B. Klein, in: HHR (Hrsg.), Stand 2014, § 49 Rdnr. 955. 231 So Reimer, in: Blümich/Heuermann (Hrg.), Stand 2016, § 49 Rdnr. 134 sowie Verfügung der OFD München vom 28. 5. 1998, S 2303 – 34/11 St 41/42, BeckVerw 155659. 232 Siehe z. B. Peffermann, in: HHR (Hrsg.), Stand 2014, § 49 EStG, Rdnr. 620. 233 Siehe u. a. Lüdemann, FR 2000, 83, 85. 230

154

3. Kap.: Direkte Besteuerung

c) Standardsoftware Überträgt ein Softwareentwickler umfassende urheberrechtlich geschützte Nutzungsrechte an seiner Standardsoftware an einen Softwareanbieter, führt dies für ihn zu inländischen Einkünften, wenn der Lizenznehmer die erworbenen Rechte z. B. für den Vertrieb der Software nutzt und er sie in einer inländischen Betriebsstätte verwertet.234 Unabhängig davon, ob Standardsoftware an Endnutzer zeitlich begrenzt (Abs. 1 Nr. 6) oder unbegrenzt/sich verbrauchend (Abs. 1 Nr. 2 f) vertrieben wird, löst ihr Vertrieb keine beschränkte Steuerpflicht aus. Es liegen keine inländischen Einkünfte aus dem Vertrieb von Rechten i.S.d. § 49 EStG vor. Der Endnutzer nutzt nicht die geistige Leistung des Softwareentwicklers und Urhebers, sprich dessen „Urheberrecht“, sondern er wertet routinemäßig dessen Erkenntnisse aus und wendet sie an. Der wirtschaftliche Gehalt des Softwarekaufs besteht für den Endnutzer in der dauerhaften Übertragung der Programmkopie an ihn und nicht in der Einräumung kommerzieller Verwertungsbefugnisse in Bezug auf das Urheberrecht. Schwerpunkt des Vertrags, d. h. die Leistung für die kausal das Entgelt entrichtet wird, ist damit nicht die Inanspruchnahme von Urheberrechten, sondern der Gebrauch, die Funktionalität der Software.235 Bis zu der EuGH-Entscheidung Used Soft236 wurden Standardsoftware auf Datenträgern und Standardsoftware zum Download steuerrechtlich unterschiedlich behandelt.237 Used Soft machte jedoch in einem Aufsehen erregenden Urteil mit Blick auf die RL 2009/24/EG deutlich,238 dass beim Softwarevertrieb per Download in gleicher Weise „Erschöpfung“ eintritt wie beim Verkauf auf Datenträgern.239 Erschöpfung meint, dass der Endnutzer der Downloadsoftware Eigentum an der Software erwirbt und sie z. B. auch als gebrauchte Software weiterverkaufen darf, ohne dass der Inhaber des Urheberrechts den Weiterverkauf untersagen darf.240 Dennoch wird auch vertreten, dass in der Überlassung der Software die entgeltliche Erlaubnis zur Nutzung des entsprechenden Schutzrechts liegt, mindestens

234 Als Standardsoftware werden z. B. Textverarbeitungsprogramme wie Lotus Notes oder Pages bezeichnet, die auch per Download erworben werden können. 235 Ackermann, ISR 2016, 258, 260. 236 EuGH-Urteil vom 3. 7. 2012, Rs. C-128/11, Used Soft , NJW 2012, S. 2365. 237 Zur alten Rechtslage siehe u. a. Kessler, IStR 2010, 70, 74 f. Der Erschöpfungsgrundsatz galt nicht für Standardsoftware, die per Download erworben wurde; vielmehr unterlag der Erwerber urheberrechtlichen Beschränkungen. Er durfte die Software z. B. nur mit Zustimmung des Urhebers weiter veräußern. 238 RL 2009/24/EG vom 23. 4. 2009, ABl. 2009, L 111, S. 16 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen. 239 Siehe EuGH-Urteil vom 3. 7. 2012, Rs. C-128/11, Used Soft , NJW 2012, S. 2365. Eine Erschöpfung tritt jedoch nicht ein, wenn Software nur temporär überlassen wird. 240 Vgl. Pinkernell, Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 57.

II. Inboundgeschäfte

155

jedoch, dass abgespaltene Nutzungsrechte übertragen werden.241 Begründet wird die Ansicht mit der weiten Auslegung des Begriffs „Rechte“ durch den BFH.242 Im Fall von Standardsoftware sei vorrangig auf die immaterielle Komponente im Rahmen der Überlassung des Wirtschaftsguts abzustellen. Da der Lizenznehmer fast ausschließlich für die urheberrechtliche Nutzungsbefugnis bezahle, die sich parallel zur gesetzlichen ergebe, um das bereits hergestellte Immaterialgut Software benutzen zu dürfen, sollen die Einkünfte dieser Ansicht nach von § 49 Abs. 1 Nr. 2 f, § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG erfasst sein.243 Dies ist m. E. zu verneinen. § 69d UrhG gewährt dem Erwerber von Software eine gesetzliches Recht auf Nutzung, z. B. in Form von Vervielfältigung oder Herunterladen auf seinen Computer. Durch dieses gesetzliche Nutzungsrecht muss kein weiteres Recht, z. B. in Form einer Erlaubnis zur Vervielfältigung i.S.d. § 69c Abs. 1 Nr. 1 UrhG eingeräumt werden. Deshalb werden gerade keine Urheberrechte übertragen, die weiter verwertet werden könnten, z. B. durch eine Weiterentwicklung der Software.244 Vielmehr wird nur die Essenz der Ausgangsurheberrechte durch die Funktionalität der Software übertragen.245 Mangels einer Überlassung von Rechten scheidet eine beschränkte Steuerpflicht für ausländische Softwarehersteller sowie Anbieter aus, die im Inland Standardsoftware zum Download an Anbieter bzw. Endverbraucher vertreiben.246 d) Hostingverträge Hostingunternehmen (auch Cloudstoragedienste genannt) nutzen weltweit verstreute Server, um die Daten ihrer Kunden als Freemiummodell zu speichern. Dateien werden z. B. in eine Dropbox hochgeladen und gespeichert und können von jedem an das Internet angeschlossenen Computer aus abgerufen werden. Zivilrechtlich liegt ein Vertrag mit Mietcharakter i. S.d. § 535 BGB vor.247 Storagedienste 241

Siehe Petersen, IStR 2013, 896, 897. So z. B. BFH-Urteil vom 19. 12. 2007, IR 19/06, BStBl. II 2010, 398, IStR 2008, 330 mit Anmerkung Grams. 243 Vgl. Petersen, IStR 2013, 896, 903 f. 244 Die OFD München geht in ihrer Verfügung vom 28. 5. 1998, S 2303 – 34/11 St 41/42, BeckVerw 155659, davon aus, dass nur dann an Computerprogrammen ein Urheberrecht besteht, wenn die Leistung des Programmierers über die eines Durchschnittsprogrammierers hinausgeht und damit einen hinreichenden schöpferischen Eigentümlichkeitsgrad i. S. von § 2 Abs. 2 UrhG erreicht. 245 Siehe u. a. Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 58, sowie OFD München vom 28. 5. 1998, S 2303 – 34/11 St 41/42, BeckVerw 155659. 246 Siehe auch Reimer, in: Blümich/Heuermann (Hrsg.), Stand 2016, § 49 EStG, Rdnr. 134. 247 Vgl. Ballhausen/Roggenkamp, in: Kilian/Heussen (Hrsg.), Computerrecht, Abschnitt 26, Rdnr. 26, die, anders als der BGH der regelmäßig dienst-, miet- und werkvertragliche Aspekte in Hostingverträgen sieht, insgesamt auf einen Mietvertrag an einer beweglichen Sache abstellen. 242

156

3. Kap.: Direkte Besteuerung

sind mithin als gewerbliche Vermieter i.S.d. § 49 I Nr. 2 f) aa) EStG anzusehen. Offen bleiben kann, ob als Mietobjekt die Unternehmensserver anzusehen sind, so dass die Vermietung eines Sachinbegriffs zu prüfen ist,248 oder ob als Mietobjekt das Recht zur Nutzung und Speicherung von Daten auf den Unternehmensservern anzusehen ist. Im ersten Fall mieten die Kunden unmittelbar einen Sachinbegriff, im zweiten Fall das Recht auf Nutzung der Server. Für die Beantwortung der steuerrechtlichen Frage, ob eine beschränkte Steuerpflicht im Inland vorliegt, macht es keinen Unterschied, ob sich das mietähnliche Verhältnis auf ein Recht oder einen Sachinbegriff bezieht. Zu klären ist, ob es für die Klassifizierung als Mietvertrag relevant ist, dass nur die Möglichkeit zur Speicherung einer festgelegten Datenmenge angeboten werden kann, nicht aber ein immer gleich bleibender Speicherort in der Dropbox. Unter die regulären Einkünfte aus VuV fallen gem. § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG auch Mieteinnahmen aus Rechten in Form von „Gerechtigkeiten“. Damit sind u. a. Apotheken- oder Fischereigerechtigkeiten gemeint,249 sprich sachbezogene Nutzungsrechte.250 Voraussetzung für eine beschränkte Besteuerung ist demnach, dass die überlassenen Rechte mit den in Abs. 1 S. 1 Nr. 3 genannten Rechten vergleichbar sind.251 Fischereigerechtigkeiten sind durchaus dem Geschäftsmodell von Dropbox ähnlich. Gemietet wird die Möglichkeit, Fische zu fischen nicht jedoch das Anrecht, einen spezifizierten Fisch an die Angel zu bekommen. Im Fall von Dropbox wird das Recht auf eine bestimmte Speichermenge gemietet, aber kein spezifizierter Speicherplatz. Mietobjekt ist damit einzig das Recht zur Nutzung des Speichermediums. Betreffend den notwendigen Inlandsbezug im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht ist der Belegenheitsort der Server zu prüfen. § 49 I Nr. 2 f) aa) ist nur anwendbar, wenn das vermietete Recht oder der Sachinbegriff im Inland „belegen“ ist, d. h. einen Bezug zum Inland aufweist.252 Im Dropboxfall ist nicht gewährleistet, dass Server und Daten tatsächlich im Inland „belegen“ sind. Es besteht die Besonderheit, dass der Ansässigkeitsort des Nutzers und der tatsächliche Nutzungsort des Rechts (Speicherung im Web bzw. der Cloud) auseinanderfallen können. Abzustellen ist auf den Ort, an dem das Recht zur Datenspeicherung ausgeübt wird. Ausschlaggebend ist die tatsächliche geographische Lage des Speicherplatzes. Für den potentiell Steuerpflichtigen, das Storageunternehmen, kann sich eine sachliche Verbundenheit mit dem Inland, und damit eine Steuerpflicht, nur aus der geographischen Lage des Speicherplatzes der Kundendaten ergeben. Sichert das Storageunternehmen als Speicherort Deutschland zu, wäre es im Inland 248

Sachinbegriffe liegen vor, wenn mehrere Wirtschaftsgüter funktionell und technisch so aufeinander abgestimmt sind, dass sie eine wirtschaftliche Einheit bilden, wie dies z. B. bei Großrechenanlagen der Fall ist. Vgl. z. B. Kulosa, in: Schmidt (Hrsg.), § 21 EStG, Rdnr. 102. 249 Siehe z. B. Kulosa, in: Schmidt (Hrsg.), § 21 EStG, Rdnr. 103. 250 Vgl. Mellinghoff, in: Kirchhof (Hrsg.), § 21 EStG, Rdnr. 46. 251 So z. B. Mellinghoff, in: Kirchhof (Hrsg.), § 21 EStG, Rdnr. 46. 252 Siehe u. a. Loschelder, in: Schmidt (Hrsg.), § 49 EStG, Rdnr. 109.

II. Inboundgeschäfte

157

beschränkt steuerpflichtig. In diesem Fall wären durch die in Deutschland gelegenen Server inländische Betriebsstätten gegeben und die Belegenheit im Inland würde vorliegen. Einen Speicherplatz auf einem Server im Land des Nutzers wird ein Dropbox-ähnliches Unternehmen jedoch nur garantieren wollen, wenn die inländische Datenspeicherung zum Geschäftskonzept gehört.253 Standardmäßig ist Teil des Geschäftsmodells von Storageunternehmen, dass die weltweit stehenden Server immer optimal ausgelastet sind, sprich die Daten immer dort gespeichert werden, wo gerade am meisten Speicherkapazitäten frei sind.254 Dadurch, dass das Nutzungsrecht „Speichern“ ohne Einflussmöglichkeit an den unterschiedlichsten Orten besteht, gibt es für das Storageunternehmen normalerweise keinen eindeutigen Inlandsbezug. Die Geschäftsaktivitäten des Hostingunternehmens sind damit, wenn die Speicherung im Inland nicht ausdrücklich mit den Kunden vereinbart ist, mangels geographischer Steuerbarkeit der Datenspeicherung durch die nicht vorhersehbare Auslastung der Server im Inland nicht beschränkt steuerbar. e) SaaS-Lösungen Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) erzielen auch Application-Service-Provider sowie Cloudanbieter, die individualisierte „Software as a Service“-Lösungen für Endnutzer anbieten.255 Die Einkünfte der Dienstleister sind grundsätzlich gewerblicher Natur und können als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung qualifiziert werden, wenn die Softwarenutzung als Überlassung von Rechten angesehen wird. Pinkernell und andere argumentieren, dass die Anbieter von zentral zur Verfügung gestellter, online verfügbarer Software ein komplexes Dienstleistungspaket erbringen.256 Sie seien nicht nur für die Bereitstellung der Software selbst, sondern auch für ihre Speicherung, Verfügbarkeit und Aktualität zuständig.257 Daher sei im 253 Die „All for One Steeb-Unternehmensgruppe“ wirbt z. B. damit, dass sensible Daten in einem Rechenzentrum in Deutschland gespeichert werden können, während für Archivdaten eine klassische Cloudinfrastruktur genutzt wird. Vgl. https://www.all-for-one.com/de/all-forone-steeb-gruppe, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. 254 Dropbox nutzt z. B. den Massenspeicher des Amazon Web Services. 255 Der größte SaaS-Anbieter ist zurzeit Salesforce, www.salesforce.com, der sich auf CRMLösungen (Customer-Relationship-Management) spezialisiert hat. ASP-Lösungen und SaaSLösungen unterscheiden sich insbesondere durch ihren Speicherort. Während ApplicationService-Provider die Daten auf festen Webservern speichern, nutzen SaaS-Provider Clouds als Speicherort. ASP- und SaaS-Lösungen sind steuerrechtlich gleich zu bewerten. 256 Siehe Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 58 f. sowie Ackermann, ISR 2016, 258, 262. 257 So u. a. bei Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 58. Anders als beim klassischen Outsourcing stellt ein SaaS-Provider zentral standardisierte Anwendungen zur Verfügung, die von vielen Kunden gleichzeitig und gleichermaßen genutzt werden.

158

3. Kap.: Direkte Besteuerung

Sinne des Satelliten-Urteils des BFH zwischen der Vermietung von Software und der Erbringung eines Dienstleistungspakets zu unterscheiden.258 In besagtem Urteil betreibt die Klägerin Satelliten, mit denen sie den deutschsprachigen Raum mit Fernseh- und Rundfunkprogrammen versorgt. Hierfür betreibt sie Transponder, d. h. Kanäle, in die ihre Kunden, die Betreiber von Fernsehsendern, ihre Programme einspeisen. In diesem Sachverhalt wurde eine beschränkte Steuerpflicht durch ein Nutzungsrecht an einem Transponder vom BFH abgelehnt, weil eine umfassende technische Dienstleistung und nicht eine isolierte Sachüberlassung oder Rechtsnutzung vorliege.259 Pinkernell überträgt diese Entscheidung auf SaaS- und ASPLösungen und die damit einhergehenden Leistungspakete und spricht sich daher gegen eine beschränkte Steuerpflicht aus Vermietung und Verpachtung aus. Meiner Ansicht nach ist jedoch auf das zentrale Element der SaaS-Leistungspakete abzustellen, nämlich die Software. Ausschlaggebend für die Frage der Steuerpflicht sollte nicht die Menge an Zusatzleistungen sein, die zu der Software hinzugebucht wurde. Vielmehr ist m. E. danach zu differenzieren, ob auf den Kunden zugeschnittene Software i.S. einer System- oder Individualsoftware überlassen wird, oder ob Standardsoftware vertrieben wird. Diese Ansicht widerspricht auch nicht dem eben zitierten Satelliten-Urteil des BFH. Aufgabe der Klägerin war es hier, die Programmsignale ihrer Vertragspartner über die Satellitentransponder zu transportieren und zu verarbeiten. In dem fraglichen Vertrag mit dem Fernsehsenderbetreiber X war diesem bei auftretenden Problemen mit seinem Transponder ein alternativ verfügbarer Transponder zugesichert worden.260 Dies zeigt, dass X eine austauschbare Leistung vereinbart hatte, vergleichbar mit Standardsoftware. Daher spricht der BFH davon, dass keine isolierte Rechtenutzung, die mit Individualsoftware gleichzusetzen wäre, vereinbart wurde. Auch Standardsoftware führt mangels der Übertragung von Rechten an Endnutzer zu keiner beschränkten Steuerpflicht. Die grundständige Unterscheidung in Software, die speziell für einen kleinen Personenkreis programmiert wurde und daher für Dritte wertlos ist, und Software, die Massenqualität besitzt, sollte auch im SaaS-Bereich nicht übergangen werden. Richtig ist, dass die Abnehmer von Individualsoftware „as a Service“ die Software vermutlich nicht selbst weiterentwickeln werden. Der SaaS-Anbieter wird sie jedoch gemäß den Wünschen seiner Kunden bedarfsgerecht anpassen. Mithin unterscheidet sich die Situation nicht wesentlich von der ursprünglichen Unterscheidung in Standard- und Individualsoftware. Der Speicherort der Software kann genauso wenig den Ausschlag für oder gegen die Steuerpflicht geben, wie ein Zusatzangebot an Dienstleistungen. Für den Abschluss einer ASP-/SaaS-Lösung maßgeblich ist die Software selbst. 258

Vgl. BFH-Urteil vom 17. 2. 2000, I R 130/97, IStR 2000, 438. Vgl. II.1) des BFH-Urteils vom 17. 2. 2000, I R 130/97, IStR 2000, 438. Das Urteil bezog sich auf § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG, weshalb auch von Sachüberlassungen die Rede ist. 260 Siehe BFH-Urteil vom 17. 2. 2000, I R 130/97, IStR 2000, 438, Absatz 5 des Sachverhalts. 259

II. Inboundgeschäfte

159

Die Abgrenzung von Individual- und Standardsoftware ist folglich auch im SaaSBereich durchzuführen. Je mehr auf den einzelnen Kunden eingegangen wird und das Programm auf seine Bedürfnisse zugeschnitten wird, desto stärker sind die individuellen Nutzungsrechte an den jeweiligen Endnutzer gebunden. In diesem Fall liegt beschränkt steuerpflichtige Individualsoftware vor bzw. Standardsoftware in den Fällen, in denen für den Betrieb der Software keine urheberrechtsrelevanten Handlungen notwendig sind. Im Verhältnis zwischen Cloudanbieter und Softwareentwickler ist davon auszugehen, dass der Entwickler dem SaaS-Anbieter umfassende urheberrechtlich geschützte Nutzungsrechte an der Software einräumt. Dies führt zu inländischen Einkünften für ihn, die bei Weiterverwertung der Software im Inland durch den Anbieter der beschränkten Steuerpflicht unterliegen.261 f) App-Verkäufe In den diversen App-Stores gibt es so genannte „professional apps“,262 die sich zwar an Unternehmen richten, aber von jedem gekauft werden können. Und es gibt Apps, wie z. B. Spiele, die rein für den B2C-Markt programmiert werden. Da sich beide Arten von Apps an die breite Masse richten, handelt es sich um Standardsoftware, die mangels Rechteübertragung keine beschränkte Steuerpflicht im Inland nach sich zieht. Anders zu bewerten sind jedoch Apps, die speziell für ein Unternehmen und seine Kunden programmiert werden. Eine App wie z. B. der Notfallhelfer der R+V-Versicherung steht zwar für die Versicherungskunden über den App-Store bereit. Die App wurde jedoch im Ausgangspunkt nicht für den Store, sondern für das Versicherungsunternehmen programmiert. Mithin handelt es sich hier um Individualsoftware für den B2B-Sektor. Die Nutzungsrechte an der App werden i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) EStG in einem ersten Schritt an die Versicherung überlassen. Das Versicherungsunternehmen verwertet die App im Inland durch Ausüben der urheberrechtlichen Befugnisse, genauer durch das Einstellen (lassen) des Notfallhelfers in den App-Store. Der App-Entwickler wird im grenzüberschreitenden Fall hierdurch mit den Einkünften aus der App beschränkt einkommensteuerpflichtig. g) Zusammenfassung Die Vermietung bzw. Veräußerung von Individual- und Systemsoftware generiert für gewöhnlich Einkünfte aus der Überlassung von Rechten, die zu einer beschränkten Steuerpflicht des ausländischen Softwareherstellers bzw. -anbieters 261

In diesem Sinne Ackermann, ISR 2016, 258, 262. Z. B. die App „QR Factory – Professional QR Code Creator“, https://itunes.apple.com/ de/app/qr-factory-professional-qr-code-creator/id550347958?mt=12 aus dem App-Store von Apple für 21,99 Euro, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. 262

160

3. Kap.: Direkte Besteuerung

führen. Abhängig vom Einzelfall werden im Verhältnis Softwarehersteller zu Softwareanbieter und auch im Verhältnis Softwareanbieter zu Endnutzer urheberrechtliche Nutzungsrechte übertragen. Der Kunde kann mit der Software gezielt weiterarbeiten, darf sie mithin in seiner inländischen Betriebsstätte oder festen Geschäftseinrichtung zur Einkünfteerzielung verwerten. Standardsoftware löst hingegen nur im Verhältnis Softwarehersteller zu Softwareanbieter Einkünfte aus der Überlassung von Rechten aus, die der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Der Softwareanbieter erhält vom Hersteller umfassende urheberrechtliche Nutzungsrechte, die er in einer inländischen Betriebsstätte oder Geschäftseinrichtung verwertet. Im Verhältnis Softwareanbieter und Endnutzer werden hingegen keine Einkünfte aus der Überlassung von Rechten erzielt. Übertragen werden keine urheberrechtlichen Verwertungsbefugnisse sondern „nur“ die Funktionalität der Software. ASP- und SaaS-Lösungen führen zur beschränkten Steuerpflicht im Verhältnis Softwarehersteller und Softwareanbieter. Letzterer erhält umfassende urheberrechtliche Rechte, die er unternehmerisch verwertet. Im Verhältnis zum Endnutzer wird argumentiert, dass an ihn keine Urheberrechte übertragen werden. Vielmehr werde eine umfassende technische Dienstleistung erbracht. Im Vordergrund stünde u. a. das Speichern der Kundendaten sowie die Verfügbarkeit der Software in einer aktuellen Fassung.263 Mangels Einkünften aus der Überlassung von Rechten entfalle eine beschränkte Steuerpflicht. Auch im Rahmen von Cloudlösungen ist es m. E. sinnvoll, einen Blick auf die zu Grunde liegende Software zu werfen. Wird Standardsoftware in der Cloud angeboten, werden keine Urheberrechte übertragen. Individualsoftware in der Cloud ist jedoch ebenfalls auf den jeweiligen Endnutzer zugeschnitten, und es müssen Nutzungsrechte an ihn übertragen werden, damit er die Software sinnvoll verwerten kann. Hierdurch entstehen Einkünfte aus der Überlassung von Rechten, die zu einer beschränkten Steuerpflicht führen. Ebenfalls einer beschränkten Steuerpflicht unterliegen die ausländischen Programmierer von Individualapps, die für den B2B-Markt entworfen werden. Ertragsteuerlich nicht greifbar sind hingegen Webhosting- bzw. Cloudstorageunternehmen. Hier fehlt es an einer Belegenheit der Server im Inland.

4. Einkünfte aus selbständiger Arbeit Selbständige, vornehmlich Freiberufler i. S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, erzielen Einkünfte aus unmittelbar softwareorientierten Dienstleistungen und aus sonstigen selbständigen Dienstleistungen, die Software lediglich als Arbeitsmedium nutzen.

263

So u. a. Ackermann, ISR 2016, 258, 262.

II. Inboundgeschäfte

161

Unmittelbar softwareorientierte Dienstleistungen werden insbesondere von Programmierern erbracht.264 Sie gestalten beispielsweise mit der Entwicklung von Apps digitale Produkte. Die Besteuerung dieser softwarebasierten Dienste kann unter § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG fallen. Inländische Einkünfte aus selbständiger Arbeit werden bereits dann von der beschränkten Steuerpflicht erfasst, wenn die Arbeit im Inland ausgeübt oder verwertet wird.265 Eine Betriebsstätte oder feste Einrichtung kann als zusätzlicher Anknüpfungspunkt für eine inländische Besteuerung dienen, ist aber durch die Tatbestandsmerkmale „Ausüben“ und dem nachrangigen „Verwerten“ keine Voraussetzung. Das Tatbestandsmerkmal des „Ausübens im Inland“ müsste i.S. der Vorschrift durch den steuerpflichtigen App-Entwickler selbst erfolgen, denn eine elektronische Übermittlung von Arbeitsergebnissen verlagert Tätigkeiten nicht ins Inland.266 Daher hat diese Alternative im elektronischen Geschäftsverkehr kaum Bedeutung. „Verwerten im Inland“ meint hingegen jede eigene Verwertung der Tätigkeit im Inland. Je nach Art der Tätigkeit ist es denkbar, dass der tatsächliche Ort der Nutzung der Tätigkeit und der Ort, an dem die Tätigkeit hervorgebracht wurde, auseinanderfallen. Dies gilt vor allem für Dienstleistungen, durch die ein geistiges Produkt hervorgebracht wird.267 Der BFH hat in einer Entscheidung zu Marktanalyseberichten entschieden, dass ihre Lieferung als Verwertung gilt.268 Demnach reicht es aus, wenn sich die Verwertung in einer Zuführung des Arbeitsergebnisses an einen Auftraggeber im Inland manifestiert.269 Als Beispiele genannt werden auch die Überlassung von Erfindungen oder Forschungsberichten.270 Das Überlassen von Analyseberichten und Erfindungen an einen Auftraggeber ist sehr gut mit dem Übermitteln von Individualsoftware an einen Kunden zu vergleichen. Im Fall eines App-Entwicklers bedeutet dies, dass es ausreicht, wenn er dem ihn beauftragenden Unternehmen Zugriff auf die (Individual-)Software gewährt. Eine Verwertung im Inland ist bei Überlassung der zugehörigen Urheberrechte an einen inländischen Abnehmer daher immer zu bejahen.271 Programmierer, die Apps entwickeln, können daher mit diesen Einkünften aus selbständiger Arbeit im Inland beschränkt steuerpflichtig werden. 264

So hat der BFH z. B. dem Entwickler von Individualsoftware eine ingenieursähnliche Tätigkeit zubilligt. Siehe BFH-Urteil vom 7. 11. 1991 – IV R 17/90, BStBl. II 1993, S. 324. 265 So Gosch, in: Kirchhof (Hrsg.), § 49 EStG, Rdnr. 50. 266 So u. a. Haiß, in: HHR (Hrsg.), Stand 2014, § 49 EStG, Rdnr. 671; Strunk, in: Korn (Hrsg.), § 49 EStG, Rdnr. 166. 267 Siehe BFH-Urteil vom 12. 11. 1986, I R 320/83, BStBl. II 1987, S. 379; zur Auslegung des Wortes „Verwerten“ unter Punkt 1 des Urteils. 268 BFH-Urteil vom 12.11. 1986, I R 69/83, BStBl. II 1987, S. 379. 269 Vgl. u. a. Haiß, in: HHR (Hrsg.), Stand 2014, § 49 EStG, Rdnr. 681; sowie Jelinek, in: Bordewin/Brandt (Hrsg.), Stand 2015, § 49 Rdnr. 136. 270 So u. a. Gosch, in: Kirchhof, § 49 EStG, Rdnr. 53. 271 Siehe u. a. Lüdemann, FR 2000, 83, 85; sowie BFH-Urteil vom 5. 11. 1992 – I R 41/92, BStBl. II 1993, S. 407.

162

3. Kap.: Direkte Besteuerung

Sonstige selbständige Dienstleistungen unter Zuhilfenahme von Software erbringen beispielsweise traditionell arbeitende Rechtsanwälte.272 Sie erzielen berufsspezifische Einkünfte im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Der Schwerpunkt ihrer Leistung liegt in ihrer geistigen Tätigkeit. Das Abspeichern von Gutachten als digitale Datei schafft kein digitales Produkt. Eine beschränkte Steuerpflicht ausländischer Rechtsanwälte im Inland, basierend auf selbständigen, internetbasierten Dienstleistungen wird hierdurch nicht ausgelöst. Ein anderes Bild kann sich jedoch für Dienstleistungen aus dem Bereich „LegalTechnology“ ergeben.273 Legal Technology in seiner schon heute angewendeten Form meint z. B. das automatisierte Erstellen von Verträgen und Klageschriften.274 Legal Tech findet auch bereits Anwendung bei Online-Plattformen, die sich z. B. auf Entschädigungsansprüche von Fluggästen spezialisiert haben.275 In diesen Fällen ist darüber zu diskutieren, ob der Grad der Digitalisierung der selbständigen Tätigkeit, über die Einkünfte erzielt werden, so weit fortgeschritten ist, dass anstatt von selbständigen berufsspezifischen Einkünften aus Rechtsanwaltstätigkeit besser von selbständigen Einkünften aus unmittelbar softwareorientierten Dienstleistungen gesprochen wird.

5. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Eine beschränkte Steuerpflicht aus Lizenzzahlungen für Standardsoftware kann auch über § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG vorliegen, der gegenüber § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) EStG subsidiär ist.

272 Für eine Besteuerung ihrer nichtinternetbasierten inländischen Einkünfte i.S.d. Verwertungstatbestands genügt es, wenn sie ein Rechtsgutachten dem inländischen Mandanten zur Verfügung stellen. Verwerten meint hier, dass ein über die reine Arbeitsleistung hinausgehender Vorgang ausgelöst wird, an dessen Ende ein überarbeitetes körperliches oder geistiges Produkt steht. Im Schrifttum ist daher umstritten, ob am Ende einer Übermittlung von Dienstleistungsergebnissen, wie z. B. einem Rechtsgutachten per Internet, der nötige Mehrwert geschaffen wird, um von Verwertung sprechen zu können. Es wird argumentiert, dass sich die Tätigkeit eines Anwalts in der Ausübung selbst erschöpft, ohne dass ein selbständig verwertbares geistiges Produkt entsteht. Andere stellen auf den Aspekt des „Nutzbarmachens“ ab, dass der Steuerpflichtige selbst sein geschaffenes Produkt dem Inland zuführt. Dem ist m. E. zuzustimmen. Durch das Übermitteln des Gutachtens an den Mandanten ist der Anwalt als Verwerter zu qualifizieren, die notwendige Personenidentität zwischen Dienstleister und Verwerter ist in dieser Fallkonstellation gegeben. Der Anwalt hat ein verwertbares Produkt geschaffen und führt dieses Arbeitsergebnis einem Auftraggeber im Inland zu. Anders als bei § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) EStG ist hier der Dienstleister selbst für die Verwertung zuständig und nicht, wie z. B. bei Individualsoftware, der Kunde. 273 Eine ausführliche Definition von Legal Tech findet sich z. B. unter www.legal-tech-blog. de/legal-tech-ueberblick-und-definition-wikipedia, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. 274 Siehe z. B. Degen/Krahmer, GRURPrax 2016, 363, 363 f. 275 Vgl. z. B. www.flightright.de, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018.

II. Inboundgeschäfte

163

§ 49 Abs. 1 Nr. 6 betrifft jedoch nur Einkünfte aus der zeitlich begrenzten Überlassung eines Rechts, nicht solche aus der Veräußerung der Vermögenssubstanz bzw. der endgültigen Rechtsübertragung.276 An einer zeitlich begrenzten Überlassung von Rechten i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG fehlt es mithin, wenn der Lizenzgeber endgültig von der Einwirkung auf sein Recht ausgeschlossen wird, oder aber, wenn der wirtschaftliche Wert des überlassenen Rechts während der Nutzungsdauer erlischt. Anwendbar ist § 49 Abs. 1 Nr. 6 mithin z. B. zwischen den Inhabern von Alleinvertriebsrechten und den Endnutzern von Software, nicht jedoch in der Konstellation Lizenzgeber und dem zum Alleinvertrieb Berechtigten.277

6. Sonstige Einkünfte § 49 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. § 22 Nr. 3 EStG ist als subsidiäre Auffangvorschrift konzipiert. Erfasst werden sonstige Einkünfte, sofern sie nicht bereits zu den Einkünften i.S.d. Nrn. 1 – 8 gehören und im Kalenderjahr die Freigrenze von 256 Euro übersteigen. Keine Tatbestandsvoraussetzung ist die Verwertung in einer inländischen Betriebsstätte. Damit sind sowohl B2B – als auch B2C-Geschäfte von der Vorschrift erfasst. Die Tatbestandsalternative „Einkünfte aus der Nutzung beweglicher Sachen im Inland“ ist nicht einschlägig. Nichtkörperliche Gegenstände wie z. B. Computerprogramme, die nicht auf einem Datenträger verkörpert oder mit der Hardware fest verbunden sind, fallen aufgrund der fehlenden Sachqualität nicht unter diese Alternative.278 Das Gleiche gilt für das Cloud-Computing, bei dem digitale Daten mithilfe von Standardsoftware auf virtuellen Servern gespeichert werden.279 Laut BGH handelt es sich bei (Standard)-Software zwar um eine Sachmiete gem. § 535 BGB.280 Hiervon hat sich jedoch der BFH gelöst und behandelt Software als immaterielles Wirtschaftsgut und nicht als „Sache“.281 Mithin ist das Tatbestandsmerkmal „Nutzung einer beweglichen Sache“ bereits aus diesem Grund nicht erfüllt. Zudem steht, anders als im Fall der zumeist von Individualsoftware geprägten SaaSVerträge, bei Cloud-Computingverträgen nicht die (Standard-) Software im Vor-

276 Siehe u. a. Loschelder, in: Schmidt (Hrsg.), § 49 EStG, Rdnr. 113 sowie Klein, in: Herrmann/Heuer/Raupach (Hrsg.), Stand 2014, § 49 EStG, Rdnr. 932. 277 Vgl. Klein, in: Herrmann/Heuer/Raupach (Hrsg.), Stand 2014, § 49 EStG, Rdnr. 932. 278 Siehe Wied/Reimer, in: Blümich/Heuerman (Hrsg.), Stand 2016, § 49 EStG, Rdnr. 229. 279 Cloud Computing Verträge sind materiell als Dienst- bzw. als Werkverträge zu qualifizieren. 280 BGH-Urteil vom 15. 11. 2006, XII ZR 120/04, NJW 2007, S. 2394, Rdnr. 8. 281 Siehe Leitsatz des BFH-Urteils vom 18. 5. 2011, X R 26/09, BStBl. II 2011, S. 865 sowie u. a. BFH-Urteil vom 13. 3. 1997, V R 13/1996, BStBl. II 1997, S. 372.

164

3. Kap.: Direkte Besteuerung

dergrund, sondern vielmehr ein Dienstleistungspaket rund um die Speicherung von Daten.282 Vermehrt zur Anwendung dürfte in Zukunft das Tatbestandsmerkmal „Überlassen von Know-how mit Inlandsbezug an private oder unternehmerische Kunden“ kommen. Mit Know-how ist Spezialwissen und Erfahrungswissen gemeint, dessen Wert darin besteht, einem Dritten, dem es vermittelt wird, Zeit und Kosten zu sparen.283 Schwerpunkt ist die Nutzungsüberlassung oder das Recht zur Nutzung von vor allem urheberrechtlich nicht geschützten Kenntnissen und Fähigkeiten.284 Bislang wurde dabei vor allem an verselbständigte Wirtschaftsgüter gedacht, wie z. B. aufbereitete und ausgewählte Kundenadressen zur Direktwerbung. Sie stellen gerade kein Know-how dar, hier fehlt es an der „Wissenskomponente“.285 Übermittelt wird in diesen Fällen nur ein fertiges Produkt.286 Neu entstehende Branchen, wie z. B. die automatisierte Anlageberatung (Robo Advice),287 bewegen sich hingegen in einer Grauzone. An die Kunden wird kein technisches Detailwissen weitergegeben, wie z. B. Quellcodes.288 Sie erhalten auch nicht die Information, mit welchen Daten die zur Anwendung kommenden Algorithmen bestückt werden. Die Kunden erhalten jedoch Wissen in Form von Anlagevorschlägen, für deren Umsetzung sie sich entscheiden können. Grundsätzlich kann ein Wissenstransfer eine beschränkte Steuerpflicht auslösen, wenn er den Dienstleistungsempfänger befähigt, sich in Zukunft selbst mit dem relevanten Wissen zu versorgen. Das ist bei automatisierten Plattformen nicht der Fall. Anders als bei der Übermittlung von Kundenadressen erhält der Dienstleistungsempfänger hier aber keine fertige Ware, sondern auf Erfahrung basierendes Wissen, das ihn bei seinen (Anlage-)Entscheidungen unterstützt. Eine beschränkte Steuerpflicht aus sonstigen Einkünften kann daher einschlägig sein.

282

Cloud Computing würde zudem am Tatbestandsmerkmal der Inlandsnutzung scheitern. Vorausgesetzt wird nämlich die tatsächliche Nutzung der Sache im Inland. Die virtuellen Server befinden sich jedoch zumeist im Ausland. 283 Siehe BFH-Urteil vom 13. 11. 2002, I R 90/01, DStRE 2003, S. 345, wonach keine beschränkte Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG besteht für die Nutzungsüberlassung „selektierter“ Kundenadressen. 284 Eine zeitliche Grenze für die Nutzungsüberlassung ist nicht vorgesehen. Daher ist die Abgrenzung zu nicht erfassten Veräußerungsvorgängen teilweise schwer zu ziehen, siehe hierzu Gosch, in: Kirchhof (Hrsg.), § 49 EStG, Rdnr. 94. 285 Siehe Gosch, in: Kirchhof, § 49 EStG, Rdnr. 94. 286 Siehe BFH-Urteil vom 13. 11. 2002 – I R 90/01, DSTRE 2003, S. 345 unter 2. 287 Für eine Definition von Robo Advice siehe u. a. https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/Fin Tech/Anlageberatung/anlageberatung_node.html, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. 288 In diesem Sinne Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 64 f.

II. Inboundgeschäfte

165

7. Steuerverfahren: Abzug und Veranlagung Zur Abrundung soll nachfolgend kurz auf das nationale Steuerverfahren bei beschränkter Steuerpflicht eingegangen werden. Darauf folgen Zusammenfassung und Fazit zur beschränkten Steuerpflicht. a) Abzugsverfahren Gem. § 50a Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer bei beschränkt Steuerpflichtigen im Wege des Steuerabzugs erhoben. Das heißt, dass der Vergütungsschuldner den Steuerabzug für Rechnung des Vergütungsgläubigers vorzunehmen hat. Er meldet die Steuer quartalsweise bei der für ihn zuständigen Finanzbehörde an und führt sie dorthin ab, vgl. § 50a Abs. 5 EStG, § 73e EStDV. Dies gilt jedoch nicht für alle beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte. Dem Abzugsverfahren unterliegen jedoch u. a. die Einkünfte aus inländischer Verwertung inländischer Darbietungen (§ 50a Abs. 1 Nr. 2) EStG) durch z. B. Streamings und Downloads von Darbietungen, sowie die Überlassung von Nutzungsrechten an z. B. Individualsoftware und individuellen Apps (§ 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG). Der Steuerabzug beträgt 15 % (§ 50a Abs. 2 S. 1 EStG). Im Rahmen des Abzugverfahrens können systembedingte Unstimmigkeiten auftreten. Streaming- und Downloadsachverhalte ziehen im Verwertungsfall fallweise kein zufriedenstellendes Besteuerungsergebnis nach sich. Die inländische Verwertung inländischer Darbietungen durch etwa eine ausländische Kapitalgesellschaft würde im B2C-Bereich höchstwahrscheinlich durch das Besteuerungsraster fallen.289 Die Steuer wird im Wege des Steuerabzugs gem. § 50a Abs. 1 Nr. 2 EStG erhoben. Im B2C-Bereich ist es jedoch eine unrealistische Vorstellung, dass der private Streamingnutzer Steuern für den deutschen Fiskus einbehält und an diesen abführt. Diese Situation wurde abstrakt aufgegriffen in einem BMF-Schreiben vom 25. 11. 2010.290 Es behandelt einen beschränkt steuerpflichtigen Darbietenden, der im Inland selbst eine Veranstaltung organisiert. Die Steuer kann nicht von den Eintrittskartenkäufern erhoben werden. Daher ist in diesen Fällen die Steuer durch Nachforderungsbescheid vom ausländischen Darbietenden als Vergütungsgläubiger zu erheben. Analog angewandt würde dies bedeuten, dass die Steuer per Nachforderungsbescheid von der ausländischen Kapitalgesellschaft zu erheben wäre, die Auskunft über die Anzahl der Streamings und Downloads geben müsste. Dies wäre ein nicht zu rechtfertigender Arbeitsaufwand für alle Beteiligten. Anders verhält es sich bei Einkünften aus der inländischen Verwertung ausländischer Darbietungen, die gerade nicht von § 50a EStG erfasst sind. Sieht sich ein deutscher Internetnutzer einen kostenpflichtigen Livestream von der Wiener Oper

289 290

§ 50a Abs. 1 Nr. 2 EStG setzt einen doppelten Inlandsbezug voraus. BMF-Schreiben vom 25. 11. 2010, BStBl. I 2010, S. 1350, Rdnr. 42.

166

3. Kap.: Direkte Besteuerung

an, würde die grundsätzliche Besteuerung der deutschen Einkünfte der Wiener Oper GmbH im Wege ihrer Veranlagung gem. §§ 31 KStG, 25 EStG erfolgen. Diese unterschiedlichen Ergebnisse überzeugen steuersystematisch nicht, weil die effektive Besteuerung ähnlicher Fallgestaltungen davon abhängt, welches Besteuerungsverfahren einschlägig ist. b) Veranlagung Nicht dem Abzugsverfahren, sondern dem Veranlagungsverfahren unterliegen hingegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb, für die im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird (§ 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG). Die genaue Zuordnung und Abgrenzung des Betriebsstättenergebnisses bemisst sich für Unternehmen und ihre Betriebsstätten gem. § 1 Abs. 4 – 6 AStG auch nach nationalem Recht anhand des Fremdvergleichsgrundsatzes, dem Authorized OECD Approach (AOA).291 Auf Basis des § 1 Abs. 6 AStG ist am 18. 10. 2014 die Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten nach § 1 Abs. 5 des AStG (Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung, BSGaV) in Kraft getreten.292

8. Zusammenfassung und Fazit zur beschränkten Steuerpflicht im Inboundfall Es konnte gezeigt werden, dass die beschränkte Steuerpflicht für internetbasierte Dienstleistungen lückenhaft ist. Ein systematischer ertragsteuerrechtlicher Ansatz, der die Besonderheiten des Internets berücksichtigt, steht noch aus. Zwar ist der Begriff der Betriebsstätte klar definiert, er erfasst bislang aber gerade nicht den Kern der digitalen Wirtschaft, ihre Ortsungebundenheit. Daher muss an der Systematisierung der Ertragsteuer weiter gearbeitet werden, um auch diesen Wirtschaftszweig vollständig in das Steuerrecht zu integrieren. Das nationale Recht kennt betriebsstättengebundene und betriebsstättenlose Einkünfte. Beide Gruppen erfassen die Einkünfte aus internetbasierten Dienstleistungen nur unzureichend. 291

Mehr dazu in Kapitel 3 unter IV. 3. b). Zur Gewinnabgrenzung von Stammhaus und Betriebsstätte und der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auch im Nicht-DBA-Fall siehe Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnr. 6b sowie Wied/Reimer, in: Blümich/Heuermann (Hrsg.), Stand 2015, § 49 EStG, Rdnr. 74 f. Angesprochen wird hier u. a., dass die Regelungen systematisch unzutreffend in § 1AStG aufgenommen wurden. Im Ergebnis bestehe ein Nebeneinander von allgemeinen inländischen Regeln für die Gewinnermittlung und -zuordnung, die durch das Veranlassungsprinzip geprägt sind und besonderen inländischen und ggf. DBA-Regeln für die Gewinnabgrenzung und -zuordnung unter Fremdvergleichsgesichtspunkten. Diesen lägen andere methodische Grundsätze auf der Basis einer Funktions- und Risikoanalyse zugrunde. BFHUrteil vom 17. 2. 2000, I R 130/97, IStR 2000, 438. 292

III. Outboundgeschäfte

167

Im Rahmen der betriebsstättengebundenen Einkünfte wurde auf traditionelle Betriebsstätten und auf Dienstleistungsbetriebsstätten eingegangen. Traditionelle Betriebsstätten erfassen internetbasierte Dienstleistungen nur dann, wenn sie im Inland mit physisch greifbaren Komponenten wie z. B. Servern agieren, über die der Dienstleister Verfügungsmacht hat. Dieses Anknüpfungsmerkmal können Dienstleister sehr leicht durch das Anmieten von Speicherplatz umgehen. Dienstleistungsbetriebsstätten schaffen durch ihre Voraussetzung der physischen Präsenz von Personal, die zumeist nicht erfüllt sein dürfte, keine zusätzlichen Anknüpfungsmerkmale. § 49 Abs. 1 Nr. 2d), 2 f), Nr. 3 EStG erfasst internetbasierte Dienstleistungen ohne Betriebsstättenbezug. Grenzüberschreitende Streamings und Downloads sind m. E. nicht von § 49 EStG erfasst. Es fehlt an der Verwertungskomponente im Inland. Der Nutzer des Streams konsumiert diesen nur und verwertet ihn nicht weiter, anders als es z. B. ein inländischer Vertragspartner machen würde. Auch das Zur-VerfügungStellen von Speicherplatz löst keine beschränkte Steuerpflicht aus. Daten werden auf den örtlich jeweils gerade freien Servern gelagert. Eine reine Speicherung im Inland kann nicht gewährleistet werden. Bei softwarebezogenen Dienstleistungen ist zu differenzieren zwischen individuell zugeschnittener Software und Standardsoftware. Erträge aus dem Vertrieb von Individualsoftware werden beschränkt steuerpflichtig, abhängig davon, ob das Entgelt für den Übergang von Urheberrechten geleistet wird und ob eine Weiterverwertung der Software im Inland vorliegt. Im Fall von Standardsoftware werden zumindest mit Blick auf die Endnutzer der Software keine Urheberrechte übertragen, sondern nur die Funktionalität der Software. Mithin werden im Inland, wenn überhaupt, nur Einkünfte besteuert werden, die in Zusammenhang mit Individualsoftware stehen. Eine umfassendere Besteuerung sämtlicher internetbasierter Dienstleistungen mit Inlandsbezug wäre jedoch wünschenswert, auch weil damit der Druck, Fragestellungen durch internationale Projekte wie z. B. BEPS zu lösen, geringer wäre.

III. Outboundgeschäfte: Auslandsgewinne von in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen Im Rahmen eines Outboundgeschäfts verwirklicht eine im Inland ansässige Person einen steuerrechtlich relevanten Sachverhalt im Ausland. Die Problemkreise rund um internetbasierte Dienstleistungen ähneln sich daher im Inbound- und Outboundfall. Zu nennen sind insbesondere die Betriebsstättenqualität von Servern und die Einkünftezuordnung zu Serverbetriebsstätten und Cloudbetriebsstätten. Im Folgenden soll daher nur auf Fragestellungen eingegangen werden, die spezifisch im Zusammenhang mit Outboundgeschäften bestehen.

168

3. Kap.: Direkte Besteuerung

1. Direktgeschäft Ein Direktgeschäft liegt vor, wenn im Ausland keine eigene oder dedizierte Serverbetriebsstätte unterhalten wird und der Leistungsaustausch vom Inland aus erfolgt. Die Einkünfte von z. B. einem Dropbox-ähnlichen Unternehmen sind im Outboundfall entweder anzusehen als gewerbliche Dienstleistungen i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1 EStG (§ 2 I KStG), §§ 2 Abs. 1 Nr. 2 i.V. m. 15 EStG oder aber als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung nach §§ 1 Abs. 1 S. 1, 2 Abs. 1 Nr. 6, 21 EStG. Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung können in Betracht kommen, da sich die Zahlung des Dropbox-Nutzers grundsätzlich als Gegenleistung für die Nutzung der Dropbox darstellt (vgl. Inboundfall).293 Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sind jedoch gem. § 21 Abs. 3 EStG subsidiär. Das Wirtschaftsgut „Dropbox“ ist das zentrale Element des Unternehmens. Sie dient dem Unternehmen, ist somit als Betriebsvermögen zu qualifizieren,294 und es werden daher vorrangig betriebliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, §§ 1 I S. 1 EStG (§ 2 I KStG) i.V.m. §§ 2 I Nr. 2, 15 EStG. Auch bei einem Direktvertrieb von Standardsoftware käme eine Besteuerung im Quellenstaat nur in Betracht, sobald ein eigener oder dedizierter Server im Quellenstaat existieren würde. Besteht ein solcher nicht, liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 2 I Nr. 2 i.V. m. § 15 EStG vor.295 Inländische Dienstleister erwirtschaften bei dem Vertrieb von Individualsoftware ebenfalls Einkünfte aus gewerblichen Dienstleistungen oder aber aus selbständiger Arbeit gem. §§ 1 I S. 1 EStG (§ 2 I KStG) i.V.m. §§ 2 I Nr. 2 oder 3, 15 oder 18 EStG. Cloudunternehmen geben ihren Kunden u. a. Entwicklertools an die Hand. Im Outboundfall erwirtschaften sie damit gewerbliche Einkünfte nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG (§ 2 I KStG), § §2 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. 15 EStG. Qualifiziert der Ansässigkeitsstaat des ausländischen Kunden die Leistungen des Anbieters als quellensteuerpflichtige Softwareüberlassung, kann sich der inländische Dienstleister die Steuer eventuell anrechnen lassen, vgl. § 34c Abs. 1 EStG. Voraussetzung ist lediglich, dass ausländische Einkünfte i.S.d. § 34d EStG vorliegen. Ob ausländische Einkünfte vorliegen, hängt wiederum von der konkreten Fallgestaltung ab. Um z. B. ausländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb nachweisen zu können, wäre eine Betriebsstätte im ausländischen Staat nötig. Können keine ausländischen Einkünfte nachgewiesen werden, ist eine Anrechnung nach § 34c Abs. 1 EStG nicht möglich. Gem. § 34c Abs. 3 kann jedoch die bezahlte ausländische Steuer bei der Einkünfteermittlung abgezogen werden.

293

Vgl. auch Kulosa, in: Schmidt (Hrsg.), § 21 EStG, Rdnr. 4 f. Zur Abgrenzung von gewerblichen Einkünften und Einkünften aus VuV siehe u. a. Pfirrmann, in: HHR (Hrsg.), Stand 2013, § 21 EStG, Rdnr. 253. 295 Vgl. u. a. Wacker, in: Schmidt (Hrsg.), § 15 EStG, Rdnr. 150. 294

III. Outboundgeschäfte

169

2. Auslandsbetriebsstätten Betriebsstätten im Ausland können aus deutscher Unternehmersicht von Vorteil sein, wenn die Gewinne damit in einem niedriger besteuernden Staat anfallen und in Deutschland freigestellt werden. Größtenteils wird jedoch versucht, Betriebsstätten zu vermeiden. Zusätzlich zur Steuerpflicht im Ausland bedeuten Betriebsstätten einen großen administrativen Mehraufwand. Betriebsstätten lassen sich gerade in Schwellenländern oftmals nicht vermeiden. Häufig entsteht allein durch die bloße Dienstleistungserbringung eine Dienstleistungsbetriebsstätte.296 Nutzt der digitale Dienstleister einen abhängigen Vertreter oder installiert er einen Internetserver für seine Unternehmenstätigkeit im Ausland, begründet er ebenfalls eine Betriebsstätte.297 Statt der Installation eines eigenen Internetservers nutzen daher zahlreiche Dienstleister die Möglichkeit des Outsourcing von Servern an Host- und Application-Service-Provider oder Cloudanbieter. Schließlich kann damit die Begründung einer Betriebsstätte vermieden werden, was auch unter dem Gesichtspunkt der schwierigen Berücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste in Deutschland298 oder der zahlreichen ungeklärten Fragen rund um die Betriebsstättengewinnermittlung von Vorteil sein kann.299

3. Ausländische Tochtergesellschaften Tochtergesellschaften sind steuerlich als selbständige Rechtsträger ausgestaltet. Das bedeutet, dass sie im Ausland der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen. Dies kann von Vorteil sein, wenn hierdurch Gewinne in Niedrigsteuerländer verlagert werden können. Würde z. B. ein inländisches Cloudunternehmen eine ausländische, unternehmerisches Risiko tragende Tochtergesellschaft unterhalten, die in ihrem Ansässigkeitsstaat eine Serverfarm betreibt, können ihr aus Verrechnungspreissicht Gewinne zugeordnet werden, die im Ausland zu versteuern sind. Tochtergesellschaften können jedoch auch als Vertreterbetriebsstätten qualifiziert werden, was eine weitere Steuerpflicht nach sich zieht. Zur Vermeidung ist darauf zu achten, dass sie nicht als abhängiger Vertreter des jeweiligen Unternehmens angesehen werden.300

296

Siehe unter Kapitel 3 II. 1. d) sowie Burwitz, NZG 2013, 1300, 1301. Siehe OECD-MK 2014, Art. 5, Anm. 42.7, 42.8 in Abgrenzung zu vorbereitenden Handlungen, wie z. B. der Übertragung von Informationen durch einen Spiegelserver. 298 Zur Berücksichtigung „finaler“ Verluste in Deutschland siehe z. B. BFH-Urteil vom 5. 2. 2014, I R 48/11, IStR 2014, 377. 299 Vgl. Burwitz, NZG 2013, 1300, 1301 sowie Sinewe/Frase, BB 2011, 2198, 2200. 300 Ausführlich zur gesamten Bandbreite an Vertreterbetriebsstätten und den hierzu bisher ergangenen Urteilen in Europa, Ditz/Bärsch/Schneider, UbG 2013, 493. 297

170

3. Kap.: Direkte Besteuerung

Gem. Art. 5 Abs. 7 OECD-MA genügt es für die Begründung einer Betriebsstätte durch eine Tochtergesellschaft nicht, wenn eine Beherrschungssituation der Tochtergesellschaft vorliegt. Laut den Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätzen von 1999 sind Tochtergesellschaften nur dann als Unternehmensvertreter anzusehen, wenn sich ihre Vertreterstellung aus Umständen außerhalb der Beherrschung ergibt und nicht in ihrer ordentlichen Geschäftstätigkeit begründet ist.301 Das bedeutet, dass z. B. aus der Tatsache, dass die Tochtergesellschaft wirtschaftlich nicht unabhängig ist, nicht der Umkehrschluss einer wirtschaftlichen Abhängigkeit i.S.d. Art. Art. 5 Abs. 5, 6 OECD-MA gezogen werden kann.302 Irrelevant ist selbst der Umstand, dass die Geschäftstätigkeit der Tochtergesellschaft gänzlich von der Muttergesellschaft gelenkt wird.303 Demnach muss die Abhängigkeit, die Voraussetzung einer Vertreterbetriebsstätte ist, ihre Grundlage in Umständen haben, die nichts mit den konzern- und gesellschaftsrechtlichen Einflussmöglichkeiten der Muttergesellschaft zu tun haben. So ist beispielsweise denkbar, dass sich die Tochtergesellschaft gegenüber der Muttergesellschaft vertraglich gebunden hat, etwa durch eine Vertriebsvereinbarung, und aus diesem Grund den Anweisungen und der Aufsicht der Mutter unterliegt. Zudem ist der Punkt der „ordentlichen Geschäftstätigkeit“ zu beachten. Eine als Kommissionär agierende Konzernvertriebsgesellschaft handelt z. B. dann innerhalb ihrer ordentlichen Tätigkeit, wenn sie keine zusätzlichen Aufgaben aus dem Betrieb ihres Auftraggebers übernimmt, ihre Geschäftstätigkeiten den gesetzlichen Vorgaben des Kommissionsgeschäftes und den kaufmännischen Gepflogenheiten von Kommissionären entsprechen. Ist die oben genannte Vertriebsvereinbarung eine außerplanmäßige Pflicht für die Tochtergesellschaft, die sie aufgrund ihrer sachlichen Abhängigkeit von der Muttergesellschaft erfüllen muss, ist sie folglich als Betriebsstätte zu qualifizieren. Im Ergebnis sind die Voraussetzungen für die Begründung einer einheitlichen Tochtergesellschaftsbetriebsstätte relativ eng gestrickt. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie Rechtsprechung und Finanzverwaltung mit der „Aushöhlung“ des Wortlauts der Tatbestandsvoraussetzungen von Betriebsstätten weiter umgehen werden. 301 Diese Ansicht wird auch von der deutschen Finanzverwaltung geteilt, siehe BMFSchreiben betr. Grundsätze der Verwaltung für die Prüfung der Aufteilung der Einkünfte bei Betriebsstätten international tätiger Unternehmen (Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze) vom 24. 12. 1999, BStBl. 1999, S. 1076, unter 1.2.2., zuletzt geändert durch BMF-Schreiben vom 26. 9. 2014 , BStBl. I 2014, S. 1258. 302 Vgl. Ditz/Bärsch/Schneider, UbG 2013, 493, 498. 303 Siehe OECD-MK 2014, Art. 5 Abs. 7 OECD-MA, Anm. 40. Grundsätzlich können auch Betriebsstätten bei einer Tochtergesellschaft entstehen, wenn der Muttergesellschaft eigene Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden und sie diese für ihre eigene Geschäftstätigkeit nutzt. Auch können Betriebsstätten bei anderen Konzerngesellschaften begründet werden. Vgl. OECD-MK 2014, Art. 5 Abs. 7 OECD-MA, Anm. 41 und 42.

IV. Beschränkungen der nationalen Besteuerungsrechte

171

4. Ergebnis Outboundgeschäfte Grenzüberschreitende Geschäfte, die im Direktvertrieb getätigt werden, erzielen zumeist Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb i.S.d. §§ 2 Abs. 1 Nr. 2, 15 EStG. Die bewusste Begründung von Auslandsbetriebsstätten muss von Fall zu Fall abgewogen werden. Für ihre Begründung kann ein niedrigeres Steuerniveau im anderen Staat sprechen, dagegen der erhöhte Verwaltungsaufwand. Ausländische Tochtergesellschaften können unter engen Voraussetzungen zugleich als Vertreterbetriebsstätten qualifiziert werden. Dies zieht eine weitere Steuerpflicht nach sich.

IV. Beschränkungen der nationalen Besteuerungsrechte durch Doppelbesteuerungsabkommen Es wurde gezeigt, dass internetbasierte Dienstleistungen auf nationaler Ebene nur schwer steuerbar sind. Abkommensrechtlich sind zunächst allgemein die dem nationalen Recht entsprechenden Einkunftsarten zu ermitteln um sie im Anschluss auf internetbasierte Dienstleistungen anzuwenden. Zudem ist zu prüfen, ob die nationalen Steueransprüche durch DBA überhaupt noch weiter eingeschränkt werden können.304

1. Einkunftsarten Im Folgenden werden am Beispiel von Software die relevanten Einkunftsarten des OECD-MA 2014 erläutert und gezeigt, welcher Onlineakteur davon in welcher Weise betroffen ist. Im Abkommensfall kommen beispielsweise für einen Programmierer, der seine Software vertreibt, sowohl Unternehmensgewinne (Art. 7 OECD-MA) als auch Lizenzgebühren (Art. 12 OECD-MA), Veräußerungsgewinne (Art. 13 Abs. 5 OECD-MA) und Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Art. 7 OECDMA) in Betracht.305 Die Abgrenzung dieser Einkunftsarten erfolgt unter dem Blickwinkel, für welche Leistung die Softwarevergütung im Wesentlichen entrichtet wird, d. h., ob Urhe304 Unternehmensgewinne nach Art. 7 OECD-MA entsprechen, stark vereinfacht, den Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 49 Abs. 1 Nr. 2a) EStG, sobald eine Betriebsstätte vorliegt; Unternehmensgewinne im betriebsstättenlosen Fall entsprechen § 49 Abs. 1 Nr. 2 f). Die Besteuerung von Lizenzgebühren, Art. 12 OECD-MA, ist enger gefasst als die gewerbliche Vermietung oder Veräußerung von Rechten, vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) EStG. Veräußerungsgewinne aus einer Vollrechtsübertragung sind von Art. 13 Abs. 5 OECD-MA erfasst, was national wiederum einer gewerblichen Veräußerung von Rechten i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) bb) EStG entspricht. Einkünfte aus selbständiger Arbeit unterfallen abkommensrechtlich Art. 7 OECDMA, national § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG. 305 Vgl. z. B. Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnr. 6a.

172

3. Kap.: Direkte Besteuerung

berrechte übertragen werden oder nicht. In einem weiteren Schritt wird nachfolgend gefragt, wo die Unterschiede zum nationalen Recht liegen und welche Einkunftsarten die jeweiligen Dienstleister konkret verwirklichen. a) Lizenzgebühren Art. 12 OECD-MA betrifft die Besteuerung von Einkünften aus Lizenzgebühren.306 Zahlungen für den Erwerb von Teilrechten am Urheberrecht (ohne dass der Übertragende sich des Urheberrechts voll entäußert) sind abkommensrechtlich als Lizenzgebühren zu qualifizieren, wenn das Entgelt gezahlt wird, um ein Softwareprogramm in einer Weise zu nutzen, die ohne Erlaubnis eine Verletzung des Urheberrechts darstellen würde.307 Die Gebühren fallen damit an für die Nutzung eines Urheberrechts an einem Wirtschaftsgut, so z. B. auch an digitalen Bildern, Tönen und Texten, Art. 12 Abs. 2 OECD-MA.308 Entscheidendes Abgrenzungskriterium für die Frage, ob tatsächlich eine Lizenzgebühr bezahlt wurde, oder ob der Geldfluss den Einkünften aus Unternehmensgewinnen oder den Veräußerungsgewinnen zuzuordnen ist, ist mithin der Umfang der übertragenen Rechte.309 Werden Teilrechte an einem Urheberrecht übertragen, liegt ein Fall des Art. 12 OECD-MA vor, ebenso in den Fällen, in denen die technischen Grundlagen einer Software (Algorithmen, Quellcodes etc.) weitergegeben werden.310 Anders als im nationalen Recht liegen keine Lizenzgebühren vor, sobald Vergütungen als Entgelt für die Übertragung eines Vollrechts an einer Software gezahlt werden. Hier können vielmehr Unternehmens- (Art. 7 OECD-MA) oder Veräußerungsgewinne (Art. 13 Abs. 5 OECD-MA) anfallen.311 Die Vorschrift zu Lizenzgebühren in Art. 12 OECDMA tritt hinter die Regel zu Unternehmensgewinnen des Art. 7 OECD-MA zurück, sobald im anderen Vertragsstaat eine Betriebsstätte vorliegt, vgl. Art. 12 Abs. 3 OECD-MA.312 306

Nicht eingegangen werden soll auf die Thematik der so genannter Patentboxen. Staaten offerieren steuerliche Präferenzregime für Lizenzeinnahmen, um Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten im eigenen Land zu unterstützen oder aber, wenn diese bereits ausgelagert sind, um die Attraktivität als IP- Holdingstandort zu erhöhen. Vgl. hierzu u. a. Fehling, IStR 2015, 493. Im Rahmen des BEPS-Projekts wurden Patentboxen unter dem Aktionspunkt 5 untersucht. 307 Vgl. OECD-MK 2016, Art. 12, Anm. 13.1. 308 Siehe Pöllath/Lohbeck, in: Vogel/Lehner, Art. 12 OECD-MA, Rdnr. 11.4. sowie OECDMK 2014, Art. 12, Anm. 17.3. sowie grundsätzlich zur Überlassung von Software Wassermeyer, in: Wassermeyer, Art. 12 OECD-MA, Stand 2011, Rdnr. 63 f. 309 Siehe Anm. 12.2 zu Art. 12, OECD-MK 2014 sowie den in seinen Grundzügen immer noch aktuellen zweiteiligen Artikel von Kessler zur Einkünftequalifikation von Standardsoftware, IStR 2000, 70, 98. 310 Siehe OECD-MK 2014, Art. 12, Anm. 13.1 und 14.3. 311 So OECD-MK 2014, Art. 12, Anm. 15. Für eine Abgrenzung zwischen den Artikeln 12, 13 und 7 siehe Anm. 16. 312 Siehe hierzu auch Wassermeyer, in: Beck‘sches Steuerberater-Handbuch 2015/2016, Kapitel G, Rdnr.718.

IV. Beschränkungen der nationalen Besteuerungsrechte

173

Lizenzgebühren können gemäß Art. 12 Abs. 1 OECD-MA nur im Ansässigkeitsstaat des Einkünfteerzielers besteuert werden. In einigen deutschen DBA wird dem Quellenstaat ein Quellenbesteuerungsrecht für Lizenzgebühren in Höhe von 5 – 15 % der Bruttobeträge eingeräumt.313 Soweit der Quellenstaat danach die Lizenzgebühren besteuert, ist die Quellensteuer gemäß Art. 23 OECD-MA im anderen Vertragsstaat anzurechnen. Innerhalb der EU-Mitgliedstaaten sind Lizenzgebühren von der Quellensteuer ausgenommen, wenn der Empfänger der Lizenzgebühren eine Gesellschaft oder eine Betriebsstätte eines in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmens ist, vgl. § 50 g EStG.314 Im Inboundfall hat Deutschland mithin nur dann ein Quellensteuerrecht auf Einkünfte aus Lizenzgebühren, wenn das jeweilige Doppelbesteuerungsabkommen eine zeitliche oder sachlich begrenzte Überlassung von Software vorsieht. b) Unternehmensgewinne Art. 7 OECD-MA enthält keine Definition dessen, was genau unter einem Unternehmensgewinn zu verstehen ist. Dies setzt sich auch in der deutschen Abkommenspraxis fort. Auch hier fehlt es regelmäßig an einer Definition.315 Eine autonome Auslegung ist daher möglich und auch geboten, sofern nicht doch ausnahmsweise ein DBA eine ausdrückliche Definition enthält oder sich auf feststehende Begriffe des innerstaatlichen Rechts der Vertragsstaaten bezieht. Der Abkommenszusammenhang kann u. U. auch eine Abweichung vom nationalen Recht fordern.316 Am ehesten vergleichbar ist der Begriff der Unternehmensgewinne in DBA mit dem nationalen Begriff der Einkünfte aus Gewerbebetrieb.317 Besteuert werden mithin Einkünfte aus gewerblichen Leistungen. Art. 7 OECD-MA ist als Zuteilungsnorm zu verstehen. Sie erfasst den größten Teil aller Unternehmenseinkünfte.318 Gem. Art. 7 Abs. 1 OECDMA werden Gewinne grundsätzlich im Ansässigkeitsstaat des Unternehmens besteuert. Existiert im anderen Vertragsstaat eine Betriebsstätte, sind die der Betriebsstätte zuzurechnenden Gewinne dort zu besteuern, vgl. Art. 7 Abs. 3 OECD313 Eine Abkommensübersicht zu Art. 12 Abs. 1 und den verankerten Quellesteuersätzen ist zu finden bei Pöllath/Lohbeck, in: Vogel/Lehner, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 12, Rdnr. 29. 314 § 50 g EStG ist die nationale Umsetzung der Zins- und Lizenzrichtlinie, RL 2003/49/ EG, ABl. 2003, L 157/49 – 54. 315 Siehe Reck/Brück/Labermeier/Pache, Internationales Steuerrecht in der Praxis, Rdnr. 86. 316 So Hemmelrath, in: Vogel/Lehner (Hrsg.), Art. 7 OECD-MA, Rdnr. 29. 317 Unternehmensgewinne und Einkünfte aus Gewerbetrieb dürfen jedoch keinesfalls vorbehaltlos gleichgesetzt werden. Vgl. Hemmelrath, in: Vogel/Lehner (Hrsg.), Art. 7, Rdnrn. 28 – 32. 318 Vgl. auch Reck/Brück/Labermeier/Pache, Internationales Steuerrecht in der Praxis, Rdnr. 84.

174

3. Kap.: Direkte Besteuerung

MA. Art. 7 Abs. 4 OECD-MA normiert, dass Unternehmensgewinne subsidiär zu Einkünften aus spezielleren Sachverhalten sind. Sowohl im Outbound- als auch im Inboundfall entstehen mangels Betriebsstätte im Fall von Standardsoftware (Erwerb per Download) im jeweils anderen Vertragsstaat Unternehmensgewinne gem. Art. 7 OECD-MA. Art. 12 OECD-MA ist nicht einschlägig, da dem Nutzer keine Urheberrechte überlassen werden, sondern er die Software mittels Datenerwerb nur zum persönlichen Gebrauch erhält. Die Software wird zeitlich unbegrenzt überlassen, damit liegt faktisch ein Verkauf vor.319 Der Kunde darf die Software herunterladen und Sicherungskopien erstellen, um sie bestimmungsgemäß nutzen zu können. Werden digitale Produkte nur zum privaten Eigengebrauch auf den eigenen Computer heruntergeladen, fallen ebenso Unternehmens- oder Veräußerungsgewinne an.320 c) Veräußerungsgewinne Veräußerungsgewinne liegen vor, wenn das Augenmerk des Erwerbers nicht auf der reinen Nutzung des Rechts, sondern vielmehr auf dem Vollerwerb sämtlicher Rechte liegt. Werden Vollrechte an z. B. einer für eine spezifische Aufgabe hergestellten oder auf einen bestimmten Anwender zugeschnittenen Individualsoftware zeitlich unbegrenzt übertragen,321 liegt ein Fall des Art. 13 Abs. 5 OECD-MA vor.322 Eine Vollrechtsübertragung liegt jedoch nicht vor, wenn dem Erwerber das Recht zur Nutzung lediglich für seinen individuellen Anwendungsbereich oder geographisch beschränkt allein für die Weiterentwicklung und den Vertrieb im jeweiligen Staat überlassen wird.323 Wird eine Software ohne das Vollrecht übertragen, besteht ein Besteuerungsrecht im Inboundfall mithin nur bei Vertrieb mittels Betriebsstätte oder ständigem Vertreter.324

319

Vgl. u. a. Pöllath/Lohbeck, in: Vogel/Lehner (Hrsg.), Art. 12 OECD-MA, Rdnr. 64 a. Von Wallis, in: Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, 2011, Teil 27, Rdnr. 64; vgl. OECD-MK 2016, Art. 12 OECD-MA, Anm. 16, 17.1 – 3. 321 So z. B. Lüdemann, FR 2000, 83, 83. 322 Nach neuem Schuldrecht ist auf Verträge zur Herstellung von Individualsoftware gem. § 651 BGB Kaufvertragsrecht anwendbar, was in der Praxis zu zahlreichen zivilrechtlichen Problemen führt. Z. B. fehlt eine Abnahmeregelung und ausdrückliche Mitwirkungsregelungen für den Besteller. Außerdem obliegt dem Besteller die Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB und er hat kein Recht zur Selbstvornahme. Vgl. hierzu z. B. Leupold/Glossner, Münchener Anwaltshandbuch IT-Recht, Rdnrn. 68, 69, 72. 323 Siehe OECD-MK 2016, Art. 12 OECD-MA, Anm. 16 und 17.3. zur Abgrenzung zwischen Art. 7, 12 und 13 OECD-MA. 324 Vgl. Lüdemann, FR 2000, 83, 86. 320

IV. Beschränkungen der nationalen Besteuerungsrechte

175

d) Einkünfte aus selbständiger Arbeit Am 29. 4. 2000 wurde die Besteuerung von Einkünften aus selbständiger Arbeit, geregelt in Art. 14 OECD-MA a.F., aus dem Abkommen gestrichen. Art. 14 OECDMA war als Parallelregelung zu Art. 7 OECD-MA konzipiert. Wegen Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Art. 14 OECD-MA a.F. und Art. 7 OECD-MA gibt es im aktuellen Musterabkommen für selbstständige Arbeit keine eigenständige Regelung mehr. Vielmehr gilt auch für diese Einkünfte die Regelung nach Art. 7 OECD-MA. e) Einkünfte internetbasierter Dienstleister Zunächst sollen die gewonnenen Erkenntnisse auf die von internetbasierten Dienstleistern vertriebene Software übertragen werden. Im Anschluss werden softwareunabhängige Dienstleistungen und ihre zugehörige Einkunftsart untersucht. Application-Service-Provider vermieten und warten Software für Kunden. Die Software wird dabei auf eigenen Zentralrechnern gespeichert. Ein Großteil der Kunden der Application-Service-Provider dürfte keine Urheberrechte an der Software benötigen oder wünschen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass ihnen einfache Programmkopien überlassen werden. Sie bezahlen Entgelt für die Nutzung der Software. Einkünfte hieraus führen zu Unternehmensgewinnen. Kunden, die eine individuell zugeschnittene Software benötigen, um sie kommerziell für sich zu verwerten, bezahlen an den Application-Service-Provider Lizenzgebühren i.S.d. Art. 12 OECD-MA.325 Im Rahmen von SaaS-Modellen („Software as a Service“) nutzen Kunden Software, die auf der Infrastruktur von Cloudanbietern installiert ist. Hier gilt das zu Application-Service-Providern Gesagte. Im Rahmen des Modells „Platform as a Service“ (PaaS), das den Kunden eine Entwicklungsumgebung an die Hand gibt, mit der sie eigenständig Applikationen hervorbringen können, kommt es zu keiner Übertragung von Urheberrechten. Mithin fallen Unternehmensgewinne an. Das Modell „Infrastructure as a Service“ (IaaS), das dem Endnutzer die Speicherung und Bearbeitung seiner Ressourcen auf virtuellen Servern ermöglicht, führt bei Cloudbetreibern ebenfalls zu Unternehmensgewinnen. App-Stores vertreiben eigene Apps oder die Apps von Dritten in Kommission. Da es sich bei den eigenen Apps im Kontext mit großen App-Stores zumeist um Standardapps handelt, bei denen keine urheberrechtlichen Nutzugnsrechte übertragen werden, liegen Unternehmensgewinne vor. Die Kommission, die App-Stores für ihre Vertriebssunterstützung erhalten, führt ebenfalls zu Unternehmensgewinnen i. S.d. Art. 7 OECD-MA.

325

Vgl. auch Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 75 f.

176

3. Kap.: Direkte Besteuerung

Abhängig davon, ob sie Teilrechte an Individualsoftware oder Standardsoftware vertreiben, erzielen App-Entwickler abkommensrechtlich Einkünfte aus Lizenzgebühren oder aus Unternehmensgewinnen. Plattformbetreiber stellen ihre digitale Infrastruktur zur Verfügung. Sie finanzieren sich überwiegend durch Werbung (Banner, Microsites), Quersubventionierung oder Freemiummodelle.326 Mithin erzielen sie Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 OECD-MA. Internetdienstleister erhalten von ihren Kunden monatliche Abschlagszahlungen für das Bereitstellen des Netzzuganges sowie das Betreiben von Telekommunikationsnetzen. Sie erzielen überwiegend Gewinneinkünfte entsprechend Art. 7 OECDMA. Hostprovider erzielen durch das Bereitstellen von Speicherplatz, beispielsweise durch eine Dropbox, ebenfalls Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 OECD-MA.327 Die Vergütung wird im Wesentlichen dafür entrichtet, um den Dienst „externes Speichern“ in Anspruch zu nehmen zu können.328 Gerade durch die Möglichkeit des universellen Zugriffs auf die Dropbox mittels des Internets ist keine Betriebsstätte nötig. Die Besteuerung erfolgt daher im Ansässigkeitsstaat der Anbieter bzw. zu geringen Anteilen an den Orten, an denen Internetserver des Unternehmens stehen. Die Abgrenzung von Lizenzeinkünften und Unternehmensgewinnen für selbständige Inhalteanbieter orientiert sich wiederum an der Frage, wofür die Bezahlung erfolgt.329 Einkünfte aus Lizenzgebühren nach Art. 12 OECD-MA für z. B. Videos oder Texte fallen an, sobald die Bezahlung des jeweiligen Inhaltes explizit damit verbunden ist, dass Urheberrechte mitübertragen werden und dass der Kunde die Daten selbst verwerten darf.330 Liegt der Fokus des Downloads hingegen auf der herkömmlichen Nutzung der Daten, und/oder der Kunde „bucht“ eine Flatrate oder aber der Download eines Videos wird nach einiger Zeit z. B. automatisch gelöscht,331 fallen Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 OECD-MA an.332 Im Ergebnis erzielen internetbasierte Dienstleister überwiegend Einkünfte gewerblicher Natur, die den Unternehmensgewinnen nach Art. 7 OECD-MA zuzuordnen sind. 326

Für Details siehe Kapitel 1 II. 1. d) Vgl. OECD (Hrsg.), Taxation and Electronic Commerce, Implementing the Ottawa Taxation Framework Conditions, S. 166. 328 Für die Abgrenzung zwischen Lizenzgebühren und Unternehmensgewinnen speziell im Fall des elektronischen Geschäftsverkehrs siehe u. a. Pöllath/Lohbeck, in: Vogel/Lehner (Hrsg.), Art. 12 OECD-MA, Rdnr. 17.1. 329 Siehe OECD-MK 2014, Art. 12 OECD-MA, Anm. 17.1. 330 So OECD-MK 2014, Art. 12 OECD-MA, Anm. 17.4. 331 Für Videos vgl. z. B. http://vimeo.com/, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. 332 Vgl. OECD-MK 2014, Art. 12 OECD-MA, Anm. 17.1 f., wonach die Grundsätze zur Abgrenzung von Art. 7 und Art. 12 für Software auch anwendbar sind für u. a. Bilder, Texte und Töne. 327

IV. Beschränkungen der nationalen Besteuerungsrechte

177

2. Dienstleistungsspezifische Zuteilungsnormen Im Folgenden soll untersucht werden, wie mit digitalen Dienstleistungen in der DBA-Praxis umgegangen wird. Unter a) sollen dienstleistungsspezifische Spezialregelungen aufgezeigt werden, mit einem besonderen Augenmerk auf der konkreten Abgrenzung von Lizenzgebühren (Art. 12 OECD-MA) und Unternehmensgewinnen (Art. 7 OECD-MA). Dienstleistungsbetriebsstätten im Fall von Unternehmensgewinnen werden unter b) behandelt. a) Beschränkte Besteuerungsrechte für technische Dienstleistungen in DBA Regelungen in DBA zu technischen Dienstleistungen kommen einer Besteuerung im anderen Vertragsstaat allein anhand von digitaler Präsenz, ohne Betriebsstätte oder persönliche, physische Präsenz des Dienstleisters, sehr nahe. Aktuell gibt es ca. zehn DBA333 mit deutscher Beteiligung, die in ihrem Lizenzartikel eine Regelung speziell für technische Dienstleistungen vorsehen. Einbehalten wird in diesen Fällen eine Quellensteuer auf die Vergütungsschulden des Dienstleistungsempfängers. Der ausländische Vertragspartner ist damit verpflichtet, einen Abzug vom Rechnungsbetrag vorzunehmen und an seinen Fiskus abzuführen. In der Praxis wird von Quellenstaaten, in denen es keine Regelung zu technischen Dienstleistungen gibt, teilweise versucht, technische Dienstleistungen wie in diesen DBA zu behandeln. Auf die Vergütung für technische Dienstleistungen werden z. B. in China 10 % Quellensteuern einbehalten. Daher ist bereits im Vorfeld der Vertragsgestaltung zweier Unternehmen zumindest darauf zu achten, dass eine klare Abgrenzung zwischen einer Lizenzvergabe und der Erbringung von technischen Dienstleistungen möglich ist.334 Lizenzen nach Art. 12 OECD-MA beinhalten meistens ausschließlich die Übertragung von Know-How.335 Der „Lieferant“ des Know-How behält das Eigentum an „seiner“ Technologie, der Vergütungsschuldner erhält Nutzungsrechte. Die Lizenzgebühren werden nach OECD-MA im Ansässigkeitsstaat des „KnowHow-Lieferanten“ besteuert. Technische Dienstleistungen können z. B. After-Sales Support, Listen mit potentiellen Kundennamen oder aber Datenbanken zur Fehlerbeseitigung technischer Probleme sein.336 333

Siehe Rosenberger/Vitali/Ziehr, IStR 2010, Beilage zu Heft 18/2010, 1, 36; es handelt sich um die DBA mit Australien, Indien, Indonesien, Jamaika, Pakistan, Simbabwe, Trinidad und Tobago, Uruguay und Vietnam. 334 Vgl. z. B. Fischer/Klein/Eilers, IStR 2012, 483, 484. 335 Siehe OECD-MK 2014, Art. 12 OECD-MA, Anm. 11.3. 336 Siehe OECD-MK 2014, Art. 12 OECD-MA, Anm. 11.4.

178

3. Kap.: Direkte Besteuerung

In den DBA, die in Art. 12 gezielt eine Regelung zu technischen Dienstleistungen vorsehen, fällt für das Erbringen der technischen Dienstleistungen Quellensteuer an, zumindest unter der Prämisse, dass im anderen Vertragsstaat keine Betriebsstätte existiert. Als Beispiele für DBA mit einer Regelung für technische Dienstleistungen in Art. 12 sollen hier die DBA mit Indien, Indonesien und Vietnam herausgegriffen werden. aa) Das DBA Deutschland/Indien Das DBA Deutschland/Indien definiert unter Art. 12 Abs. 4 die Vergütung für technische Dienstleistungen. Hierunter fallen Leistungen auf den Gebieten der Geschäftsleitung, der Technik oder der Beratung einschließlich der Beschaffung von Dienstleistungen durch technisches oder anderes Personal, jedoch keine Zahlungen für unselbständige Arbeit. Gem. Art. 12 Abs. 2 des DBA können die Vergütungen für technische Dienstleistungen nicht nur, wie bei Lizenzen üblich, im Ansässigkeitsstaat des Lizenzgebers mit Steuer belegt werden. Vielmehr kann auch das Land des Dienstleistungsempfängers auf die Vergütung einen Quellensteuersatz von 10 % auf die Bruttovergütung erheben. Das Land des Dienstleistungsempfängers darf mithin Steuern auf die Vergütung erheben, obwohl in seinem Territorium weder eine Betriebsstätte stehen noch der Dienstleister physische Präsenz zeigen muss. bb) Das DBA Deutschland/Indonesien Gem. Art. 12 Abs. 1 c) des DBA darf auf die Bruttogebühren für technische Dienstleistungen, die aus einem Vertragsstaat stammen und an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person gezahlt werden, eine 7,5 % ige Quellensteuer erhoben werden, wenn der Gebührenempfänger der Nutzungsberechtigte der Vergütung ist. Die Regelung ist somit bis auf die Höhe des Steuersatzes identisch mit der Vorschrift des DBA Indien. Auch hier gilt, dass der Staat des Dienstleistungsempfängers ohne Betriebsstätte oder physische Präsenz besteuern darf. cc) Das DBA Deutschland/Vietnam Art. 12 Abs. 1 b) des DBA ist wiederum nahezu identisch mit Art. 12 Abs. 1 c) des DBA mit Indonesien. Bruttovergütungen können in dem Vertragsstaat besteuert werden, der sie leistet. Eine Betriebsstätte oder die physische Präsenz des Dienstleisters sind hierfür nicht nötig. b) Doppelbesteuerungsabkommen mit verankerter Dienstleistungsbetriebsstätte Dienstleistungsbetriebsstätten kommen im Fall digitaler Dienstleistungen zum Zuge, sobald die Voraussetzung der physischen Präsenz der Dienstleister im anderen

IV. Beschränkungen der nationalen Besteuerungsrechte

179

Vertragsstaat erfüllt ist. Angestellte eines Application-Service-Providers erzielen in einer Dienstleistungsbetriebsstätte, d. h. vor Ort bei ihren Kunden, Unternehmensgewinne, wenn sie dort mehr als 6 Monate arbeiten. Ihre Gewinne werden im Quellenstaat versteuert, wenn das jeweilige DBA Dienstleistungsbetriebsstätten vorsieht.337 Dienstleistungsbetriebsstätten haben bereits vor ihrer Fixierung im OECD-MK Einzug in einigen DBA gefunden. Vorbild war damals jeweils Art. 5 Abs. 3 b) des UN-MA, das bereits in den 80er Jahren Dienstleistungsbetriebsstätten normierte.338 Neu aufgenommen wurde die Dienstleistungsbetriebsstätte in das revidierte Abkommen mit der Türkei, das am 1. 8. 2012 in Kraft getreten ist. aa) Das DBA Deutschland/Liberia Das DBA Deutschland/Liberia stammt vom 25. 11. 1970 und trat am 25. 4. 1974 rückwirkend in Kraft. Relevant ist Art. 5 Abs. 7 des Abkommens. Demnach wird eine Betriebsstätte fingiert, sobald von einem Unternehmen eines Vertragsstaats durch seine Arbeitnehmer persönliche Dienstleistungen von mindestens sechsmonatiger Dauer im anderen Vertragsstaat erbracht werden. Die Tätigkeit muss der Ausführung von Leistungen für ein und dasselbe Vorhaben dienen. Wenn Leistungen für verschiedene Personen oder Rechtsträger erbracht werden, handelt es sich nicht um „ein- und dasselbe Vorhaben“.339 Der Zeitraum von sechs Monaten muss nicht zusammenhängen. Anders als z. B. bei dem inzwischen abgelösten DBA mit China340 müssen sich die sechs Monate jedoch auf den einzelnen Arbeitnehmer beziehen. Insbesondere für technische Dienstleistungen, die von deutschen Unternehmen in Liberia erbracht werden, (z. B. technische Beratung), besteht durch diese Bestimmung ein Zugriff liberianischer Besteuerung, der schon weit vor der Begründung einer Betriebsstätte einsetzen kann.341

337

Details zu echten Dienstleistungsbetriebsstätten sind in Kapitel 3 unter II. 1. d) bb) zu finden. 338 Vgl. unter Kapitel 3 II. 1. d) cc). 339 Vgl. Müller, in: Wassermeyer (Hrsg.), Stand 2010, Art. 5 Liberia, Rdnr. 8. 340 Bisher betrug die Mindestfrist für das Erbringen von Dienstleistungen im anderen Vertragsstaat nicht zwölf sondern lediglich sechs Monate. Nach chinesischer Praxis begann die Sechsmonatsfrist mit der Einreise der ersten, dem Projekt zugehörigen Person in China und endete mit der Fertigstellung/Übergabe des Projektergebnisses oder der Ausreise der letzten, dem Projekt zugehörigen Person aus China. Am 28. 3. 2014 wurde ein neues DBA mit China verabschiedet. Nunmehr lösen Baustellen, Montagen und verbundene Aufsichtstätigkeiten erst nach 12 Monaten eine Betriebsstätte aus. 341 Vgl. Müller, in: Wassermeyer (Hrsg.), Stand 2010, Art. 5 Liberia, Rdnr. 8.

180

3. Kap.: Direkte Besteuerung

bb) Das DBA Deutschland/Türkei In dem am 19. 9. 2011 vereinbarten DBA Deutschland/Türkei342 wurde der Betriebsstättenartikel 5 erweitert um eine echte Dienstleistungsbetriebsstätte: Art. 5 Abs. 3 b) normiert, dass Dienstleistungen inklusive Beratungen eine Betriebsstätte im anderen Vertragsstaat auslösen, sobald ein Dienstleister in der Türkei in einem Zeitraum von 12 Monaten an mehr als 6 Monaten für sein deutsches Heimatunternehmen tätig wird. Steuerberechtigt wird mithin einseitig nur die Türkei.343 c) Doppelbesteuerungsabkommen mit beschränktem Besteuerungsrecht für freiberufliche und selbständige Dienstleistungen Im Fall freiberuflicher und selbständiger Dienstleistungen führt in 32 der ca. 90 DBA mit deutscher Beteiligung bereits ein mindestens 120 Tage (z. B. DBA Indien, Philipppinen) bzw. 183 Tage (z. B. DBA China) dauernder Aufenthalt von z. B. Application-Service-Providern oder App-Entwicklern zum Besteuerungsrecht des Quellenstaates im betreffenden Steuer- oder Kalenderjahr.344 In den DBA mit China, Indien oder den Philippinen ist diese Regelung im jeweiligen Art. 14 Abs. 1 b) normiert, der Art. 14 des UN-MA nachgebildet ist. Art. 14, „selbständige Arbeit“, wurde zwar am 29. 4. 2000 aus dem Musterabkommen gestrichen, die Regelung lebt aber in diesen und einigen anderen DBA fort. Die physische Präsenz des selbständigen oder freiberuflichen Dienstleisters ist mithin erforderlich, nicht jedoch eine feste Geschäftseinrichtung.345

3. Gewinnaufteilung nach Abkommensrecht und nationalem Recht Internetbasierte Dienstleister erzielen vor allem Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 OECD-MA. Lizenzgebühren und Veräußerungsgewinne spielen in einer Gesamtbetrachtung eine untergeordnete Rolle. Einer der Knackpunkte in der Besteuerung digitaler Dienstleistungen ist daher die Behandlung von Serverbetriebsstätten und Clouds im Rahmen der Gewinnverteilung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte. Die Ergebnisaufteilung basiert auf Art. 7 OECD-MA, der im Jahr 2010 neu gefasst wurde. Die Praktiken einiger E-Commerce-Konzerne zeigen, dass die Aufteilung von Steuersubstrat trotz der Neufassung des Betriebsstättenartikels das Einfallstor für die missbräuchliche Verschiebung von Gewinnen sein kann.346 342

Siehe zur Neufassung des DBA u. a. Schnädter/Kirchhof, IStR 2012, 247. Vgl. Schnädter/Kirchhof, IStR 2012, 247, 248. 344 Siehe hierzu auch die umfassende Übersicht von Rosenberger/Vitali/Ziehr, IStR 2010, Beilage zu Heft 18/2010, 1, 35. 345 So z. B. Strauß, in: Wassermeyer (Hrsg.), Stand 2016, Art. 14 Indien, Rdnrn. 41, 42. 346 Die missbräuchliche Verschiebung von Gewinnen ist nicht nur ein Problem des ECommerce, auch „brick and mortar“-Unternehmen nutzen die gestalterischen Möglichkeiten, 343

IV. Beschränkungen der nationalen Besteuerungsrechte

181

Zentrale Problematik bei der Gewinnaufteilung in der digitalen Wirtschaft ist die fehlende physische Präsenz der Unternehmen in den Ländern, in denen sie nur eine digitale Präsenz vorhalten.347 Im Folgenden soll daher zunächst abstrakt die aktuelle Rechtslage geschildert werden (a) und b)), um im Anschluss konkret die Ergebnisaufteilung zwischen Stammhaus und Serverbetriebsstätte und Cloudbetriebsstätte zu analysieren (c) und d)). a) Ergebnisaufteilung zwischen Stammhaus und physischer Betriebsstätte nach OECD-MA und Betriebsstättenbericht 2010 Art. 7 OECD-MA, die Ergebnisaufteilung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte ist grundsätzlich als Fortsetzung und Ergänzung von Art. 5 OECD-MA anzusehen.348 Gemäß der im Juli 2010 angenommenen Neufassung von Art. 7 OECDMA und OECD-MK sowie dem OECD Betriebsstättenbericht 2010349 soll die Gewinnverteilung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte nach dem uneingeschränkten Fremdvergleichsgrundsatz erfolgen.350 Dieser „Authorised OECD Approach“ (AOA)351 manifestiert sich nun vor allem in Art. 7 Abs. 2 OECD-MA.352 Der uneingeschränkte Fremdvergleichsgrundsatz besagt, dass die Betriebsstätte fiktiv wie ein selbständiges Unternehmen mit eigener Geschäftstätigkeit zu beurteilen ist. die sich ihnen durch die Gewinnaufteilung zwischen Stammhaus und Betriebsstätten bieten. Allerdings ist es im E-Commerce deutlich einfacher (Nichtgegenständlichkeit digitaler Dienstleistungen) die aktuell bestehenden Regelungen zu seinen eigenen Gunsten zu nutzen. 347 Heggmair/Riedl/Wutschke, IStR 2014, 323. 348 So sinngemäß OECD-MK 2014, Art. 7, Vorbemerkung Rdnr. 1. 349 OECD (Hrsg.), Report on the Attribution of Profits to Permanent Establishments 2010, Betriebsstättenbericht 2010. 350 Bis zum August 2007 galt eine eingeschränkte Anwendung des Fremdvergleichs, der „single entity approach“. Dessen Kern besagte, dass der Fremdvergleich nur auf bestimmte unternehmensinterne Transaktionen anzuwenden sei, insbesondere auf innerbetriebliche Warenlieferungen. Ansonsten sei nur eine Aufwandsverrechnung zuzulassen, weil Betriebsstätten als zivilrechtlich unselbständiger Unternehmensteil zu qualifizieren seien. Diese Erwägungen haben weiterhin Gültigkeit für alle DBA, welche die Neufassung des OECD-MA 2010 noch nicht umgesetzt haben. Die abkommensrechtliche Auslegung von Art. 7 OECD-MA in der Fassung von 2010 findet ihre Grenze mithin im Wortlaut der bestehenden DBA. Es bleibt den Vertragsstaaten mit Altfällen unbenommen, eine zusätzliche Vereinbarung zu treffen, die den OECD-Approach 2010 als verbindliche Vertragsauslegung übernimmt. Eine solche Vereinbarung haben beispielsweise Deutschland und die USA für das DBA-USA getroffen. Siehe auch Brüninghaus, in: Vögele/Borstell/Engler (Hrsg.), Verrechnungspreise, Kapitel L, Rdnr. 75 – 77. 351 Die OECD legte sich bereits in ihrem „Report on the attribution of profits to permanent establishments“ vom 17. 7. 2008, Betriebsstättenbericht 2008, auf den uneingeschränkten Fremdverhaltensgrundsatz fest. 352 Art. 7 Abs. 2 gilt in seiner jetzigen Form nur dann, wenn er beim Abschluss oder der Revision eines zwischenstaatlichen DBAs vereinbart wird, so u. a. Brüninghaus, in: Vögele/ Borstell/Engler (Hrsg.), Verrechnungspreise, Kapitel L, Rdnr. 73.

182

3. Kap.: Direkte Besteuerung

Dies stellt einen grundlegenden Wechsel gegenüber der bisherigen Handhabe dar. Die Ergebnisse eines Einheitsunternehmens werden dadurch nicht mehr bruchteilsmäßig auf Stammhaus und Betriebsstätte aufgeteilt. Die Anwendung der Selbständigkeitsfiktion führt dazu, dass das Betriebsstättenergebnis nicht mehr durch das Ergebnis des Gesamtunternehmens begrenzt ist.353 Ausgangspunkt dieser Betrachtungsweise ist die Überlegung, dass das von einem unabhängigen Unternehmen geforderte Entgelt umso höher ist, je mehr Funktionen ausgeführt, Wirtschaftsgüter benötigt und Risiken übernommen werden.354 Um die Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte beurteilen und bewerten zu können, wird sie daher einer zweiteiligen Analyse unterzogen.355 In einem ersten Schritt wird geprüft, welche Funktionen eine Betriebsstätte genau übernimmt, und welche Wirtschaftsgüter und Unternehmensrisiken ihr daher zuzuordnen sind.356 Konsensfähig war, für die Zuordnung zur Betriebsstätte vor allem auf das Kriterium der wesentlichen Personalfunktionen („significant people functions“) abzustellen.357 Damit der Betriebsstätte ein Gewinn für eine bestimmte Tätigkeit zugerechnet werden kann, muss nachgewiesen werden können, dass sie über ausreichend Personal zur Ausübung der übernommenen Funktionen verfügt. Wirtschaftsgüter werden danach untersucht, wie stark die „assets“ von der Betriebsstätte bzw. dem Personal tatsächlich genutzt werden und welcher Teil des Unternehmens der wirtschaftliche Eigentümer des jeweiligen Wirtschaftsgutes ist.358 Bei Unternehmensrisiken wird davon ausgegangen, dass die Betriebsstätte im Regelfall zumindest eine Mitverantwortung für diejenigen Unternehmensrisiken übernimmt, deren Kontrolle sie funktionell mit ihrem Personal übernommen hat.359 Durch die Übernahme von Funktionen und Risiken wird der Betriebsstätte sowohl ein Teil des Außenerfolges (Umsatz), als auch ein angemessener Anteil am Gesamteigenkapital zugeordnet.360 In einem nächsten Schritt werden zwischen Stammhaus und Betriebsstätte Vereinbarungen (sog. „Dealings“) fingiert und dokumentiert, die dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen müssen.361 Die „Dealings“ werden mit Vereinbarungen unabhängiger Unternehmen verglichen, welche dieselben oder ähnliche Funk353

Siehe u. a. Burwitz, NZG 2013, 1300, 1301. Ditz, IStR 2002, 210, 213. 355 Vgl. OECD (Hrsg.), Betriebsstättenbericht 2010, Tz. 10. 356 Vgl. OECD (Hrsg.), Betriebsstättenbericht 2010, Tz. 14 – 17. 357 Vgl. OECD (Hrsg.), Betriebsstättenbericht 2010, siehe insbesondere Tz. 18. 358 Vgl. OECD (Hrsg.), Betriebsstättenbericht 2010, Tz. 18, 19. 359 Brüninghaus, in: Vögele/Borstell/Engler, Verrechnungspreise, Kapitel L, Rdnr. 72, sowie OECD (Hrsg.), Betriebsstättenbericht 2010, Tz. 21 und 26. 360 Vgl. Brüninghaus, in: Vögele/Borstell/Engler, Verrechnungspreise, Kapitel L, Rdnr. 72. 361 Stammhaus und Betriebsstätte sind rechtlich unselbständige Teile eines Unternehmens. Daher können zwischen ihnen keine schuldrechtlichen Beziehungen bestehen und für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes ist ihre Fiktion notwendig. Siehe Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 761 f. 354

IV. Beschränkungen der nationalen Besteuerungsrechte

183

tionen wie die jeweilige Betriebsstätte ausüben.362 Um eine angemessene Gewinnaufteilung zu erreichen, soll die Betriebsstätte das Stammhaus daher z. B. auch für die Hingabe von Kapital, die Gewährung von Rechten oder die Nutzung von Leistungen entlohnen, („notional arm‘s length remunerations“), obwohl es tatsächlich zu keiner Realisierung am Markt gekommen ist („In-sich-Geschäfte“).363 Die OECD befürwortet die entsprechende Anwendung der Verrechnungspreisgrundsätze auf das Verhältnis zwischen Stammhaus und Betriebsstätte.364 Dies wird damit begründet, dass alle Tätigkeiten, die im Unternehmen ausgeübt werden, letztendlich den erzielten Gesamtgewinn erzeugen, ohne dass nach der Qualität der Tätigkeiten unterschieden werden könne. Der OECD-Ansatz erlaubt mithin eine Gewinnzuordnung auf der Grundlage reiner Innentransaktionen, auch wenn die Gewinne noch nicht nach außen realisiert worden sind.365 Der AOA ist für alle Betriebsstätten, auch die Vertreterbetriebsstätten, im In- und Outboundfall anwendbar.366 Er wurde von den Vereinten Nationen ausdrücklich abgelehnt.367 b) Ergebnisaufteilung zwischen Stammhaus und physischer Betriebsstätte nach AStG und BsGaV Deutschland hat den AOA innerstaatlich durch das AmtshilfeRL- UmsG368 implementiert, das in § 1 Abs. 5 AStG (i.V.m. § 21 Abs. 20 S. 2 AStG) verankert wurde. § 1 Abs. 5 AStG wird ergänzt durch die Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV),369 die auf nationaler Ebene detailliert die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes für die Besteuerung von im Ausland gelegenen Betriebsstätten regelt.370 Die Abschnitte zwei bis fünf der siebenteiligen BsGaV enthalten besondere Regelungen für bestimmte Branchen, jedoch keine Sonderregelungen für 362

Vgl. Brüninghaus, in: Vögele/Borstell/Engler, Verrechnungspreise, Kapitel L, Rdnr. 73. Vgl. Brüninghaus, in: Vögele/Borstell/Engler, Verrechnungspreise, Kapitel L, Rdnr. 73. 364 Siehe OECD Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations, Juli 1995; Kapitel I – III überarbeitet und vom Rat der OECD genehmigt am 22. 7. 2010. Vgl. auch Brüninghaus, in Vögele/Borstell/Engler, Verrechnungspreise, Kapitel L, Rdnr. 71. Die Verrechnungspreisrichtlinien waren bisher nur auf die Ergebnisabgrenzung zwischen verbundenen Unternehmen anwendbar. 365 So z. B. Brüninghaus, in: Vögele/Borstell/Engeler, Verrechnungspreise, Kapitel L, Rdnr. 72. 366 Zum AOA und Vertreterbetriebsstätten siehe u. a. Ditz/Bärsch, IStR 2013, 411. 367 Vgl. Ziff. 1 UN-Kommentar 2011 zu Art. 7. Staaten mit zahlreichen Betriebsstätten befürchten eine Erosion ihrer Besteuerungsgrundlage. Siehe auch Wassermeyer, IStR 2012, 277, 277. 368 AmtshilfeRLUmsG vom 26. 6. 2013, BGBl. I 2013, S. 1809. 369 Die Ermächtigungsgrundlage für das BMF zum Erlass einer Rechtsverordnung findet sich in § 1 Abs. 6 AStG. 370 Zur Ermittlung und Abgrenzung von Betriebsstättengewinnen vgl. auch Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, § 12 AO, Rdnr. 6b. 363

184

3. Kap.: Direkte Besteuerung

den E-Commerce. Abschnitt 6 regelt die Anwendbarkeit der BsGaV für Ständige Vertreter. Durch die BsGaV soll, noch konkreter als durch das AmtshilfeRL-UmsG möglich, sichergestellt werden, dass von Steuerpflichtigen und Verwaltung wettbewerbsneutrale und im internationalen Kontext akzeptable Lösungen gefunden werden, deutsche Besteuerungsrechte gesichert und internationale Besteuerungskonflikte vermieden werden. Die BsGaV wurde am 14. 10. 2014 verabschiedet und ist anzuwenden für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. 12. 2014 beginnen (§ 40 BsGaV). Die Zweistufigkeit des „AOA“, mit dem die Behandlung der Betriebsstätte wie ein eigenes Unternehmen gesichert werden soll, wurde in § 1 Abs. 5 S. 2 – 4 AStG sowie § 1 BsGaV umgesetzt. Die Funktions- und Risikoanalyse der Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte wurde in § 1 Abs. 5 Satz 3 AStG, § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BsGaV verankert. Hierzu zählt gemäß §§ 1 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 AStG, 1 Abs. 2 Nr. 1 BsGaV auch die Festlegung der Personalfunktionen (Begriffsbestimmungen in § 2 Abs. 3 – 5 BsGaV, Einzelheiten in § 4 BsGaV). Wie im „AOA“ festgelegt, sind die Personalfunktionen der Ausgangspunkt, um der Betriebsstätte Vermögenswerte, Chancen und Risiken zuzuordnen, vgl. § 1 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1, 2 und 3 AStG, § 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BsGaV. Begriffsbestimmungen sind in § 2 Abs. 6 BsGaV, Einzelheiten in §§ 5 bis 8, 10 und 11 BsGaV zu finden. Gem. §§ 1 Abs. 5 S. 3 Nr. 4 AStG, 1 Abs. 2 Nr. 3, 12, 13 BsGaV müssen der Betriebsstätte ein angemessenes Eigenkapital und gem. §§ 1 Abs. 2 Nr. 4, 14, 15 BsGaV eventuell auch Passivposten zugeteilt werden. Der Betriebsstätte sind gem. § 1 Abs. 2 Nr. 5 sowie § 9 BsGaVauch Geschäftsvorfälle des Unternehmens mit unabhängigen Dritten und nahestehenden Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG zuzuordnen. Regelungen zu „Dealings“, die dokumentiert werden müssen, erfolgen in § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 AStG, 1 Abs. 2 Nr. 6 , 16, 17 BsGaV. Gem. § 1 Abs. 5 S. 4 AStG, § 1 Abs. 1 S. 2 BsGaV sind die Verrechnungspreisgrundsätze für die „Geschäftsbeziehungen“ der Betriebsstätte zu ihrem Stammhaus zu anzuwenden. c) Ergebnisaufteilung zwischen Stammhaus und Serverbetriebsstätte Digitale Dienstleister und Inhalteanbieter erzielen in anderen Vertragsstaaten, wenn überhaupt, nur durch die Verwendung von Serverbetriebsstätten Unternehmensgewinne. Mithin ist zu klären, ob der in AStG und BsGaV umgesetzte „Authorized OECD-Approach“ („AOA“) in solchen Fällen überhaupt sinnvoll auf die Gewinnverteilung zwischen Stammhaus und Serverbetriebsstätten übertragen werden kann.371 371 Die grundlegenden Fragen zur Gewinnverteilung auf Stammhaus und Serverbetriebsstätte bestanden bereits vor Einführung des „AOA“. Siehe hierzu u. a. Watrin, IStR 2001, 425; Ditz, IStR 2002, 210; Korf, IStR 2001, 368.

IV. Beschränkungen der nationalen Besteuerungsrechte

185

aa) Anwendungsbereich der OECD-Papiere Thematisch einschlägig zur Klärung der Fragen rund um die Gewinnaufteilung im Electronic Commerce ist ein Diskussionspapier der Business Profits Technical Advisory Group („TAG“) der OECD aus dem Jahr 2001372 und eingeschränkt auch der Abschlussbericht dieser Gruppe aus dem Jahr 2004373, dessen Fortgeltung die OECD im Betriebsstättenbericht 2010 bestätigt hat.374 Die auf den E-Commerce zugeschnittenen Papiere der OECD orientieren sich an den allgemeinen Betriebsstättenberichten. Deren Kernaussage war schon vor der Neufassung von Art. 7 OECD-MA 2010, dass die Gewinnverteilung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte auf Fremdvergleichspreisen („arm‘s length principle“) beruhen soll, die mit Hilfe einer Funktions- und Risikoanalyse der Betriebsstätte gefunden werden. Die Personalfunktionen einer Betriebsstätte spielten noch nicht dieselbe zentrale Rolle wie heute, wurden aber als wichtiger Punkt in die Abwägungen miteingestellt.375 Die Papiere sind daher noch nicht veraltet und können weiterhin als Orientierungshilfe verwendet werden. Das Diskussionspapier zum E-Commerce bezieht sich in seinen Beispielen auf Vertriebstätigkeiten („E-Tailing“)376 der Server-Betriebsstätten, nicht jedoch auf andere Geschäftsmodelle wie z. B. die Angebote von Host- und Application-ServiceProvidern. Die Wertungen des Papiers können jedoch nach Ansicht der TAG mit entsprechenden Anpassungen an die jeweilige faktische Situation auch auf andere Dienstleistungen, wie etwa das Webhosting, übertragen werden.377 Behandelt werden in dem Diskussionspapier vier mögliche Ausgestaltungen der Serverbetriebsstätten. Diese werden im Folgenden dargestellt und ergänzt um einen selbst eingefügten Fall aus dem Webhosting, um die beiden großen Dienstleistungsgruppen „digitale Dienstleister“ und „Inhalteanbieter“ abzudecken (siehe bb)). Auf diese Fallgestaltungen ist der uneingeschränkte Fremdvergleichsgrundsatz an372 OECD (Hrsg.), Diskussionspapier vom Februar 2001 der Business Profits Technical Advisory Group: Attribution of profit to a permanent establishment involved in electronic commerce transactions. 373 OECD (Hrsg.), Abschlussbericht der Business Profits Technical Advisory Group: Are the current treaty rules for taxing business profits appropriate for e-commerce?, 2004; dieser Abschlussbericht setzt sich insbesondere mit den Fragen auseinander, zu denen im Vorfeld keine Diskussionspapiere veröffentlicht wurden. Daher enthält er, im Gegensatz zu dem Diskussionsentwurf aus dem Jahr 2001 keine weiteren/neuen Ausführungen zur Fragen der Gewinnverteilung bei Serverbetriebsstätten. 374 Die OECD bezieht sich bei der Frage der Funktionsanalyse in ihrem Betriebsstättenbericht 2010 explizit auf das Diskussionspapier und den Abschlussbericht der Arbeitsgruppe, vgl. Tz. 66. 375 Siehe Diskussionspapier der Business Profits Technical Advisory Group, Tz. 70. 376 E-Tailing meint den Verkauf von Gütern über das Internet, siehe http://searchcio.techtar get.com/definition/e-tailing, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. Von Interesse ist für diese Arbeit daher nur die Variante, in der z. B. Bücher oder Musik per Download erworben werden. 377 Vgl. Diskussionspapier der Business Profits Technical Advisory Group Tz. 15.

186

3. Kap.: Direkte Besteuerung

zuwenden.378 Unter d) sollen Parallelen und Unterschiede zu Cloud-(Betriebsstätten) aufgezeigt werden, um letztlich auch für die Dienstleistungen der Cloudbetriebsstätten den Fremdvergleichspreis und damit den Gewinnanteil zumindest abstrakt zu bestimmen. bb) Fallgestaltungen im Bereich von Serverbetriebsstätten (1) Einzelserver im Ausland Im ersten Fall hat ein Unternehmen des Staates A, das Musik- und Videoinhalte u. a. in digitaler Form vertreibt, einen einzelnen Server in Staat B stehen. Zu den Funktionen des Servers zählt die Darstellung der diversen Internet-Seiten des Unternehmens, das Speichern der digitalen Kopien aller verfügbaren Produkte, die Auftragsannahme sowie die Abwicklung des Zahlungsvorgangs; bei digitalen Produkten deren „Auslieferung“ sowie die Auftragsbestätigung an den Besteller.379 Hierfür benötigt die Serverbetriebsstätte Hard- und Software, wobei die Entwicklung der Individualsoftware einen hohen Kostenfaktor darstellt. Das Unternehmen nutzt als immaterielles Asset den Marketingfaktor „brand name“, der jedoch dem Unternehmensteil zuzuordnen ist, der ihn entwickelt hat, hier dem Stammhaus.380 Ungeklärt ist, wem Kreditrisiken zuzuteilen sind: der Serverbetriebsstätte, weil sie den Bezahlvorgang steuert, oder aber dem Stammhaus, weil es die Software für den Bezahlvorgang zur Verfügung stellt. Im Fall digitaler Produkte trägt die Betriebsstätte so gut wie keine Marktrisiken: Defekte digitale Produkte werden schlicht noch einmal heruntergeladen, Hotlines und damit auch Personal werden nicht benötigt usw. Technische Risiken fallen hingegen auf die Betriebsstätte zurück. Hard- und Softwareprobleme und eventuell auch Hackerangriffe zielen direkt auf die Funktionsfähigkeit der Betriebsstätte ab.381 Um die Betriebsstätte mit Blick auf Fremdvergleichspreise als eigenständiges Unternehmen einstufen zu können, muss untersucht werden, ob ihre Funktionen dem Aufgabenspektrum eines Vertriebsunternehmens, eines unabhängigen Dienstleisters oder aber eines abhängigen Vertragsdienstleisters entsprechen. Die Serverbetriebsstätte ist jedoch nicht mit der Vertriebsfunktion eines Einzelhändlers zu vergleichen. Vertriebsstellen legen selbständig die Produktpreise fest, 378

Siehe hierzu auch Kroppen/Geitmann, in: Gosch/Kroppen/Grotherr (Hrsg.), Stand 2015, Art. 7 OECD-MA, Rdnr. 204/4: „Unter umfassender Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes sind die Funktionen der Serverbetriebsstätte festzustellen und unter Heranziehung von Fremdvergleichspreisen und der zu ihrer Ermittlung vorgesehenen Methoden transaktionsbezogen zu honorieren.“ 379 Siehe Diskussionspapier der Business Profits Technical Advisory Group, Tz. 48 sowie Korf, IStR 2001, S. 368 ff., 370. 380 Vgl. Diskussionspapier der Business Profits Technical Advisory Group, Tz. 50. 381 Vgl. Diskussionspapier der Business Profits Technical Advisory Group, Tz. 60 f.

IV. Beschränkungen der nationalen Besteuerungsrechte

187

kümmern sich um Marketing, Werbung und Kundenkontakte.382 Da die Betriebsstätte über kein Personal verfügt, übernimmt sie keine dieser Aufgaben. Die Funktionen werden ausschließlich von dem in Land A ansässigen Stammhaus übernommen. Vertriebsstelle würde außerdem bedeuten, dass die digitalen Dateien, die auf dem Server in Land B liegen, als das „Inventar“ der Serverbetriebsstätte zu qualifizieren wären. Da der Server jedoch primär Routineaufgaben wahrnimmt, ist nicht davon auszugehen, dass er das „Inventar“ bewusst von dem Stammhaus erworben hat.383 Der Zuschnitt der vorliegenden Betriebsstätte erlaubt keine Einordnung als unabhängiger Dienstleister. Hard- und Software wurden im Stammhaus entwickelt und es ist nicht von einer Risikoübernahme auszugehen. Die Serverbetriebsstätte ist vielmehr als abhängiger Vertragsdienstleister zu qualifizieren. Das Stammhaus bleibt wirtschaftlicher Eigentümer der materiellen und immateriellen Güter der Betriebsstätte. Folglich bleiben auch die damit verbundenen Risiken bei dem Stammhaus. Um eine Gewinnverteilung auf die Betriebsstätte vornehmen zu können, müssen daher ausgehend von dem Geschäftsmodell „Abhängiger Vertragsdienstleister“ die „Dealings“, sprich die fiktiven schuldrechtlichen Vertragsbeziehungen der Serverbetriebsstätte zu ihrem Stammhaus anhand von Fremdvergleichspreisen analysiert werden.384 Bedingt durch die Art des Geschäftsmodells kommt es hier grundsätzlich nur zu „Dealings“ zwischen Stammhaus und Betriebsstätte. Es muss ein Dealing „Dienstleistungsvertrag“ für die Aufgaben bestehen, mit denen die Serverbetriebsstätte für das Stammhaus tätig wird („commercial exploitation stage“). Für genau diesen Vertrag muss im Wege der Verrechnungspreise ein adäquater Fremdvergleichspreis und damit der Gewinnanteil der Betriebsstätte gefunden werden.385 Der Gewinnanteil der Betriebsstätte ist auf zwei Hauptquellen zurückzuführen. Eine Hauptquelle ist der fortwährende Einsatz von Hard- und Software, durch die Server und Website laufen. Die andere ist die Nutzung der immateriellen Marketinggüter, einschließlich der immateriellen E-Commerce Marketinggüter, die in Bezug zum Betrieb der Website stehen. Beide Quellen sind im Beispiel des abhängigen 382

Vgl. Diskussionspapier der Business Profits Technical Advisory Group Tz. 62. Vgl. Diskussionspapier der Business Profits Technical Advisory Group, Tz. 63. 384 Vgl. Diskussionspapier der Business Profits Technical Advisory Group, Tz. 72 f. 385 Siehe Diskussionspapier der Business Profits Technical Advisory Group, Tz. 74 f., 140. Im Vergleich zum abhängigen Dienstleister würde ein unabhängiger Dienstleister verschiedene Dealings abschließen. Da das Stammhaus ursprünglich die Hardware und die digitalisierten Produkte erworben und die Software entwickelt hat, würde es von einem unabhängigen Dienstleister für den Eigentumsübergang entlohnt werden wollen. Es muss jedoch für jede Eigentumskategorie – Software, Marketing Intangibles, Hardware – gesondert festgelegt werden, wer tatsächlich der wirtschaftliche Eigentümer des Assets ist. Die Serverbetriebsstätte führt jedoch nur automatisierte Aufgaben auf niedriger Stufe aus, die nur einen geringen Anteil an der Gesamtsumme der Aufgaben ausmachen. Daher werden fast alle Gewinne dem Stammhaus zugeschrieben. 383

188

3. Kap.: Direkte Besteuerung

Dienstleisters dem Stammhaus zuzuordnen. Mithin wird der Betriebsstätte nur ein unbedeutender Teil dessen zugeteilt, was insgesamt an werthaltigen Transaktionen von ihr durchgeführt wird. Die Zuteilung liegt unter dem Fremdvergleichspreis, der für die Nutzung von Hard- und Software anzusetzen wäre, um den fortlaufenden Betrieb des Servers ohne menschliches Eingreifen zu sichern.386 (2) Mehrere Server im Ausland Im zweiten Fall hat das Unternehmen des Staates A zusätzlich Server in verschiedenen anderen Staaten (B, C, D und E). Der Hauptserver in B bestimmt je nach geographischer Nähe zum Kunden und nach aktueller Belastung aller Server einen Server, von dem aus die gesamte Transaktion wie im Grundfall abgewickelt wird. Das Aufgabenspektrum bleibt dasselbe, die Risiken reduzieren sich durch die erhöhte Anzahl an Servern. Zwischen den Servern kommt es zu keinen „Dealings“. Die Lösung des Falles orientiert sich daher an den Grundsätzen des Ausgangsfalles: In einem ersten Schritt ist eine Funktionsanalyse der wirtschaftlichen Aktivität des Unternehmens und deren Zuordnung zur Betriebsstätte vorzunehmen. In einem zweiten Schritt werden der Betriebsstätte auf Grundlage der Funktionen Einkünfte entsprechend dem Fremdvergleichsgrundsatz zugeordnet. Kann ein Preisvergleich wegen fehlender realer Vergleichsobjekte nicht durchgeführt werden, ist die Kostenaufschlagsmethode heranzuziehen.387 Daher sind auch in diesem Fall der Betriebsstätte kaum Gewinne zuzuordnen388 (3) Einzelserver mit Mitarbeitern im Ausland Die dritte Variante entspricht dem Grundfall, nur sind im Land B Mitarbeiter des Unternehmens angestellt. Sie stellen die Wartung und das Funktionieren des Servers sicher, sind aber auch Ansprechpartner für Kunden, wenn bei den online-Transaktionen Probleme auftauchen. Schließlich bieten sie den Kunden nachgelagerte Unterstützung und Beratung. Die grundsätzlichen Erwägungen ähneln Fall 1 in der Variante des Vertragsdienstleisters. Obwohl Mitarbeiter im Ausland vor Ort sind, bleiben die Kontakte zwischen den Kunden und der Betriebsstätte virtuell. Eine Funktionsanalyse ergibt, dass die Betriebsstätte zusätzliche Funktionen übernommen hat. Die Mitarbeiter nutzen sowohl die Hardware als auch die Software des Stammhauses, um technische Dienstleistungen gegenüber den Kunden zu erbringen. Dieser Punkt schlägt sich auch in den „Dealings“ zwischen Stammhaus und Betriebsstätte nieder. Die Ge386

Vgl. Diskussionspapier der Business Profits Technical Advisory Group, Tz. 105. So z. B. Ditz, IStR 2002, S. 210 ff., 215. 388 Siehe Diskussionspapier der Business Profits Technical Advisory Group, Tz. 115; so auch Kroppen/Geitmann, in: Gosch/Kroppen/Grotherr (Hrsg.), Stand 2015, Art. 7 OECD-MA, Rdnr. 204/4. 387

IV. Beschränkungen der nationalen Besteuerungsrechte

189

winne, die in direkter Verbindung zur Nutzung der Hard- und Software und den immateriellen Gütern stehen, sind dennoch weiterhin größtenteils dem Stammhaus zuzuordnen. Die von den Mitarbeitern im Ausland erbrachten Leistungen werden nicht von der Betriebsstätte selbst gegenüber den Kunden in Rechnung gestellt.389 Vielmehr rechnet das Stammhaus die Kosten über die Produktpreise ab. Die Betriebsstätte erbringt damit weiterhin ausschließlich Leistungen an das Stammhaus. Risiken sind ebenfalls nahezu vollständig dem Stammhaus zuzuordnen. Dennoch ist der Betriebsstätte aufgrund der übernommenen zusätzlichen Wartungsfunktionen durch die Mitarbeiter ein höherer Gewinnanteil zuzuordnen.390 (4) Einzelserver mit Mitarbeitern und Wertschöpfung im Ausland In der vierten Fallgestaltung wurde die auf dem Server im Staat B laufende Software zum Betreiben der Unternehmenswebsite von dort tätigen Mitarbeitern unter erheblichem Kostenaufwand entwickelt und weiterverbessert.391 Daher ist die Betriebsstätte als wirtschaftlicher Eigentümer des immateriellen Gutes anzusehen.392 Materielle und immaterielle Güter werden nicht vom Stammhaus an die Betriebsstätte weitergegeben, sondern im Staat B entsteht ein neuer Geschäftszweig. Der große Unterschied zur Variante 3 besteht darin, dass die Betriebsstätte Software nutzt, deren wirtschaftlicher Eigentümer sie ist, und dass sie daher auch das finanzielle Risiko trägt, das mit der Entwicklung von Software einhergeht.393 Dies drückt sich auch in der Gewinnzuteilung aus. Der Betriebsstätte kann nach dem Fremdvergleichspreis ein erheblicher Anteil an den Gesamteinkünften des Unternehmens zugeordnet werden.394 (5) Webhosting Ein Webhosting-Unternehmen aus Staat A stellt in den Staaten B und C Server auf, um die Websites der ausländischen Unternehmen speichern und pflegen zu können. Die Server werden regelmäßig von Personal aus Staat A gewartet. Nach den Maßstäben des „AOA“ üben die Serverbetriebsstätten keine technischen Dienstleistungen, sondern nur Routinefunktionen aus. Es fehlt am vor Ort ansässigen Personal, das Dienstleistungen erbringen würde. Folglich dürfen der Betriebsstätte auch keine Risiken und Wirtschaftsgüter zugewiesen werden, auch nicht in Bezug auf die Serverhardware. Das wirtschaftliche Eigentum an Hard- und 389

Vgl. Diskussionspapier der Business Profits Technical Advisory Group, Tz. 122. Vgl. Diskussionspapier der Business Profits Technical Advisory Group, Tz. 127, 128 und 140. 391 Siehe für die Zusammenfassung der Fallgestaltungen z. B. Korf, IStR 2001, 368, 371. 392 Vgl. Diskussionspapier der Business Profits Technical Advisory Group, Tz. 131. 393 Vgl. Diskussionspapier der Business Profits Technical Advisory Group, Tz. 133 f. 394 Vgl. Diskussionspapier der Business Profits Technical Advisory Group, Tz. 140. 390

190

3. Kap.: Direkte Besteuerung

Software sowie den immateriellen Marketinggütern ist dem Stammhaus in Staat A zuzuordnen. Mangels Personal ist der Betriebsstätte so gut wie kein Gewinn zuzuteilen.395 (6) Zwischenfazit Serverbetriebsstätten führen grundsätzlich wichtige Funktionen aus. Sie sind u. a. zuständig für das Speichern der digitalen Daten, sie wickeln ganze Geschäftsabläufe ab und stellen die Websites von Unternehmen dar. Dennoch werden ihnen nach den derzeit geltenden Regeln weder Funktionen noch Risiken zugeordnet; entsprechend wird ihnen derzeit kein bzw. kaum Gewinn zugeteilt. Erst der Einsatz von Personal würde ihren Einsatz „werthaltig“ werden lassen. Der Personaleinsatz bei Serverbetriebsstätten beschränkt sich jedoch zumeist auf Wartungsarbeiten. Die eigentliche Wertschöpfung erfolgt dagegen in der mit Personal ausgestatteten Unternehmenszentrale, weil dort die maßgebliche Software zumeist programmiert und weiterentwickelt wird. Serverbetriebsstätten ist daher nach dem aktuell anwendbaren Gewinnaufteilungsregime kaum Gewinn zuzuordnen. Dieses Ergebnis steht nach meinem Dafürhalten im Widerspruch zu der Aussage von OECD und BFH, dass auch vollautomatisierte Anlagen eine Betriebsstätte darstellen können.396 Die Existenz einer Betriebsstätte macht nur dann für ihren Ansässigkeitsstaat Sinn, wenn ihr auch Gewinn zugeteilt und sie hierfür besteuert werden darf. Nach dem „AOA“ kann Serverbetriebsstätten wegen fehlendem Personal kein bzw. nur ein geringfügiger Gewinn zugeteilt werden. Eine Betriebsstätte, der jedoch praktisch kein Gewinn zugeordnet werden kann, sollte konsequenterweise bereits im Ausgangspunkt schon nicht begründet werden können.397 Zu überlegen ist, ob eine Trennung nach den jeweiligen Funktionen, die eine Serverbetriebsstätte ausübt, sinnvoll sein könnte. Auf der einen Seite stünden die von der Betriebsstätte übernommenen Aufgaben, die ursprünglich von Personen ausgeführt wurden, zum Beispiel die Auftragsabwicklung oder aber das Versenden von (digitalen) Gütern. Hier könnte der Betriebsstätte das Ausführen von Routineaufgaben zugeschrieben und mithin Gewinn zugeteilt werden.398 Im Rahmen von

395

Siehe auch Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 98 f.; sowie OECD (Hrsg.), Betriebsstättenbericht 2010, Rdnr. 66. 396 Siehe BFH-Urteil vom 30. 10. 1996, II R 12/92, BStBl. II 1997, S. 12 sowie OECD-MK 2014 Anm. 42.9 am Ende. 397 In diesem Sinne auch Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 100, der zudem darauf hinweist, dass die Funktionsanalyse des AOA nicht im Rahmen von Art. 5 OECD-MA 2010 maßgeblich ist, weil der Anwendungsbereich des AOA ausdrücklich auf Art. 7 und den Methodenartikel des OECD-MA 2010 beschränkt ist. Siehe auch Kahle/Mödinger, DStZ 2012, 802, 810. 398 In diese Richtung argumentiert auch Bill Gates wenn er fordert, dass Roboter besteuert werden sollten, wenn sie die Arbeitsplätze von Menschen übernehmen, vgl. USA Today vom

IV. Beschränkungen der nationalen Besteuerungsrechte

191

„technischen“ Funktionen, wie dem Speichern oder Spiegeln von Webseiten, die keinerlei Bezug zu „menschlichen“ Tätigkeiten haben, müsste hingegen auf die dahinter liegende Software als Wertschöpfung abgestellt werden, die nur dem Stammhaus zuzuordnen ist. Mit dieser Zweiteilung könnten klare Zuteilungsvorgaben gemacht werden, die zudem auf der Personalkomponente des „AOA“ als Grundlage basieren würden.399 d) Übertragung der Gesichtspunkte der Serverbetriebsstätte auf Cloudbetriebsstätten Fraglich ist, ob und wie die für die Serverbetriebsstätten gefundenen Ergebnisse zur Gewinnverteilung auch auf Cloudbetriebsstätten übertragen werden können und sollen. In einem ersten Schritt ist eine Funktionsanalyse der wirtschaftlichen Aktivitäten der Cloudbetriebsstätte vorzunehmen. In einem zweiten Schritt werden auf Grundlage der von der Cloudbetriebsstätte ausgeführten Funktionen Dealings zwischen ihr und dem Cloudunternehmen fingiert, die dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen müssen.400 Eine Funktionsanalyse der Stammhaus-Cloudunternehmen ergibt, dass sie sich zum einen durch das Anbieten von „Software as a Service“ (SaaS) auszeichnen. Hierbei nutzt der Kunde Software, die auf der Infrastruktur des Anbieters installiert ist.401 Die Infrastruktur des Anbieters ist hierbei die Cloudbetriebsstätte, bestehend aus Rechenzentrum mitsamt virtuellen Servern. Zum anderen bieten die meisten Cloudanbieter „Platform as a Service“ (PaaS) an, das den Kunden eine Entwicklungsumgebung an die Hand gibt, mit der sie eigenständig Applikationen hervorbringen können. Die Cloudbetriebsstätte liefert hierfür die nötige Hardware und Software. Das Dienstleistungsangebot „Infrastructure as a Service“ (IaaS), das dem Endnutzer die Speicherung und Bearbeitung seiner Ressourcen auf virtuellen Servern ermöglicht, benötigt ebenfalls die Hard- und Softwarekomponenten der Cloudbetriebsstätte.402 Die Funktion der Cloudbetriebsstätten ist mithin das Betreiben umfangreicher Hardwarelandschaften und komplexer Software. Wer der wirtschaftliche Eigentümer 17. Februar 2017, abrufbar unter http://www.usatoday.com/story/tech/nation-now/2017/02/17/ bill-gates-if-robot-takes-human-job-should-taxed/98038674/, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. 399 Siehe zu diesem Themenkomplex auch Kroppen/Geitmann, in: Gosch/Kroppen/Grotherr (Hrsg.), Stand 2015, Art. 7 OECD-MA, Rdnr. 204/5 f., die Servern, unabhängig von ihren tatsächlichen Aufgaben, kaum ein Mehr als Routinetätigkeiten zubilligen. Folglich verbleibe bei einer Serverbetriebsstätte in der Regel kaum ein Gewinn. 400 So z. B. Ditz, IStR 2002, 210, 218. 401 Vgl. auch Yoo, Cloud Computing: Architectural and Policy Implications, S. 5. 402 Vgl. zu den Erscheinungsformen des Cloud Computing z. B. Nägele/Jacobs, ZUM 2010, 281, 282 sowie Yoo, Cloud Computing: Architectural and Policy Implications, S. 5, 6.

192

3. Kap.: Direkte Besteuerung

dieser „Assets“ ist, hängt von der Ausgestaltung der Cloudbetriebsstätte im Einzelfall ab. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Hard- und Software der „virtuellen Wolkenbetriebsstätten“ zumeist dem Stammhaus zuzuordnen sind. Routinefunktionen, die früher von Personal ausgeführt wurden, wie z. B. die Auftragsabwicklung oder das Versenden digitaler Güter, spielen bei Cloudbetriebsstätten nur eine untergeordnete Rolle. Die Cloudbetriebsstätten der neuesten Generation bestehen oft nur aus zusammenschiebbaren Rechnern ohne Außengebäude. Zumeist dürfte ihre gesamte Steuerung von der Zentrale aus erfolgen. Die Rechner müssen jedoch regelmäßig durch Personal überwacht und gewartet werden. Auch Cloudbetriebsstätten können entsprechend dem „AOA“ nur bei substanziellem Personaleinsatz Gewinne zugeordnet werden. Die Wirtschaftsgüter Hardund Software werden von dem Wartungspersonal nicht ihrer Funktion entsprechend genutzt, sondern sie werden von dem Personal nur in Stand gehalten. Auch die Risiken eines Ausfalls der Hard- und Software werden größtenteils von der Unternehmenszentrale und nicht dem Wartungspersonal übernommen. Die schuldrechtliche Vereinbarung (Dealing) zwischen Cloudbetriebsstätte und Cloudunternehmen über die Übernahme des operativen Tagesgeschäfts durch die Betriebsstätte muss dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen. Die Grundfrage eines uneingeschränkten Fremdvergleichs ist, wie hoch der Preis anzusetzen ist, der auf dem freien Markt für die Dienstleistungsfunktionen der Rechenzentren zu bezahlen wäre. Ausgehend von der Besonderheit des Cloud Computing, der komplexen Verbindung aus physischem Rechner und virtuellen Servern, fallen sehr hohe Entwicklungskosten an. Auch kann von einem immensen Materialwert ausgegangen werden; das Ausfallrisiko der Rechner muss ebenfalls in die Berechnung miteinfließen.403 Daher ist mit einem deutlich höheren Fremdvergleichspreis zu kalkulieren als im Fall einer einfachen Serverbetriebsstätte. Fakt ist jedoch, dass laut „AOA“ allein auf das Kriterium des Personaleinsatzes abzustellen ist. Wartungspersonal kann hierbei nicht stark gewichtet werden, weil es keine werthaltigen Funktionen übernimmt. Mithin würde nach AOA auch im Fall der Cloudbetriebsstätten der Löwenanteil der Gewinne dem Stammhaus des Cloudunternehmens zuzuordnen sein. Meiner Ansicht nach kann das Kriterium des Personaleinsatzes im Fall von Cloudbetriebsstätten nicht das allein ausschlaggebende Kriterium für die Gewinnverteilung sein. Auch ohne den dauerhaften Einsatz von Personal stellen die Hardwarelandschaften, die mithilfe von Software auch zusätzliche virtuelle Server bilden können, den Kern, die wertschöpfende und unternehmenszweckstiftende 403 Zu der Frage, ob eine Betriebsstätte den Einsatz von Personal bedingt wird argumentiert, dass ein Ausschluss von Quellensteuer mangels Personal nicht gegeben sein sollte, wenn die genutzten Wirtschaftsgüter von hohem Wert und damit auch risikobehaftet sind, siehe Abschlussbericht der Business Profits Technical Advisory Group von 2004, Tz. 133.

IV. Beschränkungen der nationalen Besteuerungsrechte

193

Komponente des Cloud-Unternehmens dar. Sie leisten einen grundlegenden Anteil zur Erzielung des Unternehmensgewinns. Die Cloudbetriebsstätte ist mehr als eine Vertriebsstelle oder ein Dienstleister, in ihr werden die Haupttätigkeiten des Unternehmens abgewickelt. In den Hardwarelandschaften werden die Daten der Kunden gespeichert, gelagert und weiterverarbeitet. Die Kunden haben Zugriff auf die Rechner und arbeiten in der Wolke an ihren Anwendungen. Zwar werden die nötigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten von Angestellten in der Unternehmenszentrale vorangetrieben, doch auch sie bedienen sich nur der Möglichkeiten, welche die Server ihnen bieten. Im Gegensatz zu einzelnen Internetservern bedienen sich Cloudbetriebsstätten auch der Infrastruktur anderer Staaten. Cloudbetriebsstätten haben z. B. eine starke physische Präsenz (Größe mehrerer Fußballfelder), daher müssen sie sich z. B. mit den Kommunalverwaltungen wegen einer Baugenehmigung auseinandersetzen. In der Bauphase werden u. a. verstärkt die Straßen der anderen Staaten zur Anlieferung der Server-Container genutzt und weitere Dienstleister vor Ort eingeschaltet. Anders als einfache Serverbetriebsstätten begründen Cloudbetriebsstätten einen Nexus im anderen Vertragsstaat. In Summe wäre es m. E. daher nicht gerechtfertigt, Cloudbetriebsstätten wegen geringen Personaleinsatzes keine oder nur geringfügige Gewinne zuzuweisen.

4. Fazit Doppelbesteuerungsabkommen Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bereits heute in einigen DBA Spezialregelungen für Dienstleistungen bestehen. Zum einen gibt es die Dienstleistungsbetriebsstätten, die keine feste Geschäftseinrichtung, dafür aber die physische Präsenz des Dienstleisters voraussetzen. Zum anderen sind die Vorschriften für selbständige und freiberufliche Dienstleistungen zu nennen. Auch in diesen durchaus zahlreichen Fällen ist für eine Besteuerung im Quellenstaat keine Betriebsstätte, dafür aber die physische Präsenz des Dienstleisters notwendig. Auch Vergütungen für technische Dienstleistungen können in geringem Umfang im Quellenstaat der Vergütung besteuert werden. Hier wird weder eine Betriebsstätte noch die physische Präsenz des Dienstleisters im Empfängerland vorausgesetzt. Der gemeinsame Nenner dieser Beispiele ist, dass in allen beschriebenen Fällen, obwohl keine Betriebsstätte vorliegt, in dem Staat besteuert wird, in dem die Dienstleistung ihre Wirkung entfaltet. Aufgezeigt wurde auch, dass es aktuell keine Möglichkeit einer Quellenbesteuerung einer digitalen Präsenz gibt (Präsenz z. B. aufgrund eines Webauftritts), so lange es keinen weiteren, zusätzlichen, Anknüpfungspunkt gibt. Serverbetriebsstätten kommen theoretisch als Anknüpfungspunkt in Frage, wobei sich die Zuordnung von Einkünften zu ihr als schwierig erweist. Vereinzelt wird daher gefordert,

194

3. Kap.: Direkte Besteuerung

Server aus der Betriebsstättendefinition auszuschließen.404 Eine Alternative wäre, Server nicht von einer möglichen Qualifikation als Betriebsstätte auszuschließen, sondern grenzüberschreitende, internetbasierte Dienstleistungen gänzlich unabhängig von einem Anknüpfungspunkt an Betriebsstätten zu bewerten und zu besteuern. Hierauf ist unter den Lösungsansätzen in Kapitel 4 zurückzukommen.

404

Siehe u. a. Reimer, IStR 2009, 378, 380.

4. Kapitel

Lösungsansätze zur Besteuerung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen In der Umsatzsteuer wurde die Besteuerungspraxis grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen in den letzten Jahren reformiert. Die Verlagerung des Besteuerungsortes auch im B2C-Fall auf den Ansässigkeitsort des Dienstleistungsempfängers, sowie die Einführung der kleinen einzigen Anlaufstelle um diese Änderung auch auf Verwaltungsseite umzusetzen, sind der richtige Ansatz um dem technischen Fortschritt Rechnung zu tragen. Keine rundum zufriedenstellende technische Lösung gibt es in der Umsatzsteuer bislang für die Fälle, in denen die Ansässigkeit des Leistungsempfängers nicht sicher festgestellt werden kann. Da es sich dabei aber um einen technischen Punkt und nicht um eine Besteuerungsfrage handelt, wird diese „Baustelle“ hier nicht vertieft. Nachdem die steuerrechtlichen Neuregelungen in der Umsatzsteuer planmäßig genutzt werden, sollen im Folgenden nur Lösungsansätze aus dem Bereich der Ertragsteuer diskutiert werden.1 Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass die Ertragsbesteuerung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen unbefriedigend ist. Häufig fehlt es im Empfängerstaat an einem Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung. Das Gleichbehandlungsgebot von Waren und Dienstleistungen sowie der Grundsatz der steuerlichen Neutralität besagen jedoch, dass Waren und Dienstleistungen sowie herkömmliche Geschäftsformen und der E- Commerce steuerlich gleich behandelt werden müssen.2 Eine Aufteilung des Steuersubstrats zwischen Ansässigkeitsstaat und Quellenstaat bedeutet im nichtdigitalen Geschäftsverkehr jedoch auch eine Besteuerung im Empfängerstaat. Denn in der Warenwelt muss in diesen Fällen fast immer eine Betriebsstätte im Empfängerstaat existieren, um die zu 1 Pinkernell listet im nationalen Bereich mehrere Optionen zum Schutz des deutschen Steueraufkommens auf, die jedoch allesamt gravierende Nachteile bergen. Er führt an die Erweiterung der beschränkten Steuerpflicht gem. § 49 EStG für Onlinegeschäfte, eine beschränkte Steuerpflicht aufgrund einer „.de Domain“, eine Bit-Tax, die sich am Umfang der übertragenen Datenmenge orientiert, eine Steuer auf die Erhebung von Verbraucherdaten sowie ein Abzugsverbot des Vergütungsschuldners für sämtliche Vergütungen von Online-Leistungen. Vgl. Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 158. Diese aufgezählten nationalen Optionen sollen hier nicht vertieft werden. 2 Vgl. OECD (Hrsg.), Ottawa Taxation Framework Conditions 1998, Tz. 9 sowie den Abschlussbericht der Business Profits Technical Advisory Group von 2004, Tz. 60.

196

4. Kap.: Lösungsansätze zur Besteuerung

vertreibenden Produkte an ihre Besteller weiterreichen zu können. Mangels Betriebsstätte liegen in der digitalen Wirtschaft stattdessen Direktgeschäfte vor, und daraus ergibt sich eine ausschließliche Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des jeweiligen Unternehmens. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu dem Gleichbehandlungsgebot und dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität. Denn im Empfängerstaat kann nach geltender Rechtslage nur dann besteuert werden, wenn dort ein Internetserver steht. Ist dies der Fall, können dem Server jedoch kaum Gewinne zugeordnet werden, weil eine Betriebsstätte ohne bedeutsame Personalfunktionen vorliegt. Da bei der Schaffung der Betriebsstättendefinition vor inzwischen über 165 Jahren noch niemand mit grenzüberschreitenden Dienstleistungen, geschweige denn mit internetbasierten Dienstleistungen rechnen konnte, wurden solche Konstellationen schlicht nicht berücksichtigt. Folglich stellen sich heute neue Herausforderungen, weil die digitale Wirtschaft in der Regel keine werthaltigen Anknüpfungspunkte im anderen Staat auslösen kann. Notwendig sind daher sowohl eine allgemeine Diskussion über betriebsstättengebundene und betriebsstättenlose Anknüpfungspunkte im Empfängerstaat als auch, damit einhergehend, eine Neujustierung der Aufteilung des Steuersubstrats im Bereich der digitalen Wirtschaft.3 Schwachstellen des Internationalen Steuerrechts werden gerne zur Steuergestaltung genutzt. Werden sie gekoppelt mit den systemimmanenten Lücken des Internationalen Steuerrechts bezüglich digitaler Dienstleistungen, entsteht eine komfortabel-explosive Keinmalbesteuerung dieser Leistungen.4 Gerade IT-Konzerne vermeiden ihre laufende Besteuerung im Ansässigkeitsstaat der Konzernmutter z. B. durch das Übertragen wertvoller immaterieller Wirtschaftsgüter, Funktionen und Risiken auf Tochtergesellschaften in einem Niedrigsteuerland.5 Der Apple-Konzern jonglierte beispielsweise lange mit der Nichtsteuerbarkeit seiner Erlöse in den USA, weil das Unternehmen nicht dort, sondern in Irland gegründet wurde und der Nichtsteuerbarkeit seiner Erlöse in Irland, weil der Ort der Ge-

3 Deutschland als Exportnation möchte grundsätzlich am Betriebsstättenkonzept festhalten und wehrt sich daher gegen jegliche Form seiner „Aufweichung“. Die OECD legte in ihrem BEPS-Projekt zur Lösung der mit der digitalen Wirtschaft verbundenen Probleme die folgenden Maßstäbe zu Grunde: Neutralität, Effizienz, Sicherheit und Handhabung, Effektivität und Fairness, Flexibilität und Nachhaltigkeit sowie Proportionalität zu den steuerlichen Herausforderungen, die mit der jeweiligen Lösung gefunden werden sollen. Siehe OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Arbeitsergebnis 2014, S. 174, 8.3. 4 Tenor der OECD hierzu ist, dass Gewinnverkürzungen und Gewinnverlagerungen zwar kein charakteristisches Phänomen der digitalen Wirtschaft seien, einige ihrer Schlüsselmerkmale beförderten jedoch BEPS-Risiken: (…) „some of its key features exacerbate BEPS risks“, vgl. OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Abschlussbericht 2015, Tz. 181. Ein gänzlich eigenes Steuerregime für die digitale Wirtschaft wird bereits aus diesem Grund abgelehnt. So auch Mucic/Schlie/Schulz, Festschrift Haarmann, 717, 719. 5 So beispielsweise Pinkernell, IStR 2014, 273, 276.

Lösungsansätze zur Besteuerung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen 197

schäftsleitung in den USA liegt.6 Eine Besteuerung der erbrachten Dienstleistungen im Empfängerstaat scheidet wegen des dortigen Fehlens von Betriebsstätten aus. Um u. a. gegen diese Form der Steuergestaltungen vorzugehen, hat die OECD im Februar 2013 den G-20-Ländern einen umfassenden Bericht zu den Ursachen und Auswirkungen von Gewinnverlagerungen und Gewinnkürzungen von multinational tätigen Unternehmen vorgelegt. Aufgrund dieses Berichts wurde ein breitgefächerter Aktionsplan erstellt, der von den G-20-Ländern am 20. Juli 2013 gebilligt wurde.7 Im Rahmen dieses „Base Erosion and Profit Shifting“ Projekts wurden fünfzehn Maßnahmen ausgearbeitet, um dem Abschmelzen nationaler Bemessungsgrundlagen und Gewinnverlagerungen Herr zu werden. Ihre Umsetzung hat zur Folge, dass das Besteuerungsrecht des Quellenstaats gestärkt wird, so dass eventuell der Bedarf nach einer Neuaufteilung des Steuersubstrats im Bereich der digitalen Wirtschaft sinken könnte. Umgekehrt könnte das Schaffen neuer Anknüpfungspunkte für digitale Dienstleistungen im Empfängerstaat einige BEPS-Gestaltungen verhindern. In der vorliegenden Arbeit werden vor allem die Maßnahme 1 „Challenges of the Digital Economy“ und die Maßnahme 7 „PE Prevention“ analysiert (I.1. – 3. und II. 1. u. 2.) Auf dem Prüfstand ist damit u. a. die Definition von Betriebsstätten.8 Es soll geklärt werden, wie mit der digitalen Präsenz eines Unternehmens in einem anderen Land umgegangen werden kann, in dem es mangels Nexus derzeit nach internationalen Regeln nicht steuerpflichtig ist. Alle weiteren Aktionsschwerpunkte des Projekts beschäftigen sich mit den steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten von Konzernen und Problemen der internationalen Keinmalbesteuerung, die sich jedoch unabhängig von den Bedürfnissen der digitalen Wirtschaft stellen. Nachstehend werden auch Lösungsvorschläge überprüft, die von OECD und EU nicht, oder nur in einem Nebensatz erwähnt werden, deren Potential zur Regelung und steuerrechtlichen Neuausrichtung des Themenkomplexes aber groß erscheint, wie die „Destination-Based Cash-Flow-Corporate-Tax“ (IV.). Den Abschluss der Analyse bildet das Konzept der „Formelhaften Gewinnzuteilung“ (V.) in der Fassung der beiden Richtlinienvorschläge der Europäischen

6

Vgl. hierzu z. B. Pinkernell, IStR-LB 2013, 59. Irland hat sein Ansässigkeitsrecht mittlerweile geändert. Das Modell der Nutzung des irischen Ansässigkeitsrechts ist nach neuem Recht nicht mehr möglich. Zwischen der EU-Kommission, den USA, Apple und Irland schwelt ein Grundsatzstreit. Die EU-Kommission ordnete eine Nachzahlung von 13 Mrd. Euro von Apple an Irland an. Irland möchte das Geld nicht annehmen, um seine Steuer- und Wirtschaftspolitik nicht angreifbar zu machen. 7 Siehe z. B. http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/ Internationales_Finanzmarkt/2013-07-23-G20Moskau.html, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. 8 Vgl. OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Abschlussbericht 2015, S. 12.

198

4. Kap.: Lösungsansätze zur Besteuerung

Kommission vom Oktober 2016, deren Aktualität durch die Kommission im März 2018 bestätigt wurde.9 Grundsätzlich gilt, dass der Begriff „Betriebsstätte“ zwar klar definiert ist, die Virtualität des Internets aufgrund seiner Definitionsmerkmale aber nicht ausreichend berücksichtigen kann. Daher muss an der Systematisierung der Ertragsteuer weiter gearbeitet werden, um die digitale Wirtschaft steuerrechtlich vollständig zu erfassen. Einander gegenüber stehen sich einerseits Optionen, die am Nexus „Betriebsstätte“ generell festhalten, aber versuchen, dieses Konzept in Einklang mit den Erfordernissen der Digitalisierung zu bringen (I.). Auf der anderen Seite stehen Vorschläge zu betriebsstättenlosen Optionen, deren Bandbreite sehr weit reicht, und die sich in ihrer Ausgereiftheit stark unterscheiden (II. und III.). Allen diesen Ansätzen ist gemein, dass sie einen internationalen Konsens voraussetzen. Rein nationale Lösungsansätze bleiben wegen ihrer territorialen Begrenztheit und damit geringen Schlagkraft nachfolgend unberücksichtigt.

I. Betriebsstättengebundene Optionen Nach den Lösungsansätzen, die am Nexus der Betriebsstätte festhalten, soll grundsätzlich der Vermögenszuwachs eines Unternehmers besteuert werden. Daher bekommt prinzipiell der Ansässigkeitsstaat des Unternehmens die Besteuerungshoheit zugeordnet; vgl. Art. 7 Abs. 1 HS 1 OECD-MA. Die Betriebsstättenbesteuerung nach Art. 7 Abs. 1 HS 2 OECD-MA ist als Ausnahme definiert, weshalb z. B. auch im Rahmen des „Authorized OECD Approaches“ bzw. der Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGAV), darauf geachtet wird, dass im anderen Vertragsstaat effektiv nur die Vermögenszuwächse besteuert werden, die tatsächlich originär auf die jeweilige Betriebsstätte und nicht auch auf das Stammhaus zurückzuführen sind. Die klassische Betriebsstätte hat sich für internetbasierte Dienstleistungen durch ihr Erfordernis einer physischen Geschäftseinrichtung nicht bewährt. Die physische Geschäftseinrichtung wird in den nachstehenden Vorschlägen daher durch verschiedene Varianten substituiert.

1. Modifizierung von Art. 5 Abs. 4 OECD-MA 2014 Die OECD-Working Party Number 1 hat im Rahmen des Aktionspunkts 7 im Jahr 2015 die in Art. 5 Abs. 4 OECD-MA genannten Hilfs- und Vorbereitungstä9 Vgl. S. 4 der Begründung des Richtlinienvorschlags COM (2018), 147 final, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Vorschriften für die Unternehmensbesteuerung einer signifikanten digitalen Präsenz.

I. Betriebsstättengebundene Optionen

199

tigkeiten überarbeitet.10 Diese Tätigkeiten lösen nach derzeitigem Stand nach überwiegender Ansicht keine Betriebsstätte aus, was mit der Überarbeitung jedoch modifiziert wurde.11 Relevant für die hier interessierenden internetbasierten Dienstleistungen ist nur Art. 5 Abs. 4 d), wonach bereits das Unterhalten einer festen Geschäftseinrichtung zur Beschaffung von Informationen von vorbereitender Natur sein soll.12 Unterhält ein Cloud-Unternehmen z. B. ein Informations-Büro in einem anderen Vertragsstaat, wäre die Schwelle zur Annahme einer Betriebsstätte deutlich schneller überschritten. Positiv an diesem Ansatz ist, dass er ohne Systemwechsel umgesetzt werden kann.13 Absatz 4 könnte komplett gestrichen oder aber ein Generalvorbehalt eingefügt werden, dass nur dann keine Betriebsstätte entsteht, wenn die anfallenden Tätigkeiten den Unternehmenserfolg in keiner Weise stützen. Meines Erachtens ist dieser Lösungsansatz zwar ein grundsätzlich richtiger, dennoch aber nur ein kleiner Schritt zur Modifikation der Besteuerungsgrundsätze der digitalen Wirtschaft. Ausschlaggebend ist, dass die Ausweitung des Betriebsstättenbegriffs einhergehen müsste mit einer Ausdehnung der Personalfunktionen der Betriebsstätten. Erfasst ist nur die schnellere Betriebsstättenbegründung bei Vorliegen einer festen Geschäftseinrichtung für den Fall der Informationsbeschaffung. Internetbasierte Dienstleistungen, die fast alle ohne jegliche physische Betriebsstätte im anderen Vertragsstaat auskommen, wären von einer Neufassung des Art. 5 Abs. 4 OECD-MA nicht erfasst.

2. Digitale Betriebsstätten Auf internetbasierte Dienstleistungen zugeschnitten ist hingegen die von der OECD diskutierte Option zur Einführung digitaler Betriebsstätten.14 Sie basiert auf 10 Vgl. OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Abschlussbericht 2015, Tzrn. 275, 343 – 345 und 357 Bulletpoint 1 sowie u. a. Fehling, IStR 2014, 639, 6431. Eine Änderung von Art. 5 Abs. 4 OECD-MA wurde im Rahmen der Arbeiten zu Aktionspunkt 7 angenommen und soll mit Hilfe des in Aktionspunkt 15 vorgeschlagenen multilateralen Vertrags in die jeweiligen DBA integriert werden. 11 Deutschland geht schon jetzt davon aus, dass vorbereitende Tätigkeiten und Hilfstätigkeiten eine Betriebsstätte begründen können. Vgl. Musil, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2013, Art. 12 AO, Rdnr. 22. 12 Hilfs- und Vorbereitungstätigkeiten i.S.d. Art. 5 Abs. 4 sind z. B. das Unterhalten von Warenbeständen und Warenlagern. Eine Modifizierung der Vorschrift ist daher vor allem für Waren und kaum für Dienstleistungen relevant. In der digitalen Wirtschaft kommt oftmals gerade Hilfstätigkeiten eine zentrale Rolle zu; z. B. ist im Online-Versandhandel die Warenlogistik elementarer Bestandteil des Unternehmenserfolgs. 13 Siehe auch Fehling, der u. a. davon spricht, dass sich diese Modifikation im Korsett der derzeitigen internationalen Besteuerungsstandards bewegen würde, IStR 2014, 639, 643. 14 Vgl. OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Abschlussbericht 2015, Tz. 277 – 283, sowie Fehling, IStR 2015, 797, 800. Digitale Be-

200

4. Kap.: Lösungsansätze zur Besteuerung

einem alternativen Nexus, der nur im Fall vollständig entmaterialisierter digitaler Dienstleistungen zum Tragen käme.15 Anwendbar wäre die digitale Betriebsstätte z. B. auf die Leistungen der Host- und Application-Service-Provider und die der Cloud- und Plattformanbieter. Eine Betriebsstätte würde vorliegen, wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten würden, die auf eine substantielle Interaktion mit der Wirtschaft des Quellenstaates hindeuteten. Als Grenzwerte in Frage kommen z. B. die Anzahl der Vertragsabschlüsse für digitale Dienstleistungen, die Anzahl aktiver Nutzer von Plattformen oder aber die Besucher von Websites. Für eine bedeutende digitale Präsenz im anderen Vertragsstaat würden auch signifikante Zahlungen von Kunden an das jeweilige digitale Unternehmen sprechen. Die Zahlungen müssten in Verbindung stehen zu dem Kern des Unternehmens, den internetbasierten Dienstleistungen, und den damit verbundenen vertraglichen Verpflichtungen. Als Hinweis auf eine digitale Präsenz könnte z. B. auch dienen, wenn eine Betriebsstätte des Unternehmens in dem Quellenstaat Hilfsfunktionen wie z. B. die Beratung der dort ansässigen Kunden übernimmt. Ein weiterer Anknüpfungspunkt für die Begründung einer digitalen Betriebsstätte im Quellenstaat könnte z. B. auch die geschäftliche Verwertung der Daten von Internetnutzern sein. Unternehmen generieren Nutzerdaten u. a. aus der Anwendung mehrseitiger Geschäftsmodelle.16 Internetnutzer geben hierbei ihre persönlichen Daten frei, die dann auch dazu genutzt werden, Erträge von anderen Nutzern zu generieren.17 Die Einführung einer derartigen virtuellen Betriebsstätte regte z. B. auch der ECOFIN in den Schlussfolgerungen seiner Sitzung vom 5. Dezember 2017 an.18 triebsstätten waren im Rahmen des BEPS-Projekts nicht konsensfähig, vgl. im Abschlussbericht Tz. 357, Bulletpoint 4. Aktionspunkt 1, Herausforderungen der digitalen Wirtschaft, wurde innerhalb der OECD übernommen von der „Task Force on Digital Economy“, TFDE. Zu den steuerpolitischen Herausforderungen der Task Force vgl. auch Mucic/Schlie/Schulz, Festschrift Haarmann, S. 717. 15 Das Konzept der digitalen Betriebsstätte kann auch als Mischform angedacht werden. Vorgeschlagen wird, den Nexus Betriebsstätte abzulösen durch einen Test der erheblichen Präsenz, der kombiniert werden würde mit Anforderungen an eine physische Präsenz. OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Arbeitsergebnis 2014, S. 146. 16 In den Vorschlag einer digitalen Betriebsstätte ist auch ein französisches Regierungsvorhaben eingeflossen, der „Collin-Colin-Report“ vom Januar 2013. Das Vorhaben zählt zwei mittelfristige Maßnahmen und eine Sofortmaßnahme auf. Die Sofortmaßnahme setzt an der Nutzung von Verbraucherdaten an. Die Steuerhöhe der Unternehmen orientiert sich an ihrer datenschutzrechtlichen Konformität im Umgang mit Daten. Eine englische Fassung des Reports ist zu finden unter: http://www.hldataprotection.com/files/2013/06/Taxation_Digital_Eco nomy.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. 17 So OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Arbeitsergebnis 2014, S. 145. 18 Schlussfolgerungen des ECOFIN vom 5. 12. 2017 (15305/17), S. 11 (Annahme des Arbeitsdokuments 15175/17 des Generalsekretariats).

I. Betriebsstättengebundene Optionen

201

Umgesetzt werden könnte dies z. B. durch ein Protokoll zu Art. 5 OECD-MA oder aber eine Ergänzung der Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken.19 Digitale Betriebsstätten sind zudem der zentrale Bestandteil eines Legislativvorschlags der Europäischen Kommission vom 21. März 2018.20 Dieser Vorschlag soll den Ausgangspunkt einer langfristigen Strategie der Kommission zum Umgang mit der digitalen Wirtschaft bilden. Der Betriebsstättenbegriff wird hierbei für die Zwecke der Körperschaftsteuer ausgedehnt und ergänzt um digitale Präsenzen. Eine signifikante digitale Präsenz in einem Mitgliedstaat soll vorliegen, wenn mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt ist: Die Erträge aus der Erbringung digitaler Dienstleistungen an Nutzer in einem Steuergebiet übersteigen 7 Mio. Euro in einem Steuerzeitraum, die Zahl der Nutzer einer digitalen Dienstleistung in einem Mitgliedstaat übersteigt 100 000 Nutzer in einem Steuerzeitraum, oder aber die Zahl der Geschäftsverträge über digitale Dienstleistungen übersteigt 3000 Verträge.21 Die Idee einer digitalen Betriebsstätte ruft viel Kritik hervor.22 Angeführt werden Fragen der praktischen Durchsetzung von Steueransprüchen aus einer digitalen Betriebsstätte, sowie die Sorge, dass eine Ausweitung der Betriebsstättenvoraussetzungen auch auf andere Wirtschaftszweige übergreifen könnte. Zudem stellt sich die Frage, ob und wie die Zurverfügungstellung und das Verwerten von Nutzerdaten im Rahmen der Verrechnungspreisfindung und Gewinnaufteilung sinnvoll berücksichtigt werden kann. Der Gedanke einer digitalen Betriebsstätte ist verlockend. Das Konzept der physischen Betriebsstätte würde weiter bestehen und gleichberechtigt daneben könnten digitale Betriebsstätten existieren. Die bisherige Struktur des OECD-MA könnte gewahrt bleiben und Art. 5 müsste lediglich um den Punkt der digitalen Betriebsstätte erweitert werden. Ausschlaggebend wäre im Fall der digitalen Betriebsstätte, dass der „Eingriffstatbestand“ exakt definiert wird und an Intensität mit dem physischen Bestehen einer Betriebsstätte vergleichbar ist. Die im Raum stehenden Kritikpunkte an digitalen Betriebsstätten sind nachvollziehbar, gründen aber vor allem darauf, dass die bestehenden Vorschläge noch nicht final ausgereift sind. Einfach zu quantifizierende Kriterien und Schwellenwerte, wie z. B. die Anzahl an Online-Vertragsabschlüssen oder Plattformnutzer, können durchaus Anknüpfungspunkte sein, um die klassische Betriebsstätte im digitalen Bereich zu ergänzen. Erbringt ein IT-Dienstleister in einem Vertragsstaat sowohl analoge als auch digitale Dienstleistungen, z. B. Live-Schulungen vor Ort aber auch Plattformservices, so könnte die jeweilige Dienstleistung verhältnismäßig 19 RL (EU) 2016 des Rates vom 12. Juli 2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarktes. 20 Vgl. COM (2018), 147 final, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Vorschriften für die Unternehmensbesteuerung einer signifikanten digitalen Präsenz. 21 COM (2018) 147 final, S. 9. 22 Siehe z. B. Fehling, IStR 2014, 639, 643.

202

4. Kap.: Lösungsansätze zur Besteuerung

einfach der jeweiligen Betriebsstättenform zugerechnet werden. Die Anzahl an Websitebesuchern oder Zahlungen können von den Finanzverwaltungen überprüft werden. Eine Zurechnung zur jeweiligen Betriebsstättenform ist jedoch nur für den Fall wichtig, dass sich die Gewinnermittlungs- und -zuordnungsgrundsätze bei beiden Modellen unterscheiden würden, was aktuell durch das Abstellen auf die Personalfunktion noch nicht der Fall ist. Schwieriger umzusetzen ist m. E. die Idee des Begründens einer digitalen Betriebsstätte durch die geschäftsmäßige Verwertung von Nutzerdaten, die von den Nutzern automatisch frei gegeben werden. Anders als die einfach zu quantifizierende Anzahl an Websitebesuchern, bei der anonyme „Klicks“ gespeichert werden können, stellen sich bei der geschäftsmäßigen Verwertung von Nutzerdaten komplexe Fragen des Datenschutzes. Nicht zuletzt ist zu klären, mit genau welchem Wert die Nutzerdaten anzusetzen sind. Einerseits sind bereits die rohen Nutzerdaten wertvoll, andererseits entsteht der eigentliche Wert erst, wenn diese Daten mit anderen Daten verknüpft und ausgewertet werden. Digitale Betriebsstätten sind ein grundsätzlich geeigneter Anknüpfungspunkt im anderen Vertragsstaat. Derzeit liegen noch viele praktische Gestaltungsfragen vor, die mittelfristig aber gelöst werden können.

3. Das Konzept der digitalen „erheblichen Präsenz“ Dieses Konzept sieht vor, den bisherigen Nexus „Betriebsstätte“ gänzlich zu ersetzen durch einen Nexus „erhebliche Präsenz“ im anderen Vertragsstaat.23 Es ist damit nicht vergleichbar mit dem Vorschlag digitaler Betriebsstätten, die physische Betriebsstätten ergänzen sollen. Eine erhebliche Präsenz würde sich z. B. durch Bürogebäude oder Personal manifestieren, ergänzt durch die immer interaktiver werdenden Kundenbeziehungen. Testkriterien könnten z. B. die Kundenbindungen sein, Webseiten in der Sprache des anderen Vertragsstaates oder aber Lieferserviceoptionen von Anbietern aus der jeweiligen Rechtsordnung. Die Erhebung von Nutzerdaten und die Mitarbeit der Nutzer von interaktiven Plattformen wären als Wertschöpfung im Marktstaat zu erfassen. Interessant an dieser Variante ist das Berücksichtigen der Beziehung „Dienstleister-Kunde“ sowie das bewusste Abstellen auf die immer stärker werdende Interaktion des Dienstleistungsempfängers. In der Tat „wirken“ grenzüberschreitende, internetbasierte Dienstleistungen erst vor Ort im anderen Vertragsstaat. Daten werden in einer Cloud gespeichert, die im 23

Das Konzept der digitalen Präsenz wurde an die OECD im Rahmen öffentlicher Stellungnahmen herangetragen. Vgl. OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Arbeitsergebnis 2014, S. 146. Im Abschlussbericht 2015 werden digitale Betriebsstätten und das Konzept der erheblichen digitalen Präsenz zusammengefasst, vgl. Tz. 277 – 283.

II. Betriebsstättenlose Optionen

203

anderen Vertragsstaat liegt. Damit die Daten ihre Wirkung entfalten können, ist zumeist die Interaktion des Leistungsempfängers notwendig. Durch das Ansteuern der Wolke eines Cloud-Anbieters bringt sich der Leistungsempfänger aktiv in den Prozess der Sichtbarmachung der Dienstleistung ein. Eine (geographische) Verbindung zu dem jeweiligen Staat wird hergestellt. Die physische Betriebsstätte würde u. a. durch die Mitarbeit des Leistungsempfängers substituiert. Gedanklich basiert dieser Ansatz auf dem Empfängerortprinzip der Umsatzsteuer und auf der ihr damit impliziten Umsatzbesteuerung in dem Land, in dem auch der Konsum stattfindet. Als gezielter Lösungsansatz für die ertragsteuerliche Behandlung internetbasierter Dienstleistungen muss die Idee der „erheblichen Präsenz“ daher m. E. allein schon wegen ihrer konzeptionellen Nähe zur Umsatzsteuer als Lösung ausscheiden.24

4. Fazit betriebsstättengebundene Optionen Die Erfassung von Vorbereitungshandlungen, wie z. B. der Beschaffung von Informationen durch eine Ausweitung des Betriebsstättenbegriffs im Zusammenhang mit einer Neufassung von Art. 5 Abs. 4 OECD-MA 2014 hat trotz der Ausdehnung des Betriebsstättenbegriffs keinen unmittelbaren Effekt auf die ertragsteuerrechtliche Erfassung der digitalen Wirtschaft. Digitale Betriebsstätten können eine sinnvolle Ergänzung der klassischen Betriebsstätten sein. Allerdings müssten ihre Tatbestandsvoraussetzungen erschöpfend und eindeutig ausgearbeitet werden und praktisch umsetzbar sein. Das Konzept der digitalen „erheblichen“ Präsenz im anderen Vertragsstaat kombiniert physische Kriterien, wie z. B. Bürogebäude, mit Kundenbeziehungen und ersetzt damit den Nexus Betriebsstätte. Da dieses Konzept keine konventionelle Gewinnbesteuerung vorsieht, muss es als ertragsteuerrechtliche Lösung ausscheiden.

II. Betriebsstättenlose Optionen 1. Bit-Steuer Anknüpfungspunkt einer Bit-Steuer wäre das Maß der Nutzung von Datenvolumen durch die Webseite eines Unternehmens, angepasst an Größe und Umsatz des jeweiligen Unternehmens.25 Dieser Vorschlag ist eine Art „Dauerbrenner“, der häufig 24 Siehe zur Vermengung von Ertrag- und Umsatzsteuer auch ausführlich Kapitel 4. III. 1. zur Destination-based Cash-Flow-Corporate-Tax. 25 Vgl. OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Arbeitsergebnis 2014, S. 146 f. Dieser Vorschlag wurde im Abschlussbericht 2015 nicht weiter vertieft.

204

4. Kap.: Lösungsansätze zur Besteuerung

diskutiert und ebenso schnell wieder in der Versenkung verschwindet.26 Bit-Steuern scheitern auch daran, dass eine territorial begrenzte Steuer auf Datenmengen zu leicht umgangen werden kann. Der wesentliche Kritikpunkt an der Bit-Steuer ist jedoch, dass sie sich nicht in das bestehende Gefüge aus Ertragsteuer und Umsatzsteuer einfügt. Vielmehr würde sie mit ihrem Ansatz eine neue Steuerkategorie schaffen, die selbst bei einer Anrechnung der Bit-Steuer auf anfallende Unternehmenssteuern gegen das Gebot der Wettbewerbsneutralität zwischen herkömmlichem Handel und E-Commerce verstoßen würde.27

2. Quellensteuer auf digitale Transaktionen Eine Quellensteuer würde an Zahlungen anknüpfen, die für die Erbringung digitaler Leistungen getätigt werden.28 Ein unmittelbares Einbehalten und Abführen der Quellensteuer erscheint im B2B-Bereich machbar, nicht hingegen im B2CBereich. Verbraucher mit Quellensteuer zu belasten, dürfte sich in der Praxis als nicht umsetzbar erweisen. Eingezogen werden könnte die Steuer jedoch von den Finanzinstituten, die die Zahlungen vornehmen. Eine solche Quellensteuer könnte als Einzelmaßnahme greifen, oder aber gekoppelt werden mit der Schaffung eines neuen Anknüpfungspunktes, wie z. B. einer digitalen Betriebsstätte oder dem Konzept der digitalen Präsenz. Die praktische Umsetzung dieser Maßnahme erscheint schwierig. Damit die Finanzdienstleister in Auftrag gegebene Zahlungen zweifelsfrei digitalen Leistungen zuordnen können, müssten sich in einem ersten Schritt alle betroffenen Unternehmen bei Finanzdienstleistern registrieren lassen. In der EU könnte zwar eine Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden für die kleine einzige Anlaufstelle erfolgen. Dennoch dürfte sich eine lückenlose Erfassung und Zuordnung zu Unternehmen als sehr aufwändig erweisen.

26 Vgl. u. a. http://www.theguardian.com/world/2014/oct/29/hungarians-protest-internettax-plan-orban, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. 27 Siehe z. B. auch den US-amerikanischen Internet Tax Freedom Act vom 21. 10. 1998, der jegliche Diskriminierung des Internets durch z. B. Steuern auf den Zugang zum Internet, die Nutzung von E-Mails oder den Verbrauch an Datenmengen verbietet. 28 Auch dieser Vorschlag stammte nicht von der OECD selbst, sondern wurde an sie herangetragen. Vgl. OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Arbeitsergebnis 2014, S. 146. Im Abschlussbericht wurde der Vorschlag in den Tz. 292 – 297 analysiert und unter Tz. 357 Bulletpoint 4 abgelehnt.

III. Destination-based Cash-Flow-Corporate-Tax

205

3. EU-Digitalsteuer Die Europäische Kommission schlug am 21. März 2018 eine Art „Ausgleichssteuer“ in Höhe von 3 % auf die Umsätze von Digitalkonzernen vor.29 Übergangsweise, d. h. bis zu einer Einigung auf geeignete Körperschaftsteuervorschriften, soll damit z. B. der Verkauf von Online-Werbung und die Erlöse von digitalen Marktplätzen besteuert werden. Ausgangspunkt der Überlegungen ist, dass die Bruttoerlöse der Digitalunternehmen zumindest auch auf eine Nutzerbeteiligung vor Ort, sprich in Europa, zurück zu führen seien. Daher sei eine steuerliche Umsatzbelastung gerechtfertigt. Abgestellt wird in dem Vorschlag auf die Ansässigkeit der Nutzer der digitalen Dienstleistungen. In den Anwendungsbereich des Richtlinienvorschlags fallen Konzerne, die einen Gesamtumsatz von 750 Mio. Euro überschreiten und mindestens 50 Mio. Euro davon in Europa tätigen.

4. Fazit betriebsstättenlose Optionen Weder die Bit-Steuer noch eine Quellensteuer auf digitale Transaktionen scheinen nach der derzeitigen Steuersystematik und dem aktuellen Stand der Technik geeignet zu sein, einen alternativen Anknüpfungspunkt zu Betriebsstätten zu bilden. Ob die EU-Digitalsteuer in Kraft treten wird, bleibt abzuwarten.

III. Destination-based Cash-Flow-Corporate-Tax 1. Grundgedanke einer Bestimmungslandsteuer Eingeführt werden könnte eine Bestimmungslandsteuer,30 die vor allem im Schrifttum diskutiert wird.31 Ihr Grundgedanke lautet, dass Ertragsteuern dort ab29 COM (2018) 148 final. Ein weiterer Hintergedanke der Kommission für ihre Digitalsteuer war, nationale Alleingänge zu unterbinden, wie z. B. die italienische Webtax, die ab Januar 2019 ebenfalls die großen Digitalunternehmen belasten soll. 30 Die Europäische Kommission positioniert sich in ihrem Bericht aus dem Jahr 2014 zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft, S. 50, offen zur Destination-based Cash-Flow-CorporateTax. Sie spricht davon, dass aufgrund der massiven Änderungen welche die Steuer im gegenwärtigen Steuersystem hervorrufen würde, gründliche Untersuchungen notwendig wären. Schön spricht sich, ohne weitere Ausführungen zu machen, auf lange Sicht gegen das Betriebsstättenkonzept aus und dafür, das Eingreifen der Quellenbesteuerung im Kundenstaat stattdessen von Umsatzschwellen abhängig zu machen. Siehe Schön, Zur Zukunft des Internationalen Steuerrechts, StuW 2012, 215, 219. 31 Siehe zu diesem Themenkomplex vor allem Devereux/de la Feria, Destination-based Corporate Tax, 2007, sowie Barker, 61 Catholic University Law Review, Issue 4, 955. Ebenfalls für eine Unternehmenssteuer am Bestimmungsort spricht sich Avi-Yonah aus, 113 Harvard Law Review, 1999 – 2000, 1573, 1670 – 1673. Des weiteren Bond/Devereux, die ihrer Ansicht ausführliche Berechnungen zu Grunde legen, CEPR Discussion Paper Nummer 3401. Pinkernell

206

4. Kap.: Lösungsansätze zur Besteuerung

geführt werden sollen, wo das Einkommen erzielt wird, nämlich dort, wo die zugehörigen Verkäufe getätigt werden und die Kunden ansässig sind.32 Keine Besteuerung würde an dem Ort stattfinden, an dem die Ware oder Dienstleistung produziert oder zur Verfügung gestellt werden. Diese Form der Unternehmenssteuer wäre mithin ein gänzlich neues Verteilungsprinzip und eine Abkehr von dem bisher diskutierte Quellen- bzw. Ansässigkeitsprinzip.33 Zudem wäre sie unabhängig von der bislang genutzten Schwelle „physische Betriebsstätte“.34 Speziell für internetbasierte Dienstleistungen ist dieser Ansatz eine grundsätzlich durchführbare Option, da er auf dem europarechtlichen VAT-Regime für elektronische Dienstleistungen aufbauen könnte.35 Kennzeichnend für die Bestimmungslandsteuer wäre, dass ihre Bemessungsgrundlage bzw. resultierende Gewinne nicht verlegt werden können, weil sich Kunden schlicht nicht verlegen lassen. Die Bestimmungslandsteuer würde in vielen Punkten ähnlich der Umsatzsteuer ausgestaltet werden. Konzeptionell würde sie einer Cash-Flow-Steuer ähneln. Es würden nicht Gewinne, sondern Geldflüsse besteuert. Exporte würden nicht besteuert werden, Importe hingegen schon. Einkünfte aus realen Transaktionen würden damit im Land des Kunden besteuert; Ausgaben für reale Transaktionen könnten in dem Land angerechnet werden, in dem sie anfallen. Anders als bei der Umsatzsteuer würden jedoch die Lohnkosten behandelt werden. Sie könnten von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden, die sich damit einer ökonomischen Rente angleichen würde.36 Um investieren zu können, bräuchte es mehr als minimale Gewinne. Aus ökonomischer Sicht wäre dieser Effekt ähnlich einer Zuwendung zum Eigenkapital eines Unternehmens. Als Vorteil dieser Variante gilt, dass keine Verzerrungen des Wettbewerbs zu erwarten wären. Investments wären von der Steuer ebenso wenig betroffen wie die realen Unternehmensaktivitäten. Obwohl das Ausmaß an Steuererleichterungen auf reale Ausgaben von Land zu Land unterschiedlich wäre, weil abhängig vom Steuersatz, würden sich die Preise dergestalt anpassen, dass dieser Effekt ausgeblendet zählt ebenfalls als Alternative eine mögliche Cash-Flow-Steuer im Bestimmungsland auf, ohne allerdings den Gedanken weiter auszuführen, siehe Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 196. 32 Gegenstück hierzu ist das sog. „volle Inklusionssystem“, wonach der konsolidierte Konzerngewinn laufend im Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft besteuert werden würde, siehe u. a. Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 196. 33 Siehe Kapitel 1 III. 2. 34 Vgl. auch Avi-Yonah, der das Betriebsstättenkonzept als überholt bezeichnet und sich im Rahmen der Bestimmungslandsteuer für die Rechnungsadresse der Kunden als Anknüpfungspunkt ausspricht, 113 Harvard Law Review, 1999 – 2000, 1573, 1671 f. 35 Ausführlich in Kapitel 2 unter II. 3. 36 Ökonomische Rente ist die Differenz zwischen dem tatsächlichen, auch im Gleichgewicht gezahlten Faktoreinkommen und dem Transfereinkommen. Vgl. Woll, Volkswirtschaftslehre, S. 229.

III. Destination-based Cash-Flow-Corporate-Tax

207

würde. Da es keine ausdrückliche Erleichterung für Finanzierungskosten gäbe, wäre ein Anreiz, Fremdkapital an Stelle von Eigenkapital als Finanzierungsquelle zu nutzen, ausgeschlossen.37 Mit Blick auf die BEPS-Diskussion ist vor allem der Punkt relevant, dass Gewinnverschiebungen zwischen den Ländern durch den Fokus auf die am Kundenstandort anfallenden Gewinne bzw. den Cash-Flow minimiert würden. Durch das Zurückgehen des Steuerwettbewerbs könnten höhere Steuersätze etabliert werden, ohne dass eine Verschiebung der ökonomischen Aktivitäten befürchtet werden müsste. Diejenigen Länder, die als erste eine Bestimmungslandsteuer einführen würden, könnten von ihrer Attraktivität im Vergleich zu Ländern mit konventionellen Steuern profitieren. Angewendet werden könnte die Steuer auf sämtliche Unternehmensformen, sowohl auf Körperschaften als auch auf Personengesellschaften. Der Gefahr einer Doppelbesteuerung für Personengesellschaften durch die zusätzliche Erhebung von Einkommensteuer könnte durch die Einführung einer Freigrenze für die Bestimmungslandsteuer sowie ihre Anrechnung auf die persönliche Einkommensteuer begegnet werden.38 „Vorgetestet“ wird das System der Bestimmungslandsteuer bereits durch all die Doppelbesteuerungsabkommen, in denen entweder eine Regelung zu technischen Dienstleistungen oder eine Dienstleistungsbetriebsstätte vereinbart ist.39 Im Fall dieser DBA findet eine Quellenbesteuerung statt, für deren Besteuerung der Ansässigkeitsort des Dienstleistungsempfängers ausschlaggebend ist. Ein weiterer Pluspunkt der Bestimmungslandsteuer ist, dass Internationale Abkommen zwar hilfreich, aber nicht notwendig für die Einführung einer derartigen Steuer wären.40 Mit Blick auf die praktische Steuererhebung wären keine Umsatzsteuervoranmeldungen zu empfehlen, sondern Jahressteuererklärungen. Weiterhin könnte, gerade im Bereich elektronischer und digitaler Dienstleistungen, eine starke Anlehnung an den auf europäischer Ebene eingeführten Mini-One-Stop-Shop erfolgen.41

37

Für Auerbach/Devereux/Simpson ist dies der Hauptvorteil einer „destination based tax“, der in einer zunehmend globalisierten Wirtschaft immer stärker zum Tragen kommt, CESifo working paper, 837, 889 f. 38 Siehe Devereux/de la Feria, Destination-based Corporate Tax, 2007, S. 14. 39 Vgl. in Kapitel 3 unter IV. 2. a) und b), Doppelbesteuerungsabkommen mit Regelungen zu technischen Dienstleistungen sowie mit verankerter Betriebsstätte. 40 So z. B. Avi-Yonah, der die Bestimmungslandsteuer als operativ unabhängig von internationalen Steuersystemen und damit der Notwendigkeit von koordinierten Abkommen sieht, Harvard Law Review, Volume 113, Mai 2000, 1573, 1671. 41 Siehe hierzu Kapitel 2 II. 3. bb) (c).

208

4. Kap.: Lösungsansätze zur Besteuerung

2. Fazit zur Bestimmungslandsteuer und ihrer Anwendbarkeit auf internetbasierte Dienstleistungen Nach Ansicht von z. B. Devereux und de la Feria42 erfüllt die Destination-based Cash-Flow-Corporate-Tax zwei elementare Kriterien. Zum einen kann mit ihr ein Besteuerungsort definiert werden, der nur ein Minimum an Verzerrungen des wirtschaftlichen Verhaltens multinationaler Konzerne insgesamt sowie generell an Wettbewerbsverzerrungen im Markt hervorruft. Außerdem kann mit ihr eine Steuerjurisdiktion festgelegt werden, die eine ausreichend starke Verbindung zwischen dem jeweiligen Staat und den zu besteuernden Gewinnen aufweist, und die zudem eine Chance auf Einziehung der Steuer zu geringen Kosten hat, was wiederum die Anfälligkeit für Missbrauch und Betrug senkt. Dem ist grundsätzlich zuzustimmen. Die Vorteile dieses Systems sind, wie eben gezeigt, zahlreich. Einige gravierende Nachteile dürfen jedoch nicht übersehen werden. Ein System, das vollständig auf eine Unternehmensbesteuerung im Bestimmungsland abzielt, spiegelt noch viel weniger als die derzeit gültigen Regelungen die tatsächlichen Gegebenheiten des Geschäftsverkehrs wider. Zumindest in der Anfangsphase der Umstellung auf eine Bestimmungslandsteuer würden vor allem die Länder von der Umstellung profitieren, die ein Handelsbilanzdefizit aufweisen. Länder wie Deutschland hingegen, die von der Exportnatur ihrer Wirtschaft profitieren, hätten das Nachsehen. Richtig ist, dass auch mit diesem System elementare Leitgedanken der Besteuerung abgedeckt werden. Das Nutzenprinzip (benefit priniciple), wonach Einzelne und Unternehmen dem Staat soviel zurückgeben sollten, wie sie an Nutzen aus der jeweiligen Staatstätigkeit ziehen, ist sowohl beim Ansässigkeits-, als auch beim Quellenstaatsprinzip, aber eben auch bei einer unternehmerischen Bestimmungslandsteuer erfüllt.43 Auch wäre eine Bestimmungslandsteuer, ähnlich der Quellensteuer, durchaus geeignet, dem immer stärker zum Vorschein tretenden Aspekt der fairen Aufteilung des Steuersubstrats innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft Genüge zu tun.44 Die Aufteilung des Steueraufkommens würde jedoch in keiner Relation mehr zum Unternehmenserfolg stehen und damit dem weltweit anerkannten Leistungsfähigkeitsprinzip widersprechen.45 Staatliche Anreize würden 42

Benennung und Beschreibung der Kriterien siehe Devereux/de la Feria, Destinationbased Corporate Tax, 2007, S. 2. 43 So Devereux, de la Feria, Destination-based Corporate Tax, 2007, S. 12. 44 Siehe Devereux/de la Feria, Destination-based Corporate Tax, 2007, S. 12. 45 Zum Leistungsfähigkeitsprinzip, wonach der einzelne Steuerpflichtige zur Staatsfinanzierung soviel beitragen soll, wie er in der Lage ist, siehe für Deutschland u. a. Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen; Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, Rechtssystematische Grundlagen steuerlicher Leistungsfähigkeit im deutschen Einkommensteuerrecht; Wernsmann, in: HHSp (Hrsg.), Stand 2014, § 4 AO,

IV. Formelhafte Gewinnzuteilung

209

auf die Ankurbelung des Konsums der Bevölkerung und nicht auf die Unterstützung von Unternehmen zielen. Für internetbasierte Dienstleistungen wäre eine Bestimmungslandsteuer zumindest in der Theorie ein Fortschritt. Der Besteller einer Dienstleistung lässt sich grundsätzlich ausfindig machen. Das Grundproblem, das diese Art der Dienstleistungen kennzeichnet, bleibt jedoch bestehen. Es ist ihr virtueller Charakter und damit das Fehlen eines fixen Anknüpfungspunkts im anderen Staat. In Summe ist das System der unternehmerischen Bestimmungslandsteuer daher abzulehnen. Durch den Fokus auf die Einkünfteerzielung anstatt der Gewinnbesteuerung ist sie der Umsatzsteuer so ähnlich, dass die Grundlagen der Besteuerung vermengt würden, nämlich ihre Trennung in Ertragsteuer und Umsatzsteuer. Im Rahmen einer Diskussion um mögliche ertragssteuerrechtliche Lösungsansätze, in der nach einer gangbaren Alternative zu Betriebsstätten gesucht wird, kann sie daher wegen dieses starken Näheverhältnisses zur Umsatzsteuer nur eine unbefriedigende Antwort sein.

IV. Formelhafte Gewinnzuteilung 1. Grundlagen der formelhaften Gewinnzuteilung Die international diskutierte formelhafte Gewinnzuteilung, auch Gesamtkonzernbesteuerung oder „Unitary Taxation“ genannt, zeichnet sich dadurch aus, dass multinationale Konzerne als Einheit betrachtet werden, für die ein Gesamtgewinn ermittelt wird.46 Dieser Gesamtgewinn wird nach einer im Voraus festgelegten starren Aufteilungsformel auf die einzelnen Gliedgesellschaften verteilt.47 Diese Aufteilungsformel soll nicht nur eine verursachungsgerechte Zuordnung von Gewinnen gewährleisten, sondern auch Verrechnungspreise überflüssig werden lassen und die in einem Konzern entstehenden Synergieeffekte gebührend berücksichtigen. Rdnrn. 481 – 488, sowie Gersch, in: Klein (Hrsg.), § 3 AO, Rdnr. 14. Zum internationalen „ability to pay prinicple“ siehe Amatucci, International Tax Law, S. 256. 46 Einen ausgezeichneten Gesamtüberblick bietet Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 229 ff.; für eine Abgrenzung zu anderen Methoden und der Integration der formelhaften Gewinnverteilung in bestehende Methoden siehe Avi-Yonah/Benshalom, World Tax Journal 2011, 371. Zur GKKB siehe u. a. Bünning/Möser, BB 2011, 2647; Krauß, IStR 2014, 204; Scheffler/Köstler, DStR 2014, 664. Hervorzuheben sind auch die beiden Grundlagendokumente der Kommission, in denen sich die KOM für die GKKB ausspricht, „Report of the Commission Expert Group on the Taxation of the Digital Economy“, vom 28. 5. 2014, S. 49 f; sowie Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat, „Eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union – Fünf Aktionsschwerpunkte“, vom 16. 6. 2015, KOM (2015) 302 final; Aktionsschwerpunkt 1 sieht in der GKKB eine Gesamtlösung für das Problem der Gewinnverlagerung, S. 8. 47 Siehe u. a. Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 230.

210

4. Kap.: Lösungsansätze zur Besteuerung

Nicht zuletzt können so Gewinnverlagerungen innerhalb eines Konzerns vermieden werden. Die Gewinnverteilung erfolgt dabei in drei Schritten. Zunächst wird für den Konzern ein Gesamtgewinn ermittelt. Voraussetzung hierfür sind einheitliche Rechnungslegungsvorschriften, um eine aussagekräftige Steuerbemessungsgrundlage festzulegen die aus Erträgen besteht, vermindert um Aufwendungen. Es werden sämtliche Eckdaten der einzelnen Länder einbezogen, in denen Mutter- und Tochtergesellschaften tätig sind, und/oder in die Waren oder Dienstleistungen verkauft werden. In einem zweiten Schritt wird mit Hilfe einer Formel der Gewinn des Konzerns nach diesen realen Aktivitäten den einzelnen Ländern zugeordnet. Diese Formel ist flexibel und ihre Gestaltung bleibt dem einzelnen Land vorbehalten. Die Eckdaten beinhalten jedoch mindestens die Vermögenswerte, die Lohnsumme, sowie die Zahl der Umsätze im jeweiligen Staat. Um den E-Commerce zu berücksichtigen, werden die Umsätze immer dem Standort des Käufers zugeordnet.48 Als Aufteilungsregelung kommt zum Beispiel die Drittelregelung in Frage, wonach ein Drittel des Gewinns aufgrund der Vermögenswerte, ein Drittel aufgrund des Faktors Arbeit (hälftig nach Lohnsumme und Mitarbeiterzahl) und ein Drittel aufgrund der Umsätze dem Land zugeordnet werden. In einem dritten und letzten Schritt wird der dem jeweiligen Land zugeordnete Gewinn mit dem nationalen Steuersatz belastet. In föderal strukturierten Ländern wie z. B. den USA wird diese formelhafte Gewinnzerlegung bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts genutzt, um die Bundesstaaten davor zu schützen, dass verbundene Unternehmen ihren Gewinn willkürlich verlagern.49

2. Aktueller Stand in Europa Die formelhafte Gewinnzuteilung wird auch in der EU als ein äußerst wirksames Instrument angesehen um Ziele wie einer gerechtere und effizientere Besteuerung zu erreichen, gerade auch in Anlehnung an die BEPS-Initiative.50 Auf europäischer 48 Vgl. z. B. Art. 22 des Vorschlags für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), KOM (2011) 121 endgültig/2. 49 Vgl. Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 597. Erstmalig angewendet wurde die formelhafte Gewinnaufteilung im späten 19. Jahrhundert mit dem Aufkommen der Eisenbahn in den USA. Unternehmen zählten nicht nur die Schienen zu ihrem Eigentum, sondern auch Inventar wie z. B. Eisenbahnwaggons. Um den werthaltigen Eigentumsanteil pro Bundesstaat feststellen zu können, wurde der Anteil des Schienenwerts im jeweiligen Staat in Relation gesetzt zum Gesamtwert des Unternehmens. 50 Siehe Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), KOM (2016) 683 final, Begründung S. 4, 14.

IV. Formelhafte Gewinnzuteilung

211

Ebene hat die Kommission am 25. 10. 2016 zwei Richtlinienvorschläge zu diesem Instrument veröffentlicht.51 Die formelhafte Gewinnzuteilung, auf EU-Ebene Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage (GKKB) genannt, bezweckt, dass Unternehmen zur Berechnung ihres europaweiten steuerpflichtigen Gewinns nur die Regeln eines einzigen EU-Systems anwenden müssen. Die Richtlinienvorschläge basieren auf einem Entwurf aus dem Jahr 201152 und sollen konsekutiv umgesetzt werden. Aufgrund des Einstimmigkeitserfordernisses im Bereich der direkten Steuern nach Art. 115 AEUV hat der nach wie vor anhängige Entwurf aus dem Jahr 2011 keine große Chance mehr auf Umsetzung. Anders verhält es sich hingegen mit den beiden neuen Richtlinienvorschlägen, zu denen mehrere Mitgliedstaaten bereits Zustimmung signalisiert haben. Auch Deutschland zählt grundsätzlich zu den Befürwortern der Richtlinienvorschläge. Richtlinienvorschlag 1 für eine Gemeinsame Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage (GKB) enthält als Kern verpflichtende Gewinnermittlungsvorschriften für multinationale Unternehmen mit jährlichen Erträgen von über 750 Mio. Euro. Unternehmen mit einem geringeren Jahresumsatz können unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag entscheiden („opt-in“), ob sie nach den Regeln der einzelnen Mitgliedstaaten oder nach dem neuen GKB-System besteuert werden möchten.53 Richtlinienvorschlag 1 soll Anfang 2019 in Kraft treten. Richtlinienvorschlag 2 für eine Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage beschäftigt sich mit der Gewinnkonsolidierung der in Schritt 1 ermittelten Bemessungsgrundlagen und der Verteilung des Steueraufkommens zwischen den Mitgliedstaaten. Er soll nach den Plänen der Kommission bis zum 31. 12. 2020 umgesetzt werden und ab dem 1. 1. 2021 in Kraft treten. Durch die Aufteilung in zwei Richtlinienentwürfe sollen die nicht kontroversen Regelungen des ersten Richtlinienentwurfs schneller umgesetzt werden können und damit mehr Zeit für die Erzielung einer politischen Einigung über die Gewinnkonsolidierung bleiben.54 Auch in ihrer Mitteilung vom 21. 9. 2017 bekräftigt die Kommission, dass sie diese Vorschläge als Grundlage für die Bewältigung der Herausforderungen der digitalen Wirtschaft ansieht.55 Sowohl in der Begründung als auch in der Folgenabschätzung zur dem 51 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlagen, KOM (2016) 685 final sowie Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), KOM (2016) 683 final. 52 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), KOM (2011) 121/4. 53 Vgl. Art. 6 GKKB-RL-Entwurf. 54 Die Richtlinienvorschläge wurden am 15. 3. 2018 von den Abgeordneten des Europäischen Parlaments unterstützt bzw. angenommen. Die Entschließungen werden nun dem Rat und der Kommission vorgelegt. 55 Vgl. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 21. 9. 2017, Ein faires und effizientes Steuersystem in der Europäischen Union für den digitalen Binnenmarkt, S. 10, KOM (2017), 547 final.

212

4. Kap.: Lösungsansätze zur Besteuerung

Richtlinienvorschlag über eine digitale Präsenz vom März 2018 wiederholt sie, dass die GKKB ihr Fernziel ist, erweitert um virtuelle Betriebsstätten.56 Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die „Country-by-Country Reporting“-Initiative der OECD, die ebenfalls Ausfluss des BEPS-Projekts ist.57 Auf europäischer Ebene wurde sie durch eine Änderung der Amtshilferichtlinie (2011/16/ EU) umgesetzt, national im Jahressteuergesetz 2017. Gem. § 138a AO neu werden Unternehmen mit einem Umsatz von über 750 Mio. Euro ab 2017 dazu verpflichtet, länderbezogene Berichte zu erstellen und an das BZSt zu übermitteln. Darin werden Finanzkennzahlen wie z. B. Umsatzerlöse, materielle Vermögenswerte oder Mitarbeiterzahl notiert. Für die europäischen Richtlinienentwürfe bedeutet dies, dass die relevanten Faktorwerte für zahlreiche europäische Unternehmen bereits verpflichtend zu berichten sind.58 Um möglichst viele Synergieeffekte erzielen zu können, sollten die OECD, die Europäische Kommission und auch die nationalen Mitgliedstaaten ihre Regelungsvorschläge daher gezielt aufeinander abstimmen.59 Die wichtigsten Punkte der Richtlinienentwürfe werden nachstehend kurz beleuchtet.60

3. Die Richtlinienentwürfe der Europäischen Kommission vom Oktober 2016 a) Neue Betriebsstättendefinition, Art. 5 GKB-RL-E Die Richtliniendefinition von Betriebsstätten ist explizit an der nach dem BEPSProjekt empfohlenen Definition der Betriebsstätte im OECD-Musterabkommen 56 Siehe S. 4 der Begründung des Richtlinienvorschlags der Kommission vom 21. 3. 2018, COM (2018), 147 final sowie S. 1 der Begleitunterlage (Folgenabschätzung) zu diesem Vorschlag, SWD (2018) 82 final. 57 Vgl. OECD/G20 (Hrsg.), „Art. 13: Country-by-Country Reporting Implementation Package“. 58 Verschiedene Stimmen halten die formelhafte Gewinnverteilung für die beste Antwort zur Lösung der BEPS-Probleme. Vgl. Finley, Tax Notes International 2015, 294, 295 sowie Robillard, Intertax 2015, 447, 447. Fehling schreibt in: Schaumburg/Englisch (Hrsg), Europäisches Steuerrecht, hierzu, dass einerseits BEPS ein weltweites Problem sei, das nur auf OECD/G 20-Ebene gelöst werden könne. Andererseits seien es gerade die Vorzugsregimes einiger Staaten sowie das unabgestimmte Nebeneineinanderstehen der Steuersysteme, die exzessive Steuergestaltungen ermöglichen. Daher könne die GKKB zumindest in der Europäischen Union einen Beitrag zur Lösung der BEPS-Probleme leisten, S. 793, Tz. 18.81. 59 In diesem Sinne Krauß, IStR 2014, 204. 60 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage, KOM (2016), 685 final, sowie Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage, KOM (2016), 683 final; im Folgenden zitiert als GKB-RL-E und GKKB-RL-E.

IV. Formelhafte Gewinnzuteilung

213

ausgerichtet.61 Im Unterschied zu dem EURichtlinienvorschlag aus dem Jahr 2011 umfasst die überarbeitete Definition ausschließlich in der EU belegene Betriebsstätten eines Steuerpflichtigen, der auch steuerlich in der Union ansässig ist. Dadurch soll sichergestellt werden, dass alle betroffenen Steuerpflichtigen der EU ein einheitliches Verständnis davon haben, wann eine Betriebsstätte vorliegt und was sie auszeichnet. Betriebsstätten mit Bezug zu Drittstaaten werden bewusst nicht geregelt und sollen Gegenstand bilateraler Steuerabkommen und nationaler Rechtsvorschriften sein. b) Gruppenmitgliedschaft, Art. 2, 3 GKB-RL-E, Art. 5 – 21 GKKB-RL-E Richtlinienvorschlag 1 sieht eine verpflichtende Teilnahme an der GKB ab einem konsolidierten Gesamtumsatz einer Konzerngruppe von mehr als 750 Mio. Euro im Vorjahr vor, vgl. Art. 2 GKB-RL-E. Um diese Umsatzschwelle nicht umgehen zu können, ist für Tochtergesellschaften und ihre Betriebsstätten die verpflichtende Mitgliedschaft in einer Konzerngruppe vorgesehen. Bislang war es Tochtergesellschaften freigestellt, ob sie an der GKKB teilnehmen wollen oder nicht. Nun sind Tochtergesellschaften und ihre Betriebsstätten, an denen die Muttergesellschaft mehr als 50 % der Stimmrechte und mehr als 75 % des Eigenkapitals hält oder mehr als 75 % am Gewinn der Gesellschaft beteiligt ist, zur Teilnahme verpflichtet, vgl. Art. 3 GKB-RL-E. Vorschriften für den Ein- und Austritt aus der Gruppe enthält der zweite Richtlinienvorschlag zur GKKB, siehe Art. 11 – 21 GKKB-RL-E. c) Gewinnermittlungsvorschriften, insbes. Art. 9, 11 und 13 GKB-RL-E In Anlehnung an den Richtlinienvorschlag von 2011 sollen auch weiterhin die einzelnen Gruppenmitglieder (rechtlich selbständige Konzerngesellschaften und Betriebsstätten in den Mitgliedstaaten) die Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer nach einer einheitlichen, harmonisierten Vorgabe ermitteln.62 Die Ermittlung des Konzerngewinns soll durch eine Gewinn- und Verlustrechnung erfolgen, die von der handelsrechtlichen Rechnungslegung der Unternehmen unabhängig ist. Das Maßgeblichkeitsprinzip würde damit aufgegeben, ein Rückgriff auf die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung wäre überflüssig.63 Auch ein 61 Vgl. GKB-RL-E, Begründung S. 10 sowie Art. 5. Die Richtliniendefinition von Betriebsstätten ist explizit an der nach dem BEPS-Projekt empfohlenen Definition der Betriebsstätte im OECD-Musterabkommen ausgerichtet. 62 Der GKKB-RL-E 2016 nimmt in seinen Begriffsbestimmungen Bezug auf die Gewinnvorschriften des GKB-RL-E, vgl. Art. 3 Abs. 9. 63 So mit Blick auf den GKKB-Richtlinienentwurf aus 2011 u. a. Kahle/Lipp, DStR 2013,1205, 1206.

214

4. Kap.: Lösungsansätze zur Besteuerung

Rückgriff auf die IAS/IFRS käme nicht in Betracht.64 Jede rechtlich selbständige Unternehmenseinheit soll anhand der Richtlinienentwurfsvorschriften separat ihr jeweiliges Ergebnis ermitteln. Neu sind im 2016er GKB-Richtlinienentwurf insbesondere verbesserte Abzugsmöglichkeiten für die Kosten von Forschung und Entwicklung (Art. 9 GKB-RLE), ein neuer Freibetrag für Wachstum und Investitionen (Art. 11 GKB-RL-E), sowie der Einbau einer Zinsschranke (Art. 13 GKB-RL-E). Durch den erhöhten Abzug für die Kosten von Forschung und Entwicklung sind mit Ausnahme von unbeweglichen Vermögenswerten die Kosten in dem Jahr uneingeschränkt abzugsfähig, in dem sie entstanden sind. Zusätzlich erhalten Unternehmen mit Aufwendungen von bis zu 20 Millionen Euro für Forschung & Entwicklung einen zusätzlichen erhöhten Anspruch in Höhe von 50 %. Bei mehr als 20 Millionen Euro sind 25 % der darüber hinausgehenden Aufwendungen abzugsfähig. Der „FWI“-Freibetrag soll Anreize für die Eigenkapitalfinanzierung setzen. Er bemisst sich aus der Differenz des Eigenkapitals am Ende und zu Anfang des Wirtschaftsjahres, multipliziert mit der Benchmark-Rendite für zehnjährige Staatsanleihen der Europäischen Zentralbank und, sofern diese negativ ist, einer alternativen Rendite von 2 %. Bei Verringerung des Eigenkapitals wird aus dem „Freibetrag“ wiederum steuerpflichtiges Substrat, welches der Bemessungsgrundlage hinzuzufügen ist. Die Zinsschranke soll, in Anlehnung an die BEPS-Initiative, die Steuervermeidung bekämpfen. Sie begrenzt die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen (und anderen finanziellen Aufwendungen), um Praktiken der Gewinnverlagerung in Niedrigsteuerländer zu unterbinden. Zins- und andere finanzielle Aufwendungen sind daher nur in der Höhe als Betriebsausgaben abzugsfähig, wie ihnen Zinserträge oder Erträge aus Finanzanlagevermögen gegenüberstehen und darüber hinaus nur bis zu 30 % des EBITDA.65 d) Gewinnkonsolidierung, Art. 1, 5 – 10 GKKB-RL-E Der GKKB-RL-E sieht vor, dass die einheitlich ermittelten Steuerbemessungsgrundlagen aller EU-Gesellschaften und –Betriebsstätten eines Konzerns zu einem EU-weiten Unternehmensergebnis konsolidiert werden. Mithin enthält der Entwurf in den Artikeln 1 und 5 – 10 Bestimmungen zur Handhabung der Konsolidierung. Hervorzuheben ist Art. 9, demzufolge gruppeninterne Transaktionen bei der Be-

64 Die Gewinnermittlungsvorschriften sollen sich eigenständig, aus sich selbst heraus entwickeln. Anstatt vieler Kahle/Lipp, DStR 2013, 1205, 1206. 65 Vgl. GKB-RL-E, Begründung S. 11, 12 sowie Art. 13.

IV. Formelhafte Gewinnzuteilung

215

rechnung der konsolidierten Bemessungsgrundlage nicht mehr zu berücksichtigen sind. Verrechnungspreise würden damit überflüssig werden. e) Aufteilungsparameter, Art. 28 – 45 GKKB-RL-E Das einheitliche Unternehmensergebnis soll im Wege der formelhaften Gewinnaufteilung wieder auf die Konzernglieder aufgeteilt werden, vgl. Art. 28 – 45 GKKB-RL-E. Aufteilungsparameter im Sinne des Richtlinienvorschlags sollen die Faktoren Umsatz, Arbeit und Vermögenswerte sein. Der Faktor Arbeit ergibt sich verkürzt dargestellt zur einen Hälfte aus der Lohnsumme und zur anderen Hälfte aus der Zahl der Beschäftigten (vgl. Art. 32 GKKB-RL-E). Der Faktor Vermögenswerte besteht gem. Art. 34 Abs. 1 GKKB-RL-E aus dem durchschnittlichen Wert aller Sachanlagen, wobei sich die Zuordnung nach dem wirtschaftlichen Eigentum richtet, siehe Art. 35 Abs. 1 GKKB-RL-E. Immaterielle Wirtschaftsgüter sind in dem Faktor „Vermögenswerte“ nicht enthalten und werden daher im Zuteilungsschlüssel nicht berücksichtigt. Der Faktor Umsatz ergibt sich aus dem Gesamtumsatz eines Gruppenmitglieds inklusive seiner Betriebsstätten in Relation zum Gesamtsatz der Gruppe. Als Umsatz gilt hierbei der Erlös aus allen Verkäufen von Gegenständen oder Dienstleistungen ohne Rabatte, Retouren, Mehrwertsteuer oder sonstige Steuern und Abgaben, siehe Art. 37 Nr. 1 und Nr. 2 GKKB-RL-E. Die jeweiligen Faktorwerte der Mitgliedstaaten werden in das Verhältnis zu den Faktorwerten des Konzerns gesetzt. Die Verhältniszahl gibt an, welchen Anteil der Mitgliedstaat an dem konsolidierten zu versteuernden Einkommen des Gesamtkonzerns hat. Der Anteil ist unter Anwendung des individuellen nationalen Körperschaftsteuersatzes zu besteuern.66 Eine Steuersatzharmonisierung ist nach wie vor bewusst nicht geplant.

4. Die Richtlinienvorschläge der Kommission und ihre Relevanz für internetbasierte Dienstleistungen a) Betriebsstätten Das BEPS-Projekt der OECD hat der formelhaften Gewinnverteilung auf EUEbene neuen Aufschwung gegeben, wie die beiden Richtlinienvorschläge vom Oktober 2016 zeigen.67 Mit Blick auf die digitale Wirtschaft brächte die alleinige 66

Siehe hierzu, nach wie vor gültig, Krauß, IStR 2014, 204, 206. Mit Bezug auf die digitale Wirtschaft regt auch die Expertengruppe der Kommission zur digitalen Wirtschaft weiterführende Arbeiten an der GKKB an. Siehe „Report of the Com67

216

4. Kap.: Lösungsansätze zur Besteuerung

Umsetzung des GKB-RL-E noch keine nennenswerten Vorteile. Die Betriebsstättenproblematik abschwächen kann alleine der GKKB-RL-E. Wie bereits dargestellt, ist die große Schwierigkeit an Server- und Cloud-Betriebsstätten, dass ihnen kaum Gewinne zugeordnet werden können.68 Es fehlt an der Personalkomponente, die der „AOA“ im Rahmen des Fremdvergleichs voraussetzt. Dieser Punkt wird zumindest teilweise kompensiert durch den Regelungsansatz der GKKB, genauer durch die vorgesehenen Aufteilungsparameter: Im Rahmen der GKKB wird eine einheitliche Gewinnermittlung pro Gruppe vorgenommen, in der die Erträge und Aufwendungen sämtliche Tochtergesellschaften und Betriebsstätten des Hauptsteuerpflichtigen europaweit zusammengefasst werden. Mithilfe der nachfolgenden formelhaften Gewinnzuteilung wird gewährleistet, dass die Unternehmensgewinne nach einem festen Schema auch überall dorthin gestreut werden, wo Serverbetriebsstätten existieren. Mithin könnte nach dem derzeitigen GKKB-RL-E auch ohne Personaleinsatz dem Mitgliedstaat einer Serverbetriebsstätte Gewinne zugeteilt werden. Eine weitere Überlegung wäre, digitale Betriebsstätten konsensfähig zu gestalten und in Art. 5 GKB-RL-E (Betriebsstättenartikel) zu integrieren.69 Für die Richtlinienentwürfe spricht zudem, dass sie sowohl digitale als auch nichtdigitale Dienstleistungen umfassen, es mithin zu keiner Ungleichbehandlung der verschiedenen Geschäftsformen käme. Die breite Masse an digitalen Dienstleistern (99,8 %) ist kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) zuzurechnen.70 Sie sind der Wachstums- und Innovationsmotor Deutschlands.71 Daher soll zunächst kursorisch die tatsächliche Anwendbarkeit der GKKB auf (digitale) KMU ausgelotet werden, gefolgt von Chancen und Risiken der GKKB für alle Unternehmensgrößen. b) Nichtkonzernstrukturen Die vorgeschlagenen Regelungen zu GKB und GKKB sind auch auf KMU anwendbar. Die Europäische Kommission hat sich nach eigener Aussage bemüht, sicherzustellen, dass die von ihr vorgeschlagenen Regeln nicht nur für Großuntermission Expert Group on the Taxation of the Digital Economy“, S. 49. Siehe auch Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat, „Eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union – Fünf Aktionsschwerpunkte“, S. 8. Die OECD spricht sich hingegen gegen das formulary apportionment aus, vgl. http://www.oecd.org/ ctp/beps-frequentlyaskedquestions.htm, Fragen 108 und 109; zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. 68 Siehe unter Kapitel 3 IV. 3. c). 69 Ausführlich zu digitalen Betriebsstätten in Kapitel 4 unter I. 2. 70 99,8 % aller IT-Unternehmen sind kleinen (90,8 %) und mittelständischen (9 %) Unternehmen zuzurechnen. Vgl. „Der IT-Mittelstand in Deutschland Mittelstandsbericht 2014“ des BITKOM Verbandes. 71 Siehe http://www.germanchampions.de, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018.

IV. Formelhafte Gewinnzuteilung

217

nehmen, sondern auch für KMU leicht verständlich und anwendbar sind.72 Da die Richtlinienentwürfe eine Opt-in Möglichkeit für (digitale) KMU vorsehen, können sie sich wegen eines für sie eventuell anfallenden Mehraufwandes gegen die GKB/ GKKB entscheiden, ohne aktiv etwas veranlassen zu müssen. Ähnlich dem „One-Stop-Shop“ in der Umsatzsteuer sieht auch der GKKB-RL-E eine Art One-Stop-Shop vor (Art. 46 ff. GKKB-RL-E), mit dessen Hilfe der Hauptsteuerpflichtige sämtliche Verwaltungsangelegenheiten, inklusive der konsolidierten Steuererklärungen der Gruppe regeln könnte. Zudem soll es eine zentrale Datenbank (Art. 57 GKKB-RL-E) geben, auf die sämtliche zuständigen Steuerbehörden der Mitgliedstaaten Zugriff haben sollen. OECD und Kommission stimmen in ihren aktuellen Papieren zu einem fairen Steuerwettbewerb darin überein,73 dass die Ertragsbesteuerung am Ort der Wertschöpfung zu erfolgen hat. Hierfür ist der Ansatz der GKKB, die Gewinnaufteilung anhand einer Formel zu bestimmen, sehr gut geeignet – insbesondere auch für digitale Dienstleistungen. Denn der Ort der Wertschöpfung ist fast nie ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat oder dem Quellenstaat zuzuordnen.74 Der Löwenanteil der Wertschöpfung ist mutmaßlich dem Ansässigkeitsstaat eines digitalen Unternehmens zuzuschreiben. Dies lässt sich am besten durch die Faktoren Betriebsvermögen und Mitarbeiterzahl (eventuell aufgeteilt in 1/3 Lohnsumme und 1/3 Mitarbeiterzahl) ausdrücken, weshalb in Summe mindestens 2/3 der Gewinnanteile auf den Ansässigkeitsstaat des Unternehmens entfallen sollten.75 Gerade bei digitalen Unternehmen ist es gerechtfertigt, für das verbleibende Drittel auf den Umsatz des Unternehmens abzustellen. Er steht für die Orte, an denen das Unternehmen ebenfalls Wertschöpfung erzielt. Gibt es keine Cloud- bzw. Serverbetriebsstätte in dem anderen Vertragsstaat, könnte die vertragliche Beziehung zu dem Endverbraucher eine digitale Betriebsstätte begründen. Digitale Produkte werden faktisch erst vom Endverbraucher fertiggestellt. Dieser lädt sich das Produkt auf sein Smartphone oder Notebook und wird so zu einer Art verlängertem Arm des Unternehmens. Die endgültige Wertschöpfung findet mithin erst beim Endverbraucher statt. Daher sollten auch den zugehörigen Mitgliedstaaten Ertragsteuern in gewissem, wenn auch geringen Umfang zugesprochen werden. 72

Vgl. GKB-RL-E, Begründung S. 9,10. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat, „Eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union – Fünf Aktionsschwerpunkte“, KOM (2015) 302 final, S. 8, sowie OECD (Hrsg.), Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Arbeitsergebnis 2014, S. 17. 74 Ausschlaggebend ist der jeweilige Blickwinkel. Industriestaaten stellen ab auf die Ansässigkeit ihrer Unternehmen bzw. ihre Konzernzentralen und damit ihre R&D Abteilungen inklusive Personalfunktionen. Schwellen- und Entwicklungsländer verweisen auf die Möglichkeit des Marktzugangs. 75 Niedriglohnländer profitieren von der GKKB, sobald der Faktor Arbeitnehmer hoch gewichtet wird. Wird hingegen der Faktor Lohnsumme die Bemessungsgrundlage verkleinert. Vgl. z. B. Cobham/Loretz, International Distribution of the Corporate Tax Base, S. 29. 73

218

4. Kap.: Lösungsansätze zur Besteuerung

5. Fazit zur formelhaften Gewinnzuteilung und ihrer Anwendbarkeit auf internetbasierte Dienstleistungen a) Nachteile und Risiken Die formelhafte Gewinnaufteilung birgt Nachteile, die nicht unerwähnt bleiben sollen.76 Leisten kann die GKKB durch die festgelegten Aufteilungsparameter nur eine starre und rein uniforme Gewinnzuteilung. Individuelle Wertschöpfungsketten von Unternehmen können nicht berücksichtigt werden. Missbrauchsmöglichkeiten können auch durch die GKKB nicht ausgeschlossen werden. Strategische Gruppenbildungen und Umverteilungen innerhalb einer Gruppe können nicht verhindert werden. Der GKB-RL-E sieht aktuell vor, dass immaterielle Wirtschaftsgüter nicht in dem Faktor „Vermögenswerte“ enthalten sind. Daher werden sie im Zuteilungsschlüssel nicht berücksichtigt. Zwar werden sie dadurch aus einer potentiellen Steuergestaltung herausgenommen, andererseits werden jedoch die Vermögenswerte eines Unternehmens nicht korrekt widergegeben. Dies betrifft gerade die digitale Wirtschaft, denn immaterielle Wirtschaftsgüter spielen hier eine zentrale Rolle. Der GKB-RL-E sollte in diesem Punkt nachgebessert werden. Doppelbesteuerungen dürften in Europa durch die Vorschriften zur einheitlichen Gewinnermittlung der Vergangenheit angehören. Nachteilig ist jedoch, dass Verrechnungspreise nach wie vor gebraucht werden, z. B. bei konzerninternen Lieferund Leistungsbeziehungen, die in Transaktionen mit Drittstaaten münden. Verrechnungspreise spielen mithin keine Rolle mehr bei konzerninternen Transaktionen innerhalb Europas. Weiterhin erforderlich sind sie hingegen in Bezug auf Drittstaaten, was zu einem doppelten Verwaltungsaufwand führt. Doppelter Verwaltungsaufwand für die Finanzverwaltung besteht auch durch die geplante verpflichtende Einführung der GKKB für multinationale Konzerne und ihrer freiwilligen Anwendung („opt-in“) für Unternehmen, die unterhalb der Umsatzschwelle sind. b) Chancen Die eben geschilderten Nachteile können eingegrenzt und überwunden werden. Sie treten zurück in einer Abwägung mit den Chancen, welche die GKKB bietet. 76 Keine endgültige Aussage kann bisher zur Frage der Steuerlast getroffen werden. Aufgrund der breiteren Bemessungsgrundlage zeichnet sich tendenziell eine höhere Steuerlast ab. Bisher durchgeführte Studien, wie z. B. von Cobham/Loretz (Fn. 835) oder Oestreicher/Reiter/ Spengel, ZEW Discussion Paper No. 09 – 026, verweisen jedoch darauf, dass zum einen die bisherige Datenlage noch nicht ausreicht und zum anderen die höhere Steuerlast durch eine Senkung der Steuersätze ausgeglichen werden kann.

IV. Formelhafte Gewinnzuteilung

219

Ein harmonisierter Binnenmarkt für Körperschaftsteuerzwecke zieht Investitionen an, auch aus Drittstaaten. Internetbasierte Dienstleistungen werden, weil einfach möglich, häufig grenzüberschreitend vertrieben. Zumindest im EU-Raum müsste bei einer Einigung auf die GKKB nicht mehr mit bis zu 28 Steuersystemen umgegangen werden. Gerade KMU, die nicht über die Personalressourcen eines Konzerns verfügen, würden daher von der GKKB profitieren. Die Vorschriften zur einheitlichen Gewinnermittlung und Gewinnaufteilung haben zumindest das Potential, für KMU handhabbarer zu sein als eine Verrechnungspreisdokumentation. Zudem sind sie einer schädlichen Steuergestaltung weniger zugänglich. Die volkswirtschaftliche „Brille“ der GKKB und ihre Abkehr von individuellen Wertschöpfungsketten ist ganz im Sinne der Vermeidung aggressiver Steuergestaltung. Das primäre Ziel, das mit der Besteuerung von Unternehmensgewinnen erreicht werden soll, ist die Finanzierung der nationalen Haushalte. Hierfür hat ein gesamtwirtschaftlicher Blick Vorrang vor dem Blick auf das individuelle Unternehmen. Innerhalb einer Volkswirtschaft kann durch den Einfluss der Aufteilungsparameter die Steuerlast viel präziser zugewiesen werden als bisher durch die verursachungsgerechte Gewinnaufteilung. Richtig ist, dass zur Vermeidung von Gewinnverlagerungen die formelhafte Gewinnzuteilung kombiniert werden müsste mit einem vorgegebenen Mindeststeuersatz.77 Der durch die Neuauflage der GKKB ermöglichte grenzüberschreitende Verlustvortrag sollte konsensfähig sein und hat starke Befürworter. Anders als die Bestimmungslandsteuer orientiert sich die GKKB nicht überwiegend an der Umsatzsteuer, sondern bildet anhand der Verteilungsformel die realen Aktivitäten des Unternehmens ab. Zwar wird der Umsatz laut der Aufteilungsparameter mit einem Drittel berücksichtigt, er ist jedoch, anders als bei der auf dem Bestimmungslandprinzip beruhenden Unternehmenssteuer, nicht das alleinige Kriterium, auf das abgestellt wird. Gewinne werden genau dort ausgewiesen, wo jeweils produziert, geforscht und verkauft wird.78 Eine Vermengung von Umsatzsteuer und Ertragsteuer ist nicht zu befürchten. Bereits in ihrem Ausgangspunkt berücksichtigt die formelhafte Gewinnaufteilung, dass es sich im Fall eines Konzerns um ein einheitliches Unternehmen handelt. Ihre Stärke rührt u. a. daher, dass Konzerne von Synergieeffekten profitieren, u. a. durch die geschickte Platzierung ihrer Unternehmenseinheiten. Im Gegensatz hierzu steht der „separate entity approach“, der Ansatz, der den transaktionsbezogenen 77

Vgl. v. a. Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 241 sowie Pinkernell, Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, S. 196. 78 Bei einer Einführung der GKKB über Europa hinaus wäre dies z. B. auch für Entwicklungs- und Schwellenländer von Vorteil, da sie damit ohne eine große Finanzverwaltung über den Faktor „Umsatz“ ertragsteuerlich von den in ihrem Land anfallenden Unternehmensgewinnen profitieren könnten.

220

4. Kap.: Lösungsansätze zur Besteuerung

Fremdvergleichsgrundsatz auslöst und der als missbrauchsanfällig und complianceintensiv kritisiert wird.79 Im Unterschied zu den Konzepten der Ansässigkeits- oder Quellenbesteuerung werden Gewinne nicht betriebsstättenbezogen komplett oder gar nicht im jeweiligen Land besteuert („Alles oder Nichts Schwelle“), sondern die Gewinnaufteilung ist das reale Abbild des jeweiligen Gewinnbeitrags. Um die Innovationskraft auch für Startups und in KMU aufrechterhalten zu können, und um Stolpersteine wie z. B. ein schwaches Wirtschaftswachstum in Europa zu überbrücken, könnte die Einführung der GKKB in beiden Unternehmensgrößen Ressourcen frei setzen und sich schon aus diesem Grund als vorteilhaft erweisen. Die formelhafte Gewinnbesteuerung stellt keine umfassende Alternative zu dem jetzigen Betriebsstättenkonzept dar. Auch sie nutzt das Anknüpfungsmerkmal „Betriebsstätte“, dem jedoch im Rahmen der GKKB weniger Gewicht zukommt. Durch die Konsolidierung von Gewinnen und ihre Aufteilung anhand fester Parameter auf die Mitgliedstaaten ist insbesondere durch den Umsatzparameter gewährleistet, dass die Erträge aus internetbasierten Dienstleistungen in allen Vertragsstaaten berücksichtigt werden. Die weltweite Digitalisierung schreitet unbestritten exponentiell voran.80 Sie lässt Entwicklungs- Schwellen- und Industrieländer enger zusammenrücken. Daher wird es ohne eine schnelle und konsensfähige Alternative zum Betriebsstättenkonzept keine Wahl zur formelhaften Gewinnaufteilung geben.81

79 Auffallend sind die zahlreichen Neuauflagen der Verrechnungspreisvorschriften und der Einsatz von immer mehr betrieblichen Ressourcen, um dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen zu können. 80 Siehe z. B. für die Digitalisierung in der Touristikbranche https://www.bitkom.org/The men/Digitale-Transformation-Branchen/Touristik-inhalt/, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. 81 In diesem Sinne, Sheppard, Tax Notes, 2013, 7 f., 8. Zur Umsetzung von BEPS in Entwicklungsländern siehe Herzfeld, Tax Notes International 2015, 475.

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse I. Grundlagen 1. Aufgrund der Fülle an Dienstleistungsvarianten kann es keinen einzigen und einheitlichen Dienstleistungsbegriff für alle (Steuer-)Rechtsgebiete geben. Vielmehr ist der Bedeutungsgehalt des Begriffs mit jeder Vorschrift neu auszulegen. 2. Internetbasierte Dienstleistungen werden erbracht von digitalen Dienstleistern und Inhalteanbietern. Die Aufgabe von digitalen Dienstleistern ist es, die technische Infrastruktur für die Internetwirtschaft zu schaffen. Inhalteanbieter, auch „content provider“ genannt, versorgen die Nutzer der Infrastruktur u. a. mit Texten, Musik oder Videos. 3. Umsatzsteuerrechtlich stellt sich die Frage, wo der Verbrauchsort der Leistung ist und wie er zweifelsfrei ermittelt werden kann. Ertragsteuerlich ist zu klären, ob es Alternativen zum Betriebsstättenkonzept gibt.

II. Indirekte Besteuerung – Umsatzsteuerliche Behandlung 1. Der Leistungsort ist für internetbasierte Dienstleistungen nicht immer zweifelsfrei bestimmbar. Die DVO (EU) Nr. 1042/2013 legt ein System widerlegbarer Vermutungen fest, das die Bestimmung des Leistungsortes erleichtern soll. Zur Untermauerung der Vermutungsregeln eignen sich technisch insbesondere die IPAdresse der benutzten Hardware, das Verfahren der Geolokalisierung, sowie die SIM-Karte bei mobilen Endgeräten. Praktisch wird das Bestimmungslandprinzip mit der „Kleinen einzigen Anlaufstelle“ umgesetzt, mit der die Mehrwertsteuer, die auf sämtliche grenzüberschreitende elektronische Dienstleistungen eines Anbieters entfällt, über ein Internetportal in dem Mitgliedstaat abgerechnet werden kann, in dem der Unternehmer ansässig ist. 2. Das entgeltliche Programmieren von Individual-Apps unterliegt dem ermäßigten Steuersatz, wenn der App-Entwickler die in § 69c Satz 1 Nr. 1 bis 4 UrhG bezeichneten Rechte auf Vervielfältigung und Verbreitung der Software dem Leistungsempfänger nicht nur als Nebenfolge, sondern als Hauptbestandteil des Vertrags überlässt. Die Entwicklung von Standard-Apps ist hingegen mit dem Regelsteuersatz zu belegen. Im Vordergrund steht nicht die Übertragung von

222

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

Urheberrechten, sondern vielmehr der Handel und Verkauf von Apps und anderer Software zur Nutzung durch den Käufer. 3. Die Vertragsbeziehung zwischen einem Autor und einem Verlag, dem er seine Inhalte anbietet, unterliegt dem ermäßigten Steuersatz, wenn der Autor an den Verlag Nutzungsrechte an seinem Werk überträgt. Die Übertragung muss hierbei den Schwerpunkt des umsatzsteuerlichen Vorgangs bilden. 4. Die Vertragsbeziehung zwischen dem Onlinevertrieb von elektronischen Büchern und Zeitschriften und deren Endnutzern unterliegt dem Regelsteuersatz. Der Leser erhält die Sprachwerke nur zur bestimmungsgemäßen Nutzung, ohne zugleich Urheberrechte übertragen zu bekommen. 5. Verleiht eine virtuelle Bibliothek digitale Inhalte, liegt eine elektronische Dienstleistung vor. Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7c) UStG ist nicht einschlägig, es werden keine Urheberrechte übertragen. Auch im Fall von E-Pictures orientiert sich der Steuersatz an der Frage, ob Urheberrechte übertragen werden oder nicht. 6. Umfasst das Abonnement einer Zeitung sowohl die Print- als auch die elektronische Ausgabe, oder wird ein Buch en bloc sowohl in Papier- als auch in elektronischer Form veräußert, ist der Gesamtverkaufspreis nach Ansicht des BMF anteilig aufzuspalten in den ermäßigten Steuersatz und den Regelsteuersatz. 7. Auch wenn der EuGH die Anwendung unterschiedlicher Steuersätze auf Bücher auf Datenträgern und auf traditionelle Bücher mit der bewussten Kaufentscheidung des Durchschnittsverbrauchers rechtfertigt, erscheinen unterschiedliche Steuersätze für Informationsmedien auf physischen Datenträgern und für downloadbare Medien nicht haltbar. Bücher, die auf einer CD-ROM oder einem USB-Stick gespeichert werden, sind vergleichbar mit Büchern, die auf einen EReader heruntergeladen werden. Letztere werden durch das Abspeichern im Gerätespeicher ebenso auf einem „physischen“ Datenträger abgespeichert wie ein Buch auf einer CD-ROM. Für beide Kategorien sollte daher derselbe Steuersatz zur Anwendung kommen. 8. Die einheitliche Umsatzbesteuerung am Empfängerort sowohl im B2B- als auch im B2C-Fall ist positiv zu bewerten. Neben dem Verhindern von Wettbewerbsverzerrungen entspricht sie dem Charakter der Umsatzsteuer als Verbrauchssteuer und ordnet damit das Steuersubstrat dem Staat zu, in dem sich der Mehrwert der Dienstleistung manifestiert.

III. Direkte Besteuerung – Ertragsteuerrechtliche Behandlung 1.

Anhand der Historie von Betriebsstätten lässt sich nachweisen, dass das Kernkonzept einer Betriebsstätte angelegt war auf den Handel mit Waren und

III. Direkte Besteuerung – Ertragsteuerrechtliche Behandlung

223

nicht auf den Vertrieb von Dienstleistungen. Das „System“ Betriebsstätte ist nicht beliebig skalierbar und stößt im Fall internetbasierter Dienstleistungen an seine Grenzen. 2.

Im Fall des Cloud Computing ist für die Frage, ob eine Betriebsstätte besteht, zu differenzieren zwischen physisch vorhandenen Rechenzentren und virtuellen Servern. Virtuelle, temporäre oder Mirror-Server erfüllen die Kriterien einer festen Geschäftseinrichtung nicht. Da sie im Netz lediglich simuliert werden, stellen sie keinen körperlichen Gegenstand dar. Der physische Kern einer Cloud, die Hardwarelandschaft, kann jedoch als feste Geschäftseinrichtung bewertet werden. Die Besteuerungsbefugnis des anderen Vertragsstaates kann daher an der „Wolkenhardwarelandschaft“ ansetzen.

3.

Die von einem Webhosting-Unternehmer im Inboundverkehr verwendeten herkömmlichen Server begründen traditionelle Betriebsstätten. Dagegen begründen die von ihm angebotenen dedizierten Server keine Betriebsstätte. Es fehlt an dem Betriebsstättenmerkmal „Verfügungsbefugnis“. Aufgabe des Hostproviders ist nur das Warten des Servers, die Verfügungsbefugnis über den dedizierten Server erhält sein Kunde.

4.

Plattformbetreiber, App-Stores, App-Entwickler und Inhalteanbieter können mit eigenen oder dedizierten Servern arbeiten. In diesen Fällen begründen sie eine Betriebsstätte. Im Normalfall werden sie jedoch die physischen oder virtuellen Server ihrer Dienstleister verwenden, um das Entstehen einer Betriebsstätte aus steuerstrategischen Gründen zu vermeiden.

5.

Kennzeichen einer unechten Dienstleistungsbetriebsstätte ist, dass der Dienstleister „seine“ feste Geschäftseinrichtung im anderen Vertragsstaat substituiert durch die Einrichtung seines Auftraggebers, an und mit der er arbeitet. Die Vertragspartner von Internetdienstleistern, Plattformbetreibern, App-Stores und Cloudanbietern verfügen über keine feste Geschäftseinrichtung, „durch die“ sie ihre Dienstleistung ausführen könnten. Anders verhält es sich mit ApplicationService-Providern und App-Entwicklern, die Projekte vor Ort bei ihren Kunden an deren Rechnern abwickeln und dadurch unechte Dienstleistungsbetriebsstätten begründen können.

6.

Grenzüberschreitende betriebsstättenlose Einkünfte aus Streamings oder Downloads lösen keine beschränkte Steuerpflicht im Inland aus. Die Darbietungen werden nicht i. S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2d) EStG von einem zwischengeschalteten Vertragspartner verwertet, d. h. aufbereitet, sondern der private Nutzer „konsumiert“ sie unmittelbar und direkt.

7.

Die Vermietung bzw. Veräußerung von Individual- und Systemsoftware generiert für gewöhnlich Einkünfte aus der Überlassung von Rechten, die zu einer beschränkten Steuerpflicht des ausländischen Softwareherstellers bzw. – anbieters führt.

224

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

8.

Standardsoftware löst nur im Verhältnis Softwarehersteller zu Softwareanbieter Einkünfte aus der Überlassung von Rechten aus, die der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Im Verhältnis Softwareanbieter und Endnutzer werden hingegen keine Einkünfte aus der Überlassung von Rechten erzielt. Übertragen werden keine urheberrechtlichen Verwertungsbefugnisse, sondern nur die Funktionalität der Software.

9.

ASP- und SaaS-Lösungen führen zur beschränkten Steuerpflicht im Verhältnis Softwarehersteller und Softwareanbieter. Letzterer erhält umfassende urheberrechtliche Rechte, die er unternehmerisch verwertet. Im Verhältnis zum Endnutzer wird argumentiert, dass keine Urheberrechte übertragen, sondern eine umfassende technische Dienstleistung erbracht wird, daher entfalle eine beschränkte Steuerpflicht. Hingegen ist auch bei Cloudlösungen zwischen Standard- und Individualsoftware zu differenzieren, weil im ersten Fall keine Urheberrechte übertragen werden, während Individualsoftware auf den jeweiligen Endnutzer zugeschnitten ist. Im zweiten Fall müssen Nutzungsrechte übertragen werden, so dass Einkünfte aus der Überlassung von Rechten vorliegen, die zu einer beschränkten Steuerpflicht führen.

10. Ertragsteuerlich nicht greifbar sind Webhosting-bzw. Cloudstorageunternehmen. Es fehlt an einer Belegenheit ihrer Server im Inland. 11. In der Systematik von Doppelbesteuerungsabkommen erzielen internetbasierte Dienstleister überwiegend Unternehmensgewinne nach Art. 7 OECD-MA. Werden aber Teilrechte an einem Urheberrecht übertragen, liegen Einkünfte aus Lizenzgebühren nach Art. 12 OECD-MA vor, so z. B. in den Fällen, in denen die technischen Grundlagen einer Software (Algorithmen, Quellcodes etc.) weitergegeben werden. Werden Vollrechte an einer spezifisch zugeschnittenen Individualsoftware zeitlich unbegrenzt übertragen, liegen Veräußerungsgewinne nach Art. 13 Abs. 5 OECD-MA vor. 12. Einige DBA sehen dienstleistungsspezifische Zuteilungsnormen vor. Vereinzelt wird z. B. in Art. 12 OECD-MA eine Regelung zu technischen Dienstleistungen integriert. In diesen DBA fällt für das Erbringen der technischen Dienstleistungen Quellensteuer an, zumindest unter der Prämisse, dass im anderen Vertragsstaat keine Betriebsstätte existiert. 13. Die Anwendung des uneingeschränkten Fremdvergleichsgrundsatzes („AOA“) auf Serverbetriebsstätten führt dazu, dass ihnen mangels Personal kaum Gewinn zugeteilt werden kann. Zu überlegen ist daher eine Gewinnaufteilung anhand der von Serverbetriebsstätten übernommenen Funktionen. Für Aufgaben, die ursprünglich von Personal vorgenommen wurden, könnte der Betriebsstätte Gewinn zugeteilt werden. Im Fall elektronischer Routineaufgaben würde auf die dahinterstehende Software abgestellt, deren Wertschöpfung dem Stammhaus zuzuschreiben ist.

IV. Lösungsansätze zur Besteuerung

225

14. Für Cloudbetriebsstätten ist aufgrund ihrer hohen Komplexität grundsätzlich ein höherer Fremdvergleichspreis anzusetzen als für einfache Serverbetriebsstätten. Dennoch würden durch den fehlenden Einsatz von Personal die Gewinne fast vollständig dem Stammhaus des Cloudunternehmens zugeordnet werden. Cloudbetriebsstätten ist eine wertschöpfende und unternehmenszweckstiftende Komponente zuzuschreiben. Solange Servern Betriebsstättenqualität zugesprochen wird, sollte Cloudservern ein höherer Gewinnanteil zugeteilt werden.

IV. Lösungsansätze zur Besteuerung grenzüberschreitender, internetbasierter Dienstleistungen 1. In der Umsatzsteuer wurde die Besteuerungspraxis grenzüberschreitender, elektronischer Dienstleistungen auch für den B2C-Bereich in den letzten Jahren nachhaltig reformiert. Derzeit sind vor allem neue und weiterführende technische Lösungsansätze notwendig, um den Ansässigkeitsort der Dienstleistungsempfänger zweifelsfrei feststellen zu können. 2. Für den Ertragsteuerbereich werden von der OECD und auf europäischer Ebene als alternative Anknüpfungspunkte sowohl betriebsstättengebundene als auch -ungebundene Lösungsansätze genannt. Zu den betriebsstättengebundenen Ansätzen zählt die Einführung digitaler Betriebsstätten, die zusätzlich zu den physischen Betriebsstätten einen alternativen Nexus bilden würden, der nur im Fall vollständig entmaterialisierter Dienstleistungen zum Tragen käme. Anwendbar wäre die digitale Betriebsstätte z. B. für Host- und Application-ServiceProvider die mit der Wirtschaft des Quellenstaates substantiell interagieren. 3. Die betriebsstättenlosen Optionen auf Basis der Ertragsteuer, wie z. B. eine Quellensteuer auf digitale Transaktionen, scheitern aktuell noch an ihrer praktischen Umsetzbarkeit. 4. Die Idee einer „Destination-Based Cash-Flow-Corporate Tax“ hat weltweit starke Befürworter. Dennoch ist sie abzulehnen. Durch den Fokus auf die Einkünfteerzielung anstatt der Gewinnbesteuerung ist sie der Umsatzsteuer so ähnlich, dass bewährte Grundlagen der Besteuerung vermengt würden. 5. Die „Formelhafte Gewinnzuteilung“, auf europäischer Ebene GKKB genannt, ermöglicht es durch den Einsatz von Aufteilungsparametern, auch Mitgliedstaaten in denen „nur“ Serverbetriebsstätten und die Hardware von Cloudbetriebsstätten stehen, verursachungsgerecht Gewinne zuzuweisen. Daher erscheint die GKKB mangels derzeit konsensfähiger Alternativen zum Betriebsstättenkonzept die beste Wahl für eine zukunftsfähige Ertragsbesteuerung der digitalen Wirtschaft zu sein.

Literaturverzeichnis Ackermann, Monika: Software: Beschränkte Steuerpflicht bei der grenzüberschreitenden Überlassung von Software, ISR 2016, S. 258. Akcaoglu, Ertugrul: International Taxation of electronic commerce: a focus on the permanent establishment concept, Ankara Law Review 51 (2002), S. 117. Amatucci, Andrea/Gonzalez, Eusebio/Trzaskalik, Christoph: International Tax Law, Alphen aan den Rijn, 2006. Anderson, Chris: FREE: The future of a radical price, New York 2009. Auerbach, Alan J./Devereux, Michael P./Simpson, Helen: Taxing Corporate Income, CESifo Working Paper Nr. 2139 (November 2007), S. 837. Avi-Yonah, Reuven S.: Globalization, Tax Competition, And The Fiscal Crisis Of The Welfare State, Harvard Law Review 113 (2000), S. 1575. Avi-Yonah, Reuven S./Benshalom, Ilan: Formulary Apportionment: Myths and Prospects – Promoting Better International Policy and Utilizing the Misunderstood and Under-Theorized Formulary Alternative, World Tax Journal 2011, S. 371. Bäcker, Kerstin/Höfinger, Frank Michael: Online-Vertrieb digitaler Inhalte: Erstvertrieb, nachgelagerte Nutzungen und nachgelagerte Märkte, ZUM 2013, S. 623. Bal, Aleksandra: Tax Implications of Cloud Computing, How Real Taxes Fit into Virtual Clouds, International Bulletin for Taxation, June 2012, S. 335. Barker, William B.: A Common Sense Corporate Tax: The Case for a Destination-Based, Cash Flow Tax on Corporartions, Catholic University Law Review, 61 (2014), S. 955. Basu, Subhajit: Global Perspectives on E-Commerce Taxation Law, Aldershot, 2007. Baumbach, Adolf (Begr.)/Hopt, Klaus (Hrsg.): Handelsgesetzbuch, 37. Auflage, München 2017. Becker, Stefanie: Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf E-Books, DStR 2014, S. 462. – Warenlager als umsatzsteuerliche Betriebsstätte bzw. feste Niederlassung, DStR 2015, S. 1217. Bendlinger, Stefan: Paradigmenwechsel bei der Auslegung des Betriebsstättenbegriffs im DBA-Recht durch die OECD, SWI 2006, S. 358. – Das OECD-Musterabkommen 2008 – praxisrelevante Änderungen, SWI 2008, S. 545. – Zum Seminar A: Die Betriebsstätte – ein alternativer Betriebsstättentatbestand, IStR 2009, S. 521. Birk, Dieter: Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, Heidelberg u. a., 1982.

Literaturverzeichnis

227

Birle, Jürgen Paul (Bearb.): Beck‘sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 41/2017, München 2017. Bond, Stephen/Devereux, Michael P.: Cash Flow Taxes in an Open Economy, CEPR Diskussionspaper Nr. 3401. Boniface Thomas A./Trautwein Nathan A./Ogenblad Anna: VAT and the Cloud – Understanding Your VAT Obligation, Tax Notes International, April 29, 2013, S. 431. Bordewin, Arno/Brandt, Jürgen: Kommentar zum Einkommensteuergesetz EStG, 378. Ergänzungslieferung, Heidelberg 2015. Blümich, Walter (Begr.)/Heuermann, Bernd (Hrsg.): EStG, KStG, GewStG, Nebengesetze, Loseblatt, 139. Ergänzungslieferung, München, 2018. Blumers, Wolfgang/Weg, Björn: Betriebsstätte bei Einschaltung einer Managementgesellschaft Anmerkungen zum BFH-Urteil vom 24. 8. 2011, I R 46/10, DStR 2012, S. 551. Brähler, Gernot: Internationales Steuerrecht: Grundlagen für Studium und Steuerberaterprüfung, Wiesbaden 2014. Bünning, Martin/Möder, Christian: Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage – Vorbild für eine nationale Neuordnung der Gruppenbesteuerung?, BB 2011, S. 2647. Bürkle, Franziska/Ullmann, Robert: Die Betriebsstättendefinition des Art. 5 OECD-Musterabkommen: Aktuelle Änderungen bei Bau- und Montage-sowie Dienstleistungsbetriebsstätten, DStR 2013, S. 944. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) (Auftragg.): Das wirtschaftliche Potenzial des Internet der Dienste, erstellt von Berlecon Research, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH (ZEW), International Business School of Service Management (ISS) und Pierre Audoin Consultants (PAC), Berlin 2010; abrufbar unter http://www.zew.de/ de/publikationen/das-wirtschaftliche-potenzial-des-internet-der-dienste/?cHash=8033a7db1 a8167ee5fec860386f8a02a, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh) (Auftragg.): Verbraucherstudie „Interaktiver Handel in Deutschland 2016“, erstellt vom Institut GIM, auszugsweise abrufbar unter https://www.bevh.org/markt-statistik/zahlen-fakten/, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. Bunjes, Johannes (Begr.): Umsatzsteuergesetz, 16. Auflage, München 2017. Burwitz, Gero: Neuere Entwicklungen im Steuerrecht, Deutsches Musterdoppelbesteuerungsabkommen, NZG 2013, S. 1300. Calliess, Christian/Ruffert, Matthias: (Hrsg.), EUV, AEUV, 5. Auflage, München 2016. Cobham, Alex/Loretz, Simon: International Distribution of the Corporate Tax Base: Implications of Different Apportionment Factors under Unitary Taxation, ICTD Working Paper Nr. 27, November 2014. Debatin, Helmut/Wassermeyer, Franz (Hrsg.): Doppelbesteuerung, Loseblatt, 135. Ergänzungslieferung, München, 2016. Degen, Thomas A./Krahmer, Benjamin: Legal Tech: Erbringt ein Generator für Vertragstexte eine Rechtsdienstleistung?, GRURPrax 2016, S. 363.

228

Literaturverzeichnis

Devereux, Michael/Feria, Rita de la: Designing and Implementing a Destination-based Corporate Tax, Working Paper Nr. 14, 2007, Oxford University Centre for Business Taxation. Ditz, Xaver: Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte – Neue Entwicklungen auf Ebene der OECD unter besonderer Berücksichtigung des E-Commerce, IStR 2002, S. 210. Ditz, Xaver/Bärsch, Sven-Eric: Gewinnabgrenzung bei Vertreterbetriebsstätten nach dem AOA – ein Plädoyer für die Nullsummentheorie, IStR 2013, S. 411. Ditz, Xaver/Bärsch, Sven-Eric/Schneider, Markus: Internationale Rechtsprechung zur Begründung von Vertreterbetriebsstätten – Implikationen für Kommissionärsstrukturen in Deutschland?, UbG 2013, S. 493. Dorenkamp, Christian: Seminar I, Besteuerung von internationalem Einkommen aus Telekommunikation, IStR 2012, S. 717. Dreier, Thomas/Schulze, Gernot: (Hrsg.): Urheberrechtsgesetz, Urheberwahrnehmungsgesetz, Kunsturhebergesetz, 5. Auflage, München 2015. Ehlers, Dirk: Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Auflage, Berlin, Boston 2015. Endert, Volker/Trinks, Matthias: Elektronische Dienstleistungen in der Umsatzsteuer – Praxisprobleme und aktuelle Entwicklungen, SteuK 2013, S. 397. Endriss, Axel/Käbisch,Volker/Labermeier, Alexander: Ausgewählte Problemfelder der Besteuerung des Electronic Commerce, BB 1999, S. 2276. Englisch, Joachim: Die feste Niederlassung und ihr Verhältnis zur „Betriebsstätte“, IStR 2009, S. 526. Esterer, Fritz: Der Betriebsstättenbegriff im DBA und seine schleichende Auflösung, Festgabe Wassermeyer, München 2015, S. 137. EU-Kommission (Hrsg.): Annex 2 zur Arbeitsunterlage betreffend „Issues linked to IP-Adresses“, taxud.c.1(2012)761901 – EN (nur auf Englisch erhältlich); abrufbar unter https://circa bc.europa.eu/webdav/CircaBC/Taxation%20 %26 %20Customs%20Union/-%20PDR%2 0-%20Public%20(EC%20VAT)%20Documents%20Repository%20-%20VATCom,%2 0VEG,%20GFV%20 %26 %20WP1/Library/WORKING%20PARTY%20nr.%201/MEE TING%202 %20July%202012/02_july_2012_working_doc_annex2_en.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. – Annex 3 zur Arbeitsunterlage betreffend „Technical Issues linked with SIM cards“ taxud.c.1 (2012)761901 – EN (nur auf Englisch erhältlich); abrufbar unter https://circabc.europa.eu/ webdav/CircaBC/Taxation%20 %26 %20Customs%20Union/-%20PDR%20-%20Public%20 (EC%20VAT)%20Documents%20Repository%20-%20VATCom,%20VEG,%20GFV%2 0 %26 %20WP1/Library/WORKING%20PARTY%20nr.%201/MEETING%202 %20July%2 02012/02_july_2012_working_doc_annex3_en.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. – Arbeitsunterlage „Harmonisierung der Umsatzsteuern“, betreffend den Ort der Erbringung von Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie von elektronischen Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige“, vom 12. Juni 2012, anwendbar ab dem 1. 1. 2015, taxud.c.1(2012)761901 – DE, abrufbar unter http://ec.europa.eu/taxation_cus toms/resources/documents/taxation/vat/discussions_member_states/02_july_2012_working_ doc_de.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018.

Literaturverzeichnis

229

– Erläuterungen zu den Änderungen der EU-Mehrwertsteuervorschriften bezüglich des Ortes von Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronischen Dienstleistungen, die 2015 in Kraft treten (nicht rechtsverbindlich) vom 3. April 2014; abrufbar unter https://ec.europa.eu/ taxation_customs/sites/taxation/files/resources/documents/taxation/vat/how_vat_works/tele com/explanatory_notes_2015_de.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. – Guidelines resulting from meetings of the VAT Committee up until 11 November 2015, hier relevant: Treffen Nummer 92 am 7./8. 12. 2010, Dokument A, Referenz 684-taxud.c.1(2011) 157 – 667; abrufbar unter http://ec.europa.eu/taxation_customs/sites/taxation/files/resources/ documents/taxation/vat/key_documents/vat_committee/guidelines-vat-committee-meetings_ en.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. – Leitfaden zur kleinen einzigen Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer, abrufbar unter http://ec. europa.eu/taxation_customs/resources/documents/taxation/vat/how_vat_works/telecom/onestop-shop-guidelines_de.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. – Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament und den Rat, Eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union -Fünf Aktionsschwerpunkte, COM (2015) 302 final, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/resource.html? uri=cellar:5e1fd1b0-15b7-11e5-a342-01aa75ed71a1.0001.02/DOC_1&format=PDF, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. – Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über einen Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer. Auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum: Zeit für Reformen, COM(2016) 148 final, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/? uri=CELEX:52016DC0148&from=DE, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. – Report „Commission Expert Group on Taxation of the Digital Economy“ vom 28. 5. 2014, abrufbar unter http://ec.europa.eu/taxation_customs/sites/taxation/files/resources/documents/ taxation/gen_info/good_governance_matters/digital/report_digital_economy.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. – Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf ermäßigte Mehrwertsteuersätze, (KOM) 2008, 428 endg.); abrufbar unter http://eur-lex. europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52008PC0428&from=DE, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. Fehling, Daniel: Die steuerlichen Herausforderungen bei der Digitalen Wirtschaft, IStR 2014, S. 638. – BEPS und die EU: Was ist die „europäische Dimension“ von BEPS? – Das Beispiel grenzüberschreitender Lizenzahlungen, IStR 2015, S. 493. – Neues zu den Herausforderungen für die Besteuerung der Digitalen Wirtschaft – Der Abschlussbericht zu Maßnahme 1 des BEPS-Aktionsplans liegt vor, IStR 2015, S. 797. Finley, Ryan: Is Formulary Apportionment The Solution to BEPS?, Tax Notes International 2015, S. 294. Fischer, Lutz/Strunk, Günther: Steuerliche Aspekte des Electronic Commerce, Köln 1998. Fischer, Wilhelm/Klein, Christian/Eilers, Matthias: Quellensteuerproblematik bei produktbegleitenden technischen Dienstleistungen in DBA-Outbound-Fällen, IStR 2012, S. 483. Frenz, Walter: Handbuch Europarecht, Band 1: Europäische Grundfreiheiten, Heidelberg 2012.

230

Literaturverzeichnis

Frotscher, Gerrit: Internationales Steuerrecht, München 2015. Frotscher, Gerrit/Geurts, Matthias (Hrsg.): EStG Kommentar, 197. Ergänzungslieferung, Freiburg 2017. Gosch, Dietmer/Kroppen, Heinz-Klaus/Grotherr, Siegfried (Hrsg.): DBA Kommentar, 32. Ergänzungslieferung, Herne 2017. Grabitz, Eberhard/Hilf, Meinhard/Nettesheim, Martin (Hrsg.): Das Recht der Europäischen Union, 59. Ergänzungslieferung, München, 2016. Gummert, Heinke/Trapp, Stephan: Der Internetserver als ertragsteuerliche Betriebsstätte, MMR 1998, S. 350. Haase, Florian: Internationales und Europäisches Steuerrecht, Köln 2014. Härting, Niko: Internetrecht, Köln 2014. Handig, Christian: Urheberrechtliche Aspekte bei der Lizenzierung von Radioprogrammen im Internet, GRUR 2007, S. 206. Haydl, Karl-Heinz: Seminar C: Cross-border Supply of Services and VAT/GST, IStR 2015, S. 587. Heckmann, Dirk: juris Praxiskommentar Internetrecht, Saarbrücken 2014. Heggmair, Maik/Riedl, Andreas/Wutschke, Christopher: Betriebsstätten von Unternehmen der Digital Economy – Eine kritische Analyse der zu erfüllenden Tatbestandsmerkmale für eine Betriebstätte in der Digital Economy, IStR 2015, S. 92. – Ermittlung von angemesssenen Verrechnungspreisen für Unternehmen der Digital Economy, IStR 2014, S. 323. Herget, Harald von/Reimer, Mathias: Rechtsformen und Inhalte von Verträgen im OnlineBereich, DStR 1996, S. 1288. Herrmann, Carl/Heuer, Gerhard/Raupach, Arndt (Hrsg.): Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, 283. Ergänzungslieferung, Köln 2018. Herzfeld, Mindy: Implementing BEPS (or Not) In the Developing World, Tax Notes International 2015, S. 475. Höllwarth, Tobias:, Cloud Migration, 2. Auflage, Heidelberg 2012. Hoeren, Thomas/Sieber, Ulrich/Holznagel, Bernd (Hrsg.): Handbuch Multimedia-Recht, 45. Ergänzungslieferung, München 2017. Hoffart, Benjamin: Permanent Establishment in the Digital Age: Improving and Stimulating Debate Through an Access to Markets Proxy Approach, Nw. J. Tech & Intell. Prop. 6 (2007), S. 106. Hübschmann, Walter/Hepp, Ernst/Spitaler, Armin (Hrsg.): Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, 245. Ergänzungslieferung, Köln 2017. Huschens, Ferdinand: Umsatzsteuerliche Folgen am Beispiel des App Store, Erbringen und Empfang elektronischer Dienstleistungen, NWB 2011, S. 2364. Huston, John/Williams, Lee: Permanent Establishments: A planning primer, New York 1993.

Literaturverzeichnis

231

Hutter, Helga/Schmidt, Jürgen: Aktueller Überblick zum Thema E-Commerce – unter besonderer Berücksichtigung der Frage Betriebsstätteneigenschaft eines Internetservers, IStR 2000, S. 650. Ismer, Roland/Gradl, Christoph: Mehrwertsteuer und BEPS: Der Bericht der OECD zu Aktionspunkt 1 (Digitale Wirtschaft), MwStR 2016, S. 324. Ismer, Roland/Kaul, Ashok/Pfeifer Gregor/Riemer, Katharina: Reform der ermäßigten Umsatzsteuersätze: Was lehren neuseeländischer Einheitssatz und Schweizer Totalrevisionsvorhaben, DStR 2012, S. 682. Jacobs, Otto/Endres, Dieter/Spengel, Christoph: Internationale Unternehmensbesteuerung, München 2016. Jakob, Wolfgang: Umsatzsteuer, München 2009. Kahle, Holger/Lipp, Marisa: Die Komplexität einer G(K)KB: ein vergleichender Blick auf den Prozess der Umsatzsteuerharmonisierung in Europa, DStR 2013, S. 1205. Kahle, Holger/Mödinger, Jörg Die Neufassung des Art. 7 OECD-MA im Rahmen der Aktualisierung des OECD-MA 2010, IStR 2010, S. 757. Kahle, Holger/Ziegler, Steffen: Betriebsstättenbegriff – Grundfragen und aktuelle Entwicklungen, DStZ 2009, S. 834. Kessler, Wolfgang: Adaption des E-Business im nationalen und DBA-Recht, Steuerberater Jahrbuch 2001/2002, Köln. – Mögliche Auswirkungen des Satelliten-Urteils auf die steuerliche Behandlung von grenzüberschreitenden Internet-Transaktionen. IStR 2000, S. 425. – Qualifikation der Einkünfte aus dem Online-Vertrieb von Standardsoftware nach nationalem und DBA-Recht (Teil I und Teil II), IStR 2000 S. 70 und IStR 2000 S. 98. Kessler, Wolfgang/Kröner, Michael/Köhler, Stefan: Konzernsteuerrecht, 2. Auflage, München 2008. Kilian, Wolfgang/Heussen, Benno (Hrsg.): Computerrechts-Handbuch, Loseblatt, 33. Ergänzungslieferung, München 2017. Kirchhof, Paul (Hrsg.): Einkommensteuergesetz, 16. Auflage, Köln 2017. Klein, Franz (Begr.): Abgabenordnung, 13. Auflage, München 2016. Koenig, Ulrich (Hrsg.): Abgabenordnung, 3. Auflage, München 2014. Köhler, Markus/Fetzer, Thomas: Recht des Internet, 8. Auflage, Karlsruhe 2016. Korf, Ralph: Besteuerung des elektronischen Handels –Entwicklungen 2000/2001, IStR 2001, S. 368. Korn, Christian: Seminar E: Mehrwertsteuer und nichtansässige Unternehmer, IStR 2012, S. 707. Krauß, Sebastian: Country-by-country-reporting: Ein Weg zu einer formelhaften Gewinnaufteilung?, IStR 2014, S. 204. Küffner, Thomas/Stöcker, Ernst-Erhard/Zugmaier, Oliver (Hrsg.): Umsatzsteuer-Gesetz, 132. Ergänzungslieferung, Herne 2017.

232

Literaturverzeichnis

Lang, Joachim: Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, Rechtssystematische Grundlagen steuerlicher Leistungsfähigkeit im deutschen Einkommensteuerrecht, Köln 1988. Lehner Moris/Reimer, Ekkehart: Generalthema I: Quelle versus Ansässigkeit – Wie sin die grundlegenden Verteilungsprinzipien des Internationalen Steuerrechts austariert?, IStR 2005, S. 542. Leisner-Egensperger, Anna: DBA-Auslegung unter Rückgriff auf nationales Recht, IStR 2014, S. 10. Leupold, Andreas/Glossner, Silke (Hrsg.): Münchner Anwaltshandbuch IT-Recht, 3. Auflage, München 2013. Lippross, Otto-Gerd: Umsatzsteuer, 23. Auflage, Achim bei Bremen, 2016. Littmann, Eberhard/Bitz, Horst/Pust, Hartmut (Hrsg.): Das Einkommensteuerrecht, Loseblattsammlung, 111. Ergänzungslieferung, Freiburg 2015. Lüdemann, Peter: Die ertragsteuerliche Behandlung der grenzüberschreitenden Überlassung von Software, FR 2000, S. 83. Lüdicke, Jürgen: Probleme der Besteuerung beschränkt Steuerpflichtiger im Inland, Beihefter zu DStR 17, 2008, S. 25. Luther, Matthias/Sailer, Dominik: Was sind eigentlich elektronische Dienstleistungen?, UR 2016, S. 81. Möslein, Kathrin/Reichwald, Ralf (Hrsg.): Kann man mit kostenfreien Dienstleistungen Geld verdienen? Produktivität kostenfreier E-Services, Broschüre des BMBF, erstellt von CLIC Research, Leipzig 2002, abrufbar unter http://clicresearch.org/wp-content/uploads/2 011/12/21_de_freeservices.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. Mucic, Luka/Schlie, Ina/Schulz, Sebastian: Die Besteuerung der digitalen Wirtschaft – BEPS, Festschrift für Wilhelm Haarmann, Düsseldorf 2015, S. 717. Musil, Andreas: Deutsches Treaty Overriding und seine Vereinbarkeit mit Europäischem Gemeinschaftsrecht, Berlin, 2000. Musil, Andreas/Burchard, Daniel: Klausurenkurs im Europarecht, Heidelberg, München u. a., 2016. OECD (Hrsg.): Abschlussbericht der Business Profits Technical Advisory Group: Are the current treaty rules for taxing business profits appropriate for e-commerce?, 2004, abrufbar unter: www.oecd.org/dataoecd/58/53/35869032.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. – Action 13: Country-by-Country Reporting Implementation Package, veröffentlicht am 8. 6. 2015, abrufbar unter http://www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/beps-action-13-country-bycountry-reporting-implementation-package.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. – Base Erosion and Profit Shifting Project, Preventing the Artificial Avoidance of Permanent Establishment Status, Action 7 – Final Report 2015, veröffentlicht am 5. 10. 2015; abrufbar unter http://www.keepeek.com/Digital-Asset-Management/oecd/taxation/preventing-the-arti ficial-avoidance-of-permanent-establishment-status-action-7-2015-final-report_97892 64241220-en#page1, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018.

Literaturverzeichnis

233

– Discussion Draft VAT/GST Guidelines zu Guidelines on Place of Taxation for Business-To Consumer Supplies of Services and Intangibles, erstellt vom Global Forum on VAT, Dezember 2014, abrufbar unter http://www.oecd.org/ctp/consumption/discussion-draft-oecd-in ternational-vat-gst-guidelines.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. – Diskussionspapier der Business Profits Technical Advisory Group: Attribution of profit to a permanent establishment involved in electronic commerce transactions, 2001, abrufbar unter http://www.oecd.org/ctp/treaties/1923312.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. – Electronic Commerce: Taxation Framework Conditions, A Report by the Committee on Fiscal Affairs, as presented to Ministers at the OECD Ministerial Conference „A Borderless World: Realising the Potential of Electronic Commerce“ on 8 October 1998; abrufbar unter http://www.oecd.org/ctp/consumption/1923256.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. – http://www.oecd.org/tax/consumption/international-vat-gst-guidelines.pdf; erstellt vom Global Forum on VAT, November 2015, abrufbar unter http://www.oecd.org/tax/consumption/in ternational-vat-gst-guidelines.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. – Model Tax Convention on Income and on Capital, condensend Version, Commentaries on Articles, 2014, abrufbar unter http://www.keepeek.com/Digital-Asset-Management/oecd/ta xation/model-tax-convention-on-income-and-on-capital-condensed-version-2014_mtc_ cond-2014-en#page95, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. – Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Aktionspunkt 1, Arbeitsergebnis 2014, veröffentlicht am 31. Juli 2015; abrufbar unter http://www.oecd-ilibrary.org/taxation/herausforderungen-fur-die-be steuerung-der-digitalen-wirtschaft_9789264237100-de, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. – Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, Aktionspunkt 1, Abschlussbericht 2015, veröffentlicht am 5. Oktober 2015; abrufbar nur auf Englisch unter http://www.oecd-ilibrary.org/taxation/addressingthe-tax-challenges-of-the-digital-economy-action-1-2015-final-report_9789264241046-en, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. – Report on the Attribution of Profits to Permanent Establishments, 2010, abrufbar unter https://www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/45689524.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. – Taxation and Electronic Commerce, Implementing the Ottawa Taxation Framework Conditions, 2001, abrufbar unter https://www.oecd.org/tax/consumption/Taxation%20and%2 0eCommerce%202001.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. Oestreicher, Andreas/Reister, Timo/Spengel, Christoph: Common Corporate Tax Base (CCCTB) and Effective Tax Burdens in the EU Member States, ZEW Discussion Paper No. 09 – 026. Palandt, Otto (Begr.): Bürgerliches Gesetzbuch, 77. Auflage, München 2018. Parilli, Davide Maria: Tax Treatment of Companies Providing Grid Services in Lang, Michael/ Melz, Peter/Kristoffersson, Eleonor (Hrsg.), Value Added Tax and Direct Taxation – Similiarities and Differences, Amsterdam, 2009, S. 743. Pichler, Stefan: Einführung in das Europäische Steuerrecht, JURA 2013, S. 30. Pickering, Ariane: Enterprise Services, Cahier De Droit Fiscal International, Volume 97a, 2012, S.19.

234

Literaturverzeichnis

Pijil, Hans: Comments on „The Tax Treaty Treatment of Services: Proposed Commentary Changes“, 2007, abrufbar unter http://www.oecd.org/ctp/treaties/39918780.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. Pinkernell, Reimar: USA: Der OECD-Diskussionsentwurf zu den steuerlichen Herausforderungen der „Digital Economy“ vom 24. 3. 2014, IStR 2014, S. 273. – Internationale Steuergestaltung im Electronic Commerce, Ifst-Schrift Nr. 494 (2014). – Senatsausschuss untersucht internationale Steuergestaltung des Apple-Konzerns, IStR-LB 2013, S. 59. Pinto, Dale: Conservative and Radical Alternatives for Taxing E Commerce Part 1, Journal of International Taxation, 17 (2005), S. 15. Plückebaum, Konrad/Malitzky, Heinz (Hrsg.): Umsatzsteuergesetz, 199. Ergänzungslieferung, Köln 2013. Portner, Rosemarie: Ertragsteuerliche Aspekte des E-Commerce, Bonn, 2001. Rasch, Stephan: Aktuelle Entwicklungen bei der Betriebsstättenbegründung – Renaissance des Kommissionärmodells, IStR 2011, S. 6. Rau, Günter/Dürrwächter, Erich (Hrsg.): Umsatzsteuergesetz, 170. Ergänzungslieferung, Köln 2017. Reck, Robert/Brück, Michael/Labermeier, Alexander/Pache, Sven: Internationales Steuerrecht in der Praxis, Wiesbaden 2008. Reimer, Ekkehart: Der deutsche Nationalbericht zum IFA-Kongress 2005 in Buenos Aires, Generalthema I: Quelle und Ansässigkeit – Neuausrichtung der Prinzipien, IStR 2004, S. 816. – Die Zukunft der Dienstleistungsbetriebsstätte, IStR 2009, S. 378. Reiser, Hagen/Cortez, Benjamin: Betriebsstättenbegriff im Wandel; zur veränderten Bedeutung des Kriteriums der Verfügungsmacht, IStR 2013, S. 6. Rolshoven, Michael: Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs, Berlin, 2002. Rosenberger, Florian/Vitali, Marco/Ziehr, Ulrich: Die Dienstleistungsbetriebsstätte: Internationale Entwicklungen und ihre Rezeption im Internationalen Steuerrecht Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, IStR 2010, Beilage zu Heft 18/2010. Schaumburg, Harald: Internationales Steuerrecht, Köln 2011. Schaumburg, Harald/Englisch, Joachim: Europäisches Steuerrecht, Köln 2015. Scheffler, Wolfram/Köstler, Melanie: Kompromissvorschlag zur GK(K)B – Die Arbeiten am Richtlinienentwurf zur GK(K)B gehen weiter, DStR 2014, S. 664. Schmidt, Ludwig (Hrsg.): EStG, 35. Auflage, München 2016. Schnädter, Helmut/Kirchhof, Kerstin: DBA-Türkei – eine Gegenüberstellung des alten und des neuen DBA, IStR 2012, S. 247. Schön, Wolfgang: Zur Zukunft des Internationalen Steuerrechts, StuW 3/2012, S. 213. Schöne, Franz-Josef: Dienstleistungsfreiheit in der EG und deutsche Wirtschaftsaufsicht, Köln, 1989.

Literaturverzeichnis

235

Schulze, Reiner (Hrsg.): Bürgerliches Gesetzbuch, Handkommentar, 9. Auflage, Baden-Baden 2017. Schwarz, Michael: Einkunftsabgrenzung und Gestaltungsmöglichkeiten beim grenzüberschreitenden Electronic Commerce, FR 2003, S. 280. Sheppard, Lee: The Twilight of the International Consensus, Tax Notes, October 7, 2013, S. 7. Sinewe, Patrick/Frase, Henning: Steuerrechtliche Aspekte des Cloud Computing, Betriebsberater 2011, S. 2198. Skaar, Arvid A.: Permanent Establishments, Deventer 1991. Sölch, Otto/Ringleb, Karl (Hrsg.): Umsatzsteuer-Kommentar, 78. Ergänzungslieferung, Berlin 2016. Spatschek, Rainer: Steuern im Internet, Steuerprobleme des E-Commerce, Köln 2000. Stadie, Manfred-Holger (Hrsg.): Umsatzsteuer-Kommentar, Köln 2015. Stöbener, Jens/Gach, Christoph: Bild oder Recht? – Neue Entwicklungen im Rahmen der umsatzsteuerlichen Qualifikation der Portrait – und Hochzeitsfotografie, DStR 2013, S. 2044. Streinz, Rudolf: Europarecht, 10. Auflage, Heidelberg, 2016. – EUV/AEUV, Vertrag über die Europäische Union und Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, 2. Auflage, München 2012. Strunk, Günther (Hrsg.): Steuern und Electronic Business, 2. Auflage München und Neuwied 2003. Stuffer, Werner: Dienstleistungsbetriebsstätten und technische Dienstleistungen, Festgabe Wassermeyer, München 2015, S. 147. Tappe, Henning: Steuerliche Betriebsstätten in der „Cloud“; Neuere technische Entwicklungen im Bereich des E-Commerce als Herausforderung für den ertragsteuerrechtlichen Betriebsstättenbegriff, IStR 2011, S. 870. Tipke, Klaus/Kruse, Heinrich Wilhelm (Hrsg.): Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung, 150. Aktualisierung, Köln 2017. TNS Infratest Studie (Auftraggeber: Bundesverband des deutschen Versandhandels): Distanzhandel in Deutschland, 2009. Vellen, Michael: EU-UStB 2007, S. 28. Vogel, Klaus (Begr.)/Lehner, Moris (Hrsg.): Doppelbesteuerungsabkommen, 6. Auflage, München 2015. Vögele, Alexander/Borstell, Thomas/Engler, Gerhard: Verrechnungspreise, 4. Auflage, München 2015. Waldhoff, Christian/Grefrath, Holger: Normenklarheit und Bestimmtheit der Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung als Problem des Steuervollzugs, IStR 2013, S. 477. Wandtke, Artur-Axel/Bullinger, Winfried (Hrsg.): Praxiskommentar zum Urheberrecht, 4. Auflage, München 2014.

236

Literaturverzeichnis

Wassermeyer, Franz: Die Abkommensrechtliche Aufteilung von Unternehmensgewinnen zwischen den beteiligten Vertragsstaaten, IStR 2012, S. 277. – Doppelbesteuerung, Festgabe zum 75. Geburtstag von Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer, 75 Beiträge zum Recht der DBA, München 2015. – (Hrsg.): Doppelbesteuerung: Kommentar zu allen deutschen Doppelbesteuerungsabkommen, 135. Ergänzungslieferung, München 2016. Wassermeyer, Wolf: Beck‘sches Steuerberater-Handbuch 2015/2016. Watrin, Christoph: Betriebsstättenbesteuerung im Electronic Commerce und die ökonomische Theorie der Firma, IStR 2001, S. 425. Weimann, Rüdiger/Lang, Fritz (Hrsg.): Umsatzsteuer – national und international, KompaktKommentar, 4. Auflage, Stuttgart 2015. Wendehorst, Christiane: Das Vertragsrecht der Dienstleistungen im deutschen und künftigen europäischen Recht, AcP, Bd 206 (2006), S. 205. Wichmann, Michael: Seminar F: Kommt nach dem „Anstreicher-Beispiel“ die „Subunternehmer-Betriebsstätte“?, IStR 2012, S. 711. Widmannn, Werner: Das Umsatzsteuergesetzbuch als Beitrag zur Vollendung des europäischen Binnenmarkts?, BB 2009, S. 927. Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages: Aktueller Begriff „Cloud Computing“ Nr. 15/10 vom 12. 3. 2010, abrufbar unter http://www.bundestag.de/blob/191178/22a7553 089d81c2e06866e15fc354a0e/cloud_computing-data.pdf, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. Woll, Artur: Volkswirtschaftslehre, 16. Auflage, München 2011. Yoo, Christopher S.: „Cloud Computing: Architectural and Policy Implications“, Working Paper Nr. 368, 2011, abrufbar unter http://lsr.nellco.org/upenn_wps/368, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018. ZEW Studie (Autoren: Dufft, Nicole/Schleifer, Katrin/Bertschek, Irene/Vanberg, Margit/Böhmann, Tilo/Schmitt, Ann Kristin/Barnreiter, Martin): Das wirtschaftliche Potenzial des Internet der Dienste, Berlin, 2010, abrufbar unter http://www.zew.de/de/publikationen/publikati on.php3?action=detail&nr=6010, zuletzt abgerufen am 26. 3. 2018.

Sachverzeichnis Anknüpfungsmerkmal 44 f. 111, 113, 167 App(s) – entgeltlich 58 – Entwickler 40, 56 ff., 67 f., 88 f., 132 – Store 39, 56, 67 f., 88 ff., 132 – unentgeltlich 58 – Verkäufe 159 Auslandsbetriebsstätten 169, 171

E-Pictures 53 ff., 95 ff., 102, 222 Elektronische Dienstleistungen 25 ff., 34 ff., 72 ff. 102 ff., 221 Elektronische/Downloadbare Bücher 94 f., 97 ff., 222

Bemessungsgrundlage 96, 103, 210 ff. BEPS 27, 110, 141, 196, 200 Besteuerungsort 26, 41, 60 ff., 84 f. Bestimmungslandsteuer (Destination-based Cash-Flow-Corporate Tax) 205 ff., 219 Betriebsstätte – Anwendbarkeit auf Clouds 126 ff. – Begründung 118 ff. – Betriebsstättenbericht (OECD) 2010 181 ff. – Gewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) 183 – Historie 113 ff.

Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage (GKKB) 210 ff., 225 Geolokalisierung 79 ff., 221 Geschäftseinrichtung 26, 120 ff., 126 ff., 135 ff. Gewinnverlagerung 27, 197, 209 f.

Cloud Computing – technischer Hintergrund 124 f. Cloudanbieter 37 f., 55, 67, 124 f. Cloudbetriebsstätte 191 ff., 225 Dienstleistungsbegriff 28 ff., 45 ff., 221 Dienstleistungsbetriebsstätten – echte 136 ff., 146 – unechte 134 ff., 146 Dienstleistungsfreiheit 30 ff., 45 Dienstleistungsort 60 ff., 70 ff. Digitale Betriebsstätte 199 f. Digitale Wirtschaft 25 ff., 110 f., 139 f., 144 f., 196 ff., 225 Direktgeschäft 41, 168 Doppelbesteuerungsabkommen 118 ff., 171 ff., 178 ff., 193 f., 224

Formelhafte Gewinnzuteilung (Formulary Apportionment) 209 ff., 225

Host- und Application-Service-Provider 37, 55, 66 ff., 129 ff. Hostingverträge 155 ff. Individualsoftware 152 f., 158 f., 167, 224 Inhalteanbieter 25 f., 40 f., 60, 68, 90, 132 f., 221 Internetbasierte Dienstleistungen siehe elektronische Dienstleistungen Internetserviceprovider 36 f., 47, 103 Internetwirtschaft 32, 47, 221 IP-Adressen 76 ff. Kleine einzige Anlaufstelle 81 ff., 106, 195, 221 Ländercode SIM-Karten 72, 80 f., 221 Legal Technology 162 Leistungsort 60 ff., 71 ff., 75, 84 f., 221 Lizenzgebühren 90, 172 f., 176 f., 224 Netzbetreiber 55, 66, 87 f., 122, 133 Niederlassungsfreiheit 31 f.

238

Sachverzeichnis

Plattformbetreiber Robo Advice

38 f., 55 f., 67, 131, 223

164

SaaS-Lösungen 125, 157 ff., 175, 191, 224 Serverbetriebsstätte 184 ff., 191 ff., 216 f., 224 f. Ständige Vertreter 112, 141 ff. Standardsoftware 89 f., 154 f., 158 f., 162 f., 224 Steuersatz – ermäßigter Steuersatz 87 ff., 93 ff., 100 ff., 221

– Regelsteuersatz 87 ff., 96 ff., 221 Steuerverfahren 165 f. Steuerwettbewerb 27, 207, 217 Systemsoftware 157 ff., 223 Tochtergesellschaften Unternehmensgewinne

43, 47, 117, 169 f. 173 ff., 224

Vertreterbetriebsstätten 140 ff., 169 ff. Virtuelle Bibliotheken 94 f., 222 Zugangsanbieter

37, 55, 66, 87 f., 123