Die Zuordnungsbestimmung im Rahmen der Leistung: Eine Untersuchung von erfüllungs- und bereicherungsrechtlichem Leistungsbegriff unter besonderer Berücksichtigung der Tilgungs- oder Zweckbestimmung als des finalen Elements einer Leistung [1 ed.] 9783428525713, 9783428125715

Ausgehend von der Hypothese einer Identität der Leistungsbegriffe im Erfüllungs- und Bereicherungsrecht untersucht Sasch

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Die Zuordnungsbestimmung im Rahmen der Leistung: Eine Untersuchung von erfüllungs- und bereicherungsrechtlichem Leistungsbegriff unter besonderer Berücksichtigung der Tilgungs- oder Zweckbestimmung als des finalen Elements einer Leistung [1 ed.]
 9783428525713, 9783428125715

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 377

Die Zuordnungsbestimmung im Rahmen der Leistung Eine Untersuchung von erfüllungsund bereicherungsrechtlichem Leistungsbegriff unter besonderer Berücksichtigung der Tilgungs- oder Zweckbestimmung als des finalen Elements einer Leistung

Von Sascha Beck

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

SASCHA BECK

Die Zuordnungsbestimmung im Rahmen der Leistung

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 377

Die Zuordnungsbestimmung im Rahmen der Leistung Eine Untersuchung von erfüllungsund bereicherungsrechtlichem Leistungsbegriff unter besonderer Berücksichtigung der Tilgungs- oder Zweckbestimmung als des finalen Elements einer Leistung

Von Sascha Beck

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Potsdam hat diese Arbeit im Jahre 2006 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 978-3-428-12571-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Familie

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2005/2006 von der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam als Dissertation angenommen. Das Manuskript wurde im Herbst 2005 abgeschlossen. Rechtsprechung und Literatur sind deshalb bis September 2005 berücksichtigt. Spätere Entscheidungen und Literatur konnten dagegen nur vereinzelt eingearbeitet werden. Von ganzem Herzen danken möchte ich Frau Prof. Dr. Dorothea Assmann für ihre außergewöhnlich engagierte Betreuung. Sie hat die Entstehung dieser Arbeit trotz eigener enormer Arbeitsbelastung jederzeit mit großem Interesse, wissenschaftlichem Rat und konstruktiver Kritik begleitet. Insbesondere in den regelmäßig durchgeführten Doktorrandenseminaren konnte ich eine Fülle von Anregungen gewinnen. Ebenfalls zu tiefem Dank verpflichtet bin ich Herrn Prof. Dr. Jens Petersen für die lehrreiche Zeit, die ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches, Deutsches und Internationales Wirtschaftsrecht der Universität Potsdam verbringen durfte. Herr Prof. Dr. Petersen ermöglichte mir jede erdenkliche Freiheit für die Anfertigung der Dissertation und hatte stets ein offenes Ohr für meine Fragen. Zugleich danke ich Herrn Prof. Dr. Petersen für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Weiterhin danke ich meinem Kollegen und Freund Herrn Dr. Frank Bockholdt, der nicht nur mein Interesse am Thema der vorliegenden Arbeit weckte, sondern mir zugleich ein wohlwollend-kritischer Begleiter bei deren Entstehung war. Ohne unsere unzähligen Diskussionen wäre die Arbeit in der vorliegenden Form nicht entstanden. Auch den Kollegen Dr. René Börner und Henry Posselt danke ich für ihre wertvollen Anregungen. Ein besonderer Dank geht an meine Familie, allen voran an meine Frau Diana Beck. Sie hat mich während der gesamten Zeit der Anfertigung der Arbeit in bewundernswerter Weise immer wieder ermuntert und selbstlos unterstützt. Ein letzter Dank gilt meinen Eltern, auf deren Vertrauen und tatkräftige Hilfe ich jederzeit meines Lebens bauen konnte. Potsdam, im Herbst 2008

Sascha Beck

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

1. Teil Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

34

§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand . . . . . . . . . . . .

35

§ 2 Das Zuordnungsproblem bei der Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

§ 3 Möglichkeiten einer Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

§ 4 Exkurs zum Verhältnis der Ersetzungsbefugnis zur Annahme an Erfüllungs Statt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 § 5 Auseinandersetzung mit den Erfüllungstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 § 6 Entscheidung zwischen subjektiver und objektiver Erfüllung . . . . . . . . . . . 192 § 7 Standort der Zuordnungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 § 8 Rechtsnatur der Zuordnungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 § 9 Folgen einer rechtsgeschäftsähnlichen Tilgungsbestimmung . . . . . . . . . . . . 268 § 10 Zeitpunkt des Zugangs der Zuordnungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 § 11 Ergebnisse zum erfüllungsrechtlichen Leistungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 § 12 Erfüllung von Naturalobligationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 2. Teil Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

328

§ 13 Zur Gleichheit beider Leistungsbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 § 14 Der Meinungsstand zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff . . . . . 340 § 15 Auseinandersetzung mit der Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 § 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 § 17 Ergebnis zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . 510

10

Inhaltsübersicht 3. Teil Der einheitliche Leistungsbegriff

517

§ 18 Auseinandersetzung mit anderen Leistungszwecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519 § 19 Zum Zweck bei der condictio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564 § 20 Zum Zweck bei der condictio ob turpem vel iniustam causam . . . . . . . . . . 600 § 21 Folgen der Reduzierung der Leistungszwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618 4. Teil Zusammenfassung

623

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 644 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

1. Teil Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB §1

Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand . . . . . . . . . . . . I. Erfüllung als Erlöschensgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erlöschen des Schuldverhältnisses im engeren Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erlöschen der Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grund des Erlöschens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Überdauern als Behaltensgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Entstehungsgeschichte des § 362 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Tatbestandsmerkmale des § 362 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Stand der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) „Leistung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) „Geschuldete“ Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) „Gläubiger“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) „Bewirken“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Erfüllung durch Dritte (als Leistende) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme zu den Tatbestandsmerkmalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) „Geschuldete“ Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) „Gläubiger“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) „Bewirkt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Natürlicher Sprachgebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Juristischer Sprachgebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsätzliche Ungeeignetheit systematischer Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) „bewirken“ in § 518 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) „bewirken“ in § 294 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) „bewirken“ im Zivilprozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34 35 37 39 39 40 41 41 41 44 45 46 47 47 49 50 52 52 54 55 55 55 56 56 56 57 57 58 58

12

Inhaltsverzeichnis dd) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Endergebnis zu „bewirken“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) „Leistung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Natürlicher Sprachgebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Juristischer Sprachgebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Verhältnis des verhaltensbezogenen zum erfolgsbezogenen Leistungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Auslegung des § 366 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Leistung bei § 407 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Modalitäten der „Leistung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Folgen für den Begriff der „Leistung“ bei § 362 BGB . . . . ee) Ergebnis zur Bedeutung des Begriffs der „Leistung“ bei § 362 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) „Bewirken der Leistung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis zum Tatbestand des § 362 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§2

Das Zuordnungsproblem bei der Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundinteresse an der Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Funktion der Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zuordnung als Schaffung einer Vergleichsgrundlage . . . . . . . . . . b) Zuordnung als Voraussetzung des Feststellens der Zweckverfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Feststellung des konkret erlöschenden Schuldverhältnisses . . . . . d) Zwischenergebnis zur Funktion einer Zuordnung . . . . . . . . . . . . . 2. Interesse an einer Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Interesse des Schuldners an einer Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Interesse des Gläubigers an der Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kenntnis des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kenntnis des Leistenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Drohende Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Fristverkürzung aufgrund § 434 Abs. 3 oder § 633 Abs. 2 S. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Ablauf von Rügeobliegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Mahnung und Verzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hh) Klarheit über Rückerstattungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ii) Zwischenergebnis zum Interesse des Gläubigers . . . . . . . . . . c) Interesse Dritter an der Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis zum Interesse an einer Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59 60 60 60 60 61 61 63 64 64 65 65 67 67 68 69 70 71 71 72 73 73 73 74 75 75 76 76 77 77 78 78 79 79 79 80

§3

Inhaltsverzeichnis

13

II. Fälle der nicht evidenten Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unsicherheit im Rahmen des § 366 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unklarheit zwischen Sicherheit und Schuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unsicherheit bei Beteiligung Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vorausleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis zum Zuordnungsproblem im Rahmen der Erfüllung . . . . . . .

80 82 85 89 93 94 95

Möglichkeiten einer Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einseitige Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zuordnung durch den Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ablehnung eines Zuordnungsrechts durch den Gläubiger . . . . . . b) Bestätigung durch § 366 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zuordnung durch den Gläubiger im Rahmen des § 396 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis zur Zuordnung durch den Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zuordnung durch den Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) § 366 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Hinterlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ergebnis zu den gesetzlichen Bestimmungen . . . . . . . . . . . . b) Interessengerechtigkeit des schuldnerischen Bestimmungsrechtes 3. Zuordnung durch Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 267 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Interessengerechtigkeit des Zuordnungsrechtes des Dritten . . . . 4. Zuordnung bei Leistung des Schuldners mittels eines Dritten . . . . 5. Zusammenfassung zum einseitigen Bestimmungsrecht . . . . . . . . . . . II. Konsensuale Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliche Ablehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zulässigkeit konsensualer Zuordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ablehnung in allen Fällen der Bedürfnisbefriedigung des Gläubigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bedürfnisbefriedigung bei der Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bedürfnisbefriedigung bei der Hinterlegung . . . . . . . . . . . . . cc) Bedürfnisbefriedigung bei der Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . b) Zulässigkeit bei fehlender Befriedigung des Gläubigerinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Leistung an Erfüllungs Statt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Leistung Erfüllungshalber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Erlass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis zu den Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96 96 96 96 97 98 99 100 100 100 101 101 102 103 104 104 104 105 106 108 109 109 111 111 112 112 112 113 114 117 118 119

14

Inhaltsverzeichnis III. Verhältnis konsensualer zu einseitiger Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konsensuale Zuordnung als Ausnahmetatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausschluss des einseitigen Bestimmungsrechts durch Vereinbarung konsensualer Zuordnung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Konsensuale Zuordnung bereits erfolgt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Konsensuale Zuordnung noch nicht erfolgt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zeitliches Verhältnis von Einräumung und Vornahme der konsensualen Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§4

§5

Exkurs zum Verhältnis der Ersetzungsbefugnis zur Annahme an Erfüllungs Statt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ablehnung einer antizipierten Annahme an Erfüllungs Statt . . . . . . . . . II. Qualifikation der Ersetzungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Entsprechende Anwendbarkeit des § 365 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auseinandersetzung mit den Erfüllungstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entwicklung der Erfüllungstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Im Römischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Im Gemeinen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nach Inkrafttreten des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kritik der Erfüllungstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertragstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hauptaussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Argumente der Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Historisches Argument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wortlautargument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verwirklichung des Minderjährigenschutzes . . . . . . . . . . . . . . dd) Notwendigkeit der Vermögensöffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kritik der Vertragstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ungeeignetheit des historischen Arguments . . . . . . . . . . . . . . bb) Untauglichkeit der Wortlautargumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Keine Notwendigkeit der Vermögensöffnung . . . . . . . . . . . . . dd) Benachteiligung Geschäftsunfähiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Schwierigkeiten bei der Bewältigung realer Leistungsvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Verstoß gegen das Trennungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Ablehnung einer konsensualen Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . hh) Schwierigkeiten der Erklärung des § 366 BGB . . . . . . . . . . . ii) Schwierigkeiten mit der Einbindung des § 267 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . jj) Ungeeignetheit bei geschuldetem Unterlassen . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis zur Vertragstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

120 120 122 122 124 125 126 127 128 129 131 132 134 134 134 136 137 139 140 140 141 141 142 143 144 144 144 144 146 146 147 149 150 152 154 154 154

Inhaltsverzeichnis 2. Beschränkte Vertragstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hauptaussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Argumente der Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeine Lebensanschauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Realisierung des Minderjährigenschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Bewältigung realer Leistungsvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Gleichlauf von Rechtsnatur der geschuldeten Leistung und Erfüllungscharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Methodologische Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kritik an der beschränkten Vertragstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ungeeignetheit soziologisch-empirischer Argumente . . . . . bb) Ungeeignetheit einer dualistischen Erfüllungstheorie . . . . . cc) Kein hinreichender Schutz nicht geschäftsfähiger Gläubiger bei Realleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Unrichtigkeit des methodologischen Ansatzes . . . . . . . . . . . . ee) Problematik der Zuordnung im Bereich tatsächlicher Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) § 366 Abs. 1 BGB als doppelte Ausnahme . . . . . . . . . . . . . . gg) Übernahme der Schwächen der Erfüllungstheorie im Bereich rechtsgeschäftlicher Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung zur modifizierten Vertragstheorie . . . . . . . . . . 3. Zweckvereinbarungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hauptaussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Argumente der Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wortlautargumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zweck als Mittelpunkt unseres Schuldrechtssystems . . . . . . cc) Zweckvereinbarung wegen fehlender Evidenz . . . . . . . . . . . dd) Übereinstimmung der Struktur des Schuldvertrages mit der Schuldlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Gleichlauf des Leistungsbegriffs bei Erfüllung und Leistungskondiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Einheitlicher Erfüllungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kritik an der Zweckvereinbarungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ungeeignetheit des Wortlautes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zur Strukturidentität von Schuldvertrag und Schuldlösung cc) Verstoß gegen das Trennungs- und Abstraktionsprinzip . . . dd) Unzulässigkeit eines einheitlichen Erfüllungsbegriffes . . . . ee) Ungeeignetheit konsensualer Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Erfüllung als Tatbestandswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Schwierigkeiten der Erklärung des § 366 Abs. 1 BGB . . . . hh) Ungeeignetheit bei Realleistungen und geschuldetem Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15 154 155 156 156 156 157 157 158 158 158 158 159 160 161 162 162 163 163 164 165 165 165 166 166 167 168 168 168 168 169 170 170 171 171 173

16

§6

Inhaltsverzeichnis ii) Benachteiligung des geschäftsunfähigen Schuldners bei Realleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung zur Zweckvereinbarungstheorie . . . . . . . . . . . . 4. Theorie des einseitigen Erfüllungsgeschäftes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hauptaussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Argumente der Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Interessengerechtigkeit einer schuldnerischen Zuordnung . . bb) Existenz des § 366 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Inkorporation des § 267 BGB in die Erfüllungslehre . . . . . . dd) Erfassen von Realleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Einheitlicher Erfüllungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Einheitlicher Leistungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Wortlautargumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kritik an der Theorie des einseitigen Erfüllungsgeschäftes . . . . . 5. Theorie der realen Leistungsbewirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hauptaussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Argumente für eine reale Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wortlautargumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vereinfachung des Erfüllungsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Erklärung der unbewussten Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Integration von Realleistungen und Unterlassen . . . . . . . . . . ee) Einheitlicher Erfüllungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Erfüllungsermöglichung für nicht geschäftsfähige Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kritik an der Theorie der realen Leistungsbewirkung . . . . . . . . . 6. Theorie der finalen Leistungsbewirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hauptaussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Argumente pro finale Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Interessengerechtigkeit einer schuldnerischen Zuordnung . . bb) Grundsätzliche Finalität von Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Einheitlicher Erfüllungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Integration der §§ 267 Abs. 1, 366 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . ee) Einheitlicher Leistungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Erfassen von Realleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kritik an der Theorie der finalen Leistungsbewirkung . . . . . . . . .

186 187 187 188 189 189 189 190 190 191 191 191

Entscheidung zwischen subjektiver und objektiver Erfüllung . . . . . . . . . . . . I. Ablehnung einer dualistischen subjektiven Erfüllungstheorie . . . . . . . . II. Überzeugungskraft der beiden konträren Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wortlautargumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ungeeignetheit einer objektiven Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Versagen evidenter Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zuwendungen von Nichtschuldnern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

192 192 193 193 194 195 195

173 174 174 175 177 177 177 178 178 179 179 180 181 181 182 184 184 185 186 186 186

Inhaltsverzeichnis

3. 4. 5.

6. 7. 8.

bb) Mehrfach verpflichtete Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sicherheit und Schuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Negative Tilgungsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Abweichende Tilgungsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Weitere Unklarheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Evidenz als Auslegung konkludenter Tilgungsbestimmungen . . Argumente aus der Abgrenzung von §§ 362, 278 und 267 BGB . . Argumente aus dem Trennungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Argumente aus den Heilungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Tatbestandsübereinstimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Formunwirksame Bürgschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Formunwirksame Schenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Formunwirksame Grundstückskauf- oder -belastungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Systematische Übereinstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bewältigung der Heilung durch subjektiven und objektiven Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis zur Heilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erfassen von Realhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Behandlung der unbewussten Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erfüllung durch und an nicht voll Geschäftsfähige . . . . . . . . . . . . . . a) Nicht voll geschäftsfähiger Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schutzbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Bestehen von Gewährleistungsrechten . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechtshemmender Fristablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Verlust- und Verschleudergefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Verschleudergefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Verlustgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Berücksichtigung der Schuldnerinteressen . . . . . . . . . . . bb) Konstruktive Realisierung des Schutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Schutz des nicht voll geschäftsfähigen Gläubigers über § 242 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Objektive Erfüllungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Der Ansatz Oertmanns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Erfüllungsablehnung über § 107 BGB . . . . . . . . . . . (c) Die „Empfangszuständigkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Subjektive Erfüllungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17 197 198 198 199 200 200 201 203 204 205 205 205 206 206 206 207 209 209 210 213 214 214 216 217 218 218 219 221 221 223 223 224 225 225 226 228 231

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Inhaltsverzeichnis b) Nicht voll geschäftsfähige Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsgeschäftlicher Leistungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nicht rechtsgeschäftlicher Leistungsinhalt (Realhandlungen und Unterlassen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Erfassen des Unterlassens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erfüllbarkeit von Unterlassensverpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . aa) Erlöschen durch Zeitablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vermögensmehrung durch Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Unterlassen als bloßes Beachten fremder Rechtsgüter . . . . dd) Fehlendes Leistungsbewusstsein beim Unterlassen . . . . . . ee) Fehlende Erfüllungsersetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Ergebnis zur Erfüllbarkeit des Unterlassens . . . . . . . . . . . . . b) Zuordnungsbestimmung beim Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Konkludente Zuordnungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Notwendigkeit einer Zuordnungsbestimmung . . . . . . . . . . . (1) Möglichkeit einer Drittleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Möglichkeit einer Forderungsmehrheit . . . . . . . . . . . . . (3) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Eingliederung der §§ 366 Abs. 2, 367 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . a) §§ 366 Abs. 2, 367 Abs. 1 BGB als gesetzliche Auslegungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Vorschrift des § 366 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Vorschrift des § 367 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis zu §§ 366 Abs. 2, 367 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . b) § 367 Abs. 2 BGB als Einschränkung der Privatautonomie . . . 11. Argumente aus der Methodenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufgabe einer Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Qualität der Erfüllungstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) § 366 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Methodenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Der Grundsatz autonomer Selbstbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Andere Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§7

§8

232 232 232 234 234 235 235 236 238 239 240 240 240 242 242 242 243 244 244 245 249 250 250 251 251 252 256 256 257 257

Standort der Zuordnungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Im Verpflichtungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Im Übereignungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Besonderer Rechtsakt zwischen Verpflichtung und dinglichem Geschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

258 258 259 260

Rechtsnatur der Zuordnungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Tatsächlicher Wille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Geschäftsähnliche Handlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

261 261 263 265

§9

Inhaltsverzeichnis

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Folgen einer rechtsgeschäftsähnlichen Tilgungsbestimmung . . . . . . . . . . . . I. Zugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont . . . . . . . . . . . . 2. Auslegung aus Sicht des Leistenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bestimmung anhand objektiver Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Eigene Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Privatautonome Dimension der Zuordnungsbestimmung . . . . . . b) Ungeeignetheit der Sicht des Leistenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ungeeignetheit objektiver Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis zur Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Bestimmung des Leistenden im Rahmen der Auslegung . . . . . . aa) Konkreter Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abstrakter Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Auslegungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Minderjährigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Leistung an nicht voll geschäftsfähige Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . a) Konstruktive Ablehnung der Leistungskondiktion . . . . . . . . . . . . b) Interessengerechtigkeit der Nichtleistungskondiktion . . . . . . . . . . aa) Entreicherung beim nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger bb) Entreicherung beim Partner des nicht voll geschäftsfähigen Gläubigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis zur Annahme einer Nichtleistungskondiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Nichtleistungskondiktion im Lichte der §§ 813, 814 BGB . . . . aa) Nichtanwendbarkeit des § 813 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nichtanwendbarkeit des § 814 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes . . . . . . . . . (2) Vergleichbare Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Leistung durch nicht voll geschäftsfähige Schuldner . . . . . . . . . . . . a) Folgen bei der Erfüllung nicht rechtsgeschäftlicher Leistungen aa) Geschäftsunfähige Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Wiederholen der Leistungshandlungen . . . . . . . . . . . . . . (a) Erlöschen gemäß § 275 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . (b) Erlöschen gemäß §§ 387, 389 BGB . . . . . . . . . . . . . (2) Anderweitige Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beschränkt geschäftsfähiger Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtfertigung der Zweiteilung (Geschäftsunfähige – beschränkt Geschäftsfähige) . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis b) Folgen für den Bereicherungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Geschäftsunfähiger Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beschränkt geschäftsfähiger Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnisse zu Leistungen an nicht voll Geschäftsfähige und gegenüber nicht voll Geschäftsfähigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Stellvertretung und Botenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Botenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellvertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abgabe der Tilgungsbestimmung im Rahmen gesetzlicher Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abgabe der Tilgungsbestimmung aufgrund Vollmacht . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 10 Zeitpunkt des Zugangs der Zuordnungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vor der Vermögensmehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Funktionstauglichkeit der antizipierten Tilgungsbestimmung . . . . . . 2. Trennung zwischen Zuwendung und Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bindungswirkung vorweggenommener Tilgungsbestimmungen . . . . 4. Ergebnis zu antizipierten Tilgungsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bei der Vermögensmehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Nach der Vermögensmehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entstehen einer Zuordnungsunsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Keine nachträgliche Bestimmung bei der Aufrechnung . . . . . . . . . . . 3. Nachträgliche Zuordnungsbestimmungen als Änderung der Tilgungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ausnahmsweise Zulässigkeit nachträglicher Tilgungsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zuwendungen nicht voll Geschäftsfähiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Möglicher Verzicht des Gläubigers auf eine rechtzeitige Zuordnungsbestimmung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Nachträgliche Zuordnungsbestimmungen wegen Perplexität? . . 5. Ergebnis zu nachträglichen Tilgungsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis zum Zeitpunkt der Tilgungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 11 Ergebnisse zum erfüllungsrechtlichen Leistungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 § 12 Erfüllung von Naturalobligationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 2. Teil Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB § 13 Zur Gleichheit beider Leistungsbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Systematischer Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erfüllung und condictio indebiti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erfüllung und condictio ob causam finitam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Objektive Erfüllung und finale Leistungskondiktion . . . . . . . . . . . . .

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II. Auseinandersetzung mit den Argumenten der Gegenansicht . . . . . . . . 1. Leistung als Umschreibung der Handlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vermögenswert des Geleisteten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Bedeutung des Erfolges bei der Erfüllung und der Leistungskondiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Unterschiedlichkeit der Leistungszwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vorläufiges Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 14 Der Meinungsstand zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff . . . . . I. Natur des Kondiktionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Klassisches römisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gemeines Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Einheitsgedanke Savignys und dessen Einfluss auf die Kodifikation im BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Einfluss Wilburgs und von Caemmerers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Trennung zwischen Leistungskondiktion und Nichtleistungskondiktion 1. Einheitslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Trennungslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Stand der Leistungskondiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zweckgerichteter Leistungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Funktionen des Leistungsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ersetzung des Merkmals „auf Kosten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Festlegung des Leistungsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bestimmung der Kondiktionspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Feststellung der Rechtsgrundlosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Primärer Inhalt des Bereicherungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zum Verhältnis von Leistung zu Nichtleistung (Subsidiarität) . . . . . . . 1. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Subsidiaritätstheorie und sachenrechtliche Wertungen . . . . . . . . . . . a) Die Wertung des § 932 BGB als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . b) Berücksichtigung der Wertung des § 935 BGB . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine Berücksichtigung eventueller Bösgläubigkeit des Leistungsempfängers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 15 Auseinandersetzung mit der Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ursachen für die Kritik am Leistungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Missachtung der Bestandteile des Leistungsbegriffs (Überbewertung des Zwecks) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gleichsetzung von Leistung und Rückabwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis II. Kritik an der Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Versagen bei der Festlegung der Kondiktionspartner . . . . . . . . . . . . . a) Inkongruenz von Forderung und Schuldverhältnis . . . . . . . . . . . . . b) Erwachsen mehrerer inhaltsgleicher Forderungen aus einem Kausalverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Leistung gemäß § 267 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kriterien für die Rückabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bestimmung der Kondiktionspartner abseits des Leistungsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bestimmung anhand des Merkmals „auf Kosten“ . . . . . . . . . bb) Rückabwicklung mit Hilfe von Analogien . . . . . . . . . . . . . . . cc) Trennung von Leistung und Rückabwicklung durch Canaris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gründe für die weiterhin erfolgende Rückabwicklung im Leistungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Weitgehende Übereinstimmung in den Ergebnissen . . . . . . . cc) Entlastung des Rechtsanwenders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rückabwicklung stets im Kausalverhältnis? – Erfassung der Drittleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis zur Kritik an der Funktion des Leistungsbegriffs . . . . . . . . 5. Berechtigung der Bezeichnung Leistungskondiktion . . . . . . . . . . . . . III. Kritik am Begriff der Leistung selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Identität der Leistungsbegriffe als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . 2. Leistung ohne Zuwendung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Umleitende Zweckbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zuwendung als tatsächliche Wertbewegung? . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Begriffliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mehrere Leistungen aufgrund einer Zuwendung? . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Leistung ohne Zweckbestimmung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Objektive Bestimmung der Planungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . b) Leistung als Zuwendung plus Anweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Auslegung der Zweckbestimmung nach dem objektiven Empfängerhorizont . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Auslegung zur Bestimmung der Leistungsgrundlage . . . . . . . . . . b) Auslegung zur Bestimmung der Person des Leistenden . . . . . . . . c) Auswirkungen auf das Sachenrecht – Der Scheingeheißerwerb . aa) Leistungsbeziehungen und Subsidiarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sachenrechtliche Probleme des Falles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Übereignung der Hemden gemäß § 929 S. 1 BGB . . . .

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(2) Übereignung der Hemden gemäß §§ 929 S. 1, 932 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 IV. Ergebnisse zur Kritik am bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff 418 § 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kritik am Begriff „Dreipersonenverhältnis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anweisungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bankanweisung als Musterfall der Anweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bestandteile einer Bankanweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fehlen der Verwendungszweckangabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fehlen der zu überweisenden Summe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Empfängerdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Daten zur Person des Überweisenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zwischenergebnis zur Struktur der Anweisung . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorhandene Anweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erfüllung bei intakten Schuldverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Erfüllung im Valutaverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zuordnungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zuwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Zuwendung des Gegenstandes aufgrund von Verfügungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Vermögensmäßige Gleichstellung aufgrund Zweckvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) „Als ob“-Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Hassolds Theorie vom Durchgangserwerb . . . . . . . . (e) Quasi-dinglicher Rechtserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . (f) Zuwendung aufgrund Verschaffungsmacht . . . . . . . . (g) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (h) Eigener Erklärungsansatz einer Zuwendung im Valutaverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erfüllung im Deckungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zu erfüllendes Schuldverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Erfüllung gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 BGB . . . . . . . . . . (a) Zuwendung nach neuer Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . (b) Zuwendung nach alter Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . (c) Zuordnungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Widerspruch zum Wortlaut des § 362 Abs. 2 BGB (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Bestandteile der Bankanweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rückabwicklung bei fehlerhaften Kausalverhältnissen . . . . . . . . 4. Exkurs zur angenommenen Anweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Lösung der herrschenden Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kritik der herrschenden Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

420 420 423 424 425 426 427 427 427 428 428 428 429 430 431 433 434 436 439 440 441 442 444 446 447 447 449 449 449 454 455 456 457 457 461 462 462

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Inhaltsverzeichnis c) Eigene Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rückabwicklung beim Hausgiro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Rechtslage bei der außerbetrieblichen Überweisung . . . . . . . . . . . 5. Fehlende Anweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fälle fehlender Anweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erfüllung bei intakten Schuldverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Erfüllung im Valutaverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Erfüllung gemäß §§ 362 Abs. 1, 278 BGB . . . . . . . . . . . (2) Leistung der Bank gemäß § 267 BGB . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zugerechnete Leistung des vermeintlich Anweisenden (a) Sphärentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Zurechnung nach den Grundsätzen der allgemeinen Rechtsscheinlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Keine Leistung des Anweisenden an den Empfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Rechtsschein einer Leistung mittels geeignetem Rechtsscheinträger . . . . . . . . . . . . . (a) Rechtsschein einer Leistung . . . . . . . . . . . . (b) Träger des Rechtsscheins . . . . . . . . . . . . . . (cc) Zurechenbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Fehlende Veranlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Unwirksame Veranlassung . . . . . . . . . . . . . . (g) Beseitigung des „Veranlassungsbeitrages“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Zurechnung bei Widerruf der Anweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Zurechnung bei Anfechtung der Anweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Schutzbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Zwischenergebnis zur Erfüllung im Valutaverhältnis . . bb) Erfüllung im Deckungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rückabwicklung bei fehlerhaften Kausalverhältnissen . . . . . . . . . aa) Ohne Zurechnung oder Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Im Fall der Zurechnung oder Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . III. Drittleistungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erfüllung bei den Drittleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zuwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis zur Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rückabwicklung bei den Drittleistungsfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Rückabwicklung bei veranlasster Drittleistung . . . . . . . . . . . . . . . . .

463 467 468 469 469 471 472 472 474 476 478 478 480 480 481 483 485 485 486 487 489 492 493 495 495 496 497 499 500 501 501 501 502 502 505

Inhaltsverzeichnis § 17 Ergebnis zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . I. Mehrung des fremden Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bewusste Vermögensmehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zweckbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Folgen für das Rechtsgrundverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Eigene Definition des Begriffes Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25 510 511 513 513 515 516

3. Teil Der einheitliche Leistungsbegriff § 18 Auseinandersetzung mit anderen Leistungszwecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unterschiedliche Leistungszwecke unter der Herrschaft der Zwecklehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entwicklung der causa-Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wurzel der Zwecklehre im römischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Zwecklehre im Gemeinen Recht und unter Geltung des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zwecke bei Eingehung eines Schuldverhältnisses . . . . . . . . bb) Zwecke bei Abwicklung eines Schuldverhältnisses . . . . . . . c) Zwecklehre und zweckgerichteter Leistungsbegriff . . . . . . . . . . . 2. Kritik an der causa-Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einheitliche Erfassung aller Zuwendungszwecke . . . . . . . . . . . . . b) Möglichkeit der Zweckstaffelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erfassung der Drittleistungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis zum Ansatz der Zwecklehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Untersuchung der möglichen Abwicklungszwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Causa solvendi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sicherungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Forderung auf Erbringung der Sicherheit existiert bereits . . . . . b) Forderung existiert noch nicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Erfüllung bezweckt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Begründung einer Sicherungsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Änderungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Heilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vorausleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erfüllung künftiger Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendungsbereich des § 814 1. Var. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Causa credendi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Zwecke bei den Handgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Handgeschäfte unter Herrschaft des Trennungsprinzips . . . . . . . . . . 2. Handkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

517 519 520 520 520 522 525 526 527 528 528 531 531 532 532 534 536 537 538 538 538 539 540 540 541 542 544 546 547 549 553

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Inhaltsverzeichnis 3. Handdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Leistung causa credendi? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vernachlässigung der Rückzahlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Handdarlehen nach dem Schuldrechtsreformgesetz . . . . . . . . . . . . 4. Handschenkung (causa donandi) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Leistung solvendi causa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Leistung donandi causa? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Handschenkung und Trennungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Systematische Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Schenkung und Gewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ergebnis zu den Handgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zwischenergebnis zu den Leistungszwecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

555 555 556 557 557 558 558 559 560 561 562 562

§ 19 Zum Zweck bei der condictio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zur Geschichte der condictio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Leistungszweck bei der condictio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abgrenzung zur condictio indebiti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zur Zwecksetzung bei der condictio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Konsensuale oder einseitige Zweckbestimmung . . . . . . . . . . . . . . b) Normierung der Rechtsgrundlosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zweckbestimmung als Zuordnungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . 3. Abgrenzung zur Störung der Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorrang der condictio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Alternative Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorrang der Störung der Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kritik der Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorausleistungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Handgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Veranlassungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Veranlassung zur Heilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abhalten von Strafanzeige oder Zwangsvollstreckung . . . . . cc) Veranlassung zur Aufrechterhaltung oder Begründung einer Lebenspartnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Veranlassung zu späterer Erbeinsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Veranlassung zu bestimmter Verwendung der erhaltenen Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Veranlassung zu späterer Eigentumsübertragung . . . . . . . . . . d) Zweckstaffelungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis zur condictio ob rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

564 565 568 569 573 573 575 576 579 580 580 580 581 582 583 583 585 585 585 587 589 591 593 594 596 598

§ 20 Zum Zweck bei der condictio ob turpem vel iniustam causam . . . . . . . . . . 600 I. Die Geschichte der condictio ob turpem vel iniustam causam . . . . . . . 600

Inhaltsverzeichnis

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II. Telos des § 817 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überwindung des Rechtsgrundes der condictio ob rem . . . . . . . . . . 2. Überwindung der Kondiktionssperre des § 815 BGB . . . . . . . . . . . . 3. Überwindung der Kondiktionssperre des § 814 BGB . . . . . . . . . . . . 4. Sitten- oder Gesetzeswidrigkeit lediglich der Leistung . . . . . . . . . . . III. Leistungszweck bei § 817 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. § 817 S. 2 BGB als Ausschlussgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Telos des § 817 S. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Strafnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsschutzversagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Generalprävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Eigener Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausdehnung des § 817 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einseitiger Verstoß gegen die guten Sitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erstreckung auf alle Leistungskondiktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ergebnis zu § 817 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

602 603 604 605 605 608 608 609 610 610 611 611 612 612 612 613 615 615 615 617

§ 21 Folgen der Reduzierung der Leistungszwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Folgen für den Leistungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Finales Element als Zuordnungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Taugliche Zuordnungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Folgen für das Rechtsgrundverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

618 618 618 619 619

4. Teil Zusammenfassung

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 644 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673

Einleitung Bereits der Titel der vorliegenden Arbeit provoziert die berechtigte Frage, wozu es einer weiteren Untersuchung des Leistungsbegriffs eigentlich noch bedarf, ist doch die Zahl der Aufsätze und Monographien über den Begriff der Leistung, die seit Inkrafttreten des BGB veröffentlicht wurden, kaum mehr zu überschauen.1 Dass trotz dieser umfangreichen Vorarbeiten gleichwohl eine weitere Bearbeitung angebracht ist, zeigt bereits ein flüchtiger Blick. So wird Leistung im Tatbestand des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB übereinstimmend als bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens verstanden.2 Dagegen soll der Begriff Leistung bei § 362 Abs. 1 1 Vgl. nur Bälz, FS Gernhuber, S. 1 ff.; Batsch, NJW 1973, S. 1679 ff.; Berg, AcP 160 (1960), S. 505 ff.; Beuthien, JZ 1968, S. 323 ff.; Bülow, JuS 1991, S. 529 ff.; Canaris, FS Larenz, S. 799 ff.; ders., NJW 1992, S. 3143 ff.; Ehmann, JZ 1968, S. 549 ff.; Ehricke, JZ 1999, S. 1075 ff.; Fabienke, JR 1999, S. 47 ff.; Flume, AcP 199 (1999), S. 1 ff.; Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, 2001; Hadding, FS Kümpel, S. 167 ff.; Hagmann-Lauterbach, Der Zusammenhang zwischen dem finalen Leistungsbegriff im Bereicherungsrecht und den Erfüllungslehren, 1976; Harder, JuS 1979, S. 76 ff.; Hassold, Zur Leistung im Dreipersonenverhältnis, 1981; Henke, Die Leistung, 1991; Kaehler, Bereicherungsrecht und Vindikation, 1972; Kamionka, JuS 1992, S. 845 ff.; Kellmann, JR 1988, S. 97 ff.; Kötter, AcP 153 (1953), S. 193 ff.; Krüger, NJW 1990, S. 1208 ff.; Kupisch, Gesetzespositivismus im Bereicherungsrecht, 1978; Lieb, Jura 1990, S. 359 ff.; Liebs, JZ 1987, S. 697 ff.; Loewenheim/Winckler, JuS 1982, S. 669 ff.; St. Lorenz, JuS 2003, S. 729 ff.; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 286 ff.; Maier, AcP 152 (1952), S. 97 ff.; Meyer, Der Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen unter besonderer Berücksichtigung der Anweisungsfälle, 1979; Muscheler/Bloch, JuS 2000, S, 729 ff.; Picker, NJW 1974, S. 1790 ff.; Pinger, AcP 179 (1979), S. 301 ff.; Rieble, JZ 1989, S. 830 ff.; Scheyhing, AcP 157 (1957), S. 371 ff.; Schmidt, Erfüllung, Erfüllungswille, Erfüllungsvertrag, 1974; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 143 ff.; Schreiber, Jura 1986, S. 539 ff.; ders., Jura 1996, S. 666 f.; Seibert, Erfüllung durch finale Leistungsbewirkung, 1982; Söllner, AcP 163 (1963) S. 20 ff.; Stolte, JS 1990, S. 220 ff.; Thomä, JZ 1962, S. 623 ff.; von Caemmerer, JZ 1962, S. 385 ff.; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 255 ff.; ders., Symposium König, S. 25 ff.; Westermann, JuS 1968, S. 17 ff.; Wieling, JuS 1978, S. 801 ff.; Wilhelm, JuS 1973, S. 1 ff.; Wolf, Drittleistung und Leistungsmittlung, 1995; Zeiss, JZ 1963, S. 7 ff. 2 BGHZ 40, 272 (277); BGHZ 50, 227 (230 ff.); BGHZ 56, 228 (241); BGHZ 58, 184 (188); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 133); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 II (S. 42); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 666; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1073; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 13; Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 705; RGRK/Heimann-Trosien, § 812 Rdnr. 15; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 11; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 2; Bauer/Wolf, JuS 1966, S. 394; Berg, AcP 160 (1961), S. 507; ders., NJW 1962, S. 101; ders., JuS 1964, S. 137;

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Einleitung

BGB nach herrschender Ansicht den Leistungserfolg umschreiben.3 Wenn aber die condictio indebiti nur diejenigen Leistungen rückabwickeln soll, die wegen fehlenden Erfüllungseintritts ihren Zweck verfehlt haben, wie kann Leistung in den genannten Vorschriften einerseits die schuldnerische Handlung, andererseits den Erfolg bedeuten? Schon Hassold hat auf diese vermeintliche Antinomie des Leistungsbegriffs hingewiesen.4 Dass zwischen dem erfüllungsrechtlichen und dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff ein innerer Zusammenhang besteht, wurde zwar schon in früherer Zeit immer wieder vereinzelt angemerkt.5 Mindestens ebenso lange wird ein Zusammenhang aber auch vehement bestritten.6 Das Bestehen eines Zusammenhangs zwischen beiden Leistungsbegriffen gehört somit noch nicht zum allgemeingültigen Wissensstand. Gänzlich ungeklärt ist, wie weit ein solcher Zusammenhang reichen könnte und welche Folgen aus dem etwaigen Bestehen eines Zusammenhangs für den Leistungsbegriff zu ziehen sind. Sofern ein Zusammenhang in der Literatur überhaupt anerkannt wird, beschränkt man ihn zumeist auf eine Teilidentität für Leistungen solvendi Beuthien, Zweckerreichung, S. 283 Fn. 11; ders., JZ 1968, S. 323; Ehmann, Gesamtschuld, S. 137; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 8; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 5; König, Gutachten, S. 1525; Loewenheim/ Winckler, JuS 1982, S. 671; Mühl, FS v. Lübtow, S. 547, 556 ff.; Reeb, JuS 1972, S. 581; Rothoeft, AcP 163 (1964), S. 224; Seibert JuS 1983, S. 591 ff.; Scheyhing, AcP 157, S. 371; Schlechtriem, JZ 1993, S. 26; Schnauder, Grundfragen, S. 71 ff. und S. 124 ff.; ders., AcP 187 (1987), S. 142; von Caemmerer, FS Rabel, S. 366; Westermann, causa, S. 180 ff.; ders., JuS 1968, S. 18; Weitnauer, NJW 1979, 2008; ders., FS Caemmerer, 1978, S. 255 ff.; ders., Symposium König, S. 29; ders., NJW 1974, S. 1729 ff.; Zeiss, JZ 1963, S. 8; ders., AcP 165 (1965), S. 334 Fn. 11. 3 BGHZ 12, 268; BGHZ 87, 156 (162); Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 235); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 229; Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 1; Westermann/ Bydlinski/Weber, BGB-Schuldrecht AT, § 19 Rdnr. 4; Hk-BGB/Schulze, § 263 Rdnr. 2; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 2; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 362 Rdnr. 3; Gernhuber, Erfüllung, S. 99; Schmidt, Erfüllung, S. 1; Wolf, Drittleistung, S. 21, 29; Beuthien, Zweckerreichung, S. 7; Wieacker, FS Nipperdey I, S. 791; Taupitz, JuS 1992, S. 452; Muscheler/Bloch, JuS 2000, S. 730. 4 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 12. 5 Jung, Mangel des rechtlichen Grundes, S. 57; Kress, Besonderes Schuldrecht, S. 327 Fn. 2; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 48; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 94); Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 256 ff.; Mühl, NJW 1968, S. 1869; Thomä, JZ 1962, S. 623; Gernhuber, Erfüllung, S. 108; Hagmann-Lauterbach, Finale Leistungsbewirkung, S. 79 ff.; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 12; Beuthien, Zweckerreichung, S. 284; Welker, Zweckverfehlung, S. 24; Schmidt, Erfüllung, S. 114; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 22, 28; Stolte, JZ 1990, S. 220 ff. 6 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 III (S. 30); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 30; Harder, datio in solutum, S. 130; MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 13; Wieacker, FS Nipperdey I, S. 785 Fn. 5; Kötter, AcP 153 (1954), S. 195; Rothoeft, AcP 163 (1964), S. 232; Melullis, GoA und ungerechtfertigte Bereicherung, S. 47.

Einleitung

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causa:7 Der erfüllungsrechtliche Leistungsbegriff erfasse nur einen Teilbereich der bereicherungsrechtlichen Leistungen, da nach herrschender Ansicht bereicherungsrechtlich relevante Zwecke über die Erfüllung hinaus auch die causa ob rem sowie die causa donandi sein können. Dass einem Zusammenhang zwischen beiden Leistungsbegriffen noch nicht die ihm gebührende Aufmerksamkeit geschenkt wurde, liegt insbesondere daran, dass sich der überwiegende Teil der Autoren in ihren Beiträgen primär mit dem Leistungsbegriff im Bereicherungsrecht auseinandersetzt. Dabei liegt der Schwerpunkt der Untersuchungen zumeist auf dem finalen Element der Leistung, der Zweckbestimmung. Dieser werden durch die herrschende Meinung innerhalb des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs wichtige Funktionen zugewiesen.8 Anhand der Zweckbestimmung legt man die Beteiligten des Leistungsverhältnisses fest, mit ihr sollen zugleich die Rechtsgrundlosigkeit der Leistung sowie die Kondiktionspartner bestimmt werden können. Die Zweckbestimmung wird deshalb bei der Leistungskondiktion auch als „Mädchen für alles“ bezeichnet.9 Leider findet durch die Konzentration auf das finale Element nicht immer hinreichend Beachtung, dass der Leistungsbegriff des Bereicherungsrechts anerkanntermaßen ein zweiteiliger ist: Leistung reduziert sich nicht allein auf die Zweckbestimmung, sondern beinhaltet auch und vor allem eine bewusste Mehrung fremden Vermögens. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es deshalb, die Bedeutung und Funktion der Zweckbestimmung innerhalb des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs, vor allem aber das strittige Verhältnis zwischen Zweckbestimmung und Zuwendung, unter Herausarbeitung eines Zusammenhangs zwischen beiden Leistungsbegriffen zu klären. Vor diesem Hintergrund wird auch zu untersuchen sein, inwieweit sich die speziell im Rahmen der Anweisungsfälle oftmals zu findende Aussage, eine Zweckbestimmung könne eine einzige Zuwendung zu zwei Leistungen umlenken,10 aufrechterhalten lässt. Gerade die Vernachlässigung der Zuwendung und die damit verbundene Überbewertung 7 Larenz, Schuldrecht II, § 68 I a (S. 467); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 94); Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 44; Canaris, JZ 1984, S. 627 Fn. 5; Eckert, JR 1989, S. 202; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 88; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 7, 8; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 55; Stolte, JZ 1990, S. 222; Wolf, Drittleistung, S. 21; Gernhuber, Erfüllung, § 5 II (S. 97). 8 Vgl. dazu unten Zweiter Teil § 14 III. 2. 9 Wilhelm, JuS 1973, S. 1. 10 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I (S. 11); Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 51; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 108; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 26; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 281; ders., NJW 1979, S. 2012; ders., Symposium König, S. 43; Wolf, Drittleistung, S. 48; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 162; ders., Grundfragen, S. 100; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 390) für das Valutaverhältnis. In diese Richtung auch Canaris, JZ 1984, S. 628.

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Einleitung

der Zweckbestimmung hat letztlich zur nie verstummten Kritik am finalen Leistungsbegriff geführt,11 weshalb auch einer Auseinandersetzung mit dieser Kritik nicht aus dem Weg gegangen werden soll. Dabei gilt es jedoch exakt zu unterscheiden, ob tatsächlich der finale Begriff der Leistung als solcher angegriffen wird, oder lediglich die mit Hilfe des Leistungsbegriffs gewonnenen Ergebnisse bei der Bestimmung der Parteien der Rückabwicklung kritisiert werden. Einer Kritik wird nämlich nur insofern nachzugehen sein, als sie sich tatsächlich gegen den finalen Leistungsbegriff als solchen richtet. Dagegen wird dem Begriff der Leistung im Tatbestand des § 362 Abs. 1 BGB nicht annähernd die gleiche Aufmerksamkeit zu Teil wie dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff. Das ist zumindest im Ansatz verständlich, treten doch in der Realität Komplikationen zumeist erst auf, wenn die erbrachte Leistung nicht zur Erfüllung geführt hat und rückabgewickelt werden muss. Dann befindet man sich aber inhaltlich bereits im Bereicherungsrecht. Gleichwohl gibt es auch im Erfüllungsrecht noch immer offene Fragen, die einer endgültigen Lösung harren. So ist bis heute nicht abschließend geklärt, ob Bestandteil jeder Erfüllung eine Zuordnungsbestimmung ist – sei es als einseitige Tilgungsbestimmung des Schuldners oder als Teil einer Zweckvereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger – oder ob sich die Zuordnung von erbrachter Leistung zu einem Schuldverhältnis allein aus den objektiven Umständen der Leistungserbringung ergibt. Schließlich treten Schwierigkeiten auf, wenn Schuldner oder Gläubiger im Zeitpunkt des Erfüllungsvorgangs nicht voll geschäftsfähig sind.12 Erstaunlicherweise werden diese Problemkonstellationen des Erfüllungsrechts losgelöst vom Wortlaut des § 362 Abs. 1 BGB diskutiert. Als Ursache dafür ist auszumachen, dass bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen der Erfüllung nicht genügend im Wortlaut verankert werden.13 Versucht man hingegen, sich am Wortlaut des Gesetzes zu orientieren, zeigt sich, dass eine Lösung der erwähnten erfüllungsrechtlichen Probleme ebenfalls im Kontext des Leistungsbegriffs gelingen kann. Mit der vorliegenden Arbeit soll also nicht nur der Versuch unternommen werden, Bestehen und Reichweite eines Zusammenhanges zwischen dem erfüllungsrechtlichen und dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff herauszuarbeiten, sondern zugleich, die noch strittigen Fragen sowohl des Erfüllungsrechts als auch des Bereicherungsrechts insoweit einer Lösung zuzuführen, als sie mit dem Begriff der Leistung verbunden sind. Die Untersuchung eines möglichen Zusammenhangs zwischen beiden Leistungsbegriffen verspricht schließlich Erkenntnisse hinsichtlich der mög11 Vgl. Canaris, FS Larenz, S. 857; Harder, JuS 1979, S. 76 f.; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 11 f., 42; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 31; Wesel, NJW 1994, S. 2594; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 106 ff. 12 Vgl. unten Erster Teil § 6 II. 8. 13 Vgl. unten Erster Teil § 1 IV.

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lichen Leistungszwecke. Ausgehend von der erfüllungsrechtlichen Leistung, die schon begrifflich solvendi causa erfolgt, werden die für die Tilgungsbestimmung gewonnenen Erkenntnisse auf den bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff übertragen. Die Entwicklung des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs aus dem Erfüllungsrecht ist nicht nur systematisch vorzugswürdig,14 sondern wirkt überdies der Gefahr entgegen, den Begriff der Leistung bei § 812 Abs. 1 BGB mit Fragen einer sachgerechten Rückabwicklung zu vermischen.15 Eine kritische Auseinandersetzung mit den durch die herrschende Lehre behaupteten anderen Leistungszwecken im Bereicherungsrecht wird schließlich zeigen, dass andere Leistungszwecke als der Erfüllungszweck auch im Bereicherungsrecht nicht anzuerkennen sind, bereicherungsrechtlicher und erfüllungsrechtlicher Leistungsbegriff also identisch sind. Als ausschlaggebend werden sich dabei die Erkenntnisse zur dogmatischen Struktur der Handgeschäfte16 sowie zum Anwendungsbereich der condictio ob rem erweisen.17 Mag sich auch die praktische Dimension der vorliegenden Arbeit nicht sofort aufdrängen, offenbart sie sich jedenfalls auf den zweiten Blick. Speziell die Ausführungen zu den Leistungen bei der tagtäglich tausendfach vorgenommenen Bankanweisung sind geeignet, das Verhältnis zwischen Zuwendung und Zuordnungsbestimmung bei Anweisungsleistungen neu zu bestimmen, was sich dann insbesondere auf die Beurteilung der Fälle fehlerhafter Anweisung durchschlagen muss.18 Vor allem aber zeitigen die gewonnenen Ergebnisse hinsichtlich der erfüllungsrechtlichen Tilgungsbestimmung Auswirkungen in der Praxis. Dies betrifft das Verhältnis der einseitigen Tilgungsbestimmung zur konsensualen Zweckvereinbarung ebenso wie den Anwendungsbereich des § 366 BGB. Letzteres begegnet Praktikern etwa in mietrechtlichem Gewand.19 14

Vgl. unten Zweiter Teil § 13 II. 4. Dieser Gefahr erliegt ein beachtlicher Teil der Wissenschaft und Praxis, vgl. unten Zweiter Teil § 15 I. 3. 16 Vgl. unten Dritter Teil § 18 III. 17 Vgl. unten Dritter Teil § 19. 18 Vgl. unten Zweiter Teil § 16 II. 5. 19 Zahlt der Mieter seine Mietraten immer zur gleichen Zeit eines Monats, etwa weil er einen Dauerauftrag eingerichtet hat, stellt sich bei Ausbleiben einer Monatsmiete und Zahlung der nächsten Rate zum üblichen Termin die berechtigte Frage, welche Monatsrate der Mieter getilgt hat? Eine Ansicht (MüKo/Wenzel, § 366 Rdnr. 10; OLG Düsseldorf, WUM 2000, 209; KG, NJOZ 2003, 2412, 2413) will stets § 366 Abs. 2 BGB anwenden und die eingehenden Monatsmieten mit der noch offenen Rate des letzten Monats verrechnen. Damit würde im Ergebnis die Verjährung stets neu beginnen. Die Gegenansicht bejaht eine konkludenten Tilgungsbestimmung (vgl. Köhler/ Kossmann, Wohnraummiete, § 38 Rdnr. 18, Sternel, Mietrecht, III Rdnr. 117; Hinz, NZM 2004, S. 691) und kommt zur Tilgung der aktuellen Monatsmiete. 15

1. Teil

Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB Der Begriff der „Leistung“ im Rahmen des § 362 BGB, mithin der erfüllungsrechtliche Leistungsbegriff, steht im Mittelpunkt des ersten Teils der Untersuchung. Den Ausgangspunkt bildet die Momentaufnahme des Meinungsstandes zu den Voraussetzungen der Erfüllung. Dabei gilt es zu zeigen, dass der „Erfüllungstatbestand“1 des § 362 Abs. 1 BGB weder durch die Literatur noch durch die Rechtsprechung hinreichend ausdifferenziert wird. Stattdessen werden die Voraussetzungen der Erfüllung allgemein ohne Wortlautanbindung dargestellt. Diese fehlende Differenzierung zeitigt grundlegende Folgen für die Auslegung des Begriffs „Leistung“. Anschließend wird herausgearbeitet, dass die Feststellung des erlöschenden Schuldverhältnisses das Grundproblem jedes Erfüllungsvorgangs darstellt. Das gelingt am besten, indem man die insoweit problematischen Fälle anhand von Beispielen darstellt. Dieses Vorgehen erhellt, dass es sich bei der Frage nach dem erlöschenden Schuldverhältnis im Grunde um das Problem einer Zuordnung von Leistung zur erlöschenden Forderung handelt. Welche Möglichkeiten einer solchen Zuordnung denkbar sind und welcher dieser theoretischen Möglichkeiten der Ausgleich der Interessen von Schuldner und Gläubiger am ehesten gelingt, soll ebenfalls geklärt werden. Die Ergebnisse der Interessenabwägung bei der Zuordnungsfrage beeinflussen maßgeblich die Entscheidung hinsichtlich der einschlägigen Erfüllungstheorien.2 Indem herausgearbeitet wird, dass sich auch die Erfüllungstheorien primär um die Lösung des Zuordnungsproblems bemühen, wird die Überlegenheit einer einseitigen Zuordnung durch den Schuldner gezeigt. Daran anknüpfend wird sowohl der Standort der schuldnerischen Zuordnungsbestimmung bei der Erfüllung als auch der Zeitpunkt ihrer Abgabe einer Untersuchung unterzogen. Daneben bedarf es eines genaueren Blickes auf die Rechtsnatur der Zuordnungsbestimmung, hängt doch von ihr die Antwort auf Fragen der Auslegung sowie der Erfüllung durch oder gegenüber nicht voll Geschäftsfähigen ab. Zuletzt sollen die Ergebnisse hinsichtlich des erfüllungsrechtlichen Leistungsbegriffs im Zusammenhang mit Naturalobligationen überprüft werden. 1

Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 55 (S. 160). Die Erfüllungstheorien wollen die Frage der Notwendigkeit eines subjektiven Tatbestandsmerkmals bei der Erfüllung klären, vgl. unten § 4. 2

§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand

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§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand Schuldverhältnisse aller Art bestimmen unseren Alltag,1 leben wir doch im Jahrhundert der Schuldner.2 Vereinfachend könnte man sagen, unser Leben sei nichts anderes als die ständige Anbahnung, der Abschluss und die Erfüllung von Schuldverhältnissen. Zugegebenermaßen ist diese Aussage etwas verkürzt.3 Dennoch enthält sie einen wahren Kern, begleiten uns doch Schuldverhältnisse aller Art von der Geburt4 bis zum Tode.5 Kennzeichen dieser „relativen“6 Schuldverhältnisse ist, dass sie in die Zukunft gerichtet sind als Abbild eines Zustandes, wie er noch entstehen soll.7 Sie führen die geplanten Rechtsänderungen selbst noch nicht durch, sondern begründen lediglich die Verpflichtung zur späteren Veränderung.8 Weil Schuldverhältnisse also auf Herbeiführung eines veränderten Zustandes gerichtet sind, werden sie auch als „dynamisch“ bezeichnet.9 Dieser Dynamik entspricht es, dass sich die geplanten Veränderungen in der Zukunft realisieren, es zur Ausführung des geplanten Leistungsprogramms kommt.10 Damit 1 So hat Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 55 (S. 160) bereits 1929 festgestellt, dass der Großteil der Erwerbstätigen in Arbeits- oder Beamtenverhältnissen steht. Dies sind Schuldverhältnisse, die tagtäglich durch die Betroffenen erfüllt werden. 2 Die Aussage von AK-BGB/Dubischar, vor §§ 241 ff. Rdnr. 2 gilt ungebrochen auch für das 21. Jahrhundert. 3 Daneben besteht als zweite Hauptpflicht die Beachtung fremder Rechtsgüter, vgl. Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 4 I 1 (S. 66); Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 94, 170, 172, 186. Aus der Nichteinhaltung dieser Pflicht entsteht jedoch wieder ein gesetzliches Schuldverhältnis. 4 So entsteht der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen die Eltern, der ein schuldrechtliches Element beinhaltet, mit der Vollendung der Geburt, vgl. Larenz, Schuldrecht I, § 1 (S. 3). 5 Der Pflichtteilsanspruch als gesetzliches Schuldverhältnis entsteht allein mit dem Ableben des Erblassers, vgl. Larenz, Schuldrecht I, § 1 (S. 4). 6 Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 1; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 14 Rdnr. 7; Esser/Schmidt, Schuldrecht I, § 5 V (98); Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 8; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 30; Larenz, Schuldrecht I, § 2 II (S. 15); Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 2 III (S. 11); Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 12. 7 Larenz, Schuldrecht I, § 1 (S. 4); Rother, AcP 169, S. 1 (19); Boehmer, Erfüllungswille, S. 6. 8 Eine Ausnahme stellt der schuldrechtliche Abtretungsvertrag gemäß § 387 BGB dar, welcher bereits ein Verfügungsgeschäft ist und die Rechtsänderung unmittelbar herbeiführt. 9 Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 14 Rdnr. 8; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 41. Im Gegensatz dazu steht das „statische“ Sachenrecht. 10 Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 55 (S. 160) spricht von „Programmverwirklichung“; Kittner, Schuldrecht, Rdnr. 610, von Ausführung gemäß der „Erfül-

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

die Schuldverhältnisse tatsächlich vollzogen werden und die geplanten Veränderungen eintreten, beinhalten sie neben dem Verpflichtungselement ein Haftungselement, welches die zwangsweise Herbeiführung des geplanten Zustandes ermöglicht.11 Schuldverhältnisse sind somit nicht darauf angelegt, dauerhaft zu bestehen,12 sondern sollen den geplanten Zustand durch Leistungsvollzug herbeiführen. Darin liegt ihre Aufgabe.13 Zum Wesen eines Schuldverhältnisses gehört demnach zwangsläufig das Erlöschen. Diesem streben sie zu.14 Erlöschensgrund ist dabei jede natürliche oder juristische Maßnahme, deren Eintritt das Schuldverhältnis ipso iure beendet.15 Nicht alle der zahlreichen Erlöschensgründe des Zivilrechts sind gesetzlich normiert. So finden sich weder die Konfusion16, die Novation17 noch der Aufhebungsvertrag18 im BGB. Auch der ersatzlose Wegfall des Schuldners ist nicht normiert.19 Gesetzlich geregelt, wenn auch verstreut, sind hingegen die Anfechtung,20 lungsplanung“; Henke, Leistung, S. 12: „Einlösung der vertraglichen Zusage oder des gesetzlichen Gebots“. 11 Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 11, 18. 12 Eine Ausnahme vom Grundsatz der einmaligen Leistungspflicht stellen insoweit die Dauerschuldverhältnisse dar, vgl. Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 59. Daher haben sie punktuell eine abweichende gesetzliche Regelung erfahren. Aus den vereinzelten Regeln wurde dann der allgemeine Kündigungsgrund aus wichtigem Anlass hergeleitet (vgl. nur BGHZ 41, 104 (108); BGHZ 50, 312, [314 f.]), welcher heute in § 314 BGB normiert ist. Dennoch erlöschen auch bei Dauerschuldverhältnissen die daraus entstehenden einzelnen Forderungen nach den allgemeinen Regeln, vgl. nur MüKo/Heinrich, § 362 Rdnr. 28. 13 Brox, Allgemeines Schuldrecht (26. Auflage), Rdnr. 12; Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 9 I (S. 42); Henke, Leistung, S. 59; Staudinger/Kaduk, 12. Aufl., Vorbem. 1 zu §§ 362 ff. 14 Siber, Schuldrecht, S. 116; Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 699; Henke, Leistung, S. 59; Beyerle, FS Boehmer, S. 164 ff.; Boehmer, Erfüllungswille, S. 45. 15 So die Definition in den Motiven II, S. 78. 16 Staudinger/Olzen, Einl. zu §§ 362 ff. Rdnr. 25; AK-BGB/Dubischar, vor §§ 362 ff. Rdnr. 3. 17 Staudinger/Olzen, Einl. zu §§ 362 ff. Rdnr. 35. 18 Hk-BGB/Schulze, vor §§ 362 Rdnr. 2, 5; Staudinger/Olzen, Einl. zu §§ 362 ff. Rdnr. 47. 19 Hk-BGB/Schulze, vor §§ 362 Rdnr. 3. Ein solcher kommt aufgrund des in den §§ 1922 ff. BGB angeordneten Erbeneintritts in die Schuldnerstellung vor allem bei juristischen Personen in Betracht, wenn deren Rechtspersönlichkeit, z. B. nach Liquidation, aufgehoben wird. Bei natürlichen Personen ist der Tod des Schuldners lediglich in einigen normierten Ausnahmefällen (§§ 613, 673, 727 BGB) Erlöschensgrund. 20 § 142 Abs. 1 BGB.

§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand

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der Widerruf,21 die Kündigung22 und der Rücktritt23 als solche Erlöschensgründe, die auf einem einseitigen Rechtsakt eines Beteiligten beruhen. Die Unmöglichkeit,24 der Eintritt einer auflösenden Bedingung,25 die Verwirkung26 sowie der Zeitablauf27 setzen hingegen nicht unmittelbar einen Akt der Beteiligten voraus. Ihre Qualifikation als Erlöschensgründe liegt in tatsächlichen Umständen begründet. Das Bürgerliche Gesetzbuch selbst nennt im 4. Abschnitt des 2. Buches als Erlöschensgründe ausdrücklich nur die Erfüllung (§§ 362 ff.), die Hinterlegung (§§ 372 ff.), die Aufrechnung (§§ 387 ff.) und den Erlass (§ 397). Dabei steht die Erfüllung in engerer Verbindung zum Inhalt des Schuldverhältnisses als jeder andere Erlöschensgrund.28

I. Erfüllung als Erlöschensgrund Schon aufgrund ihres systematischen Standorts im 4. Abschnitt des Schuldrechtsbuches ist die Erfüllung unschwer als spezieller gesetzlicher Erlöschensgrund auszumachen. Allerdings ist schon der Begriff der Erfüllung mehrdeutig.29 Auf der einen Seite kann Erfüllung den Erfüllungsakt, die Tätigkeit, den Tatbestand beschreiben. Auf der anderen Seite kann Erfüllung auch als das Ergebnis, als die Rechtsfolge, aufgefasst werden.30 Diese Unsicherheit resultiert aus dem Wortlaut des § 362 BGB, in welchem der dort beschriebene Vorgang nicht als Erfüllung bezeichnet, sondern lediglich seine Rechtsfolge normiert ist. Gleichwohl ist man sich darüber einig, dass § 362 BGB die Normierung des Erfüllungsaktes darstellt. Wenn das Bürgerliche Gesetzbuch von Erfüllung spricht, meint es also den Erfüllungstatbestand.31 Das Charakteristikum der Erfüllung als Tatbestand ist die Verwirklichung des sachlichen Schuldinhalts durch Leistung.32 Ob auch die Verwirklichung des Schuldinhaltes durch Zwangsvollstreckung Erfüllung darstellt, ist um21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32

Vgl. §§ 610, 658, 671 BGB. Vgl. §§ 564 Abs. 2, 620 Abs. 2, 649 BGB. §§ 346 ff. BGB. § 275 BGB. § 158 Abs. 2 BGB. § 242 BGB. Vgl. §§ 163, 158 Abs. 2 BGB. Kretschmar, Erfüllung, S. 103. Krawielicki, Grundlagen, S. 182; Gernhuber, Erfüllung, S. 92. Gernhuber, Erfüllung, S. 92. Gernhuber, Erfüllung, S. 92. Gernhuber, Erfüllung, S. 93.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

stritten.33 Richtig ist, dass § 362 BGB die Zwangsvollstreckung mangels Freiwilligkeit nicht erfasst.34 Welcher Auffassung man folgt, hängt somit entscheidend davon ab, ob man § 362 BGB als Legaldefinition der Erfüllung versteht35 oder ob die Erfüllung über § 362 BGB hinausgeht.36 Für die weite Auffassung von Erfüllung spricht, dass auch die Leistung an Erfüllungs Statt und erfüllungshalber unter dem Titel „Erfüllung“ normiert sind.37 Diesen Erfüllungsersetzungen ist jedoch gemeinsam, dass keine Verwirklichung des Schuldinhaltes erfolgt, sondern ein aliud geleistet wird.38 Wenn das Gesetz aber selbst Erfüllungsersetzungen unter dem Titel Erfüllung regelt, verwendet es den Begriff Erfüllung über § 362 Abs. 1 BGB hinaus, insofern nicht mit gleich bleibendem Inhalt.39 Mithin scheint die Erfüllung auch die Verwirklichung des Schuldinhaltes durch Zwangsvollstreckung mit zu umfassen. Die Rechtsfolge der auf diesem Weg erfolgten Gläubigerbefriedigung ist ohnehin die gleiche wie bei § 362 BGB.40 Die vorliegende Arbeit beschränkt ihre Untersuchung auf die Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB. Dieser spezielle Erlöschensgrund stellt den gesetzlich vorgesehenen Regelfall der Beendigung eines Schuldverhältnisses dar.41 Idealiter erlöschen alle Schuldverhältnisse durch Erfüllung. Der überwiegende Teil aller Schuldverhältnisse erlischt tatsächlich im Wege der Erfüllung gemäß § 362 BGB, weshalb die Erfüllung in der Praxis der Erlöschensgrund für ein Schuldverhältnis ist.

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Bejahend: Siber, Rechtszwang im Schuldverhältnis, S. 10; ders., Schuldrecht, S. 119; Schünemann, JZ 1985, 49; Krüger, NJW 1990, 1208, 1210 Fn. 21; Gernhuber, Erfüllung, S. 93; Soergel/Zeiss, vor § 362 Rdnr. 3; Erman/Westermann, § 362 Rdnr. 14; Staudinger/Olzen, vor §§ 362 ff. Rdnr. 6 und § 362 Rdnr. 7; AK-BGB/ Dubischar, § 362 Rdnr. 2. Verneinend: Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 236); MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 22; Staudinger/Kaduk, 12. Aufl., § 362 Rdnr. 34; Boehmer, Erfüllungswille, S. 22; Henke, Leistung, S. 70; Kretschmar, Erfüllung, S. 133. 34 Es fehlt schon an der Zuwendung als der bewussten Mehrung des Gläubigervermögens, vgl. unten Erster Teil § 11. 35 Dann gehört auch das freiwillige Handeln des Schuldners zur Erfüllung, vgl. Henke, Leistung, S. 69. 36 In diesem Sinne Gernhuber, Erfüllung, S. 97. 37 Boehmer, Erfüllungswille, S. 1. 38 Gernhuber, Erfüllung, S. 97. 39 Gernhuber, Erfüllung, S. 97; Boehmer, Erfüllungswille, S. 1; Klein, Natur der causa solvendi, S. 2. 40 So auch Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 236). 41 Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 531; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 383; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., vor § 362 Rdnr. 2; HK-BGB/Schulze, § 362 Rdnr. 1; von Kübel, Vorentwürfe Schuldrecht I, S. 1007.

§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand

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II. Erlöschen des Schuldverhältnisses im engeren Sinn Gemäß § 362 Abs. 1 BGB führt das Bewirken der geschuldeten Leistung zum Erlöschen des Schuldverhältnisses. Was allerdings unter Schuldverhältnis zu verstehen ist, klärt des BGB nicht.42 Im Gegenteil verwendet es den Begriff Schuldverhältnis mit unterschiedlichen Bedeutungsgehalten.43 So ist z. B. in § 280 BGB das Schuldverhältnis im weiteren Sinne (als Summe aller Forderungen und Nebenpflichten) und in § 241 Abs. 1 BGB das Schuldverhältnis im engeren Sinne, die einzelne Forderung, gemeint. Einige Vorschriften, wie etwa § 241 Abs. 2 BGB, ergeben wiederum in beiden Auslegungsmöglichkeiten einen Sinn. Verwendet das Gesetz den Begriff Schuldverhältnis nicht mit gleich bleibender Bedeutung, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob bei der Erfüllung gemäß § 362 BGB das Schuldverhältnis im weiteren Sinne oder die einzelne Forderung gemeint ist.44 1. Erlöschen der Forderung Erbringt im Fall eines gegenseitigen Vertrages ein Vertragspartner die ihm obliegende Leistung als Vorleistung, würde das Erlöschen des Schuldverhältnisses im weiteren Sinne dazu führen, dass nicht nur die ihn treffende Verbindlichkeit erlischt, sondern das gesamte Schuldverhältnis mit allen anderen Leistungspflichten und damit auch seine gegen den Vertragspartner gerichtete Gegenforderung. Er könnte die ihm gebührende Gegenleistung nicht mehr fordern. Bei einem synallagmatischen Vertrag würde die Befriedigung des Gläubigers zum Verlust der eigenen Forderung führen. Der Vorleistende beraubte sich seines eigenen Anspruchs. Es wäre lediglich ein Gläubigerinteresse befriedigt.45 Dieses Ergebnis ist nicht sinnvoll.46 Schuldverhältnis im Sinne des 4. Abschnitts des zweiten Buches meint nicht das Schuldverhältnis im weiteren Sinne, sondern lediglich das Schuldverhältnis im engeren Sinne, die einzelne Forderung.47 Erfüllung gemäß 42

Stammler, Recht der Schuldverhältnisse, S. 214 hat dies als erster kritisiert. Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 452; Bamberger/Roth/Grüneberg, § 241 Rdnr. 3; Schmidt, Erfüllung, S. 2; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 2 Rdnr. 1. 44 Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 697; Muscheler/Bloch, JuS 2000, S. 730; Erman/Werner, Einl. § 241 Rdnr. 13. 45 Esser/Schmidt, Schuldrecht I, § 17; Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 697; Bülow, JuS 1991, S. 529. 46 Gleiches gilt für die Aufrechnung und die Hinterlegung. 47 Esser/Schmidt, Schuldrecht I, § 17 (S. 276); Larenz, Schuldrecht I, § 2 V (S. 26); Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 697; Brox/Walker, Allgemeines 43

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

§ 362 BGB führt mithin zum Erlöschen des Schuldverhältnisses im engeren Sinne, der einzelnen Leistungspflicht. 2. Grund des Erlöschens Warum aber erlischt die Forderung nach erfolgter Leistung? Hält man sich vor Augen, dass das Schuldverhältnis darauf gerichtet ist, in Zukunft einen veränderten Zustand zu verwirklichen, seine Aufgabe also die Herbeiführung des zukünftigen Zustandes ist, folgt daraus, dass das Schuldverhältnis nach Eintritt des geplanten Zustandes seine Aufgabe erfüllt hat.48 Die Erfüllung führt zur Verwirklichung des sachlichen Schuldinhaltes.49 Das Motiv, das den Einzelnen zur Begründung des Schuldverhältnisses veranlasst hat, nämlich die Befriedigung seines Interesses,50 wurde verwirklicht.51 Der Gläubiger hat exakt dasjenige erhalten, worauf es ihm bei der Eingehung des Schuldverhältnisses ankam. Das Gesetz bringt dies explizit nur einmal, in der Regelung des § 726 BGB, zum Ausdruck. Allerdings deuten auch die §§ 243 Abs. 2, 300 Abs. 2 BGB darauf hin,52 dass sich die Erfüllung durch die Befriedigung des Gläubigerinteresses auszeichnet.53 Diese Zweckbefriedigung des Gläubigers und das Erreichen des geplanten Zustandes rechtfertigen den ersatzlosen Wegfall54 der nun funktionslosen Forderung bei der Erfüllung.55 Schuldrecht, vor § 14 Rdnr. 1; Eckert, Schuldrecht AT, Rdnr. 422; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 390; Gernhuber, Erfüllung, S. 2; Havenstein, Erfüllung, S. 7; Schmidt, Erfüllung, S. 3; Harder, datio in solutum, S. 29; Soergel/Zeiss, vor § 362 Rdnr. 1; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., vor § 362 Rdnr. 1; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 3; Muscheler/Bloch, JuS 2000, S. 729; Bülow, JuS 1991, S. 529; BGHZ 10, 391 (395); BGH NJW 1986, 1678. 48 Wieacker, FS Nipperdey I, S. 791; Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 5 (S. 160); Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 38 (S. 223). 49 Schmidt, Erfüllung, S. 3; Gernhuber, Erfüllung, S. 93; Kümper, Natur der Erfüllung, S. 3. 50 Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 1 (S. 2). 51 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17 I (S. 276); Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 241); Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 383; Kittner, Schuldrecht, Rdnr. 610; Hartmann, Die Obligation, S. 37; Kretschmar, Erfüllung, S. 103; Boehmer, Erfüllungswille, S. 5; Henke, Leistung, S. 41; Havenstein, Erfüllung, S. 13; Alexander, Natur der Erfüllung, S. 67; Harder, datio in solutum, S. 131; Beuthien, Zweckerreichung, S. 37; Bülow, JuS 1991, S. 530; Rosenberg, JherJB 43, S. 209; Wieacker, FS Nipperdey I, S. 791. 52 Nach diesen Normen erlischt die Leistungspflicht nicht bereits durch das Handeln des Schuldners. 53 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17 I (S. 276); Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 241); Westermann/Bydlinski/Weber, BGB-Schuldrecht AT, § 19 Rdnr. 4; Beuthien, Zweckerreichung, S. 7.

§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand

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3. Überdauern als Behaltensgrund Entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 362 Abs. 1 BGB ist das Schuldverhältnis im engeren Sinne auch nach erfolgter Erfüllung nicht völlig bedeutungslos für die Zukunft. Zwar erlischt gemäß § 362 Abs. 1 BGB mit der Verbindlichkeit der forderungsbewehrte Teil des Schuldverhältnisses, denn eines Zwangselementes zur Durchsetzung der Leistung bedarf es nicht mehr. Ein davon zu unterscheidender Teil des Schuldverhältnisses im engeren Sinne bleibt jedoch als reiner Behaltensgrund56 – als Rechtsgrund der erbrachten Leistung im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB – auch mit Wirkung für die Zukunft bestehen.57 4. Zwischenergebnis Die Erfüllung führt zum Erlöschen lediglich der einzelnen Forderung. Grund für deren ersatzlosen Wegfall ist die erreichte Zweckbefriedigung des Gläubigers. Mit Verwirklichung der geplanten Veränderungen wird die Forderung funktionslos. Das davon zu unterscheidende Schuldverhältnis im engeren Sinn wandelt sich in einen Behaltensgrund um.

III. Entstehungsgeschichte des § 362 Abs. 1 BGB Seit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches am 01.01.1900 besteht der Wortlaut des § 362 BGB unverändert. Diese Beständigkeit zeigt, auf welcher Abstraktionshöhe sich der Wortlaut befindet, lassen sich doch selbst die komplexen Erfüllungsvorgänge des heutigen Wirtschaftslebens problemlos mit § 362 BGB bewältigen. Diese Qualität ist das Ergebnis eines langjährigen, von Gründlichkeit geprägten Entstehungsprozesses. Nach54 Es gibt aber Ausnahmefälle, in denen die Schuld durch eine Erfüllungshandlung nicht getilgt wird, sondern eine cessio legis stattfindet, vgl. §§ 268 III, 1143, 1150, 1225, 1249. Dies sind schulderhaltende Erfüllungsakte. 55 Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 1 (S. 2); Fikentscher, Schuldrecht AT, Rdnr. 453; Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17 (S. 275 ff.); Bülow, JuS 1991, S. 529; Boehmer, Erfüllungswille, S. 47; Wieacker, FS Nipperdey I, S. 791; Welker, Zweckverfehlung, S. 47. 56 Westermann, causa, S. 201 bezeichnet den Rechtsgrund als causa. Zum Verhältnis zwischen Forderung und Schuldverhältnis im engeren Sinne unten Erster Teil § 12. 57 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 33; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 31; Wambach, Rückabwicklung gesetz- oder sittenwidriger Verträge, S. 24; Welker, Zweckverfehlung, S. 48 spricht insoweit von einer „gesetzlichen Gestaltungswirkung“.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

dem auf Beschluss des Bundesrates im Jahre 1874 die I. Kommission58 mit dem Auftrag eingesetzt wurde, einen Entwurf für einheitliches Bürgerliches Gesetzbuch vorzulegen, erarbeitete Franz von Kübel als Redaktor für das Obligationenrecht den Teilentwurf 27, welcher auch die Erfüllung regelte. § 1 TE 27 lautete:59 „Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung mit dem erklärten Willen der Schuldtilgung bewirkt wird.“

In der Rechtslehre des Gemeinen Rechts herrschte die Ansicht vor, die Erfüllung sei auf Seiten des Schuldners wegen des erforderlichen animus solvendi ein Rechtsgeschäft.60 Im Falle rechtsgeschäftlichen Leistungsinhalts war die Erfüllung nach überwiegender Ansicht Vertrag.61 Tatsächlich scheint der Wortlaut des Teilentwurfs für ein Rechtsgeschäft zumindest des Schuldners zu sprechen. Dennoch sollte der Entwurf die Frage der Rechtsnatur der Erfüllung gerade nicht entscheiden, sondern offen lassen.62 Als auf der Grundlage des Entwurfs im Jahre 1882 die Beratungen der I. Kommission begannen, lagen hingegen zwei Anträge vor, welche die Rechtsnatur der Erfüllung positiv festschreiben lassen wollten. Der erste, von Windscheid gestellte Antrag, lautete:63 „Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung in der Absicht der Schuldtilgung bewirkt, und, falls zur Bewirkung der Leistung Annahme des Gläubigers erforderlich ist, von dem Gläubiger in der Absicht der Schuldtilgung angenommen wird.“

Einen ähnlichen Wortlaut sah ein Eventualantrag Plancks vor:64 „Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung mit dem erklärten Willen der Schuldtilgung bewirkt wird und, sofern zur Bewirkung der Leistung eine Mitwirkung des Gläubigers erforderlich ist, von diesem in derselben Absicht angenommen wird (Erfüllung).“ 58 Bestehend aus den Richtern Gustav Derscheid, Reinhold Johow, Franz von Kübel, Heinrich Pape, Anton von Weber und Gottlieb Planck, den Professoren Bernhard Windscheid und Paul von Roth sowie den Ministerialbeamten Albert Gebhard, Karl Kurlbaum und Gottfried Ritter von Schmitt. 59 Jakobs/Schubert, Beratungen, S. 620; von Kübel, Vorentwürfe Schuldrecht I, S. 1003. 60 Henrici, JherJB 14, S. 431: „Die Zahlung ist also ein vom Willen der Handelnden beherrschtes Rechtsgeschäft.“ Vgl. die weiteren Nachweise bei von Kübel, Vorentwürfe Schuldrecht I, S. 1009 ff. 61 Vgl. Struckmann, Jahrbuch für Dogmatik XV, S. 253; Henrici, JherJB 14, S. 430; W. Endemann, Handelsrecht, § 124 II, III. 62 Ganz explizit von Kübel, Vorentwürfe Schuldrecht I, S. 1012, 1013; unrichtig deshalb Jakobs/Schubert, Beratungen, S. 620. 63 Vgl. Jakobs/Schubert, Beratungen, S. 620. 64 Vgl. Jakobs/Schubert, Beratungen, S. 620.

§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand

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Anderseits stellte Planck einen Antrag dahingehend, die Ausführungen der Motive zur beschränkten Vertragstheorie nicht zu billigen.65 Sollte man sich nicht auf die Festschreibung der Vertragstheorie einigen können, lagen von beiden Kommissionsmitgliedern noch folgende Anträge vor:66 „Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung bewirkt wird.“ (Windscheid) „Das Schuldverhältnis erlischt durch Erfüllung.“ (Planck)

Zu Beginn der Beratungen zog Planck seinen Eventualantrag zwei zurück, da der erste Antrag Windscheids die von ihm favorisierte beschränkte Vertragstheorie deutlich genug zum Ausdruck brachte.67 Im Folgenden wurde indes der die beschränkte Vertragstheorie festschreibende Antrag Windscheids abgelehnt. Man wollte den in der Rechtswissenschaft geführten Streit, „ob die Erfüllung ein Rechtsgeschäft beziehungsweise ein Vertrag sei“, nicht entscheiden.68 Vor allem deshalb nicht, weil man keine Gefährdung des Rechtsverkehrs im Falle fehlender gesetzgeberischer Entscheidung sah.69 Eine solche Entscheidung sei nicht Aufgabe des Gesetzbuchs, sondern vielmehr der Wissenschaft.70 Jede gesetzgeberische Entscheidung werfe nur weitere Schwierigkeiten auf.71 Fragwürdig erschien außerdem die Behandlung der Fälle einer Leistung ohne animus solvendi.72 Gerade die Bedenken bezüglich einer Leistung ohne Leistungswillen sprachen auch gegen den ursprünglichen Entwurf Franz von Kübels. Gab es aber keine befriedigende Lösung des Problemkreises, sollte der Wortlaut des Gesetzes das Problem nicht noch aufdrängen. Aus diesem Grund fand der Entwurf von Kübels ebenfalls keine Billigung. Der zweite Antrag Plancks hingegen wurde abgelehnt, weil er für ein Gesetz unpassend kurz sei und besser in ein Lehrbuch passe.73 Letztlich entschied man sich für den Eventualantrag Windscheids: „Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung bewirkt wird.“74 65

Jakobs/Schubert, Beratungen, S. 620. Jakobs/Schubert, Beratungen, S. 620. 67 Jakobs/Schubert, Beratungen, S. 620. 68 Motive II, S. 81; Mugdan, Materialien II, S. 44; Jakobs/Schubert, Beratungen, S. 621. 69 Motive II, S. 81; Mugdan, Materialien II, S. 44; Jakobs/Schubert, Beratungen, S. 621. 70 Motive II, S. 81; Mugdan, Materialien II, S. 44; Jakobs/Schubert, Beratungen, S. 621. 71 Jakobs/Schubert, Beratungen, S. 621. 72 Jakobs/Schubert, Beratungen, S. 621. 73 Jakobs/Schubert, Beratungen, S. 621. 74 Der Redaktion blieb es vorbehalten, die Worte „geschuldete Leistung“ durch „die dem Schuldner obliegende Leistung“ zu ersetzen. § 232 ZustOR hatte daher folgenden Wortlaut: „Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die dem Schuldner oblie66

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

Seinen endgültigen Wortlaut erhielt der heutige § 362 Abs. 1 BGB durch die Redaktion der II. Kommission. Es wurde klargestellt, dass die Leistung an den Gläubiger zu erfolgen hat: „Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.“

Als Ergebnis des Entstehungsprozesses bleibt festzuhalten, dass der Gesetzgeber mit dem Wortlaut des § 362 BGB keinerlei Entscheidung hinsichtlich einer Erfüllungstheorie treffen wollte.75 Stattdessen wurde eine Fassung geschaffen, die einerseits für die Entscheidung der Wissenschaft offen bleiben konnte, anderseits eine beträchtliche Abstraktionshöhe aufweist.

IV. Tatbestandsmerkmale des § 362 Abs. 1 BGB Wenn Studenten die Technik der gutachterlichen Fallbearbeitung und damit die Subsumtionsmethode erlernen, wird ihnen beigebracht, den Tatbestand der Anspruchsgrundlage in seine Voraussetzungen zu zerlegen und diese einzeln zu prüfen.76 Das erfolgt nicht ohne den warnenden Hinweis davor, die Voraussetzungen abstrakt zu diskutieren. Die Studenten sollen vielmehr eng am Gesetz bleiben und die Tatbestandsvoraussetzungen am Wortlaut festmachen.77 Diese Art des Vorgehens gilt indes nicht allein für Studenten.78 Dass diese Grundregel in der Strafrechtswissenschaft weitaus konsequenter als im Zivilrecht eingehalten wird, liegt wohl daran, dass es im Zivilrecht das durch Art. 103 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich abgesicherte Analogieverbot zu Lasten des Täters nicht gibt. Trotzdem beansprucht die Bindung an den Wortlaut auch im Zivilrecht Geltung, beginnt doch jede Auslegung des Gesetzes stets am Wortlaut.79 gende Leistung bewirkt wird.“ In den Beratungen der 1890 eingesetzten zweiten Kommission erhielt § 263 E I wieder den ursprünglichen Wortlaut („die geschuldete Leistung“), weil er sachlich keine Veränderungen mit sich brachte, den Wortlaut hingegen an den gleichlautenden § 264 Satz 1 EI anpasste; vgl. Jakobs/Schubert, Beratungen, S. 629; Mugdan, Materialien II, S. 541. 75 Aus diesem Grund ist auch die Behauptung Wielings in JuS 1978, S. 801 unrichtig, der Gesetzgeber wollte bewusst der herrschenden Ansicht des gemeinen Rechts folgen, wonach der Zweck durch einseitige Erklärung des Schuldners festgelegt wird. Die von ihm zitierten Fundstellen (Motive II, S. 86) betreffen stattdessen den heutigen § 366 BGB. 76 Vgl. nur Köbler, Anfängerübung, S. 17, 31. 77 Köbler, Anfängerübung, S. 32; Larenz, Methodenlehre, S. 343: „Der Wortsinn bildet den Ausgangspunkt und bestimmt zugleich die Grenze der Auslegung.“ 78 Für die Rechtsprechung folgt dies unmittelbar aus Art. 20 Abs. 3 GG, welcher an das Gesetz und damit an dessen Wortlaut bindet. 79 Larenz, Methodenlehre, S. 320: „Jede Auslegung eines Textes wird mit dem Wortsinn beginnen.“; Larenz/Wolf, BGB Allgemeiner Teil des BGB, § 4 Rdnr. 37;

§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand

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1. Stand der Literatur Der gesetzliche Tatbestand des § 362 Abs. 1 BGB besteht aus den Worten: „. . . wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird“. Beachtet man den oben erwähnten Grundsatz, müssten alle Tatbestandsvoraussetzungen direkt aus diesen Worten abgeleitet werden.80 Nur so wird man der beträchtlichen Abstraktionshöhe des § 362 BGB gerecht. Ein Blick in Ausbildungs- und Kommentarliteratur zeigt allerdings, dass eine solche Wortlautanbindung in den seltensten Fällen vorgenommen wird.81 Zwar ist man sich bezüglich der meisten Voraussetzungen der Erfüllung im Generellen einig.82 Nur werden diese nicht oder nicht genügend unter den einzelnen Teilen des Wortlautes von § 362 Abs. 1 BGB abgehandelt. Gänzlich ohne Wortlautanbindung erfolgt vor allem die Auseinandersetzung mit einem eventuellen subjektiven Bestandteil der Erfüllung. Ein solcher ist angeblich nicht im Wortlaut des Gesetzes verankert, welcher nur den objektiven Tatbestand zu beschreiben scheint.83 Im Einzelnen ergibt sich folgendes Bild: Ein Teil der Literatur diskutiert die eben genannten Voraussetzungen der Erfüllung schlicht unter Zusammenfassung aller entscheidenden Worte („geschuldete Leistung bewirkt“).84 Eine Aufspaltung des Wortlautes in unterschiedliche Tatbestandsmerkmale fehlt völlig. Begründet wird dieses VorBrox/Walker, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 60; Eisenhardt, BGB AT, Rdnr. 48; Hübner, BGB AT, Rdnr. 98; Bork, BGB AT, Rdnr. 124; BGHZ 46, 74 (76). 80 Schapp, Methodenlehre des Rechts, S. 41, 78; Schmalz, Methodenlehre, Rdnr. 438; Zippelius, Methodenlehre, S. 31. 81 Gernhuber, Erfüllung, S. 103 bestreitet sogar, dass § 362 Abs. 1 BGB alle Elemente des Tatbestandes aufzählt. 82 Als solche werden die Herstellung des Leistungserfolges, ein Verhalten des Schuldners, die Übereinstimmung des Zugewendeten mit dem Geschuldeten sowie die Person des Leistungsempfängers verstanden; vgl. nur Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 235 ff.); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 224 ff.; Eckert, Schuldrecht AT, Rdnr. 424; Erman/Westermann, § 362 Rdnr. 7 ff.; RGRK/Weber, § 362 Rdnr. 13 ff., 39 ff. und 42 ff.; Gernhuber, Erfüllung, § 5 I, IV (S. 92 ff.). 83 So Wolf, Schuldrecht, S. 20. 84 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 235 ff.); Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17 (S. 276 ff.); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 229 f.; Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 105; Eckert, Schuldrecht AT, Rdnr. 423 f.; Schellhammer, Schuldrecht, Rdnr. 1526; Fikentscher, Schuldrecht AT, Rdnr. 267 ff.; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 14 Rdnr. 1; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 29 ff.; Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 700; Jauernig/Stürner, § 362 Rdnr. 1; AK-BGB/Dubischar, § 362 Rdnr. 1 ff.; Soergel/Zeiss, vor §§ 362 Rdnr. 4; Bülow, JuS 1991, S. 529 ff. Auch Gernhuber, Erfüllung, S. 9 ff., 49 ff., 92 ff. klärt in seinem Buch alle Voraussetzungen ohne Wortlautanknüpfung. Vgl. auch BGHZ 87, 156 (162).

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

gehen zuweilen damit, dass das Gesetz eine Aufgliederung bewusst vermieden habe.85 Daran schließt sich bei diesen Autoren, abstrahiert vom Tatbestand des § 362 Abs. 1 BGB, die Diskussion um die Rechtsnatur der Erfüllung an.86 Andere Autoren unterteilen den gesetzlichen Tatbestand in einen objektiven und einen subjektiven Erfüllungstatbestand.87 Der objektive Tatbestand wird anschließend in weitere Voraussetzungen aufgegliedert, welche an einzelnen Worten festgemacht werden.88 Ein eventueller subjektiver Bestandteil der Erfüllung wird auch durch diese Autoren unabhängig vom Wortlaut diskutiert. Als objektive Voraussetzungen werden folgende Worte aus § 362 BGB herausgelesen. a) „Leistung“ Übereinstimmung besteht, dass „Leistung“ im Sinne des BGB ein „doppeldeutiger Begriff“ ist,89 verwendet ihn das Gesetz doch nicht mit eindeutigem Inhalt.90 So könne der Begriff einerseits das Leistungsverhalten, andererseits den Leistungserfolg meinen.91 Deshalb sei der Sinn des Wortes „Leistung“ durch Auslegung zu ermitteln.92 Erfüllung zeichnet sich durch Gläubigerbefriedigung aus.93 Der Gläubiger ist aber nur dann vollends befriedigt, wenn er die Leistung tatsächlich empfangen, mithin der Schuldner 85

Gernhuber, Erfüllung, S. 103 mit dem Hinweis auf die Entstehungsgeschichte. Fikentscher, Schuldrecht AT, Rdnr. 267 ff.; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 14 Rdnr. 3 ff.; Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 236 ff.); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 237, Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 105; Eckert, Schuldrecht AT, Rdnr. 425 ff.; Jauernig/Stürner, § 362 Rdnr. 2; Erman/Westermann, § 362 Rdnr. 2 ff.; Gernhuber, Erfüllung, S. 103 ff. 87 Staudinger/Olzen, vor §§ 362 ff. Rdnr. 7; Soergel/Zeiss, vor §§ 362 ff. Rdnr. 4; Taupitz, JuS 1992, S. 452 ff.; Muscheler/Bloch, JuS 2000, S. 730; wohl auch MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 5 ff. 88 „Bewirken der Leistung“, „geschuldete Leistung“ und die Person des Leistungsempfängers; vgl. Hk-BGB/Schulze, § 362 Rdnr. 2 ff.; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 11; RGRK/Weber, § 362 Rdnr. 3. 89 Larenz, Schuldrecht I, § 2 I (S. 8); Gernhuber, Erfüllung, S. 99; Wieacker, FS Nipperdey I, S. 784. 90 Larenz, Schuldrecht I, § 2 I (S. 8); Jauernig/Mansel, § 241 Rdnr. 7; Erman/ Werner, Einl. § 241 Rdnr. 23; Beuthien, Zweckerreichung, S. 7; Gernhuber, Erfüllung, S. 1, 99; Schmidt, Erfüllung, S. 1; Wieacker, FS Nipperdey I, S. 785; BGHZ 93, 230. 91 Demgegenüber behaupten Wolf, Schuldrecht AT, § 1 C II; Wolf, Drittleistung, S. 21; Henke, Leistung, S. 41 ff., es gäbe nur einen einheitlichen Leistungsbegriff: Herbeiführung des Erfolges durch schuldnerisches Verhalten. 92 Beuthien, Zweckerreichung, S. 7; Wieacker, FS Nipperdey I, S. 786. 93 Vgl. oben Erster Teil § 1 II. 2. 86

§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand

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den gewünschten Erfolg herbeigeführt hat.94 Aus diesem Grunde versteht sowohl die Literatur als auch die Rechtsprechung unter Leistung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB den Leistungserfolg.95 Eine Einschränkung wird nur dann gemacht, wenn kein rechtsgeschäftlicher Erfolg, sondern eine Realhandlung geschuldet war. Dann sei für Leistung nicht der Erfolgseintritt, sondern lediglich die Handlung notwendig.96 b) „Geschuldete“ Leistung Unter der Tatbestandsvoraussetzung „geschuldete“ Leistung wird der Inhalt der Leistungspflicht diskutiert.97 Insbesondere die Modalitäten Leistungszeit, Leistungsort und Qualität der Leistung werden unter der „geschuldeten“ Leistung abgeklärt.98 Es wird mithin die Frage gestellt, was genau geschuldet ist. Dies richtet sich bei Verträgen nach der Parteivereinbarung und bei gesetzlichen Schuldverhältnissen nach dem gesetzlich bestimmten Leistungsinhalt.99 c) „Gläubiger“ Neben „Leistung“ und „geschuldet“ ist der Gläubiger in § 362 Abs. 1 BGB erwähnt. Zusätzlich ist in § 362 Abs. 2 BGB ein Hinweis auf den Leistungsempfänger enthalten. Dort wird bestimmt, dass die Vorschriften der §§ 185 ff. BGB Anwendung finden, wenn an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet wird. Somit ist die Person des Leistungsempfän94

Schmidt, Erfüllung, S. 19; Boehmer, Erfüllungswille, S. 9. Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 235); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 229; Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 1; Westermann/Bydlinski/Weber, BGB-Schuldrecht AT, § 19 Rdnr. 4; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 2; Hk-BGB/Schulze, § 263 Rdnr. 2; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 362 Rdnr. 3; Gernhuber, Erfüllung, S. 99; Schmidt, Erfüllung, S. 1; Wolf, Drittleistung, S. 21, 29; Beuthien, Zweckerreichung, S. 7; Wieacker, FS Nipperdey I, S. 791; Taupitz, JuS 1992, S. 452; Muscheler/Bloch, JuS 2000, S. 730; BGHZ 12, 268; BGHZ 87, 156 (162). 96 Wolf, Drittleistung, S. 29; Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 239); Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 700. 97 Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 229; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 491; Westermann/Bydlinski/Weber, BGB-Schuldrecht AT, § 19 Rdnr. 4; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 14 Rdnr. 2; Bülow, JuS 1991, S. 529; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 13; Hk-BGB/Schulze, § 362 Rdnr. 3; Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 2; RGRK/Weber, § 362 Rdnr. 14. 98 Schlechtriem, SR AT Rdnr. 132 ff.; Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 15 (S. 249 ff.); Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 2; Hk-BGB/Schulze, § 362 Rdnr. 3; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 14 Rdnr. 2. 99 §§ 249 ff., 818, 122, 683 ff. usw.; jeweils in Verbindung mit § 242 BGB. 95

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

gers eine echte Voraussetzung der Erfüllung und wird als solche auch in der Literatur diskutiert.100 Die Leistung hat regelmäßig dem Gläubiger gegenüber erbracht zu werden. Lediglich der Gläubiger ist geeigneter Leistungsempfänger.101 Dabei gilt eine Leistung einem Vertreter oder einer Hilfsperson gegenüber als Leistung an den Gläubiger, wenn der Leistungserfolg in seiner Person eintritt.102 Das ist verständlich, ist doch die ganze Erfüllung darauf ausgerichtet, den Leistungserfolg beim Gläubiger eintreten zu lassen.103 Etwas anderes gilt, wenn der Gläubiger nicht zur Annahme der Leistung befugt ist.104 Diese Befugnis wird mit „Empfangszuständigkeit“ umschrieben.105 Eine Leistung dem Gläubiger gegenüber führt dann nicht zur Erfüllung, wenn diesem gemäß §§ 135, 136, 1074, 1282, 1812, 2211 BGB, 80, 81 InsO, 829 ZPO die Verfügungsmacht über die Forderung entzogen oder er geschäftsunfähig bzw. beschränkt geschäftsfähig ist.106 In allen anderen Fällen ist die Leistung dem Gläubiger gegenüber erfüllungstauglich. Davon zu unterscheiden sind schließlich Konstellationen, in denen der geschuldete Leistungserfolg nicht beim Gläubiger, sondern bei einem Dritten eintritt.107 Aus der bereits an anderer Stelle108 hervorgehobenen Gläubiger100 Schlechtriem, Schuldrecht AT Rdnr. 466; Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17 IV (S. 283); Medicus, Schuldrecht AT, Rdnr. 225 ff.; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 12 Rdnr. 2 ff.; Westermann/Bydlinski/Weber, BGB-Schuldrecht AT, § 19 Rdnr. 7; Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 3, 4; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 35 ff.; RGRK/Weber, § 362 Rdnr. 42 f.; Erman/Westermann, § 362 Rdnr. 12 ff. 101 Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 225; Westermann/Bydlinski/Weber, BGBSchuldrecht AT, § 19 Rdnr. 7; Eckert, Schuldrecht AT, Rdnr. 431; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 386; Larenz, Schuldrecht I, § 18 II (S. 244); Erman/Westermann, § 362 Rdnr. 12; Bülow, JuS 1991, S. 533. 102 Larenz, Schuldrecht I, § 18 II (S. 244); Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 3; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 12; Erman/Westermann, § 362 Rdnr. 12; Taupitz, JuS 1992, S. 449; OLGZ 88, 45 (47). 103 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 6 I 2 (S. 103). 104 Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 107; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 228; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 386; Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 3; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 36. 105 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des BGB, § 25 Rdnr. 22; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 36; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 228. Dabei soll der Verweis in § 362 Abs. 2 auf die §§ 185 ff. BGB sowie die §§ 1812, 1813 BGB zeigen, dass sich die Empfangszuständigkeit mit der Verfügungsmacht decke; vgl. Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 3; Eckert, Schuldrecht AT, Rdnr. 431. 106 Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 107; Eckert, Schuldrecht AT, Rdnr. 431; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 228; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 386; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 36; Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 3. 107 Dass der Leistungserfolg in der Person des Dritten eintritt, bestreitet Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 31, 66.

§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand

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orientiertheit der Erfüllung ergibt sich, dass eine solche Leistung unter normalen Umständen nicht zur Erfüllung führen kann. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Dritte gemäß § 362 Abs. 2 i. V. m. § 185 BGB vom Gläubiger zum Empfang der Leistung ermächtigt wurde oder dieser die Leistung an den Dritten nachträglich genehmigt.109 d) „Bewirken“ Nur von wenigen Autoren wird „bewirken“ als eigenes Tatbestandsmerkmal aufgefasst. Stattdessen wird oftmals anhand der Wendung „bewirken der Leistung“ die Notwendigkeit des Erfolgseintritts als Erfüllungsvoraussetzung bekräftigt, indem man betont, die Leistung müsse bewirkt sein.110 Sieht man die Notwendigkeit des Erfolgseintrittes nach überwiegender Ansicht bereits im Wort „Leistung“ verankert,111 käme dem Wort „bewirken“ konsequenterweise keine eigenständige Bedeutung innerhalb des Wortlauts zu. Demgegenüber messen einige Autoren112 dem Wort „bewirken“ durchaus eine originäre Bedeutung zu. Zum einen solle damit klargestellt werden, dass für die Erfüllung der bloße Erfolgseintritt nicht ausreicht. Das Wort „bewirken“ zeige vielmehr, dass zusätzlich auf ein Schuldnerverhalten abgestellt werden müsse.113 Der Schuldner muss für den Eintritt des Erfolges tätig geworden sein, anderenfalls müsste der Gläubiger auch für zufälligen Erfolgseintritt unberechtigterweise das volle Entgelt bezahlen.114 Dafür spricht, dass eine bewusste Handlung des Schuldners zur Herbeiführung des 108

Vgl. oben Erster Teil § 1 II. 2. Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 226; Eckert, Schuldrecht AT Rdnr. 432; Larenz, Schuldrecht I, § 18 II (S. 244); Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 41; Erman/Westermann, § 362 Rdnr. 12; RGRK/Weber, § 362 Rdnr. 43; Bülow, JuS 1991, S. 533. 110 Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 229; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 11; RGRK/ Weber, § 362 Rdnr. 10; BGHZ 87, 156 (162). 111 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 235); Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 1; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 2; Hk-BGB/Schulze, § 263 Rdnr. 2; Gernhuber, Erfüllung, S. 99; Schmidt, Erfüllung, S. 1; Beuthien, Zweckerreichung, S. 7; Wolf, Drittleistung, S. 20, 29; Taupitz, JuS 1992, S. 452; Muscheler/Bloch, JuS 2000, S. 730; BGHZ 12, 268. 112 Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 230; Blank, Schuldrecht AT, S. 126; Beuthien, Zweckerreichung, S. 8; Muscheler/Bloch, JuS 2000, S. 731; wohl auch Staudinger/ Olzen, § 362 Rdnr. 12. 113 Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 230; ders., Bürgerliches Recht, Rdnr. 754; Blank, Schuldrecht AT, S. 126; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 11, 12; Beuthien, Zweckerreichung, S. 8; Gernhuber, Erfüllung, S. 94, 99; Muscheler/Bloch, JuS 2000, S. 731. 114 Beuthien, Zweckerreichung, S. 8; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 5. 109

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

Erfolges allgemein als Erfüllungsvoraussetzung anerkannt ist.115 Ohne das Erfordernis einer bewussten Handlung des Schuldners würden sonst auch die Fälle der Zweckerreichung dem § 362 BGB unterfallen.116 Das deshalb geforderte Leistungsbewusstsein kann nach dieser Ansicht im Wort „bewirken“ festgemacht werden. „Bewirken“ ließe sich als bewusste Herbeiführung des Leistungserfolges definieren117 und diente zur Abgrenzung der Erfüllung von den Fällen der Zweckerreichung. Schlechtriem dagegen sieht im Wort „bewirken“ den Anknüpfungspunkt für den subjektiven Erfüllungstatbestand.118 Nach ihm deutet „bewirken“ auf die Rechtsnatur der Erfüllung hin. Diese Deutung der Tatbestandsvoraussetzung erscheint zumindest konsequent, wenn man sich einerseits methodisch richtig mit allen Voraussetzungen einer Anspruchsnorm am Wortlaut orientiert, anderseits bereits dem Wort „Leistung“ die Erfolgsbezogenheit der Erfüllung zuweist. e) Erfüllung durch Dritte (als Leistende) Schließlich wird zuweilen die Person des Leistenden als weitere Erfüllungsvoraussetzung diskutiert.119 Es wird dann klargestellt, dass es dem Gläubiger primär auf die Erbringung des Leistungserfolges ankommt, wohingegen die Person des Leistenden bis auf die Ausnahmen der höchstpersönlichen Verpflichtungen120 für den Gläubiger nur eine untergeordnete 115 Siber, Schuldrecht, S. 119; Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 236); Esser/ Schmidt, Schuldrecht I, § 17 II 1; Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 1. Auflage, Rdnr. 106; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 384; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 754; Hk-BGB/Schulze, § 362 Rdnr. 2; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 12; Jauernig/Stürner, § 362 Rdnr. 1; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 362 Rdnr. 4; Gursky, NJW 1971, S. 784; Gernhuber, Erfüllung, S. 99; Henke, Leistung, S. 48 ff.; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 11; Schmidt, Erfüllung, S. 2, 19; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 28; Beuthien, Zweckerreichung, S. 9; Welker, Zweckverfehlung, S. 48, Wolf, Drittleistung, S. 21. 116 Henke, Leistung, S. 49; Beuthien, Zweckerreichung, S. 6 ff. 117 So in der Tat von Blank, Schuldrecht AT, S. 126; Muscheler/Bloch, JuS 2000, S. 731. 118 Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 495 unter Anspielung auf die Entstehungsgeschichte des § 362 BGB: „Was unter Bewirken zu verstehen sei, lasse das Gesetz bewusst offen“. Die Antwort auf diese Frage haben die verschiedenen Erfüllungstheorien zu geben versucht; in diese Richtung schon Henrici, JherJB 32, S. 117 Fn. 8. 119 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17 III (S. 280 f.); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 229; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 385; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 14; Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 2; RGRK/Weber, § 362 Rdnr. 39 ff.; Bülow, JuS 1991, S. 533 f. 120 Hier hat der Schuldner in eigener Person zu leisten, vgl. Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 229; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 385.

§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand

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Rolle spielt.121 Daher ist es möglich, dass auch ein Dritter das Leistungsinteresse des Gläubigers befriedigt.122 Demnach scheint auch die Drittleistung problemlos Erfüllung darzustellen. Da jedoch der Gläubiger die Leistung regelmäßig nur vom Schuldner fordern kann, nicht aber von einem Dritten,123 ließe sich daran denken, dass allein der verpflichtete Schuldner gemäß § 362 BGB erfüllen kann. Allerdings ist eine Begrenzung auf den Schuldner in § 362 BGB nicht vorgesehen. Die Person des Leistenden ist gesetzlich allein in § 267 BGB erwähnt. Dort wird zugelassen, dass auch Dritte die Leistung erbringen dürfen. Die Folge dieser Leistungserbringung durch Dritte ist aber in § 267 BGB nicht normiert. Sie ergibt sich stattdessen aus § 362 Abs. 1 BGB.124 Folglich erfasst § 362 Abs. 1 BGB sowohl die Fälle der Leistung durch den Schuldner als auch die Fälle der Drittleistung. Da auch in den Fällen der Drittleistung das Schuldverhältnis im engeren Sinn gemäß § 362 Abs. 1 BGB erlischt, kann eine bestimmte Person des Leistenden nicht Tatbestandsvoraussetzung der Erfüllung gemäß § 362 BGB sein.125 Eine Diskussion über die Person des Leistenden als Voraussetzung der Erfüllung ist somit verfehlt. Dass die Frage nach dem Leistenden bei der Erfüllung gleichwohl aufgeworfen wird, lässt sich nur damit erklären, dass der so genannte „Leistungsgehilfe“ nicht dem § 267 BGB unterfällt.126 Die Norm erfasst lediglich Fälle der echten Drittleistung, welche dem Schuldner nicht zugerechnet werden.127 Die Leistung des Erfüllungsgehilfen wird dem Schuldner dagegen gemäß § 278 BGB zugerechnet128, so dass trotz Einschaltung einer dritten Person eine Leistung des Schuldners selbst vorliegt.129 Weil in diesen Fällen der 121 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17 III (S. 281); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 229; Hk-BGB/Schulze, § 267 Rdnr. 1; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 14; Palandt/Heinrichs, § 267 Rdnr. 1; RGRK/Weber, § 362 Rdnr. 39 ff.; Wieacker, FS Nipperdey I, S. 791. 122 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17 II (S. 277 ff.); Wieacker, FS Nipperdey I, S. 791; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 4. 123 Vgl. MüKo/Keller, 3. Aufl., § 267 Rdnr. 1; Wolf, Drittleistung, S. 15; Erman/ Kuckuk, § 267 Rdnr. 1. 124 MüKo/Keller, 3. Aufl., § 267 Rdnr. 14; Palandt/Heinrichs, § 267 Rdnr. 6; Jauernig/Stadler, § 267 Rdnr. 9; Erman/Kuckuk, § 267 Rdnr. 9; Wolf, Drittleistung, S. 15. 125 Explizit nur Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 2 sowie Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 4. 126 Stolte, JZ 1990, S. 222. 127 Andernfalls (Unterwerfung unter dem Schuldnerwillen bei Drittleistung) ergäbe das Ablehnungsrecht des § 267 Abs. 2 BGB, welches auf einem Verlangen des Schuldners beruht, keinen Sinn. 128 Gernhuber, Erfüllung, S. 441; Stolte, JZ 1990, S. 222. 129 Hier spielt das Leistungsbewusstsein wieder eine Rolle. Leistet der Schuldner nicht persönlich, sondern ein Dritter, liegt das nötige Leistungsbewusstsein nur dann

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

Schuldner – mittels eines Dritten – leistet, wird das Problem des Erfüllungsgehilfen wohl bei § 362 BGB angesprochen. Festzustellen bleibt, dass eine bestimmte Person des Leistenden nicht in § 362 BGB gefordert wird, folglich keine Voraussetzung der Erfüllung ist. f) Zusammenfassung Der Überblick über den Meinungsstand zur Erfüllung nach § 362 BGB ergibt folgendes Bild: 1. Erfüllung tritt nur ein, wenn das Geleistete mit dem sachlichen Schuldinhalt übereinstimmt. 2. Notwendige Voraussetzung der Erfüllung ist der Erfolgseintritt, sofern nicht ein Unterlassen oder eine schlichte Tätigkeit geschuldet ist. 3. Der Leistungsgegenstand muss in das Vermögen des Gläubigers gelangen. Die Gläubigereigenschaft ist als richtiger Leistungsempfänger ebenfalls eine Voraussetzung für den Eintritt der Erfüllung. 4. Zu Recht wird darauf verwiesen, dass der Eintritt des Erfolges ohne ein zumindest mitursächliches Verhalten des Schuldners130 kein Fall der Erfüllung darstellt. Somit gehört ein Verhalten des Schuldners, welches bewusst auf die Herbeiführung des Erfolges bezogen ist, zu den Tatbestandsvoraussetzungen. 5. Die Person des Leistenden ist regelmäßig keine Voraussetzung des Erfüllungseintritts. 6. Keine Einigkeit besteht in der Frage, ob ein subjektives Tatbestandsmerkmal für die Erfüllung erforderlich ist und welche Rechtsnatur die subjektive Komponente hat. Das ist Gegenstand eines umfangreichen Meinungsstreites.131 2. Stellungnahme zu den Tatbestandsmerkmalen Die eigene Stellungnahme zu den Tatbestandsmerkmalen muss von dem Befund ausgehen, dass Ziel der Erfüllung die Gläubigerbefriedigung ist. vor, wenn die Leistung des Dritten mit Willen des Schuldners erfolgt. Nur in diesem Fall wird die Leistung des Dritten dem Schuldner auch gemäß § 278 BGB zugerechnet. Es handelt sich dann um eine, wenn auch zugerechnete, Leistung des Schuldners, die mit Leistungsbewusstsein vorgenommen wurde. 130 Wie soeben unter Erster Teil § 1 IV. 1. e) festgestellt, kann ein Dritter anstelle des Schuldners leisten. Wenn im weiteren Text von den Erfüllungsvoraussetzungen in Person des Schuldners gesprochen werden, gelten diese auch für einen eventuell leistenden Dritten. 131 Zu diesen Erfüllungstheorien vgl. unten Erster Teil § 5.

§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand

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Die Befriedigung seines Leistungsinteresses tritt allerdings erst ein, wenn der Gläubiger den geschuldeten Leistungsgegenstand in seine Vermögenssphäre eingegliedert hat.132 Daraus folgt zwangsläufig, dass die Erfüllung erfolgsorientiert ist.133 Erst der Erfolgseintritt rechtfertigt den Wegfall der Forderung. Weiterhin bedarf es zur Abgrenzung der Erfüllung von den Fällen der Zweckerreichung einer ursächlichen Handlung des Schuldners. Schließlich muss das Zugewendete mit dem sachlichen Schuldinhalt übereinstimmen. Damit kommt man auf insgesamt vier Voraussetzungen des Erfüllung (Übereinstimmung erbrachter mit geschuldeter Leistung, Eintritt des Erfolges, Erfolgseintritt beim Gläubiger, ursächliche Handlung des Schuldners); sofern man eine subjektive Komponente für notwendig erachtet, sogar auf fünf Voraussetzungen. Fraglich ist nun, ob sich diese Voraussetzungen im Wortlaut des § 362 BGB wieder finden. So behauptet Gernhuber im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte, das Gesetz habe eine Aufgliederung des Tatbestandes in einzelne Voraussetzungen der Erfüllung bewusst vermieden.134 Dieser Ansicht ist nicht zu folgen. Wie oben ausgeführt, wollte der Gesetzgeber allein die Rechtsnatur der Erfüllung nicht entscheiden.135 Wenn er aber im Hinblick darauf einen offenen Wortlaut wählte, bedeutet dies nur, dass der Wortlaut so abstrakt formuliert wurde, dass jede Erfüllungstheorie Anklang im Wortlaut finden kann. Bezüglich der anderen genannten Voraussetzungen gab es hingegen keine Unklarheiten, sie waren im Gegenteil schon damals unstreitig.136 Diese unstreitigen Voraussetzungen nicht im Gesetz festzuschreiben, bestand keine Veranlassung und war auch nicht Gegenstand der Beratungen zu § 362 BGB. Somit lässt sich aus der Entstehungsgeschichte kein Argument gegen eine Aufgliederung des Wortlautes ziehen. Das Gegenteil ist der Fall. Wählt das Gesetz bewusst einen offenen Wortlaut, muss auch die jeweils für richtig erachtete Erfüllungstheorie im Wortlaut verankert werden können. Das gilt umso mehr für die unstrittigen objektiven Voraussetzungen der Erfüllung. Spricht die Entstehungsgeschichte nicht gegen eine Aufschlüsselung des Gesetzeswortlauts in einzelne Tatbestandsvoraussetzungen, gebietet bereits Art. 20 Abs. 3 GG die Verankerung aller Voraussetzungen im Wortlaut. Dies allein ist methodologisch richtig137 und 132

Vgl. schon oben Erster Teil § 1 II. 2. Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 6 I 2 (S. 103). 134 Gernhuber, Erfüllung, S. 103. 135 Vgl. oben Erster Teil § 1 III. 136 Vgl. von Kübel, Vorentwürfe Schuldrecht I, S. 1007–1009: Es wurde lediglich diskutiert, ob der Begriff Zahlung statt Erfüllung verwendet werden und wie eine Leistung nicht voll Geschäftsfähiger beurteilt werden sollte. 137 Larenz, Methodenlehre, S. 313: „Gegenstand der Auslegung ist der Gesetzestext“. 133

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

verhindert, dass Probleme der einzelnen Voraussetzungen vermischt werden. Leider wird gerade im Zivilrecht zu oft und unnötigerweise von diesem Grundsatz abgewichen.138 Exemplarisch sind die Ausführungen des Schrifttums zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 362 BGB, in denen der Wortlaut der Norm entweder überhaupt nicht oder jedenfalls nur ungenügend aufgegliedert wird.139 Selbst diejenigen Autoren, welche den Tatbestand aufgliedern, leiten die Voraussetzungen nicht direkt aus dem Wortlaut ab. Diese methodologische Ungenauigkeit setzt sich innerhalb der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen fort. Daher soll im Folgenden der Versuch unternommen werden, die Voraussetzungen der Erfüllung an den einzelnen Begriffen des Wortlautes festzumachen. Kann sich auch deren Bedeutung im Laufe der Zeit verändert haben, zeichnen sich die verwendeten Begriffe doch durch eine beachtliche Abstraktionshöhe aus.140 Will man sie in der Zukunft verwenden, muss man die Begriffe zeitgemäß präzisieren.141 a) „Geschuldete“ Leistung Soweit unter dem Begriff „geschuldete“ Leistung die Übereinstimmung des Geleisteten mit dem Geschuldeten, die Verwirklichung des sachlichen Schuldinhaltes, überprüft wird,142 kann dagegen nichts eingewandt werden. Nur wenn dem Gläubiger das im Schuldvertrag Vereinbarte (das „Geschuldete“) zugewendet wird, ist sein Leistungsinteresse befriedigt und Erfüllung tritt ein.143 Unter „geschuldet“ können folglich die Fragen der richtigen Leistungszeit, des richtigen Leistungsortes und des richtigen Leistungsgegenstandes diskutiert werden. Der Wortlaut bietet insoweit einen geeigneten Anknüpfungspunkt für die Prüfung des sachlichen Schuldinhalts. Darüber hinaus kann unter dem Stichwort „geschuldete“ Leistung die Abgrenzung zu den Erfüllungsersetzungen erfolgen, da Tatbestandsvoraussetzung der Leistung erfüllungshalber bzw. an Erfüllungs Statt ist, dass eine andere als die geschuldete Leistung erbracht wurde.144 138 Das Fehlen eines die Strafrechtswissenschaft bestimmenden Art. 103 Abs. 2 GG ermöglicht diese Ungenauigkeiten. 139 Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 1. 140 Weitnauer, FS Caemmerer, S. 271. 141 Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 35. 142 Fikentscher, Schuldrecht AT, Rdnr. 453; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 14 Rdnr. 2; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 491; Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 2; Hk-BGB/Schulze, § 362 Rdnr. 3; Bülow, JuS 1991, 529. 143 Fikentscher, Schuldrecht AT, Rdnr. 453. 144 Für die Abgrenzung im Rahmen der „geschuldeten“ Leistung auch Schreiber, Jura 1996, S. 328.

§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand

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b) „Gläubiger“ Aus der expliziten Erwähnung des Gläubigers und dem systematischen Zusammenhang der beiden Absätze des § 362 BGB zueinander kann gefolgert werden, dass grundsätzlich der Gläubiger der geeignete Empfänger der Leistung ist.145 Insofern ist sowohl im Begriff „Gläubiger“ als auch durch die Existenz des zweiten Absatzes bei § 362 BGB die Person des Leistungsempfängers als Erfüllungsvoraussetzung gesetzlich verankert. c) „Bewirkt“ Die Analyse der Literatur hat ergeben, dass dem Wort „bewirkt“ nur von wenigen Autoren eine eigene Bedeutung innerhalb des Tatbestandes zugemessen wird. So sieht Schlechtriem in „bewirken“ den Anknüpfungspunkt für ein subjektives Tatbestandsmerkmal.146 Andere Autoren deuten „bewirkt“ als einen Hinweis auf die Notwendigkeit eines Leistungsbewusstseins seitens des Schuldners.147 Schließlich gibt es Stimmen, die den für die Erfüllung nötigen Leistungserfolg nicht im Wort „Leistung“, sondern in Wort „bewirkt“ festmachen.148 Welche der erwähnten Ansichten letztlich zutrifft, lässt sich nur im Wege der Auslegung ermitteln. aa) Natürlicher Sprachgebrauch Ausgangspunkt der Auslegung ist die Bedeutung des Wortes im allgemeinen Sprachgebrauch.149 Seit dem 18. Jahrhundert wird „bewirken“ in der Bedeutung verursachen, hervorrufen, herbeiführen, als Wirkung hervorbringen verwendet.150 Sinnverwandt zu „bewirken“ wird etwas erreichen, zustande bringen oder bewerkstelligen benutzt.151 Aufschlussreich ist das Beispiel, welches zur Erklärung der Wortbedeutung gegeben wird: „Sein Ein145

Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 1. c). Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 495 ff. 147 Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 230; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 12; Muscheler/Bloch, JuS 2000, S. 731; Beuthien, Zweckerreichung, S. 8. 148 Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 384; Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 38 (S. 223); Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 11; AK-BGB/Dubischar, § 362 Rdnr. 1; RGRK/Weber, § 362 Rdnr. 13; Köbler, Schuldrecht, § 6 C I 2. 149 Raisch, Methodenlehre, S. 140; Larenz, Methodenlehre, S. 320; Koch/Rüssmann, Begründungslehre, S. 126 f. 150 Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 1, 2. Auflage Berlin 1993. 151 Duden, Band 10: Bedeutungswörterbuch, 2. Auflage, Berchtesgaden 1985. 146

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greifen bewirkte, dass sich manches änderte.“152 Es verdeutlicht, dass „bewirken“ im allgemeinen Sprachgebrauch nicht ein bestimmtes Tun, sondern die Folge dieses Tuns beschreibt. Fragt man jemanden, was er denn „bewirkt“ habe, interessiert man sich dafür, welchen Erfolg sein Verhalten hervorgerufen hat. Bewirken wird im Sinne einer Wirkung verwandt. Nicht umsonst haben „bewirken“ und Wirkung den gleichen Wortstamm.153 Somit ist festzuhalten, dass „bewirken“ im allgemeinen Sprachgebrauch eine erfolgsorientierte Bedeutung zukommt. bb) Juristischer Sprachgebrauch Die Bedeutung im natürlichen Sprachgebrauch kann für die juristische Auslegung nicht unbesehen übernommen werden. Viele Rechtsbegriffe haben eine vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichende Bedeutung, die sich mit der Abstraktionshöhe und Funktion juristischer Begriffe erklären lässt.154 Die Suche nach dem Begriff „bewirken“ in einem speziellen Rechtswörterbuch verläuft indes negativ. „Bewirken“ als Rechtsbegriff scheint nicht zu existieren. Insofern muss auf den natürlichen Sprachgebrauch zurückgegriffen werden, welcher eine erfolgsverschlüsselnde Bedeutung suggeriert. cc) Systematische Auslegung Sicherheit über die Bedeutung des Begriffes „bewirken“ könnte im Wege systematischer Auslegung gewonnen werden. Dazu soll die Bedeutung des Wortes „bewirken“ im Rahmen des Erfüllungstatbestandes mit der Bedeutung des Begriffes in anderen Normen des Bürgerlichen Gesetzbuches verglichen werden. (1) Grundsätzliche Ungeeignetheit systematischer Auslegung Zwar verwendet das BGB den Begriff „bewirken“ in zahlreichen Vorschriften.155 Eine Bedeutungsübertragung scheitert aber zumeist daran, dass in den anderen Vorschriften regelmäßig nur der Wortlaut des § 362 Abs. 1 152 Vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 1, 2. Auflage, Berlin 1993. 153 Duden, Band 7: Herkunftswörterbuch, 2. Auflage 1989. 154 Rüthers, Rechtstheorie, Rdnr. 177. 155 Vgl. etwa §§ 110, 193, 242, 262, 267, 271, 273, 274, 295, 297, 320, 321, 322, 323, 373, 387, 391, 407, 421, 428, 507, 518, 788 BGB.

§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand

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BGB wiederholt wird. Wird also ersichtlich auf die Erfüllung Bezug genommen, stellen Argumente aus diesen Normen für den Wortlaut des § 362 BGB einen unzulässigen Zirkelschluss dar. Nur ausnahmsweise kann einer dieser Verweisungsnormen ein Argument für § 362 BGB entnommen werden. (2) „bewirken“ in § 518 Abs. 2 BGB Nach § 518 Abs. 2 BGB gilt der formunwirksame Schenkungsvertrag als geheilt, wenn die versprochene Leistung „bewirkt“ wird. Zwar wird auch hier auf den Wortlaut des § 362 Abs. 1 BGB verwiesen.156 Allerdings wird im Rahmen des § 518 Abs. 2 BGB darüber gestritten, ob die Heilung den tatsächlichen Eintritt des Erfolges voraussetzt157 oder ob es ausreicht, dass der Schuldner das seinerseits erforderliche für die Herbeiführung des Erfolges getan hat.158 Unabhängig davon, wie man sich inhaltlich in dieser Frage entscheidet, kann doch festgestellt werden, dass die Frage nach den Heilungsvoraussetzungen, genauer die Frage nach der Notwendigkeit des Erfolgseintritts, unter dem Anknüpfungspunkt „bewirken“ diskutiert wird.159 Bei § 518 Abs. 2 BGB wird „bewirken“ mithin erfolgsbezogen ausgelegt. (3) „bewirken“ in § 294 BGB Einen weiteren Mosaikstein stellt § 294 BGB dar. Dort ist bestimmt, dass die Leistung so angeboten werden muss, „wie sie zu bewirken ist“. Im Rahmen des § 294 BGB wird nun betont, dass ein erfüllungstaugliches Angebot vorliegen muss.160 Erfüllungstauglich ist ein Angebot, wenn der Gläubiger nichts weiter zu tun braucht als zuzugreifen und die Leistung anzunehmen.161 Damit wird gefordert, dass der Schuldner beim Gläubiger 156 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 40; Palandt/Heinrichs, § 518 Rdnr. 9; MüKo/Kollhosser, § 518 Rdnr. 13. 157 MüKo/Kollhosser, § 518 Rdnr. 14 ff.; Erman/Seibert, § 518 Rdnr. 5; Seibert, JZ 1981, S. 380 ff.; M. Reinicke, JA 1982, S. 327; D. Reinicke, NJW 1970, S. 1447 ff.; Herrmann, MDR 1980, S. 884 ff.; Pohlmann, Heilung, S. 104 ff.; OLG Frankfurt, NJW-RR 1991, 1157. 158 Palandt/Heinrichs, § 518 Rdnr. 9; Staudinger/Cremer, 13. Aufl. § 518 Rdnr. 16; Jauernig/Mansel, § 518 Rdnr. 6; Brox, FS Bosch, S. 75 (88); BGH NJW 1970, 941 (942); BGH WM 1974, 450; BGH NJW-RR 1989, 1282. 159 Vgl. Pohlmann, Heilung, S. 105; D. Reinicke, NJW 1970, S. 1447; Seibert, JZ 1981, S. 380. 160 Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 701; Staudinger/Löwisch, § 294 Rdnr. 10; MüKo/Thode, § 294 Rdnr. 1. 161 RGZ 85, 415 (416); RGZ 109, 324 (328); BGHZ 90, 354 (359).

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

zur Zeit des Angebots den Erfolg herbeiführen kann.162 Die Fixierung des § 294 BGB auf den Erfolg und nicht auf die Handlung des Schuldners zeigt sich deutlich bei der Schickschuld. Ein erfüllungstaugliches Angebot liegt hier nicht schon im Abschicken des Leistungsgegenstandes (also der geschuldeten Leistungshandlung), sondern erst dann vor, wenn die Ware beim Gläubiger eintrifft.163 Wenn aber die Herbeiführbarkeit des Erfolges Voraussetzung eines tatsächlichen Angebotes im Sinne des § 294 BGB darstellt, muss bei § 294 BGB „bewirken“ erfolgsorientiert verstanden werden. (4) „bewirken“ im Zivilprozessrecht Zuletzt bestätigt ein Blick auf das Zivilprozessrecht das bisherige Ergebnis. Dort wird, im Anschluss an Goldschmidt,164 zwischen Erwirkungs- und Bewirkungshandlungen unterschieden.165 Bewirkungshandlungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie ohne zwischengeschaltete Tätigkeit des Gerichts unmittelbar eine prozessuale Wirkung entfalten, den prozessualen Erfolg sofort herbeiführen.166 Somit kann festgestellt werden, dass „bewirken“ auch zivilprozessual eine erfolgsbezogene Bedeutung verschlüsselt. (5) Zwischenergebnis Die systematische Untersuchung ergab, dass das Bürgerliche Gesetzbuch den Begriff „bewirken“ zwar verwendet, damit aber in den meisten Fällen auf den Wortlaut des § 362 Abs. 1 BGB zurück verwiesen wird. Lediglich in § 294 BGB und § 518 Abs. 2 BGB wird „bewirken“ mit einem Erfolgseintritt verbunden. Die Erfolgsverschlüsselung wird durch die Bedeutung von „bewirken“ im Zivilprozessrecht untermauert.

162

BGH 1990, 354 (359); Larenz, Schuldrecht I, § 25 I (S. 390); Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 701; AK-BGB/Dubischar, §§ 293–294 Rdnr. 1; Erman/ Battes, § 294 Rdnr. 1. 163 RGZ 106, 294 (297); MüKo/Thode, § 294 Rdnr. 3; Staudinger/Löwisch, § 294 Rdnr. 13. 164 Goldschmidt, Der Prozess als Rechtslage, S. 364 ff. 165 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 64 Rdnr. 1; Schilken, Zivilprozessrecht, Rdnr. 126 ff. 166 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 64 Rdnr. 15; Baur/Grunsky, Zivilprozessrecht, Rdnr. 93; Zeiss, Zivilprozessrecht, Rdnr. 215; Schilken, Zivilprozessrecht, Rdnr. 128.

§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand

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dd) Teleologische Auslegung Sowohl der natürliche Sprachgebrauch als auch die systematische Auslegung des Begriffes lassen die Folgerung zu, dass „bewirken“ auch bei § 362 Abs. 1 BGB die Notwendigkeit des Erfolgseintrittes verschlüsselt. Gleichwohl wird der erforderliche Erfolgseintritt von der herrschenden Ansicht am Merkmal „Leistung“ festgemacht.167 Bei genauerer Betrachtung der dafür angegebenen Begründungen fällt jedoch auf, dass nicht dem Wort Leistung, sondern dem Wort „bewirkt“ seine Bedeutung zugeschrieben wird. Kein Autor kommt nämlich umhin, das Wort „bewirkt“ bei der Begründung für den Erfolgseintritt zu verwenden.168 Nicht zuletzt deshalb wird der Erfolg als Tatbestandsvoraussetzung meist zugleich unter Zusammenfassung der Worte „Bewirken der Leistung“ diskutiert.169 Am deutlichsten tritt dieser Umstand bei Beuthien zu Tage: „Leistung bei § 362 BGB bedeutet den Eintritt des Erfolges. Das zeigt der Wortlaut – „bewirkt“ – als auch die Entstehungsgeschichte.“170 Noch klarer betonen Medicus, Blank, Selb und Olzen, dass zum „Bewirken“ der Eintritt des Erfolges gehört.171 Kann man aber die angebliche Erfolgsbezogenheit des Begriffs „Leistung“ nicht erklären, ohne zwangsläufig auf „bewirkt“ zurückzukommen, oder begründet man die angebliche Erfolgsbezogenheit der „Leistung“ sogar mit „bewirken“, wird deutlich, dass der notwendige Erfolg nicht durch den Begriff „Leistung“, sondern allein durch „bewirken“ umschrieben wird. Zu Recht gehen folglich Weber, Blomeyer und Looschelders davon aus, dass im Wort „bewirken“ die Notwendigkeit des Erfolgseintritts verschlüsselt ist.172

167

Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 1. a). Vgl. nur Gernhuber, Erfüllung, S. 99: „Leistung als Erfolg ist ein Ergebnis, das ausschließlich durch Leistungsverhalten bewirkt wurde“; Larenz, Schuldrecht I, § 2 I (S. 13): „Unter Erfüllung versteht das Gesetz, dass die geschuldete Leistung „bewirkt“ wird, also der Erfolg eingetreten ist“; Fabienke, JR 1999, S. 47: „Voraussetzung der Erfüllung ist das tatsächliche Bewirken der Leistung“; Wolf, Drittleistung, S. 21: „Leistung ist erst bewirkt, wenn der Erfolg eingetreten ist“; so ähnlich Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 8. Auch die Rechtsprechung betont das Bewirken für die Herausstellung des Erfolges, vgl. BGH NJW 1999, 210. 169 Vgl. die Nachweise unter Erster Teil § 1 IV. 1. 170 Beuthien, Zweckerreichung, S. 7 (Hervorhebung nur hier); so ähnlich Wieacker, FS Nipperdey I, S. 786. 171 Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 229 f.; Blank, Schuldrecht AT, S. 126; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 11; Staudinger/Selb, 13. Aufl., § 267 Rdnr. 13. 172 RGRK/Weber, § 362 Rdnr. 10; Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, § 38 (S. 255); Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 384. 168

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

ee) Endergebnis zu „bewirken“ Der für den Eintritt der Erfüllungswirkung grundsätzlich173 notwendige Erfolg ist nicht im Wort „Leistung“, sondern im Wort „bewirken“ festgeschrieben.174 d) „Leistung“ Sieht man die Notwendigkeit des Erfolgseintritts im Wort „bewirkt“ umschrieben, wirft das die Frage auf, welche Bedeutung dem Wort „Leistung“ zukommt. Dass „Leistung“ im Sinne des § 362 BGB ebenfalls den Erfolg verschlüsselt, erscheint jedenfalls sehr zweifelhaft. aa) Natürlicher Sprachgebrauch Ausgangspunkt der Suche nach der Wortbedeutung ist wieder die Umgangssprache. Wurzel des Wortes „Leistung“ ist „leis“ = Spur, Bahn, Furche.175 Über die verwandten lateinischen und germanischen Worte „laisti“176 entwickelte sich im Mittelhochdeutschen daraus „leisten“, worunter befolgen, nachkommen, erfüllen, ausführen, tun verstanden wurde. „Leisten“ im Mittelhochdeutschen war mithin tätigkeits- und nicht erfolgsbezogen. Heute beschreibt der Duden „Leistung“ als Produkt einer geistigen oder körperlichen Arbeit.177 Dies deutet eher darauf hin, dass „Leistung“ erfolgsbezogen verwandt wird. Doch werden an gleicher Stelle als sinnverwandte Wörter sowohl Tat (Tätigkeit) als auch Werk (Erfolg) angegeben.178 Somit lässt sich kein eindeutiger Befund aus dem allgemeinen Sprachgebrauch ableiten. Leistung wird umgangssprachlich sowohl erfolgsals auch tätigkeitsbezogen verwandt. bb) Juristischer Sprachgebrauch Zieht man fachspezifische Wörterbücher zu Rate, fällt zuerst auf, dass der Begriff „Leistung“ als Bestandteil der Erfüllung nicht diskutiert wird. 173

Ausnahmen sind die schon erwähnten Realhandlungen und das Unterlassen. Im Ergebnis ebenso Köbler, Schuldrecht AT, § 6 C I 2; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 11; AK-BGB/Dubischar, § 362 Rdnr. 1; Wieacker, FS Nipperdey I, S. 783 ff. 175 Duden, Herkunftswörterbuch, S. 415. 176 Einer Spur folgend; vgl. Duden, Herkunftswörterbuch, S. 415. 177 Duden, Bedeutungswörterbuch, S. 415. 178 Duden, Bedeutungswörterbuch, S. 415; Wieacker, FS Nipperdey I, S. 785. 174

§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand

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Stattdessen werden lediglich die Modalitäten der Leistung, die Frage nach der geschuldeten Leistung, dargestellt.179 Beachtung findet der Leistungsbegriff erst unter dem Blickwinkel des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.180 Als Rechtsbegriff hat „Leistung“ bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB die Bedeutung einer bewussten und zweckgerichteten Mehrung fremden Vermögens.181 Danach kommt ihm handlungsorientierte Bedeutung zu. Nimmt man eine Gleichheit des erfüllungsrechtlichen mit dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff an,182 kommt dem Begriff „Leistung“ auch bei § 362 Abs. 1 BGB als bewusster und zweckgerichteter Mehrung fremden Vermögens183 eine handlungsorientierte Bedeutung zu.184 cc) Systematische Auslegung Die Bedeutung des Begriffs „Leistung“ bei § 362 Abs. 1 BGB lässt sich letztendlich nur aus dem systematischen Zusammenhang der Erfüllung erschließen. (1) Verhältnis des verhaltensbezogenen zum erfolgsbezogenen Leistungsbegriff Wird auch dem Begriff „Leistung“ im Rahmen des § 362 BGB nach herrschender Ansicht die Erfolgsbezogenheit zugeschrieben,185 erfolgt im gleichen Atemzug der Hinweis darauf, das der verhaltensbezogene Leistungsbegriff für die Erfüllungslehre nicht bedeutungslos ist.186 Vielmehr sei der verhaltensbezogene im erfolgsbezogenen Leistungsbegriff integriert: 179

Creifelds, Rechtswörterbuch, S. 836; Köbler, Juristisches Wörterbuch, S. 309. Lexikon des Rechts 1, II/222; Creifelds, Rechtswörterbuch, S. 836; Köbler, Juristisches Wörterbuch, S. 309. 181 Vgl. nur Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 133); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 II (S. 42); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 13; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1073; Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 705; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 666; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 2; RGRK/Heimann-Trosien, § 812 Rdnr. 15; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 11. 182 Dazu vgl. unten Zweiter Teil § 13. 183 So verstehen tatsächlich Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 270; Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 705 den erfüllungsrechtlichen Leistungsbegriff. 184 Ob die Leistungsbegriffe des § 362 Abs. 1 und des § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB wirklich identisch sind, wird erst unter Zweiter Teil § 13 diskutiert. 185 Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 1. a). 186 Gernhuber, Erfüllung, S. 99; Schmidt, Erfüllung, S. 19, 102; Welker, Zweckverfehlung, S. 24; Wolf, Drittleistung, S. 22; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 6; Wieacker, FS Nipperdey I, S. 783 ff. 180

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

„Leistung als Erfolg ist das Ergebnis, das ausschließlich durch Leistungsverhalten bewirkt wurde.“187 Das Wort „leisten“ zeigt, dass auch auf das Schuldnerverhalten abgestellt werden muss.188 Am weitesten in diese Richtung gehen Wieacker,189 Henke190 und Wolf.191 Nach ihnen umschließt ein im BGB einheitlicher Leistungsbegriff schuldnerische Handlung und Erfolg:192 „Leistung“ im Sinne des BGB ist die Herbeiführung des Leistungserfolges durch Leistungshandeln des Schuldners.193 Zutreffend arbeitet hingegen Blomeyer heraus, dass der erfolgsorientierte Handlungsbegriff nur bei der Erfüllung angenommen wird.194 In allen anderen Fällen meint „Leistung“ lediglich die Leistungshandlung. Grund für diese Ausnahme ist die Bedeutung des Erfolgseintritts für die Erfüllung. Wird aber die Notwendigkeit des Erfolges bereits durch „bewirkt“ zum Ausdruck gebracht, erscheint es inkonsequent, dem Wort „Leistung“ ein weiteres Mal die erfolgsverschlüsselnde Bedeutung zuzuweisen.195 Systematisch stimmig ist allein die handlungsorientierte Auslegung von „Leistung“, nach welcher „Leistung“ und „bewirkt“ jeweils andere Erfüllungsvoraussetzungen umschreiben. Dafür spricht auch, dass eine Leistung des Schuldners nach richtiger Ansicht selbst dann vorliegt, wenn dieser eine Dienstleistung ausführt oder etwas schuldgemäß unterlässt, es mithin zum Eintritt der Erfüllungswirkung nicht der Herbeiführung eines rechtsgeschäftlichen Erfolges bedarf.196 In diesen Fällen versagt der erfolgsumfassende Leistungsbegriff.197 Will man „Leistung“ bei der Erfüllung einheitlich auslegen, ist allein der handlungsorientierte Leistungsbegriff dazu in der Lage.

187

Gernhuber, Erfüllung, S. 99. Beuthien, Zweckerreichung, S. 8; Schmidt, Erfüllung, S. 19; Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 2 II (S. 8). 189 Wieacker, FS Nipperdey I, S. 798 ff. 190 Henke, Leistung, S. 43 ff. 191 Wolf, Drittleistung, S. 21; Wolf, Schuldrecht AT, § 1 C II. 192 Henke, Leistung, S. 58. 193 Henke, Leistung, S. 43; Wieacker, FS Nipperdey I, S. 798. 194 Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 2 II (S. 9). 195 So auch Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 2 II (S. 8). 196 Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 2 II 2 (S. 7); Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 239); Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 6; Wolf, Drittleistung, S. 21; Bamberger/Roth/Dennardt, § 362 Rdnr. 3. 197 Gegen die Ansicht spricht außerdem, dass Voraussetzung einer Leistungskondiktion gerade der Nichteintritt des Erfolges ist, der Begriff der „Leistung“ gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB somit in keinem Fall einen Erfolg beinhalten kann. 188

§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand

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(2) Auslegung des § 366 Abs. 1 BGB Ein systematisches Argument für einen handlungsorientierten Leistungsbegriff ergibt sich aus § 366 Abs. 1 BGB. Dort wird Leistung im Gegensatz zu § 362 BGB allein als schuldnerische Handlung verstanden.198 Das zeigt bereits der Wortlaut, welcher verlangt, dass die Tilgungsbestimmung durch den Schuldner bei der Leistung erfolgen muss. Verschlüsselte nun „Leistung“ den Erfolg, müsste die Tilgungsbestimmung im Zeitpunkt des Erfolgseintritts getroffen werden. Das Setzen einer Tilgungsbestimmung durch den Schuldner während des Erfolgseintritts ist aber in all jenen Fällen nicht praktikabel, in welchen der Schuldner den Zeitpunkt des Erfolgseintritts nicht kennt.199 Hierzu gehören unter anderem der Versendungskauf und der alltägliche Fall der Banküberweisung. Hingegen ist das Setzen der erforderlichen Tilgungsbestimmung während der schuldnerischen Handlung unproblematisch. Auch aus diesem Grund kann mit dem Begriff „Leistung“ bei § 366 Abs. 1 BGB nur die schuldnerische Handlung gemeint sein.200 „Leistung“ im Rahmen des § 362 Abs. 1 BGB kann aber nicht abweichend von § 366 Abs. 1 BGB ausgelegt werden. Zwar stellt § 366 Abs. 1 BGB einen Spezialfall der Erfüllung dar.201 Es geht aber jeweils um die Erfüllung einer Forderung. Die Existenz zusätzlicher Forderungen im Anwendungsbereich des § 366 Abs. 1 BGB ist kein Merkmal, welches eine unterschiedliche Deutung beider Leistungsbegriffe rechtfertigt. In beiden Fällen tritt Erfüllung erst ein, wenn beim Gläubiger der im Schuldverhältnis fixierte Erfolg eingetreten ist. Eine unterschiedliche Auslegung des Begriffs Leistung bei § 362 BGB und bei § 366 Abs. 1 BGB ist daher systemwidrig. Bewährt sich allein die handlungsorientierte Auslegung des Leistungsbegriffs im Rahmen der weitaus komplexeren Erfüllungssituation des § 366 Abs. 1 BGB, kann diese Auslegung auch auf den „einfacheren“ Fall des § 362 BGB übernommen werden. Die handlungsorientierte Auslegung von Leistung deckt sich im Übrigen mit dem zum „bewirken“ gefundenen Ergebnis.

198 Gernhuber, Erfüllung, S. 99; Erman/Westermann, § 366 Rdnr. 1; Staudinger/ Olzen, § 366 Rdnr. 5; BGHZ 51, 157 (161). 199 Bei einer Auslegung des Leistungsbegriffs als Zusammenfassung von Handlung und Erfolg müsste die Tilgungsbestimmung dann sowohl bei Vornahme der Handlung als auch bei Erfolgseintritt getroffen werden. Das kann man aber vernünftigerweise nicht fordern. Auch hier zeigt sich die Unzulänglichkeit dieses Leistungsbegriffs. 200 Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 5; BGH WM 1999, 684 (685). 201 Dazu genauer unter Erster Teil § 5 II.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

(3) Leistung bei § 407 BGB Während in § 407 Abs. 1 Teilsatz 1 BGB ersichtlich auf § 362 Abs. 1 BGB Bezug genommen wird und deshalb kein Argument für die Auslegung des Begriffs Leistung hergibt, ist das anders bei § 407 Abs. 1 Teilsatz 2 BGB, welcher bestimmt, dass die befreiende Wirkung der Leistung an den Zessionar dem Schuldner dann nicht zugute kommt, wenn er „die Abtretung bei der Leistung … kennt“. Hier wird unter Leistung allein die Leistungshandlung, nicht der Leistungserfolg verstanden.202 § 407 ist systematisch eine Vorschrift im Zusammenhang mit der Erfüllung. Wird bei § 407 Abs. 1 BGB Leistung als Handlung verstanden, spricht vieles dafür, auch Leistung bei der systematisch zusammenhängenden Erfüllung handlungsorientiert zu verstehen. (4) Modalitäten der „Leistung“ Das Leistung die Handlung umschreibt, zeigt sich auch daran, das unter „geschuldeter Leistung“ die Modalitäten der Leistung (Leistungszeit, Leistungsort) diskutiert werden.203 Unterstellt man wieder, „Leistung“ bedeute den Erfolg, müsste man nun die Modalitäten des Erfolges prüfen. Derartige Modalitäten des Erfolges gibt es aber nicht. Richtige Zeit, richtiger Ort und richtige Qualität einer Leistung beschreiben die schuldnerische Handlung, nicht den Erfolg.204 So wird denn gelegentlich betont, der Schuldner muss die Leistung am richtigen Ort und zur richtigen Zeit erbringen.205 Leistungsort im Sinne des § 269 Abs. 1 BGB bedeutet der Ort der schuldnerischen Tätigkeit,206 Leistungszeit gemäß 271 die Zeit zur Vornahme der schuldnerischen Tätigkeit.207 Auch daran zeigt sich, dass allein die Deutung des Wortes „Leistung“ als Beschreibung der schuldnerischen Handlung zutreffend ist.208 202

Bamberger/Roth/Rohe, § 407 Rdnr. 17; MüKo/Roth, § 407 Rdnr. 21. Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 1. b). 204 Wieacker, FS Nipperdey I, S. 796. 205 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 236); Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 14 Rdnr. 2; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 491. 206 Palandt/Heinrichs, § 269 Rdnr. 1; Hk-BGB/Schulze, § 269 Rdnr. 1; Jauernig/ Stadler, § 269 Rdnr. 1. 207 Palandt/Heinrichs, § 271 Rdnr. 1. A. A. Wieacker, FS Nipperdey I, S. 798. 208 Gleiches gilt zu Enneccerus, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, § 283 (S. 713): „Erfüllung ist die Vornahme der geschuldeten Leistung“. Der Schuldner kann nur seine Handlungen vornehmen; der Erfolgseintritt ist lediglich eine Folge seiner Handlungen. Auch hier ergibt nur die handlungsorientierte Auslegung einen Sinn. 203

§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand

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(5) Zwischenergebnis Die systematische Analyse des Wortlautes von § 362 Abs. 1 BGB hat ergeben, dass „Leistung“ im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB nicht den Erfolg verschlüsselt, sondern allein das schuldnerische Verhalten.209 Dieses Verständnis passt zum Ergebnis, welches zur Bedeutung des Wortes „bewirken“ gefunden wurde. Danach bedeutet „Leistung“ nicht die Herbeiführung des Erfolges, sondern umschreibt die Leistungshandlung des Leistenden. Der Erfolg hingegen hat seinen Anknüpfungspunkt in „bewirken“.210 dd) Folgen für den Begriff der „Leistung“ bei § 362 BGB Als Voraussetzung der Erfüllung wird bezüglich der schuldnerischen Handlung unisono verlangt, dass der Leistende das fremde Vermögen bewusst mehrt, mithin bei der Zuwendung Leistungsbewusstsein vorliegt.211 Verschlüsselt der Begriff „Leistung“ die schuldnerische Handlung, muss das geforderte Leistungsbewusstsein zwangsläufig ein Element der „Leistung“ sein.212 Leistung im Sinne des § 362 BGB kann deshalb zumindest als die bewusste Vermögensmehrung durch den Schuldner oder den Dritten definiert werden.213 Fraglich ist, ob der Begriff der „Leistung“ bei § 362 Abs. 1 BGB über das Leistungsbewusstsein hinaus noch ein weiteres Element beinhaltet. Diese Frage drängt sich schon deshalb auf, weil bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB „Leistung“ nach h. M. nicht allein die bewusste Mehrung frem209

Ebenso Reeb, Grundprobleme, § 3 (S. 13). Gerade weil der Erfolg unabhängig vom Wort Leistung verschlüsselt wurde, geht auch die Argumentation Wieackers (FS Nipperdey I, S. 798 ff.) fehl, aus der Erfolgsbezogenheit der Erfüllung ergebe sich die Bedeutung des Wortes „Leistung“ als Handlung und Erfolg. Auch die Möglichkeit der Drittleistung spricht entgegen Wieacker nicht gegen eine handlungsorientierte Auslegung des Begriffes „Leistung“. Denn auch der Dritte muss für den Erfolgseintritt tätig geworden sein. Zufälliger Erfolgseintritt ohne Handeln des Dritten stellt schwerlich einen Fall der Erfüllung dar. 211 Vgl. nur Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17 II 1 (S. 277); Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 1; Beuthien, Zweckerreichung, S. 8; Gernhuber, Erfüllung, S. 99; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 5. 212 Es wie Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 457 ff. in „bewirken“ zu verorten, ist aufgrund der gefundenen Ergebnisse falsch. „Bewirken“ verklausuliert allein den Erfolg, nicht die schuldnerische Handlung. Der Erfolg kann aber auch bei fehlendem Leistungsbewusstsein eintreten. Nur im Rahmen der schuldnerischen Handlung spielt das Leistungsbewusstsein eine Rolle. 213 Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 3; Beuthien, JZ 1968, 324; Wolf, Drittleistung, S. 21. 210

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

den Vermögens,214 sondern darüber hinaus eine zweckgerichtete Vermögensmehrung ist.215 Diese Zweckrichtung erfährt die Zuwendung durch die Zweckbestimmung des Leistenden, welche dieser bei der Vermögensmehrung trifft.216 Selbiges wird von den Vertretern einer finalen Erfüllungstheorie217 zur Erfüllung vertreten. Ohne die verschiedenen Erfüllungstheorien an dieser Stelle zu entscheiden,218 wird doch deutlich, dass unter dem Begriff „Leistung“ als Beschreibung des Verhaltens des Schuldners auch die subjektive Komponente der Erfüllung diskutiert werden kann.219 Zum Verhalten des Leistenden gehört unter Umständen nicht nur die bewusste Mehrung, sondern auch eine „zweckbestimmte“ Mehrung des Gläubigervermögens.220 Die Diskussion um die Erforderlichkeit eines subjektiven Tatbestandsmerkmals kann also ebenfalls am Begriff „Leistung“ festgemacht werden, geht es doch jeweils um das Verhalten des Leistenden.221 Abweichend vom allgemeinen Verständnis findet ein eventuell erforderliches subjektives Element der Erfüllung sehr wohl im Wortlaut des § 362 BGB einen Anknüpfungspunkt, weshalb eine Diskussion des subjektiven Tatbestandes losgelöst vom Wortlaut des § 362 Abs. 1 BGB verfehlt ist. Der Wortlaut des § 362 BGB verschlüsselt sowohl alle objektiven Tatbestandsmerkmale als auch ein unter Umständen erforderliches subjektives Tatbestandsmerkmal der Erfüllung.

214 Zurückgehend auf Siber, JherJB 70, 262: „Leistung ist jede gewollte Vermögensbewegung zur Verwirklichung eines nicht schon in ihr selbst enthaltenen Erwerbstitel“; vgl. auch Beuthien, JZ 1968, S. 324; Pinger, AcP 179, 309; Westermann, JuS 1968, S. 18; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 257. 215 Im Anschluss an Kötter, AcP 153, S. 193. Vgl. die Nachweise unter Zweiter Teil § 14 III. 1. 216 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 133); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 II (S. 42); Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1073; Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 705; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 666; RGRK/HeimannTrosien, § 812 Rdnr. 15; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 11; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 2; BGHZ 40, 272 (277); BGHZ 43, 1 (11); BGHZ 48, 70 (73); BGHZ 58, 184 (188). 217 Vgl. dazu die Nachweise unter Erster Teil § 5 II. 6. 218 Ausführlich unten Erster Teil § 5. 219 Köbler, Schuldrecht, § 6 C I 1 stellt die Erfüllungstheorien anhand des Begriffs „Leistung“ dar. In diese Richtung auch Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 91. 220 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I 3 (S. 11); Wieling, JuS 1978, S. 802; Scheyhing, AcP 157, S. 386. 221 So Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 705.

§ 1 Der Meinungsstand zur „Leistung“ im Erfüllungstatbestand

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ee) Ergebnis zur Bedeutung des Begriffs der „Leistung“ bei § 362 BGB „Leistung“ im Tatbestand des § 362 BGB ist Anknüpfungspunkt für das Verhalten des Erfüllenden, welcher mindestens bewusst das Gläubigervermögen gemehrt haben muss. Darüber hinaus kann nur unter dem Begriff „Leistung“ das Erfordernis einer subjektiven Komponente diskutiert werden. Leistung gemäß § 362 BGB ist demnach die bewusste – und eventuell „tilgungsbestimmte“ – Mehrung des Gläubigervermögens durch den Schuldner oder einen Dritten.

e) „Bewirken der Leistung“ Sind sowohl „bewirken“ als auch „Leistung“ jeweils eigene Anknüpfungspunkte für die Subsumtion der Tatbestandsvoraussetzungen der Erfüllung, bleibt noch der Zusammenhang zwischen diesen beiden Tatbestandsvoraussetzungen abzuklären. Bereits an früherer Stelle wurde darauf verwiesen, dass Erfolgseintritt und darauf gerichtetes Schuldnerverhalten nicht zusammenhanglos nebeneinander stehen.222 Erfüllung tritt erst ein, wenn der Schuldner gehandelt hat, der Erfolg beim Gläubiger eingetreten ist und das Handeln des Schuldners kausal für den Eintritt des Erfolges war.223 Es ist vor allem dieser Zusammenhang, welcher die Fälle der Zweckerreichung von der Erfüllung trennt.224 Das Gesetz bringt den erforderlichen Kausal222

Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 1. d). Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 1. Auflage, Rdnr. 106; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 384; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 12; Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 1; Hk-BGB/Schulze, § 362 Rdnr. 2; Henke, Leistung, S. 46; Beuthien, Zweckerreichung, S. 10; Kretschmar, Erfüllung, S. 133. Dabei reicht es aus, dass der Schuldner zumindest mitursächlich für den Erfolgseintritt war. 224 Der geforderte Zusammenhang zwischen Handlung und Erfolgseintritt stellt zudem eine Synthese zwischen den unterschiedlichen Ansichten über das Wesen der Erfüllung dar, namentlich die Lösung des Schuldners aus der persönlichen Haftung einerseits, bloße Realisation des Obligationsinhaltes anderseits (vgl. Wieacker, FS Nipperdey I, S. 783). Durch das Erfordernis eines Zusammenhangs zwischen Handlung und Erfolg reicht zur Erfüllung nicht lediglich der Eintritt des Erfolgs beim Gläubiger aus (so aber Hartmann, Die Obligation, S. 33, welcher folgerichtig die Erfüllung als speziellen Fall der Zweckerreichung ansieht). Anderenfalls wäre die Erfüllung lediglich ein Unterfall der Zweckerreichung. Die Erfüllung ist jedoch auch nicht die bloße Lösung des Schuldners aus der ihn treffenden Haftung. Sonst könnte man die erfüllende Wirkung der Drittleistung nicht erklären, denn der Dritte schuldet nichts. Indem die Erfüllungswirkung nur nach Herstellung des Erfolges eintritt, wird der Ausgleich zwischen beiden Ansichten gefunden, vgl. Kretschmar, Erfüllung, S. 108, 130. 223

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

zusammenhang zum Ausdruck, indem es fordert, die geschuldete Leistung müsse bewirkt worden sein.225 3. Ergebnis zum Tatbestand des § 362 BGB Es hat sich gezeigt, dass – abgesehen von der Kontroverse um das Erfordernis einer subjektiven Komponente der Erfüllung – zwar bezüglich der Notwendigkeit der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen der Erfüllung in Literatur und Rechtsprechung weitgehend Einigkeit besteht. Demgegenüber muss festgestellt werden, dass die erforderlichen Voraussetzungen der Erfüllung nicht ausreichend am Wortlaut festgemacht werden. Das ist in Anbetracht des Art. 20 Abs. 3 GG nicht zu akzeptieren. Die fehlende Aufschlüsselung des Wortlauts in die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen hat zur Folge, dass einzelnen Begriffen des § 362 BGB Bedeutungen zugewiesen werden, die bei näherer Betrachtung nicht haltbar sind. Die Untersuchung des Wortlautes hat ergeben, dass alle Tatbestandsvoraussetzungen der Erfüllung im Wortlaut Anklang finden. § 362 BGB ist eine Norm, die ohne weiteres subsumiert werden kann. Die Kenntnis von über den Wortlaut hinausgehenden Tatbestandsvoraussetzungen ist nicht erforderlich. Im Einzelnen ergeben sich für die Voraussetzungen der Erfüllung folgende Anknüpfungspunkte: 1. „Leistung“ im Sinne des § 362 BGB meint keinesfalls den herbeizuführenden Erfolg, sondern stellt lediglich auf das Verhalten des Schuldners oder eines Dritten ab. Unter dem abstrakten Begriff „Leistung“ lässt sich sowohl das Leistungsbewusstsein als auch die Frage nach einer subjektiven Komponente der Erfüllung diskutieren. 2. Die Notwendigkeit der Herbeiführung des Erfolges beim Gläubiger wird hingegen durch das Wort „bewirkt“ ausgedrückt. „Bewirken“ umschreibt indes nicht allein einen Rechtserfolg, sondern auch einen reinen Handlungserfolg. Deshalb ist auch in den Fällen, in denen lediglich eine Tätigkeit geschuldet ist, deren tatsächlicher Erfolg „bewirkt“. 3. „Leistung bewirkt“ weist auf den zusätzlich nötigen Kausalzusammenhang zwischen Handeln des Leistenden und Erfolgseintritt hin. 4. Anhand von „geschuldet“ kann man die Übereinstimmung des Zugewendeten mit dem sachlichen Schuldinhalt prüfen. 5. Der richtige Leistungsempfänger lässt sich dem Wort „Gläubiger“ und dem Zusammenspiel der Absätze des § 362 BGB entnehmen. 225 Im Ergebnis ebenso: Hirsch, Allgemeines Schuldrecht, S. 71; Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 236); Wieacker, FS Nipperdey I, S. 787.

§ 2 Das Zuordnungsproblem bei der Erfüllung

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§ 2 Das Zuordnungsproblem bei der Erfüllung Im ersten Kapitel wurde herausgearbeitet, welche Voraussetzungen zur Erfüllung und damit zum Erlöschen des Schuldverhältnisses führen. Insbesondere die Befriedigung des Gläubigerinteresses bei Übereinstimmung der erbrachten mit der geschuldeten Leistung hat sich dabei als entscheidend herausgestellt. Die Befreiung von seiner Verbindlichkeit ist Hauptziel des Schuldners bei der Leistung.1 Wie eingangs erwähnt, trifft jeden Schuldner in aller Regel eine Mehrzahl von unterschiedlichen Verbindlichkeiten aus allen Bereichen des täglichen Lebens. Welches dieser verschiedenen Schuldverhältnisse der Schuldner durch seine Leistung zum Erlöschen bringt, ist jedoch keineswegs dem Zufall überlassen. Im Gegenteil wird der Schuldner schon vor seiner Leistung ein Schuldverhältnis auswählen, welches er zum Erlöschen bringen will. Die Auswahl ist zwingend notwendig, weil sich erst aus dem Inhalt des von ihm ausgewählten Schuldverhältnisses seine konkrete Leistungspflicht ergibt. Erst die Auswahl versetzt ihn in die Lage, den herbeizuführenden Erfolg zu bestimmen und seine Handlungen dahingehend auszurichten. Während nämlich der Erfolg im Schuldverhältnis genau festgelegt ist, hat der Schuldner bezüglich seiner Handlungen einen Spielraum. Die zum Erfolgseintritt führenden Handlungen kann er eigenverantwortlich auswählen. So lässt sich § 278 S. 1 BGB entnehmen, dass der Schuldner einen Erfüllungsgehilfen einschalten kann, wenn er dies für angebracht hält.2 Leistet der Schuldner, will er immer ein vorher ausgewähltes Schuldverhältnis erfüllen. Diese schuldnerische Intention wird in der Regel dadurch zum Ausdruck gebracht, indem man eine Zuordnung der erbrachten Zuwendung zu einem Schuldverhältnis als Bestandteil der Erfüllung betont.3 In diesem lapidaren Hinweis auf die Zuordnung, der so genannten Tilgungsbestimmung,4 erschöpfen sich die meisten Ausführungen.5 Weiterge1

Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 55 (S. 165); Henke, Leistung, S. 41. Weitere Beispiele finden sich bei Henke, Leistung, S. 41 Fn. 2. 3 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 241); Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 705; Schlechtriem, Schuldrecht AT Rdnr. 499; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 271; Eckert, Schuldrecht AT, Rdnr. 430, AK-BGB/Dubischar, § 362 Rdnr. 4; Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 13; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 13; HkBGB/Schulze, § 362 Rdnr. 8; Welker, Zweckverfehlung, S. 49; Henke, Leistung, S. 70; Kretschmar, Erfüllung, S. 107; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 23; Alexander, Natur der Erfüllung, S. 29; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 395; Schnorr von Carolsfeld, FS Lübtow, S. 674. 4 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III 1 (S. 137); Schlechtriem, Schuldrecht AT Rdnr. 499; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 233; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 64; Soergel/Zeiss, vor § 362 Rdnr. 7; Beuthien, Zweckerreichung, S. 282 ff.; ders., JZ 1968, S. 323; Bülow, JuS 1991, S. 531; Ehricke, JZ 1999, S. 1075; Eckert, JR 1989, 2

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

hende Erörterung erfährt die Tilgungsbestimmung innerhalb der Erfüllung nur in den Fällen, in welchen eine eindeutige Zuordnung von Zuwendung zum Schuldverhältnis Schwierigkeiten bereitet.6 Das heißt aber nicht, dass in den einfachen, „problemlosen“ Fällen der Erfüllung keine Zuordnung stattfindet. Das Gegenteil ist der Fall. Denn wenn in bestimmten Konstellationen darauf verwiesen wird, dass die Zuordnung dort schwieriger sei, folgt daraus doch nur, dass in den „einfachen“ Konstellationen der Erfüllung die Zuordnung unproblematisch ist. Nichtsdestotrotz findet auch dort – a maiore ad minus – eine Zuordnung statt. Damit kann festgestellt werden, dass eine Zuordnung von erbrachter Zuwendung zu einem bestimmten Schuldverhältnis Bestandteil jeder Erfüllung ist. Diese Zuordnung soll im Folgenden näher betrachtet werden. Dabei wird das Grundinteresse an einer Zuordnung zuerst am einfachen Fall erklärt, ehe der Blick auf die komplizierten Konstellationen gerichtet wird.

I. Grundinteresse an der Zuordnung So oft sich in Literatur7 und Rechtsprechung8 auch der Hinweis findet, dass Bestandteil der Erfüllung eine Zuordnung der Leistung zu einem S. 202; Gernhuber, Erfüllung, S. 112; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 16; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 13; Lorenz, JuS 1968, S. 442; Schlechtriem, JZ 1993, S. 26; Wolf, Drittleistung, S. 23. 5 Vgl. nur Wolf, Drittleistung, S. 23; Schlechtriem, JZ 1993, S. 26; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 395. 6 Zu den Fallgruppen sogleich unter Erster Teil § 2 II. 7 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 241); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II 3 c (S. 98); Schlechtriem, Schuldrecht AT Rdnr. 499; Eckert, Schuldrecht AT, Rdnr. 420; AK-BGB/Dubischar, § 362 Rdnr. 4; Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 13; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 13; Hk-BGB/Schulze, § 366 Rdnr. 8; Erman/Westermann, § 362 Rdnr. 3; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 366 Rdnr. 1; Beuthien, Zweckerreichung, S. 290, 291, 301; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 12; Harder, datio in solutum, S. 167; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 31 ff.; Boehmer, Erfüllungswille, S. 37; Henke, S. 63; Schmidt, Erfüllung, S. 19; Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 90; Welker, Zweckverfehlung, S. 49; Wolf, Drittleistung, S. 21; Manigk, Anwendungsgebiet der Vorschriften für die Rechtsgeschäfte, S. 42; Canaris, BB 1972, S. 777; ders., FS für Larenz I, S. 821, 827; ders., WM 1980, S. 355; Bülow, JuS 1991, S. 531; Eckert, JR 1989, S. 202; Ehricke, JZ 1999, S. 1075; Flume, AcP 199 (1999), S. 12; Kohler, JherJB 17, S. 262; Lorenz, JuS 1968, S. 442; Schlechtriem, JZ 1993, S. 26; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 149; Stolte, JZ 1990, S. 222; Ehmann, JZ 1968, S. 550, ders., NJW 1969, S. 1834; Rother, AcP 169 (1969), S. 19, 26; Seibert, JZ 1981, S. 382; Thomä, JZ 1962, S. 625; Wieling, JuS 1978, S. 802; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 267; Zeiss, JZ 1963, S. 8; von Caemmerer, FS Dölle, S. 141. 8 BGHZ 51, 157 (160); BGH NJW 1991, 1294 (1295); BGH NJW 1992, 2698 (2699); BAG NJW 1993, 2398.

§ 2 Das Zuordnungsproblem bei der Erfüllung

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Schuldverhältnis ist, so selten finden sich Ausführungen darüber, warum es dieser Zuordnung überhaupt bedarf.9 Die Antwort muss den Autoren so evident erscheinen, dass man sie nicht erwähnt. Da sich selbst in Lehrbüchern für Studienanfänger keine ausdrückliche Antwort findet, wird die Kenntnis der Antwort scheinbar auch von Studenten der Anfangssemester vorausgesetzt. Die Antwort ist jedoch keinesfalls so selbstverständlich, wie man auf den ersten Blick meint.10 Und die sich daran anschließende Frage, in wessen Interesse eine Zuordnung erfolgt, findet – soweit ersichtlich – in der Literatur überhaupt keine Beachtung. 1. Funktion der Zuordnung Die Feststellung, dass ein Schuldverhältnis durch Leistung des Schuldners erfüllt und deshalb erloschen ist, setzt in erster Linie voraus, dass der sachliche Schuldinhalt beim Gläubiger verwirklicht wurde. Dies tritt erst ein, wenn der Gläubiger genau den vereinbarten Gegenstand oder die vereinbarte Tätigkeit erhalten hat. Allein die vollständige Befriedigung des Gläubigerinteresses rechtfertigt den ersatzlosen Wegfall der Forderung.11 a) Zuordnung als Schaffung einer Vergleichsgrundlage Ob das Gläubigerinteresse derart befriedigt wurde, ergibt sich als Ergebnis eines Vergleichs der erbrachten Leistung mit der geschuldeten Leistung.12 Was aber genau die geschuldete Leistung ist, kann nur dem konkreten Schuldverhältnis entnommen werden.13 Damit der notwendige Vergleich stattfinden kann, muss mit der Auswahl des zu erfüllenden Schuldverhältnisses eine Vergleichsgrundlage festgelegt werden. Erst nach Auswahl eines Schuldverhältnisses kann dessen Inhalt mit der erbrachten Leistung verglichen und festgestellt werden, ob wegen der Verwirklichung des sachlichen Schuldinhaltes Erfüllung eingetreten ist.14 Ohne Zuordnung und damit der Benennung einer Vergleichsgrundlage ließe sich also nicht feststellen, ob Erfüllung eines Schuldverhältnisses eingetreten ist. 9 Lediglich bei von Caemmerer, FS Dölle, S. 146; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 85, 168 und Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 15 klingen sie an. 10 Vor allem aus der eigenen Erfahrung diverser Arbeitsgemeinschaften und Anfängerübungen ergibt sich ein anderes Bild. 11 Vgl. oben Erster Teil § 1 II. 2. 12 Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 491. 13 Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 1. b) und Erster Teil § 1 IV. 2. a). 14 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 9; Schnorr von Carolsfeld, FS Lübtow, S. 674.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

b) Zuordnung als Voraussetzung des Feststellens der Zweckverfehlung Am Ergebnis dieses Vergleichsprozesses setzt zugleich die condictio indebiti gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB an. Leistungen solvendi causa verfolgen den Zweck, ein konkretes Schuldverhältnis zu erfüllen.15 Kommt es trotz Leistung nicht zur Erfüllung, wurde der verfolgte Zweck verfehlt und der Schuldner kann das Geleistete gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB mit der condictio indebiti vom Empfänger zurückfordern.16 Auch für die condictio indebiti muss somit ein konkretes Schuldverhältnis bestimmt werden, welchem die Zweckverfehlung entnommen werden kann.17 Ergibt der Vergleich von erbrachter mit geschuldeter Leistung, dass das Interesse des Gläubigers nicht befriedigt wurde, mangelt es nicht nur an der Erfüllung. Zugleich wurde der mit der Leistung erstrebte Zweck – Erfüllung dieses Schuldverhältnisses – verfehlt und der Schuldner kann die erbrachte Leistung mit der condictio indebiti zurückfordern. Die Zuordnung als Bestimmung einer Vergleichsgrundlage ermöglicht daher zugleich das Urteil über eine Zweckverfehlung der Leistung.18 Erfüllungseintritt oder Leistungskondiktion stellen somit zwei alternative Ergebnisse eines Vergleichsprozesses dar, dessen Vergleichsgrundlage durch die Zuordnung bestimmt wird.19 15 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II 3 (S. 92); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 132); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 I (S. 50); Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 55 (S. 165); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 15; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 71; Jauernig/Stadler, § 812 Rdnr. 6, 12; Hk-BGB/Schulze, § 812 Rdnr. 5; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 137, 138; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 78; Welker, Zweckverfehlung, S. 22; Baur/ Wolf, JuS 1966, S. 394; Lorenz, JuS 1968, S. 441. 16 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III 1 (S. 136); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 110); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 I (S. 50); Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 55 (S. 165); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 15; Jauernig/Stadler, § 812 Rdnr. 12; Hk-BGB/Schulze, § 812 Rdnr. 5; Bälz, FS Gernhuber, S. 7; Wolf, Drittleistung, S. 22; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 138; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 78, 81; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 18; Welker, Zweckverfehlung, S. 54; Zeiss, JZ 1963, S. 8; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 274. 17 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 99); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III 1 (S. 136); Jauernig/Stadler, § 812 Rdnr. 6; Hk-BGB/ Schulze, § 812 Rdnr. 6; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 4, 76; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 12; Bälz, FS Gernhuber, S. 7; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 394; Schlechtriem, JZ 1993, S. 26; Westermann, JuS 1968, S. 18; Rothoeft, AcP 163 (1964), S. 224. 18 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III 1 (S. 137); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 108); Hk-BGB/Schulze, § 812 Rdnr. 6; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 76; Rothoeft, AcP 163 (1964), S. 224; Schnorr von Carolsfeld, FS Lübtow, S. 675; Ulmer, AcP 126 (1926), S. 129 ff.

§ 2 Das Zuordnungsproblem bei der Erfüllung

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c) Feststellung des konkret erlöschenden Schuldverhältnisses Mit der Frage, ob Erfüllung eingetreten ist, hängt untrennbar die Frage zusammen, welches Schuldverhältnis erloschen ist. Dies verdeutliche der nachfolgende Beispielsfall:20 Ein Händler kauft vom Produzenten im Dezember und Januar Waren, schließt also zwei voneinander unabhängige Kaufverträge mit diesem ab. Der Rechnungsbetrag für beide Lieferungen ist gleich. Im März überweist der Händler den Betrag einer der beiden Rechnungen ohne Hinweis auf den Zweck der Leistung.

Die Frage, welches der beiden Schuldverhältnisse erloschen ist, kann gleichfalls allein durch die Zuordnung geklärt werden.21 Mit der Festlegung eines Schuldverhältnisses als Vergleichsgrundlage wird gleichzeitig das zu erlöschende Schuldverhältnis festgelegt. Stimmt die erbrachte mit der aus dem benannten Schuldverhältnis geschuldeten Leistung überein, erlischt das bestimmte Schuldverhältnis. Die Zuordnung ermöglicht mithin auch die Feststellung, welches Schuldverhältnis erloschen ist.22 d) Zwischenergebnis zur Funktion einer Zuordnung Ohne Zuordnung der Zuwendung zu einem speziellen Schuldverhältnis kann weder geklärt werden, ob Erfüllung des Schuldverhältnisses eingetreten ist oder die Leistung ihren Zweck verfehlt hat, noch lässt sich feststellen, welches konkrete Schuldverhältnis erfüllt wurde. Aus diesen Gründen ist die Zuordnung notwendiger Bestandteil jeder Erfüllung. 2. Interesse an einer Zuordnung Lässt sich ohne Zuordnung nicht feststellen, ob und welches Schuldverhältnis durch Erfüllung erloschen ist, bleibt zu fragen, wer ein Interesse an der Zuordnung hat. Primär kommen dafür die Parteien des Schuldverhältnisses – Schuldner und Gläubiger – in Betracht. Darüber hinaus könnten auch am Schuldverhältnis Unbeteiligte ein Interesse daran haben. 19 So schon Kötter, AcP 153 (1954), S. 225; ebenso Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 88; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 7; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 377 f. 20 Nach Bülow, JuS 1991, S. 531. 21 Das Problem wurde schon im römischen Recht diskutiert, vgl. D. 12, 1, 18 und 41, 1, 36; dazu auch Rother, AcP 169 (1969), S. 25. 22 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 239); RGRK/Weber, § 362 Rdnr. 8; Henrici, JherJB 32, S. 110; Eckert, JR 1989, S. 202; Boehmer, Erfüllungswille, S. 85; Manigk, Anwendungsgebiet der Vorschriften für die Rechtsgeschäfte, S. 44 ff.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

a) Interesse des Schuldners an einer Zuordnung Bereits an früherer Stelle wurde gezeigt, dass die Zuordnung für den Schuldner schon vor der eigentlichen Leistung eine gewichtige Rolle spielt.23 Erst wenn er ein zu erlöschendes Schuldverhältnis festgelegt hat, kann er den genauen Pflichteninhalt feststellen und seine Handlungen daran ausrichten. Genau umschrieben ist nämlich nur der herzustellende Erfolg. Die dafür nötigen Handlungen kann der Schuldner hingegen selbst auswählen.24 Schon aus diesem Grund ist die Zuordnung im Interesse des Schuldners. Weitergehend hat der Schuldner ein Interesse, dass seine vor Erbringung der Leistungshandlung vorgenommene Zuordnung vom Gläubiger übernommen wird. Nur wenn das von ihm ausgewählte Schuldverhältnis auch vom Gläubiger als Vergleichsgrundlage herangezogen wird, besteht eine reelle Chance, dass die sich am Schuldverhältnis orientierte Leistungshandlung des Schuldners zum Erfolgseintritt geführt hat. Denn nicht bereits die Leistungshandlung des Schuldners führt zum Erlöschen des Schuldverhältnisses, sondern erst der Erfolgseintritt beim Gläubiger.25 Ob der Erfolg beim Gläubiger eingetreten ist, kann der Schuldner mangels Einblick in die Gläubigersphäre nicht immer selbst feststellen.26 Letzteres kann allein der Gläubiger.27 Dennoch will auch der Schuldner wissen, ob der ihn belastende Aktivposten und damit die Sonderverbindung zum Gläubiger erloschen ist oder ob er einen erneuten Leistungsversuch unternehmen muss. Die Frage nach dem Erfüllungseintritt ist für den Schuldner im Fall einer negativen Antwort auch insofern interessant, als er die dann „fehlgeschlagene“ Leistung vom Gläubiger gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zurückfordern kann.28 Sollte die Leistungshandlung des Schuldners den geschuldeten Erfolg wider Erwarten nicht herbeigeführt haben,29 besteht für ihn zudem die Gefahr, in Schuldnerverzug zu geraten.30 Der Verzugseintritt stellt wegen der gemäß 23

Vgl. oben Erster Teil § 2. Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 236); Henke, Leistung, S. 41. 25 Vgl. nur Erster Teil § 1 II. 2 und Erster Teil § 1 IV. 1. a). 26 So z. B. in den Fällen der Schickschuld oder der Überweisung. 27 Auch daraus kann man die Gläubigerorientiertheit der Erfüllung ersehen. 28 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III 1 (S. 137); Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 55 (S. 165); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 15; Jauernig/Stadler, § 812 Rdnr. 12; Hk-BGB/Schulze, § 812 Rdnr. 7; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 138; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 78; Wolf, Drittleistung, S. 45; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 18; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 394. 29 In diesem Fall läuft zumindest die Verjährung zu seinen Gunsten weiter. 30 Dazu bedarf es gemäß § 284 Abs. 3 BGB in allen Fällen entgeltlicher Leistung noch nicht einmal der Mahnung des Gläubigers, sondern der Verzug tritt automatisch 30 Tage nach Rechnungslegung ein. 24

§ 2 Das Zuordnungsproblem bei der Erfüllung

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§ 288 BGB geschuldeten Verzugszinsen und der Möglichkeit des Gläubigers, gemäß §§ 288 Abs. 4, 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB Schadensersatz zu verlangen, einen erheblichen Nachteil für den Schuldner dar.31 Auch zur Vermeidung dieser Konsequenzen liegt es im Interesse des Schuldners, schnellstmögliche Klarheit über die Erfüllungswirkung seiner Leistung zu erlangen. b) Interesse des Gläubigers an der Zuordnung Auch für den Gläubiger ist es von Interesse, ob und welches Schuldverhältnis erloschen ist. aa) Kenntnis des Schuldners Die Frage nach dem erloschenen Schuldverhältnis stellt sich für den Gläubiger unter Umständen als Frage über die Person des Schuldners. So ungewöhnlich dies scheint, gibt es dennoch Fälle, in denen der Schuldner unbekannt ist. Dazu ein Beispiel:32 16.000 DM schickte ein Unbekannter per Post an das Hessische Landesversorgungsamt mit dem Wunsch: „… möchte ich Sie herzlich bitten, den (überzahlten) Betrag zurückzunehmen – bitte helfen Sie mir und verzeihen Sie mir.“

Sollte tatsächlich eine Überzahlung in Höhe von 16.000 DM seitens des Landesversorgungsamtes vorgelegen haben, bestand ein Anspruch auf Rückerstattung33 des zuviel entrichteten Betrages. Die Zuwendung des unbekannten Schuldners kann indes nicht zur Erfüllung führen, fehlt es doch an einer eindeutigen Zuordnung der Zuwendung zu einem Schuldverhältnis.34 Mangels Vergleichsgrundlage kann das Landesversorgungsamt nicht sagen, welches Schuldverhältnis erfüllt werden soll. Mithin kann es keine Entscheidung darüber treffen, ob die Zuwendung der geschuldeten Leistung entspricht und das Schuldverhältnis erloschen ist. Die Zuordnung zu einem bestimmten Schuldverhältnis ermöglicht dem Gläubiger mithin auch, die Person des Schuldners zu bestimmen. Danach kann er z. B. Aussagen über die Geschäftsfähigkeit des Schuldners treffen, welche für die Erfüllung von 31 Zudem unterliegt er nach Verzugseintritt dem strengeren Haftungsregime des § 287 BGB, vgl. Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 407; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 312; Larenz, Schuldrecht I, § 23 II a) (S. 354). 32 Nach Henke, Leistung, S. 67, dort noch weitere Beispiele. 33 Entweder aus einem spezialgesetzlichen Erstattungsanspruch (z. B. §§ 48, 49 VwVfG) oder aufgrund des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, in dessen Rahmen die Grundsätze des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruches ergänzend angewandt werden (vgl. nur BVerwG, NJW 1985, 2436). 34 So auch Henke, Leistung, S. 67.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

Belang sind.35 Das Interesse des Gläubigers an einer hinreichend konkreten Zuordnung der Zuwendung zu einem Schuldverhältnis besteht mithin auch aus dem Grund, Sicherheit über die Person des Schuldners zu erlangen.36 bb) Kenntnis des Leistenden Daneben ist auch die Person des Leistenden für den Gläubiger interessant.37 Sie ist es allerdings nicht deswegen, weil die Person des Leistenden Rückschluss auf die Person des Schuldners erlaubt, besteht doch aufgrund des § 267 Abs. 1 BGB regelmäßig die Möglichkeit, dass ein Dritter anstelle des Schuldners die Leistung erbringt. Nach herrschender Meinung kann aber der Leistende im Falle der fehlgeschlagenen Erfüllung die Leistung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zurückfordern.38 Es entsteht ein Rückabwicklungsschuldverhältnis zwischen dem Gläubiger und dem Leistenden. Die Frage nach dem Leistenden ist daher verbunden mit dem Interesse des Gläubigers an der Kenntnis des Beteiligten eines eventuellen Rückabwicklungsverhältnisses. Außerdem kann der Gläubiger nur im Fall der Drittleistung gemäß § 267 Abs. 2 BGB die Leistung ablehnen. cc) Drohende Verjährung Vordringlich stellt sich für den Gläubiger das Problem der laufenden Verjährung seiner Forderungen,39 erlischt doch nur die erfüllte Forderung. Für alle anderen Forderungen läuft die Verjährungsfrist indes ununterbrochen zu Lasten des Gläubigers weiter. Selbst wenn die Leistungshandlung des Schuldners nicht zur Erfüllung geführt, den Gläubiger aber wenigstens erreicht hat,40 beginnt für diese Forderung gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Verjährungsfrist erneut zu laufen.41 Nur die schnelle Klarheit über den Bestand seiner Forderungen ermöglicht es ihm, Maßnahmen zur Durchsetzung seiner Rechte einzuleiten und damit der drohenden Verjährung zu entgehen. Etwaige Phasen längerer Unsicherheit darüber, auf welche Forde35 Vgl. zu Leistungen von und an nicht voll Geschäftsfähige unter Erster Teil § 6 II. 8 sowie Erster Teil § 9 III. 36 Eckert, JR 1989, S. 202. 37 Gernhuber, Erfüllung, S. 112; Eckert, JR 1989, S. 202; Boehmer, Erfüllungswille, S. 67. 38 Vgl. dazu unten Zweiter Teil § 14 III. 2. c). 39 Bülow, JuS 1991, S. 531; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 232. 40 Zu den Sonderfällen bei mangelhafter Lieferung sogleich unter Erster Teil § 2 I. 2. b) dd). 41 Bamberger/Roth/Henrich, § 212 Rdnr. 2; BGH NJW 1967, 2353, 2354; BGHZ 107, 395 (398) zur Aufrechnung.

§ 2 Das Zuordnungsproblem bei der Erfüllung

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rung der Schuldner geleistet hat, laufen diesem Interesse des Gläubigers zuwider. Nur eine eindeutige Zuordnung ermöglicht Klarheit über den Ablauf von Verjährungsfristen.42 dd) Fristverkürzung aufgrund § 434 Abs. 3 oder § 633 Abs. 2 S. 3 BGB Neben dem Ablauf allgemeiner Verjährungsfristen droht dem Gläubiger im Kauf- und Werkvertragsrecht aufgrund der neu geschaffenen §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB43 ein weiterer Rechtsverlust. Liefert der Schuldner eine andere als die geschuldete Sache oder eine zu geringe Menge, liegt eigentlich (teilweise) Nichterfüllung vor und der Gläubiger könnte erneute Lieferung verlangen. Indes haben die §§ 434 Abs. 1, 633 Abs. 2 BGB nicht nur den subjektiven Fehlerbegriff auf eine gesetzliche Grundlage gestellt,44 sondern bestimmen in den §§ 434 Abs. 3, 633 Abs. 2 S. 3 BGB zugleich, dass die dort genannten Fälle der Nichterfüllung einem Sachmangel gleichgestellt werden, was zur Folge hat, dass dem Gläubiger nicht die regelmäßige Verjährungsfrist für eine erneute Leistung des Schuldners im Falle der Nichterfüllung zusteht.45 Stattdessen läuft die kurze Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB oder des § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB.46 Will er einem drohenden Verjährungseintritt zuvorkommen, muss er die Fehlerhaftigkeit rechtzeitig geltend machen. Die Feststellung der Fehlerhaftigkeit gelingt dem Gläubiger wiederum nur, wenn er nach der Zuordnung geschuldete mit erbrachter Leistung vergleichen und innerhalb der kurzen Frist Abweichungen geltend machen kann. ee) Ablauf von Rügeobliegenheiten Handelt es sich bei Schuldner und Gläubiger zugleich um Kaufleute im Sinne der §§ 1 ff. HGB,47 läuft der Gläubiger bei einem Handelskauf zudem 42

Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 166. Eingeführt zum 01.01.2002 durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001. 44 Palandt/Heinrichs, § 434 Rdnr. 1 sowie § 633 Rdnr. 2; Dauner-Lieb/Büdenbänder, Das neue Schuldrecht, § 8 Rdnr. 29, § 9 Rdnr. 28; Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rdnr. 483 und 635; Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, § 7 II 1 (S. 193) und § 11 III (S. 255). 45 Gemäß § 212 BGB würde bei einer aliud-Lieferung die Verjährung neu beginnen. 46 Deren Beginn bestimmt sich im Gegensatz zum gemischt subjektiv-objektiven Beginn der Regelverjährung darüber hinaus allein nach objektiven Kriterien; vgl. dazu nur Mansel/Budzikiewicz, Jura 2003, S. 3, 7. 47 Dies bestimmt sich nach §§ 1 Abs. 1, 2, 3 Abs. 2, 5, 6 Abs. 1 HGB. 43

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

Gefahr, seine Gewährleistungsrechte wegen § 377 Abs. 2 HGB nicht mehr geltend machen zu können, weil er einen Mangel nicht rechtzeitig gerügt hat. Die Feststellung einer möglichen Mangelhaftigkeit der Leistung setzt wiederum den Vergleich der geleisteten mit der geschuldeten Sache voraus, wozu es erneut einer Zuordnung zu einer konkreten Forderung bedarf. ff) Sicherheiten Ein weiterer Grund, die erlöschende Forderung zu bestimmen, sind bestehende Sicherheiten.48 Nur für erloschene Forderungen wird der Gläubiger Sicherheiten aufgeben wollen.49 Gibt er eine Sicherheit für eine noch nicht erloschene Forderung auf, ist das besonders misslich, wenn zwar diese Forderung uneinbringbar ist, er sich aber durch die Sicherheit hätte befriedigen können.50 gg) Mahnung und Verzug Ermöglicht die Zuordnung dem Gläubiger, eine Feststellung über das Erlöschen bestimmter Forderungen zu treffen, hat dies auch im Falle fehlgeschlagener Erfüllung Auswirkungen hinsichtlich seiner Rechtspositionen. Insbesondere könnte dem Gläubiger bei eventuellem Vorliegen des Schuldnerverzuges eine Verbesserung seiner Rechtsposition erwachsen, knüpfen doch die vorteilhaften Rechtsfolgen der §§ 286, 287, 288, 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB an den Verzug an. Insbesondere kann er ab Eintritt des Verzugs Zinsen gemäß § 288 Abs. 1 BGB fordern. Voraussetzung für den Verzugseintritt ist aber, dass eine Mahnung vorliegt.51 Die Vornahme der Mahnung als Gestaltungsrecht setzt Sicherheit über das Bestehen der fraglichen Forderung voraus. Diese Sicherheit kann wiederum nur dann gewonnen werden, wenn der Gläubiger aufgrund der Zuordnung von Zugewendetem zum Schuldverhältnis einen Vergleich durchführen kann. Die Kenntnis des Gläubigers, auf welches Schuldverhältnis geleistet wurde, und die Feststellung bezüglich des Erlöschens dieses Schuldverhältnisses sind somit auch Voraussetzung, das Vorliegen der Verzugsvoraussetzungen beurteilen bzw. diese herbeiführen zu können. 48

Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 55 (S. 164). Ist die gesicherte Forderung erloschen, ist der Gläubiger zur Aufgabe von Sicherheiten verpflichtet; entweder nach dem Gesetz oder aus dem Sicherungsvertrag. 50 von Caemmerer, FS Dölle, S. 146. 51 Die Ausnahmen ergeben sich aus § 286 Abs. 2 BGB. Bei Geldschulden ist zudem § 284 Abs. 3 BGB zu beachten, wonach Verzug bereits nach Ablauf der 30-Tagesfrist, beginnend mit Rechnungslegung, eintritt. 49

§ 2 Das Zuordnungsproblem bei der Erfüllung

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hh) Klarheit über Rückerstattungspflichten Dieser Zuordnung kommt zudem eine Befriedungsfunktion zu: Der Gläubiger will wissen, ob er die empfangene Leistung endgültig behalten darf oder ob er einem Herausgabeanspruch des Leistenden unterworfen ist.52 Der Gläubiger hat also auch deshalb ein Interesse an der Zuordnung, weil er nur dann beurteilen kann, ob Bereicherungsansprüche gegen ihn bestehen. ii) Zwischenergebnis zum Interesse des Gläubigers Die zum Nachteil des Gläubigers laufenden Fristen, die Sicherheit bezüglich der Aufgabe von bestehenden Sicherheiten und das benötigte Wissen über die Person des Schuldners begründen das Interesse des Gläubigers an einer schnellen Zuordnung und damit der Feststellung über das Erlöschen eines konkreten Schuldverhältnisses.53 Auch kann der Gläubiger das Vorliegen des Schuldnerverzugs nur auf Grundlage der Zuordnung feststellen und seine daraus erwachsenden Rechte geltend machen. Schließlich will der Gläubiger wissen, ob er die erhaltene Zuwendung endgültig behalten darf oder einer Rückgabepflicht unterliegt. c) Interesse Dritter an der Zuordnung Neben den beiden am Schuldverhältnis beteiligten Parteien haben auch Dritte ein Interesse an einer Zuordnung der Leistung.54 Ein solches Interesse55 kann etwa dem Bürgen attestiert werden, welcher wissen will, ob das Schuldverhältnis, für welches er sich verbürgt hat, durch die Leistung des Schuldners erloschen ist.56 Sollte das der Fall sein, kann er nicht mehr in Anspruch genommen werden.57 Ebenfalls können Gläubiger des Gläubi52

Welker, Zweckverfehlung, S. 41; Henke, Leistung, S. 67. Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 166, 168; Boehmer, Erfüllungswille, S. 76. 54 Henrici, JherJB 32, S. 112; Klein, Natur der causa solvendi, S. 12. 55 Dabei ist zu beachten, dass es sich um ein privates wirtschaftliches Interesse handeln muss. Kein Interesse dieser Art hat der erkennende Richter. Zwar wird auch der Richter das erlöschende Schuldverhältnis bestimmen wollen (vgl. Bülow, JuS 1991, S. 531), dies aber als Organ der Rechtspflege im Rahmen der Urteilsfindung. Ein privates Interesse an der Beantwortung der Frage hat er indes nicht. 56 Klein, Natur der causa solvendi, S. 12; Harder, datio in solutum, S. 30. 57 Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 55 (S. 164); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 647; Brox/Walker, Schuldrecht BT, § 32 Rdnr. 22; Palandt/Sprau, § 765 Rdnr. 29; Hk-BGB/Staudinger, § 767 Rdnr. 3; MüKo/Habersack, § 767 Rdnr. 3; Jauernig/Vollkommer, § 767 Rdnr. 6. 53

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

gers ein Interesse an der Zuordnung haben. Sollte die Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner trotz dessen Leistungsversuch nicht erloschen sein, kann diese Forderung gepfändet werden.58 Schließlich sei noch an den Gesamtschuldner erinnert, der nach Leistung eines anderen Gesamtschuldners wissen will, ob er dem Schuldner weiterhin zur Leistung verpflichtet ist.59 Nur wenn durch die Zuordnung ein Schuldverhältnis angegeben wurde, können sich Dritte im Wege eines Vergleiches Klarheit über die zwischen den Parteien bestehende Rechtslage verschaffen. Zudem gilt zu bedenken, dass im Falle des § 267 Abs. 1 BGB ein nicht am Schuldverhältnis beteiligter Dritter die Leistung erbringt. Da er sich aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung hinsichtlich der Erfüllung an die Stelle des Schuldners setzen kann,60 besteht auch in seiner Person ein Interesse am Wissen über die Erfüllungswirkung seiner Leistung. Zwar kann der Dritte im Falle eines Fehlschlagens nicht wie der Schuldner in Verzug geraten. Dennoch will auch er wissen, ob der Gläubiger seine Leistung infolge der Erfüllung behalten darf oder sie gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB herausgeben muss. d) Ergebnis zum Interesse an einer Zuordnung Die Zuordnung der Zuwendung zu einer konkreten Forderung als notwendiger Bestandteil der Erfüllung liegt somit im Interesse aller mit dem konkreten Rechtsverhältnis in Berührung kommenden Teilnehmer des Rechtsverkehrs. Nur die Zuordnung schafft Klarheit über die bestehende Rechtslage und ermöglicht Maßnahmen zur weiteren Rechtsdurchsetzung.

II. Fälle der nicht evidenten Zuordnung Ermöglicht erst eine Zuordnung als Bestandteil der Erfüllung die Aussage darüber, ob ein bestimmtes Schuldverhältnis erloschen ist, scheint die Zuordnung von erbrachter Zuwendung zu einem Schuldverhältnis in den meisten Fällen völlig unproblematisch. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Gläubiger nur eine einzige Leistung vom Schuldner fordern kann. Die Beispiele dafür sind vielfältig: Der Autokäufer schuldet dem Verkäufer gegenüber nur den einen Kaufpreis; die schuldnerische Werkstatt nur die vereinbarte Reparatur; der Inhaber des Restaurants schuldet dem Unterhaltungskünstler die Gage für die Silvestershow. 58 59 60

Bzw. vergrößert die Insolvenzmasse, vgl. Foerste, Insolvenzrecht, Rdnr. 143. Klein, Natur der causa solvendi, S. 12; Harder, datio in solutum, S. 30. MüKo/Krüger, § 267 Rdnr. 1; Kretschmar, Erfüllung, S. 128.

§ 2 Das Zuordnungsproblem bei der Erfüllung

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Wenn der Schuldner die entsprechende Leistung an den Gläubiger erbringt, dann ersichtlich zur Erfüllung des einen, beide verbindenden Schuldverhältnisses. Man könnte daher annehmen, dass sich in allen Fällen eines einzigen Schuldverhältnisses zwischen Schuldner und Gläubiger die Zuordnung der Leistung auf diese Verbindlichkeit aufgrund evidenter Übereinstimmung ergibt. In dieser Allgemeinheit ist die Aussage jedoch angreifbar. Sie übersieht, dass nicht allein der Schuldner, sondern gemäß § 267 Abs. 1 BGB auch ein nicht am Schuldverhältnis beteiligter Dritter die geschuldete Leistung erbringen kann. In einem solchen Fall der Drittleistung ergibt sich die Zuordnung nicht aus den äußeren Umständen:61 Da der Dritte nichts schuldet, lässt sich nicht sagen, anstelle welchen Schuldners er die Leistung erbringt.62 Gerade die Möglichkeit des Vorliegens einer Drittleistung jedoch schließt eine Zuordnung aufgrund evidenter Übereinstimmung weitgehend aus. Selbst wenn nämlich Schuldner und Gläubiger nur ein einziges Schuldverhältnis verbindet, folgt daraus nicht automatisch, dass die seitens des Schuldners erbrachte Leistung zur Erfüllung dieser Verbindlichkeit dient. Es besteht aufgrund der Existenz des § 267 BGB doch immer die theoretische Möglichkeit, dass der Schuldner als Dritter auf ein fremdes Schuldverhältnis hin leistet.63 Dies zeigt, dass selbst scheinbar einfachste Konstellationen der Erfüllung bei genauerer Betrachtung nicht im Wege einer rein objektiven, evidenten Zuordnung zu lösen sind. Speziell die Situationen der Drittleistung gemäß § 267 Abs. 1 BGB und die Fälle der Forderungsmehrheit gemäß § 366 Abs. 1 BGB sind Situationen, in denen nur eine ausdrückliche Zuordnung die Aussage über die Erfüllungswirkung der erbrachten Leistung sicherstellen kann.64 Nun erfassen die §§ 267 Abs. 1, 366 Abs. 1 BGB nicht alle Bereiche fehlender Evidenz. Über diese Fälle hinaus kann die für den Erfüllungseintritt notwendige Zuordnung in weiteren Situationen nur durch ausdrückliche Bestimmung vorgenommen werden.

61 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I 5 (S. 240); Staudinger/Olzen, Vorbem. 14 zu §§ 362 ff.; Staudinger/Selb, 13. Aufl., § 267 Rdnr. 8; Henke, Leistung, S. 49; Wolf, Drittleistung, S. 23; von Caemmerer, FS Dölle, S. 142; Lorenz, JuS 1968, S. 442. 62 Palandt/Heinrichs, § 267 Rdnr. 3; Hk-BGB/Schulze, § 267 Rdnr. 2; Henke, Leistung, S. 49; BGH NJW 1986, 251. 63 Dazu ein Beispiel bei Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 167. 64 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I 5 (S. 241); Schlechtriem, Schuldrecht AT Rdnr. 500, 501; Staudinger/Olzen, Vorbem. 14 zu §§ 362 ff.; Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 6; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 13; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 77; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 395.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

1. Unsicherheit im Rahmen des § 366 BGB Eine Zuordnung aufgrund äußerer Umstände versagt ersichtlich, wenn der Gläubiger gegen den Schuldner mehrere Forderungen gleichen Inhalts innehat. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber diese Fälle in § 366 Abs. 1 BGB erfasst.65 Zur Verdeutlichung mögen die folgenden Beispielsfälle dienen. Begonnen werden soll mit Beispielsfall 1:66 Ein Händler kauft vom Produzenten im Dezember und Januar jeweils die gleichen Waren, schließt also zwei Kaufverträge mit ihm ab. Der Rechnungsbetrag für beide Kaufverträge ist identisch. Im März überweist der Händler den Betrag einer der beiden Rechnungen ohne nähere Erläuterung an den Produzenten.

Ob die Dezember- oder Januarforderung durch den Schuldner beglichen wurde, lässt sich nicht feststellen. Beide Rechnungsbeträge sind identisch, mithin kommt auch der überwiesenen Summe keine Indizwirkung zu. In einem solchen Fall tritt die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Zuordnung der Leistung auf eine Forderung offen zu Tage.67 Die gleiche Unsicherheit besteht aber auch, wenn der Schuldner einen Betrag überweist, der zwar eine einzelne Forderung übersteigt, nicht aber zur Tilgung sämtlicher Forderung ausreicht. Dann stellt sich die Frage, welche der Forderungen nach Erhalt einer solchen Zahlung noch teilweise besteht. Das Gesetz beseitigt die Unsicherheiten, indem es dem Schuldner in § 366 Abs. 1 BGB das ausdrückliche Zuordnungsrecht zuweist und in § 366 Abs. 2 BGB ersatzweise bestimmt, dass die Forderungen im Falle einer fehlenden Tilgungsbestimmung in einer bestimmten Reihenfolge erlöschen.68 Die Vorschrift des § 366 BGB will mithin jene Unsicherheit hinsichtlich der Erfüllung beseitigt wissen, die sich aus der Existenz mehrerer gleichartiger, gegen den Schuldner gerichteter Forderungen zwangsläufig ergibt. Mehrere Schuldverhältnisse entstehen dabei vor allem durch den Abschluss unterschiedlicher Verträge, etwa im Rahmen einer bestehenden und fortlaufenden Geschäftsbeziehung zweier Vertragspartner. Mehrere Forderungen entstehen aber auch, wenn der Gläubiger nur einen Teilbetrag einer 65 Protokolle I, S. 1387 ff.; Motive II, S. 86; Jakobs/Schubert, Beratungen, S. 630 ff.; dabei gab es eine entsprechende Regelung bereits im Römischen Recht, vgl. Ulpian 43 (ad Sabinum) D 46, 3, 1. 66 Nach Bülow, JuS 1991, S. 531. 67 Ebenso Schlechtriem, Schuldrecht AT Rdnr. 499; Brox/Walker, Schuldrecht AT, § 14 Rdnr. 11; Palandt/Heinrichs, § 366 Rdnr. 1; Seibert, Erfüllung, S. 15; Ehricke, JZ 1999, S. 1075. 68 Ob es sich bei § 366 Abs. 2 BGB um eine gesetzliche Auslegungsregel oder dispositives Gesetzesrecht handelt, soll erst unter Erster Teil § 6 II. 10 Gegenstand der Untersuchung sein.

§ 2 Das Zuordnungsproblem bei der Erfüllung

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ursprünglich einheitlichen Forderung einklagt,69 denn nach rechtskräftigem Urteil über die Teilforderung gilt für diese die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB, für die Restforderung hingegen die insoweit maßgebliche Verjährungsfrist des § 195 BGB.70 Daneben findet § 366 BGB analoge Anwendung, wenn eine einheitliche Schuld nur teilweise gesichert ist.71 Zahlt der Schuldner lediglich einen Teilbetrag, kann nicht festgestellt werden, ob der gesicherte oder ungesicherte Teil der Forderung erloschen ist. Schließlich wurde § 366 BGB entsprechend angewandt, wenn zwar eine einheitliche Schuld vorlag, diese jedoch nur teilweise in Gesamtschuldnerschaft zu einem anderen Schuldner bestand.72 Beispielsfall 2:73 Schuldner und Gläubiger schließen einen Mietvertrag über ein Cafe. Es wird ein monatlicher Mietzins für die genutzten Räume und als Nebenforderung eine monatliche Zahlung für die Nutzung der Tiefgarage vereinbart. Nach zwei Jahren stellt der Schuldner die Zahlungen wegen angeblicher Mängel der Klimaanlage ein. Nach Klageerhebung durch den Gläubiger zahlt der Schuldner einen Teilbetrag der offenen Summe ohne Zuordnung.

Vorliegend handelt es sich beim Mietvertrag lediglich um ein Schuldverhältnis. Insofern könnte es an der erforderlichen Mehrheit von Schuldverhältnissen zwischen Schuldner und Gläubiger als Voraussetzung des § 366 BGB fehlen. Obwohl aber zwischen Schuldner und Gläubiger nur ein Schuldverhältnis im weiteren Sinn besteht, erwächst doch daraus jeden Monat eine neue Mietforderung. Eine genaue Bestimmung, welche Monatsrate durch die Zahlung des Schuldners erloschen ist, lässt sich indes auch bei Bestehen nur eines Dauerschuldverhältnisses nicht treffen. Schuldverhältnis im Sinne des § 366 BGB bedeutet deshalb, wie schon bei § 362 Abs. 1 BGB, das Schuldverhältnis im engeren Sinne, also die Forderung.74 Mithin erfasst § 366 BGB auch wiederkehrende Leistungen aus allen Dauerschuldverhältnissen.75 Das sind neben Mietraten76 vor allem Unterhaltsraten,77 69 MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 366 Rdnr. 2; Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 17; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 366 Rdnr. 3; Gernhuber, Erfüllung, S. 137; RGZ 66, 266 (271); BGH NJW-RR 1991, 169 (170); OLG Düsseldorf, NJW-RR 2001, 1595 (1596). 70 Vgl. schon RGZ 66, 266 (271). 71 BGH NJW 1973, 1689 (1689). 72 OLG Rostock, NJW-RR 2002, 244 (245). 73 Vereinfacht nach BGHZ 91, 375. 74 Palandt/Heinrichs, § 366 Rdnr. 2; Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 15; Erman/ Westermann, § 366 Rdnr. 5; Gernhuber, Erfüllung, S. 137; BGH DB 1974, 2005. 75 Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 15; NJW 1965, 1373 (1374). 76 BGHZ 91, 375 (379). 77 OLG Oldenburg FamRZ 1991, 719.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

aber auch Pachtzinsraten,78 Raten für die Versicherung79 oder die monatlichen Forderungen aus Bierbezugsverträgen.80 In allen diesen Fällen kommt eine evidente Zuordnung von erbrachter Zuwendung zu einer Forderung nicht in Betracht; lässt sich die erlöschende Forderung nicht den äußeren Umständen nach bestimmen. Sicherheit schafft nur eine ausdrückliche Zuordnung.81 Beispielsfall 3: Der Schuldner kauft beim Gläubiger im November und im Januar die gleiche Menge Heizöl jeweils zum Preis von 400,– e. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten begleicht der Schuldner weder die eine noch die andere Rechnung. Im Februar verkauft der Gläubiger die Januarforderung an einen Dritten und tritt sie diesem ab. S wird davon nicht informiert. Ende Februar überweist S 400,– e an G.

Nach Abtretung der Januarforderung steht dem Gläubiger nur noch eine Forderung gegen den Schuldner zu. Somit erfasst daher der Wortlaut des § 366 BGB die beschriebene Situation nicht, setzt die Zuordnungsunsicherheit doch eine Mehrzahl von gleichartigen Schuldverhältnissen zwischen Schuldner und Gläubiger voraus. Daran fehlt es im Beispielsfall.82 Zu beachten ist jedoch, dass der Schuldner infolge der nicht erfolgten Information über die Abtretung auch die Januarforderung gemäß § 407 Abs. 1 Alt. 1 BGB durch Leistung an den Zedenten erfüllen kann. Der Gläubiger der Novemberforderung kann ohne entsprechende Zuordnung des Schuldners nicht feststellen, ob seine Forderung oder die an den Dritten abgetretene Forderung erloschen ist. Zuordnungsprobleme gibt es also immer auch dann, wenn gegen einen Schuldner Forderungen verschiedener Gläubiger gerichtet sind, aber die Leistung an einen Gläubiger auch gegenüber anderen Gläubigern erfüllende Wirkung hat. Das kann wegen §§ 407 Abs. 1, § 408 Abs. 1 BGB83 bei der Abtretung der Fall sein,84 aber auch bei Vorliegen einer Einziehungsermächtigung oder einer anderweitig begründeten Empfangszuständigkeit eines Gläubigers.85 Die analoge Anwendung des § 366 BGB auf 78

Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 15. BGH NJW 1978, 1524; LG Wuppertal VersR 1990, 1109, OLG Köln VersR 1974, 898. 80 Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 15. 81 In der Entscheidung BGHZ 91, 375 kam noch hinzu, dass sich nicht feststellen ließ, ob der Schuldner auf die Haupt- oder die Nebenforderung gezahlt hatte. 82 Aus diesem Grund hat das Reichsgericht (RG Warn 1908 Nr. 617) in einem vergleichbaren Fall die Anwendbarkeit des § 366 BGB verneint. 83 Ein Fall des § 408 Abs. 1 BGB lag unter anderem in BGHZ 47, 168 vor. 84 Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 21; MüKo/Wenzel, § 366 Rdnr. 3; Erman/Westermann, § 366 Rdnr. 7, 8; HK-BGB/Schulze, § 366 Rdnr. 2; Derleder, AcP 169 (1969), S. 111; RGZ 149, 96 (98); BGH NJW 1991, 2629 (2630); BGHZ 46, 242. 79

§ 2 Das Zuordnungsproblem bei der Erfüllung

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diese Konstellationen rechtfertigt sich durch die ebenfalls bestehende Zuordnungsunsicherheit.86 Zusammenfassend kann festgestellt werden: Das Bestehen mehrerer gleichartiger Forderungen zwischen Gläubiger und Schuldner macht eine Zuordnung der Leistung auf eine konkrete Forderung anhand äußerer Umstände unmöglich. Die von § 366 BGB erfasste Zuordnungsunsicherheit besteht über den Wortlaut hinaus auch dann, wenn nur eine Forderung oder mehrere Gläubiger vorhanden sind, weshalb dann § 366 BGB analog angewandt wird. In allen diesen Fällen ist eine ausdrückliche Zuordnung für die Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses unerlässlich. Nach der Intention des § 366 Abs. 1 BGB ist es dem Schuldner vorbehalten, mit seiner Tilgungsbestimmung das erlöschende Schuldverhältnis festzulegen.87 Gelingt es dem Schuldner nicht, seine Tilgungsbestimmung und damit die von ihm vorgenommene Zuordnung deutlich genug zum Ausdruck zu bringen, greift § 366 Abs. 2 BGB Platz und verhindert eine Ungewissheit über die erloschene Forderung.88 2. Unklarheit zwischen Sicherheit und Schuld Oben klang bereits an,89 dass für die Verbindlichkeit des Schuldners unter Umständen eine Sicherheit bestellt wurde. Als Sicherungsmittel90 kommen sowohl Personalsicherheiten91 als auch Realsicherheiten92 in Betracht. 85 Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 502; MüKo/Wenzel, § 366 Rdnr. 3; Gernhuber, Erfüllung, S. 138; Derleder, AcP 169 (1969), S. 100; Ehmann, JZ 1968, S. 552; BGHZ 47, 168 (170). 86 Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 20; Palandt/Heinrichs, § 366 Rdnr. 3; Erman/ Westermann, § 366 Rdnr. 8; Jauernig/Stürner, § 366 Rdnr. 2; Gernhuber, Erfüllung, S. 138; Ehmann, JZ 1968, S. 553; Derleder, AcP 169 (1969), S. 111; BGH NJW 1991, 2629 (2630). 87 Das allerdings bestreitet Welker, Zweckverfehlung, S. 67. Nach ihm würde ausreichen, dass überhaupt auf die Forderungsmehrheit Bezug genommen wird. Welche der einzelnen Forderungen dann erlischt, bestimmt sich nach § 366 Abs. 2 BGB. Eine solch ungenaue Zuordnung widerspricht schon deren oben herausgearbeiteter Funktion (exakte Bestimmung des zu erlöschenden Schuldverhältnisses) und ist deshalb abzulehnen. 88 BGH WM 1962, 1090. 89 Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 2. b) ff). 90 Zur Terminologie der Sicherungsrechte vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 36 Rdnr. 4; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rdnr. 10; Scholz/Lwowski, Kreditsicherungsrecht, Rdnr. 78 ff. 91 Z. B. die Bürgschaft gemäß §§ 765 ff. BGB oder der Schuldbeitritt. 92 Z. B. Hypothek gemäß §§ 1113 ff. BGB, Grundschuld gemäß §§ 1191 ff. BGB; Rentenschuld gemäß §§ 1199 ff. BGB und Pfandrecht gemäß §§ 1204 ff. BGB.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

Wird nach Fälligkeit der Forderung durch Schuldner oder Sicherungsgeber geleistet, wirft das die Frage auf, ob auf die Forderung oder die Sicherheit geleistet wurde.93 Das sei an einem Beispielsfall veranschaulicht:94 Zur Finanzierung seines Hausbaus hat der Schuldner beim Gläubiger ein Darlehen aufgenommen und diesem zur Sicherung eine Grundschuld in entsprechender Höhe bestellt. Am Ende der Darlehenslaufzeit zahlt er die Gesamtsumme ohne weiteren Hinweis an den Gläubiger zurück.

Der Schuldner kann einerseits die Darlehensforderung beglichen haben. Davon wäre die Grundschuld nicht unmittelbar berührt. Der Schuldner hätte lediglich einen schuldrechtlichen Rückgewähranspruch aus dem Sicherungsvertrag gegen den Gläubiger.95 Andererseits kann der Schuldner auf die Grundschuld geleistet haben, was zur Entstehung einer Eigentümergrundschuld führt.96 Die Zuordnung der Zuwendung zu Forderung oder Grundschuld lässt sich nicht den äußeren Umständen entnehmen.97 Während man bei einer Personenverschiedenheit von Schuldner und Sicherungsgeber noch davon ausgehen könnte, dass der Schuldner auf die Verbindlichkeit und der Sicherungsgeber auf die Sicherheit leiste,98 lässt sich bei einem Schuldner-Eigentümer ohne dessen ausdrückliche Zuordnung nicht mehr feststellen, worauf geleistet wurde. Die Kontroverse,99 ob die Leistung des Schuldner-Eigentümers auf die Verbindlichkeit100 oder die Sicher93 Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 499; MüKo/Eickmann, § 1191 Rdnr. 68; Erman/Wenzel, § 1191 Rdnr. 83, 92; Palandt/Bassenge, § 1191 Rdnr. 47; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 262 Fn. 29; BGH ZIP 1998, 601 (602). 94 Nach Bülow, JuS 1991, S. 531. 95 Schwab/Prütting, Sachenrecht, Rdnr. 772; Westermann, Sachenrecht, § 117 II; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 45 Rdnr. 25; M. Wolf, Sachenrecht, Rdnr. 961. 96 Umstritten ist allein, ob analog § 1163 I 2 BGB, § 1142 f. BGB oder §§ 1168, 1171 BGB. 97 Hat der Hausbauer zur Finanzierung auch noch einen Wechsel begeben, kann die Zahlung auf die Darlehensforderung, die Grundschuld oder den Wechsel geleistet worden sein. 98 So die h. M. im Fall der Bürgschaft (Staudinger/Horn, 13. Aufl., vor §§ 765 ff. Rdnr. 13; Palandt/Sprau, § 764 Rdnr. 1; Palandt/Heinrichs, § 267 Rdnr. 2; Jauernig/Stadler, § 774 Rdnr. 1; Scholz/Lwowski, Kreditsicherungsrecht, Rdnr. 367; BGHZ 42, 53 [56]) und bei der Grundschuld (Habersack, Sachenrecht, Rdnr. 399; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 45 Rdnr. 82, 86; Westermann, Sachenrecht, § 117 V; Scholz/Lwowski, Kreditsicherungsrecht, Rdnr. 880; Staudinger/Wolfensteiner, 13. Aufl., § 1192 Rdnr. 19; Palandt/Bassenge, § 1191 Rdnr. 48; BGH NJW 1987, 838). 99 Vgl. nur Baur/Stürner, Sachenrecht, § 45 Rdnr. 47 ff.; M. Wolf, Sachenrecht, Rdnr. 691 f.; Scholz/Lwowski, Kreditsicherungsrecht, Rdnr. 880; Palandt/Bassenge, § 1191 Rdnr. 47; Erman/Wenzel, § 1191 Rdnr. 83, 92; MüKo/Eickmann, § 1191 Rdnr. 68; Seibert, JuS 1984, S. 526. 100 BGH NJW-RR 1993, 386 (389); BGH NJW 1976, 2340; BGH NJW-RR 1989, 1036.

§ 2 Das Zuordnungsproblem bei der Erfüllung

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heit101 hin erfolgt, ist symptomatisch für die bestehende Unsicherheit im Verhältnis von Forderung und Sicherheit.102 Die Unsicherheit verstärkt sich noch, wenn die Grundschuld nicht nur eine, sondern mehrere Forderungen sichert,103 wobei die gesicherten Verbindlichkeiten noch nicht einmal den gleichen Schuldner treffen müssen.104 Jetzt stellt sich nicht nur die Frage, ob auf Forderung oder Sicherheit geleistet wurde, sondern darüber hinaus, auf welche der bestehenden Forderungen. Erst die Zuordnung des Zahlenden in Form der Tilgungsbestimmung bringt nach überwiegender Ansicht die nötige Sicherheit.105 Unsicherheiten, auf welches Schuldverhältnis die Leistung erfolgt, entstehen aber nicht nur bei Grundpfandrechten. Auch bei Personalsicherheiten ist eine Zuordnung aufgrund evidenter äußerer Umstände nicht möglich. Dazu folgender Beispielsfall: Der Freund des Schuldners verbürgt sich durch schriftliche Erklärung für die schuldnerische Forderung. Als diese beim Schuldner nicht beizutreiben ist, fordert der Gläubiger den Bürgen zur Zahlung auf. Der Bürge überweist die Summe ohne weitere Erläuterung.

Durch den Bürgschaftsvertrag wird ein eigenes Schuldverhältnis des Bürgen zum Gläubiger begründet.106 Auf dieses Schuldverhältnis zahlt der Bürge nach überwiegender Ansicht.107 Gemäß § 362 Abs. 1 BGB erlischt 101

BGH WM 1968, 371; BGH NJW 1991, 286. Auch bei der Hypothek kann eine ähnliche Situation bestehen: Der vom Schuldner verschiedene Eigentümer kann gemäß §§ 1142, 1143 BGB sowohl die Hypothek ablösen (was zum Übergang von Forderung und Hypothek auf ihn führt) oder aber auf die Forderung leisten mit der Folge, dass dann ebenfalls eine Eigentümerhypothek entsteht; vgl. M. Wolf, Sachenrecht, Rdnr. 668. 103 BGH WM 1995, 1663 (1663); BGH NJW 1997, 2046 f.; OLG Düsseldorf WM 1976, 938 (939). 104 BGH NJW-RR 1989, 1036 (1037). 105 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 45 Rdnr. 43; Habersack, Sachenrecht, Rdnr. 399; MüKo/Eickmann, § 1191 Rdnr. 72; Scholz/Lwowski, Kreditsicherungsrecht, Rdnr. 880; Staudinger/Wolfensteiner, 13. Aufl., § 1192 Rdnr. 18; Palandt/ Bassenge, § 1191 Rdnr. 47; Erman/Wenzel, § 1192 Rdnr. 90; Jauernig/Jauernig, § 1191 Rdnr. 13; BGH NJW 1997, 2046 (2047); BGH NJW-RR 1989, 1036 (1037). 106 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 60 I 3 (S. 2); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 629; Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 32 Rdnr. 1; Oetker/ Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, S. 610; Staudinger/Horn, vor §§ 765 ff. Rdnr. 13; Erman/Seiler, vor § 765 Rdnr. 6. 107 Scholz/Lwowski, Kreditsicherungsrecht, Rdnr. 367; Staudinger/Horn, vor §§ 765 ff. Rdnr. 13; Palandt/Sprau, Einf. vor § 765 Rdnr. 1; Palandt/Heinrichs, § 267 Rdnr. 2; Jauernig/Stadler, § 774 Rdnr. 1; BGHZ 42, 53 (56). Dies klingt auch bei Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 60 IV 2 (S. 15); Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 32 Rdnr. 36 und Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, S. 636 an. Zum Gemeinen Recht vgl. Pringsheim, GruchB 53 (1909), S. 14. 102

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

dann die Forderung gegen den Bürgen.108 Zur Sicherung seines Regresses gegen den Hauptschuldner geht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner gemäß § 774 Abs. 1 BGB auf den Bürgen über.109 Theoretisch möglich ist aber auch, dass der Bürge als Dritter gemäß § 267 BGB auf die Verbindlichkeit des Hauptschuldners zahlt.110 Zwar würde mit dem Untergang der Hauptverbindlichkeit die Bürgschaftsschuld ebenfalls erlöschen. Allerdings scheidet dann ein Übergang der Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf den Bürgen nach Erlöschen der Hauptforderung aus. Leistet der Bürge den versprochenen Betrag ohne ausdrückliche Zuordnung an den Gläubiger, bestimmt sich das erlöschende Schuldverhältnis entgegen der herrschenden Ansicht111 nicht im Wege objektiver Übereinstimmung vom geschuldeter und erbrachter Leistung,112 sondern erst unter Berücksichtigung aller äußeren Umstände.113 Die Unsicherheit über die Rechtslage nach Erhalt der Zuwendung besteht im Fall der Bürgenleistung weniger beim Gläubiger, erlischt doch dessen Forderung gegen den Bürgen in jedem Fall.114 Jedoch wird der Schuldner der gesicherten Verbindlichkeit wissen wollen, ob die Hauptschuld erloschen oder auf den Bürgen übergegangen ist. Letzterenfalls kann er nämlich über die eventuellen Ansprüche aus einem vertraglichen Innenverhältnis Bürge zu Hauptschuldner hinaus im Wege des Regresses in Anspruch genommen werden. Auch können dritte Gläubiger des Hauptschuldners, die ebenfalls ein berechtigtes Interesse an rascher Klarheit über die bestehende Rechts108 Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 647; Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, S. 632; Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 32 Rdnr. 43; Palandt/Sprau, § 765 Rdnr. 15; Erman/Seiler, vor § 765 Rdnr. 6. 109 Jauernig/Stadler, § 774 Rdnr. 1; Hk-BGB/Staudinger, § 774 Rdnr. 1; Palandt/ Sprau, § 774 Rdnr. 4. 110 Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 499 a. E.; Staudinger/Bittner, § 267 Rdnr. 8; Palandt/Heinrichs, § 267 Rdnr. 3; Pringsheim, GruchB 53 (1909), S. 14; BGH NJW 1986, 251. 111 Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 45 Rdnr. 47 ff.; M. Wolf, Sachenrecht, Rdnr. 691 f.; Scholz/Lwowski, Kreditsicherungsrecht, Rdnr. 880; Palandt/Bassenge, § 1191 Rdnr. 47; Erman/Wenzel, § 1191 Rdnr. 83, 92; MüKo/Eickmann, § 1191 Rdnr. 68; Seibert, JuS 1984, S. 526. 112 So auch Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 499. 113 Das Ergebnis der herrschenden Meinung ist das Resultat der Auslegung einer konkludenten Tilgungsbestimmung (so explizit BGHZ 72, 246 [248]). Die Auslegung fragt, was für den Bürgen günstiger ist. Sie setzt aber schon denklogisch das Bestehen zweier Möglichkeiten sowie als Anknüpfungspunkt der Auslegung eine Äußerung des Schuldners voraus. 114 Entweder nach § 362 BGB oder gemäß §§ 267, 362 Abs. 1, 767 BGB durch Tilgung der zu sichernden Forderung. Auch steht dem Gläubiger die Hauptforderung nach Erhalt der Zahlung des Bürgen keinesfalls mehr zu. Entweder ist diese gemäß §§ 267 Abs. 1, 362 Abs. 1 BGB erloschen oder gemäß § 774 Abs. 1 BGB auf den Bürgen übergegangen.

§ 2 Das Zuordnungsproblem bei der Erfüllung

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lage haben,115 bei Fehlen einer Zuordnungsbestimmung nicht feststellen, ob die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner erloschen ist. Auch in den Bürgschaftsfällen muss der leistende Bürge im Rahmen der Tilgungsbestimmung seine Zuwendung zu einem konkreten Schuldverhältnis zuordnen.116 Auch im Verhältnis von Forderung und Sicherheit können Unsicherheiten über das erlöschende Schuldverhältnis bestehen, wenn Schuldner oder Sicherungsgeber Zahlungen ohne ausdrückliche Zuordnung vornehmen. Wie in den Fällen des § 366 BGB beseitigt die ausdrückliche Zuordnung durch den Leistenden im Rahmen der Tilgungsbestimmung die Unsicherheit. 3. Unsicherheit bei Beteiligung Dritter Die Notwendigkeit einer Zuordnung von Zuwendung zu einem Schuldverhältnis wird besonders deutlich, wenn drei (oder mehr) Personen am Erfüllungsvorgang beteiligt sind.117 Der gesetzlich geregelte Fall der Beteiligung Dritter an der Erfüllung ist die Drittleistung gemäß § 267 Abs. 1 BGB.118 Darüber hinaus bestehen noch andere Möglichkeiten der Drittbeteiligung, die ebenfalls Zuordnungsunsicherheiten verursachen. Dazu folgender Beispielsfall: Der Schuldner kann eine Verbindlichkeit dem Gläubiger gegenüber zurzeit nicht begleichen. Der Gläubiger hat aber ebenfalls finanzielle Probleme und ist auf das Geld zur Fortführung seines Geschäfts angewiesen. Da der Verlust des Gläubigers als wichtigen Handelspartner auch für den Schuldner existenzbedrohend wäre, bittet er seinen Freund D, einstweilen die geschuldete Summe an den Gläubiger zu zahlen. Dieser Bitte kommt D nach und bezahlt die Summe ohne nähere Erläuterung an den Gläubiger.

Die Zahlung des D wurde ohne ausdrückliche Zuordnung vorgenommen. Weil der Dritte nicht durch ein Schuldverhältnis mit dem Gläubiger verbunden ist, kann dieser bei der Leistung des Dritten nach § 267 Abs. 1 BGB nicht den äußeren Umständen entnehmen, welches Schuldverhältnis der 115

Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 2. c). Staudinger/Bittner, § 267 Rdnr. 8; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 499. 117 Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 501; ders., JZ 1993, S. 26; Larenz, Schuldrecht I, § 18 I 5 (S. 240); Staudinger/Olzen, Vorbem. 10, 14 zu §§ 362 ff.; Staudinger/Bittner, § 267 Rdnr. 1, 5. 118 Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 501; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 224; Westermann/Bydlinski, Schuldrecht AT, § 3 Rdnr. 21; Hk-BGB/Schulze, § 362 Rdnr. 4; Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 2; Wolf, Drittleistung, S. 15; Beuthien, Zweckerreichung, S. 297; Gernhuber, Erfüllung, S. 430; Stolte, JZ 1990, S. 222; Bülow, JuS 1991, S. 533. 116

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

Dritte zum Erlöschen bringen möchte.119 Zur Verhinderung einer Zuordnungsunsicherheit muss der Dritte deshalb nach überwiegender Ansicht seine Leistung mit einer Tilgungsbestimmung verbinden.120 Die Drittleistung nach § 267 BGB ist indes nicht die einzige Möglichkeit der Beteiligung Dritter.121 Im Beispielsfall kann sich der Dritte bei Vornahme der Leistungshandlungen auch dem Willen des Schuldners untergeordnet haben, quasi als Instrument des Schuldners die Leistung erbracht haben. Die Leistung des Schuldners mittels eines Dritten wird als Leistungsmittlung bezeichnet,122 wobei sich die Möglichkeit der Einschaltung eines Dritten als Erfüllungsgehilfen aus § 278 BGB ergibt.123 Gleichwohl weiß 119 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I 5 (S. 240); Planck/Siber, BGB, Anm. 2b zu § 362; Henke, Leistung, S. 49; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 77, 162; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 12; Wolf, Drittleistung, S. 23; Boehmer, Erfüllungswille, S. 87; Beuthien, JZ 1968, S. 326; von Caemmerer, FS Dölle, S. 141; Lorenz, JuS 1968, S. 442; Sinn, NJW 1968, S. 1857; Weitnauer, NJW 1979, S. 2011; Maier, AcP 152 (1952), S. 105. 120 Fikentscher, Schuldrecht Rdnr. 242; Larenz, Schuldrecht I, § 14 II (S. 192); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 V 3 (S. 242); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 140; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 12 III (S. 463); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 19; Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 708; MüKo/Keller, 3. Aufl., § 267 Rdnr. 7; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 12; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 97; Soergel/Wolf, § 276 Rdnr. 9; Soergel/Mühl, § 812 Rdnr. 123; Staudinger/Olzen, Vorbem. 14 zu §§ 362 ff.; Staudinger/Bittner, § 267 Rdnr. 8; Palandt/ Heinrichs, § 267 Rdnr. 3; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 59; Erman/Kuckuk, § 267 Rdnr. 4; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 162; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 13; Gernhuber, Erfüllung, S. 430; Schmidt, Erfüllung, S. 18; Kretschmar, Erfüllung, S. 129; Boehmer, Erfüllungswille, S. 87; Beuthien, JZ 1968, S. 326; Wolf, Drittleistung, S. 25; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 395; Bülow, JuS 1991, S. 534; von Caemmerer, FS Dölle I, S. 142; Canaris, FS Larenz I, S. 844; Gursky, NJW 1974, S. 784; Lorenz, JuS 1968, S. 445; Seibert, JZ 1981, S. 383; Sinn, NJW 1968, S. 1857; Stolte, JZ 1990, S. 222; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 49; Thomä, JZ 1962, S. 625; Weitnauer, Symposium König, S. 48; ders., FS von Caemmerer, S. 277; Zeiss, JZ 1963, S. 9; BGHZ 46, 319 (325); BGHZ 75, 299 (303); BGH NJW 1995, 128 (129). Davon abweichend fordert Weitnauer, NJW 1979, S. 2011 eine Vereinbarung über die Zuordnung. Dazu unten Erster Teil § 5 II. 3. c). 121 Zur möglichen Einbindung Dritter in den Erfüllungsvorgang vgl. Wolf, Drittleistung, S. 13 ff.; Schmidt, Erfüllung, S. 13 ff.; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 15; Beuthien, JZ 1968, S. 323. 122 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 391); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 IV (S. 22); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 686; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 49; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 30; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 52; Wolf, Drittleistung, S. 15; Pinger, AcP 179, 317; von Caemmerer, JZ 1962, S. 385; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 280; Westermann, JuS 1968, S. 18. 123 Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 140; ders., Bürgerliches Recht, Rdnr. 750; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 166; Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17 III (S. 281); Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 707; Schmidt, Erfüllung, S. 13;

§ 2 Das Zuordnungsproblem bei der Erfüllung

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der Gläubiger auch im Fall der Leistungsmittlung nach Erhalt der Zuwendung vom Dritten nicht, welches Schuldverhältnis erlischt. Aus Gläubigersicht besteht im Fall der Leistungsmittlung die gleiche Unsicherheit wie bei einer „echten“ Drittleistung. In beiden Fällen erhält er die Leistung von einem am Schuldverhältnis nicht Beteiligten. Auch bei der Leistungsmittlung kann nur eine ausdrückliche Zuordnung die Unsicherheit beseitigen. Im Gegensatz zur Drittleistung (§ 267 Abs. 1 BGB) nimmt bei der Leistungsmittlung nicht der Dritte, sondern der Schuldner als Leistender die Zuordnung vor.124 Der eingeschaltete Dritte überbringt die Zuordnungsbestimmung des Schuldners lediglich als dessen Bote125 oder auch als dessen Stellvertreter.126 Ein typisches und praktisch bedeutsames Beispiel der Leistungsmittlung ist die Banküberweisung,127 dessen Bedeutung durch die Ausweitung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs enorm zugenommen hat.128 Der Schuldner weist die Bank an,129 dem Gläubiger die geschuldete Summe zu überweisen. Im Überweisungsauftrag wird der Schuldner bei der Angabe des Welker, Zweckverfehlung, S. 30; Wolf, Drittleistung, S. 15; Gernhuber, Erfüllung, S. 444; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 23; Beuthien, JZ 1968, S. 323. Zum selben Ergebnis kommt Stolte, JZ 1990, S. 222, der jedoch übersieht, dass sich die Möglichkeit der Einschaltung des Dritten zur Erfüllung der Verbindlichkeit nicht direkt aus § 362 Abs. 1 BGB, sondern erst aus § 278 Abs. 1 BGB ergibt. 124 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II (S. 202); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 686; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 31; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 49; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 23; Wolf, Drittleistung, S. 24; Stolte, JZ 1990, S. 222. 125 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II (S. 202); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 686; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 391); MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 31; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 23; Wolf, Drittleistung, S. 32; Beuthien, JZ 1968, S. 323; Canaris, WM 1980, S. 356; ders., NJW 1992, S. 868; Pinger, AcP 179 (1979), S. 316; Schnauder, JZ 1987, S. 69; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 41; Hellwig, Verträge auf Leistung an Dritte, S. 131. Anders dagegen Flume, AcP 199 (1999), S. 13, nach welchem die Tilgungsbestimmung von der Bank getroffen wird. 126 Hellwig, Verträge auf Leistung an Dritte, S. 131; Beuthien, JZ 1968, S. 325; Canaris, NJW 1992, S. 868; von Caemmerer, JZ 1962, S. 386; Lorenz, JZ 1968, S. 325. Vgl. zur Stellvertretung auch Erster Teil § 9 IV. 127 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV (S. 223); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 686; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 IV (S. 440 f.); Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 52; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 33, 177; Henke, Leistung, S. 105; Canaris, WM 1980, S. 354; Thielmann, AcP 187, S. 41; von Caemmerer, JZ 1962, S. 387; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 289; RGZ 60, 24 (Postanweisungsfall). Vgl. dazu unten Zweiter Teil § 16 II. 128 Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 501; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 177. Schnauder, JZ 1987, S. 68 spricht von „Massenerscheinung“. 129 Wobei es sich dabei um eine Anweisung im weiteren Sinne handelt, vgl. dazu unten Zweiter Teil § 16 II.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

Verwendungszwecks die zu erlöschende Schuld spezifizieren.130 Damit trifft er eine Zuordnungsbestimmung. Die Bank unterwirft sich der Anweisung des Schuldners und schreibt dem Konto des Gläubigers die geschuldete Summe gut. Letzteres stellt eine Leistung des Schuldners mittels der Bank dar.131 Dabei überbringt die Bank gleichzeitig die Zuordnung des Schuldners.132 Ohne diese Zuordnung könnte der Gläubiger nicht feststellen, ob und welches Schuldverhältnis durch Leistung erloschen ist. Führt also der Schuldner die Leistungshandlungen dem Gläubiger gegenüber nicht persönlich aus, kann der Gläubiger ohne Erläuterung der Leistung nicht bestimmen, ob eine Drittleistung nach §§ 267 Abs. 1, 362 Abs. 1 BGB oder eine Leistungsmittlung nach §§ 362 Abs. 1, 278 BGB stattgefunden hat. Wie schon erwähnt, ist das Wissen um die Person des Leistenden für den Gläubiger nicht zuletzt für die Feststellung eines eventuellen Kondiktionspartners und der Möglichkeit, die Leistung gemäß § 267 Abs. 2 BGB abzulehnen, von Bedeutung.133 Diese Ungewissheit ist typisch für alle Fälle der Einschaltung Dritter in den Erfüllungsvorgang. Ohne ausdrückliche Zuordnung kann keine Feststellung über die Erfüllung bestehender Schuldverhältnisse getroffen werden. Andererseits kann die aus der Einbeziehung Dritter in den Erfüllungsvorgang entstehende Unsicherheit des Gläubigers nicht auf die Konstellationen der Drittleistung oder der Leistungsmittlung reduziert werden. Nicht übersehen werden darf nämlich, dass der Dritte unter Umständen eine eigene Verbindlichkeit dem Gläubiger gegenüber gemäß § 362 BGB tilgen will. So ist es im Ausgangsfall durchaus denkbar, dass der Dritte dem Gläubiger ein Darlehen geben will. Dann liegt in der Hingabe des Geldbetrages zugleich das konkludente Angebot auf Abschluss eines Darlehensvertrages.134 Eine solche Leistung diente dann sowohl der Begründung des 130 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 IV (S. 441); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 676; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 23; Bülow, JuS 1991, S. 531; Canaris, BB 1972, S. 777; Schnauder, JZ 1987, S. 69; Thielmann, AcP 187, S. 41. 131 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 IV (S. 441); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 (S. 22); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 86; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 30; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 52; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 49; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 23; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 281; Flume, AcP 199 (1999), S. 2; Pinger, AcP 179 (1979), 312; von Caemmerer, JZ 1962, S. 387. Dagegen Canaris, welcher in BB 1972, S. 775 und FS Larenz, S. 806 auch von einer Leistung der Bank an den Empfänger ausgeht. 132 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 IV (S. 441); MüKo/ Lieb, § 812 Rdnr. 30; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 23; Henke, Leistung, S. 110; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 302; Schnauder, JZ 1987, S. 69. 133 Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 2. b) hh).

§ 2 Das Zuordnungsproblem bei der Erfüllung

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Schuldverhältnisses als auch seiner Erfüllung.135 Das führt im Beispielsfall zu drei Möglichkeiten bei Zahlung des Dritten: Er kann als Leistungsmittler des Schuldner tätig geworden sein, eine Drittleistung gemäß § 267 Abs. 1 BGB erbracht oder eine eigene Verbindlichkeit getilgt haben.136 Dies macht deutlich, dass bei Beteiligung Dritter am Erfüllungsvorgang nicht den Umständen entnommen werden kann, auf welches Schuldverhältnis geleistet wurde. Deshalb gilt: Erbringt ein Dritter die Leistungshandlungen dem Gläubiger gegenüber, kann er im Spannungsverhältnis der §§ 362 Abs. 1, § 278 BGB und § 267 BGB drei theoretisch mögliche Ziele verfolgen: Er kann eine eigene Verbindlichkeit tilgen wollen, die Leistung als Leistungsmittler des Schuldners auf dessen Schuldverhältnis erbringen wollen oder als Dritter gemäß § 267 BGB leisten. Nur eine ausdrückliche Zuordnung verhindert eine dem Interesse aller am Rechtsverkehr Beteiligten zuwiderlaufende Unsicherheit, welches Schuldverhältnis erloschen ist. Dabei wird die erforderliche Zuordnung sowohl im Fall der Leistung des Schuldners gemäß § 362 Abs. 1 BGB als auch der Leistungsmittlung gemäß §§ 362, 278 BGB vom Schuldner getroffen, wohingegen im Rahmen des § 267 BGB der Dritte selbst die Zuordnung vornimmt. 4. Vorausleistung Eine weitere Fallgruppe des Versagens objektiver Zuordnung stellt die Vorausleistung dar. Eine Vorausleistung ist eine Leistung, die zu einem Zeitpunkt vorgenommen wird, in welchem das Schuldverhältnis noch nicht besteht. Dem besseren Verständnis diene wiederum ein Beispielsfall: A hat im Lotto gewonnen. Nun kann er endlich den Oldtimer kaufen, der bei seinem Freund B schon seit einiger Zeit für 1000,– Euro zum Verkauf steht und den er sich nie leisten konnte. Dazu übergibt er B einen Umschlag mit 1000,– Euro ohne ein weiteres Wort und freut sich über das erstaunte Gesicht des B.

Zwischen A und B besteht im Zeitpunkt der Zuwendung des A noch kein Schuldverhältnis. Trotzdem leistet A im Hinblick auf den Zahlungsanspruch aus dem noch abzuschließenden Kaufvertrag. Zahlungen im Hinblick auf noch nicht bestehende Verbindlichkeiten sind regelmäßig Vorausleistungen.137 In der Übergabe des Geldes liegt zugleich das konkludente Angebot 134 König, Gutachten, S. 1541; Kohler, ArchBürgR 2, S. 223 ff.; Söllner, AcP 163 (1964), S. 34; BGH WM 1962, 391 (392); BGH WM 1967, 321 (327). Zu den Fällen der Handschenkung vgl. unten Dritter Teil § 18 III. 4. 135 Seibert, JZ 1981, S. 381; Flume, Rechtsgeschäft, § 12 II 4 (S. 170). 136 Explizit Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 13; Staudinger/Selb, § 267 Rdnr. 6. 137 MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 18.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

auf Abschluss des Kaufvertrages.138 Nimmt B dieses Angebot an, entsteht der Anspruch auf den Kaufpreis und zugleich tritt aufgrund der Vorausleistung Erfüllung ein.139 Eine objektive Zuordnung der Zuwendung aufgrund äußerer Umständen ist dem Gläubiger auch hier nicht möglich, da es einem Schuldverhältnis zwischen A und B gerade noch ermangelt. Daher wird auch bei der Vorausleistung eine Tilgungsbestimmung des Leistenden für zwingend notwenig erachtet.140 5. Zwischenergebnis Eine Zuordnung aufgrund objektiver Umstände versagt in mehr Konstellationen als gemeinhin angenommen wird.141 Bereits der Wortlaut des § 366 BGB erfasst nicht alle Fälle, in denen die Norm letztlich im Wege der Analogie zur Anwendung gelangt.142 Dabei wird sowohl vom Erfordernis der Forderungsmehrheit zwischen Schuldner und Gläubiger als auch vom Erfordernis nur eines Gläubigers abgewichen. Die Notwendigkeit analoger Anwendung verdeutlicht bereits, dass eine evidente Zuordnung weit häufiger versagt, als bei Schaffung der Norm vorausgesehen. Daneben kann nicht nur im Fall der Drittleistung gemäß § 267 BGB, sondern auch bei der Leistungsmittlung eine Zuordnung von Leistung zu Schuldverhältnis nicht den äußeren Umständen entnommen werden. Schließlich gibt es im Verhältnis von Schuld und Sicherheit eine Zuordnungsunsicherheit, die weder aufgrund evidenter objektiver Übereinstimmung beseitigt werden kann, noch gesetzlich erfasst ist.143 Zusammenfassend kann man feststellen, dass über die gesetzlich anerkannten Fallgruppen hinaus eine allein auf objektiven Umständen beruhende Zuordnung wegen der durch § 267 Abs. 1 BGB eröffneten Möglichkeit, fremde Verbindlichkeiten zu erfüllen, allenfalls bei höchstpersönlichen Verpflichtungen möglich ist.144 Deshalb kann der Gläubiger letztlich selbst 138

Zur Vorausleistung vgl. auch unten Dritter Teil § 18 II. 5. MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 18; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 22; Bamberger/ Roth/Dennhardt, § 362 Rdnr. 24; Singer, JR 1983, S. 356; KG MDR 1979, S. 401. 140 MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 18; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 22; Singer, JR 1983, S. 356. Darüber hinaus verlangen Hk-BGB/Schulze, § 362 Rdnr. 3; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 362 Rdnr. 10 eine Abrechnungsabrede; dazu unten Erster Teil § 3 II. 141 Vgl. nur Bamberger/Roth/Dennhardt, § 362 Rdnr. 2: „Wo die Leistung ausnahmsweise einer bestimmten Schuld nicht zugeordnet werden kann …“. 142 Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 12. 143 Das Ausmaß der Unsicherheit bezüglich des erlöschenden Schuldverhältnis zeigt der Fall BGHZ 72, 246. Dort gab es nicht nur eine Dreipersonenkonstellation, sondern zusätzlich eine grundpfandrechtlich gesicherte Forderung. Welche unterschiedlichen Zuordnungsmöglichkeiten daraus entstehen können, zeigt Weitnauer, NJW 1979, S. 2009 f. 139

§ 2 Das Zuordnungsproblem bei der Erfüllung

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bei Leistung seines Schuldners ohne ausdrückliche Zuordnung nicht automatisch davon ausgehen, dass dieser die ihm obliegende Verbindlichkeit tilgen will. Die Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses muss daher als eines der Hauptprobleme im Rahmen der Erfüllung angesehen werden.145 Abhilfe schafft regelmäßig nur eine ausdrückliche Zuordnung. Diese wird in allen aufgezeigten Konstellationen vom Leistenden getroffen, was die Hypothese rechtfertigt, dass die Zuordnung immer durch den Leistenden selbst getroffen wird.146

III. Ergebnis zum Zuordnungsproblem im Rahmen der Erfüllung Über die im Rahmen der Erfüllung hervorgehobene Zuordnung der Leistung auf eine Forderung lässt sich nach der vorangegangenen Untersuchung sagen: 1. Eine Zuordnung der Leistung zu einem Schuldverhältnis ist Bestandteil jeder Erfüllung. Erst nach erfolgter Zuordnung kann im Wege eine Vergleiches festgestellt werden, ob und welches Schuldverhältnis erloschen ist. 2. Sowohl Gläubiger und Schuldner als auch Dritte haben ein Interesse an einer Zuordnung und damit verbunden an schneller Klarheit über die nach der Leistung bestehende Rechtslage. Mit diesem berechtigten Interesse ist es nicht zu vereinbaren, wenn eine Zuwendung in das Gläubigervermögen gelangt, ohne dass eine Zuordnung existiert. 3. Eine Zuordnung aufgrund objektiver Umstände ist unbestritten in den Fallkonstellationen der § 366 BGB und § 276 BGB nicht möglich. Darüber hinaus gibt es aber noch weitere Konstellationen, die nicht immer erwähnt werden, in denen das Versagen einer evidenten Zuordnung aber gleichwohl deutlich zu Tage tritt. 4. Aufgrund der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit der Drittleistung gemäß § 267 Abs. 1 BGB versagt eine Zuordnung aufgrund objektiver Übereinstimmung in fast allen147 Fällen einer Leistung. 5. Sicherheit bezüglich des erlöschenden Schuldverhältnisses erlangt man erst durch eine Zuordnungsbestimmung, die der Leistende im Rahmen der Tilgungsbestimmung trifft. 144

Darauf weist auch Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 42 zutreffend hin. Schmidt, Erfüllung, S. 27 spricht aus diesem Grund vom Zuordnungsproblem als dem Erfüllungsproblem. 146 Dazu ausführlich unten Zweiter Teil § 15 III. 2. 147 Lediglich im Falle nur einer einzigen höchstpersönlichen Verpflichtung bestände Gewissheit, da weder § 267 BGB noch § 366 Abs. 1 BGB zur Anwendung gelangen, vgl. Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 6 I (S. 31); Alexander, Natur der Erfüllung, S. 31; Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 94. 145

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

§ 3 Möglichkeiten einer Zuordnung Im vorangegangenen Kapitel wurde die grundsätzliche Notwendigkeit einer Zuordnung der Zuwendung zu einem erlöschenden Schuldverhältnis als Voraussetzung jeder Erfüllung aufgezeigt. Das wirft die Frage auf, welchem Umstand diese Zuordnung zu entnehmen ist. Eine Zuordnung aufgrund objektiver Übereinstimmung von geschuldeter und erbrachter Leistung versagt in fast allen Erfüllungsvorgängen,1 weshalb eine explizite Zuordnung erforderlich ist. Wer aber nimmt die entscheidende Zuordnung vor, der Gläubiger oder der Schuldner? Eventuell bedarf es gar einer Einigung der Beteiligten hinsichtlich des erlöschenden Schuldverhältnisses?

I. Einseitige Zuordnung Begonnen werden soll mit der Untersuchung einseitiger Zuordnungsmöglichkeiten. 1. Zuordnung durch den Gläubiger Dass der Gläubiger ein starkes Interesse an einer Zuordnung hat, wurde bereits gezeigt.2 Ob dieses Interesse jedoch ein für alle Beteiligten verbindliches Zuordnungsrecht in seiner Person rechtfertigt, erscheint zweifelhaft. a) Ablehnung eines Zuordnungsrechts durch den Gläubiger Die Interessen des Gläubigers sind im Rahmen der Erfüllung nämlich bereits an anderer Stelle berücksichtigt. So erlischt die Forderung des Gläubigers erst, wenn der im Schuldverhältnis vorgegebene Erfolg bei ihm eingetreten ist. Die obligationsgemäße Handlung des Schuldners allein reicht für den Eintritt der Erfüllungswirkung nicht aus. Die Interessen des Gläubigers finden im Erfüllungsvorgang mithin schon dadurch Berücksichtigung, dass er sich nicht mit (erfolgloser) Erfüllungshandlungen des Schuldners zufrieden geben muss. Nicht umsonst wird betont, die Erfüllung zeichne sich durch die Befriedigung des Gläubigerinteresses aus.3 Die Gläubigerbefriedigung und der damit verbundene Verlust des Forderungsrechtes treten erst ein, wenn der geschuldete Gegenstand in sein Vermögen überführt wurde.4 1 2 3 4

Vgl. oben Erster Teil § 2 II. Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 2. b). Vgl. oben Erster Teil § 1 II. 2. AK-BGB/Dubischar, § 362 Rdnr. 3.

§ 3 Möglichkeiten einer Zuordnung

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Könnte der Gläubiger über diese Berücksichtigung seiner Interessen hinaus zusätzlich die zu erlöschende Forderung bestimmen, wäre ihm die Möglichkeit an die Hand gegeben, Forderungen als erlöschend zu bestimmen, denen die Verjährung droht.5 Damit wäre ihm aber die Durchsetzung fälliger Forderungen ohne gerichtliche Mithilfe und abseits der staatlichen Zwangsvollstreckung eröffnet. Diese Umgehung der Zwangsvollstreckung bedeutete nicht nur eine übermäßige Berücksichtigung seiner Interessen, sondern käme zugleich einer unzulässigen privaten Vollstreckung gleich. Zu Recht bezeichnet Henke eine einseitige Zuordnung durch den Gläubiger als „Willkürakt“.6 Die Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses durch den Gläubiger ist abzulehnen.7 b) Bestätigung durch § 366 Abs. 2 BGB Die Richtigkeit dieses Ergebnisses ergibt sich auch aus § 366 Abs. 2 BGB. Dieser versagt dem Gläubiger das Treffen einer Zuordnungsbestimmung selbst für den Fall, dass der Schuldner bei einer Mehrzahl gleichartiger Forderungen keine ausdrückliche Zuordnung vorgenommen hat. Obwohl die entstehende Zuordnungsunsicherheit dem Interesse des Gläubigers zuwider läuft und für diesen die Gefahr besteht, durch Fristablauf Rechte zu verlieren,8 steht ihm selbst in dieser Situation kein Zuordnungsrecht zu.9 Stattdessen greift die gesetzliche Tilgungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB.10 Daran zeigt sich, dass der Gläubiger im Rahmen der Zuordnung keinerlei Mitwirkungsrechte haben sollte. Er ist vielmehr, wie Ehricke es formuliert, „zur Passivität verurteilt“.11

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Sofern nur der Schuldinhalt der Forderungen mit dem Geleisteten übereinstimmt. 6 Henke, Leistung, S. 66; ähnlich Boehmer, Erfüllungswille, S. 69. 7 Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, § 38 (S. 256); Bamberger/ Roth/Dennhardt, § 366 Rdnr. 2; Henke, Leistung, S. 66; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 35; Alexander, Natur der Erfüllung, S. 55; Gernhuber, Erfüllung, S. 107; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 67. Zur Unzulässigkeit privater Vollstreckung vgl. Lackmann, Zwangsvollstreckungsrecht, Rdnr. 1; Larenz/ Wolf, BGB AT, § 18 Rdnr. 5; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 20; Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 7 III (S. 123). 8 Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 2. b) cc). 9 Anders noch im gemeinen Recht, wo ein Übergang des Zuordnungsrechts auf den Gläubiger als möglich angesehen wurde, vgl. Motive II; Henrici, JherJB 14, S. 434 ff.; Derleder, AcP 169 (1969), S. 102. 10 BGHZ 91, 375 (379). 11 Ehricke, JZ 1999, S. 1075.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

c) Zuordnung durch den Gläubiger im Rahmen des § 396 Abs. 1 BGB Fraglich ist, ob die Ablehnung eines Zuordnungsrechts in der Person des Gläubigers nicht angesichts des § 396 Abs. 1 BGB korrigiert werden muss, wird doch die Aufrechnung mitunter als Ausnahme vom Ausschluss des Gläubigers bei der Zuordnung angesehen: § 396 Abs. 1 BGB gewähre dem Gläubiger als aufrechnenden Teil, einseitig die erlöschende Forderung zu bestimmen.12 Wurde soeben die Gläubigerzuordnung als unzulässige Privatvollstreckung abgelehnt, stellt die Aufrechnung wiederum eine gesetzlich zulässige Form der Privatvollstreckung durch den Gläubiger dar.13 Auf den ersten Blick scheint daher § 396 Abs. 1 BGB tatsächlich dem Gläubiger ein einseitiges Bestimmungsrecht zu gewähren. In systematischer Hinsicht stellt § 396 Abs. 1 BGB indes keine Ausnahme zur Ablehnung eines Zuordnungsrechts des Gläubigers dar. Zu beachten ist nämlich, dass die Aufrechnung eine Erfüllungsersetzung darstellt.14 Wenn der Gläubiger gemäß § 396 Abs. 1 BGB die erlöschende Forderung bestimmt, entzieht er sich mit der Aufrechnung nur der Passivforderung des Aufrechnungsgegners. Statt der Vornahme von Erfüllungshandlungen rechnet der Gläubiger der Aktivforderung mit dieser gegen die Passivforderung auf. Der Gläubiger der Aktivforderung ist in der durch die Aufrechnung erfassten Situation der Schuldner der Passivforderung. Er „erfüllt“ die Passivforderung im Wege der Aufrechnung15 und kann aus diesem Grund auf eine Passivforderung zuordnen. Nun liegt die Besonderheit der Aufrechnung darin, dass jeder der Aufrechnungsbeteiligten gleichzeitig Schuldner und Gläubiger des anderen ist. Aus diesem Grund erstreckt sich die notwendige Zuordnung nicht nur auf eine Passivforderung, sondern auch die Aktivforderung ist genau zu bezeichnen.16 Gläubiger dieser Forderung ist aber der Aufrechnende. In Bezug auf die Aktivforderung bestimmt in der Tat der Gläubiger die zu erlöschende Forderung. Insoweit könnte man von einem einseitigen Zuordnungsrecht des Gläubigers sprechen. Nur können hieraus keine Argumente 12

Henke, Leistung, S. 66; Gernhuber, Erfüllung, S. 137. Motive II, S. 113; Larenz, Schuldrecht I, § 18 VI (S. 255); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 262; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 284; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 525; Brox/Walker, Schuldrecht AT, § 16 Rdnr. 3; Gernhuber, Erfüllung, S. 209; Staudinger/Gursky, Vorbem. 5 zu §§ 387 ff.; Coester-Waltjen, Jura 2003, S. 246; Habermeier, JuS 1997, S. 1058. 14 Zum Begriff vgl. unten Erster Teil § 3 II. 2. c). 15 Gernhuber, Erfüllung, S. 303; Enneccerus, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, § 292 (S. 735), Henle, Bürgerliches Rechts II, § 66 (S. 366). 16 Staudinger/Gursky, § 396 Rdnr. 23 ff. 13

§ 3 Möglichkeiten einer Zuordnung

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für ein einseitiges Zuordnungsrecht des Gläubigers gezogen werden. Man darf nämlich die wechselseitige Bezogenheit der Aufrechnung nicht vergessen, steht doch das Zuordnungsrecht des § 396 Abs. 1 BGB dem Gläubiger und Schuldner in einer Person zu. Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung der Aufrechnungsvorschriften nun den Charakter der Aufrechnung als Erfüllungssurrogat in den Vordergrund gestellt,17 betonte er doch im Rahmen des Gesetzgebungsverfahren die Schuldnereigenschaft des Aufrechnenden.18 Das Recht auf Zuordnung steht dem Gläubiger der Aktivforderung mithin nur zu, weil er der Schuldner der Passivforderung ist und diese im Wege der Aufrechnung „erfüllt“.19 Allein diese Parallele mit der Erfüllung rechtfertigt die Bezeichnung der Aufrechnung als Erfüllungssurrogat.20 Mit dieser Hervorhebung der erfüllungsgleichen Situation lässt sich im Übrigen der Verweis des § 396 Abs. 1 S. 2 BGB auf § 366 Abs. 2 BGB erklären.21 Die Eigenschaft des Aufrechnenden als Gläubiger der Aktivforderung und damit die von ihm vorgenommene Privatvollstreckung hat der Gesetzgeber lediglich im Widerspruchsrecht des § 396 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB berücksichtigt.22 Doch selbst wenn der Aufrechnungsgegner – in seiner Eigenschaft als Gläubiger der Aktivforderung – der Zuordnung des Aufrechnenden widerspricht, erwächst nach der gesetzlichen Intention kein Zuordnungsrecht beim Gläubiger der Aktivforderung. Vielmehr tritt der schon aus § 366 Abs. 2 BGB bekannte Mechanismus gesetzlicher Zuordnung in Kraft. Auch daran ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber aufgrund seiner Hervorhebung der Aufrechnung als Erfüllungssurrogat den Aufrechnungsgegner mehr als Gläubiger denn als Schuldner ansah. d) Ergebnis zur Zuordnung durch den Gläubiger Die Ablehnung eines einseitigen Zuordnungsrechtes in der Person des Gläubigers ist interessengerecht. Die Vorschrift des § 396 Abs. 1 BGB stellt diese Ablehnung nicht in Frage, sondern untermauert sie. Dem Gläubiger 17 Motive II, S. 108; Protokolle I, S. 1411; Enneccerus, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, § 292 (S. 735). 18 Bezeichnenderweise verwenden die Motive die Bezeichnung Schuldner und Aufrechnender synonym, vgl. Motive II, S. 104, 111. 19 Henle, Bürgerliches Rechts II, § 66 (S. 366); Leonhard, AcP 21 (1887), S. 204; Bülow, JuS 1991, S. 536. 20 Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 223; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 525; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 413; Staudinger/Gursky, Vorbem. 8 zu §§ 387 ff.; Palandt/Heinrichs, § 387 Rdnr. 1; MüKo/von Feldmann, § 387 Rdnr. 1; ders, JuS 1983, S. 357; Gernhuber, Erfüllung, S. 96. 21 Gernhuber, Erfüllung, S. 304. 22 Ausführlicher zum Widerspruchsrecht unten Erster Teil § 3 I. 2. a) cc).

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steht es grundsätzlich nicht zu, einseitig die erlöschende Forderung zu bestimmen.23 2. Zuordnung durch den Schuldner Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Erkenntnis, dass in vielen Fällen, in welchen eine Zuordnung aufgrund objektiver Umstände versagte, der Schuldner eine Zuordnungsbestimmung abgibt.24 Dies könnte für ein generelles einseitiges Zuordnungsrecht des Schuldners im Rahmen der Erfüllung sprechen. a) Gesetzliche Vorgaben Das Gesetz selbst hat Fälle geregelt, in denen eine Zuordnung von Zuwendung zum erlöschenden Schuldverhältnis anhand äußerer Umstände versagt. Zu untersuchen ist, welche Lösung der Zuordnungsfrage der Gesetzgeber in den von ihm normierten Fällen als interessengerecht empfunden hat. aa) § 366 Abs. 1 BGB Die klassische Zuordnungsunsicherheit besteht bei einer Mehrzahl gleichartiger Forderungen zwischen Gläubiger und Schuldner. Hier legt nach der Intention des § 366 Abs. 1 BGB allein der Schuldner mittels einseitiger Zuordnungserklärung das zu erlöschende Schuldverhältnis für alle Beteiligten verbindlich fest.25 Interessanterweise gingen sowohl das römische Recht26 als auch das gemeine Recht,27 nicht aber das preußische Recht,28 in einer 23 Schellhammer, Schuldrecht, Rdnr. 1542; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 366 Rdnr. 2; MüKo/Wenzel, § 366 Rdnr. 8; Henke, Leistung, S. 66; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 35; Alexander, Natur der Erfüllung, S. 55; Bülow, JuS 1991, S. 530, Ehricke, JZ 1999, S. 1075; RGZ 55, 414; BGHZ 91, 375 (379); BGH WM 1963, 939; BGH JZ 1976, 64 (65). 24 Vgl. oben Erster Teil § 2 II. 25 Motive II, S. 86. 26 Vgl. Ulpian 43 (ad Sabinum) D. 46, 3, 1: „Quotiens quis debitor ex pluribus causis unum debitum solvit, est in arbitrio solventis dicere, quod potius debitum voluerit solutum, et quod dixerit id erit solutum: possumus enim certam legem dicere ei quod solvimus.“ Übersetzung bei Avenarius, AcP 203 (2003), S. 520. 27 Vgl. nur Art. 1253 Code civile; § 977 S. 1 Sächs. GB; Art. 101 Abs. 1 Schweiz. Bundesgesetz. Aus der Literatur vgl. Windscheid/Kipp, Pandekten, § 343 Rdnr. 2 a, c; Dernburg, Das bürgerliche Recht des Deutschen Reiches und Preußens II/1, § 117 (S. 298). Weitere Nachweise in den Motiven II, S. 86. 28 Das preußische Recht forderte eine Übereinkunft der Parteien, vgl. § 150 ALR I 16.

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solchen Situation von einem einseitigen Zuordnungsrecht des Schuldners aus. Beide Rechtsordnungen sahen somit trotz unterschiedlicher Traditionen eine einseitige Zuordnung des Schuldners als interessengerecht an. Dieser Meinung schlossen sich die Verfasser des BGB bei der Schaffung des § 366 Abs. 1 BGB an.29 bb) Hinterlegung Über die Erfüllung hinaus kommt § 366 Abs. 1 BGB nach heute herrschender Ansicht auch bei der Hinterlegung zur Anwendung.30 Bei der Hinterlegung kann sich der Hinterlegende ebenfalls mit einer Forderungsmehrheit konfrontiert sehen. Zwar findet sich in den Unterlagen zur Normierung der Hinterlegung kein ausdrücklicher Hinweis auf ein einseitiges Bestimmungsrecht des Schuldners. Jedoch hat der Gesetzgeber bestimmt, dass die Hinterlegung als Erfüllungssurrogat die gleichen Wirkungen zeitigt wie die Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB.31 Damit wurde implizit § 366 Abs. 1 BGB für anwendbar erklärt. Der Gesetzgeber hat sich auf diesem Wege für ein einseitiges Zuordnungsrecht des Hinterlegenden ausgesprochen. cc) Aufrechnung Eine weitere gesetzliche Zuordnungsregel findet sich in § 396 Abs. 1 BGB. Wie gezeigt,32 wird durch die Regelung des § 396 Abs. 1 BGB dem Schuldner der Passivforderung das Zuordnungsrecht eingeräumt.33 Hält man sich die Gemeinsamkeit der Aufrechnung mit der Erfüllung vor Augen,34 ist das einseitige Bestimmungsrecht des Schuldners nur folgerichtig.35 Abweichend von der Erfüllung und der Hinterlegung kann aber der Gläubiger nach § 396 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB der Zuordnung des Schuldners widersprechen 29

von Kübel, Vorentwürfe I, S. 1032; Motive II, S. 86; Henrici, JherJB 32, S. 110. 30 Bamberger/Roth/Dennhardt, § 366 Rdnr. 4; Erman/Westermann, § 366 Rdnr. 1; Palandt/Heinrichs, § 366 Rdnr. 9; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 366 Rdnr. 5; Staudinger/Kaduk, 12. Aufl., § 366 Rdnr. 4. 31 Motive II, S. 96. 32 Vgl. soeben Erster Teil § 3 I. 1. 33 Das einseitige Zuordnungsrecht des § 396 Abs. 1 BGB entsprach ebenfalls herrschender gemeinrechtlicher Ansicht, vgl. Motive II, S. 101 sowie Leonhard, AcP 21, S. 207. 34 Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 1. 35 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 561; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 41; Staudinger/Gursky, § 387 Rdnr. 3; Enneccerus, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, § 292 (S. 735).

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und ihr so die Verbindlichkeit nehmen. Das Widerspruchsrecht des Gläubigers erklärt sich indes aus der Doppelnatur der Aufrechnung,36 welche als Erfüllungssurrogat nicht nur Handlung des Schuldners,37 sondern als Gläubigerbefriedigung auch Handlung des Gläubigers ist.38 Ist also die Aufrechnung zugleich Schuldnerakt und Gläubigerakt,39 kann der Aufrechnungsgegner der Zuordnung des Aufrechnenden als Ausdruck einer Zuordnung auch durch den Gläubiger der Aktivforderung widersprechen. Anderenfalls entstünde ein Wettlauf, welcher der beiden gegenseitigen Schuldner zuerst die Aufrechnung erklärt und damit die Position des „erfüllenden“ Schuldners einnimmt.40 Nur das Widerspruchsrecht eröffnet dem Aufrechnungsgegner in seiner Eigenschaft als Schuldner der Aktivforderung die Möglichkeit, die Aufrechnung auf eine inzwischen verjährte, aber bei Eintritt der Aufrechnungslage noch nicht verjährte Forderung zu lenken, also die Zuordnung zu beeinflussen.41 Gleichwohl zerstört der Widerspruch nur die vom Aufrechnenden als Schuldner der Passivforderung vorgenommene Zuordnung, ohne das Zuordnungsrecht auf eine andere Person zu übertragen.42 Auch im Rahmen der Aufrechnung trifft der Schuldner der Passivforderung die notwendige Zuordnung. Da diese Zuordnung zugleich einen Akt der Gläubigerbefriedigung darstellt, besteht gegen die vorgenommene Zuordnung ein Widerspruchsrecht seitens des Gläubigers der Passivforderung, nach dessen Ausübung die gesetzlich vorgesehene Tilgungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB Platz greift. Grundsätzlich steht auch in § 396 Abs. 1 BGB nur dem Schuldner das Zuordnungsrecht zu.43 dd) Ergebnis zu den gesetzlichen Bestimmungen Die Untersuchung der gesetzlichen Vorschriften hat gezeigt, dass in den vom Gesetzgeber erkannten Fällen einer Zuordnungsunsicherheit der Schuldner diese durch einseitige Bestimmung beseitigen kann. Die Zuordnung des Schuldners erschien dem Gesetzgeber interessengerecht. 36

Staudinger/Gursky, Vorbem. 6 zu §§ 387 ff. BGB. Diesen Aspekt allein hat die Tilgungstheorie betont, vgl. Siber, Schuldrecht, S. 129 ff.; Oertmann, AcP 113, S. 414 f.; Staudinger/Kaduk, 12. Auflage, Vorbem. 9, 19 zu §§ 387 ff. 38 Diesen Aspekt hob dagegen die Befriedigungstheorie hervor, vgl. Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 552; Krückmann, ZZP 34, S. 355, 359; Feder, ZHR 54, S. 496 ff.; Weismann, ZZP 26, S. 9 ff. 39 Gernhuber, Erfüllung, S. 227. 40 Staudinger/Gursky, § 396 Rdnr. 4. 41 Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 279; MüKo/Schlüter, § 396 Rdnr. 3. 42 Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 1. 43 Gernhuber, Erfüllung, S. 305. 37

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b) Interessengerechtigkeit des schuldnerischen Bestimmungsrechtes Dass die einseitige verbindliche Zuordnung seiner Zuwendung zu einem Schuldverhältnis durch den Schuldner interessengerecht ist, bleibt indes zu begründen. Dies kann angesichts der Verweisungen und Parallelen der vom Gesetz erfassten Situationen mit der Erfüllung nur systematisch aus dem Erfüllungsrecht heraus erfolgen: Die Interessen des Gläubigers werden im Rahmen der Erfüllung insoweit berücksichtigt, als erst der Eintritt des geschuldeten Erfolges zum Erlöschen des Schuldverhältnisses führt, die bloßen Leistungshandlungen des Schuldners hingegen nach der gesetzlichen Vorgabe44 nicht ausreichen.45 § 362 Abs. 1 BGB bürdet damit dem Schuldner die Gefahr auf, seine Handlungen gegebenenfalls wiederholen, also abermals leisten zu müssen. Dies führt bei gegenseitigen Verträgen gemäß §§ 320 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB zur grundsätzlichen Tragung der Gegenleistungsgefahr durch den Schuldner.46 Darüber hinaus trägt der Schuldner nach § 363 BGB bis zur Annahme der Leistung die Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt der Erfüllung.47 Auch darin liegt eine Bevorzugung des Gläubigers. Der Schuldner hingegen nimmt bereits vor der Leistungshandlung eine Zuordnung vor.48 Erst nach Auswahl eines bestimmten Schuldverhältnisses kann er die Handlungen bestimmen, welche zur Herbeiführung des im ausgewählten Schuldverhältnis beschriebenen Erfolges am sichersten geeignet sind. Nur wenn diese zeitlich erste Zuordnung auch im Rechtsverkehr Geltung erlangt, besteht die sichere Chance, dass seine Handlungen den Erfolg herbeiführen können. Das Zuordnungsrecht des Schuldners stellt sich danach als Ausgleich für das Risiko eines erneuten Leistungsversuchs und die Tragung der Gegenleistungsgefahr dar. Durch das Zuordnungsrecht des Schuldners wird das Risiko gemindert, dass seine Leistung fehlschlägt, weil sie den Erfolg nicht herbeiführen konnte. Folge einer fehlgeschlagenen Erfüllung ist ein Bereicherungsanspruch des Schuldners gegen den Gläubiger. Bei jeder Leistungsvornahme übernimmt der Schuldner also das Insolvenzrisiko des Gläubigers, auch und gerade für den Fall einer Rückabwicklung.49 Das Zuordnungsrecht mindert die mit der Übernahme des Insolvenz44 In „bewirkt“ ist der notwendige Erfolg verklausuliert; vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 2. c). 45 Harder, datio in solutum, S. 131. 46 Ausnahmen stellen etwa die §§ 326 Abs. 2, 446, 447 BGB dar. 47 Vgl. nur Palandt/Heinrichs, § 363 Rdnr. 1; Jauernig/Stürner, § 366 Rdnr. 1; BGHZ 91, S. 375 (380). 48 Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 2. a). 49 Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 318.

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risikos verbundenen Gefahren, weil es die Erfüllungstauglichkeit der Leistungshandlungen sichert und damit die Gefahr der Zweckverfehlung verringert. Es ist Korrektiv für die Erfolgsorientiertheit der Erfüllung. Das einseitige Bestimmungsrecht des Schuldners ist interessengerecht.50 3. Zuordnung durch Dritte Korrektur bedarf das eben gefundene Ergebnis angesichts des § 267 Abs. 1 BGB. Diese Vorschrift gewährt weder Gläubiger noch Schuldner ein einseitiges Bestimmungsrecht, sondern nach herrschender Meinung ordnet der Dritte durch einseitige Bestimmung selbst zu.51 a) § 267 Abs. 1 BGB Fraglich ist, ob auch der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 267 Abs. 1 BGB vom Zuordnungsrecht in der Person des Dritten ausging. So findet sich die Aussage, der Dritte leiste solvendi causa.52 Darin liegt der Hinweis, dass der Dritte die causa bestimmt. Explizit findet sich diese Aussage dann in den Gesetzesmaterialien zu § 812 BGB.53 Somit empfand der Gesetzgeber im Fall der Drittleistung die Zuordnung seitens des Dritten als interessengerecht. b) § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB Das Zuordnungsrecht bei § 267 Abs. 1 BGB steht dem Dritten zu, weil er die Gefahr trägt, seine Leistung vom Gläubiger zurückfordern zu müssen, sofern es nicht zur Erfüllung kommt. Dieser Umstand findet auch bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB Berücksichtigung. Die Zwecksetzung im Rahmen der condictio indebiti ist – wie die Tilgungsbestimmung – eine Zuordnung der Leistung zu einem Schuldverhältnis.54 Auch im Rahmen des 50

Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 168; Alexander, Natur der Erfüllung, S. 38. Bülow, JuS 1991, S. 530 spricht vom einseitigen Bestimmungsrecht des Schuldners „als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens“. 51 Vgl. oben Erster Teil § 2 II. 3. 52 Motive II, S. 33. 53 Motive II, S. 832. 54 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 99); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III 1 (S. 136); Jauernig/Stadler, § 812 Rdnr. 6; Hk-BGB/ Schulze, § 812 Rdnr. 6; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 4, 76; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 12; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 394; Schlechtriem, JZ 1993, S. 26; Westermann, JuS 1968, S. 18.

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§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB legt der nach § 267 Abs. 1 BGB zuwendende Dritte einseitig den Zweck der Leistung fest.55 c) Interessengerechtigkeit des Zuordnungsrechtes des Dritten Was aber rechtfertigt im Fall des § 267 Abs. 1 BGB das Zuordnungsrecht des Dritten? Immerhin führt die Leistung des Dritten gemäß § 362 Abs. 1 BGB zum Erlöschen eines fremden Schuldverhältnisses, womit der Schuldner von einer Forderung befreit wird. Sollte dann nicht vielmehr der Schuldner die erlöschende Forderung bestimmen können? Dagegen spricht, dass der Schuldner den Dritten bei § 267 Abs. 1 BGB nicht zur Erfüllung eingesetzt hat. Der Dritte ist weder Leistungsinstrument noch Stellvertreter des Schuldners.56 Er handelt stattdessen aus eigenem Antrieb57 und verfolgt mit der Tilgung des fremden Schuldverhältnisses einen eigenen Zweck.58 Bevor der Dritte seine Leistungshandlungen erbringt, bestimmt er – wie der Schuldner – ein Schuldverhältnis, welches er anstelle des Schuldners zum Erlöschen bringen will, und richtet seine Leistungshandlungen am geplanten Erfolg des ausgesuchten Schuldverhältnisses aus. Nur wenn seine Zuordnung die entscheidende ist, besteht die sichere Chance, dass seine Handlungen den Erfolg herbeiführen.59 Zwar kann der Gläubiger die Leistung vom Dritten nicht fordern, weshalb der Dritte weder das Risiko einer erneuten Vornahme von Leistungshandlungen noch die Gegenleistungsgefahr trägt. Doch setzt der Dritte durch die Vornahme eigener Leistungshandlungen eigenes Vermögen ein.60 Scheitert die bezweckte Erfüllung des fremden Schuldverhältnisses, muss der Dritte das Geleistete nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB vom Gläubiger zurückfordern.61 Insoweit übernimmt er bei seiner Leistung das Insolvenzrisiko des Gläubigers 55

Motive II, S. 832; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 V 3 (S. 242); Reuter/ Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 12 III (S. 463); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 19; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 42, 53; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 97; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 59; BGHZ 75, 299 (303); BGH NJW 1995, 128 (129). 56 Kretschmar, Erfüllung, S. 129, Wolf, Drittleistung, S. 58 ff. 57 Zu den Fällen der veranlassten Drittleistung vgl. unten Zweiter Teil § 16 IV. 58 Der Dritte kann dem wahren Schuldner gegenüber eine berechtigte GoA erbringen oder ihm etwas schenken wollen. Ob diese Ziele taugliche Leistungszwecke sind, vgl. unten Dritter Teil § 18. 59 Vgl. schon Erster Teil § 3 I. 2. b). 60 Wilhelm, AcP 175, S. 310. 61 Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 59; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 127; Pinger, AcP 179 (1979), S. 327; Stolte, JZ 1990, S. 223; Sinn, NJW 1968, S. 1857; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 167 ff.; Flume, AcP 199 (1999), S. 27; Canaris, FS Larenz, S. 848 Fn. 129; von Caemmerer, JZ 1962, S. 386; Wolf, Drittleistung, S. 60, 65; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 146.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

für den Fall der Rückabwicklung.62 Der Einsatz eigenen Vermögens und die damit verbundene Gefahr, die Leistung vom Gläubiger zurückfordern zu müssen, rechtfertigt das Zuordnungsrecht des Dritten in den Fällen des § 267 Abs. 1 BGB. Hier stellt das Zuordnungsrecht einen Ausgleich allein für die Tragung des fremden Insolvenzrisikos dar. 4. Zuordnung bei Leistung des Schuldners mittels eines Dritten Aus dem zu § 267 Abs. 1 BGB gefundenen Ergebnis folgt auch die Antwort auf die Frage, wer bei einer Leistung des Schuldners unter Zuhilfenahme eines Dritten die Zuordnung trifft. Dabei sind sowohl der Schuldner als auch ein Dritter im Erfüllungsvorgang involviert. Beim Erfüllungsgehilfen handelt es sich indes nicht um einen Dritten im Sinne des § 267 Abs. 1 BGB, denn der Erfüllungsgehilfe erbringt nicht aufgrund einer vom Schuldner unabhängigen eigenen Entscheidung Leistungshandlungen an den Gläubiger. Er ordnet sich vielmehr der vermögensmäßigen Entscheidung des Schuldners unter, die dieser im Hinblick auf ein von ihm ausgewähltes Schuldverhältnis getroffen hat. Nach fast einhelliger Ansicht trifft in den Fällen der Leistung unter Einschaltung eines Erfüllungsgehilfen der Schuldner die Zuordnung.63 Das Ergebnis ist auch interessengerecht. Der Erfüllungsgehilfe hat nämlich in vielen Fällen keinen Einblick in die Sphäre des Schuldners und kennt die den Schuldner obliegenden Verbindlichkeiten nicht.64 Im Fall der Giroüberweisung wird beispielsweise die angewiesene Bank ohne Zuordnungsbestimmung des Anweisenden das Schuldverhältnis des Anweisenden zu seinem Gläubiger nicht bestimmen können.65 Wie aber soll die Bank ein Schuldverhältnis bestimmen, welches sie nicht genau kennt? Nun könnte man dem entgegenhalten, dass auch der Dritte im Sinne des § 267 Abs. 1 BGB keinen Überblick über die gegen den Schuldner gerichteten Forderun62 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III 4 (S. 59); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 VI 3 (S. 43 f.); Wilhelm, AcP 175, S. 311; Wolf, Drittleistung, S. 66. 63 Vgl. oben Erster Teil § 2 II. 3. Anderer Ansicht Flume, AcP 199 (1999), S. 1 ff. und Schlechtriem, JZ 1993, S. 28. 64 Wenn Flume (a. a. O.) und Schlechtriem (a. a. O.) von einem Zuordnungsrecht der Bank als Erfüllungsgehilfen ausgehen, übersehen sie genau dies. Weil aber die Bank keine Einsicht in die Schuldverhältnisse des Anweisenden zu dessen Gläubiger hat, ist es ihr zumeist nicht möglich, das zu erlöschende Schuldverhältnis exakt zu bestimmen. Die Ansicht Flumes und Schlechtriems ist deshalb abzulehnen. 65 von Caemmerer, JZ 1962, S. 387; Hellwig, Verträge auf Leistung an Dritte, S. 131; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 10. Vgl. dazu ausführlich unten Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (1).

§ 3 Möglichkeiten einer Zuordnung

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gen hat. Indes übersieht diese Argumentation, dass der Dritte zumindest das Schuldverhältnis genau kennt, auf welches er leistet. Der eigene Entschluss, anstelle des Schuldners in ein fremdes Schuldverhältnis einzutreten, setzt die Kenntnis dieses Schuldverhältnis nämlich zwangsläufig voraus. Ohne die Kenntnis des Schuldverhältnisses und damit des geschuldeten Erfolges könnte der Dritte gar nicht entscheiden, welche Handlungen er vornehmen sollte. Ist eine Tilgungsbestimmung anerkanntermaßen Bestandteil jeder Drittleistung gemäß § 267 Abs. 1 BGB, setzt die Bestimmung eines konkreten Schuldverhältnisses dessen Kenntnis denklogisch voraus. Dieses Wissen über die Forderungen des Schuldners hat der Erfüllungsgehilfe, im Gegensatz zum Dritten, oftmals nicht. Dann darf nicht vergessen werden, dass das Zuordnungsrecht dem Schuldner bei der Einschaltung von Erfüllungsgehilfen deshalb zusteht, weil der Schuldner bereits vor der Einschaltung des Dritten ein Schuldverhältnis als zu erfüllend ausgesucht hat und gerade im Hinblick auf die Herbeiführung des geschuldeten Erfolges den Dritten eingesetzt hat.66 Erst die verbindliche Geltung seiner Zuordnung sichert die Erfolgseignung der von ihm initiierten Handlungen, wobei sich die Handlungen des Erfüllungsgehilfen aufgrund der Zurechnung gemäß § 278 Abs. 1 BGB als Leistungshandlungen des Schuldners darstellen. Der Schuldner, und nicht der Erfüllungsgehilfe, trägt im Verhältnis zum Gläubiger das Risiko der Erfüllungsgeeignetheit seiner Leistung. Mit den Leistungshandlungen ist wiederum der Einsatz eigenen Vermögens verbunden. So ist es im Falle der Giroüberweisung der Anweisende, der eigenes Vermögen im Hinblick auf seinen Gläubiger aufwendet, nicht die Bank,67 wird doch das Konto des Anweisenden vor Durchführung der Überweisung von der Bank mit der geschuldeten Summe belastet.68 Sollte das Konto des Anweisenden keine Deckung aufweisen, erhöht sich der Schuldsaldo. Das erhellt, dass der dem Gläubiger zugewendete Gegenstand aus dem Vermögen des Schuldners kommt.69 Der Einsatz eigenen Vermögens durch den Schuldner ist zugleich mit der Übernahme des Insolvenzrisikos des Gläubigers für den Fall der Zweckverfehlung der Leistung verbunden. Die Tragung des Insolvenzrisikos wiederum rechtfertigt die Zubilligung des Zuordnungsrechts an den mittels Erfüllungsgehilfen leistenden Schuldner. Das verbindliche Zuordnungsrecht des 66

Schmidt, Erfüllung, S. 13. Vgl. unten Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2). Dies übersieht Schlechtriem, JZ 1993, S. 28. 68 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 52); Möschel, JuS 1972, S. 298; Schnauder, JZ 1987, S. 69; Beuthien, JZ 1968, S. 324; Palandt/Sprau, Vor §§ 676a–676h Rdnr. 1; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 19; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 14; ders., JZ 1997,S. 214. 69 Dazu ausführlich unter Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2). 67

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

Schuldners bei der Leistung mittels Erfüllungsgehilfen stellt daneben einen Ausgleich dar für die Tragung des Risikos, seine Leistungshandlungen wiederholen zu müssen, sowie die Tragung der Gegenleistungsgefahr. 5. Zusammenfassung zum einseitigen Bestimmungsrecht Die Betrachtungen zum einseitigen Zuordnungsrecht des Schuldners und des Dritten haben gezeigt, dass der Einsatz eigenen Vermögens zum Zwecke der Erfüllung immer nur im Hinblick auf ein bereits vorher ausgewähltes Schuldverhältnis erfolgt. Die Auswahl des Schuldverhältnisses – genauer der darin beschriebene Erfolg – determiniert die zu seiner Erreichung vorgenommenen Handlungen. Zugleich wird durch den Einsatz eigenen Vermögens im Rahmen der Leistungshandlungen das Insolvenzrisiko des Gläubigers für den Fall der fehlgeschlagenen Erfüllung übernommen. Mit dem Einsatz eigenen Vermögens korrespondiert das Recht, einseitig die für jede Erfüllung notwendige Zuordnungsbestimmung für alle Beteiligten verbindlich abzugeben.70 Nur so wird die Erfüllungstauglichkeit der Handlungen sichergestellt und die Gefahr der Zweckverfehlung gemindert. Insofern stellt sich das Zuordnungsrecht als Korrektiv zur Tragung des fremden Insolvenzrisikos dar. Aus diesen Überlegungen ergibt sich ferner Folgendes: Zuwendung, Zuordnung und Leistung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB bedingen einander. Die Zuwendung wird nur im Hinblick auf ein bereits ausgewähltes Schuldverhältnis vorgenommen. Der Einsatz eigenen Vermögens in Richtung Gläubiger, die Zuwendung, wiederum rechtfertigt die Abgabe der Zuordnungsbestimmung.71 Mit der Abgabe der Zuordnungsbestimmung wird der Zuwendende zum Leistenden.72 Leistender und Zuwendender sind mithin zwangsläufig identisch.73 Gleichzeitig folgt aus dem Einsatz eigenen Vermögens, dass immer der Leistende die Zuordnungsbestimmung trifft. Folglich gibt es keine Leistung ohne Zuwendung und einseitige Zuordnung, keine Zuordnung ohne Zuwendung. 70 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 1 spricht davon, dem über sein Vermögen Verfügenden die Entscheidung über das vermögensrechtliche Schicksal seiner Leistung zu überlassen und sieht dies als eine Ausprägung des Grundsatzes autonomer Selbstbestimmung. Pinger, AcP 179, S. 327 bezeichnet den Zuwendenden als „Herr des Zuwendungsaktes“, weshalb nur er die Zweckbestimmung abgeben darf. 71 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 15; Schlechtriem, JZ 1993, S. 28. 72 Daran scheitert Wieling, der in JuS 1978, S. 803 davon ausgeht, dass zwar der Dritte im Fall des § 267 BGB die Tilgungsbestimmung setzt, aber für den Schuldner und deshalb Letzterer Leistender ist. 73 Schlechtriem, JZ 1993, S. 28.

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Dem Gläubiger hingegen steht nach Auswertung der Interessenlage bei der Erfüllung grundsätzlich kein einseitiges Zuordnungsrecht zu. Die Berechtigung zur einseitigen Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses steht ihm erst und nur insoweit zu, als es ihm durch Vereinbarung mit dem Leistenden eingeräumt wurde.74 Praktisch denkbar sind derartige Verträge aber nur mit dem Schuldner. Das Eintreten eines nach § 267 Abs. 1 BGB leistenden Dritten ist in der Regel nicht vorhersehbar. Außerdem wäre angesichts der Vielzahl möglicher Dritter eine unüberschaubare Anzahl von Verträgen zu schließen. Das ist nicht praktikabel. Verträge zwischen Schuldner und Gläubiger, in welchem Letzterem das Zuordnungsrecht übertragen wird, finden sich hingegen durchaus in der Praxis.75 Grundsätzlich sind derartige Verträge auch nicht unwirksam.76 Zu beachten ist allerdings, dass die vertragliche Einräumung eines einseitigen Zuordnungsrechtes des Gläubigers nach den eben gewonnenen Erkenntnissen dem wesentlichen Grundgedanken der Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB widerspricht und deshalb nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen geschehen darf.77 Eine solche Klausel ist gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.78

II. Konsensuale Zuordnung Wird die Zuordnungsunsicherheit bei der Erfüllung regelmäßig durch eine Zuordnungsbestimmung des Leistenden beseitigt, ist damit noch nichts über die Möglichkeit konsensualer Zuordnungen gesagt. 1. Grundsätzliche Ablehnung Nach den bisherigen Ergebnissen kann der Gläubiger nicht einseitig die erlöschende Forderung bestimmen, es sei denn, dieses Recht wurde ihm individualvertraglich vom Schuldner übertragen. Schließt dies aber die Möglichkeit einer zwischen Zuwendenden und Gläubiger einverständlich getroffenen Zuordnung aus? 74

RGZ 66, 54 (59); RGZ 105, 29 (31); BGHZ 91, 375 (379). So schon Henrici, JherJB 32, S. 111. 76 Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 48; Gernhuber, Erfüllung, S. 142; RGZ 66, 54 (59); RGZ 105, 29 (31); BGH JZ 1976, S. 64 (65). 77 BGHZ 91, 375 (380 f.); BGH WM 1995, 1663 (1663); BGH NJW 1999, 2043 (2044); BGH WM 1999, 948 (949). 78 Bamberger/Roth/Dennhardt, § 366 Rdnr. 2; Soergel/Zeiss, § 366 Rdnr. 6; Grün, WuB I F 3 – 1.96; BGHZ 91, 375 (379); BGH WM 1999, 948 (949); unrichtig deshalb OLG Hamm WM 1992, S. 257 (263). 75

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

Gegen eine konsensuale Zuordnung spricht, dass der Gläubiger Einfluss auf die Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses nehmen könnte, indem er den Zuordnungsvorschlag des Schuldners ablehnt. Zwar stellt eine solche Einflussnahme im Wege vertraglicher Zuordnung noch keine unzulässige Privatvollstreckung dar.79 Dennoch ist die konsensuale Zuordnung bei der Erfüllung nicht interessengerecht: Lehnt der Gläubiger das Zuordnungsangebot des Schuldners ab, kann er auch die Annahme der damit verbundenen Zuwendung ablehnen,80 weil anderenfalls eine zu vermeidende Unsicherheit über die erloschene Forderung bzw. eventuelle Rückgabepflichten entstände, welche mit dem Interesse des Rechtsverkehrs an schnellstmöglicher Klarheit über die bestehende Rechtslage nicht zu vereinbaren ist. Durch die Ablehnung könnte der Gläubiger die Erfüllung verhindern, ohne dass dem Schuldner in diesem Fall die Vorschriften über den Annahmeverzug zugute kämen.81 Geht man nämlich von der Notwendigkeit einer konsensualen Zuordnung aus, stellt die Ablehnung des Zuordnungsangebots durch den Gläubiger nur die Wahrnehmung seiner Rechtsposition dar. Eine zulässige Ablehnung kann aber nicht zum Annahmeverzug führen. Anderenfalls würden einseitig dem Gläubiger die Folgen des Nichtzustandekommens der Zuordnung aufgebürdet. Einer konsensualen Zuordnung ist mithin die Möglichkeit für den Gläubiger immanent, die Erfüllung zu verhindern. Das lässt sich mit Sinn und Zweck der Erfüllung nicht vereinbaren. Vielmehr verdeutlichen die Normen über die Hinterlegung, dass der Schuldner bei der Erfüllung gerade nicht behindert werden soll.82 Denkbar ist ferner, dass der Gläubiger zwar die Zuwendung des Schuldners annimmt,83 aber das Zuordnungsangebot des Schuldners ablehnt.84 Dann läge trotz „Erfolgseintritts“ mangels Zuordnung keine Erfüllung vor. Diese Situation widerspräche nicht nur dem festgestellten Interesse aller Beteiligten an schnellstmöglicher Klarheit über die bestehende Rechtslage, sondern ließe sich auch mit der Erfolgsgerichtetheit der Erfüllung nicht vereinbaren. Wenn gerade der Erfolgseintritt wegen der Befriedigung des Gläubigerinteresses das Erlöschen der Forderung rechtfertigt, ist ein Weiterbestehen der Forderung nach Erfolgseintritt nicht gerechtfertigt. Trotz Befriedigung des Gläubigerinteresses würde der Schuldner weiterhin am Schuldverhältnis festgehalten. Dies ist deshalb misslich, weil die noch be79

Zur Ausnahme der Aufrechnung vgl. oben Erster Teil § 3 I. 2. a) cc). Schmidt, Erfüllung, S. 31. 81 Dazu ausführlich unten Erster Teil § 5 II. 1. c) gg). 82 Kretschmar, Erfüllung, S. 117; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 94 f.; Bülow, JuS 1991, S. 530. 83 Etwa weil der Gläubiger das Angebot auf Übereignung des geschuldeten Gegenstandes angenommen hat. 84 Vgl. Wieling, JuS 1978, S. 801; Gernhuber, Erfüllung, S. 106. 80

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stehende Sonderrechtsbeziehung den Schuldner gemäß § 241 Abs. 2 BGB zu besonderer Rücksichtnahme auf die Rechtsgüter und Interessen des Gläubigers verpflichtet, in welcher der Schuldner zusätzlich nach § 278 BGB für das Verschulden Dritter einzustehen hätte. Überdies könnte die weiter bestehende Forderung an Dritte abgetreten werden. Welche Einrede der Schuldner dem Dritten bei Geltendmachung dieser Forderung entgegenhalten sollte, ist unklar, zeigt aber erneut die Ungeeignetheit dieses Ansatzes.85 Der Schuldner wäre für die Lösung aus der ihn treffenden Haftung von einer Mitwirkung des Gläubigers abhängig.86 Das Erlöschen des Schuldverhältnisses käme einem „Gnadenakt des Gläubigers“ gleich.87 Das lässt sich mit dem Zweck der Forderung nicht rechtfertigen.88 Selbst im Fall des § 396 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB – in einer Situation, wo die Parteien der Aufrechnung einander jeweils Schuldner und Gläubiger sind – hat sich der Gesetzgeber gegen eine einverständliche Zuordnung entschieden. Nicht nur die einseitige Zuordnung des Gläubigers, sondern auch die konsensuale Zuordnung stellt eine unberechtigte Beeinflussung des Erfüllungsvorgangs seitens des Gläubigers dar, dessen Interessen bei der Erfüllung durch die Notwendigkeit des Erfolgseintritts in seiner Person hinreichend berücksichtigt sind. Grundsätzlich ist damit eine konsensuale Zuordnung im Rahmen des § 362 Abs. 1 BGB abzulehnen. 2. Zulässigkeit konsensualer Zuordnungen Dennoch besitzen konsensuale Zuordnungen ein Anwendungsfeld. a) Ablehnung in allen Fällen der Bedürfnisbefriedigung des Gläubigers Die Ablehnung der Beteiligung des Gläubigers an der Zuordnung beruht im Wesentlichen auf der Erkenntnis, dass seine Interessen durch das Erfordernis des Erfolgseintritts in seiner Person hinreichend Berücksichtigung finden. Die Liberationswirkung der Erfüllung tritt aber nur ein, wenn der Gläubiger den geschuldeten Gegenstand erlangt, seine mit Eingehung des Schuldverhältnisses verfolgte Bedürfnisbefriedigung also tatsächlich eingetreten ist. 85 Zum erhobenen Einwand, man könnte diese Folgen durch die Anwendung der §§ 293 ff. BGB abwenden, vgl. unten Erster Teil § 5 II. 1. c) gg). 86 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 95. 87 So Kretschmar, Erfüllung, S. 117; Boehmer, Erfüllungswille, S. 61. 88 Bülow, JuS 1991, S. 530; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 94; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 56; Kretschmar, Erfüllung, S. 117.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

aa) Bedürfnisbefriedigung bei der Erfüllung Zur Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB und §§ 267 Abs. 1, 362 Abs. 1 BGB ist dies an früherer Stelle hinreichend ausgeführt worden.89 bb) Bedürfnisbefriedigung bei der Hinterlegung Nichts anderes gilt für die Hinterlegung. Auch hier wird dem Gläubiger mit der Übergabe an die Hinterlegungsstelle letzten Endes die geschuldete Leistung zur Verfügung gestellt.90 Dass das Erlöschen der Forderung bei der Hinterlegung gemäß §§ 378, 376 Abs. 2 Nr. 1 BGB – also in dem Fall, dass der Schuldner den Verzicht der Rücknahme erklärt hat – vor dem tatsächlichen Eintritt des Erfolges beim Gläubiger liegt, lässt sich mit der Verhinderung einer übermäßigen Bindung des Schuldners an das Schuldverhältnis erklären. Der Schuldner soll bei seinem Versuch, sich vom Schuldverhältnis zu lösen, nicht durch außerhalb seines Rechtskreises liegende Umstände behindert werden.91 Gleichwohl überführt der Gläubiger bei der Aushändigung des hinterlegten Gegenstandes an ihn exakt den geschuldeten Gegenstand in sein Vermögen. Die Bezeichnung der Hinterlegung als Erfüllungssurrogat ist deshalb unter diesem Blickwinkel zutreffend.92 cc) Bedürfnisbefriedigung bei der Aufrechnung Dass auch bei der Aufrechnung der Gläubiger den geschuldeten Gegenstand erlangt, lässt sich angesichts des Umstandes, dass gerade keine Güterverschiebung stattfindet, nur schwer begründen. Dennoch kann mit dem Erfordernis gleichartiger Forderungen – nur mit einer gleichartigen Aktivforderung kann gegen die Passivforderung aufgerechnet werden – auch bei der Aufrechnung dem Gesichtspunkt der Bedürfnisbefriedigung Rechnung getragen werden. Durch die Aufrechnung wird lediglich der doppelte Leistungsaustausch vermieden, innerhalb dessen der Gläubiger der Passivforde89

Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 2 und Erster Teil § 3 I. 3. Larenz, Schuldrecht I, § 18 V (S. 251); Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 15 Rdnr. 1; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 553; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 280. 91 Larenz, Schuldrecht I, § 18 V (S. 251); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 250; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 556; Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 18 II (S. 295), Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 429. 92 Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 251; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 15 Rdnr. 10; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 280; Gernhuber, Erfüllung, S. 96. 90

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rung den geschuldeten Gegenstand zwar erlangt, diesen aber wieder an den Schuldner zurückleisten müsste.93 Beim tatsächlichen Leistungsaustausch steht die Bedürfnisbefriedigung des Gläubigers außer Frage. Wird der Austausch der Leistungen durch die Aufrechnung als tilgungserleichternde, abwicklungstechnische Modifikation nur ersetzt, ist auch bei der Aufrechung Gläubigerbefriedigung eingetreten.94 Selbst wenn darauf verwiesen wird, dass die bloße Verhinderung des Leistungsaustausches nicht allein das Wesen der Aufrechnung ausmacht,95 muss doch festgestellt werden, dass mit dem Erfordernis der Gleichartigkeit die Bedürfnisbefriedigung des Gläubigers verschlüsselt ist.96 Daher steht die Aufrechnung in ihrer Wirkung der Erfüllung gleich und kann zutreffend als Erfüllungssurrogat bezeichnet werden. Die Aussage, allein der Leistungsgegenstand, nicht aber die Leistungshandlung müsse gleichartig sein,97 ist angesichts des Umstandes, dass der Schuldner auch bei der Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB in der Wahl der Leistungshandlungen frei ist, nur folgerichtig.98 b) Zulässigkeit bei fehlender Befriedigung des Gläubigerinteresses Eine Beteiligung des Gläubigers an der Zuordnung kommt nach dem eben Gesagten immer dann in Betracht, wenn es an der mit dem Erfolgseintritt verbundenen Bedürfnisbefriedigung fehlt. Das ist der Fall, wenn der Schuldner dem Gläubiger bewusst und offensichtlich nicht die geschuldete, sondern eine abweichende Leistung zuwendet. Mit diesem aliud wird das im Schuldverhältnis fixierte Bedürfnis des Gläubigers nicht befriedigt, wes93 Larenz, Schuldrecht I, § 18 VI (S. 255); Medicus, Schuldrecht, Rdnr. 262; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 525; Brox/Walker, Allgmeines Schuldrecht, § 16 Rdnr. 2; Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 18 III (S. 300); Looschelders; Schuldrecht AT, Rdnr. 412; MüKo/von Feldmann, § 387 Rdnr. 1; Coester-Waltjen, Jura 2003, S. 246; Habermeier, JuS 1997, S. 1057; Stampe, AcP 107 (1911), S. 283. 94 Leonhard, AcP 21, S. 207; Henle, Bürgerliches Recht II, § 66 (S. 366); Gernhuber, Erfüllung, S. 236. 95 Es kommt noch die Sicherungsfunktion hinzu, vgl. Larenz, Schuldrecht I, § 18 VI (S. 255); Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 18 III (S. 298); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 262; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 16 Rdnr. 3; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 284; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 525; Looschelders; Schuldrecht AT, Rdnr. 412; MüKo/von Feldmann, § 387 Rdnr. 1; Gernhuber, Erfüllung, S. 227 f.; Coester-Waltjen, Jura 2003, S. 246. 96 Vgl. Motive II, S. 108: „Der Aufrechnende zwingt, …, dem anderen Theile eine gesetzlich statthafte Befriedigung auf …“. 97 Larenz, Schuldrecht I, § 18 VI (S. 257); von Feldmann, JuS 1983, S. 358. 98 Das alleinige Abstellen auf den geschuldeten Erfolg erklärt zudem die Zulässigkeit verschiedener Leistungsorte gemäß § 391 Abs. 1 S. 1 BGB, vgl. nur Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 535.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

halb eine verstärkte Berücksichtigung seiner Interessen im Rahmen der Zuordnung angemessen ist.99 Ginge man in diesen Fällen von einer Zuordnung allein des Schuldners aus, wäre dieser berechtigt, dem Gläubiger einseitig ein aliud aufzudrängen.100 Mithin ist der Gläubiger an der Zuordnung zu beteiligen, wobei eine konsensuale Zuordnung interessengerecht erscheint. Im Erfüllungsrecht zeichnen sich die Leistung an Erfüllungs Statt und die Leistung erfüllungshalber dadurch aus, dass nicht der im Schuldverhältnis vereinbarte Leistungsgegenstand erbracht wird.101 Anhand dieser Institute kann untersucht werden, ob eine konsensuale Zuordnung dort einen Anwendungsbereich hat. aa) Leistung an Erfüllungs Statt Gesetzlichen Niederschlag fand die Leistung an Erfüllungs Statt in §§ 364 Abs. 1, 365, 422 Abs. 1 S. 2 BGB. Bereits dem Wortlaut des § 364 Abs. 1 BGB ist zu entnehmen, dass bei der Leistung an Erfüllungs Statt nicht die geschuldete, sondern eine andere Sache – ein aliud102 – zum Zwecke der Erfüllung geleistet wird.103 Zusätzlich verlangt der Wortlaut, dass diese Leistung des Schuldners vom Gläubiger angenommen wird. Da die geschuldete Leistung nicht nur aus einem Rechtsgeschäft, sondern auch aus einer Realhandlung bestehen kann, stellt die Formulierung keinesfalls einen unnötigen Hinweis auf die Annahme eines dinglichen Angebotes dar. Aus dem Gesetzestext folgt vielmehr, dass nur ein Konsens zum Erlöschen des Schuldverhältnisses führt. Auch bei Realleistungen ist somit eine Annahme erforderlich. Beide Parteien müssen darüber einig sein, dass der Gläubiger nicht den geschuldeten, sondern stattdessen einen anderen Gegenstand erhält und damit das Schuldverhältnis erlöschen soll.104 Das Erfordernis einer 99 Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 460; Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 18 I (S. 293); Siber, Schuldrecht, S. 122; Kretschmar, Erfüllung, S. 122; Boehmer, Erfüllungswille, S. 74; RGRK/Weber, § 362 Rdnr. 8. 100 Harder, datio in solutum, S. 32. 101 Siber, Schuldrecht, S. 119; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 241; RGRK/Weber, § 362 Rdnr. 8; Staudinger/Olzen, § 364 Rdnr. 4; Soergel/Zeiss, § 364 Rdnr. 1; Gernhuber, Erfüllung, S. 163. 102 Gernhuber, Erfüllung, S. 163; Harder, datio in solutum, S. 31. 103 Da sich die Erfüllung aber durch Befriedigung des Gläubigerinteresses im Wege des Erhalts der vereinbarten Leistung auszeichnet, kann die Leistung an Erfüllungs Statt keine Erfüllung sein. Das Gesetz verwendet den Titel „Erfüllung“ mithin nicht mit eindeutigem Inhalt; vgl. schon Erster Teil § 1 I. 104 Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 404; Harder, datio in solutum, S. 31; Staudinger/Olzen, § 364 Rdnr. 3, 4; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 364 Rdnr. 1; Erman/Westermann, § 364 Rdnr. 1, 2; Soergel/Zeiss, § 364 Rdnr. 1; Palandt/Heinrichs, § 364 Rdnr. 1.

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Einigung rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass das Leistungsinteresse des Gläubigers mangels Erhalt des ursprünglich geschuldeten Leistungsgegenstandes nicht befriedigt wird.105 Nur der Gläubiger kann daher entscheiden, ob das angebotene aliud an die Stelle des ursprünglichen Gegenstandes tritt, weil es in vergleichbarer Weise sein Leistungsbedürfnis befriedigt.106 Die Leistung an Erfüllungs Statt ist demnach ein zweigliedriger Tatbestand,107 bestehend aus der Zuwendung eines aliuds und der Einigung über die Erfüllungswirkung.108 Die Einigung beinhaltet aber nicht nur die Ersetzung des Leistungsgegenstandes. Darüber hinaus wird auch das zu erlöschende Schuldverhältnis konsensual bestimmt.109 Dass der Gläubiger der Erbringung eines anderen Gegenstandes mit Erfüllungswirkung zustimmt, ohne mit der schuldnerischen Auswahl der dadurch erlöschenden Forderung einverstanden zu sein, kann nicht ernsthaft behauptet werden. Die Einigung beinhaltet zwangsläufig auch die Frage, welches Schuldverhältnis durch die Annahme des aliuds erlischt. In der Literatur wird exakt dieser Umstand durch den Hinweis zum Ausdruck gebracht, dass sich aus dem ursprünglichen Schuldverhältnis die Voraussetzungen für die Rechtsbeständigkeit oder Rückforderbarkeit der Leistung nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB erge105 Larenz, Schuldrecht I, § 18 IV (S. 249); Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 23; Boehmer, Erfüllungswille, S. 86; Kretschmar, Erfüllung, S. 122. Anderer Ansicht Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 65 (S. 265); Harder, datio in solutum, S. 139. 106 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 18 I (S. 292); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 244. 107 Gernhuber, Erfüllung, S. 163. 108 Umstritten ist die Rechtsnatur der Leistung an Erfüllungs Statt. So wird vertreten, es handele sich um einen Austauschvertrag (Tausch der Forderung gegen aliud, vgl. etwa Enneccerus, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, § 287 (S. 721); BGHZ 46, 338 (242); in diese Richtung auch Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 248), während andere im Konsens einen Änderungsvertrag gemäß § 311 Abs. 1 2. Alt. BGB mit anschließender Erfüllung des neuen Vertrages sehen (Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 18 I (S. 294); Soergel/Zeiss, § 364 Rdnr. 1; Gernhuber, Erfüllung, S. 189; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 54; Schmidt, Erfüllung, S. 23; Dubischar, JZ 1969, S. 175). Eine dritte Meinung geht davon aus, die Einigung sei ein Erfüllungsvertrag (Larenz, Schuldrecht I, § 18 IV (S. 249); Palandt/Heinrichs, § 364 Rdnr. 2; Jauernig/Stürner, §§ 364, 365 Rdnr. 1; AK-BGB/ Dubischar, § 364 Rdnr. 1; Harder, datio in solutum, S. 171 f.; Bülow, JuS 1991, S. 534; BGHZ 89, 126 (133). Allen diesen Ansichten ist jedoch gemein, dass eine Willenseinigung, ein Konsens, der Parteien erforderlich ist, damit das ursprüngliche Schuldverhältnis trotz Zuwendung eines aliuds erlischt. Ein Streitentscheid ist somit in diesem Zusammenhang entbehrlich. Praktische Konsequenzen hat der Streit ohnehin keine, vgl. Gernhuber, Erfüllung, S. 184, Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 1. Auflage, Rdnr. 113. 109 Rother, AcP 169 (1969), S. 29; Harder, datio in solutum, S. 132.

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ben.110 Soll aber für eine Beurteilung der Rechtsbeständigkeit das alte Schuldverhältnis entscheidend sein, bedarf es zuvor im Rahmen des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB einer Zuordnung auf dieses Schuldverhältnis.111 Inhalt der Einigung bei der Leistung an Erfüllungs Statt muss damit auch die Einigung über den Schuldgrund sein. Somit findet bei der Leistung an Erfüllungs Statt eine konsensuale Zuordnung statt. Zu einem anderen Ergebnis könnte man kommen, wenn man mit einem beachtlichen Teil der Literatur die Giroüberweisung zwar als Leistung an Erfüllungs Statt ansieht,112 zugleich aber behauptet, der Gläubiger erklärte sich durch die Angabe seiner Kontoverbindung im Voraus nur mit der Leistung von Buch- statt Bargeld einverstanden.113 Eine konsensuale Zuordnung der Leistung auf ein Schuldverhältnis findet nach den Vertretern dieser Meinung nicht statt. Vielmehr betont man, dass der Schuldner bei der Giroüberweisung die Zuordnung einseitig durch die Tilgungsbestimmung vornimmt.114 Einer einseitigen Tilgungsbestimmung des Schuldners bedürfte es nach erfolgter konsensualer Zuordnung jedoch nicht mehr; sie wäre vielmehr unbeachtlich.115 Dem Postulat einer Annahme an Erfüllungs Statt ohne konsensuale Zuordnung kann aber nach Sinn und Zweck der Annahme – keine Zustimmung zur Annahme eines aliuds als Erfüllung bei Ablehnung des erlöschenden Schuldverhältnisses – nicht gefolgt werden. Der Gläubiger 110 MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 364 Rdnr. 1; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 244; Schmidt, Erfüllung, S. 87. 111 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III 1 (S. 136). 112 Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 467; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 217; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 405; Hk-BGB/Schulze, § 364 Rdnr. 4; Staudinger/Olzen, Vorb. 35 zu §§ 362 ff.; Jauernig/Stürner, § 364 Rdnr. 4; Erman/Westermann, § 362 Rdnr. 8; Meyer-Cording, Das Recht der Banküberweisung, S. 127; Fabienke, JR 1999, S. 49. 113 Buchgeld stellt dieser Meinung nach ein aliud dar; vgl. Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 65 (S. 263); Hk-BGB/Schulze, § 364 Rdnr. 5; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 37; Staudinger/Kaduk, 12. Aufl., Vorbem. 62 zu §§ 362 ff. Zu einem Einverständnis (durch Angabe seines Kontos auf den Geschäftsbriefen) müssten die Vertreter der Annahme an Erfüllungs statt aber selbst in den Fällen kommen, in welchen vorher im Rahmen der Vereinbarung von Zahlungsmodalitäten Barzahlung vereinbart wurde, der Schuldner dennoch die Summe überwiesen hat. Von einem Einverständnis des Gläubigers im Sinne des § 364 Abs. 1 BGB kann man in diesen Fall nicht sprechen. Richtigerweise liegt deshalb gemäß § 362 Abs. 1 BGB Erfüllung vor, vgl. unten Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa). 114 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II 1 b) (S. 202); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 IV (S. 441); Canaris, JZ 1984, S. 627; anders dagegen Erman/Westermann, § 362 Rdnr. 8, der zwar auch von Erfüllung gemäß § 364 Abs. 1 BGB ausgeht, aber die konsensuale Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses betont. 115 Ausführlich unter Erster Teil § 3 III.

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stimmt nicht nur der Erbringung eines abweichenden Leistungsgegenstandes zu, sondern auch dem Vorschlag des Schuldners hinsichtlich des erlöschenden Schuldverhältnisses. Will man bei der Giroüberweisung dem Umstand Rechnung tragen, dass der Schuldner einseitig das erlöschende Schuldverhältnis bestimmt, muss man entweder die Giroüberweisung trotz Leistung von Buch- statt Bargeld nicht als Leistung an Erfüllung Statt, sondern als schlichte Erfüllung gemäß § 362 BGB qualifizieren,116 oder man fasst die Angabe der Kontonummer als Angebot auf Einräumung einer Ersetzungsbefugnis auf.117 bb) Leistung Erfüllungshalber Gesetzlich nicht geregelt, sondern in § 364 Abs. 2 BGB lediglich angedeutet ist die Leistung erfüllungshalber.118 Gleich der Leistung an Erfüllungs Statt wird dem Gläubiger bewusst ein nicht geschuldeter Gegenstand, ein aliud, zugewendet.119 Abermals wird das Leistungsinteresse des Gläubigers nicht befriedigt.120 Im Gegensatz zur Leistung an Erfüllungs Statt lehnt der Gläubiger aber das Erlöschen des Schuldverhältnisses durch Erbringung des aliuds ab.121 Die Leistung erfüllungshalber ist lediglich eine Stundungsabrede,122 verbunden mit der Vereinbarung, zuerst Befriedigung aus dem übergebenen Gegenstand zu suchen.123 Das ursprüngliche Schuldverhältnis besteht auch nach Erhalt des aliuds weiter.124 Erst wenn die Verwertung durch den Gläubiger erfolgreich war, wird der erlangte Ertrag zur Befriedi116 Wie hier Larenz, Schuldrecht I, § 18 IV (S. 249); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 158; RGRK/Weber, § 362 Rdnr. 20; Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 9; Bamberger/Roth/Grothe, § 244 Rdnr. 7; Baumbach/Hopt, HGB Bankgeschäft, C/23; Gernhuber, Erfüllung, S. 194; OLG Frankfurt, NJW 1998, S. 387. 117 Dazu ausführlich Erster Teil § 4. 118 Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 242; Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 111. 119 Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 513; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 266. 120 Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 460; Gernhuber, Erfüllung, S. 160. 121 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 18 I (S. 293). 122 Nach anderer Ansicht wird lediglich die Klagbarkeit der Forderung gehemmt, vgl. Köhler, WM 1977, S. 247 ff.; Staudinger/Olzen, § 264 Rdnr. 27. 123 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 18 I (S. 293); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 245; Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 111; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 513, 514; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 406; Palandt/ Heinrichs, § 364 Rdnr. 9; RGZ 160, 1 (1); BGH NJW 1992, 683 (684); BGHZ 96, 186 (193). 124 Larenz, Schuldrecht I, § 18 IV (S. 250); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 245; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 406; Palandt/Heinrichs, § 364 Rdnr. 6; HkBGB/Schulze, § 364 Rdnr. 8.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

gung des Gläubigerinteresses verwandt und das ursprüngliche Schuldverhältnis erlischt insoweit.125 Weil die Leistung des aliuds das ursprüngliche Leistungsinteresse des Gläubigers nicht befriedigt, ist auch bei der Leistung erfüllungshalber eine verstärkte Berücksichtigung der Interessen des Gläubigers durch das Annahmeerfordernis geboten.126 Die Einigung über die Zuwendung eines abweichenden Gegenstandes beinhaltet, wie bei der Leistung an Erfüllungs Statt, auch die Einigung darüber, auf welches Schuldverhältnis die Leistung erfüllungshalber erbracht wird.127 Ist der Gläubiger mit dem vom Schuldner ausgewählten Schuldverhältnis nicht einverstanden, wird er sich nicht auf einen anderen Befriedigungsweg einlassen, zumal er aus der ursprünglichen Forderung erst wieder vorgehen kann, wenn er vor ihrer Geltendmachung die anderweitige Befriedigungsmöglichkeit erfolglos in Anspruch genommen hat, was mit zusätzlichen Anstrengungen seinerseits verbunden ist. Nur wenn der Gläubiger sowohl mit dem gestundeten Schuldverhältnis als auch mit dem neu eröffneten Befriedigungsweg einverstanden ist, stimmt er der Leistung erfüllungshalber durch den Schuldner zu. Die Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses erfolgt auch bei der Leistung erfüllungshalber, deren praktisch wichtigste Anwendungsfälle Scheck und Wechsel sind,128 im Wege einer Einigung.129 cc) Erlass Eine konsensuale Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses findet sich schließlich beim Erlass,130 welcher gemäß § 397 Abs. 1 BGB einen formfreien Vertrag zwischen Schuldner und Gläubiger erfordert.131 125

Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 513; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 245; Enneccerus, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, § 287 (S. 723); MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 364 Rdnr. 14; Gernhuber, Erfüllung, S. 160. 126 Erman/Westermann, § 364 Rdnr. 1, 2; Soergel/Zeiss, § 364 Rdnr. 6; Staudinger/ Olzen, § 364 Rdnr. 21; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 364 Rdnr. 7, 12; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 460. 127 So explizit Köhler, WM 1977, S. 244; in diese Richtung auch Schnauder, JuS 1994, S. 544 Fn. 65. 128 Larenz, Schuldrecht I, § 18 IV (S. 250); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 244; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 278; Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 112; Jauernig/Stürner, § 365 Rdnr. 6. 129 Larenz, Schuldrecht I, § 18 IV (S. 247); Gernhuber, Erfüllung, S. 161. 130 Dem Erlass gleichgestellt ist gemäß § 397 Abs. 2 BGB das negative Schuldanerkenntnis. 131 Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 518; MüKo/von Feldmann, § 397 Rdnr. 1, 2; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 21.

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Auch beim Erlass einigen sich Schuldner und Gläubiger über das erlöschende Schuldverhältnis, wobei sich die konsensuale Bestimmung der erlöschenden Forderung aus der nicht erfolgten Befriedigung des Leistungsinteresses des Gläubigers rechtfertigt. c) Zwischenergebnis zu den Ausnahmen Die Betrachtungen zur Leistung an Erfüllungs Statt, zur Leistung erfüllungshalber und zum Erlass haben verdeutlicht, dass der Gläubiger an der Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses immer dann beteiligt ist, wenn ihm ersichtlich nicht der vertraglich vereinbarte Leistungsgegenstand zugewendet wird.132 Die konsensuale Zuordnung ist dann aufgrund der fehlenden Befriedigung seines Leistungsinteresses interessengerecht. Leistung an Erfüllungs Statt, Leistung erfüllungshalber und Erlass weichen somit vom Normalfall der Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB, der Aufrechnung und der Hinterlegung insoweit ab, als bei den letztgenannten Instituten das Leistungsinteresse des Gläubigers befriedigt wird. Vor diesem Hintergrund ist zugleich die Bezeichnung der Leistung an Erfüllungs Statt und Leistung erfüllungshalber als Erfüllungssurrogate133 verfehlt.134 Der Begriff Erfüllungssurrogate sollte auf Erlöschensgründe beschränkt werden, in denen jenseits des § 362 Abs. 1 BGB das im Vertrag fixierte Leistungsinteresse des Gläubigers durch Erhalt der geschuldeten Leistung befriedigt wird. Erfüllungssurrogate im hier verstandenen Sinn sind Hinterlegung und Aufrechnung.135 Neben der unzutreffenden Qualifikation von Leistung an Erfüllungs Statt und Leistung erfüllungshalber als Erfüllungssurrogate ist in systematischer Hinsicht auch der Standort ihrer gesetzlichen Normierung136 unter dem 1. Titel des 4. Abschnitts („Erfüllung“) unglücklich.137 Der Grund dafür liegt wohl darin, dass beide, 132 Enneccerus, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, § 287 (S. 721); Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 460; Schmidt, Erfüllung, S. 87; Kretschmar, Erfüllung, S. 122; Boehmer, Erfüllungswille, S. 47; Seibert, finale Leistungsbewirkung, S. 23. 133 So Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 65 (S. 263); Krawielicki, Grundlagen, S. 173; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 513; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 266; Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 111; Palandt/Heinrichs, § 364 Rdnr. 8; Bülow, JuS 1991, S. 534. 134 Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I, S. 794 spricht von „Ersatzmittel“; Westermann/Bydlinski/Weber, BGB-Schuldrecht AT, § 19 Rdnr. 2 von „Ersatzleistungen“. 135 Wie hier Gernhuber, Erfüllung, S. 96, 97. 136 Sofern man die Leistung erfüllungshalber in § 364 Abs. 2 BGB angedeutet sieht. 137 Der Ungenauigkeit erliegen Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 14 Rdnr. 6–9, welche die Leistung an Erfüllungs statt und die Leistung erfüllungshalber im Kapitel Erfüllung behandeln.

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wie auch die Erfüllung, das Schuldverhältnis ipso iure zum Erlöschen bringen.138 Konsensuale Zuordnungen finden immer dann Anwendung, wenn es an der Befriedigung des Leistungsinteresses beim Gläubiger aufgrund einer aliud-Lieferung fehlt.139 Leistung an Erfüllungs Statt und Leistung erfüllungshalber stellen deshalb eine Ausnahme von der normalen Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB dar und können bei der Bestimmung des Leistungsbegriffes im Rahmen des § 362 BGB nicht mitberücksichtigt werden.140 Die nachfolgenden Ausführungen zum Leistungsbegriff klammern daher Leistung an Erfüllungs Statt und Leistung erfüllungshalber aus.

III. Verhältnis konsensualer zu einseitiger Zuordnung Grundsätzlich bestimmt der Leistende bei der Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB und bei den Erfüllungssurrogaten einseitig das erlöschende Schuldverhältnis. 1. Konsensuale Zuordnung als Ausnahmetatbestand Nun wurde bereits an früherer Stelle auf die Möglichkeit hingewiesen, durch Vertrag dem Gläubiger ein einseitiges Zuordnungsrecht einzuräumen.141 A maiore ad minus muss es möglich sein, per Vertrag142 die Zuordnung der Zuwendung zum erlöschenden Schuldverhältnis übereinstimmend vorzunehmen.143 Diese Möglichkeit wird in der Literatur dadurch zum Aus138

Vgl. Motive II, S. 78. Die Abgrenzung wurde durch die Herausarbeitung eines exakten Obligationsbegriffes durch Boehmer, Erfüllungswille, S. 16 ff. und Kretschmar, Erfüllung, S. 123 ff. ermöglicht. 140 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 54; Kretschmar, Erfüllung, S. 122; Boehmer, Erfüllungswille, S. 86. 141 Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 5. 142 Wie bei der vertraglichen Zuweisung eines einseitigen Bestimmungsrechts an den Gläubiger ist auch bei der Vereinbarung einer konsensualen Zuordnung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu beachten, dass diese mit dem wesentlichen Grundgedanken des § 362 Abs. 1 BGB nicht zu vereinbaren ist und deshalb gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sein könnte. Anders dagegen der BGH [BGHZ 91, 375 (381]), wonach die Vereinbarung einer konsensualen Zuordnung in den AGB deshalb wirksam ist, weil der Schuldner dann Sicherheit über die erlöschenden Forderungen hat. Diese Argumentation berücksichtigt indes nicht hinreichend das Interesse des Schuldners an einer einseitigen Zuordnung. Ablehnend auch Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 500; Weber, WuB I F 3 – 13.99. 143 Motive II, S. 86; Rother, AcP 169 (1969), S. 28. 139

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druck gebracht, indem auf den dispositiven Charakter des § 366 Abs. 1 BGB hingewiesen wird.144 Eine Vereinbarung vertraglicher Zuordnung ist über die Erfüllung hinaus schließlich auch bei der Aufrechnung zulässig.145 Als Ausnahme von der grundsätzlich einseitigen Zuordnung durch den Schuldner146 bedarf eine vertragliche Zuordnung in jedem Fall einer Einigung über die Aufgabe des einseitigen Zuordnungsrechts,147 wobei die §§ 143 ff. BGB zu beachten sind.148 Deshalb kann dem Umstand, dass der Schuldner nach Erbringung seiner Zuwendung der Anrechnungserklärung des Gläubigers nicht widersprochen hat, keine Einigung entnommen werden,149 stellt doch Schweigen regelmäßig keine rechtsverbindliche Erklärung dar.150 Etwas anderes gilt dann, wenn es entweder vorher vereinbart wurde oder wenn das Gesetz in einer Norm dem Schweigen eine Bedeutung beimisst.151 Gesetzliche Ausnahmevorschriften sind nicht ersichtlich. Da grundsätzlich dem Schuldner das Zuordnungsrecht zusteht,152 ist er auch nicht zur Ablehnung der Zuordnungsbestimmung des Gläubigers verpflichtet.153 Statt einer vertraglichen Zuordnung gilt in den Fällen des schuldnerischen Schweigens auf eine Anrechnungserklärung des Gläubigers allein die vom Schuldner ausdrücklich oder konkludent getroffene Zuordnung. 144 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 243); Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 48; Palandt/Heinrichs, § 366 Rdnr. 5; RGRK/Weber, § 366 Rdnr. 4; Bamberger/Roth/ Dennhardt, § 366 Rdnr. 2; Gernhuber, Erfüllung, S. 142; RGZ 66, 54 (57); RGZ 105, 29 (31); BGH JZ 1976, 64 (65); BGH WM 1959, 1004 (1005). 145 Motive II, S. 104; Staudinger/Gursky, § 396 Rdnr. 13; Palandt/Heinrichs, § 387 Rdnr. 19; Jauernig/Stürner, § 387 Rdnr. 15; Bülow, JuS 1991, S. 536; Henke, Leistung, S. 74. 146 Eine Umkehrung dieses Regel-Ausnahme-Verhältnisses findet sich allenfalls bei der Sicherungsgrundschuld, wo die Zuordnung der Zuwendungen des SchuldnerEigentümers auf Grundschuld oder Forderung bereits im Sicherungsvertrag getroffen wird; vgl. nur M. Wolf, Sachenrecht, Rdnr. 691. 147 Deshalb ist es zumindest verwirrend, wenn Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 274 ausführt: „…, so entscheidet zunächst die Parteiabsprache darüber, welche Schuld durch die Leistung getilgt wird.“ Ähnlich formuliert Schlechtriem, JZ 1993, S. 26. Dies impliziert aber, dass eine solche Absprache der Regelfall wäre. 148 So schon von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 84). 149 Zutreffend Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 49. Anders Enneccerus, Lehrbuch des Schuldrechts, § 285 (S. 717); Matthiaß, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I, § 92 G (S. 422); MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 366 Rdnr. 7 und ihm folgend BGH NJW-RR 1995, 1257 (1258). Unrichtig auch BGH WM 1995, 1663 (1664). 150 Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 345; für die Zuordnung vgl. Grün, WuB I F 3 – 1.96. 151 Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 346, 347. 152 Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 48; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 157. 153 Grün, WuB I F 3 – 1.96.

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2. Ausschluss des einseitigen Bestimmungsrechts durch Vereinbarung konsensualer Zuordnung? Haben sich Schuldner und Gläubiger ausnahmsweise auf eine vertragliche Zuordnung geeinigt, stellt sich die Frage, ob das einseitige Zuordnungsrecht des Schuldners damit ausgeschlossen ist. In der neueren Literatur sind speziell Gernhuber, Seibert und Wolf der Meinung,154 dass das Bestimmungsrecht des Schuldners durch die Einigung mit dem Gläubiger nicht ausgeschlossen wird.155 Auch in der Rechtsprechung wurde diese Ansicht gelegentlich vertreten.156 Begründet wird sie damit, dass der Schuldner anderenfalls mit einer Rechtsfolge seiner Leistung belastet werde, die er erklärtermaßen nicht wollte.157 Dieses Argument erscheint nicht nur zweifelhaft, es ist vor allem zu pauschal. Richtigerweise ist nämlich danach zu differenzieren, ob die konsensuale Zuordnung bereits stattgefunden hat oder ob lediglich vereinbart wurde, eine spätere Zuwendung dann einverständlich zuzuordnen.158 a) Konsensuale Zuordnung bereits erfolgt Wurde die für die Erfüllung notwendige Zuordnung bereits konsensual vorgenommen, ist für eine erneute Zuordnung kein Raum mehr.159 Das Interesse des Rechtsverkehrs an schneller Klarheit über die bestehende Rechtslage nach Erhalt der Zuwendung wurde befriedigt.160 Der Schuldner wird auch nicht mit ungewollten Rechtsfolgen seiner Leistung belastet, hat er doch per Vertrag die Rechtsfolge seiner Leistung – Erlöschen eines ge154

Gernhuber, Erfüllung, S. 142; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 99, M. Wolf, Sachenrecht, Rdnr. 692. 155 Frühe Vertreter waren Enneccerus, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, § 285 Fn. 2 (S. 717); Havenstein, Erfüllung, S. 62, Planck/Siber, BGB, Anm. 2 zu § 366. Die bindende Wirkung einer Zuordnung auf Grundschuld oder Forderung im Rahmen des Sicherungsvertrages lehnt zudem Staudinger/Wolfensteiner, 13. Aufl., Vorb. 68 zu §§ 1191 ff. ab. Diese Bindungswirkung sei mit dem sachenrechtlichen numerus clausus nicht zu vereinbaren. Die Bindungswirkung einer konsensualen Zuordnung ist aber allein ein erfüllungsrechtliches Problem, kein sachenrechtliches. Der numerus clausus der Sachenrechte wird hiervon nicht tangiert. 156 BGH NJW 1976, 2132 (2133); BGH MDR 1971, 120; anders aber BGH WM 1995, 1663 (1664). 157 Gernhuber, Erfüllung, S. 142. 158 Diese Differenzierung nehmen weder Gernhuber noch Olzen (jeweils a. a. O.) vor. 159 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 88); Hk-BGB/Schulze, § 366 Rdnr. 4. 160 Vgl. oben Erster Teil § 2 I.

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meinsam bestimmten Schuldverhältnisses – selbst mitbestimmt. An diesen Vertrag ist er gebunden.161 Seibert indes lehnt die Bindung des Schuldners an seine Zuordnungsvereinbarung ab.162 Grund sei die Vorschrift des § 137 BGB als Ausdruck des allgemeinen Axioms, dass sich niemand der Fähigkeit berauben kann, in seinem Rechtskreis rechtswirksame Handlungen vorzunehmen.163 Dabei übersieht er allerdings, dass sich der Schuldner nicht der Fähigkeit begibt, eine später mögliche Rechtshandlung vorzunehmen, sondern die fragliche Rechtshandlung bereits vorgenommen hat. Folgte man Seibert, könnte der Schuldner auch niemals eine dingliche Willenserklärung im Sinne einer Übereignungsofferte abgeben, nimmt ihm diese im Fall ihrer Annahme und dem Erhalt der Sache doch ebenfalls die Möglichkeit, erneut über den Gegenstand zu verfügen. Der Schuldner hat sich durch die vertragliche Zuordnung seines einseitigen Zuordnungsrechtes begeben und ist deshalb an seine frühere Einigung gebunden. Eine Lösung vom Vertrag als rechtliche Folge seiner Rechtshandlung außerhalb der Institute Widerruf oder Anfechtung durch simples Treffen einer einseitigen Bestimmung ist methodisch nicht begründbar.164 Daraus folgt, dass der Gläubiger auch bei abweichender Zuordnungsbestimmung des Schuldners die Zuwendung annehmen und unter Ignorierung der einseitigen Zuordnung des Schuldners auf das vorher gemeinsam festgelegte Schuldverhältnis verrechnen kann.165 Die vom Schuldner abgegebene Zuordnungserklärung stellt lediglich ein Angebot auf Abänderung des Zuordnungsvertrages dar.166 Schweigt der Gläubiger bei Erhalt der Zuwendung zu diesem Angebot, kommt kein Änderungsvertrag zustande. Wurde die konsensuale Zuordnung bereits wirksam vorgenommen, steht dem Schuldner das Recht, das erlöschende Schuldverhältnis einseitig zu be161 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 88); Dernburg, Das bürgerliche Recht des Deutschen Reiches und Preußens II/1, § 117 (S. 298); MüKo/Wenzel, § 366 Rdnr. 14. 162 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 99; ebenso Havenstein, Erfüllung, S. 62. 163 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 99. 164 Bamberger/Roth/Dennhardt, § 366 Rdnr. 5. 165 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 88); Dernburg, Das bürgerliche Recht des Deutschen Reiches und Preußens II/1, § 117 (S. 298); RGZ 66, 57 (59); Oertmann, BGB, § 366 Anm. 1. Andere Ansicht Enneccerus, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, § 285 Fn. 2 (S. 717); Gernhuber, Erfüllung, S. 142. 166 Oertmann, BGB, § 366 Anm. 1; Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 48; Erman/ Westermann, § 366 Rdnr. 1; Staudinger/Kaduk, 12. Aufl., § 366 Rdnr. 46; RGRK/ Weber, § 366 Rdnr. 4, Grün, WuB I F 3 – 1.96.

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stimmen, nicht mehr zu.167 Die konsensuale Zuordnung geht der einseitigen Zuordnung in diesem Fall vor.168 Dieser Vorrang kann aber nur für solche Forderungen gelten, die von der vertraglichen Zuordnung erfasst sind. Das werden meist die schon zum Zeitpunkt der Einigung existierenden Forderungen sein.169 Wenn sich aber Schuldner und Gläubiger gerade im Hinblick auf noch entstehende Forderungen darauf einigen, dass die Zahlung auf eine andere Forderung bezogen sei, ist das einseitige Zuordnungsrecht ausnahmsweise auch für die zukünftigen Forderungen ausgeschlossen. Voraussetzung ist allerdings, dass – wie bei der Abtretung – die zukünftigen Forderungen schon hinreichend bestimmbar sind.170 b) Konsensuale Zuordnung noch nicht erfolgt Fand hingegen die vertragliche Zuordnung noch nicht statt, fehlt es im Falle der Zuwendung an einer Zuordnung, an welcher sich der Schuldner festhalten lassen müsste. Allerdings wurde bereits vereinbart, eine konsensuale Zuordnung vorzunehmen. An den Rechtsfolgen dieser Erklärung muss sich der Schuldner ebenfalls festhalten lassen. Durch die Vereinbarung der konsensualen Zuordnung hat er sich seines einseitigen Bestimmungsrechts begeben; eine verbindliche einseitige Zuordnung kommt deshalb nicht mehr in Frage.171 Erklärt der Schuldner bei der Zuwendung, ein bestimmtes Schuldverhältnis solle erlöschen, kann dies nur als Zuordnungsangebot an den Gläubiger gesehen werden. Dieses Angebot kann der Gläubiger ablehnen, ohne in Annahmeverzug zu geraten. Diese Folge erkennen auch Gernhuber und Wolf.172 Bezüglich der von ihnen vertretenen Ansicht – kein Ausschluss des einseitigen Bestimmungsrechts des Schuldners – wäre ein 167 Im Ergebnis ebenso: Motive II, S. 86; Rehbein, Schuldverhältnisse, Anm. 15 zu §§ 362–371; Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 241); Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 274; Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 451; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 157, 168; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 45 Rdnr. 44; Matthiaß, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I, § 92 G (S. 421); Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 48; Palandt/Heinrichs, § 366 Rdnr. 5; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 14; Jauernig/Stürner, § 366 Rdnr. 4; Hk-BGB/Schulze, § 366 Rdnr. 4; RGRK/Weber, § 366 Rdnr. 4; RGZ 66, 54 (59); BGH WM 1966, 337; BGH NJW-RR 1995, 1257; BGHZ 91, 375 (379 f.). 168 Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 274; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 45 Rdnr. 44; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 157; Westermann, causa, S. 92. 169 So pauschal Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 98. 170 Vgl. nur BGH NJW 1989, 2383 (2384); BGH NJW 2000, 276 (277). 171 So schon Rehbein, Schuldverhältnisse, Anm. 15 zu §§ 362–371; Schollmeyer, Bürgerliches Gesetzbuch, Anm. 1 zu § 366. 172 Gernhuber, Erfüllung, S. 142; Wolf, Sachenrecht, Rdnr. 692.

§ 3 Möglichkeiten einer Zuordnung

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Ablehnungsrecht des Gläubigers allerdings inkonsequent. Beließe man dem Schuldner das einseitige Zuordnungsrecht, ist dessen Zuordnung verbindlich. Eine Ablehnungsmöglichkeit des einseitigen, verbindlichen Zuordnungsrechts des Schuldners bestände nach den oben herausgearbeiteten Grundsätzen überhaupt nicht. Ein solches Ablehnungsrecht setzt geradezu voraus, dass der Schuldner nicht mehr die Möglichkeit hat, das erlöschende Schuldverhältnis einseitig zu bestimmen. Erst wenn der Gläubiger den Zuordnungsvorschlag des Schuldners annimmt, kommt die konsensuale Zuordnung zustande. Die Ablehnung des Zuordnungsangebotes durch den Gläubiger muss jedoch die Nichtannahme der Zuwendung nach sich ziehen, lässt sich doch die Annahme der Zuwendung ohne Zuordnung mit dem Erfordernis rascher Klarheit über die bestehende Rechtslage nicht vereinbaren.173 Deshalb liegt in der Annahme der Zuwendung auch die konkludente Annahme des Zuordnungsvorschlages.174 Eine trotz Annahme der Zuwendung geäußerte Ablehnung des Zuordnungsvorschlages ist als protestatio facto contraria unbeachtlich.175 3. Zeitliches Verhältnis von Einräumung und Vornahme der konsensualen Zuordnung Regelmäßig dürfte die vertragliche Einräumung der konsensualen Zuordnung diese gleich mit enthalten.176 Zwangsläufig ist das jedoch nicht.177 Ebenso wenig muss die konsensuale Zuordnung zeitgleich mit der Zuwendung vorgenommen werden. Sie kann im Gegenteil bereits zuvor erfolgt sein.178 Daraus kann aber nicht geschlossen werden, die konsensuale Zuordnung müsse grundsätzlich vor der Zuwendung erfolgen.179 Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil Olzen richtigerweise bei einer Zuord173

Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 1. BGH MDR 1971, 120; aber nur, wenn die vertragliche Zuordnung vorher vereinbart war. Fehlte eine solche Vereinbarung, kommt durch die Annahme der Zuwendung kein Zuordnungsvertrag zustande. Vielmehr gilt allein die einseitige Zuordnung des Schuldners. 175 Schmidt, Erfüllung, S. 36; Struckmann, JherJB 15, S. 256; Henrici, JherJB 32, S. 106. 176 Davon ging etwa der Gesetzgeber aus, vgl. Motive II, S. 86. Zustimmend von Thur, Allgemeiner Teil des BGB II/2, § 72 III (S. 88). 177 Bei der Aufrechnung spricht man vom Aufrechnungsvorvertrag, vgl. Palandt/ Heinrichs, § 387 Rdnr. 21; Jauernig/Stürner, § 387 Rdnr. 16. 178 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 243); Gernhuber, Erfüllung, S. 142. Anders aber bei der konsensualen Zuordnung im Rahmen der Leistung an Erfüllungs statt, vgl. sogleich unten Erster Teil § 4. 179 So aber Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 49. 174

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

nungsbestimmung des Gläubigers im Zeitpunkt der Zuwendung und der Annahme dieser Zuordnung durch den Schuldner eine konsensuale Zuordnung bejaht,180 womit er seiner eigenen Prämisse widerspricht.181 Schuldner und Gläubiger können auch noch im Zeitpunkt der Zuwendung eine konsensuale Zuordnung vornehmen.182 4. Zusammenfassung Zum Verhältnis von einseitiger zu konsensualer Zuordnung gilt folgendes: 1. Im Fall der Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB oder im Rahmen der Erfüllungssurrogate wird die notwendige Zuordnung grundsätzlich vom Leistenden getroffen. 2. Wird dem Gläubiger, wie etwa im Fall der Leistung an Erfüllungs Statt oder erfüllungshalber, wissentlich ein aliud zugewendet, findet dagegen eine vertragliche Zuordnung statt. 3. Hat im Rahmen der Erfüllung ausnahmsweise eine vertragliche Zuordnung stattgefunden, ist eine abweichende einseitige Zuordnung durch den Schuldner ausgeschlossen. Bei einer abweichenden einseitigen Zuordnung handelt es sich um ein Angebot auf Abänderung der konsensualen Zuordnung. 4. Wurde lediglich vereinbart, eine spätere Zuwendung konsensual zuzuordnen, kann der Schuldner zwar noch eine einseitige Zuordnung treffen. Diese Zuordnung ist aber nicht einseitig verbindlich, sondern stellt lediglich ein Angebot an den Gläubiger bezüglich des erlöschenden Schuldverhältnisses dar, welches noch angenommen werden muss.

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Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 49. Zudem unterscheidet er nicht genau zwischen Vereinbarung und Treffen der konsensualen Zuordnung; vgl. Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 48: „Schuldner und Gläubiger können eine Tilgungsvereinbarung treffen, die das einseitige Bestimmungsrecht ausschließt und eine andere Anrechnung bestimmt.“ (Hervorhebung nur hier). 182 In diesem Fall werden sich Schuldner und Gläubiger auf ein Schuldverhältnis einigen, dessen Erfolg mit den Leistungshandlungen herbeigeführt werden kann. 181

§ 4 Exkurs zum Verhältnis der Ersetzungsbefugnis

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§ 4 Exkurs zum Verhältnis der Ersetzungsbefugnis zur Annahme an Erfüllungs Statt Ebenfalls um das Verhältnis von konsensualer und einseitiger Zuordnung geht es beim Verhältnis der Leistung an Erfüllungs Statt zur Ersetzungsbefugnis, weshalb an dieser Stelle ein Exkurs erfolgen soll. Aus dem Verständnis des Verhältnisses beider Rechtsinstitute zueinander folgen überdies Konsequenzen bezüglich Art und Zeitpunkt der erforderlichen konsensualen Zuordnung bei der Leistung an Erfüllungs Statt. Ein Beispielsfall soll die Problematik verdeutlichen: Bauer S schuldet Bauer G aus einem Kaufvertrag noch 10 Tonnen Saatgut. Zudem hat G dem S vor einiger Zeit ein Darlehen in Höhe von 2000,– e gewährt. Als man sich wieder einmal im „Dorfkrug“ trifft, fordert G von S die Rückzahlung des Darlehens. Dieser verweist auf seine angespannte finanzielle Situation, bietet dem G aber an, statt der geschuldeten Summe weitere 10 Tonnen Saatgut zu liefern. G ist einverstanden: S könne seinetwegen auch Saatgut in der genannten Menge liefern. Zu Beginn der Saatzeit liefert S dem G ohne nähere Bestimmung 10 Tonnen Saatgut.

Dem Inhalt der Einigung zufolge ist S berechtigt, G statt der geschuldeten Summe 10 Tonnen Saatgut zuzuwenden. Dazu verpflichtet ist er jedoch nicht. Somit handelt es sich um eine Ersetzungsbefugnis.1 Einer Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1967 zufolge soll aber die Einräumung einer Ersetzungsbefugnis eine antizipierte Annahme an Erfüllungs Statt beinhalten.2 Die erforderlichen Einigungen des § 364 Abs. 1 BGB finden dieser Meinung nach schon vor Zuwendung des aliuds statt. Diese Ansicht soll anhand der bisherigen Ergebnisse kritisch überprüft werden.

1 Larenz, Schuldrecht I, § 11 III (S. 160); Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 8 Rdnr. 14; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 188; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 214; Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 115; Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 717; Soergel/Wolf, § 262 Rdnr. 16; Palandt/Heinrichs, § 262 Rdnr. 8; Dubischar, JZ 1969, S. 175; BGHZ 89, 126 (138). 2 BGHZ 46, 338 (342); BGHZ 89, 126 (131); BGH WM 1986, 1533 (1534); BGH NJW 1996, 2504 (2507). Dem BGH folgend Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 8 Rdnr. 14; Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 14 II (S. 244); Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 405; Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 1. Auflage, Rdnr. 113; Staudinger/Olzen, § 364 Rdnr. 17; AK-BGB/Dubischar, § 364 Rdnr. 4; Palandt/Heinrichs, § 364 Rdnr. 1; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 364 Rdnr. 2; Hk-BGB/Schulze, § 364 Rdnr. 2; Krawielicki, Grundlagen, S. 172; zuletzt Binder, NJW 2003, S. 396.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

I. Ablehnung einer antizipierten Annahme an Erfüllungs Statt Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass Bestandteil jeder Erfüllung eine Zuordnung ist, damit der Gläubiger im Zeitpunkt des Erhalts der Zuwendung diese auf ein Schuldverhältnis beziehen kann und sich abschließende Aussagen hinsichtlich des erlöschenden Schuldverhältnisses treffen lassen. Nicht nur bei der Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB, sondern auch bei den Erfüllungsersetzungen bedarf es zwingend einer Zuordnung. Folglich muss auch die konsensuale Zuordnung im Rahmen der Annahme an Erfüllungs Statt die Bestimmung der erlöschenden Forderung leisten können. Im Beispielsfall weiß G jedoch nach Erhalt der 10 Tonnen Saatgut nicht, ob die Darlehensschuld oder die Forderung aus dem Kaufvertrag erloschen ist. Er kann es schon deshalb nicht wissen, weil S aufgrund der Ersetzungsbefugnis nicht zur Lieferung der 10 Tonnen Saatgut verpflichtet, sondern lediglich berechtigt war. G konnte nicht zwangsläufig von der Lieferung von Saatgut statt Rückzahlung der Darlehenssumme ausgehen. Sicherheit bezüglich der erlöschenden Forderung könnte eine Tilgungsbestimmung des Schuldners bringen. Indes ist zu berücksichtigen, dass die Leistung an Erfüllungs Statt eine konsensuale Zuordnung bereits zwingend mit enthält.3 Infolgedessen müsste der Gläubiger in der Lage sein, ohne weitere Zuordnung des Schuldners den an Erfüllungs Statt zugewendeten Gegenstand – hier das Saatgut – auf ein konkretes Schuldverhältnis zu beziehen und die erlöschende Forderung festzustellen. Dazu ist G ersichtlich nicht in der Lage. Sieht man aber mit der herrschenden Meinung in der Vereinbarung einer Ersetzungsbefugnis die antizipierte Vereinbarung einer Leistung an Erfüllungs Statt und ist eine konsensuale Zuordnung notwendiger Bestandteil der Annahme an Erfüllungs Statt, würde die antizipierte Vereinbarung einer Leistung an Erfüllungs Statt eine antizipierte konsensuale Zuordnung enthalten, die ihrer Hauptaufgabe – die Bestimmung der erlöschenden Forderung im Zeitpunkt des Zuwendungserhalts – nicht gerecht wird. Konsequenterweise lehnen die Vertreter einer antizipierten Annahme an Erfüllungs Statt eine konsensuale Bestimmung der erlöschenden Forderung als Bestandteil einer Einigung bei der Leistung an Erfüllungs Statt ab.4 Dagegen spricht, dass sich die konsensuale Zuordnung als zwingender Bestandteil jeder Annahme an Erfüllungs Statt erwiesen hat.5 Eine vorweggenommene Annahme an Erfüllungs Statt kann diese Zuordnungsfunktion hingegen 3 4 5

Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 2. b) aa). Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 2. b) aa) Fn. 112. Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 2. b) aa).

§ 4 Exkurs zum Verhältnis der Ersetzungsbefugnis

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nicht erfüllen; das demonstriert der Ausgangsfall. Aus diesem Grund ist eine antizipierte Annahme an Erfüllungs Statt abzulehnen.6 Richtigerweise erfolgt die Annahme an Erfüllungs Statt durch den Gläubiger immer erst im Zeitpunkt des Zuwendungserhalts.7 Dafür spricht auch, dass die Leistung an Erfüllungs Statt mitunter als Realvertrag bezeichnet wird.8 Dieser Begriff verdeutlicht bereits die zeitliche Nähe von Zuwendungserhalt und der Einigung über die Erfüllungswirkung.9

II. Qualifikation der Ersetzungsbefugnis Für die Ersetzungsbefugnis bedeutet dies, dass ihre Vereinbarung entgegen der überwiegenden Ansicht keine antizipierte Annahme an Erfüllungs Statt darstellt. Wie aber lässt sich die Ersetzungsbefugnis dann qualifizieren? Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass die Ersetzungsbefugnis die Vereinbarung beinhaltet, der Schuldner könne anstelle einer geschuldeten Leistung ein aliud erbringen. Eine derartige Einigung ist auch Bestandteil der Annahme an Erfüllungs Statt. Im Gegensatz zur Annahme an Erfüllungs Statt wird sich zwar auch bei der Ersetzungsbefugnis über eine Forderung geeinigt, welche mit der Ersetzungsbefugnis verbunden wird. Darin liegt aber noch nicht die Zuordnung der später erfolgenden Zuwendung, beseitigt doch die Einigung bei der Ersetzungsbefugnis die Zuordnungsunsicherheit nach Erhalt der Zuwendung gerade nicht.10 Die Vereinbarung einer Ersetzungsbefugnis führt eben nicht wie bei der Annahme an Erfüllungs Statt zum Erlöschen der Forderung. Die Ersetzungsbefugnis beinhaltet als bloße 6 Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 65 (S. 264) geht daher in den Fällen vorweggenommener Einigung nicht von Annahme an Erfüllungs Statt, sondern von Schuldänderungsverträgen aus. Den gleichen Ansatz verfolgen MüKo/Heinrichs, 3. Auflage, § 364 Rdnr. 2; Staudinger/Olzen, § 364 Rdnr. 5 und RGRK/Weber, § 364 Rdnr. 2, wobei Olzen die Ersetzungsbefugnis dem Schuldänderungsvertrag ausdrücklich gleichstellt. Dennoch kommen Weber, Olzen und Heinrichs für die Ersetzungsbefugnis trotz ihres Ausgangspunktes zur antizipierten Annahme an Erfüllungs Statt. 7 Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 65 (S. 264). 8 Vgl. Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 65 (S. 264); Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 705; Erman/Westermann, § 354 Rdnr. 3; RGRK/Weber, § 364 Rdnr. 1; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 364 Rdnr. 1. 9 Untermauert wird die hier vertretene Ansicht, wirft man noch einmal einen Blick auf die Theorien zur Rechtsnatur der Leistung an Erfüllungs Statt. So wird unter anderem vertreten, es handele sich um einen Schuldänderungsvertrag mit sofortiger Erfüllung. Unabhängig von der Richtigkeit dieser Ansicht impliziert diese Deutung doch bereits eine zeitliche Nähe von Einigung und Zuwendung. 10 Dies schon deshalb, weil der Schuldner auch die ursprünglich geschuldete Leistung noch erbringen kann. Bezüglich dieses Gegenstandes würde es aber dann an einer Zuordnung fehlen.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

Gestattung einer aliud-Lieferung11 somit nur eines der Elemente, aus denen die Annahme an Erfüllungs Statt besteht.12 Diese Erkenntnis hat Folgen für die Erfüllung einer Forderung, für die eine Ersetzungsbefugnis vereinbart wurde: Bei der Ausübung der Ersetzungsbefugnis durch den Schuldner wird ein aliud geleistet. Nach den oben gewonnenen Erkenntnissen über den Zusammenhang einer aliud-Leistung und der Zuordnung müsste man folglich von einer konsensualen Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses ausgehen, wird doch das Gläubigerinteresse nicht befriedigt.13 Insofern käme man bei Lieferung doch wieder zu einer Erfüllung gemäß § 364 Abs. 1 BGB.14 Dennoch ist die Situation eine andere. Der Gläubiger hat sich nämlich schon im Rahmen der Vereinbarung der Ersetzungsbefugnis mit der Lieferung eines aliuds einverstanden erklärt.15 Dies konnte er – im Gegensatz zu § 364 Abs. 1 BGB – auch vor Erhalt der Zuwendung, weil die Vereinbarung der Ersetzungsbefugnis nicht zum Erlöschen der Forderung führt. Weil aber seine Gestattung der aliud-Lieferung durch Einräumung einer Ersetzungsbefugnis eine hinreichende Beteiligung des Gläubigers am Erfüllungsvorgang darstellt, kann die Nichtbefriedigung seines ursprünglichen Leistungsverhältnisses in diesem Fall eine konsensuale Zuordnung nicht mehr rechtfertigen.16 Vielmehr erfolgt die Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses wieder allein durch den Schuldner im Zeitpunkt der Zuwendung.17 Die Erfüllung einer Ersetzungsbefugnis erfolgt also gemäß § 362 Abs. 1 BGB und nicht durch Annahme an Erfüllungs Statt gemäß § 364 Abs. 1 BGB.18 11 Dubischar, JZ 1969, S. 175. Das gleiche kommt bei Larenz zum Ausdruck, wenn er darauf hinweist, die Ersatzleistung stehe der geschuldeten nach Vereinbarung einer Ersetzungsbefugnis gleich, vgl. Larenz, Schuldrecht I, § 11 III (S. 160). 12 Zu den Bestandteilen vgl. oben Erster Teil § 3 II. 2. b) aa). 13 Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 2. b). 14 MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 364 Rdnr. 2; Palandt/Heinrichs, § 364 Rdnr. 1; RGRK/Weber, § 364 Rdnr. 2; Hk-BGB/Schulze, § 364 Rdnr. 5. 15 Dubischar, JZ 1969, S. 175; Larenz, Schuldrecht I, § 11 III (S. 160). 16 Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 2. a). 17 Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 10 I (S. 42); auch Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 214 spricht von einer Leistung an Erfüllungs Statt ohne Zustimmung des Gläubigers. 18 Larenz, Schuldrecht I, § 11 III (S. 160); Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 509; Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 717; Gernhuber, Erfüllung, S. 187; Soergel/Zeiss, § 364 Rdnr. 1; RGRK/Löscher, 11. Auflage, § 362 Anm. 9; Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 11 I (S. 49); Kretschmar, Erfüllung, S. 136. Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 10 I (S. 42) spricht insoweit von einer der Zustimmung des Gläubigers nicht bedürfenden Leistung an Erfüllungs statt und damit in der Sache von einer Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB. Gleiches gilt für Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 214.

§ 4 Exkurs zum Verhältnis der Ersetzungsbefugnis

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Anschaulich könnte man sagen, dass die in der Annahme an Erfüllungs Statt enthaltenen zwei Elemente, nämlich die Vereinbarung über die Lieferung eines aliuds und die (konsensuale) Bestimmung der erlöschenden Forderung, aufgespaltet werden in die Ersetzungsbefugnis einerseits – diese enthält die Zustimmung zur aliud-Leistung – und die Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB anderseits – dies enthält die (einseitige) Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses.

III. Entsprechende Anwendbarkeit des § 365 BGB Dass es überhaupt zur Gleichsetzung von Ersetzungsbefugnis und Annahme an Erfüllungs Statt gekommen ist, liegt daran, dass man dadurch ein erwünschtes Ergebnis für ein „typisches Geschäft des Alltags“,19 dem Verkauf eines neuen Kfz unter Inzahlungnahme des Altfahrzeuges, begründen konnte.20 Wird dem Käufer eines Neuwagens das Recht eingeräumt, statt Zahlung der vollen Kaufsumme sein Altauto zu einem – meist überhöhten Preis – in Zahlung zu geben,21 handelt es sich um eine Ersetzungsbefugnis.22 Macht der Neuwagenkäufer von dieser Möglichkeit Gebrauch und weist das in Zahlung gegebene Altauto Mängel auf, die den Neuwagenverkäufer zum Rücktritt berechtigen, kommt gemäß § 346 BGB nur der Rücktritt vom ganzen Vertrag in Betracht.23 Dieses Ergebnis erschien der Rechtsprechung unbillig.24 Mit Qualifizierung der Ersetzungsbefugnis als antizipierte Leistung an Erfüllungs Statt gelangte sie stattdessen zur Anwendbarkeit des § 365 BGB. Der Verkäufer konnte dann allein hinsichtlich des Altautos nach §§ 365, 462 BGB a. F. wandeln25 und die ursprüngliche Kaufpreisforderung, soweit sie nach Zahlung des geringeren Geldbetrages 19 Pfister, MDR 1968, S. 361; Binder, NJW 2003, S. 394; BGHZ 46, 338 (341). 20 Das gleiche Problem taucht bei der Inzahlungnahme eines Altautos im Rahmen eines Leasingvertrages auf, vgl. neuerdings BGH NJW 2003, 505 ff. 21 Darin lag der eigentlich erstrebte Zweck dieser Geschäfte. Der Kunde bekommt einen „versteckten“ Rabatt; vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/1, § 42 I (S. 92); Pfister, MDR 1968, S. 364; Dubischar, JZ 1969, S. 176; BGHZ 89, 126 (131). 22 Ob nicht vielmehr in den Fällen der Inzahlungnahme ein typengemischter Vertrag mit Kauf/Tauschelementen vorliegt (vgl. die Nachweise bei Binder, NJW 2003, S. 395), soll hier nicht entschieden werden. An dieser Stelle interessiert nur das Verhältnis Ersetzungsbefugnis – Annahme an Erfüllungs Statt. 23 Vgl. Pfister, MDR 1968, S. 364. 24 Vgl. BGHZ 46, 338 (342); BGHZ 89, 126 (127 ff.). 25 Möglich war auch eine Minderung der Anrechnung gemäß §§ 365, 462 BGB a. F. um die Höhe des Minderwertes des Altautos. Diese Summe musste der Neuwagenkäufer nachbezahlen.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

noch bestand, zur Wiederentstehung gelangen lassen, während der Kaufvertrag im Übrigen fortbestand.26 Selbst wenn das Ergebnis Zustimmung verdienen mag,27 rechtfertigt es die dogmatische Gleichsetzung von Ersetzungsbefugnis und Leistung an Erfüllungs Statt aus den oben genannten Gründen nicht.28 Vielmehr lässt sich die Anwendbarkeit des § 365 Abs. 1 BGB auch anders begründen: Zwar ist § 365 BGB eine Norm, die systematisch zur Annahme an Erfüllungs Statt gehört. Allerdings beinhaltet § 364 Abs. 1 BGB zwei Elemente: die Vereinbarung einer aliud-Leistung und die konsensuale Bestimmung der erlöschenden Forderung im Zeitpunkt des Zuwendungserhalts.29 Die Vorschrift des § 365 BGB betrifft dabei nicht den Aspekt, welches Schuldverhältnis durch die Annahme an Erfüllung Statt erlischt, sondern lediglich die Folgen der aliud-Lieferung. Teleologisch erfasst § 365 BGB also nur eines der beiden Elemente des § 364 Abs. 1 BGB. Da auch die Vereinbarung einer Ersetzungsbefugnis nur die Gestattung der aliud-Lieferung beinhaltet, kann man § 365 BGB entsprechend auf die erfüllte Ersetzungsbefugnis anwenden. Einer Gleichstellung von Annahme an Erfüllung Statt mit der Ersetzungsbefugnis hätte es somit nie bedurft.

IV. Zusammenfassung Daraus ergibt sich folgendes: 1. Die Vereinbarung einer Ersetzungsbefugnis stellt keine antizipierte Annahme an Erfüllung Statt dar. Eine Annahme an Erfüllung Statt durch den Gläubiger ist vielmehr nur im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuwendungserhalts möglich. Erst dann stimmt der Gläubiger der Annahme eines aliuds als Erfüllung zu. Gleichzeitig erfolgt zwangsläufig eine konsensuale Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses. 2. Ersetzungsbefugnis und Annahme an Erfüllungs Statt sind dogmatisch unterschiedliche Institute und dürfen nicht gleichgestellt werden.30 Bei 26 BGHZ 46, 338 (342); BGHZ 89, 126 (129); OLG Karlsruhe NJW 1965, 111; Binder, NJW 2003, S. 394; Dubischar, JZ 1969, S. 177; Pfister, MDR 1968, S. 364. 27 Die Folgen nach neuem Schuldrecht sind für den Fall des mangelhaften Altautos die gleichen wie unter Geltung des alten Rechts. Anstelle der Wandlung ist gemäß §§ 365, 437 Nr. 2, 323, 346 ff. BGB lediglich der Rücktritt von der Ersetzungsbefugnis getreten, ohne dass sich im Ergebnis (Wiederaufleben der Forderung) etwas ändert. Vgl. dazu ausführlich Binder, NJW 2003, 396 f. 28 Im Ergebnis auch Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 249; Gernhuber, Erfüllung, S. 187; Pfister, MDR 68, S. 364. 29 Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 2. b) aa).

§ 4 Exkurs zum Verhältnis der Ersetzungsbefugnis

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der Ersetzungsbefugnis kann auch nach ihrer Vereinbarung mit dem ursprünglich geschuldeten Gegenstand erfüllt werden;31 bei der Annahme an Erfüllungs Statt wird nur noch das aliud als Erfüllung angenommen. 3. Die Vereinbarung einer Ersetzungsbefugnis beinhaltet zwar die Zustimmung des Gläubigers zur Lieferung eines aliuds. Die Erfüllung einer Forderung durch Wahrnehmung der Ersetzungsbefugnis geschieht demgegenüber nach § 362 Abs. 1 BGB.

30 Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 509; Larenz, Schuldrecht I, § 18 IV (S. 247); Gernhuber, Erfüllung, S. 187. 31 Larenz, Schuldrecht I, § 11 III (S. 160); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 189; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 9 Rdnr. 15.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

§ 5 Auseinandersetzung mit den Erfüllungstheorien Die Ergebnisse der vorangegangenen Kapitel gilt es nun bei der Entscheidung hinsichtlich der Notwendigkeit eines subjektiven Bestandteils der Erfüllung zu berücksichtigen. Der Streit um die Rechtsnatur der Erfüllung entzündete sich vor allem an der Bewältigung zweier Problemfelder: In erster Linie haben alle Theorien das bekannte Zuordnungsproblem im Rahmen der Erfüllung zu lösen versucht und Kriterien für die Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses gegeben.1 Als zweites gilt es aber auch, die Frage der Zulässigkeit einer Erfüllung durch und gegenüber nicht voll Geschäftsfähigen zu beantworten.2 Zwischen diesen beiden Polen muss letztlich die zutreffende Erfüllungstheorie austariert sein. Da sich die Qualität einer wissenschaftlichen Konstruktion nicht am unkomplizierten, sondern am diffizilen Fall zeigt, sollte die vorzugswürdige Theorie einen möglichst großen Bereich der Sonderkonstellationen bei der Erfüllung – etwa die Spezialfälle des erfüllenden Unterlassens, der Drittleistung oder Forderungsmehrheiten – ohne Ausnahme erklären können.3 Die Leistung an Erfüllungs Statt sowie die Leistung erfüllungshalber stellen hingegen von der Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB abweichende Ausnahmen dar, weshalb sie in keine Erfüllungstheorie integriert werden müssen.4

I. Entwicklung der Erfüllungstheorien Die unterschiedlichen Erfüllungstheorien sind das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses, welcher vor mehr als zweitausend Jahren begann und damit fast so alt ist wie die Rechtswissenschaft selbst.5 Beginnend im Römischen Recht, sich erstreckend über das Gemeine Recht dauert er bis zum heutigen Tage unter der Geltung des Bürgerlichen Gesetzbuchs an. 1. Im Römischen Recht Bereits im Römischen Recht durchlief der Begriff der „solutio“ – und damit die Voraussetzungen der Erfüllung – im Laufe der drei Perioden des römischen Rechts6 eine Entwicklung.7 Insofern kann von einer Ansicht über die Voraussetzungen der Erfüllung im Römischen Recht nicht die Rede sein. 1

Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 24; Staudinger/Olzen, Vorb. 8 zu §§ 362 ff. Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 398; Westermann, causa, S. 91. 3 Vgl. Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 92; Kretschmar, Erfüllung, S. 105. 4 Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 2. c). 5 Jackisch, JherJB 68, S. 287. 2

§ 5 Auseinandersetzung mit den Erfüllungstheorien

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Am Beginn der Entwicklung des Erfüllungsbegriffs stand im Altrömischen Recht die Vertragstheorie.8 Die „solutio“ war geprägt vom Gedanken der persönlichen Haftung des Schuldners und der Lösung aus eben dieser.9 Wird die Entlassung aus der persönlichen Haftung auch nicht von Anbeginn ein formstrenger Akt gewesen sein,10 so entwickelte sich doch die „solutio“ in der altrömischen Zeit zu einer vertraglichen Haftungslösung. Rechtsgeschäftliche, durch formalisierte Fragen und Antworten geschlossene Verpflichtungen wurden durch die formentsprechende „acceptilatio“ getilgt.11 Die „acceptilatio“ stellte einen förmlichen Schuldaufhebungsvertrag dar.12 Begleitet wurde die „acceptilatio“ von der tatsächlichen Leistungserbringung.13 Zu Beginn des Römischen Rechts war die „solutio“ mithin ein zweigliedriger, aus Zuwendung und förmlichen Schuldauflösungsvertrag bestehender Tatbestand. Die Aufspaltung der Erfüllung in einen formellen und materiellen Bestandteil zeitigte weit reichende Folgen für die Entwicklung des Solutionsbegriffes. Der Gedanke der Erfüllung als „actus contrarius“ zur Begründung der Verbalobligation14 führte dazu, dass in der Folgezeit allein der „acceptilatio“ als reinem Verbalakt schuldtilgende Wirkung zugemessen wurde. Auf die tatsächliche Leistungsbewirkung wurde hingegen verzichtet.15 Damit konnte aber nicht mehr zwischen den Akten, die der Erfüllung dienten, und dem Erlass unterschieden werden.16 Der Erlasscharakter „überwucherte“ den Erfüllungscharakter der „solutio“.17 6 Altrömisches, klassisches und nachklassisches Recht, vgl. Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 1 Rdnr. 3 ff. 7 Vgl. dazu Kretschmar, Erfüllung, S. 4 ff.; Schmidt, Erfüllung, S. 20. 8 Kretschmar, Erfüllung, S. 5; Henke, Leistung, S. 71 Fn. 4. 9 Kaser, Römisches Privatrecht I, § 148 (S. 634); Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 21; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 55; Kretschmar, Erfüllung, S. 3. 10 Kaser, Römisches Privatrecht I, § 45 (S. 171). 11 Vgl. Kretschmar, Erfüllung, S. 5; Schmidt, Erfüllung, S. 20; Kaser, Römisches Privatrecht I, § 148 (S. 634); Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 21; Jackisch, JherJB 68, S. 287. 12 Vgl. Kretschmar, Erfüllung, S. 4; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 55; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 21. 13 Vgl. Kaser, Römisches Privatrecht I, § 45 (S. 173); Kretschmar, Erfüllung, S. 6; Schmidt, Erfüllung, S. 21. 14 Kaser, Römisches Privatrecht I, § 150 II (S. 643), § 274 II 2 (S. 322). 15 Kretschmar, Erfüllung, S. 7; Schmidt, Erfüllung, S. 21. 16 Kretschmar, Erfüllung, S. 7, 11. Der Grund liegt darin, dass es den römischen Juristen weitaus mehr darauf ankam, zu klären, ob eine Obligation „ipso iure“ oder nur „ope exceptionis“ erlischt. Nur dem „ipso iure“-Akt kam nämlich prozessuale Bedeutung zu; vgl. Kretschmar, Erfüllung, S. 33 ff. 17 Kretschmar, Erfüllung, S. 7. Dies wird deutlich, wenn Gaius (Institutionen III. 169–172) die acceptilatio nur noch als Erlassmittel behandelt.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

Im Laufe der weiteren Entwicklung des Solutionsbegriffs, verbunden mit einem Aufkommen der Realkontrakte,18 wurde dann dem materiellen Kriterium der tatsächlichen Leistungsbewirkung wieder verstärkte Aufmerksamkeit zugemessen.19 Das Verständnis der „solutio“ als Lösung der schuldnerischen Haftung wurde abgelöst vom Verständnis der Erfüllung als Verwirklichung des sachlichen Schuldinhaltes.20 Die „solutio“ wurde stärker zur „obligatio“ in Verbindung gesetzt.21 Vom Extrem des allein formellen Aktes wandte man sich zugunsten der tatsächlichen Leistungserbringung als des materiellen Aktes ab und verzichtete zunehmend auf den förmlichen Schuldlösungsvertrag.22 Nachdem der altrömische, formale Begriff der „solutio“ einige Zeit neben dem materiellen Solutionsbegriff der römischen Klassik bestand,23 wurde etwa ab dem dritten Jahrhundert vor Christus24 die „solutio“ als rein tatsächliche Leistungserbringung gedeutet.25 Die Wirkung der Erfüllung trat nach ius civile (ipso iure) ein.26 Unter der Geltung des römischen Rechts wandelte sich folglich das Verständnis der Erfüllung vom haftungslösenden, förmlichen Erfüllungsvertrag hin zur obligationsverwirklichenden, formlosen Leistungserbringung durch den Schuldner.27 Die Entwicklung vollzog sich, um mit den Worten Kretschmars zu sprechen, „von der Haftungsidee zur Verpflichtungsidee“.28 2. Im Gemeinen Recht Auch im Gemeinen Recht wurde der Streit, ob und inwiefern neben der tatsächlichen Leistungserbringung ein Rechtsgeschäft Bestandteil der Erfül18

Vgl. ausführlich unten Dritter Teil § 19 I. Kretschmar, Erfüllung, S. 8. 20 Kaser, Römisches Privatrecht I, § 148 (S. 634); Kretschmar, Erfüllung, S. 8; Jackisch, JherJB 68, S. 288. 21 Schmidt, Erfüllung, S. 21; Kaser, Römisches Privatrecht I, § 148 (S. 634); Kretschmar, Erfüllung, S. 8. 22 Sohm/Mitteis/Wenger, Institutionen, § 78 (S. 479); Kaser, Römisches Privatrecht I, § 148 (S. 634). 23 Kretschmar, Erfüllung, S. 17. 24 Über den Zeitpunkt herrscht keine Einigkeit. Nach Kretschmar, Erfüllung, S. 16 begann diese Entwicklung erst im ersten Jahrhundert nach Christus. 25 Vgl 1. 176 D. de V. S. 50, 16 (Ulpian ad Sabinum): „solvere dicimus eum, qui fecit, quod facere promisit.“ Anderer Ansicht Jackisch, JherJB 68, S. 288. 26 Kaser, Römisches Privatrecht I, § 148 (S. 634); Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 55; Kretschmar, Erfüllung, S. 8. 27 Seibert, finale Leistungsbewirkung, S. 22 Fn. 2. 28 Kretschmar, Erfüllung, S. 25. 19

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lung sei, nicht entschieden.29 Überwiegend wurde jedoch die schon aus dem Römischen Recht bekannte Vertragstheorie vertreten.30 Exemplarisch sind die Ausführungen des Reichsoberhandelsgerichts: „Die solutio ist ein Rechtsgeschäft, welches die Erfüllung einer concreten Verbindlichkeit bezweckt; sie setzt also die erklärte Willensübereinstimmung des Gläubigers und des Schuldners darüber voraus, dass durch die fragliche Leistung des Schuldners eine concrete, dem Schuldner gegenüber obliegende Verbindlichkeit getilgt werden soll.“31 3. Nach Inkrafttreten des BGB Auch 100 Jahre nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist der Streit um die Rechtsnatur der Erfüllung nicht entschieden.32 Auch wenn man dies mit dem Hinweis darauf erklären kann, dass der Gesetzgeber die Lösung der Aufgabe der Wissenschaft überlassen hat, bleibt die Tatsache, dass selbst in unseren Tagen noch keine Einigkeit über die Voraussetzungen der Erfüllung besteht, angesichts der Bedeutung der Erfüllung als Beendigungsgrund für Schuldverhältnisse nur schwerlich nachvollziehbar. Am Anfang der Entwicklung seit dem 01.01.1900 stand, wie schon im römischen Recht, die Vertragstheorie. Sie war nicht nur die Theorie mit den ältesten Wurzeln,33 sondern auch im Gemeinen Recht vorherrschend. Nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches sprach sich im Jahre 1903 als erster Peter Klein in seiner Dissertation für die Geltung der Vertragstheorie auch unter der Herrschaft des § 362 Abs. 1 BGB aus.34 Ihm folgten weitere Autoren,35 weshalb die Vertragstheorie zu Anfangszeiten der Geltung des Bürgerlichen Gesetzbuches durchaus als herrschend bezeichnet werden kann. Demgegenüber entwickelten zwischen 1902 und 1904 einige Autoren die Theorie des einseitigen Erfüllungsgeschäfts.36 29

Vgl. die Nachweise in den Motiven II, S. 81. Vgl. Boehmer, Erfüllungswille, S. 35; Henrici, JherJB 32, S. 105 f.; Kümper, Natur der Erfüllung, S. 11. 31 ROHG 24, 67; vgl. auch ROHG 5, 155; ROHG 18, 260; ROHG 23, 143; ROHG 25, 133. 32 Henke, Leistung, S. 71. 33 Henke, Leistung, S. 71; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 21. 34 Klein, Die Natur der causa solvendi, S. 34 ff. 35 Vgl. die Nachweise unten Erster Teil § 5 II. 1. 36 Alexander, Natur der Erfüllung, S. 32, 41 f.; Bauer, Natur der Erfüllung, S. 91; Havenstein, Erfüllung, S. 29; in späteren Jahren noch einmal vertreten von Lutz, Rechtsnatur der Erfüllung, S. 50. 30

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

Diese Theorie erwuchs aus der Überzeugung, dass die Erfüllung nie am entgegenstehenden Willen des Gläubigers scheitern darf.37 Erfüllung war danach nicht mehr Folge eines Erfüllungsvertrags, sondern allein eines auf Erlöschen gerichteten rechtsgeschäftlichen Willens des Schuldners, mithin Willenswirkung.38 Einen entgegen gesetzten Weg verfolgte Kretschmar, der in seiner rechtshistorisch orientierten Schrift aus dem Jahre 1906 den bereits zur Endzeit des römischen Rechts erkannten Gedanken der Erfüllung als reine Verwirklichung der Obligation wieder aufgriff.39 Ihm folgte vier Jahre später Gustav Boehmer mit seiner viel beachteten Arbeit.40 Erfüllung tritt nach dieser Ansicht ein, wenn der im Schuldverhältnis fixierte Erfolg beim Gläubiger eintritt. Ein auf Erfüllung gerichteter Wille des Schuldners ist nicht erforderlich. Der Wille des Schuldners ist selbst dann unbeachtlich, wenn er mit der Zuwendung ausdrücklich einen anderen Zweck als die Schuldtilgung verfolgt.41 Trotz abweichenden Willens des Schuldners trat Erfüllung ein. Den energischen Angriffen auf ihre Lehre versuchten die Anhänger der Vertragstheorie in den zwanziger Jahren durch die Entwicklung einer „modifizierten Vertragstheorie“ zu widerstehen.42 Wirklicher Erfolg war ihr nicht beschieden, zu unattraktiv erschien eine Lehre, die zwischen rechtsgeschäftlichen und realen Leistungserfolgen unterschied.43 Die Ansätze Kretschmars und Boehmers entwickelte dagegen Karl Larenz zur Theorie der realen Leistungsbewirkung weiter. Auch er ging von der Erfüllung als objektive Folge der Leistungserbringung aus, welche ein – wie auch immer geartetes – zusätzliches Rechtsgeschäft nicht bedarf.44 Erfüllung ist danach nicht Willenswirkung, sondern Tatbestandswirkung.45 Das erlöschende Schuldverhältnis bestimmt sich allein nach den objektiven Umständen. Indes blieb nicht verborgen, dass die Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses allein aufgrund objektiver Umstände in bestimmten Konstellationen versagte.46 Diese Erkenntnis führte abermals zu einer vertraglichen Erfüllungslehre, der Zweckvereinbarungstheo37

Vgl. Gernhuber, Erfüllung, S. 106. Thomä, JZ 1962, S. 626; Schnorr von Carolsfeld, FS Lübtow, S. 676. 39 Kretschmar, Erfüllung, S. 133. 40 Boehmer, Der Erfüllungswille, München 1910. 41 So konsequent vertreten von Boehmer, Erfüllungswille, S. 82. 42 Jackisch, JherJB 68, S. 301. 43 Gernhuber, Erfüllung, S. 106; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 41. 44 Damit ist die Theorie der realen Leistungsbewirkung das genaue Gegenteil zur im römischen Recht vertretenen Theorie, Erfüllung setzte lediglich einen Erfüllungsvertrag voraus, die Leistungserbringung selbst sei hingegen nicht nötig (vgl. oben Erster Teil § 5 I. 1). 45 Boehmer, Erfüllungswille, S. 57; Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17 II (S. 279); Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 239). 46 Dazu schon oben Erster Teil § 2 II. 38

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rie.47 Im Gegensatz zur früher vertretenen Vertragstheorie einigten sich die Parteien aber nicht über die Erfüllungswirkung der Zuwendung. Vielmehr erfolgt allein die Zuordnung konsensual, wohingegen die Forderung ipso iure erlischt. Diese Zweckvereinbarungstheorie fand auch in der Rechtsprechung Anklang.48 Die jüngste Entwicklung auf dem Gebiet der Erfüllungslehren stellt die Theorie der finalen Leistungsbewirkung dar.49 Sie kombiniert die Vorzüge der Zweckvereinbarungstheorie und der Theorie der realen Leistungsbewirkung. Mit Ersterer teilt sie die Kritik an der allein objektiven Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses, mit Letzterer die Abneigung gegen die Beteiligung des Gläubigers am Erfüllungsakt. Auch nach der Theorie der finalen Leistungsbewirkung ist die Erfüllung objektive Folge der Leistungsbewirkung und damit Tatbestands- und nicht Willenswirkung. Die Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses nimmt jedoch allein der Schuldner vor. Die Theorie der finalen Leistungsbewirkung fand rasch Anhänger, nicht zuletzt, weil sie zustimmungswürdige Ansätze zweier gegensätzlicher Erfüllungstheorien zu kombinieren versucht. Heute werden sowohl die Theorie der finalen Leistungsbewirkung als auch die Theorie der realen Leistungsbewirkung gleichermaßen vertreten. Von einer herrschenden Ansicht kann deshalb nicht die Rede sein. Erstaunlicherweise fand unter der Geltung des Bürgerlichen Gesetzbuchs – wie schon im Römischen Recht – eine Entwicklung von der Vertragstheorie mit ihrem Ausgangspunkt der Haftungslösung hin zu Theorien statt, die in der Erfüllung lediglich die Verwirklichung des sachlichen Schuldinhaltes sehen. Nicht nur in der Geschichte der Philosophie wurde mithin (fast) alles zweimal – nämlich im Altertum und noch einmal in der Neuzeit – erfunden,50 sondern auch in der Geschichte der Erfüllungstheorien.

II. Kritik der Erfüllungstheorien Im Folgenden sollen die Erfüllungstheorien auf ihre Tauglichkeit überprüft werden.

47 Ehmann, JZ 1968, 549; ders., NJW 1969, 1836; Rother, AcP 169 (1969), S. 26. 48 BGHZ 50, 227 (231); BGHZ 61, 289 (293); BGHZ 87, 393 (397) und bereits früher RGZ 105, 29 (31). 49 Beuthien, Zweckerreichung, S. 169; Wieling, JZ 1977, S. 291. Der Name selbst stammt, soweit ersichtlich, von Seibert, JZ 1981, S. 385. 50 So Schwanitz, Bildung, S. 328.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

1. Vertragstheorie Die auf das Römische Recht zurückgehende Vertragstheorie war nicht nur im Gemeinen Recht,51 sondern auch in der Zeit nach dem Inkrafttreten des BGB die vorherrschende Erfüllungstheorie.52 Sie beruht im Kern auf dem Gedanken der Lösung des Schuldners aus der persönlichen Haftung.53 a) Hauptaussagen Der dogmatische Pfeiler der Vertragstheorie besteht in der Prämisse, dass der Gläubiger durch die Annahme des Leistungsgegenstandes wegen des damit verbundenen Erlöschens seiner Forderung über eben diese Forderung verfügt.54 Jede Erfüllung beinhaltet danach eine Verfügung des Gläubigers über seine Forderung. Zum Eintritt der Erfüllungswirkung ist nach der Vertragstheorie zweierlei erforderlich: Zunächst bedarf es der tatsächlichen Leistungserbringung, der Herbeiführung des geschuldeten Erfolges. Daneben ist ein Erfüllungsvertrag zwischen Gläubiger und Schuldner erforderlich, in dem sich beide Parteien über das Erlöschen der Forderung einigen.55 Das Angebot auf Abschluss des Erfüllungsvertrages geht in aller Regel vom Schuldner aus,56 wobei auch ein konkludentes Angebot für zulässig erachtet wird.57 Dieses Angebot auf Abschluss des Erfüllungsvertrages ist vom Angebot auf Abschluss des dinglichen Vollzugsgeschäfts (z. B. 51 ROHG 24, 67; ROHG 5, 155; ROHG 18, 260; ROHG 23, 143; ROHG 25, 133; aber auch RGZ 60, 24 (28). 52 Windscheid, Pandekten II, § 343 (S. 431); Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I, S. 794; Esser, Schuldrecht I, § 114 2 (S. 112); von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 82); Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 446; Henle, Bürgerliches Rechts II, § 66 (S. 368); Hellwig, Die Verträge auf Leistung an Dritte, S. 134; Klein, Die Natur der causa solvendi, S. 34 ff.; Lent, Anweisung, S. 16 ff.; von Thur, JherJB 48, S. 5 f.; Stampe, AcP 107 (1911), S. 285; Henrici, JherJB 32, S. 106; ders., JherJB 14, S. 430; Pringsheim, GruchB 53 (1909), S. 16. 53 Vgl. oben Erster Teil § 5 I. 1. 54 Enneccerus, Lehrbuch des Schuldrechts, § 284 (S. 714); von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 83); Henle, Bürgerliches Recht II, § 66 (S. 370). 55 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 82); Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 446; Lent, Anweisung, S. 17. Grund für das Erfordernis eines Vertrages ist die erwähnte Annahme einer Verfügung des Gläubigers über seine Forderung, welche seine Beteiligung im Rahmen der Erfüllung rechtfertigt. 56 Vgl. Schmidt, Erfüllung, S. 23. 57 Hellwig, Verträge auf Leistung an Dritte, S. 132; von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 84).

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der Übereignung) zu trennen.58 Während der Wille des Schuldners beim Vollzugsgeschäft auf dingliche Rechtsänderung gerichtet ist, umfasst der Wille beim Angebot auf Abschluss des Erfüllungsvertrages die Schuldtilgung als angestrebten Erfolg des schuldnerischen Handelns.59 Angenommen wird das Angebot auf Abschluss des Erfüllungsvertrages vom Gläubiger zeitgleich mit dem dinglichen Angebot.60 Erfüllung tritt ein, wenn und weil sich die Parteien auf das Erlöschen einer Forderung geeinigt haben. Die Tilgung ist Folge eines darauf gerichteten rechtsgeschäftlichen Willens. Erfüllung ist nach den Vertretern der Vertragstheorie Willenswirkung.61 Da der Gläubiger durch die Annahme der Leistung über eine Forderung verfügt, müssen sich die Parteien auch über die erlöschende Forderung geeinigt haben. Insofern geht die Vertragstheorie von einer konsensualen Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses aus.62 Mit ihrem Ausgangspunkt der Erfüllung als Verfügung des Gläubigers über die eigene Forderung und dem darauf aufbauenden Erfüllungsvertrag beantwortet die Vertragstheorie aber nicht nur die so wichtige Zuordnungsfrage, sondern schafft darüber hinaus zwischen den Beteiligten durch die Existenz des Vertrages Klarheit darüber, dass die Leistung zur Erfüllung der fraglichen Forderung geführt hat.63 b) Argumente der Vertreter Für die Richtigkeit der Vertragstheorie sollten nach Ansicht ihrer Vertreter folgende Argumente den Beweis liefern: aa) Historisches Argument So konnte man sich zu allererst auf die lange Geltungsdauer der Vertragstheorie berufen, ging man doch bereits im altrömischen Recht von der 58 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 82); Henle, Bürgerliches Recht II, § 66 (S. 371); Lent, Anweisung, S. 24; vgl. auch Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 399; Schmidt, Erfüllung, S. 23. 59 Beuthien, Zweckerreichung, S. 288. 60 Lent, Anweisung, S. 16; von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 87); vgl. auch Schmidt, Erfüllung, S. 25; Hagmann-Lauterbach, Finale Leistungsbewirkung, S. 56. 61 Schmidt, Erfüllung, S. 24. 62 ROHG 24, 67; von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 82). Davon geht auch Schmidt, Erfüllung, S. 23 aus, wenn er betont, der Erfüllungsvertrag setze das Vollzugsgeschäft zum Verpflichtungsgeschäft in Beziehung. 63 Henke, Leistung, S. 72.

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Vertragsnatur der Erfüllung aus. Da auch im Gemeinen Recht die Vorstellung des Erfüllungsvertrages als gesichertes Wissen galt, behauptete sich die Vertragstheorie über einen Zeitraum von mehr als 2000 Jahren. Dieser Umstand sprach für ihre Richtigkeit, erscheint doch eine Theorie umso gesicherter, je besser sie allen Angriffen widerstanden hat, sie zu widerlegen.64 bb) Wortlautargument Der Wortlaut diverser Vorschriften des BGB scheint von der Notwendigkeit eines Erfüllungsvertrages auszugehen. So spricht etwa der Wortlaut des § 362 Abs. 2 BGB mit seinem Verweis auf § 185 BGB dafür, dass die Erfüllung eine Verfügung des berechtigten Gläubigers über seine Forderung ist.65 Der Verfügungscharakter der Leistung zeige sich weiterhin an den §§ 407, 408, 816 Abs. 2 BGB.66 Auch der Wortlaut des § 364 Abs. 1 BGB wurde für das Erfordernis eines Erfüllungsvertrages herangezogen.67 Liest man überdies den § 363 BGB unvoreingenommen, scheint auch dort eine vertragliche Erfüllung festgeschrieben zu sein („Hat der Gläubiger eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen, …“).68 Schließlich werden die Vorschriften der §§ 1812, 1813 BGB als Beleg für den Verfügungscharakter der Erfüllung angeführt.69 So wird in § 1812 BGB die Notwendigkeit der Zustimmung des Vormundschaftsgerichtes bei bestimmten Verfügungen des Vormundes über Forderungen des Mündels angeordnet. In § 1813 BGB wird dann für die Annahme der Leistung als Erfüllung eine Ausnahme von der generellen Notwendigkeit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung bei Verfügungen über die Forderungen gemacht. Insoweit sei § 1813 BGB zu entnehmen, dass die Annahme einer Leistung als Erfüllung eine Verfügung über die Forderung darstellt.70

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Larenz, Methodenlehre des Rechts, S. 451. Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 449; Klein, Natur der causa solvendi, S. 35; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 60 (S. 253 Fn. 10). 66 Vgl. Boehmer, Erfüllungswille, S. 57. 67 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 83); Fikentscher, Schuldrecht Rdnr. 270; Klein, Natur der causa solvendi, S. 40. 68 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 449, Schmidt, Erfüllung, S. 43; Klein, Natur der causa solvendi, S. 37; Jackisch, JherJB 68, 296; Lent, Anweisung, S. 20; Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I, S. 795 Fn. 8. 69 Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I, S. 795 Fn. 8. 70 Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I, S. 795 Fn. 8; Klein, Natur der causa solvendi, S. 42. 65

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cc) Verwirklichung des Minderjährigenschutzes Für die Vertragstheorie spricht weiterhin, dass der Schutz nicht voll geschäftsfähiger Gläubiger bei der Erfüllung dogmatisch sauber konstruiert werden kann.71 Die Annahme als Erfüllung stellt eine Verfügung über eine eigene Forderung dar. Eine solche – zum Erlöschen der Forderung führende – Verfügung ist niemals rechtlich vorteilhaft, weshalb die Annahme des rechtsgeschäftlichen Erfüllungsvertrages selbst beschränkt geschäftsfähigen Gläubigern gemäß § 107 Abs. 1 BGB ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nicht möglich ist.72 Eine schuldbefreiende Leistung an nicht voll Geschäftsfähige kann es demnach nicht geben.73 Bei nicht geschäftsfähigen Schuldnern ist indes zu differenzieren: Geschäftsunfähige können gemäß §§ 104 Nr. 1, 105 Abs. 1 BGB die auf Abschluss des Erfüllungsvertrages gerichteten Willenserklärungen nicht wirksam abgeben, weshalb sie weder tatsächliche noch rechtsgeschäftliche Leistungen dem Gläubiger gegenüber erfüllend erbringen können.74 Für beschränkt geschäftsfähige Schuldner hingegen stellt das Erlöschen der ihnen obliegenden Verbindlichkeit einen lediglich rechtlichen Vorteil dar.75 Der Abschluss des Erfüllungsvertrages ist ihnen deshalb möglich. Indes können sie gemäß § 107 Abs. 1 BGB diejenigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen nicht abgeben, die notwendiger Bestandteil des dinglichen Erfüllungsgeschäftes sind.76 So ist ihnen eine Eigentumsübertragung oder -belastung nicht möglich. Rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten können sie somit ebenfalls nicht erfüllen. Die Erfüllung durch tatsächliche Leistungserbringung war ihnen gemäß §§ 107, 131 Abs. 2 S. 2 BGB hingegen möglich.77 71 Lent, Anweisung, S. 29 ff.; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 42; von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 83); Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 60 (S. 253 Fn. 10); Westermann, causa, S. 91; Schmidt, Erfüllung, S. 29. Die Theorie der realen Leistungsbewirkung benötigt hingegen die gesetzlich nicht erwähnte Empfangszuständigkeit, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen; vgl. unten Erster Teil § 6 II. 8. a) bb) (2). 72 Die zum Eigentumserwerb benötigte Willenserklärung ist demgegenüber gemäß § 107 BGB wirksam. Der beschränkt geschäftsfähige Gläubiger erwirbt Eigentum, ohne dass Erfüllung eintritt und er seine Forderung verliert. 73 Krawielicki, Grundlagen, S. 122; von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 83); Enneccerus, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, § 283 (S. 714). 74 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 59. 75 Lent, Anweisung, S. 33; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 60; Schmidt, Erfüllung, S. 30. 76 Stellt doch der Verlust oder die Belastung des Eigentums einen rechtlichen Nachteil dar. 77 Jackisch, JherJB 68, S. 289; Schmidt, Erfüllung, S. 30; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 61.

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dd) Notwendigkeit der Vermögensöffnung Die Notwendigkeit der Annahme des Angebots auf Abschluss eines Erfüllungsvertrags soll sich zudem aus dem Umstand ergeben, dass der Gläubiger sein gegen Dritte geschlossenes Vermögen für den Schuldner erst öffnen müsse.78 Dafür sei aber ein entsprechender Annahmewille erforderlich. Nach der mit dem Annahmewillen verbundenen Vermögensöffnung ist die Mehrung des Gläubigervermögens durch den Dritten möglich. c) Kritik der Vertragstheorie Die Argumente für die Vertragstheorie überzeugen letzten Endes nicht. aa) Ungeeignetheit des historischen Arguments Es muss im Gegenteil festgestellt werden, dass bereits in der römischen Klassik die Vertragsnatur der Erfüllung überwunden war.79 Sie beruht auf dem überkommenen Ausgangspunkt der Lösung des Schuldners aus persönlicher Haftung. Heutzutage wird die Erfüllung zu Recht als bloße Verwirklichung der Obligation verstanden. Angesichts des überholten Ausgangspunktes kann der Historie kein Argument für die Vertragstheorie entnommen werden. Stattdessen spricht die Geschichte eher gegen einen Erfüllungsvertrag.80 bb) Untauglichkeit der Wortlautargumente Die ausführliche Darstellung der Entstehungsgeschichte des § 362 BGB hat gezeigt, dass der Gesetzgeber den bereits zur damaligen Zeit schwelenden Streit über die Rechtsnatur der Erfüllung nicht entscheiden wollte und deshalb bewusst einen neutralen Wortlaut gewählt hat.81 Angesichts dieser Entscheidung kann der Wortlaut des § 362 Abs. 1 BGB nicht zur Begründung einer der Erfüllungstheorien herangezogen werden.82 78

Klein, Natur der causa solvendi, S. 47; Kohler, JherJB 17, S. 263. Vgl. oben Erster Teil § 5 I. 1. 80 Kretschmar, Erfüllung, S. 25. 81 Vgl. oben Erster Teil § 1 III. 82 Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 32; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 53; Gernhuber, Erfüllung, S. 104. Ohne jede Überzeugungskraft ist deshalb auch die Bemerkung Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 402, das Wort „bewirken“ zeige, dass § 362 Abs. 1 BGB lediglich eine tatsächliche Handlung verlangt, die Vertragstheorie schon deshalb abzulehnen sei. Auch Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 23, will dem Wortlaut zumindest die Ablehnung der Vertragstheorie entnehmen. 79

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Über diese generelle Ablehnung hinaus sind jedoch auch die einzelnen, zur Begründung der Vertragstheorie aufgeführten Vorschriften nicht aussagekräftig. Der in § 362 Abs. 2 BGB enthaltene Verweis auf § 185 BGB zeigt nicht, dass über eine Forderung verfügt wird, sondern vielmehr, dass auch an Dritte erfüllend geleistet werden kann, sofern der Gläubiger dies bestimmt. Wäre die Erfüllung tatsächlich eine Verfügung, hätte es des Verweises auf § 185 BGB im Gegenteil schon nicht bedurft.83 Er ist vielmehr notwendig, weil eine von der normalen Erfüllung abweichende Situation – Erbringung des Leistungsgegenstandes nicht an den Gläubiger – vorliegt. Diese Ausnahme kann aber nicht auf den Normalfall übernommen werden.84 Gegen die §§ 407 Abs. 1, 816 Abs. 2 BGB als gesetzliche Normierung des Verfügungscharakters spricht das Argument der obsoleten Norm. Stellte nämlich die Entgegennahme der Zuwendung als Erfüllung eine Verfügung über eine Forderung dar, erfasste bereits § 816 Abs. 1 BGB diesen Vorgang. Die Vorschrift des § 816 Abs. 2 BGB wäre insoweit überflüssig.85 § 1813 BGB wiederum lässt sich statt einer Einschränkung des § 1812 BGB auch als dessen Ergänzung verstehen.86 Dann regelte § 1813 BGB aber keine Ausnahme bei bestimmten Verfügungen mehr.87 Zuletzt kann auch § 363 BGB kein Argument entnommen werden.88 § 363 BGB regelt lediglich die Beweislast der Erfüllung.89 Durch § 363 BGB wird die grundsätzlich dem Schuldner obliegende Beweislast für die erfolgte Erfüllung auf den Gläubiger übertragen, wenn dieser den Leistungsgegenstand angenommen hat. Es wird dann vermutet, dass ordnungsgemäß erfüllt wurde, also dass überhaupt und der vereinbarte Leistungsgegenstand erbracht wurde.90 Aus den Ausführungen zur Annahme an Erfüllungs Statt ergibt sich, dass die vertragliche Zuordnung nicht auf die Fälle der Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB übertragen werden kann. Die unterschiedliche Situation hinsichtlich der Befriedigung des Gläubigerinteresses verbietet dies. § 364 Abs. 1 BGB ist, wie schon erwähnt, eine nicht verallgemeinerungsfähige Ausnahmevorschrift in der Erfüllungslehre.91 83

Soergel/Zeiss, § 362 Rdnr. 5. Boehmer, Erfüllungswille, S. 57. 85 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 96). 86 Welker, Zweckverfehlung, S. 61. 87 Schmidt, Erfüllung, S. 66; Harder, JuS 1977, S. 150; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 12; Kümper, Natur der Erfüllung, S. 22. 88 Schmidt, Erfüllung, S. 28. Dies gibt freilich auch Lent, Anweisung, S. 21 zu. 89 Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 391; Palandt/Heinrichs, § 363 Rdnr. 3; Staudinger/Olzen, § 363 Rdnr. 1; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 54; Kümper, Natur der Erfüllung, S. 24; Alexander, Natur der Erfüllung, S. 59. 90 Hk-BGB/Schulze, § 363 Rdnr. 1; Palandt/Heinrichs, § 363 Rdnr. 2; Jauernig/ Stürner, § 363 Rdnr. 1. 91 Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 2. c). 84

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

Vielmehr scheitert die Vertragstheorie selbst am Wortlaut des Gesetzes. Mit ihrer Prämisse von einer grundsätzlich konsensualen Bestimmung der erlöschenden Forderung bei jeder Erfüllung ist sie mit dem insofern eindeutigen Wortlaut des § 366 Abs. 1 BGB nicht in Einklang zu bringen.92 Hier einen Erfüllungsvertrag zu konstruieren, widerspräche dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers.93 cc) Keine Notwendigkeit der Vermögensöffnung Die Behauptung, das Einverständnis des Gläubigers sei schon deshalb erforderlich, weil er zuerst sein gegen Dritte abgeschlossenes Vermögen öffnen muss, übersieht die Wertung der §§ 946 ff. BGB. Werden etwa gemäß § 948 Abs. 1 BGB zwei Sachen dergestalt vermischt, dass eine als die Hauptsache anzusehen ist (§ 947 Abs. 2 BGB), erwirbt der Eigentümer der Hauptsache das Eigentum an der anderen Sache auch dann, wenn er von der Vermischung nichts weiß oder diese nicht wollte. Das offenbart, dass Dritte auch ohne die vorherige ausdrückliche Öffnung fremden Vermögens durch den Inhaber auf dieses einwirken können.94 Außerdem hat Boehmer zutreffend darauf hingewiesen, dass beim Abschluss eines rechtgeschäftlichen Schuldverhältnisses die Vertragspartner bereits zu diesem Zeitpunkt ihre Vermögen für die Zuwendung des anderen öffnen.95 Die spätere Leistung des Schuldners überrascht den Gläubiger nicht, sondern wird von diesem erwartet. Es bedarf deshalb keiner weiteren Öffnung seines Vermögens durch den Gläubiger. dd) Benachteiligung Geschäftsunfähiger Die Vertragstheorie kann zwar für sich in Anspruch nehmen, bei der Erfüllung durch und gegenüber nicht voll Geschäftsfähigen zu konstruktiv klaren Aussagen zu gelangen. Dennoch stellt sich die Frage, ob die mit ihr erzielten Ergebnisse tatsächlich dem Minderjährigenschutz dienen. Können nämlich beschränkt geschäftsfähige Schuldner zumindest bei Realleistungen die Erfüllung herbeiführen, scheitern geschäftsunfähige Schuldner immer an der Unfähigkeit, den Erfüllungsvertrag zu schließen. Sie sind selbst nach erfolgter Zuwendung mangels Erfüllungseintritts zur erneuten Leistungsvornahme verpflichtet. Zwar steht ihnen gegen die erneute Geltendmachung 92

Dazu ausführlich unten Erster Teil § 5 II. 1. c) hh). Motive II, S. 86. 94 Schmidt, Erfüllung, S. 38; im Ergebnis ebenso Kretschmar, Erfüllung, S. 115 f. 95 Boehmer, Erfüllungswille, S. 47. 93

§ 5 Auseinandersetzung mit den Erfüllungstheorien

147

des Anspruchs durch den Gläubiger die Aufrechnung mit einem Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB oder zumindest ein Zurückbehaltungsrecht zu.96 Gleichwohl werden geschäftsunfähige Schuldner gegenüber beschränkt geschäftsfähigen Schuldnern bei Realleistungen benachteiligt.97 Vorzuwerfen ist der Vertragstheorie, dass sie ihre Ergebnisse in Bezug auf die nicht voll Geschäftsfähigen keiner Kontrolle hinsichtlich der Interessengerechtigkeit unterzieht, wobei diese Kontrolle auch die Bereicherungsansprüche mit umfassen muss. Beachtet man nämlich den durch diese Arbeit gewählten Ansatz, wonach der eventuell notwendige Erfüllungsvertrag ein Bestandteil der Leistung selbst darstellt,98 stünde dem geschäftsunfähigen Schuldner mangels wirksamen Erfüllungsvertrags lediglich eine Nichtleistungskondiktion zu.99 Die Vorteile der Leistungskondiktion100 als funktionelles Synallagma der Rückabwicklung blieben ihm damit verschlossen. Auch darin liegt – auf den ersten Blick101 – eine mit dem erstrebten Minderjährigenschutz nicht zu vereinbarende Schlechterstellung des Geschäftsunfähigen. Dann aber widerspricht die Vertragstheorie nicht nur dem bezweckten Minderjährigenschutz, sondern ist aus methodologischer Sicht wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz abzulehnen.102 ee) Schwierigkeiten bei der Bewältigung realer Leistungsvorgänge Der größte Schwachpunkt der Vertragstheorie besteht jedoch in der Erklärung des Erfüllungseintritts bei Realleistungen in Abwesenheit des Gläubigers.103 Zwar lässt sich in diesen Fällen das konkludente Angebot des Schuldners auf Abschluss des Erfüllungsvertrages konstruieren. Schwierigkei96

Lent, Anweisung, S. 30; Schmidt, Erfüllung, S. 32. Schmidt, Erfüllung, S. 31. 98 Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 2. d). 99 So auch Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 17 III (S. 607); Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 386; Wieling, JuS 1978, S. 802. 100 Insbesondere nach der Rechtsprechung die Anwendbarkeit der Saldotheorie zu seinen Gunsten, vgl. BGHZ 53, 144 (145); BGHZ 57, 137 (147); dagegen geht der Großteil der Literatur von der modifizierten Zweikondiktionentheorie aus; vgl. Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 14 III (S. 137 f.) sowie § 16 V (S. 180 ff.); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 17 III c) (S. 599 ff.). 101 Vgl. aber unten Erster Teil § 6 II. 8. b). 102 Zum Gleichheitsgrundsatz vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre des Rechts, Studienausgabe, S. 279. 103 MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 12; Staudinger/Olzen, Vorb. 14 zu §§ 362 ff.; Gernhuber, Erfüllung, S. 106; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 58; Boehmer, Erfüllungswille, S. 56; Alexander, Natur der Erfüllung, S. 52; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 35. 97

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

ten bereitet aber der Zugang dieses Angebotes beim Gläubiger. Gänzlich unmöglich erscheint es, eine entsprechende Annahmeerklärung zu begründen. Das Zugangsproblem „lösten“ einige Vertreter der Vertragstheorie, indem sie einen Verzicht des Gläubigers auf den Zugang des Angebots gemäß § 151 S. 1 2. Alt. BGB annahmen.104 Dagegen ist folgendes zu bemerken: Der Erfüllungsvertrag beinhaltet die für die Erfüllung notwendige Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses. Verzichtet der Gläubiger auf den Zugang des Angebots auf Abschluss eines Erfüllungsvertrages, geht ihm auch das Angebot hinsichtlich des erlöschenden Schuldverhältnisses nicht zu. Unabhängig von der Frage, wie über das erlöschende Schuldverhältnis Konsens hergestellt werden soll und ob eine Beteiligung des Gläubigers überhaupt interessengerecht ist,105 muss der Gläubiger wenigstens von der Zuordnung erfahren, hat er doch ein essentielles Interesse an der Kenntnis des erlöschenden Schuldverhältnisses. Verzichtet man auf den Zugang, stellt sich die Frage, wie der Gläubiger dann von der Zuordnung und damit von der erlöschenden Forderung erfahren soll. Aus diesem Grund wird der Gläubiger nicht auf den Zugang des Angebotes auf Abschluss des Erfüllungsvertrages verzichten.106 Gänzlich scheiterte die Vertragstheorie am Versuch, eine Annahme des Erfüllungsvertrags durch den Gläubiger im Falle seiner Abwesenheit zu konstruieren. Man half sich mit einer Vordatierung des Erfüllungsvertrags auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts:107 Bereits bei Abschluss des Verpflichtungsvertrags gibt der Gläubiger auch das Angebot auf Abschluss des Erfüllungsvertrags ab,108 welches der Schuldner im Zeitpunkt der Zuwendungserbringung annimmt. Eine solche Vordatierung wäre jedoch bei gesetzlichen Schuldverhältnissen mangels vorherigen Verpflichtungsgeschäfts nicht realisierbar.109 Der Anwendungsbereich dieser Konstruktion wäre somit auf rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse beschränkt.110 Das Zustandekommen eines Erfüllungsvertrags bei gesetzlichen Schuldverhältnissen bleibt ungeklärt. Darüber hinaus müsste man dem Gläubiger widersprüchliches Verhalten bei Abschluss des Verpflichtungsvertrags attestieren.111 Er würde nämlich einerseits die Entstehung der Verpflichtung 104

Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 448; Lent, Anweisung, S. 41. Dazu zugleich unter Erster Teil § 5 II. 1. c) gg). 106 Ebenso Schmidt, Erfüllung, S. 27. 107 Klein, Natur der causa solvendi, S. 52; Lent, Anweisung, S. 40; Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 447. 108 Lent, Anweisung, S. 40; Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 447. 109 Schmidt, Erfüllung, S. 36. 110 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 94. 111 Schmidt, Erfüllung, S. 34. 105

§ 5 Auseinandersetzung mit den Erfüllungstheorien

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und anderseits die Aufhebung derselben wollen.112 Gegen eine Vordatierung wird weiterhin eingewandt, dass der Gläubiger einer Gattungsschuld wohl kaum einer noch nicht individualisierten Leistung zustimmen wird.113 Schließlich ließe sich die Vordatierung des Erfüllungsvertrags bei jedem vertraglichen Schuldverhältnis konstruieren.114 Warum aber soll bei Schuldverhältnissen mit rechtsgeschäftlichem Leistungsinhalt der Erfüllungsvertrag erst im Zeitpunkt der Zuwendung erfolgen und nicht bereits bei Abschluss des Verpflichtungsvertrags? Die Konstruktion einer antizipierten Annahme führt in letzter Konsequenz den Erfüllungsvertrag selbst ad absurdum und geradewegs zum einseitigen Bestimmungsrecht des Schuldners.115 ff) Verstoß gegen das Trennungsprinzip Der Vertragstheorie ist auch ein Verstoß gegen das Trennungsprinzip vorzuwerfen. Zwar gingen ihre Vertreter grundsätzlich davon aus, dass der Erfüllungsvertrag sowohl vom dinglichen Erfüllungsgeschäft als auch vom Verpflichtungsgeschäft unabhängig ist und neben das eigentliche Vollzugsgeschäft tritt.116 Der Erfüllungsvertrag setzt lediglich das Vollzugsgeschäft zum Verpflichtungsgeschäft in Beziehung.117 Trotz dieses Ausgangspunktes lehnten aber die Vertreter der Vertragstheorie die Wirksamkeit des dinglichen Rechtsübergangs ab, wenn der Erfüllungsvertrag unter Dissens leidet.118 Damit wäre das dingliche Rechtsgeschäft vom Erfüllungsvertrag abhängig. Soll aber das dingliche Geschäft inhaltlich zweckfrei sein,119 damit keine Unklarheiten über die bestehende Güterzuordnung aufkommen können,120 liegt in der Abhängigkeit des Verfügungsgeschäfts vom Zustandekommen 112 Das hat auch Lent, Anweisung, S. 19 (erstaunlicherweise nur für den Schuldner) erkannt. Deshalb sollte dessen Annahme des Erfüllungsvertrages nicht zeitgleich mit dem Verpflichtungsgeschäft erfolgen, sondern erst im Zeitpunkt der Leistungserbringung geschehen. Gleiches muss indes auch für den Gläubiger gelten. 113 Boehmer, Erfüllungswille, S. 57. 114 Schmidt, Erfüllung, S. 34. 115 Gernhuber, Erfüllung, S. 106; Schmidt, Erfüllung, S. 35; Lent, Anweisung, S. 28; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 35. 116 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 82); Henle, Bürgerliches Recht II, § 66 (S. 371); vgl. auch Schmidt, Erfüllung, S. 23. 117 Schmidt, Erfüllung, S. 23. 118 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 87 a. E.); Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 48; Henle, Bürgerliches Recht II, § 66 (S. 368). 119 „Inhaltliche Abstraktion“, vgl. Jahr, ZZS 80, S. 150; ders., AcP 168 (1968), S. 30; Beuthien, Zweckerreichung, S. 286 Fn. 21. 120 Flume, Rechtsgeschäft, § 12 III 3 (S. 176); Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 226.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

des Erfüllungsvertrags ein Verstoß gegen das Trennungs- und Abstraktionsprinzip.121 gg) Ablehnung einer konsensualen Zuordnung Mit der Vertragstheorie geht zwangsläufig eine grundsätzlich konsensuale Bestimmung der erlöschenden Forderung einher. Eine vertragliche Zuordnung ist, wie im vorherigen Kapitel gesehen, zwar möglich.122 Mit den Interessen der Beteiligten einer Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB ist eine vertragliche Zuordnung als Standardfall jedoch nicht in Einklang zu bringen. Vor allem die Möglichkeit des Gläubigers, zwar die Zuwendung, nicht aber das Angebot auf Abschluss des Erfüllungsvertrages anzunehmen, würde den Schuldner nach Herbeiführung des geschuldeten Erfolges unzulässigerweise von der Mitwirkung des Gläubigers abhängig machen.123 Die Schuldtilgung wäre nicht mehr als ein „Gnadenakt“ des Gläubigers.124 Gerade die Möglichkeit der Verweigerung des Erfüllungsvertrages ist der Vertragstheorie aber konstruktionsbedingt immanent. Dies suchten ihre Vertreter mit dem Hinweis auf eine unbeachtliche protestatio facto contraria zu umgehen.125 Der Wille des Gläubigers, auch den Erfüllungsvertrag abzuschließen, würde in der Annahme des Zuwendungsgeschäftes sichtbar.126 Eine verbale Ablehnung des Angebotes sei deshalb unbeachtlich.127 Diese Konstruktion versagt indes bei realen Leistungshandlungen, die einer Mitwirkung des Gläubigers nicht bedürfen, fehlt es doch an Handlungen, welchen ein bestehender Annahmewille im Wege der Auslegung entnommen werden kann.128 Zudem trifft letzten Endes auf das protestatio-Argument zu, was bereits für die Bewältigung realer Leistungsvorgänge galt: Wird die Ablehnung des Erfüllungsvertrages seitens des Gläubigers für unbeachtlich erklärt, kommt man bei jedem Zuwendungserhalt zu einer Zustimmung. Dann aber ist die Mitwirkung des Gläubigers generell nicht erforderlich, was zu einem einseitigen Bestimmungsrecht des Schuldners führt.129 121

Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 97); Harder, datio in solutum, S. 154; Beuthien, Zweckerreichung, S. 287. 122 Vgl. oben Erster Teil § 3 III. 123 Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 1. 124 Boehmer, Erfüllungswille, S. 62; Kretschmar, Erfüllung, S. 117. 125 Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 60 (S. 250); Struckmann, JherJb 15, 256; Henrici, JherJB 32, S. 106; Rother, AcP 169 (1969), S. 32 Fn. 82. 126 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 87); Lent, Anweisung, S. 42; Rother, AcP 169 (1969), S. 32; Kretschmar, Erfüllung, S. 38. 127 Kretschmar, Erfüllung, S. 109. 128 Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 34.

§ 5 Auseinandersetzung mit den Erfüllungstheorien

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Andere Autoren sahen in der Ablehnung des Gläubigers nur ein Annahmeverzug begründendes Handeln mit den Folgen der §§ 293 ff. BGB.130 Auch diesem Ansatz ist nicht zu folgen. Die §§ 293 ff. BGB erfassen lediglich das Unterlassen einer tatsächlichen Mitwirkungshandlung.131 Die Vertragstheorie will die Normen demgegenüber auf das Unterlassen der Abgabe einer Willenserklärung anwenden. In diesem Fall besteht schon die Möglichkeit der Hinterlegung des Leistungsgegenstandes durch den Schuldner aufgrund des Annahmeverzuges nach § 372 Abs. 1 BGB nicht, befindet sich der Gegenstand doch bereits im Gläubigervermögen.132 Insoweit wären die Normen über den Annahmeverzug lediglich analog anwendbar.133 Voraussetzung dafür ist eine vergleichbare Interessenlage. Diese liegt nicht vor: Die Annahme der tatsächlichen Leistung stellt nach der gesetzlichen Intention der §§ 293 ff. BGB nur eine Obliegenheit dar.134 Demgegenüber kann die Annahme des Erfüllungsvertrages nicht lediglich eine Obliegenheit des Gläubigers sein, hätte der Schuldner anderenfalls keinen Anspruch auf Abschluss des Erfüllungsvertrages, mithin auf Lösung von seiner Schuld, obwohl der Gläubiger den Leistungsgegenstand bereits erhalten hat.135 Ein derartiges Ergebnis wäre unhaltbar. Und aus einem weiteren Grund ist die vorliegende Interessenlage nicht mit der durch §§ 293 ff. BGB erfassten Interessenlage vergleichbar: Beim Annahmeverzug befindet sich die geschuldete Zuwendung noch im Vermögen des Schuldners. Eine, wenn auch privilegierte,136 Haftung des Schuldners für die Verschlechterung oder den Untergang des Leistungsgegenstandes ist dort angemessen. Wendete man die fraglichen Vorschriften auch auf den Fall des verweigerten Erfüllungsvertrags an, zöge dies eine Haftung des Schuldners für den Leistungsgegenstand nach sich, obwohl dieser sich bereits in der Vermögenssphäre des Gläubigers befindet.137 Das widerspricht dem Grundsatz „casus sentit dominus“. Die Annahmever129

Schmidt, Erfüllung, S. 37; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 27. von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 88) Fn. 160; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 270. 131 Larenz, Schuldrecht I, § 25 (S. 388); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 427; Jauernig/Stadler, § 293 Rdnr. 3; Schmidt, Erfüllungswille, S. 39; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 36; Boehmer, Erfüllungswille, S. 60. 132 Boehmer, Erfüllungswille, S. 60; Bülow, JuS 1991, S. 530; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 27. 133 Barnstedt, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 36; Schmidt, Erfüllungswille, S. 39. 134 Larenz, Schuldrecht I, § 25 I (S. 389); Palandt/Heinrichs, § 293 Rdnr. 1; Jauernig/Stadler, § 293 Rdnr. 2. Sollte die Annahme zur Pflicht aufgewertet worden sein, greifen die §§ 284 ff. BGB. 135 Schmidt, Erfüllung, S. 40; Boehmer, Erfüllungswille, S. 63. 136 Vgl. § 300 Abs. 1 BGB. 137 Bülow, JuS 1991, S. 530; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 27. 130

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

zugsvorschriften sind nach Sinn und Zweck nicht analog bei Ablehnung des Erfüllungsvertrages anwendbar.138 hh) Schwierigkeiten der Erklärung des § 366 BGB Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass sich die Vertragstheorie nicht mit dem Wortlaut des § 366 Abs. 1 BGB vereinbaren lässt.139 Dennoch gab es etliche Versuche, auch diese Vorschrift in die Vertragstheorie zu integrieren.140 Am weitesten vom Wortlaut der Norm entfernten sich Kress und Klein. Trotz der expliziten Berechtigung des Schuldners durch § 366 Abs. 1 BGB waren sie der Ansicht, dass auch aus dieser Vorschrift kein einseitiges Bestimmungsrecht für den Schuldner folgt.141 Vielmehr stelle die Norm nur klar, dass der Gläubiger bei Nichtannahme des schuldnerischen Zuordnungsangebots in Annahmeverzug gerät.142 Eine derartige Deutung des § 366 Abs. 1 BGB widerspricht nicht nur dem Wortlaut, sondern auch dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers.143 Daneben hat sich schon die Untauglichkeit des Annahmeverzugsarguments gezeigt.144 Letzten Endes soll die Anwendung der §§ 293 ff. BGB im Rahmen des § 366 Abs. 1 BGB doch nur erreichen, dass der Schuldner seine Zuordnung durchsetzt.145 Dieses Ergebnis folgt jedoch bereits aus dem Wortlaut, ohne dass es des Umweges über die §§ 293 ff. BGB bedarf. Die Deutung einer Norm entgegen ihres Wortlauts, um letzten Endes zum gleichen Ergebnis wie der Wortlaut zu gelangen, ist aus methodologischer Sicht abzulehnen.146 Hingegen deuteten Lent und Matthiass den Inhalt des § 366 Abs. 1 BGB in folgender Weise: Die Bestimmung der erlöschenden Forderung 138 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 95; Bülow, JuS 1991, S. 530. 139 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 97); MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 12; Alexander, Natur der Erfüllung, S. 66; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 34; Gernhuber, Erfüllung, S. 105; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 28; Wieling, JuS 1978, S. 802. 140 Vgl. Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 95: „… erweisen sich die Vertreter der Vertragstheorien zuweilen als Konstruktionskünstler.“ 141 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 448 Fn. 3; Klein, Natur der causa solvendi, S. 27. Im Ergebnis ebenso Henrici, JherJB 32, S. 110. 142 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 448 Fn. 3; Klein, Natur der causa solvendi, S. 40, ebenso Pringsheim, GruchB 53 (1909), S. 15. 143 Motive II, S. 86. 144 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. c) gg). 145 Schmidt, Erfüllung, S. 84. 146 Pawlowski, Methodenlehre, Rdnr. 512.

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durch den Schuldner ist angesichts des § 366 Abs. 2 BGB überhaupt nicht Bestandteil des Erfüllungsvertrages.147 Im Erfüllungsvertrag wird sich lediglich darüber geeinigt, dass die Zuwendung generell der Schuldtilgung dient.148 Dazu kann auf das an früherer Stelle zu den Erfüllungssurrogaten Gesagte verwiesen werden: Der Gläubiger wird der Annahme des Erfüllungsvertrages nicht zustimmen, wenn er die erlöschende Forderung nicht kennt.149 Diese Bedenken erkennt auch Lent. Jedoch zeigte die Existenz des § 366 Abs. 2 BGB seiner Meinung nach, dass die grundsätzliche Einigung über die Schuldtilgung als solche ausreichend und keinesfalls unbestimmt ist, lässt sich die erlöschende Forderung in diesen Fällen doch § 366 Abs. 2 BGB entnehmen.150 Danach wäre Inhalt des Erfüllungsvertrages lediglich die Einigung über die causa solvendi, das erlöschende Schuldverhältnis ergäbe sich demgegenüber aus § 366 Abs. 2 BGB. Eine derartige Deutung des Erfüllungsvertrages widerspricht indes der selbst aufgestellten Prämisse, der Gläubiger verfüge durch die Annahme über seine Forderung. Sieht man nämlich die genaue Bestimmung der Forderung nicht als Bestandteil des Erfüllungsvertrages an, bliebe das Verfügungsobjekt selbst unbestimmt.151 Der Gläubiger wüsste nicht, worüber er verfügt. Ein Erfüllungsvertrag solch reduzierten Inhalts ist als zu unbestimmt abzulehnen.152 Die konsensuale Bestimmung der erlöschenden Forderung muss entgegen Lent wesentlicher Bestandteil des Erfüllungsvertrages sein. Damit bleibt festzustellen, dass § 366 Abs. 1 BGB ein Fremdkörper im Rahmen der Vertragstheorie ist,153 ebenso wie § 366 Abs. 2 BGB. Wird dort vom Fehlen einer Tilgungsbestimmung des Schuldners ausgegangen, fehlte es am Angebot des Schuldners auf Abschluss des Erfüllungsvertrages. Wenn dennoch die durch § 366 Abs. 2 BGB bestimmte Forderung erlischt, lässt sich das mit dem Erfordernis eines Erfüllungsvertrages nicht vereinbaren.154 147 Lent, Anweisung, S. 22; Matthias, Lehrbuch des Bürgerlichen Recht I, § 92 G (S. 423). 148 Lent, Anweisung, S. 22; von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 83). In abgewandelter Form vertreten von Welker, Zweckverfehlung, S. 67: Der Tilgungszweck stehe schon fest, wenn nur ein Bezug zu mehreren Forderungen ersichtlich sei. Der Schuldner schließe nur die Reihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB aus. 149 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. c) gg). 150 Lent, Anweisung, S. 22. 151 Schmidt, Erfüllung, S. 27. 152 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 97); Schmidt, Erfüllung, S. 27; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 27. 153 Das muss letzten Endes auch Matthias, Lehrbuch des Bürgerlichen Recht I, § 92 G (S. 423) zugeben. 154 Henrici, JherJB 32, S. 111 f.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

ii) Schwierigkeiten mit der Einbindung des § 267 Abs. 1 BGB Die Vertragstheorie beruht auf dem römisch-rechtlichen Ausgangspunkt, dass die Erfüllung eine Lösung des Schuldners aus der ihn treffenden Personalhaftung ist.155 Nicht erklären lässt sich mit diesem Ansatz die erfüllende Wirkung der Drittleistung.156 Der Dritte ist nicht Partei des erlöschenden Schuldverhältnisses. Er schuldet die erbrachte Leistung nicht, weshalb er für die Erbringung der geschuldeten Leistung auch nicht haftet. Die Möglichkeit der Drittleistung gemäß § 267 BGB widerspricht dem Ansatz der Vertragstheorie. jj) Ungeeignetheit bei geschuldetem Unterlassen Schlussendlich versagt die Vertragstheorie bei der Erfüllung auf Unterlassen gerichteter Schuldverhältnisse. Ein Vertrag zwischen Schuldner und Gläubiger mit dem Inhalt, die unterlassene Handlung diene der Erfüllung, gibt es weder tatsächlich, noch lässt er sich rechtlich konstruieren.157 Die Vertreter der Vertragstheorie waren deshalb gezwungen, die Erfüllung von Unterlassungsverpflichtungen als Ausnahme anzusehen.158 Die Qualität der jeweiligen Erfüllungstheorie bemisst sich aber nicht zuletzt in ihrer Fähigkeit, auch das Unterlassen zu integrieren. Die Vertragstheorie ist dazu nicht in der Lage. d) Ergebnis zur Vertragstheorie Obwohl die Vertragstheorie auf eine lange Zeit der Dominanz in der Erfüllungslehre zurückblicken kann, ist die gegen sie erhobene Kritik letztlich überzeugend. Zu Recht wird die Vertragstheorie heutzutage nicht mehr vertreten. 2. Beschränkte Vertragstheorie Die Kritik an der Vertragstheorie veranlasste einige Vertreter, den aufgedeckten Schwächen durch eine Modifikation ihrer Theorie zu begegnen.159 155

Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. a). Kretschmar, Erfüllung, S. 107. 157 Staudinger/Olzen, Vorb. 14 zu §§ 362 ff.; Schmidt, Erfüllung, S. 37; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 58; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 27. 158 Lent, Anweisung, S. 34; Jackisch, JherJB 68, S. 299, 301. 156

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Im Ergebnis entstand eine duale Erfüllungstheorie, die so genannte beschränkte oder modifizierte Vertragstheorie. a) Hauptaussagen Die beschränkte Vertragstheorie unterscheidet zwischen Schuldverhältnissen mit rechtsgeschäftlichem Leistungsinhalt und auf die Erbringung von Realleistungen gerichteten Schuldverhältnissen. Ist ein Rechtsgeschäft Bestandteil der geschuldeten Leistung, bedarf es zum Eintritt der Erfüllungswirkung weiterhin des Abschlusses eines Erfüllungsvertrags.160 Hingegen reicht bei geschuldeten Realleistungen allein die Herbeiführung des geschuldeten Erfolges durch tatsächliche Leistungserbringung für die Erfüllung aus. Ein zusätzliches Rechtsgeschäft ist hier nicht erforderlich.161 Dogmatische Folgeerscheinung dieses Dualismus ist, dass nur in der Annahme rechtgeschäftlicher Leistungen durch den Gläubiger eine Verfügung über seine Forderung gesehen werden kann.162 Auf Grund dieser Trennung lässt sich auch die Rechtsnatur der Erfüllung nicht einheitlich bestimmen. Ist ein Rechtsgeschäft Bestandteil der geschuldeten Leistung, ist Erfüllung die Folge des abgeschlossenen Erfüllungsvertrags, mithin eines auf Erfüllung gerichteten übereinstimmenden Willens der Beteiligten (Willenswirkung).163 Wenn dagegen bei Realleistungen die Erfüllung allein aufgrund der Verwirklichung des sachlichen Schuldinhalts eintritt, stellt sich die Erfüllung als reine Tatbestandswirkung dar.164 Der Dualismus zeitigt weiterhin Auswirkungen auf die Beurteilung von Erfüllungsvorgängen, an denen nicht voll Geschäftsfähige als Schuldner oder Gläubiger beteiligt sind.165 159 Enneccerus, Lehrbuch des Schuldrechts, § 283 (S. 714); Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 60 (S. 252 f.); Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 270; Matthiaß, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I, § 92 II (S. 416); Crome, Recht der Schuldverhältnisse, S. 233; Jackisch, JherJB 68, S. 301. 160 Crome, Recht der Schuldverhältnisse, S. 233; Enneccerus, Lehrbuch des Schuldrechts, § 283 (S. 714); Fikentscher, Schuldrecht Rdnr. 270, 271. 161 Crome, Recht der Schuldverhältnisse, S. 233; Enneccerus, Lehrbuch des Schuldrechts, § 283 (S. 714); Fikentscher, Schuldrecht Rdnr. 270. 162 Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 271. Gleiches kommt zum Ausdruck, wenn er in seinem Beispiel (Übereignung von 10 Kühen und 20 Tausendmarkscheinen) auf die Existenz zweier schuldrechtlicher Verfügungsgeschäfte neben den 30 dinglichen Verträgen hinweist. 163 Fikentscher, Schuldrecht Rdnr. 270, spricht vom (übereinstimmenden) Tilgungswillen. 164 Siber, Schuldrecht, S. 119; Crome, Recht der Schuldverhältnisse, S. 233; wobei erst davon ausgegangen wurde, dass der Schuldner mit Erfüllungswillen handeln müsse. Dann war auch hier Erfüllung Willenswirkung; vgl. Matthiaß, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I, § 92 B II (S. 416). 165 Vgl. sogleich unten Erster Teil § 5 II. 2. c) cc).

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b) Argumente der Vertreter Gerechtfertigt wurde die zwiegespaltene Konstruktion durch folgende Argumente: aa) Allgemeine Lebensanschauung Schon die allgemeine Lebenserfahrung spreche dafür, dass sich Schuldner und Gläubiger über den Zweck der Leistung einigen.166 Dem sei durch eine entsprechende Theorie Rechnung zu tragen. bb) Realisierung des Minderjährigenschutzes Im Gegensatz zur reinen Vertragstheorie führt deren modifizierte Version nicht mehr zu einer Benachteiligung geschäftsunfähiger Schuldner gegenüber beschränkt geschäftsfähigen Schuldnern. Die von nicht voll geschäftsfähigen Schuldnern erbrachte Realleistung führt jeweils, sofern sie nur den geschuldeten Erfolgt bewirkt, zum Eintritt der Erfüllung.167 Auch der geschäftsunfähige Schuldner von Realleistungen muss sich im Falle der erbrachten Zuwendung nicht auf die bereicherungsrechtlichen Ansprüche gegen den Gläubiger verweisen lassen, sondern wird durch den Eintritt der Erfüllung effektiv geschützt.168 Rechtsgeschäftliche Leistungen hingegen können weder geschäftsunfähige noch beschränkt geschäftsfähige Schuldner erfüllen.169 Zudem kann der Schutz nicht voll geschäftsfähiger Gläubiger bei rechtsgeschäftlichen Leistungen, wie bei der reinen Vertragstheorie, dogmatisch sauber konstruiert werden.170 Rechtsgeschäftliche Leistungen an nicht voll geschäftsfähige Gläubiger führen nur zur Erfüllung, wenn der nicht voll Geschäftsfähige auch den Erfüllungsvertrag wirksam abschließen kann. Damit fallen die Geschäftsunfähigen vorab heraus. Für beschränkt Geschäftsfähige ist der Abschluss des Erfüllungsvertrages wegen der damit verbundenen Verfügung über ihre Forderung ebenfalls stets rechtlich nachteilig gemäß § 107 BGB.171 Werden rechtsgeschäftliche Leistungen an nicht voll ge166 167

Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 270. Schmidt, Erfüllung, S. 42; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff,

S. 65. 168

Anders noch die Vertragstheorie; vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. c) dd). Wohl stellt sich für Letzteren der Erfüllungsvertrag als rechtlich vorteilhaft dar (denn die Verbindlichkeit wird getilgt), aber das dingliche Erfüllungsgeschäft (z. B. Übereignung) ist rechtlich nachteilhaft, vgl. Schmidt, Erfüllung, S. 43. 170 Schmidt, Erfüllung, S. 43. 171 Fikentscher, Schuldrecht Rdnr. 271. 169

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schäftsfähige Gläubiger erbracht, tritt nie Erfüllung ein.172 Demgegenüber führt die Erbringung einer geschuldeten Realleistung dem Gläubiger gegenüber mangels Notwendigkeit eines Erfüllungsvertrages auch dann zur Erfüllung, wenn dieser beschränkt geschäftsfähig oder gar geschäftsunfähig ist.173 Dem vom Gesetzgeber intendierten Schutz Unmündiger entspräche es nämlich, dass Realleistungen, welche vom Schuldner nicht voll geschäftsfähigen Gläubigern gegenüber erbracht werden, zur Erfüllung führen. Schließlich kommt der Erfolg dem nicht voll Geschäftsfähigen gerade so zugute wie dem Geschäftsfähigen.174 cc) Bewältigung realer Leistungsvorgänge Die Modifikationen der Vertragstheorie dienten allerdings primär dem Ziel, die Erfüllung geschuldeter Realleistungen widerspruchsfrei erklären zu können.175 Das Unterlassen wurde dabei den Realleistungen gleichgestellt.176 In beiden Fällen genügte zur Herbeiführung der Erfüllungswirkung die auf tatsächlicher Leistungserbringung beruhende Herbeiführung des geschuldeten Erfolges.177 Die umständliche und angreifbare Konstruktion eines antizipierten Erfüllungsvertrages, wie ihn die Vertragstheorie noch benötigte, ist zur Begründung der Erfüllung nicht mehr nötig.178 dd) Gleichlauf von Rechtsnatur der geschuldeten Leistung und Erfüllungscharakter Für die beschränkte Vertragstheorie sprach im Übrigen der Gleichlauf von Rechtsnatur der geschuldeten Leistung mit der Rechtsnatur der Erfüllung. Ist ein Rechtsgeschäft geschuldet, ist auch die Erfüllung ein Rechts172 Allerdings können die beschränkt geschäftsfähigen Gläubiger das Zuwendungsgeschäft abschließen, sofern es lediglich rechtlich vorteilhaft ist (z. B. Eigentum erwerben); vgl. Fikentscher, Schuldrecht Rdnr. 271. 173 Schmidt, Erfüllung, S. 42; Crome, Recht der Schuldverhältnisse, S. 233; die Erfüllung dagegen ablehnend Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 66, welche von fehlender Empfangszuständigkeit ausgeht. In diese Richtung auch Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 269. Die Figur der Empfangszuständigkeit wurde aber erst durch die Theorie der realen Leistungsbewirkung erarbeitet, vgl. unten Erster Teil § 5 II. 5. a). 174 Boehmer, Erfüllungswille, S. 71. 175 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 65. 176 Fikentscher, Schuldrecht Rdnr. 270; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 65. 177 Fikentscher, Schuldrecht Rdnr. 270. 178 Gernhuber, Erfüllung, S. 106.

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geschäft; bei Realleistungen ist reale Erfüllung ausreichend.179 Zwar determiniert die Rechtsnatur der Leistung nicht die Rechtsnatur der Erfüllung, aber diesem Schluss kommt eine verstärkte Vermutungsfunktion zu.180 ee) Methodologische Argumente Aus methodologischer Sicht wurde der Dualismus damit begründet, dass Ausgangspunkt einer Theorie nicht die schwierigen Fälle sein sollten, sondern die praktisch bedeutsameren, einfacheren Fälle der Erfüllung rechtsgeschäftlicher Lesitungshandlungen.181 Daher ist der Vertragscharakter der Erfüllung die Regel.182 Die Fälle der geschuldeten Realleistungen stellen demgegenüber eine generelle Ausnahme vom Vertragscharakter dar und müssen nicht mit der Vertragstheorie in Einklang gebracht werden. c) Kritik an der beschränkten Vertragstheorie Auch die modifizierte Vertragstheorie ist nicht frei von Widersprüchen und Kritikpunkten. aa) Ungeeignetheit soziologisch-empirischer Argumente Der Hinweis, die allgemeine Lebenserfahrung zeige, dass die Beteiligten jedes Mal einen Erfüllungsvertrag abschließen, ist als soziologisch-empirisches Argument nicht stichhaltig.183 Mit der „allgemeinen Lebenserfahrung“ lassen sich die gegensätzlichsten Ansichten begründen,184 weshalb jede Theorie damit für ihre Richtigkeit wirbt. Ein Argument für die modifizierte Vertragstheorie erwächst daraus richtigerweise jedoch nicht. bb) Ungeeignetheit einer dualistischen Erfüllungstheorie Angreifbar ist bereits der Dualismus als solcher. Er ist nicht nur „wenig praktisch und theoretisch wenig einladend“,185 sondern schlicht unerträg179

Vgl. Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 63. Fikentscher, Schuldrecht Rdnr. 270. 181 Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 270; Jackisch, JherJB 68, 295, 301. 182 Fikentscher, Schuldrecht Rdnr. 271. 183 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 80. 184 Zu Recht Schnauder, Grundfragen, S. 69. 185 So Gernhuber, Erfüllung, S. 106; ähnlich Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 41: „Wenig gelungen“. 180

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lich.186 Eine dualistische Erfüllungslehre führt in letzter Konsequenz zur Aufspaltung der Schuldverhältnisse in zwei verschiedene Gruppen: auf Realleistungen gerichtete Schuldverhältnisse und solche rechtsgeschäftlichen Leistungsinhalts.187 Eine derartige Trennung ist gesetzlich nicht vorgesehen. Zwar unterscheidet das BGB zwischen Stück- und Gattungsschulden, Holund Schickschulden etc., nicht aber zwischen geschuldeten rechtsgeschäftlichen und tatsächlichen Leistungen im Hinblick auf die Erfüllung. Eine solche Unterscheidung bezüglich der Voraussetzungen der Erfüllung ließe sich allein dann rechtfertigen, wenn die Gruppen im Hinblick auf die Erfüllungsfunktionen von evident unterschiedlicher Qualität wären. Erfüllung hat jedoch in beiden Arten von Schuldverhältnissen die gleiche Funktion, nämlich die Befriedigung des Gläubigerinteresses.188 Eine unterschiedliche Qualität dahingehend in den Schuldverhältnissen ist nicht ersichtlich.189 Im Gegenteil gebietet das Gesetz in § 241 Abs. 1 S. 2 BGB ausdrücklich, das Unterlassen den sonstigen Leistungshandlungen gleichzustellen. Wenn man zudem das Unterlassen den Realleistungen gleichstellt,190 wird durch § 241 Abs. 1 S. 2 BGB die Gleichbehandlung von rechtsgeschäftlichen und tatsächlichen Leistungen gerade auch im Hinblick auf die Erfüllung angeordnet. Ist aber wegen § 241 Abs. 1 S. 2 BGB die Rechtsnatur der geschuldeten Leistung ohne Bedeutung für die Erfüllung, kommt ihr entgegen den Vertretern der modifizierten Vertragstheorie auch keine Indizwirkung für die Erfüllungsvoraussetzungen zu. Ein Schluss von der Rechtsnatur der geschuldeten Leistung auf die Voraussetzungen der Erfüllung ist unzulässig.191 Eine solche Argumentation verdeutlicht stattdessen, dass gedanklich nicht zwischen den Voraussetzungen des dinglichen Vollzugsgeschäfts und der Erfüllung selbst getrennt wird.192 cc) Kein hinreichender Schutz nicht geschäftsfähiger Gläubiger bei Realleistungen Die Vertragstheorie musste sich auch Kritik für die unterschiedliche Behandlung nicht voll geschäftsfähiger Schuldner gefallen lassen. Während beschränkt Geschäftsfähige durch Erbringung geschuldeter Realleistungen die Erfüllung bewirken konnten, blieb den geschäftsunfähigen Schuldnern 186

Zu Recht Schmidt, Erfüllung, S. 43. Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 41; Schmidt, Erfüllung, S. 43. 188 Zutreffend Boehmer, Erfüllungswille, S. 55. 189 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 40; Boehmer, Erfüllungswille, S. 55. 190 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 2. b) cc). 191 Schmidt, Erfüllung S. 43; Ehmann, JZ 1968, S. 556 Fn. 89; Boehmer, Erfüllungswille, S. 38. 192 Lent, Anweisung, S. 32; Boehmer, Erfüllungswille, S. 38. 187

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nur die Rückforderung der von ihnen erbrachten Realleistungen, und zwar im Wege der Nichtleistungskondiktion.193 Nach der modifizierten Vertragstheorie kann auch der geschäftsunfähige Schuldner erfüllend Realleistungen erbringen.194 Die bei der Vertragstheorie aufgedeckten Wertungswidersprüche werden bei der modifizierten Vertragstheorie somit vermieden. Dafür treten andere Widersprüche zutage. Nach der modifizierten Vertragstheorie kann eine Realleistung schuldbefreiend an einen nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger erbracht werden.195 Das wirft die Frage auf, warum der nicht voll geschäftsfähige Gläubiger bei der Erbringung von Realleistungen seine Forderung verlieren soll, bei rechtsgeschäftlichen Leistungen hingegen nicht. In beiden Fällen wird doch das Interesse zumindest des beschränkt geschäftsfähigen Gläubigers durch den Erfolgseintritt befriedigt, der sachliche Schuldinhalt verwirklicht. Bei Realleistungen erreicht den beschränkt geschäftsfähigen Gläubiger die Handlung, bei rechtsgeschäftlichen Leistungen kann er gemäß § 107 BGB das dingliche Zuwendungsgeschäft annehmen. Wieso aber ist der beschränkt geschäftsfähige Gläubiger einer Realleistung weniger schutzwürdig als bei einer rechtsgeschäftlichen Leistung?196 Diese Frage vermag die modifizierte Vertragstheorie nicht zu beantworten. Der bezweckte Schutz nicht voll Geschäftsfähiger kann daher auch durch die beschränkte Vertragstheorie nicht vollends realisiert werden. dd) Unrichtigkeit des methodologischen Ansatzes Auch der methodologische Ansatzpunkt der modifizierten Vertragstheorie ist unrichtig. Sie entwickelt ihre Aussagen am einfachen Fall rechtsgeschäftlicher Leistungsinhalte und sieht sich in den schwierigen Fällen genötigt, eine grundsätzliche Ausnahme in Form eines Dualismus zuzulassen. Hauptanliegen jeder Theorienbildung muss dagegen sein, möglichst alle in Frage kommenden Fälle erklären zu können.197 Dabei zeigt sich die Qualität einer Theorie insbesondere daran, dass sie keine Ausnahmen zur Erfassung auch exotischer Vorgänge benötigt.198 Vor diesem Hintergrund erweist sich der Ausgangspunkt der beschränkten Vertragstheorie mehr als fragwür193

Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. c) dd). Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 2. b) bb). 195 Da ein Erfüllungsvertrag nicht vonnöten ist, genügt zum Eintritt der Erfüllungswirkung, dass die Realleistung den sachlichen Schuldinhalt verwirklicht. 196 Darauf weist zutreffend Schmidt, Erfüllung, S. 43 hin. 197 Rother, AcP 169 (1969), S. 8; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 92; Kretschmar, Erfüllung, S. 105. 198 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 92. 194

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dig. Zwar erlaubt eine nähere Betrachtung des einfachen Falles überhaupt erst das Erkennen des schwierigen Falles.199 Methodisch richtig sollte man eine Theorie aber am schwierigen Fall entwickeln und anschließend auf die einfachen Fallgestaltungen übertragen.200 Nur eine Theorie, welche die schwierigen Fälle zu erklären vermag, wird die einfachen „im Vorbeigehen“ miterklären können, ohne Ausnahmen zu benötigen.201 Der Rückschluss vom schwierigen auf den leichten Fall ist im Übrigen schon deshalb angezeigt, weil sich Juristen zum Großteil ihrer Tätigkeit mit den pathologischen Fällen des Rechts, sprich den schwierigen und uneindeutigen Situationen, beschäftigen. Für den Rechtsanwender hat somit eine Theorie, welche die komplizierten Fallgestaltungen zu nicht erklärungsbedürftigen Ausnahmen abstempelt, keinerlei Wert.202 Schließlich sei daran erinnert, dass die beschränkte Vertragstheorie zu verschiedenen Konstruktionen hinsichtlich des Erfüllungsvorgangs zwingt, obwohl die Wirkung jeweils dieselbe ist: Das Erlöschen der Forderung. Unterschiedliche Konstruktionen zur Erlangung eines Ergebnisses widersprechen aber dem jeder Systematisierung immanenten Vereinfachungsgedanken.203 ee) Problematik der Zuordnung im Bereich tatsächlicher Leistungen Wird eine tatsächliche Leistung geschuldet, tritt Erfüllung ein, wenn der Schuldner durch die Leistungsbewirkung den sachlichen Schuldinhalt realisiert, den geschuldeten Erfolg herbeiführt. Rechtsgeschäftliche Erklärungen der Beteiligten sind für die Erfüllungswirkung hier nicht erforderlich.204 Wenn aber notwendiger Bestandteil jeder Erfüllung eine Zuordnung von Zuwendung zur erlöschenden Forderung ist, müsste sich die erlöschende Forderung mangels Erklärungen der Beteiligten allein aus den objektiven Umständen der Leistungsbewirkung bestimmen. Auf die angesichts des § 267 Abs. 1 BGB bestehende Untauglichkeit eines objektiven Ansatzes zur Bestimmung der erlöschenden Forderung in fast allen Erfüllungsvorgängen wurde bereits an früherer Stelle hingewiesen.205 Im Bereich geschulde199

Rother, AcP 169 (1969), S. 8. Rother, AcP 169 (1969), S. 8. 201 Genau dies macht nach Kretschmar auch den Fortschritt einer Theorie aus: „… solche Zusammenfassung (sic! der unterschiedlichen Lebenssachverhalte) gelingt vollkommener, widerspruchsloser als unter dem älteren Gesichtspunkte …“, vgl. Kretschmar, Erfüllung, S. 105. 202 Canaris, JZ 1993, S. 385. 203 Larenz, Methodenlehre des Rechts, S. 444. 204 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 2. b) aa). 205 Vgl. oben Erster Teil § 2 II. 200

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ter Realleistungen könnte die modifizierte Vertragstheorie mithin die erlöschende Forderung nicht genau bestimmen, ja nicht einmal das Erlöschen als solches feststellen.206 Mithin führt die modifizierte Vertragstheorie in ihrer Ausprägung für Realhandlungen zu einem mit dem Wesen der Erfüllung nicht zu vereinbarenden Ergebnis. ff) § 366 Abs. 1 BGB als doppelte Ausnahme Auf eine weitere methodologische Schwäche der modifizierten Vertragstheorie sei noch hingewiesen. Obwohl die modifizierte Vertragstheorie grundsätzlich von der Notwendigkeit eines Erfüllungsvertrags ausgeht und tatsächliche Leistungshandlungen als generelle Ausnahme ansieht,207 ist sie zusätzlich gezwungen, in beiden Ausprägungen des Dualismus eine weitere Unterausnahme zuzulassen. Weder mit der Annahme eines Erfüllungsvertrages noch mit dem Erlöschen der Schuld als Folge der bloßen Leistungsbewirkung und der damit verbundenen Bestimmung der erlöschenden Forderung aus den objektiven Umständen lässt sich das einseitige Bestimmungsrecht des Schuldners gemäß § 366 Abs. 1 BGB vereinbaren. Der ohnehin schon zweifelhafte methodische Wert der modifizierten Vertragstheorie wird durch die Notwendigkeit einer weiteren Ausnahme zur Erklärung eines bereits vom Gesetz vorgegebenen Ergebnisses vollends aufgehoben.208 gg) Übernahme der Schwächen der Erfüllungstheorie im Bereich rechtsgeschäftlicher Leistungen Für den Bereich rechtsgeschäftlicher Leistungen blieb es zudem bei der uneingeschränkten Anwendbarkeit der ursprünglichen Vertragstheorie. Insofern wurden in dieser Ausprägung der dualen Theorie deren Schwächen übernommen: – Eine konsensuale Zuordnung als Standardmodell für die Bestimmung der erlöschenden Forderung ist nicht interessengerecht.209 Vor allem die erwähnte Möglichkeit des Gläubigers, nur die Zuwendung, nicht aber das Angebot auf Abschluss des Erfüllungsvertrages anzunehmen, führt zu unerträglichen Folgen insbesondere für den Schuldner. Diesen Folgen 206

Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 1. c). Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 2. a). 208 Im Bereich tatsächlicher Leistungen kann man § 366 Abs. 1 BGB sogar als Ausnahme von der Ausnahme bezeichnen. 209 Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 1; anders aber Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 271. 207

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kann entgegen der Ansicht Fikentschers210 auch nicht mit der analogen Anwendung der Gläubigerverzugsvorschriften begegnet werden.211 Die Annahme eines Erfüllungsvertrages lässt sich nicht mit dem einseitigen Bestimmungsrecht des Schuldners aus § 366 Abs. 1 BGB vereinbaren.212 Die Erfüllungswirkung der Drittleistung gemäß § 267 Abs. 1 BGB ist mit dem vertraglichen Ansatz nicht zu erklären. Es bedarf keines vorherigen öffnenden Aktes des Gläubigers, um Dritten die Einwirkung auf das Vermögen des Gläubigers zu ermöglichen.213 Man versagt dem Zuwendungsgeschäft die Wirksamkeit, wenn der Erfüllungsvertrag nicht zustande gekommen ist. Das verstößt gegen das Trennungsprinzip. Dieser Verstoß wird besonders augenscheinlich, wenn Fikentscher die Existenz eines Erfüllungsvertrages neben dem eigentlichen Vollzugsvertrag leugnet:214 Die zur Erfüllung notwendige Einigung wäre mithin Bestandteil der dinglichen Einigung; ihr Fehlen würde auch den Eigentumserwerb scheitern lassen.215 d) Zusammenfassung zur modifizierten Vertragstheorie

Mit Blick auf die Vertragstheorie kann der modifizierten Vertragstheorie attestiert werden, dass sie durch die verstärkte Berücksichtigung tatsächlicher Leistungsakte einen Schritt in die richtige Richtung unternahm. Leider blieb sie in vielerlei Hinsicht auf halbem Wege stehen. Schwächen in der Erklärung sowohl des Bereichs tatsächlicher Leistungen als auch rechtsgeschäftlicher Leistungen sowie der abzulehnende Dualismus als solcher sind die Ursache, warum sich die modifizierte Vertragstheorie zu Recht nie durchsetzen konnte. 3. Zweckvereinbarungstheorie Ebenfalls einen konsensualen Zuordnungsansatz im Rahmen der Erfüllung verfolgt die so genannte Zweckvereinbarungstheorie.216 210

Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 270. Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. c) gg). 212 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. c) hh). 213 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. c) cc). 214 Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 270. 215 So Crome, Recht der Schuldverhältnisse, S. 233 Fn. 15; vgl. auch HagmannLauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 64; Gernhuber, Erfüllung, S. 106. 216 Der Begriff geht zurück auf Ehmann, NJW 1969, S. 1837. 211

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

a) Hauptaussagen Auch für die Vertreter der Zweckvereinbarungstheorie ist ein Vertrag zwischen Schuldner und Gläubiger Bestandteil jeder Erfüllung.217 Allerdings hat diese Einigung nicht die Funktion, das bestehende Schuldverhältnis aufzuheben. Sie ist folglich kein schuldaufhebender Befreiungsakt.218 Stattdessen wird im Rahmen der Einigung nur der Zweck der Leistung konsensual bestimmt,219 also die Zuwendung einem erlöschenden Schuldverhältnis zugeordnet.220 Bei der Zweckvereinbarungstheorie handelt es sich um eine reine Zuordnungslehre. Anders als bei der modifizierten Vertragstheorie ist die Einigung über den Leistungszweck sowohl bei rechtsgeschäftlichen Leistungen als auch bei Realleistungen erforderlich. Das Angebot auf Abschluss der Zweckvereinbarung – mit dem Inhalt, die Leistung diene der Erfüllung einer bestimmten Forderung – geht vom Schuldner aus und wird vom Gläubiger angenommen.221 Weil die Einigung über den Zweck regelmäßig im Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungsbewirkung zustande kommt, wird sie auch als „Realvertrag“ bezeichnet.222 Nichts desto trotz grenzen auch die Vertreter der Zweckvereinbarungstheorie die vertragliche Zuordnung streng vom Verpflichtungsgeschäft und vom (dinglichen) Erfüllungsgeschäft ab.223 Unabhängig von ihrer Charakterisierung als „Realvertrag“ handelt es sich bei der Einigung um ein Rechtsgeschäft.224 Die Erfüllung ist Wirkung des darauf gerichteten Willens und nicht lediglich Tatbestandswirkung.225 217 von Thur, Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 81); Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 448 f.; Flume, Rechtsgeschäft, § 12 III 5 (S. 182); Jauernig/Stadler, § 812 Rdnr. 31; Harder, datio in solutum, S. 166; Ehmann, Gesamtschuld, S. 165; ders., NJW 1969, S. 1853 ff.; ders., JZ 1968, S. 549 ff.; ders, NJW 1971, S. 612; ders., JZ 2003, S. 711; Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 91; Oeckinghaus, Kaufvertrag und Übereignung, S. 48; Jahr, ZSS 80, S. 141 ff.; Kegel, FS F. A. Mann, S. 64; Schnauder, Grundfragen, S. 18; ders., AcP 187 (1987), S. 143 ff.; ders. JZ 1987, S. 68; Rother, AcP 169 (1969), S. 1 ff.; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 262 ff.; ders., NJW 1974, 1730; ders., Symposium König, S. 32. Vgl. auch RGZ 105, S. 29 (31); BGHZ 50, 227 (231); BGHZ 61, 289 (293); BGHZ 87, 393 (397); BGH NJW 1985, 2700. 218 Ehmann, NJW 1969, S. 1836; Rother, AcP 169 (1969), S. 30. 219 Schnauder, AcP 187 (1987), S. 150; Weitnauer, NJW 1974, S. 1730; ders., FS Caemmerer, S. 263; RGZ 105, 29 (31); BGH NJW 1985, 2700. 220 Ehmann, NJW 1969, S. 1836; Rother, AcP 169 (1969), S. 19; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 376; Schnauder, Grundfragen, S. 66. 221 Weitnauer, FS Caemmerer, S. 262; Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 91; Schnauder, AcP 187, S. 149. 222 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 87; Ehmann, NJW 1969, S. 1837; Schnauder, AcP 187, S. 150. 223 Rother, AcP 169 (1969), S. 19; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 266; Schnauder, Grundfragen, S. 39. 224 Ehmann, NJW 1969, S. 1833; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 262; Schnauder, AcP 187, S. 149.

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b) Argumente der Vertreter Als Argumente für die Richtigkeit der Zweckvereinbarungstheorie werden angeführt: aa) Wortlautargumente Wie schon die Anhänger der Vertragstheorie sehen auch die Befürworter der Zweckvereinbarungstheorie im Wortlaut des Gesetzes Hinweise auf eine konsensuale Erfüllung. Neben dem Wortlaut des § 363 BGB226 und den §§ 362 Abs. 2, 185 BGB, in welchen von einer Zustimmung des Gläubigers die Rede ist,227 wird vor allem aus § 367 Abs. 2 BGB gefolgert, dass zur Erfüllung eine zustimmende Willenserklärung des Gläubigers erforderlich ist.228 bb) Zweck als Mittelpunkt unseres Schuldrechtssystems Die Zweckvereinbarungstheorie basiert in ihren Grundgedanken im Wesentlichen auf der durch Hartmann und Kress begründeten allgemeinen Zwecklehre,229 welche die besondere Bedeutung des Zwecks im Schuldrecht hervorhebt.230 Plakativ formuliert Kress: „Der Zweck ist die Seele des Schuldverhältnisses“.231 Rechtssubjekte handeln danach niemals grundlos, sondern immer nur zur Erreichung eines bestimmten Ziels, eines Zwecks: „nihil est sine ratione“.232 Allein die Erreichung des erstrebten Zwecks rechtfertigt die privatrechtliche Güterbewegung.233 Dem Gläubiger kommt es dabei nicht nur darauf an, dass die Leistung an ihn bewirkt wird, mithin der Erfolg in seiner Person eintritt, sondern auch darauf, die erhal225

Ehmann, NJW 1969, S. 1833. Weitnauer, NJW 1974, S. 1730; Schnauder, Grundfragen, S. 65. 227 Schnauder, JZ 1987, S. 69; Ehmann, NJW 1968, S. 1836. 228 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 449 Fn. 3. 229 Hartmann, Die Obligation, S. 37 ff.; Kress, Allgemeines Schuldrecht, § 5 (S. 35 ff.). 230 Weitnauer, FS Caemmerer, S. 266; ders., Symposium König, S. 51; Ehmann, Gesamtschuld, § 6 (S. 130 ff.); Kegel, FS F. A. Mann, S. 59; Schnauder, Grundfragen, S. 19; Oeckinghaus, Kaufvertrag und Übereignung, S. 45. 231 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 59. 232 von Jhering, Der Zweck im Recht, S. 14: „Handeln und um eines Zweckes willen handeln ist gleichbedeutend.“ Ebenso von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 I (S. 62); Ehmann, Gesamtschuld, S. 131; Schnauder, AcP 187 (1987), 150; Jahr, ZSS 80, S. 149; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 376. 233 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 I (S. 41); Schnauder, JZ 1987, S. 70; Weitnauer, NJW 1974, S. 1730. 226

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

tene Leistung endgültig behalten zu können.234 Erst das Erreichen des mit der Leistung verfolgten Zweckes rechtfertigt das Behalten der Leistung.235 Unser Schuldrecht lässt sich nach Ansicht der Zwecklehre nur verstehen, wenn man die Zweckorientiertheit als gesetzesimmanenten Gesichtspunkt berücksichtigt. In einem zweckorientierten Schuldrechtssystem ist die Bestimmung des Zwecks somit unerlässlich. Die Bestimmung des mit der Leistung verfolgten Zweckes geschieht dabei konsensual. Für die Erfüllung bedarf es aus diesem Grund eines Zuordnungsvertrags. Hervorgehoben wird durch die Zwecklehre schließlich die Bedeutung des rechtsgeschäftlichen Willens, welcher letzten Endes darüber entscheidet, ob der Schuldner frei wird.236 Unter dem Dogma des Zwecks differenzierte man schließlich zwischen Zuwendung und Leistung. Erst die Zwecksetzung qualifiziert die Zuwendung zur Leistung.237 Nicht nur die heute herrschende Definition von Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB beruht auf der Lehre vom Zweck, sondern auch das subjektive Rechtsgrundverständnis der Leistungskondiktion lässt sich nur vor dem Hintergrund eines zweckorientierten Ansatzes verstehen.238 cc) Zweckvereinbarung wegen fehlender Evidenz Für die Notwendigkeit einer Zweckvereinbarung, also einer vertraglichen Zuordnung der Zuwendung zu einem erlöschenden Schuldverhältnis, spricht, dass eine Zuordnung aufgrund Evidenz in vielen Erfüllungssituationen versagt.239 dd) Übereinstimmung der Struktur des Schuldvertrages mit der Schuldlösung Für die Richtigkeit einer konsensualen Zweckvereinbarung wurde die angebliche Übereinstimmung der Erfüllungsvoraussetzungen mit der Struktur des zugrunde liegenden Kausalvertrags angeführt: Ein Schuldvertrag besteht aus der gegenseitigen Zuwendung zweier Forderungen und der sie synallag234

Alexander, Natur der Erfüllung, S. 29; Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 4. Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 47; Ehmann, Gesamtschuld, S. 167; Schnauder, JZ 1987, S. 70; ders., JuS 1994, S. 538; Weitnauer, NJW 1974, S. 1730. 236 Schnauder, JuS 1994, S. 538; Ehmann, NJW 1969, 1833; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 264. 237 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 47 (S. 37), § 48 II (S. 431); Weitnauer, FS Caemmerer, S. 260. 238 So explizit Weitnauer, NJW 1974, S. 1730; Ehmann, Gesamtschuld, S. 154 ff.; ders., NJW 1969, 1833. 239 Weitnauer, NJW 1979, S. 2011; vgl. oben Erster Teil § 2 II. 235

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matisch verknüpfenden Zweckvereinbarung,240 welche zugleich die causa der Zuwendungen darstellt.241 So wie der Schuldvertrag aus Zuwendungen und vertraglicher Zweckvereinbarung besteht, muss auch die Erfüllung aus Zuwendung und Zweckvereinbarung bestehen.242 Darüber hinaus machen Rother und Weitnauer geltend, dass bei Zuwendungsgeschäften ebenfalls dingliche Verträge die Regel sind.243 Ist also für das Zustandekommen des Schuldvertrages ein Konsens nötig und erfordert auch die Zuwendung selbst zumeist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, muss auch die beide Geschäfte verbindende Zuordnung konsensual getroffen werden.244 ee) Gleichlauf des Leistungsbegriffs bei Erfüllung und Leistungskondiktion Für die Zweckvereinbarungslehre spricht, dass die Tatbestandsmerkmale einer Leistung bei Erfüllung und Leistungskondiktion einheitlich bestimmt wurden. So hatte zuerst das Reichsgericht, später der Bundesgerichtshof in viel beachteten Entscheidungen eine konsensuale Zweckvereinbarung als Bestandteil der Leistung im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB angenommen.245 Diese Anforderungen übertrug er anschließend auf die Erfüllung.246 Wenn nach Ansicht der Zweckvereinbarungstheorie tatsächlich jede Leistung zweckgerichtet ist, kann es keinen Unterschied zwischen dem erfüllungsrechtlichen und dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff geben. In beiden Fällen liegt eine zweckgerichtete Zuwendung vor. Ein Unterschied ist schon deshalb nicht möglich, da die Leistungskondiktion lediglich der Rückabwicklung einer fehlgeschlagenen Erfüllung dient. Wenn also der BGH für die Leistungskondition eine Zweckvereinbarung forderte, ergab sich daraus zwangsläufig die Notwendigkeit eines Zuordnungsvertrages auch für die Erfüllung.247 Die Urteile des BGH, die nun eine konsensuale 240 Dabei erhält der Gläubiger eine Forderung und wendet eine Forderung dem Schuldner zu. Beide Forderungen sind durch die Zweckabsprache verbunden; vgl. von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 81). 241 Weitnauer, FS Caemmerer, S. 264; Ehmann, Gesamtschuld, S. 139. 242 Weitnauer, FS Caemmerer, S. 265; Klein, Natur der causa solvendi, S. 46 ff.; Lent, Anweisung, S. 28, 36; Ehmann, Gesamtschuld, S. 164; Schnauder, Grundfragen, S. 23 ff. 243 Rother, AcP 169 (1969), S. 31; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 264. 244 Rother, AcP 169 (1969), S. 31. 245 RGZ 105, 29 (31); BGHZ 50, 227 (231); BGHZ 61, 289 (293); BGH NJW 1985, 2700; BGHZ 87, 393 (397); BGHZ 108, 256 (265). 246 BGH NJW 1969, 840; BGH NJW 1969, 1846; BGH NJW 1985, 2700. 247 Ehmann, NJW 1969, 1833; Schnauder, Grundfragen, S. 65.

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Zuordnung bei der Erfüllung annahmen,248 bestätigten somit die Zweckvereinbarungstheorie. ff) Einheitlicher Erfüllungsbegriff Eine konsensuale Zuordnung im Rahmen des § 362 Abs. 1 BGB wird schließlich damit begründet, dass bei der Annahme an Erfüllungs Statt, der Leistung erfüllungshalber und dem Erlass ein Erfüllungsvertrag anerkannt ist. Nur die Zweckvereinbarungstheorie führt zu einem einheitlichen, die §§ 362 bis 371 BGB erfassenden Erfüllungsbegriff ohne Ausnahmen.249 c) Kritik an der Zweckvereinbarungstheorie Obwohl die Zweckvereinbarungstheorie der Vertragstheorie in einigen Punkten überlegen ist, teilt sie als vertragliche Erfüllungslehre im Kern deren Schwächen. aa) Ungeeignetheit des Wortlautes Dem Wortlaut des § 362 BGB kann kein Argument für oder gegen eine Erfüllungstheorie entnommen werden.250 Wenn mitunter in § 367 Abs. 2 BGB ein Hinweis darauf gesehen wird, dass auch § 366 Abs. 1 BGB von einer vertraglichen Zuordnung ausgeht und die Nichtannahme des Zuordnungsangebots zum Gläubigerverzug führt,251 kann dem wegen der Unanwendbarkeit der Normen über den Gläubigerverzug auf die Ablehnung des Zuordnungsangebotes nicht gefolgt werden.252 Richtigerweise ist in § 367 Abs. 2 BGB allein die Möglichkeit normiert, die Zuwendung und nicht die Zuordnung abzulehnen, ohne in Annahmeverzug zu geraten.253 bb) Zur Strukturidentität von Schuldvertrag und Schuldlösung Aus der Struktur des Schuldvertrages lässt sich schon deshalb kein Argument für die Erfüllung ziehen, weil auch gesetzliche Schuldverhältnisse 248 BGH NJW 1969, 840; BGH WM 1969, 373; wobei die Urteile nur zur Rechtsnatur des § 366 Abs. 2 BGB Stellung bezogen. 249 Ehmann, JZ 1968, S. 555; Schnauder, JZ 1987, S. 69. 250 Vgl. oben Erster Teil § 1 III sowie Erster Teil § 5 II. 1. c) bb). 251 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 449 Fn. 3 und S. 451. 252 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. c) gg). 253 Hk-BGB/Schulze, § 367 Rdnr. 1; Gernhuber, Erfüllung, S. 147; vgl. auch unten Erster Teil § 6 II. 10. b).

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durch Erfüllung erlöschen. Diese entstehen nicht durch kausale, aus Zuwendungen und Zweckvereinbarung bestehende, Verträge. Rother und Weitnauer ist entgegenzuhalten, dass auch Erfüllungshandlungen ohne Rechtsgeschäft möglich sind. Daran offenbart sich, dass die angebliche Strukturgleichheit von Schuldvertrag und Zuwendungsgeschäft allenfalls in Teilbereichen zutrifft. Argumente für die Erfüllung als alle Schuldverhältnisse erfassenden Tatbestand lassen sich dann aber nicht daraus ziehen.254 cc) Verstoß gegen das Trennungs- und Abstraktionsprinzip Die Gleichstellung der Struktur des Schuldvertrages mit der Schuldlösung verbietet sich aus einem weiteren Grund. Zuwendungen im Rahmen des Verpflichtungsgeschäfts sind kausal, bei der Erfüllung hingegen abstrakt.255 Wollte man die Struktur des Verpflichtungsgeschäfts auf die Erfüllung übertragen, hieße das, die Wirksamkeit der Zuwendungsgeschäfte vom Zustandekommen der Zweckvereinbarung abhängig zu machen.256 Damit aber ver254

Der Ansatz der Zweckvereinbarungstheorie, dass jede Zuwendung zweckgerichtet erfolgt, führte zur Herausarbeitung der möglichen Zwecke durch die causaLehre (zur Entwicklung der causa-Lehre vgl. Dritter Teil § 18). Am Ende stand die Zweiteilung in causa credendi (Schuldbegründung) und causa solvendi (Schuldtilgung); vgl. Jung, Mangel des rechtlichen Grundes, S. 68. Die causa credendi, also die Begründung eines Schuldverhältnisses durch die Zuwendung von Forderungen, wurde rechtsgeschäftlich vereinbart. Dabei erhielt der Gläubiger eine Forderung und wendete eine Forderung dem Schuldner zu. Beide Forderungen waren durch die Zweckabsprache verbunden; vgl. von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 81). Diese vertragliche Vereinbarung übertrug man auf die causa solvendi (exemplarisch Klein, Natur der causa solvendi, S. 46 ff.; Lent, Anweisung, S. 28; Ehmann, Gesamtschuld, S. 139 ff.; vgl. dazu auch Boehmer, Erfüllungswille, S. 43; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 56; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 25), weshalb auch die Zuwendungen zur Schuldtilgung konsensual zugeordnet werden müssen. Schuldbegründung und Schuldlösung sind jedoch strukturell unterschiedlich. Die Schuldbegründung schafft den Grund der Leistung, während die Schuldtilgung der Zweck der Leistung ist (Boehmer, Erfüllungswille, S. 47). Bestände zwischen der Begründung und der Lösung eines Schuldverhältnisses tatsächlich Identität, hätte der Gesetzgeber diese in § 305 BGB a. F. (§ 311 Abs. 1 BGB n. F.) festschreiben können (zu Recht Kümper, Natur der Erfüllung, S. 12; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 34). Eine Analogie der causa credendi mit der causa solvendi scheidet aus (Lehmann, Unterlassungspflicht, S. 213; Boehmer, Erfüllungswille, S. 45). 255 „Inhaltliche Abstraktion“, vgl. Jahr, ZZS 80, S. 150; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 5 Rdnr. 41. 256 So Flume, Rechtsgeschäft, § 12 III (S. 182); Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 48; Esser, Schuldrecht, 2. Auflage, § 70 7 (S. 301); Ehmann, JZ 1968, S. 551 Fn. 11; ders., NJW 1969, S. 1837 Fn. 51; ders., Gesamtschuld, S. 164; Weitnauer, Symposium König, S. 32; Jahr, ZZS 80, S. 161.

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lieren die Zuwendungsgeschäfte ihren abstrakten Charakter.257 Dies ist mit dem Abstraktionsprinzip nicht zu vereinbaren.258 dd) Unzulässigkeit eines einheitlichen Erfüllungsbegriffes Wenn die Vertreter der Zweckvereinbarungstheorie für sich in Anspruch nehmen, ihre Theorie führe zu einem einheitlichen, §§ 362 bis 371 BGB erfassenden Erfüllungsbegriff,259 missachten sie die unterschiedliche Interessenlage der jeweiligen Rechtsinstitute und die damit verbundene differenzierte Berücksichtigung des Gläubigerinteresses. Bei der Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB erhält der Gläubiger die im Schuldverhältnis vereinbarte Leistung, bei den Erfüllungsersetzungen ein aliud. Letzteres rechtfertigt die erforderliche Einigung bei der Leistung an Erfüllungs Statt und der Leistung erfüllungshalber.260 Ein einheitlicher Erfüllungsbegriff im Sinne Ehmanns würde die systematischen Unterschiede zwischen der Erfüllung und den Erfüllungsersetzungen verwischen.261 Entgegen der Ansicht ihrer Vertreter kann auch nicht die Entscheidung BGHZ 51, 157 als Beleg für die Richtigkeit der Zweckvereinbarungstheorie herangezogen werden.262 In dieser Entscheidung wurde nämlich ein Scheck als Erfüllung hingegeben, während Geld geschuldet war.263 Geleistet wurde demnach ein aliud, weshalb Erfüllung nur gemäß § 364 Abs. 2 BGB eintreten konnte.264 Für die Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB kann aus der Entscheidung kein Argument entnommen werden. ee) Ungeeignetheit konsensualer Zuordnung Wegen der theorieimmanenten Möglichkeit des Gläubigers, zwar die Zuwendung, nicht aber das Zuordnungsangebot des Schuldners anzunehmen, ist eine konsensuale Zuordnung nicht interessengerecht.265 Diesem Konfliktfall kann weder durch analoge Anwendung der Normen über den An257

Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 25. Harder, datio in solutum, S. 153. 259 So vor allen anderen Ehmann, JZ 1968, S. 555. 260 Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 2. b). 261 Schmidt, Erfüllung, S. 87. 262 So aber von Ehmann, NJW 1969, S. 1834. 263 BGHZ 51, 157 (158). 264 Von der Annahme der Schecks als Leistung an Erfüllungs Statt ist nach § 364 Abs. 2 BGB im Zweifel nicht auszugehen. 265 Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 1. 258

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nahmeverzug,266 noch durch Verweis auf die protestatio facto contraria abgeholfen werden.267 Das zweite Argument stellt vielmehr die Notwendigkeit einer vertraglichen Einigung generell in Frage.268 ff) Erfüllung als Tatbestandswirkung Inkonsequent ist auch die Annahme, bei der Zweckvereinbarungstheorie sei die Erfüllung Willenswirkung.269 Wenn der Konsens allein die Zuordnung betrifft,270 haben die darauf gerichteten Willenserklärungen keinen schuldaufhebenden Inhalt.271 Vielmehr tritt Erfüllung aufgrund der Herbeiführung des Erfolges ein. Konsequenterweise ist die Erfüllung dann aber Tatbestandswirkung.272 Die Richtigkeit dieses Ergebnisses schimmert schon beim eben erwähnten protestatio-Argument durch. Soll die Ablehnung des Zuordnungsangebotes nach Annahme der Zuwendung lediglich eine unbeachtliche protestatio facto contraria darstellen,273 beruht die Erfüllung letztlich nicht auf dem Willen des Gläubigers, sondern allein auf dem Fakt des Zuwendungserhaltes. Das macht deutlich, dass die Erfüllung unter Anwendung der Zweckvereinbarungstheorie nicht die Wirkung eines darauf gerichteten zweiseitigen Rechtsgeschäftes ist, sondern Tatbestandswirkung hat.274 gg) Schwierigkeiten der Erklärung des § 366 Abs. 1 BGB Wie schon für die Vertragstheorie stellt auch für die Zweckvereinbarungstheorie der Wortlaut des § 366 Abs. 1 BGB ein erklärungsbedürftiges Phänomen dar, widerspricht das einseitige Bestimmungsrecht des Schuldners doch dem vertraglichen Ansatzpunkt. Eine Deutung des § 366 Abs. 1 BGB in der Weise, dass sich dort nur über den Tilgungszweck als solchen, nicht aber über das spezielle Schuldverhältnis geeinigt werde,275 kommt unter der Geltung der Zweckvereinbarungstheorie nicht in Frage, 266

So aber Ehmann, NJW 1969, S. 1833 Fn. 2. So aber Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 449. 268 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. c) gg). 269 So aber Ehmann, NJW 1969, S. 1833; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 262; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 149. 270 Schnauder, AcP 187 (1987), S. 150; Weitnauer, NJW 1974, S. 1730; RGZ 105, 29 (31); Rother, AcP 169 (1969), S. 30; Ehmann, NJW 1969, S. 1836. 271 Ehmann, NJW 1969, S. 1836. 272 Bülow, JuS 1991, S. 531. 273 Ehmann, NJW 1969, S. 1833 Fn. 2; Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 449. 274 Kretschmar, Erfüllung, S. 109; Schmidt, Erfüllung, S. 115. 275 Weitnauer, Symposium König, S. 34. 267

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

schließlich ist die Einigung über das erlöschende Schuldverhältnis alleiniger Inhalt der Zweckvereinbarung. Gleichwohl haben auch die Vertreter der Zweckvereinbarungstheorie versucht, den Wortlaut des § 366 Abs. 1 BGB mit ihrem vertraglichen Ansatz in Einklang zu bringen. Ehmann sah in § 366 Abs. 1 BGB lediglich ein Aufrechnungsverbot. Wenn der Gläubiger das Zuordnungsangebot des Schuldners ablehnt, kommt keine Zweckvereinbarung zustande. Eine Zuwendung ohne Zweckvereinbarung ziehe aber einen Anspruch des Schuldners gegen den Gläubiger aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB nach sich.276 Gegen diesen Kondiktionsanspruch könnte der Gläubiger mit einer seiner noch bestehenden Forderungen gegen den Schuldner aufrechnen. Dieses Vorgehen soll dem Gläubiger indes durch § 366 Abs. 1 BGB nach Leseart Ehmanns verboten sein. Gegen diese Auffassung spricht aber, dass die Zweckverfehlung einer Leistung ohne Zweckvereinbarung gar nicht festgestellt werden kann. Ohne Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses ist ein Vergleich der erbrachten mit der geschuldeten Leistung nicht möglich.277 Dass die Leistungskondiktion eine Zweckbestimmung zwangsläufig voraussetzt, wird doch gerade durch die Zweckvereinbarungstheorie mit ihrer Trennung zwischen Zuwendung und Leistung hervorgehoben.278 Lehnt aber der Gläubiger den Zuordnungsvertrag ab, fehlt es an der Zweckbestimmung, folglich an der Leistung, und damit steht dem Schuldner entgegen der Ansicht Ehmanns auch keine Leistungskondiktion gegen den Gläubiger zu. Daher scheidet eine Aufrechnung mit einem Anspruch aus Leistungskondiktion aus. Richtigerweise stellt § 366 Abs. 1 BGB im gedanklichen Gerüst der Zweckvereinbarung eine Ausnahme dar.279 Und gerade diese Ausnahme stellt die konsensuale Zweckbestimmung als solche in Frage: Warum soll die einseitige Zweckbestimmung des Schuldners nur entscheidend sein, wenn er dem Gläubiger aus mehreren Forderungen verpflichtet ist, jedoch dann keine abschließende Wirkung entfalten, wenn lediglich eine Forderung besteht und der Gläubiger jetzt die Zuwendung des Schuldners, mit welcher dieser die Erfüllung einer konkreten Forderung bezweckt, als Schenkung annehmen will?280 Aus welchem Grund hat die Erklärung des Schuldners im ersten Fall rechtlich eine abschließende Bedeutung, im zweiten Fall hingegen nicht? Diese Frage rüttelt am Verdikt einer konsensualen Zweckbestimmung. 276 277 278 279 280

Ehmann, JZ 1968, S. 550; ebenso Weitnauer, FS Caemmerer, S. 272. Vgl. oben Erster Teil § 2 I. Weitnauer, FS Caemmerer, S. 260. So explizit Rother, AcP 169 (1969), S. 32. Diese Frage wirft zu Recht Kretschmar, Erfüllung, S. 111 auf.

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hh) Ungeeignetheit bei Realleistungen und geschuldetem Unterlassen Ebenso stößt die Zweckvereinbarungstheorie bei der Erfüllung von Unterlassungspflichten oder Realleistungen in Abwesenheit des Gläubigers an ihre Grenzen. Das Zustandekommen eines Zuordnungsvertrages lässt sich in diesen Fällen nicht begründen. Die gleichwohl unternommenen Versuche – Vordatierung der Einigung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder Verzicht auf den Zugang des Zuordnungsangebotes281 – sind nicht nur angreifbar, sondern führen letztlich den vertraglichen Ansatz ad absurdum.282 ii) Benachteiligung des geschäftsunfähigen Schuldners bei Realleistungen Das Erfordernis eines Vertrags als Voraussetzung der Erfüllung zeitigt wiederum Folgen auf etwaige nicht voll geschäftsfähige Beteiligte des Erfüllungsvorgangs: Grundsätzlich bedarf es zum Abschluss des Erfüllungsvertrages Geschäftsfähigkeit. Geschäftsunfähige können weder als Schuldner noch als Gläubiger die Zweckvereinbarung abschließen. Erfüllung durch oder an Geschäftsunfähige ist daher nicht möglich. Nimmt ein in der Geschäftsfähigkeit beschränkter Gläubiger die notwendige Zweckvereinbarung an, erlischt seine Forderung bei Verwirklichung des geschuldeten Leistungserfolges, was sich für ihn als rechtlicher Nachteil im Sinne des § 107 BGB darstellt.283 Beschränkt geschäftsfähige Gläubiger können mithin die Zweckvereinbarung ebenfalls nicht abschließen. Leistung einem nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger gegenüber führen nach der Zweckvereinbarungstheorie somit nie zur Erfüllung.284 Das Erlöschen der Verbindlichkeit ist für den Schuldner hingegen lediglich rechtlich vorteilhaft. Beschränkt geschäftsfähige Schuldner können somit nach § 107 BGB die Zweckvereinbarung abschließen. Allerdings ist ihnen die Abgabe der für das dingliche Zuwendungsgeschäft erforderlichen Willenserklärungen nicht möglich. Erfüllend leisten können beschränkt geschäftsfähige Schuldner daher allein bei geschuldeten Realleistungen.285 281

Ehmann, NJW 1969, S. 1834; Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 447; Kegel, FS F. A. Mann, S. 64; Schnauder, Grundfragen, S. 66 Fn. 249, S. 134. 282 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. c) ee). 283 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 449; anders Harder, JuS 1977, S. 152, der davon ausgeht, der Erhalt der Leistung sei besser als die Innehabung der Forderung. 284 Die Annahme des Angebotes auf Übereignung der Sache ist indes wieder lediglich rechtlich vorteilhaft und wirksam; vgl. Ehmann, NJW 1969, S. 1836. 285 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 449. Dagegen übersieht Schmidt, Erfüllung, S. 83 diese Möglichkeit.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

Während also der beschränkt geschäftsfähige Schuldner durch die Erbringung von Realleistungen erfüllend leisten kann, ist gleiches dem geschäftsunfähigen Schuldner verwehrt. Seine Realleistung führt lediglich zu einem Kondiktionsanspruch gegen den Gläubiger. Folgt man dem im Rahmen dieser Arbeit vertretenen Ansatz, die von den Erfüllungstheorien aufgestellten Voraussetzungen als Bestandteile der Leistung zu betrachten,286 handelt es sich zudem um einen Anspruch aus Nichtleistungskondiktion. Diese Schlechterstellung des Geschäftsunfähigen gegenüber dem beschränkt Geschäftsfähigen stellt einen Wertungswiderspruch dar, welcher mit dem gesetzlich intendierten Schutz der nicht voll Geschäftsfähigen scheinbar nicht zu vereinbaren ist.287 Auch die Zweckvereinbarungstheorie trifft der Vorwurf, ihre konstruktiv gewonnenen Ergebnisse nicht einer Interessenprüfung hinsichtlich der Folgen im Erfüllungs- und Bereicherungsrecht unterzogen zu haben. d) Zusammenfassung zur Zweckvereinbarungstheorie Der Verdienst der Zweckvereinbarungstheorie ist es, die Übereinstimmung der Leistungsbegriffe bei § 362 Abs. 1 BGB und § 812 Abs. 1 BGB für Leistungen solvendi causa erkannt und klar herausgearbeitet zu haben.288 Zu folgen ist ihr weiterhin darin, dass sie den Streit um die Erfüllungstheorien auf die Problematik der Zuordnung reduziert und den Versuch unternommen hat, allein diese befriedigend zu lösen. Abzulehnen ist jedoch der nicht interessengerechte Ansatz einer grundsätzlich konsensualen Zuordnung.289 4. Theorie des einseitigen Erfüllungsgeschäftes Wie die Zweckvereinbarungstheorie entstand auch die Theorie des einseitigen Erfüllungsgeschäftes im Zuge kritischer Auseinandersetzung mit der Vertragstheorie. Ausgangspunkt der Theorie des einseitigen Erfüllungsgeschäftes war die Überzeugung, dass die Erfüllung nie am entgegenstehenden Willen des Gläubigers scheitern darf.290 286

Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 2. d) dd). Vgl. schon oben Erster Teil § 5 II. 1. c) dd). 288 Dazu ausführlich unten Zweiter Teil § 13 sowie Dritter Teil § 18. 289 Exemplarisch ist die Aussage Schnauders, die unverzichtbare Einigung über den Zweck werde mit dem Überweisungsträger getroffen (in: JZ 1987, S. 69). Hier wird eine einseitige Erklärung in eine Einigung umgedeutet. Bezeichnenderweise ist denn auch Schnauder selbst in der Folgezeit vom Erfordernis einer Einigung über den Zweck abgerückt; vgl. Schnauder, JuS 1994, S. 538 (einseitige Bestimmung durch den Leistenden). 290 Vgl. Gernhuber, Erfüllung, S. 107; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 67. 287

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a) Hauptaussagen Gleich der Zweckvereinbarungstheorie heben auch die Vertreter291 des einseitigen Erfüllungsgeschäftes die Verwirklichung des sachlichen Schuldinhalts als Wesen der Erfüllung hervor. Grundvoraussetzung ist somit die Herbeiführung des geschuldeten Erfolges durch den Schuldner. Im Gegensatz zu den vertraglichen Erfüllungstheorien wird das erlöschende Schuldverhältnis jedoch nicht durch Schuldner und Gläubiger gemeinsam, sondern allein durch den Schuldner bestimmt. Die notwendige Zuordnung muss nicht ausdrücklich erfolgen; ebenso sind konkludente Zuordnungsbestimmungen möglich.292 Durch das Treffen der einseitigen Zuordnungsbestimmung verfügt der Schuldner über den Gegenstand der Vermögensverschiebung.293 Wegen dieses verfügenden Charakters ist die Zuordnungsbestimmung rechtsgeschäftlicher Natur.294 Der geäußerte Wille ist mithin auch darauf gerichtet, dass eine bestimmte Forderung erlischt,295 weshalb der Erfüllungseintritt Willenswirkung ist. Als Willenserklärung folgt die Zuordnungsbestimmung den Regeln der §§ 104 ff. BGB. Gemäß §§ 133, 157 BGB erlischt das objektiv bestimmte – und nicht das vom Schuldner subjektiv gewollte – Schuldverhältnis. Die Zuordnungsbestimmung als einseitiges Rechtsgeschäft ist aber kein Bestandteil des dinglichen Rechtsgeschäfts, sondern von diesem zu unterscheiden.296 Die rechtsgeschäftliche Natur der Zuordnungsbestimmung verhindert eine Erfüllung durch geschäftsunfähige Schuldner.297 Beschränkt Geschäftsfähige dagegen sind in der Lage, eine Zuordnungsbestimmung abzugeben,298 ist 291

Dernburg, Das bürgerliche Recht des Deutschen Reiches und Preußens, Band II/1, § 113 (S. 280); Bauer, Natur der Erfüllung, S. 87; Manigk, Anwendungsgebiet der Vorschriften für die Rechtsgeschäfte, S. 41; Rosenberg, JherJB 43, S. 212; Lutz, Rechtsnatur der Erfüllung, S. 50; Alexander, Natur der Erfüllung, S. 32, 68; Havenstein, Erfüllung, S. 29; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 31, 38 ff.; Schnorr von Carolsfeld, FS für Lübtow, S. 675 f.; Leonhard, AcP 21 (1887), 202; Schollmeyer, Bürgerliches Gesetzbuch, Anm. 1 zu § 366; Scheyhing, AcP 157 (1957), S. 386; Thomä, JZ 1962, S. 626; Wieling, JZ 1977, S. 291. Ebenso Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 38 II 1 (S. 227), allerdings beschränkt auf rechtsgeschäftliche Verpflichtungen. 292 Schnorr von Carolsfeld, FS für Lübtow, S. 677; Havenstein, Erfüllung, S. 15; Manigk, Anwendungsgebiet der Vorschriften für die Rechtsgeschäfte, S. 44. 293 Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 386; ebenfalls Welker, Zweckverfehlung, S. 69. 294 Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 386. 295 Thomä, JZ 1962, S. 626; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 21; Schmidt, Erfüllung, S. 44; Schnorr von Carolsfeld, FS Lübtow, S. 676; Lutz, Rechtsnatur der Erfüllung, S. 52. 296 Havenstein, Erfüllung, S. 19. Anderer Ansicht Thomä, JZ 1961, S. 626. 297 Alexander, Natur der Erfüllung, S. 37.

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doch das Erlöschen der sie treffenden Verbindlichkeit rechtlich vorteilhaft gemäß § 107 BGB.299 Erfüllung tritt allerdings nur ein, wenn sie auch die Zuwendung wirksam vornehmen können. Da der Verlust des Eigentums oder anderer Rechtspositionen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist, kommen nur reale Zuwendungen in Frage. Allein geschuldete Realleistungen können beschränkt geschäftsfähige Schuldner daher erfüllen. Ist dagegen der Gläubiger nicht geschäftsfähig, tritt Erfüllung nach § 131 Abs. 1 BGB in der Regel erst ein, wenn die Zuordnungsbestimmung dem gesetzlichen Vertreter zugeht. Dies gilt auch für den beschränkt geschäftsfähigen Gläubiger, führt doch der Zugang der Zuordnungsbestimmung zusammen mit dem Erhalt der Zuwendung zum Erlöschen der Forderung. Die Zuordnungsbestimmung ist also nie rechtlich vorteilhaft, weshalb auch einem beschränkt geschäftsfähigen Gläubiger die Zuordnungsbestimmung nicht bereits nach § 131 Abs. 2 S. 2 BGB zugehen kann. Die Erfüllung einem nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger gegenüber ist nicht möglich. Wenn die Theorie des einseitigen Erfüllungsgeschäftes für den Eintritt der Erfüllung die Herbeiführung des geschuldeten Erfolges sowie eine einseitige, rechtsgeschäftliche Zuordnungsbestimmung seitens des Schuldners verlangt,300 hätte das zur Folge, dass die Erfüllung wegen des rechtsgeschäftlichen Charakters der Zuordnungsbestimmung selbst dann ein Rechtsgeschäft ist, wenn das Zuwendungsgeschäft einer rechtsgeschäftlichen Komponente entbehrt. Dies betrifft vor allem Realleistungen und geschuldetes Unterlassen, für welche die Theorie des einseitigen Erfüllungsgeschäftes den Erfüllungsvorgang unnötig verkompliziert. Soweit mochte ein Teil der Autoren dann doch nicht gehen. Stattdessen entwickelten sie eine dualistische Erfüllungstheorie – ähnlich der modifizierten Vertragstheorie301 –, nur basierend auf dem einseitigen Rechtsgeschäft.302 Lediglich bei Schuldverhältnissen mit rechtsgeschäftlichem Leistungsgegenstand bedarf es einer rechtsgeschäftlichen Zuordnungsbestimmung des Schuldners. Ist hingegen eine Realleistung geschuldet, reicht die bloße Herbeiführung des geschulde298

Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 69. Dagegen folgert Alexander, Natur der Erfüllung, S. 35 f. die Möglichkeit der Erfüllung des beschränkt Geschäftsfähigen aus § 110 BGB. Dort habe das Gesetz festgehalten, dass beschränkt Geschäftsfähige Verträge erfüllen können, sogar Verträge mit rechtsgeschäftlichem Leistungsinhalt. Dabei übersieht Alexander, dass § 110 BGB nur eine spezielle Form der nach § 107 BGB erforderlichen Einwilligung darstellt. 300 Rosenberg, JherJB 43, S. 212. 301 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 2. 302 Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 38 II (S. 227 f.); Cosack, Bürgerliches Recht, § 102 II (S. 409); Thomä, JZ 1962, 627; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 60 (S. 250 ff.). 299

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ten Erfolges.303 Die Zuordnung zu einem Schuldverhältnis ergibt sich dann schon aus dem Verpflichtungsgeschäft.304 Aus der Theorie des einseitigen Erfüllungsgeschäftes entwickelte sich mithin die modifizierte Theorie des einseitigen Erfüllungsgeschäftes. b) Argumente der Vertreter Die Argumente für die Theorie des einseitigen Rechtgeschäfts erwachsen zum größten Teil aus der Kritik an den vertraglichen Erfüllungstheorien. aa) Interessengerechtigkeit einer schuldnerischen Zuordnung Dass eine vertragliche Zuordnung bei der Erfüllung gemäß § 362 BGB weder praktikabel noch interessengerecht ist, wurde bereits mehrfach ausgeführt.305 Eine einseitige Zuordnung durch den Gläubiger ist ebenfalls abzulehnen.306 Allein das Bestimmungsrecht in der Person des Leistenden kompensiert dessen freiwillige Übernahme des Insolvenzrisikos des Gläubigers, zumal er seine Leistungshandlungen immer an einem von ihm ausgewählten Schuldverhältnis ausrichtet.307 Nur wenn seine Zuordnung entscheidend ist, sind seine Handlungen auch erfüllungsgeeignet.308 bb) Existenz des § 366 Abs. 1 BGB Untermauert wird die Theorie durch die Existenz des § 366 Abs. 1 BGB. Dieser verdeutlicht, dass allein der Wille des Schuldners entscheidet, welches Schuldverhältnis durch Erfüllung erlischt.309 Darüber hinaus lässt sich § 366 Abs. 1 BGB der Charakter der Zuordnungsbestimmung als Willenserklärung entnehmen. Wenn nämlich der Schuldner eine Forderung bestimmt und diese daraufhin erlischt, muss das Erlöschen Folge seines darauf gerichteten Willens sein.310 303 Unrichtig deshalb der Einwand der Vertragstheorie, der Gläubiger wüsste nichts vom Zweck der Zahlung, so aber Matthiaß, Lehrbuch des bürgerlichen Rechts, § 92 II (S. 416). 304 Thomä, JZ 1962, 627. 305 Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 1 und Erster Teil § 5 II. 1. c) gg) sowie Erster Teil § 5 II. 3. c) ee). 306 Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 2. a) sowie Erster Teil § 3 I. 2. b). 307 Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 2. b). 308 Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 2. b). 309 Alexander, Natur der Erfüllung, S. 65; Schnorr von Carolsfeld, FS Lübtow, S. 675. 310 Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 39; Schnorr von Carolsfeld, FS Lübtow, S. 675; Havenstein, Erfüllung, S. 60.

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cc) Inkorporation des § 267 BGB in die Erfüllungslehre Auch die erfüllende Wirkung einer Drittleistung gemäß § 267 BGB kann durch die Theorie des einseitigen Rechtsgeschäftes widerspruchslos erklärt werden. Wie der Schuldner setzt der Dritte eigenes Vermögen zum Zwecke der Erfüllung ein und übernimmt durch seine Leistung das Insolvenzrisiko des Gläubigers. Deshalb steht allein ihm das Recht zu, das erlöschende Schuldverhältnis zu bestimmen.311 Nach der Theorie des einseitigen Rechtsgeschäftes gehört sowohl zur Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB als auch zur Drittleistung gemäß § 267 BGB eine einseitige, zuordnende Willenserklärung.312 dd) Erfassen von Realleistungen Anders als den vertraglichen Erfüllungstheorien bereitet die Erfüllung von Realleistungen der Theorie des einseitigen Erfüllungsgeschäftes keine dogmatischen Schwierigkeiten.313 Der Schuldner gibt bei der Erbringung seiner Handlung – regelmäßig konkludent – eine Zuordnungsbestimmung ab.314 Diese geht dem Gläubiger im Falle seiner Anwesenheit bei der Erbringung der Realleistung auch unproblematisch zu. Die Frage nach dem Zugang der Zuordnungsbestimmung stellt sich erst, wenn der Gläubiger nicht anwesend ist. Sollte die Realleistung mit einer Abnahme verbunden sein, geht dem Gläubiger spätestens im Zuge der Abnahme die Zuordnungsbestimmung zu.315 Alle anderen möglichen Dienstleistungen in Abwesenheit des Gläubigers, wie etwa Rasenmähen oder Heckenschneiden, werden in dessen Herrschaftsbereich vorgenommen. Zugang einer Willenserklärung liegt aber bereits vor, wenn die Erklärung in den Machtbereich des Empfängers gelangt und unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist.316 Nicht erforderlich ist hingegen die tatsächliche Kenntnisnahme.317 Wird die Realleistung nun im Herrschafts311

Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 3. c). Alexander, Natur der Erfüllung, S. 31; Havenstein, Erfüllung, S. 35. 313 Darin sieht Havenstein, Erfüllung, S. 21 die Überlegenheit seiner Ansicht manifestiert. 314 Ehricke, JZ 1999, S. 1075; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 97. 315 Zum zeitlichen Verhältnis von Zuordnungsbestimmung und Zuwendung vgl. auch unten Erster Teil § 10. 316 Bork, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 619; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 26 Rdnr. 17; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 274; Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 149; BGHZ 67, 271 (275); BAG NJW 1984, 1651. 312

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bereich des Gläubigers erbracht, befindet sich die konkludente Zuordnungsbestimmung schon im Machtbereich des Empfängers, und er kann dann davon Kenntnis erlangen, wenn unter gewöhnlichen Umständen mit seiner Rückkehr zu rechnen ist. Selbst bei Realleistungen bereitet der Zugang der Zuordnungsbestimmung keine Schwierigkeiten.318 ee) Einheitlicher Erfüllungsbegriff Mit Reduzierung der Erfüllungsvoraussetzungen auf Herbeiführung des geschuldeten Erfolges und Zuordnung des Schuldners wird dem Umstand Rechnung getragen, dass Grund für das Erlöschen der Forderung allein die Befriedigung des Gläubigerinteresses ist: Erfüllung als Folge der Gläubigerbefriedigung, welche auf dem Eintritt des Erfolges beruht. Weiterhin hat der Gläubiger ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis des erlöschenden Schuldverhältnisses. Weitere Voraussetzungen sind nicht erforderlich. Die Befriedigung des Gläubigerinteresses vermag als Kriterium zudem eine klare Grenze zwischen der Erfüllung einerseits und anderen Erlöschensgründen, wie den Erfüllungsersetzungen oder dem Erlass, anderseits zu ziehen.319 ff) Einheitlicher Leistungsbegriff Da eine beachtliche Ansicht in der bereicherungsrechtlichen Zwecksetzung ebenfalls eine Willenserklärung sieht,320 gilt für die Theorie des einseitigen Rechtsgeschäfts heute, was früher für die Zweckvereinbarungstheorie galt: Der Begriff Leistung würde sich sowohl im Rahmen des § 812 317 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerliches Rechts, § 26 Rdnr. 17; Bork, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 619; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 275; BAG NJW 1984, 1651. 318 Gänzlich unproblematisch ist die Erfüllung von Realleistungen in der modifizierten Form des einseitigen Erfüllungsgeschäftes. Hier genügt schon die Erbringung der Realleistung für die Erfüllung. Eine Zuordnungsbestimmung ist nicht erforderlich. 319 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 18. 320 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, S. 82; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 99); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 133); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 19; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 45; Jauernig/Stadler, § 812 Rdnr. 6; Eckert, JR 1989, S. 202; Ehmann, NJW 1969, S. 183; Köndgen, FG für Esser, S. 71 ff.; St. Lorenz, JuS 2003, S. 730; Lent, Anweisung, S. 21; Martinek, NJW 1992, S. 3142; Schnorr von Carolsfeld, FS für Lübtow, S. 676; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 386; Thomä, JZ 1962, S. 626; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 262; ders., DB 1984, S. 2498; ders., NJW 1979, S. 2008; Wieling, JZ 1977, S. 291.

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Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB als auch bei § 362 Abs. 1 BGB aus einer Zuwendung und deren Zuordnung zusammensetzen. Die Theorie des einseitigen Rechtsgeschäftes kommt daher ebenfalls zu einem einheitlichen, sowohl das Erfüllungsrecht als auch das Bereicherungsrecht umschließenden Leistungsbegriff.321 gg) Wortlautargumente Neben systematischen und teleologischen Argumenten wird auch ein Wortlautargument geltend gemacht. Dazu sahen sich die Vertreter des einseitigen Erfüllungsgeschäftes genötigt, weil der Wortlaut des § 362 Abs. 2 BGB mit seinem Verweis auf § 185 BGB scheinbar gegen ihre Ansicht spricht: Durch die Vorschrift des § 185 Abs. 2 BGB wird dem Gläubiger die Möglichkeit eröffnet, Zuwendungen, die der Schuldner nicht dem Gläubiger, sondern einem Dritten gegenüber vorgenommen hat, auch ohne Erfolgseintritt in der Person des Gläubigers als erfüllungstauglich zu genehmigen.322 Bei der Zuordnung durch den Schuldner handelt es sich aber um ein einseitiges Rechtsgeschäft. Einseitige Rechtsgeschäfte, die gegenüber dem Nichtberechtigten vorgenommen werden, können nicht nachträglich genehmigt werden.323 In der Situation der §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 2 BGB könnte der Gläubiger demnach die Abgabe der Zuordnungsbestimmung dem Dritten gegenüber nicht genehmigen. Eine nachträgliche Genehmigung der Leistung an den Dritten, die dann gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 BGB zur Erfüllung führt, scheint nach der Theorie des einseitigen Rechtsgeschäfts entgegen dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ausgeschlossen. Dennoch ist der Wortlaut keine Hürde: Wird ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht mit dessen (sic! des falsus procurators) Einverständnis erbracht, finden nämlich nach § 180 S. 3 BGB die Vorschriften über Verträge, also die §§ 182 ff. BGB und somit auch § 185 Abs. 2 BGB, entsprechende Anwendung.324 In aller Regel ist der Dritte mit der Zuwendung an seine Person einverstanden. Damit ist die Leistung schwebend unwirksam und kann genehmigt werden.325 Mithin steht der Wortlaut des § 362 Abs. 2 BGB der Theorie des einseitigen Erfüllungsgeschäftes nicht im Wege. 321

Zur Gleichheit der Leistungsbegriffe vgl. Zweiter Teil § 13 und Dritter Teil

§ 18. 322 Zum Verständnis des § 362 Abs. 2 BGB vgl. unten Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (2). 323 MüKo/Schramm, § 180 Rdnr. 14; Staudinger/Schilken, § 180 Rdnr. 1. 324 Havenstein, Erfüllung, S. 42, 46. 325 Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 33 f.

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c) Kritik an der Theorie des einseitigen Erfüllungsgeschäftes Die kritische Auseinandersetzung mit der Theorie des einseitigen Erfüllungsgeschäfts soll erst nach Vorstellung der Theorie der realen Leistungsbewirkung sowie der Theorie der finalen Leistungsbewirkung erfolgen,326 weil es sich dabei um eine grundsätzliche Entscheidung zwischen subjektiver und objektiver Erfüllung abseits vertraglicher Erfüllungslehren handelt. 5. Theorie der realen Leistungsbewirkung Kann auch heutzutage von einer herrschenden Meinung in der Erfüllungslehre schwerlich gesprochen werden, lässt sich doch feststellen, dass vor allem die Theorie der realen Leistungsbewirkung eine große Anzahl von Anhängern in Rechtsprechung327 und Literatur328 hinter sich vereinen kann. Das dogmatische Gerüst dieser Theorie beruht auf den frühen Arbeiten von Kretschmar und Boehmer zur Rechtsnatur der Erfüllung.329 Dabei konnte insbesondere Kretschmar Gedanken aus dem römischen Recht fruchtbar machen. Wie schon zur Zeit des klassischen römischen Rechts330 begriffen beide Autoren das Wesen der Erfüllung in der bloßen Realisation der Obligation.331 Aus diesem Ansatz entwickelte Karl Larenz die heute so genannte Theorie der realen Leistungsbewirkung.332 326

Vgl. unten Erster Teil § 6. Vgl. nur BGH NJW 1991, 1294 (1295); BGH NJW 1992, 2698 (2699); BAG NJW 1993, 2397 (2398); LG Hamburg, NJW 1983, 1860. 328 Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 237; Larenz, Schuldrecht I, § 18 (S. 238); Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17 II 2 (S. 279); Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 402; Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 55 I (S. 169 ff.); Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 14 Rdnr. 5; Westermann/Bydlinski/Weber, BGB-Schuldrecht AT, § 19 Rdnr. 7; Siber, Schuldrecht, S. 119; Oertmann, BGB, § 362 Anm. 5; Planck/Siber, BGB, Anm. 2 b) zu § 362; Staudinger/Kaduk, 12. Aufl., Vorb. 18 zu § 362 ff.; Staudinger/Olzen, Vorb. 14 zu §§ 362 ff.; Soergel/Zeiss, Vorb. 7 zu § 362; Erman/Westermann, § 362 Rdnr. 3; Jauernig/Stürner, § 362 Rdnr. 2; MüKo/ Heinrichs, 13. Auflage, § 362 Rdnr. 13; MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 12; Palandt/ Heinrichs, § 362 Rdnr. 5; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 362 Rdnr. 2; Hk-BGB/ Schulze, § 362 Rdnr. 7; Bälz, FS Gernhuber, S. 15; Kümper, Natur der Erfüllung, S. 44; Kohler, JherJB 57, S. 261 f.; Krawielicki, Grundlagen, S. 123; von Caemmerer, FS Dölle I, S. 141; Maier, AcP 152 (1952/1953), S. 105; Möschel, JuS 1972, S. 300 Fn. 28; Meyer-Cording, FS Pleyer, S. 95; Welker, Zweckverfehlung, S. 49; Westermann, causa, S. 91. 329 Kretschmar, Erfüllung, S. 107 ff.; Boehmer, Der Erfüllungswille, S. 58 ff. 330 Vgl. oben Erster Teil § 5 I. 1. 331 Kretschmar, Erfüllung, S. 21 ff. 332 Begriff erstmals verwandt in Larenz, Schuldrecht I, 6. Auflage, § 26 (S. 307). 327

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

a) Hauptaussagen Der Eintritt der Erfüllungswirkung setzt primär die Herbeiführung des geschuldeten Erfolges voraus.333 Das allein reicht jedoch nicht aus, vielmehr muss der Erfolg auf einer ursächlichen Handlung des Schuldners oder eines Dritten beruhen.334 Ungeklärt bleibt damit jedoch das Zuordnungsproblem, die Frage nach dem erlöschenden Schuldverhältnis. Die Notwendigkeit eines Bezugs von Zuwendung zu einem Schuldverhältnis wird auch von den Vertretern der realen Leistungsbewirkung anerkannt.335 Nur wird der Bezug ihrer Meinung nach nicht durch eine Erklärung des Schuldners oder beider Parteien geschaffen, sondern ergibt sich aus den objektiven Umständen der Leistungsbewirkung, mithin aus Evidenz.336 Sind die die Zuwendung begleitenden Umstände ausnahmsweise nicht eindeutig, bestimmt dispositives Gesetzesrecht – z. B. §§ 366 Abs. 2, 367 BGB – die erlöschende Forderung.337 Evidenz liegt dabei immer vor, wenn die erbrachte Leistung mit der aus einem Schuldverhältnis geschuldeten Leistung übereinstimmt.338 Voraussetzung dieser auf objektiver Kongruenz aufbauenden Theorie ist es aber, die geschuldete Leistung genau zu bestimmen, was zur Herausarbeitung eines exakten Obligationsbegriffs führte.339 Entspricht die konkrete Leistung genau dem in der Obligation vorgezeichneten abstrakten Bild, ergibt sich die Zuordnung aus den äußeren Umständen. Ist eine Zuordnung durch den Schuldner mithin nicht erforderlich, muss er bei der Leistung keine Zuordnungserklärung abgeben. Die Erfüllungswirkung einer Leistung ist vom Willen der Beteiligten unabhängig,340 wenn auch der Schuldner in der Regel die Erfüllung einer bestimmten Forderung bezwecken wird.341 Erfüllung ist allein Folge des Erfolgseintritts und damit Tat333

Kretschmar, Erfüllung, S. 108. Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 8. 335 Dass eine Bezugsetzung überflüssig sei, behaupten auch die Vertreter der realen Leistungsbewirkung nicht; vgl. nur MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 13; Staudinger/Olzen, Vorb. 14 zu §§ 362 ff. Unzutreffend daher Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 89. 336 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 238); Staudinger/Olzen, Vorb. 14 zu §§ 362 ff.; Kretschmar, Erfüllung, S. 21 ff.; Boehmer, Erfüllungswille, S. 48; Welker, Zweckverfehlung, S. 50; Möschel, JuS 1972, S. 300; Lorenz, AcP 168, S. 301. 337 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 9; von Caemmerer, FS Dölle, S. 141; Siber, Schuldrecht, S. 120. 338 von Caemmerer, FS Dölle, S. 141. 339 Vor allem durch Kretschmar, Erfüllung, S. 123 ff. und Boehmer, Erfüllungswille, S. 16 ff. 340 Boehmer, Erfüllungswille, S. 48; Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 238); Schmidt, Erfüllung, S. 51. 341 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 238). 334

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bestandswirkung, nicht Willenswirkung.342 Leistung des Schuldners im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB bedeutet dieser Ansicht nach allein eine bewusste Mehrung des Gläubigervermögens.343 Unkompliziert bestimmt sich nach dieser Ansicht die Erfüllungswirkung von Leistungshandlungen nicht voll geschäftsfähiger Schuldner. Rechtsgeschäftliche Zuwendungsgeschäfte können sowohl der Geschäftsunfähige als auch der beschränkt Geschäftsfähige344 nicht vollziehen. Besteht die geschuldete Zuwendung hingegen in einer Realhandlung, etwa einer Dienstbzw. Werkleistung oder in einem Unterlassen, könnten auch nicht voll Geschäftsfähige erfüllen, denn Geschäftsfähigkeit des Schuldners ist bei der Theorie der realen Leistungsbewirkung nicht erforderlich.345 Dies ist die logische Folge des Ansatzes, welcher die Erfüllung auf die Herbeiführung des Erfolges beim Gläubiger reduziert. Für nicht voll geschäftsfähige Gläubiger gilt folgendes: Der geschuldete Erfolg tritt durch die Erbringung von Realleistungen und Unterlassen bei allen nicht voll geschäftsfähigen Gläubigern ein. Dies gilt gemäß § 107 BGB sogar für rechtsgeschäftliche Zuwendungen dem beschränkt geschäftsfähigen Gläubiger gegenüber. Lediglich den rechtsgeschäftlichen Leistungen gegenüber geschäftsunfähigen Gläubigern ist gemäß §§ 104, 105 Abs. 2 BGB der Erfolg versagt. In allen anderen Fällen müsste eigentlich Erfüllung auch durch Leistung an den nicht voll Geschäftsfähigen eintreten.346 Diese ihrem Ansatz entsprechende Konsequenz wollten aber die Vertreter der realen Erfüllungslehre nicht ziehen.347 Stattdessen entwickelten Blomeyer und Larenz zum Schutz nicht voll geschäftsfähiger Gläubiger den Begriff der Empfangszuständigkeit.348 Erfüllung tritt danach nur ein, wenn der Gläubiger zur Annahme der Leistung auch befugt ist,349 wobei nicht voll Geschäftsfähige grundsätzlich nicht zur Annahme der Leistung befugt 342 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17 II (S. 277); Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 239); Boehmer, Erfüllungswille, S. 57. 343 Dies wird erstaunlicherweise nur von Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 8 ausgesprochen. 344 Der Verlust seiner dinglichen Rechtsposition ist ein rechtlicher Nachteil im Sinne des § 107 BGB. 345 Vgl. Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 12; Schmidt, Erfüllungswillen, S. 61. 346 So noch Boehmer, Erfüllungswille, S. 70. 347 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 75. 348 Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, § 38 (S. 257); Larenz, Schuldrecht I, 6. Auflage, § 26 (S. 308). 349 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 240); Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 46 Rdnr. 62; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 386; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 228; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 504.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

sind.350 Die Notwendigkeit einer Empfangszuständigkeit ergibt sich nach ihren Vätern aus den §§ 362 Abs. 2 i. V. m. 185, 1812, 1813 BGB.351 Dabei stellt die Annahme der Leistung keine Verfügung über die Forderung dar, wie von der Vertragstheorie angenommen.352 Die Empfangszuständigkeit richtet sich lediglich nach den gleichen Grundsätzen wie die Verfügungsmacht.353 Allerdings ist auch die Theorie der realen Leistungsbewirkung gezwungen, entgegen ihrer Prämisse in einigen Situationen eine Tilgungsbestimmung des Leistenden anzuerkennen. So ist etwa eine Zuordnungsbestimmung gemäß § 366 Abs. 1 BGB beachtlich,354 im Rahmen des § 267 Abs. 1 BGB sogar notwendig.355 Das in Ausnahmefällen Erforderliche zum Notwendigen zu machen, hieße für die Vertreter dieser Theorie allerdings, über das Ziel hinauszuschießen.356 b) Argumente für eine reale Erfüllung Für die Theorie der realen Leistungsbewirkung sprechen einige gewichtige Argumente: aa) Wortlautargumente Auch die Vertreter der Theorie der realen Leistungsbewirkung untermauern ihre Ansicht mit dem Wortlaut des § 362 Abs. 1 BGB. Wird dort schlicht vom „Bewirken der geschuldeten Leistung“ gesprochen, so zeige dies, dass mehr als die Vornahme der Leistungshandlung und der Erfolgseintritt zur Erfüllung eben nicht erforderlich sei.357 Zusätzlich enthält § 362 350 Die Empfangsbefugnis fehlt zudem bei Gläubiger, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (§ 80 Abs. 1 InsO) oder wenn ein Testamentsvollstrecker anstelle der Erben eingesetzt wurde (§ 2211 BGB), vgl. Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 386; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 228. 351 MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 15; Staudinger/Kaduk, 12. Aufl., Vorbem. 28 zu §§ 362 ff.; Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 36; Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 241). 352 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. a). 353 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 241); Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 36; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 15; Jauernig/Stürner, § 362 Rdnr. 2. 354 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 241). 355 Vgl. oben Erster Teil § 2 II. 3. 356 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 241); Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 6; MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 13. 357 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 240); Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 402; Staudinger/Olzen, Vorb. 7 zu §§ 362 ff.; Welker, Zweckverfehlung, S. 46; Schreiber, Jura 1993, S. 666.

§ 5 Auseinandersetzung mit den Erfüllungstheorien

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Abs. 2 BGB mit dem Verweis auf § 185 BGB einen klaren Hinweis auf die Regeln über die Verfügungsmacht. Da die Erfüllung keine Verfügung des Gläubigers über seine Forderung ist, kann dieser Verweis nur die gesetzliche Festschreibung der Empfangszuständigkeit sein. Diese wiederum ist deshalb notwendig, weil allein die Herbeiführung des Erfolges zur Erfüllung führt. Beide Absätze stützen die Richtigkeit der Theorie der realen Leistungsbewirkung. Nur der Theorie der realen Leistungsbewirkung gelinge im Übrigen die systematische Integration der §§ 366 Abs. 2, 367 Abs. 1 BGB. Dass es der Zuordnung des Schuldners selbst in solchen Fällen nicht bedarf, in welchen eine objektive Zuordnung aufgrund einer Forderungsmehrheit versagt, zeige § 366 Abs. 2 BGB,358 in welchem das Gesetz selbst die Tilgungsreihenfolge bestimmt.359 Zudem ist eine, von der durch § 367 Abs. 1 BGB festgelegten Tilgungsreihenfolge abweichende, Tilgungsbestimmung des Schuldners sogar unbeachtlich.360 Beide Vorschriften lassen sich nur in die Erfüllungslehre eingliedern, wenn man im Grundsatz die Notwendigkeit einer Zuordnungsbestimmung des Schuldners ablehnt. bb) Vereinfachung des Erfüllungsprozesses Die Theorie der realen Leistungsbewirkung kann für sich in Anspruch nehmen, dass ihre Konstruktion der Erfüllung auf unnötige rechtsgeschäftliche Elemente verzichtet.361 Sie stellt sicher, dass jede erfüllungsgeeignete Handlung auch zur Erfüllung führt, sofern nur der geschuldete Erfolg eingetreten ist.362 Damit stellt sie an den Erfüllungsvorgang keine höheren Anforderungen als vom Gesetz für das Zuwendungsgeschäft vorgesehen ist.363 Indem die Erfüllung auf die beiden Faktoren schuldnerische Handlung und Erfolg reduziert wird, vereinfacht sie die Voraussetzungen der Erfüllung erheblich und erfüllt die an jede Theorie gestellten Simplizitätsbestrebungen.364 358 Kretschmar, Erfüllung, S. 107; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 402; MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 13. 359 Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 395. 360 Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 396. 361 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 23; Staudinger/Kaduk, 12. Aufl., Vorbem. 20 zu §§ 362 ff. hält ein Rechtsgeschäft bei Realhandlungen für ein „künstliches Gebilde“. 362 Kretschmar, Erfüllung, S. 108; Seibert, JZ 1981, S. 382. 363 Seibert, JZ 1981, S. 382. 364 Larenz, Methodenlehre des Rechts, S. 444; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 18; ders., JZ 1981, S. 382; Esser, Schuldrecht I, 4. Auflage, § 17 (S. 181).

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cc) Erklärung der unbewussten Erfüllung Als Folge der Vereinfachung lässt sich mit der Theorie der realen Leistungsbewirkung sogar die unbewusste Erfüllung erklären,365 über deren Behandlung schon im Gesetzgebungsverfahren Unklarheit bestand.366 Erfüllung tritt danach auch dann ein, wenn der Schuldner bei Vornahme der Leistungshandlung gar nicht die Erfüllung einer fremden Forderung bezweckt. Als Beispielsfall wird angeführt, ein Uhrmacher repariert die Uhr seines Kunden in der Annahme, es handele sich um seine eigene.367 Da zumindest die Leistungshandlung des Uhrmachers bewusst erfolgt und weitergehend zum Erfolgseintritt führt, liegt nach der Theorie der realen Leistungsbewirkung Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB vor. dd) Integration von Realleistungen und Unterlassen Weiterhin spricht für diese Theorie, dass sie die Erfüllung rechtsgeschäftlicher Leistungen ebenso bruchlos erklären kann wie die Erfüllung von Dienst- oder Werkverträgen.368 Sogar die Erfüllung von Unterlassenspflichten bereitet keine Schwierigkeit: Sofern der Schuldner nur objektiv schuldgerecht unterlässt, tritt Erfüllung ein.369 ee) Einheitlicher Erfüllungsbegriff Durch die Betonung der Erfolgsorientiertheit lässt sich die Erfüllung zudem klar von anderen Erlöschensgründen, insbesondere dem Erlass und der Annahme an Erfüllungs Statt, abgrenzen.370 ff) Erfüllungsermöglichung für nicht geschäftsfähige Schuldner Die weitgehende Erfüllungsermöglichung zeitigt auch Folgen bei der Leistung nicht voll geschäftsfähiger Schuldner. Da allein die Herbeiführung 365 Welker, Zweckverfehlung, S. 50; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 75. 366 Motive I, S. 86. 367 Vgl. nur MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 13; Welker, Zweckverfehlung, S. 26. 368 Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 55 I (S. 171); Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17 II (S. 279); Staudinger/Kaduk, 12. Aufl., Vorbem. 32 zu §§ 362 ff.; Kümper, Natur der Erfüllung, S. 35. 369 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 239); Kretschmar, Erfüllung, S. 108; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 74. 370 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 18.

§ 5 Auseinandersetzung mit den Erfüllungstheorien

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des Erfolges Voraussetzung der Erfüllung ist, können sowohl geschäftsunfähige als auch beschränkt geschäftsfähige Schuldner grundsätzlich erfüllen, sofern sie nur die Zuwendung wirksam erbringen können.371 Dies ist bei Realleistungen und Unterlassenspflichten immer der Fall. Wegen der Erfüllungswirkung seiner Leistung muss sich der nicht voll Geschäftsfähige nach Erbringung seiner Zuwendung nicht auf einen Kondiktionsanspruch verweisen lassen. Dies scheint, wie oben gezeigt,372 einen Vorteil für den Geschäftsunfähigen darzustellen.373 Für die Theorie der realen Leistungsbewirkung spricht also, dass sie partiell die Erfüllung durch nicht voll geschäftsfähige Schuldner ermöglicht. c) Kritik an der Theorie der realen Leistungsbewirkung Eine kritische Auseinandersetzung mit der Theorie der realen Leistungsbewirkung findet erst als grundsätzliche Entscheidung zwischen subjektiver und objektiver Erfüllung nach Vorstellung der Theorie der finalen Leistungsbewirkung statt. 6. Theorie der finalen Leistungsbewirkung Die „neueste“ Entwicklung auf dem Gebiet der Erfüllung ist die Theorie der finalen Leistungsbewirkung. Das dogmatische Grundgerüst dieser Theorie stammt von Beuthien,374 der Begriff hingegen von Seibert, einem anderen Vater dieser Theorie.375 Inhaltlich versucht die Theorie der finalen Leistungsbewirkung die verschiedenen, als richtig erkannten Aspekte der Zweckvereinbarungstheorie, der Theorie des einseitigen Rechtsgeschäftes sowie der Theorie der realen Leistungsbewirkung unter Ausschaltung ihrer Mängel zu kombinieren. Angesichts der beachtlichen Anzahl von Autoren, die sich ihr mittlerweile angeschlossen haben,376 stellt sie neben der Theorie der realen Leistungsbewirkung eine der beiden dominierenden Erfüllungstheorien dar. 371 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 75; Kümper, Natur der Erfüllung, S. 35. 372 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. c) dd) sowie Erster Teil § 5 II. 3. c) ii). 373 Schmidt, Erfüllung, S. 49. 374 Beuthien, Zweckerreichung, S. 288 ff. 375 Seibert, Erfüllung durch finale Leistungsbewirkung, S. 2; ders., JZ 1981, S. 383. 376 Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 499 ff.; Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 705 ff.; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II 3 (S. 98); Soergel/Zeiss, vor § 362 Rdnr. 7; Beuthien, Zweckerreichung, S. 288; Bülow, JuS 1991, S. 531; Canaris, FS Larenz I, S. 821, 827 Fn. 22; ders., BB 1972, S. 777; ders., WM 1980, S. 355 ff.; Eckert, JR 1989, S. 202; Ehricke, JZ 1999, S. 1075; Gernhuber, Erfüllung, S. 110; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 79 ff.; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 13, 319; Lorenz,

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a) Hauptaussagen Auch die Theorie der finalen Leistungsbewirkung sieht die Verwirklichung des Obligationsinhaltes als entscheidendes Merkmal der Erfüllung. Maßgebliche Voraussetzung jeder Erfüllung ist daher der Eintritt des geschuldeten Erfolges.377 Zusätzlich muss der Erfolg auf einer Handlung des Schuldners beruhen. Die Lösung des Zuordnungsproblems, mithin die Frage nach dem erlöschenden Schuldverhältnis, sieht die Theorie der finalen Leistungsbewirkung allerdings weder in objektiven Umständen noch in einer konsensualen Zuordnung, sondern in der grundsätzlich erforderlichen Tilgungsbestimmung des Schuldners.378 Die Zuordnungsbestimmung muss jedoch nicht ausdrücklich erklärt werden. Stattdessen wird sie bei einer großen Anzahl von Erfüllungsvorgängen konkludent abgegeben.379 Das bestimmte Schuldverhältnis erlischt nicht, weil der Schuldner dies gewollt hat, sondern weil der geschuldete Erfolg eingetreten ist.380 Der Zuordnungsbestimmung kommt daher kein verfügender Charakter zu. Stattdessen tritt die Erfüllung ipso iure ein,381 ist also Tatbestands- und nicht Willenswirkung. Folgerichtig ist für die Vertreter der finalen Erfüllungslehre die Zuordnungsbestimmung keine Willenserklärung, sondern lediglich eine geschäftsähnliche Handlung, auf welche jedoch die §§ 104 ff. BGB analoge Anwendung finden können.382

JuS 1968, S. 442; St. Lorenz, JuS 2003, S. 37; ders., JuS 2003, S. 730; Schlechtriem, JZ 1993, S. 26; Schmidt, Erfüllung, S. 106 ff.; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 149; Seibert, JZ 1981, S. 385; Stolte, JZ 1990, S. 222; Weitnauer, JuS 1979, S. 2009; Wieling, JZ 1977, S. 291; ders., JuS 78, S. 801 ff.; Wolf, Drittleistung, S. 23. 377 Schnauder, AcP 187 (1987), S. 143 ff. 378 Damit folgt die Theorie der finalen Leistungsbewirkung dem Ansatz des einseitigen Rechtsgeschäftes. 379 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 98); Gernhuber, Erfüllung, S. 138; Ehricke, JZ 1999, S. 1075; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 97. Eine schlüssige Tilgungsbestimmung durch Zahlung gerade der geschuldeten Summe hat schon das Reichsgericht in JW 1904, 58 anerkannt. 380 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I 3 (S. 14); MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 14; Soergel/Wolf, § 267 Rdnr. 9; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 38; Beuthien, Zweckerreichung, S. 290, 291; ders., JZ 1968, S. 323; Boehmer, Erfüllungswille, S. 84; Schmidt, Erfüllung, S. 127; Gernhuber, Erfüllung, S. 113; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 14; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 171; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 396; Bülow, JuS 1991, S. 531. 381 Beuthien, Zweckerreichung, S. 291; Gernhuber, Erfüllung, S. 113. 382 Vgl. nur Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 22 Rdnr. 28.

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b) Argumente pro finale Erfüllung Für die Theorie der finalen Leistungsbewirkung kann auf die Argumente zurückgegriffen werden, die schon für die Theorie des einseitigen Rechtsgeschäfts vorgebracht wurden: aa) Interessengerechtigkeit einer schuldnerischen Zuordnung Die Untersuchungen zum Zuordnungsrecht im Rahmen dieser Arbeit haben gezeigt, dass allein ein Zuordnungsrecht in der Person des Schuldners interessengerecht ist. Dies ist für die Erfüllungssurrogate (Aufrechnung, Hinterlegung) bereits seit langem anerkannt.383 bb) Grundsätzliche Finalität von Handlungen Seit der Arbeit von Jherings gilt es als unbestrittenes „psychologisches Zweckgesetz“, dass Zuwendungen ohne Zweck nicht vorstellbar sind.384 Niemand bewegt ein Gut, ohne mit dieser Güterbewegung einen Grund zu verfolgen.385 Eine Handlung ohne entsprechenden „animus“ ist etwas „psychologisch Unmögliches“.386 Diese Erkenntnis führte im Übrigen im Strafrecht ebenfalls zur Herausarbeitung eines finalen Handlungsbegriffes durch Welzel,387 welcher – mit einigen Modifizierungen – für die vorsätzlichen Begehungsdelikte noch immer die deutsche Strafrechtswissenschaft bestimmt.388 Der Finalität einer Zuwendung muss durch die Berücksichtigung des verfolgten Zwecks im Rahmen des Leistungsbegriffs entsprochen werden.389 Zwar wird der Schuldner in den meisten Fällen mit seiner Leistung 383

Gernhuber, Erfüllung, S. 110. von Jhering, Der Zweck im Recht, S. 14. Ihm folgend von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 I (S. 62); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I (S. 83); Ehmann, Gesamtschuld, S. 131; Rothoeft, AcP 163 (1963), S. 224; Schnauder, AcP 187 (1987), 150; Jahr, ZSS 80, S. 149; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 376. 385 Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 60 (S. 250); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 92); Baur/Wolf, JuS 1966, S. 394; Ehmann, Gesamtschuld, S. 134; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 98; ders., JZ 2003, S. 702; Flume, AcP 199 (1999), S. 3; Schmidt, Erfüllung, S. 91; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 145; Seibert, JZ 1981, S. 384; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 260. 386 Klein, Natur der causa solvendi, S. 10. 387 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 33; Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT, § 12 Rdnr. 9 ff. 388 Vgl. nur Jäger, Strafrecht AT, Rdnr. 21, Roxin, Strafrecht AT, Rdnr. 21. 389 Weitnauer, FS Caemmerer, S. 260. 384

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die ihn treffende Verbindlichkeit erfüllen wollen.390 Allerdings kann er auch donandi oder obligandi causa leisten. Mithin bedarf es einer schuldnerischen Bestimmung, um den Zweck der Zuwendung feststellen zu können. Bei rechtsgeschäftlichen Zuwendungen lässt sich das Zuwendungsbewusstsein überdies gedanklich nur schwer vom vorhandenen Willen trennen, einen bestimmten Zweck mit dem Rechtsgeschäft zu verfolgen.391 Aber auch bei Realleistungen, die in der Sphäre des Gläubigers vorgenommen werden, lässt sich das Zuwendungsbewusstsein nicht vom Willen trennen, einen Zweck zu erreichen.392 cc) Einheitlicher Erfüllungsbegriff Nicht nur bei der Erfüllung, auch bei den Erfüllungssurrogaten im hier verstandenen Sinn – Aufrechnung und Hinterlegung393 – ist eine einseitige Zuordnungsbestimmung des Leistenden Bestandteil des Erfüllungsvorgangs.394 Dagegen bestimmt sich das erlöschende Schuldverhältnis bei den Erfüllungsersetzungen konsensual.395 Die Theorie der finalen Leistungsbewirkung grenzt nicht nur die Erfüllungsersetzungen sachgerecht von der Erfüllung und ihren Surrogaten ab, sondern kann zudem die Aufrechnung und die Hinterlegung in eine einheitliche Erfüllungslehre – bestehend aus Erfolgsherbeiführung und einseitiger Zuordnung des Schuldners – integrieren.396 dd) Integration der §§ 267 Abs. 1, 366 Abs. 1 BGB Als Theorie einer einseitigen schuldnerischen Zuordnung kann die Theorie der finalen Leistungsbewirkung nicht nur den Wortlaut des § 366 Abs. 1 BGB für sich in Anspruch nehmen,397 sondern für sie spricht auch, dass sich § 267 Abs. 1 BGB widerspruchslos in die Erfüllungslehre integrieren lässt. Sowohl die Leistung eines Dritten als auch des Schuldners besteht aus Zuwendung und Zuordnung. Im Ergebnis kommt man somit zu einem für das Erfüllungsrecht einheitlichen Leistungsbegriff. 390

Bülow, JuS 1991, S. 530; Beuthien, Zweckerreichung, S. 288. Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 98. 392 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 98. 393 Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 2. 394 Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 2. a) bb) sowie Erster Teil § 3 II. 2. a) cc). 395 Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 2. b). 396 Gernhuber, Erfüllung, S. 11. 397 Bülow, JuS 1991, S. 531; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 35; Lent, Anweisung, S. 21; RGZ 55, 411 (414). 391

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ee) Einheitlicher Leistungsbegriff Darüber hinaus besteht nach der Theorie der finalen Erfüllung Identität zwischen dem erfüllungsrechtlichen und dem bereicherungsrechtlichem Leistungsbegriff, bei welchem ebenfalls eine Zuordnung des Schuldners – Zweckbestimmung genannt – anerkannt ist.398 ff) Erfassen von Realleistungen Auch Realleistungen stellen die Theorie der finalen Leistungsbewirkung nicht vor Schwierigkeiten. Die Zuordnungsbestimmung wird in diesen Fällen konkludent abgegeben, entweder durch Vollzug der geschuldeten Dienste in der Sphäre des Gläubigers oder durch Übergabe des hergestellten Werkes an den Gläubiger.399 c) Kritik an der Theorie der finalen Leistungsbewirkung Eine kritische Auseinandersetzung mit der Theorie der finalen Leistungsbewirkung erfolgt im nächsten Kapitel als grundsätzliche Entscheidung zwischen subjektiver und objektiver Erfüllung.

398 Zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff vgl. den zweiten Teil der Arbeit. 399 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 4. b) dd).

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

§ 6 Entscheidung zwischen subjektiver und objektiver Erfüllung Wurden bei der Theorie des einseitigen Rechtsgeschäftes, der realen und der finalen Leistungsbewirkung nur jeweils die für diese Theorien sprechenden Argumente vorgestellt, soll im Folgenden eine Entscheidung zwischen diesen Theorien getroffen werden. Sowohl die Theorie des einseitigen Rechtsgeschäftes als auch die Theorie der finalen Leistungsbewirkung gehen dabei von der grundsätzlichen Notwendigkeit einer schuldnerischen Zuordnungsbestimmung als Bestandteil der Erfüllung aus. Der Unterschied beider Theorien besteht lediglich in der Auffassung hinsichtlich der Rechtsnatur der Zuordnungsbestimmung. Deshalb sollen beide Theorien vorerst unter dem Schlagwort „subjektive Erfüllung“ zusammengefasst werden, ist doch die Untersuchung der Rechtsnatur der Tilgungsbestimmung überhaupt erst angebracht, wenn man im Sinne des subjektiven Ansatzes die grundsätzliche Notwendigkeit einer schuldnerischen Zuordnung bejaht. Dem subjektiven Ansatz steht der objektive Ansatz der Theorie der realen Leistungsbewirkung gegenüber. Die Betrachtung der von jeder Theorie ins Feld geführten Argumente hat gezeigt, dass nahezu jedes Argument für den subjektiven Ansatz gleichzeitig ein Argument gegen die objektive Erfüllung darstellt und umgekehrt. Deshalb sollen die Argumente pro oder contra die Notwendigkeit einer schuldnerischen Zuordnungsbestimmung auf ihre Stichhaltigkeit überprüft werden.

I. Ablehnung einer dualistischen subjektiven Erfüllungstheorie Wenn die Theorie des einseitigen Rechtsgeschäftes und der finalen Leistungsbewirkung aufgrund ihres subjektiven Ansatzpunktes zusammengefasst werden, gilt dies nicht für die dualistische Form der Theorie des einseitigen Rechtsgeschäftes, wonach nur bei Schuldverhältnissen mit rechtsgeschäftlichem Leistungsinhalt eine Zuordnung des Schuldners erforderlich sein soll.1 Gegen eine „modifizierte Theorie des einseitigen Rechtsgeschäftes“ müssen die gleichen Einwände erhoben werden wie schon gegen die modifizierte Vertragstheorie:2 Sie führt zu einer gesetzlich nicht intendierten (vgl. § 241 Abs. 1 S. 2 BGB) Trennung in Schuldverhältnisse mit rechtsgeschäftlichem Leistungsinhalt einerseits und auf Realleistungen gerichtete 1 Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 38 II 1 (S. 227 f.); Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 60 (S. 250 ff.); Cosack, Bürgerliches Recht, § 102 II (S. 409); Thomä, JZ 1962, S. 627. 2 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 2. c).

§ 6 Entscheidung zwischen subjektiver und objektiver Erfüllung

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Schuldverhältnisse anderseits.3 In der Spaltung schimmert zugleich der Schluss von der Rechtsnatur der Zuwendung auf die Rechtsnatur der Erfüllung durch, was nur die fehlende gedankliche Trennung von Zuwendungsgeschäft und Erfüllung manifestiert.4 Eine Theorie, die zwei unterschiedliche Wege geht, um ein und dasselbe Ergebnis – Erlöschen der Forderung – zu begründen, widerspricht schließlich dem jeder Systematisierung immanenten Vereinfachungsgedanken.5 Folglich ist eine modifizierte, dualistische Theorie des einseitigen Rechtsgeschäftes in jedem Fall abzulehnen.

II. Überzeugungskraft der beiden konträren Ansätze Damit beschränkt sich die Untersuchung der jeweils ins Feld geführten Argumente auf die beiden gegensätzlichen Ansätze in ihrer reinen Form. 1. Wortlautargumente Entgegen der Auffassung der Vertreter der Theorie der realen Leistungsbewirkung6 kann der Wortlaut des § 362 BGB angesichts der bewusst offen gewählten Formulierung von keiner Theorie für sich in Anspruch genommen werden.7 Auch dem Wortlaut anderer Vorschriften lässt sich kein zwingendes Argument für oder gegen einen Ansatz entnehmen.8 Da bei ihrer Formulierung nicht an die Erfüllungstheorien gedacht wurde, kann ihr Wortlaut immer auf Basis verschiedener Theorien zur Erfüllung gedeutet werden.9 Die Vertreter des subjektiven Ansatzes begehen dagegen nicht den Fehler, ihre Theorie aus dem Wortlaut einer der genannten Normen herleiten zu wollen. Die Vertreter des einseitigen Rechtsgeschäftes haben lediglich gezeigt, dass sich ihre Theorie mit dem Wortlaut der §§ 362 Abs. 2, 180 S. 3, 185 BGB vereinbaren lässt, ohne indes dem Wortlaut ein zwingendes Argument für ihre Theorie entnehmen zu wollen.10

3

Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 41; Schmidt, Erfüllung, S. 43. Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 2. c) bb). 5 Larenz, Methodenlehre des Rechts, S. 444. 6 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 5. b) aa). 7 Vgl. oben Erster Teil § 1 III. 8 Etwa den §§ 181, 305, 341 Abs. 3, 363, 366, 367, 407 Abs. 1, 813, 814 BGB. 9 Gernhuber, Erfüllung, S. 104. 10 Vgl. Alexander, Natur der Erfüllung, S. 25. 4

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

2. Ungeeignetheit einer objektiven Zuordnung Nach der Theorie der realen Leistungsbewirkung bedarf es zum Erfüllungseintritt neben der Herbeiführung des Erfolges keiner Zuordnungsbestimmung des Schuldners. Erfüllung ist lediglich Realisierung der schuldnerischen Verpflichtung. Das erlöschende Schuldverhältnis ergibt sich aus objektiver Übereinstimmung von Geschuldetem und Erbrachtem. Nur in Ausnahmefällen – also immer dann, wenn eine objektive Zuordnung versagt – bedarf es einer Tilgungsbestimmung durch den Schuldner.11 Gelegentlich wird die Tilgungsbestimmung dann als ein Bestandteil der äußeren Umstände betrachtet.12 Eine ausnahmsweise Beachtlichkeit von Tilgungsbestimmungen lässt sich mit dem Grundansatz der objektiven Theorie, dem gänzlichen Verzicht auf Tilgungsbestimmungen, nicht vereinbaren. Ein objektiver Ansatz bedeutet grundsätzliche Unbeachtlichkeit von Tilgungsbestimmungen und Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses aufgrund objektiver Übereinstimmung von Zuwendung und Schuldverhältnis. Wer nun die Tilgungsbestimmung als Bestandteil der objektiven Umstände betrachtet, verschleiert lediglich den Verstoß gegen die eigene Prämisse und geht einer Entscheidung zwischen objektiver und subjektiver Erfüllung aus dem Weg. Richtigerweise lässt sich bei einer objektiven Übereinstimmung von Zuwendung und Forderung nur sagen, dass die Leistung erfüllungsgeeignet ist, nicht aber, dass sie auch erfüllungsbestimmt ist.13 Zuvorderst bleibt noch festzustellen, ob der Leistende überhaupt zum Zwecke der Erfüllung leisten wollte. Wenn die objektive Theorie aufgrund der äußeren Umstände zuordnet, setzt sie den Erfüllungszweck der Leistung und damit auch den Erfüllungswillen des Schuldners zwangsläufig voraus. Mithin geht auch die Theorie der realen Leistungsbewirkung von der grundsätzlichen Finalität menschlichen Handelns aus. Indem sie jedoch eine Willensäußerung des Schuldners für nicht erforderlich hält, verneint sie ihre eigene Grundprämisse, den Erfüllungswillen des Schuldners.14 Eine objektive Zuordnung anhand äußerer Umstände setzt denklogisch voraus, dass menschliches Handeln final ist und die Leistung der Erfüllung dient. Eine Berücksichtigung der subjektiven Komponente kann die Erfüllung daher nicht entbehren. Wer dies nicht beachtet, unterliegt der Gefahr, über den Weg der äußeren Umstände das, was der Leistende will, durch solches zu ersetzen, was nach eigener Ansicht richtig ist.15 11 12 13 14

Boehmer, Erfüllungswille, S. 60; Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 241). Oertmann, BGB, § 362 Anm. 5 b. Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 9. Schmidt, Erfüllung, S. 73.

§ 6 Entscheidung zwischen subjektiver und objektiver Erfüllung

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a) Versagen evidenter Zuordnung Nicht nur, dass eine objektive Zuordnung Finalität geradezu voraussetzt, sie stößt auch in vielen Konstellationen an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. aa) Zuwendungen von Nichtschuldnern Wird die geschuldete Leistung nicht vom Schuldner, sondern durch Dritte erbracht, offenbart sich das Versagen einer evidenten Zuordnung,16 ist doch der Vollzugsakt nicht Abbild eines zwischen Dritten und Gläubiger bestehenden Verpflichtungsgeschäftes.17 In diesen Fällen ist die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Zuordnungsbestimmung anerkannt.18 Für die Vertreter des objektiven Ansatzes stellt die Drittleistung folgerichtig eine Ausnahme der Erfüllung dar.19 Zum Teil wird sogar bestritten, dass es sich bei der Drittleistung gemäß § 267 BGB überhaupt um Erfüllung handelt. In Anbetracht des Versagens der evidenten Übereinstimmung könnten die Leistung des Schuldners und die Drittleistung nicht zu einem einheitlichen Erfüllungsbegriff zusammengefasst werden.20 Dass es sich bei der Drittleistung nicht um Erfüllung handelt, zeige sich ferner daran, dass dem Gläubiger in § 267 Abs. 2 BGB ein Ablehnungsrecht zusteht. Die Möglichkeit des Gläubigers, die ihm schuldgerecht angebotene Leistung abzulehnen, lässt sich mit dem Zweck der Erfüllung nicht vereinbaren. Weiterhin steht nur dem Schuldner nach §§ 372 ff. BGB die Möglichkeit der Hinterlegung offen, dem Dritten hingegen regelmäßig nicht, wie sich aus § 268 Abs. 2 BGB ergibt.21 Hinter diesen Argumenten steht die Auffassung der objektiven Theorie, dass die Erfüllung nur die Verwirklichung des Schuldinhaltes ist.22 Da der Dritte nichts schuldet, entspricht seine Leistung nicht dem im Schuldverhältnis vorgezeichneten Bild. Allerdings müssen auch die Vertre15 Deutlich zu sehen bei Joerges, Bereicherungsrecht als Wirtschaftsrecht, S. 62 ff. 16 Kohler, Lehrbuch II/1, § 70 IV 2; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 12; Hassold, Drittleistung, S. 13; Zeiss, JZ 1963, S. 9. 17 Vgl. oben Erster Teil § 2 II. 3. 18 Vgl. die Nachweise oben Erster Teil § 2 II. 3. Lediglich Maier, AcP 152, S. 105 hält eine objektive Zuordnung auch im Falle der Drittleistung für möglich. 19 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 77; Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 241); MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 14; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 362 Rdnr. 2. 20 Boehmer, Erfüllungswille, S. 17; Kretschmar, Erfüllung, S. 130; Kümper, Natur der Erfüllung, S. 6 f. 21 Boehmer, Erfüllungswille, S. 23; Kümper, Natur der Erfüllung, S. 7. 22 MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 12.

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ter der realen Leistungsbewirkung anerkennen, dass die Leistung des Dritten große Ähnlichkeiten mit der Leistung des Schuldners hat.23 Richtigerweise geht es auch nicht um die Frage, ob die Drittleistung Verwirklichung des sachlichen Schuldinhaltes ist. Nach Vornahme einer Drittleistung lässt sich für den Gläubiger nicht ersehen, ob der Obligationsinhalt verwirklicht wurde,24 weshalb die Folgen der Drittleistung nicht in § 267 Abs. 1 BGB normiert sind.25 Dass die Drittleistung dennoch schuldtilgend wirkt, liegt nicht allein daran, dass das Gläubigerinteresse gleich gut befriedigt wird. Ein außerhalb des Schuldverhältnisses Stehender und nicht der Pflicht des Leistensollens Unterworfener kann deshalb erfüllend leisten, weil die Möglichkeit gesetzlich zugelassen wurde.26 Das Gesetz selbst bestimmt durch die Vorschriften der §§ 267 Abs. 1, 362 Abs. 1 BGB, dass auch die Drittleistung Erfüllung ist. Die Vorschrift des § 267 Abs. 1 BGB verleiht Tilgungsmacht.27 Deshalb ist § 267 Abs. 1 BGB sehr wohl in die Erfüllungstheorie zu integrieren. Damit zeigt sich zugleich, dass es bei der Erfüllung durch Drittleistung letztlich nicht um die Frage nach dem Obligationsinhalt, sondern um den Begriff der „Leistung“ geht; und da dürfen an die „Leistung“ des Schuldners und der „Leistung“ des Dritten keine unterschiedlichen Anforderungen gestellt werden. Gerade die Bedeutung von § 267 BGB darf im Erfüllungsrecht nicht unterschätzt werden, eröffnet doch die Vorschrift jedem Dritten die Möglichkeit,28 in nahezu jedes Schuldverhältnis29 schuldtilgend eingreifen können. Eben diese Möglichkeit offenbart, dass auch in Fallgestaltungen, in welchen die Funktionalität einer objektiven Zuordnung hervorgehoben wird, in Wahrheit eine objektive Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses nicht möglich ist. Es besteht nämlich bei jeder Leistung die theoretische Möglichkeit, dass der Schuldner nicht auf sein eigenes, sondern als Dritter gemäß § 267 BGB auf ein fremdes Schuldverhältnis hin leistet. Aufgrund der Existenz des § 267 BGB ist das Versagen einer objektiven Zuordnung folglich nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Darüber hinaus ist auch bei Einschaltung eines Erfüllungsgehilfen durch den Schuldner nicht den äußeren Umständen zu entnehmen, auf welches Schuldverhältnis der Dritte leistet.30 23

Boehmer, Erfüllungswille, S. 17. Kretschmar, Erfüllung, S. 128. 25 Diese ergeben sich aus § 362 Abs. 1 BGB, vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 1. e). 26 Beuthien, Zweckerreichung, S. 8; Havenstein, Erfüllung, S. 35. 27 Hinter § 267 BGB steht der Gedanke der Fremdgeschäftsführung, vgl. Kretschmar, Erfüllung, S. 128; Beuthien, Zweckerreichung, S. 298 Fn 63. 28 Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 141. 29 Abgesehen von den Fällen höchstpersönlicher Verpflichtung. 30 Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 4. 24

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bb) Mehrfach verpflichtete Schuldner Bei einer Mehrzahl von Forderungen zwischen Schuldner und Gläubiger versagt eine Zuordnung aufgrund Evidenz ebenfalls.31 Erneut sehen sich die Vertreter der realen Leistungsbewirkung genötigt, die Notwendigkeit von Tilgungsbestimmungen anzuerkennen.32 Diese angebliche Ausnahme gewinnt deshalb an erheblicher Brisanz, weil die Vorschrift des § 366 Abs. 1 BGB im Wege der Analogie auf Fälle ausgedehnt wird, in denen nur eine Forderung zwischen Schuldner und Gläubiger besteht.33 Alle diese Fälle erklären die Vertreter der Theorie der realen Leistungsbewirkung zu Ausnahmen. Die Erfüllung gemäß §§ 362 Abs. 1, 366 Abs. 1 BGB ist für die reale Erfüllungslehre somit eine Anomalie.34 Mitunter wird § 366 Abs. 1 BGB daher nicht als Erfüllung angesehen, sondern auf die eigenartige Rolle dieser Norm im Erfüllungstatbestand verwiesen.35 Bezeichnenderweise wurde gerade der Wortlaut des § 366 Abs. 1 BGB, welcher die Notwendigkeit einer schuldnerischen Tilgungsbestimmung festschreibt, von den Vertretern der realen Leistungsbewirkung als Argument für die Ablehnung der Vertragstheorie herangezogen. Paradigmatisch formulierte Kretschmar:36 „Warum soll die Erklärung des Schuldners, die Schuld X werde bewirkt, dem Gläubiger gegenüber ohne dessen Annahme wirksam sein, wenn noch eine andere Schuld daneben besteht, als im Fall, wo diese zweite Schuld nicht besteht, der Gläubiger diese Leistung aber nicht zur Schuldtilgung, sondern als Schenkung annehmen möchte? Warum hat in diesem Fall die Erklärung des Schuldners weniger Kraft?“

Kretschmar muss sich die Frage gefallen lassen, warum die Erklärung des Schuldners nur beachtlich sein soll, wenn den Schuldner mehrere Verbindlichkeiten dem Gläubiger gegenüber treffen, hingegen unnötig oder unbeachtlich bei nur einer bestehenden Verbindlichkeit. Auch hier besteht doch für den Leistenden die Möglichkeit, ein anderes Schuldverhältnis erfüllen zu wollen (§ 267 BGB).

31

Vgl. oben Erster Teil § 2 II. 1. Boehmer, Erfüllungswille, S. 65; Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 241); HkBGB/Schulze, § 362 Rdnr. 7; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 362 Rdnr. 2; hingegen lehnt Welker, Zweckverfehlung, S. 67 den Zuordnungscharakter der Tilgungsbestimmung im Rahmen des § 366 BGB ganz ab. 33 Vgl. oben Erster Teil § 2 II. 1. 34 So Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 77. 35 Boehmer, Erfüllungswille, S. 84. 36 Kretschmar, Erfüllung, S. 111. 32

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cc) Sicherheit und Schuld Eine objektive Zuordnung ist auch dann nicht praktizierbar, wenn die Forderung des Gläubigers mit einer Sicherheit verbunden ist. Es lässt sich bei Leistung des Schuldners nicht feststellen, ob er auf die Forderung oder die Sicherheit geleistet hat.37 dd) Negative Tilgungsbestimmungen Will man mit der Theorie der realen Leistungsbewirkung Zuwendungen aufgrund Evidenz zuordnen, sind vor allem bestehende Schuldverhältnisse zu beachten. Entspricht die erbrachte Leistung einer geschuldeten Leistung, wird der Erfüllungswille unterstellt und die Zuwendung gilt aufgrund objektiver Übereinstimmung auf das entsprechende Schuldverhältnis erbracht. Folgt man dem, setzt bereits der Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes einen Erfüllungsmechanismus in Gang, auf dessen Ablauf der Schuldner keinen Einfluss mehr hat.38 Die Zuwendung eines geschuldeten Gegenstandes führt dann unabhängig vom Schuldnerwillen zur Erfüllung. Damit wären dem Schuldner durch den Abschluss seines Verpflichtungsgeschäftes die Dispositionsmöglichkeiten über den Gegenstand zumindest im Hinblick auf seinen Gläubiger abgeschnitten.39 Ein Anbieten des geschuldeten Gegenstandes zu anderen Zwecken (Schenkung, Darlehen) wäre nicht möglich, ein abweichender Wille bliebe unbeachtlich. Dies ist zwangsläufige Folge einer Theorie, welche den Willen des Schuldners bei der Erfüllung einerseits zwar voraussetzt,40 anderseits aber für unbeachtlich hält und nur auf die Realisierung des geschuldeten Erfolges abstellt.41 Konsequenterweise müssten dann auch negativen Tilgungsbestimmungen – die Zuwendung begleitenden Erklärungen des Schuldners, seine Leistung diene nicht der Erfüllung seiner Schuld – die Wirkung versagt werden.42 Diesen Ansatz hat in der Tat Boehmer als einer der Väter der realen Erfüllungslehre vertreten.43 Richtigerweise verliert der Schuldner mit Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes nicht die Herrschaft über den geschuldeten Gegenstand. Mag auch der Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes nicht ganz ohne Bedeutung für den Erfüllungszweck der Leistung sein,44 die Leistung selbst 37 38 39 40 41 42 43

Vgl. oben Erster Teil § 2 II. 2. Schmidt, Erfüllung, S. 99. Boehmer, Erfüllungswille, S. 82, 83; Schmidt, Erfüllung, S. 99. Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 2. Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 37; Schmidt, Erfüllung, S. 51. Zu Recht Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 37. Boehmer, Erfüllungswille, S. 82, 83.

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entspringt einem freien Entschluss des Schuldners, dem es unbenommen bleibt, andere Zwecke mit seiner Zuwendung zu verfolgen.45 Dies gebietet schon die Privatautonomie.46 Die Ablehnung negativer Tilgungsbestimmungen mit dem Argument der Bindung des Schuldners durch das abgeschlossene Schuldverhältnis stößt zudem bei Gattungsschulden an seine Grenzen.47 Hier ist die geschuldete Sache nur der Gattung nach bestimmt. Daher lässt sich nicht anhand objektiver Umstände feststellen, ob es sich bei der Lieferung um die geschuldete Sache handelt, kann doch der Schuldner jede Sache liefern, die nach mittlerer Art und Güte der geschuldeten Gattung entspricht.48 Wenn er aber in seiner Wahl hinsichtlich der zu leistenden Sache frei ist,49 kann er auch eine Sache aus der Gattung mit der Bestimmung leisten, dass diese nicht auf die Schuld hin erfolgt.50 Eine Bindung des Schuldners durch das Zustandekommen des Kausalverhältnisses ist folglich abzulehnen. Negative Tilgungsbestimmungen sind grundsätzlich zulässig. Der Schuldner kann die Erfüllung einer Schuld ausdrücklich ausschließen, ohne eine andere Schuld zu bestimmen. Das erkennen letztlich auch die Vertreter der realen Leistungsbewirkung an.51 Darin liegt aber erneut die Aufgabe ihres Grundprinzips zugunsten der Notwendigkeit einer Tilgungsbestimmung.52 Sofern diese Ausnahme mit dem Grundsatz der Privatautonomie gerechtfertigt wird,53 wirft das die Frage auf, ob nicht eben jener Grundsatz weitergehend die grundsätzliche Notwendigkeit positiver Tilgungsbestimmungen gebietet. Auch deshalb ist die Charakterisierung dieser Fallgruppe als Ausnahme angreifbar.54 ee) Abweichende Tilgungsbestimmungen Aus dem Gesagten folgt zugleich, dass der Schuldner nicht nur die Erfüllung einer bestimmten Schuld ausschließen, sondern andere Forderungen 44

Als Auslegungsindiz der Tilgungsbestimmung; dazu unten Erster Teil § 6 II. 2. b). Beuthien, Zweckerreichung, S. 288. 46 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 241); Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 13; BGH NJW 1972, 1750. 47 Schmidt, Erfüllung, S. 52 f. Dies musste auch Boehmer, Erfüllungswille, S. 83 zugeben. 48 Boehmer, Erfüllungswille, S. 83. 49 In den Grenzen des § 243 Abs. 1 BGB. 50 Schmidt, Erfüllung, S. 53; Boehmer, Erfüllungswille, S. 83. 51 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 241); Kohler, Lehrbuch II/1, § 70 IV 2; Derleder, AcP 169 (1969), S. 102. 52 Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 37; Schnauder, Grundfragen, S. 69. 53 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 241). 54 Zeiss, JZ 1962, S. 9. 45

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des Gläubigers als erlöschend bestimmen kann. Trifft der Schuldner eine abweichende Zuordnung, halten auch die Vertreter der realen Leistungsbewirkung diese Tilgungsbestimmung für beachtlich,55 was mit der Prämisse einer evidenten Zuordnung unvereinbar ist. ff) Weitere Unklarheiten Auch bei einer Vorausleistung ist eine Zuordnung anhand objektiver Umstände unmöglich.56 Wiederum erkennt die Theorie der realen Leistungsbewirkung die Notwendigkeit einer Tilgungsbestimmung an. Gleiches gilt für die so genannten „Handgeschäfte“, bei denen die Zuwendung zeitgleich mit dem Angebot auf Abschluss des Verpflichtungsvertrages zugeht. Da ein Schuldverhältnis noch nicht existiert, sondern erst mit der Annahme der Zuwendung geschaffen wird, versagt die objektive Übereinstimmung.57 Nicht mit Evidenz lässt sich zudem die Bestimmung der erlöschenden Forderung bei der Ersetzungsbefugnis erklären, liefert doch der Schuldner einen vom ursprünglichen Verpflichtungsgeschäft abweichenden Gegenstand.58 Dass bei der Leistung des aliuds nur eine Tilgungsbestimmung des Schuldners das erlöschende Schuldverhältnis festlegen kann, hat sich oben gezeigt.59 Eine Zuordnung anhand evidenter Übereinstimmung muss schließlich versagen, wenn der Schuldner nach Anweisung des Gläubigers an einen Dritten (§§ 362 Abs. 2, 185 BGB) leistet. Diese Leistung entspricht nicht mehr dem im Schuldverhältnis vorgezeichneten Bild, welches von einer Leistung des Schuldners an den Gläubiger ausgeht.60 gg) Zusammenfassung Bei allen Erfüllungsvorgängen, in welchen die erbrachte Leistung von der im Schuldverhältnis vorgezeichneten geschuldeten Leistung nur geringfügig – und sei es nur im Bezug auf Zeit und Ort der Leistung – abweicht, versagt eine objektive Zuordnung mangels evidenter Übereinstimmung und es bedarf einer Zuordnungsbestimmung des Schuldners.61 Entgegen den Vertretern der realen Leistungsbewirkung handelt es sich dabei keinesfalls 55 56 57 58 59 60 61

Siber, Schuldrecht, S. 119; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 16. Zur Vorausleistung vgl. unten Dritter Teil § 18 II. 5. Zu den Handgeschäften ausführlich unter Dritter Teil § 18 III. Kretschmar, Erfüllung, S. 136. Vgl. oben Erster Teil § 4. Kretschmar, Erfüllung, S. 122; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 16. Ausdrücklich Siber, Schuldrecht, S. 119.

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um einige wenige „Zweifelsfälle“ oder Ausnahmen,62 sondern – vor allem wegen der nach § 267 BGB nahezu immer bestehenden theoretischen Möglichkeit, dass der Leistende auf ein fremdes Schuldverhältnis leistet – um die große Mehrheit aller Erfüllungsvorgänge. Das vom objektiven Ansatz angenommene Regel-Ausnahme-Verhältnis ist somit nicht zutreffend.63 Bezeichnenderweise hat Kretschmar die Theorie der realen Leistungsbewirkung damit gerechtfertigt, dass sich die Zuordnung nicht nur durch Willensakt vollziehen könne.64 Diese Aussage suggeriert aber, dass eine Zuordnung durch Tilgungsbestimmung des Schuldners der häufigere Fall sein wird. An anderer Stelle kritisierte Boehmer, ebenfalls ein Begründer der realen Erfüllung, die Vertragstheorie für ihre Deutung des § 366 Abs. 1 BGB: „Damit, dass man die Fälle der §§ 366, 367 als Ausnahmevorschriften hinstellt, (…) erklärt man nichts, sondern weicht einer Erklärung aus.“65 Im gleichen Atemzug erklärt aber auch Boehmer den § 366 Abs. 1 BGB zur Ausnahme.66 Ganz im Sinne seiner Aussage ist die Degradierung der zahlreichen Fälle mangelnder objektiver Zuordnung zu Ausnahmen nicht geeignet, die Voraussetzungen der Erfüllung überzeugend zu erklären, weshalb die grundsätzliche Ablehnung von Tilgungsbestimmungen als notwendiger Bestandteil der Erfüllung ebenfalls nicht haltbar ist. Es bleibt festzustellen, dass die Theorie der realen Leistungsbewirkung mit ihrem Ausgangspunkt der evidenten Zuordnung schnell an ihre Grenzen stößt und eine beachtliche Anzahl von Erfüllungsvorgängen nicht erklären kann, ohne Ausnahmen zugunsten einer subjektiven Erfüllung zulassen zu müssen. Demgegenüber fügen sich alle der so genannten Ausnahme- oder Zweifelsfälle nahtlos in den subjektiven Ansatz ein. Dies spricht letztlich für die finale Erfüllung. b) Evidenz als Auslegung konkludenter Tilgungsbestimmungen Hat sich die finale Erfüllung gegenüber dem Ansatz der objektiven Zuordnung als überlegen erwiesen, ist die Figur der „evidenten Übereinstimmung“ damit nicht gänzlich ausgeschlossen. In allen Fallkonstellationen, in denen zwischen Schuldner und Gläubiger nur ein einziges Schuldverhältnis existiert und der Schuldner die geschuldete Leistung so erbringt, wie im 62 So aber Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 241); Bamberger/Roth/Dennhardt, § 362 Rdnr. 2. 63 Ehmann, Gesamtschuld, S. 165; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 91. 64 Kretschmar, Erfüllung, S. 107 (Hervorhebung nur hier). 65 Boehmer, Erfüllungswille, S. 65. 66 Boehmer, Erfüllungswille, S. 65.

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Schuldverhältnis vorherbestimmt, wird auch durch die Vertreter der finalen Erfüllung keine ausdrückliche Tilgungsbestimmung zum Eintritt der Erfüllung gefordert. Anerkanntermaßen sind Erklärungen auch durch schlüssiges Handeln möglich.67 Erbringt der Schuldner die Zuwendung ohne ausdrückliche Zuordnungsbestimmung, ist die Zuwendung mit einer konkludenten Tilgungsbestimmung verbunden.68 Wie jede Erklärung ist auch die konkludente Tilgungsbestimmung auslegungsfähig und auslegungsbedürftig. Wenn durch die Theorie der realen Leistungsbewirkung die evidente Übereinstimmung betont wird, ist dies nichts anderes als ein Hinweis auf die Auslegung der konkludenten Tilgungsbestimmung aus dem objektiven Empfängerhorizont.69 Aus Sicht eines objektiven Empfängers bezweckt die Zuwendung die Erfüllung des fraglichen Schuldverhältnisses.70 Die Betonung der objektiven Zuordnung durch die reale Erfüllungslehre stellt im Grunde nichts anderes dar als eine unausgesprochene Auslegung unter Verleugnung des Auslegungsobjektes, nämlich der (konkludenten) Zuordnungsbestimmung. Exemplifiziert werden soll dies anhand der Leistung des geschuldeten Gegenstandes durch den Schuldner: An früherer Stelle wurde bereits darauf verwiesen, dass auf Grund der Ermächtigungsnorm des § 267 Abs. 1 BGB jeder Dritte erfüllend in fremde Schuldverhältnisse eintreten kann.71 Erbringt der Schuldner ohne ausdrückliche Zuordnungsbestimmung die geschuldete Zuwendung an den Gläubiger, besteht immer die theoretische Möglichkeit, dass er als Dritter gemäß § 267 Abs. 1 BGB auf ein fremdes Schuldverhältnis leistet. Folglich kann die Zuwendung nicht aufgrund objektiver Übereinstimmung einem Schuldverhältnis zugeordnet werden. Wird nun gleichwohl – und zu Recht – von einer Leistung des Schuldners auf das eigene Schuldverhältnis ausgegangen, dann gerade nicht aufgrund objektiver Übereinstimmung. Zu diesem Ergebnis gelangt man vielmehr durch Auslegung der konkludenten Tilgungsbestimmung: Aus Sicht eines objektiven Dritten durfte der Gläubiger mangels Anzeichen eines entgegenstehenden Willens davon ausgehen, dass 67 Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 335; Bork, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 571; Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 90; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 24 Rdnr. 16. 68 So schon Henrici, JherJB 14, S. 461. Vgl. auch Ehricke, JZ 1999, S. 1075; Beuthien, JZ 1968, S. 323; Bülow, JuS 1991, S. 531. 69 Ehmann, JZ 1968, S. 555; Lent, Anweisung, S. 24; Schnauder, Grundfragen, S. 68 ff.; BGHZ 40, 272 (278); BGHZ 72, 246 (248). Vgl auch oben Erster Teil § 2 II. 2 Fn. 106. 70 Manigk, Anwendungsgebiet der Vorschriften für die Rechtsgeschäfte, S. 44; Ehmann, Gesamtschuld, S. 82 Fn. 17; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 91; Wieling, JZ 1978, S. 802; Thoma, JZ 1962, S. 626. 71 Vgl. oben Erster Teil § 2 II. 3. und Erster Teil § 6 II. 2. a) aa).

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die Zuwendung auf das zwischen Schuldner und Gläubiger bestehende Schuldverhältnis bezogen ist. Das Kriterium der offensichtlichen Kongruenz ist mithin, um mit den Worten Weitnauers zu sprechen, nicht mehr als ein „Anscheinsbeweis“ für eine Leistung auf das eigene Schuldverhältnis im Rahmen der Auslegung.72 3. Argumente aus der Abgrenzung von §§ 362, 278 und 267 BGB Ein nicht am Schuldverhältnis Beteiligter kann aufgrund des § 267 Abs. 1 BGB erfüllend leisten. Daneben besteht auch die Möglichkeit, dass sich der Schuldner eines Dritten als Erfüllungsgehilfen bedient, wobei dann lediglich eine Leistung des Schuldners vorliegt.73 Die Abgrenzung beider Leistungsarten ist für den Gläubiger schon deshalb von Interesse, weil er nur die Drittleistung gemäß § 267 Abs. 2 BGB ablehnen kann, ohne in Annahmeverzug zu geraten. Da in beiden Fällen ein Nichtschuldner dem Gläubiger den geschuldeten Gegenstand „zuwendet“, versagt eine Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses aufgrund Evidenz. Die Abgrenzung zwischen Drittleistung und Leistungsmittlung erfolgt anhand des subjektiven Tatbestandsmerkmals der Zuordnungsbestimmung:74 Während der Leistungsmittler keine eigene Zuordnungsbestimmung abgibt, sondern nur die Zuordnungsbestimmung des Schuldners als Bote oder Stellvertreter überbringt,75 ordnet sich der Drittleistende keiner fremden Zuordnung unter, sondern setzt – als interessengerechter Ausgleich für die selbständige Übernahme des fremden Insolvenzrisikos – eine eigene Zuordnungsbestimmung.76 Die Anerkennung einer subjektiven Erfüllungsvoraussetzung77 über die finale Erfüllungslehre ermöglicht mithin eine sachgerechte Abgrenzung von Drittleistung und Leistungsmittlung.78 Deshalb muss auch die reale Erfüllungslehre in beiden Fällen die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Zuordnungsbestimmung anerkennen.79

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Weitnauer, Leistung, S. 268 Fn. 49. Vgl. oben Erster Teil § 2 II. 3. 74 Wolf, Drittleistung, S. 20. 75 Wolf, Drittleistung, S. 24. 76 Wolf, Drittleistung, S. 26. 77 Drittleistung und Leistungsmittlung unterscheiden sich aber auch hinsichtlich des Zuwendenden, vgl. dazu ausführlich unten Zweiter Teil § 16 II. 5. b) aa) (3) (b). 78 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 52; Gernhuber, Erfüllung, S. 430; Wolf, Drittleistung, S. 26. 79 Vgl. oben Erster Teil § 2 II. 3. 73

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4. Argumente aus dem Trennungsprinzip Bei der Auseinandersetzung um die Zulässigkeit „negativer Tilgungsbestimmungen“ wurde zu Recht betont, dass der Schuldner durch den Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes die Herrschaft über den versprochenen Gegenstand nicht verliert.80 Anderenfalls verstieße man gegen das Trennungsprinzip, nach welcher die Herrschaft über den Gegenstand erst durch das Verfügungsgeschäft aus der Hand gegeben wird.81 Aus dem Trennungsprinzip lässt sich ein weiteres Argument für die Notwendigkeit einer Tilgungsbestimmung ziehen. Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass die meisten Verpflichtungsgeschäfte als kausal, Verfügungsgeschäfte hingegen als abstrakt bezeichnet werden,82 weil diese ihren Rechtsgrund nicht beinhalten.83 Wird nun bei kausalen Schuldverhältnissen mit rechtsgeschäftlichem Leistungsinhalt der geschuldete Erfolg durch Verfügungsgeschäfte realisiert, stellen sich die Verfügungsgeschäfte als abstrakt dar.84 In der Praxis wird eine solch abstrakte Verfügung aber nur im Hinblick auf eine rechtliche oder wirtschaftliche Verpflichtung vorgenommen.85 Diese Abfolge von kausalem Verpflichtungs- und abstraktem Verfügungsgeschäft offenbart den Sinnzusammenhang, in dem beide Geschäftsarten stehen und ihnen den dogmatischen Platz zuweist.86 Zwischen ihnen besteht nämlich eine wirtschaftliche Sinn- und Richtungsgebundenheit im Sinne von Finalität. Dieser Gebundenheit muss durch Anforderungen an die dogmatische Konstruktion des beide Rechtakte verbindenden Erfüllungsaktes entsprochen werden, namentlich durch Anerkennung finaler Erfüllung.87 Zutreffend formuliert Rother: „Wenn nämlich das Erfüllungsgeschäft seiner rechtlichen Konstruktion nach neutral, losgelöst von der Schuldvereinbarung, farblos und in sich selber ruhend ist 80

Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 2. a) dd). Baur/Stürner, Sachenrecht, § 5 Rdnr. 45; Habersack, Sachenrecht, Rdnr. 27; Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 109; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 10; Beuthien, Zweckerreichung, S. 288. 82 Larenz/Wolf, BGB AT, § 23 Rdnr. 62, 69; Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 115. 83 Larenz/Wolf, BGB AT, § 23 Rdnr. 69; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 5 Rdnr. 41; Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 116. 84 Weitnauer, FS Caemmerer, S. 264. 85 Rother, AcP 169 (1969), S. 7, welcher zutreffend darauf hinweist, dass sich damit in Wirklichkeit die abstrakte Verfügung als kausalabhängig darstellt, wohingegen das Kausalgeschäft im Grunde dasjenige ist, das in rechtlicher Freiheit vorgenommen wird, da es normalerweise keine bestehende Bindung voraussetzt, sondern eine solche erst schafft. 86 Rother, AcP 169 (1969), S. 17. 87 Rother, AcP 169 (1969), S. 18. 81

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und wenn umgekehrt das Grundgeschäft Verpflichtungen begründet, die ihrer Rechtsnatur nach lediglich die Richtung des gewünschten Vorgangs weisen, die Sache selbst aber nicht unmittelbar rechtlich berühren, dann bedarf es, um die Sache oder Tätigkeit in das bestehende Schuldgefüge einzubeziehen, einer besonderen Willensdisposition zumindest des Schuldners: er muss entscheiden und erkennbar machen, dass diese konkrete Sache oder Tätigkeit und die damit verbundene Rechtsbewegung jenem bestehenden Schuldverhältnis zugeordnet sein und zu dessen Erfüllung dienen soll.“88

5. Argumente aus den Heilungsvorschriften In einem engen systematischen Zusammenhang mit der Erfüllung steht die Heilung formnichtiger Verträge gemäß §§ 311b Abs. 1 S. 2, 518 Abs. 2, 766 S. 3 BGB, was sich nicht zuletzt in den tatbestandlichen Voraussetzungen der Heilungsnormen niederschlägt. a) Tatbestandsübereinstimmungen Bereits der Wortlaut der Heilungsvorschriften verweist auf § 362 Abs. 1 BGB. aa) Formunwirksame Bürgschaft Am deutlichsten offenbart sich der Zusammenhang zwischen Heilung und Erfüllung anhand des Wortlauts von § 766 S. 3 BGB. Dort wird die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit zur Heilungsvoraussetzung erklärt, womit die Voraussetzungen der Heilung den Voraussetzungen der Erfüllung vollumfänglich entsprechen.89 Allerdings ist zu beachten, dass der Bürge seine eigene Verbindlichkeit heilen will, der Wortlaut des § 766 S. 3 BGB hingegen auf die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit abstellt.90 Weil zwar die Bürgschaftsschuld wegen Formmangels nicht besteht, jedoch die Hauptverbindlichkeit gleichen Inhalts, konnte der Gesetzgeber vereinfachend auf die Hauptverbindlichkeit abstellen.91 Richtigerweise leistet der Bürge aber auf die formnichtige Bürgschaftsschuld.92 88

Rother, AcP 169 (1969), S. 19. Gernhuber, Erfüllung, S. 101. 90 Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 109; Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, S. 617; Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 517; MüKo/ Habersack, § 766 Rdnr. 28; Erman/E. Herrmann, § 766 Rdnr. 8. 91 Sowohl die Schriftform als auch die Heilungsmöglichkeit wurden erst am Ende des Gesetzgebungsverfahrens durch die XII. Kommission des Reichstags eingeführt, vgl. Jakobs/Schubert, Beratungen, Recht der Schuldverhältnisse III, S. 464; Mugdan, Materialien II, S. 1295. 89

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bb) Formunwirksame Schenkung Nach § 518 Abs. 2 BGB wird der Mangel der Form durch Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt. Ersichtlich nimmt man damit auf den Wortlaut des § 362 Abs. 1 BGB Bezug.93 Nur ist die Leistung bei § 518 Abs. 2 BGB aufgrund des pathologischen Verpflichtungsgeschäfts nicht geschuldet, weshalb von versprochener anstatt geschuldeter Leistung gesprochen wird.94 Nichtsdestotrotz verlangt auch der Wortlaut des § 518 Abs. 2 BGB eine Identität von Heilungs- und Erfüllungsvoraussetzungen.95 cc) Formunwirksame Grundstückskauf- oder -belastungsverträge Weniger offensichtlich ist der bestehende Zusammenhang im Rahmen des § 311b Abs. 1 S. 2 BGB. Voraussetzungen der Heilung sind danach die Auflassung und die Eintragung ins Grundbuch. Gemäß § 873 BGB werden aber Grundstücke durch Auflassung und Eintragung übertragen und dadurch die Verpflichtung zur Übereignung eines Grundstücks erfüllt. Abermals besteht Gleichheit zwischen den Heilungs- und den Erfüllungsvoraussetzungen.96 b) Systematische Übereinstimmung Weist schon der Wortlaut auf identische Voraussetzungen von Heilung und Erfüllung hin, lässt sich dies auch systematisch begründen. Wird bei einem formnichtigen Vertrag die nicht geschuldete Leistung dem Gläubiger gegenüber erbracht, tritt Heilung des Verpflichtungsgeschäftes ein. Mithin entsteht der Anspruch des Gläubigers auf die nun geschuldete Leistung. Jedoch befindet sich diese ja bereits im Vermögen des Gläubigers. Einer er92 Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 109; MüKo/Habersack, § 766 Rdnr. 28; Pohlmann, Heilung, S. 111. 93 Seibert, JZ 1981, S. 380. 94 Seibert, JZ 1981, S. 380. 95 Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 9 Rdnr. 4; MüKo/Kollhosser, § 518 Rdnr. 13; Bamberger/Roth/Gehrlein, § 518 Rdnr. 6; Erman/Herrmann, § 518 Rdnr. 5; ders., MDR 1980, S. 884; Petersen, Jura 2005, S. 168; Seibert, JZ 1981, S. 380 ff.; D. Reinicke, JA 1982, S. 327; M. Reinicke, NJW 1970, S. 1447 ff.; Fischer, Unentgeltlichkeit, S. 18; Pohlmann, Heilung, S. 104 ff.; OLG Frankfurt, NJW-RR 1991, 1157. Davon abweichend verlangt eine beachtliche Gegenansicht lediglich, dass die Handlungen vollzogen wurden, vgl. nur Staudinger/Cremer, 13. Aufl., § 518 Rn. 12; Palandt/Weidenkaff, § 518 Rdnr. 9; Jauernig/Mansel, § 518 Rdnr. 6; Brox, FS Bosch, S. 75, 88; BGH NJW 1970, 941 (942); BGH WM 1974, 450; BGH NJW-RR 1989, 1282. 96 Gernhuber, Erfüllung, S. 101; Hermann, MDR 1980, S. 884 ff.; Seibert, JZ 1981, S. 380; Pohlmann, Heilung, S. 102.

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neuten Leistung bedarf es nicht mehr, denn das im Schuldverhältnis fixierte Interesse des Gläubigers wurde schon befriedigt. So findet sich denn gelegentlich die Formulierung, durch die Heilungsleistung werde gleichzeitig der Anspruch erfüllt.97 Heilung ist mithin die „Reparatur“ des Verpflichtungsgeschäftes unter gleichzeitiger Erfüllung der nun geschuldeten Leistung.98 Damit stellt sich die Heilung gegenüber der Erfüllung in ihren Rechtsfolgen zwar als ein mehr dar, weil sie nicht nur Folgen für die Forderung des Gläubigers zeitigt, sondern darüber hinaus für das gesamte Verpflichtungsgeschäft.99 Die Voraussetzungen beider Institute sind allerdings identisch. Die Qualität einer Erfüllungstheorie lässt sich daher auch an ihren Ergebnissen bei der Heilung bemessen.100 Führen objektiver oder subjektiver Ansatz bei der Heilung zu nicht sachgerechten Ergebnissen, mindert das ihre Überzeugungskraft im Rahmen der Erfüllung. c) Bewältigung der Heilung durch subjektiven und objektiven Ansatz Voraussetzung der Heilung ist der Eintritt des Erfolges beim „Gläubiger“101 sowie eine Handlung des „Schuldners“.102 Wie bei der Erfüllung stellt sich bei Leistung des „Schuldners“ die Frage, auf welches Schuldverhältnis er seine Zuwendung bezogen hat: auf das formnichtige oder ein anderes Schuldverhältnis? Auch bei der Heilung besteht mithin ein Zuordnungsproblem. Die Theorie der realen Leistungsbewirkung müsste ihrem Ansatz folgend Evidenzkriterien bemühen und fragen, ob die erbrachte Leistung der im Schuldverhältnis vorgezeichneten Leistung entspricht.103 Ihr Ansatz versagt jedoch, weil im Moment der Leistung noch kein wirksames Schuldverhältnis existiert, mithin die erbrachte nie der geschuldeten Leistung entsprechen kann. Schon deshalb wäre eine ausdrückliche Zuordnungsbestimmung not97

von Thur, Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 69); MüKo/Habersack, § 766 Rdnr. 29; Bamberger/Roth/Rohe, § 766 Rdnr. 14; MüKo/Kollhosser, § 518 Rdnr. 13. 98 Vgl. auch Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 1. Auflage, Rdnr. 21: „… werden (sc. form-)unwirksame Schuldverträge erst durch Erfüllung wirksam.“ 99 Sowohl Heilung als auch Erfüllung wirken deshalb nur ex-nunc; vgl. Pohlmann, Heilung, S. 169. 100 Seibert, JZ 1981, S. 380. 101 Bamberger/Roth/Gehrlein, § 518 Rdnr. 6; MüKo/Kollhosser, § 518 Rdnr. 13. Deutlich zu erkennen auch daran, dass bei § 311b Abs. 1 S. 2 BGB nicht schon die Eintragung der Auflassungsvormerkung zur Heilung führt, sondern erst die tatsächliche Eintragung des Erwerbers, vgl. nur MüKo/Kanzleitner, § 311b Rdnr. 77. 102 MüKo/Habersack, § 766 Rdnr. 28. 103 Vgl. nur Boehmer, Erfüllungswille, S. 37 ff., 78 ff.

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wendig.104 Diesem Argument könnte man nun entgegenhalten, es sei allzu formalistisch und beachte die Besonderheit der Heilung nicht genügend. Evidenz läge auch bei der Heilung vor, wenn der „Schuldner“ eines heilbar nichtigen Vertrages eine Leistung erbringt, die sich offenbar mit dem Inhalt der nichtigen Verbindlichkeit deckt. Dann soll dieser Vertrag geheilt werden, ohne dass es der Äußerung einer dahingehenden Zuordnung des Schuldners bedarf.105 Ein so verstandener objektiver Ansatz führt indes zu inakzeptablen Ergebnissen: Unter Umständen will der Schuldner gar nicht auf das formnichtige Schuldverhältnis leisten, sondern ein anderes, bestehendes Schuldverhältnis erfüllen. Aufgrund der objektiven Übereinstimmung müsste jedoch die Theorie der realen Leistungsbewirkung zur Heilung des nichtigen Verpflichtungsgeschäftes kommen. Diese Diskrepanz zum tatsächlich verfolgten Zweck durch den objektiven Ansatz trifft den Schuldner bei der Heilung ungleich härter als bei der Erfüllung. Im Rahmen der Erfüllung erlangt der Schuldner nämlich zumindest die Befreiung von einer bestehenden Verbindlichkeit.106 Dagegen wird er bei der Heilung nicht von einer zuvor bestehenden Verbindlichkeit befreit, sondern begründet diese erst. Obwohl der Schuldner in Kenntnis des Nichtbestehens der Forderung mit seiner Leistung einen anderen Zweck verfolgt hat, könnte er seine eigentlich zweckverfehlte Leistung nach dem objektiven Ansatz nicht gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zurückfordern, ist doch im Wege der Heilung mit der Verbindlichkeit zugleich der rechtliche Grund entstanden. Dazu folgender Beispielsfall:107 S verspricht dem G „in die Hand“ die Schenkung von 5.000,– e. Zusätzlich ist S in der irrigen Vorstellung gefangen, dem G weitere 5.000,– e aus einem früheren Kaufvertrag zu schulden. Als ihn ein Bekannter über die Nichtigkeit des Schenkungsversprechens aufklärt, will er wenigstens die vermeintliche Kaufpreisschuld begleichen. Ohne nähere Erläuterung zahlt S 5.000,– e an G. G hingegen geht von der Zahlung auf die „Schenkungsschuld“ aus.

Mangels formgültigen Schenkungsversprechens lag keine Forderung des G gegen S aus einem Schenkungsvertrag vor. Dem Rückforderungsbegehren des S könnte jedoch G entgegenhalten, die 5.000,– e hätten sich bei objektiver Betrachtungsweise evidenterweise mit einem Schenkungsversprechen gleichen Inhalts gedeckt und deshalb die Heilung dieses Vertrages herbeigeführt. Dieses nun „geheilte“ Schenkungsversprechen stellt einen wirksamen Erwerbsgrund dar, wonach eine Rückforderung durch S ebenfalls ausgeschlossen ist. Die ungewollt herbeigeführte Heilung trifft den Leistenden härter als die ungewollte Erfüllung.108 104 105 106 107 108

Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 2. a) gg). So Seibert, JZ 1981, S. 380. Seibert, JZ 1981, S. 383. Nach Seibert, JZ 1981, S. 383. Seibert, JZ 1981, S. 382.

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Um diese Härten zu mildern, ist zusätzlich zur Bewirkung der – dem Inhalt der formnichtigen Verbindlichkeit entsprechenden – Leistung für die Heilung die willentliche Zuordnung der Leistung auf das formnichtige Schuldverhältnis zu fordern.109 Dies kann bedeuten, dass der Leistende entweder zur Erfüllung eines vermeintlich verbindlichen Vertrages leistet (solvendi causa) oder in Kenntnis der Nichtigkeit mit dem Willen, gleichwohl den Vertrag durchzuführen. In beiden Fällen ordnet der Leistende seine Zuwendung willentlich auf das zu heilende Schuldverhältnis zu.110 Dies rechtfertigt es, den Leistenden mit den Folgen der Heilung zu belasten. Fehlt es dagegen an einer entsprechenden willentlichen Zuordnung, ist die Heilung abzulehnen. Im Ausgangsfall kann dem Herausgabeverlangen des S aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB der Eintritt der Erfüllung des Schenkungsversprechens nicht entgegengehalten werden. d) Ergebnis zur Heilung Nur der subjektive Ansatz gelangt bei der Heilung zu sachgerechten Ergebnissen. Dieses Resultat muss aufgrund des systematischen Zusammenhangs beider Institute auch bei der Erfüllung Berücksichtigung finden.111 6. Erfassen von Realhandlungen Die objektive Erfüllungslehre hält sich zugute, die Erfüllung durch Realhandlungen erklären zu können, ohne auf eine Tilgungsbestimmung zurückgreifen zu müssen. Eine solche neben der tatsächlichen Handlung zu fordern, wäre vielmehr lebensfremd und verkompliziere speziell bei den Realhandlungen den Erfüllungsvorgang. Die Voraussetzungen der Erfüllung dürften nicht über die Voraussetzungen der Erfolgsherbeiführung hinausgehen.112 Im letztgenannten Argument schimmert jedoch der Schluss von der Rechtsnatur des Zuwendungsgeschäftes auf die Voraussetzungen der Erfüllung durch.113 Ein solches Vorgehen offenbart die fehlende gedankliche 109

Seibert, JZ 1981, S. 384. Seibert, JZ 1981, S. 384. 111 Bei der Heilung einer Bürgschaft ist die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Zuordnungsbestimmung sogar unbestritten, erfüllt der „Bürge“ hier doch nach h. M. gemäß §§ 362, 267 die Hauptverbindlichkeit (vgl. nur MüKo/Habersack, § 766 Rdnr. 28). Bei § 267 BGB ist die Notwendigkeit des Fremdtilgungswillens anerkannt, vgl. nur oben Erster Teil § 2 II. 3 Fn. 119. 112 So wird doch immer betont, Erfüllung trete ein, wenn nur die geschuldete Leistung erbracht wurde, vgl. nur Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 18 I (S. 239); MüKo/Wenzel, § 366 Rdnr. 12. 113 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 2. c) bb). 110

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Trennung zwischen Zuwendungsgeschäft und den Voraussetzungen der Erfüllung. Darüber hinaus kann es bei Realhandlungen ebenfalls zu einer Mehrheit gleichartiger Forderungen kommen.114 Schließlich können auch Dritte gemäß § 267 Abs. 1 BGB die geschuldete Handlung statt des Schuldners erbringen, sofern es sich nicht um eine höchstpersönliche Verpflichtung handelt.115 In beiden Fällen versagt der Ansatz evidenter Übereinstimmung bei geschuldeten Realhandlungen,116 und nur eine Zuordnungsbestimmung des Schuldners schafft die nötige Klarheit. Das Erfordernis einer die Realhandlung begleitenden Tilgungsbestimmung ist auch nicht lebensfremd, beachtet man die grundsätzliche Finalität menschlichen Handelns.117 Erbringt der Schuldner die Realleistung, will er ein bestimmtes Schuldverhältnis erfüllen und ordnet die Zuwendung diesem zu. Daraus folgt nicht, dass eine solche Tilgungsbestimmung explizit abzugeben ist. Vielmehr wurde bereits auf die Möglichkeit konkludenter Tilgungsbestimmungen hingewiesen.118 In der Erbringung der geschuldeten Tätigkeit liegt zugleich die Abgabe der schlüssigen Zuordnungsbestimmung.119 Mithin verkompliziert die subjektive Erfüllungslehre den Erfüllungsvorgang nicht. 7. Behandlung der unbewussten Erfüllung Wenn es die Theorie der realen Erfüllung als ihren großen Vorteil ansieht, dass sie die Herbeiführung der Erfüllungswirkung begünstigt,120 dürfte sie speziell die Fälle der „unbewussten Erfüllung“ im Auge haben. Damit sind Konstellationen gemeint, in denen der Schuldner den geschuldeten Erfolg herbeiführt, ohne von der Verbindlichkeit zu wissen oder sonst mit Erfüllungswillen zu handeln. Indem der objektive Ansatz hier allein auf den Umstand der Erfolgsherbeiführung abstellt und den Eintritt der Erfüllung bejaht, vermeidet er Zweifel über die rechtlichen Wirkungen der Zuwendung, welche mit dem bei allen Beteiligten vorhandenen Interesse an schneller Klarheit über die Rechtslage nicht zu vereinbaren sind.121 Als Beispiele für Fälle unbewusster Erfüllung werden folgende Sachverhalte aufgeführt: 114

So z. B. wenn mehrmaliges Autowaschen geschuldet ist. Beim Autowaschen handelt es sich schwerlich um eine höchstpersönliche Verpflichtung, weshalb auch Dritte diese Tätigkeit vornehmen könnten. 116 Was nach dem unter Erster Teil § 6 II. 2. a) gg) Gesagtem die objektive Erfüllungslehre veranlassen müsste, hier ebenfalls die Notwendigkeit von Tilgungsbestimmungen anzuerkennen. 117 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 6. b) bb). 118 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 2. b). 119 Klein, Natur der causa solvendi, S. 14; Alexander, Natur der Erfüllung, S. 27. 120 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 5. b) bb). 121 Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 115

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Beispielsfall 1 (Abschleppfall): Der Unternehmer U schleppt ein liegen gebliebenes und verlassenes Fahrzeug zur Werkstatt, um es erst einmal von der Straße zu bringen. Dort angekommen erfährt er, dass sein Unternehmen vom Fahrzeughalter zwischenzeitlich mit der Bergung beauftragt worden war.

Beispielsfall 2 (Motorfall): In der Reparaturwerkstatt des A lagern verschiedene Motoren desselben Typs, darunter der eigene Motor des A. Diesen will A zunächst instand setzen, bessert aber irrtümlich den Motor des Kunden B aus.

Im ersten Fall ist dem Schuldner die Verpflichtung unbekannt, im zweiten glaubt er irrtümlich, für sich selbst tätig geworden zu sein. Gemeinsam ist beiden Fällen, dass der Schuldner nicht im Hinblick auf die von ihm zu tilgende Verbindlichkeit tätig wird. Ihm fehlt das Bewusstsein, fremdes Vermögen zu mehren. Fraglich ist, wie die subjektive Theorie diese Fälle löst. Eine „unbewusste Erfüllung“ ist für diese Theorie eigentlich nicht denkbar, denn ohne Abgabe einer Zuordnungsbestimmung kommt es nicht zum Eintritt der Erfüllungswirkung.122 Die Abgabe der Tilgungsbestimmung setzt aber wieder Leistungsbewusstsein voraus. Lehnt man die Erfüllung ab, müsste man diese Fälle mit dem Institut der Zweckerreichung erfassen, was indes zum Entfall des Gegenleistungsanspruchs (§ 326 Abs. 1 BGB) führt.123 Dies wäre kaum interessengerecht. Selbst wenn man dem Schuldner einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen analog § 645 Abs. 1 S. 1 BGB geben wollte, spräche ein solches Ergebnis gegen eine finale Erfüllung. Bei rechtsgeschäftlichen Leistungshandlungen ist das Fehlen des Leistungsbewusstseins beim Schuldner jedoch schlechterdings denkbar. Niemand wird – aufgrund der Notwendigkeit einer rechtsgeschäftlichen Einigung – unbewusst Eigentum oder eine Forderung übertragen. Weiterhin liegt bei allen Realhandlungen, die in der Sphäre des Gläubigers vorgenommen werden, Leistungsbewusstsein vor: Streicht der Schuldner das Haus des Gläubigers, ist er sich schon aufgrund seiner Umgebung bewusst, fremdes Vermögen zu mehren. Fälle des fehlenden Leistungsbewusstseins sind mithin nur denkbar, wenn eine tatsächliche Handlung außerhalb des Rechtskreises des Gläubigers vorgenommen wird. Indes bleibt zu klären, ob in diesen Fällen eine Tilgungsbestimmung tatsächlich fehlt. Mangels ausdrücklicher Zuordnung könnte nur eine konkludente Tilgungsbestimmung vorgelegen haben. Unabhängig von ihrer Rechtsnatur – rechtsgeschäftliche Erklärung oder geschäftsähnliche Hand122 123

Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 98. Welker, Zweckverfehlung, S. 50.

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lung – setzt sie als rechtserhebliche Erklärung einen objektiven Erklärungstatbestand sowie auf subjektiver Seite Handlungswille und Erklärungswille voraus.124 Nun ist aber seit BGHZ 91, 324 anerkannt, dass für eine wirksame Willenserklärung das Vorliegen lediglich potentiellen Erklärungsbewusstseins ausreicht:125 Der Handelnde hätte bei Anwendung der im Verkehr üblichen Sorgfalt nur erkennen müssen, dass sein Verhalten nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte als Willenserklärung verstanden werden durfte.126 Diese Konstruktion schafft einen sachgerechten Ausgleich zwischen den Interessen beider Parteien, zumal sich der Gesetzgeber gegen die Willenstheorie entschieden hat.127 Was für die Willenserklärung gilt, kann auch auf die Zuordnungsbestimmung übertragen werden. Ist also eine Zuordnungserklärung dem äußeren Anschein nach gegeben und hätte der Schuldner erkennen können, dass sein Verhalten aus der Sicht eines Dritten als stillschweigende Zuordnung auf ein bestimmtes Schuldverhältnis verstanden werden konnte, liegt eine konkludente Zuordnungsbestimmung vor.128 Auch die subjektiven Erfüllungstheorien bejahen somit den Eintritt der Erfüllung.129 Unter Beachtung dieser Grundsätze lassen sich die Beispielsfälle mit der subjektiven Erfüllungstheorie wie folgt lösen: Motorfall: Die Mehrung des Gläubigervermögens liegt in der Reparatur des fremden Motors. Diese Reparatur erfolgte auch bewusst. Der objektive Tatbestand der Zuordnungsbestimmung liegt nun allerdings nicht im Reparieren. Diese Tätigkeit hat noch keinen Aussagewert. Geschuldet ist schließlich nicht allein die Reparatur, sondern auch die Herausgabe des reparierten Motors an den Gläubiger. Die Zuordnung findet deshalb im Rahmen der Abnahme statt. Spätestens hier dürfte der Irrtum bemerkt werden, so dass sich das Problem der unbewussten Erfüllung gar nicht erst stellt.130 Sollte der Irrtum nicht aufgedeckt werden, stellt die Übergabe des reparierten Mo124 Vgl. nur Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 24 Rdnr. 39; Köhler, BGB AT, § 6 Rdnr. 2, 3; Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 84 ff., 378 ff.; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 100. 125 Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 85; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 99. Vgl. auch BGHZ 109, 171 (177). 126 Köhler, BGB AT, § 7 Rdnr. 5; Brehm, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 198; Bork, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 596; Schnorr von Carolsfeld, FS Lübtow, S. 676; BGHZ 91, 324 (330); BGHZ 109, 171 (177); BGH NJW 2002, 363 (365). 127 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 100. 128 Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 16 spricht deshalb von „zugerechneter Mehrung fremden Vermögens“. 129 Schnorr von Carolsfeld, FS Lübtow, S. 676; Zeiss, JZ 1963, S. 9; Beuthien, Zweckerreichung, S. 293; Schmidt, Erfüllung, S. 39; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 102. 130 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 104.

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tors den objektiven Tatbestand der Zuordnungsbestimmung dar. Die Übergabe erfolgt nicht im Wege eines Reflexes, weshalb Handlungswille unproblematisch vorliegt. Gibt nun der Schuldner den reparierten Motor an seinen Gläubiger heraus, handelt er aus Sicht eines objektiven Dritten zum Zwecke der Erfüllung der Forderung aus dem entsprechenden Werkvertrag. Der Schuldner hätte auch erkennen können, dass diese Handlung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte den Anschein einer Zuordnung auf das bestehende Schuldverhältnis hervorruft. Folglich liegt eine wirksame Zuordnungsbestimmung und damit Erfüllung vor. Abschleppfall: Indem der Unternehmer dem Halter des kaputten Autos die Abschleppleistung zukommen lässt, mehrt er dessen Vermögen. Darüber ist er sich, unabhängig von der Unkenntnis über die Auftragserteilung, auch bewusst. In der Durchführung des Abschleppens liegt auch der objektive Erklärungstatbestand.131 Richtigerweise bedarf es in dieser Konstellation nicht einmal des Rückgriffs auf ein potentielles Erklärungsbewusstsein. Ist nämlich jede Zuwendung zweckgerichtet, hat U mit dem Abschleppen bereits einen Zweck verfolgt. Als solcher kommt etwa eine Schenkung oder die Ausführung einer Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht. Mithin hat er bereits eine entsprechende konkludente Tilgungsbestimmung abgegeben.132 Diese unterliegt der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB. Nach dem insoweit entscheidenden objektiven Empfängerhorizont leistet U jedoch zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit aus dem Abschleppvertrag. Auch der subjektive Ansatz würde mithin die Erfüllung bejahen. Im Ergebnis werden die Fälle der unbewussten Erfüllung sowohl vom objektiven als auch vom subjektiven Ansatz erfasst. Gelangen beide Ansätze zum gleichen Ergebnis, kann von einem Vorteil des objektiven Ansatzes keine Rede sein.133 8. Erfüllung durch und an nicht voll Geschäftsfähige Gemeinsam ist allen vorgestellten Erfüllungslehren, dass sie den nicht voll Geschäftsfähigen im Rahmen der Erfüllung zu schützen versuchen.134 131

Schnorr von Carolsfeld, FS Lübtow, S. 676. Beuthien, Zweckerreichung, S. 289. 133 Bemerkenswerter Weise scheint sich das Problem der unbewussten Leistung im Rahmen der Leistungskondiktion nicht zu stellen, obwohl auch dort mit dem Erfordernis der Zweckbestimmung ein finaler Leistungsbegriff anerkannt ist. Eine unbewusste Leistung gibt es dort nicht; vgl. dazu Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 104. 134 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 86; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 7. 132

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Zu untersuchen bleibt, welcher der beiden Ansätze zu sachgerechteren Ergebnissen gelangt. Dabei muss zwischen dem nicht voll Geschäftsfähigen als Schuldner und Gläubiger unterschieden werden. a) Nicht voll geschäftsfähiger Gläubiger Erbringt der Schuldner die vereinbarte Leistung dem nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger gegenüber, wird der Eintritt der Erfüllungswirkung von beiden Ansätzen übereinstimmend abgelehnt.135 Dieses Ergebnis bereitet keine Probleme, soweit es schon an der Verwirklichung des geschuldeten Erfolges fehlt. So kann wegen § 105 Abs. 1 BGB ein rechtsgeschäftliches Zuwendungsgeschäft dem Geschäftsunfähigen gegenüber nicht vorgenommen werden. Beschränkt geschäftsfähige Gläubiger können gemäß § 107 BGB die zum Eintritt des Erfolges notwendigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen abgeben, wenn und sofern sie lediglich rechtlich vorteilhaft sind.136 Bei Realleistungen oder Unterlassen tritt der Erfolg dagegen sowohl beim beschränkt geschäftsfähigen als auch beim geschäftsunfähigen Gläubiger ein. Die Erfüllung scheitert somit allein bei rechtsgeschäftlichen Leistungen gegenüber geschäftsunfähigen Gläubigern bereits am fehlenden Erfolg. In allen anderen Fällen ist die Ablehnung der Erfüllung nicht voll geschäftsfähigen Gläubigern gegenüber anders zu konstruieren. Bevor man aber Konstruktionserwägungen anstellt, ist zuvor die Frage nach der Schutzbedürftigkeit nicht voll geschäftsfähiger Gläubiger zu beantworten. aa) Schutzbedürftigkeit Obwohl eine Erfüllung durch Leistung an nicht voll geschäftsfähige Gläubiger übereinstimmend von allen Theorien abgelehnt wird, stellt sich die Frage, ob der nicht voll Geschäftsfähige durch die Zulassung der Erfüllung nicht besser geschützt wäre. Dafür könnte sprechen, dass er statt der Forderung nun den Gegenstand selbst in seinem Vermögen hat und somit vom immer bestehenden Risiko der Insolvenz des Vertragspartners und der Undurchsetzbarkeit der Forderung befreit wäre.137 Tatsächlich wird vertre135 Vgl. jeweils oben Erster Teil § 5 II. 1. a); Erster Teil § 5 II. 2. a); Erster Teil § 5 II. 3. a); Erster Teil § 5 II. 4. a); Erster Teil § 5 II. 5. a); Erster Teil § 5 II. 6. a). 136 Demgegenüber sieht Westermann die Übereignung und die Erfüllung als einheitlichen Erfüllungsvorgang und verneint die Wirksamkeit der Übereignung mangels Erlöschen der Forderung, vgl. Westermann, JZ 1955, S. 244. Diese Argumentation ist aber mit dem Trennungsprinzip unvereinbar, vgl. auch Wacke, JuS 1978, S. 84. 137 So Harder, JuS 1977, S. 152.

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ten, der Erwerb des Eigentums sei günstiger als das Innehaben der Forderung, deren Durchsetzung nie sicher ist.138 Verwirklicht sich der geschuldete Erfolg beim nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger, hat er exakt das bekommen, was er mit Eingehung des Schuldverhältnisses zu erlangen suchte. Das Interesse des Gläubigers sei immer auf Befriedigung seines Leistungsinteresses und damit letztlich auf die Erfüllung gerichtet, weshalb es keinen Nachteil darstellt, wenn die Forderung infolge der Bedürfnisbefriedigung erlischt. Die Bejahung des Erfüllungseintrittes benachteilige den nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger nicht.139 Diese Argumentation impliziert, dass Erfüllungswirkung und dinglicher Rechtserfolg nicht voneinander zu trennen sind. Unter der Herrschaft des Trennungsprinzips können die rechtlichen Folgen für das Erfüllungsgeschäft und den dinglichem Rechtsübergang aber durchaus unterschiedlich sein.140 Wer also von einem automatischen Erlöschen der Schuld nach Erfolgseintritt ausgeht, erliegt der Gefahr, die Verschiedenheit der Rechtsfolgen beider Gebiete nicht zu beachten. Bezeichnenderweise diskutiert Boehmer den Forderungsuntergang im Rahmen der rechtlichen Vorteilhaftigkeit der dinglichen Einigung,141 statt danach zu fragen, welche Folgen der Erfolgseintritt für das Bestehen des Schuldverhältnisses zeitigt. Rechtlich vorteilhaft ist die dingliche Einigung allein, weil der nicht voll Geschäftsfähige das Eigentum erwirbt, hingegen nicht, weil die Forderung erlischt. Boehmers Argumentation verstößt gegen das Abstraktionsprinzip.142 Die Erfüllung wiederum stellt sich nicht schon deshalb als vorteilhaft dar, weil der Erfolg beim nicht voll Geschäftsfähigen eintritt.143 Trotz des dinglichen Erfolges kann die Erfüllung abgelehnt werden.144 Für die Frage der Vorteilhaftigkeit der Erfüllung ist das dingliche Geschehen außer Acht zu 138 Schwab, Einführung in das Zivilrecht, Rdnr. 658; Oertmann, BGB, § 107 Anm. 3e; StudK-BGB/Hadding, § 107 Anm. 1b (a.E); Harder, JuS 1977, S. 152; ders., JuS 1978, S. 85; van Veenrooy, BB 1980, S. 1017. 139 Boehmer, Erfüllungswille, S. 72, 73; Havenstein, Erfüllung, S. 38; Schwab, Einführung in das Zivilrecht, Rdnr. 658; Bülow, JuS 1991, S. 530; Harder, JuS 1977, S. 152; StudK-BGB/Hadding, § 107 Anm. 1b (a.E); Welker, Zweckverfehlung, S. 64. 140 Wacke, JuS 1978, S. 80. 141 Boehmer, Erfüllungswille, S. 71; ähnliche Formulierungen bei Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 228; Welker, Zweckverfehlung, S. 64: „… Erfüllungseintritt (Forderungsverlust) …“. Indem Boehmer das Erlöschen der Forderung bei Erfolgseintritt voraussetzt, unterliegt er einer petitio pricipii. 142 Schmidt, Erfüllung, S. 64; van Veenrooy, BB 1980, S. 1018. 143 Boehmers Argumentation (Erwerb des Eigentums statt der Forderung) würde zudem bei Realleistungen versagen, wird doch hier kein Eigentum erworben. 144 Dies bestreitet van Veenrooy, BB 1980, S. 1019, der von einer Art Akzessorität des Verpflichtungsgeschäftes vom dinglichen Geschäft ausgeht.

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lassen.145 Richtigerweise beantwortet sich diese Frage allein nach einem Blick auf das rechtliche Schicksal der Forderung. Jene erlischt durch die Erfüllung, wodurch der nicht voll Geschäftsfähige einen Rechtsverlust erleidet.146 (1) Bestehen von Gewährleistungsrechten Der Eintritt der Erfüllung könnte zu einem Verlust von Gewährleistungsrechten führen, weil der nicht voll geschäftsfähige Gläubiger etwaige Mängel nicht beurteilen kann und sie deshalb nicht geltend macht. Dem wird von den Befürwortern des Erfüllungseintritts entgegengehalten, dass allein die Mangelhaftigkeit der Leistung den Rechtsbestand des nicht voll Geschäftsfähigen nicht nachteilig verändert. Die Gewährleistungsansprüche bewahren ihn im Gegenteil vor wirtschaftlichen Einbußen.147 Dazu ist folgendes zu bemerken: Der Umstand, dass der nicht voll geschäftsfähige Gläubiger mitunter nicht abschätzen kann, ob die erbrachte der geschuldeten Leistung entspricht, stellt keinen Nachteil dar, denn die Entscheidung, ob ordnungsgemäß erfüllt wurde oder Gewährleistungsansprüche bestehen, wird nicht vom ihm getroffen, sondern ist gesetzliche Folge der nicht schuldgerechten Leistung.148 Auch der Umfang der Gewährleistungsrechte wird durch den Empfang der Leistung nicht beeinflusst. Er ist entweder gesetzlich festgelegt oder im Vertrag ausgehandelt. Auch insofern bedarf es keiner Beurteilung durch den nicht voll Geschäftsfähigen. Richtigerweise kann den Gewährleistungsansprüchen überhaupt kein Argument für oder gegen die Zulassung der Erfüllung dem nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger gegenüber entnommen werden. Der Gesetzgeber hat im Wege der Schuldrechtsreform das Gewährleistungsrecht beim Kauf- und Werkvertrag an das allgemeine Leistungsstörungsrecht angebunden und sich auf den Standpunkt der Gewährleistungstheorie gestellt.149 Die §§ 433 Abs. 1 S. 2, 437 Nr. 1, 439 BGB verdeutlichen, dass die Lieferung einer mangelhaften Sache immer einen Fall der Nichterfüllung darstellt.150 Gewährleistungsansprüche sind lediglich modifizierte Erfüllungsansprüche.151 Die Existenz von Gewährleistungsansprüchen kann deshalb nicht für oder 145

Wacke, JuS 1978, S. 80. Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 271. 147 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 119. 148 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 118. 149 Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, § 12 Rdnr. 4; Bamberger/Roth/ Faust, § 433 Rdnr. 2. 150 Dauner-Lieb/Büdenbender, Das neue Schuldrecht, § 8 Rdnr. 21; Lorenz/ Riehm, Schuldrecht, Rdnr. 500; Palandt/Putzo, § 434 Rdnr. 5. 151 Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, § 13 Rdnr. 1; Lorenz/Riehm, Schuldrecht, Rdnr. 500. 146

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gegen den Eintritt der Erfüllung sprechen, denn bei Lieferung einer mangelhaften Sache liegt stets eine Form der Nichterfüllung vor.152 (2) Rechtshemmender Fristablauf Wird die Zulassung der Erfüllung mit dem Argument begründet, das Innehaben des Gegenstands sei vorteilhafter als der bloße Anspruch, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Stehen dem nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger nach Sacherhalt Gewährleistungsansprüche zu, besteht die Gefahr, dass er diese Ansprüche nicht rechtzeitig geltend macht, weil er das Vorliegen eines Mangels nicht beurteilen kann und sich seines Leistungsverweigerungsrechts aus § 320 BGB begibt.153 Mit dem Sacherhalt geht zusätzlich die Fristverkürzung der §§ 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB einher. Gerade die Verkürzung der Verjährungsfrist ist ein erheblicher Nachteil, wird doch die Gefahr, dass der nicht voll Geschäftsfähige die rechtzeitige Geltendmachung der vorhandenen Ansprüche unterlässt, noch vergrößert. Gegen das Argument des früheren Fristablaufs bringen Seibert und Harder vor, dieses greife nicht, weil die Fristen erst zu laufen beginnen, wenn der gesetzliche Vertreter von der Leistung an den Unmündigen Kenntnis erlangt.154 Allerdings stellen sie damit unzulässigerweise den drohenden Nachteil mit seiner Vermeidung gleich. Auch Seibert und Harder erkennen, dass das Innehaben des Gegenstandes mit der Gefahr verbunden ist, durch 152 Allenfalls aus den mit Erhalt des Gegenstandes verbundenen Modifikationen des Erfüllungsanspruchs könnte man ein Argument ziehen. Sind Gewährleistungsansprüche auch der Erfüllungsanspruch in anderer Gestalt, bleibt doch festzustellen, dass sie den Erfüllungsanspruch modifizieren. So kann der Verkäufer gemäß § 439 Abs. 3 BGB die gewählte Art der Nacherfüllung unter Umständen verweigern. Dann ist der Anspruch auf erneute Lieferung einer mangelfreien Sache ausgeschlossen. Die mit dem Erhalt der geschuldeten Sache verbundenen Modifikationen (vgl. auch § 438 Abs. 2 BGB) stellen eine Einschränkung des ursprünglichen Erfüllungsanspruches dar. Wer die Erfüllung dem nicht voll Geschäftsfähigen gegenüber mit dem Argument zulässt, der Erhalt der Sache sei vorteilhafter als das Innehaben der Forderung [vgl. dazu Erster Teil § 6 II. 8. a) aa) (2)], muss folgerichtig die mit dem Sacherhalt verbundenen Modifikation des Erfüllungsanspruchs ebenfalls zulassen. Die gesetzlichen Modifikationen begründen aber die Gefahr, dass die dem nicht voll Geschäftsfähigen zustehenden Rechtspositionen nicht mehr geltend gemacht werden können und dadurch ihre Funktion – Verhinderung wirtschaftlicher Einbußen – verlieren. Dieses Ergebnis lässt sich mit dem Sinn des gesetzlichen Minderjährigenschutzes, nämlich ihn vor wirtschaftlich nachteiligen Folgen seines Handels zu bewahren, nicht vereinbaren. Daran zeigt sich, dass auch unter diesem Aspekt der Sacherhalt keinesfalls vorteilhaft für den nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger ist. 153 Pawlowski, BGB AT (1972), S. 98 Anm. 125; Wacke, JuS 1978, S. 84; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 119; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 135. 154 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 135; Harder, JuS 1978, S. 86.

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verspätete Geltendmachung von Rechtspositionen diese zu verlieren, und versuchen den Nachteil durch einen veränderten Fristbeginn zu umgehen. Gleichwohl können sie nicht leugnen, dass das Innehaben des Gegenstandes keinesfalls vorteilhafter gegenüber dem Innehaben der Forderung sein muss. (3) Verlust- und Verschleudergefahr Als weiterer Aspekt ist die Verlust- oder Verschleudergefahr zu berücksichtigen. Darunter versteht man, dass der nicht voll Geschäftsfähige den bereits an ihn geleisteten Gegenstand verliert oder sofort wieder ausgibt, der Gegenstand also nicht dauerhaft sein Vermögen mehrt. Da sich erlangte Dienstleistungen oder eine Zuwendung durch Unterlassen nicht verlieren oder verschleudern lassen,155 besteht die Verlust- oder Verschleudergefahr nur bei Leistung einer Sache zwecks Erfüllung an den nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger.156 (a) Verschleudergefahr Das Bestehen der Verschleudergefahr wird gelegentlich mit dem Hinweis geleugnet, der nicht voll Geschäftsfähige könne ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters nicht wirksam über den erlangten Gegenstand verfügen.157 Dagegen spricht folgendes: Zwar kann der nicht voll Geschäftsfähige durch die Weggabe der Sache nicht rechtsgeschäftlich Eigentum übertragen. Ein gesetzlicher Eigentumsverlust infolge des Besitzverlustes ist gleichwohl möglich. Bezahlt der nicht voll Geschäftsfähige mit den zuvor an ihn geleisteten Geldscheinen, verliert er das Eigentum daran nach § 948 Abs. 1 BGB, wenn die Geldscheine in eine Kasse zu anderen Geldscheinen gelegt werden, spätestens jedoch, wenn der Empfänger die Geldscheine zur Bank bringt.158 Zudem besteht die Gefahr, dass die an sich bestehenden Ansprüche des Unmündigen auf Herausgabe der Sache durch Unauffindbarkeit oder Insolvenz des Herausgabepflichtigen entwertet wer155 Harder, JuS 1978, S. 86. Zwar ist bei Realleistungen die unterlassene Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen denkbar, doch stellt dies kein Verschleudern dar, sondern fällt unter die Gefahr des Fristablaufs. 156 Entgegen der Ansicht, eine Verlustgefahr existiere nur bei rechtsgeschäftlichen Leistungen (so aber Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 123), ist auch das Verlieren lediglich des Besitzes denkbar. Hat der nicht voll Geschäftsfähige wirksam ein Buch verliehen und gibt ihm der Schuldner das Buch zurück, kann es danach verloren gehen. Auch hier stellt sich die Frage, ob der Schuldner seine Rückgabepflicht erfüllt hat. 157 Harder, JuS 1977, S. 152. 158 Wacke, JuS 1978, S. 82.

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den.159 Gegen die Beachtlichkeit der Verschleudergefahr wird weiter vorgebracht, die Wirksamkeit einer Handschenkung an den nicht voll Geschäftsfähigen zeige, dass die nun ebenfalls bestehende Verlustgefahr keine Rolle bei der Erfüllung spielt.160 Allerdings erlischt durch die Handschenkung keine bereits vor Vornahme der Schenkung im Vermögen des nicht voll Geschäftsfähigen existierende Forderung, sondern es wird nach h. M. lediglich ein Rechtsgrund zum Behalten vereinbart.161 Durch einen späteren Verlust der geschenkten Sache verringert sich das Vermögen des nicht voll Geschäftsfähigen, verglichen mit seinem Bestand vor der Handschenkung, nicht. Allein deshalb ist der nicht voll geschäftsfähige Gläubiger im Fall der Handschenkung nicht schutzwürdig. Aus der Handschenkung lassen sich deshalb keine verallgemeinerungsfähigen Argumente zur Verschleudergefahr ziehen. Vielmehr besteht nach Leistung einer Sache an den nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger die Gefahr, dass dieser die Sache durch Aufgabe des Besitzes oder infolgedessen durch Verlust des Eigentums endgültig seinem Vermögen entzieht. Vor dieser Vermögenseinbuße ist der nicht voll Geschäftsfähige zu schützen. (b) Verlustgefahr Der unleugbaren Gefahr, dass der nicht voll Geschäftsfähige die erlangte Sache verliert, wird mit dem Argument begegnet, der Verlust der Sache stelle nur einen wirtschaftlichen, aber keinen rechtlichen Nachteil im Sinne des § 107 BGB dar.162 Unabhängig davon, ob man den Schutz Unmündiger bei der Erfüllung an der Vorschrift des § 107 BGB festmacht,163 verfolgt der gesetzliche Minderjährigenschutz das Ziel, nicht voll Geschäftsfähige mittelbar vor wirtschaftlichen Nachteilen seines Handelns zu schützen: Die Regeln über den Minderjährigenschutz sollen in erster Linie verhindern, dass sich der nicht voll Geschäftsfähige selbst schädigt, weil er die Folgen seines Handelns nicht einschätzen kann.164 Damit ist keine Schädigung von Leib und Leben gemeint, sondern es geht um nachteilige Folgen seines rechtsgeschäftlichen Handelns.165 Nachteilig können Folgen seines rechtsgeschäftlichen Handelns aber nur deshalb sein, weil sie seine Vermögenslage beeinträchtigen, indem sie ihn zu einer Leistung verpflichten.166 Dass 159

Wacke, JuS 1978, S. 82. Harder, JuS 1978, S. 86. 161 Wacke, JuS 1978, S. 82. Zu den Handgeschäften unten Dritter Teil § 18 III. 162 Harder, JuS 1977, S. 152; ders., JuS 1978, S. 85. 163 Das ist erst eine Frage der Konstruktion, vgl. unten Erster Teil § 6 II. 8. a) bb). 164 Motive I, S. 131; Schack, BGB AT, Rdnr. 190; Brox, BGB AT, Rdnr. 260. 165 Bamberger/Roth/Wendtland, § 107 Rdnr. 1; MüKo/Schmitt, Vorb. 2 vor §§ 104 ff. 160

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man in § 107 BGB dennoch auf den rechtlichen und nicht auf den wirtschaftlichen Nachteil abstellt, liegt allein daran, dass man Unklarheiten bezüglich der wirtschaftlichen Nachteiligkeit vermeiden wollte. Ob die Gesamtbilanz für den beschränkt Geschäftsfähigen günstig ist, kann im Rechtsverkehr oft nicht zuverlässig entschieden werden.167 Allein aus Gründen der Rechtssicherheit wurde deshalb auf den rechtlichen Nachteil abgestellt,168 bedeutet doch jede Verpflichtung eine Belastung des Vermögens.169 Besteht daher die Gefahr eines wirtschaftlichen Nachteils, ist das ein zu vermeidender Nachteil. Zu Recht wird betont, es komme dem Gläubiger nicht nur darauf an, die Sache zu erhalten, als sie vielmehr zu behalten.170 Erweitert werden kann diese Feststellung um den Zusatz, die Sache muss auch sicher behalten werden dürfen.171 Dem Gläubiger genügt nicht das Haben der Sache, sondern erst das sichere Haben.172 Der Erhalt des Gegenstandes stellt sich wegen der damit einhergehenden Verschleuder- und Verlustgefahr nicht als vorteilhaft für den nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger dar.173 Die Forderung kann dagegen weder verloren noch verschleudert werden.174

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Schack, BGB AT, Rdnr. 191; Musielak, Grundkurs BGB, Rdnr. 291. Bork, BGB AT, Rdnr. 998; Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 272; MüKo/Schmitt, Vorb. 9 vor §§ 104 ff. 168 Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 560; Bork, BGB AT, Rdnr. 998; MüKo/Schmitt, § 107 Rdnr. 3. 169 Bork, BGB AT, Rdnr. 998. Dass der Schutz des Vermögens bezweckt wird, lässt sich im Übrigen daran erkennen, wenn im Rahmen des § 107 BGB die Übereignung eines hypothekbelasteten Grundstückes deshalb als nicht rechtlich nachteilig angesehen wird, weil die mögliche Zwangsvollstreckung sein übriges Vermögen nicht angreift (vgl. Musielak, Grundkurs BGB, Rdnr. 294; Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 276), wie auch im Übrigen die Schenkung eines Gegenstandes nicht für rechtlich nachteilig erachtet wird, wenn sie nicht die Gefahr begründet, dass das sonstige Vermögen des nicht voll Geschäftsfähigen belastet wird (vgl. Stürner, AcP 173 (1973), S. 402). 170 Alexander, Natur der Erfüllung, S. 29; Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 4; Brinz, Pandekten II/1, S. 445. 171 Dies zeigt sich exemplarisch anhand § 435 BGB, wonach eine Sache mangelhaft ist und damit nicht erfüllt wurde, wenn der Erwerber die Sache zwar übereignet bekommen hat, aber Dritte Rechte in Bezug auf die Sache geltend machen können, welche letztendlich die Befugnisse des Eigentümers schmälern. 172 Wacke, JuS 1978, S. 82; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 136. 173 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 136. 174 Harder, JuS 1977, S. 150; Wacke, JuS 1978, S. 82; Muscheler/Bloch, JuS 2000, S. 738; Boehmer, Erfüllungswille, S. 73. 167

§ 6 Entscheidung zwischen subjektiver und objektiver Erfüllung

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(c) Zwischenergebnis Es kann festgestellt werden, dass nicht voll Geschäftsfähige in Anbetracht der bestehenden Verlust- und Verschleudergefahr nicht hinreichend durch den Eintritt der Erfüllungswirkung geschützt werden. Dem Interesse des Minderjährigenschutzes wird man nur durch Ablehnung der Erfüllung trotz Sacherhalts gerecht. (4) Berücksichtigung der Schuldnerinteressen Berücksichtigt die Ablehnung der Erfüllung die Interessen des nicht voll Geschäftsfähigen, könnte sie jedoch die Interessen des leistenden Schuldners so stark vernachlässigen, dass von einer gerechten Lösung nicht mehr gesprochen werden kann:175 Scheinbar wird der Schuldner durch die Ablehnung der Erfüllung zu einer erneuten Leistung gezwungen, was eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung darstellen würde. Sofern es sich beim geschuldeten Leistungsgegenstand um eine Stückschuld handelt,176 ist dem Schuldner eine erneute Leistung der identischen Sache – zumindest zeitweise177 – nicht möglich. Der Anspruch des nicht voll geschäftsfähigen Gläubigers ist dann gemäß § 275 Abs. 1 BGB entfallen.178 Bei gegenseitigen Verträgen verliert der Schuldner gemäß § 326 Abs. 1 BGB zwar auch seinen Anspruch auf die Gegenleistung, was wiederum einen Nachteil darstellt. Allerdings hat er einen Anspruch auf Herausgabe des Geleisteten gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB gegen den nicht voll Geschäftsfähigen.179 Befindet sich die Leistung des Schuld175 Schon der Gesetzgeber war der Auffassung, das der Minderjährigenschutz nicht weiter gehen dürfte, als dies mit der materiellen Gerechtigkeit und Rechtssicherheit zu vereinbaren ist, vgl. Motive I, S. 33. 176 War die Leistung nur der Gattung nach bestimmt, liegen durch den Leistungserhalt des nicht voll geschäftsfähigen Gläubigers die Voraussetzungen der Konkretisierung vor, was ebenfalls über §§ 275 Abs. 1, 243 Abs. 2, 326 Abs. 1 BGB zum Entfall von Leistungs- und Gegenleistungspflicht führt. 177 Erst wenn er die Sache vom nicht voll Geschäftsfähigen nach § 812 Abs. 1 BGB zurück erlangt hat, könnte er wieder leisten. Es liegt ein Fall der zeitweisen Unmöglichkeit vor, vgl. Wiesner, MDR 2002, S. 861. 178 Alexander, Natur der Erfüllung, S. 31; Welker, Zweckverfehlung, S. 64. Ist kein Gegenstand geschuldet, sondern eine Tätigkeit, liegt gleichwohl wegen Zweckerreichung in den meisten Fällen Unmöglichkeit vor, vgl. unten Erster Teil § 9 III. 2. a) aa) (1) (a). 179 Zwar besteht die Forderung des nicht voll Geschäftsfähigen gegen den Schuldner, allerdings hat die Leistung nicht zur Erfüllung geführt und deshalb ihren Zweck verfehlt. Damit stellt sie noch keinen tauglichen Rechtsgrund dar, vgl. Bauer, Natur der Erfüllung, S. 90. Anderer Ansicht van Veenrooy, BB 1980, S. 1019.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

ners noch im Vermögen des nicht voll Geschäftsfähigen, wird der Schuldner durch die Ablehnung der Erfüllung nicht benachteiligt, kann er doch die Sache herausverlangen und abermals leisten.180 Sofern man sich auf den Standpunkt stellt, die Übereignung an den nicht voll Geschäftsfähigen ist schon kein Fall der „echten“ Unmöglichkeit, weil der Schuldner mit der Weggabe der Sache das Leistungshindernis gemäß § 275 Abs. 2 S. 2 BGB zu vertreten hat und er sich den Gegenstand im Wege des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB wieder verschaffen muss, kann der Schuldner mit diesem Anspruch gegen den bestehenden Leistungsanspruch des nicht voll geschäftsfähigen Gläubigers aufrechnen, welcher nach §§ 387, 389 BGB erlischt.181 Anders stellt sich die Situation dar, wenn der nicht voll geschäftsfähige Gläubiger die geleistete Sache verloren oder zerstört hat und sich insoweit auf Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen kann.182 Jetzt hätte der Schuldner keinen Bereicherungsanspruch gegen den nicht voll Geschäftsfähigen. Sofern es sich um eine Stückschuld handelt, ist dem Schuldner die erneute Leistung damit nicht mehr möglich. Er ist gemäß § 275 Abs. 1 BGB von der Leistung befreit, verliert aber nach § 326 Abs. 1 BGB den Anspruch auf die Gegenleistung. Wegen Herbeiführung der Unmöglichkeit könnte sich der Schuldner zudem gemäß §§ 280 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 283 BGB dem nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht haben.183 Der Schuldner erleidet also nicht generell, sondern nur in jenen Fällen einen wirtschaftlichen Nachteil, in denen sich der nicht voll Geschäftsfähige hinsichtlich des Kondiktionsanspruchs des Schuldners auf Entreicherung berufen kann.184 In diesen Fällen hat sich in180 Weil die zeitweise Unmöglichkeit jetzt aufgehoben wird, sofern man das zeitweilige Leistungshindernis überhaupt als Unmöglichkeit ansieht, vgl. MüKo/Ernst, § 275 Rdnr. 134; Palandt/Heinrichs, § 275 Rdnr. 10; Erman/Battes, § 275 Rdnr. 10; Wiesner, MDR 2002, S. 861. Die Unmöglichkeit ablehnend Bamberger/Roth/Grüneberg, § 275 Rdnr. 5, Canaris, ZRP 2001, S. 334, Lettl, JuS 2001, S. 351. 181 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 171; Bauer, Natur der Erfüllung, S. 91; Harder, JuS 1977, S. 149; Wacke, JuS 1978, S. 80. 182 Dabei soll an dieser Stelle die Frage, auf wessen Kenntnis es zur Bejahung der Entreicherung ankommt, bewusst ausgeblendet werden. 183 So schon Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 142. Dazu müsste die Pflichtverletzung in der (eigentlich geschuldeten!) Leistung an den nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger bestehen, weil damit die zu vermeidende Verlustgefahr begründet wurde. Dies geschieht in den meisten Fällen auch vorsätzlich, weiß der Schuldner doch um die Unmündigkeit. Der Schaden liegt im Verlust der Forderung, wofür Ersatz zu leisten ist. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass der nicht voll Geschäftsfähige bei gegenseitigen Verträgen gemäß § 326 Abs. 1 BGB von der Pflicht zur Gegenleistung befreit wird. Zudem dürfte sein Mitverschulden gemäß §§ 254, 828 BGB anspruchsmindernd zu berücksichtigen sein. 184 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 25 Rdnr. 22.

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des die Verlust- oder Verschleudergefahr realisiert. Wenn der nicht voll Geschäftsfähige gerade vor diesen Risiken geschützt werden soll, ist es nur konsequent, dass er im Falle der Verwirklichung des Risikos zu Lasten des Schuldners geschützt wird. Dies ist zwangsläufige Folge der gesetzgeberischen Entscheidung zugunsten des Schutzes nicht voll Geschäftsfähiger.185 Das Schutzbedürfnis des Schuldners führt zu keinem anderen Ergebnis als der Ablehnung des Erfüllungseintritts. bb) Konstruktive Realisierung des Schutzes Steht damit fest, dass der Minderjährigenschutz die Verhinderung des Erfüllungseintritts gebietet, ist die Qualität der Konstruktionen zur Erreichung dieses Ziels zu untersuchen. Dem konstruktiv einfachsten Weg,186 in der Erfüllung eine Verfügung des Gläubigers über seine Forderung zu sehen, kann aus den oben erwähnten Gründen nicht gefolgt werden.187 (1) Schutz des nicht voll geschäftsfähigen Gläubigers über § 242 BGB Unabhängig vom subjektiven oder objektiven Ansatz will eine Ansicht den nicht voll Geschäftsfähigen über § 242 BGB schützen.188 Insbesondere für den Beginn der Gewährleistungsfristen und die Vermeidung der Verlustgefahr wurde dieser Ansatz in neuerer Zeit von Hagmann-Lauterbach vertreten.189 Danach könne nur eine Einzelfalllösung die Interessen des Schuldners hinreichend berücksichtigen.190 So sei ein älterer nicht voll Geschäftsfähiger durchaus in der Lage zu beurteilen, ob die gelieferte Sache der geschuldeten entspricht, ein jüngerer hingegen nicht.191 Hinsichtlich der Gewährleistungsrechte gilt allerdings, dass sie ipso iure entstehen und nicht von der Beurteilung des Unmündigen abhängig sind. Der Einzelfallansatz will jedoch speziell die Fälle der Verlust- und Verschleudergefahr sachgerecht erfassen. Erfüllung tritt danach ein, wenn der Wert der erhaltenen Leistung nicht unverhältnismäßig für das Alter des 185

MüKo/Schmitt, Vorb. 7 vor §§ 104 ff.; Schmidt, Erfüllung, S. 29. Schmidt, Erfüllung, S. 29. 187 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. c) bb). 188 Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 57 8 (S. 172); SK-BGB/Lüderitz, § 362 Anm. 2d; Soergel/Zeiss, Vorb. § 362 Rdnr. 8; Schreiber, Jura 1992, S. 667; Krückmann, JherJB 59, S. 57. 189 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 118 ff. 190 Schreiber, Jura 1992, S. 667. 191 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 120. 186

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

Gläubigers ist.192 Allerdings sind sich die Vertreter dieser Ansicht selbst uneinig, wann eine Summe für ein bestimmtes Alter verhältnismäßig ist. So wird in vergleichbaren Fällen – Abhebung eines Sparguthabens durch einen 15-jährigen Gläubiger – die Erfüllung sowohl bejaht als auch abgelehnt.193 Die mit diesem Ansatz verbundene Unsicherheit bezüglich der Erfüllungswirkung (Wo liegt die Grenze der Unverhältnismäßigkeit und wie verschiebt sie sich mit zunehmendem Alter?) ist unvereinbar mit dem Interesse des Rechtsverkehrs, über den Eintritt der Erfüllung Sicherheit zu erlangen.194 Deshalb ist auch der gesetzlich intendierte Schutz nicht voll Geschäftsfähiger als abstrakter, vom Einzelfall unabhängiger Schutz konzipiert.195 Zuletzt widerspricht auch die dem Einzelfallansatz innewohnende Beweislastverteilung dem Minderjährigenschutz.196 Geht man nämlich für reifere Unmündige und geringe Summen grundsätzlich von Erfüllung aus, läge die Beweislast für nicht eingetretene Erfüllung wegen mangelnder Einsichtsfähigkeit beim nicht voll Geschäftsfähigen, sofern nur der Schuldner die Herbeiführung des Erfolges nachweisen könnte.197 Nach alledem ist der Weg über § 242 BGB abzulehnen. (2) Objektive Erfüllungstheorie Obwohl der objektive Ansatz die Voraussetzungen der Erfüllung auf die Herbeiführung des Erfolges reduziert, lehnt auch die Theorie der realen Leistungsbewirkung die Erfüllung gegenüber nicht voll geschäftsfähigen Gläubigern ab. Dabei müsste dieser Ansatz die Erfüllung eigentlich bejahen, wenn der geschuldete Erfolg beim Unmündigen eingetreten ist,198 kommt doch der Erfolg dem nicht voll Geschäftsfähigen gerade so zugute wie dem Geschäftsfähigen.199 192 Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 57 (S. 172); Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 123. 193 Für den Erfüllungseintritt Beitzke, AcP 172 (1972), 250; ihn ablehnend Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 703. Schreiber, Jura 1993, S. 667 nimmt erst bei Leistung von lediglich 5 Euro an einen Siebzehnjährigen Erfüllung an. 194 Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 38; Harder, JuS 1977, S. 151; Wacke, JuS 1978, S. 80. 195 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 6 Rdnr. 13; Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 222; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 536; Bamberger/Roth/Wendtland, § 104 Rdnr. 2; MüKo/Schmitt, Vorb. 9 vor §§ 104 ff.; Canaris, WM 1980, S. 355. 196 Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 40; dagegen Schreiber, Jura 1993, S. 667. 197 Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 40. 198 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 75; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 37; van Veenrooy, BB 1980, S. 1017; Schmidt, Erfüllung, S. 62. 199 So konsequent noch Boehmer, Erfüllungswille, S. 71.

§ 6 Entscheidung zwischen subjektiver und objektiver Erfüllung

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(a) Der Ansatz Oertmanns Als erster hat Oertmann versucht, dieses Ergebnis zu modifizieren. Da die Erfüllung mit dem Verlust der Forderung verbunden sei, sollte der Erfolgseintritt nur bei Dienstleistungen, die der Person des nicht voll Geschäftsfähigen unmittelbar zugute kommen, zur Erfüllung führen.200 In allen anderen Fällen lag nicht Erfüllung, sondern Zweckerreichung vor.201 Hinter diesem Ansatz steht wohl der Gedanke, dass sich Realleistungen nicht verschleudern lassen, so dass der Verlust der Forderung durch Erlangung der Leistung kompensiert wird. Allerdings ist nicht recht einzusehen, warum Oertmann allein bei Dienstleistungen, die der Person des Unmündigen unmittelbar zugute kommen, Erfüllung annimmt, nicht aber bei Verschaffung eines anderen Rechtsguts. So lässt sich etwa ein übereignetes Grundstück ebenfalls nicht verlieren. Warum in jenem Fall lediglich Zweckerreichung vorliegen und damit nach § 326 Abs. 1 BGB der Verlust der Gegenforderung des Schuldners eintreten soll, ist nicht einsichtig. Dass die Erfüllungsverweigerung mehr oder minder zufällig erscheint, liegt am fehlenden konstruktiven Gerüst seiner Ansicht, die über eine Einzelfallentscheidung nicht hinausgeht.202 (b) Erfüllungsablehnung über § 107 BGB Boehmer, einer der frühen Vertreter einer objektiven Erfüllung, hat die Vorteilhaftigkeit des Erfüllungseintritts der Leistung an den nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger anhand des § 107 BGB diskutiert.203 Der Wortlaut der Norm spricht aber klar von der Vorteilhaftigkeit einer Willenserklärung. In einen objektiven, die Notwendigkeit von Tilgungsbestimmungen ablehnenden Ansatz der Erfüllung lässt sich § 107 BGB somit nicht integrieren. Erst wenn man die Tilgungsbestimmung als notwendigen Teil jeder Erfüllung ansieht, kann man konstruktiv auf § 107 BGB zum Schutz der nicht voll Geschäftsfähigen zurückgreifen.204

200 Oertmann, BGB, § 362 Anm. 6 b. Hier schimmert das Argument der Vermeidung der Verlust- und Verschleudergefahr durch, kann doch die Realleistung nicht verschleudert werden. 201 Oertmann, BGB, § 362 Anm. 6 b. 202 Ablehnend auch Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 76. 203 Boehmer, Erfüllungswille, S. 70. 204 van Veenrooy, BB 1980, S. 1018.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

(c) Die „Empfangszuständigkeit“ Dogmatisch fundierter ist die Figur der Empfangszuständigkeit, welche aus einer stärkeren Berücksichtigung des gesetzlichen Vertreters entwickelt wurde.205 Über die Personensorge hinaus ist der gesetzliche Vertreter gemäß § 1626 Abs. 1 S. 2 BGB auch für die Vermögenssorge zuständig. Er ist die Stelle, über welche Rechtsgeschäfte mit dem nicht voll Geschäftsfähigen abgeschlossen und die geschuldeten Vermögensänderungen realisiert werden, weshalb nur er zur Entgegennahme der geschuldeten Leistung befugt sein soll.206 Aus diesem Gedanken entwickelten Blomeyer und Larenz die Figur der Empfangszuständigkeit, welche den gleichen Grundsätzen wie die Verfügungsmacht folgt.207 Zweifelhaft ist bereits, ob es der Figur der Empfangszuständigkeit zur Realisierung des Minderjährigenschutzes überhaupt bedurft hätte.208 Sofern die Figur der Empfangszuständigkeit als erfüllungsrechtliche Figur auf Fälle abseits nicht voll geschäftsfähiger Gläubiger übertragen wird, werden die Fälle, in denen der Gläubiger die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen verloren hat, ohnehin durch Spezialregelungen erfasst (vgl. §§ 362 Abs. 2, 1812, 1813, 1984 Abs. 1 S. 1, 2211 BGB, § 80 Abs. 1 InsO).209 In den fraglichen Normen wird jeweils bestimmt, dass die Leistungshandlung dem nun Verfügungsbefugten gegenüber erbracht werden kann, um die Erfüllung herbeizuführen. Die Figur der Empfangszuständigkeit ist deshalb genau genommen eine Sondertheorie für nicht voll geschäftsfähige Gläubiger.210 Aus den erwähnten Sonderregelungen wird nun gefolgert, dass die geschuldete Leistung dem gesetzlichen Vertreter gegenüber zu erbringen ist.211 Das wirft die Frage auf, wie dies in der Praxis geschehen soll. Der 205

Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 6. a). Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 25 Rdnr. 22; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 171; Flume, Rechtsgeschäft, § 13 7 (S. 193); Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 107; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 504; Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 240); Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 141. 207 Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, § 38 (S. 257); Larenz, Schuldrecht I, 6. Auflage, § 26 (S. 308). 208 Ebenso Esser/Schmidt, Schuldrecht I, § 17 II (S. 280). 209 Esser/Schmidt, Schuldrecht I, § 17 II (S. 280); Müller-Laube, Empfangszuständigkeit, S. 19. 210 So explizit Müller-Laube, Empfangszuständigkeit, S. 17. 211 Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 107; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 386; Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, § 38 (S. 257); Taupitz, JuS 1992, S. 453. 206

§ 6 Entscheidung zwischen subjektiver und objektiver Erfüllung

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Friseur, der dem Geschäftsunfähigen einen Haarschnitt schuldet, soll wohl kaum dem Vater die Haare schneiden.212 Oder wandeln wir die klassische Flugreiseentscheidung des BGH213 ab: Angenommen, es hätte bezüglich des Minderjährigen ein gültiger Beförderungsvertrag für den Flug in die USA vorgelegen, wie hätte dieser dem gesetzlichen Vertreter gegenüber erfüllt werden sollen? Hätte dieser statt des Sohnes das Flugzeug besteigen sollen? In der Praxis stößt die Figur der Empfangszuständigkeit folglich schnell an ihre Grenzen. Gerade das Beispiel des Haarschnittes verdeutlicht, dass nicht der Erhalt der geschuldeten Leistung in der Person des gesetzlichen Vertreters im Vordergrund steht, als vielmehr dessen Kenntnis (und Zustimmung) über eine Leistung an den nicht voll Geschäftsfähigen. Schließlich ist auch die theoretische Fundierung des Leistungserhalts durch den gesetzlichen Vertreter nicht überzeugend. Erfüllung setzt den Erfolgseintritt beim Gläubiger voraus. Nur dann ist das mit Eingehung des Schuldverhältnisses verfolgte Gläubigerbedürfnis befriedigt. Wie aber soll der Erfolg beim nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger eintreten, wenn die Leistung dem gesetzlichen Vertreter gegenüber erfolgt? Das Erfolgsdogma des objektiven Ansatzes lässt sich damit nicht vereinbaren. Zudem ist zu beachten, dass der gesetzliche Vertreter dem Vertragsschluss zwischen dem nicht voll Geschäftsfähigen und dessen Schuldner zugestimmt haben muss, damit eine wirksame Verpflichtung überhaupt entsteht. Damit billigt er zugleich einen direkten rechtsgeschäftlichen Kontakt des nicht voll Geschäftsfähigen zum Schuldner, obwohl für den gesetzlichen Vertreter auch ein Vertrag zugunsten Dritter möglich gewesen wäre, um die Bedürfnisse des nicht voll Geschäftsfähigen zu befriedigen. Forderte man mit der Theorie der realen Leistungsbewirkung, dass die Leistung immer dem gesetzlichen Vertreter gegenüber zu erbringen ist, würde der Unterschied in der Vertragsgestaltung verwischt.214 Angreifbar ist schließlich die dogmatische Verankerung der Figur der Empfangszuständigkeit in den §§ 362 Abs. 2, 1812, 1813 BGB. Auch die Vertreter der realen Leistungsbewirkung lehnen es in Ansehung dieser Normen ab, in der Erfüllung eine Verfügung des Schuldners über seine Forderung zu sehen.215 Im gleichen Atemzug weisen sie aber darauf hin, dass sich die Empfangszuständigkeit nach den Grundsätzen einer Verfügung über 212

Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 137. BGHZ 55, 128. 214 Demgegenüber ist Seibert der Meinung, auch wenn der Vertrag mit dem nicht voll Geschäftsfähigen geschlossen wurde, sei die Leistung an den gesetzlichen Vertreter die richtige Art und Weise der Leistung, vgl. Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 141. 215 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 240); Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17 II (S. 280); MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 11. 213

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

die Forderung richtet.216 Darin liegt nichts anderes als die Gleichstellung der Empfangszuständigkeit mit der Verfügungsbefugnis.217 Inkonsequenterweise lehnt man eine Verfügung über die Forderung ab, begründet aber auf gleichem Weg (§§ 362 Abs. 2, 1812, 1813 BGB) die eigene Position. Der einzige Unterschied besteht darin, dass dem Kind ein anderer Name gegeben wird.218 Abgesehen von diesem grundsätzlichen Einwand kann die Figur der Empfangszuständigkeit auch nicht der Vorschrift des § 362 Abs. 2 BGB entnommen werden. Dort stimmt der Berechtigte einer Leistung an einen Nichtberechtigten zu. Hinsichtlich der Forderung ist nun nicht der gesetzliche Vertreter, sondern der nicht voll Geschäftsfähige der Berechtigte.219 Mithin müsste er und nicht der gesetzliche Vertreter zustimmen, weshalb sich § 362 Abs. 2 BGB für die Herleitung der Empfangszuständigkeit nicht heranziehen lässt.220 Die Theorie der Empfangszuständigkeit ist dogmatisch angreifbar221 und kann in der Praxis nicht überzeugen. Mit dem Aufstellen des Erfordernisses von Empfangszuständigkeit versuchen die Anhänger der Theorie der realen Leistungsbewirkung ihrer Hauptaussage – Erfüllung als automatische Folge des Erfolgseintritts – zu entgehen, ohne einen Rückgriff auf Tilgungsbestimmungen zuzulassen.222 Dass die Figur der Empfangszuständigkeit allein für nicht voll geschäftsfähige Gläubiger zugleich unnötig ist,223 soll im Folgenden gezeigt werden. (3) Subjektive Erfüllungstheorie Sachgerechter lässt sich die Ablehnung der Erfüllung mit Hilfe von Tilgungsbestimmungen lösen.224 Wie unser Friseurbeispiel zeigt, geht es um 216 Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 3; MüKo/Wenzel, § 366 Rdnr. 15; Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 240). Exemplarisch insbesondere Jauernig/Stürner, § 362 Rdnr. 2: „bedürfen aber zur Annahme als Erfüllung der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, weil die Forderung erlischt“ (Hervorhebung nur hier). 217 Müller-Laube, Empfangszuständigkeit, S. 91 ff.; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 76; Muscheler/Bloch, JuS 2000, S. 738. 218 Harder, JuS 1978, S. 85; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 60 (S. 251). 219 Schreiber, Jura 1993, S. 667. 220 Welker, Zweckverfehlung, S. 62; Schreiber, Jura 1993, S. 667. 221 So schon Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 42. van Veenrooy, BB 1980, S. 1017 bezeichnet die Empfangszuständigkeit als das „black hole“ der Theorie der realen Leistungsbewirkung. 222 Müller-Laube, Empfangszuständigkeit, S. 17. 223 Ebenso Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17 II (S. 280); Welker, Zweckverfehlung, S. 65; Schreiber, Jura 1993, S. 667. 224 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 91.

§ 6 Entscheidung zwischen subjektiver und objektiver Erfüllung

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den Zugang von Zuordnungsbestimmungen des Schuldners an den nicht voll Geschäftsfähigen,225 mithin um den Zugang rechtsgeschäftlicher (oder rechtsgeschäftsähnlicher) Erklärungen,226 welcher in § 131 BGB geregelt ist. Danach kann die Zuordnungsbestimmung dem nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger selbst nicht wirksam zugehen. Zwar besteht gemäß § 131 Abs. 2 S. 2 BGB die Möglichkeit, dass beschränkt geschäftsfähigen Gläubigern die Zuordnungsbestimmung wirksam zugehen kann, wenn sie ihm lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Da der wirksame Zugang der Zuordnungsbestimmung, verbunden mit dem Erfolgseintritt, zur Erfüllung und damit zum Erlöschen seiner Forderung führt, ist der Zugang der Zuordnungsbestimmung immer rechtlich nachteilig. Folglich ist stets der Zugang der Tilgungsbestimmung beim gesetzlichen Vertreter gemäß § 131 Abs. 1 BGB zum Eintritt der Erfüllung erforderlich.227 Hat der gesetzliche Vertreter durch den Zugang der Tilgungsbestimmung gemäß § 131 BGB von der Zuwendung an den nicht voll Geschäftsfähigen erfahren, ist er in der Lage, erbrachte und geschuldete Leistung zu vergleichen und im Falle nicht ordnungsgemäßer Leistung Rechte des nicht voll Geschäftsfähigen geltend zu machen. Wird nun dem nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger eine Zuwendung erbracht und auch die Tilgungsbestimmung gegenüber abgegeben, geht diese gemäß § 131 BGB dem nicht voll Geschäftsfähigen nicht wirksam zu. Der Unmündige wird aber zum Erklärungsboten des Leistenden.228 Die Tilgungsbestimmung erlangt Wirksamkeit, wenn der Unmündige sie seinem gesetzlichen Vertreter überbringt. Sofern sich die geschuldete Leistung dann noch im Vermögen des nicht voll geschäftsfähigen Gläubigers befindet, erlischt die Forderung gemäß § 362 Abs. 1 BGB. Erfüllung tritt nämlich erst ein, wenn und sofern geschuldeter Erfolg und wirksame Zuordnungsbestimmung zur gleichen Zeit vorliegen.229 Hat der nicht voll Geschäftsfähige die erbrachte Leistung im Zeitpunkt des Zugangs der Tilgungsbestimmung beim gesetzlichen Vertreter bereits verloren oder verschleudert, scheidet Erfüllung aus. Scheinbar kann also der Schutz des nicht voll geschäftsfähigen Gläubigers allein durch das Erfordernis des wirksamen Zugangs der Tilgungs225 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 137; Muscheler/Bloch, JuS 2000, S. 739. 226 Zur Rechtsnatur der Zuordnungsbestimmung vgl. unten Erster Teil § 8. 227 Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 42; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 17 III (S. 606). Hier findet sich im Ergebnis auch Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 135 wieder, der den Beginn etwaiger an den Leistungserhalt anknüpfender Fristen erst beginnen lassen wollte, wenn der gesetzliche Vertreter von der Leistung erfahren hat. 228 MüKo/Einsele, § 131 Rdnr. 3. 229 Zutreffend BGHZ 51, 157 (159); Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 19.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

bestimmung nach § 131 BGB beim gesetzlichen Vertreter konstruiert werden. Gleichwohl gibt es Konstellationen, in denen der bloße Zugang der Zuordnungsbestimmung beim gesetzlichen Vertreter den nicht voll Geschäftsfähigen vor den mit der Erfüllung verbundenen Risiken nicht zu schützen vermag. Dies sei an einem Beispielsfall verdeutlicht: Der nicht voll Geschäftsfähige G hat als Vermächtnisnehmer einen Anspruch auf Übereignung einer wertvollen Vase. G erscheint bei Erbe S und verlangt deren Übereignung. S ruft bei den Eltern des G an und informiert diese über die Übereignung zum Zwecke der Erfüllung seiner Vermächtnisschuld. Anschließend übereignet er die Vase an G. Auf dem Weg nach Hause lässt dieser die Vase fallen, wodurch sie völlig zerstört wird.

Zwar ist dem gesetzlichen Vertreter hier die Zuordnungsbestimmung zugegangen. Die bloße Kenntnis von der Leistung an sein unmündiges Kind versetzt ihn jedoch nicht in die Lage, Maßnahmen zur Verhinderung des Verlustes oder der Verschleuderung der Zuwendung zu treffen. Der bloße Zugang der Tilgungsbestimmung nach § 131 BGB230 reicht mithin zur effektiven Verwirklichung des Minderjährigenschutzes allein nicht aus.231 Deshalb wird auch von Vertretern einer finalen Erfüllung behauptet, dass man der Figur der Empfangszuständigkeit zum Schutz des nicht voll Geschäftsfähigen bedarf, wollte man nicht wieder auf die Verfügung über die Forderung zurückgreifen.232 Dem kann indes aus den oben erwähnten Gründen nicht gefolgt werden. Stattdessen muss der gesetzliche Vertreter – neben dem Erfordernis des Zugangs der Zuordnungsbestimmung – der Zuwendung an den nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger zusätzlich noch zustimmen.233 Bezeichnenderweise finden sich bei der Umschreibung der 230 Auch der Verweis auf den Wortlaut des § 131 BGB, wonach die Erfüllung deshalb scheitert, weil die Zuordnungsbestimmung zwar dem gesetzlichen Vertreter, nicht aber dem nicht voll Geschäftsfähigen selbst gegenüber abgegeben wurde, hilft nicht weiter. Wenn die Erklärung dem gesetzlichen Vertreter zugehen muss, setzt das voraus, dass sie auch ihm gegenüber abgegeben werden muss, vgl. Bork, BGB AT, Rdnr. 633; Bamberger/Roth/Wendtland, § 131 Rdnr. 4; Palandt/Heinrichs, § 131 Rdnr. 2; MüKo/Einsele, § 131 Rdnr. 3. Dies ergibt sich im Übrigen aus § 1629 Abs. 1 S. 2 2. HS BGB, wonach die Abgabe einem Elternteil gegenüber genügt. Wird der Unmündige in Bezug auf die Tilgungsbestimmung zudem als Erklärungsbote betrachtet, schließt das die Möglichkeit, selbst Adressat zu sein, schon aus, vgl. Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 285. 231 Dies erkennen Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 42; Muscheler/Bloch, JuS 2000, S. 739. 232 Gernhuber, Erfüllung, S. 119; Schmidt, Erfüllung, S. 66; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 497. 233 Dass das Zustimmungserfordernis konstruktiv nur schwer festzumachen ist, kann dieser Konstruktion nicht entgegengehalten werden. Der Minderjährigenschutz ist ein Fremdkörper im dogmatischen Gerüst des BGB. Hier werden Schutzerwägungen über systematische Konstruktionen gestellt, weshalb sich viele Normen zum

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Empfangszuständigkeit immer wieder Formulierungen, die nicht den Leistungserhalt des gesetzlichen Vertreters fordern, sondern von einer Zustimmung des gesetzlichen Vertreters in Ausübung seiner Empfangszuständigkeit sprechen.234 Wie lässt sich nun dieses Zustimmungserfordernis mit der Interessenlage bei der Erfüllung vereinbaren, die nach dem Gesagtem eine Zustimmung des Gläubigers zur Erfüllung gerade ausschließt?235 Eine Beteiligung des Gläubigers ist indes regelmäßig deshalb nicht interessengerecht, weil das Gläubigerinteresse bereits mit dem Erfordernis des Erfolgseintritts hinreichend berücksichtigt ist. Beim nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger hat sich hingegen gezeigt, dass die bestehende Gefahr, die erhaltene Leistung wieder zu verlieren oder zu verschleudern, im Falle ihrer Realisation dazu führen kann, dass trotz Erhalts der Leistung sein Interesse an der Eingliederung der Leistung in sein Vermögen nicht dauerhaft befriedigt wird. Auch dem nicht voll Geschäftsfähigen muss der Gegenstand aber vollständig und dauerhaft verschafft werden.236 Das Gläubigerinteresse wird also unter Umständen trotz Erhalts der Leistung nicht befriedigt. Dies rechtfertigt ausnahmsweise die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.237 Erst nach Zustimmung des gesetzlichen Vertreters und der daraus erwachsenden Möglichkeit, den Verlust der Leistung zu verhindern, kann die endgültige Vermögensmehrung sichergestellt werden. (4) Ergebnis Die dogmatische Umsetzung des Schutzes nicht voll geschäftsfähiger Gläubiger im Falle des Leistungserhalts gelingt der subjektiven Theorie über den Zugang der Tilgungsbestimmung und dem Zustimmungserfordernis überzeugender als der objektiven Theorie mit ihrem praktisch und theoretisch abzulehnenden Weg über die Empfangszuständigkeit.

Schutz der nicht voll Geschäftsfähigen nicht in das System des BGB einpassen. Dies trifft auch und gerade auf die Erfüllung zu. 234 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17 II (S. 284); Hübner, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 405; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 228; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 386; MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 15; MüKo/Schmitt, § 107 Rdnr. 43; Jauernig/Stürner, § 362 Rdnr. 2; Muscheler/Bloch, JuS 2000, S. 738; Harder, JuS 1977, S. 150; Schreiber, Jura 1993, S. 666. 235 Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 1 sowie Erster Teil § 3 II. 1. 236 Alexander, Natur der Erfüllung, S. 29; Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 4; Brinz, Pandekten II/1, S. 445. 237 Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 2. c).

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b) Nicht voll geschäftsfähige Schuldner Als der Gesetzgeber die Entscheidung über die Voraussetzungen der Erfüllung der Wissenschaft überantwortete,238 betraf dies nicht nur die Frage der Erfüllungswirkung von Leistungen an nicht voll geschäftsfähige Gläubiger, sondern auch das bereits damals umstrittene Problem der Leistungen durch nicht voll geschäftsfähige Schuldner.239 Einerseits wurde vertreten, dass sich nach Herbeiführung des Erfolges durch den unmündigen Schuldner die Frage nach der Erfüllungswirkung nicht mehr stellt, habe doch der Gläubiger die Leistung erhalten.240 Anderseits wird erwähnt, dem Schuldner stände gegenüber dem erneuten Leistungsverlangen des Gläubigers nach Erhalt der Leistung die Einrede der Bereicherung entgegen.241 Während sich die erste Quelle als Beleg für den Eintritt der Erfüllung anführen ließe, kommt eine Rückforderung der Leistung nur nach Ablehnung der Erfüllung in Betracht. Die Beantwortung der umstrittenen Frage kann mithin nicht historisch, sondern nur auf systematisch-teleologischem Weg erfolgen. aa) Rechtsgeschäftlicher Leistungsinhalt Damit die Leistung des nicht voll geschäftsfähigen Schuldners zur Erfüllung führt, muss sie als erstes den geschuldeten Erfolg herbeiführen. Sofern ein Rechtsgeschäft Teil der geschuldeten Leistung ist, können Geschäftsunfähige gemäß § 105 BGB den Erfolg nicht bewirken.242 Sofern das – zumeist dingliche – Rechtsgeschäft rechtliche Nachteile zeitigt, ist dem beschränkt geschäftsfähigen Schuldner die Herbeiführung des Erfolges ohne Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters gemäß § 107 Abs. 1 BGB ebenfalls nicht möglich.243 bb) Nicht rechtsgeschäftlicher Leistungsinhalt (Realhandlungen und Unterlassen) Die Frage nach der erfüllenden Wirkung von Leistungen nicht voll geschäftsfähiger Schuldner stellt sich nur, wenn die geschuldete Leistung nicht in einem Rechtsgeschäft besteht, wie das beim Unterlassen244 und den 238 239 240 241 242 243 244

Vgl. oben Erster Teil § 1 III. Motive II, S. 81. Motive II, S. 81. Motive II, S. 81. Schreiber, Jura 1993, S. 666. Havenstein, Erfüllung, S. 33. Schreiber, Jura 1993, S. 666.

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Realhandlungen der Fall ist.245 Die Theorie der realen Leistungsbewirkung bejaht nach Erfolgseintritt konsequenterweise den Eintritt der Erfüllung und das Erlöschen der Forderung des Gläubigers. Im Gegenzug kann der nicht voll Geschäftsfähige bei gegenseitigen Verträgen seinen Anspruch auf die Gegenleistung durchsetzen.246 Nach der Theorie der finalen Leistungsbewirkung ist zum Erfüllungseintritt zusätzlich eine Zuordnungsbestimmung des nicht voll geschäftsfähigen Schuldners erforderlich. Diese Tilgungsbestimmung könnte der nicht voll Geschäftsfähige jedenfalls dann wirksam vornehmen, wenn es sich um die Erklärung eines tatsächlichen Willens und nicht um eine rechtsgeschäftliche oder rechtsgeschäftsähnliche Erklärung handelt; anderenfalls finden die §§ 105 ff. BGB Anwendung.247 Nun qualifiziert aber die Theorie vom einseitigen Rechtsgeschäft die Zuordnungsbestimmung als rechtsgeschäftliche Erklärung,248 die Theorie der finalen Leistungsbewirkung als rechtsgeschäftsähnliche Erklärung.249 Ihre Wirksamkeit bestimmt sich somit gemäß §§ 104 ff. BGB. Ein geschäftsunfähiger Schuldner könnte wegen § 105 BGB keine wirksame Tilgungsbestimmung abgeben.250 Gleiches gilt für den beschränkt geschäftsfähigen Schuldner, sofern sich nicht die Zuordnung als lediglich rechtlich vorteilhaft (§ 107 BGB) für ihn darstellt.251 Insbesondere für den Geschäftsunfähigen hängt das Ergebnis des subjektiven Ansatz damit entscheidend von der rechtlichen Qualifizierung der Zuordnungsbestimmung – tatsächlicher Wille, Rechtsgeschäft oder rechtsgeschäftsähnliche Erklärung – ab. Bevor aber die Rechtsnatur der Tilgungsbestimmung untersucht wird,252 soll erst die Notwendigkeit einer solchen Tilgungsbestimmung generell abgeklärt werden.

245 Weitnauer wollte den Bereich der in Frage kommenden Realhandlungen auf Dienstverträge beschränken, da bei Werkverträgen die Abnahme nötig ist, welche als zweiseitiges Rechtsgeschäft von nicht voll geschäftsfähigen Schuldnern nicht abgeschlossen werden könne, vgl. Weitnauer, FS Caemmerer, S. 269. Richtigerweise ist die Abnahme eine einseitige, lediglich vom Gläubiger abzugebende rechtsgeschäftsähnliche Erklärung, so dass auch Werkverträge durch nicht voll geschäftsfähige Schuldner erfüllt werden könnten. 246 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 112. 247 Ehmann, NJW 1969, 400 Fn. 19. 248 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 4. a). 249 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 5. a). 250 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 17 III (S. 607), HagmannLauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 112 ff.; Havenstein, Erfüllung, S. 33; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 386; Wieling, JuS 1978, S. 802. 251 Hagmann-Lauterbach, Finale Leistungsbewirkung, S. 112 ff. 252 Dazu unten Erster Teil § 9 III. 2.

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9. Erfassen des Unterlassens Neben Schuldverhältnissen, welche auf Realleistungen gerichtet sind, ist es vor allem das Unterlassen als Inhalt eines Schuldverhältnisses,253 an welchem sich die Überlegenheit einer objektiven Zuordnung zeigen soll.254 Nach der Theorie der realen Leistungsbewirkung tritt Erfüllung ein, sofern nur der Schuldner schuldgerecht unterlässt. Ob der Schuldner beim Unterlassen an die Schuld gedacht hat oder von seiner Verpflichtung überhaupt wusste, ist unerheblich und hindert die Erfüllung nicht, wenn sich nur das Unterlassen den äußeren Umständen nach als Erfüllung darstellt. Die Theorie der realen Leistungsbewirkung kann die Erfüllung von Unterlassensverpflichtungen problemlos erklären, wobei wieder ihre Tendenz zur größtmöglichen Erfüllungsermöglichung festzustellen ist. Hingegen bereitet es dem subjektiven Ansatz erhebliche Schwierigkeiten, auch bei der Erfüllung durch Unterlassen Zuordnungsbestimmungen anzunehmen. Während er bei den Realleistungen noch von konkludenten Tilgungsbestimmungen ausgehen kann,255 scheint ihm dieser Weg beim Unterlassen versperrt: Eine Zuordnungsbestimmung durch schlüssiges Handeln setzt eine Handlung mit Erklärungswert voraus. Nichtstun als Handlung entspricht jedoch dem Schweigen, welchem grundsätzlich kein Erklärungswert zukommt.256 Dennoch wären diese Konstruktionsschwierigkeiten unbeachtlich, würde man mit einer beachtlichen Literaturmeinung die Erfüllbarkeit von Unterlassungsverpflichtungen generell ablehnen.257 Das ist somit zuvorderst zu untersuchen. a) Erfüllbarkeit von Unterlassensverpflichtungen Ausgangspunkt für die Beantwortung dieser Fragestellung ist das Gesetz selbst. Wird das Unterlassen durch § 241 Abs. 1 S. 2 BGB dem positiven Tun gleichgestellt, scheint das Gesetz wie selbstverständlich von der Erfüll253 Möglich ist etwa das Entstehen einer Forderung durch Abgabe eines (strafbewehrten) abstrakten Schuldversprechens. Solche werden üblicherweise zur Verhinderung einer Unterlassungsklage abgegeben. Allerdings muss es sich nicht um ein vertragliches Schuldverhältnis handeln. Auch ein gesetzliches Schuldverhältnis kann auf Unterlassen gerichtet sein (vgl. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB). 254 Boehmer, Erfüllungswille, S. 80; Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 239). 255 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 6. 256 Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 345. 257 Kohler, JherJB 17, S. 263; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 32; Thomä, JZ 1962, S. 626; Thon, Rechtsnorm und subjektives Recht, S. 199 ff.; Stammler, Schuldverhältnisse, S. 217; von Giehrke, JherJB 64, S. 363; Stephan, Die Unterlassungsklage, S. 36.

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barkeit auch der Unterlassenspflichten auszugehen.258 Gegen dieses auf den ersten Blick überzeugende Ergebnis werden jedoch grundsätzliche Einwände geltend gemacht. aa) Erlöschen durch Zeitablauf Ein Teil der Literatur geht davon aus, dass Unterlassungspflichten nicht durch Erfüllung, sondern durch Zeitablauf erlöschen.259 Das ist allerdings dann problematisch, wenn die Verpflichtung, etwas zu unterlassen, zeitlich nicht begrenzt ist. So kann es Inhalt einer Unterlassungsverpflichtung sein, künftig bestimmte Tätigkeiten nicht vorzunehmen.260 Eine solch zeitlich unbegrenzte Verpflichtung wäre demzufolge nicht erfüllbar und würde mangels Zeitgrenze nie erlöschen. Das ist insbesondere misslich, wenn eine Gegenleistung vereinbart wurde. Diese könnte der Vertragspartner angesichts des § 320 BGB verweigern, und zwar ebenfalls zeitlich unbegrenzt. Ein solches Ergebnis ist nicht interessengerecht.261 bb) Vermögensmehrung durch Unterlassen Weiterhin wird vertreten, die Erfüllung scheitere schon daran, dass Unterlassen keine Leistung im Interesse des Gläubigers sei.262 Es handelt sich vielmehr um die allgemeine Respektierung der Güterordnung.263 Erst die Zuwiderhandlung löst eine erfüllbare Pflicht aus.264 Unterlassungsverpflichtungen erlöschen danach grundsätzlich durch Zweckerreichung statt Erfüllung.265 Angreifbar ist bereits die Behauptung, das Unterlassen sei nicht im Interesse des Gläubigers. Speziell die gesetzlichen, auf Unterlassen gerichteten 258 Alexander, Natur der Erfüllung, S. 38; Gernhuber, Erfüllung, S. 127; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 106. 259 Stammler, Schuldverhältnisse, S. 217; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 32; von Gierke, JherJB 64, S. 359, welcher dies im Übrigen für alle Arten der Dauerschuldverhältnisse annimmt. 260 Man denke an die Verpflichtung, von seinem Grundstück ausgehende Emissionen zu unterbinden (etwa in der Mittagsstunde den Rasen zu mähen). 261 Schließlich sind auch „normale“ Schuldverhältnisse erfüllbar, wenn sie über einen unbestimmten Zeitraum geschlossen wurden (Miete oder Pacht), vgl. Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 107; Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 9 (S. 42). 262 Kohler, JherJB 17, S. 263. 263 Kohler, JherJB 17, S. 263. 264 von Giehrke, JherJB 64, S. 359; Kohler, JherJB 17, S. 263; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 269 Fn. 51. 265 Stephan, Die Unterlassungsklage, S. 45.

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Ansprüche (§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB) verdeutlichen, dass die Unterlassenspflicht sehr wohl im Interesse des Gläubigers liegt. Und vertragliche Schuldverhältnisse mit einer im Synallagma stehenden Unterlassensverpflichtung würden wohl kaum geschlossen, wenn nicht auch der Gläubiger einen Vorteil daraus ziehen könnte. Im Gegenteil, gerade weil der Schuldner die Möglichkeit des entgegen gesetzten positiven Tuns hat, wird der Gläubiger ihn zum Unterlassen verpflichten.266 Darin sieht er einen Vorteil, anderenfalls würde er keine Gegenleistung gewähren. Ein Vorteil für den Gläubiger kann daher nicht bestritten werden. Genau genommen wird durch die Gegenansicht auch nicht der Vorteil als solcher, sondern vielmehr dessen Vermögenswert bestritten. Fließt dem Gläubiger aber kein Vermögenswert zu, fehlt es an einer Zuwendung und ohne Zuwendung kann keine Erfüllung eintreten.267 Dennoch geht auch dieser Einwand fehl. Erstens muss die geschuldete Zuwendung nicht zwangsläufig einen in Geld messbaren Wert besitzen. So ist etwa die Verpflichtung zur Herausgabe einer objektiv wertlosen Sache unproblematisch der Erfüllung zugänglich.268 Und zweitens kann dem Unterlassen durchaus ein Vermögenswert zukommen. In den Fällen eines vertraglichen Wettbewerbsverbots wird dem Gläubiger beispielsweise Planungssicherheit zugewendet.269 Die sichere Abwendung eines drohenden Wettbewerbsnachteils stellt einen nicht zu unterschätzenden Vermögenswert dar. Darin besteht der beim Gläubiger eintretende Erfolg. Deshalb ist es auch nicht interessengerecht, dem schuldgerecht unterlassenden Schuldner über §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB den Gegenanspruch zu versagen.270 cc) Unterlassen als bloßes Beachten fremder Rechtsgüter Schließlich sei der Einwand entkräftet, beim Unterlassen handelt es sich lediglich um die Einhaltung des allgemeinen Gebotes, Eingriffe in fremde Rechtsgüter zu unterlassen:271 Durch den Abschluss eines auf Unterlassen gerichteten Schuldverhältnisses begrenzt der Schuldner nur die ihm zulässigen Handlungen.272 Dadurch werde aber nur die Grenze zwischen eigenen und fremden Rechtsgütern vertraglich festgelegt. 266

Boehmer, Erfüllungswille, S. 33. So bemängelt Thomä das „Fehlen einer erfüllenden Güterverschiebung“, vgl. Thomä, JZ 1962, S. 626. In diese Richtung auch Beuthien, Zweckerreichung, S. 296. 268 Vgl. dazu ausführlich unter Zweiter Teil § 13 II. 2. 269 Boehmer, Erfüllungswille, S. 13; Henke, Leistung, S. 31 Fn. 18. 270 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 106. 271 Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 2 II (S. 7); Thon, Rechtsnorm und subjektives Recht, S. 201; Weitnauer, Symposium König, S. 30. 272 Kohler, JherJB 17, S. 263. 267

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Diese Behauptung missachtet die elementare Zweiteilung der Pflichtenkreise durch das Bürgerliche Gesetzbuch.273 Jedem einzelnen Rechtssubjekt obliegt die allgemeine Pflicht, fremde Rechtsgüter nicht zu verletzen. Diese Pflicht besteht unabhängig von der Existenz relativer Schuldverhältnisse.274 Davon ist der zweite große Pflichtenkreis, die störungsfreie Abwicklung bestehender Schuldverhältnisse, zu unterscheiden. Allein die aus dem zweiten Pflichtenkreis erwachsenden Pflichten sind der Erfüllung fähig.275 Ist also ein – insofern spezielles – Unterlassen aus einem Schuldverhältnis geschuldet, zieht dies die Möglichkeit der Erfüllung nach sich. Unrichtig ist daher auch die Aussage Weitnauers,276 erst mit Zuwiderhandlung gegen Unterlassenpflichten entsteht ein erfüllbares Schuldverhältnis.277 Zu Unrecht wird damit allein auf den Pflichtenkreis zur allgemeinen Rücksichtsnahme abgestellt und die grundsätzliche Trennung der Pflichtenkreise missachtet. Innerhalb bestehender, auf Unterlassen gerichteter Schuldverhältnisse bedeutet der Umstand, dass eine Zuwiderhandlung zu einer positiven Pflicht (z. B. Schadensersatz) führt, nicht, dass vorher keine erfüllungsfähige Pflicht bestanden hat. Die Schadensersatzpflicht ist vielmehr vertragliche Sekundärpflicht,278 was eine vertragliche Primärpflicht voraussetzt, entsteht doch die Sekundärpflicht erst durch die Verletzung der Primärpflicht.279 Diese Primärpflicht ist das Unterlassen, ihre Verletzung die Nichterfüllung. Dies soll anhand der Vertragsstrafe verdeutlicht werden. Ist eine solche ausbedungen, entsteht sie im Augenblick der Nichterfüllung durch den Schuldner, bei geschuldetem positivem Tun also, wenn der Schuldner nicht oder nicht gehörig erfüllt. Beim geschuldeten Unterlassen hingegen ist die Vertragsstrafe bei Zuwiderhandlung verwirkt. Stellt die Zuwiderhandlung mithin die strafbegründende Nichterfüllung dar, muss zwangsläufig das Nicht-Zuwiderhandeln – das Unterlassen – Erfüllung sein.280

273 Schapp, Grundlagen des bürgerlichen Rechts, Rdnr. 70 ff.; ders., Methodenlehre, S. 53 ff.; Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 94, 126 f., 170; Henke, Leistung, S. 68; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 21. Die Unterscheidung geht zurück auf Gaius, Institutionen III, 88 (Omnis enim obligatio vel ex contractu nascitur vel ex delicto). 274 Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 2 II (S. 7). 275 Lehmann, Unterlassungspflicht, S. 205 ff.; Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 94; wobei wiederum die spezielle Ausprägung der Rücksichtspflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) nicht durch § 362 BGB erlischt, vgl. Lehmann, Unterlassungspflicht, S. 209; MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 27. 276 Weitnauer, Symposium König, S. 30. 277 Zu Recht Henke, Leistung, S. 29. 278 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 205. 279 Schapp, Methodenlehre, S. 23. 280 Alexander, Natur der Erfüllung, S. 43.

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dd) Fehlendes Leistungsbewusstsein beim Unterlassen Ein weiterer Angriff auf die Erfüllbarkeit von Unterlassensschuldverhältnissen erfolgt von anderer Seite. Ausgangspunkt der Kritik ist der Fakt, dass Voraussetzung der Erfüllung die bewusste Mehrung des Gläubigervermögens durch den Schuldner ist, Letzterer mithin tätig geworden sein muss.281 Dieses Tätigwerden setzt wiederum eine Willensentschließung des Schuldners voraus.282 Beim Unterlassen soll es nun an diesem bewussten Handeln fehlen.283 Nichtstun setze keinen Entschluss des Schuldners voraus. Der Wille des Schuldners wird stattdessen schon durch Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes festgelegt und wirkt auf den Zeitpunkt des Unterlassens fort.284 Weil ein aktueller Willensentschluss die Handlung nicht begleitet, fehlt es am Zuwendungswillen. Mangels Zuwendung liegt keine Erfüllung vor.285 Die Bindung des schuldnerischen Willens bei der Erfüllung durch Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts hat sich bereits an früherer Stelle als unhaltbar erwiesen.286 Zudem kann auch Nichtstun auf einem Willensentschluss beruhen.287 Bieten sich dem Schuldner Möglichkeiten einer Zuwiderhandlung und schlägt er sie aus, ist Grundlage jeder Ausschlagung ein erneuter Entschluss.288 Mithin kann auch Unterlassen ein bewusstes Handeln darstellen.289 Ein solches liegt zweifelsohne bei der Pflicht zum einmaligen Unterlassen vor. Verspricht z. B. der Schuldner, bei einer Auktion nicht mitzubieten, ist er sich seines Nichthandelns gerade im Hinblick auf die bestehende Verpflichtung bewusst.290 Schwieriger wird es beim Unterlassen über einen längeren Zeitraum. Hier tut man sich schwer, dem Schuldner etwa auch während des Schlafes einen Willensentschluss anzusehen.291 Dass der Schuldner nicht in jedem Augenblick der vereinbarten Vertragsdauer an seine Pflicht denkt, ändert allerdings am Ergebnis nichts. Zwar 281

Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 2. d). Eine solche ist Bestandteil der Zuordnung, vgl. oben Erster Teil § 2 I. 2. a). 283 Thon, Rechtsnorm und subjektives Recht, S. 201; Schmidt, Erfüllung, S. 7; Boehmer, Erfüllungswille, S. 80. 284 So schon RGZ 51, 311; Schmidt, Erfüllung, S. 9. 285 In diese Richtung Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 98. 286 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 2. a) dd). Zustimmend Schmidt, Erfüllung, S. 8; Beuthien, Zweckerreichung, S. 288. 287 Alexander, Natur der Erfüllung, S. 44. 288 Boehmer, Erfüllungswille, S. 33. 289 Lehmann, Unterlassungspflicht, S. 210. Auch im Strafrecht wird deshalb das Unterlassen auf einen Willensentschluss zurückgeführt, vgl. Wessels/Beulke, Strafrecht AT, Rdnr. 88 ff., speziell Rdnr. 93. 290 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 108. 291 Deshalb lehnt z. B. Henckel, AcP 174 (1974), S. 123 f. die Erfüllung von Unterlassungsverpflichtungen ab. 282

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steht der Schuldner – wie im Übrigen bei allen Arten von Dauerschuldverhältnissen – unter ständiger Pflichtanspannung,292 nur muss er sich dieser nicht ständig bewusst sein.293 Es genügt, wenn das Bewusstsein in einzelnen Momenten, üblicherweise bei Eröffnung einer Chance zur Zuwiderhandlung, vorliegt. Auch bei Fabrikarbeitern oder Erntehelfern wird nicht bei jedem Hammerschlag oder gestochenem Spargel das permanente Bewusstsein vorliegen, ein Schuldverhältnis zu erfüllen.294 Das Leistungsbewusstsein beim Unterlassen ist somit nicht zu bezweifeln. Das Leistungsbewusstsein wiederum lässt sich nicht vom Leistungszweck trennen. Unterlässt der Schuldner bewusst, will er damit auch seine Verbindlichkeit erfüllen.295 Das trifft auf den Unternehmer, der sich verpflichtet hatte, Wettbewerb zu unterlassen genauso zu wie für den Nachbarn, der Emissionen von seinem Grundstück unterbindet. Dem könnte man entgegenhalten, dass der Schuldner mitunter aus anderen Gründen unterlässt, etwa weil sich die Aktivität, zu deren Unterlassung er sich verpflichtet hat, wirtschaftlich nicht rentiert. Es darf aber nicht vergessen werden, dass der Unterlassungsschuldner auch unterlässt, um die Gegenleistung zu erlangen.296 Selbst wenn sich ihm keine Möglichkeit zur Zuwiderhandlung bietet, wird er an die Gegenleistungspflicht denken und im Hinblick auf sie unterlassen. Darin liegt aber Unterlassen zum Zwecke der Erfüllung.297 Bei einem Verkäufer, der eine Sache übereignet, die er anderenfalls derelinquiert hätte, wird die Erfüllungsabsicht auch nicht angezweifelt. Der Unterlassungsschuldner handelt mithin nicht nur bewusst, sondern auch zum Zwecke der Erfüllung.298 ee) Fehlende Erfüllungsersetzungen Zuletzt wird gegen die Erfüllbarkeit von Unterlassensverpflichtungen vorgebracht, dass bei Unterlassen weder Hinterlegung noch Aufrechnung möglich sei.299 Ohne die Möglichkeit der Erfüllungsersetzungen könne von Erfüllung nicht gesprochen werden. Damit wird das Pferd vom Schwanze aufgezäumt. Aufrechnung und Hinterlegung sind eigenständige Rechtsinstitute. Zwar setzten sie ein bestehendes Schuldverhältnis voraus und knüpfen zum 292

Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 108. Lehmann, Unterlassungspflicht, S. 210; Schmidt, Erfüllung, S. 8. 294 Vgl. Alexander, Natur der Erfüllung, S. 45. 295 Bülow, JuS 2001, S. 530. 296 Das übersieht Henke, Leistung, S. 29 Fn. 10. 297 Manigk, Anwendungsgebiet der Vorschriften für die Rechtsgeschäfte, S. 46; Henke, Leistung, S. 31 Fn. 18. 298 Lutz, Die Rechtsnatur der Erfüllung im Schuldrecht, S. 48. 299 Lent, Anweisung, S. 25. 293

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Teil an die Erfüllung an,300 jedoch ist nicht jede erfüllbare Pflicht auch hinterlegungs- oder aufrechnungsgeeignet. Das wird bei Dienstleitungen deutlich:301 Auch ein geschuldeter Haarschnitt kann nicht hinterlegt werden, ohne ihm Erfüllbarkeit zu nehmen.302 Dass das Unterlassen nicht hinterlegungsfähig ist, nimmt ihm mithin nicht die Eigenschaft der Erfüllbarkeit. ff) Ergebnis zur Erfüllbarkeit des Unterlassens Die Argumente gegen die Erfüllbarkeit des Unterlassens konnten allesamt nicht überzeugen. Mithin ist auch das geschuldete Unterlassen nach § 362 Abs. 1 BGB erfüllbar. b) Zuordnungsbestimmung beim Unterlassen Sind folglich Unterlassungsverpflichtungen erfüllbar, kann der objektive Ansatz die Erfüllung problemlos erklären.303 Hinsichtlich des subjektiven Ansatzes drängt sich die Frage auf, wie und wann der Schuldner die grundsätzlich erforderliche Tilgungsbestimmung beim Unterlassen abgeben soll. Eine ausdrückliche Tilgungsbestimmung liegt regelmäßig nicht vor.304 Damit bleibt nur die Möglichkeit konkludenter Tilgungsbestimmungen. aa) Konkludente Zuordnungsbestimmung Voraussetzung ist, dass dem Unterlassen aus der Sicht des Betrachters ein eindeutiger Erklärungswert zukommt.305 Der Erklärungswert des Nichtstuns ist aber – wie der des Schweigens – grundsätzlich ohne eindeutige Aussagekraft.306 Gerade die Parallele zum Schweigen könnte dem Nichtstun 300 So z. B. mit der Voraussetzung der Erfüllbarkeit der Passivforderung bei der Aufrechnung. 301 Schmidt, Erfüllung, S. 38. 302 Zu beachten ist schließlich, dass auch Dritte gemäß § 268 Abs. 2 BGB regelmäßig nicht hinterlegen können, ihre Leistung gemäß §§ 267 Abs. 1, 362 Abs. 1 BGB gleichwohl zur Erfüllung führt. 303 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 5. b) dd). 304 Gleichwohl ist eine ausdrückliche Tilgungsbestimmung möglich. 305 Vgl. Musielak, Grundkurs BGB, Rdnr. 42; MüKo/Kramer, Vorbem. vor §§ 116 ff. Rdnr. 22; Palandt/Heinrichs, Einf. v. § 116 Rdnr. 6; Erman/Palm, Vor § 116 Rdnr. 8; Manigk, Anwendungsgebiet der Vorschriften für die Rechtsgeschäfte, S. 31. 306 Rüthers/Stadler, Allgemeiner Teil des BGB, § 17 Rdnr. 24; Musielak, Grundkurs BGB, Rdnr. 105; MüKo/Kramer, Vorbem. vor §§ 116 ff. Rdnr. 24; HK-BGB/ Dörner, Vor §§ 116–144 Rdnr. 2.

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dennoch zu einem eindeutigen Erklärungswert verhelfen. Anerkanntermaßen stellt Schweigen in bestimmten Situationen sehr wohl eine Willenserklärung dar.307 Diese Grundsätze lassen sich eventuell auf das Unterlassen übertragen. Dann würde auch die bewusste körperliche Nichtbewegung eine konkludente Willenserklärung darstellen.308 Von vornherein ausscheiden dürften indes die Fälle des sog. „normierten“ Schweigens,309 in denen Schweigen Ablehnung bedeutet (§§ 108 Abs. 2 S. 2 2. HS, 177 Abs. 2 S. 2 2. HS, 415 Abs. 2 S. 2 2. HS BGB). Für eine analoge Anwendung der §§ 362 Abs. 1 HGB, 516 Abs. 2 S. 2 BGB fehlt es dagegen an der vergleichbaren Interessenlage. Auch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben – vom BGH in einigen Entscheidungen als Begründung für einen zustimmenden Erklärungswert angenommen310 – kann beim Unterlassen kein Erklärungswert gefolgert werden. Diese Urteile ergingen alle im Zusammenhang mit dem kaufmännischen Bestätigungsschreiben und hielten einen Widerspruch für erforderlich. Abgesehen davon, dass es sich vorliegend nicht um ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben handelt, ist auch das Erfordernis eines Widerspruchs nicht auf das Unterlassen übertragbar, denn der Schuldner soll nicht einer Anrechnung des Gläubigers widersprechen, sondern eine eigene Tilgungsbestimmung setzen. Fruchtbar könnte allein der Umstand gemacht werden, dass die Parteien dem Schweigen in einer Vereinbarung einen bestimmten Erklärungswert zuweisen können.311 Haben die Parteien die Unterlassungspflicht per Vertrag begründet, könnte in dieser Vereinbarung auch der Erklärungswert des Unterlassens fixiert worden sein. Doch versagt dieser Ansatz bei gesetzlichen Unterlassungsschuldverhältnissen. Eine konkludente Zuordnungsbestimmung lässt sich im Ergebnis nicht in allen Fällen der Erfüllung von Unterlassungspflichten konstruieren.312 307

Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 346 ff. So auch Alexander, Natur der Erfüllung, S. 44. 309 Musielak, Grundkurs BGB, Rdnr. 106. 310 BGH NJW 1995, 1281; BGH NJW 1996, 919 (920). 311 Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 346; Musielak, Grundkurs BGB, Rdnr. 105; Rüthers/Stadler, Allgemeiner Teil des BGB, § 17 Rdnr. 27; HK-BGB/ Dörner, Vor §§ 116–144 Rdnr. 2. 312 Zudem würde sich dann die Frage stellen, welcher Zeitpunkt für die Abgabe der konkludenten Tilgungsbestimmung der entscheidende wäre. Während man bei einer Pflicht zum einmaligen Unterlassen noch auf einen konkreten Zeitpunkt abstellen könnte, lässt sich gleiches bei dauerhaften Unterlassungspflichten nicht bewerkstelligen. Insofern könnte es einer fortlaufenden Tilgungsbestimmung bedürfen (Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 37), erfolgt doch auch die zuwendende Handlung des Schuldners permanent. Allerdings handelt es sich dabei nicht um ein typisches Problem der Unterlassungspflicht. Auch bei echten Dauerschuldverhältnissen (z. B. Miete) stellt sich die Frage, wann der Schuldner die Tilgungsbestimmung abgibt, vgl. nur von Giehrke, JherJB 64, S. 363 ff. 308

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

bb) Notwendigkeit einer Zuordnungsbestimmung Fehlt es an einer ausdrücklichen oder konkludenten Tilgungsbestimmung, stellt sich die Frage, wie der subjektive Ansatz die Erfüllung von Unterlassungspflichten erklären will. Der subjektive Ansatz beruht auf der Erkenntnis des Versagens einer objektiven Zuordnung und folgert daraus die Notwendigkeit von Zuordnungsbestimmungen. Normativ lässt sich das Versagen einer evidenten Zuordnung in den §§ 267 Abs. 1, 366 Abs. 1 BGB festmachen.313 Können bei Unterlassungspflichten weder § 366 Abs. 1 BGB noch § 267 BGB Anwendung finden, ist eine Tilgungsbestimmung mangels Möglichkeit einer Zuordnungsunsicherheit auch für die subjektive Erfüllung entbehrlich. Die entscheidende Frage lautet daher: Kann es bei Unterlassenspflichten Zuordnungsunsicherheiten geben?314 (1) Möglichkeit einer Drittleistung Die Möglichkeit einer Drittleistung gemäß § 267 BGB ist bei Unterlassenspflichten abzulehnen. Verpflichtet sich der Schuldner, eine bestimmte Handlung zu unterlassen, kann nicht ein Dritter die Handlung anstelle des Schuldners unterlassen und der Schuldner sie dennoch vornehmen. Es kommt dem Gläubiger gerade darauf an, dass der Schuldner die Handlung nicht vornimmt. Durch das Unterlassen des Dritten wird das Interesse des Gläubigers nicht befriedigt. Möglich ist allenfalls, dass sich etwa Angestellten des Schuldners die Möglichkeit der Zuwiderhandlung eröffnet und diese in Anbetracht der Verpflichtung die Möglichkeit nicht wahrnehmen. Indes handelt es sich dabei nicht um Dritte im Sinne des § 267 BGB, sondern um Erfüllungsgehilfen des Schuldners (§ 278 BGB),315 deren Verhalten dem Geschäftsherrn unmittelbar zugerechnet wird. Unterlassungspflichten sind demzufolge höchstpersönliche Leistungspflichten.316 Damit ist ein Fall des § 267 Abs. 1 BGB bei Unterlassungspflichten nicht denkbar. (2) Möglichkeit einer Forderungsmehrheit Können nun bei Unterlassungspflichten Forderungsmehrheiten im Sinne des § 366 BGB entstehen? Zwar kann ein Schuldner mehrere Unterlas313

Vgl. oben Erster Teil § 2 II. 1 sowie Erster Teil § 2 II. 3. Bejahend Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 91. 315 Die Möglichkeit der Einschaltung von Erfüllungsgehilfen folgt aus § 664 Abs. 1 S. 3 BGB. 316 Lehmann, Unterlassungspflicht, S. 214. Henke, Leistung, S. 31 stellt überdies zutreffend fest, dass sie immer unteilbare Leistungen sind. 314

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sungspflichten dem gleichen Gläubiger gegenüber eingehen. Indes werden diese Verbindlichkeiten auf das Unterlassen unterschiedlicher Handlungen gerichtet sein. Es ist kaum vorstellbar, dass sich der Schuldner dem Gläubiger gegenüber mehrfach vertraglich verpflichtet, die gleiche Handlung zu unterlassen.317 Verpflichtet sich der Schuldner zum Unterlassen unterschiedlicher Handlungen, liegen aber keine gleichartigen Unterlassungspflichten vor, wie sie Voraussetzung des § 366 Abs. 1 BGB sind.318 Denkbar ist allenfalls, dass der Schuldner zu einem bestehenden gesetzlichen Anspruch auf Unterlassen einer bestimmten Tätigkeit (§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB) zusätzlich ein abstraktes Schuldversprechen – in der Regel eine strafbewehrte Unterlassungserklärung – auf Unterlassen der gleichen Handlung abgibt. Doch entfällt damit nach allgemeiner Ansicht zugleich die Wiederholungsgefahr, und damit der gesetzliche Anspruch auf Unterlassen.319 Es liegt mithin auch hier nur ein bestehendes Unterlassungsschuldverhältnis vor. Eine Mehrheit gleichartiger Unterlassungsforderungen ist also nicht denkbar. (3) Folgerungen Ist weder eine Forderungsmehrheit gemäß § 366 BGB noch eine Drittleistung gemäß § 267 BGB bei Unterlassungspflichten denkbar, kann eine Zuordnungsunsicherheit nicht entstehen. Eine Zuordnungsbestimmung ist deshalb kein notwendiger Bestandteil der Erfüllung von Unterlassungspflichten. Die Zuordnung ergibt sich vielmehr aus der objektiven Übereinstimmung von Schuld und Zuwendung.320 Konsequenterweise erfüllt der Schuldner auch dann, wenn er die geschuldete Handlung unterlässt, obwohl er nichts von seiner Verpflichtung weiß.321 Bei der Erfüllung von Unterlassungspflichten ist eine Zuordnungsbestimmung im Rahmen eines subjektiven Erfüllungsansatzes ausnahmsweise nicht erforderlich. Die Erfüllung von Unterlassungspflichten stellt damit 317 Jedoch kann er sich mehreren Konkurrenten gegenüber zum Unterlassen eines Wettbewerbs verpflichten. Allerdings dürfte der Anspruch nicht abtretbar sein, denn eine Mehrheit solcher Forderungen in der Hand eines Gläubigers macht keinen Sinn. Und welcher Konkurrent wird sich den Anspruch abtreten lassen und eine Gegenleistung dafür geben, wenn er ohnehin in den Genuss der Planungssicherheit kommt. 318 MüKo/Wenzel, § 366 Rdnr. 4. 319 Bamberger/Roth/Fritzsche, § 1004 Rdnr. 85; Palandt/Bassenge, § 1004 Rdnr. 32; MüKo/Medicus, § 1004 Rdnr. 81. 320 Boehmer, Erfüllungswille, S. 65; Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 38 II (S. 227). 321 Schmidt, Erfüllung, S. 49.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

eine echte Ausnahme in der Theorie des subjektiven Erfüllungsansatzes dar.322 10. Eingliederung der §§ 366 Abs. 2, 367 Abs. 2 BGB Kann auch dem Wortlaut des § 362 BGB kein Argument für tive oder subjektive Erfüllung entnommen werden, lässt sich aus der Fähigkeit, andere erfüllungsrechtliche Normen in ihre integrieren, eine Aussage bezüglich der Qualität der jeweiligen theorie treffen.323

eine objekgleichwohl Theorie zu Erfüllungs-

Nur die subjektive Erfüllungstheorie erfasst sowohl § 267 BGB als auch § 366 Abs. 1 BGB, ohne diese als Ausnahme zu deklarieren. Dazu aber sieht sich die Theorie der realen Leistungsbewirkung genötigt. Anderseits erfasst § 366 Abs. 2 BGB seinem Wortlaut nach den Fall, dass der Schuldner bei der Leistung keine Tilgungsbestimmung abgibt. Ist aber eine Tilgungsbestimmung im konkreten Fall nicht Bestandteil der Erfüllung, scheint die subjektive Erfüllungstheorie die Vorschrift des § 366 Abs. 2 BGB nicht erklären zu können.324 Wie sich aus § 367 Abs. 2 BGB ergibt, geht auch der Wortlaut des § 367 Abs. 1 BGB vom Fehlen einer Tilgungsbestimmung aus. Sowohl durch § 366 Abs. 2 BGB als auch durch § 367 Abs. 1 BGB werden Tilgungsreihenfolgen normiert, die nicht auf einer Tilgungsbestimmung des Schuldners beruhen. Beide Normen sprechen für eine objektive Erfüllung. Demgegenüber geht zwar der Wortlaut des § 367 Abs. 2 BGB von einer schuldnerischen Zuordnungsbestimmung im Sinne der finalen Erfüllung aus, doch wird die Erfüllungswirkung der Leistung von einer Annahme durch den Gläubiger abhängig gemacht.325 Damit scheint eine vertragliche Zuordnung festgeschrieben zu sein, was sich weder mit einem objektiven Ansatz noch mit einem subjektiven Ansatz vereinbaren ließe. a) §§ 366 Abs. 2, 367 Abs. 1 BGB als gesetzliche Auslegungsregeln Erklärungsbedürftig ist zuerst § 366 BGB mit seinen auf den ersten Blick widersprüchlichen Absätzen. 322 Alexander, Natur der Erfüllung, S. 43; Schmidt, Erfüllung, S. 47; Beuthien, Zweckerreichung, S. 295; Lutz, Die Rechtsnatur der Erfüllung im Schuldrecht, S. 48. Ablehnend dagegen Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 107. 323 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 92; Kretschmar, Erfüllung, S. 105. 324 Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 402; Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 6; MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 13; Hk-BGB/Schulze, § 362 Rdnr. 7. 325 Nicht ohne Grund wurde gerade § 367 Abs. 2 BGB als Hinweis auf eine vertragliche Natur der Erfüllung ins Feld geführt; vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. b) bb).

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aa) Die Vorschrift des § 366 Abs. 2 BGB Wird § 366 Abs. 1 BGB als Hauptargument für die Notwendigkeit einer Tilgungsbestimmung betont,326 stellt § 366 Abs. 2 BGB dies zugleich in Frage. Eine Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses erscheint bei einer Forderungsmehrheit auch ohne Tilgungsbestimmung möglich. Zwar ergibt sich die Zuordnung nicht aus den äußeren Umständen, sondern aus dem Gesetz selbst, dennoch ist eine Tilgungsbestimmung dem Wortlaut nach unnötig.327 Auf den ersten Blick gibt somit § 366 Abs. 1 BGB dem Ansatz der subjektiven Erfüllung mit der einen Hand, was § 366 Abs. 2 BGB mit der anderen Hand wieder nimmt. Allerdings kann die Bestimmung der erlöschenden Forderung nach § 366 Abs. 2 BGB bei Fehlen einer Tilgungsbestimmung zu ungerechten Ergebnissen führen, wie der folgende Beispielsfall exemplifiziert: S ist Schuldner von Gläubiger A und Gläubiger B. B wiederum ermächtigt A gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 BGB zum Einzug seiner Forderungen gegen S. In Unkenntnis der Einzugsermächtigung zahlt S eine Summe an A, welche zwar alle Forderungen des A tilgen würde, nicht aber zur Begleichung auch der Forderungen des B ausreicht.

Nach überwiegender Ansicht findet § 366 Abs. 2 BGB im Wege der Analogie auch dann Anwendung, wenn der Gläubiger zugleich für einen Dritten einziehungsberechtigt ist, da ohne Tilgungsbestimmung nicht geklärt werden kann, welche Forderungen bei Leistung des Schuldners erlöschen.328 Reicht die Leistung des S nicht zur Tilgung aller gegenüber A zu tilgenden Forderungen aus, ist somit § 366 Abs. 2 BGB analog anzuwenden. Dann aber müsste man bei der Ermittlung der Tilgungsreihenfolge auch die Forderungen des B gegen S mit einbeziehen, obwohl S diese Forderungen offensichtlich nicht tilgen wollte. Vielmehr hat S nach seiner Vorstellung sämtliche Forderungen des A gegen ihn zum Erlöschen gebracht und die zwischen beiden bestehende Sonderverbindung beendet. Stattdessen sieht sich S plötzlich mit dem Umstand konfrontiert, weiterhin Schuldner des A zu sein, wenn etwa die Forderung des B gegen S geringere Sicherheit bietet als die Forderungen des A gegen S. Daran zeigt sich, dass eine objektive Zuordnung und deren gesetzliche Ergänzung durch § 366 Abs. 2 BGB nicht in allen Fällen interessengerecht ist. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, schon aus der Zahlung einer Summe, welche den of326

Alexander, Natur der Erfüllung, S. 65; Schnorr von Carolsfeld, FS Lübtow, S. 675; Bülow, JuS 1991, S. 531; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 35; Lent, Anweisung, S. 21. 327 Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 14 Rdnr. 5; Boehmer, Erfüllungswille, S. 84; Avenarius, AcP 203 (2003), S. 511. 328 Vgl. oben Erster Teil § 2 II. 1.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

fenen Forderungen des A gegen S entspricht, ergibt sich evidenterweise, dass S auch nur auf diese Forderungen zahlen wollte. Weil aber offensichtliche Übereinstimmung von Schuld und Leistung eben nicht besteht, wenden Literatur und Rechtsprechung in dieser Fallkonstellation § 366 Abs. 1 BGB analog an.329 Ein gerechtes Ergebnis ließe sich erzielen, wenn § 366 Abs. 2 BGB nur solche Forderungen erfasst, von denen S gewusst hat oder um deren Existenz er hätte wissen müssen,330 mithin nur die Forderungen des A gegen S. Dass S nur jene Forderungen begleichen wollte, war schließlich auch dem Gläubiger A ersichtlich. Ganz im Sinne der soeben formulierten Kritik ist denn auch die Rechtsprechung wiederholt von der Tilgungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB abgewichen.331 Eine solche Abweichung sei immer dann angebracht, wenn die Tilgungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB mit dem offensichtlichen Parteiwillen unvereinbar ist.332 Dem stimmt die Literatur überwiegend zu.333 Angesichts dieser Abweichungsmöglichkeit deuten Vertreter einer objektiven Erfüllung § 366 Abs. 2 BGB als eine dispositive Gesetzesnorm.334 Wäre jedoch § 366 Abs. 2 BGB tatsächlich eine dispositive Vorschrift, bedürfte es einer Parteivereinbarung, um ihre Rechtsfolgen abzubedingen.335 Folglich müssten sich Schuldner und Gläubiger über eine von § 366 Abs. 2 BGB abweichende Tilgungsreihenfolge geeinigt haben. Eine solch konsensuale Zuordnung hat jedoch nicht stattgefunden.336 Mangels Vorliegens ei329 Wer die Evidenz behauptet, muss konsequenterweise die Voraussetzungen einer Analogie ablehnen. 330 In diese Richtung auch Gernhuber, Erfüllung, S. 145. 331 RGZ 60, 284 (290); BGHZ 51, 157; BGH NJW 1969, 1846 (1847); BGH NJW 1978, 1524; BGH MDR 1972, 35; BGH WM 1995, 1663 (1664); BGH WM 1999, 948 (949); OLG Rostock, NJW-RR 2002, 244 (245); OLG Düsseldorf, NJW-RR 2001, 1595 (1596); BGHZ 146, 37 (49). 332 BGH NJW 1969, 1846 (1847); BGH NJW 1978, 1524; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2001, 1595 (1596). 333 Larenz, Schuldrecht, § 18 I (S. 242); Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 395; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 14 Rdnr. 12; Erman/Westermann, § 366 Rdnr. 3; Palandt/Heinrichs, § 366 Rdnr. 7; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 366 Rdnr. 7; MüKo/Wenzel, § 366 Rdnr. 12; Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 44; Hk-BGB/Schulze, § 366 Rdnr. 5; Wieling, JuS 1978, S. 802. Ablehnend Avenarius, AcP 203 (2003), S. 517 ff. 334 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 242); Ehmann, Gesamtschuld, S. 191; Kretschmar, Erfüllung, S. 107; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 366 Rdnr. 2; Grün, WuB I F 3 – 1.96. 335 Vgl. Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 36; Köhler, BGB AT, § 3 Rdnr. 24. 336 Andernfalls wäre schon § 366 Abs. 2 BGB unanwendbar, vgl. oben Erster Teil § 3 III. Keinesfalls darf man eine Parteidisposition – auch keine hypothetische! – dem zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäft entnehmen, so aber Avenarius,

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ner entsprechenden Parteidisposition könnte deshalb von § 366 Abs. 2 BGB nicht abgewichen werden. Begründet man zudem mit dem BGH eine Abweichung im Wege des „offensichtlichen Parteiwillens“, kommt dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass eine Einschränkung des § 366 Abs. 2 BGB nur stattfindet, wenn auch der Gläubiger erkennen konnte, dass der Schuldner allein auf seine eigenen Forderungen leisten wollte.337 Bereits in der Formulierung der Fragestellung, was der Gläubiger nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte hätte erkennen können, offenbart sich das Verfahren der Auslegung. Der Rückgriff auf den „offensichtlichen Parteiwillen“ vernebelt, dass auch der BGH eine Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB vornimmt. Was aber soll bei einer objektiven Erfüllung ausgelegt werden? Die – im Ergebnis zu Recht – vorgenommenen Korrekturen des § 366 Abs. 2 BGB sind mit der Theorie der realen Leistungsbewirkung nicht zu erklären. Der „offensichtliche Parteiwille“ kann im objektiven Ansatz dogmatisch keine Berücksichtigung finden. Anders im Rahmen der subjektiven Erfüllungslehre: Mit der Notwendigkeit einer Tilgungsbestimmung, die als empfangsbedürftige Erklärung der Auslegung unterliegt, lassen sich die Ergebnisse der Rechtsprechung widerspruchslos erklären. Ist für den Gläubiger trotz Fehlens einer ausdrücklichen Tilgungsbestimmung gemäß §§ 133, 157 BGB ein abweichender Tilgungswille des Schuldners erkennbar, findet § 366 Abs. 2 BGB keine Anwendung. Erst wenn der Empfängerhorizont trotz Auslegung der konkludenten Tilgungsbestimmung indifferent bleibt, kann auf § 366 Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden. Angesichts der vorgenommenen Einschränkungen handelt es sich bei § 366 Abs. 2 BGB nicht um eine dispositive Gesetzesnorm, sondern um eine gesetzliche Auslegungsregel.338 Dass eine solche notwendig ist, liegt auf der Hand: Da es an einer ausdrücklichen Tilgungsbestimmung ermangelt, liegt der Leistung eine konkludente Tilgungsbestimmung zugrunde, welche ebenfalls ausgelegt werden muss.339 Dabei wird die AusAcP 203 (2003), S. 531. Die Zuordnungsbestimmung ist kein Bestandteil des Verpflichtungsgeschäfts, vgl. unten Erster Teil § 7. 337 Explizit Bamberger/Roth/Dennhardt, § 366 Rdnr. 7. 338 Oertmann, BGB, § 366 Anm. 2; von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, S. 83 Fn. 136; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 270; Havenstein, Erfüllung, S. 63; Schmidt, Erfüllung, S. 55; Ehmann, JZ 1968, 551; ders., NJW 1969, S. 1834; Henke, Leistung, S. 65, 77; Pringsheim, GruchB 53 (1909), S. 16; RGZ 60, 284 (290). Auch der BGH hat in einer Entscheidung § 366 Abs. 2 BGB einmal als Auslegungsregel qualifiziert (BGH WM 1959, 472 [474]). 339 Darüber hinaus findet § 366 Abs. 2 BGB auch auf solche expliziten Tilgungsbestimmungen Anwendung, die das erlöschende Schuldverhältnis entgegen § 366 Abs. 1 BGB nicht eindeutig bestimmen und denen das erlöschende Schuldverhältbis auch im Wege der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB nicht entnommen werden kann.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

legung der konkludenten Tilgungsbestimmung gerade im Fall der Forderungsmehrheit vielfach zu keiner eindeutigen Bestimmung der erlöschenden Schuldverhältnisse führen. Da aber das Interesse des Gläubigers und des übrigen Rechtsverkehrs darauf gerichtet ist, nach Leistungserhalt umgehend Sicherheit über die bestehende Rechtslage zu erlangen, bedarf es einer Auslegungshilfe, um die erlöschende Forderung sicher bestimmen zu können. Diese gesetzliche Auslegungshilfe stellt § 366 Abs. 2 BGB dar, welche dem mutmaßlichen vernünftigen Willen des Schuldners entspricht.340 Als gesetzliche Auslegungsregel für die Ermittlung des schuldnerischen Tilgungswillens verwundert es jedoch, wie die in § 366 Abs. 2 BGB vorgegebene Tilgungsreihenfolge seinem Willen entsprechen soll, ist sie doch nicht in allen Belangen vorteilhaft für den Schuldner.341 Bei der Schaffung einer gesetzlichen Auslegungsregel ist es dem Gesetzgeber allerdings unbenommen, von der optimalen Berücksichtigung des schuldnerischen Willens zugunsten eines optimalen Ausgleichs der Interessen von Gläubiger und Schuldner abzuweichen.342 Einen solch gerechten Ausgleich im Gesamtrahmen der Erfüllung stellt § 366 Abs. 2 BGB her:343 Wird das Interesse des Gläubigers durch die Erfolgsorientierung – ohne Erfolg keine Erfüllung – auf der ersten Stufe der Erfüllung vorrangig berücksichtigt,344 korrespondiert damit auf der zweiten Stufe die bevorzugte Berücksichtigung der Interessen des Schuldners im Rahmen der Zuordnungsbestimmung, welche eine Beteiligung des Gläubigers ausschließt. Der Einsatz eigenen Vermögens und die Ausrichtung der Leistungshandlung an einem von ihm vorher bestimmten Schuldverhältnis führen dazu, dass allein die Zuordnung des Schuldners entscheidet, welches Schuldverhältnis zum Erlöschen gebracht werden soll.345 Erst wenn der Schuldner von der ihm gegebenen Möglichkeit der Zuordnung nicht hinreichend deutlich Gebrauch macht, werden auf der dritten Stufe über § 366 Abs. 2 BGB die widerstreitenden Interessen von Schuldner und Gläubiger hinsichtlich des erlöschenden Schuldverhältnisses zu einem vermittelnden Ausgleich ge340 MüKo/Wenzel, § 366 Rdnr. 12; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 366 Rdnr. 7. Angesichts des Charakters der Norm als Auslegungsregel muss das gelegentliche Abweichen zugunsten des Schuldners auch nicht im Wege einer teleologischen Reduktion geschehen, wie sie etwa Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 46 fordert. 341 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 242); Dernburg, Das bürgerliche Recht des Deutschen Reiches und Preußens II/1, § 117 (S. 297); Crome, Recht der Schuldverhältnisse, S. 238; Avenarius, AcP 203 (2003), S. 516. Eine Auslegungsregel deshalb ablehnend Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 44. 342 Gernhuber, Erfüllung, S. 137. 343 Zur Entstehungsgeschichte des § 366 Abs. 2 BGB vgl. Avenarius, AcP 203 (2003), S. 519 ff. 344 Vgl. oben Erster Teil § 1 II. 2 sowie Erster Teil § 1 IV. 1. f). 345 Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 5.

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bracht.346 So erlöschen zunächst die fälligen Forderungen,347 anschließend diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bieten,348 schließlich die dem Schuldner lästigeren349 und zuletzt die älteren vor den jüngeren Forderungen. Insoweit stellt § 366 Abs. 2 BGB eine nicht angreifbare gesetzliche Auslegungsregel für die Ermittlung des Schuldnerwillens dar.350 bb) Die Vorschrift des § 367 Abs. 1 BGB Das zu § 366 Abs. 2 BGB Gesagte beansprucht in gleichem Maße bei § 367 Abs. 1 BGB Geltung. Die Vorschrift des § 367 Abs. 1 BGB findet ebenfalls keine Anwendung, wenn dessen Reihenfolge dem „offensichtlichen Parteiwillen“ widerspricht und Letzteres dem Gläubiger erkennbar ist.351 Erst wenn ein offensichtlich abweichender Parteiwille nicht feststellbar ist, kann auf die in § 367 Abs. 1 BGB vorgegebene Reihenfolge zurückgegriffen werden. Auch § 367 Abs. 1 BGB ist eine gesetzliche Auslegungsregel352 für den Fall konkludenter Tilgungsbestimmungen.353 346 Dernburg, Das bürgerliche Recht des Deutschen Reiches und Preußens II/1, § 117 (S. 298); Crome, Recht der Schuldverhältnisse, S. 238 Fn. 52; Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 242); Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 270; Gernhuber, Erfüllung, S. 136; Avenarius, AcP 2003 (2003), S. 530. 347 Was sich als Vorteil des Gläubigers darstellt, denn unter den fälligen Forderungen ist es unerheblich, ob die Forderung verjährt oder einredebehaftet ist, vgl. nur MüKo/Wenzel, § 366 Rdnr. 13. 348 Dies bevorzugt wieder allein den Gläubiger. Geringere Sicherheit bietet eine Forderung auch dann, wenn die Verjährung droht, vgl. nur BGH WM 1986, 1519 (1521); OLG München NJW-RR 1997, 944 (944). 349 Lästiger ist z. B. eine Schuld, mit welcher der Schuldner im Verzug ist und deshalb Verzugszinsen fällig werden, vgl. Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 242). Hier werden die Tilgungsinteressen des Schuldners bevorzugt. 350 Gernhuber, Erfüllung, S. 144. 351 BGH NJW 1983, 2773 (2774); Erman/Westermann, § 367 Rdnr. 2; Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 243), wobei er offen lässt, für wen es erkennbar sein muss. Erst die Beantwortung dieser Frage hätte ihn auf die Erkennbarkeit in der Person des Gläubigers geführt und damit zur Auslegung. 352 So auch Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 270; Gernhuber, Erfüllung, S. 146. Anderer Ansicht Palandt/Heinrichs, § 367 Rdnr. 1; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 367 Rdnr. 1; Soergel/Zeiss, § 367 Rdnr. 1; Erman/Westermann, § 367 Rdnr. 1. 353 Dass § 367 Abs. 1 BGB das Fehlen einer ausdrücklichen Tilgungsbestimmung geradezu voraussetzt, lässt sich dem zweiten Absatz des § 367 BGB entnehmen. Ordnet der Schuldner ausdrücklich zu und entspricht seine Bestimmung der Reihenfolge des § 367 Abs. 1 BGB, bedürfte es dieses Absatzes nicht. Bestimmt er ausdrücklich etwas abweichendes, greift § 367 Abs. 2 BGB. Weshalb aber hat der Gesetzgeber dann zwei Absätze eingeführt? Will man § 367 Abs. 1 BGB nicht zu einer überflüssigen Norm degradieren, erfasst dieser Fall gerade die konkludente Tilgungsbestimmung.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

cc) Ergebnis zu §§ 366 Abs. 2, 367 Abs. 1 BGB Somit lässt sich feststellen, dass die §§ 366 Abs. 2, 367 Abs. 1 BGB und ihre eingeschränkte Anwendung einer subjektiven Erfüllung nicht entgegenstehen, sondern im Gegenteil allein durch finale Erfüllungstheorien dogmatisch befriedigend zu erklären sind. b) § 367 Abs. 2 BGB als Einschränkung der Privatautonomie Bleibt zu erörtern, wie sich die Norm des § 367 Abs. 2 BGB in den objektiven oder subjektiven Ansatz einfügen lässt. Da in § 367 Abs. 2 BGB von einer ausdrücklichen Zuordnungsbestimmung des Schuldners ausgegangen wird,354 versagt der objektive Ansatz auch bei der Integration dieser Norm. Allerdings kann der Gläubiger die Annahme der Leistung verweigern, wenn die Zuordnungsbestimmung der in § 367 Abs. 1 BGB vorgegebenen Reihenfolge widerspricht. Dies scheint sich wiederum mit dem Ansatz allein schuldnerischer Zuordnung nicht vereinbaren zu lassen. Mit „Verweigerung der Annahme“ ist aber nicht gemeint, dass der Gläubiger die Annahme eines Erfüllungsvertrages ablehnen darf.355 Vielmehr eröffnet § 367 Abs. 2 BGB dem Gläubiger die Möglichkeit, die Zuwendung als solche abzulehnen, ohne in Annahmeverzug zu geraten, obgleich schon die erbrachte Leistung der geschuldeten in vollster Weise entspricht.356 Eine Ablehnung ist allein wegen der abweichenden Tilgungsbestimmung zulässig. Dem § 367 Abs. 2 BGB ist mithin zweierlei zu entnehmen: Erstens zeigt sich, dass der Gläubiger selbst dann, wenn die Zuordnung des Schuldners der in § 367 Abs. 1 BGB bestimmten Reihenfolge widerspricht, nicht berechtigt ist, die Leistung anzunehmen und sie in der durch § 367 Abs. 1 BGB vorgesehenen Weise zu verrechnen.357 Insofern wird in § 367 Abs. 2 BGB die überragende Bedeutung des Schuldnerwillens bei der Zuordnung anerkannt.358 Zweitens werden zugleich dem schuldnerischen Zuordnungswillen Grenzen gezogen. Die Zuordnung ist die Äußerung des Willens des Schuldners, ein bestimmtes Schuldverhältnis möge aufgrund seiner Leistung erlöschen, mithin ein privatautonomer Akt. Der Privatautonomie als Grundlage des Bürgerlichen Gesetzbuches und damit der 354 Im Falle einer konkludenten Tilgungsbestimmung wäre nämlich schon § 367 Abs. 1 BGB anwendbar. 355 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 3. c) aa). 356 Gernhuber, Erfüllung, S. 146; MüKo/Wenzel, § 367 Rdnr. 3. 357 Gernhuber, Erfüllung, S. 146; Jauernig/Stürner, § 367 Rdnr. 1. 358 Unrichtig ist es deshalb, dass § 367 BGB die Tilgungsreihenfolge dem Willen des Schuldners entzieht (so aber Soergel/Zeiss, § 366 Rdnr. 1).

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Herrschaft des Individuums sind jedoch durch das Gesetz selbst Grenzen gezogen worden.359 So sind insbesondere die §§ 134, 138 Abs. 1 BGB die Privatautonomie einschränkende Normen.360 Als Folge eines Verstoßes gegen diese genannten Normen wird grundsätzlich die Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes angeordnet.361 Das schließt aber nicht aus, dass in Teilbereichen eine andere Rechtsfolge möglich ist. So lässt sich etwa § 123 BGB als Ausprägung eines auch von § 134 BGB erfassten Bereiches (§§ 263, 253 StGB) entnehmen, dass der Betroffene die Möglichkeit hat, das ihm günstig erscheinende Geschäft gelten zu lassen, indem er vom Gestaltungsrecht der Anfechtung keinen Gebrauch macht.362 Insofern ist § 123 BGB lex specialis zu § 134 BGB. Eine solche Einschränkung der Privatautonomie nimmt auch § 367 Abs. 1 BGB vor,363 wobei ein Verstoß gegen § 367 Abs. 1 BGB nicht die Nichtigkeit der Zuordnung zur Folge, sondern es der Gläubiger in Anbetracht des § 367 Abs. 2 BGB in der Hand hat, die Zuwendung trotz abweichender Zuordnungsbestimmung anzunehmen und Letztere damit zu akzeptieren. Insoweit ist § 367 Abs. 2 BGB vergleichbar mit § 123 BGB. Für den Gläubiger kann sich die Annahme der Leistung deshalb als günstig darstellen, weil ihm der Sacherhalt vorteilhafter erscheint als die vage Möglichkeit der Forderungsdurchsetzung. Auch die §§ 367 Abs. 1, 367 Abs. 2 setzen die Notwendigkeit einer Tilgungsbestimmung voraus und sind nur im Rahmen eines subjektiven, die Privatautonomie beachtenden Ansatzes erklärbar. 11. Argumente aus der Methodenlehre Klangen bei einigen Punkten bereits methodologische Argumente an, soll diesem Aspekt gleichwohl ein eigener Absatz gewidmet werden. Nur eine methodologisch nicht angreifbare Theorie verdient den Vorzug. a) Aufgabe einer Theorie Aufgabe einer rechtswissenschaftlichen Theorie ist es, einen Rahmen für die Lösung von juristischen Problemen des betreffenden Rechtsgebiets zur 359

Dazu vgl. auch unten Dritter Teil § 19 II. 1. Brox, Allgemeiner Teil der BGB, Rdnr. 319; Petersen, Jura 2003, S. 532. 361 Bork, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 1203; Hübner, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 882, 916. 362 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 37 Rdnr. 3; Canaris, Gesetzliches Verbot und Rechtsgeschäft, S. 38; Petersen, Jura 2003, S. 533; RGZ 114, 338 (342); BGH WM 1966, 585 (589). 363 So schon Matthiaß, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I, § 92 G (S. 422). 360

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

Verfügung zu stellen,364 sowie den fraglichen Rechtsstoff zu ordnen und durch Einordnung in einen umfassenderen Zusammenhang zu systematisieren,365 was zu einer Vereinfachung umfangreicher Normenkomplexe und damit letztlich zur Entlastung des Rechtsanwenders führt.366 Dabei kann eine Theorie aus nur einer einzigen Regel, aber auch aus allgemeinen Sätzen bestehen, die untereinander in systematischem Zusammenhang stehen.367 Die mit Hilfe einer Theorie gefundenen Ergebnisse müssen sich nicht nur in das System des geltenden Rechts einfügen,368 sondern auch interessengerecht sein, mithin einer Stimmigkeitskontrolle standhalten.369 Anhand dieser Kriterien lässt sich ein Ergebnis als richtig oder falsch einstufen.370 Die Kontrolle der Ergebnisse dient zugleich der Wahrung des Gleichheitsgebotes und damit der Stabilisierung des Rechts selbst.371 b) Qualität der Erfüllungstheorien Aus den Aufgaben einer Theorie folgen zugleich die Kriterien für die Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit, denn „je überzeugender eine der genannten Aufgaben und/oder mehrere von ihr erfüllt werden, desto leistungsfähiger ist sie.“372 Dabei erscheint eine Theorie umso gesicherter, je besser sie allen Versuchen widerstanden hat, sie zu widerlegen.373 Führen zwei Theorien zu interessengerechten Ergebnissen, ist der Theorie der Vorzug zu geben, die sich in größerem Maße am Wortlaut des Gesetzes anlehnt.374 Falsch hingegen ist eine Theorie, wenn sie mit dem geltenden Recht nicht in Einklang steht.375 So simpel dies klingt, so schwierig lässt sich mitunter der Verstoß gegen geltendes Recht feststellen. Ein solcher liegt zumindest dann vor, wenn die Theorie einen logischen Widerspruch 364

Larenz/Canaris, Methodenlehre-Studienausgabe, S. 227. Canaris, JZ 1993, S. 378. 366 Pawlowski, Methodenlehre, Rdnr. 783. 367 Larenz/Canaris, Methodenlehre-Studienausgabe, S. 227; Canaris, JZ 1993, S. 377. 368 Canaris, JZ 1993, S. 378. 369 Larenz/Canaris, Methodenlehre-Studienausgabe, S. 227; Pawlowski, Methodenlehre, Rdnr. 784. 370 Pawlowski, Methodenlehre, Rdnr. 783. 371 Pawlowski, Methodenlehre, Rdnr. 784. 372 Larenz/Canaris, Methodenlehre-Studienausgabe, S. 227; Canaris, JZ 1993, S. 379, 384. 373 Larenz, Methodenlehre des Rechts, S. 451; Canaris, JZ 1993, S. 388. 374 Pawlowski, Methodenlehre, Rdnr. 512. 375 Larenz/Canaris, Methodenlehre-Studienausgabe, S. 280; Canaris, JZ 1993, S. 386. 365

§ 6 Entscheidung zwischen subjektiver und objektiver Erfüllung

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enthält.376 Aber auch Wertungswidersprüche sind Verstöße gegen das geltende Recht, wird doch in diesen Fällen gegen den Gleichheitssatz verstoßen.377 In Anbetracht dessen sind vor allem Ausnahmen innerhalb einer Theorie problematisch. Zwar nehmen Ausnahmen von einer aufgestellten Regel dieser nicht per se die Überzeugungskraft, denn man kann nicht verlangen, dass selbst die ausgefallensten Sonderkonstellationen ohne Ausnahme lösbar sind.378 Dennoch sollte eine Theorie einen möglichst großen Bereich abdecken, ohne Ausnahmen zu benötigen,379 kann man doch anderenfalls schwerlich von einer Ausnahme sprechen. Unhaltbar ist eine Theorie jedoch, wenn sie Ausnahmen zulässt, „ohne einen einleuchtenden und mit ihren Prämissen verträglichen Grund angeben zu können. Dies ist wie ein logischer Widerspruch. Es ist einer der schlimmsten Fehler überhaupt, den man bei der Rechtsfindung machen kann.“380 Nun offenbart sich die Qualität einer wissenschaftlichen Konstruktion nicht an einfachen Fallgestaltungen, sondern bei der Erklärung des diffizilen Falles.381 Dies ist verständlich, pflegen doch rechtliche Probleme meist erst am pathologischen Fall aufzutreten.382 Weil aber eine Theorie möglichst für alle Konstellationen dogmatisch Vorsorge treffen muss, sollte sie vorzugsweise am schwierigen Fall entwickelt und dann auf den einfachen Fall übertragen werden.383 Eine Umkehrung dieses Weges ist der Theorie der realen Leistungsbewirkung vorzuwerfen. Ihre Ansicht, dass sich das erlöschende Schuldverhältnis allein aus objektiver Übereinstimmung von Geschuldetem und Geleistetem ergibt und es einer Zuordnung seitens des Schuldners nicht bedarf, wurde am einfachen Fall entwickelt. Sie versagt aber in allen Konstellationen einer Erfüllung, die über den Grundfall – ein Schuldner, ein Gläubiger, eine einzige Forderung – hinausgehen und zu Zuordnungsunsicherheiten führen384 Dann sieht sich der objektive Ansatz zu Ausnahmen in Form von Tilgungs376 Larenz/Canaris, Methodenlehre-Studienausgabe, S. 279; Canaris, JZ 1993, S. 384. 377 Larenz/Canaris, Methodenlehre-Studienausgabe, S. 279; Canaris, JZ 1993, S. 385. 378 Larenz/Canaris, a. a. O., S. 227; Canaris, JZ 1993, S. 382; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 92. 379 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 92. 380 Larenz/Canaris, Methodenlehre-Studienausgabe, S. 280; Canaris, JZ 1993, S. 385. 381 Rother, AcP 1969, S. 8. 382 Weitnauer, FS Caemmerer, S. 255; Schapp, Methodenlehre, S. 28 f., 21 f., kennzeichnet das Recht in seiner Eigenschaft als Sanktionsordnung und der Orientierung an den Streitfällen überspitzt als „Unrechtsordnung“. 383 Rother, AcP 1969, S. 8. 384 Vgl. oben Erster Teil § 2 II und Erster Teil § 6 II. 2.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

bestimmungen genötigt.385 Diese Ausnahmen sind jedoch so zahlreich, dass man nicht mehr von Ausnahmen sprechen kann, sondern sie zum Grundfall erklären sollte. Vor allem angesichts des § 267 Abs. 1 BGB bleibt zu erinnern, dass lediglich höchstpersönliche Verpflichtungen überhaupt der Evidenz zugänglich sind. Nur diese können den Grundfall des objektiven Ansatzes darstellen. Selbst wenn man die objektive Zuordnung als Grundfall anerkennt, müssten ihre Ausnahmen durch einen sachlichen, mit ihren Prämissen verträglichen Grund gerechtfertigt sein. Als Grund kommt nur das Versagen objektiver Zuordnung in Betracht. Damit aber widerspricht diese Theorie ihrem eigenen Ausgangspunkt. Im Ergebnis lässt die Theorie der realen Leistungsbewirkung Ausnahmen zugunsten der Notwendigkeit von Tilgungsbestimmungen zu, die mit ihrer Prämisse einer allein objektiven Zuordnung nicht zu vereinbaren sind. Darin liegt, nach Larenz und Canaris, ein logischer Widerspruch,386 einer der schlimmsten begehbaren Fehler einer Theorie.387 Denn lässt man eine unbegründete Ausnahme zu, ist das Tor für beliebig vielen Ausnahmen geöffnet, ohne diese rechtfertigen zu müssen. Da mit einer solchen Theorie im Ergebnis jede Lösung erklärt werden kann, vermag sie letztlich gar keine zu legitimieren.388 Nun kommen die subjektiven Erfüllungstheorien ebenfalls nicht ohne Ausnahme aus. Zwar kann der subjektive Ansatz eine weitaus größere Anzahl von Erfüllungssituationen ohne Ausnahmen erklären, geht er doch zutreffend von den schwierigen Konstellationen als Grundfall aus und erklärt die „einfachen“ Fälle evidenter Übereinstimmung von Geschuldetem und Zugewendetem mit der Existenz konkludenter Tilgungsbestimmungen. Dennoch lässt sich das Erfordernis von Tilgungsbestimmungen bei der Erfüllung von Unterlassungspflichten nicht aufrechterhalten, weshalb die Erfüllung von Unterlassensforderungen für den subjektiven Ansatz eine Ausnahme darstellt.389 Im Unterschied zum objektiven Ansatz ist diese Ausnahme jedoch mit der Prämisse des subjektiven Ansatzes vereinbar. Ausgangspunkt der subjektiven Theorien ist die auf den Vorschriften der §§ 267 Abs. 1, 366 Abs. 1 BGB gestützte Ablehnung einer objektiven Zuordnung. Da nun bei Unterlassensverpflichtungen weder eine Drittleistung noch eine Mehrheit gleichartiger Unterlassensforderungen denkbar ist,390 385

Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 92. Canaris, JZ 1993, S. 385. 387 Gleichwohl vertritt Larenz die Theorie der realen Leistungsbewirkung, vgl. Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 239). 388 Canaris, JZ 1993, S. 385. 389 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 9. b). 390 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 9. b) bb). 386

§ 6 Entscheidung zwischen subjektiver und objektiver Erfüllung

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kann keine Zuordnungsunsicherheit entstehen. Das Nichteingreifen der §§ 267 Abs. 1, 366 Abs. 1 BGB rechtfertigt die objektive Zuordnung. Insofern lässt sich die Ausnahme mit dem Grundansatz subjektiver Zuordnung vereinbaren. Der Wert einer Theorie ist gleichfalls zweifelhaft, wenn sich ihre Ergebnisse nicht in das System des geltenden Rechts integrieren lassen. Nun ist im Bereicherungsrecht ein finaler Leistungsbegriff nahezu unbestritten.391 Dient aber die Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB primär der Rückabwicklung fehlgeschlagener Leistungen zum Zwecke der Erfüllung, muss von einer zumindest teilweisen Übereinstimmung beider Leistungsbegriffe ausgegangen werden.392 Nur weil die Leistung nicht zur Erfüllung geführt hat, kann sie nicht plötzlich anderen Wirksamkeitsvoraussetzungen unterworfen sein. Diesen Zusammenhang missachtet die Theorie der realen Leistungsbewirkung. Sie lässt sich nicht in das System des geltenden Rechts integrieren. Auch aus systematischer Sicht ist die Theorie der realen Leistungsbewirkung abzulehnen.393 Sowohl subjektiver als auch objektiver Ansatz kommen, wenn auch im unterschiedlichen Maße durch die Hilfe von Ausnahmen, zu interessengerechten Ergebnissen. Vorzugswürdig ist mithin der Ansatz, welcher sich besser mit dem Wortlaut einzelner Normen vereinbaren lässt. Während der subjektive Ansatz die §§ 267 Abs. 1, 366 Abs. 1 BGB widerspruchslos integrieren kann und sich auch die §§ 366 Abs. 2, 367 Abs. 1, 367 Abs. 2 BGB nur auf Grundlage einer subjektiven Erfüllungstheorie befriedigend erklären lassen,394 spielt § 366 Abs. 1 BGB für die Vertreter der realen Leistungsbewirkung im des Erfüllungstatbestandes „eine eigenartige Rolle“.395 Kurzum, die objektive Theorie lässt sich weder mit dem Wortlaut des § 366 Abs. 1 BGB noch mit der Existenz des § 267 BGB vereinbaren. Allein der subjektive Ansatz der Erfüllung entspricht den methodologischen Anforderungen an eine Theorie.

391 Vgl. unten Zweiter Teil § 14 III. 1. Lediglich MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 13 geht noch von einem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff im Sinne der Zweckvereinbarungstheorie aus. 392 Was letzten Endes zur Hypothese der Gleichheit von erfüllungsrechtlicher Tilgungsbestimmung mit bereicherungsrechtlicher Zweckbestimmung führt, vgl. dazu unten Zweiter Teil § 13. 393 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 43; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 90. 394 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 10. a). 395 Boehmer, Erfüllungswille, S. 84.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

c) § 366 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Methodenlehre Das häufig geäußerte Argument, § 366 Abs. 1 BGB spreche als Ausdruck eines allgemeinen Gedankens für die finale Erfüllung,396 soll an dieser Stelle methodologisch fundiert werden. Hat die Entwicklung von juristischen Theorien am schwierigen Fall anzusetzen und sind die dadurch gewonnen Ergebnisse auf den einfachen Fall zu übertragen, stellt § 366 Abs. 1 BGB zugleich eine (unbewusste) Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten einer finalen Erfüllung dar.397 Zwar wollte der Gesetzgeber den Streit um die Erfüllungstheorie nicht entscheiden.398 Er sah sich allerdings gezwungen, in der komplizierten Erfüllungskonstellation des § 366 Abs. 1 BGB Stellung zu beziehen. Als man in § 366 Abs.1 BGB die Notwendigkeit einer schuldnerischen Tilgungsbestimmung normierte, muss dies methodologisch als Entscheidung zugunsten einer finalen Erfüllung gewertet werden. 12. Der Grundsatz autonomer Selbstbestimmung Im Zusammenhang mit den negativen Tilgungsbestimmungen wurde bereits ein weiteres Argument für eine finale Erfüllung, nämlich der Grundsatz autonomer Selbstbestimmung, angesprochen.399 Dieser Grundsatz stellt eine der tragenden Säulen des Bürgerlichen Gesetzbuches, insbesondere der Rechtsgeschäftslehre und des Schuldrechts dar.400 Dass die Erfüllung als Kernbereich des Schuldrechts nicht von diesem Grundsatz beseelt sein soll, wäre nur schwer verständlich. So begründet denn auch die Theorie der realen Erfüllung die Möglichkeit negativer sowie den Vorrang ausdrücklicher Tilgungsbestimmungen mit der verfassungsrechtlich gewährleisteten Privatautonomie.401 Über diese beiden Fälle hinaus gebietet es die Privatautonomie aber weitergehend, in nahezu allen Fällen der Erfüllung402 von einer 396 Bülow, JuS 1991, S. 531; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 35; Lent, Anweisung, S. 21; Schnorr von Carolsfeld, FS Lübtow, S. 675; Leonhard, AcP 21 (1887), S. 203; RGZ 55, 411 (414). 397 So auch MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 5; Wieling, JuS 1978, S. 803. 398 Vgl. oben Erster Teil § 1 III. 399 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 2. a) dd). 400 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 2 Rdnr. 15; Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 25; Bork, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 99; Bamberger/Roth/Wendtland, § 133 Rdnr. 1. 401 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 239); Bamberger/Roth/Dennhardt, § 362 Rdnr. 2. 402 Abgesehen von den Fällen des Unterlassens, vgl. Erster Teil § 6 II. 9. b) bb).

§ 6 Entscheidung zwischen subjektiver und objektiver Erfüllung

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Zuordnungsbestimmung des Schuldners auszugehen und diese – in den Grenzen des § 367 Abs. 1 BGB – zu berücksichtigen.403 13. Andere Argumente Schließlich sei noch der Aussage entgegengetreten, mit dem Erfordernis einer Tilgungsbestimmung werde Mögliches zum Notwendigen erklärt.404 Vor allem in der Wirtschaftspraxis sei das Erfordernis einer Tilgungsbestimmung hoffnungslos verfehlt,405 es trotzdem zu fordern, lebensfremd.406 Stattdessen ist es doch vielmehr so, dass bei der heute überwiegenden unbaren Zahlung von Geldschulden im Rahmen der Banküberweisung die Abgabe einer Tilgungsbestimmung – erklärt in der Spalte „Verwendungszweck“ – die gängige Praxis darstellt.407

III. Zusammenfassung In fast allen Belangen hat sich der Ansatz einer subjektiven Zuordnung dem Ansatz einer objektiven Zuordnung als überlegen erwiesen. Eine finale Erfüllung ist nicht nur methodologisch überzeugender, sondern kann nahezu alle Konstellationen der Erfüllung ohne den Rückgriff auf Ausnahmen erklären. Die einzige Ausnahme des subjektiven Ansatzes, die Erfüllung von Unterlassenspflichten, ist zudem mit dem Grundansatz einer subjektiven Erfüllung vereinbar. Die von der objektiven Erfüllungstheorie behauptete Zuordnung aufgrund objektiver Umstände besteht im Lichte der §§ 267 Abs. 1, 366 Abs. 1 BGB betrachtet dagegen nicht. Daher ist auch die daraus gezogene Schlussfolgerung – die Unnötigkeit einer schuldnerischen Zuordnung – abzulehnen. Nach Sinn und Zweck der Erfüllung und aufgrund der Vorgaben des Gesetzes ist der finalen Erfüllungslehre zu folgen.

403 Henke, Leistung, S. 63; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 49; von Caemmerer, FS Dölle, S. 141. 404 Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 241); MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 13; MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 13. 405 Henke, Leistung, S. 83. 406 Welker, Zweckverfehlung, S. 46, 49: „praxisfremde Umständlichkeit“. 407 Gernhuber, Erfüllung, S. 111; Schnauder, JZ 1987, S. 69.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

§ 7 Standort der Zuordnungsbestimmung Ist Bestandteil der Erfüllung eine zumindest konkludente Tilgungsbestimmung des Schuldners, wirft das die Frage nach dem Standort der Zuordnungsbestimmung auf. Die Zuordnungsbestimmung legt den konkreten Zweck der Zuwendung fest. Ist aber menschliches Verhalten grundsätzlich zweckgerichtet,1 werden sowohl beim Abschluss des Schuldverhältnisses als auch bei der Güterverschiebung vom Schuldner Zwecke verfolgt.2 Demzufolge könnte die Tilgungsbestimmung Bestandteil des Verpflichtungsgeschäfts oder des Zuwendungsgeschäfts sein.

I. Im Verpflichtungsgeschäft Dass die Zuordnung Bestandteil des Verpflichtungsgeschäftes ist, wurde insbesondere von den Autoren der Vertragstheorie vertreten.3 Dann aber müsste der Schuldner bei Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes gleichzeitig die Eingehung der Verpflichtung einerseits und die Aufhebung der Verpflichtung anderseits anstreben.4 Ein solches Verhalten ist als widersprüchlich abzulehnen. Der beim Verpflichtungsgeschäft verfolgte Zweck ist nicht der Tilgungszweck, sondern allein der Austauschzweck.5 Der Schuldner wendet dem Gläubiger den Anspruch zu, um den Gegenanspruch zu erlangen.6 Der Austauschzweck wird aber durch den Abschluss des Verpflichtungsvertrages erreicht und spielt bei der Zuordnung keine Rolle mehr. Dagegen wird die Tilgung nicht bei Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts, sondern erst bei Vornahme der tatsächlichen Güterbewegung bezweckt.7 Außerdem kann bei der Erfüllung eines gesetzlichen Schuldverhältnisses die Zuordnungsbestimmung schon deshalb nicht Bestandteil des Verpflichtungsgeschäfts sein, weil es einer vertraglichen causa gerade ermangelt.8

1

Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 6. b) bb). Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 13. Vgl. dazu ausführlich unten Dritter Teil § 18 I. 1. b). 3 Klein, Natur der causa solvendi, S. 52; Lent, Anweisung, S. 40; Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 447; auch für Realleistungen Thomä, JZ 1962, S. 627. 4 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. c) ee). 5 Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 15; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 13. Vgl. ausführlich unter Dritter Teil § 18 I. 1. b) aa). 6 Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 113; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 212; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 15; Henke, Leistung, S. 11. 7 Beuthien, Zweckerreichung, S. 288; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 14. 8 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. c) ee). 2

§ 7 Standort der Zuordnungsbestimmung

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II. Im Übereignungsvertrag Der Tilgungszweck wird erst bei Vornahme der tatsächlichen Zuwendung verfolgt.9 Die Zuordnung erfolgt daher im Regelfall zeitgleich mit der Zuwendung.10 Insofern läge es nahe, die Zuordnung als Bestandteil des Zuwendungsgeschäftes zu betrachten.11 Doch blieben damit alle Zuwendungsakte außen vor, welche – wie Realhandlungen – nicht rechtsgeschäftlich erfolgen, es mithin eines Zuwendungsgeschäfts ermangelt. Die Annahme einer Verbindung von Zuwendungsgeschäft und Tilgungsbestimmung bliebe von vornherein auf rechtsgeschäftliche Erfüllungsvorgänge begrenzt. Und selbst bei diesen ist sie angreifbar. Da die Tilgungsbestimmung dazu dient, die Zuwendung auf eine Forderung zuzuordnen, besteht zwar zwischen Vollzugsgeschäft und Tilgungsbestimmung eine „natürliche Zugehörigkeit“.12 Von der Interessenlage gehört die Zuordnungsbestimmung demnach zum Zuwendungsgeschäft. Jedoch verbietet es sich unter Geltung des Trennungsprinzips, die Zuordnungsbestimmung rechtlich als Bestandteil des Zuwendungsgeschäfts zu betrachten.13 Vollzugsgeschäfte sind abstrakt ausgestaltet. Man kann nicht erkennen, ob sie kaufeshalber, schenkungshalber oder darlehenshalber erfolgen.14 Die dingliche Einigung ist allein auf Übergang des Eigentums gerichtet; eine Einigung über den verfolgten Zweck findet dagegen nicht statt.15 Indem so jegliche Unklarheiten an der dinglichen Güterzuordnung vermieden werden, schützt das Abstraktionsprinzip den Rechtsverkehr.16 Folglich muss die Wirksamkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts von der Wirksamkeit der Zweckbestimmung unabhängig sein. Nur so kann verhindert werden, dass das dingliche Geschäft scheitert, obwohl alle Voraussetzungen des Rechtsübergangs – etwa die Voraussetzungen des § 929 S. 1 BGB – erfüllt wären.17 Unter Geltung des Trennungsprinzips ist die Zuordnungsbestimmung rechtlich kein Bestandteil des Zuwendungsgeschäftes. 9

Seibert, JZ 1981, S. 384; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 15. Weitnauer, FS Caemmerer, S. 262. Vgl. dazu auch Erster Teil § 10. 11 So Brandt, Eigentumserwerb und Austauschgeschäft, Leipzig 1940, S. 163 ff.; Krause, AcP 145 (1939), S. 324; Thomä, JZ 1962, S. 626 für den Fall eines rechtsgeschäftlichen Zuwendungsgeschäftes. 12 So Schmidt, Erfüllung, S. 102. 13 Schmidt, Erfüllung, S. 102. 14 Seibert, JZ 1981, 384; Schmidt, Erfüllung, S. 19; Rother, AcP 169 (1969), S. 19. 15 Rother, AcP 169 (1969), S. 19; Seibert, JZ 1981, 384; van Veenrooy, BB 1980, S. 1018. 16 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 15. 17 Folge wäre, dass die zugewendete bewegliche Sache mangels wirksamen Eigentumsübergangs gemäß § 985 BGB herauszugeben wäre, vgl. Ehmann, JZ 1968, 551. 10

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

III. Besonderer Rechtsakt zwischen Verpflichtung und dinglichem Geschäft Ist die Tilgungsbestimmung weder Bestandteil des Verpflichtungsgeschäfts noch des Zuwendungsgeschäfts, muss ihr ein eigener Platz zwischen diesen Polen zugewiesen werden.18 Das drängt sich schon deshalb auf, weil die Zuordnungsbestimmung nur die Verbindung zwischen Zuwendung und Forderung herstellt.19 Sie ist nach den bisherigen Erkenntnissen ein eigener, spezieller Rechtsakt unabhängig vom Verpflichtungs- oder Verfügungsgeschäft. So wie die Erfüllung als Schaltstelle zwischen dinglichem Geschäft und schuldrechtlicher causa gilt,20 ist die Zuordnung ein eigener Rechtsakt, der neben der Zuwendung einen eigenen Bestandteil des Erfüllungsgeschäftes darstellt.21

18 19 20 21

Seibert, JZ 1981, 384; Rother, AcP 169 (1969), S. 19. Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 15, 79. van Veenrooy, BB 1980, S. 1018. Beuthien, Zweckerreichung, S. 288; Rother, AcP 169 (1969), S. 19.

§ 8 Rechtsnatur der Zuordnungsbestimmung

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§ 8 Rechtsnatur der Zuordnungsbestimmung Mit der Entscheidung zugunsten einer subjektiven Erfüllung ist allerdings über die Rechtsnatur der Tilgungsbestimmung noch nichts gesagt. Auch innerhalb des subjektiven Ansatzes wird die Rechtsnatur uneinheitlich beurteilt. Während die Theorie des einseitigen Rechtsgeschäfts von einer Willenserklärung ausgeht,1 charakterisiert die Theorie der finalen Leistungsbewirkung die Tilgungsbestimmung als geschäftsähnliche Handlung.2 Denkbar ist auch, dass es sich aufgrund der lediglich zuordnenden Funktion der Tilgungsbestimmung überhaupt nicht um die Äußerung eines rechtserheblichen Willens, sondern eines lediglich tatsächlichen Willens handelt. In der Literatur wird einer Entscheidung über die Rechtsnatur der Tilgungsbestimmung häufig ausgewichen. Man begnügt sich stattdessen mit dem Hinweis, dass die Tilgungsbestimmung „wenigstens geschäftsähnlicher“ Natur sei.3 Auch die Rechtsprechung ist einer Entscheidung aus dem Weg gegangen.4 Da aber die Wirksamkeitsvoraussetzungen der Zuordnungsbestimmung von der Anwendbarkeit oder Nichtanwendbarkeit der Normen über Rechtsgeschäfte abhängen und sich die Anwendbarkeit wiederum nach der Rechtsnatur richtet, kann im Rahmen dieser Arbeit einer Entscheidung bezüglich der Rechtsnatur nicht ausgewichen werden.

I. Tatsächlicher Wille Wollte man in der Tilgungsbestimmung die Äußerung eines lediglich tatsächlichen Willens sehen,5 wäre dieser Wille dem ebenfalls tatsächlichen 1

Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 4. a). Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 6. a). 3 Palandt/Heinrichs, § 362 Rdnr. 7; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 362 Rdnr. 10; Canaris, JZ 1984, S. 627; unentschieden auch Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 237; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 394; Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 27; Baur/ Wolf, JuS 1966, S. 396; Berg, NJW 1964, S. 721; Ott, WuB IV A § 267 BGB 1.89; Henke, Leistung, S. 77; Stolte, JZ 1990, S. 222; Wolf, Drittleistung, S. 30; Wieling, JuS 1978, S. 802. 4 Vgl. nur BGHZ 106, 163 (166); BGHZ 111, 382 (386); BGH NJW 1989, 1972. 5 So Reeb, Grundprobleme, § 3 (S. 17); Soergel/Mühl, § 812 Rdnr. 13; RGRK/ Heimann-Trosien, § 812 Rdnr. 16; Hk-BGB/Schulze, § 812 Rdnr. 5; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 12; Soergel/Zeiss, vor § 362 Rdnr. 7; Ehmann, NJW 1969, S. 400 Fn. 19; Liebisch, Unentgeltliche Zuwendung, S. 25; Westermann, causa, S. 188; ders., JuS 1968, S. 18; Zeiss, JZ 1963, S. 9; Reeb, JuS 1972, S. 583; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 273. 2

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

Besitzwillen vergleichbar.6 Um einen tatsächlichen Willen kann es sich aber schon deshalb nicht handeln, weil die Zuordnung keinen tatsächlichen Erfolg bezweckt, sondern mit der Erfüllung einen Rechtserfolg.7 Würde man die Zuordnungsbestimmung als einen dem Besitzwillen vergleichbaren tatsächlichen Willen qualifizieren, wäre überdies die Äußerung des Zuordnungswillens nicht erforderlich, sondern allein das Vorliegen des Willens ausreichend.8 Verzichtete man aber auf die Äußerung des Zuordnungswillens, könnte die Tilgungsbestimmung ihre eigentliche Aufgabe, die Beseitigung der Zuordnungsunsicherheit, nicht erfüllen.9 Stattdessen müsste man auf die abgelehnte objektive Zuordnung zurückgreifen. Schon aus der Funktion der Zuordnungsbestimmung folgt, dass die Zuordnungsbestimmung zwangsläufig das forum internum des Schuldners verlassen und in die Rechtssphäre des Gläubigers gelangen muss, mithin ihre Empfangsbedürftigkeit. Die Qualifizierung der Zuordnungsbestimmung als natürlicher Wille und die damit einhergehende Ablehnung der Empfangsbedürftigkeit ist mit ihrer Funktion unvereinbar.10 Letzteres erkennen im Übrigen auch die Vertreter dieser Ansicht. Deshalb wollen sie die Regeln über die Willenserklärungen auf den tatsächlichen Zuordnungswillen anwenden.11 Das widerspricht aber der Qualifizierung der Zuordnungsbestimmung als tatsächlichen Willen.12 Bezeichnenderweise erachten einige dieser Autoren die Tilgungsbestimmung nach § 366 Abs. 1 BGB sowie im Rahmen des § 267 BGB abweichend von der Tilgungsbestimmung gemäß § 362 Abs. 1 BGB als Willenserklärung.13 Nach den bisherigen Ergebnissen stellen aber sowohl § 267 BGB als auch § 366 Abs. 1 BGB nur spezielle gesetzliche Normierungen einer alle Erfüllungsvorgänge erfassenden, einheitlichen Zuordnungsbestimmung des Leistenden dar. Warum nur 6 Vgl. zum Besitzwillen: Schwab/Prütting, Sachenrecht, § 7 Rdnr. 55; Westermann/Gursky, Sachenrecht, § 12 II (S. 88); Bamberger/Roth/Fritzsche, § 858 Rdnr. 16; MüKo/Joost, § 854 Rdnr. 9. 7 Gernhuber, Erfüllung, S. 113. 8 Für den Besitzwillen: Baur/Stürner, Sachenrecht, § 7 Rdnr. 17; Schwab/Prütting, Sachenrecht, § 7 Rdnr. 54; Westermann/Gursky, Sachenrecht, § 12 II (S. 88); Palandt/Heinrichs, § 858 Rdnr. 5; Hk-BGB/Eckert, § 856 Rdnr. 10; Soergel/Stadler, 13. Aufl., § 858 Rdnr. 9; Staudinger/Bund § 858 Rdnr. 17. 9 Wolf, Drittleistung, S. 27. 10 Wolf, Drittleistung, S. 27. 11 Soergel/Zeiss, § 362 Rdnr. 8. 12 Zumal den tatsächlichen Willen auch nicht voll Geschäftsfähige bilden können, vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 7 Rdnr. 15. Wendete man hingegen die Regeln über die Willenserklärungen an, könnten nicht voll Geschäftsfähige nicht erfüllend leisten, vgl. oben Erster Teil § 6 II. 8. b) aa). 13 Lorenz, JuS 1968, S. 442 ist der Ansicht, die Tilgungsbestimmung i. S. d. § 362 Abs. 1 BGB habe keinen rechtsgeschäftlichen Charakter, die Zuordnung des Dritten bei § 267 Abs. 1 BGB hingegen ist ein Rechtsgeschäft.

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der Empfänger einer Drittzuordnungsbestimmung oder bei einer Forderungsmehrheit schutzwürdig sein soll, in den anderen Fällen hingegen nicht, lässt sich angesichts der in fast allen Fällen bestehenden Zuordnungsunsicherheit auf Seiten des Gläubigers nicht begründen.14 Wer die Rechtsnatur der „normalen“ Zuordnungsbestimmung – abweichend von der Rechtsnatur der Tilgungsbestimmungen bei den §§ 267, 366 BGB – als lediglich tatsächlichen Willen qualifiziert, missachtet nicht nur das Interesse des Gläubigers an einer Zuordnung, sondern begeht auch einen methodischen Fehler.15

II. Willenserklärung Wer in der Tilgungsbestimmung eine Willenserklärung sieht, betont den Charakter der Erfüllung als privatautonomen Akt des Schuldners:16 Merkmal einer Willenserklärung ist es, auf die Herbeiführung eines rechtlichen Erfolges abzuzielen.17 Dieser Erfolgseintritt muss vom Willen des Schuldners umfasst und von ihm abhängig sein.18 Mit Abgabe der Zuordnungsbestimmung werde nun die Herbeiführung der Erfüllung bezweckt. Der Tilgungswille ist somit Bestandteil der Tilgungsbestimmung.19 Erfüllung ist folglich nicht Wirkung objektiven Rechts, sondern allein des schuldnerischen Willens.20 Sie tritt ein, weil der Schuldner die Forderung tilgen will. Schließlich sei die Tilgungsbestimmung schon deshalb eine Willenserklärung, weil der Schuldner durch ihre Abgabe über den Zuwendungsgegenstand verfügt.21 Betrachtet man also mit einer beachtlichen Anzahl von Autoren die Rechtsnatur der Tilgungsbestimmung als Willenserklärung,22 folgt 14

Anderer Ansicht Lorenz, JuS 1968, S. 442. Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 11. 16 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 4. a). 17 Havenstein, Erfüllung, S. 15. 18 Havenstein, Erfüllung, S. 16; M.Wolf, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrecht, S. 182. 19 Rother, AcP 169 (1969), S. 30; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 262; Manigk, Anwendungsgebiet der Vorschriften für die Rechtsgeschäfte, S. 20; Havenstein, Erfüllung, S. 17. 20 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 99); Klein, Natur der causa solvendi, S. 16; Wieling, JZ 1977, S. 291. 21 Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 386. 22 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, S. 82; Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 38 II (S. 228); Lehmann, Schuldverhältnisse, § 222 (S. 877); Matthiaß, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I, § 92 G (S. 422); Siber, Schuldrecht, S. 120; Dernburg, Das bürgerliche Recht des Deutschen Reiches und Preußens II/1, § 117 (S. 298); Larenz, Schuldrecht I, § 18 I (S. 242); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 133); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 99); MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 14; Hk-BGB/Schulze, § 366 Rdnr. 3; Baumbach/Hopt, HGB Bankgeschäft, C/23; Alexander, Natur der Erfüllung, S. 32; 15

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

daraus nicht nur ihre Empfangsbedürftigkeit, sondern es gilt über §§ 133, 157 BGB auch die Lehre vom objektiven Empfängerhorizont.23 Gegen die Qualifizierung der Tilgungsbestimmung als Willenserklärung sprechen aber gewichtige Bedenken: Unrichtig ist schon die Annahme, durch das Treffen der Zuordnung verfüge der Schuldner über den Zuwendungsgegenstand.24 Die Tilgungsbestimmung ordnet nur die Zuwendung einer Forderung zu. Das Eigentum an der zugewendeten Sache oder das zugewendete Recht wird dadurch weder begründet, übertragen oder aufgehoben noch sonst irgendwie darauf eingewirkt.25 Eine Verfügung findet allein durch das Zuwendungsgeschäft selbst statt, welches rechtlich von der Zuordnungsbestimmung zu trennen ist.26 Die Privatautonomie dagegen spielt zwar im Zusammenhang mit der Zuordnung durchaus eine gewichtige Rolle, wie sich bei der Auseinandersetzung mit den „negativen Tilgungsbestimmungen“ gezeigt hat.27 Zweifelhaft ist aber, ob man den Erfüllungseintritt tatsächlich vom Willen des Schuldners abhängig machen sollte, was die Konsequenz einer Charakterisierung als Willenserklärung wäre.28 Wenn sich die Erfüllung durch die Befriedigung des Gläubigers auszeichnet, kann richtigerweise nicht der Schuldner darüber entscheiden, ob das Interesse des Gläubigers befriedigt wurde.29 Dies ergibt sich vielmehr als Ergebnis des Vergleichs von erbrachter mit geschuldeter Leistung und ist vom Tilgungswillen des Schuldners unabhängig.30 Anderenfalls ließen sich auch Leistungen zum Zwecke der Erfüllung nicht erklären, die nicht zum Tilgungserfolg führen, weil eben die Leistung dem Inhalt der Schuld nicht entspricht.31 Auch bei dieser Leistung ist der Wille des Schuldners auf die Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 31, 38 ff.; Eckert, JR 1989, S. 202; Havenstein, Erfüllung, S. 15; Klein, Natur der causa solvendi, S. 16; Köndgen, FG für Esser, S. 71 ff.; Lent, Anweisung, S. 21; Leonhard, AcP 21 (1887), 202; Lorenz, JuS 1968, S. 442; Manigk, Anwendungsgebiet der Vorschriften für die Rechtsgeschäfte, S. 41; Martinek, NJW 1992, S. 3142; Rosenberg, JherJB 43, S. 212; Rother, AcP 169 (1969), S. 30; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 386; Schnorr von Carolsfeld, FS für Lübtow, S. 676; Thomä, JZ 1962, S. 626; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 262; ders., DB 1984, S. 2498; ders., NJW 1979, S. 2008; Wieling, JuS 1978, S. 801; ders., JZ 1977, S. 291. 23 Schnauder, AcP 187 (1987), S. 146; Wieling, JZ 1977, 291. 24 Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 704; Welker, Zweckverfehlung, S. 68; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 14; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 386. 25 Dies erkennt allerdings auch Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 386. 26 Vgl. oben Erster Teil § 7 II. 27 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 2. a) dd). 28 Der Erfolg, Erfüllung, tritt ein, weil der Wille des Schuldners darauf gerichtet ist. 29 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 171, 172; Harder, JuS 1977, S. 150. 30 Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 376.

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Herbeiführung des Erfolges gerichtet. Der Wille des Schuldners entscheidet mithin nicht über den Erfolgseintritt. Ist dieser aber vom Willen des Schuldners unabhängig, kann es sich bei der Zuordnungsbestimmung nicht um eine Willenserklärung handeln.

III. Geschäftsähnliche Handlung Wenn auch der Wille des Schuldners nicht über den Erfüllungseintritt entscheidet, gilt es dennoch, die privatautonome Dimension der Zuordnungsbestimmung zu beachten.32 Zwar bestimmt der Schuldner nicht, ob das ausgewählte Schuldverhältnis erlischt. Aber er trifft die Entscheidung darüber, auf welches Schuldverhältnis er leistet. Handelt es sich somit bei der Zuordnung weder um einen tatsächlichen Willen noch um eine echte Willenserklärung, steht deren Rechtsnatur gleichsam „zwischen den Stühlen“. Dieser Zwischenstellung entspricht am ehesten die Qualifizierung als rechtsgeschäftsähnlich.33 Es ist der Verdienst Beuthiens, dies herausgearbeitet zu haben.34 Geschäftsähnliche Handlungen sind Äußerungen eines Willens, an welchen das Gesetz Rechtsfolgen knüpft, ohne dass diese Folgen vom Äußernden gewollt sein müssen.35 Vielmehr treten die Rechtsfolgen auch ohne einen darauf gerichteten Willen ein. Nun ist es für den Eintritt der Erfüllungswirkung ebenfalls unbeachtlich, ob der Schuldner nach Erbringung der geschuldeten Leistung die Forderung als erfüllt ansieht oder er lediglich davon ausgeht, ihm stehe eine dauerhafte Einrede gegen die Forderung zu.36 Hat auch der Schuldner in der Regel den mehr oder minder bewussten Willen, seine Schuld zu tilgen,37 wird die Handlung doch primär vom Zweck getragen, den geschuldeten Erfolg beim Gläubiger herbeizuführen.38 Der ei31

Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 92. Canaris, FS Larenz, S. 823. 33 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I 3 (S. 14); MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 14; Soergel/Wolf, § 267 Rdnr. 9; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 38; Beuthien, Zweckerreichung, S. 290, 291; Boehmer, Erfüllungswille, S. 84; Gernhuber, Erfüllung, S. 113; Schmidt, Erfüllung, S. 127; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 14; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 171; Berg, NJW 1964, S. 721; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 396; Bülow, JuS 1991, S. 531; Beuthien, JZ 1968, 323. 34 Beuthien, JZ 1968, S. 323; ders., Zweckerreichung, S. 290 ff. 35 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 22 Rdnr. 23; Medicus, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Rdnr. 197; Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 93; Köhler, BGB AT, § 5 Rdnr. 7; Palandt/Heinrichs, Überbl. vor § 104 Rdnr. 6; Bamberger/Roth/Wendtland, § 133 Rdnr. 16. 36 Bülow, JuS 1991, S. 531. 37 Boehmer, Erfüllungswille, S. 79; Emmerich, JuS 1989, S. 932. 38 Boehmer, Erfüllungswille, S. 78. 32

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

gentliche Tilgungserfolg hingegen muss nicht bezweckt sein; er ist lediglich das Motiv der Leistung.39 Neben dem geschuldeten Erfolg beinhaltet der Schuldnerwillen aber auch einen Zuordnungswillen,40 lässt sich doch ohne Zuordnung schon der geschuldete Erfolg nicht bestimmen.41 Die Tilgungsbestimmung stellt den notwendigen Bezug der Zuwendung zu einer Forderung her,42 hat deshalb nur benennende, dienende Funktion.43 Die Erfüllung tritt dann unabhängig vom Schuldnerwillen ipso iure ein.44 Dafür spricht auch folgende Überlegung: Ist die Leistung nicht erfüllungstauglich, entsteht der bereicherungsrechtliche Rückgewähranspruch des Schuldners ebenfalls ipso iure ohne einen darauf gerichteten Willen. Sind aber Erfüllung oder Kondiktionsanspruch nur zwei alternative Ergebnisse eines Vergleichs,45 verdeutlicht dies, dass die Rechtsfolge der Leistung nicht vom Willen des Schuldners abhängig sein kann. Die Zuordnungsbestimmung ist mithin eine geschäftsähnliche Handlung.46 So ist denn auch die Aussage Köhlers, bei geschäftsähnlichen Handlungen handelt es sich typischerweise um Erklärungen, die auf Ansprüche Bezug nehmen, paradigmatisch.47 Nur mit der geschäftsähnlichen Rechtsnatur lassen sich schließlich schulderhaltende Erfüllungsakte erklären. Zur Verdeutlichung diene folgender Beispielsfall: Schuldner S1 und Schuldner S2 sind Gesamtschuldner des G, wobei jeder Schuldner zu gleichen Anteilen verpflichtet ist. Dem G erscheint S1 als der solventere Schuldner, weshalb er ihn zur Tilgung der gesamten Schuld auffordert. Diesem Ansinnen kommt S1 nach. 39

Boehmer, Erfüllungswille, S. 79. Bülow, JuS 1991, S. 531. 41 Vgl. oben Erster Teil § 2 II. 42 Larenz/Canaris, Schuldrecht II, § 67 III 1 (S. 137); Manigk, Anwendungsgebiet der Vorschriften für die Rechtsgeschäfte, S. 42; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 14; Bülow, JuS 1991, S. 531. 43 MüKo/Wenzel, § 366 Rdnr. 9; Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 705; Leonhard, Allgemeines Schuldrecht, S. 384 und Ehricke, JZ 1999, S. 1076 sprechen aus diesem Grund von „wirtschaftlicher Erläuterung“. 44 Krawielicki, Grundlagen, S. 166; Gernhuber, Erfüllung, S. 111; MüKo/Wenzel, § 366 Rdnr. 9; Harder, datio in solutum, S. 34; ders., JuS 1977, S. 150; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 14; Bülow, JuS 1991, S. 531; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 171, 172; Schmidt, Erfüllung, S. 114; Welker, Zweckverfehlung, S. 46; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 376. 45 Von erbrachter mit geschuldeter Leistung, vgl. oben Erster Teil § 2 I. 1. a). 46 Schnauder, AcP 187 (1987), S. 149 Fn. 24 hält die Theorie der finalen Leistungsbewirkung für widersprüchlich, soll doch die Tilgungsbestimmung notwendig, Erfüllung aber objektive Folge der Leistung sein. Gerade das ist aber die dogmatisch widerspruchsfreie Konsequenz der Charakterisierung der Zuordnungsbestimmung als geschäftsähnliche Handlung. 47 Köhler, BGB AT, § 5 Rdnr. 7. 40

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Der Wille des Schuldners S1 ist auf Tilgung seiner Verbindlichkeit, mithin das Erlöschen, gerichtet. Dennoch tritt der bezweckte Erfolg, das Erlöschen der Verbindlichkeit, nicht ein.48 Stattdessen bleibt die Forderung in Höhe seines Ausgleichsanspruchs gegen S2 bestehen und geht gemäß § 426 Abs. 2 BGB auf ihn über.49 Daran exemplifiziert sich, dass die Rechtsfolge der Leistung nicht vom Willen des Leistenden abhängt, sondern durch das Gesetz bestimmt wird. So wie § 362 Abs. 1 BGB das Erlöschen der Forderung anordnet, kann das Gesetz auch – etwa durch die §§ 426 Abs. 2, 268 Abs. 3 BGB – abweichende Bestimmungen für das Schicksal der Forderungen treffen.50 Dogmatisch sauber lässt sich diese Folge der Leistung nur über eine rechtsgeschäftsähnliche Deutung der Zuordnungsbestimmung erfassen.51 Die Qualifizierung der Rechtsnatur der Tilgungsbestimmung als geschäftsähnlich ist daher keine „dogmatische nicht zu begründende Verlegenheitslösung“.52 Vielmehr realisiert erst diese Lösung den optimalen Interessenausgleich. Die unterschiedlichen Theorien zur Erfüllung entstanden nicht zuletzt deshalb, weil man innerhalb der Erfüllung entweder die Interessen des Gläubigers oder des Schuldners zu einseitig berücksichtigte.53 Betont man das Bekommensollen der Leistung in der Person des Gläubigers unter Vernachlässigung der Interessen des Schuldners, gelangt man zu einer objektiven Erfüllung.54 Wer dagegen die Privatautonomie des Schuldners und seine Pflicht zum Leistensollen in den Vordergrund stellt, erachtet den Erfüllungseintritt vom Schuldnerwillen abhängig und sieht in der Tilgungsbestimmung eine Willenserklärung.55 Erst die Qualifizierung der Zuordnungsbestimmung als einerseits privatautonomen, anderseits nur dienenden Akt mit gesetzlich angeordneter Erfüllungsfolge der Leistung im Falle der Gläubigerbefriedigung berücksichtigt die Interessen beider an der Erfüllung beteiligten Parteien in angemessener Form und wird der Ambivalenz56 des Leistungsbegriffes gerecht. 48

MüKo/Bydlinski, § 426 Rdnr. 38; Bamberger/Roth/Gehrlein, § 426 Rdnr. 16. Vgl. Bamberger/Roth/Gehrlein, § 426 Rdnr. 16. 50 Auch § 774 Abs. 1 BGB, sofern man die Bürgschaft der Leistung erfüllungshalber auf die Hauptforderung gleich erachtet, vgl. MüKo/Habersack, § 774 Rdnr. 3. 51 Gernhuber, Erfüllung, S. 111. 52 So aber MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 14. 53 Henke, Leistung, S. 41, 63 f.; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 4; Wieacker, FS Nipperdey I, S. 783 f. 54 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17 II (S. 281); Boehmer, Erfüllungswille, S. 9, 16 ff., 41 ff.; Kretschmar, Erfüllung, S. 107. 55 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 4. a). 56 MüKo/Kramer, § 241 Rdnr. 7. Hingegen spricht Wieacker, FS Nipperdey I, S. 787 von „Antinomie“. 49

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

§ 9 Folgen einer rechtsgeschäftsähnlichen Tilgungsbestimmung Das Bürgerliche Gesetzbuch hat zwar einzelne geschäftsähnliche Handlungen erwähnt,1 ihre Wirksamkeitsvoraussetzungen im Allgemeinen aber nicht geregelt. Dogmatisch stehen die geschäftsähnlichen Handlungen den Willenserklärungen nahe.2 Das spricht dafür, die Regeln über die Willenserklärungen dem Grunde nach auf die geschäftsähnlichen Handlungen anzuwenden.3 Da aber die geschäftsähnlichen Handlungen selbst keine homogene Gruppe bilden, ist bezüglich jeder einzelnen geschäftsähnlichen Handlung zu prüfen, ob die entsprechende Anwendung der fraglichen Normen über Willenserklärungen der Interessenlage entspricht.4 Dadurch wird nicht nur der Gefahr der Begriffsjurisprudenz begegnet, sondern auch eine „Einzelartgerechtigkeit“ ermöglicht, ohne zugleich in eine Einzelfallentscheidung abzugleiten, mithin bei jedem einzelnen Lebenssachverhalt die Anwendbarkeit der §§ 104 ff. BGB erneut prüfen zu müssen.

I. Zugang Bereits aus der Funktion der Zuordnungsbestimmung – dem Gläubiger durch Nennung der Vergleichsgrundlage ein Urteil über das Erlöschen eines bestimmten Schuldverhältnisses zu ermöglichen – folgt ihre Empfangsbedürftigkeit. Kann nämlich der Schuldner mit seiner Leistung unterschiedliche Zwecke verfolgen, muss die Tilgungsbestimmung darauf gerichtet sein, den Gläubiger über den verfolgten Leistungszweck vollständig aufzuklären.5 Bei Verfolgung des Tilgungszwecks ist der Gläubiger erst nach Erhalt der Zuordnungsbestimmung in der Lage, erbrachte mit geschuldeter Leistung zu vergleichen und damit Sicherheit über die bestehende Rechtslage zu gewinnen. Die Zuordnungsbestimmung setzt zu ihrer Wirksamkeit 1 Etwa die Mahnung (§ 286 BGB), die Aufforderung zur Erklärung der Genehmigung (§§ 108 Abs. 2, 177 Abs. 2 BGB), besondere Mitteilungen (§§ 149, 171 Abs. 1, 409, 415 Abs. 1 S. 2 BGB) oder die Nachfristsetzung (§§ 281, 323 BGB). 2 Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 198; Flume, Rechtsgeschäft, § 9 1 (S. 107). 3 Wolf, Drittleistung, S. 30; M. Wolf, Rechtsgeschäftslehre, S. 183; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 198; Palandt/Heinrichs, Überbl. vor § 104 Rdnr. 7. 4 Flume, Rechtsgeschäft, § 9 1 (S. 107); Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des BGB, § 22 Rdnr. 28; Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 93; Köhler, BGB AT, § 5 Rdnr. 7; M. Wolf, Rechtsgeschäftslehre, S. 183; Palandt/Heinrichs, Überbl. vor § 104 Rdnr. 7. 5 Alexander, Natur der Erfüllung, S. 27; Klein, Natur der causa solvendi, S. 13.

§ 9 Folgen einer rechtsgeschäftsähnlichen Tilgungsbestimmung

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mithin voraus, dass sie dem Gläubiger zugegangen ist. Erfüllungseintritt ohne Zugang der Zuordnungsbestimmung gibt es nicht. Die Ansicht ist allerdings nicht unbestritten.6 Mitunter wird der Zugang der Tilgungsbestimmung allein bei § 366 Abs. 1 BGB für erforderlich gehalten, ansonsten aber abgelehnt.7 Dem muss jedoch schon aus methodischer Sicht widersprochen werden.8 Weiterhin wird bemängelt, dass bei tatsächlichen Leistungshandlungen die Erfüllung erst mit Zugang der Tilgungsbestimmung eintritt, während die reale Handlung unter Umständen schon viel eher erbracht wurde.9 Ein solch zeitliches Auseinanderfallen ist indes nur scheinbar möglich. Zugang setzt nämlich nicht die tatsächliche Kenntnisnahme der Erklärung, sondern lediglich deren Eintritt in den Machtbereich des Empfängers und die damit verbundene Möglichkeit der Kenntnisnahme voraus. Bei Handlungen in der Sphäre des Gläubigers10 – hierzu gehören auch die Fälle, in denen der Schuldner etwa aufgrund eines Vertrages zugunsten Dritter oder nach Anweisung gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 BGB Dritten gegenüber die Realhandlung erbringt11 – befindet sich die konkludente Zuordnungsbestimmung aber schon in dessen Machtbereich.12 Da auch Möglichkeit zur Kenntnisnahme besteht, ist die Tilgungsbestimmung zeitgleich mit der Realleistung zugegangen. Deshalb führen die Gegner des Zugangserfordernisses auch Realhandlungen außerhalb der Sphäre des Gläubigers für ihr Argument ins Feld.13 Nun sind geschuldete Realleistungen außerhalb der Sphäre des Schuldners nur an Sachen des Gläubigers denkbar.14 Die Zuwendung erreicht den Gläubiger dann erst im Zeitpunkt 6

Larenz, Schuldrecht II, 11. Auflage, § 68 III d 2 (S. 485); Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 102 (S. 350); Berg, JuS 1964, S. 140; ders., NJW 1964, S. 721; Flume, JZ 1962, S. 282; Kupisch, ZIP 1983, S. 1417; Lopau, JuS 1975, S. 776; Picker, NJW 1974, S. 1794; Schreiber, Jura 1986, S. 545; Wilhelm, JuS 1973, S. 5; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 37. 7 Alexander, Natur der Erfüllung, S. 69 f. 8 Vgl. oben die Ausführungen zur Ablehnung des tatsächlichen Willens Erster Teil § 8 I. 9 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 137. 10 Zum Beispiel Rasenmähen, Zaun streichen, Blumen gießen. 11 In diesen Fällen hat der Gläubiger gemäß § 164 Abs. 3 BGB seine Sphäre auf den Dritten erweitert. Mit Zugang der konkludenten Tilgungsbestimmung beim Dritten geht auch dem Gläubiger die Sache zu. Mithin befindet sich die Tilgungsbestimmung dann auch im Machtbereich des Gläubigers, vgl. unten Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (2). 12 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 6. 13 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 137. 14 Entweder sind diese bereits Eigentum des Gläubigers (Reparatur) oder werden im seinem Auftrag hergestellt. Kommt die Realhandlung Sachen von Dritten zugute, handelt es sich entweder um einen Vertrag zugunsten Dritter oder einen Anweisungsfall, die schon der ersten Alternative des Zugangs unterfallen.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

des Sach(rück)erhalts. Gleichzeitig geht ihm dann die konkludente Tilgungsbestimmung zu. Zuwendung und Zuordnung fallen erneut zeitlich nicht auseinander. Deshalb sind die Vorschriften über den Zugang von Willenserklärungen (§§ 130 ff. BGB) auf die Zuordnungsbestimmung entsprechend anwendbar.15 Die Wirksamkeit der Zuordnungsbestimmung setzt ihren Zugang beim Gläubiger voraus.16

II. Auslegung Wie jede Willensäußerung unterliegt auch die Tilgungsbestimmung der Gefahr, die vom Schuldner bestimmte Forderung nicht deutlich genug für den Gläubiger zum Ausdruck zu bringen.17 Problematisch sind mehrdeutige Zuordnungen, wenn die Ansichten zwischen Schuldner und Gläubiger hinsichtlich des erlöschenden Schuldverhältnisses divergieren:18 So will der Schuldner erklären, die Forderung X möge erlöschen, während der Gläubiger versteht, auf die Forderung Y werde geleistet. Fraglich ist, welche der beiden Forderungen erlischt. Dahinter steht die dogmatische Frage, ob die §§ 133, 157 BGB auch auf die Tilgungsbestimmung analoge Anwendung finden. 1. Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont Die Rechtsprechung legt Tilgungsbestimmungen nach dem „objektiven Empfängerhorizont“ aus.19 Auch die überwiegende Ansicht in der Literatur geht von einer entsprechenden Anwendung der §§ 133, 157 BGB auf die Zuordnungsbestimmung aus.20

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Boehmer, Erfüllungswille, S. 85; Wolf, Drittleistung, S. 30; Bülow, JuS 1991, S. 531. 16 Angesichts der Funktion der Zuordnungsbestimmung und des Interesses des Gläubigers an einer Zuordnung ist es auch nicht denkbar, dass der Gläubiger gemäß § 151 S. 1 BGB auf den Zugang verzichtet. A. A. Wolf, Drittleistung, S. 30; Reuter/ Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 103). 17 Im Falle einer Forderungsmehrheit hilft bereits die gesetzliche Auslegungsregel des § 366 Abs. 2 BGB, vgl. oben Erster Teil § 6 II. 10. a) aa). 18 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 71; Wolf, Drittleistung, S. 82. 19 BGHZ 40, 272 (278); BGH NJW 1964, 399; BGHZ 56, 228 (240); BGHZ 58, 184 (188); BGHZ 61, 289 (293); BGHZ 66, 362 (365); BGHZ 67, 232 (241); BGHZ 72, 247 (249); BGHZ 89, 376 (381); BGHZ 106, 163 (166); BGH NJW 1986, 251; BGH NJW 1995, 128 (129); BGH NJW 2003, 582 (583). Der BGH bezieht sich bei dieser Formulierung auf eine Äußerung Essers, Fälle zum Schuldrecht, S. 128 Fn. 9.

§ 9 Folgen einer rechtsgeschäftsähnlichen Tilgungsbestimmung

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2. Auslegung aus Sicht des Leistenden Andere Autoren lehnen die Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont ab.21 Stattdessen wird dem Wortlaut des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB („Leistung eines anderen“) entnommen, dass allein die Sicht des Leistenden für die Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses entscheidend sei.22

20 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 III 3 b (S. 219); Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1075; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 394; Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 37 Rdnr. 21; Gernhuber, Erfüllung, S. 116; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 101); Bamberger/Roth/Wendtland, § 133 Rdnr. 16; Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 28; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 32; MüKo/ Wenzel, § 362 Rdnr. 14; Jauernig/Stürner, § 366 Rdnr. 4; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 395; Beuthien, Zweckerreichung, S. 293, 294; ders., JZ 1968, S. 327; Bülow, JuS 1991, S. 531; Canaris, FS Larenz, S. 827 Fn. 77; ders., JZ 1984, S. 627; ders., JZ 1987, S. 201; Eckert, JR 1989, S. 202; Ehmann, NJW 1969, S. 403; Ehricke, JZ 1999, S. 1075; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 166; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 14, 100; Huber, JuS 1970, S. 516; Kellmann, JR 1988, S. 101; Kötter, AcP 153 (1954), S. 199; Krawielicki, Grundlagen, S. 81; Lorenz, JuS 1968, S. 443; St. Lorenz, JuS 2003, S. 730; Maier, AcP 152 (1953/1954), S. 195; Martinek, AcP 188 (1988), S. 624; ders., JZ 1991, S. 396; Möschel, JuS 1972, S. 300; Muscheler/Bloch, JuS 2000, S. 734; Pinger, AcP 1979 (1979), S. 332; Schmidt, Erfüllung, S. 118 f.; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 146; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 60; ders., JZ 1981, S. 384; Stolte, JZ 1990, S. 223; Thomä, JZ 1962, S. 626; Weitnauer, DB 1984, S. 2498; ders., FS Caemmerer, S. 262; ders., NJW 1974, S. 1730; Wieling, JZ 1977, S. 293; ders., JuS 1978, S. 802; Wolf, Drittleistung, S. 83; Zeiss, JZ 1963, S. 9; ders., AcP 165 (1965), S. 334. 21 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 688; Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 102 II (S. 350); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III 6 (S. 63); Larenz, Schuldrecht II, 11. Auflage, § 68 III (S. 485); MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 58; Staudinger/Selb, § 267 Rdnr. 8; Staudinger/Gursky, § 951 Rdnr. 11; Berg, JuS 1964, 140; ders., NJW 1964, S. 721; von Caemmerer, FS für Dölle, S. 159; Ehmann, NJW 1969, S. 402; Flume, JZ 1962, S. 282 Fn. 14; ders., NJW 1984, S. 467 Fn. 13; König, Gutachten, S. 1541; Köndgen, FS Esser, S. 71; Kupisch, ZIP 1983, S. 1417; Lopau, JuS 1975, S. 776; Lieb, NJW 1982, S. 2035; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 70 ff.; Mühl, NJW 1968, S. 1869; Picker, NJW 1974, S. 1790; Schreiber, Jura 1986, S. 545; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 262; Wilhelm, JuS 1973, S. 5; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 116 ff.; ders., JuS 1994, S. 539 bezeichnet die Lehre vom Empfängerhorizont als Fehlentwicklung des Leistungsbegriffs. 22 Flume, JZ 1962, S. 282 Fn. 14; ders., NJW 1984, S. 467 Fn. 13; König, Gutachten, S. 1541; Berg, NJW 1962, S. 101; ders., JuS 1964, S. 140; ders., NJW 1964, S. 721; Mühl, NJW 1968, S. 1868 f.; RGZ 98, 64 (65); OLG Hamm MDR 1975, 53.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

3. Bestimmung anhand objektiver Kriterien Schließlich wird von einem kleinen Teil in der Literatur, namentlich von Joerges und Kupisch, die Auslegung der Tilgungsbestimmung ganz abgelehnt. Stattdessen werden objektive Kriterien für die Ermittlung des Inhalts der Zuordnung herangezogen.23 Damit sollen vor allem in Dreipersonenkonstellationen vorhandene, mit der Leistung verbundene Risiken gerechter verteilt werden. 4. Eigene Stellungnahme Die entsprechende Anwendung der §§ 133, 157 BGB auf die Zuordnungsbestimmung als geschäftsähnliche Handlung ist zulässig, wenn die Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont interessengerecht ist.24 a) Privatautonome Dimension der Zuordnungsbestimmung Das Bürgerliche Gesetzbuch mit seiner auf der Autonomie des Einzelnen beruhenden Konzeption geht davon aus, dass jeder in den Rechtsverkehr eintreten darf, um seine Angelegenheiten freiverantwortlich zu regeln.25 Im Gegenzug bürdet es ihm die Last auf, die Verantwortung für dieses Handeln zu übernehmen. Teil dieser Verantwortung ist es zunächst, Erklärungen so zu formulieren, dass sie einen eindeutigen, unmissverständlichen Inhalt aufweisen.26 Mangelt es an der erforderlichen Eindeutigkeit, folgt aus der Verantwortlichkeit für eigene Handlungen, dass die Erklärung mit dem Inhalt gilt, wie der Empfänger sie verstehen durfte. Das Vertrauen des Empfängers ist schutzwürdiger als das des Erklärenden,27 zumal Letzterer nicht nur für Eindeutigkeit hätte Sorge tragen können,28 sondern auch, weil dem Erklärenden die Möglichkeit erwächst, seine Erklärung durch Anfechtung wieder 23 Joerges, AG 1976, S. 323 ff.; ders., JuS 1975, S. 516; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 71 ff. 24 Insoweit wird die Kritik von MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 58 („unreflektierte Übernahme der §§ 133, 157 BGB“) beherzigt. Keinesfalls kann man die §§ 133, 157 BGB pauschal auf alle geschäftsähnlichen Handlungen anwenden (so aber Baur/Wolf, JuS 1966, S. 396). Dafür sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Arten geschäftsähnlicher Handlungen zu groß. So kann es auch nicht empfangsbedürftige geschäftsähnliche Handlungen geben. 25 Palandt/Heinrichs, Überbl. vor § 104 Rdnr. 1. 26 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 24 Rdnr. 34. 27 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 24 Rdnr. 34; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 135; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 169; BGHZ 91, 324 (330). 28 Baur/Wolf, JuS 1966, S. 396; Möschel, JuS 1972, S. 301.

§ 9 Folgen einer rechtsgeschäftsähnlichen Tilgungsbestimmung

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aus der Welt zu schaffen.29 Um die Sicherheit des Rechtsverkehrs zu gewährleisten, werden bei der Auslegung vorrangig die Interessen des Empfängers geschützt.30 Die Berücksichtigung des Empfängerhorizontes ist somit zwangsläufige Folge der Privatautonomie.31 Auch die Tilgungsbestimmung beruht maßgeblich auf dem Grundsatz der Privatautonomie.32 Wie eine Willenserklärung berührt sie die Rechtsphäre des Gläubigers und der übrigen Teilnehmer des Rechtsverkehrs,33 weshalb der Gläubiger als Empfänger einer Zuordnungsbestimmung ebenfalls schutzwürdig ist.34 So kann der Gläubiger etwa im Vertrauen auf seine Deutung der Tilgungsbestimmung für eine Forderung Sicherheiten aufgegeben oder verjährungsunterbrechende Maßnahmen unterlassen haben.35 Dieser Schutz ist Ausgleich dafür, dass er im Rahmen der Zuordnung zur Passivität verurteilt ist und keinerlei Mitwirkungsrechte hat.36 Dass die Auslegung der Zuordnungsbestimmung nach dem objektiven Empfängerhorizont erfolgt, hat sich zudem bei den „negativen“ Tilgungsbestimmungen gezeigt. Dort wurde darauf hingewiesen, dass der Schuldner, sofern er nicht die Tilgung einer Forderung bezweckt, deren Schuldinhalt sich mit dem Inhalt der Zuwendung deckt, die Abweichung deutlich zum Ausdruck bringen müsse.37 Anderenfalls gilt die Leistung in Auslegung der konkludenten Tilgungsbestimmung auf die fragliche Forderung bezogen. Erst die ausdrückliche, negative Äußerung kann den abweichenden Empfängerhorizont berichtigen. Die Forderung nach expliziter „negativer“ Zuordnung lässt sich nur vor dem Hintergrund der Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont aufrechterhalten. Einige Autoren erkennen zwar die grundsätzliche Notwendigkeit einer Auslegung an, lehnen jedoch im Rahmen der Auslegung die Maßgeblichkeit des Empfängerhorizontes ab,38 weil der erklärte Wille des Schuldners nicht 29 BGHZ 91, 324 (330). Aus diesem Grund ist das BGB auch der Erklärungstheorie nicht gefolgt, vgl. Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 382. 30 Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 323. 31 Ob sie Teil der Privatautonomie ist (Säcker, Jura 1971, S. 537) oder der Vertrauensschutz neben der Rechtsgeschäftslehre steht (Canaris, Vertrauenshaftung, S. 411 ff.), kann hier dahinstehen. 32 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 12. 33 Ehricke, JZ 1999, S. 1075. 34 Baur/Wolf, JuS 1966, S. 396; Ehricke, JZ 1999, S. 1075; M. Wolf, Rechtsgeschäftslehre, S. 82. 35 Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 2. b). 36 Darauf weist Ehricke, JZ 1999, S. 1075 zutreffend hin. 37 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 2. a) dd). 38 Weitnauer, FS Caemmerer, S. 262; ders., NJW 1974, S. 1731; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 146. So ähnlich Berg, NJW 1964, S. 720.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

durch den Willen des Gläubigers ersetzt werden dürfe.39 Für sie ist nicht die Sicht des Empfängers, sondern eines neutralen Beobachters entscheidend.40 Mit diesem Einwand wird indes nur darauf verwiesen, dass bei der Auslegung nicht einseitig auf die Sicht des Gläubigers abgestellt werden darf. Eine derartige Berücksichtigung des Gläubigerverständnisses findet bei der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB aber auch nicht statt.41 Die Erklärung gilt nicht, wie der Empfänger sie verstanden hat, sondern wie er sie verstehen durfte.42 Folgt aus der Schutzbedürftigkeit des Gläubigers auch die Beachtlichkeit seines Verständnishorizonts, kann das nur insoweit gelten, als das Vertrauen des Empfängers in sein Verständnis der Zuordnungsbestimmung schutzwürdig ist.43 Nur nach sorgfältiger Prüfung des möglichen Inhalts der Zuordnung unter Berücksichtigung der Umstände der Erklärungsabgabe ist das Vertrauen des Gläubigers in seine Deutung schutzwürdig.44 Angesichts ihrer privatautonomen Dimension sind auf die Zuordnungsbestimmungen die §§ 133, 157 BGB analog anwendbar.45 Sie unter39

Schnauder, AcP 187 (1987), S. 146. Schnauder, JuS 1994, S. 539; Weitnauer, JuS 1979, S. 2010. Hingegen hält zwar Berg, NJW 1964, S. 720 die Sicht des Leistenden für maßgeblich, will dessen Willen aber nach §§ 133, 157 BGB auslegen. Das ist aber nichts anderes als die objektive Auslegung. 41 Während § 133 BGB für die Auslegung der Willenserklärung nach dem wirklichen Willen fragt, sollen Verträge nach § 157 BGB nach Treu und Glauben auf die Verkehrssitte ausgelegt werden. Diese Unterscheidung ist aber verunglückt. Dass man bei der Normierung des § 133 BGB allein auf den Willen des Leistenden abstellte, hängt damit zusammen, dass sich die Auslegungslehre des römischen Rechts an den Legaten (Vorläufer der heutigen Vermächtnisse) entwickelte. Das wiederum lag daran, dass die Verpflichtungsgeschäfte durch formstrenge, standardisierte Erklärungen zustande kamen, die insofern der Auslegung nicht bedurften. Bei Auslegung von Erklärungen von Todes wegen sind die Empfänger nun nicht schutzwürdig und man konnte nach dem wirklichen Willen fragen. Mit Wegfall der Formstrenge im Schuldrecht hat die Auslegung ihr Hauptanwendungsgebiet heute bei den Erklärungen unter Lebenden. Hier ist der erforderliche Vertrauensschutz auch bei Willenserklärungen nur über § 157 BGB und die Berücksichtigung des Empfängerhorizontes zu erreichen, weshalb man bei der Auslegung die Normen nur kombiniert anwendet, vgl. auch Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 319 ff. 42 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 104); Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 324; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 28 Rdnr. 18 ff.; M. Wolf, Rechtsgeschäftslehre, S. 82; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 396; Canaris, JZ 1984, S. 627; Thomä, JZ 1962, S. 626; Henke, Leistung, S. 107. 43 M. Wolf, Rechtsgeschäftslehre, S. 82. 44 M. Wolf, Rechtsgeschäftslehre, S. 83; BGHZ 20, 109 (110). 45 von Thur, Allgemeiner Teil des BGB II/2, § 72 III (S. 84); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 20; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 146; Canaris, FS Larenz, S. 823, wobei er die Anweisung fälschlicherweise mit der Zuordnungsbestimmung gleichstellt. Entgegen Thielmann, AcP 187 (1987), S. 43 ist die Lehre vom Empfängerho40

§ 9 Folgen einer rechtsgeschäftsähnlichen Tilgungsbestimmung

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liegen einer „objektiven Auslegung“46 bzw. einer „Auslegung nach dem Empfängerhorizont“.47 b) Ungeeignetheit der Sicht des Leistenden Einer Bestimmung der erlöschenden Forderung aus der Sicht des Leistenden kann nicht gefolgt werden. Nicht überzeugend ist bereits der Verweis auf den Wortlaut des § 812 Abs. 1 BGB. Dieser bringt lediglich zum Ausdruck, dass es (mindestens) zwei Beteiligte eines Kondiktionsanspruchs – Schuldner und Gläubiger – geben muss, anderenfalls wäre ja auch die Auslegung unnötig. Keinesfalls folgt daraus die Beachtlichkeit des Horizonts des Leistenden. In dieser Hinsicht ist der Wortlaut völlig offen.48 Wollte man allein auf den inneren Willen des Leistenden abstellen, müsste man auch einen bei Abgabe der Tilgungsbestimmung vorhandenen geheimen Vorbehalt als beachtlich berücksichtigen und der Erklärung keine Bedeutung beimessen.49 Ein solches Ergebnis lässt sich mit der Funktion der Tilgungsbestimmung – Beseitigung der Unklarheit über das erlöschende Schuldverhältnis – nicht vereinbaren. Sofern die Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont dagegen mit Bedenken gegen das Zugangserfordernis abgelehnt wird,50 laufen die Angriffe angesichts der aufgezeigten Notwendigkeit des Zugangs leer.51 Kann man auf den Zugang der Tilgungsbestimmung aber nicht verzichten, müssten auch die Befürworter der Sicht des Leistenden, welche auf den Zusammenhang zwischen Zugangserfordernis und objektiver Auslegung rekurrieren, konsequenterweise zur Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB gelangen. rizont deshalb auch nicht frei schwebend, und schon gar keine „Zauberformel“, wie Ehmann, Gesamtschuld, S. 159 spottet. 46 So die Formulierung der Literatur, vgl. nur Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 20; Canaris, JZ 1984, S. 627; Stolte, JZ 1990, S. 221; Ehricke, JZ 1999, S. 1075. 47 So der Sprachgebrauch der Rechtsprechung, vgl. nur BGHZ 40, 272 (278); BGHZ 56, 228 (240); BGHZ 67, 232 (241); BGHZ 72, 246 (249); BGHZ 105, 365 (369); BGHZ 122, 46 (50); BGH NJW 1993, 1578 (1579); BGH NJW-RR 2003, 1176 (1177). So aber auch Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 41. 48 Zeiss, AcP 165 (1965), S. 334; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 70. 49 Wieling, JZ 1977, S. 292. 50 Larenz, Schuldrecht II, 11. Auflage § 68 III (S. 485); Alexander, Natur der Erfüllung, S. 69 f.; Berg, JuS 1964, S. 140; Flume, JZ 1962, S. 282; Kupisch, ZIP 1983, S. 1417; Lopau, JuS 1975, S. 776; Picker, NJW 1974, S. 1794; Schreiber, Jura 1986, S. 545; Wilhelm, JuS 1973, S. 5; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 37. 51 Vgl. oben Erster Teil § 9 I.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

c) Ungeeignetheit objektiver Kriterien Dass eine Zuordnung anhand objektiver Kriterien in vielen Konstellationen versagt, wurde schon mehrfach gezeigt.52 Wer lediglich objektive Kriterien für beachtlich hält, ignoriert zugleich die von den Parteien geschaffene und mit der Zuwendung übernommene Risikoordnung53 auf der Ebene des Bereicherungsrechts.54 d) Zwischenergebnis zur Auslegung Das erlöschende Schuldverhältnis bestimmt sich im Wege der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB analog aus dem objektiven Empfängerhorizont. e) Bestimmung des Leistenden im Rahmen der Auslegung Unterschiedliche Auffassungen bei Schuldner und Gläubiger können aber nicht nur über die erlöschende Forderung, sondern auch über die Person des Leistenden entstehen. Zu einem derartigen Auseinanderfallen der Horizonte kommt es insbesondere in Dreipersonenkonstellationen.55 Divergierende Ansichten bezüglich der Person der Leistenden sind nicht nur Quelle möglicher Streitigkeiten,56 sondern waren schon mehrfach Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen.57 Fraglich ist, ob die §§ 133, 157 BGB auch für die Beantwortung der Frage herangezogen werden können, wessen Sicht für die Beurteilung der Person des Leistenden entscheidend ist. Die Problematik der Bestimmung der Person des Leistenden wird dabei nicht selten als eine Frage des Umfangs des Vertrauensschutzes diskutiert.58 Der Verdeutlichung der Problematik diene folgender Beispielsfall: Dem Gläubiger G wird die von S geschuldete Leistung von einem Dritten D erbracht, welcher sich irrtümlich für den Schuldner hält. Daraufhin erbringt G dem wahren Schuldner S die vereinbarte Gegenleistung. 52

Vgl. oben unter Erster Teil § 2 II. 3 sowie Erster Teil § 6 II. 2. Dazu ausführlich unten Zweiter Teil § 15 II. 3. 54 Wolf, Drittleistung, S. 84; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 161 ff. 55 Vgl. RGZ 98, 64; BGHZ 36, 30; BGHZ 40, 272; BGHZ 67, 232; BGH NJW 1974, 1132. Zur irrtümlichen Zahlung fremder Schulden Maier, AcP 152 (1953/1954), S. 97 ff. 56 Henke, Leistung, S. 65. 57 BGHZ 36, 30; BGHZ 40, 272; BGHZ 67, 232; BGH NJW 1974, 1132. 58 Paradigmatisch Canaris, JZ 1984, S. 627; Soergel/Mühl, § 812 Rdnr. 45 ff.; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 69 ff. 53

§ 9 Folgen einer rechtsgeschäftsähnlichen Tilgungsbestimmung

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aa) Konkreter Vertrauensschutz Diejenigen Autoren, die für die Bestimmung des Leistenden auf die Sicht des zuwendenden Dritten abstellen,59 befürworten einen konkreten, auf § 818 Abs. 3 BGB begrenzten Vertrauensschutz für den Empfänger der Leistung. Da es nie zur Erfüllung einer nicht bestehenden Verbindlichkeit kommen kann, muss der Gläubiger dem D die rechtsgrundlos erhaltene Leistung zurückgewähren oder nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz leisten.60 Damit bringt aber der Gläubiger seine Leistung quasi doppelt auf; dem echten Schuldner und dem Putativschuldner gegenüber. Zwar hat G weiterhin seinen Erfüllungsanspruch gegenüber dem echten Schuldner.61 Allerdings ist er aufgrund der Zuwendung des D dem wahren Schuldner gegenüber in Vorleistung gegangen und trägt nun dessen Insolvenzrisiko, ohne durch § 320 BGB geschützt zu werden.62 Verwirklicht sich das Insolvenzrisiko, ist er dem D zum Wertersatz verpflichtet, ohne seine Gegenleistung von S zu erlangen. Selbst wenn sich das Insolvenzrisiko nicht verwirklicht, kann der Gläubiger schutzwürdig sein. Erbringt etwa der Putativschuldner D dem Gläubiger Dienstleistungen, müsste der Gläubiger – sofern kein Fall der Zweckerreichung vorliegt – auch noch die Dienste des Schuldners in Anspruch nehmen und vergüten, obwohl er die Dienstleistung nur einmal benötigt und dem D gemäß § 818 Abs. 2 BGB die Gegenleistung schon einmal erbracht hat.63 Diesem Schutzbedürfnis kann auch nicht über § 818 Abs. 3 BGB begegnet werden.64 Erstens können vertragliche Gegenleistungen – hier die Leistung des Gläubigers dem wahren Schuldner gegenüber – nach allgemeiner Ansicht nicht ohne weiteres als Entreicherung geltend gemacht werden.65 Zudem schützt § 818 Abs. 3 BGB nur nach, nicht vor erneuter 59

Vgl. die Nachweise oben Erster Teil § 9 II. 2. Vgl. nur Baur/Wolf, JuS 1966, S. 396. 61 Berg, JuS 1964, S. 140. 62 Vgl. nur Rengier, AcP 177 (1977), S. 436. 63 Baur/Wolf, JuS 1966, S. 396. Den doppelten Leistungserhalt sieht Maier, AcP 152 (1953/1954), S. 100 hingegen als Vorteil des Gläubigers an. 64 So aber Flume, JZ 1962, S. 281; Berg, NJW 1965, S. 721; Schreiber, Jura 1986, S. 545; Lopau, JuS 1975, S. 776; von Caemmerer, FS Dölle, S. 162; Mühl, NJW 1968, S. 1869; Wilhelm, JuS 1973, S. 5; RGZ 98, 64 (65). 65 Das ist für die Nichtleistungskondiktion anerkannt, vgl. nur MüKo/Lieb, § 818 Rdnr. 81; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 73 I 5 (S. 302). Im Rahmen der Leistungskondiktion wird unter dem Stichwort der Saldotheorie bzw. Zweikondiktionenlehre hingegen nur die Gegenleistung dem Leistenden gegenüber erörtert, vgl. MüKo/Lieb, § 818 Rdnr. 81; Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 39 Rdnr. 11 ff. Indes dürfte auch die Leistung einem Dritten gegenüber nicht abzugsfähig sein, vielmehr muss der Gläubiger dieses Risiko tragen, nicht der Leistende, vgl. Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 15; Canaris, JZ 1992, S. 1120; Kohler, Die gestörte Rückabwicklung, S. 164; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksver60

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Leistung des wahren Schuldners.66 Endlich versagt der Ansatz über § 818 Abs. 3 BGB, wenn die Verbindlichkeit des Gläubigers dem wahren Schuldner gegenüber verjährt war. Leistet der Putativschuldner D und erbringt der Gläubiger daraufhin seine nicht mehr durchsetzbare Gegenleistung dem wahren Schuldner gegenüber, könnte er sich nicht auf § 818 Abs. 3 BGB berufen, schließlich hat er die Befreiung einer Verbindlichkeit erlangt.67 bb) Abstrakter Vertrauensschutz Die überwiegende Ansicht bestimmt deshalb auch die Person des Leistenden unter Auslegung der Zuordnungsbestimmung gemäß §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont.68 Damit wird der Empfänger unabhängig von etwaigen, im Rahmen des § 818 Abs. 3 BGB zu berücksichtigenden, Dispositionen im Vertrauen auf seine Deutung über die Person des Leistenden geschützt, weshalb von abstraktem Vertrauensschutz gesprochen wird. cc) Stellungnahme Es erscheint zweifelhaft, ob die §§ 133, 157 BGB für die Bestimmung des Leistenden überhaupt eine Antwort geben können. Wer im Beispielsfall den Dritten D nicht als Leistenden, sondern gemäß §§ 133, 157 BGB aus Sicht des Gläubigers als Leistungsmittler ansieht, erklärt damit zugleich den echten Schuldner zum Leistenden. Damit aber gäbe es einen Leistenden, der keine eigene Zuwendung vorgenommen hat. Nun hat sich jedoch gezeigt, dass erst der Einsatz eigenen Vermögens jemanden zum Leistenden macht und zur Abgabe der Zuordnungsbestimmung berechtigt.69 Zuwenhältnissen, S. 75. In diese Richtung auch Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 51 II 2 (S. 112). 66 Sofern keine Vorleistung des Gläubigers vorliegt, entsteht die anzurechnende Gegenleistung erst nach der erneuten Leistung des echten Schuldners. Diese gilt es aus der Sicht des Gläubigers indes zu vermeiden. 67 Thomä, JZ 1962, S. 626 Fn. 36. 68 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 104); Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 37 Rdnr. 21; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 V 2 (S. 38); Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 18 Rdnr. 16; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 45 f.; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1076; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 42; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 20; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 14; RGRK/Heimann-Trosien, § 812 Rdnr. 17; HKBGB/Schulze, § 812 Rdnr. 22; Beuthien, JZ 1968, S. 326; Giesen, Jura 1995, S. 236; Huber, NJW 1968, S. 1910; Kellmann, JR 1988, S. 102; König, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 235; Stolte, JZ 1990, S. 223; Zeiss, JZ 1963, S. 9. 69 Vgl. oben unter Erster Teil § 3 I. 2. b).

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dung und Zuordnungsbestimmung bedingen einander, beides sind notwendige Bestandteile einer Leistung.70 Deshalb kann es – wie später noch ausführlich zu zeigen ist – einen Leistenden, der nicht zugleich Zuwendender ist, nicht geben.71 Die Auslegung nach §§ 133, 157 BGB ist deshalb nicht geeignet, die Person des Leistenden zu bestimmen. Wie sich bei den Anweisungsfällen noch deutlich zeigen wird, legt nicht die Tilgungsbestimmung die Person des Leistenden fest, sondern allein die Zuwendung.72 Der echte Schuldner ist nur dann Leistender, wenn ihm die Zuwendung des D nach Rechtsscheinsgesichtspunkten zugerechnet werden kann. Wenn die herrschende Meinung gleichwohl die Person des Leistenden anhand der Auslegung der Tilgungsbestimmung nach dem objektiven Empfängerhorizont bestimmen will, beruht dieser Ansatz auf der unzutreffenden Prämisse, die Tilgungsbestimmung könne die Zuwendung umlenken.73 Demgegenüber ist allein die Benennung des erlöschenden Schuldverhältnisses, nicht aber die Person des Leistenden Inhalt der Tilgungsbestimmung. Zwar bestimmt sich der Inhalt einer Erklärung grundsätzlich im Wege der Auslegung.74 Die Bestimmung der Person des Leistenden durch Auslegung würde jedoch voraussetzen, dass ein objektiver Dritter der Tilgungsbestimmung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte die Person des Leistenden als Erklärungsinhalt entnehmen dürfte.75 Weil aber die Tilgungsbestimmung aufgrund ihrer Aufgabe als Zuordnungsbestimmung lediglich das erlöschende Schuldverhältnis bestimmt, entfaltet sie bei einem objektiven Dritten schon kein schutzwürdiges Vertrauen hinsichtlich der Person des Leistenden. Die grundsätzliche Ablehnung der Auslegung der Tilgungsbestimmung nach dem objektiven Empfängerhorizont durch einen Großteil der Literatur76 ist primär dem Umstand geschuldet, dass man eine Bestimmung des Leistenden anhand der §§ 133, 157 BGB als nicht sachgerecht erkannte. So macht etwa Köndgen geltend, dass die privatautonome Selbstbindung bei der Abgabe von rechtsgeschäftlichen Erklärungen und die Verteilung von Insolvenzrisiken zwei verschiedene Ordnungsaufgaben darstellen, die nicht miteinander vereinbar sind.77 Dem ist zu folgen: Nicht durch die Tilgungs70

Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 5. Vgl. unten Zweiter Teil § 15 III. 2. 72 Vgl. unten Zweiter Teil § 15 III. 2 sowie Zweiter Teil § 16 II. 5. b) aa) (3) (b) (bb). 73 Vgl. unten Zweiter Teil § 15 III. 2. 74 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Beweglichen Rechts, § 28 Rdnr. 3; Bamberger/Roth/Wendtland § 133 Rdr. 17. 75 Köhler, BGB AT, § 9 Rdnr. 8; BGHZ 103, 275, 280. 76 Vgl. die Nachweise unter Erster Teil § 9 II. 2 sowie Erster Teil § 9 II. 3. 77 Köndgen, FS Esser, S. 71. 71

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bestimmung, sondern durch die Vornahme der Zuwendung wird das Insolvenzrisiko des Leistungsempfängers übernommen.78 Beachtet man, dass die Auslegung einer Tilgungsbestimmung nicht mit der Frage einer gerechten Verteilung von Insolvenzrisiken belastet werden darf, sondern lediglich die Frage nach dem erlöschenden Schuldverhältnis betrifft, können gegen eine – richtig verstandene – analoge Anwendung der §§ 133, 157 BGB auf die Zuordnungsbestimmung keine Bedenken mehr erhoben werden. 5. Auslegungsgrundsätze Fehlt es trotz sorgfältigen Ausschöpfens aller Erkenntnismöglichkeiten im Rahmen der Auslegung durch den Gläubiger an einer eindeutigen Zuordnungsbestimmung, lassen sich folgende, am objektiven Empfängerhorizont orientierten, Auslegungsgrundsätze aufstellen: 1. Besteht zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger eine Schuld, gilt die Zuwendung des geschuldeten Gegenstandes oder der geschuldeten Handlung auf diese Forderung hin erbracht. Der Schuldner leistet regelmäßig mit der Absicht, die eigene Schuld erfüllen zu wollen.79 2. Wendet ein am Schuldverhältnis unbeteiligter Dritter dem Gläubiger exakt den vom Schuldner geschuldeten Gegenstand oder die geschuldete Handlung zu, darf der Gläubiger diese Zuwendung aufgrund der Übereinstimmung von erbrachter mit geschuldeter Leistung auf die Forderung gegen den Schuldner beziehen.80 3. Wendet ein unbeteiligter Dritter den Gläubiger einen Gegenstand oder eine Handlung zu, die in keinem Schuldverhältnis geschuldet ist, muss der Gläubiger nach § 516 Abs. 2 S. 1 BGB81 von einem Angebot des 78

Vgl. unten Zweiter Teil § 15 II. 3. Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 118; Wolf, Drittleistung, S. 87; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 100; Henke, Leistung, S. 78; Bülow, JuS 1991, S. 531; Ehmann, NJW 1969, S. 1836. 80 Damit ist jedoch nicht gesagt, dass der Gläubiger auch von einer Leistungsmittlung ausgehen darf, wie etwa Esser, Schuldrecht, 2. Auflage, § 190 (S. 782); Beuthien, JZ 1968, S. 327; Zeiss, AcP 165 (1965), S. 336; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 301; Stolte, JZ 1990, S. 222; Wolf, Drittleistung, S. 88; Maier, AcP 152 (1953/1954), S. 106; Henke, Leistung, S. 108; Hagmann-Lauterbach, Finale Leistungsbewirkung, S. 155; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 100; Schnauder, JuS 1994, S. 544; BGH NJW 1974, 1132 (1133); BGHZ 72, 246 (249) behaupten. Vielmehr wird sich zeigen, dass sich die Person des Leistenden allein durch die Zuwendung bestimmt, nicht aber durch die Zweckbestimmung, vgl. unten Zweiter Teil § 15 III. 2. 81 Zwar erwähnt der Wortlaut nur Zuwendungen, die ohne Beteiligung des Zuwendungsempfängers erbracht werden können. Von § 516 Abs. 2 S. 1 BGB werden 79

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Leistenden auf Abschluss einer Handschenkung ausgehen und diese Zuwendung auf die noch nicht entstandene Forderung aus dem Schenkungsvertrag beziehen.82

III. Minderjährigkeit Nicht nur die Auslegung der Tilgungsbestimmung, sondern auch die Erfüllung durch und an nicht voll Geschäftsfähige wird kontrovers diskutiert.83 Im Hinblick auf die rechtsgeschäftsähnliche Rechtsnatur der Tilgungsbestimmung ist damit zugleich die Frage einer analogen Anwendung der §§ 104 ff. BGB aufgeworfen. Hinter einer entsprechenden Anwendung der §§ 104 ff. BGB verbirgt sich aber nicht nur das Problem der Erfüllung durch und an nicht voll Geschäftsfähige. Die Zuordnungsbestimmung ist nach hier vertretener Auffassung Teil der schuldnerischen Handlung und als solcher Bestandteil des Begriffs der „Leistung“ bei § 362 Abs. 1 BGB. Für die „Leistung“ im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB kann damit nichts anderes gelten.84 Folglich geht es bei der Frage der Anwendbarkeit der §§ 104 ff. BGB auf die Tilgungsbestimmung um die viel grundsätzlicheren Fragen: Können nicht voll Geschäftsfähige leisten und kann an nicht voll Geschäftsfähige geleistet werden.85 1. Leistung an nicht voll geschäftsfähige Gläubiger Der nicht voll geschäftsfähige Gläubiger ist wegen des Bestehens der Verlust- und Verschleudergefahr sowie der möglichen Modifizierungen des Erfüllungsanspruchs schutzwürdig, sofern ihm etwas zum Zwecke der Erfüllung zugewendet wird.86 Zu seinem Schutz tritt die Erfüllung erst ein, wenn dem gesetzlichen Vertreter die Tilgungsbestimmung zugegangen und dieser der Leistung an den nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger zugestimmt hat.87 Diese interessengerechte und aus der subjektiven Erfüllung folgende Lösung findet Bestätigung im festgestellten Erfordernis des Zuaber auch die Fälle erfasst, in denen sich die Parteien nur über die Zuwendung, aber noch nicht über deren Unentgeltlichkeit geeinigt haben, vgl. Motive II, S. 289; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 185; Bamberger/Roth/Gehrlein, § 516 Rdnr. 17; MüKo/Kollhosser, § 516 Rdnr. 43; Erman/Herrmann, § 516 Rdnr. 18. 82 Zur Handschenkung vgl. unten Dritter Teil § 18 III. 4. 83 Vgl. dazu schon oben Erster Teil § 6 II. 8. 84 Zur Übereinstimmung der Leistungsbegriffe vgl. unten Zweiter Teil § 13. 85 So schon Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 101 ff.). 86 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 8. a) aa). 87 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 8. a) bb) (3).

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gangs der Tilgungsbestimmung und damit der grundsätzlichen Anwendbarkeit der §§ 130 ff. BGB, mithin auch des § 131 BGB, auf die Tilgungsbestimmung.88 Da selbst für einen beschränkt geschäftsfähigen Gläubiger der Empfang der Zuordnungsbestimmung nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist,89 kann eine wirksame Zuordnungsbestimmung gemäß § 131 Abs. 2 BGB regelmäßig nur dem gesetzlichen Vertreter gegenüber abgegeben werden. Hat aber der gesetzliche Vertreter dem Zugang der Tilgungsbestimmung an den beschränkt geschäftsfähigen Gläubiger nach § 131 Abs. 2 BGB zugestimmt, kann diese dem beschränkt Geschäftsfähigen wirksam zugehen.90 Ohne Zugang gemäß § 131 BGB fehlt es an einer wirksamen Tilgungsbestimmung.91 a) Konstruktive Ablehnung der Leistungskondiktion Ist aber die Zuordnungsbestimmung notwendiger Bestandteil der „Leistung“, liegt im Falle fehlenden Zugangs keine wirksame „Leistung“ vor. Damit scheitert nicht nur die Erfüllung, sondern die Ablehnung einer „Leistung“ zeitigt zugleich Folgen für den daraus erwachsenden Bereicherungsanspruch.92 Dies sei an einem Beispielsfall veranschaulicht: Der geschäftsunfähige Gläubiger G ist Vermächtnisnehmer, Schuldner E ist der belastete Erbe. Gegenstand des Vermächtnisses ist die obligatorische Ming-Vase. Ohne Kenntnis der Eltern übereignet der E dem G die Vase zum Zwecke der Erfüllung.

Die Erfüllung scheitert sowohl am fehlenden Zugang der Tilgungsbestimmung (vgl. § 131 Abs. 1 BGB) als auch an der fehlenden Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zur Leistungserbringung dem G gegenüber. Der Anspruch des geschäftsunfähigen Gläubigers auf Übereignung bleibt somit bestehen. Gegen diesen Erfüllungsanspruch kann der Schuldner nach überwie88 Nicht zu folgen ist deshalb Bülow, JuS 1991, S. 530, welcher seitens des Gläubigers keine Geschäftsfähigkeit verlangt, anderseits (S. 531) die Normen über den Zugang von Willenserklärungen auf die Tilgungsbestimmung für anwendbar erklärt. 89 Ist der geschuldete Erfolg eingetreten und die Zuordnungsbestimmung wirksam zugegangen, tritt die Erfüllung ipso iure ein. Folge ist der Verlust der Forderung. Dies ist ein rechtlicher Nachteil. 90 Diese Zustimmung ist von der grundsätzlich notwendigen Zustimmung zur Zuwendung an den nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger zu trennen. Gleichwohl wird in der Zustimmung zur Abgabe der Zuordnungsbestimmung dem nicht voll Geschäftsfähigen gegenüber auch die Zustimmung zur Zuwendung mit enthalten sein. 91 Vgl. oben Erster Teil § 9 I. 92 Welker, Leistung, S. 24; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 125; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 7, 12.

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gender Ansicht mit einem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung aufrechnen.93 Zwar besteht die Forderung des Geschäftsunfähigen auf Übereignung der Vase fort und könnte insofern als Rechtsgrund angesehen werden. Doch wurde der Zuwendungszweck, die Tilgung, verfehlt, was zur Rückabwicklung führt.94 Mangels wirksamen Zugangs der Tilgungsbestimmung und damit mangels Leistung kommt konstruktiv jedoch lediglich ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB95 in Betracht.96 b) Interessengerechtigkeit der Nichtleistungskondiktion Einem konstruktiv gewonnenen Ergebnis kann aber nur gefolgt werden, wenn die Lösung auch wertungsgerecht ist,97 anderenfalls steht die Konstruktionsjurisprudenz im Widerspruch zur Wertungsjurisprudenz.98 Besonders im Bereich des Minderjährigenschutzes muss die formale Konstruktion hinter der materiellen Gerechtigkeit zurückstehen.99 Führt also die Ablehnung der Leistungskondiktion zu Nachteilen für den nicht voll geschäftsfähigen Bereicherungsschuldner, wäre das Ergebnis als nicht interessengerecht abzulehnen. Als Nachteil könnte die Nichtanwendbarkeit der aus der Aufrechterhaltung des faktischen Synallagmas100 gewonnenen Saldotheorie101 93

Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 8. a) aa) (4). Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 689; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 94); Gernhuber, Erfüllung, S. 102; Wolf, Drittleistung, S. 22; Harder, JuS 1979, S. 77; Stolte, JuS 1990, S. 221; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 394; Ehricke, JZ 1999, S. 1076; Thomä, JZ 1962, S. 625. 95 Diese Konsequenz müssten eigentlich alle Autoren ziehen, welche die Zuordnungsbestimmung bzw. die bereicherungsrechtliche Zweckbestimmung als Willenserklärung ansehen (vgl. die Nachweise unter Erster Teil § 8 II). Dann ist nämlich § 131 BGB direkt anwendbar. Wenn trotzdem von einer Leistungskondiktion ausgegangen wird, ist das inkonsequent. Zu einer Leistungskondiktion gelangt man nur, wenn man die Notwendigkeit des Zugangs der Zuordnungsbestimmung ablehnt. Indes folgt schon aus der Funktion der Tilgungsbestimmung ihre Empfangsbedürftigkeit, vgl. Erster Teil § 9 I. 96 Zutreffend Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 102). 97 Larenz/Canaris, Methodenlehre-Studienausgabe, S. 227; Pawlowski, Methodenlehre, Rdnr. 784. 98 Hassold, AcP 181 (1987), S. 142; Petersen, Wertungsjurisprudenz, S. 14 ff. 99 Westermann, JZ 1955, S. 244. 100 Insbesondere Leser, Fakt. Synallagma, S. 49 ff.; von Caemmerer, FS Rabel, S. 386 f.; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 224; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 17 III 3 (S. 595 ff.); BGHZ 57, 137 (148). 101 Danach besteht von vornherein nur ein einziger Bereicherungsanspruch auf Ausgleichung der beiderseitigen Vermögensverschiebungen, der auf Herausgabe des Überschusses gerichtet ist und nur einem Beteiligten zusteht, vgl. Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 39 Rn. 14; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 227 III (S. 912); Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1172; Palandt/Sprau, § 818 Rdnr. 48; Jau94

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bzw. der modifizierten Zweikondiktionenlehre102 gesehen werden. Allerdings könnten die Theorien bei der Leistungskondiktion auch zu Lasten des nicht voll Geschäftsfähigen eingreifen. Beide Situationen sind daher auf die Vorteilhaftigkeit der Leistungskondiktion zu untersuchen. Der praktischen Verdeutlichung diene folgender Beispielsfall: Zwischen dem nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger und dem Schuldner besteht ein wirksamer Austauschvertrag. Ohne Zustimmung der Eltern des G erbringen beide einander die geschuldeten Zuwendungen.

aa) Entreicherung beim nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger Ist der vom Schuldner zugewendete Gegenstand beim nicht voll Geschäftsfähigen untergegangen, hat sich die Verlust- und Verschleudergefahr realisiert. Der nicht voll Geschäftsfähige wird nur dann hinreichend geschützt, wenn er sich hinsichtlich des Kondiktionsanspruchs des Schuldners auf Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen kann.103 Dies ist ihm gemäß § 819 Abs. 1 BGB jedoch dann verwehrt, falls er bösgläubig hinsichtlich des fehlenden Rechtsgrundes war. Nun wird für die Frage der Bösgläubigkeit nach Ansicht der Rechtsprechung104 und Teilen der Literatur105 bei der ernig/Stadler, § 818 Rdnr. 40; Hk-BGB/Schulze, § 818 Rdnr. 14; Soergel/Mühl, 11. Aufl., § 818 Rn. 86; Berg, NJW 1981, S. 2338; ders., JuS 1981, S. 181; von Caemmerer, FS Larenz, S. 635 ff.; Giesen, Jura 1995, S. 281, 284 f.; Schwerdtner, Jura 1982, S. 309, 315; RGZ 54, 137 (141); RGZ 94, 253 (254); BGH NJW 1963, 1870; BGHZ 53, 144 (145); BGHZ 57, 137 (147); BGHZ 126, 105 (108); BGH NJW 2000, 3064 (3065); BGH NJW 2001, 1863 (1864); BGH JZ 2002, 299 f. 102 Nach dieser Theorie wird § 818 Abs. 3 BGB unmittelbar normativ eingeschränkt, wenn der Untergang der Sache zurechenbar verursacht wurde; vgl. Larenz/ Canaris, Schuldrecht II/2, § 73 III (S. 325); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 51 II (S. 114 ff.); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 75; MüKo/Lieb, § 818 Rdnr. 94; Staudinger/Lorenz, § 818 Rdnr. 42; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 818 Rdnr. 90 f.; Büdenbender, AcP 200 (2000), S. 671 ff.; Canaris, WM 1981, S. 979; ders., FS Lorenz, S. 19 ff.; Freund/Stölting, ZGS 2002, S. 184 f.; Flume, FS Niedermeyer, S. 152 ff.; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 62 ff.; Rengier, AcP 177 (1977), S. 418, 439 ff.; Kohler, Die gestörte Rückabwicklung, S. 261 ff.; Diesselhorst, Natur der Sache, S. 50 ff. 103 Nur die Entreicherung führt zum Entfall des Bereicherungsanspruchs und eventuell zu einem Schadensersatzanspruch des nicht voll Geschäftsfähigen gegen den Schuldner. Anderenfalls würde der Schuldner mit seinem Bereicherungsanspruch gegen den noch bestehenden Anspruch auf Leistung aufrechnen, und das Vermögen des nicht voll Geschäftsfähigen verlöre den Anspruch auf Leistung, ohne die Leistung als Äquivalent zu bekommen. Das Vermögen erlitte eine Einbuße; vgl. oben Erster Teil § 6 II. 8. a). 104 BGHZ 55, 128 (136); BGH MDR 1977, 388. 105 Flume, Rechtsgeschäft, § 13 7 (S. 193); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 176; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 790; Larenz, Schuldrecht II, 9. Auflage, S. 396; Diederichsen, Fälle und Lösungen AT, S. 53 ff.; Hk-BGB/

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Leistungskondiktion auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters, bei der Nichtleistungskondiktion hingegen auf die Einsichtsfähigkeit des nicht voll Geschäftsfähigen gemäß §§ 827, 828 BGB abgestellt. Lehnt man eine Leistung an den nicht voll geschäftsfähigen, aber einsichtsfähigen Gläubiger ab, könnte sich dieser mithin gemäß § 819 Abs. 1 BGB nicht auf Entreicherung berufen. Gerade die seinen Schutz bezweckende entsprechende Anwendbarkeit der §§ 104 ff. BGB auf die Tilgungsbestimmung würde ihn bei der Rückabwicklung benachteiligen. Das Abstellen auf die Einsichtsfähigkeit des nicht voll Geschäftsfähigen erscheint nicht interessengerecht. Bei Eingehung des Vertrages schützen ihn die §§ 104 ff. BGB ja auch ohne Rücksicht auf seine Einsichtsfähigkeit. Deshalb kann es bei der Rückabwicklung der fehlgeschlagenen Erfüllung nicht plötzlich auf seine Einsichtsfähigkeit ankommen.106 Dies würde den Schutz der nicht Geschäftsfähigen konterkarieren. Deshalb lehnt etwa Hagmann-Lauterbach die Nichtleistungskondiktion gegenüber dem nicht voll Geschäftsfähigen ab.107 Ihr Ansatz, auch bei Rückabwicklung der fehlgeschlagenen Erfüllung im Rahmen des § 819 BGB auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters abzustellen, verdient Zustimmung: Ist die Erfüllung dem nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger nur mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters möglich, muss es auch im Rahmen der Rückabwicklung auf dessen Kenntnis ankommen.108 Aus dem Erfordernis der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters folgt aber nicht zwangsläufig der Weg über die Leistungskondiktion: Lehnt man mit Teilen des Schrifttums die Anwendbarkeit der §§ 827, 828 BGB auf die Nichtleistungskondiktion ab,109 wird der nicht voll Geschäftsfähige auch durch die Annahme einer Nichtleistungskondiktion nicht benachteiligt. Selbst wenn man zwischen Leistungs- und Nichtleistungskondiktion trennen Schulze, § 819 Rdnr. 3; Palandt/Sprau, § 819 Rdnr. 4; AK-BGB/Joerges, § 819 Rdnr. 3; RGRK/Heimann-Trosien, § 819 Rdnr. 7; Canaris, Lücken im Gesetz, S. 104 f.; ders., JZ 1971, S. 562; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 129; Gursky, NJW 1969, S. 2184; Pawlowski, JuS 1967, S. 305 f.; Schildt, JuS 1995, S. 958. 106 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 130; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 73 II (S. 312). 107 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 130. 108 Ist der nicht voll Geschäftsfähige nach erfolgter Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zur Leistung an ihn nicht mehr schutzwürdig, ist es auch nicht mehr möglich, dass er sich auf Entreicherung berufen kann, sofern der gesetzliche Vertreter gemäß § 819 Abs. 1 BGB vom Fehlen des Rechtsgrundes Kenntnis hatte. 109 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 73 II (S. 312); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 18 III (S. 654); Bamberger/Roth/Wendehorst, § 819 Rdnr. 8; MüKo/Lieb, § 819 Rdnr. 7; Staudinger/Lorenz, § 819 Rdnr. 10; Canaris, JZ 1971, S. 563; Metzler, NJW 1971, S. 690; Pinger, MDR 1972, S. 103 Fn. 40.

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wollte, sind die §§ 827, 828 BGB im vorliegenden Fall nicht anwendbar: Das Merkmal der Kenntnis bei § 819 Abs. 1 BGB bezieht sich auf das Fehlen eines Rechtsgrundes.110 Bei der Nichtleistungskondiktion wird aber deshalb auf die Einsichtsfähigkeit des nicht voll Geschäftsfähigen abgestellt, weil es sich überwiegend um eine Eingriffskondiktion handelt, die mit einer deliktischen Handlung zusammenfallen wird.111 Erst diese Nähe zum Deliktsrecht rechtfertigt die Anwendung der §§ 827, 828 BGB. In diesem Zusammenhang wird nur danach gefragt, ob der nicht voll Geschäftsfähige erkennen konnte, dass ihm das Erlangte nicht zustand.112 Im Fall der gescheiterten Erfüllung steht dem nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger die Zuwendung aber prinzipiell zu. Nur hätte es zur wirksamen Realisierung seines Schutzes der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters bedurft. Es liegt somit keine Eingriffssituation vor, sondern es geht um die Erfüllung eines Vertrages.113 Die Interessenlage, welche im Rahmen des § 819 Abs. 1 BGB das Abstellen auf die Einsichtsfähigkeit des nicht voll Geschäftsfähigen rechtfertigt, ist hier nicht gegeben. Trotz Nichtleistungskondiktion muss auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters abgestellt werden.114 Ein Argument gegen die Nichtleistungskondiktion kann somit aus § 819 Abs. 1 BGB nicht gezogen werden. Im Gegenteil, mit dem Erfordernis des Zugangs der Tilgungsbestimmung beim gesetzlichen Vertreter erleichtert die hier vertretene Theorie den Rückgriff auf die erforderliche Kenntnis des gesetzlichen Vertreters im Rahmen des § 819 Abs. 1 BGB: Ohne Zugang der Tilgungsbestimmung beim gesetzlichen Vertreter fehlt es nicht nur an einer wirksamen Leistung, sondern zugleich an dessen Kenntnis vom fehlenden Rechtsgrund, weshalb sich der nicht voll geschäftsfähige Gläubiger gemäß § 818 Abs. 3 BGB auf Entreicherung berufen kann. Ist die Tilgungsbestimmung gemäß § 131 Abs. 2 BGB dem gesetzlichen Vertreter wirksam zugegangen und hat dieser lediglich der Zuwendung an den nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger nicht zugestimmt, liegt nach dem oben Gesagtem zwar keine wirksame Leistung an den nicht voll Geschäftsfähigen vor, allerdings hatte der gesetzliche Vertreter zumindest Kenntnis 110

Staudinger/Lorenz, § 819 Rdnr. 5; Palandt/Sprau, § 819 Rdnr. 2; Hk-BGB/ Schulze, § 819 Rdnr. 2. 111 Vgl. BGHZ 55, 128 (136); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 73 II (S. 312). Teichmann, JuS 1972, S. 250 stellt hingegen darauf ab, ob es sich um eine Straftat handelt. 112 Canaris, JZ 1971, S. 562; Hombrecher, Jura 2004, S. 253. 113 Dass es bei der Rückabwicklung einer fehlgeschlagenen Zuwendung auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters ankommt, erkennt auch Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 129. Nur setzt sie diese Rückabwicklung unberechtigterweise mit der Leistungskondiktion gleich. 114 In diese Richtung bereits Canaris, JZ 1971, S. 562.

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vom Fehlen des Rechtsgrundes, der fehlgeschlagenen Erfüllung. Jetzt scheint es, als könnte sich der nicht voll geschäftsfähige Gläubiger wegen § 819 Abs. 1 BGB nicht auf Entreicherung berufen. Zu beachten ist aber, dass der Schuldner seine Leistung zu einem Zeitpunkt erbracht hat, in dem er mangels Zustimmung nicht mit dem Eintritt der Erfüllung rechnen durfte. Er hat vielmehr bei Leistungserbringung gewusst, dass seine Leistung kondizierbar ist. In diesem Fall stellt sich aber die Frage nach dem Entreicherungseinwand oder der Bösgläubigkeit nicht. Der nicht voll geschäftsfähige Gläubiger ist vielmehr schon gemäß § 814 BGB analog geschützt,115 weshalb die Annahme einer Nichtleistungskondiktion ihm abermals keine Nachteile bringt. Als Schuldner eines Anspruchs aus Leistungskondiktion bliebe der nicht voll geschäftsfähige Gläubiger zudem durch das faktische Synallagma an die Risikoverteilung des Vertrages gebunden.116 Er müsste sich nach der von der Rechtsprechung vertretenden Saldotheorie den Wert der eigenen Entreicherung als anspruchsmindernd auf den eigenen Bereicherungsanspruch anrechnen lassen.117 Damit würde er jedoch de facto am Vertrag festgehalten.118 Letzteres widerspricht der Wertung der §§ 104 ff. BGB, welche den nicht voll Geschäftsfähigen gerade vor Nachteilen schützen wollen, die mit dem Abschluss von Rechtsgeschäften verbunden sind.119 Die Annahme einer Leistungskondiktion würde sich nun als Nachteil für den nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger darstellen. Aus diesem Grund finden übereinstimmend weder die Saldotheorie120 noch die modifizierte Zweikondiktionenlehre121 zu Lasten nicht voll Geschäftsfähiger Anwendung. Gewährt man dem S dagegen lediglich einen Anspruch aus Nichtleis115

Thielmann, AcP 187 (1987), S. 45. Zu den Voraussetzungen der analogen Anwendung des § 814 BGB sogleich näher unter Erster Teil § 9 III. 1. c) bb). 116 Leser, Faktisches Synallagma, S. 44 ff. 117 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 225; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 48. 118 BGHZ 53, 145 (147 f.); BGHZ 57, 137 (148 ff.). 119 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 231; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 39 Rdnr. 14; BGHZ 126, 105 (108); BGH NJW 2000, 3562. 120 Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1173; Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 51 II (S. 114); Palandt/Sprau, § 818 Rdnr. 48; Jauernig/Stadler, § 818 Rdnr. 43; von Caemmerer, FS Larenz, S. 636; BGHZ 53, 145 (147 f.); BGHZ 57, 137 (148 ff.); BGHZ 126, 105 (108); BGH NJW 1994, 2021 (2022); anders noch Weintraud, Saldotheorie, S. 104. 121 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 16 IV (S. 189); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 17 III 3 c) (S. 607); Larenz/ Canaris, Schuldrecht II/2, § 73 III (S. 329); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 77; RGRK/Heimann-Trosien, § 812 Rdnr. 64; MüKo/Lieb, § 818 Rdnr. 106; Staudinger/Lorenz, § 818 Rdnr. 42; Flume, FS Niedermeyer, S. 174; ders., NJW 1970, S. 1164; ders., AcP 194 (1994), S. 440 f.

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tungskondiktion, bedarf es für den nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger keiner Einschränkung der besagten Theorien. bb) Entreicherung beim Partner des nicht voll geschäftsfähigen Gläubigers Gänzlich anders stellt sich die Situation dar, wenn die Zuwendung des nicht voll Geschäftsfähigen bei seinem Vertragspartner S untergegangen ist und dieser dem Bereicherungsanspruch des nicht voll Geschäftsfähigen den Einwand der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB entgegenhalten könnte. Hätte S seinerseits einen Bereicherungsanspruch gegen den nicht voll Geschäftsfähigen auf Herausgabe seiner Zuwendung, führte die Qualifizierung dieses Anspruchs als Leistungskondiktion zum Eingreifen der Saldotheorie zugunsten des nicht voll Geschäftsfähigen. Der Wert der Entreicherung des S würde automatisch mit seinem Anspruch saldiert.122 Insofern wäre hier die Anwendung der Leistungskondiktion ein Vorteil für den nicht voll Geschäftsfähigen, welchen er bei Annahme einer Nichtleistungskondiktion eventuell verlieren könnte.123 Jedoch stellen sowohl Saldotheorie als auch modifizierte Zweikondiktionenlehre lediglich teleologische Reduktionen des § 818 Abs. 3 BGB dar.124 122 Bzw. nach der modifizierten Zweikondiktionenlehre könnte sich der Schuldner nicht auf Entreicherung berufen, vgl. Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 16 V 2 (S. 181); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 73 III (S. 325); MüKo/Lieb, § 818 Rdnr. 94. Voraussetzung ist jedoch, dass ihm der Wegfall der Bereicherung zurechenbar ist. Strittig ist, ob nur der Erwerb der Sache zurechenbar sein muss (so Flume, FS Niedermeyer, S. 154 ff.; ders., NJW 1970, S. 1163 ff.; ders., AcP 194 (1994), S. 427, 439; ders., JZ 2002, S. 324 ff.; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 66; Honsell, MDR 1970, S. 719; zustimmend auch König, Gutachten II, S. 1515, 1530, 1546 f.) oder ob zusätzlich auch der Untergang der Sache zurechenbar sein muss (Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 51 II 3 (S. 116); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 73 III 7 (S. 336); ders., FS Lorenz, S. 19, 35; Erman/Westermann, § 818 Rn. 44 f.; MüKo/Lieb, § 818 Rn. 94 ff., 104 ff.; Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 229; Flessner, Wegfall der Bereicherung, S. 112 ff., S. 119 ff.; Bremecker, Bereicherungsbeschränkung, S. 124 ff.; Diesselhorst, JZ 1970, S. 419; Kohler, Die gestörte Rückabwicklung, S. 298 ff.; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 46 f.; Reeb, Grundprobleme, § 9 III (S. 123 ff.); Blomeyer, AcP 154 (1955), S. 542 ff.; Canaris, WM 1981, S. 978, 980. Nach Schutzzweck der Nichtigkeitsnorm einschränkend Staudinger/ Lorenz, § 818 Rn. 41, 43. 123 So Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I 3 (S. 14). 124 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 73 III (S. 325); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 17 I (S. 579 ff.); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 73; Reeb, Grundprobleme, § 9 III (S. 124); Palandt/Sprau, § 818 Rdnr. 46 ff.; MüKo/ Lieb, § 818 Rdnr. 94; Hk-BGB/Schulze, § 818 Rdnr. 13 ff.; Jauernig/Stadler, § 818 Rdnr. 40 ff.; Staudinger/Lorenz, § 818 Rdnr. 41. Dagegen wollen Koppensteiner/

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§ 818 Abs. 3 BGB findet aber auch auf die Nichtleistungskondiktion Anwendung.125 Sofern der Minderjährigenschutz dies gebietet, ist eine teleologische Reduktion dieser Vorschrift daher auch bei der Nichtleistungskondiktion möglich. Aus § 819 Abs. 1 BGB ergibt sich, dass § 818 Abs. 3 BGB die Bereicherungsschuldner schützt, die glauben durften, den erlangten Gegenstand endgültig behalten zu dürfen.126 Dieser Glaube ist schutzwürdig und bezieht sich bei gegenseitigen Verträgen auch darauf, die erbrachte Gegenleistung endgültig verloren zu haben.127 An diesem Glauben muss sich der Schuldner S festhalten lassen. Geht die erhaltene Sache unter, erleidet er nach eigenem Empfinden eine Vermögenseinbuße. Diese Risikoverteilung darf nicht durch die Unwirksamkeit des Vertrages außer Kraft gesetzt werden.128 Gleiches muss gelten, wenn es nicht nur an einem wirksamen Vertrag, sondern auch an einer wirksamen Leistung an den nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger mangelt. Auch hier musste der Schuldner davon ausgehen, die erhaltene Gegenleistung endgültig verloren zu haben. S muss demnach so stehen, wie er im Falle unterbleibender Rückabwicklung stehen würde. Dann aber hätte er den Verlust der Sache zu tragen.129 Folgerichtig kann er sich auch bei Annahme einer Nichtleistungskondiktion nicht auf Entreicherung berufen. Auch hier ist § 818 Abs. 3 BGB teleologisch zu reduzieren. cc) Zwischenergebnis zur Annahme einer Nichtleistungskondiktion Im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit der Saldotheorie bzw. der modifizierten Zweikondiktionenlehre entstehen aus der Ablehnung einer wirksamen Leistung an den nicht voll Geschäftsfähigen und der damit verbundenen Annahme einer Nichtleistungskondiktion des Schuldners keine Nachteile für den nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger.

Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 16 V (S. 180 ff.) das Problem über § 818 Abs. 2 BGB lösen. 125 Bamberger/Roth/Wendehorst, § 818 Rdnr. 2; Palandt/Heinrichs, § 818 Rdnr. 1; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 1; Jauernig/Stadler, § 818 Rdnr. 1; HKBGB/Schulze, § 818 Rdnr. 1. 126 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 14 I (S. 128); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 73 III (S. 324); Flume, FS Niedermeyer, S. 165, 167; Diesselhorst, Natur der Sache, S. 49. 127 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 14 III (S. 139); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 75; MüKo/Lieb, § 818 Rdnr. 125; Bamberger/Roth/ Wendehorst, § 818 Rdnr. 91; Flume, FS Niedermeyer, S. 165, 167; Diesselhorst, Natur der Sache, S. 49. 128 MüKo/Lieb, § 818 Rdnr. 125. 129 BGHZ 53, 144 (145).

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c) Nichtleistungskondiktion im Lichte der §§ 813, 814 BGB Ein Nachteil jeder Nichtleistungskondiktion gegenüber einem Anspruch aus Leistungskondiktion besteht indes in der Nichtanwendbarkeit der §§ 813, 814 BGB. Dazu wieder ein Beispielsfall: Der beschränkt geschäftsfähige G will im Geschäft des S ein Fahrrad kaufen. Wahrheitsgemäß legt G das Fehlen der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters offen. Wohl wissend, dass G keinen wirksamen Kaufvertrag abschließen kann, übereignet der S ihm dennoch das Fahrrad. Gleichzeitig leistet G eine Anzahlung. Die Eltern verweigern ihre Zustimmung zum Geschäft und fordern die Anzahlung zurück.

Ohne Zugang der Tilgungsbestimmung gemäß § 131 Abs. 2 BGB dem gesetzlichen Vertreter gegenüber fehlt es nicht nur an einer wirksamen Leistung des S, sondern im Beispielsfall mangelt es überdies an einem wirksamen Kausalgeschäft. Forderte S seinerseits vom nicht voll Geschäftsfähigen G die Rückübereignung des Fahrrades, dann nur mit Hilfe eines Anspruchs aus Nichtleistungskondiktion. Konsequenz der Ablehnung einer Leistung wäre aber auch, dass die allein auf die Leistungskondiktion anwendbaren §§ 813, 814 BGB keine Anwendung finden.130 aa) Nichtanwendbarkeit des § 813 BGB Im Zusammenhang mit § 813 BGB stellt sich dies nicht als Nachteil dar. Während die Leistung auf eine einredebehaftete Forderung grundsätzlich zur Erfüllung führt, eine Rückforderung mithin ausgeschlossen ist, wird das Bestehen einer dauerhaften Einrede durch § 813 BGB dem Mangel des rechtlichen Grundes gleichgestellt.131 Die Leistung kann trotz bestehender Forderung zurückgefordert werden. Dieser Erweiterung der condictio indebiti bedarf es aber bei der fehlerhaften Leistung dem nicht voll Geschäftsfähigen gegenüber nicht. Mangels wirksamer Leistung kann keine Erfüllung eintreten. Die Zuwendung des Schuldners ist wegen Zweckverfehlung ohnehin kondizierbar. Die Nichtanwendbarkeit des § 813 BGB auf die Fälle der Zuwendung an nicht voll Geschäftsfähige stellt keinen Nachteil der Nichtleistungskondiktion dar.

130 Vgl. nur Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 689; Staudinger/Lorenz, § 814 Rdnr. 1; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 814 Rdnr. 2. 131 Wieling, Bereicherungsrecht, S. 23; MüKo/Lieb, § 813 Rdnr. 1; Hk-BGB/ Schulze, § 813 Rdnr. 1; Palandt/Sprau, § 813 Rdnr. 3.

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bb) Nichtanwendbarkeit des § 814 BGB Anders verhält es sich mit § 814 BGB: Obwohl S gewusst hat, dass er mangels wirksamen Kaufvertrags nicht zur Leistung verpflichtet ist, hat er dem G das Fahrrad übereignet. Bei Annahme einer Nichtleistungskondiktion könnte S wegen der Nichtanwendbarkeit des § 814 BGB seine Zuwendung zurückverlangen. Ein solches Ergebnis ist nicht interessengerecht. Dieser Konsequenz kann nur durch eine analoge Anwendung des § 814 BGB auf die vorliegenden Fälle der Nichtleistungskondiktion begegnet werden.132 Fraglich ist, ob die Voraussetzungen der Analogie vorliegen. (1) Planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes Zuerst muss das Gesetz eine „planwidrige Unvollständigkeit“, eine Regelungslücke aufweisen.133 Der Wortlaut des § 814 BGB ist allerdings eindeutig, wenn dort von „zum Zwecke der Erfüllung Geleisteten“ gesprochen wird. Ersichtlich wird allein auf Ansprüche aus der condictio indebiti abgestellt.134 Der Gesetzgeber wollte Bereicherungsansprüche aus sonstiger Weise bewusst nicht erfassen.135 Eine Regelungslücke bei Schaffung des Gesetzes lag nicht vor. Regelungslücken können aber auch noch nach Inkrafttreten eines Gesetzes entstehen.136 Der Gesetzgeber kann nämlich nur regeln, was er vorhersehen konnte. Rasante technische oder ökonomische Veränderungen können dazu führen, dass einzelne Lebenssachverhalte trotz vergleichbarer Interessenlage von bestimmten Normen nicht erfasst werden.137 Auch ein Auslegungswandel kann zu einem Funktionswandel führen,138 wobei der Funktionswandel eine nachträgliche Lücke entstehen lässt.139 Ein Auslegungswandel liegt vor, wenn sich die Deutung eines Tatbestandsmerkmales ändert. Das ist bei § 814 BGB der Fall: 132

Thielmann, AcP 187 (1987), S. 45. Bork, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Rdnr. 144; Elze, Lücken im Gesetz, S. 19; Canaris, Lücken im Gesetz, S. 39; Bydlinski, Methodenlehre, S. 473. 134 Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 37 Rdnr. 26; Musielak, Grundkurs BGB, Rdnr. 717; RGRK/Heimann-Trosien, § 814 Rdnr. 1; BGHZ 113, 62 (70). 135 Motive II, S. 832. 136 Larenz, Methodenlehre, S. 379; Elze, Lücken im Gesetz, S. 54; Rüthers, Rechtstheorie, Rdnr. 861. 137 Elze, Lücken im Gesetz, S. 55; Rüthers, Rechtstheorie, Rdnr. 861. 138 Bydlinski, Methodenlehre, S. 485. 139 Bydlinski, Methodenlehre, S. 475; Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 65 („sekundäre Lücke“). 133

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Bei Schaffung des BGB wurde nämlich zwischen den Begriffen Zuwendung – als dem tatsächlichen Vermögensverschiebungsakt – und Leistung – als rechtlicher, die Zurechnung ermöglichenden Begriff – nicht im Sinne heutiger Trennung unterschieden.140 Ganz im Gegensatz zur heutigen Interpretation wurde vielmehr der Begriff Leistung als der tatsächliche Akt angesehen und die Zuwendung als die rechtliche Ausprägung.141 Erst mit der Entwicklung des modernen bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs wandelte sich das Verständnis der Begriffe. Bedeutete aber bei Schaffung des BGB Leistung in § 814 BGB die tatsächliche Vermögensmehrung, fände die Norm auch auf die Zuwendung an den nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger Anwendung, zumal auch diese Zuwendung „zum Zwecke der Erfüllung“ erfolgt. Nach heute herrschender Ansicht beinhaltet der Leistungsbegriff aber schon das Zweckelement.142 Erst mit Erschaffung des modernen Leistungsbegriffs fielen die tatsächlichen Zuwendungen, sofern sie zum Zwecke der Erfüllung erbracht wurden, als Nichtleistungen aus dem Anwendungsbereich des § 814 BGB heraus. Vorliegend handelt es sich um einen Fall der nachträglich entstandenen Lücke. Dagegen wollen sowohl Lieb143 als auch Wendehorst144 unter Berufung auf den BGH145 im Bereich der Nichtleistungskondiktion direkt auf § 242 BGB zurückgreifen, um die Kondiktion des Schuldners gegen den nicht voll Geschäftsfähigen auszuschließen. Methodisch verneint dieser Ansatz das Vorliegen einer Regelungslücke.146 Dagegen ist folgendes vorzubringen: Zuerst verkennen beide Autoren, dass an den nicht voll Geschäftsfähigen nicht geleistet werden kann, weshalb sie im vorliegenden Fall § 814 BGB konsequenterweise direkt anwenden müssten. Wenn sie trotzdem die analoge Anwendung des § 814 BGB auf Fälle der Nichtleistungskondiktion diskutieren, kann es sich mithin nur um Fälle der Eingriffskondiktion handeln. Diese werden vom gewandelten Verständnis des Leistungsbegriffs in 140 So unterschied man zwischen rechtlicher und tatsächlicher Zuwendung, vgl. nur Beuthien, JZ 1968, S. 324 unter Hinweis auf Oertmann, BGB, § 812 Vorb. 2 c. 141 Krawielicki, Grundlagen, S. 1; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 80); von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 71 I 4 (S. 57 Fn. 55), § 72 IV (S. 99 ff.); MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 25; Kötter, AcP 153 (1954), S. 198 Fn. 20; anschaulich Michalowsky, Ansprüche gegen einen Dritten, S. 31: „… werden durch die Leistung des Angewiesenen respektive Versprechenden zwei wirtschaftliche Zuwendungen gemacht.“; vgl. auch BGHZ 36, 30 (32). 142 Leistung ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens; vgl. nur Kötter, AcP 153 (1954), S. 195 f., 208; Weitnauer, Symposium König, S. 28; von Caemmerer, FS Rabel, S. 342. 143 MüKo/Lieb, § 814 Rdnr. 7. 144 Bamberger/Roth/Wendehorst, § 814 Rdnr. 2. 145 RGZ 144, 89 (91); RG JW 1932, 3060; BGHZ 32, 273 (278). 146 So explizit Bamberger/Roth/Wendehorst, § 814 Rdnr. 2.

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der Tat nicht erfasst. Selbst für die Eingriffsfälle ist der direkte Rückgriff auf § 242 BGB jedoch aus methodologischer Sicht abzulehnen. Generalklauseln sind gesetzgeberisch geplante Lücken, durch welche die Ausfüllung derselben dem Richter überantwortet wird.147 Der Gesetzgeber hat allein eine Rahmenentscheidung getroffen. Findet sich aber eine spezielle normative Ausprägung des durch die Generalklausel miterfassten Bereichs, hat der Gesetzgeber in diesem Punkt eine eigene Entscheidung getroffen und sie nicht dem Richter überlassen. Diese gesetzgeberische Entscheidung darf nicht durch einen Rückgriff auf § 242 BGB ausgehebelt werden. Ganz in diesem Sinne wird betont, dass sich die Anwendung des § 242 BGB an tatbestandlichen Konkretisierungen auszurichten hat.148 Besteht eine Spezialnorm im Anwendungsbereich des § 242 BGB, ist der analogen Anwendung der Spezialnorm der Vorrang vor einem Rückgriff auf die Generalklausel zu gewähren. Eine solche spezielle Ausprägung des Grundsatzes des Verbotes widersprüchlichen Verhaltens stellt § 814 BGB dar. Richtigerweise müssten deshalb auch Wendehorst und Lieb das Vorliegen einer Lücke bejahen. (2) Vergleichbare Interessenlage Weitere Voraussetzung einer analogen Anwendung des § 814 BGB auf die Zuwendung des Schuldners an den nicht voll Geschäftsfähigen ist das Vorliegen einer vergleichbaren Interessenlage.149 Als spezielle Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben150 soll durch § 814 BGB widersprüchlichem Verhalten des Schuldners der Rechtsschutz versagt werden.151 Ein solch widersprüchliches Verhalten liegt vor, wenn der Schuldner das Vermögen des nicht voll Geschäftsfähigen vorbehaltlos und freiwillig vermehrt, obwohl er weiß,152 dass er dazu nicht verpflichtet ist.153 Zu diesem Verhalten setzt er sich in Widerspruch, wenn er die Zuwendung dennoch zurückfordert.154 Er ist nicht mehr schutzwürdig, hat er 147

Rüthers, Rechtstheorie, Rdnr. 836. Hk-BGB/Schulze, § 242 Rdnr. 1; Palandt/Heinrichs, § 242 Rdnr. 2. 149 Larenz, Methodenlehre, S. 381; Brehm, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 62; Köhler, BGB AT, § 4 Rdnr. 23; Hübner, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 107. 150 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 I (S. 183); Palandt/Thomas, § 814 Rdnr. 1; Staudinger/Lorenz, § 814 Rdnr. 2; Müko/Lieb, § 814 Rdnr. 2. 151 Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 68; BGHZ 73, 201 (205). 152 Dazu genügt eine „Parallelwertung in der Laiensphäre“, vgl. Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 I (S. 184); Staudinger/Lorenz, § 814 Rdnr. 23. 153 Wieling, Bereicherungsrecht, S. 24; Palandt/Sprau, § 814 Rdnr. 1; Staudinger/ Lorenz, § 814 Rdnr. 2; MüKo/Lieb, § 814 Rdnr. 2; BGHZ 113, 62 (70). 154 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 I (S. 184); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 III (S. 161). 148

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sich doch durch die Weggabe seines Selbstschutzes aus freien Stücken begeben. Deshalb kann er keinen Rückerhalt erwarten.155 Mehrt der Schuldner das Vermögen des nicht voll geschäftsfähigen Gläubigers, geschieht das nicht nur freiwillig und vorbehaltlos, sondern auch zum Zwecke der Erfüllung. Weiß der Schuldner zudem, dass er mit seiner Zuwendung mangels Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erfüllung nicht herbeiführen und sie daher nicht erbringen muss, bedarf es auch hier der anspruchsversagenden Norm des § 814 BGB. Anderenfalls würde die Rechtsordnung sein widersprüchliches Verhalten tolerieren. Mithin liegt eine vergleichbare Interessenlage vor. Auf den Anspruch des Schuldners gegen den nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger auf Rückgabe der Zuwendung im Wege der Nichtleistungskondiktion ist § 814 BGB analog anzuwenden.156 d) Ergebnis Wird dem nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger eine Zuwendung erbracht, handelt es sich nur dann um eine Leistung im Rechtssinne, wenn die Zuordnungsbestimmung dem gesetzlichen Vertreter zugeht (§ 131 Abs. 1 BGB) oder dieser dem Zugang der Tilgungsbestimmung an den beschränkt geschäftsfähigen Gläubiger zugestimmt hat (§ 131 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 BGB). Fehlt es an einer wirksamen Zuordnungsbestimmung, scheitert nicht nur die Erfüllung. Zugleich kommt mangels Leistung zur Rückabwicklung der fehlgeschlagenen Erfüllung nur ein Anspruch aus Nichtleistungskondiktion in Betracht. Nachteile erwachsen dem nicht voll Geschäftsfähigen daraus nicht. Das konstruktiv gewonnene Ergebnis ist auch interessengerecht. 2. Leistung durch nicht voll geschäftsfähige Schuldner Während sich die Ablehnung einer wirksamen Leistung an den nicht voll Geschäftsfähigen zwangsläufig aus der Notwendigkeit des Zugangs der Tilgungsbestimmung gemäß § 131 Abs. 2 BGB beim gesetzlichen Vertreter ergibt, besteht eine solche Vorgabe für die Zuwendungen des nicht voll geschäftsfähigen Schuldners nicht. Im Ausgangspunkt wird auch ein nicht voll geschäftsfähiger Schuldner ein Schuldverhältnis auswählen, welches er 155 Staudinger/Lorenz, § 814 Rdnr. 2; Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 142 (S. 427). 156 Die Analogie greift dann auch bei Bestehen einer peremptorischen Einrede (§ 813 BGB); vgl. nur Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 I (S. 182); MüKo/Lieb, § 814 Rdnr. 6; Staudinger/Lorenz, § 814 Rdnr. 2.

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erfüllen will, und seine Handlungen daran ausrichten.157 Das sei an einem Beispielsfall veranschaulicht: Die Eltern des sechsjährigen Sohnes S haben auf Wunsch und im Namen des S einen Vertrag mit dem Nachbarn G geschlossen, in dem sich S gegen ein angemessenes Entgelt verpflichtet, wöchentlich beim Nachbarn G Rasen zu mähen.

Kommt der geschäftsunfähige S dieser Verpflichtung nach, ordnet er seine Werkleistung dem bestehenden Schuldverhältnis zu, selbst wenn er sich dessen Forderungscharakter nicht bewusst ist. Ausgehend von der Erkenntnis, dass menschliches Handeln stets final ist, folgt aus der Fähigkeit des nicht voll Geschäftsfähigen zum bewussten Handeln gleichzeitig seine Fähigkeit, den Zweck zu bestimmen.158 Auch nicht voll geschäftsfähige Schuldner ordnen ihre Zuwendungen einem Schuldverhältnis zu.159 Fraglich ist also nicht, ob unmündige Schuldner (konkludente) Tilgungsbestimmungen abgeben, sondern vielmehr, ob diese rechtliche Wirkung entfalten.160 Dahinter steht die grundsätzlichere Frage, ob nicht voll Geschäftsfähige leisten können. Die Antwort hängt davon ab, ob die analoge Anwendung der §§ 104 ff. BGB interessengerecht ist. Die Vorschriften der §§ 104 ff. BGB sind notwendiges Korrelat der Privatautonomie. Wird jedem Individuum vom Gesetz die Möglichkeit eingeräumt, seinen Lebensbereich freiverantwortlich zu gestalten und Rechtsgeschäfte als Mittel der Privatautonomie durch seinen Willen zu steuern, ist dies nur dann sinnvoll, wenn der Handelnde auch die Folgen seiner Erklärungen verstehen kann, er demnach die nötige Einsichtsfähigkeit besitzt.161 Nicht voll Geschäftsfähigen fehlt diese Einsichtsfähigkeit in den Augen des Gesetzgebers allgemein, weshalb sie durch die §§ 104 ff. BGB vor nachteiligen Folgen ihrer Erklärungen geschützt werden sollen.162 Wird aber der gesetzlich erstrebte Minderjährigenschutz durch die analoge Anwendung der §§ 104 ff. BGB auf die Zuordnungsbestimmung erreicht? 157

Bülow, JuS 1991, S. 530. Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 133. 159 Wie im Fall des Rasenmähens dürfte es sich zumeist um konkludente Zuordnungsbestimmungen handeln. 160 So schon die Verfasser des BGB, war doch in § 748 Abs. 1 BGB E 1 der Fall vorgesehen, dass die Bereicherung nicht auf einem rechtsgültigen Willen beruht, vgl. unten Erster Teil § 9 III. 2. b) aa). Auch hier wurde zwischen dem Willen und dessen Wirksamkeit getrennt. 161 Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 222; Musielak, Grundkurs BGB, Rdnr. 284. 162 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 101). Gleichzeitig wird der Rechtsverkehr in seinem Vertrauen geschützt, dass Erklärungen Volljähriger auch die gewollten Wirkungen entfalten, vgl. Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 222. 158

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a) Folgen bei der Erfüllung nicht rechtsgeschäftlicher Leistungen Bei rechtgeschäftlichem Leistungsinhalt kann der nicht voll geschäftsfähige Schuldner bereits den geschuldeten Erfolg nicht herbeiführen.163 Es fehlt an einer wirksamen Zuwendung und damit am objektiven Teil der Leistung. Die Frage der Anwendbarkeit der §§ 104 ff. BGB auf die Tilgungsbestimmung stellt sich nicht. Schuldet der nicht voll Geschäftsfähige hingegen Realleistungen, kann er den geschuldeten Erfolg herbeiführen und damit den objektiven Teil einer Leistung verwirklichen. Nur in diesen Fällen wirkt sich die Entscheidung über die Anwendbarkeit der §§ 104 ff. BGB auf die Erfüllung aus.164 Verneint man die Anwendbarkeit, können nicht voll Geschäftsfähige wirksam leisten und die Erfüllung herbeiführen. Finden die §§ 104 ff. BGB hingegen Anwendung, ist für die Frage nach der Wirksamkeit der Leistung zwischen dem beschränkt geschäftsfähigen und dem geschäftsunfähigen Schuldner zu unterscheiden.165 aa) Geschäftsunfähige Schuldner Gemäß §§ 104 Nr. 1, 105 Abs. 1 BGB könnte der geschäftsunfähige Schuldner keine wirksame Zuordnungsbestimmung abgeben. Seine Tilgungsbestimmung wäre gemäß § 105 Abs. 1 BGB sogar bei einer Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zur Abgabe der Erklärung nichtig. Stattdessen müsste der gesetzliche Vertreter selbst die Zuordnungsbestimmung abgeben. Fehlt eine Zuordnungsbestimmung des gesetzlichen Vertreters, könnten geschäftsunfähige Schuldner nicht erfüllend leisten.166 Auch die Erbringung der geschuldeten Realleistung führte dann lediglich zu einem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung.167 Die Ablehnung der Erfüllung durch die Anwendung der §§ 104 ff. BGB auf die Tilgungsbestimmung wird von einigen Autoren als Nachteil angesehen.168 Die Versagung der Erfüllungswirkung stellt ihrer Meinung nach 163 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 132; vgl. auch oben Erster Teil § 6 II. 8. b) aa). 164 Als Gegenausnahme ist wiederum das Unterlassen zu beachten. Hier bedarf es keiner Zuordnungsbestimmung. Die Frage der Anwendbarkeit der §§ 104 ff. BGB stellt sich nicht. Insofern tritt die Erfüllung schon mit dem Unterlassen ein. 165 Auf die Notwendigkeit der Differenzierung weist zutreffend Alexander, Natur der Erfüllung, S. 33 hin. 166 Bülow, JuS 1991, S. 531. 167 Wobei es sich um eine Nichtleistungskondiktion handelt, vgl. unten Erster Teil § 9 III. 2. b) aa). 168 Boehmer, Erfüllungswille, S. 70; Kümper, Natur der Erfüllung, S. 35; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 497; Wieling, JuS 1978, S. 802. Aus diesem

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eine Benachteiligung des Geschäftsunfähigen dar, die dem gesetzlich bezweckten Schutz dieser Personengruppe widerspricht. Schließlich habe der Gläubiger erhalten, was er zu fordern berechtigt war.169 Für die Tilgungsbestimmung könne nicht mehr Geschäftsfähigkeit gefordert werden, als für die Erfüllungshandlung selbst.170 Nicht voll Geschäftsfähige sollen danach immer dann erfüllen können, wenn sie die Zuwendung wirksam erbringen können.171 Dieser Ansicht nach sind die §§ 104 ff BGB auf die Tilgungsbestimmung bei Realleistungen nicht anwendbar.172 Dagegen ist folgendes zu bemerken: Im Argument, für die Tilgungsbestimmung dürfe nicht mehr Geschäftsfähigkeit gefordert werden als für die Zuwendung selbst, manifestiert sich wieder die fehlende gedankliche Trennung der Zuwendung von der Zuordnungsbestimmung.173 Aus der Rechtsnatur der Zuwendung kann nicht auf die Unanwendbarkeit der §§ 104 ff. BGB geschlossen werden.174 Überzeugend wäre allein das Argument, die Versagung der Erfüllung widerspricht dem Minderjährigenschutz. Ist dem aber tatsächlich so?

Grund wurde die Zuordnungsbestimmung auch von einigen Autoren als tatsächlicher Wille qualifiziert, vgl. Zeiss, AcP 165 (1965), S. 334; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 14. 169 Schmidt, Erfüllung, S. 49; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 133; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 112. 170 So schon Beuthien, Zweckerreichung, S. 293; Gernhuber, Erfüllung, S. 114; Schmidt, Erfüllung, S. 102. Beuthien müsste aber bei seiner Theorie dazu kommen, dass auch dem nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger gegenüber Realleistungen nicht erfüllend erbracht werden können. Diese Konsequenz ist jedoch abzulehnen; vgl. auch Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 72. 171 Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 497; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 14; Boehmer, Erfüllungswille, S. 77; Beuthien, Zweckerreichung, S. 293; Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 706; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 71; Schmidt, Finale Leistungsbewirkung, S. 102; Henke, Leistung, S. 84; Rother, AcP 169 (1969), S. 30; Möschel, JuS 1972, S. 302. 172 Boehmer, Erfüllungswille, S. 85; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 14; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 73, 113; Gernhuber, Erfüllung, S. 130. 173 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 2. c) bb). 174 Entgegen Rother, AcP 169 (1969), S. 31 lässt sich der Eintritt der Erfüllungswirkung auch nicht mit dem Argument ablehnen, der nicht voll Geschäftsfähige könne nicht beurteilen, ob der Erfolg eintritt. Es geht allein um die Anwendbarkeit der §§ 104 ff. BGB. Der dort gewährte Schutz ist aber ein absoluter Schutz, unabhängig von der Einsichtsfähigkeit des nicht voll Geschäftsfähigen. Die Einsichtsfähigkeit kann deshalb keine Rolle spielen.

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(1) Wiederholen der Leistungshandlungen Dies wäre zumindest der Fall, wenn der Gläubiger aufgrund der Erfüllungsversagung seine Forderung erneut geltend machen könnte, der Geschäftsunfähige seine Handlungen abermals erbringen müsste. (a) Erlöschen gemäß § 275 Abs. 1 BGB Die erneute Geltendmachung der Forderung scheidet bei dem überwiegenden Teil der Realhandlungen aus. Nachdem der geschäftsunfähige Schuldner seine Handlungen einmal erbracht hat, ist etwa der Rasen bereits gemäht oder der Zaun gestrichen. Zwar könnte der Unmündige seine Handlung wiederholen, aber den Erfolg nicht noch einmal herbeiführen, denn dieser ist ja schon eingetreten. Es könnte daher einen Fall der Zweckerreichung vorliegen.175 Voraussetzung ist, dass der geschuldete Leistungserfolg ohne Handlung des Schuldners anderweitig eingetreten ist.176 Nun beruht der eingetretene Erfolg aber gerade auf einer Handlung des geschäftsunfähigen Schuldners. Es fehlt jedoch an einer wirksamen Leistung. Betrachtet man die Tilgungsbestimmung als notwendigen Bestandteil der schuldnerischen Handlung, bedeutet ihre Unwirksamkeit, dass es an einer erfüllungsgeeigneten Handlung des Schuldners fehlt. Mithin liegt gleichwohl ein Fall der Zweckerreichung vor. Der Anspruch des Gläubigers ist dann gemäß § 275 Abs. 1 BGB erloschen, der geschäftsunfähige Schuldner muss nicht zweimal leisten.177 Zugleich verliert der Unmündige bei Annahme der Unmöglichkeit gemäß § 326 Abs. 1 BGB seinen Anspruch auf die Gegenleistung. Mithin scheint die Versagung der Erfüllungswirkung ein Nachteil zu sein, den es durch Zulassung der Erfüllung zu vermeiden gilt.178 Allerdings hat der Geschäftsunfähige einen Anspruch gegen den Gläubiger gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB auf Herausgabe des durch seine reale Zuwendung Erlangten, also der Dienste.179 Da die Herausgabe der erlangten Dienste aufgrund ihrer 175

Der mit dem Wegfall des Leistungssubstrats verbundene Zweckfortfall (vgl. Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 17 Rdnr. 10; Palandt/Heinrichs, § 275 Rdnr. 19; Bamberger/Roth/Grüneberg, § 275 Rdnr. 25) scheidet aus, ist das Leistungssubstrat doch noch vorhanden. 176 Beuthien, Zweckerreichung, S. 302; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 450; MüKo/Ernst, § 275 Rdnr. 151. Anderer Ansicht Ehmann, JZ 1968, S. 551. 177 Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 17 Rdnr. 11; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 450. 178 Schmidt, Erfüllung, S. 49. 179 Richtiger Ansicht nach hat der Gläubiger aufgrund der Gegenständlichkeit des Bereicherungsrechtes die Dienste erlangt, vgl. unten Zweiter Teil § 16 II. 3. b).

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Beschaffenheit nicht möglich ist, muss der Gläubiger nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz leisten.180 Mit der Geltendmachung dieses Anspruchs erlangt der geschäftsunfähige Schuldner eine Gegenleistung.181 Dabei ist indes zu beachten, dass sich der Wert der erlangten Dienste nach herrschender Ansicht allein objektiv bestimmt.182 Es wäre danach der objektive Wert der erbrachten Dienste, ermittelt anhand der üblichen Sätze, zu entrichten.183 Liegt nun die vereinbarte Gegenleistung über den üblichen Wert der Dienste, könnte dem Geschäftsunfähigen ein erzielter Gewinn verloren gehen. Da die üblichen Sätze jedoch den unter gewöhnlich Umständen erzielten Gewinn mit enthalten,184 würde sich ein möglicher Gewinnverlust des Geschäftsunfähigen auf die seltenen Fälle beschränken, in denen der erzielte Gewinn unverhältnismäßig hoch wäre.185 Gleichwohl erhält der geschäftsunfähige Schuldner über §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB in diesen Ausnahmefällen eine Vergütung, die sogar einen Gewinn beinhaltet.186 Der Geschäftsunfähige verliert nicht seine Gegenleistung, sondern nur einen exorbitant hohen Gewinn. Gleichwohl stellt dies einen Nachteil der analogen Anwendbarkeit der §§ 104 ff. BGB auf die Tilgungsbestimmung dar.187 Etwas anderes gilt dann, wenn der Gläubiger nach einer beachtlichen und 180

Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 51 I (S. 102); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 72 III (S. 275); Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1166; Musielak, Grundkurs BGB, Rdnr. 736; Hk-BGB/Schulze, § 818 Rdnr. 7; MüKo/Lieb, § 818 Rdnr. 32. 181 Alexander, Natur der Erfüllung, S. 40. 182 Vgl. RGZ 147, 396 (398); BGHZ 5, 197 (201); BGHZ 10, 171 (180); BGHZ 37, 258 (264); BGHZ 55, 128 (135); BGH NJW 1982, 1155; BGHZ 117, 29 (31); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 72 III (S. 275); Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1166; MüKo/Lieb, § 818 Rdnr. 35; Palandt/Heinrichs, § 818 Rdnr. 19; HkBGB/Schulze, § 818 Rdnr. 8; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 818 Rdnr. 27; Larenz, FS Caemmerer, S. 218 ff.; Berg, JuS 1964, S. 139; St. Lorenz, NJW 1996, S. 884. 183 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 72 III (S. 275); MüKo/Lieb, § 818 Rdnr. 36; St. Lorenz, NJW 1996, S. 884. 184 Zudem ist die vereinbarte Gegenleistung ein Indiz für den objektiven Wert, vgl. Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 39 Rdnr. 5; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 818 Rdnr. 30; BGHZ 41, 282 (288 ff.); BGH MDR 2000, 1448 (1449). 185 Der geschäftsunfähige Schuldner erhält z. B. für einmaliges Putzen eines Mittelklassewagens 1500,– Euro. 186 Demgegenüber will Canaris auch auf der Grundlage des objektiven Ansatzes die volle Gegenleistung zusprechen, vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 72 III (S. 277). 187 Nun sollen die §§ 104 ff. BGB den nicht voll Geschäftsfähigen nur vor Nachteilen bewahren, nicht aber wirtschaftlich vorteilhafte Geschäfte zulassen. Exemplarisch ist insofern § 107 BGB. Man könnte deshalb behaupten, auch hier gehe es nur um die Versagung eines wirtschaftlichen Vorteils, welcher mit § 107 BGB im Einklang steht. Deshalb sei der Gewinn nicht schutzwürdig. Allerdings entsteht nach § 107 BGB der Anspruch schon nicht. Hier jedoch war der Vertrag wirksam, der Anspruch bereits Bestandteil des Vermögens des nicht voll Geschäftsfähigen. Dann aber bedeutet der Verlust des Gewinns auch einen zu vermeidenden Nachteil.

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im Vordringen befindlichen Meinung in der Literatur nach § 818 Abs. 2 BGB den Wert herausgeben muss, den die erlangten Dienste gerade für ihn individuell haben.188 Dieser subjektive Wert entspricht dem Wert der vereinbarten Gegenleistung.189 Danach würde man dem geschäftsunfähigen Schuldner über den objektiven Verkehrswert seiner Handlungen hinaus auch den außergewöhnlichen Gewinn belassen. Die Ablehnung der Erfüllung wäre somit nicht nachteilig. Ein völliger Verlust der Gegenleistung ist nur möglich, wenn sich der Gläubiger bezüglich des Wertersatzanspruchs aus § 818 Abs. 2 BGB gemäß § 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall der Bereicherung berufen könnte. In diesem Fall wäre die Ablehnung der Erfüllung nachteilig.190 Fraglich ist, ob eine Entreicherung seitens des Gläubigers möglich ist. Erlangte Dienste können aufgrund ihrer fehlenden Gegenständlichkeit nie heraus gegeben werden, sie fallen ihrer Natur nach immer weg.191 Allerdings ist die Bereicherung nicht weggefallen, solange sich noch der Wert der Dienste im Gläubigervermögen befindet, was immer der Fall ist, soweit der Gläubiger Aufwendungen erspart hat.192 Geht die Forderung des Gläubigers gemäß § 275 BGB wegen Zweckerreichung unter, erspart er sich gemäß § 326 Abs. 1 BGB das Honorar für die Dienstleistung. Diese Bereicherung könnte nur entfallen sein, wenn entweder der Gläubiger sonst keine Aufwendungen getätigt hätte oder die gesparten Aufwendungen nicht mehr im Vermögen des Gläubigers sind. Der Einwand des Gläubigers, er hätte ohne die Handlung des geschäftsunfähigen Schuldners diese Aufwendungen nicht getätigt, z. B. das Auto sonst überhaupt nicht putzen lassen, ist ihm schon gemäß § 242 BGB (venire contra factum proprium) verwehrt.193 Zu beachten ist nämlich, dass der Gläubiger mit dem Geschäftsunfähigen einen Vertrag über die erbrachte Handlung abgeschlossen hat. An diesen Fakt muss er sich festhalten lassen. Zudem kommt eine Entreicherung bei Diensten nur in Betracht, wenn sich 188 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 16 II (S. 156); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 51 I (S. 103); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 59, 69; Erman/Westermann, § 818 Rdnr. 16 ff.; Koppensteiner, NJW 1971, S. 1796; Hagen, FS Larenz, S. 883; Reeb, Grundprobleme, § 8 III (S. 101 ff.). 189 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 51 I (S. 104); Reeb, Grundprobleme, § 8 III (S. 101 ff.). 190 Deshalb lehnen letztlich Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 39; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 133; Schmidt, Erfüllung, S. 30 die Anwendung der §§ 104 ff. BGB ab. 191 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 73 I (S. 298). 192 RGZ 97, 310 (312); BGHZ 20, 270 (275); BGHZ 36, 171 (186); BGHZ 38, 356 (368); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 73 I (S. 301); MüKo/Lieb, § 818 Rdnr. 73; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 818 Rdnr. 45. 193 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 73 I (S. 307).

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der Gläubiger die Dienste sonst nicht hätte leisten können.194 Die Erbringung derartiger Luxusaufwendungen durch den Geschäftsunfähigen ist aber nicht denkbar. So wird der Geschäftsunfähige kaum eine Flugreise195 oder eine Kreuzfahrt erbringen. Eine Entreicherung ist nur möglich, wenn sich die gesparten Aufwendungen nicht mehr im Vermögen des Gläubigers befinden, etwa wenn der geschäftsunfähige Schuldner das Haus des Gläubigers streicht und selbiges hernach untergeht. Kann der Gläubiger jetzt geltend machen, die gesparten Aufwendungen befinden sich nicht mehr in seinem Vermögen?196 Bis zum Untergang des Gegenstandes befanden sich die gesparten Aufwendungen im Vermögen. Der später eingetretene Verlust ist nur anrechenbar, wenn er mindestens adäquat kausal auf das Erlangen zurückzuführen ist.197 Die Dienstleistung ist aber nicht ursächlich für den späteren Untergang der Sache. Das ersparte Honorar befindet sich noch im Vermögen des Gläubigers. Mithin scheidet eine Entreicherung bei Dienstleistungen Geschäftsunfähiger aus. Der geschäftsunfähige Schuldner wird in den Fällen der Zweckerreichung gemäß § 275 BGB von seiner Leistungspflicht befreit und bekommt über §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB seine Gegenleistung. Die Versagung der Erfüllung benachteiligt ihn nicht. (b) Erlöschen gemäß §§ 387, 389 BGB Liegt ausnahmsweise einmal kein Fall der Zweckerreichung vor, weil der geschuldete Erfolg noch herbeigeführt werden kann, besteht der Anspruch des Gläubigers gegen den geschäftsunfähigen Schuldner auf Erbringung der geschuldeten Handlungen fort. Allerdings hat der Geschäftsunfähige gegen den Gläubiger bezüglich seiner bereits erbrachten Handlungen einen Anspruch auf Wertersatz gemäß §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB, da ein Wegfall der Bereicherung auf Seiten des Gläubigers – wie gesehen – ausschei194

Bamberger/Roth/Wendehorst, § 818 Rdnr. 53. In Anlehnung an BGHZ 55, 128. 196 Möglich wäre das nur, wenn er kein Surrogat für die untergegangene Sache (Versicherungssumme) erlangt hat. Ist der Wert des Gegenstandes noch im Vermögen des Gläubigers vorhanden, etwa weil er die Versicherungssumme erhalten hat, dann ist als Teil der Versicherungssumme auch noch die (wertsteigernden) Dienstleistung vorhanden; vgl. Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 36 Rdnr. 4. 197 So die frühere Ansicht der Rechtsprechung, vgl. RGZ 141, 310 (311); BGHZ 1, 75 (81); BGHZ 118, 383 (386); BGH WM 1970, 1421 (14221); BGH NJW 1981, 277 (278). Die neueren Urteile und die Literatur verlangen weitergehende Einschränkungen, vgl. BGHZ 132, 198 (210); MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 59 ff.; Larenz/ Canaris, Schuldrecht II/2, § 73 I 1 (S. 296); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 51 II 2 (S. 111 ff.); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 149; Flume, FS Niedermeyer, S. 152 ff. 195

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det. Mangels Gleichartigkeit der gegenseitigen Ansprüche scheidet zwar eine Aufrechnung aus. Indes steht dem geschäftsunfähigen Schuldner – neben der Einrede aus § 320 BGB im Hinblick auf das weiterhin geschuldete Entgelt – ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 Abs. 1 BGB zu, wonach er die erneute Vornahme der Leistungshandlungen bis zum Erhalt des Wertersatzes nach § 818 Abs. 2 BGB verweigern kann. „Selbes rechtliches Verhältnis“ im Sinne des § 273 Abs. 1 BGB ist insofern weit zu verstehen. Verzichtet nun der Gläubiger wegen der doppelten Zahlungsverpflichtung auf eine erneute Inanspruchnahme der geschuldeten Leistungshandlungen, erhält der geschäftsunfähigen Schuldner nach § 818 Abs. 2 BGB für die bereits erbrachten Handlungen eine Gegenleistung. Beharrt der Gläubiger dagegen auf eine erneute Leistungshandlung des geschäftsunfähigen Schuldners, ist er auch zur doppelten Vergütung verpflichtet. In beiden Fällen erleidet der Geschäftsunfähige keinen Nachteil aus der Versagung der Erfüllung. (2) Anderweitige Nachteile Zwingt die Ablehnung der Erfüllung den geschäftsunfähigen Schuldner in der Regel nicht zu einer erneuten Handlung und erlangt er auch die vertragliche Gegenleistung, stellt sich die Frage, ob nicht andere Nachteile aus der Anwendung der §§ 104 ff. BGB auf die Tilgungsbestimmung erwachsen. Hagmann-Lauterbach macht gegen die Anwendbarkeit der §§ 104 ff. BGB folgendes geltend: Grundsätzlich kann der geschäftsunfähige Schuldner rechtsgeschäftliche Verpflichtungen nicht erfüllen. Schuldet er aber die Übereignung einer Sache und verschafft lediglich Besitz, kann der Gläubiger gemäß §§ 946 ff. BGB gleichwohl Eigentum an der Sache erlangen. Die für den Geschäftsunfähigen vorteilhafte Erfüllung träte mithin ein, sofern die §§ 104 ff. BGB auf die Zuordnungsbestimmung keine Anwendung finden.198 Richtigerweise setzt Erfüllung des Übereignungsanspruchs regelmäßig voraus, dass dem Gläubiger der geschuldete Gegenstand dauerhaft und unangreifbar zugewendet wird.199 Da jedoch das erlangte Eigentum mit dem Rechtsfortwirkeanspruch des § 951 BGB belastet ist,200 stellen die §§ 946 ff. BGB keinen Fall der Erfüllung dar. Den Rechtsfortwirkecharakter des § 951 BGB erkennt auch Hagmann-Lauterbach.201 Indes lehnt sie einen 198

Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 116. Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 8. a) bb) (3). 200 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 53 Rdnr. 23; Bamberger/Roth/Kindl, § 951 Rdnr. 1; Hk-BGB/Eckert, § 951 Rdnr. 1; MüKo/Quack, § 946 Rdnr. 15. 201 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 115. 199

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Anspruch gemäß § 951 BGB deshalb ab, weil die bestehende Forderung des Gläubigers angeblich ein Rechtsgrund für die Eigentumserlangung darstelle.202 Diese Forderung ist allerdings nur dann tauglicher Rechtsgrund, wenn es zur Erfüllung gekommen ist und sich die Forderung in einen Behaltensgrund umgewandelt hat.203 Wurde der Erfüllungszweck verfehlt, fehlt es dagegen am Rechtsgrund. Die Argumentation Hagmann-Lauterbachs beruht auf einer petitio principii: Indem sie beim Rechtsgrund die Erfüllung postuliert, kann sie die §§ 946 ff. BGB als Fall der Erfüllung ansehen. Der Eigentumserwerb im Wege der Vermischung oder Verarbeitung stellt richtigerweise keine Erfüllung dar. Die analoge Anwendung der §§ 104 ff. BGB benachteiligt den geschäftsunfähigen Schuldner auch hier nicht. Im Gegenteil würde die Gültigkeit der Zuordnungsbestimmung abseits der §§ 104 ff. BGB dem geschäftsunfähigen Schuldners erhebliche Nachteile bringen. Man nehme nur den Fall, dass die Forderung des Gläubigers bereits verjährt war und der geschäftsunfähige Schuldner seine Handlungen dennoch erbringt. Zwar erlangte der Geschäftsunfähige auch jetzt die Befreiung von einer bestehenden (§ 813 Abs. 1 S. 2 BGB) Verbindlichkeit, was man als lediglich wirtschaftlichen, aber nicht rechtlichen Nachteil abtun könnte. Dabei würde man aber übersehen, dass sich der Geschäftsunfähige eines dauerhaften Leistungsverweigerungsrechts begeben hätte. Hier stellt sich gerade der oft geforderte Eintritt der Erfüllungswirkung als erheblicher Nachteil für den Geschäftsunfähigen dar. Wieling und Seibert wollen deshalb in diesen Fällen, abweichend von ihrer grundsätzlichen Ablehnung, auf die Zuordnungsbestimmung die §§ 104 ff. BGB anwenden.204 Eine solche Aufspaltung ist aber methodisch nicht haltbar. Die rechtsgeschäftsähnliche Natur der Tilgungsbestimmung führt bei vergleichbarer Interessenlage entweder zur generellen Anwendung der §§ 104 ff. BGB, oder aber die Interessenlage ist nicht vergleichbar, was die Ablehnung ihrer Anwendbarkeit zu Folge hat. Eine Anwendung lediglich auf bestimmte Fälle ist abzulehnen,205 befände man sich doch anderenfalls wieder im Bereich der unzulässigen Einzelfallentscheidungen nach § 242 BGB. Können Geschäftsunfähige wirksame Tilgungsbestimmungen abgeben, besteht die Gefahr, dass sie auch verjährte Forderungen erfüllen.206 Dies ist ein Nachteil, den es zu vermeiden gilt. 202

Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 116. Gernhuber, Erfüllung, S. 102; Thomä, JZ 1962, S. 625; vgl. auch Erster Teil § 2 I. 1. b) Fn. 16. 204 Wieling, JZ 1978, S. 802; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 134. 205 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 8.a) bb) (1). 206 Es bestände noch die Möglichkeit, die Anwendung des § 813 Abs. 1 S. 2 BGB an die Geschäftsfähigkeit zu knüpfen, wie es mitunter bei § 814 BGB geschieht (vgl. Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I 3 [S. 14]). Die203

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(3) Zwischenergebnis Die Ablehnung der Erfüllung benachteiligt den Geschäftsunfähigen nicht. Er muss in der Regel nicht erneut leisten. Gleichzeitig steht ihm ein Anspruch auf die Gegenleistung zu.207 In seltenen Fällen besteht lediglich die Gefahr, dass er einen überdurchschnittlichen Gewinn nicht realisieren kann. Dem kann jedoch im Rahmen des § 818 Abs. 2 BGB mit einem subjektiven Wertansatz Rechnung getragen werden. Demgegenüber führt die Zulassung der Erfüllung zu schwerwiegenden Nachteilen. So erfüllt der Geschäftsunfähige unter Umständen verjährte Forderungen. Dies kann zu erheblichen Einbußen im Vermögen des Geschäftsunfähigen führen. Die Anwendung der §§ 104 ff. BGB auf die Zuordnungsbestimmung des geschäftsunfähigen Schuldners ist somit interessengerecht. Der Geschäftsunfähige bedarf zur Erfüllung der Mithilfe seines gesetzlichen Vertreters, welcher die Zuordnungsbestimmung abgeben muss. bb) Beschränkt geschäftsfähiger Schuldner Auch für beschränkt geschäftsfähige Schuldner muss die Anwendung der §§ 104 ff. BGB auf die Tilgungsbestimmung interessengerecht sein. Gemäß § 107 BGB können beschränkt Geschäftsfähige wirksame Tilgungsbestimmungen abgeben, wenn diese lediglich rechtlich vorteilhaft für sie sind. Demgegenüber entnimmt Schmidt der Vorschrift des § 111 BGB, dass ein einseitiges Rechtsgeschäft grundsätzlich eine Verschlechterung der rechtlichen Lage des beschränkt Geschäftsfähigen nach sich zieht.208 Da aber der Wortlaut des § 111 BGB („… ohne die erforderliche Einwilligung …“) ersichtlich auf § 107 BGB Bezug nimmt,209 erfasst § 111 BGB lediglich rechtlich vorteilhafte einseitige Rechtsgeschäfte überhaupt nicht. Ein solch lediglich rechtlich vorteilhaftes einseitiges Geschäft ist die Zuordnungsbestimmung: Die wirksame Zuordnungsbestimmung führt zusammen mit der erfolgsbegründenden Zuwendung zum Erlöschen der Verbindlichkeit.210 ser Weg wird jedoch, soweit ersichtlich, von niemandem vertreten. Er wäre auch angesichts der Unterschiede beider Normen nicht gangbar. § 813 Abs. 1 S. 2 BGB erweitert objektiv das Fehlen eines rechtlichen Grundes, während § 814 BGB als Anspruchsversagung und spezieller Ausprägung des § 242 BGB subjektiven Elementen zugänglich ist. 207 Dabei handelt es sich entweder um einen vertraglichen Anspruch oder einen bereicherungsrechtlichen Anspruch gemäß §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB. 208 Schmidt, Erfüllung, S. 49. 209 Palandt/Heinrichs, § 111 Rdnr. 1. 210 Havenstein, Erfüllung, S. 32; Gernhuber, Erfüllung, S. 115; Bülow, JuS 1991, S. 531; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 112.

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Mithin scheint für den beschränkt Geschäftsfähigen das Treffen der Zuordnungsbestimmung lediglich rechtlich vorteilhaft zu sein. Allerdings besteht auch beim beschränkt Geschäftsfähigen die Gefahr, dass er auf verjährte Forderungen leistet. Dies wäre ein zu vermeidender Nachteil. Im Gegensatz zum geschäftsunfähigen Schuldner211 ermöglicht die Anwendbarkeit des § 107 BGB nun Raum für eine Einzelfallentscheidung. Die Zuordnung auf eine verjährte Forderung ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, weshalb beschränkt geschäftsfähige Schuldner bei verjährten Realleistungen nicht erfüllend leisten können.212 In allen anderen Fällen ist zur Abgabe der Tilgungsbestimmung gemäß § 107 BGB keine Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich. Die entsprechende Anwendung der §§ 104 ff. BGB, insbesondere des § 107 BGB, auf die Tilgungsbestimmung verhindert Nachteile für den beschränkt geschäftsfähigen Schuldner und ist damit interessengerecht. Beschränkt geschäftsfähige Schuldner können grundsätzlich erfüllend leisten.213 cc) Rechtfertigung der Zweiteilung (Geschäftsunfähige – beschränkt Geschäftsfähige) Schon im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Vertragstheorie214 und der Zweckvereinbarungstheorie215 klang an, dass eine solche Zweiteilung der Erfüllungswirkungen im Hinblick auf den verfolgten Minderjährigenschutz möglicherweise nicht interessengerecht ist, werden doch geschäftsunfähige Schuldner durch die Versagung der Erfüllung benachteiligt.216 Nun wird aber richtigerweise auch hinsichtlich der Erfüllungswirkungen von rechtsgeschäftlichen Handlungen und Realhandlungen getrennt.217 Diese Zweiteilung wird nicht kritisiert.218 Eine Trennung ist also dann zulässig, wenn sie interessengerecht ist. Dass gerade die auf der analogen Anwendung der §§ 104 ff. BGB beruhende Zweiteilung den Interessen der nicht voll Geschäftsfähigen am besten gerecht wird, wurde soeben gezeigt. 211 Wo Einzelfallbetrachtungen nicht in Betracht kamen, vgl. oben Erster Teil § 9 III. 2. a) aa) (2). 212 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 102); Schmidt, Erfüllungswillen, S. 61; Beuthien, Zweckerreichung, S. 293. 213 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 III 4 b (S. 431); Thielmann, AcP 187 (1987), S. 43. 214 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. c) dd). 215 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 3. c) ii). 216 So vor allem Schmidt, Erfüllung, S. 61. 217 Vgl. oben Erster Teil § 9 III. 2. a); Schmidt, Erfüllungswillen, S. 61. 218 Ausgenommen denjenigen, welche die Erfüllung generell zulassen wollen, vgl. Erster Teil § 6 II. 8. a) aa).

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Schließlich ist diese Zweiteilung den Vorschriften zum Minderjährigenschutz systemimmanent: In Anwendung der §§ 104 ff. BGB auf Verpflichtungsgeschäfte ist dem Geschäftsunfähigen der Abschluss von rechtlich vorteilhaften Verträgen ja auch nicht möglich, wohingegen der beschränkt Geschäftsfähige solch vorteilhafte Verträge abschließen kann.219 Während die §§ 104 ff. BGB im Zusammenhang mit einem Vertragsschluss dem Geschäftsunfähigen sogar einen Vorteil verwehren, verhindern sie im Zusammenhang mit der Zuordnungsbestimmung lediglich Nachteile. Mithin ist die Zweiteilung hinsichtlich der Erfüllungswirkung ihrer Handlungen zwischen Geschäftsunfähigen und beschränkt Geschäftsfähigen nicht angreifbar. b) Folgen für den Bereicherungsanspruch Die Untersuchungen bei der Erfüllung haben gezeigt, dass die entsprechende Anwendung der §§ 104 ff. BGB auf die Zuordnungsbestimmung den Interessen nicht voll geschäftsfähiger Schuldner am ehesten gerecht wird. Ob diese Aussage auch im Rahmen des Bereicherungsrechts zutrifft, soll im Folgenden überprüft werden. aa) Geschäftsunfähiger Schuldner Geschäftsunfähige Schuldner können gemäß § 105 BGB keine wirksame Zuordnungsbestimmung abgeben.220 Ohne gültige Zweckbestimmung fehlt es zugleich an einer wirksamen Leistung. Rechtsgrundlose Zuwendungen können Geschäftsunfähige also nur mit der Nichtleistungskondiktion zurückfordern. Fraglich ist, ob das Versagen der Leistungskondiktion den Geschäftsunfähigen benachteiligt. Dabei ist zu beachten, dass die Nichtleistungskondiktion wegen des Ergebnisses bei der Erfüllung – Ablehnung von Leistung und Erfüllungseintritt zur Vermeidung von Nachteilen – dem Geschäftsunfähigen keinen Vorteil bringen muss.221 Sie darf ihn nur nicht benachteiligen.222 Vorteile und Nachteile von Leistungs- oder Nichtleistungskondiktion werden zumeist anhand von Saldotheorie bzw. modifizierter Zweikondiktionen219

Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 17 III (S. 607). Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 102); Staudinger/ Lorenz, § 812 Rdnr. 51. 221 So aber Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I 3 (S. 14). Dagegen Reeb, JuS 1972, S. 583. 222 Angesichts der Ergebnisse bei der Erfüllung ist auch Reeb, a. a. O. nicht zuzustimmen, der die Leistungskondiktion schon begrifflich als Vorteil für den nicht voll Geschäftsfähigen postuliert. 220

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lehre erörtert223 und betreffen die Fälle der Rückabwicklung ungültiger gegenseitiger Verträge. Wie bereits gezeigt, benachteiligt die Nichtleistungskondiktion den Geschäftsunfähigen nicht.224 Im Gegenteil würde die Anwendung der Saldotheorie im Rahmen der Leistungskondiktion zu Lasten des nicht voll Geschäftsfähigen diesen am faktischen Synallagma des unwirksamen Vertrages festhalten. Saldotheorie und modifizierte Zweikondiktionenlehre werden daher nicht zu Lasten nicht voll Geschäftsfähiger angewandt.225 Andererseits finden die Einschränkungen des § 818 Abs. 3 BGB bei gegenseitigen Verträgen zu Gunsten des nicht voll Geschäftsfähigen Anwendung, ohne dass es einer Leistungskondiktion bedarf.226 Besteht hingegen ein gültiger Vertrag, ist schon das Anwendungsgebiet von Saldotheorie und modifizierter Zweikondiktionentheorie nicht eröffnet. Es geht dann allein um die Rückerlangung der Zuwendung des Geschäftsunfähigen. Da der Umfang des Bereichungsanspruchs nicht von der Kondiktionsart abhängig ist, kann der Geschäftsunfähige auch bei der Nichtleistungskondiktion Ersatz gezogener Nutzungen verlangen.227 Eine Benachteiligung hinsichtlich des Anspruchsumfangs durch die Nichtleistungskondiktion ist nicht ersichtlich. Ein Nachteil der Nichtleistungskondiktion im Zusammenhang mit Nutzungen könnte sich an anderer Stelle ergeben. Schuldet der Geschäftsunfähige die Übereignung einer Sache und wendet er dem Gläubiger die Sache zu, kann er diesem wegen § 105 BGB nur den Besitz, nicht aber das Eigentum verschaffen. Im Rahmen des entstehenden Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses (EBV) ist die Herausgabe von Nutzungen gemäß § 993 Abs. 1 2. HS. BGB ausgeschlossen. Hätte er dem Gläubiger dagegen rechtsgrundlos Eigentum verschafft, könnte er gemäß § 818 Abs. 1 BGB auch die Nutzungen herausverlangen. Darin wird zu Recht ein Wertungswiderspruch gesehen.228 Jemand, der ein Weniger weggegeben hat, steht schlechter als derjenige, der sogar sein Eigentum verloren hat.229 Während die Rechtsprechung auf solche Fälle § 988 BGB analog anwendet,230 gehen Teile der Literatur 223 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I 3 (S. 14); Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 17. 224 Vgl. oben Erster Teil § 9 III. 1. b). 225 Vgl. oben Erster Teil § 9 III. 1. b) aa). 226 Vgl. oben Erster Teil § 9 III. 1. b); wobei schon eine Entreicherung des Gläubigers nur in Betracht kommt, wenn sich der nicht voll Geschäftsfähige Besitz an Sachen verschafft hat. Bezüglich Realhandlungen ist eine Entreicherung nicht möglich, vgl. oben Erster Teil § 9 III. 2. a) aa) (1) (a). 227 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 125. 228 Vgl. nur RGZ 163, 348 (350); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 600. 229 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 600; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 126.

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von der Anwendung der Leistungskondiktion neben dem EBV aus.231 Steht dem Geschäftsunfähigen aber ein Anspruch aus Nichtleistungskondiktion zu, könnte er danach die Nutzungen nicht herausverlangen. Deshalb wird die Nichtleistungskondiktion zuweilen als Nachteil angesehen.232 Richtigerweise geht es bei der Lösung dieses Wertungswiderspruchs um eine generelle Konkurrenz des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses zum Bereicherungsrecht, welche nicht auf die Leistungskondiktion beschränkt ist.233 Als man die Vorschriften über das EBV normierte, ging man vom Modell eines fehlgeschlagenen gutgläubigen Erwerbs, mithin von einer Dreipersonenkonstellation aus.234 Die Möglichkeit, dass im Rahmen eines bestehenden Schuldverhältnisses allein der Besitz, nicht aber das Eigentum zugewendet wird, wurde nicht bedacht. Eine Anwendung der §§ 812 ff. BGB neben den Vorschriften des EBV kommt deshalb immer dann in Betracht, wenn jemand den Besitz im Rahmen eines Schuldverhältnisses freiwillig überträgt.235 Zwar werden dann zumeist Leistungen im bereicherungsrechtlichen Sinne vorliegen. Unser Beispiel erhellt jedoch, dass dieses nicht zwangsläufig der Fall sein muss. Die gelegentlich vorgenommene Begrenzung anwendbarer bereicherungsrechtlicher Ansprüche neben dem EBV auf Ansprüche aus Leistungskondiktion hat lediglich den Zweck, bereicherungsrechtliche Ansprüche aus der Eingriffskondiktion auszuschließen.236 Eine Eingriffssituation liegt aber nicht vor. Vielmehr zwingt die vergleichbare Interessenlage, auch bei einer bloßen Zuwendung des Geschäftsunfähigen im Rahmen eines bestehenden Schuldverhältnisses neben dem EBV bereicherungsrechtliche Ansprüche auf Nutzungsersatz zuzulassen.237 Ein Nachteil entsteht dem Ge230

RGZ 163, 348 (349 ff.); BGHZ 32, 76 (94). Diese Konstruktion versagt aber in Dreipersonenkonstellationen, wenn der Besitzer dem dritten Nichteigentümer eine Gegenleistung erbracht hat und diese nicht mehr geltend machen kann. 231 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 600; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 74 I 1 (S. 340); Grunewald, Bürgerliches Recht, § 28 Rdnr. 11; Jauernig/Jauernig, Vor § 987 Rdnr. 13; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 129. Weitergehend sprechen sich Wieling, Sachenrecht, S. 182; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 20 I 2 c cc) (S. 681); Waltjen, AcP 175 (1975), S. 110 ff. für einen generellen Vorrang der Leistungskondiktion gegenüber dem EBV aus. 232 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 127 (a. E.). Auch Larenz/ Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 134) gewährt dem Geschäftsunfähigen hinsichtlich des Besitzes die Leistungskondiktion. 233 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 11 Rdnr. 38; Schwab/Prütting, Sachenrecht, § 48 VIII 5b; Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 1234; Westermann, Sachenrecht, § 31 II (S. 203); Wolff/Raiser, Sachenrecht, § 85 II 6; Canaris, JZ 1996, S. 346 ff.; Reeb, JuS 1973, S. 624. 234 Westermann, Sachenrecht, § 31 II (S. 203). 235 Westermann, Sachenrecht, § 31 II (S. 203). 236 In aller Deutlichkeit Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 74 I 2 (S. 345).

§ 9 Folgen einer rechtsgeschäftsähnlichen Tilgungsbestimmung

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schäftsunfähigen mithin durch die Annahme einer Nichtleistungskondiktion in Bezug auf Nutzungen ebenfalls nicht.238 Hält man sich schließlich vor Augen, dass die Nichtleistungskondiktion primär dem Güter- und Vermögensschutz dient, die Leistungskondiktion hingegen dem Recht der Güterbewegung – Rückabwicklung fehlerhafter Schuldverhältnisse – entspringt,239 ergibt sich zudem ein systematisches Argument für die Annahme einer Nichtleistungskondiktion. Auch der Sinn des Minderjährigenschutzes besteht darin, nicht voll Geschäftsfähige vor vermögensrechtlichen Nachteilen ihres Handelns, insbesondere der endgültigen Ausgliederung eines Gutes aus seinem Vermögen, zu bewahren.240 Der bezweckte Vermögensschutz lässt sich aber im Bereicherungsrecht systematisch konsequenter durch die ebenfalls an den Grundsätzen des Vermögensschutzes ausgerichtete Nichtleistungskondiktion realisieren. Im Ergebnis werden Geschäftsunfähige nicht benachteiligt, wenn man ihnen aufgrund der fehlenden Fähigkeit zum Leisten bereicherungsrechtlich die Nichtleistungskondiktion zuweist.241 Dies entspricht in bemerkenswerter Weise der Ansicht des historischen Gesetzgebers. Der erste Entwurf zum Bürgerlichen Gesetzbuch enthielt mit § 748 Abs. 1 E1 eine Vorschrift, nach welcher das rechtsgrundlos Erlangte dann zurückgefordert werden konnte, wenn die Vermögensverschiebung auf einem rechtsungültigen Willen beruhte.242 Das war vor allem der Fall, wenn Geschäftsunfähige ohne Genehmigung des gesetzlichen Vertreters die Leistung bewirkt hatten.243 Andere Fälle der conditio sine causa waren der irrtümliche Ver237 Explizit Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 1234. Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 196, 205 geht deshalb von einer Zuwendungskondiktion aus, die wertungsmäßig wie eine Leistungskondiktion zu behandeln ist. In diese Richtung auch Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 52: Zuwendungskondiktion, die den Regeln des Vertrages folgt. 238 Wer den nicht voll Geschäftsfähigen die Leistungskondiktion nur hinsichtlich Besitzverschaffungen zugesteht (Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II [S. 134]), begeht wieder den Fehler, von der Rechtsnatur der Zuwendung auf die Rechtsnatur der Zuordnungsbestimmung zu schließen. 239 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 I (S. 130); Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 4 Fn. 7; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 2 III (S. 33); Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 1; Bamberger/Roth/Wendtland, § 812 Rdnr. 2; Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 172; von Caemmerer, Gesammelte Schriften I, S. 230; ders., FS Rabel, S. 342; Weitnauer, Symposium König, S. 28; Wilburg, Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung, S. 27 ff.; König, Gutachten, S. 1515; Rengier, AcP 177 (1977), S. 421; Hellwig, AcP 68 (1885), 217 ff.; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 378. 240 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 8. a) aa) (3) (b). 241 So auch Wieling, JZ 1977, S. 291 Fn. 7. 242 Jakobs/Schubert, Die Beratung des BGB, S. 760. 243 Motive II, S. 853; vgl. auch Staudinger/Lorenz, Vor §§ 812 ff. Rdnr. 3.

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brauch eigener Sachen244 und die Fälle des gesetzlichen Eigentumserwerbes.245 Letztere sind heute anerkannte Fälle der Nichtleistungskondition. Folglich ordnete auch der historische Gesetzgeber die Zuwendungen Geschäftsunfähiger systematisch in den Bereich der Nichtleistungen ein.246 bb) Beschränkt geschäftsfähiger Schuldner Der beschränkt Geschäftsfähige kann dagegen gemäß § 107 BGB grundsätzlich erfüllend leisten. Scheitert die Erfüllung, etwa weil die Forderung nicht bestand, steht ihm ein Anspruch aus Leistungskondiktion zu.247 Wegen der erwähnten Einschränkungen sowohl der Saldotheorie als auch der modifizierten Zweikondiktionenlehre zugunsten nicht voll Geschäftsfähiger erwächst dem beschränkt Geschäftsfähigen daraus kein Nachteil. Anders könnte die Entscheidung in Ansehung des § 814 BGB ausfallen. Danach ist die Rückforderung des Geleisteten ausgeschlossen, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Bei Annahme einer Leistungskondiktion läuft der beschränkt geschäftsfähige Schuldner scheinbar Gefahr, unter Umständen seinen Anspruch nach § 814 BGB zu verlieren. Allerdings ist § 814 BGB auch dann auf die Nichtleistungskondiktion entsprechend anwendbar, sofern diese der Rückgängigmachung bloßer Zuwendungen dient,248 weshalb eine Nichtleistungskondiktion keinen Vorteil darstellen würde. Überdies setzt der Anspruchsausschluss des § 814 BGB in beiden Anspruchsalternativen voraus, dass der Wissende geschäftsfähig war.249 Auf den beschränkt Geschäftsfähigen findet § 814 BGB somit weder bei der Leistungs- noch bei der Nichtleistungskondiktion Anwendung. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Annahme der Leistungskondiktion den beschränkt Geschäftsfähigen nicht benachteiligt. 3. Ergebnisse zu Leistungen an nicht voll Geschäftsfähige und gegenüber nicht voll Geschäftsfähigen Auf die Zuordnungsbestimmung sind die §§ 104 ff. BGB analog anzuwenden. Sowohl dem Geschäftsunfähigen als auch dem beschränkt Ge244

Motive II, S. 851. Motive II, S. 852. 246 So deutlich Protokolle I, S. 1571. 247 Sollte er indes einem ebenfalls beschränkt geschäftsfähigen Gläubiger gegenüber seine Zuwendung erbringen, scheitert eine Leistung am fehlenden Zugang der Tilgungsbestimmung, vgl. Erster Teil § 9 III. 1. 248 Vgl. oben Erster Teil § 9 III. 1. c) bb) (2). 249 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I 3 (S. 14 a. E.); MüKo/Lieb, § 814 Rdnr. 14; Palandt/Sprau, § 814 Rdnr. 7. 245

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schäftsfähigen kann gemäß § 131 BGB die Zuordnungsbestimmung nicht wirksam zugehen. An nicht voll Geschäftsfähige kann ohne Beteiligung des gesetzlichen Vertreters nicht geleistet werden. Die rechtswirksame Abgabe einer Zuordnungsbestimmung und damit die Erbringung einer wirksamen Leistung ist nur dem beschränkt Geschäftsfähigen gemäß § 107 BGB möglich. Geschäftsunfähige können wegen § 105 BGB hingegen keine wirksame Tilgungsbestimmung abgeben und damit nicht leisten.

IV. Stellvertretung und Botenschaft Bleibt noch zu klären, ob die Regeln über die Botenschaft und die Stellvertretung auf die Tilgungsbestimmung analoge Anwendung finden. 1. Botenschaft Bereits im Zusammenhang mit den Anweisungsfällen wurde darauf hingewiesen, dass der Angewiesene die Tilgungsbestimmung des Anweisenden an dessen Schuldner überbringt. Berücksichtigt man, dass die Einschaltung eines Erfüllungsgehilfen durch den Schuldner gerade im Hinblick auf ein bereits von ihm ausgewähltes Schuldverhältnis erfolgt,250 überbringt der Erfüllungsgehilfe, ausdrücklich oder konkludent, lediglich die Zuordnungsbestimmung des Schuldners. Die Zulässigkeit der Abgabe der Zuordnungsbestimmungen mittels Boten entspricht somit der herrschenden Meinung.251 2. Stellvertretung Die analoge Anwendung der §§ 164 ff. BGB auf die Zuordnungsbestimmung wird in der Literatur ebenfalls bejaht.252 250

Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 4. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II (S. 202); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 101); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 686; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 31; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 23; Wolf, Drittleistung, S. 32; Beuthien, JZ 1968, S. 323; Canaris, WM 1980, S. 356; ders., NJW 1992, S. 868; Pinger, AcP 179 (1979), S. 316; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 41; Hellwig, Verträge auf Leistung an Dritte, S. 131. 252 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 90); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 101); Boehmer, Erfüllungswille, S. 85; Hellwig, Verträge auf Leistung an Dritte, S. 131; Beuthien, JZ 1968, S. 325; Bülow, JuS 1991, S. 531; Canaris, NJW 1992, S. 868; von Caemme251

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

a) Abgabe der Tilgungsbestimmung im Rahmen gesetzlicher Vertretungsmacht Für die Abgabe der Tilgungsbestimmung im Rahmen gesetzlicher Vertretungsmacht kann dem uneingeschränkt gefolgt werden. Bereits die Betrachtungen zum nicht voll Geschäftsfähigen haben gezeigt, dass die Zuordnungsbestimmung nicht allein dem gesetzlichen Vertreter zugehen muss. Er muss auch für den geschäftsunfähigen Schuldner die Zuordnungsbestimmung in dessen Namen abgeben.253 b) Abgabe der Tilgungsbestimmung aufgrund Vollmacht Fraglich ist allerdings, ob die Abgabe der Tilgungsbestimmung auf Grund einer Vollmacht möglich ist. Diese Frage stellt sich, wenn ein Dritter in den Erfüllungsvorgang eingeschaltet wird, wobei es sich nicht um einen Dritten im Sinne des § 267 BGB handelt.254 Gemeint sind vielmehr Fälle der Einschaltung eines Erfüllungsgehilfen, denen sich der Schuldner zur Erbringung seiner Zuwendung bedient. Rechtsgeschäftliche Vertretung hieße nun, dass der Erfüllungsgehilfe die Zuwendung des Schuldners selbständig einem fremden Schuldverhältnis zuordnet, allerdings im Namen des Schuldners. Dagegen ist folgendes einzuwenden: In den seltensten Fällen wird der Erfüllungsgehilfe überhaupt Einblick in die Verbindlichkeiten des Schuldners haben. Schon deshalb kann der Erfüllungsgehilfe keine eigene Zuordnung treffen. Sie scheitert in den meisten Fällen an seiner Unkenntnis über bestehende Forderungen.255 Exemplarisch sei an dieser Stelle auf die Fälle der abgekürzten Lieferung hingewiesen. Zu Recht wird darauf aufmerksam gemacht, dass der Erstverkäufer, der den Gegenstand auf Weisung des Erstkäufers an den Zweitkäufer übergibt, meist nicht genau weiß, ob Letzterer nur den Besitz oder auch das Eigentum erlangen soll.256 Wenn der Erfülrer, JZ 1962, S. 386; Lorenz, JZ 1968, S. 32; Giesen/Hegermann, Jura 1991, S. 359; BGH NJW 1987, 1546 (1547). Ablehnend Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 37. Seibert lehnt aber generell die Anwendung rechtsgeschäftlicher Normen auf die Zuordnungsbestimmung ab, da sie den Erfüllungsvorgang angeblich unnötig komplizieren würden. Das Gegenteil hat sich indes erwiesen. 253 Dass der gesetzliche Vertreter die Tilgungsbestimmung abgibt, erweist sich auch bei § 814 BGB als zutreffend. Dort wird für den Ausschluss der Rückforderung auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters abgestellt (vgl. nur MüKo/Lieb, § 814 Rdnr. 14). Dies ist schon deshalb richtig, weil er rechtswirksam auf eine (nicht bestehende) Forderung zugeordnet hat. 254 Dieser setzt eigenes Vermögen ein, wendet somit selbst zu. Er allein ordnet seine Zuwendung einem Schuldverhältnis zu, im eigenen Namen und für eigene Rechnung; vgl. oben Erster Teil § 3 I. 3. c). 255 Beuthien, JZ 1968, S. 325; Möschel, JuS 1972, S. 300.

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lungsgehilfe schon den Inhalt des einen Schuldverhältnisses nicht kennt, wie soll er dann um die Existenz und den Inhalt anderer Schuldverhältnisse wissen?257 Hinzu kommt, dass der Schuldner bereits vor der Zuwendung eine eigene Zuordnung vornimmt, um seine Handlungen am ausgewählten Schuldverhältnis auszurichten.258 Die Einschaltung des Erfüllungsgehilfen ist Teil seiner gewählten Handlungen und geschieht nur im Hinblick auf ein bereits gewähltes Schuldverhältnis. Eine erneute Zuordnung des Erfüllungsgehilfen im Namen des Schuldners würde unter Umständen die Zuordnung des Schuldners übergehen, so dass die Handlungen nicht mehr erfüllungsgeeignet sind. Wird also ein Erfüllungsgehilfe eingeschaltet, überbringt er regelmäßig nur die Zuordnungsbestimmung des Schuldners als Bote. Ganz ausgeschlossen dürfte die rechtsgeschäftliche Stellvertretung dennoch nicht sein. Sollte der Schuldner den Dritten nämlich zur Erfüllung mehrerer Forderungen einsetzen, mittelt dieser auch mehrere Zuwendungen. Kann der Dritte jetzt bestimmen, welche Forderung er zuerst bedient, bestimmt er auch das erlöschende Schuldverhältnis selbst, wenn auch in fremdem Namen. Die Abgabe der Zuordnungsbestimmung durch den Dritten aufgrund Vollmacht ist deshalb zwar theoretisch möglich, praktisch aber die Ausnahme.

V. Zusammenfassung Die vergleichbare Interessenlage rechtfertigt es, die Normen über die Willenserklärungen auf die Zuordnungsbestimmung als rechtsgeschäftsähnliche Handlung anzuwenden. Deshalb finden die Vorschriften über die Abgabe (§§ 104 ff. BGB), den Zugang (§§ 130, 131 BGB), die Auslegung (§§ 133, 157 BGB) sowie über die Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB) analoge Anwendung auf die Tilgungsbestimmung.

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Wieling, Bereicherungsrecht, S. 88; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 31; Beuthien, JZ 1968, S. 325; von Caemmerer, JZ 1962, S. 389; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 301; Lopau, JuS 1975, S. 774; Hager, Verkehrsschutz, S. 279; ders., Festgabe BGH, S. 787. 257 Lorenz, AcP 168 (1968), S. 301. 258 Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 4.

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§ 10 Zeitpunkt des Zugangs der Zuordnungsbestimmung Nach den bisherigen Ergebnissen der Arbeit ist das Vorliegen einer rechtsgeschäftsähnlichen Zuordnungsbestimmung als Bestandteil der schuldnerischen Leistung Voraussetzung nahezu jeder Erfüllung.1 Ungeklärt ist noch, wann die Zuordnungsbestimmung dem Gläubiger zugehen muss. Dass der Schuldner bereits vor Beginn seiner Handlungen ein zu erfüllendes Schuldverhältnis auswählt und seine Handlungen am geschuldeten Erfolg dieses Schuldverhältnisses ausrichtet, wurde schon mehrfach erwähnt.2 Dabei handelt es sich zwar um eine Zuordnung, nur hat diese Zuordnung die Sphäre des Schuldners noch nicht verlassen. Es fehlt zu diesem Zeitpunkt an einer Zuordnungsbestimmung. Deren Abgabe- bzw. Zugangszeitpunkt gilt es im Folgenden zu untersuchen. Dabei sind drei Möglichkeiten denkbar: Die Zuordnungsbestimmung kann vor, bei oder nach der Zuwendung abgegeben werden. Zu untersuchen ist, ob sich diese möglichen Zeitpunkte mit der Funktion der Zuordnungsbestimmung vereinbaren lassen, nämlich schnellstmöglich Klarheit über die nach der Zuwendung bestehenden Rechtslage zu schaffen.3 Dieses Interesse an rascher Klarheit teilen Gläubiger, Schuldner und Dritte, laufen sie doch Gefahr, dass Verjährungsfristen ablaufen4 oder andere Fristen nicht eingehalten werden.5 Diesem Bedürfnis muss auch beim möglichen Abgabe- und Zugangszeitpunkt Rechnung getragen werden.

I. Vor der Vermögensmehrung Dass die Zuordnungsbestimmung schon vor Beginn der Zuwendungshandlungen abgegeben werden und dem Gläubiger zugehen kann, wird allgemeinen für möglich erachtet.6 Allerdings können Tilgungsbestimmungen 1 Ausgenommen der Erfüllung von Unterlassenspflichten, vgl. oben Erster Teil § 6 II. 9. b) bb). 2 Vgl. nur oben Erster Teil § 3 I. 4 und Erster Teil § 9 IV. 3 Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 4 Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 2. b) cc). 5 Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 2. b) ee). 6 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 88); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 104); Gernhuber, Erfüllung, S. 115; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 366 Rdnr. 5; Weitnauer, Symposium König, S. 35; Hager, Verkehrsschutz, S. 296 Fn. 372; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehung, S. 41; Bülow, JuS 1991, S. 532; Schmidt, Erfüllung, S. 58; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 40; Klein, Natur der causa solvendi, S. 51. Hk-BGB/ Schulze, § 366 Rdnr. 4 betont zwar bei der Leistung, lässt aber vorherige Tilgungsvereinbarungen zu.

§ 10 Zeitpunkt des Zugangs der Zuordnungsbestimmung

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vor der Zuwendung nur ausdrücklich erfolgen. Da sie nicht mit den Leistungshandlungen verbunden sind, fehlt es am schlüssigen Verhalten, welchem man einen bestimmten Erklärungswert entnehmen kann. Praktisch dürfte dies all jene Fälle betreffen, in denen der Schuldner dem Gläubiger vor der Vornahme der Zuwendung ankündigt, er werde in Kürze diese oder jene fällige Forderung begleichen. 1. Funktionstauglichkeit der antizipierten Tilgungsbestimmung Der Qualifizierung dieses Vorgangs als vorweggenommene Tilgungsbestimmung könnte man entgegengehalten, dass solche Informationen noch nicht die Zuordnungsbestimmung darstellen, sondern lediglich den Empfängerhorizont für die Auslegung der im Zuge des Zuwendungsvollzugs abgegebenen, konkludenten Tilgungsbestimmung determinieren. Vor allem dem Wortlaut des § 366 Abs. 1 BGB wird gelegentlich entnommen, dass die Tilgungsbestimmung nur zeitgleich mit der Zuwendung abgegeben werden könne.7 Dagegen spricht, dass auch eine vorweggenommene Tilgungsbestimmung die mit einer Zuordnung verfolgten Ziele erfüllt. Der Gläubiger ist unmittelbar nach Zuwendungserhalt in der Lage, diese auf ein Schuldverhältnis zu beziehen und erbrachte mit geschuldeter Leistung zu vergleichen. Eine unzulässige Zuordnungsunsicherheit erwächst nicht. Dass Zuordnung und Zuwendung zeitlich auseinander fallen, birgt keine Gefahr, weil sich an der Funktionstauglichkeit der vorweggenommenen Tilgungsbestimmung nichts ändert.8 2. Trennung zwischen Zuwendung und Zuordnung Die Ablehnung antizipierter Tilgungsbestimmungen könnte allenfalls damit begründet werden, dass die Zuordnungsbestimmung einen untrennbaren Teil der Leistungshandlung darstellt.9 Nun besteht zwar zwischen Zuordnungsbestimmung und Leistungshandlung eine natürliche Zusammengehörigkeit.10 Daraus folgt aber nicht die Untrennbarkeit beider Akte. Vielmehr hat sich bei Leistungen an nicht voll geschäftsfähige Gläubiger gezeigt, dass die Tilgungsbestimmung dem gesetzlichen Vertreter regelmäßig vor Beginn der Leistungshandlung(en) zugehen muss, weil dieser dem Leis7 Wolf, Drittleistung, S. 31; MüKo/Wenzel, § 366 Rdnr. 9; Palandt/Heinrichs, § 366 Rdnr. 4. 8 Andere Ansicht Ehmann, NJW 1969, S. 1834. 9 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 101; Schmidt, Erfüllung, S. 102; Wolf, Drittleistung, S. 31. 10 Vgl. oben Erster Teil § 7 II.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

tungsversuch des Schuldners dem Unmündigen gegenüber zustimmen muss.11 Ein zeitliches Auseinanderfallen von Zuordnung und Zuwendung ist mithin nicht ausgeschlossen. 3. Bindungswirkung vorweggenommener Tilgungsbestimmungen Hinter der Ablehnung einer vorweggenommenen Tilgungsbestimmung steht wohl unausgesprochen der Gedanke, dass dem Schuldner seine Freiheit bei der Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses nicht genommen werden darf. Er soll nicht mit dem Erlöschen eines Schuldverhältnisses belastet werden, welches er nicht tilgen will.12 Mit einer ungewollten Folge wird er aber schon deshalb nicht belastet, weil nur er die vorweggenommene ausdrückliche Zuordnungsbestimmung abgegeben hat.13 Das Problem stellt sich ohnehin nur, wenn der Schuldner noch vor der Zuwendung eine zweite, abweichende Zuordnungsbestimmung abgibt. Die Frage lautet deshalb nicht, ob antizipierte Tilgungsbestimmungen zulässig sind, sondern ob der Schuldner an seine frühere Zuordnungsbestimmung gebunden ist. Im Gegensatz zur konsensualen Zuordnung14 ist es ihm bei einseitigen Zuordnungsbestimmungen nicht verwehrt, die Zuordnung durch die erneute Abgabe einer abweichenden Tilgungsbestimmung zu ändern. Während er sich nämlich bei der konsensualen Zuordnungsbestimmung schon vertraglich gebunden und sich somit seines einseitigen Bestimmungsrechtes begeben hat, besteht eine solche Bindung im vorliegenden Fall nicht. Seine Zuordnungsbestimmung hat noch keine rechtliche Folge bewirkt. Bei einer vertraglichen Zuordnung hat seine Erklärung hingegen mit dem Zuordnungsvertrag schon zu einer rechtlichen Wirkung geführt. Dieser ist dann nicht mehr einseitig abänderbar.15 Die einseitige Zuordnungsbestimmung zeitigt hingegen erst dann eine rechtliche Folge, wenn die Zuwendung an den Gläubiger gelangt.16 Erst jetzt tritt die Erfüllung als gesetzliche Folge der Zuordnung und des geschuldeten Erfolges ein. Bis zu diesem Zeitpunkt kann der Schuldner eine erneute, abweichende Zuordnung abgeben. Dogmatisch handelt es sich dabei um den Widerruf der ersten Zuordnungserklärung. 11

Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 8. a) bb) (3). So schon Gernhuber, Erfüllung, S. 142. 13 Vgl. schon oben zu den konsensualen Zuordnungen Erster Teil § 3 III. 2. 14 Vgl. oben Erster Teil § 3 III. 2. 15 Vgl. oben Erster Teil § 3 III. 16 Das unterscheidet die Zuordnungsbestimmung als geschäftsähnliche Handlung eben wieder von einer Willenserklärung, welche schon mit ihrer Abgabe Rechtsfolgen zeitigt (vgl. nur §§ 145, 147, 657 BGB). 12

§ 10 Zeitpunkt des Zugangs der Zuordnungsbestimmung

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4. Ergebnis zu antizipierten Tilgungsbestimmungen Wie bei der vertraglichen Zuordnung ist es auch bei einseitiger Zuordnung durch den Leistenden möglich, die Tilgungsbestimmung vor der Zuwendung abzugeben.17 Es besteht nicht die Gefahr, dass der Leistende mit einer Zuordnung belastet wird, welche er erklärtermaßen nicht wollte. Entscheidend ist die zeitlich letzte Zuordnungsbestimmung vor der Zuwendung. Vorweggenommene Tilgungsbestimmungen sind damit zulässig, wenn auch praktisch eher selten.18

II. Bei der Vermögensmehrung In den meisten Fällen werden Abgabe und Zugang der Zuordnungsbestimmung und Vornahme der Leistungshandlungen zum gleichen Zeitpunkt erfolgen.19 Davon geht auch § 366 Abs. 1 BGB aus. So wie diese Norm als indirekte Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten einer finalen Erfüllung angesehen werden muss,20 kann dem Wortlaut auch der Zeitpunkt entnommen werden, wann dem Gläubiger eine Tilgungsbestimmung unter gewöhnlichen Umständen zugeht. Fehlt es an einer ausdrücklichen – auch zeitlich früheren Tilgungsbestimmung – wird die Zuwendung nämlich zumindest von einer konkludenten Tilgungsbestimmung begleitet.

III. Nach der Vermögensmehrung Gleich den antizipierten werden auch der Zuwendung nachfolgende Zuordnungsbestimmungen überwiegend für zulässig erachtet.21 Ob eine Zuordnung nach erfolgter Zuwendung tatsächlich noch zulässig ist, erscheint indes sehr zweifelhaft. 17

Vgl. oben Erster Teil § 3 III. Schmidt, Erfüllung, S. 58. 19 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 86); Gernhuber, Erfüllung, S. 141; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 366 Rdnr. 5; MüKo/ Wenzel, § 366 Rdnr. 9; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 25; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 262. 20 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 11. c). 21 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 88); Rehbein, Schuldverhältnisse, Anm. 15 zu §§ 362–371; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 105); Gernhuber, Erfüllung, S. 115; Klein, Natur der causa solvendi, S. 51; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 40; Soergel/Zeiss, § 366 Rdnr. 3; von Caemmerer, FS Dölle, S. 148 ff.; Weitnauer, Symposium König, S. 38; Flume, JZ 1962, S. 282; Kegel, FS F. A. Mann, S. 64; BGHZ 51, 157 (161 f.); BGH WM 1995, 1663 (1664). 18

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1. Entstehen einer Zuordnungsunsicherheit Nach Erhalt der Zuwendung bestände nämlich bis zum Zugang der Zuordnungsbestimmung eine Zuordnungsunsicherheit. Die Funktion der Tilgungsbestimmung liegt aber gerade darin, eine solche Unsicherheit zu vermeiden.22 Durch sie soll der Gläubiger unmittelbar nach Erhalt der Zuwendung in die Lage versetzt werden, erbrachte mit geschuldeter Zuwendung zu vergleichen und sofortige Klarheit über die bestehende Rechtslage zu erlangen. Dieses Interesse aller Beteiligten an schneller Klarheit bezüglich der Rechtslage nach Erhalt der Zuwendung kann eine nachfolgende Tilgungsbestimmung nicht befriedigen. Im Gegenteil befände sich die Zuwendung im Vermögen des Gläubigers, ohne dass dieser Aussagen über das Erlöschen von Forderungen oder dem Entstehen etwaiger Rückerstattungspflichten treffen könnte. Ein solcher Zustand ist unhaltbar. Nachträgliche Zuordnungsbestimmungen sind somit grundsätzlich unzulässig.23 Die Tilgungsbestimmung muss dem Gläubiger spätestens im Zeitpunkt des Zuwendungserhaltes zugehen.24 Wenn Wolf der Vorschrift des § 366 Abs. 1 BGB entnimmt, dass die Zuordnungsbestimmung immer bei der Zuwendung abgegeben werden muss,25 hat sie den bestehenden Zusammenhang zwischen Zuwendung und Zuordnung zwar überbewertet,26 aber immerhin einen solchen erkannt. Richtigerweise ergibt sich aus § 366 Abs. 1 BGB die Entscheidung des Gesetzgebers, wann eine Tilgungsbestimmung spätestens beim Gläubiger vorliegen muss.27 2. Keine nachträgliche Bestimmung bei der Aufrechnung Untermauert wird die Ablehnung einer nachträglichen Zuordnung durch den Umstand, dass auch bei der Aufrechnung als Institut einseitiger Zuord22

Grün, WuB I F 3 – 1.96. Auch aus § 516 Abs. 2 BGB ergibt sich entgegen von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 89) kein Argument für eine nachträgliche Zuordnung. Selbst eine Zuwendung ohne Wissen des Beschenkten ist mit einer Zuordnungsbestimmung des Schenkers verbunden und, wenn sich die Zuwendung schon im Vermögen des Beschenkten befindet, diesem zugegangen und damit wirksam. von Thur wird insoweit Opfer seines unzutreffenden Ansatzes einer vertraglichen Zuordnung. 24 Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 394; Grün, WuB I 3 – 1.96; Bamberger/ Roth/Dennhardt, § 366 Rdnr. 5; Staudinger/Olzen, § 366 Rdnr. 31. 25 Wolf, Drittleistung, S. 31. 26 Vgl. oben Erster Teil § 10 I. 27 Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 394; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 366 Rdnr. 5; in diese Richtung auch Hk-BGB/Schulze, § 366 Rdnr. 4, der zwar bei der Leistung betont, aber vorherige Tilgungsvereinbarungen zulässt. 23

§ 10 Zeitpunkt des Zugangs der Zuordnungsbestimmung

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nung eine nachträgliche Bestimmung der erlöschenden Forderung ausgeschlossen ist.28 3. Nachträgliche Zuordnungsbestimmungen als Änderung der Tilgungsbestimmung Beachtet man zudem die Existenz konkludenter Tilgungsbestimmungen, stellt sich das Problem nachträglicher Tilgungsbestimmungen überhaupt nicht. Richtigerweise liegt nach Erbringung der geschuldeten Handlungen bereits eine konkludente Zuordnungsbestimmung vor.29 Sogar in den Fällen der unbewussten Erfüllung lag nach Rechtsscheinsgrundsätzen eine konkludente Tilgungsbestimmung vor.30 Deren Inhalt kann gemäß §§ 133, 157 BGB oder – sofern die Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führt – mit Hilfe der gesetzlichen Auslegungsregel des § 366 Abs. 2 BGB bestimmt werden. Liegt aber mit den Leistungshandlungen grundsätzlich eine schlüssige Zuordnung vor, ist bereits Erfüllung als gesetzliche Folge der Leistung eingetreten, sofern nur der geschuldete Erfolg verwirklicht wurde.31 Diese Erfüllungswirkung kann der Schuldner nicht dadurch beseitigen, indem er seine Handlung nachträglich einem anderen Schuldverhältnis zuordnet.32 Wenn im Schrifttum, anknüpfend an die Arbeiten von Caemmerers,33 Maiers34 und Flumes35 die nachträgliche Zuordnung diskutiert wird,36 handelt es sich nicht um die nachträgliche Zuordnung, sondern um die nachträgliche Änderung der Zuordnungsbestimmung!37

28

Gernhuber, Erfüllung, S. 303. Das erkennt, auf Grundlage einer objektiven Erfüllungslehre, Bamberger/Roth/ Dennhardt, § 366 Rdnr. 5. 30 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 7. 31 Gernhuber, Erfüllung, S. 141. 32 Schmidt, Erfüllung, S. 53; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 951. Zu Recht bezeichnet MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 77 eine nachträgliche Zuordnung als eine „freie Rechtsfortbildung ohne Vorbild im geltenden Recht“. 33 von Caemmerer, FS Dölle, S. 147 ff. 34 G. Maier, AcP 152 (1953), S. 97 ff. 35 Flume, JZ 1962, S. 282. 36 Vgl. nur von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 90); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 105 f.); MüKo/ Lieb, § 812 Rdnr. 76. 37 Schmidt, Erfüllung, S. 90 f. 29

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

4. Ausnahmsweise Zulässigkeit nachträglicher Tilgungsbestimmungen Sind nachträgliche Zuordnungsbestimmungen damit grundsätzlich unzulässig, kommen sie ausnahmsweise in Betracht, wenn es trotz Zuwendungshandlung an einer konkludenten Zuordnungsbestimmung fehlt und das Interesse des Gläubigers an rascher Klarheit dem nicht entgegensteht. a) Zuwendungen nicht voll Geschäftsfähiger Dies betrifft vor allem Fälle, in denen der nicht voll geschäftsfähige Schuldner seine Zuwendung ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erbringt, weshalb die von ihm abgegebene Zuordnungsbestimmung wegen § 105 Abs. 1 BGB oder § 111 S. 1 BGB38 rechtlich unwirksam ist.39 Zwar widerspricht die entstehende Unsicherheit über die Rechtslage dem Interesse des Rechtsverkehrs an schneller Klarheit. Jedoch gebietet der vorrangige Minderjährigenschutz dieses Ergebnis, zumal es dem Gläubiger bei Erhalt der Zuwendung vom nicht voll Geschäftsfähigen zuzumuten ist, sich durch sofortige Nachfrage beim gesetzlichen Vertreter Klarheit zu verschaffen. Erst der gesetzliche Vertreter kann nachträglich eine wirksame Zuordnungsbestimmung abgeben, die zur Erfüllung führt. b) Möglicher Verzicht des Gläubigers auf eine rechtzeitige Zuordnungsbestimmung? Fraglich ist, ob auch eine nachträgliche Zuordnungsbestimmung möglich ist, wenn der Gläubiger auf den Schutz einer rechtzeitigen Zuordnungsbestimmung verzichtet hat. Das Erfordernis des Zugangs einer Tilgungsbestimmung dient vor allem seinem Interesse, soll der Gläubiger doch vor dem mit der Zuordnungsunsicherheit verbundenen Risiko des rechtshemmenden Ablaufs von Fristen oder der irrtümlichen Aufgabe von Sicherheiten geschützt sowie in die Lage versetzt werden, Maßnahmen zur Rechtsdurchsetzung einzuleiten.40 Wenn daher Schuldner und Gläubiger vor oder bei Erbringung der Leistungshandlungen vereinbaren, dass der Schuldner die Zuordnungsbestimmung nach Vornahme der Zuwendung abgeben kann, hat sich der Gläubiger seiner Schutzbedürftigkeit freiwillig begeben und 38 Sofern die Abgabe der Tilgungsbestimmung zu einem rechtlichen Nachteil beim beschränkt geschäftsfähigen Schuldner führt (Erfüllung einer verjährten Forderung). 39 Vgl. oben Erster Teil § 9 III. 2. a) aa). 40 Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 2. b).

§ 10 Zeitpunkt des Zugangs der Zuordnungsbestimmung

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muss nun eventuelle Nachteile der Zuordnungsunsicherheit tragen. Räumt also der Gläubiger dem Schuldner die Möglichkeit einer nachträglichen Zuordnung ein, könnte eine nachträgliche Tilgungsbestimmung ausnahmsweise zulässig sein.41 Jedoch ist zu beachten, dass die Zuordnungsbestimmung auch Dritten Sicherheit über die Rechtslage verschafft.42 Diese haben ebenfalls ein Interesse an rascher Zuordnung. Über deren Interesse können Gläubiger und Schuldner nicht disponieren.43 Vereinbaren Gläubiger und Schuldner die Möglichkeit einer nachträglichen Tilgungsbestimmung, ist darin ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter zu sehen. Erst wenn Interessen Dritter nicht berührt werden, besteht gegen die Vereinbarung einer nachträglichen Zuordnung keine Bedenken.44 Da jedes Rechtssubjekt in eine Vielzahl unterschiedlicher Schuldverhältnisse zu diversen Schuldnern oder Gläubigern eingebunden ist, kommt dies aber praktisch nie vor. Berücksichtigt der Gläubiger die nachträgliche Tilgungsbestimmung gleichwohl, ist darin nur die einverständliche Änderung der konkludenten Tilgungsbestimmung zu sehen. c) Nachträgliche Zuordnungsbestimmungen wegen Perplexität? Nachträgliche Tilgungsbestimmungen werden mitunter auch dann für möglich gehalten, wenn die Zuordnungsbestimmung selbst unter Zuhilfenahme aller Auslegungsmöglichkeiten objektiv mehrdeutig ist.45 Bezweifelt werden muss bereits, ob es solche – selbst nach Anwendung aller Auslegungsregeln – objektiv mehrdeutige Tilgungsbestimmungen überhaupt geben kann. Stellen dürfte sich das Problem regelmäßig bei konkludenten Tilgungsbestimmungen. Leistet ein Dritter den von einem anderen geschuldeten Gegenstand ohne explizite Zuordnungsbestimmung an den Gläubiger, kann dieser die Zuwendung nach der anerkannten Auslegungsregel auf jene Forderung aus dem bestehenden Schuldverhältnis beziehen.46 Sofern der Schuldner die geschuldete Leistung lediglich in nicht ausreichender Menge erbringt, hilft die gesetzliche Auslegungsregel des § 366 Abs. 2 BGB. Bleiben allein die Fälle übrig, in denen jemand47 eine Zuwendung 41 Bejahend Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 394; Gernhuber, Erfüllung, S. 141; MüKo/Wenzel, § 366 Rdnr. 9; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 366 Rdnr. 5; Schmidt, Erfüllung, S. 92; BGHZ 51, 157 (161); BGH NJW 1991, 1257 (1258). 42 Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 2. c). 43 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 103. 44 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 103. 45 In diese Richtung Wieling, JZ 1977, S. 293. 46 Vgl. oben Erster Teil § 9 II. 5. 47 Dabei kann es sich sowohl um den Schuldner als auch um einen Dritten handeln.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

ohne nähere Erläuterung erbringt, die keiner Forderung des Gläubigers entspricht.48 Das verdeutliche folgender Beispielsfall: Ein Dritter bietet dem Gläubiger ohne nähere Erläuterung die Übereignung eines Gegenstandes an, welcher dem Gläubiger in keinem Schuldverhältnis geschuldet wird. Der Gläubiger nimmt das Zuwendungsangebot an.

Auch hier hat der Leistende wegen der grundsätzlichen Finalität von Handlungen einen Zweck verfolgt. Da es aber an einer expliziten Tilgungsbestimmung fehlt, bleibt dem Gläubiger nach Annahme der Zuwendung nur die Möglichkeit, die mit der Zuwendung verbundene konkludente Zuordnungsbestimmung auszulegen. Dabei scheint es, als ließe sich der Zweck der Zuwendung nicht nach dem objektiven Empfängerhorizont ermitteln, weswegen die Tilgungsbestimmung wegen Mehrdeutigkeit als unwirksam zu erachten wäre.49 Allerdings gilt eine Zuwendung ohne nähere Erläuterung gemäß § 516 Abs. 2 S. 1 BGB als Angebot auf Abschluss eines Schenkungsvertrages.50 Insofern ist die Zuwendung nach dem objektiven Empfängerhorizont auf die (zukünftige) Forderung aus einem Schenkungsvertrag bezogen. Die vorzunehmende Auslegung der konkludenten Tilgungsbestimmung führt zu einem eindeutigen Ergebnis. Ist aber sogar in diesen Fällen der Inhalt der Zuordnungsbestimmung bestimmbar, sind mehrdeutige Tilgungsbestimmungen nach Vornahme der Auslegung unter Zuhilfenahme aller Auslegungshilfen nicht vorstellbar. Dafür spricht auch, dass objektiv mehrdeutige Zweckbestimmungen in der bereicherungsrechtlichen Literatur keinerlei Erörterung finden. Sie scheinen dort also – ebenfalls(!) – nicht zu existieren. 5. Ergebnis zu nachträglichen Tilgungsbestimmungen Alles in allem sind nachträgliche Zuordnungsbestimmungen nur durch den gesetzlichen Vertreter nach Zuwendungen nicht voll Geschäftsfähiger zulässig.

IV. Ergebnis zum Zeitpunkt der Tilgungsbestimmung Um ihrer Funktion gerecht werden zu können, muss die Zuordnungsbestimmung dem Gläubiger spätestens im Zeitpunkt der Leistungshandlungen zugehen. Vorweggenommene Tilgungsbestimmungen sind unproblema48

Wolf, Drittleistung, S. 104. Vgl. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 28 Rdnr. 65; Wolf, Drittleistung, S. 104; Bickel, Auslegung, S. 148. 50 Vgl. oben Erster Teil § 9 II. 5. 49

§ 10 Zeitpunkt des Zugangs der Zuordnungsbestimmung

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tisch zulässig, jedoch binden sie den Leistenden nicht. Nachträgliche Tilgungsbestimmungen sind hingegen grundsätzlich unzulässig. Dies liegt zum einen daran, dass bei Fehlen einer expliziten Zuordnung die Leistungshandlungen von konkludenten Tilgungsbestimmungen begleitet werden. Es fehlt dann schon gar nicht an einer Zuordnungsbestimmung. Zum anderen sind mehrdeutige Tilgungsbestimmungen nicht denkbar. Nachträgliche Tilgungsbestimmungen durch die gesetzlichen Vertreter sind lediglich zulässig, wenn die Zuordnungsbestimmungen nicht voll Geschäftsfähiger gemäß §§ 105 Abs. 1, 111 S. 1 BGB nichtig sind.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

§ 11 Ergebnisse zum erfüllungsrechtlichen Leistungsbegriff Für den Begriff „Leistung“ im Sinne des § 362 BGB, lassen sich folgende Ergebnisse festhalten: 1. Aus dem systematischen Unterschied zwischen Erfüllung und Erfüllungsersetzungen folgt die Unzulänglichkeit eines einheitlichen Leistungsbegriffs, welcher alle Formen des Erlöschens von Schuldverhältnissen i. e. S. erfasst. 2. Der Begriff „Leistung“ in § 362 Abs. 1 BGB verschlüsselt nicht den herbeizuführenden Erfolg, sondern die schuldnerische Handlung. 3. Die Handlung des Schuldners muss zum Eintritt des geschuldeten Erfolges führen, wobei der Erfolg nicht zwangsläufig mit einer messbaren Mehrung des Gläubigervermögens einhergehen muss. 4. Da im Schuldverhältnis nur der geschuldete Erfolg vorgegeben ist, ist der Schuldner in der Wahl seiner Handlungen grundsätzlich frei. 5. Eine Zuwendung ohne Bestimmung der erlöschenden Forderung kann nicht zur Erfüllung führen. Eine Zuordnung auf ein Schuldverhältnis ist notwendiger Bestandteil der Erfüllung. 6. Zuordnungsunsicherheiten sind mit dem Interesse aller Beteiligten und dem Interesse des Rechtsverkehrs nicht zu vereinbaren. 7. Eine objektive Zuordnung von Zuwendung zum erlöschenden Schuldverhältnis ist angesichts der §§ 366, 267 BGB in nahezu allen Fällen ausgeschlossen. 8. Nur eine ausdrückliche oder konkludente Zuordnungsbestimmung verhindert eine Zuordnungsunsicherheit. Die Tilgungsbestimmung stellt die erforderliche Zuordnungsbestimmung dar. 9. Lediglich bei der Erfüllung von Unterlassungspflichten bedarf es keiner Zuordnungsbestimmung. 10. Der Begriff „Leistung“ im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB verklausuliert deshalb nicht nur die Handlung des Schuldners, sondern auch die mit der Handlung verbundene Tilgungsbestimmung. 11. Zuordnungsbestimmungen sind rechtsgeschäftsähnliche Handlungen, auf welche die Normen über die Gültigkeit und Auslegung von Willenserklärungen Anwendung finden. 12. Die erforderliche Tilgungsbestimmung muss dem Gläubiger spätestens mit den Zuwendungshandlungen zugehen, nachträgliche Tilgungsbestimmungen sind regelmäßig ausgeschlossen.

§ 11 Ergebnisse zum erfüllungsrechtlichen Leistungsbegriff

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13. Erfüllung tritt erst in dem Zeitpunkt ein, wenn sowohl der geschuldete Erfolg als auch die Zuordnung beim Gläubiger vorliegen. Fehlt ein Bestandteil, scheitert auch die Erfüllung. 14. Der Begriff der „Leistung“ im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB muss daher als bewusste und auf ein Schuldverhältnis im engeren Sinn zugeordnete Vornahme der Leistungshandlungen definiert werden.

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1. Teil: Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB

§ 12 Erfüllung von Naturalobligationen Liegen die Voraussetzungen des § 362 Abs. 1 BGB vor, tritt die Erfüllung als gesetzliche Folge ipso iure ein und das Schuldverhältnis im engeren Sinne erlischt. Dabei wurde bislang das Schuldverhältnis im engeren Sinn mit der Forderung gleichgestellt.1 Forderungen sind Schuldverhältnisse im engeren Sinn, bei welchen die geschuldete Leistung rechtlich erzwingbar ist. Bei Forderungen ist die Schuld also mit einer Haftung verbunden.2 Über die Forderungen hinaus gibt es aber auch Schuldverhältnisse im engeren Sinn, denen dieses Forderungselement fehlt. Verbindlichkeiten ohne Haftung bezeichnet man als Naturalobligationen, unvollkommene oder natürliche Verbindlichkeiten.3 Bei diesen kann der Gläubiger die versprochene Leistung nicht vom Schuldner fordern und folglich auch nicht erzwingen, besteht doch gerade keine Pflicht zur Leistung. Wenn aber der Schuldner die nicht erzwingbare Leistung an den Gläubiger erbracht hat, ist die Rückforderung des Geleisteten ausgeschlossen.4 Unvollkommene Verbindlichkeiten sind etwa verjährte Forderungen (§ 214 Abs. 2 S. 1 BGB), Forderungen aus Heiratsvermittlung (§ 656 Abs. 1 BGB) oder Spiel- und Wettschulden (§ 762 Abs. 1, Abs. 2 BGB).5 Auch bei den Naturalobligationen wandelt 1

Vgl. oben Erster Teil § 1 II. 1. Siber, Schuldrecht, S. 116; Musielak, Grundkurs BGB, Rdnr. 173; MüKo/Kramer, Einl. vor §§ 241 ff. BGB Rdnr. 46. 3 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 39; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 2 Rdnr. 24; Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 542; Bamberger/Roth/Grüneberg, § 241 Rdnr. 24; Palandt/Heinrichs, Einleitung vor § 241 Rdnr. 10; MüKo/Kramer, Einl. vor §§ 241 ff. BGB Rdnr. 49; Pinger, AcP 179 (1979), S. 301. 4 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 546; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 2 Rdnr. 25; Krawielicki, Grundlagen, S. 183 f.; Musielak, Grundkurs BGB, Rdnr. 173; Gernhuber, Erfüllung, S. 5; MüKo/Kramer, Einl. vor §§ 241 ff. BGB Rdnr. 49; Welker, Zweckverfehlung, S. 55. 5 Für Spiel und Wette wird meist bestritten, dass überhaupt ein Schuldverhältnis vorliegt (vgl. Musielak, Grundkurs BGB, Rdnr. 173; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 2 Rdnr. 26; Bamberger/Roth/Grüneberg, § 241 Rdnr. 24; Palandt/ Heinrichs, Einl. vor § 241 Rdnr. 10). Stattdessen soll ein reiner Erwerbsgrund (MüKo/Kramer, Einl. vor §§ 241 ff. BGB Rdnr. 49; Bamberger/Roth/Grüneberg, § 241 Rdnr. 24; Palandt/Heinrichs, Einl. vor § 241 Rdnr. 10; Reuss, AcP 154 (1955), S. 505) vorliegen. Dem kann nicht gefolgt werden. Bereits die Überschrift des 19. Titels des 8. Abschnitts spricht von unvollkommenen Verbindlichkeiten. Zudem wandelt sich auch der Erwerbsgrund nach erfüllender Leistung in einen Behaltensgrund um (so schon Siber, JherJB 70, S. 244; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 27). Richtig ist lediglich, das bei Spiel und Wette kein wirksames Schuldverhältnis im weiteren Sinne (anders bei Ehemäklerverträgen) und auch keine, nur undurchsetzbare, Forderung besteht (so zu Recht Larenz, Schuldrecht I, § 2 III [S. 20]); ein Schuldverhältnis im engeren Sinne indes schon (Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 14; Welker, Zweckverfehlung, S. 57). 2

§ 12 Erfüllung von Naturalobligationen

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sich das Schuldverhältnis im engeren Sinne nach Erbringung der versprochenen Leistung in einen Behaltensgrund um. Es ist daher anerkannt, dass man auch unvollkommene Verbindlichkeiten gemäß § 362 Abs. 1 BGB erfüllen kann.6 Bereits im römischen Recht waren die so genannten natürlichen Verbindlichkeiten zwar nicht klagbar, aber erfüllbar.7 Wenn der Wortlaut des § 362 Abs. 1 BGB also vom Erlöschen des Schuldverhältnisses spricht und damit das Schuldverhältnis im engeren Sinne gemeint ist, begrenzt der Normtext die Erfüllung nicht auf Forderungen, sondern umfasst auch die Naturalobligationen.8 Diese Erkenntnis kann nicht ohne Folgen für die Zuordnungsbestimmung bleiben. Sind nicht forderungsbewehrte Schuldverhältnisse im engeren Sinne ebenfalls erfüllbar, stellen Naturalobligationen hinreichende Zuordnungsgrundlagen dar.9 Das ist bei der verjährten Forderung leicht einsichtig, stellt sie doch vor dem Eintritt der Verjährung zweifelsohne ein taugliches Objekt einer Zuordnung dar. Der Verjährungseintritt kann daran nichts ändern.10 Zugeordnet werden kann mithin auf alle Schuldverhältnisse im engeren Sinn, unabhängig davon, ob sie forderungsbewehrt sind oder nicht. Der Leistungsbegriff des § 362 Abs. 1 BGB muss dahingehend modifiziert werden, dass Bestandteil der schuldnerischen Handlungen eine Zuordnung auf ein Schuldverhältnis im engeren Sinne ist. Leistung im Sinne des § 362 BGB ist demnach jede bewusste und freiwillig auf ein Schuldverhältnis im engeren Sinne zugeordnete Zuwendung an den Gläubiger.

6

Siber, Schuldrecht, S. 116; Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 542; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 39; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 2 Rdnr. 24; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 14; Musielak, Grundkurs BGB, Rdnr. 173; Palandt/Heinrichs, Einl. Vor § 241 Rdnr. 10; Manigk, Anwendungsgebiet der Vorschriften für die Rechtsgeschäfte, S. 42; Wolf, FS Herrfahrdt, S. 211 Fn. 60; Welker, Zweckverfehlung, S. 58; in diesem Sinne auch Gernhuber, Erfüllung, S. 6. 7 Vgl. Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 93. 8 In dieser Hinsicht ist der Normtext folglich genauer als allgemein angenommen. 9 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III (S. 138); Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 296; Krawielicki, Grundlagen, S. 182 ff.; Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 93; Manigk, Anwendungsgebiet der Vorschriften für die Rechtsgeschäfte, S. 42; Pinger, AcP 179 (1979), S. 301; Kötter, AcP 153 (1954), S. 226; Welker, Zweckverfehlung, S. 57. 10 Welker, Zweckverfehlung, S. 54.

2. Teil

Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB Der bereicherungsrechtliche Leistungsbegriff wurde bereits für die Auslegung des Begriffes „Leistung“ im Rahmen des § 362 BGB herangezogen,1 dient doch die condictio indebiti der Rückabwicklung einer fehlgeschlagenen Erfüllung. Demgemäß haben sowohl die Vertreter des einseitigen Erfüllungsgeschäfts2 als auch der finalen Leistungsbewirkung3 die Notwendigkeit von Tilgungsbestimmungen mit dem Leistungsbegriff des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB begründet, welcher nach herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung ebenfalls final – zweckgerichtet – zu verstehen ist.4 Im Ergebnis kommen die Vertreter einer finalen Erfüllung somit zu einem einheitlichen, sowohl § 362 Abs. 1 BGB als auch § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB umfassenden finalen Leistungsbegriff.5 Eine derartige Argumentation impliziert das Bestehen eines Zusammenhangs zwischen beiden Leistungsbegriffen, wie er von einer erstarkenden Strömung in der Literatur vertreten wird.6 Im Folgenden ist daher zu klären, ob ein Zusammenhang zwischen erfüllungsrechtlichem und bereicherungsrechtlichem Leistungsbegriff besteht. Die Existenz eines systematischen Zusammenhangs würde nicht nur die Entscheidung zugunsten einer finalen Erfüllung untermauern, sondern ver1

Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 2. d). Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 4. b) ff). 3 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 6. b) ee). 4 Vgl. sogleich unten Zweiter Teil § 14 III. 1. 5 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 4. b) ff) sowie Erster Teil § 5 II. 6. b) ee). 6 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 94 ff.); Larenz, Schuldrecht II, § 68 I a; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 133); Erman/ Westermann, § 812 Rdnr. 30; Henke, Leistung, S. 83 ff.; Wolf, Drittleistung, S. 21; Welker, Zweckverfehlung, S. 23 ff.; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 79 ff.; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 54, 61, 67; Schmidt, Erfüllung, S. 106; Schnauder, Grundfragen, S. 65; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 8, 225; Beuthien, Zweckerreichung, S. 282; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 396; Canaris, JZ 1984, 627 Fn. 5; Eckert, JR 1989, S. 202; Ehmann, JZ 1968, S. 555; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 22; Kunisch, Dreiecksverhältnisse, S. 19; Martinek, NJW 1992, S. 3142; Mühl, NJW 1968, S. 1869; Pinger, AcP 179 (1979), S. 310; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 373 Fn. 31; Stolte, JZ 1990, S. 222; Thomä, JZ 1962, S. 626; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 256 ff.; Wieling, JZ 1977, S. 291; ebenso BGH NJW 1969, 840. 2

2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

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deutlichen, dass etwa eine Anfechtung der Tilgungs- bzw. Zweckbestimmung als des finalen Elements der Leistung auch Auswirkungen auf den Bereicherungsanspruch zeitigen muss. Die Auseinandersetzung mit einem etwaigen Zusammenhang zwischen den Leistungsbegriffen kann schließlich aus einem weiteren Grund nicht unterbleiben. Sollte ein solcher nämlich tatsächlich bestehen, nötigt dies zur Stellungnahme bezüglich der nie verstummten Kritik am bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff, betrifft diese Kritik doch im Wesentlichen das Merkmal der Zweckgerichtetheit und damit das finale Element des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs.7 Ein Zusammenhang unterstellt, richtet sich die Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff daher letzten Endes auch gegen eine finale Erfüllung. Im Ergebnis lassen sich insbesondere aus der Auseinandersetzung mit dem Argument, der bereicherungsrechtliche Leistungsbegriff zeichne sich durch eine Überbewertung der Zweckbestimmung unter Vernachlässigung der Zuwendung aus,8 wertvolle Erkenntnisse zum Wesen des finalen Elements und seinem Verhältnis zur Zuwendung ziehen. Bestätigung finden diese bei der genaueren Untersuchung ausgewählter Dreipersonenkonstellationen.9

7 8 9

Vgl. sogleich unter Zweiter Teil § 15 III. Dazu sogleich unten Zweiter Teil § 15. Vgl. unten Zweiter Teil § 16.

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

§ 13 Zur Gleichheit beider Leistungsbegriffe Dass zwischen dem erfüllungsrechtlichen und dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff ein Zusammenhang besteht, ist keine ganz neue Erkenntnis.1 Doch erst in jüngerer Zeit gelangte sie verstärkt ins Blickfeld der Rechtswissenschaft. In aller Deutlichkeit hat auf einen bestehenden Zusammenhang Hermann Weitnauer hingewiesen.2 Nach Weitnauer stellt „Leistung“ einen zentralen Begriff des Schuldrechts dar, welcher in dessen Eckpfeilern (§§ 241 Abs. 1, 242, 362, 812 Abs. 1 BGB) jeweils gleich verstanden werden müsse.3 Dieser Schluss drängt sich geradezu auf, wenn man den Begriff Leistung – wie vorliegend – auch bei der Erfüllung rein handlungsorientiert versteht.4 Es geht jeweils um ein Verhalten des „Leistenden“, wodurch dieser etwas aus seinem Vermögen in das Vermögen eines anderen überführt. Hypothese der vorliegenden Untersuchung ist nun, dass zwischen den Leistungsbegriffen des § 362 Abs. 1 BGB und des § 812 Abs. 1 BGB über einen bloßen Zusammenhang im Sinne Weitnauers hinaus Identität besteht: „Leistung“ meint in beiden Vorschriften dasselbe und ist folglich gleich zu definieren.

I. Systematischer Zusammenhang Diese Hypothese beruht vor allem auf systematischen Überlegungen. 1. Erfüllung und condictio indebiti Die condictio indebiti dient der Rückabwicklung fehlgeschlagener Erfüllungen.5 Sind aber Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB oder Leistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB lediglich alternative Ergebnisse des Vergleichs von erbrachter mit geschuldeter Leistung,6 stellt die 1 So schon Jung, Mangel des rechtlichen Grundes, S. 57; Kress, Besonderes Schuldrecht, S. 327 Fn. 2; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 48. 2 Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 256 ff.; ders., NJW 1979, S. 2009. 3 Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 257; ders., NJW 1979, S. 2009 Fn. 7; ebenso Mühl, NJW 1968, S. 1869; Thomä, JZ 1962, S. 623. 4 Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 2. d). 5 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 133); Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 6; Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 641; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 58; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 94); Welker, Zweckverfehlung, S. 19; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 15; Henke, Leistung, S. 88; Bälz, FS Gernhuber, S. 7. 6 Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 1. b).

§ 13 Zur Gleichheit beider Leistungsbegriffe

331

Leistungskondiktion die Kehrseite7 bzw. das „Spiegelbild“8 der Erfüllung dar, das Rückabwicklungsschuldverhältnis „die bloße Umkehrung des erfüllungsrechtlichen Leistungsverhältnisses“.9 Sowohl Erfüllung als auch Leistungskondiktion knüpfen an dieselbe Handlung des Leistenden an. Daraus folgt, dass „Leistung“ in beiden Vorschriften nicht unterschiedlich ausgelegt werden darf. Aus einer Leistung wird nämlich nicht deshalb etwas anderes, weil ihr Ziel nicht erreicht werden konnte.10 2. Erfüllung und condictio ob causam finitam Am deutlichsten tritt der Zusammenhang bei der condictio ob causam finitam (§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB) zu Tage. Wird dem Gläubiger etwas mit Rechtsgrund geleistet, tritt Erfüllung der darauf gerichteten Forderung und deren Umwandlung in einen Behaltensgrund ein. Entfällt der Rechtsgrund später – etwa bei Eintritt einer auflösenden Bedingung – ist die Leistung zurückzugewähren.11 Das gleiche Verhalten des Schuldners hat erst zur Erfüllung geführt und begründet nun die Leistungskondiktion. Es kann daher nicht plötzlich anders bewertet und unterschiedlichen Voraussetzungen unterworfen werden.12 Andernfalls müsste man die erfüllungsrechtliche Tilgungsbestimmung für wirksam, die bereicherungsrechtliche Zweckbestimmung hingegen für unwirksam erachten und die Leistung trotz Erfüllungseintritts rückabwickeln.13 Ein solch absurdes Ergebnis wäre aber zwangsläufige Folge einer unterschiedlichen Auslegung des Begriffs „Leistung“ bei Erfüllung und Leistungskondiktion. 3. Objektive Erfüllung und finale Leistungskondiktion Vor allem die Vertreter einer objektiven Erfüllung verschließen vor diesem Zusammenhang die Augen, wenn sie einen zweckgerichteten und damit subjektiven Leistungsbegriff im Bereicherungsrecht vertreten.14 Die 7

Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 7. Stolte, JZ 1990, S. 221. 9 Beuthien, Zweckerreichung, S. 282; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 7; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 54. 10 Gernhuber, Erfüllung, S. 108; Beuthien, Zweckerreichung, S. 284; Welker, Zweckverfehlung, S. 24. 11 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 146); Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 642; Welker, Zweckverfehlung, S. 39. 12 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 12; Schmidt, Erfüllung, S. 114. 13 Darauf weist zu Recht Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 12 hin. 14 Ebenso Schmidt, Erfüllung, S. 101; Weitnauer, Symposium König, S. 30. Vor allem Gernhuber, Erfüllung, S. 108 wirft der Theorie der realen Leistungsbewirkung 8

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

Entscheidung zugunsten einer objektiven Erfüllung muss folgerichtig eine rein objektive Bestimmung der Leistung bei § 812 Abs. 1 BGB nach sich ziehen.15 Eine Reduzierung des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs auf die bloße Zuwendung vertreten aber nur Kupisch und Lieb.16 Ohne Zweckbestimmung lässt sich jedoch nicht einmal die Zweckverfehlung als Grund für die Rückabwicklung feststellen.17 Bejaht man hingegen mit der überwiegenden Mehrheit der Vertreter einer objektiven Erfüllung die Notwendigkeit einer zweckgerichteten Zuwendung bei die Leistungskondiktion,18 wirft das die Frage auf, woher die Zweckbestimmung kommt, wenn nicht schon aus dem auf Erfüllung abzielenden Verhalten des Leistenden. Auch wäre es sehr verwunderlich, wenn gerade die Zuwendung solvendi causa als häufigste aller Zuwendungen und Anlass der meisten Rückabwicklungsfälle keine bereicherungsrechtliche Leistung darstellte.19 Das erhellt, dass Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB nicht anders als bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB verstanden werden kann.20

II. Auseinandersetzung mit den Argumenten der Gegenansicht Gleichwohl wird von einigen Autoren eine Verbindung beider Leistungsbegriffe abgelehnt und ein separater bereicherungsrechtlicher Leistungsbegriff gefordert.21 Allen voran Wieacker will den bereicherungsrechtlichen deshalb zu Recht vor, dass sie die innere Konsistenz zugunsten unabhängig voneinander entwickelter Leistungsbegriffe um den Preis unstimmiger Ergebnisse völlig vernachlässige. 15 Welker, Zweckverfehlung, S. 54; Henke, Leistung, S. 89; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 57; Wieling, JZ 1977, S. 291 Fn. 3; ders., JuS 1978, S. 802. 16 Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 22, 28; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 36. 17 Wolf, Drittleistung, S. 22. Dies macht es für die genannten Autoren erforderlich, die Kriterien der Rückabwicklung abweichend vom Ansatz der Zweckverfehlung zu bestimmen, vgl. unten Zweiter Teil § 15 III. 4. 18 Vgl. nur Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 237; ders., Bürgerliches Recht, Rdnr. 666; von Caemmerer FS Rabel, S. 366; sowie FS Dölle I, S. 141; Westermann (Erman/Westermann, § 362 Rdnr. 3 sowie Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 11); Zeiss (Soergel/Zeiss, Vorb. 7 zu § 362 sowie JZ 1963, S. 8). 19 Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 267; ders., Symposium König, S. 30; Schmidt, Erfüllung, S. 72; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 90; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 22; Welker, Zweckverfehlung, S. 24. 20 Ebenso Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 22; ders., Sonderbeilage WM 1979, S. 4; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 7; Stolte, JZ 1990, S. 221. 21 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 III (S. 30); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 30; Harder, datio in solutum, S. 130; MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 13; Wieacker, FS Nipperdey I, S. 785 Fn. 5; Kötter, AcP 153

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vom schuldrechtlichem Leistungsbegriff fernhalten.22 Da jedoch sowohl Bereicherungsrecht als auch Erfüllung Kernbestandteile des Schuldrechts sind, offenbart sich in der Forderung Wieackers bereits ein systematischer Grundlagenfehler.23 1. Leistung als Umschreibung der Handlung Zumindest lässt sich nicht behaupten, die Gemeinsamkeit scheitere schon daran, dass Leistung bei § 362 Abs. 1 BGB den Leistungserfolg, Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB hingegen die Handlung umschreibt. Dass auch bei § 362 Abs. 1 BGB „Leistung“ allein die Handlung des Schuldners verschlüsselt, wurde im ersten Teil der Arbeit bereits gezeigt.24 2. Vermögenswert des Geleisteten Gegen einen Zusammenhang wird aber geltend gemacht, dass das Bereicherungsrecht dem Ausgleich ungerechtfertigter Vermögensverschiebungen diene. Der Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB setzt somit voraus, dass der Gläubiger bereichert ist, also einen Vermögenszuwachs erlangt hat.25 Leistung i. S. d. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist daher zumindest die bewusste Mehrung fremden Vermögens. Zum Eintritt der Erfüllung reicht es hingegen aus, dass erbrachte Leistung und geschuldete Leistung einander entsprechen.26 Ein Vermögenswert der Erfüllungsleistung ist nicht erforderlich. Der Leistungsbegriff des Bereicherungsrechts scheint auf den ersten Blick enger zu sein.27 Allerdings konnte bereits Liebisch nachweisen, dass Zuwendungen i. S. d. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB keinen Vermögenswert haben müssen.28 (1954), S. 195; Rothoeft, AcP 163 (1964), S. 232; Melullis, GoA und ungerechtfertigte Bereicherung, S. 47. 22 Wieacker, FS Nipperdey I, S. 785 Fn. 5. 23 Keinesfalls zu folgen ist Kötter, AcP 153 (1954), S. 195, der schon deshalb von zwei Leistungsbegriffen ausgeht, weil es sich einmal um eine geschuldete, das andere Mal um eine nicht geschuldete Leistung handelt. Dabei missachtet er die bloße Alternativität von Erfüllung und Leistungskondiktion, vgl. oben Erster Teil § 2 I. 1. b). 24 Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 2. d). 25 Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 101 III (S. 342); RGRK/Heimann-Trosien, § 812 Rdnr. 1; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 4, 16; Kötter, AcP 153 (1954), S. 194; Kupisch, JZ 1997, S. 220; Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 3; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 259; Gursky, NJW 1969, S. 2184; BGH NJW 1952, 417. 26 Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 2. a). 27 Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 3, 6. 28 Liebisch, Unentgeltliche Zuwendung, S. 12.

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

Schon dem Wortlaut nach setzt § 812 Abs. 1 S. 1 BGB lediglich voraus, dass „etwas“ erlangt wurde. „Etwas“ kann aber jeder beliebige Gegenstand sein.29 Die Frage nach dessen Vermögenswert stellt sich erst im Rahmen des § 818 Abs. 2 BGB.30 Aus den Vorschriften der §§ 812, 816, 818 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 BGB ergibt sich vielmehr, dass der Bereicherungsanspruch primär gegenstandsbezogen ist.31 Solange der geleistete Gegenstand noch beim Schuldner des Bereicherungsanspruchs existiert, ist er herauszugeben.32 Auf einen Vermögenswert kommt es insofern gar nicht an.33 Auch objektiv wertlose Liebhaberstücke, Liebesbriefe, Tagebücher, Fotos oder todkranke Hunde können richtigerweise mit der Leistungskondiktion herausverlangt werden.34 Selbst die Entstehungsgeschichte der Norm – während der zweiten Lesung wurde „aus dessen Vermögen“ geändert in „auf dessen Kosten“35 – spricht für diese Auffassung.36 Gegenstand der 29 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 13 I 1 (S. 117); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 7; Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 9; Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 633; Grunewald, Bürgerliches Recht, § 30 Rdnr. 1; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 65; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 14; Canaris, JZ 1971, S. 561; Bälz, FS Gernhuber, S. 12; Ostendorf, BB 1973, S. 822; Reeb, JuS 1972, S. 394. 30 Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 19; Ostendorf, BB 1973, S. 826; Reeb, JuS 1972, S. 394. 31 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 12 (S. 110); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 67; Gursky, Schuldrecht BT, S. 210; Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 10 Rdnr. 4; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 8; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 12; Rengier, AcP 177, S. 432; Kaehler, Bereicherungsrecht und Vindikation, S. 30. Vgl. auch unten Zweiter Teil § 14 III. 2. e). 32 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 (S. 15); Gursky, Schuldrecht BT, S. 195; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 19. 33 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 71 I 1 (S. 255 Fn. 2); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4III (S. 16); Leonhard, Besonderes Schuldrecht, S. 451 ff.; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 12; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 6; Canaris, JZ 1971, S. 561; Kellmann, NJW 1971, S. 864; Köhler, AcP 190, S. 531; Koppensteiner, NJW 1971, S. 1774; Ostendorf, BB 1973, S. 822; Reeb, Grundprobleme, § 3 (S. 10); ders., JuS 1972, S. 394; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 5; Henke, Leistung, S. 86. 34 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 71 I (S. 255); Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 634; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 7; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 IV (S. 17); Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 37 Rdnr. 2; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 724; Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 10 Rdnr. 4; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 65; Ostendorf, BB 1973, S. 822; Reeb, JuS 1972, S. 391; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 5; Schmidt, Erfüllung, S. 107; Liebisch, Unentgeltliche Zuwendung, S. 12. Ebenso Henke, Leistung, S. 86 mit weiteren Beispielen. 35 Vgl. Mugdan, Materialien II, S. 1170 f.; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 54. 36 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 IV 1 (S. 17).

§ 13 Zur Gleichheit beider Leistungsbegriffe

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Leistungskondiktion kann mithin jedes Gut sein, was Gegenstand eines Schuldverhältnisses sein kann.37 In eine ähnliche Richtung zielt der Einwand, im Rahmen des § 362 BGB ist auch Erfüllung durch schlichte Tätigkeiten und pures Unterlassen möglich, ohne dass ein herausgabefähiges „Etwas“ für die Leistungskondiktion verschafft werde.38 Der gegenstandsbezogene Leistungsbegriff des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB könne diese Fälle nicht erfassen. Nun zeigt aber § 818 Abs. 2 BGB, dass das Erlangte nicht gegenständlich herausgabefähig sein muss. Da jedoch § 818 Abs. 2 BGB an § 812 Abs. 1 BGB anknüpft, ist Voraussetzung, dass überhaupt etwas geleistet wurde. Das sind die erbrachten Realhandlungen bzw. das Unterlassen.39 Dass das erlangte Gut nicht in natura herausgegeben werden kann, ist ein Problem der Rückabwicklung, nicht der Leistung.40 Insofern existiert auch hier ein Gleichlauf zwischen den Leistungsbegriffen. 3. Die Bedeutung des Erfolges bei der Erfüllung und der Leistungskondiktion Daneben wurde darauf hingewiesen, dass die Leistungskondiktion nur einen Erfolg, nicht aber die Leistung selbst – das geschuldete Verhalten – rückabwickeln kann. Deshalb sei der Leistungsbegriff in § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB enger als in § 362 Abs. 1 BGB.41 Allerdings wurde bereits gezeigt, dass auch die Erfüllung erfolgsorientiert ist, die Vornahme der Handlung allein zum Erfüllungseintritt nicht ausreicht.42 Regelmäßig ist ein Er37 Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 130; Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 16 Rdnr. 9; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 14; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 4; AK/Joerges, § 812 Rdnr. 2; Beuthien, Zweckerreichung, S. 283 f.; Schmidt, Erfüllung, S. 107; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 55; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 5; Henke, Zweckverfehlung, S. 25 Fn. 15; von Caemmerer, FS Rabel, S. 348; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 379; Koppensteiner, NJW 1971, S. 1774; Köhler, AcP 190 (1990), S. 531. 38 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 6. 39 Grunewald, Bürgerliches Recht, § 30 Rdnr. 1; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 69; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 131; Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 10; Bälz, FS Gernhuber, S. 12; Canaris, JZ 1971, S. 561; Henke, Leistung, S. 87; Reeb, JuS 1972, S. 394. 40 Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 10; Henke, Leistung, S. 87; Canaris, JZ 1971, S. 561; Kellmann, NJW 1971, S. 864; Pinger, MDR 1972, S. 102; Pawlowski, JuS 1967, S. 305; Reeb, JuS 1972, S. 394. 41 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 94); Reeb, Grundprobleme des Bereicherungsrechts, § 3 II (S. 13); Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 11; Reeb, JuS 1972, S. 581; Rothoeft, AcP 163 (1964), S. 224; Wieacker, FS Nipperdey I, S. 784; Westermann, causa, S. 181. 42 Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 1. a) sowie Erster Teil § 1 IV. 2. c) ee).

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

folg und kein Verhalten geschuldet.43 Vielmehr ist der Schuldner in der Wahl seiner Handlungen frei.44 Der Eintritt eines Erfolges ist nicht nur Voraussetzung der Leistungskondiktion, sondern auch der Erfüllung. Auf der anderen Seite ist das Verhalten des Leistenden auch für das Bereicherungsrecht von Bedeutung. Zwar wird allein der Erfolg rückgängig gemacht. Das ist aber nur die Rechtsfolge des Anspruchs aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. Tatbestandlich wird gerade ein Verhalten des Leistenden vorausgesetzt.45 Nur anhand dieses Verhaltens kann nämlich zwischen Leistung und Nichtleistung mit den unterschiedlichen Folgen für Voraussetzungen und Umfang des Bereicherungsanspruchs unterschieden werden.46 Ohne Eintritt eines Erfolges in der Person des Empfängers kommt es weder zur Erfüllung noch zur Leistungskondiktion. Dieser Erfolg muss in beiden Fällen auf ein Verhalten des Leistenden zurückzuführen sein. 4. Die Unterschiedlichkeit der Leistungszwecke Am schwersten wiegt der Einwand, die Übereinstimmung beider Leistungsbegriffe beschränke sich allein auf Leistungen solvendi causa. Im Rahmen des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB können jedoch weitergehende Zwecke verfolgt werden. Der bereicherungsrechtliche Leistungsbegriff reiche daher weiter als der erfüllungsrechtliche.47 Diese Behauptung ist wohl der Hauptgrund für die Ablehnung von Identität oder auch nur eines Zusammenhangs zwischen erfüllungs- und bereicherungsrechtlichem Leistungsbegriff. Allerdings ist diese Behauptung bereits deshalb angreifbar, weil die zu diesem Schluss führende Untersuchung der beiden Leistungsbegriffe im Bereicherungsrecht ansetzt.48 Es wird nicht gefragt, wann eine Leistung mit Rechtsgrund bewirkt wurde, sondern lediglich, wann ein Rechtsgrund 43 Beuthien, Zweckerreichung, S. 291; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 88. 44 Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 2. b) sowie Erster Teil § 3 I. 4. 45 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 5; Welker, Zweckverfehlung, S. 24. 46 Schmidt, Erfüllung, S. 113. 47 Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 101 I (S. 338); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 94); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 18; Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 705; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 44; Gernhuber, Erfüllung, S. 100; Schmidt, Erfüllung, S. 113; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 19, 88; Beuthien, Zweckerreichung, S. 283; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 5, 7; Wolf, Drittleistung, S. 22; Canaris, JZ 1984, S. 627 Fn. 5; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 175; Weitnauer, Symposium König, S. 31. 48 So Esser, Schuldrecht, 2. Auflage, § 189 (S. 779), Weitnauer, Symposium König, S. 4; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 22.

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fehlt.49 Der methodische Schluss vom Bereicherungsrecht auf das Erfüllungsrecht ist aber systemwidrig.50 Beginnend im Bereicherungsrecht wird der Leistungsbegriff aufgrund der ihm zugedachten Funktionen, vor allem die Bestimmung der Partner des Rückabwicklungsschuldverhältnisses,51 formuliert. Die Bedeutung des Begriffes „Leistung“ wird allein von der Rechtsfolge bestimmt: Für problematische Fälle wurde eine „sachgerechte Kondiktionslösung“ ermittelt und von ihr auf den zugrunde liegenden Begriff „Leistung“ geschlossen.52 Dabei kam man zur Erkenntnis, dass mit einer Zuwendung verschiedene Zwecke verfolgt werden können und entwickelte den zweckgerichteten Leistungsbegriff. Überträgt man den so gefundenen Leistungsbegriff auf das Erfüllungsrecht,53 scheiden andere Zwecke als der Erfüllungszweck aus. Als Folge kann man einen Zusammenhang beider Leistungsbegriffe entweder ganz verneinen54 oder lediglich eine Teilkongruenz für Leistungen solvendi causa anerkennen.55 Stellt die Leistungskondiktion die Rückabwicklung der fehlgeschlagenen Erfüllung dar, sollte der Begriff „Leistung“ richtigerweise auch für § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB aus dem Erfüllungsrecht her bestimmt werden sollte.56 Die Leistungskondiktion muss als Rückgewährschuldverhältnis den Weg der fehlgeschlagenen Erfüllung zurückgehen.57 Wenn dennoch zumeist der entgegengesetzte Weg eingeschlagen wurde, lässt sich das nur mit der 49 Weitnauer, Symposium König, S. 42; ders., Festschrift von Caemmerer, S. 257. 50 Staudinger/Olzen, Vorb. 14 zu §§ 362 ff.; Schmidt, Erfüllung, S. 102; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 54; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 22; Maier, AcP 152 (1953), S. 10; Ehmann, JZ 1968, S. 555. Dies erkennt auch Beuthien, Zweckerreichung, S. 283 Fn. 5, nur ist seiner Ansicht nach die Erfüllungslehre weniger weit entwickelt, weshalb man doch wieder auf das Bereicherungsrecht zurückgreifen müsse. 51 Vgl. unten Zweiter Teil § 14 III. 2. c). 52 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 51. 53 So etwa Ehmann, NJW 1969, S. 1853 ff. für die Begründung der Zweckvereinbarungstheorie; weiterhin Beuthien, Zweckerreichung, S. 282. Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 377 Fn. 31 meint sogar, dass für die Erfüllung wertvolle Erkenntnisse aus dem Bereicherungsrecht gewonnen werden können. 54 So lediglich Melullis, GoA und Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 47. 55 Larenz, Schuldrecht II, § 68 I a (S. 467); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 94); Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 44; Canaris, JZ 1984, S. 627 Fn. 5; Eckert, JR 1989, S. 202; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 88; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 7, 8; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 55; Stolte, JZ 1990, S. 222; Wolf, Drittleistung, S. 21; Gernhuber, Erfüllung, § 5 II (S. 97). 56 Zeiss, JZ 1963, S. 8; Harder, datio in solutum, S. 130; Maier, AcP 152 (1953), S. 104; Stolte, JZ 1990, S. 222. 57 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67; Wolf, Drittleistung, S. 45.

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Funktion des Bereicherungsrechts erklären. Die rechtlichen Probleme einer „Leistung“ treten nämlich in den pathologischen Fällen der Erfüllung und damit im Bereicherungsrecht auf.58 Trotzdem setzt das Erkennen und Lösen des pathologischen Falles die exakte Kenntnis des „gesunden“ Falles voraus. Aus diesem Grund soll mit dieser Arbeit – ausgehend von der Hypothese der Identität beider Leistungsbegriffe – der methodisch vorzugswürdigere Weg vom Erfüllungsrecht zur Leistungskondiktion gegangen werden.59 Aus den Voraussetzungen der Erfüllung müssen Folgen für den bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff gezogen werden.60 Nur dann kann – wie Kupisch es so treffend formuliert hat – das „Recht der Erfüllung … gleichsam spiegelbildlich die Problematik der Leistungskondiktion erhellen“.61 Dieses Vorgehen wird dadurch erleichtert, dass Leistungen solvendi causa die weit überwiegende Mehrheit aller getätigten Leistungen darstellen.62 Schon allein deshalb können und müssen aus der Identität der Leistungsbegriffe im diesem Bereich der Leistungen Folgen für die Rückabwicklung gezogen werden. Angesichts der praktischen Bedeutung von Leistungen solvendi causa beschränken sich die folgenden Ausführungen vorerst lediglich auf diesen Leistungszweck.63 Die Konzentration auf die causa solvendi hat aber noch einen tieferen Grund. Dass im Rahmen der Leistungskondiktion weitere Leistungszwecke verfolgt werden, kann nämlich erst festgestellt werden, wenn die Leistung solvendi causa nicht alle Rückabwicklungssituationen zu erfassen vermag. Ob der erfüllungsrechtliche Leistungsbegriff dies kann, soll jedoch erst an späterer Stelle geklärt werden.64

58

Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 255. Nur so finden erfüllungsrechtliche Besonderheiten wie die Leistung an Erfüllungs Statt oder Leistung erfüllungshalber auch im Bereicherungsrecht hinreichend Beachtung, vgl. Pinger, AcP 179 (1979), S. 301 ff. 60 So konsequent Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 94); Stolte, JZ 1990, S. 221 f.; Zeiss, JZ 1963, S. 8; Beuthien, Zweckerreichung, S. 283; Maier, AcP 152 (1953), S. 104. 61 Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 21. 62 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I 2 (S. 10); Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 22; Grunewald, Bürgerliches Recht, § 29 Rdnr. 4; Schnauder, Grundfragen, S. 28; Lorenz, JuS 1968, S. 442; Reeb, JuS 1972, S. 582. 63 Dieses Vorgehen entspricht im Übrigen der Vorgehensweise in der Literatur, vgl. Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 279; Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 8. 64 Vgl. unten Dritter Teil § 18. 59

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III. Vorläufiges Zwischenergebnis Einstweilen mag die Feststellung ausreichen, dass Leistungen gemäß § 362 Abs. 1 BGB und gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB identisch sind, sofern solvendi causa geleistet wird. Zuwendung und Tilgungsbestimmung als Bestandteile der erfüllungsrechtlichen Leistung finden ihr Äquivalent in Zuwendung und Zweckbestimmung bei der bereicherungsrechtlichen Leistung.65 Tilgungsbestimmung und Zweckbestimmung sind bei der Leistung solvendi causa identisch.66 Gemeinsame Aufgabe dieses einheitlichen finalen Elements ist die Bezugsetzung einer Zuwendung solvendi causa zu einem Schuldverhältnis im engeren Sinn.67

65 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 94); Pinger, AcP 179 (1979), S. 311; Eckert, JR 1989, S. 202; Thomä, JZ 1963, S. 626; Schlechtriem, JZ 1993, S. 26; Wolf, Drittleistung, S. 45; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 56; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 12. 66 Wieling, Bereicherungsrecht, S. 18; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 87; Pinger, AcP 179 (1979), S. 319; Thomä, JZ 1962, S. 626; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 376; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 12. 67 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III (S. 137); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 722; ders., JZ 1963, S. 26; Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 14; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 394; Reeb, JuS 1972, S. 581; Kötter, AcP 153 (1954), S. 199, 206; Wilburg, Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung S. 33, 50; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 56; Schmidt, Erfüllung, S. 110; Stolte, JZ 1990, S. 221; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 87; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 12.

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

§ 14 Der Meinungsstand zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff Ehe zur Kritik am bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff Stellung bezogen werden kann, müssen zuvor dem Gegenstand der Kritik, dem Leistungsbegriff des Bereicherungsrechts, Konturen verliehen werden. Herauszuarbeiten ist daher, wie der Begriff „Leistung“ bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB von Literatur und Rechtsprechung verstanden wird. Betrachtet man die normativen Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs, steht die geringe Anzahl der einschlägigen Paragraphen im krassen Gegensatz zur praktischen Bedeutung des Bereicherungsrechts, zur enormen Anzahl der verschiedenartigsten Lebenssachverhalte, die auf ihrer Grundlage rückabgewickelt werden müssen.1 Augenscheinlich wird das Missverhältnis anhand des Lehrbuchs von Reuter/Martinek zum Bereicherungsrecht, welche in ihrem Werk ganze 805 Seiten den nur elf Vorschriften des Bereicherungsrechts widmen. Das verdeutlicht, dass die Probleme im Umgang mit dem Bereicherungsrecht nicht zuletzt „in der Diskrepanz der Vielfalt des täglichen Lebens zur kargen Ausformung des Rechtsgebietes“ liegen.2 Das eigentliche Ausmaß des Konflikts offenbart sich in ganzer Schärfe, hält man sich vor Augen, dass es – abgesehen von § 816 BGB – mit § 812 Abs. 1 BGB nur eine einzige, praktisch bedeutsame Anspruchsgrundlage gibt,3 die ihrerseits klarer Strukturen ermangelt.4 So werden die Voraussetzungen der Nichtleistungskondiktion anhand des Merkmals „in sonstiger Weise“ nur negativ, in Abgrenzung zur Leistung formuliert. Schließlich fehlt jede Aussage über das Verhältnis der beiden Alternativen des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB.5 Trotz oder gerade wegen der gesetzlichen Unschärfe kommt dem Begriff „Leistung“ im Tatbestand des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB eine zentrale Rolle für die Begründung eines Kondiktionsanspruchs zu. Da eine Legaldefinition fehlt, muss seine durch die Rechtswissenschaft gewonnene Defini1 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 47 (S. 32); Bamberger/Roth/Wendehorst, Vor § 812 Rdnr. 1; Erman/Westermann, Vor § 812 Rdnr. 8; Kunisch, Dreiecksverhältnisse, S. 3; Schlechtriem, JZ 1993, S. 24. 2 Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 29; Stolte, JZ 1990, S. 226. Vgl. ferner Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 3: „… rudimentäre gesetzliche Regelung …“; Knieper, KJ 1980, S. 119 „… dürren Wortlaut …“. 3 Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 1; Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 32. 4 Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 43; Reeb, Grundprobleme, § 2 (S. 5); Lieb, NJW 1982, S. 2034; ders., Festgabe BGH, S. 547; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 372; Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 33. 5 Thielmann, AcP 187 (1987), S. 27.

§ 14 Der Meinungsstand zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff

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tion so konkret sein, dass der Tatbestand die nötige Klarheit erreicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Begriff der „Leistung“ im Bereicherungsrecht nach herrschender Meinung als dogmatisches Kürzel Wertungen der Rückabwicklung verschlüsselt.6 Anhand dieser Wertungen wurde die Definition des Begriffs „Leistung“ entwickelt. Abgesehen von der Zweifelhaftigkeit eines solch empirischen Vorgehens7 stellt sich damit zuvorderst die Frage nach den Grundwertungen des Bereicherungsrechts.

I. Natur des Kondiktionsrechts Schon die Grundfunktion des Bereicherungsrechts ist nicht leicht zu bestimmen. Zwar findet sich allenthalben die Aussage, das Bereicherungsrecht diene der Rückgängigmachung materiell nicht gerechtfertigter Vermögensverschiebungen.8 Einig ist man sich weiterhin, dass das Bereicherungsrecht zwangsläufige Folge einer Rechtsordnung ist, die dem Trennungsprinzip folgt,9 lässt doch die Zerstörung des Kausalverhältnisses die sachenrechtliche Zuordnung wegen des aus dem Trennungsprinzip folgenden Abstraktionsprinzips grundsätzlich unberührt. Daher bedarf es einer Ausgleichsordnung, welche die materielle Gerechtigkeit – orientiert an der fehlerhaften schuldrechtlichen Planungsgrundlage – wieder herzustellen vermag. Das Bereicherungsrecht stellt diese Ausgleichsordnung dar.10 Was sich aber ge6 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 VI 2 (S. 249); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 3 IV (S. 9); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 40; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II 5 (S. 116 ); Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 16; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 686; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 173; Schlechtriem, ZHR 149 (1985), S. 335; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 25; Wieling, JuS 1978, S. 806; Schreiber, Jura 1986, S. 541; Kamionka, JuS 1992, S. 934; Köndgen, FS Esser, S. 64. 7 Vgl. schon oben Zweiter Teil § 13 II. 4. 8 Vgl. nur Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 I (S. 128); Musielak, Grundkurs BGB, Rdnr. 713; Kaiser, Bürgerliches Recht, S. 391; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 660, 662; Staudinger/Lorenz, Vorb. 1 zu §§ 812; Bamberger/Roth/Wendehorst, Vor. § 812 Rdnr. 2; Palandt/Sprau, Einf. vor § 812 Rdnr. 2; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 5; Kunisch, Dreiecksverhältnisse, S. 1; Rothoeft, AcP 163 (1964), S. 224. 9 Schapp, Der Vertrag als Vorgegebenheit, S. 73; Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 6; Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 10 Rdnr. 11; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I (S. 76); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 1 (S. 2); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 17; Flume, Rechtsgeschäft, § 12 I 2 (S. 157); Reeb, Grundprobleme, § 3 (S. 7); MüKo/ Lieb, § 812 Rdnr. 22; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 2; Staudinger/Lorenz, Vorb. 1 zu §§ 812; Rengier, AcP 177 (1977), S. 421; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 397; Reeb, JuS 1972, S. 392; Bälz, FS Gernhuber, S. 5. Vgl. auch Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 184: „Schatten des Abstraktionsprinzips“. 10 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 146); Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 8; Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 47 (S. 38); Reeb, Grundpro-

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

nau hinter dem Begriff der Ausgleichsordnung verbirgt, ist nicht hinreichend klar. Wird mit den Regeln über die ungerechtfertigte Bereicherung einem Gebot der allgemeinen Billigkeit entsprochen oder beruht das Bereicherungsrecht auf anderen grundlegenden gesetzlichen Wertungen? Lange Zeit galt das Bereicherungsrecht in der Tat als reines Billigkeitsrecht. Die Ursache dafür lag in einem Verständnis des justinianischen Rechts, welches – wie Flume nachgewiesen hat11 – ihm ursprünglich nicht eigen war. Deshalb ist an dieser Stelle ein kurzer historischer Aufriss vonnöten.12 1. Klassisches römisches Recht Im klassischen Römischen Recht war die condictio lediglich eine Klageformel.13 Versagte die Vindikation, weil ein Eigentumsübergang stattgefunden hatte, schloss die condictio diese Lücke. Folglich setzte sie eine Eigentumsübertragung (datio) sowie einen fehlenden rechtlichen Grund (sine causa) voraus.14 Rechtsfolge war die Rückübereignung des erlangten Gegenstandes.15 Schon damals diente also die condictio der Rückgängigmachung rechtsgrundloser Übereignungen.16 Im Laufe der Zeit wurde die conditio sukzessive auf Vermögensverschiebungen ohne Eigentumsübergang ausgedehnt und erfasste auch Realhandlungen. Anschließend entwickelte man verschiedene Fallgruppen einer immer noch einheitlichen Klageart.17 Diesem Anspruch konnte man bis auf wenige Ausnahmen nicht entgegenhalten, man sei – etwa durch Verlust des Gegenstandes – nicht mehr bereichert.18 bleme, § 3 (S. 8); Palandt/Sprau, Einf. vor § 812 Rdnr. 3; Kamionka, JuS 1992, S. 846; Loewenheim/Winckler, JuS 1982, S. 668; Lorenz, JuS 1968, S. 442; Rengier, AcP 177 (1977), S. 421; Reeb, JuS 1972, S. 393. 11 Flume, FS Niedermeyer, S. 103 ff. 12 Im unterschiedlichen Verständnis der Rechtsnatur wurzelt auch die Diskussion um den Inhalt des Bereicherungsanspruchs (Gegenständlichkeit oder gleitende Bereicherung, orientiert am Vermögen des Empfängers). 13 Mit der legis actio per condictionem wurde ein Treffen der Parteien vor dem Richter in 30 Tagen angekündigt (condiciere = ankündigen), vgl. Kaser, Römisches Privatrecht I, § 139 3 I (S. 496); Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 632; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 1. 14 Wieling, Bereicherungsrecht, S. 1; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 4. 15 Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 4; Rengier, AcP 177 (1977), S. 431; von Thur, FS Bekker, S. 297 ff.; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 24. 16 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 1 I (S. 9); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 1; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 3. 17 Die irrtümliche Erbringung einer nicht geschuldeten Leistung (indebitum solutum), der Nichteintritt eines als Leistungszweck vereinbarten Erfolges (datio ob rem) sowie sittenwidrige Zweckvereinbarungen, vgl. Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 220; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 4. 18 Maier, AcP 152 (1953), S. 103; Flume, FS Niedermeyer, S. 104.

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2. Gemeines Recht Im Gegensatz dazu nahm man in der Romanistik des 19. Jahrhunderts seit Glück19 in der Auseinandersetzung mit den Kompilatoren20 an, dass der Bereicherungsanspruch zu Zeiten Justinians auf die vorhandene Bereicherung begrenzt war.21 Die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung durch den Bereicherungsschuldner ist aber nur möglich, wenn der Anspruch nicht am erlangten Gegenstand, sondern stattdessen am Vermögen des Bereicherungsschuldners orientiert ist.22 Dass der Bereicherungsschuldner nicht mehr herauszugeben hat, als sich noch in seinem Vermögen befindet, betrachtete man zunehmend als Ausdruck eines allgemeinen Billigkeitsgedankens.23 Richtigerweise war jedoch auch zu Justinians Zeiten die Bereicherungshaftung streng gegenstandsorientiert. Die Begrenzung auf die vorhandene Bereicherung war dem justinianischen Recht, bis auf sporadische Ausnahmen, ebenfalls fremd.24 Danach erweist sich der Ansatz eines Billigkeitsrechts als historischer Trugschluss. 3. Der Einheitsgedanke Savignys und dessen Einfluss auf die Kodifikation im BGB Im ausgehenden 19. Jahrhundert war es schließlich von Savigny, welcher das Bereicherungsrecht auf den Gedanken des allgemeinen Billigkeitsrechts zurückführte. Ausgangspunkt waren für ihn die unterschiedlichen nachklassischen Fallgruppen der condictio (indebiti, ob causam finitam, causa data causa non secuta, ob turpem vel iniustam causam). Daraus entwickelte er einen einheitlichen Bereicherungstatbestand, dessen Grundprinzip er in der „Erweiterung eines Vermögens durch Verminderung eines anderen Vermögens, die entweder stets ohne Grund war oder ihren ursprünglichen Grund verloren hat“, sah.25 Dieser Ansatz beeinflusste maßgeblich die Kodifikation des Bürgerlichen Gesetzbuches.26 Folgte von Kübels erster Ent19

Glück, Pandekten, § 835 (S. 152 ff.). Vor allem unter Berufung auf Ulpian (D. 12, 6, 26, 12). 21 Vgl. dazu Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 371; Flume, FS Niedermeyer, S. 146. 22 Flume, FS Niedermeyer, S. 145; Rengier, AcP 177 (1977), S. 420; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 38 ff. 23 Vgl. Protokolle II, S. 706 f.; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 371; Rengier, AcP 177 (1977), S. 420. 24 Flume, FS Niedermeyer, S. 109, 129, 130. 25 von Savigny, System des römischen Rechts, S. 526. 26 Vgl. Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 1 I (S. 11 ff.); Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 3; Staudinger/Lorenz, § 818 Rdnr. 1; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 372; Wesel, NJW 1994, S. 2594. 20

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wurf zum Bereicherungsrecht noch dem Konzept des nachklassischen Systems mit den verschiedenen Kondiktionstypen und einem Auffangtatbestand (§ 748 E1 – condictio sine causa),27 stellte die II. Kommission mit der Generalklausel des § 812 BGB einen allgemeinen Grundsatz im Sinne von Savignys an die Spitze der bereicherungsrechtlichen Normen.28 Dies sollte nicht nur die Übersichtlichkeit fördern,29 sondern entsprach systematisch dem Deliktsrecht, welches ebenfalls durch eine Generalklausel (§ 823 BGB) eröffnet wird.30 Zugleich wurde die Möglichkeit des Entreicherungseinwandes – welchen man zu Unrecht aus dem justinianischen Recht ableitete31 – in § 818 Abs. 3 BGB gesetzlich verankert. Diese „unglückliche Gesetzesfassung“32 verursachte nach Inkrafttreten des BGB den Eindruck, das Bereicherungsrecht sei allgemeines Billigkeitsrecht oder ein Recht höherer Ordnung.33 Wissenschaftliche Folge war die Begründung der so genannten „Einheitslehre“, die von einem einheitlichen Bereicherungsanspruch ausging, welcher sich nicht am übertragenen Gegenstand, sondern am Vermögen des Bereicherten orientiert. Der Lehre vom einheitlichen Bereicherungstatbestand folgte auch die reichsgerichtliche Rechtsprechung.34 In der Nachkriegszeit übernahm der Bundesgerichtshof diese Spruchpraxis35 und unterstellte das Bereicherungsrecht bis in die fünfziger Jahre zusätzlich dem 27 Motive II, S. 829 ff.; vgl. auch Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 6; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 372. 28 Daran trugen vor allem Lenel, AcP 74 (1889, S. 237 ff.) und von Gierke erheblichen Anteil, vgl. Protokolle II, S. 682. 29 Protokolle, S. 2940. 30 Vgl. nur Mugdan, Materialien II, S. 1174; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 3 f. 31 Flume, FS Niedermeyer, S. 134. Genau genommen beruht die unserem Bereicherungsrecht immanente Möglichkeit, sich auf Entreicherung zu berufen, auf einem Irrtum bei der Auslegung römischer Fundstellen. 32 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 2 I (S. 22); Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 3; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 2 („Ungeschicklichkeit des Gesetzgebers“); König, Gutachten, S. 1520 („ungereimte gesetzliche Regelung“); Staudinger/Lorenz, Vorb. 1 zu §§ 812; Erman/Westermann, Vor § 812 Rdnr. 6; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, Vor §§ 812 ff. Rdnr. 11; Reeb, JuS 1972, S. 391. Wesel, NJW 1994, S. 2594 spricht schlicht von einem „Fehler“. 33 Vgl. nur Rothoeft, AcP 163 (1964), S. 218. 34 RGZ 87, 36 (39); RGZ 98, 237 (240); RGZ 119, 332 (335); RGZ 130, 310 (312). 35 Vgl. BGHZ 1, 75 ff: „Oberster Grundsatz des Bereicherungsrechts ist es, dass die Herausgabepflicht des Bereicherten keinesfalls zu einer Verminderung seines Vermögens führen darf (§ 818 Abs. 3 BGB). Der Bereicherungsanspruch ist daher nach ständiger Rechtsprechung von vornherein in sich auf den Betrag beschränkt, der sich bei einer Gegenüberstellung der erlangten Vorteile und erlittenen Nachteile als Überschuss zugunsten des Empfängers ergibt.“

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Grundsatz von Treu und Glauben.36 So betonte er unter Berufung auf die Beratungen zum BGB,37 dass das Bereicherungsrecht in besonderem Maße auf Gründen der Billigkeit beruhe.38 Dieser Billigkeitsansatz schimmert noch heute bei Entscheidungen von bereicherungsrechtlichen Dreipersonenkonstellationen durch, wenn der BGH im Anschluss an von Caemmerer betont,39 dass sich für die Lösung dieser Fälle jede schematische Lösung verbiete.40 Stattdessen trifft der BGH seine Entscheidungen nicht selten durch Präjudizienvergleich und Interessenbewertung, was ihm den Vorwurf einer unvorhersehbaren und „konturenlosen Billigkeitsrechtsprechung“ einbrachte.41 4. Der Einfluss Wilburgs und von Caemmerers Erst die grundlegenden Arbeiten Wilburgs42 und von Caemmerers43 stellten den Ansatz einer einheitlichen Generalklausel und die Charakterisierung des Bereicherungsrechts als Billigkeitsrecht in Frage. Sie erkannten, dass die Leistungskondiktion in erster Linie der Korrektur des Abstraktionsprinzips dient und systematisch eng mit dem Erfüllungsrecht verbunden ist,44 wohingegen es sich bei der Eingriffskondiktion eher um einen deliktsähnlichen Anspruch handelt.45 So wie die zwei zentralen Pflichten des Zivilrechts die Erfüllung bzw. Beachtung der Pflichten aus vertraglichen oder vertragsähnlichen Sonderbeziehungen einerseits und die – keine Sonderbeziehung voraussetzende – allgemeine Pflicht zur Achtung dritter Rechts36

Vgl. Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 2 IV (S. 34). Vgl. Protokolle II, S. 706 f. 38 BGHZ 36, 232 (234 f.); BGHZ 55, 128 (134); BGHZ 111, 308 (312); BGHZ 132, 198 (215). 39 von Caemmerer, JZ 1962, S. 386. 40 Vgl. nur BGH NJW 1984, S. 2205 f. 41 So Reuter/Martinek im Vorwort ihres Lehrbuches; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 148; ders., JZ 1994, S. 590; Schnauder, JZ 1987, S. 71; ders., JuS 1994, S. 541; Jakobs, NJW 1992, S. 2524; Knieper, BB 1991, S. 1582. 42 Wilburg, Die Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung nach österreichischem und deutschem Recht, 1934. 43 von Caemmerer, FS Rabel, S. 333 ff. 44 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 I (S. 130); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I 2 (S. 388 ff.); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 1 (S. 3); Erman/Westermann, Vor § 812 Rdnr. 1; von Caemmerer, FS Rabel I, S. 333, 352; Rengier, AcP 177 (1977), S. 421; Stolte, JZ 1990, S. 221; Reeb, JuS 1974, S. 514; Rother, AcP 169 (1969), S. 14, 15; Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 189. 45 Wilburg, Die Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung, S. 17; Weitnauer, Symposium König, S. 28; von Caemmerer, FS Rabel, S. 342; Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 4 Fn. 7; Rengier, AcP 177 (1977), S. 421. 37

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güter anderseits sind,46 entspricht dieser grundsätzlichen Unterscheidung der Pflichtenkreise die Trennung in Leistungs- und Eingriffskondiktion. Bei der Leistungskondiktion knüpfte man wieder an die condictio des klassischen römischen Rechts an, welche eine Leistung voraussetzte47 und der Korrektur des Abstraktionsprinzips diente, mithin rechtsgrundlose Übereignungen rückgängig machen sollte.48 Ist danach die Leistungskondiktion ein Teil der Güterbewegung, gleichsam ein Annex des Vertragsrechts, die Eingriffskondiktion hingegen ein Instrument des Güterschutzes,49 handelt es sich beim Bereicherungsrecht keinesfalls um eine Ausprägung allgemeinen Billigkeitsrechts.50 Statt eigene bereicherungsrechtliche Wertungen zu erfinden, sind die jeweiligen Kondiktionstypen an bereits bestehende gesetzliche Wertungen gebunden.51 Speziell für das Recht der Leistungskondiktion folgen diese Wertungen aus dem Abstraktionsprinzip sowie den §§ 362, 346 ff. BGB.52 Darin zeigt sich erneut die Unzulänglichkeit eines Schlusses von der Leistungskondiktion auf die Erfüllung und es bestätigt sich, dass für Aussagen über die Leistungskondiktion methodisch die Erfüllung als maßgebliche Wertungsgrundlage fruchtbar gemacht werden muss.

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Vgl. schon oben Erster Teil § 6 II. 9. a). Flume, FS Niedermeyer, S. 137. 48 Auch von Savigny hat das Kondiktionsrecht als Einschränkung der durch das Abstraktionsprinzip gewährleisteten Verkehrssicherheit erkannt, vgl. von Savigny, System des römischen Rechts, S. 354 ff. 49 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 2 III (S. 33); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 I 2 (S. 170); Kress, Besonderes Schuldrecht, S. 330; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 1; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 4; Hellwig, AcP 68 (1885), 217 ff.; Köndgen, FS Esser, S. 57; Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 4 Fn. 7; Knieper, KJ 1980, S. 127; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 123; von Caemmerer, FS Rabel, S. 342; Wesel, NJW 1994, S. 2594. 50 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 47 (S. 32); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 2 (S. 3); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 1; MüKo/ Lieb, § 812 Rdnr. 22; Bamberger/Roth/Wendehorst, Vor § 812 Rdnr. 2; Erman/Westermann, Vor § 812 Rdnr. 2; Ostendorf, BB 1973, S. 823 Fn. 16; Rengier, AcP 177 (1977), S. 421; Reeb, JuS 1972, S. 392; ders., Grundprobleme, § 1 (S. 4); Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 16. 51 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 VI 1 (S. 246); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 47 (S. 32). 52 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 I (S. 42); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 720; Gursky, Schuldrecht BT, S. 194; Köndgen, FS Esser, S. 58; Berg, JuS 1964, S. 138; ders., AcP 160 (1961), S. 508; Reeb, JuS 1972, S. 393; Singer, JR 1983, S. 258. 47

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II. Trennung zwischen Leistungskondiktion und Nichtleistungskondiktion Die Erkenntnis der unterschiedlichen Grundfunktionen des Bereicherungsrechts macht eine dogmatische Trennung zwischen Leistungs- und Nichtleistungskondiktion notwendig, wie sie bereits im Wortlaut angelegt ist, unterschied doch schon der Gesetzgeber begrifflich zwischen „Leistung“ und „in sonstiger Weise“.53 1. Einheitslehre Als der Gesetzgeber dem Bereicherungsrecht die Generalklausel des § 812 Abs. 1 BGB voranstellte, begünstigte dies die Entwicklung der Einheitslehre, welche im Anschluss an von Savigny von der Existenz nur einer einzigen bereicherungsrechtlichen Anspruchsgrundlage ausging.54 Untrennbar verbunden mit diesem Ansatz ist die vermögensorientierte Auffassung bezüglich des Bereicherungsgegenstandes.55 Tatbestandlich setzte der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung eine „unmittelbare Vermögensverschiebung“ vom Bereicherungsgläubiger auf den Bereicherungsschuldner – also ohne Umweg über ein drittes Vermögen – sowie das Fehlen eines Rechtsgrundes voraus.56 Vor allem mit dem Merkmal der Unmittelbarkeit einer Vermögensverschiebung, welches aus dem gesetzlichen Merkmal „auf Kosten“ herausgelesen wurde, versuchte man, in Dreipersonenkonstellationen die Parteien der Rückabwicklung zu bestimmen.57 Allerdings bereitete diesem Ansatz die Erfassung der Anweisungsfälle Schwierigkeiten. Man erkannte zwar, dass allein der Ausgleich zwischen Anweisenden und dessen dritten Gläubiger interessengerecht ist, gleichwohl fand eine „unmittelbare Vermögensverschiebung“ zwischen diesen Beteiligten nicht statt. Daraufhin entwickelte man die „unmittelbaren Ver53 Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 10; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 663; Musielak, Grundkurs BGB, Rdnr. 713; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 1; Erman/Westermann, Vor § 812 Rdnr. 1; Köndgen, FS Esser, S. 64. 54 Vgl. nur Krawielicki, Grundlagen, S. 1; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 20 f. 55 Am weitesten in diese Richtung ging Fischer, FS für Zitelmann, S. 10: „nicht auf das Erlangte, sondern auf die Bereicherung haftet der Schuldner“. Fischer erklärte auch den Wortlaut von § 812 für „falsch“ und restriktionsbedürftig. Auch die Saldotheorie beruht letztlich auf diesem vermögensorientierten Ansatz. 56 Vgl. Motive II, S. 830, 83; Protokolle II, S. 684; Kress, Besonderes Schuldrecht, S. 335; RGZ 130, 310 (312). 57 Vgl. Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 II (S. 43); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 18; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 17; Wilhelm, JuS 1973, S. 2 ff.; BGHZ 36, 30 (31).

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mögensverschiebungen durch mittelbare Zuwendungen“.58 Mit diesem Konstrukt hatte man sich aber von der eigenen Prämisse der Unmittelbarkeit verabschiedet.59 2. Trennungslehre Dagegen unterschied bereits Jung kurz nach Inkrafttreten des BGB streng zwischen Leistung und sonstiger Bereicherung.60 Anfang der dreißiger Jahre trennte Leonhard ebenfalls zwischen Leistung und Eingriff, und nur bei der Leistung fand die Bestimmung des Rechtsgrundes durch den Leistenden statt.61 Als eigentlicher Vater der Trennungslehre gilt jedoch Walter Wilburg, der sich in seiner denkwürdigen Schrift gegen ein allgemeines Prinzip des Bereicherungsrechts aussprach und konsequent zwischen der Bereicherung durch Leistung und in sonstiger Weise unterschied.62 Er erkannte den Rechtsfortwirkecharakter der Eingriffskondiktion63 und entwickelte die Lehre vom Zuweisungsgehalt fremder Rechte.64 Zustimmung fand Walter Wilburg vor allem in Ernst von Caemmerer.65 Beide sahen die Leistungskondiktion – als Annex des Vertragsrechts – zum Recht der Güterbewegung gehörend,66 wogegen die Eingriffskondiktion – als Annex des fortwirkenden Eigentums – Teil des gesetzlichen Güterschutzes ist.67 Schnell setzte sich diese Erkenntnis in der Literatur und Rechtsprechung 58 Vgl. statt aller Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 221 III (S. 880); BGH NJW 1952, 1171. 59 König, Gutachten, S. 1578; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 395; Kötter, AcP 153 (1954), S. 200; Schreiber, Jura 1986, S. 540; Wesel, NJW 1994, S. 2595. 60 Jung, Mangel des rechtlichen Grundes, S. 25 f., 127 f. 61 Leonhard, Besonderes Schuldrecht, S. 454 ff. 62 Wilburg, Die Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung im deutschen und östreichischen Recht, 1934. Dabei konnte Wilburg auf Vorarbeiten von Fritz Schulz, AcP 105 (1909), S. 1 ff. zurückgreifen, welcher die Eingriffskondiktion entdeckt hatte. Dieser stellte nämlich nicht mehr auf den nach der Vermögensverschiebung bestehenden Zustand, auf das rechtsgrundlose Haben, sondern auf die rechtswidrige Erlangung des Gegenstandes, ab (vgl. AcP 105 (1909), S. 438: „es gibt kein rechtswidriges Eigentum, es gibt nur rechtswidrige Handlungen“). 63 Wilburg, Die Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung, S. 49. 64 Wilburg, Die Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung, S. 27 ff. 65 von Caemmerer, FS Rabel, S. 333 ff. 66 von Caemmerer, FS Rabel, S. 342. Vgl. auch Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 4 Fn. 7; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 I (S. 130); Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 1; Weitnauer, Symposium König, S. 28; Köndgen, FG Esser, S. 65; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 379. 67 Wilburg, Die Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung, S. 27 ff.; von Caemmerer, FS Rabel, S. 352 f.; aber auch schon Kress, Allgemeines Schuldrecht S. 4 Fn 7.

§ 14 Der Meinungsstand zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff

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durch.68 Heute ist die Trennung in zwei unterschiedliche Anspruchsgrundlagen gesicherte, wenn auch nicht ganz unbestrittene69 Erkenntnis.70 Ganz in diesem Sinn hat Detlef König in seinen Vorschlägen für die Überarbeitung des Bereicherungsrechts wie selbstverständlich zwischen Bereicherung aufgrund Leistung und Bereicherung in sonstiger Weise unterschieden.71 3. Stellungnahme Gab es auch in den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts immer wieder Bestrebungen, diese Trennung aufzuheben und die Einheitslehre neu zu begründen,72 kann diesem Ansinnen aufgrund der systematischen Unterschiede zwischen Leistungs- und Nichtleistungskondiktion nicht gefolgt werden. Schon die Situation des fehlenden Rechtsgrundes stellt sich bei Leistung und Nichtleistung als zu unterschiedlich dar.73 Hat 68 Larenz, Schuldrecht II, § 68 II (S. 474); Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 4 Fn. 7; Kötter, AcP 153 (1954), S. 194; Rengier, AcP 177, S. 421; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 374; Weitnauer, Symposium König, S. 26; ders., FS von Caemmerer, S. 256; Zeiss, JZ 1963, S. 7; BGHZ 40, 272 (277); BGHZ, 48, 70 (75). 69 Von einem einheitlichen Generaltatbestand gehen Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 47 (S. 36) aus. 70 Vgl. nur Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 IV (S. 142); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § (S. 33); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 745; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 2 (S. 4 f.); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 2; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 665; ders., Schuldrecht II, Rdnr. 632; Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 5; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 1; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 1; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 1; Bamberger/Roth/Wendehorst, Vor. § 812 Rdnr. 6; Canaris, JZ 1992, S. 1119; Hellwig, AcP 68 (1885), 217 ff.; Huber, JuS 1970, S. 343; Rengier, AcP 177 (1977), S. 421; Reeb, JuS 1972, S. 391; Möschel, JuS 1972, S. 300; Stolte, JZ 1990, S. 222; Kamionka, JuS 1992, S. 846; Köndgen, FS Esser, S. 55; Wesel, NJW 1994, S. 2595; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 19; Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 172. 71 König, Gutachten, S. 1515, 1550; vgl. auch dens., Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 10, 11 und Anhang S. VIII ff. 72 Batsch, Vermögensverschiebung und Bereicherungsherausgabe, S. 139 ff.; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 102 ff.; ders., AcP 175 (1975), S. 304 ff.; ders., JuS 1973, S. 1 ff.; Kellman, Grundsätze der Gewinnhaftung, S. 97 ff.; ders., NJW 1971, S. 863; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 62 ff.; ders., FS Von Lübtow, S. 542 ff.; ders., JZ 1985, S. 101, 163; ders., Sonderbeilage WM 1979, S. 9, 11; Kaehler, Bereicherungsrecht und Vindikation, S. 46 ff.; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 1 ff.; Stathopoulos, FS Sontis, S. 213; zuletzt Bälz, Festschrift Gernhuber, S. 5 ff. 73 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 47 (S. 36); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 I (S. 129); Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 632; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 1, 76; Grunewald, Bürgerliches Recht, § 29 Rdnr. 1; Erman/Westermann, Vor § 812 Rdnr. 1; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 6; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 394; Weitnauer, Symposium König, S. 28; Kötter, AcP 153 (1954), S. 194; Welker, Zweckverfehlung, S. 19.

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jemand etwas durch die Leistung eines anderen erhalten, ist nämlich bei der Frage nach dem Rechtsgrund in erster Linie zu prüfen, ob eine schuldrechtliche „Unterlage“ – speziell ein Schuldverhältnis im engeren Sinn – zwischen ihnen bestand.74 Wollte man dagegen die unterschiedlichen Ursachen für die Bereicherung ausblenden, könnte man die der Rückabwicklung zugrunde liegenden unterschiedlichen Wertungen bei den Rechtsfolgen eines einheitlichen Kondiktionsanspruchs nicht mehr erfassen.75 Dass dies gleichwohl nötig ist, lässt sich schon daran ersehen, dass die Saldotheorie bei der Eingriffskondiktion nie angedacht worden ist.76 Die Rückabwicklung nicht an den unterschiedlichen gesetzlichen Wertungen anzuknüpfen, stellte im Ergebnis einen Rückfall in die abgelehnte Billigkeitsnatur des Bereicherungsanspruchs dar.77 Gegen sämtliche Einheitsformeln spricht schließlich, dass sie sich zwangsläufig auf einem solch hohen Abstraktionsniveau befinden, dass ihre Brauchbarkeit für die Praxis nicht mehr gegeben ist.78

III. Stand der Leistungskondiktion Ist mithin zwischen Bereicherungsansprüchen aus Leistungs- und Nichtleistungskondiktion zu unterscheiden, gilt es die unterschiedlichen Kondiktionsarten hinsichtlich ihrer Tatbestände voneinander abzugrenzen. Spezifisches Tatbestandsmerkmal der Leistungskondiktion ist das Vorliegen einer „Leistung“. Diese beruht im Ausgangspunkt auf einer Vermögensübertragung, vorgenommen durch eine Handlung des Leistenden. Im Einklang mit dem Gesetzgeber muss diese Vermögensmehrung bewusst erfolgt sein, hatte er doch in § 748 Abs. 1 E1 mit der Bereicherung in sonstiger Weise Fälle erfassen wollen, bei denen die Vermögensverschiebung nicht auf einen Willensakt des Entreicherten beruhte.79 Leistung ist daher zumindest die bewusste Mehrung des fremden Vermögens. Wie im Erfüllungsrecht ist auch der bereicherungsrechtliche Leistungsbegriff tätigkeitsbezogen. Allerdings blieb man bei der bloßen Zuwendung nicht stehen. Stattdessen entwickelte man den heute herrschenden zweckgerichteten Leistungsbegriff. Dessen all74 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 I (S. 130); MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 15; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 1; Weitnauer, Symposium König, S. 28; Reeb, JuS 1972, S. 391; Scheyhing, AcP 157, S. 373. 75 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 2 I (S. 4); Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 178 ff.; Kötter, AcP 153 (1954), S. 205. 76 Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 176. 77 So auch Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 3 I (S. 39). 78 Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 5. 79 Bzw. nicht auf einem rechtsgültigen Willensakt, vgl. oben Erster Teil § 9 III. 2. b) aa) sowie Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 373; Kamionka, JuS 1992, S. 846.

§ 14 Der Meinungsstand zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff

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gemeines Verständnis, vor allem seine Definition und die ihm zugedachten Funktionen, sollen im Folgenden skizziert werden. 1. Zweckgerichteter Leistungsbegriff Verstand man zu Beginn der Trennungslehre – in Abgrenzung zum Eingriff – unter „Leistung“ allein die bewusste Mehrung fremden Vermögens, definierte erstmals Kötter „Leistung“ als bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens.80 Diese Definition beruhte auf der bereits vor Kötter vorhandenen Erkenntnis, dass menschliches Handeln final ist, folglich mit jeder Zuwendung ein bestimmter Zweck verfolgt wird.81 Im Bereicherungsrecht setzte sich nun die Erkenntnis durch, dass allein der Leistende den Zweck der Leistung bestimmt.82 Insbesondere in den Dreipersonenkonstellationen kam dieser Zweckbestimmung die Aufgabe zu, den Leistenden und den Leistungsempfänger festzulegen.83 Dieser subjektive Leistungsbegriff fand rasch Anhänger in der Literatur und ist heute ganz herrschende Ansicht.84 Auch der Bundesgerichtshof adaptierte im „Elektro80

Kötter, AcP 153 (1954), S. 195 f., 208. Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 6. b) bb); vgl. auch Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 102; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 394; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 257 Fn. 10; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 376; Rothoeft, AcP 163 (1964), S. 224; Stolte, JZ 1990, S. 222; Kamionka, JuS 1992, S. 847. Deshalb ist Kötter zwar nicht der Begründer, für das Bereicherungsrecht wohl aber der Wiederentdecker des finalen Leistungsbegriffs, vgl. Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 259; Kress, Allgemeines Schuldrechts, § 5 (S. 35 ff.); Schnauder, AcP 187 (1987), S. 144. 82 So schon die Motive II, S. 842 f.; vgl. weiterhin Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 772a; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 19; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 25; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 76; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 395; Berg, JuS 1964, S. 138 Fn. 4; Beuthien, JZ 1968, S. 323; Kötter, AcP 153 (1954), S. 224; König, Gutachten, S. 154; Lorenz, JuS 1968, S. 442; ders., AcP 168 (1968), S. 301; St. Lorenz, JuS 2003, S. 730; Thomä, JZ 1962, S. 625; Wieling, JZ 1977, S. 291; ders., JuS 1978, S. 801. Dass man (auch) im Recht der Leistungskondiktion zu einem Zuordnungsrecht des Schuldners gelangte, überrascht nicht, hat doch die Kondiktion die pathologischen Erfüllungsvorgänge zum Gegenstand. Daher erkannte man schneller, dass eine objektive Zuordnung in den strittigen Fällen der Erfüllung versagt. 83 Esser, Schuldrecht II, 4. Auflage, § 101 I 2 (S. 347); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 (S. 19); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 2 III (S. 32), § 4 II (S. 111); Henke, Leistung, S. 93; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 41; Reeb, JuS 1972, S. 583; Köndgen, FG Esser, S. 58; Pinger, AcP 179 (1979), S. 313; Schreiber, Jura 1986, S. 540; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 154; Westermann, JuS 1968, S. 18; Kupisch, JZ 1997, S. 214; BGH NJW 2002, 2871. 84 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 133); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 666; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 13; Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 II (S. 42); Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1073; Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 705; RGRK/Heimann-Trosien, § 812 Rdnr. 15; Erman/Wester81

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gerätefall“85 den zweckgerichteten Leistungsbegriff und verwendete ihn solange stereotyp,86 bis er ihn in späteren Entscheidungen als gefestigte Rechtsprechung bezeichnen konnte.87 2. Funktionen des Leistungsbegriffs Über die Bestimmung des Rechtsgrundes hinaus hat der zweckgerichtete Leistungsbegriff nach herrschendem Verständnis noch weitergehende Aufgaben. Nicht zu Unrecht wird er im Hinblick auf seine verschiedenen Funktionen im Tatbestand der Leistungskondiktion als „Mädchen für alles“ bezeichnet.88 a) Ersetzung des Merkmals „auf Kosten“ Im Tatbestand des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB findet sich die Voraussetzung „auf dessen Kosten“, wobei nicht klar ist, ob sich dieses Merkmal auf beide Alternativen bezieht oder lediglich zum Tatbestand der Nichtleistungen gehört. Der Wortlaut lässt beide Deutungen zu.89 Mit dem Merkmal „auf dessen Kosten“ sollte ursprünglich bei der Rückabwicklung der Durchgriff des Leistenden auf eine am Schuldverhältnis unbeteiligte Person verhindert werden.90 Darin manifestiert sich die Ablehnung des Versionsanspruchs mann, § 812 Rdnr. 11; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 2; Bauer/Wolf, JuS 1966, S. 394; Berg, AcP 160 (1961), S. 507; ders., NJW 1962, S. 101; ders., JuS 1964, S. 137; Beuthien, Zweckerreichung, S. 283 Fn. 11; ders., JZ 1968, S. 323; Ehmann, Gesamtschuld, S. 137; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 8; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 5; König, Gutachten, S. 1525; Loewenheim/ Winckler, JuS 1982, S. 671; Mühl, FS v. Lübtow, S. 547, 556 ff.; Reeb, JuS 1972, S. 581; Rothoeft, AcP 163 (1963), S. 224; Seibert JuS 1983, S. 591 ff.; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 371; Schlechtriem, JZ 1993, S. 26; Schnauder, S. 71 ff. und S. 124 ff.; ders., AcP 187 (1987), S. 142; von Caemmerer, FS Rabel, S. 366; Westermann, causa, S. 180 ff.; ders., JuS 1968, S. 18; Weitnauer, NJW 1979, 2008; ders., FS Caemmerer, 1978, S. 255 ff.; ders., Symposium König, S. 29; ders., NJW 1974, S. 1729 ff.; Zeiss, JZ 1963, S. 8; ders., AcP 165 (1965), S. 334 Fn. 11. 85 BGHZ 40, 272 (277). 86 Vgl. BGHZ 43, 1 (11); BGHZ 48, 70 (72); BGHZ 50, 227 (230 ff.); BGHZ 56, 228 (241); BGHZ 58, 184 (188). 87 Seit BGHZ 72, 246 (248). 88 Wilhelm, JuS 1973, S. 1. 89 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 131); Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 632; Kellman, S. 98; Kötter, AcP 153 (1953), S. 200. 90 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 135); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 44; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 I (S. 19); von Caemmerer, JZ 1962, S. 385; Zeiss, AcP 165 (1965), S. 343; Hager, Symposium König, S. 154.

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durch das Bürgerliche Gesetzbuch.91 Folglich bestimmten die Vertreter der Einheitslehre die Beteiligten der Rückabwicklung allein anhand des Merkmals „auf dessen Kosten“: Nur die Personen, zwischen denen eine „unmittelbare“ Vermögensverschiebung stattgefunden hatte, waren Parteien des Kondiktionsanspruchs.92 Unmittelbar wiederum war eine Vermögensverschiebung, wenn durch einen Akt das Vermögen des Empfängers vermehrt und das Vermögen des Leistenden vermindert wurde, ohne dass der Vermögensgegenstand zwischendurch einem Drittvermögen eingegliedert wurde.93 An seine Grenzen gelangte diese Auffassung in den Anweisungsfällen, wo sie unmittelbare Vermögensverschiebungen im Wege mittelbarer Zuwendungen anerkennen musste.94 Beachtet man hingegen die systematischen Unterschiede von Nichtleistungskondiktion und Leistungskondiktion und sieht man die Leistungskondiktion als Rückgewährschuldverhältnis auf gleicher Ebene wie der Rücktritt an, scheint das Merkmal „auf Kosten“ als eigenes Tatbestandsmerkmal unnötig, schließlich erfolgt auch beim Rücktritt die Bestimmung der Rückabwicklungsbeteiligten ohne dieses Merkmal.95 Außerdem setzt der Begriff der „Leistung“ bereits eine Zuwendung voraus. Grundlage einer Zuwendung ist die bewusste Mehrung des Vermögens des Leistungsempfängers durch den Leistenden. Jede Zuwendung stellt daher bereits die unmittelbare Vermögensverschiebung dar,96 weshalb das Merkmal „auf dessen Kosten“ vollständig im Merkmal „Leistung“ aufgeht.97 Für die Leistungskondiktion ist das Tatbestandsmerkmal „auf dessen Kosten“ daher nicht zu prüfen. Als eigenes Tatbestandsmerkmal ist es überflüssig.98 Bedeutung erlangt es allein für die Fälle der Nichtleistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB.99 91 Hingegen kannte sowohl das römische Recht als auch das gemeine Recht die actio rem in versio, vgl. nur Bockholdt, Haftung des unentgeltlichen Erwerbers, S. 25 f. 92 Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 108 ff.; BGHZ 36, 30 (31); BGHZ 46, 260 (263); vgl. auch Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 111). 93 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 663. 94 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 II. 95 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 131). 96 Pinger, AcP 179 (1979), S. 312; Kamionka, JuS 1992, S. 848; Bälz, FS Gernhuber, S. 12. 97 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 113); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 686; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1078; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 7; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 31; Kötter, AcP 153 (1954), S. 200; Schreiber, Jura 1986, S. 540; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 162; BGHZ 40, 272 (277). 98 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 131); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 IV (S. 16 ff.); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 II (S. 44); Gursky, Schuldrecht BT, S. 196; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 19; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 1; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 394; Berg, JuS 1964, S. 138 Fn. 4; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 10; Stolte, JZ

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b) Festlegung des Leistungsverhältnisses Anhand des Begriffs der „Leistung“ bestimmt sich nicht nur die Vermögensverschiebung einfacher. Durch die Notwendigkeit der Zwecksetzung können auch die Parteien des Leistungsverhältnisses problemlos festgelegt werden.100 Allein der Leistende verfolgt mit der Zuwendung einen Zweck, weshalb der Zweckbestimmende jeweils der Leistende ist. Dem Empfänger einer Leistung wird nicht nur etwas zugewendet, sondern nur ihm gegenüber verfolgt der Leistende einen Zweck,101 weshalb man den Leistungsempfänger auch mit Hilfe der Zweckbestimmung ermitteln kann. Die Personen des Leistungsverhältnisses bestimmen sich nach herrschender Ansicht nicht allein durch die Zuwendung, sondern auch durch die Zwecksetzung. Die „Leistung“ legt also in doppelter Hinsicht fest, wer die Personen des Leistungsverhältnisses sind.102 c) Bestimmung der Kondiktionspartner Mit den Partnern des Leistungsverhältnisses sind nach herrschender Meinung zugleich die Beteiligten des Rückabwicklungsschuldverhältnisses festgelegt.103 Da allein der Leistende dem Leistungsempfänger eine Zuwendung gemacht hat, gibt es auch nur zwischen diesen eine auszugleichende Vermögensverschiebung.104 Fehlt es am Rechtsgrund für die erfolgte Vermögensverschiebung, ist sie gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB rückgängig zu machen. Die Rückabwicklung findet somit zwangsläufig im Leistungsverhältnis statt,105 ist doch das Rückabwicklungsschuldverhältnis die Umkehrung des Leistungsverhältnisses.106 1990, S. 221; Schreiber, Jura 1986, S. 540; Kamionka, JuS 1992, S. 847; Köndgen, FS Esser, S. 55; Zeiss, JZ 1963, S. 7. 99 Kamionka, JuS 1992, S. 848. Entgegen Kupisch, Festgabe Lübtow, S. 511 wird der Tatbestand deshalb keineswegs „auf methodisch fragwürdige Weise“ zerstückelt. 100 Reeb, JuS 1972, S. 583; Wieling, JuS 1978, S. 801; ders., JZ 1977, S. 291. 101 Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 113; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 41. 102 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 7; Zeiss, JZ 1963, S. 7; Wilhelm, JuS 1973, S. 1. 103 Vgl. nur Loewenheim/Winckler, JuS 1982, S. 669. 104 Grunewald, Bürgerliches Recht, § 29 Rdnr. 2. 105 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 111); Reeb, Grundprobleme, § 3 (S. 18); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 14; Gursky, Schuldrecht BT, S. 196; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 18 f.; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 41; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 16; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 7; Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 113; Beuthien, JZ 1968,

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d) Feststellung der Rechtsgrundlosigkeit Die Problematik des Rechtsgrundes führte nicht nur zur Trennung von Leistungs- und Nichtleistungskondiktion, sondern spielte auch bei der Formulierung des zweckgerichteten Leistungsbegriffs eine wesentliche Rolle. Ausgehend von der Erkenntnis, dass der Zweck der Leistung jeweils vom Leistenden bestimmt wird, erkannte man, dass ein Rechtsgrund fehlt, wenn der mit der Leistung verfolgte und erklärte Zweck nicht erreicht wurde.107 Nur die Erreichung des verfolgten Zwecks rechtfertigt das Behalten der Leistung.108 Für diese Ansicht spricht der Wortlaut des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB (condictio ob rem), ist doch dort die Zweckverfehlung ausdrücklich als Grund für die Rückabwicklung festgelegt.109 Erst das mit dem zweckgerichteten Leistungsbegriff verbundene subjektive Rechtsgrundverständnis konnte nach herrschender Meinung die Rechtsgrundlosigkeit aller Leistungen erklären.110 Praktisch wichtigster Leistungszweck ist die Tilgung eines Schuldverhältnisses.111 Um feststellen zu können, ob dieser Zweck erreicht wurde, ist S. 325; Pinger, AcP 179 (1979), S. 302; Reeb, JuS 1972, S. 583; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 384; Stolte, JZ 1990, S. 221; von Caemmerer, JZ 1962, S. 385; Westermann, JuS 1968, S. 18; Wilhelm, JuS 1973, S. 1; Wieling, JuS 1978, S. 801; Welker, Zweckverfehlung, S. 24; Zeiss, JZ 1963, S. 7; Kamionka, JuS 1992, S. 847; Kötter, AcP 153 (1954), S. 202; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 82; BGHZ 66, 362 (363). 106 Beuthien, Zweckerreichung, S. 282; Kötter, AcP 153 (1954), S. 224 ff.; Welker, Zweckverfehlung, S. 20; Weitnauer, NJW 1974, S. 1730; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 54. 107 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 108); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 15); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 26; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 14; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 44; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 3, 70; Ehmann, JZ 2003, S. 707; ders., NJW 1969, S. 398 ff.; Stolte, JZ 1990, S. 221; Schreiber, Jura 1986, S. 541; Schnauder, JZ 1987, S. 70; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 263; Wieling, JuS 1978, S. 801; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 45; Zeiss, JZ 1963, S. 7; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 7; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 84; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 35 ff.; Reeb, Grundprobleme, S. 29. 108 Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 19; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 1; ders., JuS 1968, S. 18; Kötter, AcP 153 (1954), S. 224; Schnauder, Grundfragen, S. 35; ders., JZ 1987, S. 70; Ehmann, Gesamtschuld, S. 137, 155; Wieling, JZ 1977, S. 291 Fn. 6; Wilhelm, JuS 1973, S. 1; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 263. 109 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 108); Welker, Zweckverfehlung, S. 15; Scheyhing, AcP 157 (1957), S. 378; Schreiber, Jura 1986, S. 540; Zeiss, JZ 1963, S. 7; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 263. 110 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 109); HagmannLauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 19. 111 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 133); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 47 (S. 38); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 722; Baur/Wolf, JuS 1966,

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

nach dem Erfüllungseintritt zu fragen. Dafür ist es erforderlich, dass das erlöschende Schuldverhältnis genau bezeichnet wird. Anderenfalls lassen sich erbrachte und geschuldete Leistung nicht vergleichen.112 Erst aufgrund dieses Vergleiches können Aussagen über die Erfüllungswirkungen getroffen werden. Die dafür erforderliche Zuordnung nimmt der Leistende im Rahmen der Zweckbestimmung vor, ordnet diese doch die solvendi causa erbrachte Zuwendung den gesetzlichen oder vertraglichen Rechtsgrundverhältnissen zu.113 Auch dem zweckgerichteten Leistungsbegriff des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist eine einseitige Zuordnung durch den Leistenden eigen, was die Hypothese der Identität beider Leistungsbegriffe bestätigt. e) Primärer Inhalt des Bereicherungsanspruchs Die im Rahmen der Leistungskondiktion auszugleichende Vermögensverschiebung besteht in der Zuwendung des Leistenden an den Leistungsempfänger. Herauszugeben ist folglich das Zugewendete, sprich der Zuwendungsgegenstand selbst.114 Der Leistungsbegriff legt mithin auch den Gegenstand der Leistungskondiktion fest.115

IV. Zum Verhältnis von Leistung zu Nichtleistung (Subsidiarität) Mit der Entwicklung des zweckgerichteten Leistungsbegriffs erlangte nicht nur das Merkmal „Leistung“ dogmatische Konturen, sondern man schied anhand seiner Bestandteile auch Sachverhalte aus dem Bereich der Leistungskondiktion aus, die sich nicht als zweckgerichtete Zuwendung S. 394; Beuthien, JZ 1968, S. 323; Wolf, Drittleistung, S. 44; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 376; Reeb, JuS 1972, S. 582; Schreiber, Jura 1986, S. 540; Kamionka, JuS 1992, S. 846; König, Gutachten, S. 1527; Lorenz, JuS 1968, S. 442; Loewenheim/Winckler, JuS 1982, S. 671; St. Lorenz, JuS 2003, S. 730; Weitnauer, Symposium König, S. 30. 112 Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 1. b). 113 Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 722; Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 14; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 12; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 4; Bälz, FS Gernhuber, S. 7; Scheyhing, AcP 157 (1957/1959), S. 377; Reeb, JuS 1972, S. 581; Rothoeft, AcP 163 (1963), S. 224; Kamionka, JuS 1992, S. 847. 114 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 3 III 3 (S. 60); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 722; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 43; Bamberger/Roth/ Wendehorst, § 812 Rdnr. 21, 128; Berg, JuS 1964, S. 138; von Caemmerer, FS Rabel, S. 368; Rengier, AcP 177 (1977), S. 431; Canaris, JZ 1971, S. 561; Lieb, NJW 1971, S. 1289 f.; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 22. Richtiger Ansicht nach galt dies schon im justinianischen Recht, vgl. Flume, FS Niedermeyer, S. 109. 115 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 7.

§ 14 Der Meinungsstand zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff

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darstellten (so genannte Nichtleistungen).116 Diese können gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB zurückgefordert werden. Die Entwicklung zweier unterschiedlicher bereicherungsrechtlicher Ansprüche warf zugleich die Frage nach dem Verhältnis von Leistungskondiktion zur Nichtleistungskondiktion auf. Dieses ist bis heute nicht abschließend geklärt.117 1. Problemaufriss Dahinter steht die Frage, ob der Empfänger das durch eine Leistung Erlangte im Wege einer Nichtleistungskondiktion herausgeben muss, wenn es einen Rechtsgrund für die Leistung gibt. Oder anders gefragt: Wenn A dem B einen Gegenstand geleistet und B diesen mit Rechtsgrund, etwa zur Erfüllung einer bestehenden Forderung, an C weiter geleistet hat, kann A den Gegenstand dann von C im Wege der Nichtleistungskondiktion herausverlangen? Dem § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ist keine Lösung dieser Frage zu entnehmen.118 Indes zeigt § 816 Abs. 1 S. 1 BGB, dass sich der Erwerber einer fremden Sache regelmäßig nur mit seinem Vertragspartner auseinandersetzen soll. Vor dem Durchgriff des früheren Eigentümers ist er dagegen geschützt.119 In Anbetracht der §§ 816 Abs. 1 S. 2, 822 BGB ist ein Durchgriff nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen möglich.120 Jede dieser Normen beruht auf der gesetzgeberischen Ablehnung der Versionsklage.121 Hat also der Empfänger eine Zuwendung des Leistenden erhalten, fand eine unmittelbare Vermögensverschiebung ohnehin nur zwischen diesen beiden statt. Damit scheint es ausgeschlossen, dass ein Dritter bereicherungsrechtlich gegen den Empfänger der Leistung vorgehen kann. Anderenfalls läge eine grundsätzlich unzulässige actio rem in verso vor.122 116

Loewenheim/Winckler, JuS 1982, S. 669. Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 30; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 27. 118 Thielmann, AcP 187 (1987), S. 27. 119 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 8 I 1 (S. 282 f.); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 I (S. 105); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 768; Hager, Festgabe BGH, S. 783. 120 Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 767. 121 Die grundsätzliche Unzulässigkeit ergibt sich aus der Stellung des § 822 BGB am Ende des Bereicherungsrechts sowie seinen engen tatbestandlichen Voraussetzungen, vgl. Motive II, S. 871, 872; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 44, 81; Larenz/ Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 135 f.); Ehmann, NJW 1971, S. 613; Berg, AcP 160 (1961), S. 516; von Caemmerer, FS Rabel, S. 372; Wilhelm, JuS 1973, S. 2; ders., AcP 175 (1975), S. 312. 122 Wieling, Bereicherungsrecht, S. 96; von Caemmerer, JZ 1962, S. 385; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 272; Westermann, JuS 1968, S. 18; Wilhelm, JuS 1973, S. 2; Zeiss, AcP 165 (1965), S. 343. 117

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

Das Problem des Verhältnisses von Leistungskondiktion zu Nichtleistungskondiktion tritt allerdings nicht nur in Dreipersonenkonstellationen auf,123 sondern kann sich auch bei zwei Beteiligten stellen. Verbaut etwa ein Bauunternehmer eine eigene Sache zur Erfüllung eines nichtigen Werkvertrags ohne vorherige Übereignung mit einem fremden Grundstück,124 schließt die Qualifikation des Vorgangs (der „geschuldete“ Einbau) als Leistung zwar eine Eingriffskondiktion,125 nicht aber eine Nichtleistungskondiktion nach § 951 BGB begrifflich aus.126 An diesem Beispiel lässt sich ersehen, dass es beim strittigen Verhältnis nicht allein um die Verhinderung des Versionsanspruchs geht.127 2. Subsidiaritätstheorie und sachenrechtliche Wertungen Im Anschluss an Esser128 entwickelte der BGH zur Erfassung des strittigen Verhältnisses zwischen Leistungs- und Nichtleistungskondiktion den Grundsatz der Subsidiarität.129 Er besagt pauschal, dass eine Nichtleistungskondiktion nicht mehr zulässig ist, falls eine Leistungskondiktion in Betracht kommt.130 Allerdings hat auch dieser Grundsatz im Laufe der Zeit eine Entwicklung erfahren. 123

So aber Köndgen, FS Esser, S. 57. Beispiel von Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I (S. 79). Gleiches gilt für jeden Leistungsvorgang, der aufgrund gutgläubigen Erwerbs, Verarbeitung oder Verbindung in fremde Rechte eingreift, vgl. Jauernig/Stadler, § 812 Rdnr. 82. 125 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 727; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 777; Grunewald, Bürgerliches Recht, § 31 Rdnr. 1; Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 10 Rdnr. 19; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 24; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 43; Bälz, FS Gernhuber, S. 9; Berg, NJW 1964, S. 720; Huber, JuS 1970, S. 343; Reeb, JuS 1973, S. 228; Rothoeft, AcP 163 (1964), S. 237; Wilhelm, JuS 1973, S. 2; Kötter, AcP 153 (1954), S. 208; St. Lorenz, JuS 2003, S. 731. 126 Wieling, Bereicherungsrecht, S. 96; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 84; ders., JuS 1968, S. 18; ders., JuS 1972, S. 21; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 26 ff.; Zeiss, AcP 165 (1965), S. 338; Westermann, causa, S. 223. Anderer Ansicht Reeb, Grundprobleme, § 5 (S. 49); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 I (S. 104). Unentschlossen Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, welche eine begriffliche Alternativität einerseits (§ 4 I [S. 79]) ausschließen und sie andererseits (§ 10 II [S. 399]) bejahen. 127 Thielmann, AcP 187 (1987), S. 27 f. 128 Esser, Fälle und Lösungen zum Schuldrecht, S. 127 f. 129 Erstmals in BGHZ 40, 272 (278); vgl. auch BGHZ 56, 228 (240); BGHZ 69, 186 (189); BGH NJW 1999, 2892. 130 Dem BGH zustimmend Gursky, Schuldrecht BT, S. 205; Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 10 Rdnr. 20; RGRK/Heimann-Trosien, § 812 Rdnr. 41; Palandt/ Sprau, § 812 Rdnr. 2; Berg, AcP 160 (1961), S. 516 f.; ders., NJW 1964, S. 720; 124

§ 14 Der Meinungsstand zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff

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a) Die Wertung des § 932 BGB als Ausgangspunkt Zu Beginn stellte man lediglich darauf ab, ob der Empfänger den erlangten Gegenstand durch eine Leistung erhalten hat.131 In diesem Fall war eine Nichtleistungskondiktion gegen ihn ausgeschlossen. Das Vertrauen des Empfängers in eine Leistung seines Vertragspartners schien schutzwürdig. Berücksichtigt man den Charakter der Eingriffskondiktion als Rechtsfortwirkeanspruch aus dem Eigentum,132 entspricht dem Ausschluss einer Nichtleistungskondiktion die Wertung des § 932 BGB: Hat der Erwerber die Sache von einem Dritten erhalten, kann er gutgläubig das Eigentum erwerben. Wegen § 816 Abs. 1 BGB ist ein bereicherungsrechtliches Vorgehen gegen den Erwerber danach ausgeschlossen. b) Berücksichtigung der Wertung des § 935 BGB Allerdings ist § 932 BGB nicht die einzige sachenrechtliche Wertung beim Gutglaubenserwerb. Daneben ist die Wertung des § 935 BGB zu berücksichtigen.133 Folglich konnte man beim alleinigen Abstellen auf den Empfänger nicht stehen bleiben. Offensichtlich wurde das im Jungbullenfall:134 Ein Dieb hatte dem Beklagten junge Bullen geleistet und der Beklagte hatte die Tiere verarbeitet. Ein Anspruch des früheren Eigentümers aus § 985 BGB versagte, weil der Beklagte das Eigentum an den Tieren im Wege des § 950 BGB erlangt hatte. Dem Kläger blieb nur der Anspruch gemäß § 951 BGB.135 Da aber dem Beklagten die „Bullen“ vom Dieb geleistet worden waren, hätte der Anspruch des bestohlenen Klägers aus § 951 BGB wegen angeblicher Subsidiarität der Nichtleistungskondiktion eigentlich gesperrt sein müssen.136 Ein solches Ergebnis widerspräche aber in evidenter Weise der Wertung des § 935 BGB: Wenn dem Eigentümer der Gegenstand gestohlen wurde, kann er ihn selbst bei Gutgläubigkeit des Erders., JuS 1964, S. 138; Kötter, AcP 153 (1954), S. 210; Scheyhing, AcP 157 (1957), S. 387. 131 Esser, Fälle und Lösungen zum Schuldrecht, S. 127 ff.: „Ein Anspruch wegen Bereicherung in sonstiger Weise, vielfach als Eingriffskondiktion bezeichnet, kann nach der neueren Lehre nur dann entstehen, wenn der Bereicherungsgegenstand dem Empfänger überhaupt nicht, also von niemandem, geleistet worden ist.“ Vgl. auch Esser, Schuldrecht, 2. Auflage, § 190 (S. 788); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 43; Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 17 Rdnr. 18; Kötter, AcP 153 (1954), S. 210; Berg, AcP 160 (1961), S. 519 ff.; Zeiss, JZ 1963, S. 8; BGHZ 40, 272 (278); BGHZ 56, 229 (240); BGHZ 69, 186 (189). 132 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 I. 4. 133 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 62; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 32. 134 BGHZ 55, 176. 135 Ehmann, NJW 1971, S. 613.

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

werbers herausverlangen. Nur wer den Gegenstand willentlich aus der Hand gibt, läuft Gefahr, ihn durch gutgläubigen Erwerb zu verlieren. Zwar lag kein Fall rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerbs vor. Die Eingriffskondiktion ist als Güterschutzanspruch aber die bereicherungsrechtliche Verlängerung des Eigentums.137 Der § 951 BGB ergänzt den Anspruch aus § 985 BGB und ist ebenfalls am (verlorenen) Eigentum orientiert. Scheitert der rechtsgeschäftliche Eigentumserwerb gemäß §§ 932, 935 BGB und geht das Eigentum dennoch verloren, tritt an die Stelle des Vindikationsanspruchs der bereicherungsrechtliche Rechtsfortwirkeanspruch aus der Eingriffskondiktion. Diese Funktion darf nicht dadurch umgangen werden, dass man im Jungbullenfall den Anspruch aus Eingriffskondiktion wegen angeblicher Subsidiarität verneint.138 Im Ergebnis richtig ließ deshalb auch der BGH die Eingriffskondiktion des früheren Eigentümers gegen den Beklagten zu. Allerdings begründete er sein Ergebnis nicht mit den einschlägigen sachenrechtlichen Wertungen. Vielmehr verschleierte er diese durch eine Modifikation seines Subsidiaritätsgrundsatzes:139 Zuerst müsse das Erlangte genau bestimmt werden. In casu waren Besitz und Eigentum zu trennen.140 Das Eigentum an den Bullen konnte der Dieb dem Beklagten wegen § 935 BGB nicht verschaffen, sondern lediglich den Besitz.141 Eine Leistung von Eigentum lag insoweit nicht vor.142 Dieses hat sich der Beklagte im Wege der Verarbeitung selbst verschafft. Wurde das Eigentum nicht geleistet, konnte der Kläger also im Wege der Eingriffskondiktion gegen den Beklagten vorgehen.143 Im Anschluss an den Jungbullenfall lautete der modifizierte Subsidiaritätsgrundsatz: Hat der Kläger den Gegenstand weggeleistet, kann er nicht mehr im Wege der Nichtleistung gegen Dritte vorgehen.144 136

Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 107; Kötter, AcP 153 (1954), S. 209; Picker, NJW 1974, S. 1791; Ehmann, NJW 1971, S. 613; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 80. 137 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 I. 4. und Zweiter Teil § 14 II. 2. 138 Wilhelm, JuS 1973, S. 8; Canaris, JZ 1992, S. 1119. 139 Thielmann, AcP 187 (1987), S. 33 Fn. 33 bezeichnet die Umformulierung daher, nicht zu Unrecht, als „Kunstgriff“. 140 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 III (S. 105 f.); Gursky, Schuldrecht BT, S. 205; Huber NJW 1969, S. 1905; ders., JuS 1970, S. 347. 141 Krawielicki, JherJB 81, S. 316 ff.; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 75; Picker, NJW 1974, S. 1790; Schreiber, Jura 1986, S. 542; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 32. 142 Im insoweit vergleichbaren Fall BGHZ 20, 346 (Paul Dahlke) differenzierte der BGH zwischen dem geleisteten Foto als Gegenstand und dem mangels Befugnis nicht geleisteten Recht, selbiges Foto zu Werbungszwecken zu verwenden. 143 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 727. 144 Berg, AcP 160 (1961), S. 516; Esser, Schuldrecht II, 4. Auflage, § 104 vor I; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 2; Ehmann, NJW 1971, S. 613; Huber, JuS 1970,

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Hinter dieser Neuformulierung steht jedoch nur die Beachtung des § 935 BGB und der Rechtsnatur der Eingriffskondiktion. c) Keine Berücksichtigung eventueller Bösgläubigkeit des Leistungsempfängers Dennoch kann auch dem derart veränderten Subsidiaritätsgrundsatz nicht gefolgt werden, berücksichtigt diese Formulierung doch ebenfalls nicht alle sachenrechtlichen Wertungen. Hat nämlich der Eigentümer die Sache an den Veräußerer herausgegeben und jener die Sache an den Erwerber übertragen, fehlt es nicht nur am Abhandenkommen, sondern es läge wohl auch eine Leistung des Veräußerers vor. Ist nun der Erwerber bösgläubig bezüglich der Eigentümerstellung des Veräußerers, scheitert gleichwohl ein gutgläubiger Erwerb gemäß § 932 BGB.145 Nach einer Verarbeitung muss die Eingriffskondiktion gegenüber dem bösgläubigen Erwerber daher ebenfalls zulässig sein, selbst wenn der alte Eigentümer dem Veräußerer die Tiere freiwillig überlassen hat. Der modifizierte Subsidiaritätsgrundsatz würde in diesem Fall den Anspruch aus Nichtleistungskondiktion hingegen ausschließen. 3. Ergebnis Erst die Berücksichtigung aller eigentumsrechtlichen Wertungen aus §§ 932, 935 BGB und die Rückbesinnung auf den Rechtsfortwirkecharakter der Eingriffskondiktion können erklären, dass die Anwendbarkeit der Nichtleistungskondiktion keiner Subsidiarität unterworfen ist. Das Postulat der Subsidiarität verschleiert nur, dass der durch die Nichtleistungskondiktion bezweckte Schutz des Rechtsverkehrs auf der Verlängerung des sachenrechtlichen Rechtsschutzes beruht.146 So wie der Eingriffskondiktion eine Vindikationsersatzfunktion zukommt,147 müssen die sachenrechtlichen Wertungen eine schuldrechtliche Verlängerung erfahren. Die Anwendbarkeit der S. 343; ders., NJW 1968, S. 1910; Pikart, WM 1974, S. 656; Schmidt, JZ 1971, S. 607 Fn. 46; Stolte, JZ 1990, S. 221; Weitnauer, DB 1984, S. 2499; ders., DNotZ 1968, S. 707. 145 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 III 2 (S. 215); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 IV (S. 108); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 100; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 62. 146 Vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III (S. 139); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 777; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 99; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 24; ders., NJW 1982, S. 2038; Canaris, FS Larenz, S. 804; ders., JZ 1992, S. 1119; von Caemmerer, FS Rabel, S. 391; Ehmann, NJW 1971, S. 614; Westermann, JuS 1972, S. 18; Picker, NJW 1974, S. 1799; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 34. 147 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II (S. 207); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 3 III (S. 55); Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 85; Ca-

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

Nichtleistungskondiktion hängt mithin nicht vom Vorliegen etwaiger Leistungsbeziehungen ab. Richtigerweise ist sie immer dann ausgeschlossen, wenn der Erwerber rechtsgeschäftlich das Eigentum an der Sache hätte erlangen können.148 Dabei sind die Fälle des verlängerten Eigentumsvorbehalts durch § 185 BGB zu erfassen.149 Handelt es sich beim Erlangten nicht um einen Sache im Sinne des § 90 BGB, sondern um eine Werkoder Dienstleistung, ist eine sachenrechtliche Parallelwertung vorzunehmen.150 Wird dagegen von einem Dritten die Herausgabe von Vorteilen aus der Verletzung von Persönlichkeitsrechten verlangt, ist der Anspruch immer dann gegeben, wenn der Anspruchsteller die Benutzung des Persönlichkeitsrechts gemäß § 1004 BGB hätte untersagen können.151 Abermals lässt sich die Anwendbarkeit der Eingriffskondiktion mit sachenrechtlichen Wertungen begründen, ohne dass es einer angeblichen Subsidiarität bedarf.

naris, JZ 1992, S. 1119; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 304; Pinger, AcP 179 (1979), S. 329; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 33. 148 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 III 2 (S. 212 ff.); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 50 IV (S. 91); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 729; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 (S. 109); Gursky, Schuldrecht BT, S. 206 f.; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 79; Staudinger/Gursky, § 951 Rdnr. 14; Bamberger/Roth/Kindl, § 951 Rdnr. 10; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 196; Erman/Ebbing, § 951 Rdnr. 6; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 282 ff.; Jauernig/Stadler, § 812 Rdnr. 84 f.; Soergel/Henssler, § 951 Rdnr. 6; von Caemmerer, FS Rabel, S. 391; Canaris, FS Larenz, S. 854 ff.; Giesen, Jura 1995, S. 236 f.; Hager, JuS 1987, S. 878; Hombrecher, Jura 2003, S. 336; Huber, NJW 1968, S. 1910; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 81; Paefgen, JuS 1992, S. 195; Picker, NJW 1974, S. 1799; Pinger, AcP 179 (1979), S. 328; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 33; König, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 211; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 99. 149 Thielmann, AcP 187 (1987), S. 37. 150 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III (S. 140); ders., NJW 1982, S. 2038. 151 Zutreffend Petersen, Medienrecht, § 6 Rdnr. 26; Canaris, JZ 1992, S. 1119.

§ 15 Auseinandersetzung mit der Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff 363

§ 15 Auseinandersetzung mit der Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff Als man den zweckgerichteten Leistungsbegriff formulierte und ihm die soeben vorgestellten Funktionen zuwies,1 hatte man vor allem die Dreipersonenkonstellationen im Auge. Hier sollte sich die Überlegenheit des zweckgerichteten Leistungsbegriffs zeigen:2 Mit Hilfe des verfolgten Zwecks sollten sich Leistender und Leistungsempfänger sowie die Rechtsgrundlosigkeit einfacher und schneller bestimmen lassen als unter Geltung der alten Unmittelbarkeitslehre. Mit Festlegung des Leistungsverhältnisses waren zugleich die Parteien der Rückabwicklung determiniert.3 Der zweckgerichtete Leistungsbegriff schien somit alle bereicherungsrechtlichen Probleme der Leistungskondiktion mit einem Schlag zu lösen.4 Gleichwohl erhob sich bereits nach relativ kurzer Zeit Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff, bemerkenswerter Weise vor allem an dessen Ergebnissen zur Rückabwicklung in bestimmten Dreipersonenkonstellationen. Man warf ihm vor, aus unwahren Elementen zusammengesetzt zu sein,5 verbrämte ihn als Fehler der bereicherungsrechtlichen Dogmatik6 oder erklärte ihn gar zu einem Gespenst des Zivilrechts.7 Jedenfalls aber hielt man ihn als „Basis eines Systems der Leistungskondiktion von Grund auf verfehlt“,8 weshalb Harder dem zweckgerichteten Leistungsbegriff schon im Jahre 1979 sein schnelles Ende voraus sagte.9 Seitdem haben etwa Canaris,10 Wilhelm11 und Kupisch12 den Abschied vom Leistungsbegriff gefordert.13 Noch heute wird um seine Berechtigung und Bedeutung in einer Art „Glaubenskrieg“14 un1

Vgl. oben Zweiter Teil § 14 III. 2. Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 2 III (S. 32), § 4 II (S. 111); Soergel/Mühl, § 812 Rdnr. 44; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 41; Reeb, JuS 1972, S. 583; Schreiber, Jura 1986, S. 541; Köndgen, FG Esser, S. 58; BGH NJW 2002, 2871. 3 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 III. 2. c). 4 Dies behaupteten noch Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, 1975, S. 26. Vgl. auch Pinger, AcP 179 (1979), S. 302; Köndgen, FS Esser, S. 69. 5 Harder, JuS 1979, S. 77. 6 Wesel, NJW 1994, S. 2594. 7 Harder, JuS 1979, S. 76. 8 Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 12. 9 Harder, JuS 1979, S. 77. 10 Canaris, FS Larenz, S. 857. 11 Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 106 ff. 12 Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 11, 42: „gilt es radikal Abschied zu nehmen“; ders., FS v. Lübtow, S. 501, 545; ders., FS Coing, S. 240. 13 In jüngster Zeit wieder Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 16. 14 Schlechtriem, ZHR 149 (1985), S. 336. 2

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

unterbrochen heftig gestritten. Aller Kritik zum Trotz kann der zweckgerichtete Leistungsbegriff jedoch auch heute als herrschend bezeichnet werden. Selbst einstige Kritiker räumen ihm mittlerweile eine gewisse Berechtigung ein,15 und sei es nur wegen des Erreichens von Beständigkeit im Bereicherungsrecht.16 Die aus der Anwendung des zweckorientierten Leistungsbegriffs entstandenen Probleme bei der Rückabwicklung in den Dreipersonenkonstellationen sind hingegen keineswegs befriedigend gelöst. Die Bearbeitung bereicherungsrechtlicher Dreipersonenfälle hat sich unter der Herrschaft des zweckgerichteten Leistungsbegriffs angesichts der vielen unterschiedlichen Ansichten zur Rückabwicklung nicht vereinfacht. Im Gegenteil erreicht die Literatur in den strittigen Fragen mitunter kaum noch einen Minimalkonsens.17 In keinem anderen Rechtsgebiet wird mit derartiger Verbissenheit und Polemik nicht nur um Einzelheiten, sondern auch und gerade um Grundsätzliches gestritten wie im Bereicherungsrecht.18 Charakteristisch ist die Aussage Koppensteiners und Kramers, „daß im Bereicherungsrecht trotz aller Bemühungen der kaum mehr zu übersehenden Dogmatik (manchmal aber vielleicht auch gerade deswegen) wie sonst wohl in keinem anderen Rechtsgebiet des deutschen Zivilrechts der Boden fast an allen Ecken und Enden schwankend, wenn nicht gar grundlos ist“.19 War der zweckgerichtete Leistungsbegriff angetreten, die bereicherungsrechtliche Dogmatik zu vereinfachen und insbesondere in Dreipersonenkonstellationen die Anwendung bereicherungsrechtlicher Normen zu erleichtern, hat er dieses Ziel klar verfehlt.20 Das Bereicherungsrecht gilt heute als eine der undurchsichtigsten und schwierigsten Materien des gesamten Privatrechts.21 Es weist mittlerweile einen Schwierigkeitsgrad auf, welcher nicht nur Stu15 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 VI 2 b) (S. 249) und § 70 VI 5 (S. 252). 16 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 665; Pinger, AcP 179 (1979), S. 307. 17 Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 15; Schnauder, JuS 1994, S. 537; Köndgen, FS Esser, S. 55. 18 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 47 (S. 30); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 3 I (S. 7); Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 632; Erman/ Westermann, Vor § 812 Rdnr. 6, 7; Lieb, NJW 1982, S. 2034. 19 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 3 I (S. 7). 20 Canaris, FS Larenz, S. 857; Flume, NJW 1984, S. 464; Kupisch, JZ 1997, S. 213; ders., FS Coing, S. 240; Pinger, AcP 179 (1979), S. 305; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 143; Wilhelm, JuS 1973, S. 2. 21 So schon Larenz, Schuldrecht II, 11. Auflage, S. 466. Vgl. auch Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 (S. 199); Canaris, JZ 1992, S. 1114 („Unverständlichkeit“); Erman/Westermann, Vor § 812 Rdnr. 6; Lieb, NJW 1982, S. 2034; Wilhelm, JuS 1973, S. 2 („Obskurität“) und Schnauder, JZ 1987, S. 68 („Verwirrung“ und „allgemeine Verunsicherung“).

§ 15 Auseinandersetzung mit der Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff 365

denten,22 sondern selbst Professoren mit einer Spezialisierung im Kondiktionsrecht23 und Richter24 zu überfordern scheint.25 Allein das Ausmaß der bereicherungsrechtlichen Literatur – speziell zur Leistungskondiktion – wird zutreffend als „uferlos“, „bis ins Unangemessene explodiert“ oder „unüberschaubar“ bezeichnet.26 Man stehe heute vor einem „hochintelligenten Scheiterhaufen der Dogmatik“,27 vor einem „Fiasko“.28 Bezeichnend ist die Aussage von Wesel:29 „Unsere Dogmatik hat sich entfaltet, ist aufgeblüht, und der Fortschritt nahm kein Ende. Jetzt sind die Artisten in der Zirkuskuppel ratlos. Wissen nicht, wie sie wieder runterkommen sollen.“ Als Hauptursache dieser Krise des Bereicherungsrechts30 hat man vor allem den zweckgerichteten Leistungsbegriff ausgemacht. Ist aber der finale Leistungsbegriff im Bereicherungsrecht tatsächlich dogmatisch nicht ausgereift, wie die Kritik behauptet? Angesichts des Umstandes, dass sich im ersten Teil der Arbeit gerade der finale Leistungsbegriff bei der Erfüllung als sachgerecht und überlegen erwiesen hat, und eingedenk der Tatsache, dass erfüllungsrechtlicher und bereicherungsrechtlicher Leistungsbegriff zumindest bei Leistungen solvendi causa identisch sein müssen,31 erstaunt die massive Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff.32 Zugleich wird damit die Frage aufgeworfen, worin die Ursachen für die Kontroverse um den bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff liegen.

22 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 VI (S. 252); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 665; Martinek, NJW 1989, S. 1851; Stolte, JZ 1990, S. 221. Deshalb forderten Jakobs, NJW 1992, S. 2524 und Großfeld, JZ 1992, S. 27, keine Examensaufgaben mit bereicherungsrechtlichen Dreipersonenkonstellationen zu stellen. 23 Das behaupten zumindest Jakobs, NJW 1992, S. 2524 und Wesel, NJW 1994, S. 2595. Vgl. dazu die Replik von Canaris, NJW 1992, S. 3145. 24 So Hartlieb, MDR 1987, S. 721; Martinek, NJW 1989, S. 1851; Kötz, in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, S. 88. 25 Dagegen hält Schlechtriem, JZ 1993, S. 24 „das Bereicherungsrecht dank der vernünftigen und sachgerechten Handhabung durch die Gerichte“ für ein „hinreichend verlässlich anzuwendendes Regelwerk“. 26 Wieling, Bereicherungsrecht, Vorwort S. VII; Flume, AcP 199 (1999), S. 1; Jakobs, NJW 1992, S. 2524; Weitnauer, DB 1984, S. 2496; Kamionka, JuS 1992, S. 845; Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 20; Schlechtriem, ZHR 149 (1985), S. 227; vgl. auch Wolf, Neubegründung, S. 1 („Bereicherungsexzess“). 27 Wesel, NJW 1994, S. 2595. 28 Esser/Weyers, Schuldrecht II (7. Auflage), § 47 (S. 421). 29 Wesel, NJW 1994, S. 2595. 30 Bamberger/Roth/Wendehorst, Vor § 812 Rdnr. 4; König, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 1: „… chaotischer Zustand der Lehre …“. 31 Vgl. oben Zweiter Teil § 13. 32 Vgl. auch Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 II (S. 43).

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

I. Ursachen für die Kritik am Leistungsbegriff Analysiert man die Kritik auf ihre Ursachen, haben im Wesentlichen drei Faktoren zur Debatte um den bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff geführt. 1. Die Rechtsprechung des BGH Auslöser der Kritik im Schrifttum waren meist Entscheidungen der Obergerichte, allen voran Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. Offensichtliche Ursache der Kritik ist der Ansatz des BGH, sich bei der Lösung bereicherungsrechtlicher Problemfälle zwar stereotyp auf den finalen Leistungsbegriff zu berufen,33 jedoch gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass sich in Dreipersonenverhältnissen jede schematische Lösung verbietet.34 Gewinnt also auch der BGH seine Ergebnisse letztlich nicht allein durch die formale Anwendung des finalen Leistungsbegriffs, sondern vielmehr durch Präjudizien und Interessenvergleichen, erweckt die fortwährende Berufung auf den Leistungsbegriff gleichwohl den falschen Eindruck, die Entscheidungen seien unter konsequenter Anwendung des zweckgerichteten Leistungsbegriffs zustande gekommen. Die abseits des finalen Leistungsbegriffs gewonnenen Ergebnisse lassen sich jedoch nicht immer mit dem zweckgerichteten Leistungsbegriff in Deckung bringen. Deshalb sind die Entscheidungen des BGH im Bereicherungsrecht oft schwer vorherzusagen, was der nötigen Sicherheit der Rechtsanwender abträglich ist.35 Dieses Vorgehen erweckt zugleich den Eindruck, die unter scheinbarer Anwendung des finalen Leistungsbegriffs gewonnenen Ergebnisse seien per se unsystematisch und unvorhersehbar und dem Leistungsbegriff selbst fehle es an klaren Konturen.36 Da die kritisierten Entscheidungen aber gerade unter Abweichung vom Leistungsbegriff zustande gekommen sind, geht die Kritik insoweit fehl. In einigen der kritisierten Entscheidungen kommt überdies die abzulehnende Tendenz zum Ausdruck, das Bereicherungsrecht als reines Billig33 Vgl. BGHZ 40, 272 (277); BGHZ 43, 1 (11); BGHZ 48, 70 (73); BGHZ 56, 228 (241); BGHZ 58, 184 (188); BGHZ 67, 75 (77); BGHZ 87, 393 (395); BGHZ 89, 376 (378). 34 Vgl. BGHZ 50, 27 (229); BGHZ 61, 289 (292); BGHZ 66, 362 (364); BGHZ 66, 372 (374); BGHZ 67, 75 (77); BGHZ 72, 246 (250); BGHZ 87, 393 (396); BGHZ 89, 376 (378); BGHZ 105, 365 (369); BGH NJW 1984, 2205 (2205). 35 Knieper, BB 1991, S. 1582; Schnauder, JZ 1987, S. 68; Meyer-Cording, FS Pleyer, S. 89: „… Kadi-Justiz.“ 36 Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 15, 27; Pinger, AcP 179 (1979), S. 306; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 148; Lieb, NJW 1982, S. 2036; ders., Festgabe BGH, S. 568.

§ 15 Auseinandersetzung mit der Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff 367

keitsrecht37 zu betrachten,38 weshalb die Ergebnisse dann einem tragfähigen dogmatischen Grundgerüst entbehren. Dass es sich beim Bereicherungsrecht jedoch nicht um Billigkeitsrecht handelt, wurde bereits gezeigt.39 Bezeichnenderweise gibt der BGH das Zitat von Caemmerers vom Verbot jeder schematischen Lösung – auf welches er sich so gerne und oft für seinen Weg beruft – auch nur verkürzt wieder. Vollständig lautet die Aussage: „Verpflichtungen und Leistungen können in verschiedener Weise und Abstufung vom Bestehen von Rechtsbeziehungen zu Dritten abhängig gemacht werden oder umgekehrt von diesen abstrahieren. Damit verbietet sich jede schematisierende Lösung. Es ist vielmehr nach dem konkreten oder durchschnittlichen Willen der Parteien, nach den von ihnen verfolgten und zum Ausdruck gekommenen Zwecken und der Lagerung ihrer Interessen zu prüfen, welches die sachgerechte Behandlung ist.“40

Damit brachte von Caemmerer keineswegs zum Ausdruck, dass die Rückabwicklung von Dreipersonenkonstellationen unschematisch sei.41 Es dürfen nur die unterschiedlichen Dreiecksbeziehungen – er selbst unterschied zwischen Zahlung fremder Schulden, Leistungen in Abhängigkeit von Deckungsbeziehungen, Anweisungsleistungen sowie Leistungen mit Reflexwirkungen42 – nicht alle gleich behandelt werden. Stattdessen gilt es, für jede Dreieckskonstellation und Fehlerart die maßgeblichen Wertungen herauszuarbeiten.43 Sind diese jedoch erst einmal gefunden, folgt die Rückabwicklung von Leistungen in den jeweiligen Dreipersonenkonstellationen den immer gleichen Regeln. Der Verweis auf von Caemmerer kann den Weg des BGH daher nicht stützen. Dennoch ist das Vorgehen des BGH insoweit nachzuvollziehen, als er sich die Möglichkeit offen hält, im Einzelfall unbillige Ergebnisse zu vermeiden.44 Vergegenwärtigt man sich die Unüberschaubarkeit der bereicherungsrechtlichen Literatur mit ihren teilweise gegensätzlichen Vorschlägen zur Rückabwicklung in Dreipersonenkonstellationen gerade auch unter Berufung auf den zweckgerichteten Leistungsbegriff, kann man schließlich den eingeschlagenen Weg des BGH als „Bankrotterklärung der Rechtswissen37

Vgl. oben Zweiter Teil § 14 I. 3. So Dörner, NJW 1990, S. 474. 39 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 I.4. 40 von Caemmerer, JZ 1962, S. 386. 41 Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 283. 42 Vgl. von Caemmerer, JZ 1962, S. 386 ff. 43 Ebenso Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 36; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 107; Canaris, WM 1980, S. 355; ders., JZ 1984, S. 628; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 286; ders., JuS 1968, S. 441; Flume, AcP 199 (1999), S. 2. 44 Erman/Westermann, Vor § 812 Rdnr. 2; Bälz, FS Gernhuber, S. 4; Meyer-Cording, FS Pleyer, S. 89. 38

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

schaft“ verstehen,45 ist es der Wissenschaft doch nicht gelungen, gleichermaßen griffige wie subsumierbare Definitionen zur Verfügung zu stellen, welche auch zu sachgerechten Ergebnissen bei der Rückabwicklung führen. 2. Missachtung der Bestandteile des Leistungsbegriffs (Überbewertung des Zwecks) Schuld an der Verwirrung im Bereich der Leistungskondiktion ist daneben, dass die in der Literatur unter Berufung auf den finalen Leistungsbegriff vertretenen Ansichten zur Rückabwicklung so zahlreich, kompliziert und oftmals gegensätzlich sind. Kaum jemand vermag es noch, alle Ansätze zu durchdringen, geschweige denn zu subsumieren.46 Die Akzeptanz des zweckgerichteten Leistungsbegriffs hat darunter gelitten, dass unter Rückgriff auf ihn die gegenteiligsten Ansichten vertreten werden. Doch ist die Variabilität der Ergebnisse nur scheinbar dem Leistungsbegriff zuzuschreiben. Viele Autoren beachten bei der Diskussion der Rückabwicklung mit Hilfe des Leistungsbegriffs die Mehrteiligkeit des Begriffs nicht hinreichend. „Leistung“ im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Leistung setzt somit immer auch eine Zuwendung voraus.47 Gerade die Überbewertung der Zweckverfolgung48 unter gleichzeitiger Ignorierung der Zuwendung erwies sich als verheerend in der Kontroverse um den zweckgerichteten Leistungsbegriff.49 Hinsichtlich der verwirrenden Vielfalt in der Literatur hat Weitnauer treffend festgestellt, dass vieles, was in den letzten Jahren in Literatur und Rechtsprechung unter Berufung auf den Leistungsbegriff gesagt oder geschrieben wurde, nicht ausgereift und durch Missverständnisse belastet war.50 Gerade diese Missverständnisse haben dem finalen Leistungsbegriff viel von seiner Überzeugungskraft genommen. 3. Gleichsetzung von Leistung und Rückabwicklung Der Hauptgrund der Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff liegt allerdings im dogmatischen Versäumnis, die Frage nach der Rückabwicklung 45

Wieling, Bereicherungsrecht, Vorwort, S. IX. Deshalb sei das Bereicherungsrecht auch zum Schrecken der Lehrenden geworden, vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, Vorwort S. VI. 47 Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 14; Canaris, JZ 1992, S. 1119; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 112. 48 MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 31; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 10. 49 Dazu sogleich ausführlicher unten Zweiter Teil § 15 III. 50 Weitnauer, FS Caemmerer, S. 259; vgl. auch Schnauder, AcP 187 (1987), S. 177. 46

§ 15 Auseinandersetzung mit der Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff 369

vom Leistungsbegriff zu trennen. Dies war wiederum nur möglich, weil man sich vor der Frage nach der Rückabwicklung nicht oder nicht hinreichend genug die Frage nach der Erfüllungswirkung einer Leistung stellte. Sind nämlich die Kausalverhältnisse intakt, bewirkt die Zuwendung des geschuldeten Gegenstandes den Eintritt der Erfüllung. Erst bei Nichteintritt der Erfüllung aufgrund fehlerhafter Kausalbeziehungen entsteht ein Bedürfnis zur Rückabwicklung. Als spezielles Rückabwicklungsschuldverhältnis und Annex des Vertragsrechts ist die Leistungskondiktion gezwungen, die Wertungen des Ausgangsrechtsgebietes nachzuverfolgen.51 Nachdem man den Zusammenhang zwischen den Wertungen des Ausgangsrechtsgebietes und der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung erkannt hatte, wurden immer neue Wertungen in die Rückabwicklung eingestellt.52 Mit jeder neu herausgearbeiteten Wertung wuchs die bereicherungsrechtliche Literatur überproportional. Der Leistungsbegriff sollte nun alle diese Wertungen für die Rückabwicklung verschlüsseln. Angesichts der Fülle von Ausgangsrechtsgebieten und unterschiedlichen Wertungen stieß der Leistungsbegriff jedoch schnell an seine Grenze. Er versagte in bestimmten Konstellationen bei der Festlegung der Parteien der Rückabwicklung.53 Darauf reagierte man zumeist mit der Behauptung, der Leistungsbegriff verschlüsselte nur die Wertungen, die bei seiner Formulierung bedacht wurden.54 Den neu erkannten Wertungen versuchte man entweder durch eine Neuformulierung des Leistungsbegriffs gerecht zu werden,55 oder aber man ließ zwar den Begriff als solchen unangetastet, zog jedoch bei der Bestimmung des Kondiktionspartners die als maßgeblich erkannten teleologischen Wertungen ergänzend hinzu.56 Eine 51

Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 198. Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 37; ähnlich Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 47 (S. 30 f.). 53 Dazu sogleich unter Zweiter Teil § 15 II. 1. 54 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 VI (S. 249); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I 3 (S. 12); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 II (S. 44); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II 5 (S. 116); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 686; Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 16; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 13; Schlechtriem, ZHR 149 (1985), S. 335; Schreiber, Jura 1986, S. 541; Pinger, AcP 179 (1979), S. 306; Großfeld, JZ 1992, S. 227; Wieling, JuS 1978, S. 806; Mühl, FS Lübtow, S. 556; Kamionka, JuS 1992, S. 934. 55 Vor allem durch Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 23 ff.; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 31. 56 So Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I 3 (S. 12); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 686; Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 16; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 13. Letzteres Vorgehen bevorzugt auch der BGH, für den der Leistungsbegriff in den Dreipersonenkonstellationen nur noch grundsätzlicher Transformator ist, von dem immer dann abge52

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Umformulierung des Leistungsbegriffs in eine leicht zu subsumierende Definition, die in allen Fällen sachgerechte Ergebnisse bei der Rückabwicklung garantiert,57 ist hingegen selbst den herausragenden Protagonisten des Bereicherungsrechts nicht gelungen. Das verwundert nicht im Geringsten, ist doch die Suche nach einer solchen Formulierung ein schlicht unmögliches Unterfangen.58 Und zwar aus einem einfachen Grund: Will man nämlich den zweckgerichteten Leistungsbegriff bei der Festlegung der Parteien des Bereicherungsausgleichs um teleologische Wertungen ergänzen, klingt darin bereits an, dass es um die Trennung des Begriffs „Leistung“ von der ihm zugedachten Funktionen, der Bestimmung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses, geht.59 Die Literatur trifft mit wenigen Ausnahmen der Vorwurf, nicht hinreichend zwischen dem Begriff der „Leistung“ und der Bestimmung des Rückabwicklungsverhältnisses zu unterscheiden.60 Wer auch immer feststellt, der bereicherungsrechtliche Leistungsbegriff versage in nahezu allen Zweifelsfällen bei der sachgerechten Bestimmung der Beteiligten eines Kondiktionsanspruchs in den Dreipersonenkonstellationen,61 hätte vor jeglicher Kritik am Leistungsbegriff oder dessen Modifikation die Frage stellen müssen, ob der Leistungsbegriff überhaupt die Personen der Rückabwicklung festlegt. Erst wenn dies zweifelsfrei feststeht, kann der Leistungsbegriff als solches kritisiert werden. In der fehlenden Trennung zwischen dem Begriff „Leistung“ und seiner angeblichen Funktion, der Bestimmung der Parteien der Rückabwicklung, sieht die vorliegende Arbeit die Hauptursache für die endlose Kontroverse um den Leistungsbegriff. Deshalb wird in den folgenden Ausführungen genau zwischen der Kritik an der Funktion des zweckgerichteten Leistungsbegriffs und der Kritik am Begriff selbst unterschieden.

II. Kritik an der Funktion Nach überwiegender Auffassung legt das Leistungsverhältnis die Beteiligten der Rückabwicklung fest. Kondiktionspartner sind der Leistende und der Leistungsempfänger. Der Leistende verfolgt einen Zweck allein gegenüber dem Leistungsempfänger, weshalb er nur von diesem bei Nichterreiwichen wird, wenn eine Rückabwicklung in den Kausalbeziehungen erforderlich erscheint, vgl. nur BGHZ 61, 289 (291); BGHZ 105, 365 (369); BGHZ 122, 46 (51). 57 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 (S. 199). 58 Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 21; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 64. 59 Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 271. 60 Im Ansatz neuerdings Lieb, Festgabe BGH, S. 548. 61 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 VI (S. 248); Soergel/Mühl, § 812 Rdnr. 44; Pinger, AcP 179 (1979), S. 305; Weitnauer, NJW 1974, S. 1730.

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chen des verfolgten Zwecks das Zugewendete zurückverlangen kann. Die Bestimmung des Kondiktionsverhältnisses erfolgt damit letztlich anhand der Zweckbestimmung. Weil sich aber die derart gewonnenen Ergebnisse bei der Rückabwicklung nicht immer als interessengerecht erwiesen, bezweifelten Kritiker des zweckgerichteten Leistungsbegriffs, ob tatsächlich alle Probleme der Rechtsgrundlosigkeit, des Bereicherungsgegenstandes und vor allem bei der Bestimmung der Parteien der Rückabwicklung mit Hilfe des zweckgerichteten Leistungsbegriffs gelöst werden können.62 Angegriffen wurde insofern nicht der Begriff „Leistung“, sondern dessen angebliche Funktion, die Festlegung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses. Im Folgenden ist zu überprüfen, inwieweit die Kritik an dieser Bestimmung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses berechtigt ist. Sollte der zweckgerichtete Leistungsbegriff die Rückabwicklung nicht festlegen, können aus diesem Befund Rückschlüsse für die Bedeutung der Zweckbestimmung im Rahmen des finalen Leistungsbegriffs gezogen werden. 1. Versagen bei der Festlegung der Kondiktionspartner Im Zweipersonenverhältnis ist die Bestimmung der Parteien des Kondiktionsverhältnisses unter Rückgriff auf den zweckgerichteten Leistungsbegriff unproblematisch.63 Schwierigkeiten entstehen, wenn ein Dritter in den Leistungsaustausch involviert ist. Dabei erweist sich der zweckgerichtete Leistungsbegriff in vielen Fällen – etwa der abgekürzten Lieferung oder der bestehenden Anweisung – trotz aller Kritik als taugliches Mittel für die Bestimmung der Kondiktionspartner.64 Die Feuerprobe für seine Tauglichkeit bei der Bestimmung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses stellen aber die komplizierten Dreipersonenkonstellationen dar,65 welche nicht ohne Grund Quelle unzähliger Rechtsstreitigkeiten sind.66 An diesen Fällen – Schlechtriem nennt sie auch Alptraum des Bereicherungs62 Picker, NJW 1974, 1797; Welker, Zweckverfehlung, S. 29 ff. Letzteres sei bereits deshalb unmöglich, weil sich aus ihm nicht ableiten lasse, wessen Sicht für das Vorliegen eines Leistungsverhältnisses maßgeblich sei (Pinger, AcP 179 (1979), S. 302; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 107). 63 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 (S. 19); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 25; AK/Joerges, § 812 Rdnr. 8; Köndgen, FS Esser, S. 57; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 272; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 26; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 28; ders., Sonderbeilage WM 1979, S. 3. 64 Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1085; Henke, Leistung, S. 106; Kupisch, JZ 1997, S. 214; vgl. dazu auch unten Zweiter Teil § 16 II. 65 Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 28; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 259; Canaris, WM 1980, S. 367; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 65; Köndgen, FS Esser, S. 58. 66 K. Schmidt, JuS 1991, S. 75.

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rechts67 – entzündete sich die Kritik und währt bis heute fort, weil man erkannte, dass die mit Hilfe des zweckgerichteten Leistungsbegriffs in diesen Konstellationen erzielten Ergebnisse nicht immer sachgerecht sind.68 Indes führt die bloße Erkenntnis des Versagens in bestimmten Fällen genauso wenig weiter wie die Aussage, der Gesetzgeber habe keine Vorgaben für die Bewältigung der Dreipersonenverhältnisse zur Verfügung gestellt.69 Stattdessen hätte die Frage gestellt werden müssen, worin sich die problematischen von den unproblematischen Konstellationen unterscheiden. Dass dies viel zu selten geschieht,70 ist umso bedauerlicher, als die Herausarbeitung der wesentlichen Unterschiede grundlegende Erkenntnisse für die Rückabwicklung zeitigt. a) Inkongruenz von Forderung und Schuldverhältnis An seine Grenzen stößt die Rückabwicklung anhand des finalen Leistungsbegriffs zuerst in all jenen Fällen, in denen das Schuldverhältnis im engeren Sinne – die Forderung71 – nicht zwischen denselben Personen wie das Schuldverhältnis im weiteren Sinne – das vertragliche oder gesetzliche Kausalverhältnis – besteht.72 Exemplarisch ist die Zession. Während ein Kausalverhältnis zwischen Schuldner und Zedent existiert, steht die Forderung nach erfolgter Abtretung dem Zessionar zu. Eine vergleichbare Situation entsteht beim echten Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB), wenn allein der Dritte das Recht erwirbt, die versprochene Leistung zu fordern.73 Unter Anwendung des zweckgerichteten Leistungsbegriffs erbringt der Schuldner die Leistung (solvendi causa) allein dem (neuen) Inhaber der Forderung gegenüber.74 Folglich müsste die Rückabwicklung zwischen Schuldner und Zessionar erfolgen, wenn sich herausstellt, dass die zedierte 67

Schlechtriem, Schuldrecht BT, 1. Auflage, Rdnr. 685. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 (S. 199). 69 Wolf, Drittleistung, S. 44; Grunewald, Bürgerliches Recht, § 31 Rdnr. 1. Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 29 ff. und Sonderbeilage WM 1979, S. 3 ff. verleitet dieser Umstand zur Annahme einer Gesetzeslücke für Mehrpersonenkonstellationen, die mit Hilfe von Analogien zu lösen ist, vgl. unten Zweiter Teil § 15 II. 2. b) bb). 70 Nur Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 V (S. 237 ff.) und Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 48) versuchen die Besonderheiten zu erfassen. 71 Bzw. das Rechtsgrundverhältnis, vgl. oben Erster Teil § 12. 72 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 V 1 (S. 237); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 54; Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 200; Lieb, NJW 1982, S. 2036. 73 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 38; ders., AcP 168, S. 288. 74 RGRK/Heimann-Trosien, § 812 Rdnr. 29; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 33; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 6; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 291; von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2 (S. 100 Fn. 217). 68

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Forderung nicht bestand.75 Dieses Ergebnis empfanden viele Autoren als nicht sachgerecht, weshalb sie sich aufgrund der systematischen Gemeinsamkeiten der Leistungskondiktion mit den anderen gesetzlich geregelten Rückgewährschuldverhältnissen sowohl bei der Zession76 als auch beim Vertrag zugunsten Dritter mit alleinigem Forderungsrecht des Dritten77 dafür aussprachen, zwischen den Parteien des Kausalverhältnisses rückabzuwickeln.78 Trotz beachtlicher Gegenstimmen sowohl bei Zession79 als auch beim Vertrag zugunsten Dritter80 hat sich letztlich auch der BGH der Rückabwicklung innerhalb des Kausalverhältnisses angeschlossen.81 Damit ist festzustellen, dass der zweckgerichtete Leistungsbegriff bei der Bestimmung des Rückabwicklungsverhältnisses dann nicht geeignet er75 Beim Vertrag zugunsten Dritter in der hier angenommenen Variation müsste dementsprechend zwischen Schuldner und Drittem rückabgewickelt werden, sofern die Forderung nicht wirksam zustande gekommen ist. 76 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 V 1 (S. 237); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 58); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 55; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 41; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 137; Erman/Westermann, 8. Auflage, § 812 Rdnr. 36; HK-BGB/Schulze, § 812 Rdnr. 28; MüKo/ Lieb, § 812 Rdnr. 141; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 67; ders., ZIP 1982, S. 1153; ders., Jura 1990, S. 359; Canaris, ZIP 1998, S. 494; ders., FS Larenz I, S. 835; ders., WM 1980, S. 367; Henke, Leistung, S. 95 ff.; Hock, MDR 1989, S. 1066; König, Gutachten, S. 1587; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 83 f.; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 291; ders., AcP 191 (1991), S. 299 ff.; St. Lorenz, JuS 2003, S. 842; Nicolai, JZ 1993, S. 1119; Schlechtriem, JZ 1993, S. 29. 77 Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, 4. Auflage, § 42 VI 2 a (S. 261); Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, S. 346; HK-BGB/Schulze, § 812 Rdnr. 29; Staudinger/ Lorenz, § 812 Rdnr. 38; ders., AcP 168 (1968), S. 295 f.; Kötter, AcP 153 (1954), S. 197 Fn. 19; Kunisch, Dreiecksverhältnisse, S. 69; St. Lorenz, JuS 2003, S. 840; Schreiber, Jura 1986, S. 543; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 112. 78 Beim Rücktritt wäre schließlich auch zwischen den Parteien des Kausalverhältnis rückabzuwickeln, vgl. nur Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 V 1 (S. 237). 79 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 12 VI 3 (S. 489 ff.); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 685a; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1156; Soergel/ Mühl, § 812 Rdnr. 129; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 36; Bayer, JuS 1990, S. 883; Dörner, NJW 1990, 473 ff.; Flume, NJW 1991, S. 2523; ders., AcP 199 (1999), S. 21; Jakobs, NJW 1992, S. 2524; Koch, VersR 1989, S. 891; Köndgen, FG Esser, S. 66; König, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 198; Meyer, S. 158 f.; Mühl, NJW 1971, S. 1366; Peters, AcP 173 (1973), S. 81; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 208; Schreiber, Jura 1986, S. 542; Tiedtke, WM 1999, S. 517 ff.; Weitnauer, Symposium König, S. 50; Wilhelm, JZ 1994, S. 594 ff.; RG JW 1938, 1329 (1331). 80 Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 102; Lange, NJW 1965, S. 659; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 294; Oertmann, BGB, § 334 Anm. 5; von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 100 Fn. 217); RG JW 1915, 652. 81 Für die Zession BGHZ 105, 365 (367 f.); BGHZ 122, 46 (51). Für den Vertrag zugunsten Dritter BGHZ 5, 281 (284); BGH JZ 1962, 671.

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scheint, wenn das Kausalverhältnis und die Forderung in Bezug auf die Beteiligten nicht übereinstimmen.82 b) Erwachsen mehrerer inhaltsgleicher Forderungen aus einem Kausalverhältnis Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung anhand des Leistungsbegriffs entstehen ferner, wenn zwar zwischen den Partnern des Kausalverhältnisses eine Forderung besteht, sich aber aufgrund des Kausalvertrages noch eine weitere, inhaltsgleiche Forderung in der Hand eines Dritten hinzugesellt.83 So ist es beim Vertrag zugunsten Dritter möglich, dass sowohl der Vertragschließende als auch der Begünstigte die Leistung an den Begünstigten vom Schuldner fordern können.84 Ebenfalls in diese Kategorie fällt die angenommene Anweisung (§ 784 BGB), bei welcher der Angewiesene nicht nur dem Anweisenden, sondern auch dem Anweisungsempfänger gegenüber zur Leistung an den Anweisungsempfänger verpflichtet ist.85 Wendet der Angewiesene den geschuldeten Gegenstand dem Anweisungsempfänger zu, leistet er entweder dem Anweisenden oder dem Anweisungsempfänger gegenüber solvendi causa. Hier kann man das Leistungsverhältnis und damit das Kondiktionsverhältnis nicht allein anhand des zweckgerichteten Leistungsbegriffs bestimmen.86 Folglich wird auch in diesen Fällen nach überwiegender Ansicht zwischen den Personen des Kausalverhältnisses, also zwischen Anweisenden und Angewiesenen, rückabgewickelt.87 Etwas ande82

Zutreffend Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 36. Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 106; ders., JuS 1973, S. 1; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 291; Wieling, JuS 1978, S. 806; Canaris, WM 1980, S. 367; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 64. 84 Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 52; Gursky, Schuldrecht BT, S. 201; Pinger, AcP 179 (1979), S. 304, 323 ff.; Schreiber, Jura 1986, S. 543. 85 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV 4 (S. 235); Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 728; Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 18 Rdnr. 7; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 52; Pinger, AcP 179 (1979), S. 304, 320 f.; Peters, AcP 173 (1973), S. 80; Schnauder, AcP 187, S. 168. 86 Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 52; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 38; Pinger, AcP 179 (1979), S. 304; Köndgen, FS Esser, S. 66; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 151. 87 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 V 2 (S. 240); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 57); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 113; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 III (S. 30); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 53; Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 728; Gursky, Schuldrecht BT, S. 200; Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 18 Rdnr. 7; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 35; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 38; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 20; Wolf, Drittleistung, S. 44; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 395; Berg, AcP 160 (1961), 507; Canaris, Festschrift für Larenz, S. 807; Schreiber, Jura 1986, S. 544; 83

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res soll beim Vertrag zugunsten Dritter gelten, wenn der Vertrag allein der Versorgung des Dritten dient. Hier soll die Rückabwicklung direkt zwischen Dritten und Versprechenden stattfinden.88 Da jedoch auch in diesen Fällen der Versprechende solvendi causa leistet, lässt sich die unterschiedliche Behandlung aus dem zweckgerichteten Leistungsbegriff heraus nicht erklären. c) Leistung gemäß § 267 BGB Meinungsverschiedenheiten bei der Rückabwicklung anhand des zweckgerichteten Leistungsbegriffs treten weiterhin auf, wenn die Leistung zwischen Personen erfolgt, die weder durch ein Kausalverhältnis noch durch eine Forderung verbunden sind. Exemplarisch ist die Drittleistung gemäß § 267 BGB.89 Auch die Leistung (solvendi causa) des Dritten an den Gläubiger führt zum Erlöschen der Forderung gemäß § 362 Abs. 1 BGB.90 Dennoch nehmen Teile des Schrifttums an, dass der Dritte allein dem Schuldner gegenüber einen Zweck verfolgt und an diesen leistet.91 Auch der BGH hat diese Ansicht in einer Entscheidung vertreten: Bei einer Drittleistung lägen danach eine Leistung des Dritten an den Schuldner und eine Leistung des Schuldners an den Gläubiger vor.92 Obwohl dieses Ergebnis allgemein für verfehlt angesehen wird,93 entfachte es die Diskussion hinsichtlich TaugWestermann, JuS 1968, S. 18; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 287; Köndgen, FS Esser, S. 68; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 286 ff.; von Caemmerer, JZ 1962, S. 387; König, Gutachten, S. 1587. Anderer Ansicht für den Vertrag zugunsten Dritter Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 102. 88 Gursky, Schuldrecht BT, S. 201; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 38; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 48; von Caemmerer, JZ 1962, S. 387; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 294 ff. 89 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 V 3 (S. 243); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 685; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 5; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 106; Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 201. 90 Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 1. e). 91 Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 102 I (S. 347); AK-BGB/Joerges, § 812 Rdnr. 35; Reeb, JuS 1972, S. 586; Gottschalk, JherJB 78, S. 296; Köndgen, FS Esser, S. 67; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 376; Schmidt, JZ 1971, S. 607; Wieling, JuS 1978, S. 803. 92 BGHZ 72, 246 (248). 93 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 5, 43; Bamberger/Roth/Grüneberg, § 267 Rdnr. 17; Erman/Kuckuk, § 267 Rdnr. 11; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 28; HKBGB/Schulze, § 267 Rdnr. 5; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 128; Beuthien, JZ 1968, S. 326; Canaris, FS Larenz, S. 847; Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III 4 (S. 59); Gernhuber, Erfüllung, S. 458; Giesen, Jura 1995, S. 177; Gursky, Schuldrecht BT, S. 201; Jakobs, NJW 1992, S. 2526; Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 463; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 85 ff.; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 48; Lorenz, JuS 1968, S. 446; St. Lorenz, JuS 2003, S. 841; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 685; Pinger, AcP 179 (1979), S. 326; Stolte, JZ 1990, S. 223;

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lichkeit und Bedeutung des Leistungszwecks als Kriterium für die Rückabwicklung. Sollte Leistungsempfänger derjenige sein, demgegenüber der Leistende einen eigenen Zweck verfolgt,94 zeigte es sich nun, dass der Leistende gerade in den Drittleistungsfällen mit seiner Zuwendung oftmals ein ganzes Bündel von Zwecken und Motiven in Bezug sowohl auf den Schuldner als auch auf den Gläubiger verfolgt, was die Bestimmung des Leistungsempfängers anhand der Zweckbestimmung erschwert. Zwar wurde dem entgegengehalten, der Wille des Leistenden müsse nur systematisiert werden, dann bestände auch nicht die Gefahr, in unüberschaubare Motivationsschichten abzugleiten,95 und man könne die rechtlich relevanten Zwecke von den irrelevanten Motiven trennen.96 Gleichwohl blieb eine Mehrzahl von rechtlich relevanten Zwecken übrig. Allein über eine Betrachtung des verfolgten Zwecks ließ sich der Leistungsempfänger speziell bei der Drittleistung somit nicht genau bestimmen.97 d) Zwischenergebnis Entgegen den Vorstellungen seiner Väter und frühen Verfechter kann der finale Leistungsbegriff nicht in allen Dreipersonenkonstellationen die Beteiligten der Rückabwicklung sachgerecht festlegen.98 Es bleibt festzuhalten, dass in den Fällen, in denen Leistungsverhältnis und Kausalverhältnis hinsichtlich ihrer Beteiligten nicht übereinstimmen, die Bestimmung des Kondiktionsverhältnisses allein anhand des zweckgerichteten Leistungsbegriffs zu umstrittenen Ergebnissen führt.99 Speziell in den Fällen des Auseinanderfallens von Leistungs- und Kausalverhältnis offenbaren sich die Probleme des Leistungsbegriffs als angebliche Determinante der Rückabwicklung.100 Diese Erkenntnis führte zu der Behauptung, der Leistungsbegriff könne nicht mehr leisten, als in ihn hineingelegt wurde,101 also nur die von Caemmerer, JZ 1962, S. 386; Weitnauer, NJW 1979, S. 2011; Wilhelm, JuS 1973, S. 6; Wolf, Drittleistung, S. 65. 94 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 III. 2. c). 95 Schnauder, AcP 187 (1987), S. 147. 96 Vgl. sogleich unten Dritter Teil § 18 I. 1. 97 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 12 III 3 (S. 467); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 48; Wilhelm, JuS 1973, S. 2; Pinger, AcP 179 (1979), S. 305. 98 Canaris, FS Larenz, S. 800; Pinger, AcP 179 (1979), S. 306; Köndgen, FS Esser, S. 58. 99 Lorenz, JuS 1968, S. 442; Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 63. 100 Und nicht etwa Schwierigkeiten bei der Feststellung des Leistungszwecks, wie beispielsweise Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 48) annehmen! 101 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 394); Soergel/ Mühl, § 812 Rdnr. 3.

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Fälle sachgerecht bei der Rückabwicklung erfassen, die man bei seiner Formulierung bedacht hat.102 Die Kapazität des Leistungsbegriffs als Speicher von Wertungen werde bei komplexeren Fallgestaltungen überstiegen, weshalb er dann seiner Funktion – Bestimmung des Kondiktionsverhältnisses – nicht genügen kann.103 2. Kriterien für die Rückabwicklung Welche Umstände, Faktoren oder Wertungen legen aber in den problematischen Fällen die Parteien der Rückabwicklung fest? Zur Beantwortung dieser Frage sollen im Folgenden geeignete Kriterien zur Bestimmung der Kondiktionspartner abseits des zweckgerichteten Leistungsbegriffs aufgezeigt werden. a) Vorüberlegungen Die Rückabwicklung im Wege der Leistungskondiktion steht systematisch in einer Reihe mit dem Rücktritt und ist durch ihre Verbindung zum Erfüllungsrecht gekennzeichnet.104 Einerseits dient die Leistungskondiktion in Gestalt der condictio indebiti vorrangig dem Ausgleich des fehlerhaften Erfüllungsgeschäfts.105 Im Zuge der gescheiterten Erfüllung wurden zumeist sachenrechtliche Rechtsgeschäfte (Übereignungen) getätigt, auf welche das fehlerhafte Kausalgeschäft wegen des Trennungsprinzips keine Auswirkungen zeitigt. Diese sachenrechtlichen Rechtsfolgen gilt es, mit Hilfe der Leistungskondiktion rückgängig zu machen.106 Das Bereicherungsrecht hat insofern dienende Funktion.107 Auf der anderen Seite ist die Leistungskondiktion ein schuldrechtlicher Rückgewähranspruch und die Fortsetzung des Vertrags102

Vgl. oben Zweiter Teil § 15 I. 3. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 VI 2 (S. 249); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 47 1 (S. 32); Schlechtriem, ZHR 149 (1985), S. 335. 104 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 I (S. 130); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 3 III 3 (S. 59), § 10 I 2 (S. 388 ff.); Koppensteiner/ Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 1 (S. 3); Gursky, Schuldrecht BT, S. 194; Erman/Westermann, Vor § 812 Rdnr. 1; von Caemmerer, FS Rabel I, S. 333, 352; Rengier, AcP 177 (1977), S. 421; Reeb, JuS 1974, S. 514; Rother, AcP 169 (1969), S. 14, 15; Stolte, JZ 1990, S. 221; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 379; Singer, JR 1983, S. 258; Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 189; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 19 ff.; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 13. Vgl. auch oben Zweiter Teil § 14 I. 4. 105 Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 2; Wolf, Drittleistung, S. 45; Bamberger/ Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 6; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 378; Reeb, JuS 1972, S. 393. 106 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 1 (S. 3); Gursky, Schuldrecht BT, S. 194. 103

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

rechts mit anderen Mitteln,108 weshalb bei der Bestimmung der Rückabwicklungsbeteiligten die gesetzlichen Wertungen außerhalb der §§ 812 ff. BGB weiterzudenken sind.109 Neben den Wertungen des Ausgangsrechtsgebietes sind das vor allem die in den §§ 346 ff. BGB getroffenen Wertungen. Die Leistungskondiktion wird aus diesem Grund als „normatives Bereicherungsrecht“, nicht lediglich rein technisches Abwicklungsrecht bezeichnet.110 b) Bestimmung der Kondiktionspartner abseits des Leistungsbegriffs Dass der Leistungsbegriff das Rückabwicklungsschuldverhältnis nicht festlegt, ist keine ganz neue Erkenntnis. Zur Bestimmung der Kondiktionspartner abseits des Leistungsbegriffs wurden im Wesentlichen drei Ansätze vertreten, deren Tauglichkeit sich anhand der in der Vorüberlegung festgestellten Kriterien erweisen muss. aa) Bestimmung anhand des Merkmals „auf Kosten“ Schon die Vertreter der Einheitslehre kritisierten die Bestimmung der Kondiktionspartner anhand des Leistungsbegriffs.111 Stattdessen wollten sie die Parteien der Rückabwicklung anhand des Merkmals „auf Kosten“ und mit Hilfe der Unmittelbarkeitslehre lösen.112 Damit sprachen sie sich vor allem gegen die Überbewertung des Zwecks bei der Feststellung des Leistungsverhältnisses aus.113 Ihr Vorwurf ging insbesondere dahin, dass man 107

von Caemmerer, FS Rabel, S. 342; Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 47 1 (S. 30); Stolte, JZ 1990, S. 221. 108 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 I 2 (S. 130); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I (S. 76); Bamberger/Roth/Wendehorst, Vor § 812 Rdnr. 3; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 2; Kaehler, S. 15 f., 128 ff.; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 19; von Caemmerer, FS Rabel, S. 342; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 256; Knieper, KJ 1980, S. 119; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 376. 109 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 3 III (S. 53); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 2; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 720; Bamberger/Roth/ Wendehorst, Vor § 812 Rdnr. 3; Berg, JuS 1964, S. 138; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 19; Rengier, AcP 177 (1977), S. 441; Reeb, JuS 1972, S. 393; Schnauder, Grundfragen, S. 18; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 290. 110 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 3 III (S. 52 f.) unter Anspielung auf Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 VI 1 (S. 246). 111 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 II. 112 Vgl. nur Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 103; ders., JuS 1973, S. 6; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 11. 113 Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 10 ff.; vgl. auch Kamionka, JuS 1992, S. 850.

§ 15 Auseinandersetzung mit der Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff 379

sich bei der Suche nach dem Leistenden allein auf die Frage beschränkt, wer wem gegenüber welchen Zweck verfolgt hat, ohne eine Wertbewegung zwischen diesen Personen zu fordern.114 Rückgängig gemacht werden kann aber nur eine Zuwendung im Sinne einer Wertbewegung. Orientiert man sich dagegen am Merkmal „auf Kosten“, liegt die erforderliche Wertbewegung immer vor. Zuzustimmen ist dieser Kritik insoweit, als dass nicht Zweckbestimmungen, sondern allein Zuwendungen rückgängig gemacht werden können. Allerdings läuft sie dann ins Leere, wenn man beachtet, dass eine „Leistung“ per Definition aus Zuwendung und Zwecksetzung besteht, wobei die Zuwendung eine Vermögensverschiebung beinhaltet.115 Die mit Hilfe des zweckgerichteten Leistungsbegriffs erzielten Ergebnisse dürften sich deshalb nicht von denen der Einheitslehre unterscheiden. Dennoch ist es der Verdienst der Einheitslehre, ins Gedächtnis gerufen zu haben, dass eine Leistung nicht allein aus der Zweckbestimmung besteht, sondern jeder Leistung eine Zuwendung zugrunde liegen muss. Als nicht ganz unberechtigt wird sich im Folgenden auch ihre Warnung vor einer Überbewertung der Zweckverfolgung erweisen. Gegen die Einheitslehre und ihren Weg über die Unmittelbarkeit sprechen jedoch die dargestellten systematischen Einwände, vor allem die grundlegende Trennung der unterschiedlichen Pflichtenkreise des BGB und ihre Entsprechung in Leistungs- und Eingriffskondiktion.116 Orientiert sich die Leistungskondiktion als quasivertragliche Rückabwicklung an den §§ 346 ff. BGB, sollten Bereicherungsschuldner und Bereicherungsgläubiger besser durch ihre Parteirolle im fehlerhaften Schuldverhältnis anstatt anhand des Merkmals „auf Kosten“ bestimmt werden,117 zumal der Rücktritt das Merkmal „auf Kosten“ ja auch nicht kennt. bb) Rückabwicklung mit Hilfe von Analogien Einen anderen Weg beschritt Kupisch. Aus der Feststellung, der Gesetzgeber habe sich bei der Schaffung des § 812 Abs. 1 BGB am Zweipersonenverhältnis orientiert,118 zog er den Schluss, der Wortlaut der Norm könne die Dreipersonenkonstellationen nicht erfassen. Folglich entwickelte er seine Theorie zur Rückabwicklung am Regelfall des Zweipersonenver114 Pinger, AcP 179 (1979), S. 301 ff.; Kupisch, JZ 1997, S. 215; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 103. 115 Schnauder, AcP 187 (1987), 171; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 722. 116 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 II. 2 und Zweiter Teil § 14 II. 3. 117 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 131); Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 41; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 379. 118 Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 29 ff.; ders., Sonderbeilage WM 1979, S. 9.

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

hältnisses.119 Dabei erkannte er den Zusammenhang der Leistungskondiktion mit dem Erfüllungsrecht und verwendete als einziger Vertreter der objektiven Erfüllungslehre auch im Bereicherungsrecht konsequent einen objektiven Leistungsbegriff: Leistung im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB war für Kupisch die bloße Zuwendung.120 Darauf baute Kupisch seine Theorien zur Rückabwicklung auf: Bereits im Erfüllungsrecht lässt sich die Beteiligung Dritter nicht allein durch § 362 Abs. 1 BGB erfassen. Dazu bedarf es zusätzlich der §§ 267, 362 Abs. 2 BGB. Beide Vorschriften ordnen Rechtsfolgen im Verhältnis Schuldner zu Gläubiger an, obwohl entweder nicht der Schuldner geleistet hat oder nicht an den Gläubiger geleistet wurde. Der Tatbestand des § 362 Abs. 1 BGB (Leistung) und dessen Rechtsfolge (Erfüllung im Verhältnis Schuldner zu Gläubiger) fallen bei Anwendung der §§ 267, 362 Abs. 2 BGB auseinander. Beide Normen sind deshalb nach Kupisch gesetzlich geregelte Fälle von Analogie.121 Auch § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB kann nun die Drittbeteiligung nicht erfassen. Allerdings fehlen im Bereicherungsrecht Vorschriften wie §§ 267, 362 Abs. 2 BGB, welche die Rechtsfolge der Rückabwicklung in einem Verhältnis anordnen, in welchem keine Leistung stattgefunden hat. So findet nach Kupisch eine Zuwendung und damit Leistung bei der Anweisung nur zwischen Angewiesenen und Empfänger statt.122 Zu einer Rückabwicklung im Dreieck kommt man also nur, wenn man § 812 Abs. 1 BGB analog anwendet, also die Rechtsfolgen des § 812 Abs. 1 BGB auf das Verhältnis Anweisender zu Empfänger sowie Angewiesener zu Anweisenden überträgt.123 Nur aufgrund einer solch normativen Betrachtungsweise liegt eine bereicherungsrechtliche „Leistung“ des Angewiesenen an den Anweisenden vor.124 Ausdrücklich anerkennens- und lobenswert ist, dass Kupisch nicht allein den Zusammenhang zwischen Erfüllung und Rückabwicklung erkennt, sondern auch die Wertungen aus dem Erfüllungsrecht auf die Leistungskondiktion überträgt. Nicht zu folgen ist Kupisch hingegen in seinem Ansatz der objektiven Erfüllung,125 versagt doch eine objektive Zuordnung weitaus häufiger als Kupisch erkennt, weshalb er in den betreffenden Fällen auf einen subjektiven Leistungsbegriff zurückgreifen müsste.126 Paradigmatisch 119 120 121 122 123 124 125 126

Kupisch, JZ 1997, S. 220; ders., Sonderbeilage WM 1979, S. 3. Kupisch, Festgabe von Lübtow, S. 501. Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 6. Kupisch, JZ 1997, S. 221; ders., Sonderbeilage WM 1979, S. 4. Vgl. Kupisch, FS Coing, S. 245. Kupisch, FS Coing, S. 250. Vgl. oben Erster Teil § 6. Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 2. a).

§ 15 Auseinandersetzung mit der Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff 381

stellt er in den Anweisungsfällen auf den Willen der Beteiligten ab, was er ausweislich seines Ansatzes gerade zu vermeiden suchte.127 Dass schließlich die Generalklausel des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB den elementaren Fall der auch damals praktisch bedeutsamen Anweisung nicht erfassen soll,128 ist ebenfalls nur schwer vorstellbar.129 Entgegen Kupisch hat der Gesetzgeber zwar den Wortlaut des § 812 Abs. 1 BGB nicht an den Dreipersonenkonstellationen entwickelt, gänzlich ignoriert hat er sie dennoch nicht.130 Ebenfalls nicht überzeugend ist die Qualifizierung des § 267 BGB als gesetzliche Analogie. Abgesehen davon, dass es gesetzliche Analogien schon begrifflich nicht geben kann,131 ist die Person des Leistenden in § 362 Abs. 1 BGB keine Tatbestandsvoraussetzung.132 § 267 Abs. 1 BGB ist daher keine Ausnahmevorschrift zu § 362 Abs. 1 BGB. Schließlich ist Kupisch in einem letzten Punkt die Gefolgschaft zu versagen. Entgegen seiner Ansicht liegt in den Bankanweisungsfällen keine Zuwendung der Bank an den Empfänger vor.133 Nicht die Bank, sondern der Anweisende setzt in Bezug auf den Empfänger eigenes Vermögen ein, was sich schon daran zeigt, dass die Bank das Konto des Anweisenden mit der überwiesenen Summe belastet. cc) Trennung von Leistung und Rückabwicklung durch Canaris Besondere Beachtung verdient die Arbeit von Claus-Wilhelm Canaris. Ging auch Canaris anfänglich von der Rückabwicklung im Leistungsverhältnis aus,134 beließ er es nicht bei der Kritik der damit erzielten Ergebnisse,135 sondern zog daraus konsequent den Schluss, dass der Leistungsbegriff die Personen der Rückabwicklung nicht festlegt.136 Diese Erkenntnis veranlasste ihn zu seiner Forderung des Abschieds vom Leistungsbegriff.137 Damit 127

Vgl. Schreiber, Jura 1986, S. 541. Der Anweisung war im Gegenteil in § 225 E1 ein eigener Abschnitt gewidmet, der die Folgen einer Anweisung zu erfassen suchte, vgl. unten Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (2) (b). Vgl. dazu auch den Aufsatz von von Thur, JherJB 48, S. 1 ff. 129 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 VI 4 (S. 251). 130 Vgl. Motive II, S. 831, 853; Protokolle, S. 2943. 131 Fehlt doch schon die planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes. 132 Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 1. e). 133 Ausführlich unten Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa). 134 Vgl. Canaris, BB 1972, S. 775. 135 Canaris, FS Larenz, S. 801 ff. 136 Canaris, FS Larenz, S. 859; ders., WM 1980, S. 355; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 133). 137 So der Titel seines Beitrags in der 1. Festschrift für Larenz, S. 799 ff. 128

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wandte er sich jedoch – entgegen einem allgemeinen Verständnis – nicht gegen den Begriff der Leistung als solchen.138 Vielmehr kritisierte Canaris angesichts der fragwürdigen Ergebnisse allein die am Leistungsbegriff ausgerichtete Dogmatik, nämlich die Bestimmung der Parteien der Kondiktion durch Rückabwicklung im Leistungsverhältnis.139 Der Funktion der Leistungskondiktion als Korrektiv des Abstraktionsprinzips folgend,140 griff er stattdessen für die Festlegung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses unmittelbar auf Wertungen zurück. Daraus entwickelte er seine Theorie vom kondiktionsauslösenden Mangel.141 Als maßgeblich für die Rückabwicklung in Dreipersonenkonstellationen erkannte Canaris folgende Wertungen:142 1. Erhalt der bestehenden Einwendungen: Jeder an der Rückabwicklung Beteiligte soll bestehende Einreden gegen seinen Kausalpartner weiterhin geltend machen können. 2. Schutz vor exceptiones ex iure tertii: Kein Beteiligter soll mit Einwendungen konfrontiert werden, die nicht aus seinem Kausalverhältnis stammen.143 3. Angemessene Verteilung des Insolvenzrisikos:144 Jeder Beteiligte soll auch bei der Rückabwicklung nur mit dem Insolvenzrisiko belastet werden, welches er freiwillig übernommen hat.145 Diese drei146 Kriterien sind in der bereicherungsrechtlichen Literatur auf allgemeine Zustimmung gestoßen.147 Lieb bezeichnet sie treffend als „All138 Im Gegenteil ging er in den Zweifelsfällen (Zession, Anweisung, Vertrag zugunsten Dritter, Drittleistung) ebenfalls von Leistung als bewusster und zweckgerichteter Mehrung fremden Vermögens aus, vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 133); ders., WM 1980, S. 369. Als Leistungszweck hob er den Erfüllungszweck hervor. Hauptaufgabe der Zweckbestimmung ist die Inbezugsetzung zu einem Kausalverhältnis, vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 132). 139 Canaris, NJW 1992, S. 871. 140 Ziel des Abstraktionsprinzips ist es gerade, die Wirkungen der Nichtigkeit eines Kausalverhältnisses auf die beteiligten Parteien zu beschränken, vgl. Canaris, FS Larenz, S. 804; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II (S. 203); zustimmend Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 311. 141 Canaris, FS Larenz, S. 807; ders., WM 1980, S. 369. 142 Canaris, FS Larenz, S. 802 f.; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 VI 1 (S. 247). 143 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II (S. 202). 144 Zeiss, AcP 165 (1965), S. 347 hingegen hält das Bereicherungsrecht nicht für tauglich, in jedem Fall eine interessengerechte Verteilung des Insolvenzrisikos zu gewährleisten. 145 Canaris, NJW 1972, 1197; ders., FS Larenz, S. 802 f. 146 Als viertes, aber weniger entscheidendes Kriterium gilt es überdies, die Rollenverteilung im Prozess aufrechtzuerhalten, vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 VI 1 (S. 247).

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gemeingut“ gewordene Erkenntnis.148 Dabei entsprechen die gesetzesimmanenten Wertungen149 der Funktion der Leistungskondiktion als Rückabwicklungsschuldverhältnis zur Korrektur des Abstraktionsprinzips unter Berücksichtigung der Wertungen des Ausgangsrechtsgebietes und der §§ 346 ff. BGB.150 Zugleich erhellen die hervorgehobenen Wertungen die Dominanz des Kausalverhältnisses für die Bestimmung der Kondiktionspartner.151 So wird denn auch in nahezu allen Fällen, in denen Kausalverhältnis und Forderung nicht kongruent verlaufen, unter Berücksichtigung dieser entscheidenden Wertungen im Kausalverhältnis und nicht im Leistungsverhältnis rückabgewickelt.152 Decken sich auch die Ergebnisse von Canaris bei der Rückabwicklung in den Dreipersonenkonstellationen weitgehend mit denen der herrschenden Lehre, bedient er sich zu ihrer Gewinnung aber nicht abweichender Sonderbetrachtungen oder fallweiser Ergänzungen des Leistungsbegriffs, sondern greift dogmatisch stringent unmittelbar auf die entscheidenden Wertungen zurück.153 Es muss als der große Verdienst Canaris’ angesehen werden, die Trennung der Rückabwicklung vom Leistungsbegriff erarbeitet zu haben.

147 Vgl. nur Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III 1 (S. 47); Emmerich, BGBSchuldrecht, § 18 Rdnr. 4; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1084; Koppensteiner/ Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I 3 (S. 13); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 775; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 28 ff.; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 90; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 667; AK-BGB/Joerges, § 812 Rdnr. 16; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 17; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 40; Soergel/Mühl, § 812 Rdnr. 43; Möschel, JuS 1972, S. 300; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 6; Bayer, JuS 1990, S. 885; Köndgen, FS Esser, S. 65; Mühl, WM 1984, S. 1442; Rengier, AcP 177 (1977), S. 443; Schreiber, Jura 1986, S. 542; Wieling, JuS 1978, S. 803; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 18 ff. Einschränkend dagegen („wichtige Vorarbeiten“) Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 396). 148 Lieb, NJW 1982, S. 2035. 149 Canaris, FS Larenz, S. 804; ders., WM 1980, S. 369; Stolte, JZ 1990, S. 221. Besonders deutlich wird dies bei der Übernahme des Insolvenzrisikos. Schon der Gesetzgeber betonte, dass ein Bereicherungsgläubiger, der ein Vermögensstück im Hinblick auf einen aus dem Empfängervermögen zu erlangenden Gegenstand aus der Hand gibt, ohne sich hinsichtlich seines Ausfalls zu sichern, wie ein Kreditgeber behandelt wird, vgl. nur Mugdan, Materialien II, S. 1191 f. 150 Canaris, WM 1980, S. 369; ders., FS Larenz, S. 804; zustimmend Weitnauer, NJW 1979, S. 2009. 151 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II 5 (S. 210). 152 Zur Ausnahme der Drittleistung vgl. Zweiter Teil § 15 II. 3 sowie Zweiter Teil § 16 III. 153 Canaris, FS Larenz, S. 859 (Hervorhebung auch dort).

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c) Gründe für die weiterhin erfolgende Rückabwicklung im Leistungsverhältnis So bahnbrechend die Erkenntnis ist, sie hat sich bedauerlicherweise bis heute nicht durchgesetzt. In der neueren Literatur vertreten lediglich Henke und Gödicke die konsequente Trennung von Leistungs- und Abwicklungsverhältnis.154 Die überwiegende Lehre dagegen propagiert weiterhin die Rückabwicklung im Leistungsverhältnis.155 Und selbst Canaris befürwortet heute die Rückabwicklung im Leistungsverhältnis als „Faustregel“.156 Worin aber liegen die Ursachen für das erstaunliche Beharrungsvermögen157 dieser Ansicht trotz ihrer zweifelhaften Ergebnisse? Allein mit einem historisch gewachsenen Verständnis dieser Lehre ist es jedenfalls nicht zu begründen. Ebenso wenig hilft der Hinweis auf die notwendige Trägheit von Dogmatik weiter.158 Selbst noch so starre Ordnungssysteme können sich nicht behaupten, beruhen sie auf einem derartigen Grundlagenfehler. aa) Wortlaut Vor allem anderen kommt dem Wortlaut des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB in einem kodifizierten Rechtssystem wie dem deutschen die primäre Orientierung bei der Lösung bereicherungsrechtlicher Fallgestaltungen zu.159 Der Wortlaut ordnet an, dass derjenige, der durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erhalten hat, ihm (sic! den Leistenden) zur Herausgabe verpflichtet ist. Der Gesetzgeber hat somit die Rückabwicklung im Leistungsverhältnis festgeschrieben.160 Indes kann dem Wortlaut allein, zumal bei einer Generalklausel wie § 812 Abs. 1 BGB, keine ausschlaggebende Relevanz zukommen,161 beruht doch der Wortlaut im Grunde auf der dogmatisch überholten Einheitslehre 154 Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 271; Henke, Leistung, S. 94 ff., der diesen Ansatz als „vernetztes Denken“ bezeichnet. Zustimmend auch Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 33; Bamberger/Roth/Wendehorst, Vor § 812 Rdnr. 5. 155 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 III. 2. c) und zuletzt wieder St. Lorenz, JuS 2003, S. 839 ff. 156 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 VI 5 (S. 252); so ähnlich Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehung, S. 82: „Kompaß“. 157 Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 304. 158 So aber Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 270. 159 Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 15. 160 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 (S. 43); Kötter, AcP 153 (1954), S. 200; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 395. 161 Köndgen, FS Esser, S. 64.

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Savignys.162 Der Wortlaut ist weiterhin nicht entscheidend, wenn sich die mit der Norm erfasste Lebenswirklichkeit verändert hat. Als man dem Leistungsverhältnis die fragliche Aufgabe zuwies, orientierte man sich am Zweipersonenverhältnis,163 in welchem die Rückabwicklung zwangsläufig zwischen Leistendem und Leistungsempfänger stattfindet. Mit fortschreitender Industrialisierung und Arbeitsteilung wurde es aber notwendig, auch Konstellationen rückabzuwickeln, in denen nicht nur Schuldner und Gläubiger involviert waren.164 Dort ist der Wortlaut mit seiner Begrenzung auf das Leistungsverhältnis in einigen Konstellationen zu eng, eine Lösung streng am Wortlaut nicht interessengerecht.165 Dass man dem Ansatz von Canaris nicht folgte, lag wohl auch am unglücklich formulierten Schlüsselwort. Wollte Canaris nur die Rückabwicklung vom Leistungsbegriff trennen,166 fasste er das schlagwortartig unter „Abschied vom Leistungsbegriff“ zusammen.167 Darin lag in den Augen einiger Autoren der Abschied von einem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal, welches überdies für die Trennungslehre unentbehrlich ist.168 So wurde gefragt, mit welchem Recht sich dieser Kondiktionstyp noch Leistungskondiktion nennen darf.169 Erst eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Ansatz von Canaris führt zur Erkenntnis, dass nicht das Wort Leistung der Veränderung oder Abschaffung bedarf, sondern allein die Beteiligten des Bereicherungsanspruchs abseits des Leistungsverhältnisses bestimmt werden müssen. bb) Weitgehende Übereinstimmung in den Ergebnissen Als zweiten Grund für das Festhalten an der Rückabwicklung im Leistungsverhältnis lässt sich ausmachen, dass der zweckgerichtete Leistungsbegriff (scheinbar) in vielen Dreipersonenkonstellationen zu sachgerechten Ergebnissen führt.170 Das Versagen bei der Bestimmung der Rückabwick162

Vgl. oben Zweiter Teil § 14 I. 3. Grunewald, Bürgerliches Recht, § 31 Rdnr. 1; Kunisch, Dreiecksverhältnisse, S. 3; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 29 ff.; ders., Sonderbeilage WM 1979, S. 9. 164 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 387); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III 1 (S. 46); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 9; AKBGB/Joerges, § 812 Rdnr. 16. 165 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 1. 166 Canaris, WM 1980, S. 367, 369. 167 Vgl. Überschrift III. 1 seines Aufsatzes in der 1. Festschrift für Larenz, S. 857. 168 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 47). 169 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, Einführung (S. XIX). 170 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 667; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1085; Giesen, Jura 1995, S. 173; St. Lorenz, JuS 2003, S. 844. 163

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lung beschränkt sich auf einzelne Konstellationen. In den „einfachen“ Dreiecksbeziehungen erweise sich der Leistungsbegriff durchaus als geeignetes Instrument zur Lösung der Fälle. Dagegen ist vorzubringen, dass für die Rechtswissenschaft nicht so sehr das Ergebnis, als vielmehr der Weg zu diesem Ergebnis entscheidend ist.171 Die teilweise Übereinstimmung der Ergebnisse an sich ist insofern nicht allzu aussagekräftig. Richtigerweise beruht die scheinbare dogmatische Eignung des Leistungsbegriffs allein auf dem Umstand, dass in den einfachen Dreipersonenkonstellationen das Kausalverhältnis und die Forderung zwischen den gleichen Beteiligten existieren (bzw. existieren würden). Geht man nämlich von der Zweckverfehlung bei Leistungen solvendi causa aus, kommt man zur Rückabwicklung im Forderungsverhältnis. Nur weil und sofern aber die daran beteiligten Personen zugleich Partner des Kausalverhältnisses sind, erzielt man auf diesem Weg interessengerechte Ergebnisse. Jetzt werden die von Canaris erkannten maßgeblichen Wertungen bei der Rückabwicklung gewahrt, ohne dass man sich dessen bewusst ist. Tatsächlich aber wickelt man bei der angeblichen Rückabwicklung im Leistungsverhältnis im Kausalverhältnis ab und steht allein deshalb mit den Wertungen Canaris im Einklang. Die scheinbare Eignung des Leistungsbegriffs für die ihm zugedachte Funktion – Bestimmung der Kondiktionspartner – ist in den einfachen Dreipersonenkonstellationen genau genommen rein zufällig. Wird gelegentlich bedauert, dass auch die Theorie der finalen Erfüllung das Ei des Kolumbus für die Rückabwicklung nicht finden konnte,172 muss man attestieren, dass sie dies nie konnte. Wer behauptet, der Leistungsbegriff sei ein dogmatisches Kürzel oder Speicher für Wertungen der Rückabwicklung,173 verkennt, dass diese Wertungen nicht im Leistungsbegriff, sondern im Kausalverhältnis verschlüsselt sind und mit dem Leistungsbegriff nur zufällig übereinstimmen, nämlich dann, wenn Forderung und Kausalverhältnis bezüglich der Beteiligten übereinstimmen. Diese Erkenntnis offenbart sich aber erst in den Fällen des Auseinanderfallens von Kausalverhältnis und Forderung. So wie es sich verbietet, beim zufälligen Zusammentreffen zweier Ereignisse einen Kausalzusammenhang anzunehmen, verbietet es sich auch, aus dem Zusammenfallen von Leistungsverhältnis und Kausalverhältnis Wertungen des Kausalverhältnisses auf den Leistungs171

Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 215. Hagman-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 20. 173 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 VI 2 (S. 249); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 3 IV (S. 9); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II 5 c (S. 115); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 40; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 686; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 173; Schlechtriem, ZHR 149 (1985), S. 335; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 25; Wieling, JuS 1978, S. 806; Pinger, AcP 179 (1979), S. 305; Kamionka, JuS 1992, S. 934. 172

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begriff zu übertragen. Statt sich auf die Übereinstimmung der Ergebnisse in den leichten Fällen zu berufen, hätte man besser den Sonderfällen vermehrte Aufmerksamkeit zukommen lassen sollen. Dann wäre aufgefallen, dass nicht die teilweise Übereinstimmung der Ergebnisse für, sondern die fallweise Abweichung gegen die Rückabwicklung im Leistungsverhältnis spricht. Allerdings ist zu beachten, dass in den letzten Jahren vermehrt Stimmen laut geworden sind, die davor warnen, den Leistungsbegriff zu verabsolutieren und aus ihm Folgerungen für die Rückabwicklung im Wege der Deduktion zu gewinnen.174 Vor einem solchen Vorgehen hatte bereits Weitnauer als einer der frühen Verfechter des finalen Leistungsbegriffs gewarnt.175 Dessen ungeachtet ist die „geradezu begriffsjuristisch anmutende Übersteigerung des Leistungsbegriffs“176 Ansatzpunkt der Kritik am Leistungsbegriff, die gelegentlich zur gänzlichen Ablehnung des finalen Leistungsbegriffs geführt hat.177 So ziehen sowohl Lorenz178 als auch Reuter/Martinek,179 die begrifflich dem finalen Leistungsbegriff folgen, in den problematischen Dreipersonenkonstellationen die Lösung nicht aus dem Leistungsbegriff.180 Heute behauptet denn kein Autor mehr ernsthaft, alle mit der Leistungskondiktion zusammenhängenden Probleme allein unter Rückgriff auf den Leistungsbegriff lösen zu können. Darin läge auch, wie Wesel bemerkte, nichts anderes als ein Rückfall in die Begriffsjurisprudenz des 19. Jahrhunderts.181 Schließlich hat auch der BGH festgestellt, dass man allein durch Ableitung aus dem Leistungsbegriff nicht immer zu überzeugenden Lösungen bei der Rückabwicklung gelangt.182 Deshalb sei das 174

Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 47 1 (S. 32); Fikentscher, Schuldrecht Rdnr. 1083; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 686; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I 3 (S. 12); Grunewald, Bürgerliches Recht, § 29 Rdnr. 3; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 10; Bamberger/Roth/Wendehorst, Vor. § 812 Rdnr. 5; Canaris, FS Larenz, S. 812; Schnauder, JuS 1994, S. 538; ders., AcP 187 (1987), S. 161, 172 ff.; Harder, JuS 1979, S. 38; Pinger, AcP 179 (1979), S. 301, Kupisch, JZ 1997, S. 213; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 17; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 111; ders., JuS 1973, S. 7. 175 Weitnauer, Symposium König, S. 55; ders., FS Caemmerer, S. 270; ders., NJW 1974, S. 1730; ders., NJW 1979, S. 2008 Fn. 6. 176 So MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 5. 177 Vgl. unten Zweiter Teil § 15 III. 4. 178 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 5, 36, 41, 56. 179 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I 2 (S. 394 f.), § 11 III 3 (S. 423 ff.), § 11 III (S. 426). 180 Reuter/Martinek, a. a. O., geben selbst zu, dass die richtigen Lösungen nicht mit dem Begriff gewonnen werden können. 181 Wesel, NJW 1994, S. 2595; ähnlich Meyer-Cording, FS Pleyer, S. 93; Harder, JuS 1979, S. 76: „… der Begriffsjurisprudenz der Pandektenwissenschaft zur Ehre gereicht hätte …“. 182 Vgl. BGHZ 122, 46 (51).

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anhand des Leistungsbegriffs gefundene Ergebnis zusätzlich durch Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes sowie ergänzender Interessenbewertung zu rechtfertigen.183 Will man aber die Parteien der Rückabwicklung nicht aus dem Leistungsbegriff gewinnen, ist konsequenterweise der Leistungsbegriff von der Rückabwicklung zu trennen. Allerdings scheuen sich sowohl Literatur als auch der BGH, diese Konsequenz entweder anzuerkennen oder aber offen auszusprechen. Stattdessen betont man, der Leistungsbegriff solle in seiner Funktion als Determinante für die Rückabwicklung in den einfachen Dreipersonenbeziehungen weiterhin Anwendung finden.184 Lediglich in den Randbereichen, mithin im Falle seines Versagens, soll er durch ergänzende Wertungen ersetzt werden.185 Exemplarisch ist insoweit das Vorgehen von Kamionka, welcher dem Leistungsbegriff lediglich eine Ordnungsfunktion zuweist, während er die Lösung für die Rückabwicklung in anderen Wertungen sucht.186 Das aber ist in der Sache nichts anderes als die Trennung von Leistung und Rückabwicklung. Wenn zudem der BGH seine mit Hilfe des Leistungsbegriffs gefundenen Ergebnisse anhand objektiver Wertungsund Zurechnungskriterien überprüft, ist auch das ein nur oberflächliches Festhalten am Leistungsbegriff. Die maßgeblichen Begründungen liegen hingegen schon lange nicht mehr im Begriff.187 Statt in den Zweifelsfällen den Begriff der Leistung zu modifizieren oder zu ergänzen, hätte man besser die Prämisse der Rückabwicklung im Leistungsverhältnis in Frage stellen sollen.188

183

BGHZ 89, 376 (382); BGHZ 105, 365 (370); BGHZ 122, 46 (51). Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 47 f.); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 28; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II 5 (S. 115); Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1081; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 686. 185 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 47 ff.); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 28; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 686; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1083, 1085; Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 37 Rdnr. 9; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 10; Pinger, AcP 179 (1979), S. 308; Schreiber, Jura 1986, S. 541; Kamionka, JuS 1992, S. 932; Weitnauer, NJW 1974, S. 1730; St. Lorenz, JuS 2003, S. 845. 186 Kamionka, JuS 1992, S. 934. 187 Ebenso Schnauder, JuS 1994, S. 545; Bälz, FS Gernhuber, S. 4. 188 Zu selten wird auf die Trennung von Leistung und Rückabwicklung hingewiesen. Neben Canaris vor allem durch Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 271 und Henke, Leistung, S. 94. Die Trennung von Leistung und Rückabwicklung klingt ebenfalls an bei Pinger, AcP 179 (1979), S. 305 und Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 33. 184

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cc) Entlastung des Rechtsanwenders Schließlich wird auf das Praktische an einem griffigen Begriff verwiesen,189 weshalb man den Leistungsbegriff als Determinante für die Rückabwicklung nicht ganz aufgeben, sondern ihn in den problematischen Fällen durch Wertungen ergänzen will. Außerdem betont man im Hinblick auf die Fülle der von Canaris erarbeiteten „Zurechnungskriterien, Regeln, Ausnahmen und Unterausnahmen“190 die Entlastungsfunktion des Leistungsbegriffes für die juristische Praxis,191 wird dieser doch eine griffige dogmatische Figur an die Hand gegeben,192 die es ermöglicht, allein durch mechanische Subsumtion in den meisten Fällen angemessen und abschließend zu entscheiden, ohne jedes Mal alle Wertungen durchdenken zu müssen.193 So hält etwa Medicus den Abschied vom Leistungsbegriff deshalb nicht für sinnvoll,194 weil er die maßgeblichen Wertungen bereits erfasst und ein Übermaß an Theorie vermeidet.195 Hinzu komme, dass die bereicherungsrechtliche Dogmatik angesichts der zahlreichen Wendungen der letzten Jahrzehnte einer gewissen Beständigkeit zur Erlangung von Rechtssicherheit bedarf.196 So sehr auch das Ziel – einfache Bestimmung der Parteien der Rückabwicklung in der Praxis – Zustimmung verdient, das Festhalten am Leistungsbegriff als Determinante der Rückabwicklung ist abzulehnen. Unzutreffend ist bereits die Prämisse, der Leistungsbegriff verschlüssele die maßgeblichen Wertungen. Diese sind nicht mit dem Leistungsverhältnis, sondern mit dem Kausalverhältnis verbunden. Der Leistungsbegriff kann demzufolge keine griffige dogmatische Figur für die Rückabwicklung an die Hand geben.197 Wer gleichwohl den Leistungsbegriff als Determinante 189 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 (S. 199); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 686; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Vorwort S. IX; Kupisch, JZ 1997, S. 221; Kamionka, JuS 1992, S. 848; Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 228; Köndgen, FS Esser, S. 64. 190 So Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 115). 191 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 116); Köndgen, FS Esser, S. 64: „Labyrinth“. 192 Thielmann, AcP 187 (1987), S. 25 spricht von „relative(r) Unkompliziertheit“ des Leistungsbegriffs. 193 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 II (S. 44); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 116); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 28; Weitnauer, NJW 1974, S. 1730. 194 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 686. 195 Medicus, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 23 (S. 120); ebenso Köndgen, FS Esser, S. 58. 196 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 II (S. 46); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 686; Pinger, AcP 179 (1979), S. 307; Schreiber, Jura 1986, S. 541. 197 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 (S. 199).

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der Rückabwicklung verwendet, nimmt lieber mangelnde Präzision in Kauf, anstatt sich von einem zwar griffigen, gleichwohl ungeeigneten Instrument für die entscheidenden Fällen zu verabschieden.198 Es erscheint überdies zweifelhaft, ob man die juristische Praxis, die in ihrer täglichen Arbeit von einfach zu subsumierenden Begriffen abhängig ist, im Hinblick auf die Bestimmung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses überhaupt entlasten kann, sind doch bei der Rückabwicklung die Wertungen des Ausgangsrechtsgebietes zu beachten. Schwerlich lassen sich die unterschiedlichen gesetzlichen Wertungen in einem Begriff verschlüsseln. Selbst wenn dies gelingen sollte, wäre dem Rechtsanwender mit einem solchen Generalbegriff, der über Klarheit eines unbestimmten Rechtsbegriffes nicht hinausgehen kann, nicht geholfen, müsste er doch erneut auf Fallgruppen und richterliche Ausformungen zurückgreifen. Insofern stellen bereits die von Canaris herausgearbeiteten Wertungen eine erhebliche Entlastung dar. Möglich wäre allenfalls eine vereinfachende Orientierung am Leistungsverhältnis nur in den Fällen der Übereinstimmung von Kausalverhältnis und Leistungsverhältnis. Dann aber ist zugleich zu betonen, dass ein solches Vorgehen nur aufgrund des gleichlaufenden Kausalverhältnisses möglich ist, der Leistungsbegriff also nicht mehr als eine ungenaue Hilfe in Form einer Eselsbrücke ist. Ein solches Vorgehen fördert jedoch nicht nur die Gefahr, Rückabwicklung und Leistungsverhältnis generell gleichzustellen, sondern verschleiert auch die maßgeblichen Wertungen der Rückabwicklung. Deshalb sollte man letztlich ganz darauf verzichten. 3. Rückabwicklung stets im Kausalverhältnis? – Erfassung der Drittleistung Die maßgeblichen Wertungen für die Rückabwicklung und die Bestimmung der Beteiligten der Leistungskondiktion orientieren sich am Kausalverhältnis.199 Insbesondere in den Fällen, in welchen Kausalverhältnis und Forderung inkongruent verlaufen,200 findet die Rückabwicklung nicht im Leistungsverhältnis, sondern im Kausalverhältnis statt. Dementsprechend wird in Literatur und Rechtsprechung bei den meisten Dreipersonenkonstellationen der Vorrang der Abwicklung übers Dreieck vor der Zulassung des Durchgriffs betont. Auch dient die Leistungskondiktion primär dem Ausgleich der Folgen des Trennungsprinzips, wobei man sich interessenmäßig ebenfalls am fehlerhaften Kausalverhältnis orientiert und dieses durch Rück198

Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 272. Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 2. b) cc). 200 Zession, „echter“ Vertrag zugunsten Dritter, angenommene Anweisung, vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 1. 199

§ 15 Auseinandersetzung mit der Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff 391

abwicklung nachvollzogen wird.201 Zuletzt wird betont, dass die Leistungskondiktion wegen Mangels oder Wegfalls der causa auf derselben rechtlichen Ebene steht wie sonstige schuldrechtliche Abwicklungsansprüche bei Darlehen, Leihe, Miete, Verwahrung, beim Rücktritt und der Wandlung.202 Mithin sprechen gute Gründe für eine Rückabwicklung in den Kausalverhältnissen. Daraus könnte man den Schluss ziehen, die Rückabwicklung stets im Kausalverhältnis stattfinden zu lassen.203 Eine solche Forderung wäre angesichts der Qualifikation der Leistungskondiktion als „Quasikontrakt“204 nur konsequent.205 Schon Baur/Wolf haben deshalb behauptet: „Die Leistungskondiktion besteht nur zwischen den Parteien des Kausalverhältnisses, weil sie nur der Rückabwicklung des Kausalverhältnisses dient.“206 Allerdings könnte die grundsätzliche Rückabwicklung im Kausalverhältnis die Fälle der Drittleistung nicht sachgerecht erfassen.207 Mit dem Dritten leistet ein weder an der Forderung noch am Kausalverhältnis Beteiligter an den Gläubiger. Zwar stimmen jetzt das Kausalverhältnis und die zu erfüllende Forderung überein; gleichwohl findet die Rückabwicklung der Drittleistung nach überwiegender Ansicht zwischen Drittem und Gläubiger statt.208 Entgegen der Ergebnisse in den anderen Problemfällen wird damit 201

Vgl. schon oben Zweiter Teil § 14 II. 3. von Caemmerer, FS Rabel, S. 342; ihm folgend Weitnauer, FS Caemmerer, S. 256; ders., Symposium König, S. 28; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 I (S. 130); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 771; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 19; Berg, JuS 1964, S. 138; Kamionka, JuS 1992, S. 846. 203 In diese Richtung Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II 5 (S. 210); Grunewald, Bürgerliches Recht, § 31 Rdnr. 6; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 726; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 35; Soergel/Mühl, § 812 Rdnr. 44; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 33; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 16, 18; Canaris, WM 1980, S. 367; ders., BB 1972, S. 775; Berg, AcP 160 (1961), S. 508; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 377; Kupisch, NJW 1985, S. 2374; Köndgen, FS Esser, S. 65; Huber, JuS 1972, S. 59; Pinger, AcP 179 (1979), S. 326; Weitnauer, Symposium König, S. 44; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 17. Vgl. auch Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 25: „Der Leistungszweck bezieht sich grundsätzlich auf das Kausalverhältnis.“ 204 Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 264. 205 Wer also die Rückabwicklung im Leistungsverhältnis beibehalten will, müsste das Leistungsverhältnis mit dem Kausalverhältnis gleichsetzen und gleichzeitig die Definition der Leistung in „bewusste und auf ein Kausalverhältnis zugeordnete Mehrung fremden Vermögens“ ändern. In diese Richtung Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 137) unter Hinweis auf einen Kaufvertrag als Zuordnungsobjekt; Grunewald, Bürgerliches Recht, § 29 Rdnr. 1; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 25; Köndgen, FS Esser, S. 65. 206 Baur/Wolf, JuS 1966, S. 395. 207 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 15; Lorenz, JuS 1968, S. 443. 208 Vgl. nur Canaris, FS Larenz, S. 848 Fn. 129; Wolf, Drittleistung, S. 60; Pinger, AcP 179 (1979), S. 326 f. und ausführlicher unten Zweiter Teil § 16 III. 202

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nicht im Kausalverhältnis, sondern im Leistungsverhältnis rückabgewickelt.209 Dabei zeigt sich im Übrigen, dass das Leistungsverhältnis nicht zwangsläufig mit dem Forderungsverhältnis identisch ist. Wie aber lässt sich dieses Ergebnis mit der Erkenntnis vereinbaren, dass sich die Rückabwicklung anhand der drei Wertungen Canaris bestimmt? Müssten nicht diese Wertungen zur Rückabwicklung im Kausalverhältnis führen, bleiben doch scheinbar nur dann im Verhältnis Schuldner zu Gläubiger alle Einwendungen erhalten und freiwillig übernommene Insolvenzrisiken gewahrt? Ein solcher Schluss wäre indes nur richtig, wenn man fremde Insolvenzrisiken tatsächlich bereits durch den Abschluss des Kausalvertrages übernehmen würde.210 Das dem nicht so ist, lässt sich § 320 BGB entnehmen. Danach kann der Schuldner auch nach Vertragsschluss seine Leistung – und damit eine Minderung seines Vermögens – solange verweigern, bis die geschuldete Gegenleistung an ihn bewirkt wurde. Die Gefahr, das eigene Vermögen von der Leistungsfähigkeit seines Vertragspartners abhängig zu machen, wird somit nicht schon durch den Vertragsschluss, sondern erst durch die Vornahme der eigenen Leistung übernommen.211 Erst nach Erbringung der eigenen Leistung ist die Berufung auf die Einrede des § 320 BGB ausgeschlossen. Bestätigung findet das Ergebnis in § 321 BGB. So ist zwar die Verpflichtung zur Vorleistung möglich,212 weshalb man sich auf den Standpunkt stellen könnte, dass in diesem Fall das Insolvenzrisiko bereits mit Abschluss des Vertrages übernommen werde. Indes kann der Verpflichtete seine Leistung nach § 321 BGB verweigern, sofern „nach Anschluss des Vertrages erkennbar wird, dass sein Anspruch auf die Gegenleistung durch mangelnde Leistungsfähigkeit des anderen Teils gefährdet wird.“ Die Unsicherheitseinrede steht ihm bis zur Bewirkung der Gegenleistung zu. Hat er seine Leistung aber bereits erbracht, ist die Berufung auf § 321 BGB ausgeschlossen. Das Risiko der Leistungsfähigkeit seines Partners trägt er mit209 Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 3. Diesem Umstand muss auch bei der Rückabwicklung nach Ausübung des Rücktritts Rechnung getragen werden. Hat ein Dritter geleistet und tritt eine Vertragspartei zurück, ist die erbrachte Leistung dem Dritten, nicht dem Schuldner zurückzugewähren. Sofern sich die Gegenansicht (Staudinger/Kaiser, § 346 Rdnr. 35; Rieble, JZ 1989, S. 835) auf BGH WM 1964, 679 (680) beruft, ist das schon deswegen unzulässig, weil es sich dort um einen Fall der Leistung mittels Erfüllungsgehilfen, also gerade nicht um einen Fall des § 267 BGB, gehandelt hat. 210 So Kamionka, JuS 1992, S. 849. In diese Richtung lässt sich auch Canaris, FS Larenz, S. 803 verstehen. 211 Canaris, FS Larenz, S. 814 f.; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 VI (S. 247 f.); Schnauder, AcP 187 (1987), S. 175; Wolf, Drittleistung, S. 59; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 121; ders., AcP 175 (1975), S. 319; Köndgen, FS Esser, S. 65. 212 Darin liegt die Abbedingung des § 320 BGB, vgl. nur Bamberger/Roth/ Grothe, § 320 Rdnr. 9; AnwK-BGB/Tettinger, § 320 Rdnr. 27.

§ 15 Auseinandersetzung mit der Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff 393

hin erst ab der eigenen Leistungserbringung.213 Bei der Drittleistung erbringt nun der Dritte die Leistung. Zwar kann sich dieser mangels vertraglicher Bindung dem Gläubiger gegenüber nicht auf §§ 320, 321 BGB berufen. Dennoch übernimmt auch der Drittleistende erst durch Vornahme seiner Leistungshandlung das Insolvenzrisiko des Gläubigers. Mit der Risikoübernahme korrespondiert auch das einseitige Zuordnungsrecht des Dritten.214 Mithin lässt sich feststellen, dass die Übernahme des fremden Insolvenzrisikos durch die Vornahme der Leistungshandlung, nicht durch den Abschluss des Kausalgeschäfts erfolgt.215 Da sich jede Leistung aus einer Zuwendung und einer Tilgungs- oder Zweckbestimmung zusammensetzt, stellt sich die Frage, welches dieser beiden Elemente die Risikoordnung letztlich festlegt. Der Leistende könnte das fremde Insolvenzrisiko durch die Abgabe der Tilgungsbestimmung übernommen haben.216 Die obigen Betrachtungen zum Zuordnungsrecht haben allerdings gezeigt, dass das Zuordnungsrecht erst aus der Übernahme des fremden Insolvenzrisikos durch Vornahme der Zuwendung folgt.217 Die Tilgungsbestimmung setzt die bereits erfolgte Risikoübernahme damit zwangsläufig voraus. Nicht die Zuordnung bedingt die Risikoübernahme, sondern die Risikoübernahme durch die Zuwendung zieht die Möglichkeit der Zuordnung nach sich.218 Allein durch die Zuwendung wird das fremde Insolvenzrisiko übernommen. Wer dagegen die Übernahme des Insolvenzrisikos durch die Zweckbestimmung propagiert, bewertet die Zweckbestimmung über. Findet die Rückabwicklung nach alledem weder generell im Leistungsverhältnis, noch generell im Kausalverhältnis statt, lassen sich die Kondiktionspartner nur durch unmittelbaren Rückgriff auf die drei Wertungen Canaris bestimmen. Innerhalb der drei Wertungen kommt der Übernahme des fremden Insolvenzrisikos eine maßgebliche Bedeutung zu. Die Frage, wer welches Insolvenzrisiko freiwillig übernommen hat, lässt sich nur anhand der Leistung feststellen. Wer dagegen die Bestimmung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses unter gänzlicher Ignorierung der Leistung 213 Vgl. Mugdan, Materialien II, S. 1191 f.: Der Bereicherungsgläubiger, der ein Vermögensstück im Hinblick auf einen aus dem Empfängervermögen zu erlangenden Gegenstand aus der Hand gibt, ohne sich hinsichtlich seines Ausfalls zu sichern, wird wie ein Kreditgeber behandelt. 214 Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 3. 215 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 VI 1 (S. 248); Schnauder, AcP 187 (1987), S. 175; Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 319; Köndgen, FS Esser, S. 65. 216 Wolf, Drittleistung, S. 45; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 111. 217 Vgl. oben Erster Teil § 3. 218 Zudem gibt Wolf, Drittleistung, S. 46 selbst zu, dass die Tilgungsbestimmung nur dann die Risikoordnung festlegt, wenn auch die Anweisung vorhanden ist. Damit gibt es aber zugleich eine Zuwendung, vgl. unten Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa).

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

vornimmt,219 berücksichtigt nicht, dass die schon von Canaris hervorgehobene Risikoübernahme – als privatautonome Dimension der Leistungskondiktion – grundsätzlich Beachtung finden muss.220 4. Ergebnis zur Kritik an der Funktion des Leistungsbegriffs Unterscheidet man zwischen dem Begriff der Leistung und der ihm zugedachten Funktion, die Parteien der Rückabwicklung festzulegen, betrifft die Kritik nicht den Begriff der Leistung, sondern lediglich die aus ihm im Wege der Deduktion gewonnenen Folgerungen. Sofern die herrschende Meinung die Parteien der Rückabwicklung mit Hilfe des Leistungsverhältnisses bestimmt, hat sich in den problematischen Dreiecksfällen gezeigt, dass die Kritik an diesem Vorgehen berechtigt ist. Das Rückabwicklungsverhältnis muss richtigerweise durch unmittelbaren Rückgriff auf die Wertungen des Ausgangsrechtsgebietes und unter Berücksichtigung der drei von Canaris erkannten Wertungen gefunden werden. Nicht die Existenz einer Leistung wird also kritisiert, sondern nur die aus dem Begriff gezogenen Folgerungen.221 Richtet sich die Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff damit allein gegen die aus ihm gezogenen Folgerungen, besteht für einen gelegentlich geforderten Abschied vom Leistungsbegriff keine Notwendigkeit.222 Die Leistung spielt im Gegenteil bei der Übernahme fremder Insolvenzrisiken eine entscheidende Rolle. Erst durch die Vornahme der Leistungshandlung übernimmt der Leistende das fremde Insolvenzrisiko. Zudem unterliegen Leistungen solvendi causa nur der Rückabwicklung, wenn sie nicht zur Erfüllung geführt haben.223 Die Rechtsgrundlosigkeit einer Leistung als Grundvoraussetzung einer Leistungskondiktion ist somit eng mit der Erfüllung verbunden, deren Voraussetzung ebenfalls eine finale Leistung ist.224 Die Funktion des finalen Elementes, der Zweckbestimmung, beschränkt sich bei Leistungen solvendi causa darauf, die Zuwendung einem konkreten 219 Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 102 I (S. 347); Köndgen, FS Esser, S. 67 f.; Reeb, JuS 1972, S. 586; Eike Schmidt, JZ 1971, S. 607; Gottschalk, JherJB 78, S. 296 ff.; Wieling, JuS 1978, S. 803. 220 Weitnauer, FS Caemmerer, S. 275. 221 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 133); Canaris, WM 1980, S. 369. 222 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 (S. 199): „… wird in der Darstellung an den Leistungsbegriff angeknüpft …“; ebenso Canaris, WM 1980, S. 367, 369; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 770. 223 Wieling, Bereicherungsrecht, S. 23. 224 Vgl. oben Erster Teil § 11.

§ 15 Auseinandersetzung mit der Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff 395

Schuldverhältnis zuzuordnen.225 Anhand dieser Zuordnung kann festgestellt werden, ob der verfolgte Zweck – Erfüllung dieses Schuldverhältnisses – eingetreten ist. Das Ergebnis zum Leistungsbegriff bei der Erfüllung wird durch die so genannte „Kritik am Leistungsbegriff“ des Bereicherungsrechts somit nicht in Frage gestellt. Leistung im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens.226 5. Berechtigung der Bezeichnung Leistungskondiktion Die Bestimmung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses durch unmittelbaren Rückgriff auf die gesetzlichen Wertungen unabhängig vom Leistungsverhältnis provozierte die Frage, mit welchem Recht die derart begründete Kondiktion überhaupt noch Leistungskondiktion genannt werden darf.227 Die Antwort liegt abermals in der Trennung zwischen dem Begriff der „Leistung“ einerseits und der Rückabwicklung anderseits. Die „Leistung“ zu ignorieren wäre nicht möglich, gehört sie doch zum gesetzlichen Tatbestand des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.228 Grundvoraussetzung jeder Leistungskondiktion ist das Vorliegen einer Leistung.229 Ohne Erhalt einer zweckgerichteten Zuwendung fehlte es schon an der auszugleichenden Vermögensverschiebung.230 Weiterhin ist eine Leistung nicht nur Tatbestandsvoraussetzung,231 sondern allein anhand des Merkmals „Leistung“ lässt sich die Rechtsgrundlosigkeit der Vermögensverschiebung, nämlich der Nichteintritt der Erfüllung bestimmen.232 Schließlich hat sich gezeigt, dass die Leistung bei der Übernahme der Insolvenzrisiken eine entscheidende Rolle spielt und damit die Rückabwicklung beeinflusst.233 Die Trennung von Leistung und Rückabwicklung beachtend, sind dem Begriff „Leistung“ mit dem Gegenstand und der Rechtsgrundlosigkeit die Voraussetzungen der Leistungskon225 Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 26; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 5, 43; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 16; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 12; Schlechtriem, JZ 1993, S. 26; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 36. 226 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 III. 1. 227 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, Einführung (S. XIX). 228 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 II (S. 43). 229 Vgl. nur Canaris, WM 1980, S. 369. Unrichtig deshalb Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 5 Fn. 8, wenn er Canaris als einen Kritiker des Leistungsbegriffs ansieht. 230 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 III. 2. a). 231 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 5; Canaris, WM 1980, S. 369. 232 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 II. sowie Zweiter Teil § 15 II. 4. 233 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 3.

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

diktion, den gesetzlichen Wertungen hingegen der Weg der Rückabwicklung, die Rechtsfolge, zu entnehmen. Die Leistung bestimmt das Was und Warum, die gesetzlichen Wertungen das Wie der Rückabwicklung.

III. Kritik am Begriff der Leistung selbst Betrifft die Kritik regelmäßig nicht den Begriff der Leistung, kann im Verlauf der weiteren Untersuchungen vom zweckgerichteten Leistungsbegriff ausgegangen werden. Indes ist zu beachten, dass bezüglich der Funktion der Zweckbestimmung unterschiedliche Auffassungen in der bereicherungsrechtlichen Literatur bestehen, welche speziell das Verhältnis von Zuwendung und Zweckbestimmung betreffen. Sofern dadurch vom finalen Verständnis des Begriffes Leistung abgewichen wird, stellt dies tatsächlich Kritik am Leistungsbegriff dar, mit der sich deshalb im Folgenden auseinandergesetzt werden soll. 1. Identität der Leistungsbegriffe als Ausgangspunkt Von einem einheitlichen, § 362 Abs. 1 BGB und 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB erfassenden Leistungsbegriff ausgehend, besteht jede Leistung aus einem tatsächlichen und einem finalen Element: Zuwendung und Zuordnungsbestimmung.234 Dabei sei noch einmal darauf hingewiesen, dass sich der einheitliche Leistungsbegriff keinesfalls am Bereicherungsrecht orientiert. Allein die Orientierung des Leistungsbegriffs an der Erfüllung kann die Rechtsgrundlosigkeit bei Leistungen solvendi causa sachgerecht erfassen: Ob ein Rechtsgrund besteht, hängt vom Eintritt der Erfüllung ab.235 Erst durch Erfüllung wandelt sich die Forderung in einen Rechtsgrund zum Behalten des Erlangten um.236 Ob die Forderung erloschen ist, lässt sich zweifelsfrei aber nur mit dem finalen Leistungsbegriff der Erfüllung feststellen.237 An dieser Stelle kann deshalb die Aussage konkretisiert werden, die Leistungskondiktion habe sich aufgrund ihrer Funktion, der Rückabwicklung der fehlgeschlagenen Erfüllung, an den bestehenden gesetzlichen Wertungen 234

Vgl. oben Zweiter Teil § 13 III. Die Leistungskondiktion ist schließlich nur die Umkehrung des Vertragsrechts. Folgerungen für den erfüllungsrechtlichen Leistungsbegriff lassen sich aus dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff deshalb nicht ziehen. 236 Vgl. oben Erster Teil § 1 II. 3; Erster Teil § 2 I. 1. b) Fn. 16 sowie Erster Teil § 9 III. 1. a). 237 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 2. 235

§ 15 Auseinandersetzung mit der Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff 397

der §§ 362, 346 ff. BGB zu orientieren.238 So wie zwischen Leistung und Rückabwicklung zu trennen ist, muss man auch hinsichtlich der maßgeblichen Wertungen unterscheiden. Während sich die Bestimmung der Personen der Rückabwicklung an den Wertungen der §§ 346 ff. BGB orientiert,239 richtet sich der Begriff der Leistung und das Merkmal der Rechtsgrundlosigkeit ausschließlich nach den §§ 362 ff. BGB.240 Leistung kann deshalb – entgegen vereinzelter Stimmen in der Literatur241 – nicht als bewusste und auf ein Kausalverhältnis zugeordnete Mehrung fremden Vermögens verstanden werden. Eine derartige Deutung der Zuordnungsbestimmung ließe sich nämlich nicht mit § 366 Abs. 1 BGB vereinen.242 Zugeordnet wird auf ein Schuldverhältnis im engeren Sinn, mithin auf eine Forderung oder eine Naturalobligation.243 Als weitere Konsequenz einer Orientierung des Leistungsbegriffs am Erfüllungsrecht ist festzuhalten, dass die Zweckbestimmung als Zuordnung entgegen einer verbreiteten Ansicht im bereicherungsrechtlichen Schrifttum nicht konsensual erfolgt,244 sondern einseitig durch den Leistenden vorgenommen wird.245 Eine konsensuale Zweckbestimmung rechtfertigt sich erst in den Fällen, in denen mit dem erbrachten Gegenstand das Gläubigerinteresse nicht befriedigt werden kann, wie etwa bei der Leistung Erfüllungshalber oder an Erfüllungs Statt.246

238

Vgl. oben Zweiter Teil § 14 II. Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 2. 240 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung § 3 III 3 (S. 59). 241 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 II (S. 137) unter Hinweis auf einen Kaufvertrag als Zuordnungsobjekt; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 25; Flume, Rechtsgeschäft, § 12 I 2 (S. 156); Grunewald, Bürgerliches Recht, § 29 Rdnr. 1; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 19; Berg, AcP 160 (1961), S. 508; Köndgen, FS Esser, S. 65; Huber, JuS 1972, S. 59; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 377; Weber, AcP 169 (1969), S. 240. 242 Überdies bringt Canaris (Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III [S. 137]) für die Richtigkeit seiner Ansicht den Vergleich mit der Aufrechnung. Dort muss aber eine konkrete Forderung und nicht ein Kausalverhältnis bestimmt werden, vgl. oben Erster Teil § 3 I. 2. a) cc). 243 Vgl. oben Erster Teil § 12. 244 So aber Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 390); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 735; Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 51; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I (S. 11); Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 16; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 41; Flume, NJW 1984, S. 464; Pinger, AcP 179 (1979), S. 308; Reeb, JuS 1972, S. 582; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 162; ders., Leistungskondiktion bei Drittbeziehung, S. 100; ders., JZ 1987, S. 69; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 26; Weitnauer, NJW 1979, S. 2012; ders., FS von Caemmerer, S. 263; ders., Symposium König, S. 43; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 108; Wolf, Drittleistung, S. 48. 245 Vgl. oben Erster Teil § 3. 246 Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 2. 239

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

2. Leistung ohne Zuwendung? Aus der Orientierung des einheitlichen Leistungsbegriffs an der Erfüllung muss ein weiterer, im Bereicherungsrecht nicht immer hinreichend beachteter Schluss gezogen werden. Erfüllung setzt die Verschaffung des geschuldeten Gegenstandes oder die Vornahme der geschuldeten Handlung voraus. Erst dann tritt Gläubigerbefriedigung ein.247 Die zum Eintritt der Erfüllung erforderliche Realverschaffung wird im Rahmen der Erfüllung aber immer durch den Leistenden – wenn auch nicht unbedingt in seiner Person248 – bewirkt. Schließlich rechtfertigen erst der Einsatz eigenen Vermögens und die damit verbundene Übernahme des gegnerischen Insolvenzrisikos die Zubilligung des Zuordnungsrechts an den Zuwendenden.249 So wie aber aus der Zuwendung das Recht zur Zuordnung folgt, setzt die Zuordnung eine Zuwendung voraus, damit es sich um eine erfüllungsrechtliche Leistung handelt. Aufgrund der Identität der Leistungsbegriffe kann das im Bereicherungsrecht nicht anders sein. Auch im Bereicherungsrecht setzt jede Leistung eine gleichlaufende Zuwendung zwischen Leistenden und Leistungsempfänger voraus.250 Letzteres wurde von vielen Autoren nicht beachtet.251 a) Umleitende Zweckbestimmungen In der bereicherungsrechtlichen Literatur zu den Anweisungslagen findet sich nicht selten die Aussage, bei vorhandener Anweisung werde dem Anweisenden die Zuwendung des Angewiesenen an den Dritten „zugerechnet“.252 Das bedeutet nichts anderes, als dass der Angewiesene dem Dritten etwas zuwende, während der Anweisende durch die Bestimmung des Zwecks dem Dritten gegenüber eine Leistung erbringe.253 Der Angewiesene verfolge 247

Pinger, AcP 179 (1979), S. 308. Vgl. die Fälle der Leistungsmittlung oben Erster Teil § 3 I. 4. 249 Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 5. 250 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 82); Staudinger/ Lorenz, § 812 Rdnr. 5; Beuthien, JZ 1968, S. 323; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 4; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 177; ders., JuS 1994, S. 538; Schlechtriem, JZ 1993, S. 28; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 3. 251 Exemplarisch Erman/H.P. Westermann, § 812 Rdnr. 12: „Es muss also nicht jeder Leistung im Verhältnis zwischen den Partnern des Leistungsverhältnisses auch eine Zuwendung zugrunde liegen.“ 252 Lorenz, AcP 168 (1968), S. 306; von Caemmerer, FS Rabel, S. 352; Stolte, JZ 1990, S. 223. 253 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 48); Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 18 Rdnr. 5; Hager, Verkehrsschutz, S. 295 f.; Erman/Westermann, § 812 Rdnr 16; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 49; Soergel/Mühl, § 812 Rdnr. 4, 58; Bamberger/Roth/ Wendehorst, § 812 Rdnr. 120; Hadding, Bereicherungsausgleich, S. 100; Baur/Wolf, 248

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dem Dritten gegenüber keinen eigenen Zweck, schließlich sei er nicht durch ein Schuldverhältnis mit diesem verbunden. Zwischen Angewiesenem und Drittem liege eine bloße Zuwendung vor,254 weshalb dieses Verhältnis auch Zuwendungsverhältnis genannt wird.255 Da diese Zuwendung nicht zweckgerichtet erfolge, scheide eine Leistung des Angewiesenen an den Dritten aus. Speziell die Möglichkeit, Leistungsbeziehungen ohne Rücksicht auf das Vorliegen einer gleichlaufenden Zuwendung zu begründen, wird gelegentlich als Vorteil des zweckorientierten Leistungsbegriffs angesehen.256 Auf den ersten Blick stimmt die Ansicht umleitender Zweckbestimmungen auch mit der Definition einer Leistung als bewusster und zweckgerichteter Mehrung fremden Vermögens überein. So besteht die „umgelenkte“ Leistung aus einer Zuwendung (des Angewiesenen) und einer Zuordnung (des Anweisenden). Als Folge dieser Ansicht wäre aber nicht mehr der Zuwendende der Leistende, sondern vielmehr derjenige, der eine fremde Zuwendung veranlasst und eine eigene Zweckbestimmung abgibt.257 Die Vertreter der umlenkenden Tilgungsbestimmungen müssten die Definition der Leistung auf die bloße Verursachung einer Zuwendung und Abgabe einer Zweckbestimmung reduzieren.258 Letzten Endes läuft dieser Ansatz darauf hinaus, dass Zuwendung und Leistung verschiedene Wege gehen können:259 Der Zuwendende JuS 1966, S. 394; Berg, JuS 1964, S. 137; Canaris, JZ 1984, S. 628; Giesen, Jura 1995, S. 173; Reeb, JuS 1972 (1972), S. 583; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 26, 41; Schnauder, JZ 1987, S. 69; Schreiber, Jura 1986, S. 544; Stolte, JZ 1990, S. 221; Ulmer, AcP 126 (1926), S. 142; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 279; ders., Symposium König, S. 29 f.; Westermann, JuS 1968, S. 19; Zeiss, JZ 1963, S. 8; BGHZ 61, 289 (291); BGHZ 66, 362 (363); BGH NJW 2001, 2880 (2881). 254 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 I (S. 25); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 15; Gursky, Schuldrecht BT, S. 196; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 49; Kötter, AcP 153 (1954), S. 196; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 279; Kamionka, JuS 1992, S. 930; Zeiss, JZ 1963, S. 8; ders., AcP 165 (1965), S. 334; Lorenz, JZ 1968, S. 53; St. Lorenz, JuS 2003, S. 732; Lopau, JuS 1975, S. 775. 255 Vgl. nur Wieling, Bereicherungsrecht, S. 89; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 49. 256 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I 3 (S. 12); E. Schmidt, JZ 1971, S. 607; AK-BGB/Joerges, § 812 Rdnr. 2, 17, 18. 257 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I 3 (S. 11); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 112); Gursky, Schuldrecht BT, S. 195; Wieling, JuS 1978, S. 808; Kamionka, JuS 1992, S. 847; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 280; vgl. auch BGHZ 105, 365 (369): „Für die Beurteilung, wer bei Vorgängen, an denen mehrere Personen beteiligt sind, bereicherungsrechtlich als Leistender und wer als Leistungsempfänger zu gelten hat, kommt es auf die mit der Leistung verbundene Zweckbestimmung an.“ 258 Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 104. 259 Larenz, Schuldrecht II, § 68 I (S. 470); Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 12; Beuthien, JZ 1968, S. 323; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 257 Fn. 10; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehung, S. 78; BGH NJW 1952, 1171.

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

muss nicht Leistender, der Leistende nicht Zuwendender sein.260 Stattdessen reicht zur Vornahme einer Leistung allein die Abgabe einer Tilgungsbestimmung aus. Folgte man diesem Ansatz, könnte jeder – auch unbeteiligte Dritte – eine für ihn fremde Zuwendung durch die Abgabe einer eigenen Zweckbestimmung zu einer eigenen Leistung „umleiten“.261 Die Zweckbestimmung und damit der Zweck selbst würde so „zur Seele des Leistungsbegriffs“.262 Damit aber die Zweckbestimmung eine fremde Zuwendung in eine eigene Leistung umwandeln kann, müsste ihr eine verfügungsähnliche Natur zukommen.263 Die Betrachtungen zur Rechtsnatur der Zuordnungsbestimmung haben jedoch gezeigt, dass durch Abgabe der Tilgungsbestimmung weder über die Forderung264 noch über die Zuwendung verfügt wird.265 Die Zweckbestimmung hat allein zuordnenden Charakter.266 Der bloße Leistungswille kann ohne entsprechende Zuwendung des Leistenden kein Leistungsverhältnis begründen.267 Gegen die Annahme umlenkender Tilgungsbestimmungen spricht auch, dass erst aus der Vornahme der Zuwendung das Recht zur Zuordnung folgt.268 Die Gegenansicht folgert nicht nur unzulässigerweise aus der Zuordnung die Zuwendung, sondern vernachlässigt zugleich das Tatbestandsmerkmal der Zuwendung im Leistungstatbestand bei gleichzeitiger Überbewertung der Zwecksetzung.269 Nach ihr bliebe für die Leistungstätigkeit des Schuldners lediglich die Abgabe der Zweckbestimmung. Mit dieser Äußerung würde aber der Schuld260

Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 12. Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I (S. 11); Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 51; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 108; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 26; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 281; ders., NJW 1979, S. 2012; ders., Symposium König, S. 43; Wolf, Drittleistung, S. 48; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 162; ders., Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 100; Reuter/ Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 390) für das Valutaverhältnis. In diese Richtung auch Canaris, JZ 1984, S. 628. Vgl. schließlich Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 15. 262 Stolte, JZ 1990, S. 222 Fn. 16 unter Anspielung auf das Zitat von Kress. 263 So in der Tat Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 15. Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 386, welcher ebenfalls in der Zuordnungsbestimmung eine Verfügung über den Gegenstand sieht, lässt im Übrigen das Vorliegen einer Leistung von der Rechtsgültigkeit der Zuordnung abhängen. Da aber seiner Ansicht nach eine rechtsgültige Zuordnung die Gültigkeit des schuldrechtlichen Geschäftes, auf welches zugeordnet wird, voraussetzt, wäre jede Kondiktion zwangsläufig eine Nichtleistungskondiktion! 264 Vgl. auch oben Erster Teil § 5 II. 1. c). 265 Vgl. oben Erster Teil § 8. 266 Vgl. oben Erster Teil § 8 III. 267 Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 101 (S. 338); Beuthien, JZ 1968, S. 324. 268 Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 5. 269 Vgl. Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 4 ff.; Pinger, AcP 179 (1979), S. 303; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 152 ff. 261

§ 15 Auseinandersetzung mit der Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff 401

ner nur einen geringen Teil dessen vornehmen, was eine Leistung ausmacht.270 Diese Überbewertung des Zwecks unter Vernachlässigung einer gleichgerichteten Zuwendung hat Wilhelm, Kupisch und Kellman zu einer Rückbesinnung auf die Einheitslehre und dem Ansatz der unmittelbaren Vermögensverschiebungen bewogen.271 Ist auch die Einheitslehre mit den unterschiedlichen zugrunde liegenden Wertungen hinsichtlich Leistung und Eingriff nicht zu vereinbaren, hat sie doch die Diskussion um den Leistungsbegriff insofern befruchtet, als klargestellt wurde, dass jeder Leistung eine gleichgerichtete Zuwendung zugrunde liegen muss.272 Aus den Ergebnissen zum Erfüllungsrecht und aus der Identität der Leistungsbegriffe ergibt sich, dass allein der Zuwendende die Zuordnung trifft, jeder Leistender zugleich Zuwendender ist.273 Einem Auseinanderfallen von Zuwendung und Leistung ist nach alledem nicht zu folgen.274 Man kann eine fremde Zuwendung nicht in eine eigene Leistung umwidmen. Geht die herrschende Lehre bei den Anweisungsfällen von einer Leistung des Anweisenden an den Dritten und einer Leistung des Angewiesenen an den Anweisenden aus, müssen in diesen Verhältnissen auch gleichgerichtete Zuwendungen stattgefunden haben.275 b) Zuwendung als tatsächliche Wertbewegung? Müssen demnach Zuwendungen sowohl vom Anweisenden an den Empfänger sowie vom Angewiesenen an den Anweisenden vorliegen, wirft das die Frage auf, ob daneben noch eine dritte Zuwendung vom Angewiesenen an den Empfänger vorliegt. Fakt ist, dass zwischen Angewiesenem und Drittem rein tatsächlich Vermögenswerte bewegt werden, obwohl zwischen beiden kein darauf gerichtetes Schuldverhältnis besteht und der Angewie270

Beuthien, JZ 1968, S. 324. Vgl. oben Zweiter Teil § 14 II. 272 Wilhelm, JuS 1973, S. 8; Pinger, AcP 179 (1979), S. 312; Kupisch, JZ 1997, S. 216; vgl. auch Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 101 (S. 338); MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 13. 273 Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 101 (S. 338); Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 36; Pinger, AcP 179 (1979), S. 312; Schlechtriem, JZ 1993, S. 28; Weitnauer, NJW 1974, S. 1730; ders., NJW 1979, S. 2009, 2011. 274 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 5; Beuthien, JZ 1968, S. 324; Pinger, AcP 179 (1979), S. 308; Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 101 (S. 338); Schlechtriem, JZ 1993, S. 28; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 180; Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 101 (S. 338); Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 22, 57 Fn. 170; ders., JZ 1997, S. 216. Für das Deckungsverhältnis haben das Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 389) erkannt. 275 Zu den Einzelheiten vgl. unten Zweiter Teil § 16 II. 271

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

sene dem Dritten gegenüber keinen Zweck verfolgt. Liegt also keine Leistung zwischen beiden vor, wird die tatsächliche Wertbewegung begrifflich als „abstrakte Zuwendung“ erfasst.276 Allerdings wird Zuwendung als bewusste Mehrung fremden Vermögens – die Vermögensbewegung an den Zuwendungsempfänger – definiert,277 ersetzt doch erst die so verstandene Zuwendung das gesetzliche Merkmal „auf Kosten“.278 Versteht man nun die tatsächliche Wertbewegung zwischen Angewiesenem und Empfänger ebenfalls als Zuwendung, setzt man die tatsächliche Wertbewegung mit der Vermögensbewegung gleich. Zugleich wird damit gesagt, dass Vermögensverschiebung und tatsächliche Wertbewegung immer gleich laufen, beide nicht zu trennen sind. So sehr auch der Versuch einer begrifflichen Erfassung des Vorgangs zwischen Angewiesenem und Empfänger zu begrüßen ist, sprechen doch gute Gründe gegen die Gleichstellung von Zuwendung mit tatsächlicher Wertbewegung. Dass die Vermögensverschiebung nicht mit der tatsächlichen Wertbewegung verwechselt werden darf, exemplifiziert sich anhand des Erfüllungsgehilfen. Bedient sich der Schuldner eines Dritten zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit, erfolgt die tatsächliche Wertbewegung zwischen angewiesenem Dritten und Gläubiger.279 Gleichwohl hat nicht der Erfüllungsgehilfe, sondern der Schuldner eigenes Vermögen dem Gläubiger gegenüber eingesetzt.280 So wird etwa bei der Bankanweisung als speziellen Fall der Anweisung das Geld durch die Bank dem Gläubiger des Anweisenden gutgeschrieben. Gleichzeitig wird aber das Konto des Anweisenden mit eben jener Summe belastet. Das überwiesene Geld stammt somit nicht aus dem Vermögen der Bank, sondern aus dem Vermögen des Anweisenden.281 Die Vermögensverschiebung findet zwischen dem Anweisenden und dem 276 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III (S. 140); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 I (S. 25); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 15; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 32; Gursky, Schuldrecht BT, S. 196; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 26; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 49; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 16; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 49; Kamionka, JuS 1992, S. 847; Lopau, JuS 1975, S. 775; Lorenz, JZ 1968, S. 53; St. Lorenz, JuS 2003, S. 732; Schnauder, JZ 1987, S. 69; ders., AcP 187 (1987), S. 153; Kötter, AcP 153 (1954), S. 196; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 279; Zeiss, JZ 1963, S. 8; ders., AcP 165 (1965), S. 334. 277 Beuthien, JZ 1968, S. 324; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 32. 278 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 III. 2. a). 279 Deshalb kommt auch Schlechtriem, JZ 1993, S. 28 unter der zutreffenden Prämisse, dass nur der Zuwendende Leistender ist, zum abzulehnenden Ergebnis, dass allein die angewiesene Bank Leistender ist. 280 Rothoeft, AcP 163 (1964), S. 224; Beuthien, JZ 1968, S. 323; ebenso Palandt/ Sprau, § 812 Rdnr. 55, obwohl er zuvor (Rdnr. 49) eine Vermögensverschiebung des Angewiesenen an den Empfänger angenommen hat. Anderer Ansicht Reeb, Grundprobleme, § 3 (S. 21), Kötter, AcP 153 (1954), S. 203; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 35. 281 Ausführlich unten Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2).

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Gläubiger statt. Der Überweisende hat die Vermögensmehrung mittels Bank als Erfüllungsgehilfen an den Empfänger bewirkt.282 Auch bei der Leistungsmittlung wendet der Schuldner dem Gläubiger den geschuldeten Gegenstand zu, nur eben mittelbar.283 Die tatsächliche Wertbewegung erfolgt hingegen zwischen Bank und Gläubiger. Für die Zuwendung als Bestandteil der Leistung ist aber nicht die tatsächliche Wertbewegung, sondern die Vermögensverschiebung entscheidend.284 Nur dann geht nämlich das Merkmal „auf Kosten“ – welches die Vermögensverschiebung zu erfassen sucht – in der Zuwendung auf.285 Durch die Betrachtung allein der tatsächlichen Wertbewegung ist noch nicht festgestellt, welche Vermögen dadurch rechtlich tangiert werden. So nimmt denn auch kein Autor in dem Fall, dass der Schuldner den geschuldeten Gegenstand einem Dritten mit der Maßgabe aushändigt, diesen dem Gläubiger zu überbringen, eine Zuwendung des Schuldners an einen Dritten und von diesem an den Gläubiger an. Auch hier hat sich aber der Gegenstand rein tatsächlich vom Schuldner zum Dritten und von diesem zum Gläubiger bewegt.286 Richtigerweise liegt allein eine Zuwendung des Schuldners an den Gläubiger vor, hat doch der Dritte den Gegenstand nie in sein Vermögen aufgenommen. Daran zeigt sich erneut, dass die tatsächliche Wertbewegung und die vermögensorientierte Zuwendung voneinander zu trennen sind, die Gleichstellung von Wertbewegung mit Vermögensbewegung abzulehnen ist. Die tatsächliche Wertbewegung darf nicht als Zuwendung verstanden werden. Erst diese unzutreffende Gleichstellung von Zuwendung mit tatsächlicher Wertbewegung hat zur fast mystisch anmutenden Überbewertung der Zweckbestimmung geführt, deren Krönung die Annahme umlenkender Tilgungsbestimmungen ist. Befreit man den Begriff der Zuwendung von der Gleichstellung mit der tatsächlichen Wertbewegung und führt Zuwendung wieder auf die Vermögensverschiebung zurück, erscheint auch die Funktion der Zweckbestimmung im Rahmen des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs in einem anderen Licht. 282 Mitunter wird dieser Umstand umschrieben, indem man eine Leistung des Angewiesenen „für Rechnung des Anweisenden“ annimmt, vgl. nur Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 24 ff.; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 49; Beuthien, JZ 1968, S. 324; Kötter, AcP 153 (1954), S. 204; Pinger, AcP 179 (1979), S. 309 ff.; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 116; ders., JuS 1973, S. 3; Bälz, FS Gernhuber, S. 45 ff. Eine genauere Untersuchung der in den Anweisungslagen vorliegenden Zuwendungen erfolgt sogleich unter Zweiter Teil § 16 II. 283 Beuthien, JZ 1968, S. 324. 284 Pinger, AcP 179 (1979), S. 312 ff.; Beuthien, JZ 1968, S. 324. 285 Vgl. dazu schon oben unter Zweiter Teil § 14 III. 2. a). 286 Ein ähnliches Beispiel, die Durchführung der dem Meister obliegenden Reparatur durch den Gesellen, findet sich bei Welker, Zweckverfehlung, S. 31.

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c) Begriffliche Folgen Bereits Beuthien hat auf die durch eine unzulässige Gleichsetzung von Zuwendung mit tatsächlicher Wertbewegung entstehenden Schwierigkeiten hingewiesen287 und zwischen bloßer Wertbewegung als „tatsächlicher Zuwendung“ und Vermögensverschiebung als „rechtlicher Zuwendung“ getrennt.288 Grundlage einer Leistung können nach Beuthien allein die rechtlichen Zuwendungen sein. Die tatsächliche Wertbewegung zwischen Angewiesenen und Dritten ist für ihn nicht mehr als ein „abwicklungstechnischer Kontakt.“289 Der Dritte ist lediglich Leistungsmittler, ohne selbst dem Gläubiger gegenüber Zuwendender oder Leistender zu sein. Beuthien zufolge liegen bei der Anweisung also eine tatsächliche und zwei rechtliche Zuwendungen vor. Eine ähnliche Trennung, nämlich in eine unmittelbare und zwei mittelbare Zuwendungen, findet man auch bei anderen Autoren.290 Hier stimmen die Leistungen nur mit den mittelbaren Zuwendungen überein.291 Beide Ansätze sehen sich dem Vorwurf ausgesetzt, dass sie zwar zwischen zwei Arten der Zuwendung zwecks Erfassung der Besonderheit des Vorgangs zwischen Angewiesenen und Empfänger unterscheiden, aber gleichwohl den gemeinsamen Begriff Zuwendung verwenden. Nur wenn man aber allein die Vermögensverschiebung als Zuwendung bezeichnet, kann der Leistungsbegriff das gesetzliche Merkmal „auf Kosten“ verschlüsseln. Ganz in diesem Sinne schlägt Beuthien zur Erfassung des Verhältnisses zwischen Angewiesenen und Dritten die Bezeichnung „Leistungsmittlungsverhältnis“ statt „Zuwendungsverhältnis“ vor.292 Weil aber nicht in allen Dreiecksfällen die Voraussetzungen der Leistungsmittlung vorliegen werden, sollte man mit Thielmann besser von „Vollzugsverhältnis“ sprechen.293 Dadurch wird bereits begrifflich der Gleichsetzung von tatsächlicher Wertbewegung mit der Zuwendung entgegengewirkt.

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Beuthien, JZ 1968, S. 323 ff. Beuthien, JZ 1968, S. 323 ff. Dabei konnte er auf Planck/Landois, BGB, Anm. 2 c zu § 812 und Oertmann, BGB, Anm. 2 c zu § 812 zurückgreifen. In diese Richtung auch Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 101 (S. 338); Reeb, Grundprobleme, § 3 (S. 22). 289 Beuthien, JZ 1968, S. 324. 290 Vgl. Kötter, AcP 153 (1954), S. 196; Stolte, JZ 1990, S. 221. Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 51 ff. hat zwischen tatsächlichen und rechtlichen Leistungen getrennt. 291 Vgl. nur Stolte, JZ 1990, S. 221. 292 Beuthien, JZ 1968, S. 325, zustimmend Reeb, JuS 1972, S. 584. 293 Thielmann, AcP 187 (1987), S. 41. 288

§ 15 Auseinandersetzung mit der Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff 405

d) Zusammenfassung Eine Leistung ohne gleichgerichtete Zuwendung kann es nicht geben. Jeder Zuwendende ist zugleich Leistender. Umlenkende Tilgungsbestimmungen sind abzulehnen. Zuwendung ist aber nicht die tatsächliche Wertbewegung, sondern allein die Vermögensverschiebung. Nur dann geht das gesetzliche Merkmal „auf Kosten“ im Leistungsbegriff auf. 3. Mehrere Leistungen aufgrund einer Zuwendung? Im Zusammenhang mit der abgelehnten Ansicht umlenkender Zweckbestimmungen wird ferner vertreten, eine einzige Zuwendung könne mehrere Leistungen mitteln.294 So wird etwa bei der Anweisung behauptet, es erfolge eine zweckfreie Zuwendung des Angewiesenen an den Dritten,295 während die Leistungen kraft übereinstimmenden Willens der Beteiligten vom Anweisenden an den Dritten sowie vom Angewiesenen an den Anweisenden erfolgen.296 Eine Zuwendung führe zu zwei Simultanleistungen.297 Eine solche Deutung lässt sich jedoch mit dem Erfüllungsrecht nicht vereinbaren. Dass nicht zwei298 Leistungen auf einer Zuwendung beruhen können,299 folgt bereits aus der Funktion der Tilgungsbestimmung, welche die Zuwendung einem Schuldverhältnis im engeren Sinne zuordnet.300 Zudem 294 Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 16; ders., JuS 1968, S. 18; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 56; Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 88; Ott, WuB IV A. § 267 BGB 1.89; Reeb, JuS 1972, S. 584; Rothoeft, AcP 163 (1964), S. 230; Schlechtriem, JZ 1993, S. 26; St. Lorenz, JuS 2003, S. 840; Schnauder, Grundfragen, S. 105; Flume, AcP 199 (1999), S. 2 ff.; Westermann, causa, S. 194. 295 Schnauder, JZ 1987, S. 69; Erman/Westermann, § 812 Rdnr 12; Lorenz, JuS 1968, S. 447. Dagegen geht Flume, AcP 199 (1999), S. 2 von einer Leistung des Angewiesenen an den Empfänger aus. 296 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II (S. 202); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 (S. 24); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 14; Müko/ Lieb, § 812 Rdnr. 35; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 49; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 16; ders., JuS 1968, S. 18; Kötter, AcP 153 (1954), S. 202; Reeb, JuS 1972, S. 584; Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 88; Stolte, JZ 1990, S. 221; Ott, WuB IV A. § 267 BGB 1.89; Wolf, Drittleistung, S. 47 ff.; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 23; ders.; FS Lübtow, S. 515 f.; BGHZ 61, 289 (293); BGH NJW 2001, 2881. 297 Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 322; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 12; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 35; Soergel/Mühl, § 812 Rdnr. 58; Lorenz, JuS 1968, S. 442; Reeb, JuS 1972, S. 584; Stolte, JZ 1990, S. 226. Hingegen sprechen Larenz/ Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II (S. 202) und Ott, WuB IV A. § 267 BGB 1.89 von „Doppelleistung“. 298 Bei der angenommenen Anweisung und beim echten Vertrag zugunsten Dritter würde eine Zuwendung danach sogar zu drei Leistungen auf Grundlage einer Zuwendung führen, vgl. unten Zweiter Teil § 16 II. 4. 299 So etwa Kötter, AcP 153 (1954), S. 221.

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setzt jede Erfüllung die Gläubigerbefriedigung voraus. Bestehen nun zwei Forderungen, sind deshalb auch zwei Wertverschaffungen zur Erfüllung beider Forderungen notwendig.301 Erfolgt lediglich eine Zuwendung, kann auch nur ein Schuldverhältnis erlöschen, und zwar jenes, welches durch die Zuordnungsbestimmung benannt wurde. Würde die Zuwendung zwei Forderungen zugeordnet, ließe sich das erlöschende Schuldverhältnis gerade nicht bestimmen. Eine derartige Zuordnungsunsicherheit wäre mit der gegebenen Interessenlage bei der Erfüllung unvereinbar.302 Ist aber das erlöschende Schuldverhältnis exakt zu bestimmen, kann eine Zuwendung nicht zwei verschiedenen Schuldverhältnissen zugeordnet werden.303 Dass die Theorie der Simultanleistung dennoch so zahlreiche und namhafte Anhänger fand, kann nur damit erklärt werden, dass man die Zusammenhänge mit dem Erfüllungsrecht missachtete. Der Grundlagenfehler dieser Ansicht liegt im Verständnis der Zuwendung als tatsächlicher Wertbewegung, ohne die Vermögensbewegungen zu hinterfragen. Im Verhältnis der Bank zum Anweisungsempfänger liegt nämlich keine „zweckneutrale Zuwendung“, sondern lediglich die tatsächliche Wertbewegung vor.304 Eine Zuwendung ohne zugrunde liegende Vermögensverschiebung lässt sich mit dem Erfüllungsrecht nicht vereinbaren. Erst die Eigenschaft als Zuwendender zieht die Befugnis zur Abgabe der Zuordnungsbestimmung nach sich.305 Zuwendung und Leistung erfolgen mithin zwischen denselben Personen. Jeder Leistung liegt eine gleichgerichtete Zuwendung zugrunde. Gibt es nur eine Zuwendung, existiert auch nur eine Leistung. Folglich können nicht zwei oder drei Leistungen auf einer Zuwendung beruhen. Leistet also der Anweisende an den Dritten und der Angewiesene an den Anweisenden,306 müssen diesen Leistungen auch zwei Zuwendungen zugrunde liegen,307 obwohl sich die geschuldete Sache rein tatsächlich nur vom Angewiesenen 300 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 16; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 10. 301 Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 113; ders., AcP 187 (1987), S. 171; Beuthien, JZ 1968, S. 324; Köndgen, FS Esser, S. 59. 302 Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 2. d). 303 So aber Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 12; Weitnauer, NJW 1979, S. 2013; Rothoeft, AcP 163 (1964), S. 227; Lorenz, JuS 1968, S. 443; Schlechtriem, JZ 1993, S. 26. 304 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. 305 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. 306 Darin ist der herrschenden Meinung durchaus zuzustimmen, vgl. unten Zweiter Teil § 16 II. 3. a). 307 Eine mittelbare Zuwendung des Anweisenden an den Dritten mit Hilfe der Bank als Erfüllungsgehilfen gemäß §§ 362 Abs. 1, 278 BGB sowie eine Zuwendung des Angewiesenen an den Anweisenden nach §§ 362 Abs. 2, 185 BGB, vgl. dazu ausführlich unten Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb).

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zum Dritten bewegt hat. So behauptet denn auch kein Vertreter der Theorie der umlenkenden Tilgungsbestimmungen, dass die Erfüllung im Valutaund im Deckungsverhältnis im Falle bestehender Anweisung und intakten Forderungen scheitert. Die Erfüllung in diesen zwei Verhältnissen setzt aber eine zweifache Wertverschaffung, zweifache Gläubigerbefriedigung voraus. Demnach geht man bei der Erfüllung von zwei Zuwendungen aus. Die bloße Verfehlung des Erfüllungszwecks kann daran nichts ändern. Eine Zuwendung ohne Vermögensverschiebung kann es aufgrund der identischen Leistungsbegriffe auch im Bereicherungsrecht nicht geben. Ebenso wenig wie eine Doppelleistung aufgrund einer Zuwendung möglich ist, kann der geschuldete Gegenstand von zwei verschiedenen Personen an den gleichen Empfänger geleistet werden.308 Der Gegenstand kann nur aus dem Vermögen der einen oder der anderen Person auf den Empfänger übertragen worden sein.309 Hinter dem Erwerb eines Gegenstandes durch die Leistungen mehrerer Personen steht wiederum die abzulehnende Ansicht, es könne zwei Leistungen auf der Grundlage einer einzigen Zuwendung geben.310 Richtigerweise muss in jedem Leistungsverhältnis auch eine Zuwendung vorliegen. Sowohl Anzahl als auch Richtung der Zuwendungen sind mit den Leistungen identisch.311 4. Leistung ohne Zweckbestimmung? Die Konturierung des zweckgerichteten Leistungsbegriffs aus dem Erfüllungsrecht führt zu wertvollen Erkenntnissen über die Bedeutung der Zuwendung und ihr Verhältnis zur Zuordnungsbestimmung. So kann man schon an dieser Stelle feststellen, dass die herrschende Lehre die Zweckbestimmung überbewertet.312 Als Antwort auf diese Überbewertung lassen sich Stimmen in der Literatur verstehen, die nicht allein die vorgebliche Funktion des Leistungsbegriffs, sondern den Begriff selbst angreifen, indem sie auf das finale Element ganz verzichten wollen.313 Darin liegt nichts an308 Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 51. Anders Kötter, AcP 153 (1954), S. 221; Rothoeft, AcP 163 (1964), S. 216 ff. 309 Vgl. Hellwig, Verträge auf Leistung an Dritte, S. 130: „Ebenso wenig wie dieselbe Sache schwarz und weiß sein kann, ebenso wenig kann dieselbe Rechtshandlung zugleich im eigenen und nicht im eigenen Namen vorgenommen werden; sie ist entweder Handlung des Schuldners oder sie gilt als Handlung des Gläubigers.“ 310 Ablehnend Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 51; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 10. 311 Bezüglich der Einzelheiten in ausgewählten Dreipersonenkonstellationen vgl. unten Zweiter Teil § 16 I. 312 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. 313 MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 31; Kupisch, JZ 1997, S. 220.

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deres als die konsequente Übertragung der Theorie der realen Leistungsbewirkung vom Erfüllungs- auf das Bereicherungsrecht. a) Objektive Bestimmung der Planungsgrundlage Ihr Angriff richtet sich nicht gegen die Zuwendung, sondern gegen das finale Element der Zweckbestimmung. Ausgangspunkt dieser Ansicht ist die Feststellung, dass menschliches Handeln stets final ist, mithin bei jeder Zuwendung ein Zweck verfolgt wird.314 Wird aber stets ein Zweck verfolgt, kann es zwecklose Zuwendungen nicht geben. Es liegt folglich mit jeder Zuwendung immer auch eine Leistung vor. Deshalb hielt schon Enneccerus die Zweckbestimmung für überflüssig.315 In jüngerer Zeit wollten vor allem Kupisch und Harder unter dem Begriff Leistung lediglich die reale Zuwendung verstanden wissen.316 Dahinter steht die unausgesprochene Beschränkung der Leistungszwecke auf den Erfüllungszweck und die Bestimmung des Schuldverhältnisses, zu dessen Erfüllung geleistet wurde, anhand objektiver Umstände. Nur unter Zugrundelegung dieser Prämissen ist die objektive Erfüllungslehre auf das Bereicherungsrecht übertragbar.317 Zwar ist die Bestimmung des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs allein aus der Erfüllung ausdrücklich zu loben. Allerdings kann der Theorie der realen Leistungsbewirkung aus den dargelegten Gründen nicht gefolgt werden.318 Allein aufgrund der äußeren Umstände lässt sich eben nicht in allen Fällen feststellen, auf welches Schuldverhältnis die Leistung bezogen ist.319 Dazu ist nur die Tilgungsbestimmung als finales Element der Erfüllung in der Lage.320 Fehlt es aber an der eindeutigen Bestimmung der Vergleichsgrundlage,321 kann die erbrachte nicht mit der geschuldeten Leistung verglichen und keine Aussage über die Erfüllungswirkung getroffen werden. Die Unzulänglichkeiten einer objektiven Zuordnung zeigen sich auch im Bereicherungsrecht,322 wobei uns das Problem bei der Frage nach dem Rechtsgrund begegnet. Die Frage nach dem Rechtsgrund einer Leistung ist nämlich darauf gerichtet, ob eine schuldrechtliche „Unterlage“ im Sinne ei314

Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 6. b) bb). Enneccerus, Lehrbuch des Schuldrechts, S. 667. 316 Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 12; ders., JZ 1997, S. 220; Harder, JuS 1979, S. 77. 317 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 2. b). 318 Vgl. oben Erster Teil § 6. 319 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 2. a). 320 Vgl. oben Erster Teil § 6 III. 321 Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 1. a). 322 Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 90. 315

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nes Schuldverhältnisses im engeren Sinn zwischen den Beteiligten bestand.323 Erforderlich ist wiederum die exakte Bestimmung der schuldrechtlichen Planungsgrundlage, was auch hier allein das finale Element zu leisten vermag. Ohne Tilgungs- oder Zweckbestimmung lässt sich also nicht feststellen, ob die Leistung ihren Zweck verfehlt hat und rückabgewickelt werden muss.324 So muss denn auch Kupisch in allen Zweifelsfällen der Zuordnung auf den finalen Leistungsbegriff zurückgreifen.325 So wie die Theorie der realen Leistungsbewirkung im Erfüllungsrecht nicht überzeugen konnte, ist eine Verkürzung des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs auf die bloße Zuwendung abzulehnen. Auch bei einer Leistung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist die subjektive Zuordnung auf ein Schuldverhältnis im engeren Sinne erforderlich,326 was die These eines einheitlichen Leistungsbegriffs untermauert. b) Leistung als Zuwendung plus Anweisung Ebenfalls als bloße Zuwendung definiert Lieb seinen Leistungsbegriff.327 In den Fällen der Leistungsmittlung geht auch Lieb von einer Zuwendung des Angewiesenen an den Dritten aus. Nur wird diese Zuwendung seiner Meinung nach nicht durch die Zweckbestimmung, sondern durch die Anweisung „umgelenkt“: Erst die Anweisung führe zur Umlenkung der Zuwendung auf die jeweiligen Kausalverhältnisse zwischen Anweisenden und Dritten sowie zwischen Angewiesenen zum Anweisenden, weshalb dort auch Leistungen vorliegen.328 Allein aus diesem Grund versteht Lieb Leistung im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB als Zuwendung plus wirksame Anweisung.329 Erst die wirksame Anweisung rechtfertige die Rückabwicklung übers Eck in den Dreieckbeziehungen.330 323

Vgl. oben Zweiter Teil § 14 II. Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 95; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 90. Darin spiegelt sich im Übrigen die Funktion der Leistungskondiktion wieder, Wertungswidersprüche zwischen schuld- und sachenrechtlicher Lage auszugleichen. Erst dem Zustand eines konkreten Schuldverhältnisses kann aber die herzustellende sachenrechtliche Lage entnommen werden. 325 Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 61 Fn. 178; ders., Sonderbeilage WM 1979, S. 11. 326 Schlechtriem, JZ 1993, S. 26; unrichtig deshalb Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 16, die von einer Zuordnung auf das Kausalverhältnis ausgeht. In der Situation des § 366 BGB (Forderungsmehrheit) könnte sie die Zweckverfehlung aber nicht feststellen. 327 MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 31; ders., NJW 1982, S. 2035. 328 MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 36. 329 MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 73. 330 MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 56, 72 f. 324

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Dagegen ist folgendes zu bemerken: Der Grundfehler in dieser Argumentation liegt wieder in der Gleichstellung der Zuwendung mit der tatsächlichen Wertbewegung. Nur wenn man aber die Zuwendung als Vermögensverschiebung auffasst, ersetzt sie das Tatbestandsmerkmal „auf Kosten“.331 Der dem Dritten erbrachte Gegenstand stammt nicht aus dem Vermögen des Angewiesenen, sondern allein der Anweisende überführt den Gegenstand mit Hilfe des Angewiesenen aus seinem Vermögen in das Vermögen des Dritten.332 Es liegt eine Zuwendung des Anweisenden an den Dritten vor.333 Die unzutreffende Prämisse bezüglich der Zuwendung setzt sich im falschen Verständnis der Anweisung fort. Zwar erkennt Lieb, dass die Anweisung für die mittelbaren Zuwendungen eine ausschlaggebende Rolle spielt.334 Nur ist die Anweisung kein zusätzliches, neben der Zuwendung stehendes Element, welches die vorhandene Zuwendung umlenkt. Richtigerweise geht die Anweisung bereits in der Begründung der Zuwendung auf. So ist in den Fällen der Leistung mittels Erfüllungsgehilfen unbestritten nicht der angewiesene Dritte, sondern der Anweisende selbst der Leistende.335 Die mittelbare Zuwendung im Wege der Leistungsmittlung setzt aber das Vorliegen einer wirksamen Anweisung voraus. Erst die Unterwerfung des Angewiesenen unter die wirksame Anweisung rechtfertigt seine Qualifikation als Erfüllungsgehilfe.336 Ohne Anweisung fehlt es am Vermögenseinsatz des Anweisenden in Richtung des Empfängers. Anders gewendet: Ohne Anweisung keine (mittelbare) Zuwendung. Deshalb kann Leistung auch in den fraglichen Dreipersonenkonstellationen nicht als Zuwendung plus Anweisung definiert werden.

331

Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. b). Sofern es sich um einen Fall der Bankanweisung handelt, belastet der Angewiesene das Konto des Anweisenden in Höhe der angewiesenen Summe, vgl. schon oben Erster Teil § 3 I. 4 sowie Zweiter Teil § 15 III. 2. b). 333 Fehlt es an der wirksamen Anweisung, liegt auch keine Zuwendung des „Anweisenden“ an den Dritten vor. Vielmehr setzt allein der „Angewiesene“ mangels Anspruchs gegen den „Anweisenden“ eigenes Vermögen in Richtung Dritten ein. Jetzt liegt tatsächlich eine Zuwendung von ihm an den Dritten vor. Geht man von dieser Situation als Grundtatbestand aus, könnte man die Fälle der Leistungsmittlung tatsächlich als „Zuwendung plus Anweisung“ charakterisieren. Dennoch trifft diesem Verständnis von Leistung der berechtigte Vorwurf des abzulehnenden Auseinanderfalls von Zuwendung und Leistung. 334 Insoweit ist sein Ansatz den Autoren überlegen, die den Zweckbestimmungen umleitende Kraft zuerkennen. 335 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. 336 Vgl. sogleich unten Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (g). 332

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5. Auslegung der Zweckbestimmung nach dem objektiven Empfängerhorizont Paradigmatisch für die Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff, insbesondere am Bestandteil der Zweckbestimmung, ist die Kritik an der Auslegung der Zweckbestimmung nach dem objektiven Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB.337 Es wird vorgebracht, der zweckgerichtete Leistungsbegriff gebe keine Antwort auf die Frage, wessen Sicht bei der Bestimmung des verfolgten Zwecks maßgeblich ist.338 Den Normen des Bereicherungsrechts sei jedenfalls keine Lösung zu entnehmen. Statt auf den objektiven Empfängerhorizont wollen deshalb einige Autoren auf die Sicht des Leistenden abstellen.339 a) Auslegung zur Bestimmung der Leistungsgrundlage Sofern die Auslegung danach fragt, auf welches Schuldverhältnis hin die Leistung erfolgte, ist nicht die Sicht des Leistenden, sondern die Sicht eines objektiven Empfängers der Tilgungs- oder Zweckbestimmung entscheidend. Dies folgt aus der Identität beider Leistungsbegriffe. Die Zuordnungsbestimmung kann nicht bei der Leistungskondiktion anders ausgelegt werden als bei der Erfüllung,340 zumal sie in beiden Fällen nur die Vergleichsgrundlage festlegt, nach der sich Erfüllungseintritt oder Leistungskondiktion als bloße Alternativen darstellen.341 Die maßgeblichen Gesichtspunkte bezüglich des Auslegungshorizontes müssen wiederum dem Erfüllungsrecht entnommen werden.342 Die Untersuchung der Auslegung der Tilgungsbestimmung hat nun gezeigt, dass die Zuordnungsbestimmung als geschäftsähnliche Handlung der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB unterliegt.343 Auch auf die 337

Vgl. dazu schon unter Erster Teil § 9 II. Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 261; Pinger, AcP 179 (1979), S. 302; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 107. 339 Larenz, Schuldrecht II, 11. Auflage, § 68 III (S. 485); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III 6 (S. 63); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 688; Staudinger/ Selb, § 267 Rdnr. 8; Berg, JuS 1964, 140; ders., NJW 1964, S. 721; Flume, JZ 1962, S. 282 Fn. 14; ders., NJW 1984, S. 467 Fn. 13; König, Gutachten, S. 1541; Köndgen, FS Esser, S. 71; Kupisch, ZIP 1983, S. 1417; Lopau, JuS 1975, S. 776; Mühl, NJW 1968, S. 1869; Picker, NJW 1974, S. 1790; Schreiber, Jura 1986, S. 545; Schnauder, JuS 1994, S. 539; von Caemmerer, FS für Dölle, S. 159; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 262; Wilhelm, JuS 1973, S. 5. 340 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 94); Schmidt, Erfüllung, S. 116. 341 Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 1. a). 342 So schon Zeiss, JZ 1963, S. 8. 343 Vgl. oben Erster Teil § 9 II. 338

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Auslegung der Zweckbestimmung sind daher hinsichtlich der Bestimmung des Schuldverhältnisses, auf welches zum Zwecke der Erfüllung geleistet wurde, die §§ 133, 157 BGB entsprechend anwendbar. b) Auslegung zur Bestimmung der Person des Leistenden Wie sich bei der Untersuchung der Tilgungsbestimmung gezeigt hat, kann der Zweckbestimmung jedoch nicht die Person des Leistenden im Wege der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB entnommen werden.344 Dies ließe sich weder aus der Aufgabe und noch mit dem Inhalt der Zuordnungsbestimmung begründen: Die Tilgungs- oder Zweckbestimmung bestimmt allein das erlöschende Schuldverhältnis.345 Die Person des Leistenden ist dagegen überhaupt nicht Inhalt der Zuordnungsbestimmung und lässt sich ihr auch nicht im Wege der objektiven Auslegung entnehmen.346 Die vorstehenden Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass jeder Leistung eine gleichgerichtete Zuwendung zugrunde liegen muss.347 Erst aus der Vornahme der Zuwendung folgt die Möglichkeit der Zuordnung, weshalb immer der Zuwendende die Tilgungsbestimmung abgibt und damit zum Leistenden wird. Allein durch die Zuwendung erfolgt die Übernahme des fremden Insolvenzrisikos.348 Die im Rahmen der Auslegung geführte Diskussion um die Maßgeblichkeit eines konkreten oder abstrakten Vertrauensschutzes bei der Bestimmung des Leistenden im Wege der Auslegung der Zuordnungsbestimmung geht damit am Problem vorbei.349 Durch Abgabe und Auslegung der Zweckbestimmung erfolgt keine speziell bereicherungsrechtliche Risikoverteilung. Derartige Vorstellungen beruhen auf der unzutreffenden Prämisse eines originär bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs. Insbesondere die durch die herrschende Lehre und den BGH vorgenommene Bestimmung des Leistenden im Wege der Auslegung der Zweckbestimmung hat zu massiver Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff insgesamt geführt. Bestimmt man dagegen den Inhalt der Zweckbestimmung aus dem Erfüllungsrecht heraus und reduziert sie auf eine reine Zuordnungsbestimmung, vermeidet man ihre – insoweit zu Recht – kritisierte Überbewertung. Angesichts der nur dienenden Funktion und des Inhalts der Zweckbestimmung („Zugewendet wird auf das Schuldverhältnis X“) kann der Auslegung nur das in Bezug genommene Schuldverhält344 345 346 347 348 349

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben oben oben

Erster Teil § 9 II. 4. e). Erster Teil § 8 III. Erster Teil § 9 II. 4. e) cc). Zweiter Teil § 15 III. 2. Zweiter Teil § 15 II. 3. Erster Teil § 9 II. 4. e) cc).

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nis, nicht aber die Person des Leistenden entnommen werden. Vielmehr ist Leistender immer der Zuwendende. c) Auswirkungen auf das Sachenrecht – Der Scheingeheißerwerb Die Rechtsprechung legt aber nicht nur die Person des Leistenden im Wege der Auslegung nach dem Empfängerhorizont fest, sondern sichert die dadurch gewonnenen Ergebnisse zugleich mit dem angeblichen Subsidiaritätsgrundsatz ab.350 Darüber hinaus zeitigt dieser Ansatz Folgen für das Sachenrecht in der Figur des so genannten „Scheingeheißerwerbes“. Anhand der betreffenden Fallgestaltung351 sei die Fragwürdigkeit eines solchen Vorgehens veranschaulicht:352 Das Hemdenunternehmen U ist wirtschaftlich angeschlagen. Um den Absatz seiner Waren anzukurbeln, vereinbart es mit dem in der Branche als geschäftstüchtig bekannten Schneider V, dass dieser als Akquisiteur Kontakte mit potentiellen Abnehmern für das Unternehmen knüpft. Eventuell zustande kommende Verträge soll V als Vertreter des U in dessen Namen abschließen. Bald kommt es zum geschäftlichen Kontakt zwischen V und dem Versandhaus E. E und V schließen einen Vertrag über die Lieferung einer Marge Hemden. Dabei tritt V jedoch nicht als Vertreter des U, sondern im eigenen Namen auf. Anschließend teilt er U mit, er hätte in dessen Namen einen Kaufvertrag mit E geschlossen. Daraufhin liefert U die Hemden an das Versandhaus E, welches die vereinbarte Summe an V zahlt. Als sich der Sachverhalt aufklärt, verlangt U von E den Wert der inzwischen weiter verkauften Hemden heraus.

Um die unzulässige Übertragung von schuldrechtlichen Wertungen auf das Sachenrecht durch den BGH besser herausarbeiten zu können, sei an dieser Stelle – entgegen der eigentlich richtigen Prüfungsreihenfolge353 – zuerst ein Blick auf die vorliegenden Leistungsbeziehungen erlaubt, ehe die sachenrechtlichen Probleme erörtert werden.354 aa) Leistungsbeziehungen und Subsidiarität Fraglich ist zuerst, wer die Hemden – ob Eigentum oder bloß den Besitz, sei einstweilen dahingestellt355 – an U geleistet hat.356 Dabei taucht das 350

Dazu schon oben unter Zweiter Teil § 14 IV. Vgl. RGZ 98, 64 sowie BGH NJW 1974, 1132. 352 Fall vereinfacht nach BGH NJW 1974, 1132. 353 Kritisch auch Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 838; Hager, Verkehrsschutz, S. 294. 354 Bezeichnenderweise ist der BGH genau diesen Weg gegangen, vgl. BGH NJW 1974, S. 1132 ff. sowie neuerdings wieder BGH JZ 2000, 53. 355 Dazu vgl. sogleich unter Zweiter Teil § 15 III. 5. c) bb) (1). 356 Richtigerweise hätte der BGH mit der Prüfung aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB beginnen müssen. Dann aber wären die Ausführungen zu den Leistungsbeziehungen 351

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Problem auf, dass der Leistungsempfänger E den V für den Leistenden hielt und das Unternehmen U lediglich als Leistungsmittler angesehen hat. Der BGH hat im konkreten Fall entschieden, dass sich die Person des Leistenden aus Sicht eines objektiven Empfängers bestimmt.357 Danach wäre vorliegend V der Leistende. Einen Anspruch des U gegen E im Wege der allgemeinen Nichtleistungskondiktion prüft der BGH nicht. Dies ist aus seiner Sicht auch konsequent, würde doch ein solcher Anspruch an der angeblichen Subsidiarität der Nichtleistungskondiktion scheitern: Aus Sicht des E liegt eine Leistung des V vor, weshalb eine Eingriffskondiktion des U gegen E ausgeschlossen sei.358 Beide Prämissen sind unzutreffend.359 Richtigerweise hat nicht V, sondern allein U an E geleistet. Nur U hat eigenes Vermögen in Form der Hemden auf E übertragen. V kann schon deshalb nicht Leistender sein, weil er dem E nichts zugewendet hat. Die Zuwendung hat allein U vorgenommen. U hat auch eine konkludente Zuordnungsbestimmung abgegeben. Seine Zuwendung sollte auf den vermeintlichen Kaufvertrag zwischen ihm und E bezogen sein. Dieses Schuldverhältnis wollte das Hemdenunternehmen erfüllen. Somit hat E die Hemden durch Leistung des U erlangt. Fraglich ist, ob diese Leistung rechtsgrundlos erfolgte. Weil ein Kaufvertrag zwischen E und U mangels Stellvertretung durch V nicht zustande gekommen ist, könnte man die Rechtsgrundlosigkeit auf den ersten Blick bejahen. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass sich zwar nicht die Person des Leistenden, wohl aber das erlöschende Schuldverhältnis aus dem objektiven Empfängerhorizont bestimmt.360 Danach durfte E die konkludente Tilgungsbestimmung des U dahingehend auslegen, dass die Zuwendung auf den Kaufvertrag zwischen E und V bezogen war. Ein solches Schuldverhältnis bestand aber. Die Leistung des U stellt sich damit objektiv als Drittleistung dar. Sollte sie den geschuldeten Erfolg, also den Eigentumserwerb des E, herbeigeführt haben, wäre die Forderung des E gegen V gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen und hätte sich in einen Behaltensgrund umgewandelt. Eine Rückforderung des U wäre dann freilich ausgeschlossen. U müsste sich hinsichtlich des Wertes seiner Hemden vielmehr an V halten. Sofern die Leistung des U nicht zum Eigentumserwerb bei E geführt hat, wäre dem U die Leistung mangels rechtlichen Grundes zurückzugewähren. Eines Rückgriffs durch den BGH auf ein angebliches Subsidiaritätsunnötig gewesen, geht doch § 816 BGB als lex specialis § 812 BGB vor, vgl. Picker, NJW 1974, S. 1793. 357 BGH NJW 1974, 1132 (1133). 358 Vgl. schon oben Zweiter Teil § 14 IV. 359 Vgl. dazu auch Lopau, JuS 1975, S. 773 ff.; Picker, NJW 1974, S. 1790 ff.; Weitnauer, NJW 1974, S. 1729 ff. 360 Vgl. soeben Zweiter Teil § 15 III. 5. a).

§ 15 Auseinandersetzung mit der Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff 415

prinzip hätte es also gar nicht bedurft. Vielmehr zeigt sich ein weiteres Mal, dass es sich beim Problem der Subsidiarität richtigerweise um die schuldrechtliche Verlängerung sachenrechtlicher Wertungen handelt.361 Daher können abschließende Aussagen über das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs erst nach einer Untersuchung der sachenrechtlichen Probleme des Falles gemacht werden. bb) Sachenrechtliche Probleme des Falles Der Systematik der Anspruchsgrundlagen folgend, wären im Fall ohnehin erst Ansprüche aus dem Eigentum zu prüfen gewesen.362 Sofern sich E noch im Besitz der Hemden befände, würde U nämlich aus § 985 BGB gegen E vorgehen. Aufgrund der Weiterveräußerung könnte dem U nurmehr der Rechtsfortwirkeanspruch des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB zustehen. Beide Ansprüche setzen voraus, dass U selbst nach Lieferung der Hemden an E (und bis zur „Weiterübereignung“ an die Kunden des E) Eigentümer der Hemden geblieben ist. (1) Übereignung der Hemden gemäß § 929 S. 1 BGB U könnte das Eigentum an den Hemden gemäß § 929 S. 1 BGB durch Übereignung an E verloren haben. Das Unternehmen schuldete seiner Meinung nach die Übereignung der Hemden an E, weshalb es dieser jedenfalls den Besitz verschaffte. Fraglich ist dagegen das Vorliegen einer dinglichen Einigung. Dabei kann U lediglich ein konkludentes Angebot auf Übertragung des Eigentums abgegeben haben, anderenfalls wäre das doppelte Spiel des V sogleich aufgeflogen. Aus Sicht der E lag dagegen kein Angebot auf Übereignung seitens des U vor, denn „folgerichtig“ müsse „auch für die Frage, welchen Weg der Übergang des Eigentums an den gelieferten Gegenständen nimmt, die Sicht des Empfängers maßgeblich sein“.363 Aus Sicht des Empfängers lag mithin ein Fall der abgekürzten Lieferung vor. Bei einer abgekürzten Lieferung wird aber das Eigentum nicht direkt vom Veräußerer auf den Zweiterwerber übertragen, sondern der Ersterwerber erlangt Durchgangseigentum im Wege des Geheißerwerbs.364 Bestandteil des Geheißerwerbs ist aber die dingliche Einigung zwischen Ersterwerber (V) 361

Vgl. oben Zweiter Teil § 14 IV. Vgl. dazu Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 8 ff. 363 BGH NJW 1974, 1132 (1133). 364 Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht § 51 Rdnr. 17; Habersack, Sachenrecht, Rdnr. 164; Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 805; Wieling, Sachenrecht, § 9 VIII (S. 108); Bamberger/Roth/Kindl, § 929 Rdnr. 29; K. Schmidt, JuS 1982, S. 858. 362

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

und Zweiterwerber (E). Diese dingliche Einigung wird oft schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses antizipiert vorgenommen.365 Daher hatte sich E bereits mit V über die Eigentumsübertragung geeinigt.366 Aus Sicht der Empfängerin E wurde die Lieferung der Hemden deshalb nicht von einem dinglichen Angebot des U begleitet. Allerdings ist dieses Ergebnis kein Ausfluss einer falsch verstandenen Lehre vom Empfängerhorizont, sondern folgt aus der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB. Richtigerweise bestimmt sich nämlich nicht nur der Inhalt einer Willenserklärung, sondern auch die Frage, ob überhaupt eine Willenserklärung vorliegt, im Wege der Auslegung. Damit fehlte es aus Sicht eines objektiven Empfängers an einer dinglichen Willenserklärung des U. Selbst wenn aus Sicht des U eine Annahmeerklärung vorgelegen haben sollte, ist eine dingliche Einigung zwischen U und E nicht zustande gekommen.367 U hat folglich allein den Besitz an E geleistet, sein Eigentum jedoch nicht verloren. (2) Übereignung der Hemden gemäß §§ 929 S. 1, 932 Abs. 1 S. 1 BGB Im Anschluss erörtert der BGH den gutgläubigen Eigentumserwerb der E vom nichtberechtigten V gemäß §§ 929 S. 1, 932 Abs. 1 S. 1 BGB. Eine dingliche Einigung zwischen V und E liegt wie gesehen vor. Fraglich ist die Übertragung des Besitzes. Dabei ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass E die Hemden nicht, wie es das Gesetz in § 932 Abs. 1 S. 2 BGB verlangt,368 vom scheinbaren Veräußerer V, sondern von U bekommen hat. Insofern scheint es am geeigneten Rechtsscheinträger, dem Besitz des V (§ 1006 Abs. 1 S. 1 BGB), zu fehlen. Allerdings ist es anerkanntermaßen nicht erforderlich, dass der gutgläubige Erwerber die Sache vom Nichtberechtigten erhält. Vielmehr reicht es für den gutgläubigen Erwerb gemäß §§ 929 S. 1, 932 Abs. 1 S. 1 BGB aus, wenn dem Erwerber die Sache von einem Dritten auf Geheiß des vermeintlichen Eigentümers übergeben wird.369 In diesen Fällen wird der Besitz als Rechtsscheinträger durch die 365

Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 838; Bamberger/Roth/Kindl, § 929 Rdnr. 29; Hager, Verkehrsschutz, S. 278. 366 Hager, Festgabe BGH, S. 800. 367 BGH NJW 1974, 1132 (1133). Zustimmend Habersack, Sachenrecht, Rdnr. 166; Schwab/Prütting, Sachenrecht, Rdnr. 428; Weitnauer, NJW 1974, S. 1732. Anderer Ansicht Lopau, JuS 1975, S. 775. 368 Vgl. Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 563; M. Wolf, Sachenrecht, Rdnr. 539. 369 Bauer/Stürner, Sachenrecht, § 51 Rdnr. 15; Schwab/Prütting, Sachenrecht, Rdnr. 428; Wieling, Sachenrecht, § 10 III 6 (S. 124); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 563; von Caemmerer, JZ 1963, S. 586 ff.

§ 15 Auseinandersetzung mit der Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff 417

Besitzverschaffungsmacht ersetzt.370 Dass auch die Besitzverschaffungsmacht ein geeigneter Rechtsscheinträger ist, lässt sich § 934 2. Var. BGB entnehmen.371 Im vorliegenden Fall hatte V jedoch keine Verschaffungsmacht.372 Es oblag allein der Entscheidung des U, ob er die Hemden an E herausgibt. U hat sich keiner Anweisung des V unterworfen.373 Fehlt es aber an der erforderlichen Übergabe des Besitzes von V auf E, konnte E das Eigentum an den Hemden nicht gutgläubig erwerben. Im Ergebnis steht U damit hinsichtlich des Wertes der Hemden ein Anspruch gegen E aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB zu, weil U das Eigentum an den Hemden durch die spätere Weiterveräußerung der Hemden seitens des E an gutgläubige Dritte verloren hat.374 Demgegenüber lässt der BGH einen gutgläubigen „Scheingeheißerwerb“ der E von V zu. Danach reicht es aus, wenn der Übergebende dem Erwerber gegenüber den bloßen Anschein erweckt, er handle auf Geheiß des nichtberechtigt Verfügenden.375 In diesem Schritt offenbart sich, dass der BGH sein für zutreffend erachtetes Ergebnis zu den Leistungsbeziehungen auf das Sachenrecht überträgt:376 Weil er von einer Leistungsbeziehung zwischen V und E ausgeht, wäre die Zulassung eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB nicht mit seinen Prämissen vom Empfängerhorizont und der Subsidiarität der Nichtleistungskondiktion zu vereinbaren. Die Bejahung des Eigentumserwerbs dient dazu, die unzutreffenden bereicherungsrechtlichen Prämissen aufrechterhalten zu können. Mit der Zulassung des gutgläubigen Scheingeheißerwerbes werden jedoch grundlegende sachenrechtliche Wertungen missachtet. Die Vorschriften der §§ 932 ff. BGB regeln mit ihren Voraussetzungen den gesetzlichen Kompromiss, wann dem Vertrauensschutz des Erwerbers der Vorrang vor dem Bestandsschutz des Eigentümers zu geben ist.377 Dafür sind über das sub370 Wieling, Sachenrecht, § 10 III 6 (S. 124); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 564; Lopau, JuS 1975, S. 775; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 151; Picker, NJW 1974, S. 1795; Hager, Verkehrsschutz, S. 286. 371 Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 804; Hager, Verkehrsschutz, S. 286. 372 Weitnauer, NJW 1974, S. 1732. 373 Vgl. zu den Anweisungsfällen sogleich unter Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (h). 374 Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 838. 375 BGHZ 36, 56 ff.; BGH NJW 1974, 1132 (1134); BGH JZ 1975, 27 (28). Zustimmend Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 III 3 a (S. 218); Schwab/Prütting, Sachenrecht, Rdnr. 428; Wieling, Sachenrecht, § 10 III 6 (S. 124); M. Wolf, Sachenrecht, Rdnr. 419; Staudinger/Wiegand, § 932 Rdnr. 24 ff.; Hager, Verkehrsschutz, S. 289. 376 Soergel/Mühl, § 812 Rdnr. 48; Lopau, JuS 1975, S. 778 Fn. 37; Picker, NJW 1974, S. 1790. 377 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 52 Rdnr. 8 ff.; Picker, NJW 1974, S. 1790.

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jektive Element auf Seiten des Erwerbers hinaus weitere objektive Voraussetzungen nötig.378 Grundlage jedes gutgläubigen Erwerbs ist das Vorliegen eines Rechtsscheinträgers.379 Mit der Zulassung des „Scheingeheißerwerbs“ hat der BGH diese detaillierten und interessengerechten Regelungen ignoriert, wird doch das Vorliegen eines Rechtsscheinträgers für unnötig erklärt, wenn nur der Erwerber gutgläubig hinsichtlich des tatsächlichen Vorliegens eines Rechtsscheinträgers ist.380 Entgegen der Ansicht des BGH ist ein gutgläubiger Geheißerwerb nur möglich, wenn der Veräußerer tatsächlich Besitzverschaffungsmacht hat.381 Mit diesem Schritt hat der BGH unzulässigerweise zur Aufrechterhaltung vermeintlicher bereicherungsrechtlicher Wertungen sachenrechtliche Wertungen derogiert. Richtigerweise muss das Bereicherungsrecht den sachenrechtlichen Wertungen folgen.382 Freilich hätte der BGH dazu die Bestimmung des Leistenden aus dem Empfängerhorizont aufgeben müssen. Statt die sachenrechtlichen Wertungen auf das Bereicherungsrecht zu übertragen, ging der BGH systemwidrig den umgekehrten Weg.383 Der Zulassung des Eigentumserwerbs durch einen Scheingeheißerwerb ist deshalb bereits aus methodologischer Sicht nicht zu folgen.

IV. Ergebnisse zur Kritik am bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff Die Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff stellt die Entscheidung zugunsten einer subjektiven Erfüllung und damit eines finalen Leistungsbegriffs nicht ernstlich in Frage. In den seltensten Fällen handelt es sich nämlich tatsächlich um Kritik am Begriff „Leistung“ als bewusster und zweckgerichteter Mehrung fremden Vermögens. Kritisiert wird vielmehr die Bestimmung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses mit Hilfe des Leis378

Soergel/Mühl, § 812 Rdnr. 48. Entweder der Besitz (§ 1006 BGB) oder das Grundbuch (§ 894 BGB). 380 Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 838; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 564; Lopau, JuS 1975, S. 775; Picker, NJW 1974, S. 1794. 381 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 52 Rdnr. 13; Habersack, Sachenrecht, Rdnr. 166; Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 838; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 564; Reuter/ Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 13 I 2 (S. 511); Soergel/Mühl, § 812 Rdnr. 48; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 71 f.; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 76; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 172; Köndgen, FG Esser, S. 72 Fn. 136; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 151 Fn. 298. 382 Vgl. schon oben Zweiter Teil § 14 I. 4 sowie Zweiter Teil § 14 II. 383 Köndgen, FG Esser, S. 72; Mühl, FS Lübtow, S. 563; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 172 f.; Hager, Verkehrsschutz, S. 295; Joerges, JuS 1975, S. 519; Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 321. 379

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tungsbegriffs. Dabei haben sich die zahlreichen Einwände gegen die Gleichsetzung des Leistungsverhältnisses mit dem Rückabwicklungsschuldverhältnis als zutreffend erwiesen. Dem Leistungsbegriff kommt nicht die Funktion zu, die Partner des Kondiktionsverhältnisses festzulegen. Zwischen welchen Personen rückabgewickelt wird, ist stattdessen durch unmittelbaren Rückgriff auf die gesetzlichen Wertungen des Ausgangsrechtsgebietes und der §§ 346 ff. BGB zu entnehmen. Als entscheidend haben sich die drei am Kausalverhältnis ausgerichteten Wertungen Canaris, speziell die übernommenen Insolvenzrisiken erwiesen. Ein fremdes Insolvenzrisiko wird jedoch nicht schon durch den Abschluss des Vertrages, sondern erst durch Vornahme der Leistungshandlung, mithin der Zuwendung, übernommen. Erst hier spielt der Leistungsbegriff bei der Bestimmung der Rückabwicklung eine Rolle, ist er doch ein gewichtiges – wenn auch nicht allein entscheidendes – Indiz für die Verteilung der Insolvenzrisiken. Anhand der finalen Zweckbestimmung kann zudem die Rechtsgrundlosigkeit der Leistung und die auszugleichende Vermögensmehrung festgestellt werden. Sofern tatsächlich der Begriff der Leistung angegriffen wird, betrifft die Kritik jedoch das finale Element der Zweckbestimmung. Vor allem die Überbewertung der Zweckbestimmung, die in der Bestimmung des Leistenden durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont seinen Ausdruck fand, wird berechtigterweise kritisiert. Gleichwohl kann auf ein finales Element nicht verzichtet werden. Die Orientierung des Begriffs der Leistung an der Erfüllung erhellt nämlich das Versagen einer rein objektiven Zuordnung. Sowohl bei der Erfüllung als auch im Bereicherungsrecht bedarf es der Zuordnung der Zuwendung auf eine schuldrechtliche Grundlage. Aus der Übereinstimmung beider Leistungsbegriffe folgt weiterhin, dass es eine Leistung ohne gleichgerichtete Zuwendung nicht geben kann. Eine Zweckbestimmung kann fremde Zuwendungen nicht umleiten. Eine Zuwendung kann schließlich nicht zwei verschiedenen Forderungen zugeordnet werden. Jeder Leistung liegt eine gleichgerichtete Zuwendung vom Leistenden an den Empfänger der Leistung zugrunde.

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen Die bisherigen Ausführungen zu Zuwendungen und Leistungen in den Dreiecksfällen waren – notwendigerweise – sehr abstrakt. Die gefundenen Ergebnisse sollen jetzt anhand solch ausgewählter Dreipersonenkonstellationen im Detail aufgezeigt werden, die bereits bei der Untersuchung der Erfüllung wertvolle Erkenntnisse geliefert haben: die Drittleistungsfälle einerseits sowie die Bankanweisung als spezieller Fall der Leistungsmittlung andererseits. Die in diesen beiden Konstellationen auftretenden Probleme hinsichtlich des Vorliegens oder Nichtvorliegens von Leistungen werden fast ausschließlich in der bereicherungsrechtlichen Literatur diskutiert und scheinbar als genuin bereicherungsrechtliche Probleme angesehen. Da sich jedoch der Begriff der „Leistung“ auch bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB an der Erfüllung orientieren muss,1 steht vor der Frage des Bereicherungsausgleichs zwangsläufig die Frage nach der Erfüllungswirkung.2 Erst wenn die Erfüllung scheitert, ist der Anwendungsbereich des Bereicherungsrechts eröffnet. Sind die Kausalverhältnisse hingegen fehlerfrei, bedarf es der Rückabwicklung nicht, wenn es zum Erfüllungseintritt gekommen ist und folglich mit Rechtsgrund geleistet wurde.3 Ohne Kenntnis des gesunden Falles lassen sich die pathologischen Fälle nicht lösen. Die rechtliche Bewertung der Vorgänge bei der Drittleistung und der Bankanweisung ist mithin auch und gerade unter dem Gesichtspunkt der Erfüllung vorzunehmen.4 Erst anschließend können Aussagen über einen eventuellen Bereicherungsausgleich getroffen werden.

I. Kritik am Begriff „Dreipersonenverhältnis“ Die Industrialisierung und damit verbunden die zunehmende Arbeitsteilung der Wirtschaft des 19. Jahrhunderts führte zu einer Beteiligung weiterer Personen an der Abwicklung von Austauschbeziehungen über Schuld1

Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 1. Maier, AcP 152 (1952), S. 104. In diese Richtung bereits Kunisch, Dreiecksverhältnisse, S. 14. 3 Vgl. oben Erster Teil § 2 I. 1. b); Erster Teil § 9 III. 1. a); Erster Teil § 9 III. 2. a) aa) (2). Unrichtig deshalb Schnauder, JZ 1987, S. 69, der trotz Zuwendung und Zweckbestimmung sowie bestehender Forderung die Rückabwicklung bejaht, also die Erfüllung verneint. 4 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 2; Pinger, AcP 179 (1979), S. 308 ff. Auch Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, hat nach eigenem Bekunden mit seiner Habilitation versucht, die Theorie des Dreipersonenverhältnisses aus ihrer Isolierung im Bereicherungsrecht zu lösen, vgl. das Vorwort seiner Arbeit. 2

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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ner und Gläubiger hinaus.5 Terminologisch erfasst die Literatur eine Beteiligung Dritter unter dem Stichwort der Dreipersonen- oder Dreiecksverhältnisse.6 Sind daneben noch weitere Beteiligte involviert, spricht man von einem Mehrpersonenverhältnis.7 Gegen die Verwendung des Begriffs Dreipersonenverhältnis sprechen allerdings gewichtige Gründe. So ist ein Verhältnis schon begrifflich eine Beziehung zwischen zwei Objekten, ein zweipoliger Tatbestand.8 Auch ein Schuldverhältnis ist eine Sonderbeziehung zwischen Schuldner und Gläubiger, welche regelmäßig9 Dritte nicht mit umfasst.10 Bipolare Sonderbeziehungen sind geradezu das Wesen des „relativen“ Schuldrechts.11 Die Verwendung des Begriffes Dreipersonenverhältnis im Bereicherungsrecht suggeriert zu Unrecht, es läge ein Schuldverhältnis vor, welches drei verschiedene Beteiligte verbindet. Ein derartiges tripolares Gebilde existiert in den fraglichen Konstellationen jedoch nicht. Schon der Begriff „Verhältnis“ kann die Beziehungen zwischen den drei Beteiligten also nicht korrekt wiedergeben. Zudem macht die rechtliche Beurteilung der „Dreipersonenverhältnisse“ eine Aufspaltung in Zweipersonenverhältnisse erforderlich,12 wird doch in allen Dreiecksfällen unisono zwischen „Deckungsverhältnis“ und „Valutaverhältnis“ unterschie5 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 (S. 199); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 9; AK-BGB/Joerges, § 812 Rdnr. 16; Kamionka, JuS 1992, S. 929; Kunisch, Dreiecksverhältnisse, S. 3; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 13; Reeb, Grundprobleme, § 3 (S. 20); ders., JuS 1972, S. 583. 6 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 46 ff.); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 669 ff.; Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 37 Rdnr. 13; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 (S. 24); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 87 ff.; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 30 ff.; Grunewald, Bürgerliches Recht, § 31 Rdnr. 1; Gursky, Schuldrecht BT, S. 199; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 33; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 18; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 36; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 105; Bälz, FS Gernhuber, S. 3; Flume, NJW 1984, S. 464; Giesen, Jura 1995, S. 172; Kamionka, JuS 1992, S. 929; Köndgen, FS Esser, S. 58; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 3; Kunisch, Dreiecksverhältnisse, S. 7; Lieb, NJW 1982, S. 2035; Reeb, JuS 1972, S. 583; Schlechtriem, JZ 1993, S. 26 ff.; Stolte, JZ 1990, S. 221; Westermann, JuS 1968, S. 17. 7 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 (S. 199 ff.); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 II (S. 43); Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 730; Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 13; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 770; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 125; Schreiber, Jura 1986, S. 539 ff.; Giesen, Jura 1995, S. 172; Flume, AcP 199 (1999), S. 1 ff.; St. Lorenz, JuS 2003, S. 730. 8 Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 197. 9 Ausnahme ist etwa der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. 10 Larenz, Schuldrecht I, § 1 (S. 1), § 2 I (S. 6); Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 11. 11 Bamberger/Roth/Grüneberg, § 241 Rdnr. 9. 12 Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 198.

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den.13 Zwar kann die Bewertung des einen Schuldverhältnisses Auswirkungen auf die Rückabwicklung des anderen Schuldverhältnisses haben.14 Dennoch setzt die Konfliktbewertung im jeweils einschlägigen Zweipersonenverhältnis an.15 Die Besonderheit der so genannten „Dreipersonenverhältnisse“ besteht vielmehr darin, dass der Leistungsgegenstand in beiden Schuldverhältnissen identisch und eine Person an beiden Schuldverhältnissen – jeweils als Schuldner einerseits und Gläubiger anderseits – beteiligt ist.16 Durch diesen Schuldner-Gläubiger sind Deckungsverhältnis und Valutaverhältnis verklammert.17 Trotz allem aber bleiben Deckungsverhältnis und Valutaverhältnis normale Zweipersonenverhältnisse.18 Gegen die Verwendung des Begriffs „Dreipersonenverhältnis“ spricht schließlich auch seine uneinheitliche Terminologie. Während einige Autoren pauschal alle Fälle der Beteiligung eines Dritten an der Erfüllung als Dreipersonenverhältnis ansehen, unterscheiden andere zwischen echten und unechten Dreipersonenverhältnissen.19 Dabei ist man sich weiterhin uneinig, ob auch die Fälle der Leistungsmittlung zu den unechten Dreiecksverhältnissen zu zählen sind20 oder nur die Einschaltung eines Boten oder Stellvertreters.21 Wie immer man die unechten Dreipersonenverhältnisse verstehen mag, es liegen auch in diesen Fällen zwei verklammerte, auf 13 Vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II (S. 202); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 (S. 24 ff.); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 88; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 674; Gursky, Schuldrecht BT, S. 199; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 49 ff.; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 120; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 16 ff.; Canaris, BB 1972, S. 775; Flume, AcP 199 (1999), S. 2; Reeb, JuS 1972, S. 584; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 144; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 41; Ulmer, AcP 126 (1926), S. 129; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 280; ders., Symposium König, S. 43; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 1. 14 Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 198. 15 Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 198. 16 Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 45; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 1; Kunisch, Dreiecksverhältnisse, S. 48. 17 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 1. 18 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 1. 19 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 50); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 IV (S. 22); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 31; AK-BGB/Joerges, § 812 Rdnr. 22; Palandt/Sprau § 812 Rdnr. 46; Bamberger/Roth/ Wendehorst, § 812 Rdnr. 105; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 18; Reeb, Grundprobleme, § 3 (S. 20); ders., JuS 1972, S. 583; St. Lorenz, JuS 2003, S. 730. 20 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 50); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 IV (S. 22); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 31; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 105; AK-BGB/Joerges, § 812 Rdnr. 22; Reeb, JuS 1972, S. 583. 21 So Palandt/Sprau § 812 Rdnr. 46; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 18; St. Lorenz, JuS 2003, S. 730.

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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Verschaffung des identischen Gegenstandes gerichtete Schuldverhältnisse vor. Wie bei allen anderen Dreipersonenkonstellationen kann die Konfliktbewertung des einen Schuldverhältnisses Auswirkungen auf das andere zeitigen,22 weshalb es sich um eine Dreipersonenkonstellation im herkömmlichen Sinne, um ein echtes „Dreiecksverhältnis“ handelt.23 Aufgrund der erwähnten Ungenauigkeiten sollte man deshalb auf den Begriff Dreipersonenverhältnis ganz verzichten.24 Stattdessen bietet sich in allen Fallgestaltungen, in denen eine Leistung Auswirkung auf die Rückabwicklung eines Schuldverhältnisses zu einem dritten Beteiligten haben kann und sofern nicht bei der Erfüllung lediglich Schuldner und Gläubiger in persona agieren, die Benutzung des von Gödicke vorgeschlagenen Begriffs Dreipersonenkonstellation an.25

II. Anweisungsfälle Keiner Dreipersonenkonstellation wird in der Literatur mehr Aufmerksamkeit geschenkt wie den Anweisungsfällen. Das liegt nicht allein an ihrer überragenden Bedeutung in der Praxis.26 Die Anweisung ist vielmehr der Schulfall aller Dreipersonenkonstellationen.27 Die Erörterungen der Anweisungslage sind so zahlreich,28 dass es im Rahmen der vorliegenden Arbeit unmöglich ist, alle Autoren und ihre Beiträge erschöpfend zu erfassen. Letzteres ist auch nicht nötig, soll doch der Fokus der Betrachtungen vielmehr auf dem Bestand der Leistungsbeziehungen liegen, wobei schwerpunktmäßig die Zuwendungen zu untersuchen sein werden. Angesichts der Hypothese der Identität der Leistungsbegriffe soll dazu an erster Stelle die erfüllungsrechtliche Besonderheit der Anweisung, vor allem ihre Funktion für die Zuwendung,29 erfasst werden. Anschließend lassen sich anhand der 22

Canaris, JZ 1992, S. 1118. Zu Recht bemängelt Canaris, JZ 1992, S. 1118 die Unterscheidung als sinnlose begriffliche Hypertrophie. 24 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 387 ff.). 25 Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 198. 26 Wieling, Bereicherungsrecht, S. 87; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 32; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 36; Kupisch, FS Coing, S. 240; Reeb, Grundprobleme, § 3 (S. 20). Zahlen aus dem Jahr 1970 bei Möschel, JuS 1972, S. 297. 27 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 46): „Paradefall“; Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 18 Rdnr. 5; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 120: „Kernbereich“; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 125; Flume, AcP 199 (1999), S. 2; Köndgen, FS Esser, S. 69; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 13, 15. 28 Nicht umsonst wird gelegentlich ihr Übermaß beklagt, vgl. etwa Weitnauer, Symposium König, S. 44. 29 Vgl. schon oben Zweiter Teil § 15 III. 4. b). 23

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vorliegenden Leistungen Aussagen zur Übernahme von Insolvenzrisiken treffen,30 welche wiederum die Rückabwicklung beeinflussen.31 Abschließende Aussagen zur Wirkung der Anweisung auf die Leistungsbeziehungen lassen sich jedoch erst treffen, wenn man – quasi als Gegenüberlegung – auch die Fälle der fehlenden Anweisung betrachtet. Im Folgenden wird daher die Erfüllung und, soweit nötig, die Rückabwicklung in den Fällen vorhandener und fehlender Anweisung untersucht. 1. Bankanweisung als Musterfall der Anweisung Stellvertretend für alle Anweisungslagen bildet die Bankanweisung den Gegenstand der Untersuchung.32 Unter Bankanweisung versteht man den wirtschaftlich bedeutendsten Fall der Anweisung, die täglich tausendfach vorgenommene Giroüberweisung.33 Dabei ist die Giroüberweisung keine Anweisung im Sinne des § 783 BGB, wird sie doch nicht gegenüber dem Empfänger als indirekte Anweisung ausgesprochen, sondern gegenüber der Bank als direkte Anweisung.34 Deshalb erhält der Empfänger auch keine Anweisungsurkunde. Zuletzt stellt Geld keine vertretbare Sache dar.35 Über eine echte, technische Anweisung nach § 783 BGB hinaus ist Anweisung jedoch in einem weiten Sinne zu verstehen.36 Eine Anweisung ist danach jede Aufforderung eines Gläubigers an seinen Schuldner die Erbringung der 30

Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 3. Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 2. b). 32 Dazu Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 729; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 33. Vgl. auch die Überschrift bei Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV: „Der bargeldlose Zahlungsverkehr als Modell der schuldrechtlichen Anweisungslagen“ und § 70 VI 1 (S. 246): „Paradigma“; ebenso Emmerich, BGBSchuldrecht, § 18 Rdnr. 5. 33 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II 3 (S. 206); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 47); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 33; Canaris, WM 1980, S. 368; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 34; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 122; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 19; Kamionka, JuS 1992, S. 929; von Caemmerer, JZ 1962, S. 387; Reeb, JuS 1972, S. 583; Schnauder, JZ 1987, S. 68; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 41; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 33, 241. 34 Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 130. 35 Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 322; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 33; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 130; Kamionka, JuS 1992, S. 929; Ulmer, AcP 126 (1926), S. 133. 36 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 674; Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 322; ders., FS Larenz I, S. 800; Flume, AcP 199 (1999), S. 2; Kupisch, FS Coing, S. 240; ders., Sonderbeilage WM 1979, S. 3, 15; Giesen, Jura 1995, S. 174; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 302; St. Lorenz, JuS 2003, S. 730; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 281. 31

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Leistungshandlung gegenüber einem Dritten betreffend.37 Unter Anweisung im weiteren Sinn fallen neben der Bankanweisung vor allem die Fälle der abgekürzten Lieferung und der Leistungserbringung durch Angestellte.38 Andere Formen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, wie etwa Wechsel und Scheck, sind entgegen der überwiegenden Ansicht der Literatur39 keine typischen Fälle der Anweisung. Die Hingabe von Scheck oder Wechsel stellt vielmehr eine Leistung erfüllungshalber dar, weshalb bei anweisungsgemäßer Leistung keine Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB eintritt. Es fehlt an der Gläubigerbefriedigung, weshalb die Zuordnung auf ein Schuldverhältnis konsensual erfolgt.40 Folglich fehlt es in diesen Anweisungen schon an einer Leistung im hier verstandenen Sinne. Bei den typischen Anweisungslagen hingegen wird die Zuordnung nicht konsensual, sondern einseitig vom Leistenden vorgenommen. Es handelt es sich auch bei Leistungen nach Anweisung regelmäßig um Leistungen im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB.41 2. Bestandteile einer Bankanweisung Die notwendigen Bestandteile einer wirksamen Anweisung sollen exemplarisch anhand des Überweisungsformulars abgeklärt werden, welches jeder Bankkunde ausfüllen muss.42 Auf diesem Vordruck gibt es sowohl Felder, welche den Empfänger konkretisieren als auch Felder, in denen der Überweisende seine Kontodaten angeben muss.43 Daneben gibt es ein Feld mit 37 Grundlegend Ulmer, AcP 126 (1926), S. 134. Ihm folgend MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 34; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 302; St. Lorenz, JuS 2003, S. 730; Schreiber, Jura 1986, S. 544; Kamionka, JuS 1992, S. 929; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 15; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 40; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 15. Mitunter wird für die weit verstandene Anweisung terminologisch der Begriff „Weisung“ verwandt, vgl. Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 49 ff. 38 von Caemmerer, JZ 1962, S. 385, 387; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 279; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 130. 39 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV (S. 223); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 36; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 53a; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 1; Canaris, WM 1980, S. 363 ff.; von Caemmerer, JZ 1962, S. 385; Flume, AcP 199 (1999), S. 2; Kupisch, JZ 1997, S. 214; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 15. 40 Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 2. b). 41 Anders aber Schnauder, AcP 187 (1987), S. 156 ff., welcher erfüllungsrechtlich von der Zweckvereinbarungstheorie ausgeht. Damit missachtet er indes die Unterschiede bei Gläubigerbefriedigung, vgl. oben Erster Teil § 5 II. 3. c). 42 Auch beim Online-Banking, bei dem auf dem Computer eine vergleichbare Maske ausgefüllt werden muss. 43 Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 305. Diese Personifikation des Kunden erfolgt beim Online-Banking bereits im Rahmen des Logins, wobei auch die PIN eine Rolle spielt.

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der Höhe der zu überweisenden Summe sowie das Feld Verwendungszweck.44 Schließlich gibt es noch ein Feld für das Datum und die Unterschrift des Überweisenden.45 Systematisch kann man damit zwischen fünf verschiedenen Bestandteilen unterscheiden: Empfängerspezifikation, Konkretisierung des Überweisenden,46 Gegenstand der Überweisung (Überweisungssumme), Zweckbestimmung sowie Autorisation der Überweisung. Hilfreich für die rechtliche Bewertung wird dieser erste, lediglich tatsächliche Befund, wenn man sich die Frage stellt, welche dieser Bestandteile zwingend ausgefüllt sein müssen, damit die Überweisung überhaupt vorgenommen werden kann. Die Betrachtungen der Rechtswirklichkeit lassen nämlich bereits erste Rückschlüsse auf die rechtliche Struktur der Anweisung zu. a) Fehlen der Verwendungszweckangabe Fehlt die Angabe des Verwendungszwecks, kann die beauftragte Bank unproblematisch Empfänger, Auftraggeber und Summe bestimmen und im Falle vorhandener Autorisation die Überweisung vornehmen.47 Das Fehlen des Verwendungszwecks ist für die Ausführbarkeit des Überweisungsauftrags ohne Belang. Dieser tatsächliche Befund findet seine normative Entsprechung in § 676a Abs. 1 S. 1 BGB, wonach die Bank dem Empfänger nur dann zur Mitteilung der Zweckbestimmung verpflichtet ist, soweit dies üblich ist. Mithin geht auch das Gesetz davon aus, dass das Vorliegen einer Verwendungszweckangabe nicht zwingend zur Ausführung der Anweisung erforderlich ist. Allerdings hat der Empfänger der Zuwendung unter Umständen Schwierigkeiten, diese auf ein konkretes Schuldverhältnis zu beziehen, fehlt es doch an einer expliziten Zuordnungsbestimmung des Überweisenden. Das erlöschende Schuldverhältnis kann dann aber durch Auslegung der mit der Zuwendung verbundenen konkludenten Zuordnungsbestimmung – eventuell mit Hilfe der Auslegungsregel des § 366 BGB – gefunden werden.48 Rechtlich lässt sich daraus folgern, dass die Tilgungsbestimmung kein notwendiger Bestandteil der Anweisung sein kann.49 Richtigerweise ist sie überhaupt kein Bestandteil der Anweisung. Wie bereits gesehen, sind 44

Schnauder, JZ 1987, S. 69; Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 305. Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 305. 46 Vgl. auch die Legaldefinition des Überweisenden in § 676a BGB: „wer die Überweisung veranlasst hat“. 47 Hieran scheitert auch Schnauder, JZ 1987, S. 69, der die Lehre vom Zweck gerade unter Hinweis auf die zwingend notwendige Verwendungszweckangabe verteidigt. 48 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 2. b) und Erster Teil § 6 II. 10. 49 Dies erkennen Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 154; Ehmann, NJW 1969, S. 398 Fn. 7. 45

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Zuwendung und Zuordnung rechtlich voneinander zu unterscheiden, werden sie auch oftmals in einem Akt vorgenommen.50 Im Rahmen der Zuwendung wurde dabei schon angedeutet, dass die Anweisung für die Begründung der Zuwendung eine entscheidende Rolle spielt.51 Dann aber ist die Zuordnung ebenfalls von der Anweisung zu trennen, auch wenn die Zweckbestimmung in den meisten Fällen zusammen mit der Anweisung abgegeben wird.52 Gerade weil die Unterscheidung von Anweisung als Bestandteil der Zuwendung und Tilgungsbestimmung in der Praxis nur sehr schwer auszumachen ist,53 vermischt die Literatur in der rechtlichen Bewertung der Anweisung beide Elemente miteinander.54 Gleichwohl ist die Zweckbestimmung kein Bestandteil der Anweisung. b) Fehlen der zu überweisenden Summe Wird im Überweisungsformular die zu überweisende Summe nicht eingetragen, kann die Überweisung nicht ausgeführt werden. Es fehlt bereits am Anweisungsgegenstand. Die Angabe des Überweisungsgegenstandes ist somit zwingender Bestandteil einer Anweisung. c) Empfängerdaten Fehlen auf dem Überweisungsträger Daten bezüglich des Empfängers, weiß die angewiesene Bank nicht, wem sie die Summe gutschreiben soll. Sie kann die Überweisung nicht ausführen. d) Daten zur Person des Überweisenden Bleiben hingegen die Felder mit den Angaben zum Anweisenden leer, kann die Bank zwar den Empfänger und den Gegenstand bestimmen. Doch 50

Vgl. oben Erster Teil § 10 II. Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 4. b). 52 Im Falle des Überweisungsformulars sogar in einer Urkunde. 53 Pinger, AcP 179 (1979), S. 316. Unrichtig deshalb Beuthien, JZ 1968, S. 324, welcher bei erfolgter Anweisung vom generellen Fehlen der Tilgungsbestimmung ausgeht, hat sich der Anweisende doch noch gar nicht mit dem Empfänger in Verbindung gesetzt. Auch angesichts der Möglichkeit konkludenter Tilgungsbestimmungen ist diese Aussage unhaltbar. 54 Vgl. Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 394); Schnauder, JZ 1987, S. 70; Wolf, Drittleistung, S. 41. Exemplarisch Schlechtriem, JZ 1993, S. 28: „Da der Geschäftsunfähige keine wirksame Zweckbestimmung abgeben kann, fehlt es überhaupt an einer Anweisung …“. Missverständlich auch Canaris, BB 1972, S. 777. 51

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fehlt ihr jenes Konto, welches sie mit der überwiesenen Summe belasten kann, weshalb sie die Überweisung nicht vornimmt. e) Zwischenergebnis zur Struktur der Anweisung Aus dem tatsächlichem Befund lassen sich folgende Schlüsse ziehen: Zur wirksamen Anweisung gehören neben der Festlegung des Überweisungsgegenstandes Angaben über den Empfänger und über den Anweisenden. Die Anweisung scheint demnach rechtliche Auswirkungen sowohl im Valutaverhältnis im Hinblick auf den Empfänger als auch im Deckungsverhältnis der Bank zum Überweisenden zu zeitigen.55 Beide hintereinander geschalteten Schuldverhältnisse werden in Höhe der zu überweisenden Summe tangiert, ist doch die angewiesene Summe der in beiden Schuldverhältnissen geschuldete Gegenstand.56 3. Vorhandene Anweisung Die gewonnenen Erkenntnisse sollen bei der Untersuchung der vorhandenen Anweisung auf ihre Tragweite untersucht werden. a) Erfüllung bei intakten Schuldverhältnissen Auch bei der Banküberweisung als spezieller Anweisung ist zwischen zwei Schuldverhältnissen zu unterscheiden, die jeweils auf Verschaffung der zu überweisenden Summe gerichtet sind. Der Anweisende als Schuldner des Empfängers im Valutaverhältnis ist zugleich Gläubiger der angewiesenen Bank im Deckungsverhältnis hinsichtlich der gleichen Summe.57 Die Erfüllung dieser Schuldverhältnisse entspricht auch bei der Banküberweisung der Grundkonstellation der „abgekürzten Lieferung“,58 welche ihrerseits nur eine ökonomisch sinnvolle Abkürzung der Erfüllung in Lieferketten darstellt.59 Ohne Abkürzung der Lieferungen müsste die Bank als Schuldner 55

Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 241. Vgl. oben Zweiter Teil § 16 I. 57 Mithin handelt es sich um eine typische Dreipersonenkonstellation, vgl. Zweiter Teil § 16 I. 58 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 IV (S. 440); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 672, 675; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 89; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 3; Westermann, JuS 1968, S. 18; Flume, AcP 199 (1999), S. 15; St. Lorenz, JuS 2003, S. 730. 59 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 I (S. 201); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, (S. 333); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 387); Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 54; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 121; 56

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im Deckungsverhältnis durch Übereignung gemäß § 929 S. 1 BGB an den Anweisenden erfüllen, welcher anschließend die gleiche Summe ebenfalls gemäß § 929 S. 1 BGB erfüllend an seinen Gläubiger zu übereignen hätte. Eine derartige Lieferkette ist allerdings wegen der zweifachen Übergabe nicht besonders effektiv. Um Zeit und Kosten zu sparen,60 wird daher zumeist der Weg der Durchlieferung gewählt.61 Statt sich den Gegenstand zu verschaffen, weist der Gläubiger des Deckungsverhältnisses seinen Schuldner an, die geschuldete Sache direkt an den Gläubiger des Valutaverhältnisses, den dritten Empfänger, zu übergeben. Dieses Vorgehen ändert jedoch bezüglich der Interessenlage und den übernommenen Risiken im Vergleich zum Normalfall nichts,62 sondern stellt allein eine abwicklungstechnische Modalität dar. Bei der Überweisung kommt noch hinzu, dass in den jeweiligen Schuldverhältnissen Buchgeld statt Bargeld geleistet wird.63 aa) Erfüllung im Valutaverhältnis Die Erfüllung im Valutaverhältnis setzt eine Leistung des Schuldners voraus, welche zum Erfolgseintritt beim Gläubiger geführt hat.64 Der Anweisende tilgt seine Schuld also nicht bereits dadurch, dass er die Bank veranlasst, eine Zahlung an seinen Gläubiger zu erbringen.65 Der Erfolg ist vielmehr erst eingetreten, wenn die geschuldete Summe dem Konto des Empfängers gutgeschrieben wurde.66 Die Veranlassung ist demzufolge allenfalls Teil der Leistungshandlung, nicht aber des Leistungserfolges. Neben Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 3; Lopau, JuS 1975, S. 773; Pinger, AcP 179 (1979), S. 312; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 2, 170; Henke, Leistung, S. 94. 60 Zugleich kann durch die zweifache Leistung von Buchgeld das aus § 270 BGB folgende Transportrisiko des jeweils Leistenden gemindert werden, vgl. Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 2, 170; Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 302. 61 Schnauder, AcP 187 (1987), S. 153; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 4. 62 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 II (S. 21); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 88; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 123; Canaris, FS Larenz, S. 804; Westermann, JuS 1968, S. 19. 63 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 178, Palandt/Sprau, § 676a Rdnr. 4. Buchgeld und Bargeld stehen sich aufgrund der Eigenschaft des Geldes als Wertsummenschuld jedoch gleich, vgl. Musielak, Grundkurs BGB, Rdnr. 209; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 158; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 9 Rdnr. 8; Baumbach/Hopt, HGB Bankgeschäft C/23; MüKo/Grundmann, § 245 Rdnr. 6; Palandt/Heinrichs, § 245 Rdnr. 3. 64 Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 2. e). 65 So aber Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 51). 66 Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 158; Möschel, JuS 1972, S. 298; MüKo-HGB/ Hauser, ZahlungsV B 350.

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dem Erfolgseintritt bedarf es einer kausalen Leistung des Schuldners, bestehend aus einer Zuwendung und einer einseitigen Zuordnungsbestimmung. (1) Zuordnungsbestimmung Die Zuordnungsbestimmung des Anweisenden wird regelmäßig durch das Ausfüllen des Feldes Verwendungszweck abgegeben. Wenn die Bank nun die angewiesene Summe auf das Konto des Empfängers gutschreibt67 bzw. diese Gutschrift veranlasst,68 wird diese Gutschrift von einem Durchschlag des Überweisungsformulars begleitet.69 Zugleich erscheint auf dem Kontoauszug des Empfängers nicht nur die überwiesene Summe, sondern auch der angegebene Verwendungszweck.70 Die Bank überbringt also die Tilgungsbestimmung als Botin des Anweisenden.71 Die Erteilung der Botenmacht erfolgt regelmäßig mit der Anweisung, ohne jedoch ein Bestandteil der Anweisung zu sein.72 Da die Bank als Botin des Überweisenden gemäß § 676a Abs. 1 S. 1 BGB lediglich dessen Zuordnungsbestimmung überbringt, macht sie sich über den angegebenen Verwendungszweck zumeist keine Gedanken. Da sie im Großteil der Fälle ohnehin keinen Einblick in das Valutaverhältnis zwischen Anweisenden und Empfänger hat,73 hat sie auch kein Interesse an der Zuordnung des Überweisenden.74 67

Im Falle des Hausgiros, vgl. unten Zweiter Teil § 16 II. 4. Falls der Empfänger Kunde einer anderen Bank ist, vgl. unten Zweiter Teil § 16 II. 4. e). 69 Der erste Durchschlag verbleibt beim Überweisenden, das Original geht an die Bank und wird dort aufbewahrt, während der zweite Durchschlag an den Empfänger weitergereicht wird, vgl. nur Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 305; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 IV (S. 440); Möschel, JuS 1972, S. 297; Flume, NJW 1984, S. 467; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 23. 70 Mit Eintritt in den Machtbereich des Empfängers ist die Tilgungsbestimmung zugegangen, mithin gemäß § 130 Abs. 1 BGB wirksam. 71 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II (S. 202); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 IV (S. 440 ff.); MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 37; Beuthien, JZ 1968, S. 323; Canaris, JZ 1984, S. 627; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 134; ders., JZ 1987, S. 69; Pinger, AcP 179 (1979), S. 315; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 42; Weitnauer, Symposium König, S. 43; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 23. 72 Anderer Ansicht Beuthien, JZ 1968, S. 325. Ist aber die Zweckbestimmung kein Bestandteil der Anweisung, dann kann die Botenmacht zu ihrer Überbringung ebenfalls kein Bestandteil der Anweisung sein. 73 Vgl. schon oben Erster Teil § 9 IV. Ebenso Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 337; Hellwig, Verträge auf Leistung an Dritte, S. 131; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 10; Möschel, JuS 1972, S. 300; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 139. 74 So schon das Reichsgericht RGZ 87, 36 (39); vgl. auch Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1081; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 19; Staudinger/Lorenz, § 812 68

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Fehlt es an einer expliziten Tilgungsbestimmung des Überweisenden, existiert zumindest eine konkludente Zuordnungsbestimmung. Anknüpfungspunkt der schlüssigen Zuordnung ist die Zuwendung des angewiesenen Gegenstandes.75 Indem die Bank die tatsächliche Wertbewegung vornimmt, „überbringt“ sie auch die konkludente Tilgungsbestimmung. Zu guter Letzt ist es möglich, dass der Anweisende dem Empfänger die Zuordnungserklärung bereits vor Erteilung der Anweisung erklärt hat.76 Dann bedarf es der Überbringung einer Zuordnungsbestimmung durch die Bank nicht mehr. Daran erweist sich ein weiteres Mal, dass die Zweckbestimmung nicht Bestandteil der Anweisung ist. (2) Zuwendung Es hat sich gezeigt, dass die Zuordnungsbestimmung nicht in der Lage ist, eine fremde Zuwendung auf ein anderes Leistungsverhältnis umzulenken.77 Vielmehr liegt jeder Leistung eine gleichgerichtete Zuwendung zugrunde. Nun ist eine Zuwendung des Anweisenden an den Empfänger schwer zu begründen, schreibt doch die Bank das überwiesene Geld beim Empfänger gut. Allerdings darf die tatsächliche Wertbewegung nicht mit der Zuwendung gleichgesetzt werden.78 Wann immer diese Gleichstellung geschieht, erwachsen diesem Ansatz Schwierigkeiten, seiner Ausgangsdefinition der Leistung als zweckgerichteter Zuwendung zu entsprechen.79 Unrühmliche Folge der Gleichstellung ist die Annahme umlenkender Tilgungsbestimmungen.80 In Anbetracht dessen erweist sich die Aussage, dass die Zuwendung von der Bank an den Empfänger erfolgt,81 als unhaltbare Rdnr. 49, 53; Canaris, BB 1972, S. 775; von Caemmerer, JZ 1962, S. 387; Kamionka, JuS 1992, S. 929; Kupisch, FS Coing, S. 239; ders., JZ 1997, S. 214; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 301; Möschel, JuS 1972, S. 300; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 139; Schnauder, JZ 1987, S. 69; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 46; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 137; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 280; Westermann, causa, S. 195; BGH JZ 1977, 299. 75 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 2. b). 76 Vgl. oben Erster Teil § 10 I. 77 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. a). 78 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. 79 So geht Schnauder, JZ 1987, S. 68 davon aus, dass der Anweisende sich nur damit einverstanden erklärt, dass seine Schuld beim Empfänger durch eine Gutschrift der Bank getilgt wird. Geht seiner Meinung also die Initiative von der Bank aus, die sich doch um die Sphäre Anweisenden zum Empfänger nicht kümmert, wie Schnauder selbst zutreffend (a. a. O., S. 69) feststellt? 80 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. 81 Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 24; Schnauder, JZ 1987, S. 69; Pinger, AcP 179 (1979), S. 301 ff.

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Gleichstellung von Zuwendung und tatsächlicher Wertbewegung. Damit man von einer Zuwendung der Bank an den Empfänger sprechen kann, müsste sie dessen Vermögen durch den Einsatz eigenen Vermögens gemehrt haben. Diese konsequente Betrachtung der Vermögensverschiebungen wird zuweilen als wirtschaftliche Betrachtungsweise bezeichnet.82 Allein diese wirtschaftliche Betrachtungsweise wird aber der Funktion des Bereicherungsrechts gerecht.83 Bei ihrer Anwendung stellt man nun fest, dass das Vermögen der Bank bei einer Überweisung nur rechnerisch, nicht aber wirtschaftlich erfasst wird.84 Die angewiesene Summe ist für die Bank nur ein Rechnungsposten, der an ihrer Gesamtvermögenslage nichts ändert, weil mit einer Belastung des Kontos des Anweisenden gegen gerechnet wird.85 Das heißt nichts anderes, als dass die Bank in Bezug auf den Empfänger kein eigenes Vermögen einsetzt, sondern in diesem Vollzugsverhältnis86 nur die tatsächliche Wertbewegung erfolgt. Für die erforderliche Zuwendung des Anweisenden muss dieser also eigenes Vermögen eingesetzt haben. Davon geht in der Tat eine beachtliche Meinung in der Literatur aus.87 Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass der Großteil der Autoren im Ansatz der Rückabwicklung im Leistungsverhältnis gefangen sind.88 Weil man zwischen Empfänger und Anweisenden sowie zwischen Anweisenden und Angewiesenen rückabwickeln will, wird versucht, eine Leistung des Anweisenden an den Empfänger zu konstruieren. Bezüglich der Grundannahme einer solchen Leistung weichen die Ansichten folgerichtig nicht oder nur gering voneinander ab.89 Große Unterschiede gibt es allerdings in der Konstruktion der Zuwendung des Anweisenden an den Empfänger. Dabei handelt es sich keinesfalls um ein reines Formulierungsproblem.90 Anhand der Ergebnisse und Begründungen lassen sich vielmehr die Schwächen in den dogmatischen Grundlagen dieser Theorien erkennen.

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Kupisch, JZ 1997, S. 218; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1081. Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. 84 Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1081; zuvor schon Beuthien, JZ 1968, S. 324. 85 Dazu sogleich ausführlich im Folgenden. 86 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. 87 Vgl. nur MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 39; Beuthien, JZ 1968, S. 323; Palandt/ Sprau, Vor §§ 676a–676 h Rdnr. 1; Rothoeft, AcP 163 (1964), S. 230; Flume, NJW 1984, S. 467; Kupisch, JZ 1997, S. 218; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1081; Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 312; Köndgen, FS Esser, S. 63. 88 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 III. 2. c). 89 Dies stellt auch Schnauder, AcP 187 (1987), S. 165 fest. 90 So aber Kupisch, JZ 1997, S. 218; ders., FS Coing, S. 242. 83

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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(a) Zuwendung des Gegenstandes aufgrund von Verfügungsmacht Nach Schnauder überlässt die angewiesene Bank ihre Zuwendung dem Anweisenden zur Abgabe einer eigenen Zweckbestimmung. Die Bank wendet dem Anweisenden mithin die Zweckbestimmungsmöglichkeit zu.91 Da die Tilgungsbestimmung des Anweisenden die Zuwendung des Angewiesenen umlenke, verschaffe die Bank dem Anweisenden mit der Zweckbestimmungsmöglichkeit zugleich die Verfügungsmacht über ihre Zuwendung.92 Mit Ausübung der Verfügungsmacht durch Abgabe einer eigenen Tilgungsbestimmung disponiere der Anweisende so über eigenes Vermögen, weshalb die Zuwendung der Bank an den Empfänger rechtlich einer Zuwendung des Anweisenden an den Empfänger gleichgestellt werde.93 Der Wert des Gegenstandes stamme aus dem Vermögen des Anweisenden. Dieses setzte er im Hinblick auf den Empfänger ein. Dass die Zweckbestimmung keinen verfügenden Charakter hat und fremde Zuwendungen nicht umleiten kann, wurde schon gezeigt.94 Die Zuwendung findet immer im Leistungsverhältnis statt.95 Entgegen Schnauder wird dem Anweisenden mithin nicht die Verfügungsmacht in Form der Zweckbestimmungsmöglichkeit zugewendet. Auch Schnauder scheitert letztlich daran, dass er die tatsächliche Wertbewegung zwischen der Bank und dem Empfänger mit einer Zuwendung gleichsetzt, die durch Abgabe einer Zweckbestimmung des Anweisenden rechtlich als eine Zuwendung des Anweisenden an den Empfänger betrachtet werden soll. Dieser Vorgang steht einer Zuwendung des Anweisenden aber nicht nur rechtlich gleich, sondern allein zwischen Anweisenden und Empfänger liegt die Zuwendung im Sinne einer Vermögensverschiebung vor. Wenn der Anweisende eine eigene Tilgungsbestimmung abgibt, dann nur deshalb, weil er eigenes Vermögen in Hinblick auf den Empfänger einsetzt, und nicht weil eine Zweckbestimmungsmöglichkeit in sein Vermögen gelangt. Die Zweckbestimmung kann die Zuwendung nicht begründen, sondern setzt sie voraus.96 Wie aber der Anweisende eigenes Vermögen einsetzt, begründet Schnauder nicht.

91 Vgl. Schnauder, JuS 1994, S. 542; ders., Leistungskondiktion bei Drittbeziehung, S. 80, 100. 92 Vgl. Schnauder, JuS 1994, S. 542; ders., Leistungskondiktion bei Drittbeziehung, S. 80, 100. 93 Schnauder, AcP 187 (1987), S. 163; ders., Leistungskondiktion bei Drittbeziehung, S. 80. 94 Vgl. oben Erster Teil § 8 II sowie Zweiter Teil § 15 III. 1. 95 Dies erkennt auch Pinger, AcP 179 (1979), S. 308. 96 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2.

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(b) Vermögensmäßige Gleichstellung aufgrund Zweckvereinbarung Die Umlenkung der Zuwendung durch die Zweckbestimmung wird auch von anderen Autoren angenommen.97 Nur so könne der Anweisende rechtlich als der Leistende angesehen werden, gerade als habe er an den Dritten gezahlt.98 Entgegen Schnauder folge die Umlenkung aber aus den übereinstimmenden Erklärungen von Anweisendem und Angewiesenem, wonach sie sich so behandeln lassen wollen, als haben direkte Zuwendungen vorgelegen.99 Diese Einigung über den verfolgten Zweck sei der Grund für die Zurechnung der Handlung der Bank als Leistungsmittler an den Anweisenden im Valutaverhältnis.100 Auch der BGH hat gelegentlich die Leistungsbeziehungen sowohl im Valuta- als auch im Deckungsverhältnis damit gerechtfertigt, dass sich dort jeweils über den rechtlichen Zweck geeinigt wurde.101 Erst durch die konsensuale Zweckbestimmung werde der Anweisende rechtlich zum Zuwendenden in seinem Verhältnis zum Empfänger. Sofern die umlenkenden Zweckbestimmungen damit begründet werden, man habe sich durch Zweckvereinbarungen über die Umlenkung geeinigt, liegt darin die Übertragung der erfüllungsrechtlichen Zweckvereinbarungstheorie102 auf das Bereicherungsrecht.103 Im Gegensatz zu Schnauder, welcher von einer einseitigen Zuordnung ausging, scheitert diese Ansicht schon an der Unzulänglichkeit einer konsensualen Zuordnung bei der Erfüllung.104 Dass der Zweck allein durch den Leistenden bestimmt wird, erkennen im Ansatz auch Westermann und Schlechtriem.105 Weiterhin sehen beide, dass die Zweckbestimmung nur der Zuordnung der Zuwendung auf ein Schuldverhältnis dient.106 Wenn sie bei der Anweisung dennoch eine Einigung über den Zweck verlangen, verstoßen sie nicht nur gegen ihre eigenen Prämissen, sondern daran exemplifiziert sich auch die mit dem Umlenkungs97

Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 1. Exemplarisch Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 281. 99 von Caemmerer, FS Rabel, S. 348, 350; ders., JZ 1962, S. 386; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 281, 282; Pinger, AcP 179 (1979), S. 308. 100 Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 16; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 41; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 735; Flume, NJW 1984, S. 464; Weitnauer, NJW 1974, S. 1730; ders., FS Caemmerer, S. 281. 101 BGHZ 50, 227 (230); BGHZ 66, 362 (363); BGHZ 87, 393 (397); BGHZ 89, 376 (381); BGH NJW 1985, 826. 102 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 3. 103 Vgl. nur Weitnauer, Symposium König, S. 32. 104 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 3. c), anders aber Schnauder, JZ 1987, S. 69. 105 Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 12; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 772a. 106 Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 12; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 722. 98

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ansatz einhergehende Überbewertung der Zweckbestimmung.107 Erfüllungsrechtlich ließe sich eine konsensuale Zuordnung im Rahmen der Anweisungsleistung nur erklären, wenn im Valuta- oder Deckungsverhältnis eine Leistung an Erfüllungs Statt gemäß § 364 Abs. 1 BGB vorläge.108 Jedoch wird im Valutaverhältnis dem Empfänger exakt der geschuldete Gegenstand verschafft, weshalb das Gläubigerinteresse befriedigt wurde und Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB vorliegt.109 Im Deckungsverhältnis wird der geschuldete Gegenstand zwar nicht dem Anweisenden, sondern dem Empfänger gegenüber erbracht. Darin liegt aber keine inhaltlich abweichende Leistung, sondern die geschuldete Leistung wird lediglich einem Dritten erbracht.110 Dieser Umstand wird durch § 362 Abs. 2 BGB und nicht durch § 364 BGB erfasst.111 Auch in diesem Verhältnis lässt sich die Notwendigkeit einer Zweckvereinbarung aus der Erfüllung nicht begründen. Zu welchen dogmatischen Auswüchsen diese Ansicht der Zweckvereinbarung führt, sei anhand der Aussage exemplifiziert, eine Leistung sei Zweckbestimmung plus Zweckvereinbarung, wobei die Anweisung Bestandteil der Zweckvereinbarung sein soll.112 Hier wird nicht nur die finale Erfüllung mit der Zweckvereinbarungstheorie gekoppelt – die Vertreter fordern letztlich eine doppelte Zuordnung –, sondern die Anweisung wäre zugleich Teil der Zuordnung. Erkennt man hingegen, dass die Anweisung für den Vermögenseinsatz des Anweisenden – und damit für die Zuwendung – eine Rolle spielt, kann die Anweisung nicht Teil der Zweckvereinbarung sein. Ein solches zu fordern hieße nicht nur, die Zuwendung aus der Zuordnung zu begründen, sondern beide Elemente zu vermischen. Die Zweckbestimmung hat allein zuordnenden Charakter, sie setzt eine Zuwendung zwingend voraus. Deshalb ist jeder Ansatz, der unter Gleichstellung der Zu107

Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. So tatsächlich Schnauder, AcP 187 (1987), S. 156; Weitnauer, Symposium König, S. 42; Pinger, AcP 179 (1979), S. 308. In diese Richtung auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 467; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 217; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 405; Hk-BGB/Schulze, § 364 Rdnr. 4; Staudinger/Olzen, Vorb. 35 zu §§ 362 ff.; Jauernig/Stürner, § 364 Rdnr. 4; Erman/Westermann, § 362 Rdnr. 8; Meyer-Cording, Das Recht der Banküberweisung, S. 127; Fabienke, JR 1999, S. 49. 109 Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 1 sowie Erster Teil § 3 II. 2. b) aa). 110 Schnauder, AcP 187 (1987), S. 156. Hier zahlt es sich wieder aus, dass im ersten Teil genau zwischen den Tatbestandsmerkmalen des § 362 Abs. 1 BGB (geschuldete Leistung – Gläubiger) unterschieden wurde. 111 Vgl. unten Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (2). 112 Die mit der Anweisung verknüpften Ermächtigungen des Anweisenden an den Angewiesenen und an den Anweisungsempfänger seien nicht bloß als einseitige Erklärungen, sondern als Zweckvereinbarungen zu verstehen, vgl. Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 III (S. 418 ff.); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 36; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 285; ders., Symposium König, S. 55; Pinger, AcP 179 (1979), S. 301; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 156; ders., JZ 1987, S. 69. 108

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wendung mit der tatsächlichen Wertbewegung von umlenkenden Zuordnungsbestimmungen ausgeht, abzulehnen, weil der Vermögenseinsatz des Anweisenden nicht erklärt werden kann. (c) „Als ob“-Betrachtung Dass sich die Zuwendung des Anweisenden nur durch eine wirtschaftliche Betrachtung der Vorgänge erklären lässt, entspricht ganz dem Ansatz von Kupisch.113 Nach Kupisch kommt die Zuwendung an den Empfänger allerdings nicht aus dem Vermögen des Anweisenden, sondern aus dem Vermögen der Bank, welche gemäß § 267 BGB an den Empfänger geleistet hat.114 Will man dessen ungeachtet in den Kausalverhältnissen rückabwickeln, lässt sich das mit dem Wortlaut des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB nicht vereinbaren,115 wie überhaupt die Lösung der Dreipersonenkonstellationen mit dem Wortlaut nicht zu erreichen sei. Der Grund liege darin, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 812 Abs. 1 BGB vom Zweipersonenverhältnis ausging.116 Die gleichen Probleme stellen sich bei der Anwendung des § 362 Abs. 1 BGB. Auch die Erfüllung im Valutaverhältnis setzt voraus, dass der Anweisende an den Empfänger geleistet hat.117 Daran fehlt es nach Kupisch. Jedoch gibt es im Erfüllungsrecht mit den §§ 267, 362 Abs. 2 i. V. m. 185 BGB Normen, welche die Erfüllung in den Dreipersonenkonstellationen erklären können. Sowohl § 267 BGB als auch § 362 Abs. 2 BGB ist eigen, dass die Rechtsfolgen der Erfüllung zwischen Personen eintreten, bei denen der geforderte Tatbestand des § 362 Abs. 1 BGB (Leistung und Erfolgseintritt) nicht vorliegt.118 Beide Vorschriften sind nach Kupisch gesetzlich geregelte Fälle von Analogie.119 Wegen des systematischen Zusammenhangs von Erfüllungs- und Bereicherungsrecht120 muss man die Parteien auch im Bereicherungsrecht so behandeln, als ob der Angewiesene an den Anweisenden und der Anweisende an den Empfänger geleistet haben.121 Weil aber im Bereicherungsrecht gesetzliche Ana113 Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 20 ff.; ders., FS Coing, S. 242; ders., Sonderbeilage WM 1979, S. 3 ff., vgl. auch oben Zweiter Teil § 15 II. 2. b) bb). 114 Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 5; ders., Gesetzespositivismus, S. 19. 115 Kupisch, FS Coing, S. 242; ders., Sonderbeilage WM 1979, S. 3. 116 Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 3. 117 Dabei geht Kupisch als Vertreter einer objektiven Zuordnung davon aus, dass sich der Begriff Leistung auf die Zuwendung beschränkt, vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 4. a). 118 Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 4, 6; ders., Gesetzespositivismus, S. 20. 119 Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 4, 6; ders., Gesetzespositivismus, S. 20. 120 Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 21. 121 Kupisch, JZ 1997, S. 219.

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logien im Sinne der §§ 267, 362 Abs. 2 BGB fehlen, muss letztlich § 812 Abs. 1 BGB analog angewandt werden: Obwohl der Tatbestand des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (Leistung) zwischen der angewiesenen Bank und dem Empfänger verwirklicht werde, treten die Rechtsfolgen im Verhältnis Anweisender zu Empfänger sowie Angewiesener zu Anweisenden ein.122 Hat auch der Anweisende keine Zuwendung an den Empfänger erbracht, werde er doch rechtlich so behandelt, als ob er diese Zuwendung erbracht habe. Nur nach einer derartigen normativen Betrachtungsweise liege eine Leistung des Angewiesenen an den Anweisenden vor.123 Auch Kupisch muss sich den Vorwurf der unzulässigen Gleichstellung von tatsächlicher Wertbewegung mit der Zuwendung gefallen lassen, wenn er von einer Leistung der Bank an den Empfänger gemäß § 267 BGB ausgeht. Kupisch untersucht gar nicht erst, ob ein Vermögenseinsatz und damit eine Zuwendung des Anweisenden an den Empfänger vorliegt, sondern unterstellt das Fehlen einer Leistung im Valutaverhältnis einfach. Nur so kann Kupisch behaupten, der Wortlaut von §§ 362 Abs. 1, 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB erfasse weder die Erfüllung noch die Rückabwicklung bei der Anweisung.124 Diese Annahme ist aber nur scheinbar richtig. Wenn Kupisch nämlich von einem identischen Leistungsbegriff ausgeht, der sich zudem an der Erfüllung orientiert, und anschließend feststellt, dass Erfüllung in den Dreipersonenkonstellationen eintritt, lässt sich eine Leistung im Valutaverhältnis nur schwer verleugnen. Die Erfüllung in beiden Schuldverhältnissen setzt nämlich regelmäßig den Erfolgseintritt und Leistungen in den jeweiligen Kausalverhältnissen voraus. Liegen aber erfüllungsrechtliche Leistungen vor, dann wegen des systematischen Zusammenhangs auch Leistungen im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB. Diesen Zusammenhang erkennt er aber deshalb nicht, weil er im Valutaverhältnis von einer Erfüllung gemäß § 267 BGB ausgeht. Diese Annahme beruht wiederum auf seinem objektiven Ansatz, Leistung als bloße Zuwendung zu verstehen.125 Den Ansatz einer objektiven Zuordnung überträgt er auf das Bereicherungsrecht.126 Damit man aber die Bank als Dritten im Sinne des § 267 BGB ansehen kann, müsste 122

Kupisch, FS Coing, S. 245; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 8. Kupisch, FS Coing, S. 250. 124 Auch Kupisch geht von der Rückabwicklung im Leistungsverhältnis aus. 125 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 4. a). 126 Der von Kupisch gewählte objektive Ansatz bei der Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses (vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 4. a)) versagt aber, wenn der Gegenstand nicht vom Schuldner erbracht wird. Deshalb geht er von einem Fall des § 267 BGB aus, bei welchem das finale Zuordnungselement anerkannt ist. Dabei übersieht er jedoch die insoweit näher liegende Möglichkeit der §§ 362 Abs. 1, 278 BGB, bei welcher die objektive Zuordnung ebenfalls versagt, vgl. Erster Teil § 2 II. 3. 123

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sie nicht nur durch den Einsatz eigenen Vermögens freiwillig das Insolvenzrisiko des Empfängers übernommen haben, sondern überdies ihre Zuwendung auf ein zwischen Anweisenden und Empfänger bestehendes Schuldverhältnis zugeordnet haben. Demgegenüber wurde bereits mehrfach festgestellt, dass der Anweisende – durch Ausfüllen des Überweisungsträgers – die Zuordnung trifft und die Bank diese nur als Botin überbringt.127 Schließlich hat die Bank selten Einblick in das Valutaverhältnis, was ihr die Bestimmung eines Schuldverhältnisses erheblich erschweren würde.128 Schon dieser tatsächliche Befund erlaubt den Rückschluss, dass die Bank keineswegs freiwillig durch den Einsatz eigenen Vermögens das Insolvenzrisiko des Empfängers als einer Person übernimmt, dessen Solvenz sie mangels Einblick in das Valutaverhältnis nicht beurteilen kann. Rechtlich schlägt sich diese Erkenntnis im § 676a Abs. 3 S. 1 BGB nieder. Nach dieser Norm kann die Bank den Überweisungsvertrag kündigen und die Ausführung der Überweisung verweigern, wenn über das Vermögen des Anweisenden das Insolvenzverfahren eröffnet ist oder ein zur Durchführung der Überweisung erforderlicher Kredit nicht genehmigt wurde. In beiden Fällen besteht für die Bank die Gefahr, die überwiesene Summe nicht vom Anweisenden zurückzuerlangen. Daran manifestiert sich, dass die Bank mit der Durchführung der Anweisung allein das Insolvenzrisiko des Anweisenden, nicht jedoch des Empfängers übernimmt.129 Das Insolvenzrisiko des Empfängers übernimmt vielmehr der Anweisende durch seine Anweisung. Im Valutaverhältnis liegt deshalb nicht Erfüllung gemäß § 267 BGB vor, sondern gemäß § 362 Abs. 1 BGB. Die analoge Anwendung des § 812 Abs. 1 BGB zur Begründung der Zuwendung sieht sich überdies einem anderen grundlegenden Einwand ausgesetzt. Zwar ist zuzugeben, dass der Wortlaut des § 812 Abs. 1 BGB insoweit ungenau ist, als dass in den problematischen Dreiecksfällen nicht zwingend im Leistungsverhältnis rückabgewickelt wird.130 Auch liegt der Grund tatsächlich darin, dass man sich bei der Schaffung der Norm am Zweipersonenverhältnis orientierte.131 Gleichwohl folgt daraus nicht die Notwendigkeit einer analogen Anwendung des § 812 Abs. 1 BGB. Eine solche lässt nämlich nicht die Antwort auf die umstrittene Frage erkennen, zwischen welchen Personen die Norm analog angewandt wird. Die Beteiligten der Rückabwicklung lassen sich stattdessen nur durch unmittelbaren Rückgriff auf die der Rückabwicklung zugrunde liegenden Wertungen fest127 128 129 130 131

Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (1). Vgl. schon oben Erster Teil § 3 I. 4. Im Ergebnis auch Canaris, BB 1972, S. 775. Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 1. Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 2. c) aa).

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stellen.132 Die Analogie kann zwar die vom Wortlaut abweichende Rückabwicklung rechtstechnisch erklären, aber nicht begründen, warum gerade zwischen Anweisenden und Empfänger die Vorschrift des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB analog angewandt wird. Kupischs Theorie der analogen Anwendung scheitert schließlich auch daran, dass einer objektiven Zuordnung weder bei der Erfüllung noch im Bereicherungsrecht gefolgt werden kann.133 Die Leistung lässt sich nicht auf die bloße Zuwendung reduzieren. (d) Hassolds Theorie vom Durchgangserwerb Hassold geht bei seiner Erklärung der Zuwendungen im Rahmen der Anweisung von der Lieferkette aus. Dort übereignet der Erstverkäufer an den Erstkäufer, welcher wiederum an den Zweitkäufer übereignet. Sowohl Erstverkäufer als auch Erstkäufer haben in Bezug auf ihre Vertragspartner eigenes Vermögen eingesetzt. Dann überträgt er diese Erkenntnis auf die Anweisung und erklärt den Vermögenseinsatz des Anweisenden in Richtung Empfänger konsequenterweise mit einem dinglichem Durchgangserwerb:134 Wenn der Angewiesene den Gegenstand dem Empfänger direkt übereignet, liege darin eine Leistung „für Rechnung des Anweisenden“.135 Durch diese Leistung „für Rechnung des Anweisenden“ werde der Gegenstand in einem Akt vom Angewiesenen an den Anweisenden und zugleich vom Anweisenden an den Empfänger übereignet.136 Die direkte Übereignung des Gegenstandes vom Angewiesenen an den Empfänger führe für eine logische Sekunde zu einem dinglichen Durchgangserwerb beim Anweisenden,137 weshalb der vom Empfänger erlangte Gegenstand aus dem Vermögen des Anweisenden stamme. Der Anweisende sei damit sowohl Zuwendender als auch Leistender. Die Betrachtung der Eigentumslage bei den Lieferketten ist hervorragend geeignet, die fraglichen Vermögensbewegungen offen zu legen. Wenn man bei der abgekürzten Lieferung trotz Übereignung des Angewiesenen an den Empfänger mit Hassold einen dinglichen Durchgangserwerb annimmt, setzt der Anweisende sein Vermögen in Bezug auf den Empfänger und der Ange132

Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 2. b) cc). Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 4. a). 134 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 25 ff., 28, 62 ff., insbesondere aber S. 69 ff. Ebenso Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 32. 135 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 69. 136 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 25 f., 69. 137 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 25 ff., 62 ff.; zustimmend Pinger, AcP 179 (1979), S. 312, 314. 133

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wiesene in Bezug auf den Anweisenden ein. An der im Hinblick auf die Lieferkette bestehenden Ausgangslage hat sich nichts geändert. Die abgekürzte Lieferung ist nach diesem Verständnis eine bloße Abwicklungsmodalität der Lieferkette. Allerdings hilft der Blick auf die Eigentumslage nicht immer, die Wertbewegungen bei den Lieferketten zu verstehen. Die Theorie des dinglichen Durchgangserwerbs ist nicht in der Lage, alle Anweisungsfälle zu erklären. Sie versagt vor allem bei der Übereignung von Grundstücken.138 Für einen Zwischenerwerb des Anweisenden bedürfte es dessen Eintragung ins Grundbuch. Da sich die Übereignung aber direkt zwischen Angewiesenem und Empfänger vollzieht, wird auch nur der Empfänger ins Grundbuch eingetragen. Das Eigentum am Grundstück hat der Anweisende nie erlangt. Schwierigkeiten hat die Theorie des dinglichen Durchgangserwerbs auch dann, wenn nicht die Übereignung eines Gegenstandes geschuldet ist. Gerade bei der Banküberweisung erfolgt allein eine Gutschrift auf dem Konto des Empfängers.139 Diese Gutschrift erscheint auch nicht für eine logische Sekunde auf dem Konto des Anweisenden. Ein wie auch immer gearteter dinglicher Durchgangserwerb des Anweisenden existiert nicht. Für die Banküberweisung erweist sich die Theorie des Zwischenerwerbs als ungeeignet zur Erklärung des Vermögenseinsatzes des Anweisenden.140 (e) Quasi-dinglicher Rechtserwerb Einen ähnlichen Weg wie Hassold beschreiten Pinger und Wilhelm.141 Auch sie deuten die „Leistung“ der Bank an den Empfänger unter Verweis auf § 783 2. HS. BGB als Leistung „für Rechung des Anweisenden“,142 durch welche der Gleichlauf der Anweisung mit der Lieferkette erreicht werde.143 Allerdings lehnen beide einen dinglichen Durchgangserwerb des Anweisenden ab. Lediglich die Vermögenslage entspreche bei einer Leistung „für Rechnung des Anweisenden“ im Ergebnis dem Durchgangserwerb.144 138 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § (S. 201); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 393); Canaris, WM 1980, S. 368; Kupisch, JZ 1997, S. 214; Hager, Verkehrsschutz, S. 280. Das gibt Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 74 selbst zu. 139 Canaris, WM 1980, S. 368. 140 So Lopau, JuS 1975, S. 773. 141 Wilhelm, JuS 1973, S. 3; ders., Rechtsverletzung, S. 116; Pinger, AcP 179 (1979), S. 312. 142 Vgl. nur Wilhelm, JuS 1973, S. 3; ders., Rechtsverletzung, S. 116. 143 Pinger, AcP 179 (1979), S. 312. 144 Wilhelm, JuS 1973, S. 3: „Der Leistungsgegenstand kommt in einer dem dinglichen Durchgang durch das Vermögen des Anweisenden vermögensmäßig und

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So wie bei der Lieferkette der Gegenstand erst Eigentum des Anweisenden und anschließend Eigentum des Empfängers werde, gelange der Gegenstand bei der abgekürzten Lieferung „vermögensmäßig“ vom Eigentümer zum Anweisenden und von diesen zum Empfänger. Ob der Anweisende den Gegenstand erst dinglich in sein Vermögen aufnehme oder ob der Angewiesene die Verwendung für Rechung des Anweisenden vornehme, mache vermögensmäßig keinen Unterschied.“145 Im Ergebnis trennt diese Ansicht zwischen der Eigentumslage und der Vermögenslage. Nicht weil der Anweisende für eine logische Sekunde Eigentümer wird, kommt der Gegenstand aus seinem Vermögen, sondern indem der Angewiesene die Disposition des Anweisenden über den Gegenstand ausführt, überträgt er den Gegenstand erst in das Vermögen des Anweisenden, bevor er aus diesem auf den Empfänger übertragen wird.146 Obwohl der Anweisende nie Eigentümer wird, erlangt er den Gegenstand dennoch vermögensmäßig. (f) Zuwendung aufgrund Verschaffungsmacht Die Bedeutung der Anweisung für den Vermögenseinsatz betont auch die letzte Ansicht.147 Durch die Anweisung nehme der Anweisende die Zuwendung des Angewiesenen in sein Vermögen auf, und durch das Befolgen der Anweisung werde die Zuwendung der Bank zur Leistung des Anweisenden an den Empfänger.148 Durch die Ausführung der Anweisung stelle die angewiesene Bank ihr Vermögen dem Anweisenden zur Verfügung.149 Sie verschaffe dem Anweisenden aber nicht den Gegenstand, sondern lediglich die Verschaffungsmacht150 oder die Dispositionsbefugnis.151 Diese Verschaffungsmacht entspreche dem Wert des Gegenstandes.152 Im Gegensatz zur Theorie des quasi-dinglichen Durchgangserwerbs werde nicht der Gegenstand selbst vorübergehend in das Vermögen des Anweisenden eingerechtlich deshalb gleichstehenden Weise zu Lasten des Vermögens des Anweisenden dem Empfänger zu.“ 145 Wilhelm, JuS 1973, S. 3. 146 Wilhelm, JuS 1973, S. 3. 147 Thielmann, AcP 187 (1987), S. 45; Weitnauer, Symposium König, S. 43; Flume, AcP 199 (1999), S. 3; Köndgen, FS Esser, S. 63; später auch Schnauder, AcP 187 (1987), S. 162. 148 Flume, AcP 199 (1999), S. 3. 149 Thielmann, AcP 187 (1987), S. 45; Weitnauer, Symposium König, S. 43. 150 Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 280 Fn. 83; ders., Symposium König, S. 43. 151 Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 6; Wilhelm, JuS 1973, S. 4. 152 Schnauder, AcP 187 (1987), S. 162.

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gliedert, sondern allein dessen wirtschaftlicher Wert.153 Wertmäßig stamme der dem Empfänger überbrachte Gegenstand damit aus dem Vermögen des Anweisenden. (g) Stellungnahme Während die Theorien der umlenkenden Tilgungsbestimmung eine Zuwendung des Anweisenden an den Empfänger ebenso wenig begründen können wie Kupischs Ansatz einer analogen Anwendung des § 812 Abs. 1 BGB, scheitert Hassolds Ansicht vom dinglichen Durchgangserwerb daran, dass er nicht alle Anweisungslagen erklären kann. Auch wenn sein Blick auf das Eigentum hilft, die Vermögensbewegungen bei der abgekürzten Lieferung zu verstehen, bleibt doch festzustellen, dass das Eigentum zwar der wichtigste, aber nicht der einzig übertragbare Vermögenswert ist. Deshalb erscheint es geeigneter, nicht allein auf die dingliche Lage abzustellen, sondern ganz im Sinne der beiden letzterwähnten Ansichten mit dem Vermögen als solchem zu argumentieren. Dass Vermögensbewegungen auch unabhängig von Eigentumsbewegungen stattfinden können, zeigen die §§ 389 ff. BGB in aller Deutlichkeit.154 Speziell bei der Banküberweisung zeigt sich die Überlegenheit einer von der dinglichen Lage abstrahierten Vermögensbetrachtung, wird doch kein Gegenstand real bewegt, sondern es erfolgt lediglich eine Belastung des Kontos des Anweisenden und eine Gutschrift155 auf dem Konto des Empfängers.156 Dem Anweisenden wurde weder der Betrag für eine logische Sekunde gutgeschrieben, noch wurde er Eigentümer des ausgezahlten Geldes. Betrachtet man hingegen die tangierten Vermögen, zeigt sich, dass der gutgeschriebene Betrag aus dem Vermögen des Anweisenden stammt. Schon Rothoeft hat darauf hingewiesen, dass die Bank nach Ausführung der Anweisung einen Anspruch gegen den Anweisenden auf Begleichung der überwiesenen Summe hat.157 Aufgrund dieses 153

Köndgen, FS Esser, S. 63. So schon von Jhering, JherJB 2, S. 136 ff.; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 117; Kupisch, JZ 1997, S. 218. 155 Aus der Gutschrift ergibt sich wiederum beim periodischen Rechnungsabschluss ein abstraktes Schuldversprechen, vgl. nur Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67; ders., BB 1972, S. 774; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 292. 156 Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 307; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 292; ders., Symposium König, S. 45; Kötter, AcP 153 (1954), S. 218; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 14; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 178. 157 Rothoeft, AcP 163 (1964), S. 230. Vgl. auch Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 52); Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 306; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 19; Palandt/Sprau, Vor §§ 676a–676h Rdnr. 1; Kupisch, JZ 1997, S. 214; ders., Sonderbeilage WM 1979, S. 14; Schnauder, JZ 1987, S. 69; Beuthien, JZ 1968, S. 324. 154

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Anspruchs belastet die Bank das Konto des Anweisenden in Höhe der überwiesenen Summe. In der Praxis geschieht diese Belastung zeitgleich mit der Gutschrift beim Empfänger.158 Daran lässt sich erkennen, dass die überwiesene Summe letztlich aus dem Vermögen des Anweisenden stammt. Das Vermögen der Bank wird durch die Ausführung der Überweisung in Bezug auf den Empfänger hingegen nicht berührt.159 Auf die abgekürzte Lieferung übertragen bedeutet dies, dass die dem Empfänger übergebene Sache aus dem Vermögen des Anweisenden stammt, auch wenn dieser nie Eigentümer der Sache wurde. Das ist bei der abgekürzten Lieferung von Grundstücken unmittelbar einsichtig, muss aber auch für alle anderen Anweisungslagen im weiteren Sinne gelten. Von einem bloßen Vermögenseinsatz des Anweisenden gehen auch die Theorie des quasi-dinglichen Durchgangserwerbs und die Theorie von der Zuwendung der Verschaffungsmacht aus. Beide unterscheiden sich allein in der Frage, was der Anweisende vom Angewiesenen genau erlangt und folglich dem Empfänger zugewendet hat. Nach der Theorie des quasi-dinglichen Durchgangserwerbs ist das der Gegenstand selbst, ohne dass der Anweisende Eigentümer geworden ist. Nach der Theorie der Verschaffungsmacht hat der Anweisende lediglich die Verschaffungsmacht erlangt. Eine abschließende Entscheidung zwischen den Theorien kann zwar erst nach Betrachtungen zum Deckungsverhältnis erfolgen.160 Gleichwohl sprechen bereits an dieser Stelle einige Punkte gegen die Theorie von der Zuwendung der Verschaffungsmacht. Zum einen nähert sie sich dem Irrglauben umlenkender Tilgungsbestimmungen, wenn sie davon ausgeht, die Bank stelle dem Anweisenden ihre Zuwendung zur Verfügung und dieser könne darüber disponieren. Der Anweisende disponiert nicht über eine fremde Zuwendung, sondern über eigenes Vermögen. Zum anderen ist für die hier interessierende Erfüllung im Valutaverhältnis zu beachten, dass erst der Eintritt des geschuldeten Erfolges zum Erlöschen gemäß § 362 Abs. 1 BGB führt. Zudem muss der Erfolg auf einer Leistung des Schuldners beruhen, welcher den geschuldeten Gegenstand zuwendet. Geschuldet wird aber nicht der Wert des Gegenstandes,161 sondern der Gegenstand selbst. Richtigerweise wird wohl der Anweisende diesen Gegenstand dem Empfänger aus seinem Vermögen zur Verfügung stellen. Unabhängig von der Frage nach dem konkret verschafften Gegenstand ist jedoch beiden Ansichten vorzuwerfen, dass 158 Genau genommen findet die Belastung des Kontos des Anweisenden sogar vor der Gutschrift beim Empfänger statt. 159 Rothoeft, AcP 163 (1964), S. 230. Das Vermögen der Bank wird nur in Bezug auf den Anweisenden berührt, vgl. unten Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (2). 160 Vgl. sogleich unten Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (2). 161 So aber die Theorie der Verschaffungsmacht, vgl. soeben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (f).

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sie zwar erklären, was zugewendet wird, aber nicht exakt begründen, auf welchem Wege der Anweisende eigenes Vermögen einsetzt. Zwar betonen beide Ansichten die Bedeutung der Anweisung. Warum aber durch die Ausführung der Anweisung der Gegenstand aus dem Vermögen des Anweisenden in das Vermögen des Empfängers gelangt, bleibt ungeklärt. (h) Eigener Erklärungsansatz einer Zuwendung im Valutaverhältnis Wie kommt es also zur Erfüllung im Valutaverhältnis gemäß § 362 Abs. 1 BGB? Ein erster Hinweis findet sich in der Aussage, die Bank sei lediglich Leistungsmittlerin.162 Zwar fehlt es dem primär in der bereicherungsrechtlichen Literatur verwendeten Begriff des „Leistungsmittlers“ an hinreichend klaren Konturen.163 Diese kann er jedoch dadurch gewinnen, indem man den Begriff aus seiner Isolation im Bereicherungsrecht löst. Der Anweisende bedient sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit eines Dritten. Dies wird im Schuldrecht durch den Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) erfasst. Insbesondere die Stellung des § 278 BGB im allgemeinen Teil des Schuldrechts sowie der Zusammenhang zwischen Erfüllung und Leistungskondiktion gebieten es, die Figur des Erfüllungsgehilfen auch für das Bereicherungsrecht fruchtbar zu machen: Der Anweisende leistet im Valutaverhältnis mit Hilfe des Angewiesenen als Erfüllungsgehilfen gemäß §§ 362 Abs. 1, 278 BGB an den Empfänger.164 Um die Zuwendung mithin zu begründen, muss folglich die Frage beantwortet werden, was die Bank zur Erfüllungsgehilfin des Anweisenden macht. Diese Antwort lässt sich am besten in Abgrenzung zur Drittleistung im Sinne des § 267 BGB geben. Der Drittleistende setzt in Bezug auf den Empfänger freiwillig eigenes Vermögen ein.165 Der Erfüllungsgehilfe hingegen führt die tatsächliche Wertbewegung nur in Befolgung der Anweisung aus.166 Die Entscheidung, dem Empfänger einen Wert zu überbringen, hat nicht der Angewiesene, sondern der Anweisende getroffen. Damit man von einem Erfüllungsgehilfen in den Anweisungsfällen sprechen kann, muss also erstens eine Anweisung vorliegen und zweitens muss sich der Angewiesene dieser Anweisung unterworfen haben. Der Unterschied zur Drittleistung liegt also in der Unterwerfung unter die vorhandene Anweisung. Nur dann kann nämlich die angewiesene Bank auch die Summe beim Anweisenden abbuchen. Erst der Einsatz der 162 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV (S. 223); St. Lorenz, JuS 2003, S. 732; Henke, Leistung, S. 92. 163 Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehung, S. 79. 164 Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 48. 165 Vgl. unten Zweiter Teil § 16 III. 1. a). 166 Westermann, causa, S. 195.

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Bank als Erfüllungsgehilfin, beruhend auf der Anweisung und der Unterwerfung des Angewiesenen, rechtfertigt es, von einer Zuwendung des Anweisenden auszugehen. Dass die Anweisung für die Begründung der Zuwendung und damit der Leistung eine überragende Rolle spielt, wurde auch von Teilen der Literatur erkannt.167 So hat bereits von Caemmerer die Anweisung als Geschäftsgrundlage einer Leistung des Anweisenden an den Empfänger angesehen.168 Allerdings ist die Anweisung gerade kein Umstand, der nicht Vertragsinhalt wurde, von dessen Vorliegen aber dennoch beide Teile ausgegangen sind. Erstens ist die Anweisung selbst ein einseitiges Rechtsgeschäft und zweitens kommt ohne Anweisung auch kein Überweisungsvertrag zustande.169 Statt komplizierter Konstruktionen lässt sich der Vermögenseinsatz des Anweisenden mit der vorhandenen Anweisung und der Unterwerfung des Angewiesenen erklären.170 Dieser Ansatz kann nicht nur die Bankanweisung, sondern auch die Fälle der Durchlieferung erklären. Indem sich der Erstverkäufer der Anweisung des Erstkäufers unterwirft, wird er zum Erfüllungsgehilfen. Obwohl der anweisende Erstkäufer nie Eigentum erlangt, stammt der übereignete Gegenstand dennoch aus seinem Vermögen, was man im Übrigen auch daran erkennt, dass der Anweisende durch die Ausführung der Anweisung seinen Anspruch auf Übereignung durch Erfüllung verliert.171 Es liegt demnach eine Leistung des Anweisenden, bestehend aus seiner Zuwendung an den Empfänger und seiner Zuordnung vor. Das Valutaverhältnis erlischt gemäß §§ 362 Abs. 1, 278 BGB. Unrichtig ist demgegenüber die verbreitete Fehlvorstellung, der Angewiesene werde zum Erfüllungsgehilfen, weil er sich der Tilgungsbestimmung des Anweisenden unterwerfe.172 Sofern sich dahinter die Annahme versteckt, die Tilgungsbestimmung könne die Zuwendung umlenken, ist die unzutreffende Überbewertung der Zwecksetzung offensichtlich. Andere Au167

So von Thielmann, AcP 187 (1987), S. 41; Flume, AcP 199 (1999), S. 2. von Caemmerer, JZ 1962, S. 387. 169 Dazu sogleich unten Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (1). 170 Kupisch, JZ 1997, S. 214; ders., Sonderbeilage WM 1979, S. 10; Lorenz, JuS 1968, S. 447; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 114; vgl. auch dens., JuS 1973, S. 4: Grundlage der Vermögensverschiebung vom Anweisenden auf den Dritten ist die Vermögensdisposition des Anweisenden und die Ausführung der Disposition durch den Angewiesenen. 171 Wie dies genau geschieht, obwohl doch die Übereignung an ihn geschuldet wird, ist ein Problem der Erfüllung im Deckungsverhältnis und soll dort untersucht werden, vgl. unten Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb). 172 So aber Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 3 III 3 (S. 59 f.), § 10 I (S. 391); Pinger, AcP 179 (1979), S. 314; Stolte, JZ 1990, S. 222, 226; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 163; Wilhelm, JuS 1973, S. 4. 168

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toren kommen zu diesem Schluss, weil sie die Tilgungsbestimmung für einen Bestandteil der Anweisung halten.173 Auch dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. So äußert sich zwar die Unterwerfung auch darin, dass die Bank keine eigene Tilgungsbestimmung trifft. Sie trifft aber nur deshalb keine Tilgungsbestimmung, weil sie kein eigenes Vermögen in Bezug auf den Empfänger einsetzt und diesem nichts zuwendet.174 Allein der Anweisende setzt durch die Anweisung eigenes Vermögen ein und wird durch die Ausführung der Anweisung zum Zuwendenden. Erst die Zuwendung berechtigt zur Zuordnung. Muss aber rechtlich zwischen Zuwendung und Tilgungsbestimmung unterschieden werden, sind auch Anweisung und Tilgungsbestimmung streng zu trennen. Dies bestätigt im Übrigen das zu den Bestandteilen der Anweisung gefundene Ergebnis. Dort hatte sich gezeigt, dass die Anweisung auch ohne Angabe eines Verwendungszwecks ausgeführt werden kann.175 In diesem Fall müsste sich die Bank einer konkludenten Tilgungsbestimmung unterwerfen.176 Da sie eine solche Tilgungsbestimmung mangels Einblick in das Valutaverhältnis nicht einmal auslegen könnte,177 würde sie sich etwas völlig Unbekanntem unterwerfen. Wie aber lässt sich daraus eine Handlungspflicht herleiten? Schon deshalb ist die Unterwerfung unter die Zweckbestimmung unrichtig. Allein die Unterwerfung unter die Anweisung begründet die Zuwendung des Anweisenden. Ohne Anweisung liegen keine Zuwendung und damit keine Leistung des Überweisenden vor.178 (3) Zwischenergebnis Im Valutaverhältnis liegt nicht nur eine Tilgungsbestimmung, sondern auch eine Zuwendung des Anweisenden vor, erbracht mit Hilfe der Bank als Erfüllungsgehilfin.179 Voraussetzung für die Begründung der Eigenschaft als Erfüllungsgehilfe ist eine gültige Anweisung, der sich die angewiesene Bank unterwirft. Wenn diese, aus Zuwendung und Zuordnung des Anweisenden bestehende Leistung den geschuldeten Erfolg herbeiführt, tritt Erfüllung gemäß §§ 362 Abs. 1, 278 BGB ein. 173

Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (b). Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (1). 175 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 2. 176 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (1). 177 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (1). 178 Falsch deshalb Pfister, JR 1969, S. 48 f.; Westermann, causa, S. 195; Wieling, JuS 1978, S. 807: „Entscheidend ist nicht, ob eine Anweisung vorgelegen hat, sondern wer an wen geleistet hat.“ 179 Erst der Einsatz eigenen Vermögens rechtfertigt überhaupt die Zubilligung des einseitigen Zuordnungsrechts, vgl. oben Erster Teil § 3 I. 174

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bb) Erfüllung im Deckungsverhältnis Bei vorhandener Anweisung muss auch im Deckungsverhältnis zwischen Anweisenden und angewiesener Bank Erfüllung eintreten, wenn die Bank dem Empfänger die Summe gutschreibt. Dabei bedarf bereits die Frage nach dem erlöschenden Schuldverhältnis einiger Erörterung, bevor zum erfüllenden Vorgang selbst Stellung bezogen wird. (1) Zu erfüllendes Schuldverhältnis Regelmäßig unterhält der Anweisende bei der angewiesenen Bank ein Konto. Im Deckungsverhältnis verbindet die Bank und den Anweisenden daher ein Girovertrag.180 Wurde der Girovertrag früher als atypischer Verwahrungsvertrag gemäß §§ 607, 700 BGB angesehen,181 hat er durch das Überweisungsgesetz eine Normierung in den §§ 676f ff. BGB erfahren.182 Nichtsdestotrotz ist der Girovertrag nur ein Rahmenschuldverhältnis und bedarf der näheren Ausgestaltung durch Einzelweisungen. Von diesen einzelnen Anweisungen ist der Girovertrag als Rahmenvertrag – wenn auch in den Grenzen von § 168 S. 1 BGB183 – abstrakt.184 Dies lässt sich schon daran erkennen, dass es keinen Unterschied macht, ob die Anweisung zeitgleich mit dem Abschluss des Girovertrages erfolgt oder später.185 Durch die einzelne Anweisung kommt zusätzlich ein Überweisungsvertrag zwischen dem Anweisenden und der Bank zustande,186 welcher neben den Girovertrag tritt und in den §§ 676a ff. BGB eine eigene gesetzliche Regelung erfahren hat.187 Erst aus ihm entspringt das Schuldverhältnis im engeren Sinne, die zu erfüllende Forderung des Anweisenden gegen die angewiesene Bank,188 180

Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 14; Möschel, JuS 1972, S. 297. Vgl. nur Schnauder, JZ 1987, S. 69; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 280; Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 318. 182 Überweisungsgesetz vom 21.07.1999, BGBl. I, 1642. 183 Canaris, WM 1980, S. 357; Kupisch, WM 1979 Sonderbeilage 3, S. 8; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 52. 184 Stolte, JZ 1990, S. 226; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 124; Ulmer, AcP 126 (1926), S. 138. 185 Ulmer, AcP 126 (1926), S. 138; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 8. 186 Der Überweisungsauftrag ist der Antrag des Überweisenden, welcher von der Bank angenommen werden muss (Schulz, ZBB 1999, S. 290). Regelmäßig geschieht das durch die Ausführung der Anweisung. Hierbei dürften die §§ 151 BGB, § 362 Abs. 1 HGB eine entscheidende Rolle spielen, vgl. Bydlinski, WM 1999, S. 1048. Hingegen lehnte Möschel, JuS 1972, S. 298 einen Vertrag nach altem Recht ab. 187 Es handelt sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit Werkvertragscharakter, vgl. Palandt/Sprau, § 676a Rdnr. 9. 188 Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 14. 181

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nämlich die Pflicht der Bank zur fristgerechten Bewirkung der Überweisung an den angegebenen Empfänger.189 Bestandteil einer jeden Bankanweisung ist damit auch die Konkretisierung des Girovertrags und die Begründung der Forderung im Deckungsverhältnis.190 Ein weiteres Mal bestätigt sich der augenscheinliche Befund, dass die Anweisung auch Wirkungen im Deckungsverhältnis entfaltet.191 Bereits vor seiner expliziten Erwähnung im BGB sah man den Überweisungsvertrag als entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag an,192 welcher eine Forderung des Überweisenden gegen die Bank aus §§ 675, 665 BGB begründete.193 Im Gegensatz zur heutigen Regelung ging man aber davon aus, dass die zu erfüllende Forderung auf Rückzahlung des verwahrten Geldes ging.194 Daraus erklärt sich ganz zwanglos, warum das Konto des Anweisenden um den angewiesenen Betrag belastet wird: Diese Summe wird nicht mehr verwahrt, sondern wurde ausgezahlt. Bemerkenswert an der früheren Auffassung ist, dass die Forderung des Anweisenden nicht darauf ging, die Summe dem Empfänger auszuzahlen oder gutzuschreiben, sondern die Rückzahlungspflicht bestand dem Anweisenden gegenüber. Dies entspricht dem „normalen“ Anweisungsfall wie etwa der abgekürzten Lieferung, dessen Wesen gerade in der Gleichheit der geschuldeten Leistungen im Valuta- und im Deckungsverhältnis besteht.195 Gleichwohl wurde auch vor der Normierung der §§ 676a ff. BGB eine Erfüllung im Deckungsverhältnis durch die Auszahlung der Summe an den Empfänger angenommen.196 Um nicht nur die Banküberweisung, sondern alle Anweisungsfälle erklären zu können, erscheint es hilfreich, die Erfüllung des Überweisungsvertrags vor seiner Normierung ebenfalls zu untersuchen. Darauf wird später zurückzukommen sein.

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Palandt/Sprau, § 676a Rdnr. 15; AnwK-BGB/Hennrichs, § 676a Rdnr. 34. Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 33; Wieling, JuS 1978, S. 808. 191 Vgl. oben unter Zweiter Teil § 16 II. 2. 192 So auch nach neuem Recht, vgl. nur Schulz, ZBB 1999, S. 291. 193 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 IV (S. 443); Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 315; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 34; Meyer-Cording, FS Pleyer, S. 91; Möschel, JuS 1972, S. 297; Ulmer, AcP 126 (1926), S. 138; BGH ZIP 1991, 862 (863). 194 Schnauder, JZ 1987, S. 69; Möschel, JuS 1972, S. 298. Im Falle der Inanspruchnahme eines Dispositionskredites ging die Forderung auf Erhöhung des Schuldkontos, vgl. Schnauder, ebenda. 195 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 I. 196 Vgl. nur Möschel, JuS 1972, S. 298. 190

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(2) Erfüllung gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 BGB Zu erfüllendes Schuldverhältnis ist gemäß § 676a Abs. 1 S. 1 BGB197 der Anspruch des Anweisenden auf Gutschrift der überwiesenen Summe auf das Konto des Begünstigten. Dazu bedarf es neben des Erfolgseintritts198 einer Leistung der Bank an den Anweisenden,199 bestehend aus einer Zuwendung sowie einer Zuordnungsbestimmung. Die Zwecksetzung allein reicht für eine Leistung der Bank nicht aus.200 (a) Zuwendung nach neuer Rechtslage Gemäß § 676a BGB ist geschuldeter Erfolg die Gutschrift beim Empfänger. Bereits das Gesetz stellt klar, dass schon durch die Gutschrift das Gläubigerinteresse des Anweisenden befriedigt wird. Mithin ist in der Gutschrift auch eine Zuwendung an den Anweisenden enthalten. Die neue gesetzliche Regelung selbst begründet die Leistung der Bank an den Anweisenden durch Gutschrift beim dritten Empfänger. Eine Leistung der Bank an den Empfänger scheidet hingegen aus.201 (b) Zuwendung nach alter Rechtslage Vor Einführung des § 676a BGB war jedoch die Auszahlung des Geldes an den Anweisenden geschuldet.202 Da der Anweisende das Geld bei der Überweisung aber gerade nicht ausgezahlt bekommt,203 sondern lediglich eine Gutschrift beim begünstigten Empfänger erfolgt, hat sich die geschuldete Leistung vordergründig nicht verwirklicht. Eine Zuwendung der Bank an den Anweisenden zu begründen, fiel – im Gegensatz zur neuen Rechtslage – ungleich schwerer. Wie wird das Vermögen des Anweisenden gemehrt, wenn die Gutschrift beim Empfänger erfolgt? Man könnte sich auf den Standpunkt stellen, die Bank wende dem Anweisenden tatsächlich 197 Bei außerbetrieblichen Weisungen ist gemäß § 676a Abs. 1 S. 2 BGB das Bereitstellen des Betrages beim Kreditinstitut des Empfängers geschuldet, vgl. Schulz, ZBB 1999, S. 291. 198 Daraus ergibt sich, dass Erfüllung bei innerbetrieblichen Anweisungen erst eintritt, wenn dem Gläubiger das Geld gutgeschrieben wird, vgl. Schulz, ZBB 1999, S. 290. Anderer Ansicht Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 16. 199 Entgegen Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 14 kann daher vom Fehlen eines Leistungsverhältnisses zwischen Bank und Anweisenden keine Rede sein. 200 Pinger, AcP 179 (1979), S. 303. 201 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (g). 202 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (1). 203 Wolf, Drittleistung, S. 34; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 4.

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nichts zu, die geschuldete Summe oder der geschuldete Gegenstand werde nie ins Vermögen des Anweisenden übertragen.204 Dagegen spricht, dass es im Deckungsverhältnis gleichwohl zur Erfüllung kommt. Erfüllung zeichnet sich aber durch Verwirklichung des sachlichen Schuldinhaltes aus, was voraussetzt, dass dem Anweisenden die geschuldete Summe ausgezahlt worden ist.205 Die Zuwendung lässt sich jedenfalls nicht damit begründen, die Bank habe durch ihre Leistung „für Rechnung des Angewiesenen“ dem Anweisenden das Eigentum an dem Gegenstand für eine logische Sekunde verschafft. Eine solche Theorie des dinglichen Durchgangserwerbes ist abzulehnen.206 Die Forderung des Anweisenden auf Auszahlung der Summe wird vielmehr erfüllt, ohne dass er Eigentümer des Geldes wird. Der geschuldete Erfolg, die Übereignung der angewiesenen Summe, tritt nicht beim Gläubiger, sondern beim dritten Empfänger ein. Deshalb scheidet die Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB aus. Dennoch liegt nicht – wie mitunter angenommen wird – Erfüllung gemäß § 364 BGB vor,207 wird doch dem Gläubiger kein anderweitiger Gegenstand als Ersatzbefriedigung angeboten. Ihm wird auch vom Angewiesenen kein Leistungsversprechen erfüllungshalber zugewendet.208 Zur Erklärung der Erfüllung im Deckungsverhältnis lässt sich deshalb nicht mit der Zweckvereinbarungstheorie arbeiten.209 Die Einigung über den Zweck kann die Zuwendung ohnehin nicht erklären.210 Nicht die Zwecksetzung begründet die Zuwendung, sondern aus der vorliegenden Zuwendung folgt die Möglichkeit der Zuordnung. Dass die Bank das Vermögen des Anweisenden um die geschuldete Summe durch die Gutschrift beim Empfänger mehrt, ohne dass der Anweisende Eigentümer des Geldes geworden ist, davon gehen die Theorie des quasi-dinglichen Eigentumserwerbs und die Theorie von der Verschaffungsmacht aus.211 Beide unterscheiden sich nur hinsichtlich des verschafften Etwas.212 Dem Anweisenden wurde entweder der Gegenstand oder die Verschaffungsmacht zugewendet. Eine Entscheidung zwischen beiden Theorien – und damit die Begründung der Zuwendung der Bank an den Anwei204

Kupisch, FS Coing, S. 248; so auch MüKo/Lieb, (3. Auflage) § 812 Rdnr. 12. Bzw. der geschuldete Gegenstand zugewendet. 206 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (d). 207 So aber Pinger, AcP 179, S. 308. 208 Anderer Ansicht Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 154. 209 So aber Schnauder, AcP 187, S. 156. 210 So aber Pinger, AcP 179, S. 310. 211 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (e) und Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (f). 212 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2). 205

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senden – kann allein anhand des Gesetzes getroffen werden. Wie schon im Valutaverhältnis, kommt dabei auch im Deckungsverhältnis der Anweisung eine entscheidende Rolle zu.213 So begründet die Anweisung nicht allein die Forderung im Deckungsverhältnis auf Auszahlung des Geldes. Zugleich beinhaltet sie die Aufforderung des Anweisenden an die Bank, die angewiesene Summe dem Empfänger gutzuschreiben. Kommt die angewiesene Bank dieser Aufforderung nach, will sie mit der Gutschrift die Forderung aus dem Deckungsverhältnis erfüllen.214 Die Aufforderung führt lediglich dazu, dass der in seiner Gestalt unverändert geschuldete Erfolg bei einem Dritten eintritt. Im Recht der Erfüllung wird eine solche Aufforderung durch §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1, 183 BGB erfasst.215 Anhand dieser Normen ist folglich die Zuwendung der Bank an den Anweisenden zu begründen. Die Weisung nach §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1, 183 BGB ändert jedenfalls nicht den Schuldinhalt. Dazu wäre ein Schuldänderungsvertrag nötig. Folglich kann dem Anweisenden nicht lediglich die Verschaffungsmacht zugewendet worden sein, ist doch die Auszahlung des Geldes, nicht aber die Zuwendung von Verschaffungsmacht geschuldet. Der nach wie vor geschuldete Erfolg tritt lediglich bei einer anderen Person ein. Ist aber weiterhin die Übereignung des Gegenstands im Deckungsverhältnis geschuldet, tritt Erfüllung auch nur bei Erhalt des geschuldeten Gegenstandes durch den Gläubiger, also des Anweisenden, ein.216 Mithin ist der Theorie des quasidinglichen Rechtserwerbs zu folgen. Wie aber lässt sich der Erhalt des Geldes anhand der §§ 362 Abs. 2, 185 BGB begründen, wurde doch die Summe dem Anweisenden weder gutgeschrieben noch ausgezahlt?217 Ausgangspunkt kann allein die Erkenntnis sein, dass Erfüllung nur bei Befriedigung des Gläubigerinteresses eintritt.218 Erfüllung tritt aber nicht nur nach § 362 Abs. 1 BGB, sondern auch nach § 362 Abs. 2 BGB ein. Als Fall der Erfüllung muss sich § 362 Abs. 2 BGB daher ebenfalls durch Gläubigerbefriedigung auszeichnen.219 Die im Deckungsverhältnis geschuldete Summe muss demnach in das Vermögen des 213 Ihre Bedeutung für die Erfüllung im Deckungsverhältnis heben auch Pinger und Schnauder hervor, vgl. Pinger, AcP 179 (1979), S. 308, 311; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 156. 214 St. Lorenz, JuS 2003, S. 732. 215 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 389); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 88; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 37; Westermann, JuS 1968, S. 22; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 14. Ablehnend Schnauder, AcP 187 (1987), S. 156 ff.; ders., JZ 1987, S. 69 Fn. 15. 216 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 I (S. 411). 217 Bzw. hat der Anweisende in den anderen Anweisungsfällen kein Eigentum an dem geschuldeten Gegenstand erlangt. 218 Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 219 Ehmann, JZ 1968, S. 551.

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Anweisenden gelangt sein.220 Dies wäre der Fall, wenn der Empfänger durch die Anweisung des Gläubigers ermächtigt würde, die im Deckungsverhältnis geschuldete Leistung schuldbefreiend in Empfang zu nehmen.221 Dass die Anweisung nicht allein eine Aufforderung an die Bank, sondern zugleich eine Ermächtigung des Empfängers enthält, wurde schon im Gemeinen Recht erkannt222 und dominierte ferner den § 225 E1.223 Der Anweisung kommt also eine Doppelfunktion zu: Weisung an die Bank und Ermächtigung des Empfängers.224 Dabei ist die Ermächtigung des Empfängers die notwendige Kehrseite der Weisung an die Bank, an den Empfänger zu leisten.225 Die Ermächtigung kann gemäß §§ 185 Abs. 1, 183 BGB als Einwilligung226 oder aber nach §§ 185 Abs. 2, 184 BGB als Genehmigung erfolgen. Weist der Gläubiger den Schuldner an, einem Dritten den geschuldeten Gegenstand zu verschaffen und verhält sich der Schuldner anweisungsgetreu, muss Erfüllung eintreten. Anderenfalls läge nicht nur eine übermäßig lange Bindung des Schuldners an das Schuldverhältnis vor, sondern der Schuldner trüge ungerechtfertigterweise das Risiko, den bereits aus der Hand gegebenen Gegenstand erneut leisten zu müssen. Dafür müsste er diesen aber erst von dem Dritten zurückerlangen. Nur aufgrund der Anweisung hat er den Gegenstand aber an den Empfänger aus der Hand gegeben. Aufforderung und Ermächtigung sind insofern die zwei Seiten einer „Anweisungsmedaille“. Diese Ermächtigung – und damit die Doppelfunktion der Anweisung – wird leider nicht immer hinreichend erkannt.227 Erst durch die in der Anweisung enthaltene Ermächtigung erhält die Entgegennahme der geschuldeten Leistung durch den Empfänger als Nichtgläubiger erfüllende Wirkung. 220 Würde es hingegen an der Ermächtigung durch den Gläubiger fehlen, wäre sein Interesse durch Lieferung an den Empfänger nicht befriedigt. Daraus folgt, dass entgegen § 362 Abs. 1 BGB der Gläubiger bei der Erfüllung nach § 362 Abs. 2 BGB durch die notwendige Zustimmung beteiligt ist. Allerdings stimmt er nicht einer Zuordnung zu, denn der Gegenstand wird nicht abgeändert. Er stimmt lediglich zu, den Gegenstand nicht mehr in persona zu erhalten. Zustimmung und Gläubigerbefriedigung bedingen einander. 221 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 (S. 202); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 393); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 88; Wolf, Drittleistung, S. 49; St. Lorenz, JuS 2003, S. 730; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 34. 222 Vgl. die Nachweise bei von Kübel, Vorentwürfe Schuldrecht III, S. 587. 223 von Kübel, Vorentwürfe Schuldrecht III, S. 585; Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 333. 224 Grundlegend bereits Ulmer, AcP 126 (1926), S. 139, 143. 225 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 393); Stolte, JZ 1990, S. 226; St. Lorenz, JuS 2003, S. 730. 226 Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 111. 227 So lehnt Weitnauer die Erfüllung nach §§ 362 Abs. 2, 185 BGB ab, weil angeblich die Genehmigung des Anweisenden fehlt, vgl. Weitnauer, FS Caemmerer, S. 280 mit Fn. 80.

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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Dabei stellt die Ermächtigung keinesfalls eine Verfügung über die Forderung dar.228 Dass der Erfüllung kein verfügender Charakter zukommt, wurde schon bei der Auseinandersetzung mit der Vertragstheorie gezeigt.229 Allein die Abtretung ist eine Verfügung über eine Forderung, nicht aber die Ermächtigung.230 Welche Funktion kommt der Ermächtigung aber dann zu? Vergegenwärtigt man sich die Gläubigerbefriedigung bei der Erfüllung und überträgt diese Erkenntnis auf §§ 362 Abs. 2, 185 BGB, entspricht es der gesetzlichen Vorstellung, dass der geschuldete Gegenstand auch dann in das Vermögen des Anweisenden gelangt, wenn der angewiesene Schuldner den Gegenstand an den ermächtigten Dritten überträgt. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass der Anweisende durch die Anweisung seine Vermögenssphäre auf den Empfänger ausdehnt. Schon Müller-Laube hat erkannt, dass durch die Ermächtigung der Dritte eine Funktion im fremden Rechtskreis, also im Rechtskreis des anweisenden Gläubigers, übernimmt.231 Auch bei Reuter/Martinek findet man den Hinweis, dass der ermächtigte Dritte den Gläubiger „repräsentiert“.232 Windscheid drückte dies folgendermaßen aus: „Das Forderungsrecht wird getilgt, wenn der Gläubiger es (sic. die geschuldete Leistung) in der Person des Dritten erhalten hat.“ Am deutlichsten wird die Ausweitung der Vermögenssphäre jedoch durch diejenigen Autoren zum Ausdruck gebracht, welche betonen, dass der Dritte den Anweisenden beim Empfang der Leistung vertritt.233 Exemplarisch ist die Aussage von Wolf: „Die Ermächtigung ist nichts anderes als eine Erweiterung des rechtlichen Könnens mit Bezug auf einen bestimmten Rechtskreis des Vertretenen.“234 Die Stellvertretung zeichnet sich aber gerade durch ihre unmittelbaren Wirkungen im Verhältnis Stellvertreter zu Vertretenen aus.235 Auf die Ermächtigung übertragen bedeutet dies, dass durch die Gutschrift beim Empfänger unmittelbar das Vermögen des Anweisenden gemehrt wird.236 Ein solches Ergebnis lässt sich nur begründen, wenn der Anweisende der Bank gegenüber durch die Anweisung seine Vermögenssphäre auf den Empfänger ausdehnt.237 228 229 230 231 232 233

So auch Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 20. Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 20. Müller-Laube, Empfangszuständigkeit, S. 74 ff., 121. So Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 I (S. 411). Hellwig, Verträge auf Leistung an Dritte, S. 130; Flume, AcP 199 (1999),

S. 3. 234

Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 46 Rdnr. 62. Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 533; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 882; Schack, BGB-AT, Rdnr. 467; Köhler, BGB-AT, § 11 Rdnr. 4. 236 Müller-Laube, Empfangszuständigkeit, S. 78 ff. 237 Ebenso Müller-Laube, Empfangszuständigkeit, S. 74 ff., 118. 235

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Wird dem Empfänger die Summe ausgezahlt, erlangt der Anweisende schuldgemäß die Auszahlung.238 Die Zuwendung des Angewiesenen an den Anweisenden lässt sich abseits des Überweisungsvertrages für alle Anweisungsfälle anhand des Gesetzes gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1, 183 BGB begründen, ohne dass es Analogien, eines Durchgangserwerbes oder umlenkender Tilgungsbestimmungen bedarf.239 (c) Zuordnungsbestimmung Die Zuwendung der angewiesenen an den Anweisenden muss von einer Zuordnungsbestimmung begleitet werden. Wenn die Bank dem Empfänger anweisungsgemäß die Summe gutschreibt, belastet sie das Konto des Anweisenden mit eben jener Summe und deklariert diesen Vorgang auf den Kontoauszügen des Anweisenden. Diese Erläuterung der Lastschrift ist die Zuordnung der Bank auf die aus dem Überweisungsvertrag folgende Forderung. Die Bank erbringt ihre Zuordnungsbestimmung dem Anweisenden direkt gegenüber.240 Keinesfalls betrifft diese Zuordnung der Bank das Valutaverhältnis; um dieses kümmert sich die Bank mangels Einblick regelmäßig nicht.241 Handelt es sich nicht um eine Bankanweisung, sondern etwa um einen Fall der abgekürzten Lieferung, scheidet diese Möglichkeit des Zugangs der Zuordnungsbestimmung aus. In den seltensten Fällen dürfte dann eine explizite Tilgungsbestimmung des Angewiesenen gegenüber dem Anweisenden vorliegen. Selbst die Annahme einer konkludenten Zuordnungsbestim238

Unrichtig ist es deshalb, das Erlangte lediglich in der Befreiung von einer Verbindlichkeit oder einem Kondiktionsanspruch zu sehen. Anders aber der BGH (vgl. nur BGH NJW 1989, S. 2879 ff.) und Teile der Literatur: Larenz, Schuldrecht II, § 68 III b; Reeb, Grundprobleme, § 3 II (S. 25); Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 43 ff.; Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III 1 (S. 48); Hadding, Bereicherungsausgleich, S. 147 ff.; Eike Schmidt, JZ 1971, 607; Lorenz, JZ 1968, S. 53. Zu diesem Fragenkreis vgl. sogleich Zweiter Teil § 16 II. 3. b). 239 Dass dem Anweisenden durch die Auszahlung der geschuldeten Summe an den Empfänger eben jene Summe zugewendet wurde, erkennen im Übrigen nicht wenige Autoren bei ihrer Ablehnung der Kondiktion der Kondiktion in den Fällen des Doppelmangels (vgl. unten Zweiter Teil § 16 II. 3. b)). Nach überwiegender Ansicht soll sich der Anweisende dann so behandeln lassen, als hätte er den Gegenstand erlangt (vgl. nur Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II (S. 205); Pinger, AcP 179 (1979), S. 319; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 283). Richtigerweise muss er sich nicht nur so behandeln lassen, sondern hat er gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 BGB die geschuldete Summe tatsächlich erlangt. 240 Reuter/Martinek Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 389); Schnauder, JZ 1987, S. 69; Wolf, Drittleistung, S. 39; Gernhuber, Erfüllung, S. 112; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 140. 241 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (1).

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mung an den Anweisenden bereitet Schwierigkeiten. Ihm gegenüber fehlt das schlüssige Verhalten, welches den Schluss auf eine bestimmte Forderung zulässt. Der Angewiesene nimmt allein dem dritten Empfänger gegenüber Handlungen vor. Die Lösung folgt auch hier aus den §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1, 183 BGB. Wenn der Anweisende durch die Ermächtigung seine Vermögenssphäre erweitert, liegt darin regelmäßig auch die konkludente Ermächtigung des Empfängers zum Empfang der Tilgungsbestimmung. In der Anweisung ist die Erteilung der Vollmacht zum Empfang der Tilgungsbestimmung gemäß § 164 Abs. 3 BGB enthalten.242 Die Sphäre des Gläubigers wird durch die Ermächtigung also nicht allein bezüglich der Zuwendung, sondern auch bezüglich des Zugangs der Zuordnungsbestimmung auf den Dritten erweitert. (d) Widerspruch zum Wortlaut des § 362 Abs. 2 BGB Demgegenüber geht der Wortlaut des § 362 Abs. 2 BGB („Wird an einen Dritten … geleistet“) von einer Leistung des Angewiesenen an den Dritten aus. Die hier vertretene Lösung lässt sich daher mit dem Wortlaut nicht vereinbaren. Selbst dann nicht, wenn man mit einem früheren Verständnis Leistung im Sinne der Zuwendung versteht,243 denn auch die Zuwendung erfolgt ja vom Angewiesenen an den Anweisenden. Ginge man hingegen mit dem Wortlaut von einer Leistung an den Empfänger aus, entspricht die Richtung der Leistung nicht der Richtung der Rechtsfolgen.244 Aus diesem Grund sah Kupisch in § 362 Abs. 2 BGB einen gesetzlich geregelten Fall der Analogie.245 Über die schon geltend gemachten Einwände an Kupischs Theorie246 hinaus ist aber auch seine Deutung des § 362 Abs. 2 BGB unrichtig. Man orientierte sich nicht nur bei der Normierung des § 812 Abs. 1 BGB am Zweipersonenverhältnis, sondern auch bei der Formulierung des § 362 BGB. Dies ist bei § 362 Abs. 1 BGB evident. Auch bei § 362 Abs. 2 BGB ging man von einem Zweipersonenverhältnis aus, nur dass es in dieser Konstellation zwischen Schuldner und Drittem besteht. Im Verhältnis Schuldner zu Drittem wurde nämlich die tatsächliche Wertbewegung vorgenommen. Da aber in einem Zweipersonenverhältnis tatsächliche Wertbewegung und Zuwendung nie voneinander abweichen, ging man davon 242 Wolf, Drittleistung, S. 40; Weitnauer, Symposium König, S. 43; Schnauder, JZ 1987, S. 72. Da die Vollmacht nicht dem Empfänger, sondern dem Angewiesenen gegenüber erklärt wird, handelt es sich um eine Außenvollmacht. 243 Vgl. oben Erster Teil § 9 III. 1. c) bb) (1). 244 Harder, JuS 1979, S. 78. 245 Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 20; ders., Sonderbeilage WM 1979, S. 5 f. 246 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (c) sowie Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (2) (a).

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aus, dass der Schuldner damit auch das Vermögen des Dritten mehrt. Als Folge dieses abzulehnenden Leistungsverständnisses sah man deshalb in der tatsächlichen Wertbewegung eine Zuwendung und somit eine Leistung des Schuldners an den Dritten.247 Auch der Wortlaut des § 362 Abs. 2 BGB beruht letztlich auf der unrichtigen Gleichstellung der Zuwendung mit der tatsächlichen Wertbewegung.248 Dass entgegen des Wortlautes von § 362 Abs. 2 BGB gleichwohl seitens des Angewiesenen an den Anweisenden geleistet wird, verdeutlicht nunmehr § 676a Abs. 3 S. 1 BGB, wonach die Bank bei Insolvenz des Anweisenden die Ausführung der Anweisung verweigern kann. Dies erhellt, dass die Bank mit Vornahme der Gutschrift allein das Insolvenzrisiko des Anweisenden übernimmt.249 Die Übernahme des fremden Insolvenzrisikos erfolgt aber nur in der Leistungsbeziehung.250 Der abweichende Wortlaut des § 362 Abs. 2 BGB spricht somit nicht gegen das gefundene Ergebnis. (3) Zwischenergebnis Auch im Deckungsverhältnis liegt eine Leistung der Bank an den Anweisenden, bestehend aus einer gleichlaufenden Zuwendung und der sie begleitenden Zuordnungsbestimmung, vor. Wie im Valutaverhältnis tritt Erfüllung auch im Deckungsverhältnis gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 BGB erst ein, wenn der geschuldete Erfolg tatsächlich beim ermächtigten Empfänger eingetreten ist.251

247 Dass keine Leistung an den Dritten vorliegt, erkennt auch Müller-Laube, Empfangszuständigkeit, S. 98 Fn. 48. 248 Die Gleichstellung von § 267 BGB mit § 362 Abs. 2 BGB durch Kupisch ist ebenfalls abzulehnen. Nicht umsonst wurde § 362 Abs. 2 BGB hinter § 362 Abs. 1 BGB normiert, obwohl es sich doch angeboten hätte, die Erfüllung durch und an Dritte systematisch zusammen zu behandeln. Nur in § 267 BGB treten aber die Rechtsfolgen der Leistung tatsächlich nicht im Leistungsverhältnis ein, bei § 362 Abs. 2 BGB hingegen schon. Dass § 362 Abs. 2 BGB und § 362 Abs. 1 BGB in einem Paragraphen kodifiziert wurden, verdeutlicht, dass in beiden Fällen der Schuldner das Gläubigerinteresse befriedigt. Die § 267 BGB und § 362 Abs. 2 BGB sind nicht vergleichbar (anders Welker, Zweckverfehlung, S. 70). § 267 BGB kann im Übrigen schon deshalb kein Fall einer gesetzlichen Analogie sein, weil eine bestimmte Person des Leistenden überhaupt nicht Voraussetzung der Erfüllung ist, vgl. Erster Teil § 1 IV. 1. e). 249 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (c). 250 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 3. 251 Also erst, wenn die Gutschrift tatsächlich beim Empfänger aufläuft, vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa).

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cc) Bestandteile der Bankanweisung Als Bestandteile und Funktionen einer rechtsgültigen Bankanweisung können damit festgehalten werden:252 1. Durch die Anweisung wird eine Forderung im Deckungsverhältnis gemäß § 676a Abs. 1 BGB auf Gutschrift beim Empfänger geschaffen. 2. Die Anweisung begründet im Valutaverhältnis den Vermögenseinsatz des Anweisenden gemäß §§ 362 Abs. 1, 278 BGB, weil der Angewiesene, sofern er sich der Anweisung unterwirft, zum Erfüllungsgehilfen des Anweisenden wird. 3. Gleichzeitig beinhaltet die Anweisung die Ermächtigung des Empfängers zur Entgegennahme der Zuwendung. Dadurch erweitert der Anweisende seine Vermögenssphäre auf den Empfänger und im Deckungsverhältnis tritt Erfüllung gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 BGB ein. 4. Die der Anweisung innewohnende Ermächtigung des Empfängers beinhaltet zudem die Einräumung einer Vollmacht gemäß § 164 Abs. 3 BGB zum Empfang der Zuordnungsbestimmung des Angewiesenen. b) Rückabwicklung bei fehlerhaften Kausalverhältnissen Kommt es im jeweiligen Kausalverhältnis nicht zum Eintritt der Erfüllung, können die festgestellten Leistungen gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB vom jeweils Leistenden zurückverlangt werden. Der Grund liegt aber nicht darin, dass grundsätzlich im Leistungsverhältnis rückabgewickelt wird,253 sondern weil durch die Vornahme der Leistung jeweils fremde Insolvenzrisiken übernommen werden.254 Da nun jeder Beteiligte der Rückabwicklung das Einwendungs- und Insolvenzrisiko seines Schuldverhältnisses tragen soll,255 ist die Leistung somit ein entscheidender Umstand für die Bestimmung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses:256 Bei der vorhandenen Anweisung hat der Anweisende mit seiner Leistung an den Empfänger freiwillig dessen Insolvenzrisiko257 und die angewiesene Bank mit ihrer Leistung an den Anweisenden freiwillig das Insolvenzrisiko des An252 Vgl. auch St. Lorenz, JuS 2003, S. 730; Wolf, Drittleistung, S. 41, wobei Letztere jedoch die Tilgungsbestimmung nicht von der Anweisung unterscheidet. 253 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 4. 254 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 3. 255 Canaris, BB 1972, S. 775; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 396). 256 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 3. 257 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 4. sowie Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (g).

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weisenden übernommen.258 Die Rückabwicklung findet damit jeweils im fehlerhaften Kausalverhältnis, mithin bei fehlerhaftem Valutaverhältnis allein zwischen dem Empfänger und dem Anweisenden, bei fehlerhaftem Deckungsverhältnis zwischen Anweisenden und der angewiesenen Bank, statt. Dadurch werden zudem bestehende Einwendungen der Vertragsparteien aufrechterhalten. Da die Forderungen mit den Kausalverhältnissen gleich laufen, wird bei der vorhandenen Anweisung faktisch in den Leistungsverhältnissen zurückabgewickelt. Nur weil aber die Kausalverhältnisse mit den Leistungsverhältnissen übereinstimmen, kann man zu diesem Ergebnis kommen.259 Die Kondiktion in den Kausalverhältnissen stellt zudem die Übereinstimmung der abgekürzten Lieferung mit der Lieferkette her und führt dazu, dass die abgekürzte Lieferung auch bei der Rückabwicklung wie eine abwicklungstechnische Modalität behandelt wird.260 Aus den Erkenntnissen zu den Leistungen bei vorhandener Anweisung lassen sich noch weitergehende Aussagen treffen. Wie gesehen, wurde sowohl im Deckungsverhältnis als auch im Valutaverhältnis der geschuldete Gegenstand261 geleistet,262 nicht lediglich dessen Wert.263 Die Ansicht, der Anweisende habe von der Bank – abhängig vom Valutaverhältnis – entwe258

von Caemmerer, JZ 1962, S. 389; Wilhelm, JuS 1973, S. 3; vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (2) (b). 259 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 2. c) bb). 260 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 I (S. 409). 261 Bzw. die geschuldeten Dienste oder anderweitigen Gebrauchsvorteile, vgl. Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 3 III 3 (S. 60); Koppensteiner/ Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 13 I (S. 116 ff.); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 131; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 43; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 55, 65; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 21, 128; Wolf, Drittleistung, S. 50; Bayer, JuS 1990, S. 885; Berg, JuS 1964, S. 138; Canaris, FS Larenz, S. 819; ders., JZ 1971, S. 561; Harder, JuS 1979, S. 79; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 61; Kellmann, JR 1988, S. 98; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 23, 25; ders., FS Coing, S. 241; ders., JZ 1997, S. 219; St. Lorenz, NJW 1996, S. 884; ders., JuS 2003, S. 732; Pinger, AcP 179 (1979), 309 f.; Rengier, AcP 177 (1977), S. 444; Stolte, JZ 1990, S. 223; Schreiber, Jura 1986, S. 543; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehung, S. 97; von Caemmerer, JZ 1962, S. 386;Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 281, 283; Westermann, JuS 1968, S. 21; Wilhelm, JuS 1973, S. 3; Flume, AcP 199 (1999), S. 4, 16. Auch König wollte das in seinen Vorschlägen – zumindest für das Deckungsverhältnis – festschreiben lassen, vgl. König, Gutachten, S. 1585. 262 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (g) sowie Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (2) (b). Im Ergebnis ebenso Canaris, FS Larenz, S. 812; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 31; Schlechtriem, JZ 1993, S. 27; Wilhelm, JuS 1973, S. 3; von Caemmerer, JZ 1962, S. 386; Westermann, JuS 1968, S. 24; Pinger, AcP 179 (1979), S. 309. 263 So aber Köndgen, FS Esser, S. 64, vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (f).

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der die Befreiung von einer Verbindlichkeit oder einen Kondiktionsanspruch erlangt,264 ist deshalb nicht zutreffend. Das folgt bereits aus der Orientierung des Leistungsverhältnisses an der Erfüllung,265 wonach nur die Leistung des geschuldeten Gegenstandes zur Erfüllung führt.266 Allein dieser ist gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB herauszugeben.267 Erst wenn sich der Gegenstand nicht mehr im Vermögen des Gläubigers befindet oder nicht in natura herausgegeben werden kann, ist Wertersatz gemäß § 818 Abs. 2 BGB zu leisten.268 Hat sich die Bank nun über das Vorhandensein ausreichender Deckung auf dem Konto des Anweisenden geirrt oder übersehen, dass dessen Konto gepfändet war,269 muss sie sich im Rahmen ihrer Leistungsbeziehung gleichwohl an den Anweisenden halten, hat sie doch durch ihre Leistung an den Anweisenden frewillig dessen Insolvenzrisiko übernommen. Eine Leistungskondiktion der Bank gegen den Empfänger scheidet hingegen aus.270 Eine Nichtleistungskondiktion scheitert nicht an angeblicher Subsidiarität,271 sondern daran, dass die Bank die Gutschrift willentlich vorgenommen hat. Das entspricht im Zuge der sachenrechtlichen Parallelwertung272 einer freiwilligen Besitzaufgabe, weshalb der Empfänger gemäß § 932 BGB Eigentümer des Geldes hätte werden können.273 Folglich kann auch der Rechtsfortwirkeanspruch in Gestalt der Nichtleistungskondiktion nicht zur Anwendung kommen.274 264 So aber Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 I 2 (S. 26); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II 2 (S. 206); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 55); Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 10 Rdnr. 7; AK-BGB/Joerges, § 812 Rdnr. 18; Lorenz, JZ 1968, S. 53; Reeb, JuS 1972, S. 585; Flume, NJW 1984, S. 466; Schlechtriem, JZ 1993, S. 27; BGHZ 5, 281 (284); BGHZ 36, 30 (32); BGH WM 1989, 1364 (1367); BGH WM 1990, 799 (802). 265 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III.1. 266 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (2) (a). Buchgeld steht Bargeld insoweit gleich, vgl. Canaris, BB 1972, S. 774. 267 Sofern Buchgeld geleistet wurde, stellt § 812 Abs. 2 BGB nur klar, dass auch das abstrakte Schuldversprechen kondizierbar ist, vgl. Canaris, BB 1972, S. 775. 268 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 55; Flume, AcP 199 (1999), S. 4; Berg, JuS 1964, S. 139; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 8; St. Lorenz, NJW 1996, S. 884; ders., JuS 2003, S. 733. 269 Vgl. von Caemmerer, JZ 1962, S. 387, 389; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 55. 270 Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 17. 271 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 IV. 2. 272 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 IV. 3. 273 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III (S. 140). 274 Deshalb ist es entgegen gelegentlicher Stimmen in der Literatur (vgl. nur Canaris, BB 1972, S. 774; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 17) auch unnötig, dieses Ergebnis mit komplizierten Erwägungen des Verkehrsschutzes (abstrakter

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Selbst wenn Deckungsverhältnis und Valutaverhältnis fehlerhaft sind (Doppelmangel), ändert sich an der Rückabwicklung innerhalb der nichtigen Kausalbeziehungen nichts.275 Solange eine gültige Anweisung vorliegt und sich die Bank dieser unterordnet, übernehmen sowohl Anweisender als auch Bank durch ihre Zuwendungen jeweils das Insolvenzrisiko ihrer vermeintlichen Vertragspartner. Diese Risikoübernahme rechtfertigt die „Rückabwicklung übers Dreieck“276 und die Ablehnung des Durchgriffs.277 Letzterer entspräche zugleich der durch den Gesetzgeber abgelehnten Versionsklage.278 Auch in den Fällen des Doppelmangels wird jeweils der geschuldete Gegenstand und nicht etwa ein Kondiktionsanspruch im Deckungsverhältnis279 geleistet.280 Schließlich scheidet eine Berufung des Anweisenden auf den Wegfall der Bereicherung gegenüber der Bank für den Charakter der Gutschrift: der Überweisungsvertrag ist unabhängig von Mängeln des Girovertrages) zu begründen. 275 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II (S. 204); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 50); Canaris, BB 1972, S. 776; Wolf, Drittleistung, S. 55; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehung, S. 84; Lieb, NJW 1982, S. 2036; Kupisch, JZ 1997, S. 215; Beuthien, JZ 1968, S. 325. 276 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 2 III (S. 33); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 VI (S. 247); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 II (S. 27); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 672; Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 18 Rdnr. 8; Wieling, Bereicherungsrecht, § 6 III (S. 90 ff.); Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 54; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 47; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 25; Loewenheim/Winckler, JuS 1982, S. 911; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehung, S. 136; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 283; Westermann, JuS 1968, S. 17; Pinger, AcP 179 (1979), S. 318 ff.; St. Lorenz, JuS 2003, S. 731; Kümpel, WM 2001, S. 2276; Köndgen, FS Esser, S. 72; von Caemmerer, JZ 1962, S. 388; Rengier, AcP 177 (1977), S. 443; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 41; Schlechtriem, JZ 1993, S. 27. 277 Den Durchgriff bejahend Mühl, NJW 1968, S. 1869; für den berechtigenden Vertrag zugunsten Dritter auch Hadding, Bereicherungsausgleich, S. 144 ff.; BGHZ 36, 30 (32). Anders noch Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 65, welcher den Durchgriff zulassen will, wenn weder eine Beeinträchtigung des Empfängers noch des Anweisenden in Betracht kommt. 278 Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 115; Mühl, NJW 1968, S. 1869. 279 So noch Berg, AcP 160 (1961), S. 512; Lorenz, JZ 1968, S. 53; Reeb, JuS 1972, S. 585; Eike Schmidt, JZ 1971, S. 607; von Caemmerer, FS Rabel, S. 334; Kamionka, JuS 1992, S. 929; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 43; BGHZ 36, 30 (32). Mit Ausnahmen auch heute noch vertreten von Gursky, Schuldrecht BT, S. 199; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 38. 280 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II (S. 205); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 130 f.; AK-BGB/Joerges, § 812 Rdnr. 33; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 48; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 55; Pinger, AcP 179 (1979), S. 319; Rengier, AcP 177 (1977), S. 444; Westermann, JuS 1968, S. 21; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 122; ders., JuS 1973, S. 3; ähnlich auch Köndgen, FS Esser, 1975, S. 74 sowie Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 16, welche den wirtschaftlichen Wert des dem Empfänger zugewandten Gegenstandes als erlangt ansehen.

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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Fall aus, dass er seinen Bereicherungsanspruch gegen den Empfänger nicht realisieren kann, denn der Anweisende hat mit seiner Leistung genau dieses Insolvenzrisiko des Empfängers übernommen.281 4. Exkurs zur angenommenen Anweisung Sind sowohl Anweisender als auch Empfänger Kunden der angewiesenen Bank,282 hat der Empfänger gemäß § 676g Abs. 1 S. 1 BGB aus seinem Girovertrag einen eigenen Anspruch auf Gutschrift der angewiesenen Summe.283 Neben der Forderung des Anweisenden auf Gutschrift der Summe beim Empfänger aus § 676a Abs. 1 S. 1 BGB existiert beim Hausgiro also zusätzlich eine Forderung des Empfängers auf Gutschrift der angewiesenen Summe.284 Diese Konstellation der Giroüberweisung entspricht der angenommenen Anweisung,285 bei welcher der Empfänger gemäß § 784 Abs. 1 BGB einen eigenen Anspruch auf die Leistung an ihn hat.286 Durch Abschluss des Überweisungsvertrages erwachsen somit zwei inhaltsgleiche Forderungen. Dies führt nicht allein zu Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses,287 sondern wirft zugleich die Frage auf, ob durch die Vornahme der Gutschrift zwei Leistungsverhältnisse für die Bank entstehen.

281 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 673; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 49; Canaris, FS Larenz, S. 813, 819; Pinger, AcP 179 (1979), S. 320; Rengier, AcP 177 (1977), S. 444; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 122; Wolf, Drittleistung, S. 53. 282 Sog. innerbetriebliche Überweisung oder auch Hausgiro, vgl. nur Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 309; Möschel, JuS 1972, S. 297. 283 Vor der Schuldrechtsreform wurde der Anspruch des Empfängers auf Gutschrift aus den §§ 675, 667 BGB hergeleitet, vgl. nur Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV (S. 225); Müko-HGB/Canaris, § 357 Rdnr. 221; ders., Bankvertragsrecht, Rdnr. 399; ders., BB 1972, S. 775; Hassold, Leistung im Dreipersonverhältnis, S. 179. 284 Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 399; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV 4 (S. 235). 285 Anderer Ansicht ist Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 241, welcher einen echten Vertrag zugunsten Dritter annimmt (dagegen Lorenz, AcP 168 (1968), S. 289 Fn. 10). Da jedoch auch beim echten Vertrag zugunsten Dritter zwei Forderungen gegen die Bank entstehen, ändert sich an der Ausgangssituation nichts. 286 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 III (S. 30); Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 57; Canaris, Festschrift Larenz, S. 805; ders., BB 1972, S. 774; Weitnauer, Symposium König, S. 45; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 21 ff. 287 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 1. b).

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a) Lösung der herrschenden Lehre Die überwiegende Ansicht in der Literatur geht bei Existenz einer zweiten, inhaltsgleichen Forderung davon aus, dass die Bank auch diese Forderung erfüllen will und an den Empfänger leiste.288 Zugleich liege eine Leistung der Bank an den Anweisenden vor, sofern sich die Bank der Anweisung unterordne.289 Im Ergebnis erbringe die Bank daher zwei Leistungen solvendi causa: dem Anweisenden und dem Empfänger gegenüber.290 Bei der angenommenen Anweisung lägen daher nach herrschender Meinung insgesamt drei Leistungen vor: eine „direkte“ Leistung der Bank an den Empfänger und zwei „indirekte“ Leistungen der Bank an den Anweisenden und des Anweisenden an den Empfänger.291 Im Ergebnis werde in drei Richtungen simultan geleistet.292 Eine Bestimmung der Kondiktionspartner anhand des Leistungsbegriffs muss daher zwangsläufig versagen.293 b) Kritik der herrschenden Lehre Gegen die Annahme dreier Leistungen spricht, dass nur eine Gutschrift auf das Empfängerkonto aufgelaufen ist. Das Empfängervermögen wurde nur einmal in Höhe der angewiesenen Summe gemehrt. Folglich können dem Empfänger gegenüber nicht zwei Leistungen erbracht worden sein, setzt doch jede Leistung eine eigene Zuwendung und damit Wertverschaffung voraus.294 Es gibt nur so viele Zuwendungen und Leistungen, wie Ver288 Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 18 Rdnr. 7; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV (S. 234); Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 56; Canaris, BB 1972, S. 775; St. Lorenz, JuS 2003, S. 840; Kötter, AcP 153 (1954), S. 221 ff.; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 22. 289 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb). 290 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV (S. 225); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 56); Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 18 Rdnr. 7; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 III (S. 30); Gursky, Schuldrecht BT, S. 200; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 38, 56; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 52; Canaris, FS Larenz, S. 807; ders., BB 1972, S. 775; ders., WM 1980, S. 367; Hassold, Leistung im Dreipersonverhältnis, S. 180; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 22; Pinger, AcP 179 (1979), S. 320; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 285 f.; St. Lorenz, JuS 2003, S. 840. 291 So explizit Schnauder, AcP 187 (1987), S. 169; Lorenz, JuS 1968, S. 443. Für den echten Vertrag zugunsten Dritter ebenso St. Lorenz, JuS 2003, S. 840. 292 Grunewald, Bürgerliches Recht, § 31 Rdnr. 15; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 56; ders., JuS 1968, S. 444; ders., AcP 168 (1968), S. 291; ders., JZ 1971, S. 429; Hadding, Bereicherungsausgleich, S. 129, 135; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 47; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 22; St. Lorenz, JuS 2003, S. 840. 293 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 1. b).

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mögenswerte verschafft werden.295 Deshalb können nicht die Bank und der Anweisende zugleich die Gutschrift zugewendet haben.296 Die Gutschrift stammt entweder aus dem Vermögen des Anweisenden oder aus dem Vermögen der Bank. Fraglich ist also, wer von beiden letztlich an den Empfänger leistet. Determiniert auch die Antwort auf diese Frage nicht per se das Rückabwicklungsschuldverhältnis,297 spielt doch das Leistungsverhältnis durch die Übernahme des Insolvenzrisikos bei der Bestimmung der Kondiktionspartner eine entscheidende Rolle. c) Eigene Stellungnahme Durch die Annahme der Anweisung entstehen zwei Forderungen gegen die Bank. Wenn die Bank nun die Gutschrift zum Zwecke der Erfüllung vornimmt, muss sie ihre Zuwendung auf eine dieser beiden Forderungen zuordnen. Eine Zuordnung auf mehrere Schuldverhältnisse ist unzulässig.298 Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bank in den Fällen der „einfachen“ Anweisung – sofern sie sich dieser unterordnet – allein das Vermögen des Anweisenden mehrt, wohingegen die Gutschrift beim Empfänger aus dem Vermögen des Anweisenden stammt.299 Auch bei angenommener Anweisung unterwirft sich aber die Bank der Anweisung, weshalb es wiederum an einer Zuwendung der Bank an den Empfänger fehlt. Abermals ordnet die Bank ihre Zuwendung auf das Deckungsverhältnis zum Anweisenden zu.300 Bereits deshalb fehlt es an einer Leistung der Bank an den Empfänger. Mangels Leistung an den Empfänger hat die Bank aber auch das Insolvenzrisiko des Empfängers nicht übernommen, weshalb eine Rückabwicklung zwischen Bank und Empfänger ausscheidet. Dieses durch Wertungsgesichtspunkte gefundene Ergebnis lässt sich auch konstruktiv begründen. Bestandteil jeder Erfüllung ist die Zuordnung der Zuwendung auf ein Schuldverhältnis im engeren Sinne.301 Dabei hat sich erwiesen, dass dieses Schuldverhältnis im engeren Sinn nicht forderungsbewehrt sein muss.302 Der Blick auf die gesetzlich geregelten Naturalobligationen zeigt vielmehr, dass eine Trennung von Forderung und Schuldverhält294 So auch Schnauder, AcP 187 (1987), S. 171, vgl. schon oben Zweiter Teil § 15 III. 3. 295 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 3. 296 Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 10. 297 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 4. 298 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 3. 299 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2). 300 Canaris, BB 1972, S. 775. Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (2) (c). 301 Vgl. oben Erster Teil § 6. 302 Vgl. oben Erster Teil § 12.

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nis im engeren Sinne dem BGB nicht fremd ist.303 Diese Unterscheidung führt auch in den Fällen der angenommenen Anweisung zu einer sachgerechten Lösung: Die Forderung bzw. der Anspruch304 ist nur das Durchsetzungsmittel zur Erreichung des im Schuldverhältnis im engeren Sinn angestrebten Zustandes.305 Wenn das Schuldverhältnis i. e. S. gemäß § 362 BGB durch Erfüllung erlischt, bedarf es auch keines Durchsetzungselementes mehr, die Forderung erlischt.306 Das Schuldverhältnis im engeren Sinn besteht dagegen als Behaltensgrund weiter.307 Dieses Durchsetzungselement fehlt nun den angesprochenen „unvollkommenen“ Verbindlichkeiten.308 Gibt es aber Schuldverhältnisse im engeren Sinn ohne ein Durchsetzungselement, besteht auch die Möglichkeit, dass mit einem Schuldverhältnis im engeren Sinn zwei Durchsetzungselemente – also Ansprüche bzw. Forderungen – verbunden sind, wobei eine der Forderung nicht zwischen den Beteiligten des Schuldverhältnisses im engeren Sinn besteht. Sowohl beim Hausgiro als auch bei der angenommenen Anweisung besteht das doppelt forderungsbewehrte Schuldverhältnis im engeren Sinn als späterer Behaltensgrund zwischen der angewiesenen Bank und dem Anweisenden, nicht aber zwischen Anweisenden und Empfänger.309 Die Anweisung spielt nämlich allein für die Begründung des Schuldverhältnisses zwischen Bank und Anweisenden eine Rolle. Auf dieses zwischen ihr und dem Anweisenden bestehende Schuldverhältnis im engeren Sinn ordnet die Bank ihre Zuwendung zu.310 Zwischen Bank und begünstigtem Empfänger besteht hingegen kein Schuld303 Wobei unter Forderung alle schuldrechtlichen Ansprüche zu verstehen sind, vgl. nur Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 15 Rdnr. 67; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 6. 304 Vgl. § 194 Abs. 1 BGB. 305 In diesem Sinne Krawielicki, Grundlagen, S. 160; Wambach, Rückabwicklung gesetz- oder sittenwidriger Verträge, S. 25; Welker, Zweckverfehlung, S. 43 ff. Vgl. auch Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 133: „Der Begriff ‚Anspruch‘ beinhaltet dabei nicht nur die materielle Berechtigung des Gläubigers (das Schuldverhältnis), sondern vor allem auch die Möglichkeit klageweiser Geltendmachung und Durchsetzung; das Wort Erfüllungs‚anspruch‘ kennzeichnet deshalb besonders deutlich den Charakter als Rechtsbehelf zur Durchsetzung des Gläubigerrechts (Durchsetzungsmittel).“ Hervorhebung nur hier. 306 Insofern ist die Forderung akzessorisch, setzt sie doch immer ein durchzusetzendes Schuldverhältnis im engeren Sinne voraus. 307 Vgl. schon oben Erster Teil § 1 II. 3. 308 Dernburg, Das bürgerliche Recht des Deutschen Reiches und Preußens II/1, § 117 (S. 279); Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 14. 309 Beim Vertrag zugunsten Dritter hat dieser Ansatz zudem den Vorteil, dass man zusätzlich danach differenzieren könnte, wem die Güterzuweisung dient (Versorgungsverträge oder lediglich abgekürzte Lieferung). So ließen sich die unterschiedlichen Leistungsbeziehungen konstruieren. 310 Im Ergebnis ebenso Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 56); Reuter/ Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 12 V (S. 486).

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verhältnis im engeren Sinn. Dem Begünstigten wurde durch das Gesetz lediglich eine schlichte Forderung als zusätzliches Durchsetzungsmittel im Hinblick auf das zwischen Bank und Anweisenden bestehende Schuldverhältnis i. e. S. eingeräumt.311 Diese Forderung ist von dem zwischen Anweisendem und Bank bestehenden Schuldverhältnis im engeren Sinn allerdings insofern abhängig, als sie zusammen mit diesem erlischt.312 Diese Trennung zwischen Schuldverhältnis im engeren Sinn und Forderung bzw. Anspruch hat im Ergebnis schon Pinger erkannt. Er weist darauf hin, dass zwar durch die Annahme der Anweisung zwei Forderungen gegen die Bank entstehen. Der Zweck jeder Erfüllung liegt aber in der Verwirklichung der im Kausalverhältnis begründeten Güterzuordnung.313 Bei der angenommenen Anweisung wird nun keine zusätzliche kausale Güterzuordnung geschaffen, sondern nur eine – vom Deckungsverhältnis abhängige (sic!) – Durchsetzungsmöglichkeit.314 Auch Pinger trennt damit zwischen Forderung und Anspruch. Allerdings versteht er – entgegen der hier verwandten Terminologie – unter Forderung die Güterzuweisung (als Schuldverhältnis im engeren Sinn) und unter Anspruch das Durchsetzungsmittel.315 Richtigerweise ist die Forderung nur ein spezieller, nämlich schuldrechtlicher Anspruch.316 Aus der vorangegangenen Betrachtung der Erfüllung von Naturalobligationen folgt vielmehr die Unterscheidung in Anspruch bzw. Forderung einerseits und Schuldverhältnis im engeren Sinn anderseits. Gegen diese Unterscheidung von Schuldverhältnis im engeren Sinn und Anspruch wendet Canaris ein, sie führe dazu, dass sich die Autoren sprachlich bald nicht mehr verstehen,317 und lehnt sie als Begriffsjurisprudenz 311

Demgegenüber sieht Lorenz, JuS 1968, S. 444, die Forderung des Anweisenden als den Hilfsanspruch und den Anspruch des Empfängers als die primäre Leistungsbeziehung an, vgl. auch Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 38. Ihm folgend Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 III (S. 30); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 12 V (S. 486). 312 Durch diese Konstruktion wird auch der abstrakte Charakter der Annahme nicht zerstört. Nach § 784 Abs. 1 BGB kann die Bank der Forderung des Begünstigten nach Annahme nämlich auch solche Einwendungen entgegenhalten, die sich aus dem Inhalt der Anweisung ergeben. Fehlt es an einer gültigen Anweisung, scheitert nicht nur die Annahme, sondern es fehlt auch am Schuldverhältnis, weshalb letztlich keine Forderung beim Begünstigten entsteht. 313 Pinger, AcP 179 (1979), S. 320. Damit umschreibt er die Notwendigkeit der Gläubigerbefriedigung im Rahmen der Erfüllung. 314 Pinger, AcP 179 (1979), S. 321; ihm folgend Stolte, JZ 1990, S. 224. So ähnlich schon Lorenz, AcP 168 (1968), S. 290. 315 Pinger, AcP 179 (1979), S. 321; zustimmend Welker, Zweckverfehlung, S. 43; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 12 V (S. 486). 316 Vgl. nur Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 1 (S. 1); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 6. 317 Canaris, WM 1980, S. 367.

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ab.318 Letztlich geht aber auch Canaris von einer bereicherungsrechtlich dominanten Leistung der Bank an den Überweisenden aus. Er begründet dies damit, dass die Bank nur das Insolvenzrisiko des Anweisenden übernommen habe.319 Diese zutreffende Aussage impliziert aber bereits, dass allein eine Leistung zwischen Bank und Anweisenden vorliegt. Gegen Canaris Einwand spricht schließlich, dass es an einem schutzwürdigen einheitlichen Wortverständnis fehlt, werden doch die Begriffe Forderung, Anspruch und Schuldverhältnis im engeren Sinn vom Bürgerlichen Gesetzbuch selbst uneinheitlich verwandt.320 Das gleiche gilt für die Literatur.321 Hingegen ist angesichts der Ergebnisse des ersten Teils die inhaltliche Trennung von Forderung und Schuldverhältnis im engeren Sinne sehr wohl im Gesetz angelegt.322 Wie es forderungslose Schuldverhältnisse gibt, kann eine zusätzliche Forderung derart mit einem Schuldverhältnis verbunden werden, dass einem Dritten ein weiteres – wenn auch akzessorisches – Durchsetzungsmittel in die Hand gegeben wird. Die Unterscheidung zwischen Forderung und Schuldverhältnis im engeren Sinne323 führt also nicht zwangsläufig zu einer sprachlichen Verwirrung, sondern zwingt im Gegenteil zur erhöhten Präzision in den Betrachtungen von Leistungen. Bestätigung findet die durch diese Arbeit vorgenommene Trennung in Forderung und Schuldverhältnis im engeren Sinn zudem, wenn weite Teile der Literatur die Forderung des Empfängers gegen die Bank als einen nicht vollwertigen Anspruch erkennen.324 Letzteres geschieht zumeist mit 318

Canaris, WM 1980, S. 367. Canaris, BB 1972, S. 775. 320 Vgl. § 2176 BGB (erbrechtlicher Anspruch als Forderung bezeichnet). 321 Vgl. etwa: Schuldverhältnis und Forderung sind spezielle Ansprüche (Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 6); Gleichstellung von Forderung und Schuldverhältnis (Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 1 (S. 1); Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 26; Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 20); Unterscheidung von Verbindlichkeit und Anspruch (Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 14, 133); Abgrenzung des Schuldverhältnisses von Forderung und Anspruch (Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 1 Rdnr. 2, § 2 Rdnr. 4); Forderung als Behaltensberechtigung, Anspruch als Durchsetzungsmittel (Larenz, Schuldrecht I, § 3 III [S. 18 ff.]); Gleichstellung von Forderung und Schuldverhältnis, dazu Abgrenzung von der Verbindlichkeit als Durchsetzungsmittel (Bamberger/Roth/Grüneberg, § 241 Rdnr. 4, 24). 322 Dernburg, Das bürgerliche Recht des Deutschen Reiches und Preußens II/1, § 117 (S. 279); Krawielicki, Grundlagen, S. 160; Wambach, Rückabwicklung gesetz- oder sittenwidriger Verträge, S. 26 erkennen zumindest, dass den Naturalobligationen die Eigenschaft „Forderung“ fehlt. 323 Das forderungslose Schuldverhältnis im engeren Sinn bezeichnet Krawielicki, Grundlagen, S. 160 als „reinen Rechtsgrund“. 324 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 IV (S. 443); Larenz, Schuldrecht II, § 68 III (S. 487); Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 400; ders., BB 319

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dem Hinweis auf die akzessorische Natur des Anspruchs aus der Annahme der Anweisung. Der Empfänger habe bei angenommener Anweisung solange nichts erlangt, wie die Anweisung noch widerrufen werden könne.325 Nach einem gemäß § 676a Abs. 4 BGB jederzeit bis zur Vornahme der Überweisung möglichen Widerruf des Anweisenden erlischt die Forderung des Empfängers. Auch besteht die Pflicht zur Gutschrift gegenüber dem Empfänger erst dann, wenn die Bank im Deckungsverhältnis Deckung erhalten hat.326 Deshalb ist der Anspruch des Empfängers aus der Annahme der Anweisung dem Deckungsverhältnis unter- oder nachgeordnet.327 In diesem Sinne lässt sich auch § 676g Abs. 1 S. 1 BGB deuten. Durch diesen gesetzlichen Anspruch wird der Empfänger davor geschützt, dass die Summe vom Konto des Anweisenden zwar abgebucht, nicht aber beim Empfänger gutgeschrieben wird und die Bank mit dem Geld zu Lasten des Empfängers arbeitet. Ohne § 676g Abs. 1 BGB stünde es im Ermessen der Bank, wann sie die Summe gutschreibt.328 Nichtsdestotrotz setzt auch der Anspruch aus § 676g Abs. 1 BGB voraus, dass die Bank bereits das Konto des Anweisenden belastet hat. Darin manifestiert sich abermals die so genannte Akzessorität des Anspruchs. Diese Akzessorität ist aber zwangsläufige Folge der Charakterisierung des Anspruchs als schlichte Forderung oder bloßes Durchsetzungsmittel. Solange im Deckungsverhältnis noch kein Schuldverhältnis im engeren Sinne entstanden ist, bedarf es keiner Forderung des Empfängers, um eben jenes Schuldverhältnis durchzusetzen. d) Rückabwicklung beim Hausgiro Auch beim Hausgiro als spezieller Form der angenommenen Anweisung liegen Leistungen im Sinne der §§ 362, 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB nur vom Anweisenden an den Empfänger und von der angewiesenen Bank an den Anweisenden vor. Da die Leistungen entlang der Kausalverhältnisse verlaufen, findet auch nur dort die Rückabwicklung statt.329 Die Bank kann lediglich gegen den Anweisenden mit einer Leistungskondiktion vor1972, S. 775; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 180; Weitnauer, Symposium König, S. 45. Vgl. auch BGHZ 122, 46 (49). 325 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 IV (S. 443). 326 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 180; Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 400; ders., BB 1972, S. 775. 327 Larenz, Schuldrecht II, 11. Auflage, § 68 III (S. 487). Im Ergebnis ebenso BGHZ 122, 46 (49). 328 Zum Schutzzweck des § 676g Abs. 1 S. 1 BGB vgl. auch Schulz, ZBB 1999, S. 294. 329 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV (S. 225); Harder, AcP 182, S. 378.

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gehen.330 Unnötig ist es, die Rückabwicklung in den Kausalverhältnissen damit zu begründen, dass die Stellung des Empfängers durch die Annahme der Anweisung nur gestärkt werden solle,331 weshalb eine Leistungskondiktion der Bank gegen den Empfänger nicht zugelassen werden dürfe, stände er doch anderenfalls schlechter als bei nicht angenommener Anweisung.332 Im Verhältnis der Bank zum Empfänger fehlt es schlicht an einer Leistung. Überflüssig ist es auch, die Rückabwicklung entlang der Kausalverhältnisse der Abstraktion der Gutschrift zu entnehmen, welche nicht durch eine Kondiktion der Bank gegen den Empfänger zerstört werden darf.333 Richtigerweise unterscheiden sich Anweisung und angenommene Anweisung weder bei den vorliegenden Leistungsbeziehungen noch bei der Rückabwicklung. e) Rechtslage bei der außerbetrieblichen Überweisung Eine der angenommenen Anweisung vergleichbare Situation entsteht bei der Giroüberweisung nur, wenn neben dem Anweisenden auch der Empfänger ein Konto beim angewiesenen Kreditinstitut unterhält. Anderenfalls – also im Fall der außerbetrieblichen Überweisung334 – besteht zwar für die Bank des Überweisenden gemäß § 676a Abs. 1 S. 2 BGB wieder die Pflicht, die Überweisung rechtzeitig auszuführen.335 Allerdings ist dies keine Pflicht dem Empfänger gegenüber, sondern nur eine gesetzlich normierte Hauptpflicht dem Anweisenden gegenüber, welche aus dem Überweisungsvertrag folgt und die vollständige und rechtzeitige Bewirkung der Überweisung sicherstellen soll.336 Eine Forderung des Empfängers gegen 330 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV (S. 225); Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 179. 331 Anderer Ansicht noch Lorenz, JuS 1968, S. 445. 332 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV (S. 235); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 56); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 679; Koppensteiner/ Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 III (S. 30); Grunewald, Bürgerliches Recht, § 31 Rdnr. 15; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 117; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 57; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 56; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 131; Harder, AcP 182 (1982), S. 378; Canaris, FS Larenz, S. 814 f.; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 290; St. Lorenz, JuS 2003, S. 840; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 23; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 286; ders., Symposium König, S. 45; Schreiber, Jura 1986, S. 543; BGHZ 72, 246 (250 f.); BGHZ 105, 365 (369 ff.); BGHZ 122, 46 (52). 333 Dahingehend argumentieren indes Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 428; ders., BB 1972, S. 775 und Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 286. 334 Vgl. Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 19; Möschel, JuS 1972, S. 297. 335 Erman/Graf von Westphalen, § 676a Rdnr. 13; AnwK-BGB/Hennrichs, § 676a Rdnr. 18.

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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die Bank entsteht bei der außerbetrieblichen Überweisung also nicht,337 sondern lediglich in den Fällen des Hausgiros. 5. Fehlende Anweisung Der Anweisung kommt nach den vorherigen Ausführungen eine zentrale Rolle bei der Banküberweisung zu. Sie begründet nicht nur die Forderung im Deckungsverhältnis, sondern erst aufgrund ihrer Funktionen lassen sich die Zuwendungen und damit Leistungen entlang der jeweiligen Kausalverhältnisse begründen.338 Angesichts dieser Schlüsselrolle drängt sich die Frage auf, welche Folgen das Fehlen der Anweisung zeitigt. Die Auseinandersetzung mit dieser Fallkonstellation soll – quasi als Gegenprobe zu den Fällen einer vorhandenen Anweisung – noch einmal die Bedeutung der Anweisung im Rahmen der Leistung verdeutlichen. a) Fälle fehlender Anweisung Die Gründe für das Fehlen einer Anweisung sind unterschiedlichster Art. Einerseits kann der Inhaber des Girokontos eine Anweisung nie abgegeben haben und allein die Bank irrtümlich von deren Vorliegen ausgegangen sein.339 Zu dieser Fallgruppe zählen neben dem gänzlichen Fehlen einer Anweisung auch die versehentliche Doppelüberweisung340 und die Zuvielüberweisung.341 Schreibt die Bank die angewiesene Summe einem falschen Empfänger gut, hat eine Anweisung in Bezug auf diesen Empfän336 Palandt/Sprau, § 676a Rdnr. 15; Erman/Graf von Westphalen, § 676a Rdnr. 2; AnwK-BGB/Hennrichs, § 676a Rdnr. 21, 34; Bamberger/Roth/Schmalenbach, § 676a Rdnr. 21, 22. 337 So schon Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 19. 338 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) cc). 339 RG JW 1932, 735; LG Stuttgart, NJW 1994, 2626; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 102; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 157; Canaris, BB 1972, S. 778; Schlechtriem, JZ 1993, S. 28; Kamionka, JuS 1992, S. 931; Kupisch, ZIP 1983, S. 1418; ders., Sonderbeilage WM 1979, S. 18. 340 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV (S. 226); Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 51; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 54; Flume, AcP 199 (1999), S. 4; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 102, 103; Kamionka, JuS 1992, S. 931; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 56; Stolte, JZ 1990, S. 224; KG NJW-RR 1992, 816; OLG Hamburg NJW 1983, 1499. 341 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV (S. 226); Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 158; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 51; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 54; Canaris, BB 1972, S. 778; Flume, AcP 199 (1999), S. 4; Stolte, JZ 1990, S. 224; Kamionka, JuS 1992, S. 931; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 103; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 57; BGH JZ 1987, 199.

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

ger ebenfalls nie vorgelegen.342 Anderseits kann zwar eine Anweisung als solche existieren, jedoch nur scheinbar vom Anweisenden stammen. Exemplarisch ist die gefälschte Anweisung.343 Wer hier als Anweisender erscheint, hat eine Anweisung nicht abgegeben. Vergleichbar sind die Fälle, in denen jemand als Vertreter ohne Vertretungsmacht für den Kontoinhaber eine Anweisung abgibt.344 Schließlich kann eine Anweisung des Überweisenden in Bezug auf den Empfänger und in Höhe der überwiesenen Summe zwar vorgelegen haben, jedoch durch Widerruf gemäß § 130 Abs. 1 S. 2 BGB oder Anfechtung gemäß § 142 Abs. 1 BGB beseitigt worden sein. Auch das sind Fälle der fehlenden Anweisung.345 Kein Fall der fehlenden Anweisung ist dagegen mangelnde Deckung des Girokontos des Anweisenden,346 ist doch die Anweisung streng vom zugrunde liegenden Girovertrag zu trennen.347 Dies wurde leider nicht immer hinreichend beachtet. So waren zahlreiche gerichtliche Entscheidungen, die unter dem Punkt fehlerhaftes Giroverhältnis diskutiert wurden,348 in Wirklichkeit Fälle der fehlenden Anweisung.349 Der Girovertrag wird aber durch Vorliegen oder Fehlen der Anweisung nicht berührt.350 Ohne Anweisung 342 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV (S. 226); Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 51; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 54; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 103; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 57; Stolte, JZ 1990, S. 224; Schlechtriem, JZ 1993, S. 228; Kamionka, JuS 1992, S. 931; Flume, AcP 199 (1999), S. 4; BGHZ 66, 372 (375). 343 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV (S. 226); Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 51; Canaris, BB 1972, S. 778; Flume, AcP 199 (1999), S. 4; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 102, 103; Stolte, JZ 1990, S. 224; Kupisch, ZIP 1983, S. 1418; ders., Sonderbeilage WM 1979, S. 18. 344 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV (S. 226); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 392); Canaris, BB 1972, S. 778; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 102, 103; Stolte, JZ 1990, S. 224. 345 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 52); Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 157; Flume, AcP 199 (1999), S. 4; von Caemmerer, JZ 1962, S. 387; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 102, 103. 346 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 V (S. 35); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV 1 (S. 224); Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 426; ders., BB 1972, S. 774; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 55; Möschel, JuS 1972, S. 301; von Caemmerer, JZ 1962, S. 387; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 134; ders., AcP 175 (1975), S. 316. 347 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (1). 348 Vgl. etwa RG JW 1932, S. 735; RGZ 86, 343 (347). Aus der Literatur vgl. nur Mühl, NJW 1968, S. 1868, ders., JuS 1972, S. 301; Möschel, JuS 1971, S. 301; von Caemmerer, JZ 1968, S. 387; Schwark, WM 1970, S. 1335. 349 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 50; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 130; Canaris, WM 1980, S. 355; BGHZ 61, 289 (292). 350 Kupisch, WM 1979 Sonderbeilage 3, S. 8; Canaris, WM 1980, S. 357; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 52.

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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kommt nur kein Überweisungsvertrag zustande, womit die Konkretisierung des Deckungsverhältnisses scheitert. Folglich fehlt es an der zu erfüllenden Forderung des Anweisenden gegen die Bank. Damit ist zwar jedes Fehlen der Anweisung ein Fehler des konkreten Deckungsverhältnisses,351 aber nicht jeder Fehler des Deckungsverhältnisses ein Fehler der Anweisung.352 Wenn gelegentlich behauptet wird, die fehlende Anweisung führe nicht zu einem Mangel des Deckungsverhältnisses,353 kann dieser Aussage für die Bankanweisung nicht gefolgt werden.354 b) Erfüllung bei intakten Schuldverhältnissen Wenn sich die vielfach geübte Kritik am Leistungsbegriff, genauer an der Rückabwicklung mit Hilfe des Leistungsbegriffs,355 vor allem an den Fällen der fehlenden Anweisung entzündet, erweckt dies den Eindruck, die fehlende Anweisung sei ein Spezialproblem des Bereicherungsrechts. Damit es aber zur Rückabwicklung kommt, ist zuerst der Nichteintritt der Erfüllung zu erklären. Sind die zugrunde liegenden Kausalverhältnisse intakt, besteht zumindest die Forderung des Empfängers im Valutaverhältnis,356 welche durch Leistung erloschen sein könnte. Schreibt nun die vermeintlich angewiesene Bank die Summe beim Empfänger gut, hat dieser den im Valutaverhältnis geschuldeten Gegenstand erlangt. Eine Mehrung seines Vermögens steht mithin außer Frage. Weshalb dann im Valutaverhältnis nicht Erfüllung eingetreten sein soll, ist noch zu begründen. Die fehlende Anweisung ist deshalb mitnichten ein Spezialproblem des Bereicherungsrechts.

351 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 50. Anderer Ansicht Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 181 unter Verkennung der notwendigen Konkretisierung des Deckungsverhältnisses. 352 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 52; Canaris, BB 1972, S. 778; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 181. 353 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 IV 1 (S. 31). 354 Allein in den Fällen der abgekürzten Lieferung zeitigt die fehlende Anweisung keinerlei Auswirkungen auf das bereits vollständig ausgebildete Deckungsverhältnis. Selbstverständlich ist auch in diesen Fällen das Deckungsverhältnis von der Anweisung abstrakt. 355 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 I. 3 und Zweiter Teil § 15 II. 4. 356 In den Fällen der abgekürzten Lieferung besteht darüber hinaus auch bei fehlender Anweisung eine Forderung im Deckungsverhältnis.

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

aa) Erfüllung im Valutaverhältnis Im Valutaverhältnis kommt Erfüllung gemäß §§ 362 Abs. 1, 278 BGB durch Leistung der Bank als Erfüllungsgehilfin oder gemäß § 267 BGB durch Drittleistung der Bank in Betracht. (1) Erfüllung gemäß §§ 362 Abs. 1, 278 BGB Eine Erfüllung durch den vermeintlich Anweisenden setzt seine Zuwendung mittels Erfüllungsgehilfen und seine Zuordnung voraus. Fehlt es an einer Anweisung, wird die Bank nicht mehr mit Wissen und Wollen im Pflichtenkreis des „Anweisenden“ tätig.357 Ohne Anweisung hat der „Anweisende“ die Bank nicht zum Erfüllungsgehilfen bestimmt.358 Zugleich fehlt es an seiner Entscheidung, eigenes Vermögen in Bezug auf den Empfänger einzusetzen und dessen Insolvenzrisiko zu übernehmen.359 In der Literatur wird dies gelegentlich damit umschrieben, dass es an einer Vermögensdisposition des „Anweisenden“ fehle.360 Ohne Anweisung liegt somit keine Zuwendung des „Anweisenden“ an den Empfänger vor.361 Zugleich fehlt es an einer Zuordnung des „Anweisenden“. Mangelt es damit an einer Leistung des „Anweisenden“ an den Empfänger, kommt Erfüllung gemäß §§ 362 Abs. 1, 278 BGB nicht in Frage.362 Unrichtig ist es, trotz fehlender Anweisung von einer Leistung des „Anweisenden“ auszugehen und Erfüllung im Valutaverhältnis zu bejahen.363 Auch dem BGH kann nicht gefolgt werden, wenn er behauptet, der Wegfall der Anweisung ändere an den Leistungsbeziehungen nichts.364 Falsch ist 357

Pinger, AcP 179 (1979), S. 301. Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (g). 359 Deshalb stand im Fall BGHZ 50, 227 („Junge Familie“) der Bank die Kondiktion gegen den Bauunternehmer nicht deshalb zu, weil der Zweck der Leistung verfehlt wurde, sondern weil es an der Anweisung der Eheleute zur Auszahlung des Darlehens direkt an den Bauunternehmer gefehlt hat. 360 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 54; Wilhelm, JuS 1973, S. 4; Köndgen, FS Esser, S. 69; so ähnlich Möschel, JuS 1972, S. 301. In diese Richtung auch Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehung, S. 101, welcher nun die dem Anweisenden zugewendete Befugnis, über die Zuwendung der Bank zu disponieren [vgl. dazu oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (a)], als wertlos bezeichnet. 361 Pinger, AcP 179 (1979), S. 301. 362 So auch Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 III (S. 427); Thielmann, AcP 187 (1987), S. 42. 363 So aber Häublein, ZBB 1998, S. 114 f.; Kunisch, Dreiecksverhältnisse, S. 50 ff.; Pfister, JR 1969, S. 48; Ulmer, AcP 126 (1926), S. 163 Fn. 49; Westermann, causa, S. 195; Wieling, JuS 1978, S. 807. 364 Vgl. BGHZ 61, 289 (293); BGHZ 87, 393 (397); BGHZ 89, 376 (381). 358

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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schließlich die Aussage Wielings, es sei nicht entscheidend, ob eine Anweisung vorgelegen, sondern wer an wen geleistet habe.365 Erst das Vorliegen der Anweisung begründet die Leistung des Anweisenden an den Empfänger. Fehlt es an seiner Anweisung, liegt keine Leistung des „Anweisenden“ vor. Die Leistungsbeziehungen sind also vom Vorliegen oder Nichtvorliegen der Anweisung abhängig. Fehlt eine Anweisung,366 fehlt auch der risikoübernehmende Akt des „Anweisenden“, was Auswirkungen auf die Leistungsverhältnisse zeitigt. Canaris behauptet dagegen, es gäbe keine dogmatische Kategorie, um die Fälle der fehlenden Anweisung organisch in die Lehre vom Leistungsbegriff einzufügen.367 Deshalb geht er auch beim Fehlen einer Anweisung von einer Leistung des „Anweisenden“ an den Empfänger aus. Weil aber auch Canaris im Fall der fehlenden Anweisung die Rückabwicklung in den Kausalverhältnissen als unangemessen empfindet, arbeitet er statt mit dem Begriff der Leistung mit Handlungen, an die sich die im Rahmen der Rückabwicklung zu berücksichtigende Risikoordnung anknüpft. Dies sind für ihn die Anweisung und deren Ausführung.368 Dazu ist folgendes zu bemerken: Erst die Unterwerfung unter die Anweisung begründet die Zuwendung des Anweisenden im Valutaverhältnis. Da es ohne Anweisung keine Zuwendung und ohne Zuwendung keine Leistung des „Anweisenden“ im Valutaverhältnis gibt,369 ist der Leistungsbegriff als dogmatische Kategorie durchaus in der Lage, die fehlende Anweisung zu erfassen,370 sofern man nur seine Zweiteiligkeit – Zuwendung plus Zweckbestimmung – beachtet und nicht zwangsläufig im Leistungsverhältnis rückabwickeln will. Canaris Ansatz des kondiktionsauslösenden Mangels ist genau genommen nichts anderes als die Überprüfung, ob aufgrund einer wirksamen Anweisung eine Leistung des Anweisenden vorliegt.371 Wer jedoch die Zuwendung unberechtigterweise mit der tatsächlichen Wertbewegung gleichsetzt,372 kann dies nicht erkennen, denn an der tatsächlichen Wertbewegung durch die Bank ändert sich tatsächlich nichts. Sie handelt gleich, egal ob eine Anweisung tatsächlich vorliegt oder sie nur irrtümlich von ihrem Vorliegen ausgeht. 365

Wieling, JuS 1978, S. 807. Etwa durch Kündigung, Widerruf oder Anfechtung. 367 Canaris, FS Larenz, S. 808; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 VI 2 (S. 249). 368 Vgl. nur Canaris, FS Larenz, S. 815. 369 Pinger, AcP 179 (1979), S. 315. 370 Zustimmend auch Köndgen, FS Esser, S. 66. 371 Deutlich bei Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II 5 (S. 210) und Canaris, JZ 1984, S. 628. 372 So auch Canaris, vgl. die Nachweise unter Zweiter Teil § 15 III. 2. 366

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

(2) Leistung der Bank gemäß § 267 BGB Schreibt die Bank dem Empfänger trotz fehlender Anweisung die im Valutaverhältnis geschuldete Summe gut, ist an Erfüllung gemäß § 267 BGB zu denken.373 Dazu müsste die Bank als Leistender eigenes Vermögen in Bezug auf den Empfänger eingesetzt und freiwillig dessen Insolvenzrisiko übernommen haben.374 Übernimmt die Bank bei vorhandener Anweisung das Insolvenzrisiko des Empfängers gerade nicht,375 könnte das im Fall der fehlenden Anweisung anders sein. Mangels Anweisung ist es im Deckungsverhältnis nicht zum Abschluss eines Überweisungsvertrags gekommen.376 Die Bank ist dem „Anweisenden“ daher weder zur Auszahlung der Summe an den Empfänger verpflichtet, noch kann sie die auf das Empfängerkonto gutgeschriebene Summe vom Konto des „Anweisenden“ abbuchen. Anders als bei der vorhandenen Anweisung stammt die Gutschrift aus ihrem Vermögen. Mithin scheint bei fehlender Anweisung tatsächlich eine Zuwendung der Bank an den Empfänger und damit eine Drittleistung nach § 267 BGB vorzuliegen. In der Literatur wird das Vorliegen einer Drittleistung etwa von Flume377 und Kupisch378 bejaht.379 So geht Flume unter Hinweis auf eine Entscheidung des Reichsgerichts380 davon aus, die Bank leiste nicht nur an den „Anweisenden“, sondern diese Leistung beinhalte auch den Willen, eine etwaige Schuld des Anweisenden zu erfüllen.381 Die Bank leiste also sowohl im Deckungsverhältnis als auch im Valutaverhältnis.382 Ihre Zuwendung bedürfe daher nicht nur im Deckungsverhältnis der Zuordnung, sondern müsse zusätzlich auf das Valutaverhältnis zugeordnet werden.383 Letzteres geschehe gemäß § 267 BGB durch die Bank. Sowohl der Empfänger als auch die Bank gehen davon aus, dass die Leistung der Bank die Forderung im Valutaverhältnis zur causa hat. Konsequenterweise lehnt Flume es auch ab, dass die Bank die Zuordnungsbestimmung des Anwei373 374 375 376 377

Vgl. Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 108. Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 3. Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (c). Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (1). Flume, NJW 1984, S, 466; ders., NJW 1991, 2521; ders., AcP 199 (1999),

S. 12. 378 Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 4. Vgl. auch die weiteren Nachweise unter Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (c). 379 Zustimmend Maier, AcP 152 (1953), S. 97; Mühl, NJW 1968, S. 1869; von Caemmerer, JZ 1962, S. 387. Dagegen nimmt Heimann-Trosien, JR 1974, S. 287 gar an, die Bank leiste an den Empfänger zwecks Ausführung einer Anweisung. 380 RG Recht 1922 Nr. 1555. 381 Flume, NJW 1984, S. 466; ihm folgend Meyer-Cording, FS Pleyer, S. 96. 382 Flume, AcP 199 (1999), S. 3. 383 Flume, AcP 199 (1999), S. 13.

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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senden als Botin überbringt.384 Diese Leistung der Bank an den Empfänger werde lediglich bei Vorliegen einer gültigen Anweisung zu einer Leistung des Anweisenden an den Empfänger umgelenkt.385 Fehlt es an einer Anweisung, bleibe es bei der Drittleistung der Bank gemäß § 267 BGB. Gegen diese Ansicht spricht, dass bei vorhandener Anweisung allein der Anweisende auf das Valutaverhältnis zuordnet, nicht aber die Bank.386 Wenn Flume behauptet, die Bank ordne ihre Zuwendung sowohl auf die Forderung im Deckungsverhältnis als auch auf die Forderung im Valutaverhältnis zu, postuliert er die doppelte Zuordnung einer Zuwendung.387 Eine derartige Zuordnung auf zwei Schuldverhältnisse ist aber schon aufgrund der Funktion der Zuordnungsbestimmung abzulehnen.388 Auch kann die Tilgungsbestimmung des Anweisenden bei vorhandener Anweisung nicht die „Leistung“ der Bank an den Empfänger umlenken.389 Ist die Anweisung vorhanden, leistet die Bank nur an den Anweisenden und ordnet ihre Zuwendung nur auf das Deckungsverhältnis zu.390 Daran ändert auch das Fehlen der Anweisung nichts. Die Besonderheit besteht nämlich darin, dass die Bank abermals – wenn auch versehentlich – vom Vorliegen einer Anweisung ausgeht. Gleichwohl unterwirft sie sich der vermeintlichen Anweisung391 und will die vermeintliche Zuordnungsbestimmung des „Anweisenden“ als Botin überbringen.392 Auch in diesem Fall kümmert sie sich nicht um das Valutaverhältnis,393 welches ihr, gleich den Fällen der vorhandenen Anweisung, zumeist unbekannt ist.394 Entgegen Flume395 ist nämlich das 384

Flume, AcP 199 (1999), S. 13. Flume, AcP 199 (1999), S. 2, ebenso Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 5; ders., Gesetzespositivismus, S. 19. 386 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (1) sowie Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (2) (c). 387 Auch der BGH hat früher angenommen, dass man sowohl auf eine eigene und zugleich auf eine fremde Verbindlichkeit leisten könne, vgl. BGHZ 70, 389 (397); BGHZ 72, 246 (249). 388 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 3. 389 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. 390 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (3). 391 Nicht der Tilgungsbestimmung!, vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (g). 392 Wieling, Bereicherungsrecht, S. 108; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 56; ders., Festgabe BGH, S. 550; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 135; St. Lorenz, JuS 2003, S. 839. 393 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a). 394 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 49; Hellwig, Verträge auf Leistung an Dritte, S. 131; Kötter, AcP 153 (1954), S. 203; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 302; Möschel, JuS 1972, S. 300. Dies erkennt auch Flume, gleichwohl geht er von einer Zweckvereinbarung zwischen Bank und Empfänger aus, vgl. nur Flume, NJW 1984, S. 466. 395 Flume, NJW 1984, S. 466. 385

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

Überbringen des (gefälschten oder doppelt ausgeführten) Anweisungsdurchschlags ein Beleg für das Fehlen einer eigenen Zuordnung im Valutaverhältnis.396 Geht die Bank vom Vorliegen einer Anweisung aus, will sie auch in diesem Fall die als bestehend angenommene Forderung des „Anweisenden“ erfüllen. Nur dessen Insolvenzrisiko will sie übernehmen, nur auf das Deckungsverhältnis ordnet sie ihre Zuwendung zu.397 Es fehlt der Bank mithin am Bewusstsein, das Vermögen des Empfängers zu mehren, geht sie doch vielmehr davon aus, das Vermögen des vermeintlich Anweisenden zu mehren. Mangels bewusster Vermögensmehrung fehlt es aber an einer Zuwendung der Bank an den dritten Empfänger. Schließlich ordnet die Bank ihre unfreiwillige Vermögensmehrung beim Empfänger nicht auf das Valutaverhältnis, sondern allein der vermeintlichen Forderung aus dem Deckungsverhältnis zu. Die typische Situation des § 267 BGB, der bewusste Einsatz eigenen Vermögens in Richtung des fremden Gläubigers, woraus die Zuordnungsmöglichkeit auf ein zwischen Schuldner und Gläubiger bestehendes Schuldverhältnis folgt, liegt bei der fehlenden Anweisung nicht vor.398 Das Valutaverhältnis erlischt nicht gemäß § 267 BGB. (3) Zugerechnete Leistung des vermeintlich Anweisenden Da aber die Bank irrtümlich vom Vorliegen einer Anweisung ausgeht, überbringt sie dem Empfänger – etwa bei versehentlicher Zuviel- oder Doppelüberweisung, Überweisung aufgrund gefälschter Anweisung oder Anweisung eines Stellvertreters ohne Vertretungsmacht – die vermeintliche Zweckbestimmung des „Anweisenden“,399 auch wenn dieser eine Zuordnungsbestimmung gerade nicht abgegeben hat.400 Aus Sicht des Empfängers liegt damit eine Zuwendung und eine Zuordnung des „Anweisenden“ 396

Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 49; Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 305. Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 49; Hagmann-Lauterbach, Finale Leistungsbewirkung, S. 46; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 134; ders., JuS 1973, S. 4; St. Lorenz, JuS 2003, S. 839; Köndgen, FS Esser, S. 69. 398 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 49; ders., AcP 168 (1968), S. 302; Möschel, JuS 1972, S. 302; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 42; von Caemmerer, JZ 1962, S. 387; Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 313. Stattdessen ist es eher damit vergleichbar, dass jemand irrtümlich eigene Kohlen bei einem anderem verheizt. 399 Anders stellt sich die Lage bei Überweisung an den falschen Empfänger dar. Hier hat der Anweisende zwar die überbrachte Zuordnung tatsächlich abgegeben. Nur wird diese nicht dem „richtigen“ Empfänger der Zuwendung, sondern dem falschen Empfänger gegenüber überbracht. In Bezug auf diesen Empfänger fehlt es der Bank aber an der Botenmacht, vgl. Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 392). Zumindest scheitert aber die Leistung in diesem Verhältnis an der fehlenden Zuwendung des „Anweisenden“. 400 Canaris, BB 1972, S. 778; Lieb, Festgabe BGH, S. 550. 397

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vor. Selbst wenn es an einer ausdrücklichen Tilgungsbestimmung fehlt, wird beim Empfänger der Anschein einer konkludenten Zuordnungsbestimmung hervorgerufen, sofern nur der Empfänger auf seinen Kontoauszügen von der Bank den „Anweisenden“ als Urheber der Zuwendung genannt bekommt.401 Aus Sicht des dritten Empfängers unterscheidet sich die fehlende nicht von der vorhandenen Anweisung.402 Er vertraut darauf, dass abermals eine Leistung des „Anweisenden“ mittels Erfüllungsgehilfen vorliegt.403 Dieses Vertrauen könnte dazu führen, dass gleichwohl von einer Leistung des „Anweisenden“ ausgegangen werden muss. In der Literatur wird dieser Problemkreis unter dem Stichwort „Zurechnung der Leistung“ diskutiert:404 Könnte man die Zuwendung und die Zuordnung dem vermeintlich Anweisenden zurechnen, läge eine Leistung des „Anweisenden“ vor, welche letztlich doch zur Erfüllung im Valutaverhältnis führt. Wann aber die Leistung dem „Anweisenden“ zugerechnet werden kann, ist heftig umstritten und noch nicht abschließend geklärt:405 Setzt die Zurechnung eine Veranlassung der Zuwendung durch den „Anweisenden“ voraus406 oder genügt es schon, wenn der Empfänger von einer Leistung des „Anweisenden“ ausgehen darf?407 Zum Teil wird behauptet, die gegensätzlichen Ansätze für die Zurechnung lassen sich überhaupt nicht miteinander in Deckung bringen.408 Dagegen spricht, dass das alleinige Abstellen auf nur einen der beiden Gesichtspunkte einer Zurechnungsproblematik nicht gerecht wird. So wie es zu weit ginge, unter Zuhilfenahme der Lehre vom Empfängerhorizont allein auf die Sicht des Empfängers abzustellen,409 obwohl dem vermeintlich Anweisenden keinerlei Verursachungsbeitrag vorzuwerfen ist, kann eine Verursachung ohne schutzwürdiges Vertrauen seitens des Empfängers ebenfalls nicht zur Zurechnung führen.410 Dies wird 401

Flume, AcP 199 (1999), S. 1 ff.; vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (1). Canaris, WM 1980, S. 366; Kupisch, ZIP 1983, S. 1413; St. Lorenz, JuS 2003, S. 839. 403 Wieling, Bereicherungsrecht, S. 109; Stolte, JZ 1990, S. 223; Schreiber, Jura 1986, S. 544. 404 Vgl. nur Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 439; ders., WM 1980, S. 356; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 185 f.; Hadding, FS Kümpel, S. 180 ff.; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 145 ff.; Stolte, JZ 1990, S. 224 ff.; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 43; Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 338 ff. 405 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 IV 1 (S. 33). 406 So Hagmann-Lauterbach, Finale Leistungsbewirkung, S. 134; Pinger, AcP 179 (1979), S. 317; Köndgen, FG Esser, S. 69 f. 407 In diese Richtung Kupisch, ZIP 1983, 1416 ff.; Giesen, Jura 1995, S. 175; BGHZ 61, 289 (293). 408 Schnauder, JZ 1987, S. 71. 409 Flume, AcP 199 (1999), S. 12; Wilhelm, JuS 1973, S. 4; ebenfalls den Gutglaubensschutz in den Vordergrund stellend Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 20 ff. 402

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evident, wenn der Empfänger vom Fehlen der Anweisung Kenntnis hatte. Dann fehlt es bereits am Schutzbedürfnis des Empfängers für eine Annahme einer Leistung des „Anweisenden“. Eine Zurechnung muss deshalb beide Gesichtspunkte berücksichtigen. Schon Flume hat festgestellt, dass fehlende Gutgläubigkeit die Zurechenbarkeit zwar immer ausschließt, Gutgläubigkeit allein jedoch zur Zurechnung nicht ausreicht.411 (a) Sphärentheorie Ulmer und von Caemmerer entwickelten für die Zurechnung eine „Sphärentheorie“,412 der sich zwischenzeitlich auch der BGH angeschlossen hatte.413 Nach ihr wird gefragt, ob der Fehler der Anweisung der Sphäre der Bank zum „Anweisenden“ oder der Sphäre der Bank zum Empfänger entspringt. Unter Zugrundelegung dieser Sphärentheorie stammt der Fehler jedoch auch bei der doppelt ausgeführten Überweisung oder bei der Überweisung an den falschen Empfänger aus der Sphäre des Anweisenden zur Bank. Eine Zurechnung dieser „Leistungen“ an den Anweisenden geht jedoch zu weit. Da letztlich jeder Fehler auch in der Sphäre des Anweisenden zur Bank wurzelt,414 käme man immer zu einer Zurechnung. Die Sphärentheorie ist als dogmatisches Kriterium für die Zurechnung ungeeignet,415 fehlt ihr doch die nötige Abgrenzungsfähigkeit, ohne die eine Theorie ihrer Leistungsfähigkeit entbehrt.416 (b) Zurechnung nach den Grundsätzen der allgemeinen Rechtsscheinlehre Die Zurechnung darf nicht als rein bereicherungsrechtliches Problem angesehen werden, welches unter Abwägung des konkreten (anhand des § 818 Abs. 3 BGB) oder abstrakten (über die Lehre vom Empfängerhorizont) Vertrauensschutzes gelöst werden kann.417 Dies ist schon deshalb nicht möglich, weil eine zugerechnete Leistung des „Anweisenden“ zur Erfüllung im 410 Ersteres würde zu einem abstrakten Gutglaubensschutz für den Empfänger führen, so zu Recht Pfister, JR 1969, S. 49; Schreiber, Jura 1986, S. 544. 411 Flume, AcP 199 (1999), S. 12. 412 Ulmer, AcP 126 (1926), S. 163, 165; von Caemmerer, JZ 1962, S. 387; ihnen folgend Köndgen, FS Esser, S. 70; Möschel, JuS 1972, S. 299 ff. 413 Vgl. nur BGHZ 61, 292 (293); BGHZ 89, 376 (381). 414 Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 160. 415 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 III (S. 427); Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 160; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 58. 416 Canaris, JZ 1993, S. 384. 417 So aber Canaris, JZ 1984, S. 627.

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Valutaverhältnis führt, sofern nur die Forderung besteht. Dies erhellt, dass es sich um ein generelles Problem mit Folgen für Erfüllung und Rückabwicklung handelt. Bei einem schlicht bereicherungsrechtlichen Ansatz bestände überdies die Gefahr, dass man die Voraussetzungen der Zurechenbarkeit durch das Problem überlagert, in welchem Verhältnis die Rückabwicklung stattfinden soll. Eine Leistung würde zugerechnet, wenn die Rückabwicklung zwischen der Bank und dem Empfänger als nicht interessengerecht erscheint. Damit würden aber nicht nur die Voraussetzungen der Zurechnung allein vom Ergebnis her gedacht, sondern auch die notwendige Unterscheidung von Leistungsbegriff und Rückabwicklung nicht beachtet.418 Anderseits kann dem mit der Zurechnung bezweckten Vertrauensschutz des Empfängers nicht durch freies Argumentieren Rechung getragen werden, denn sonst wären die Ergebnisse nicht mehr vorhersehbar, was gegen den in Artikel 3 Abs. 1 GG verankerten Grundsatz der Gleichheit und Gerechtigkeit verstieße.419 Richtigerweise muss das Problem der Zurechenbarkeit anhand bestehender gesetzlicher Normen und Wertungen gelöst werden. Befreit man die Frage der Zurechenbarkeit einer Leistung von der Frage der Rückabwicklung, lässt sich auch die Zurechenbarkeit dogmatisch korrekt erfassen: Bei der Anweisung handelt es sich um eine rechtsgeschäftliche Erklärung, die zum Einsatz von Vermögen des Anweisenden führt. Wird also nicht schädigendes Verhalten oder Verschulden zugerechnet, scheiden die §§ 276 ff., 828 ff. BGB als Zurechnungsnormen aus.420 Der rechtsgeschäftliche Charakter der Anweisung weist vielmehr den Weg in die allgemeine Rechtsgeschäftslehre,421 hin zu den rechtsgeschäftlichen Zurechnungstatbeständen.422 Die Zurechnung unterliegt den Voraussetzungen der allgemeinen Rechtsscheinhaftung. Als solche sind anerkannt:423 Fehlen eines rechtsgeschäftlichen Tatbestandes, Setzen eines Rechtsscheins mittels geeignetem Rechtsscheinträger, Zurechenbarkeit des Rechtsscheins sowie Schutzbedürftigkeit dessen, der sich auf den Rechtsschein beruft. Erst diese vier Voraussetzungen bringen die scheinbar nicht miteinander zu verein418

Vgl. oben Zweiter Teil § 15 I. 3. Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 104. 420 Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 314; Canaris, FS Larenz, S. 823. 421 Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 156. 422 Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 314; Canaris, FS Larenz, S. 823; Lieb, Festgabe BGH, S. 551; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 62. 423 Gottwald, BGB-Allgemeiner Teil, Rdnr. 190; Hübner, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 1285 f.; Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 562 ff.; Köhler, BGB Allgemeiner Teil, § 11 Rdnr. 35 ff.; Schack, BGB-Allgemeiner Teil, Rdnr. 501 ff.; Rüthers/Stadler, Allgemeiner Teil des BGB, § 30 Rdnr. 34 ff.; Pawlowski, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 716 ff.; St. Lorenz, JuS 2003, S. 840; Canaris, Vertrauenshaftung, S. 491. 419

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barenden Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes und der Veranlassung in Einklang.424 Die genannten Voraussetzungen müssen dabei kumulativ vorliegen, damit eine Leistung unter Rechtsscheinsgesichtspunkten bejaht werden kann.425 Letzteres wird leider bei der fehlenden Anweisung nicht immer hinreichend beachtet.426 So heben Literatur und Rechtsprechung mal die eine, mal die andere Voraussetzung unter Vernachlässigung der übrigen hervor.427 Eine Leistung unter Rechtsscheinsgesichtspunkten liegt jedoch nur vor, wenn alle Voraussetzungen bejaht werden können. (aa) Keine Leistung des Anweisenden an den Empfänger Mangels Anweisung wird die Bank nicht zum Erfüllungsgehilfen des „Anweisenden“. Obwohl die Bank die Summe auf das Konto des Empfängers gutschreibt, fehlt es sowohl an der Zuwendung als auch an einer Zuordnung des „Anweisenden“ und damit an einer Leistung an den Empfänger.428 (bb) Rechtsschein einer Leistung mittels geeignetem Rechtsscheinträger Dann muss der Rechtsschein einer Leistung, basierend auf einem geeigneten Rechtsscheinträger, hervorgerufen worden sein. Der Rechtsscheinträger ist Anknüpfungspunkt für den guten Glauben des Empfängers in das Vorliegen einer Leistung des „Anweisenden“.429 Er rechtfertigt es, dass der Empfänger überhaupt Vertrauen hinsichtlich des Vorliegens einer Leistung des „Anweisenden“ entwickeln darf. Dabei ist schon begrifflich zwischen dem Rechtsschein einer Leistung und dessen Träger zu unterscheiden.

424

Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 166; Canaris, WM 1980, S. 355,

364. 425

Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV 3 (S. 229 ff.); MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 63; St. Lorenz, JuS 2003, S. 840. 426 Vorbildlich in dieser Hinsicht Gottwald, BGB-Allgemeiner Teil, Rdnr. 190; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 161 ff.; St. Lorenz, JuS 2003, S. 840. 427 Vgl. nur Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 41; Henke, Leistung, S. 107; Köndgen, FS Esser, S. 70; BGHZ 61, 289 (293); BGHZ 87, 246 (250); BGHZ 87, 393 (397); BGHZ 89, 376 (381). 428 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 5. b) aa) (1). 429 Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 161.

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(a) Rechtsschein einer Leistung Fraglich ist, welcher Umstand überhaupt den Rechtsschein einer Leistung hervorruft. Wenn die Literatur fast ausnahmslos die Zurechenbarkeit der Tilgungsbestimmung betont,430 erachtet sie den Rechtsschein einer Tilgungsbestimmung als Vertrauensgrundlage. Darin liegt jedoch die Hauptursache für die zahlreichen Ungenauigkeiten und Fehler, die dem Problemkreis der Zurechnung verhaftet sind.431 Der Ansatz, die Tilgungsbestimmung rechtfertige das Vertrauen in eine Leistung des „Anweisenden“, beruht auf der unzutreffenden Gleichstellung von Zuwendung mit tatsächlicher Wertbewegung432 und der damit verbundenen Annahme, die Zweckbestimmungbestimmung lenke eine Zuwendung zu zwei Leistungen entlang der Kausalverhältnisse um.433 Geht man nämlich von der Tilgungs- oder Zweckbestimmung als zuzurechnenden Rechtsschein aus, würde die zugerechnete Zweckbestimmung die „Zuwendung“ der Bank wieder auf das Valutaverhältnis umleiten und es läge eine Leistung des vermeintlich Anweisenden vor.434 Nur unter Geltung des Ansatzes umlenkender Tilgungsbestimmungen könnte die Tilgungsbestimmung den Rechtsschein einer Leistung des „Anweisenden“ hervorrufen. Da aber diesem Ansatz aus den erwähnten Gründen nicht gefolgt werden kann,435 begründet die Tilgungsbestimmung entgegen der herrschenden Lehre nicht den erforderlichen Rechtsschein. Hager macht zudem darauf aufmerksam, dass unter Umständen bereits eine antizipierte (einseitige oder konsensuale) Zuordnung existiert.436 Dann aber kommt die vermeintliche Tilgungsbestimmung des „Anweisenden“ nicht als Rechtsscheinträger in Frage.437 Wer der Tilgungs430 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 52); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 392), 11 III (S. 426); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 21; Grunewald, Bürgerliches Recht, § 31 Rdnr. 9; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 79; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 59; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 20, 22, wobei dieser nicht genau zwischen Anweisung und Tilgungsbestimmung trennt; Canaris, WM 1980, S. 355 ff.; ders, JZ 1984, S. 628; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 302; Martinek, NJW 1992, S. 3142; Stolte, JZ 1990, S. 224 ff.; Wolf, Drittleistung, S. 115; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 148. 431 Exemplarisch Canaris, WM 1980, S. 366: „Die Unwirksamkeit der Anweisung berührt die Rechtsposition des Dritten im Falle der Wirksamkeit der Tilgungsbestimmung nicht.“ Mangels Anweisung liegt aber gerade keine wirksame Tilgungsbestimmung des scheinbar Anweisenden vor. Es bleibt allein eine Tilgungsbestimmung der Bank gemäß § 267 BGB. Eine solche hat sie aber nicht abgegeben, vgl. soeben Zweiter Teil § 16 II. 5. b) aa) (2). 432 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 3. 433 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. 434 Exemplarisch Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 52). 435 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 1 und Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (a). 436 Vgl. oben Erster Teil § 10 I. 4.

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bestimmung den Rechtsschein einer Leistung entnimmt, erachtet die Bedeutung der Zuwendung innerhalb des Leistungsbegriffs für zu gering. Darin offenbart sich die oft beklagte Überbewertung der Zweckbestimmung. Nur das richtige Verständnis des Zusammenspiels von Zuordnung und Zuwendung ist in der Lage, den Umstand zu bestimmen, welcher letztlich Vertrauen in das Vorliegen einer Leistung des „Anweisenden“ rechtfertigt. Zu beachten ist nämlich, dass allein aus der Vornahme der Zuwendung die Berechtigung zur Abgabe der Tilgungsbestimmung folgt.438 Deshalb rechtfertigt allein der Anschein einer Zuwendung des „Anweisenden“ das Vertrauen des Empfängers, es liege eine Leistung des „Anweisenden“ vor.439 Fehlt es nämlich gänzlich am Erhalt einer Zuwendung durch den Empfänger, würde dieser auch bei Erhalt einer Zuordnungsbestimmung nicht von einer Leistung des „Anweisenden“ ausgehen. Dies offenbart, dass allein die Zuwendung den Rechtsschein einer Leistung begründet. Für die Begründung einer Zuwendung des Anweisenden hat sich nun die Anweisung als maßgeblich erwiesen.440 Damit der Empfänger von einer Zuwendung und damit Leistung des „Anweisenden“ ausgehen darf, muss der Anschein vorliegen, die Bank führe mit der Gutschrift nur eine ihr vom „Anweisenden“ erteilte Anweisung aus.441 Erst der Rechtsschein des Vorliegen seiner Anweisung rechtfertigt das Vertrauen in eine Leistung des Anweisenden.442 Dieses Ergebnis deckt sich bemerkenswerterweise mit der Rechtsprechung des BGH, welcher im Anschluss an das Reichsgericht443 in 437

Hager, Festgabe BGH, S. 806. Vgl. schon oben Erster Teil § 3 I. 5. 439 Vgl. Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 127: „Geschützt wird der Empfänger im Vertrauen darauf, eine an ihn gerichtete Zuwendung erhalten zu haben.“; Köndgen, FS Esser, S. 69: „… zurechenbar erteilten Anweisung …“. 440 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (g). 441 Ebenso Lieb, Festgabe BGH, S. 552; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 60. Vgl. auch Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 772b: „… fehlendem (zurechenbarem) Rechtsscheins einer Anweisung …“ sowie Erman/ Westermann, § 812 Rdnr. 20 „… dem durch die Anweisung veranlassten Rechtsschein einer Tilgungsbestimmung …“ (Hervorhebung nur hier). Auch Canaris (WM 1980, S. 357) will den guten Glauben an die Anweisung schützen. In diese Richtung ebenfalls Sinn, NJW 1968, S. 1857: „Von einer Leistungsmittlung kann der Gläubiger nur ausgehen, wenn er Kenntnis vom Deckungsverhältnis zwischen Schuldner und Dritten hat.“ 442 Entgegen Wolf, Drittleistung, S. 20 ff., ist es auch nicht die Tilgungsbestimmung, welche die Drittleistung von der Leistungsmittlung abzugrenzen vermag. Entscheidend ist vielmehr, wer eigenes Vermögen einsetzt, wer mithin Zuwendender ist. Da jedoch der Zuwendende immer auch die Tilgungsbestimmung trifft, kommt Wolf zu ihrer Folgerung, welche zumindest in den Ergebnissen mit der hier vertretenen Ansicht übereinstimmen sollte. 443 RGZ 86, 347. 438

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seinen Entscheidungen auf die Kenntnis des Empfängers vom Widerruf der Anweisung (nicht der Tilgungsbestimmung!) abstellt.444 Zwar spielt die subjektive Komponente erst beim Ausschluss der Rechtsscheinhaftung eine Rolle,445 jedoch muss sich der gute Glaube immer auf den Rechtsschein beziehen.446 Wenn der BGH also die fehlende Kenntnis an das Vorliegen einer Anweisung anknüpft, hält auch er den Rechtsschein, die Bank führe nur eine Anweisung des „Anweisenden“ aus, mithin den Anschein einer Zuwendung des „Anweisenden“ mittels der Bank, für den entscheidenden Rechtsschein.447 (b) Träger des Rechtsscheins Der Anschein einer Anweisungsleistung bedarf eines Trägers, welcher den Rückschluss auf das Vorliegen einer Anweisung und damit Leistung des „Anweisenden“ berechtigterweise erlaubt.448 Betrachtet man die gesetzlich geregelten Fälle der Rechtsscheinhaftung (§§ 932 ff., 170 ff. BGB), sind Rechtsscheinträger immer tatsächliche Gegebenheiten. Beim gutgläubigen Eigentumserwerb an beweglichen Sachen ist es der Besitz, welcher gemäß § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB den Anschein erweckt, der Besitzer sei auch Eigentümer.449 Den §§ 170 ff. BGB lässt sich entnehmen, dass die bloße Behauptung der Innehabung von Vertretungsmacht seitens des scheinbaren Vertreters noch keinen geeigneten Rechtsscheinträger darstellt. Vielmehr müssen zusätzliche tatsächliche Momente, wie das Vorliegen einer Vollmachtsurkunde oder eine Mitteilung durch den Vertretenen, hinzukommen.450 Bei der Banküberweisung ist nun die Mehrung des Empfängervermögens der tatsächliche Umstand, der über die bloße Behauptung einer Leistung hinausgeht. Diese Vermögensmehrung wird bei der vorhandenen Anweisung vom Durchschlag des Überweisungsauftrags begleitet, auf wel444

BGHZ 61, 289 (293); 66, 362 (365); BGHZ 67, 75 (78). Dazu sogleich unter Zweiter Teil § 16 II. 5. b) aa) (3) (b) (dd). 446 MüKo/Schramm, § 167 Rdnr. 45; Bamberger/Roth/Habermeier, § 171 Rdnr. 9; Canaris, Vertrauenshaftung, S. 507. 447 Vgl. auch BGHZ 40, 272 (278): „Vielmehr muß … darauf abgestellt werden, als wessen Leistung sich die Zuwendung bei objektiver Betrachtungsweise … darstellt. Nicht auf den inneren Willen … aus der Sicht des Zuwendungsempfängers kommt es an.“ (Hervorhebungen nur hier). 448 Gottwald, BGB-Allgemeiner Teil, Rdnr. 190; Pawlowski, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 716. 449 Folgerichtig spielt der Besitz auch bei § 951 BGB und der Rückabwicklung in den Einbaufällen eine Rolle, vgl. nur oben Zweiter Teil § 14 IV. sowie Canaris, WM 1980, S. 358; Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 344. 450 Gottwald, BGB-Allgemeiner Teil, Rdnr. 190; Hübner, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 1285; BGHZ 5, 111 (116); BGH WM 1978, 1046 (1047). 445

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chem der „Anweisende“ als Zuwendender erscheint. Auch in den Kontoauszügen des Empfängers, in denen die Bank die Gutschrift erläutert, wird der Anweisende als Zuwendender ausgewiesen.451 Speziell anhand der Durchschrift des Überweisungsträgers lässt sich wieder ersehen, dass allein die Zuwendung als tatsächliches Element der Leistung, nicht aber die Zweckbestimmung den Rechtsschein einer Leistung trägt. So ist es für die widerrufene Anweisung anerkannt, dass Rechtsscheinträger für eine Leistung des „Anweisenden“ die dem Empfänger überbrachte Durchschrift des Überweisungsauftrags ist.452 Dabei ist es aber möglich, dass der Überweisende das Feld Verwendungszweck nicht ausgefüllt hat.453 Sofern nur die Anweisung vorhanden ist, liegt gleichwohl eine Leistung des Anweisenden vor.454 Auch bei widerrufener Anweisung kann das Feld Verwendungszweck nicht ausgefüllt worden sein. Ließe sich der Tilgungsbestimmung der Rechtsschein für eine Leistung entnehmen, müsste dies auch für den Fall der konkludenten Tilgungsbestimmung gelten. Wie aber kann der Empfänger einer konkludenter Zweckbestimmung darauf vertrauen, dass es sich um eine Leistung des „Anweisenden“ handelt? Eine konkludente Tilgungsbestimmung kann nicht den Rechtsschein einer Anweisungsleistung hervorrufen. Dass man gleichwohl bei konkludenten Tilgungsbestimmungen auf Grundlage des Überweisungsträgers von einer Leistung des „Anweisenden“ ausgehen kann, hängt nicht mit dem Verwendungszweck, sondern mit einem weiteren Bestandteil des Durchschlags zusammen. So darf nicht vergessen werden, dass der Anweisende in das Überweisungsformular notwendigerweise auch seine Kontodaten einträgt und deshalb als Anweisender erscheint.455 Nur deshalb darf der Empfänger davon ausgehen, die Bank habe eine Anweisung ausgeführt und sei Erfüllungsgehilfe des „Anweisenden“, weshalb eine Zuwendung des Anweisenden vorliegt. Die Betrachtung der Durchschrift des Überweisungsantrags zeigt, dass nicht die Tilgungsbestimmung, sondern der Anschein einer Zuwendung durch den Anweisenden den Rückschluss auf das Vorliegen einer Leistung rechtfertigt. Gleiches gilt im Übrigen für den Kontoauszug des Empfängers. Auch hier erscheint der vermeintlich Anweisende als Urheber der Zuwendung.456

451

Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (1). Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 IV (S. 442); Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 161; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 148; Canaris, WM 1980, S. 356; ders., JZ 1984, S. 629. 453 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 2. 454 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (3). 455 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 2. 456 Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 161. 452

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(cc) Zurechenbarkeit Ferner setzt die Rechtsscheinhaftung voraus, dass der entstandene Rechtsschein einer Anweisungsleistung vom vermeintlich Anweisenden auch zurechenbar gesetzt wurde.457 Dieser Erkenntnis konnte sich auch der BGH nicht verschließen,458 nachdem er in früheren Entscheidungen allein auf die Schutzwürdigkeit des Empfängers abgestellt hatte.459 Wann aber ist der Rechtsschein einer Leistung, hervorgerufen durch Erhalt des Überweisungsträgerdurchschlags oder der Erläuterungen auf dem Kontoauszug, dem „Anweisenden“ zurechenbar? Dabei spielt das Veranlassungsprinzip die entscheidende Rolle. Ohne Veranlassung kommt keine Zurechnung in Frage.460 Der Rechtsschein einer Anweisung muss vom „Anweisenden“ zumindest veranlasst worden sein.461 (a) Fehlende Veranlassung An der Veranlassung fehlt es, wenn er die konkrete Anweisung nie erteilt hat.462 Das ist bei der gefälschten Anweisung evident,463 trifft aber auch auf die nicht unterzeichnete Anweisung zu.464 Bei der Überweisung an den falschen Empfänger hat der „Anweisende“ eine entsprechende Anweisung ebenfalls nicht erteilt.465 In den Fällen der Doppelüberweisung hat der An457

Hübner, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 1286; Rüthers/Stadler, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 43; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 21; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 772b; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 162; Schnauder, JZ 1987, S. 71; Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 314. 458 BGHZ 147, 145 (151); BGHZ 111, 382 (386); BGH ZIP 1990, 1126 f. 459 BGHZ 61, 289 (293); BGHZ 87, 246 (250); BGHZ 87, 393 (397); BGHZ 89, 376 (381); vgl. auch OLG München NJW-RR 1988, 1391, 1392; KG NJW-RR 1992, 816. 460 Hagmann-Lauterbach, S. 134; Henke, Leistung, S. 108; Pinger, AcP 179 (1979), S. 315; Stolte, JZ 1990, S. 224; Köndgen, FS Esser, S. 70. 461 Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 140. 462 Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 164; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 52; Stolte, JZ 1990, S. 224; Canaris, WM 1980, S. 355; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 5; Möschel, JuS 1972, S. 302; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 140. 463 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 53); Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 22; Schlechtriem, JZ 1993, S. 28; Canaris, JZ 1984, S. 628; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 143; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 170; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 145; BGH WM 1976, 1142; BGH NJW-RR 1990, 1200 (1201); BGH WM 1990, 1280 ff.; BGH NJW 1994, 2357 (2358). 464 BGHZ 66, 362 (366); Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 21. 465 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 53); Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 21; Canaris, JZ 1984, S. 628; ders, WM 1980, S. 355; Möschel, JuS 1972,

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

weisende zwar eine Anweisung abgegeben. Hinsichtlich der zweiten Überweisung fehlt es aber an einer konkreten Anweisung des „Anweisenden“.466 Entgegen der Ansicht des BGH fehlt es schließlich auch beim Fall der Zuvielüberweisung an einer konkreten Anweisung für den überschießenden Betrag.467 Eine unterschiedliche Beurteilung von Doppel- und Zuvielüberweisung lässt sich nicht rechtfertigen.468 (b) Unwirksame Veranlassung Daneben gibt es Fälle, in denen zwar eine Anweisung vorliegt, diese aber rechtlich unwirksam ist. So ist die Anweisung eines Geschäftsunfähigen als Willenserklärung469 gemäß § 105 BGB nichtig.470 Die Wirksamkeit der Anweisung beschränkt Geschäftsfähiger beurteilt sich hingegen nach § 107 BGB. Fraglich ist, ob die Anweisung dem beschränkt Geschäftsfähigen einen lediglich rechtlichen Vorteil bringt. Das wird von einigen Autoren mit der Begründung bejaht, eine wirksame Anweisung führe zum Erlöschen der Forderung im Valutaverhältnis.471 Diese Autoren übersehen jedoch, dass eine wirksame Anweisung nicht allein Auswirkungen auf das Valutaverhältnis zeitigt.472 Durch die Anweisung wird nämlich auch die zu erfüllende Forderung im Deckungsverhältnis begründet und der Schuldner des beschränkt geschäftsfähigen Gläubigers gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1, 183 BGB im Deckungsverhältnis ermächtigt, einem anderen als dem GläuS. 303; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 144; Stolte, JZ 1990, S. 224; BGHZ 66, 372 (374); OLG Bamberg NJW-RR 2001, 129; OLG München NJW-RR 1988, 1391 (1392). Anderer Ansicht Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 349. 466 Schlechtriem, JZ 1993, S. 28; Möschel, JuS 1972, S. 303; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 63; OLG Hamburg NJW 1983, 1499 (1500). 467 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 53); Stolte, JZ 1990, S. 225; Möschel, JuS 1972, S. 303; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 144. 468 Anders der BGH, vgl. nur BGHZ 147, 145 (151); BGH WM 1986, 1381. 469 Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 321; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 5; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 156; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 21; BGHZ 111, 282 (386). 470 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II 3 (S. 206); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 54); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 36; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 51; Canaris, BB 1972, S. 778; von Caemmerer, JZ 1962, S. 388; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 302; Mühl, NJW 1968, S. 1869; Stolte, JZ 1990, S. 225; BGHZ 111, 382 (386); Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 158; Henke, Leistung, S. 109; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 151. 471 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 III (S. 431); Thielmann, AcP 187 (1987), S. 43; Möschel, JuS 1972, S. 302. 472 Eine Erfüllung im Valutaverhältnis würde im Übrigen an einer wirksamen Tilgungsbestimmung scheitern, vgl. oben Erster Teil § 9 III. 3.

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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biger den geschuldeten Gegenstand zu verschaffen.473 Das läuft der Schutzbedürftigkeit des nicht voll geschäftsfähigen Gläubigers zuwider, welcher den Gegenstand tatsächlich erhalten soll.474 Daher wird teilweise erwogen, die Wirkungen der Anweisung zu trennen. So sollen die Folgen für das Valutaverhältnis wegen des Erlöschens als lediglich vorteilhaft, für das Deckungsverhältnis hingegen als nachteilig angesehen werden.475 Danach wäre wenigstens der das Valutaverhältnis betreffende Teil der Anweisung gemäß § 107 BGB wirksam. Eine solche Trennung einer einheitlichen Willenserklärung nach § 139 BGB ist aber nicht möglich. Die Weisung und die Ermächtigung sind vielmehr eine untrennbare Einheit, wie zwei Seiten einer Medaille.476 Die Anweisung des beschränkt Geschäftsfähigen ist daher nicht lediglich rechtlich vorteilhaft und bedarf als einseitiges Rechtsgeschäft gemäß § 111 BGB der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.477 Fehlt die Einwilligung, ist die Anweisung nichtig.478 Zwar erwecken auch die auf diesen Anweisungen beruhenden Zuwendungen beim Empfänger den Rechtsschein von Anweisungsleistungen. Dieser ist auch veranlasst. Nur darf der gesetzlich intendierte Schutz der nicht voll Geschäftsfähigen nicht durch die Rechtsscheinhaftung umgangen werden, weshalb Anweisungen nicht voll Geschäftsfähiger ebenfalls keinen zurechenbaren Rechtsschein erzeugen.479 Zurechenbarkeit setzt mithin Zurechnungsfähigkeit voraus.480 (g) Beseitigung des „Veranlassungsbeitrages“ Schwieriger lassen sich die Fälle beurteilen, in denen die Anweisung erst wirksam erteilt wurde, aber später entfallen ist. Das betrifft die Fälle des Wi473

Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) cc). Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 8. a) aa). 475 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 III (S. 429 ff.); Thielmann, AcP 187 (1987), S. 43; Flume, AcP 199 (1999), S. 18; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 163. 476 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (2) (a). 477 Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 5; Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 374. Hagmann-Lauterbach, Finale Leistungsbewirkung, S. 45 hingegen erachtet die Anweisung als vorteilhaft, sofern der nicht voll Geschäftsfähige leisten kann. Da jedoch ohne Anweisung keine Zuwendung und damit keine Leistung vorliegt, beruht dieser Ansatz auf einem Zirkelschluss. 478 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II 3 (S. 207); Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 374; Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III 3 (S. 441); Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 51; Kupisch, Sonderbeilage WM 1979, S. 5. 479 BGHZ 111, 382 (387); Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 22; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 141; Stolte, JZ 1990, S. 225. 480 Rüthers/Stadler, Allgemeiner Teil des BGB, § 30 Rdnr. 44; Canaris, WM 1980, S. 355. 474

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

derrufs und der Anfechtung der Anweisung. Hier hatte der Anweisenden eine konkrete Weisung in Bezug auf den Empfänger abgegeben, weshalb eine Veranlassung fraglos vorliegt.481 Allerdings könnte er seinen Veranlassungsbeitrag durch Widerruf oder Anfechtung beseitigt haben. Dem steht entgegen, dass seine erste Weisung dennoch der kausale Anlass für den Irrtum der Bank ist. Die Beseitigung der Veranlassung ist wohl nicht möglich. Daran zeigt sich jedoch, dass die bloße Veranlassung der Anweisung als alleiniges Zurechnungskriterium zu weit geht.482 Vielmehr ist den §§ 170 ff. BGB zu entnehmen, dass eine Zurechnung der Leistung neben der Veranlassung voraussetzt, dass der vermeintlich Anweisende nicht alles Zumutbare getan hat, um die Entstehung des Rechtsscheins zu verhindern; er den Rechtsschein also vorwerfbar veranlasst hat.483 Fraglich ist aber, ob die §§ 170 ff. BGB auch auf die widerrufene oder angefochtene Anweisung analog angewandt werden können. Das ist mit dem Argument bejaht worden, die Bank überbringe, gleich einem falsus procurator, die Tilgungsbestimmung als Bote oder Stellvertreter für den Anweisenden, ohne dass dieser Boten- oder Vertretungsmacht erteilt hatte.484 Dahinter steht jedoch der Gedanke, dass die Tilgungsbestimmung für den Anschein einer Leistung verantwortlich sei. Diesem Ansatz kann aus den genannten Gründen nicht gefolgt werden. Erst die scheinbare Zuwendung des „Anweisenden“ begründet den Rechtsschein einer Anweisungsleistung.485 Zugerechnet wird nicht die Tilgungsbestimmung, sondern die Zuwendung. Dies schließt jedoch die Anwendbarkeit der §§ 170 ff. BGB nicht aus. Speziell bei der Funktion der Anweisung für die Erfüllung im Deckungsverhältnis – Erweiterung der Vermögenssphäre des Anweisenden – hat sich gezeigt, dass die Anweisung den Wirkungen der Stellvertretung durchaus vergleichbar ist.486 Beide Institute führen zu einem Handeln mit unmittelbarer Wirkung in fremder Rechtssphäre.487 Dass die Anweisung nach §§ 362 Abs. 2, 185 BGB Auswirkungen auf das Deckungsverhältnis zeitigt, erkennen auch Reuter/Martinek. Ihrer 481

Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 54); Kupisch, ZIP 1983, S. 1418; BGHZ 89, 376 (381). 482 Flume, AcP 199 (1999), S. 7. 483 Pawlowski, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 716b; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 166. 484 Zuerst Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 324 ff. Zustimmend Canaris, Vertrauenshaftung, S. 66 ff., 140; ders., WM 1980, S. 355; ders., JZ 1984, S. 627; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 114 ff.; Wolf, Drittleistung, S. 115; Kamionka, JuS 1992, S. 933; Stolte, JZ 1990, S. 225; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 43; BGHZ 89, 376 (377). 485 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 5. b) aa) (3) (b) (bb). 486 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (2) (a). 487 Canaris, WM 1980, S. 356; Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 314; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 101.

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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Meinung nach beschränken sich die Wirkungen der Anweisung aber auf das Deckungsverhältnis, weshalb die §§ 170 ff. BGB zwar im Verhältnis der Bank zum Anweisenden, nicht aber im hier fraglichen Verhältnis des Empfängers zum Anweisenden Anwendung finden.488 Richtigerweise entfaltet die Anweisung sehr wohl Auswirkungen im Valutaverhältnis.489 Reuter/Martinek selbst trifft der von ihnen gegenüber Canaris und Hassold erhobene Vorwurf, die Anweisung misszuverstehen.490 Wie man bei der Betrachtung der rechtlichen Vorteilhaftigkeit der Anweisung die Wirkung für das Valutaverhältnis nicht von der Wirkung für Deckungsverhältnis trennen kann,491 ist auch bezüglich der analogen Anwendung der §§ 170 ff. BGB die Anweisung nur als einheitliches Rechtsgeschäft mit allen seinen Wirkungen zu betrachten. Dabei sind die Tatbestände der Stellvertretung und der Anweisung vergleichbar. Die entsprechende Anwendung der §§ 170 ff. BGB ist auch im Verhältnis des Empfängers zum „Anweisenden“ nicht ausgeschlossen.492 (aa) Zurechnung bei Widerruf der Anweisung Ist nun die Zuwendung dem vermeintlich Anweisenden analog §§ 170 ff. BGB als dessen Leistung zurechenbar, wenn er die Anweisung gegenüber der angewiesenen Bank vor Gutschrift auf das Empfängerkonto493 widerrufen hat? Die Anwendung der §§ 170 ff. BGB könnte bereits daran scheitern, dass der Widerruf der Anweisung in § 790 S. 1 BGB eine spezielle Regelung erfahren hat und dort keine den §§ 170 ff. BGB vergleichbaren Regelungen für den Widerruf existieren.494 Daher könnte § 790 S. 1 BGB als lex specialis die entsprechende Anwendung der §§ 170 ff. BGB ausschließen. Dagegen spricht, dass bereits die Regelung des § 791 BGB mit § 672 BGB vergleichbar ist. Aus den Normen der §§ 168 S. 1, 672 BGB wird nun die Abstraktheit der Vollmacht gefolgert, eine der wesentlichen Grundwertungen des Rechts der Stellvertretung.495 Die Anweisung zeichnet sich ebenfalls durch einen abstrakten Charakter, nämlich der Unabhängigkeit vom Girovertrag, aus.496 Dabei beschränkt sich die Abstraktheit der 488

Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 395). Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) cc). 490 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 395). 491 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 5. b) aa) (3) (b) (cc). 492 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 II 3 (S. 209); Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 105. 493 Der Zeitpunkt der Gutschrift ist der spätestmögliche Zeitpunkt des Widerrufs, vgl. Möschel, JuS 1972, S. 299. 494 Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 340; Stolte, JZ 1990, S. 225. 495 Vgl. nur Petersen, Jura 2004, S. 831. 496 Stolte, JZ 1990, S. 226; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 124. 489

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Anweisung nicht auf die angenommene Anweisung, wie § 791 BGB vermuten lässt, sondern kommt auch der Anweisung im weiteren Sinne zu.497 Sowohl durch § 672 BGB als auch § 791 BGB wird das Vertrauen in den Fortbestand von Vollmacht bzw. Anweisung geschützt. Dem § 791 BGB lässt sich mithin entnehmen, dass Anweisung und Vollmacht vergleichbar sind. Überdies ähnelt der überbrachte Durchschlag des Überweisungsträgers stark einer Vollmachtsurkunde, da sich aus den Kontoinformationen der „Anweisende“ als Urheber der Zuwendung ersehen lässt.498 Diese Situation entspricht § 172 BGB, mithin der schriftlichen Kundgabe einer Innenvollmacht nach außen einem Dritten gegenüber.499 Trotz Widerrufs wird das Vertrauen in den Fortbestand von Vollmacht und Anweisung geschützt. Deshalb sind auch bei Widerruf der Anweisung die §§ 170 ff. BGB dem Grunde nach anwendbar.500 Wird also dem Empfänger der Durchschlag des Überweisungsträgers überbracht, ist dem „Anweisenden“ der Rechtsschein einer Zuwendung mittels Erfüllungsgehilfen analog § 172 BGB zuzurechnen, wenn er für diese Zuwendung den Anweisungsträger ausgefüllt hat.501 Dann ist es gerechtfertigt, ihm die widerrufene Anweisung zuzurechnen. Anders als bei der Doppel- oder Zuvielüberweisung hat er eine konkrete Anweisung abgegeben.502 Unter Berücksichtigung dieses Umstandes ist auch die vom BGH vorgenommene Unterscheidung, ob die Anweisung von Anfang an fehlte oder erst nachträglich entfallen ist,503 keineswegs willkürlich, wie sie gelegentlich dargestellt wird.504 Flume ist hingegen der Ansicht, dass der Widerruf nicht allein die Anweisung entfallen lässt, sondern auch die Veranlassung zerstört, weshalb eine Zurechnung ausscheiden muss.505 Diese Ansicht widerspricht schon 497

Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (1). Vgl. Canaris, WM 1980, S. 356, welcher aber zu Unrecht auf die Tilgungsbestimmung abstellt. Ablehnend Lieb, Festgabe BGH, S. 553. 499 Vgl. Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 349. 500 Stolte, JZ 1990, S. 226. Für die Anweisung nach § 783 ff. BGB zustimmend Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 340; für die Anweisung im weiteren Sinn ablehnend Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 349. 501 Canaris, JZ 1984, S. 629; Lieb, JZ 1983, S. 962; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 52; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 20. Anders neuerdings Lieb, Festgabe BGH, S. 553. 502 Diesen Unterschied übersehen Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 IV (S. 442 f.); Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 51. 503 Vgl. nur BGHZ 89, 376 (380 f.). 504 So von Flume, AcP 199 (1999), S. 6; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 169; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 110; den BGH ablehnend auch Canaris, BB 1972, S. 779. 505 Flume, AcP 199 (1999), S. 6; zustimmend Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 75; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 166. 498

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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der Intention des Gesetzes. Die Vorschriften der §§ 170 ff. BGB als gesetzlich geregelte Fälle der Rechtsscheinshaftung setzen ausweislich des § 173 BGB gerade voraus, dass die Vollmacht erloschen ist. Als Erlöschensgründe kommen im Wesentlichen aber nur deren Widerruf oder die Anfechtung in Betracht. Wenn Flume bei Widerruf der Anweisung auch die Veranlassung entfallen lässt, lehnt er im Ergebnis die Rechtsscheinhaftung als solche ab. Die §§ 170 ff. BGB kann er dann jedenfalls nicht erklären. Zugerechnet wird dem Anweisenden die widerrufene Anweisung nicht allein deshalb, weil er die Überweisung veranlasst hat. Der in § 172 BGB enthaltene Vorwurf geht vielmehr dahin, dass er neben der Veranlassung mit dem Überweisungsträger eine Urkunde geschaffen hat, die für den Empfänger bestimmt war und bei diesem zu einem berechtigten Vertrauen geführt hat.506 Scheidet die Zurechnung nur aus, wenn der „Anweisende“ alles Zumutbare unternommen hat, um die Entstehung des Rechtsscheins zu verhindern,507 ist von ihm zu erwarten, dass er den Widerruf auch gegenüber derjenigen Person erklärt, die als Empfänger des Durchschlags bestimmt war.508 Setzt der Anweisende den Empfänger also nicht rechtzeitig über den Widerruf der Anweisung in Kenntnis, ist ihm die Zuwendung als eigene zuzurechnen.509 Dies gilt a minore ad maius erst Recht für einen Dauerauftrag. Auch bei diesem liegt dem Empfänger regelmäßig der Durchschlag des Überweisungsträgers vor, was eine Zurechnung entsprechend § 172 BGB ermöglicht. Wer einen Dauerauftrag widerruft, muss auch den Empfänger über den Widerruf informieren.510 Anderenfalls wird dem „Anweisenden“ die Zuwendung der Bank als seine eigene zugerechnet.511 Neben § 172 BGB besteht die Möglichkeit, dem „Anweisenden“ die Zuwendung der Bank nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht zuzurechnen. Angesichts mehrmaliger unbeanstandeter Überweisungen darf der Empfänger darauf vertrauen, dass eine Zuwendung des „Anweisenden“ vorliegt.512 Bemerkenswert ist in dieser Hinsicht das Urteil BGHZ 89, 376 ff.: Dort hatte der „Anweisende“ dem Empfänger zuerst schriftlich mitgeteilt, dass er die Zahlungen einstellen werde, und dann den Dauerauftrag der 506

BGH NJW 1984, 1348 (1349). Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 166. 508 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV 3 (S. 230). 509 Dass auch im Falle der Kündigung des Überweisungsvertrags der Empfänger über die Kündigung zu unterrichten ist, davon geht im Übrigen auch § 676a Abs. 4 S. 1 2. HS. BGB aus. 510 Stolte, JZ 1990, S. 225. So schon BGHZ 61, 289 (293) zum Scheck. 511 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV 3 (S. 231); Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 20; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 52; BGH WM 1984, 890 (891). 512 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV 3 (S. 231). 507

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Bank gegenüber widerrufen. Der BGH hat die weiteren Zahlungen der Bank an den Empfänger dem „Anweisenden“ trotz schriftlicher Information des Empfängers seitens des Anweisenden als dessen Leistung zugerechnet.513 Dieses Ergebnis widerspricht auf den ersten Blick den obigen Ausführungen. Selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellt, die Ankündigung stelle den Widerruf nur in Aussicht, ohne diese Rechtfolge als sicher hinzustellen,514 dürfte sie ausreichen, um das Vertrauen des Empfängers in den Rechtsschein einer Anweisungsleistung zu zerstören. Allerdings wurde die Summe nach der Information des Empfängers noch 13 Monate weiter überwiesen, ohne dass der vermeintlich Anweisende dies beanstandete. Dies begründete den Rechtsschein einer Leistung des „Anweisenden“. Zuzurechnen ist dieser Rechtsschein, weil der „Anweisende“ aufgrund der Abbuchungen hätte erkennen müssen, dass die Bank weiterhin Zuwendungen in seinem Namen vornimmt. Auch der BGH rechnet den widerrufenen Dauerauftrag somit nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht zu.515 (bb) Zurechnung bei Anfechtung der Anweisung Hat die Bank die vermeintliche Anweisung schon ausgeführt und die Summe beim Empfänger gutgeschrieben, scheidet ein Widerruf der Anweisung aus. An die Stelle des Widerrufs tritt die Anfechtung. Voraussetzung ist, dass der Anweisende bei Abgabe der Anweisungserklärung einem beachtlichen Willensmangel516 unterliegt.517 Die Voraussetzungen für eine Anfechtung der Anweisung sind also wesentlich enger als die Widerrufsvoraussetzungen. Ficht nun der Anweisende die Anweisung der Bank gegenüber an, bereitet die Zurechnung analog § 172 BGB keinerlei Probleme, hat doch der Empfänger den Durchschlag des Überweisungsträgers als Urkunde erhalten. Dabei ist nur zu beachten, dass eine Zurechnung erst nach erfolgter Anfechtung nötig ist, denn bis zur Anfechtungserklärung lag tatsächlich eine Leistung des Anweisenden mittels der Bank vor. Entfällt diese Leistung rückwirkend, zerstört die Anfechtung zumindest dann nicht den Rechtsschein, wenn sie allein der Bank gegenüber erklärt wird. Will der „Anweisende“ die Wirkungen der erteilten Anweisung voll513

BGHZ 89, 376 (380). BGHZ 89, 376 (380) = BGH NJW 1984, 1349. 515 BGHZ 89, 376 (382). 516 Dabei kommen sowohl Irrtümer gemäß §§ 119 f. BGB als auch andere zur Anfechtung berechtigende Willensmängel gemäß § 123 BGB in Betracht. 517 Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 151; Bamberger/ Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 166 weisen zutreffend darauf hin, dass die Anweisung einen Willensmangel aufweisen muss, nicht die Zuordnung. 514

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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ständig beseitigen, muss er auch dem Empfänger gegenüber die Anfechtung erklären.518 Ficht der Anweisende die Anweisung hingegen vor ihrer Ausführung der Bank gegenüber an, entspricht die Interessenlage dem Widerruf. Die Nichtbeachtung der Anfechtung durch die Bank ist dem Anweisenden dann zurechenbar, wenn er nicht alles Zumutbare getan hat, um die Entstehung des Rechtsscheins einer Anweisungsleistung zu verhindern. Sofern die Anfechtung der Anweisung allein der Bank und nicht auch dem Empfänger gegenüber erklärt wird, ist die Zuwendung dem Anweisenden zurechenbar.519 (dd) Schutzbedürftigkeit Schließlich setzt die Rechtsscheinhaftung voraus, dass das Vertrauen des Empfängers in das Vorliegen einer Zuwendung des „Anweisenden“ schutzwürdig ist.520 Hat der Empfänger Kenntnis vom Fehlen einer Anweisung, besteht kein schutzwürdiges Vertrauen in eine Leistung des „Anweisenden“.521 Speziell auf die Unkenntnis des Empfängers vom Fehlen der Anweisung hat der BGH in seinen früheren Urteilen die Voraussetzung für eine Zurechnung beschränkt.522 Fraglich erscheint allerdings, ob es nur dann eines schutzwürdigen Vertrauens ermangelt, wenn der Empfänger positive Kenntnis vom Fehlen der Anweisung hatte. Davon geht offensichtlich der BGH aus.523 Nimmt man die Zurechnung hingegen in analoger Anwendung der §§ 170 ff. BGB vor, ist § 173 BGB zu berücksichtigen.524 Danach entfällt die Zurechnung nicht nur bei Kenntnis des Empfängers, sondern bereits, wenn der Empfänger das Fehlen der Anweisung hätte kennen müssen, mithin bei fahrlässiger Unkenntnis.525 518 Ein ähnliches Problem stellt sich bei der Anfechtung der ausgeübten Innenvollmacht, bei der nach einer Meinung die Anfechtung zusätzlich dem Vertragspartner erklärt werden muss, vgl. Petersen, AcP 201 (2001), S. 385; Köhler, BGB AT, § 11 Rdnr. 28. 519 Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 52; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 20; Pinger, AcP 179 (1979), S. 317. 520 Vgl. nur Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 773; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 106; Pinger, AcP 179 (1979), S. 318 Fn. 16. 521 Flume, AcP 199 (1999), S. 12; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 167; Pinger, AcP 179 (1979), S. 318 Fn. 106; BGHZ 87, 393 (397); OLG Hamm, NJW-RR 1986, 791. 522 BGHZ 61, 289 (293); BGHZ 66, 362 (365); BGHZ 67, 75 (78); BGHZ 87, 393 (397); BGHZ 89, 376 (380). 523 Vgl. nur BGHZ 87, 393 (397); BGHZ 89, 376 (380); BGH NJW 1984, 2205. 524 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV 3 (S. 231); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 53); Canaris, JZ 1984, S. 628; Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 324.

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

Der Vergleich mit § 932 Abs. 2 BGB als einen anderen Fall gesetzlich geregelter Rechtsscheinshaftung bestätigt diese Ansicht.526 Die Anweisung im Rahmen der abgekürzten Lieferung ist regelmäßig mit dem Geheißerwerb verbunden.527 Scheitert der Eigentumserwerb des anweisenden Erstkäufers, bemisst sich der Eigentumserwerb des Zweiterwerbers nach § 932 Abs. 2 BGB, wonach nicht allein Kenntnis, sondern auch grob fahrlässige Unkenntnis den Eigentumserwerb des Empfängers ausschließt. Dies kann bei der Bankanweisung, die als spezielle Anweisungslage nicht auf die Übereignung von Sachen, sondern auf Erteilung einer Gutschrift gerichtet ist, nicht anders sein.528 Auch hier muss bereits fahrlässige Unkenntnis vom Widerruf der Anweisung die Zurechnung entfallen lassen. Mangels Leistung des „Anweisenden“ fehlt es dann an der Erfüllung im Valutaverhältnis und die Gutschrift muss gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB herausgegeben werden. Der Vergleich mit § 932 Abs. 2 BGB deckt aber einen weiteren Widerspruch auf. Bereits Werner Lorenz hat darauf hingewiesen, dass die Schutzbedürftigkeit des Empfängers analog § 173 BGB bereits bei leicht fahrlässiger Unkenntnis entfällt, nach § 932 Abs. 2 BGB hingegen erst bei grob fahrlässiger Unkenntnis.529 Richtigerweise ist für einen Ausschluss der Schutzbedürftigkeit wenigstens grob fahrlässige Unkenntnis des Empfängers vom Fehlen einer Anweisung zu fordern. Anderenfalls müsste sich der Empfänger einer Gutschrift jedes Mal durch Rückfragen vergewissern, ob die Anweisung tatsächlich vorgelegen hat. Auch Beweiserwägungen sprechen für diese Lösung. Die vom BGH geforderte Kenntnis des Empfängers vom Fehlen einer Anweisung dürfte für den Anweisenden oft nur schwer zu beweisen sein, weshalb die Schutzbedürftigkeit auch dann entfallen sollte, wenn sich das Fehlen der Anweisung für den Empfänger geradezu aufdrängt. Diese Evidenzfälle entsprechen der grob fahrlässigen Unkenntnis. Die Schutzbedürftigkeit des Empfängers entfällt mithin, wenn er wusste oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht wusste, dass die Anweisung vom „Anweisenden“ widerrufen oder angefochten wurde.

525

Canaris, JZ 1987, S. 202; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 168. Kein Argument dafür, dass es nicht allein auf Wissen, sondern auch auf Wissen müssen ankommt, kann man hingegen aus dem Umstand ziehen, dass auch die Tilgungsbestimmung nicht so gilt, wie der Empfänger sie verstanden hat, sondern so, wie er sie hätte verstehen müssen (anders aber Canaris, JZ 1984, S. 628). Es geht nicht um die Zurechnung der Tilgungsbestimmung, sondern um die Zurechnung der Zuwendung, vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 5. b) aa) (3) (b) (bb). 527 Habersack, Sachenrecht, Rdnr. 164; Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 804; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 31. 528 Wilhelm, AcP 175, S. 344 ff. 529 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 51. 526

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(4) Zwischenergebnis zur Erfüllung im Valutaverhältnis Fehlt es an einer wirksamen Anweisung, scheitert die Erfüllung im Valutaverhältnis am Fehlen einer Leistung des vermeintlich Anweisenden.530 Eine Drittleistung nach § 267 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht.531 Nur bei angefochtener und widerrufener Anweisung liegt ausnahmsweise eine Leistung des „Anweisenden“ nach Rechtsscheinsgesichtspunkten vor. Dann tritt Erfüllung des Valutaverhältnisses ein.532 Aufgrund der Rechtsähnlichkeit der Anweisung mit der Stellvertretung besteht für den Anweisenden außerdem analog §§ 177 Abs. 1, 184 BGB die Möglichkeit, die Zuwendung der Bank an den Empfänger als seine Leistung zu genehmigen.533 In diesem Fall erlischt das Valutaverhältnis ebenfalls durch Erfüllung. bb) Erfüllung im Deckungsverhältnis Fehlt es an einer Anweisung, scheitert die Erfüllung im Deckungsverhältnis nicht erst an der fehlenden Ermächtigung der Bank, den Leistungserfolg gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1, 183 BGB beim dritten Empfänger herbeizuführen. Vielmehr kommt mangels Anweisung schon kein Überweisungsvertrag zwischen Bank und „Anweisenden“ zustande, weshalb es bereits an der zu erfüllenden Forderung im Deckungsverhältnis fehlt. Das der Anweisung immanente Angebot auf Abschluss eines Überweisungsvertrags lässt sich auch nicht aus Rechtsscheinsgesichtspunkten begründen. Sofern eine Anweisung nie erteilt wurde, fehlt es wieder an der Veranlassung.534 Selbst nach Anfechtung oder Widerruf der Anweisung gibt es im Verhältnis des „Anweisenden“ zur Bank keinen zurechenbaren Rechtsschein.535 Der 530

Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 5. b) aa) (1). Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 5. b) aa) (2). 532 Wird die widerrufene Anweisung durch die Bank dennoch ausgeführt und dem Anweisenden als seine Leistung zugerechnet, kann er den entstandenen Schaden gemäß § 280 Abs. 1 BGB von der Bank ersetzt verlangen. 533 Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 149; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 176. Zusätzlich muss er auch die Tilgungsbestimmung, welche die Bank als Bote ohne Botenmacht abgegeben hat, genehmigen. Dem steht § 180 S. 1 BGB nicht entgegen. Erstens ist § 180 S. 1 BGB, anders als § 174 S. 1 BGB (vgl. nur AnwK-BGB/Ackermann, § 174 Rdnr. 3), nicht auf die fehlende Botenmacht übertragbar. Und zweitens wird der Empfänger bei Erhalt der Tilgungsbestimmung wohl kaum jemals das Fehlen der Botenmacht beanstanden, erlangt er doch die geschuldete Gutschrift. 534 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 5. b) aa) (3) (b) (cc). 535 Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 149; Lieb, Festgabe BGH, S. 554. 531

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

Anweisende muss sich darauf verlassen können, dass die von ihm vorgenommene Vernichtung der Anweisung durch die Bank beachtet wird.536 Regelmäßig kommt eine Erfüllung im Deckungsverhältnis nicht in Betracht. Lediglich im Fall der nachträglichen Genehmigung der Zuwendung der Bank an den Empfänger seitens des „Anweisenden“ als seine Leistung im Valutaverhältnis wird nicht nur die Erfolgsbewirkung an den Empfänger gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 2, 184 BGB genehmigt, sondern zugleich das Angebot der Bank auf Abschluss eines Überweisungsvertrages angenommen.537 Durch die Genehmigung entsteht die Forderung im Deckungsverhältnis, welche zugleich gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 2, 184 BGB erlischt. c) Rückabwicklung bei fehlerhaften Kausalverhältnissen Die fehlende Anweisung offenbart, dass die Bestimmung der Kondiktionspartner allein mittels des Leistungsbegriffs und der Zweckverfehlung versagt.538 Auch bei fehlender Anweisung bezweckt nämlich die Bank im Deckungsverhältnis die Erfüllung der vermeintlichen Forderung des „Anweisenden“.539 Eine abweichende Rückabwicklung der fehlenden Anweisung im Vergleich zur vorhandenen Anweisung lässt sich mit der Zweckverfolgung somit nicht erklären.540 Die Überbewertung der Zweckverfolgung kulminiert in der Aussage Wielings: „Entscheidend ist nicht, ob eine Weisung vorgelegen hat, sondern wer an wen geleistet hat.“541 Richtigerweise ist für die bestehenden Leistungen das Vorliegen einer Anweisung existenziell, fehlt es doch mit der Anweisung an einer Zuwendung des „Anweisenden“ an den Empfänger und einer Zuwendung der Bank an den „Anweisenden“ und damit gleichlaufenden Leistungen.542 Diese Risikoübernahme durch Vornahme der Leistungen beeinflusst aber die Rückabwicklung.543 Deshalb ist es für die Rückabwicklung entscheidend, ob entweder 536 Vgl. Flume, NJW 1984, S. 465. Kupisch, ZIP 1983, S. 1418 formuliert es so: „Im Deckungsverhältnis ist Widerruf Widerruf, d. h. wirksam.“ 537 Wobei die Bank den Abschluss des Vertrages konkludent durch Vollzug der noch nicht geschuldeten Gutschrift anbietet. 538 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 III (S. 426). 539 Pinger, AcP 179 (1979), S. 315; Lieb, NJW 1982, S. 2036; Kupisch, JZ 1997, S. 214; Möschel, JuS 1972, S. 302. 540 Die Gleichbehandlung vertreten Wieling, JZ 1977, S. 291; ders., JuS 1978, S. 807; Pfister, JR 1969, S. 47. 541 Wieling, JuS 1978, S. 807. 542 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) sowie Zweiter Teil § 16 II. 3. a) bb) (2) (b). 543 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 3.

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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eine Anweisung existiert oder ob trotz fehlender Anweisung eine Leistung zumindest aus Rechtsscheinsgesichtspunkten vorliegt. aa) Ohne Zurechnung oder Genehmigung Kann dem vermeintlich Anweisenden die Zuwendung der Bank nicht als seine Leistung zugerechnet werden, fehlt es an einer Leistung des „Anweisenden“ an den Empfänger. In dieser Konstellation ist man sich weitgehend einig, dass der vermeintlich Anweisende als Unbeteiligter aus der Rückabwicklung herausgehalten werden muss.544 Dieses Ergebnis lässt sich sowohl begrifflich als auch anhand der drei Wertungsgesichtspunkte von Canaris für die Rückabwicklung erklären. Eine Leistung der Bank an den „Anweisenden“ scheitert daran, dass mangels Anweisung das Vermögen des „Anweisenden“ nicht gemäß §§ 362 Abs. 2, 185, 183 BGB gemehrt wurde, also keine Zuwendung vorliegt.545 Damit hat die Bank auch nicht das Insolvenzrisiko des „Anweisenden“ übernommen, eben so wenig wie der „Anweisende“ das Insolvenzrisiko des Empfängers übernommen hat.546 Zwischen Bank und „Anweisenden“ liegt lediglich ein Leistungsversuch vor.547 Eine Leistungskondiktion der Bank gegen den Anweisenden scheitert am Fehlen einer Leistung.548 Der Anweisende hat außerdem auch gar nichts erlangt, was er herausgeben könnte: Mangels Vorliegen einer Leistung im Valutaverhältnis hat der Anweisende weder die Befreiung von einer Verbindlichkeit noch einen Kondiktionsanspruch gegen den Empfänger erlangt.549 Ein Vorgehen der Bank gegen den „Anweisenden“ aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB scheidet somit ebenfalls aus. Vielmehr hat allein die Bank das Vermögen des Empfängers gemehrt. Dies sieht man schon daran, dass der vermeintlich Anweisende einen Anspruch auf Rückbuchung gegen seine Bank hat, falls diese das Konto des „Anweisenden“ mit der überwiesenen Summe belastet hat.550 Die beim 544 Vgl. Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 III (S. 418); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 32; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 160; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 55; Wilhelm, JuS 1973, S. 6; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 42. 545 Wilhelm, JuS 1973, S. 6. 546 Wilhelm, JuS 1973, S. 4; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 302. 547 Schnauder, AcP 187 (1987), 165; Weitnauer, FS für Caemmerer, S. 285. 548 Wilhelm, JuS 1973, S. 4. 549 Köndgen, FS Esser, S. 69; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 142. Anderer Ansicht Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 149; von Caemmerer, JZ 1963, S. 387. 550 Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 22; Kümpel, WM 2001, S. 2277; Schlechtriem, JZ 1993, S. 29; OLG Köln ZIP 1992, 1726 (1727).

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

Empfänger aufgelaufene Gutschrift stammt somit letztlich aus dem Vermögen der Bank. Da jedoch der Einsatz eigenen Vermögens in Bezug auf den Empfänger weder bewusst noch freiwillig erfolgte,551 fehlt es an einer Zuwendung der Bank gegen den Empfänger. Aus Sicht der Bank stellt sich die Situation vielmehr so dar, als hätte sie irrtümlich eigene Kohle statt Kohle des „Anweisenden“ verheizt. Die Bank kann daher im Einklang mit der überwiegenden Ansicht gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB die Gutschrift vom Empfänger im Wege der Nichtleistungskondiktion552 herausverlangen.553 Zwar trägt die Bank jetzt das Insolvenzrisiko des Empfängers,554 jedoch beruht diese Zuweisung des Insolvenzrisikos auf ihrer eigenen Nachlässigkeit.555 Dem Kondiktionsanspruch der Bank kann der Empfänger nicht nur die Einrede des § 818 Abs. 3 BGB entgegenhalten,556 sondern er hat analog § 179 BGB Ansprüche auf Schadensersatz gegen die Bank,557 mit welchen er gegen den Bereicherungsanspruch aufrechnen kann.

551

Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 5. b) aa) (2). Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV 2 (S. 225); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 53); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 IV 2 (S. 34); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 677; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 38; Gursky, Schuldrecht BT, S. 200; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 22; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 53; Canaris, BB 1972, S. 777; ders., WM 1980, S. 355; ders., FS Larenz, S. 808; Henke, Leistung, S. 106; Kötter, AcP 153 (1954), S. 199; Köndgen, FS Esser, S. 69; Möschel, JuS 1972, S. 302; Schwark, WM 1970, 1335; Schnauder, ZIP 1994, S. 1098; ders., AcP 187 (1987), S. 165; Schreiber, Jura 1986, S. 544; Stolte, JZ 1990, S. 224; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 302; ders., JZ 1968, S. 51 f.; St. Lorenz, JuS 2003, S. 839; Pinger, AcP 179 (1979), S. 315; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 45; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 285; Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 307; Lieb, NJW 1982, S. 2036; von Caemmerer, JZ 1962, S. 385 ff.; BGH NJW 1994, 2357 f.; BGH NJW 1995, 3315. 553 Nach herrschender Ansicht folgt das Ergebnis aus der fehlenden Zweckvereinbarung. Allerdings trennt die herrschende Lehre nicht korrekt zwischen zwischen Anweisung und Zweckbestimmung. Nur wenn man die Anweisung als Teil der Zweckvereinbarung ansieht (Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 11 III (S. 418 ff.); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 36; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 285; ders., Symposium König, S. 55 – zur Unzulässigkeit dieses Vorgehens vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (b) – entfällt auch die Zweckvereinbarung bei fehlender Anweisung. 554 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 32; Flume, AcP 199 (1999), S. 14. 555 So Flume, AcP 199 (1999), S. 7. 556 Canaris, WM 1980, S. 355; Flume, AcP 199 (1999), S. 9. 557 Die Bank haftet aus § 179 Abs. 1 BGB, wenn sie die Mängel der Anweisung kannte, und zwar auf das positive Interesse. Allerdings kann die Erfüllungshaftung nicht durchgreifen, denn es geht um Folgen der Zuwendung, nicht eines Kausalgeschäfts. Kannte die Bank den Mangel der Anweisung nicht, schuldet sie nur den Vertrauensschaden. 552

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bb) Im Fall der Zurechnung oder Genehmigung Lässt sich dem „Anweisenden“ die Zuwendung der Bank an den Empfänger nach Rechtsscheinsgesichtspunkten als seine Leistung zurechnen, kann er die nicht geschuldete Leistung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB vom Empfänger zurückverlangen. Dies schließt aufgrund der sachenrechtlichen Parallelwertung zugleich einen Anspruch der Bank gegen den Empfänger aus.558 Anderseits liegt im Verhältnis der Bank zum „Anweisenden“ keine Leistung nach Rechtsscheinsgesichtspunkten vor,559 weshalb ein Anspruch der Bank aus Leistungskondiktion ausscheidet. Die Bank kann somit mangels Anweisung das Konto des „Anweisenden“ nicht mit der gutgeschriebenen Summe belasten,560 dieser hingegen die Summe vom Empfänger zurückfordern. Daran zeigt sich, dass bei einer zugerechneten Leistung das Vermögen des „Anweisenden“ auf Kosten der Bank gemehrt wurde. Diese Vermögensmehrung hat er herauszugeben.561 Die Bank kann deshalb gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB das Erlangte vom „Anweisenden“ herausverlangen.562 Bei fehlerhaftem Valutaverhältnis hat der vermeintlich Anweisende aber nur einen Anspruch aus Leistungskondiktion gegen den Empfänger erlangt.563 Die überwiesene Summe hat der „Anweisenden“ deshalb nicht erlangt,564 weil in seinem Verhältnis zur Bank keine Anweisung fingiert wird, mithin die §§ 362 Abs. 2, 185 BGB keine Anwendung finden. Den Bereicherungsanspruch hat er an die Bank abzutreten. Nach erfolgter Abtretung sieht sich die Bank damit nicht nur zusätzlich den Einwendungen des Empfängers ausgesetzt, sondern trägt auch dessen Insolvenzrisiko. Die darin liegende Kumulierung von Risiken ist aber zu akzeptieren, würde doch anderenfalls der „Anweisende“ im Verhältnis zur Bank so behandelt, als hätte eine Anweisung vorgelegen. Der vermeintlich Anweisende ist aber schutzwürdig, schließlich hat die Bank aufgrund eines Fehlers in ihrer Sphäre – wenn auch irrtümlich – das Insolvenzrisiko des Empfängers übernommen. Zugleich empfiehlt es sich, den Anspruch der Bank gegen den „Anweisenden“ nicht als Rückgriffskondiktion zu bezeichnen,565 werden 558 Die Bank hat freiwillig gutgeschrieben, was der freiwilligen Übergabe gleichkommt. Der gutgläubige Erwerb des Empfängers scheitert deshalb nicht an § 935 BGB. 559 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 5. b) bb). 560 Lieb, Festgabe BGH, S. 554. 561 Kupisch, ZIP 1983, S. 1418. 562 Beuthien, JZ 1968, S. 327; Flume, AcP 199 (1999), S. 9. 563 Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 159; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 83; Flume, AcP 199 (1999), S. 9; Lieb, Festgabe BGH, S. 554. 564 Darin sieht etwa Lieb, Festgabe BGH, S. 554 die Konsequenz einer Zurechnung im Valutaverhältnis. 565 So aber Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 IV 3 (S. 232).

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

doch mit diesem Begriff terminologisch die Fälle erfasst, in denen ein Drittleistender (§ 267 BGB) beim Schuldner Ausgleich zu nehmen versucht. Der Begriff erweckt den unzutreffenden Eindruck, die Bank leiste gemäß § 267 BGB bei fehlender Anweisung an den Empfänger. Dagegen erfolgt die Rückabwicklung nach einer Genehmigung der Überweisung durch den „Anweisenden“ wie in den Fällen der vorhandenen Anweisung. Die Genehmigung führt nämlich nicht nur zu einer Leistung des „Anweisenden“ im Valutaverhältnis, sondern auch zu einer Leistung der Bank gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 2 BGB an den „Anweisenden“. Der „Anweisende“ hat, wenn auch nachträglich, das Insolvenzrisiko des Empfängers übernommen. Gleichzeitig hat die Bank mit der nun erfolgreichen Zuwendung an den „Anweisenden“ dessen Insolvenzrisiko übernommen.566 Unter Berücksichtigung aller drei Wertungsgesichtspunkte von Canaris führt die Genehmigung zur Rückabwicklung entlang der Kausalverhältnisse.567

III. Drittleistungsfälle Nicht nur die Anweisungsfälle, sondern auch die Drittleistungsfälle gemäß § 267 BGB sind im Hinblick auf die Rückabwicklung problematisch,568 obwohl bei diesen die Rückabwicklung mit Hilfe des Leistungsbegriffs eigentlich zu den wertungsmäßig richtigen Ergebnissen führen müsste.569 Die Besonderheit einer Drittleistung besteht darin, dass eine Forderung nur zwischen Schuldner und Gläubiger besteht. Streng genommen liegt deshalb schon keine Dreipersonenkonstellation im hier verstandenen Sinne – zwei hintereinander geschaltete Schuldverhältnisse, in denen jeweils die gleiche Leistung geschuldet wird und welche durch den Schuldner-Gläubiger verklammert sind – vor.570 Dennoch soll die Drittleistung – quasi als Gegenstück zur Anweisungsleistung – im Folgenden untersucht werden. Dies ist schon deshalb geboten, weil die Rückabwicklung der erfolgten Drittleistung Gelegenheit gibt, die Bedeutung der Zweckbestimmung ein weiteres Mal zu überprüfen. Speziell unter Verwendung der Zweckbestimmung werden nämlich die gegensätzlichsten Ergebnisse bei der Rückabwicklung der Drittleistung begründet. Sogar Medicus bekennt, dass ihm bei der Drittleistung die Entscheidung über die Personen der 566

Durch die Genehmigung wird aus dem Leistungsversuch eine Leistung. Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. b). 568 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 1. c). 569 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 3. 570 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 I.; ebenso Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 122. 567

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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Rückabwicklung mit Hilfe des Leistungsbegriffs schwer fällt.571 Zum richtigen Verständnis der Drittleistungsfälle gelangt man nur über die vorrangige Betrachtung der Erfüllungswirkung von Leistungen Dritter. 1. Erfüllung bei den Drittleistungen Da die Person des Leistenden nicht zum Tatbestand des § 362 BGB gehört,572 tritt bei einer Drittleistung Erfüllung gemäß §§ 267, 362 Abs. 1 BGB ein.573 a) Zuwendung Der Dritte setzt bewusst eigenes Vermögen in Bezug auf den Gläubiger ein und übernimmt freiwillig dessen Insolvenzrisiko für den Fall der Fehlerhaftigkeit des Valutaverhältnisses.574 b) Zuordnung Aus der eigenen Zuwendung folgt zugleich das Recht, die Zuwendung einem bestimmten Schuldverhältnis im engeren Sinn zuzuordnen.575 Sofern in der Literatur ein Tilgungswille des Dritten gefordert wird,576 liegt darin 571

Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 685. Vgl. oben Erster Teil § 1 IV. 1. e). 573 Vgl. nur Wolf, Drittleistung, S. 61; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 60; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 140. 574 Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 3. c) sowie Canaris, FS für Larenz, S. 848; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 298; Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 310. Ebenso Wolf, Drittleistung, S. 59, 61 und Hagmann-Lauterbach, Finale Leistungsbewirkung, S. 161, wobei beide für die Risikoübernahme zu Unrecht auf die Abgabe der Tilgungsbestimmung abstellen. 575 Vgl. oben Erster Teil § 3 I. 3. c). 576 Fikentscher, Schuldrecht Rdnr. 242; Larenz, Schuldrecht I, § 14 II (S. 192); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 V 3 (S. 242); Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 140; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 12 III (S. 463); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 19; Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 708; MüKo/Keller, 3. Aufl., § 267 Rdnr. 7; MüKo/Heinrichs, 3. Aufl., § 362 Rdnr. 12; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 97; Soergel/Wolf, § 276 Rdnr. 9; Soergel/Mühl, § 812 Rdnr. 123; Staudinger/Olzen, Vorbem. 14 zu §§ 362 ff.; Staudinger/Bittner, § 267 Rdnr. 8; Palandt/ Heinrichs, § 267 Rdnr. 3; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 59; Erman/Kuckuk, § 267 Rdnr. 4; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 162; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 13; Gernhuber, Erfüllung, S. 430; Schmidt, Erfüllung, S. 18; Kretschmar, Erfüllung, S. 129; Boehmer, Erfüllungswille, S. 87; Beuthien, JZ 1968, S. 326; Wolf, Drittleistung, S. 25; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 395; Bülow, JuS 1991, S. 534; Canaris, FS Larenz I, S. 844; Lorenz, JuS 1968, S. 445; Seibert, JZ 572

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nur die Erkenntnis, dass der Dritte eine eigene Tilgungsbestimmung abgibt,577 welche der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB unterliegt.578 c) Zwischenergebnis zur Erfüllung Auch die Drittleistung besteht aus Zuwendung und Zuordnung seitens des Dritten. Damit liegt eine Leistung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB vor. Mit Eintritt des geschuldeten Erfolges erlischt das für den Dritten fremde Schuldverhältnis im engeren Sinn. 2. Rückabwicklung bei den Drittleistungsfällen Besteht die Forderung nicht, auf welche der Dritte zugeordnet hat, stellt sich die Frage, wer von wem die Herausgabe des Erlangten verlangen kann. Der Dritte hat mit Vornahme seiner Leistung freiwillig das Insolvenzrisiko des Empfängers übernommen. Unter Berücksichtigung dieses Wertungspunktes steht allein dem Leistenden ein Anspruch gegen den Empfänger aus Leistungskondiktion zu.579 Anderseits wird gerade im Zusammenhang mit der Drittleistung betont, Zweck einer Leistung müsse nicht allein die Erfüllung einer Verbindlichkeit sein.580 Vielmehr verfolge der Dritte in wirtschaftlicher Hinsicht gegenüber dem Schuldner einen Zweck.581 Als solcher komme etwa die Vornahme einer echten Geschäftsführung ohne Auftrag oder aber eine Schenkung an den Schuldner in Betracht.582 Die Erwähnung dieser Zwecke impliziert, dass ihnen bereicherungsrechtliche Relevanz für die Drittleistung zukommt. Ganz 1981, S. 383; Sinn, NJW 1968, S. 1857; Stolte, JZ 1990, S. 222; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 49; Thomä, JZ 1962, S. 625; von Caemmerer, FS Dölle I, S. 142; Weitnauer, Symposium König, S. 48; ders., FS von Caemmerer, S. 277; Zeiss, JZ 1963, S. 9; BGHZ 43, 1 (11); BGHZ 46, 319 (325); BGHZ 75, 299 (303); BGH NJW 1986, 2104 (2106); BGH NJW 1995, 128 (129); BGH WM 1989, 409. 577 Canaris, NJW 1992, S. 868; Wolf, Drittleistung, S. 65; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 59; Lorenz, JuS 1968, S. 445; Pinger, AcP 179 (1979), S. 326; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 140. 578 Vgl. oben Erster Teil § 9 II. Letztlich erlischt die sich gemäß §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont zu bestimmende Forderung. 579 Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 59; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 127; von Caemmerer, JZ 1962, S. 386; Pinger, AcP 179 (1979), S. 327; Stolte, JZ 1990, S. 223; Sinn, NJW 1968, S. 1857; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 167 ff.; Flume, AcP 199 (1999), S. 27; Canaris, FS Larenz, S. 848 Fn. 129; Wolf, Drittleistung, S. 60, 65; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 146. Vgl. schon oben Zweiter Teil § 15 II. 3. 580 Zu den verschiedenen Leistungszwecken sogleich unter Dritter Teil § 18. 581 So schon Boehmer, Erfüllungswille, S. 24.

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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in diesem Sinne vertreten Esser und Wieling die Ansicht, diese abweichenden Zwecke überlagern und verdrängen den Erfüllungszweck.583 Verfolgt ihrer Meinung nach der Dritte dem Gläubiger gegenüber keinen bereicherungsrechtlich relevanten Zweck, fehlt es auch an einer Leistung an den Gläubiger. Stattdessen leiste der Dritte obligandi causa an den Schuldner.584 Die Rückabwicklung finde folglich zwischen Drittem und Schuldner statt, welcher das Erlangte585 gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB herauszugeben habe.586 Lehnt man mit dieser Ansicht den Erfüllungszweck der Drittleistung ab, wirft das die Frage auf, wie es im Valutaverhältnis dann zur Erfüllung kommen soll. Der Eintritt der Erfüllung ist aber zwingend erforderlich, läge doch anderenfalls weder ein Geschäft für den Schuldner vor587 noch gäbe es etwas, was der Dritte dem Schuldner schenken könnte.588 Die Ansicht Essers und Wielings setzt also Erfüllung im Valutaverhältnis zwangsläufig voraus. Dafür ist nach § 362 Abs. 1 BGB allerdings eine Leistung des Dritten an den Gläubiger, bestehend aus Zuwendung und gleichgerichteter Tilgungsbestimmung, Voraussetzung.589 Die abzulehnende Gegenansicht geht hingegen von einer Zuwendung des Dritten an den Gläubiger und einer Zweckbestimmung dem Schuldner gegenüber aus.590 Diesem Auseinanderfallen von Zuwendung und Tilgungsbestimmung kann nicht gefolgt werden.591 Außerdem hat sich gezeigt, dass der Tilgungsbestimmung lediglich ein zuordnender Charakter zukommt.592 Mit dem bloßen Hinweis auf den Erfüllungszweck der Zuwendung allein ist dem Gläubiger nicht ge582 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III 4 (S. 59); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 17; ders., JuS 1978, S. 803; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 26; Reeb, Grundprobleme, § 3 (S. 27); ders., JuS 1972, S. 586. 583 Esser, Schuldrecht II, 4. Auflage, § 102 I 2 (S. 346); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 18, 105; ders., JuS 1978, S. 803. Ihnen folgend AK-BGB/Joerges, § 812 Rdnr. 35; Gottschalk, JherJB 78, S. 296 ff.; Köndgen, FS Esser, S. 67; Reeb, JuS 1972, S. 586; Eike Schmidt, JZ 1971, S. 607. 584 Esser, Schuldrecht II, 4. Auflage, § 102 I 2 (S. 346); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 17; ders., JuS 1978, S. 803. 585 Ist das Valutaverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger hingegen fehlerhaft, fehlt es an einer Befreiung von einer Verbindlichkeit. Da der Schuldner auch nicht geleistet hat, steht ihm auch kein Kondiktionsanspruch zu. Dann fehlt es schon am Erlangten, vgl. Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 12 III 3 (S. 467). 586 Esser, Schuldrecht II, 4. Auflage, § 102 I 2 (S. 347). 587 Vgl. Petersen, Allgemeines Schuldrecht, 2. Auflage, Rdnr. 443; Lorenz, JuS 1968, S. 447. 588 Geschenkt wird nämlich die Befreiung von einer Verbindlichkeit. 589 Vgl. oben Erster Teil § 11. 590 Thielmann, AcP 187 (1987), S. 49. 591 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. a). 592 Vgl. oben Erster Teil § 9.

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

holfen. Ihn interessiert vielmehr das erlöschende Schuldverhältnis.593 Wenn die Ansicht Essers und Wielings dagegen die Bestimmung des Zwecks unter Verkennung ihres Zuordnungscharakters hervorhebt, liegt darin nicht nur die Bestimmung der Leistung unter Vernachlässigung der Zuwendung, sondern darüber hinaus eine weitere Überbewertung des Zwecks.594 Mögen den Dritten auch Erwägungen im Hinblick auf den Schuldner zu seiner Drittleistung veranlasst haben, sie bleiben bereicherungsrechtlich unbeachtliche Motive seiner Leistung.595 Auch der Dritte leistet allein solvendi causa auf das Valutaverhältnis.596 Die Vermögensmehrung beim Schuldner im Fall bestehender Forderung ist bloßer Reflex dieser Leistung.597 Ein Vorgehen des Dritten gegen den tatsächlichen Schuldner ist daher nicht mit der Leistungskondiktion, sondern gemäß §§ 683 S. 1, 670 BGB möglich.598 Voraussetzung eines solchen Anspruchs ist indes, dass die Befriedigung des Gläubigers – eine solche kommt nur bei intaktem Valutaverhältnis in Betracht – im Interesse des Schuldners lag. Fehlt es daran, etwa weil die erloschene Forderung verjährt war oder der Schuldner aufrechnen konnte, kommt für den Dritten nur eine Rückgriffskondiktion gemäß §§ 684, 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB gegen den Schuldner in Betracht.599 Herauszugeben hat der Schuldner gemäß § 818 Abs. 2 BGB den Wert, den die Befreiung von der verjährten oder aufrechenbaren Verbindlichkeit für ihn subjektiv hat.600 Bestand die Forderung zwischen Schuldner und Gläubiger nicht, kann der Dritte seine Leistung nur vom Gläubiger mit der Leistungskondiktion zurückverlangen. Darin sieht die Gegenansicht einen Nachteil für den Dritten, kann der Gläubiger doch zwischenzeitlich insolvent geworden sein.601 Dem ist entgegenzuhalten, dass auch der Schuldner nach Erbringung der Drittleistung insolvent werden kann. Nun wäre die Rückabwicklung übers Dreieck für den Dritten nachteilig.602 Aus diesen zufälligen, tatsächlichen 593

Vgl. oben Erster Teil § 9. Schnauder, AcP 187 (1987), S. 168; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 127 spricht von „Verabsolutierung des Zweckmerkmals“. 595 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 43; Staudinger/ Lorenz, § 812 Rdnr. 42; Hagmann-Lauterbach, Finale Leistungsbewirkung, S. 163. 596 Weitnauer, FS für Caemmerer, S. 277; Hadding, Bereicherungsausgleich, S. 19. 597 MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 122. 598 Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 48 Fn. 119; Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 56); Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 141; Wolf, Drittleistung, S. 61; Martinek, EwiR § 812 BGB 2/88, S. 578. 599 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 12 IV (S. 471); von Caemmerer, JZ 1962, S. 386; Wolf, Drittleistung, S. 61; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen, S. 141; Martinek, EwiR § 812 BGB 2/88, S. 578. 600 Wolf, Drittleistung, S. 61. 601 Maier, AcP 152 (1953), S. 106; Sinn, NJW 1968, S. 1857 f. 594

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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Gegebenheiten lässt sich kein Argument für eine Rückabwicklung im Dreieck ziehen. Die Möglichkeit der Insolvenz des Gläubigers spricht vielmehr für eine Leistungskondiktion des Dritten gegen den Gläubiger, verwirklicht sich doch nur das durch den Dritten freiwillig übernommene Risiko. Dieses Risiko beinhaltet auch die Gefahr, dass die Forderung im Valutaverhältnis nicht besteht. Mag man auch geneigt sein, den Streit über das Bestehen einer Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner zwischen diesen Beteiligten austragen zu lassen,603 darf nicht übersehen werden, dass sich mit dem Nichtbestehen der Forderung nurmehr das vom Dritten übernommene Risiko realisiert. Außerdem stellt sich wiederum die Frage, warum mit dem Schuldner ein an der Leistung Unbeteiligter in die Rückabwicklung einbezogen werden soll.604 Nur die Leistungskondiktion gegen den Empfänger erweist sich damit als interessengerecht.605

IV. Die Rückabwicklung bei veranlasster Drittleistung Im Schnittpunkt zwischen Anweisung und Drittleistung liegen die Fälle der veranlassten Drittleistung.606 Sie sind dadurch kennzeichnet, dass der Dritte nicht spontan und aus eigenem Antrieb, sondern auf Veranlassung des Schuldners tätig wird. Diese Veranlassung erreicht allerdings nicht die Qualität einer Anweisung. So kann der Schuldner einen Dritten lediglich bitten, seine Schuld zu begleichen. Der Dritte kann dieser Bitte entsprechen; verpflichtet ist er dazu – im Gegensatz zur Anweisung – allerdings nicht, weshalb eine zu erfüllende Forderung auch nur im Verhältnis zwischen Veranlassenden und Gläubiger besteht. Als Fallgruppe der veranlassten Drittleistung gilt in der Praxis die Konstellation, in welcher ein Haftpflichtversicherer dem Gläubiger des Versicherungsnehmers nach der Geltendmachung des Versicherungsfalls die Versicherungssumme auszahlt.607 Die Stellung der veranlassten Drittleistung zwischen Anweisung und Drittleistung führt zu Problemen bei der Bestimmung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses.608 Nach einer gewichtigen Meinung in Literatur und Rechtsprechung prüft die Versicherung die Anspruchsberechtigung des Gläubigers in eigener Verantwortung und gibt diesem gegenüber eine 602

Dies erkennt auch Maier, AcP 152 (1953), S. 110. Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 685. 604 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 12 III 3 (S. 469); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 43; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 168. 605 Sie stellt auch keinen unzulässigen Durchgriff dar, wie Wieling, JuS 1978, S. 803 behauptet. 606 Vgl. etwa Giesen, Jura 1995, S. 177, Lieb, Festgabe BGH, S. 555 ff. 607 BGHZ 113, 62 (65 ff.). 603

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

eigene Tilgungsbestimmung ab.609 Danach leistet die Versicherung als Dritte gemäß § 267 BGB an den Gläubiger. Der Ansicht ist zwar zuzugeben, dass die Versicherung nach Meldung des Schadensfalls tatsächlich prüft, ob zwischen Versicherungsnehmer und dessen angeblichem Gläubiger ein auf Schadensersatz gerichtetes Schuldverhältnis besteht.610 Allerdings ist dies nur ein Bestandteil der vorgenommenen Prüfung, die primär auf die Feststellung gerichtet ist, ob ein Anspruch des Versicherungsnehmers im Deckungsverhältnis besteht.611 Neben dem Schuldverhältnis des Versicherungsnehmers zum Gläubiger prüft die Versicherung nämlich zusätzlich, ob der Versicherungsvertrag selbst keine Mängel aufweist, alle Raten bezahlt wurden und ob die Pflicht zur Auszahlung der Versicherungssumme nicht aus Gründen in der Person des Versicherungsnehmers entfällt.612 Richtigerweise prüft die Versicherung primär die Forderung des Versicherungsnehmers im Deckungsverhältnis, die Forderung des geschädigten Gläubigers gegen den Versicherungsnehmer hingegen nur inzident. Besteht der Anspruch des Versicherungsnehmers, will sie diese Forderung erfüllen.613 Die Geltendmachung des Versicherungsfalls ist daher mehr als eine bloße Bitte des Versicherungsnehmers. Darin liegt eine echte Anweisung, die geschuldete Summe an den geschädigten Gläubiger auszuzahlen. Entgegen der überwiegenden Ansicht liegt in den Versicherungsfällen keine Drittleistung, sondern eine Anweisungsleistung vor.614 Auch stammt die dem Gläubiger überbrachte Tilgungsbestimmung vom Versicherungsnehmer, welcher die Versicherung nicht nur als Erfüllungsgehilfin, sondern auch als Botin oder Stellvertreterin bei der Abgabe der Tilgungsbestimmung einsetzt. Deshalb mag zwar die Versicherung tatsächlich eine Tilgungsbestimmung dem Geschädigten gegenüber abgeben, rechtlich stammt diese Zuordnungsbestimmung gemäß § 164 Abs. 1 BGB allein vom versicherten Schädiger.615 Die 608 Vgl. die Urteilsbesprechungen von Martinek, JZ 1991, S. 395 ff. und Canaris, JZ 1992, S. 868 ff.; die Replik von Jakobs, NJW 1992, 2524 ff. sowie die anschließende Duplik von Martinek, NJW 1992, S. 3141 ff. 609 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 44; Canaris, NJW 1992, S. 868; Martinek, NJW 1992, S. 3141; St. Lorenz, JuS 2003, S. 841; ebenso BGHZ 113, 62 (66). 610 BGHZ 113, 62 (66). 611 So auch Canaris, NJW 1992, S. 869. Auch der BGH gibt zu, dass ebenfalls der Anspruch aus dem Deckungsverhältnis geprüft wird, vgl. BGHZ 113, 62 (66). 612 Etwa vorsätzliche Schadensherbeiführung, vgl. nur § 61 VVG. Für den Bereich der Verkehrshaftpflicht sind dagegen allein die Ausschlussgründe des § 3 Nr. 4–6 PflVG beachtlich. 613 Dies ist auch die Prämisse des BGH, vgl. BGHZ 113, 62 (65). 614 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 48 III (S. 60); Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 71. 615 Die Erteilung der Vollmacht an die Versicherung ist ein Bestandteil des Haftpflichtversicherungsvertrages.

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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Versicherung überbringt eine eigene Zuordnungsbestimmung nur ihrem Versicherungsnehmer gegenüber,616 wenngleich der Gläubiger diese Zuordnungsbestimmung aufgrund der in der Anweisung gemäß § 164 Abs. 3 BGB entgegennimmt. Die Gegenansicht lehnt zwar eine Anweisungsleistung ab und geht von einer Drittleistung der Versicherung aus, will aber dennoch entlang der Kausalverhältnisse rückabwickeln.617 Angeblich sei der praktische Unterschied zur Anweisung nur gering618 oder bestehe nicht.619 Deshalb sei auch in den Versicherungsfällen zwischen der Versicherung und dem Versicherungsnehmer sowie zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Gläubiger rückabzuwickeln. Nun zeichnet sich aber die Leistung des Dritten durch dessen Einsatz eigenen Vermögens im Hinblick auf den Gläubiger und der damit verbundenen freiwillige Übernahme des Insolvenzrisikos des Gläubigers aus.620 Daraus folgt, dass die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung allein zwischen Leistendem und Gläubiger gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB stattfindet.621 An der freiwilligen Übernahme des fremden Insolvenzrisikos durch den Dritten ändert sich selbst dann nichts, wenn der wahre Schuldner622 oder der Gläubiger den Dritten zur Zahlung der fremden Schuld drängen. Sofern man darin überhaupt eine Veranlassung sehen will,623 bleibt es immer bei seiner freiwilligen Entscheidung. Eine Drittleistung liegt nämlich nicht nur vor, wenn der Dritte spontan und aus eigenem Antrieb leistet,624 sondern auch dann, wenn seine Entscheidung durch den Schuldner beeinflusst wurde. Daher ist es auch unerheblich, ob der Dritte beauftragt wurde.625 Sogar wenn der Schuldner dem Dritten eine Anweisung erteilt hat, ist eine Drittleistung nicht ausgeschlossen.626 Sofern sich nur der Dritte der Anweisung nicht unterwirft,627 sondern bewusst eigenes Vermögen in Bezug auf den Empfänger einsetzt und freiwillig dessen Insol616

In diese Richtung auch Lieb, Festgabe BGH, S. 557. MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 116; St. Lorenz, JuS 2003, S. 841. 618 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 V 3 (S. 242 ff.); ders., FS Larenz, S. 845; ders., NJW 1992, S. 868; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 44; Müko/Lieb, § 812 Rdnr. 116; Erman/H.P. Westermann, § 812 Rdnr. 28; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 51. 619 Thielmann, AcP 187 (1987), S. 52; St. Lorenz, JuS 2003, S. 841. 620 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 III. 1. 621 Flume, AcP 199 (1999), S. 26; ders., NJW 1991, S. 2524; von Caemmerer, JZ 1962, S. 386; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 297 ff.; Jakobs, NJW 1992, S. 2528; vgl. auch oben Zweiter Teil § 16 III. 2. 622 In den Versicherungsfällen der Versicherungsnehmer. 623 So jedenfalls Canaris, NJW 1992, S. 868. 624 So Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 71; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 43; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 116. 625 Anders Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 47. 617

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

venzrisiko übernimmt, liegt ein Fall des § 267 BGB vor.628 Und diese freiwillige Entscheidung steht einer Rückabwicklung im Dreieck entgegen, hat doch Canaris selbst die Bedeutung der Risikoübernahme für die Rückabwicklung herausgestellt.629 Entgegen Canaris und Lieb ist der dogmatische Unterschied zwischen Anweisungsleistung und veranlasster Drittleistung nicht sehr fein,630 sondern erheblich und von grundsätzlicher Art. Entweder der Dritte setzt freiwillig eigenes Vermögen ein und übernimmt selbständig das Insolvenzrisiko des Empfängers, oder aber er unterwirft sich der in der Anweisung enthaltenen Übernahme des Insolvenzrisikos des Empfängers durch den Anweisenden und setzt im Hinblick auf den Empfänger kein eigenes Vermögen ein.631 Dieser Unterschied zeitigt wiederum Folgen für die Tilgungsbestimmungen: entweder eigene Zuordnung des Dritten auf das Valutaverhältnis oder lediglich Überbringung der Tilgungsbestimmung des Anweisenden als Bote sowie Abgabe einer eigenen Tilgungsbestimmung bezogen auf das Deckungsverhältnis. Wer eine eigene Tilgungsbestimmung dem Gläubiger gegenüber abgibt, ist daher kein zufälliger Umstand,632 sondern darin manifestieren sich die grundlegenden Unterschiede zwischen Drittleistung und Anweisungsleistung.633 Außerdem ist es bezeichnend, wenn die Gegenansicht trotz ihrer abweichenden Auffassung hinsichtlich des Leistenden mit großem Begründungsaufwand von einer Rückabwicklung entlang der Kausalverhältnisse ausgeht. So werden insbesondere Wertungswidersprüche ins Feld geführt, die durch die Direktkondiktion entstehen.634 Vor allem könnte der Versicherungsnehmer nicht mehr gegen den Scheingläubiger aufrechnen.635 Dem ist ent626

Koppensteiner/Kramer, Bereicherungsrecht, S. 55; MüKo/Lieb, § 812, 2. Auflage, Rdnr. 97; Köndgen, FS Esser, S. 67; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 71; Meyer, Bereicherungsausgleich im Dreiecksverhältnis, S. 139. 627 Zugegebenermaßen dürften diese Fälle die Ausnahme sein. Es kommt dann kein Überweisungsauftrag zustande und somit auch keine Forderung im Deckungsverhältnis. 628 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 12 III (S. 463); Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 99; Lieb, Festgabe BGH, S. 558. 629 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 II. 2. b) cc). 630 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 V 3a (S. 242); MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 116. 631 Flume, AcP 199 (1999), S. 27; Lieb, Festgabe BGH, S. 558. 632 So aber Canaris, NJW 1992, S. 869. 633 Zuzugeben ist, dass aus der Sicht des Empfängers nicht leicht auszumachen ist, wer eigenes Vermögen einsetzt. Das Problem besteht aber auch bei der fehlenden Anweisung, ohne dass diese den Fällen der vorhandenen Anweisung gleichgestellt wird. 634 Vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 V 3a (S. 242); ders., NJW 1992, S. 3143.

§ 16 Leistungen in einzelnen Dreipersonenkonstellationen

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gegenzuhalten, dass bei einer Rückabwicklung „übers Eck“ der Scheingläubiger eventuelle Aufrechnungsmöglichkeiten gegen die Versicherung verliert. Warum dies vorzugswürdiger sein soll, ist nicht ersichtlich. Wenn die h. M. in den Fällen der veranlassten Drittleistung trotz ihres Ausgangspunktes die Rückabwicklung entlang der Kausalverhältnisse als interessengerecht anerkennt,636 dann allein deshalb, weil tatsächlich eine Anweisungsleistung vorliegt.637 Dafür spricht letztlich auch, dass der Schuldner der Leistung der Versicherung an den Gläubiger wegen der Schadensmeldung nicht widersprechen kann.638 Da den Drittleistungsfällen aber eine Widerspruchsmöglichkeit nach § 267 Abs. 2 BGB für den Schuldner immanent ist, kann die Zahlung der Summe keine Leistung gemäß § 267 Abs. 1 BGB sein. Die hier vertretene Ansicht hat schließlich den Vorteil, dass es neben der Anweisung keine neuartige dogmatische Kategorie der „Veranlassung“ gibt. Welche Qualität eine derartige Veranlassung haben sollte, die zwar keine Leistungen im Dreieck begründen kann, aber doch zu einer Rückabwicklung im Dreieck führt, ließe sich auch nur schwer sagen.639 Es müsste einerseits mehr als die bloße Schadensmitteilung,640 anderseits weniger als eine Anweisung vorliegen.641 Zwischen diesen beiden Formen ist allerdings kaum etwas anderes möglich. Dafür spricht nicht zuletzt der Wortlaut des § 676a Abs. 1 S. 1 BGB. Danach gilt als Überweisender derjenige, „der die Überweisung veranlasst“. Selbst die Legaldefinition des Überweisenden, welcher nach den Erkenntnissen dieser Arbeit nur ein spezieller Anweisender ist, verwendet für dessen Beschreibung den Begriff der Veranlassung.

635

Canaris, NJW 1992, S. 870. Vgl. MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 116; Canaris, NJW 1992, S. 869 ff. 637 Dies gilt meines Erachtens auch für den Fall, dass der Geschädigte einen Anspruch aus § 3 PflVG hat. Dieser Anspruch soll nur die Stellung des Dritten verbessern. Damit liegt eine der angenommenen Anweisung vergleichbaren Lage vor (ebenso Canaris, NJW 1992, S. 872), bei der die Forderung aus der Annahme akzessorisch ist, vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 4. 638 So aber Canaris, NJW 1992, S. 869. 639 Zutreffend Lieb, Festgabe BGH, S. 558. 640 BGHZ 113, 62 (65); St. Lorenz, JuS 2003, S. 841. 641 Keinesfalls dürfte man, entgegen Canaris, NJW 1992, S. 871, die Veranlassung mit dem Einverständnis des Versicherungsnehmers begründen. Schon begrifflich fordert Veranlassung, dass die Initiative vom Schuldner ausgeht. Ein bloßes Einverständnis reicht insofern keinesfalls. Außerdem könnte das Einverständnis des Versicherungsnehmers allein die Leistung der Versicherung an den Versicherungsnehmer begründen. So wie aber die Anweisung Auswirkungen im Deckungs- und Valutaverhältnis entfaltet, müsste auch die Veranlassung Auswirkungen auf beide Schuldverhältnisse haben, wollte man sie mit der Anweisung gleichstellen. 636

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

§ 17 Ergebnis zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff Die Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (condictio indebiti) ist systematisch mit dem Erfüllungsrecht verbunden.1 Für Leistungen solvendi causa besteht Identität zwischen dem erfüllungsrechtlichen und dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff.2 Auch eine bereicherungsrechtliche Leistung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB kann daher erst bei Vorliegen folgender Voraussetzungen angenommen werden: 1. Der Leistende muss einen Gegenstand aus seinem Vermögen auf den Leistungsempfänger übertragen haben. 2. Der Einsatz eigenen Vermögens muss dem Leistenden bewusst gewesen sein. 3. Der Leistende muss seine Zuwendung einem konkreten Schuldverhältnis im engeren Sinn zugeordnet haben, welches er durch die Leistung erfüllen will. Die Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff kann nicht überzeugen, zumal sie in den meisten Fällen nicht den Begriff selbst, sondern lediglich die Rückabwicklung im Leistungsverhältnis angreift.3 Die vermeintliche Kritik am Leistungsbegriff ist dann allein Kritik an der von der herrschenden Lehre vorgenommenen pauschalen Gleichsetzung von Leistungsverhältnis mit Rückabwicklungsverhältnis.4 Diese Gleichstellung hat sich als unzutreffend und als zufällig erwiesen.5 Entgegen der überwiegenden Ansicht wird nicht im Leistungsverhältnis rückabgewickelt, sondern die Beteiligten der Rückabwicklung bestimmen sich anhand der drei anerkannten Wertungen von Canaris,6 wobei sich vor allem die Übernahme des fremden Insolvenzrisikos als ausschlaggebendes Kriterium erwiesen hat.7 Sofern tatsächlich der finale Leistungsbegriff als solcher kritisiert wird, überzeugt diese Kritik ebenfalls nicht.8 Angesichts der Übereinstimmung von bereicherungsrechtlichem mit erfüllungsrechtlichem Leistungsbegriff9 und aufgrund der bereits im Rahmen der Erfüllung dargestellten Schwächen 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben oben oben oben oben oben

Zweiter Zweiter Zweiter Zweiter Zweiter Zweiter Zweiter Zweiter Zweiter

Teil Teil Teil Teil Teil Teil Teil Teil Teil

§ § § § § § § § §

13 13 15 14 15 15 15 15 13

I. III. I. 3. III. 2. c). II. 1. II. 2. b) cc). II. 3. III. III.

§ 17 Ergebnis zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff

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bei der Lösung des Zuordnungsproblems kann weder ein objektiver noch ein konsensualer Leistungsbegriff die schwierigen Fälle der Rückabwicklung sachgerecht erfassen.10 Auch im Rahmen des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB hat sich der finale, zweckgerichtete Leistungsbegriff als überlegen erwiesen. Hinsichtlich des strittigen Verhältnisses von Ansprüchen aus Leistungskondiktion und Nichtleistungskondiktion gilt es schließlich festzustellen, dass es einer wie auch immer gearteten Subsidiaritätstheorie nicht bedarf.11

I. Mehrung des fremden Vermögens Grundlage einer jeden bereicherungsrechtlichen Leistung ist die Zuwendung des Leistenden an den Leistungsempfänger und der damit verbundene Einsatz eigenen Vermögens.12 Nur dann geht das gesetzliche Merkmal „auf Kosten“ bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB im Leistungsbegriff auf.13 Allerdings muss dem Zugewendeten kein in Geld messbarer Vermögenswert zukommen,14 wird doch das Vermögen des Empfängers auch bei Zuwendung objektiv wertloser Gegenstände, wenn auch nicht rechnerisch, so doch gegenständlich vermehrt. Die Zuwendung legt weiterhin den primären Gegenstand der Leistungskondiktion fest: Herausgegeben werden muss das Erlangte, also das Zugewendete.15 Die Leistungskondiktion ist gegenstandsorientiert. Setzt jede Leistung eine Zuwendung des Leistenden voraus, kann eine Zuwendung nicht zwei Leistungen tragen.16 Weiterhin kann eine fremde Zuwendung nie zu einer eigenen Leistung umgewidmet werden.17 Auch in Dreipersonenkonstellationen finden deshalb genau so viele Zuwendungen statt wie es Leistungen gibt. Diese Zuwendungen werden nicht außerhalb, sondern immer nur innerhalb der Leistungsverhältnisse erbracht. Allerdings darf die Zuwendung nicht mit der tatsächlichen Wertbewegung gleichgesetzt werden.18 Die Mehrung des Empfängervermögens kann auch unter Einschaltung eines Erfüllungsgehilfen vorgenommen werden. Dabei hat 10

Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 4. Vgl. oben Zweiter Teil § 14 II. 12 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 82); Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 8; Beuthien, JZ 1968, S. 324. Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. 13 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 III. 2. a). 14 Vgl. oben Zweiter Teil § 13 II. 2. 15 Vgl. oben Zweiter Teil § 13 II. 2 sowie Zweiter Teil § 14 III. 2. e). 16 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. a). 17 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. 18 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. b). 11

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

sich die Unterwerfung unter eine bestehende Anweisung als konstituierende Voraussetzung für die Begründung der Eigenschaft als Erfüllungsgehilfe erwiesen.19 Bei einer Bankanweisung liegen eine Zuwendung des Anweisenden an den Empfänger und eine Zuwendung der Bank an den Anweisenden vor. Die Bank wendet dem Anweisenden gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1, 183 BGB die angewiesene Summe zu, und dieser wendet die Summe gemäß §§ 362 Abs. 1, 278 Abs. 1 BGB durch die Bank in ihrer Eigenschaft als Erfüllungsgehilfin an den Empfänger zu. Beide Zuwendungen geschehen zeitgleich und werden von einer einzigen tatsächlichen Wertbewegung getragen. Welche Bedeutung die Anweisung für die Begründung der Zuwendung hat, offenbart sich in aller Deutlichkeit in den Fällen der fehlenden Anweisung.20 Die Anweisung zeitigt nämlich Auswirkungen im Deckungs- und Valutaverhältnis.21 Zuerst kommt im Verhältnis der Bank zum vermeintlich Anweisenden kein konkretes Schuldverhältnis zustande.22 Zweitens fehlt mit der Anweisung auch die Berechtigung der Bank, die dem Anweisenden vermeintlich geschuldete Summe gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1, 183 BGB beim Empfänger gutzuschreiben, weshalb im Deckungsverhältnis ohnehin keine Erfüllung eintritt. Ohne Anweisung hat der „Anweisende“ die Bank nicht zur Erfüllungsgehilfin bestimmt. Deshalb stammt die beim Empfänger auflaufende Gutschrift nicht aus dem Vermögen des vermeintlich Anweisenden. Es fehlt an einer Zuwendung des „Anweisenden“ dem Empfänger gegenüber. Im Ergebnis liegt weder eine Leistung des „Anweisenden“ an den Empfänger noch eine Leistung der Bank an den „Anweisenden“ vor. Die Bank kann ihre Zuwendung nur mit der Nichtleistungskondiktion vom Empfänger herausverlangen.23 Etwas anderes gilt nur dann, wenn man die Zuwendung der Bank an den Empfänger dem „Anweisenden“ als dessen Zuwendung zurechnen kann. Der erforderliche Rechtsschein einer Leistung des „Anweisenden“ wird dabei nicht von einer Tilgungsbestimmung, sondern von der Zuwendung getragen, die sich aus Sicht des Empfängers als eine Zuwendung des Anweisenden mittels der Bank als Erfüllungsgehilfin darstellt. Ist dem „Anweisenden“ der Anschein einer Anweisungsleistung in entsprechender Anwendung der §§ 170 ff. BGB zurechenbar, liegt eine Leistung des „Anweisenden“ an den Empfänger, nicht aber eine Leistung der Bank an den „Anweisenden“ vor.

19 20 21 22 23

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben oben

Zweiter Zweiter Zweiter Zweiter Zweiter

Teil Teil Teil Teil Teil

§ § § § §

16 16 16 16 16

II. II. II. II. II.

3. 5. 3. 3. 5.

a) aa) (2) (h). b). a) bb) (2) (b). a) bb) (1). c) aa).

§ 17 Ergebnis zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff

513

II. Bewusste Vermögensmehrung Die Betrachtungen zur fehlenden Anweisung haben weiterhin gezeigt, dass eine Leistung nur dann vorliegt, wenn sich der Zuwendende des Umstands auch bewusst ist, dass er das Vermögen des Empfängers mehrt.24 Bereits der Gesetzgeber hat das Erfordernis einer bewussten Mehrung fremden Vermögens erkannt.25 Erst durch die Zuwendung, dem Einsatz eigenen Vermögens im Hinblick auf den Empfänger, übernimmt der Leistende freiwillig das Risiko, im Falle des Nichtbestehens der zu tilgenden Verbindlichkeit die Leistung eventuell vom Empfänger zurückfordern zu müssen, und damit dessen Insolvenzrisiko. Die Zuwendung ist damit nicht nur eine bewusste, sondern auch eine freiwillige Vermögensverschiebung.26

III. Zweckbestimmung Auch im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Leistung erweist sich die Notwendigkeit einer finalen Leistung.27 Bereits die Protokolle bezeichneten eine Leistung ohne Zweckbestimmung als unvollständiges Geschäft.28 Die Zweckbestimmung gibt immer der Zuwendende ab. Sie stellt den Ausgleich für das mit der Zuwendung übernommene Insolvenzrisiko des Empfängers dar. Aus dem systematischen Zusammenhang der condictio indebiti mit der Erfüllung folgt, dass auch die Zweckbestimmung die Zuwendung nur auf ein Schuldverhältnis im engeren Sinn zuordnet.29 Bereicherungsrechtliche Zweckbestimmung und erfüllungsrechtliche Tilgungsbestimmungen sind bei Leistungen solvendi causa identisch.30 Als Schuldverhältnisse im engeren Sinn kommen nicht nur Forderungen in Frage. Zwar wird das Schuldverhältnis im engeren Sinn regelmäßig forderungsbewehrt sein. Erforderlich ist es jedoch nicht. Vielmehr ist zwischen dem Schuldverhältnis im engeren Sinn als Güterzuweisung und Behaltensgrund einerseits und der Forderung als Durchsetzungsmittel andererseits zu unterscheiden.31 Auch forderungs24

Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 5. c) aa). Ebenso Kötter, AcP 153 (1954), S. 196. 25 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 III. 26 Scheyhing, AcP 157 (1957), S. 373. 27 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 4. 28 Protokolle II, S. 689. 29 Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 16 Rdnr. 14; Schlechtriem, JZ 1963, S. 26; Pinger, AcP 179 (1979), S. 311; Rothoeft, AcP 163 (1964), S. 224; Kötter, AcP 153 (1954), S. 199. 30 Vgl. oben Zweiter Teil § 13 III. 31 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 4. c).

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

lose Schuldverhältnisse, so genannte unvollkommene Verbindlichkeiten, sind als materielle Güterzuordnung geeignete Zuordnungsgegenstände. Auf der anderen Seite ist es möglich, dass ein Schuldverhältnis im engeren Sinn mit mehr als einer Forderung verbunden wird. Solche Konstellationen entstehen etwa bei der angenommenen Anweisung und dem echten Vertrag zugunsten Dritter, wenn neben dem eigentlichen Gläubiger der Leistung auch der Empfänger die Leistung an sich fordern kann. Daran offenbart sich, dass nicht die Forderung als bloßes Durchsetzungsmittel, sondern lediglich das Schuldverhältnis im engeren Sinn geeigneter Zuordnungsgegenstand ist. Nur zwischen Personen, die durch ein Schuldverhältnis im engeren Sinn verbunden sind, wird dann geleistet. Die möglichen Leistungszwecke wurden im Rahmen der bisherigen Untersuchungen auf den Erfüllungszweck beschränkt. Ob im Rahmen des Bereicherungsrechts weitere Leistungszwecke anzuerkennen sind, mag einstweilen dahinstehen.32 Dass ein großzügiges Verständnis möglicher Leistungszwecke zu Problemen führen kann, klang jedoch bereits im Rahmen der Drittleistung an.33 Sofern die Leistung des Dritten zur Erfüllung führt, kann die Leistung allein solvendi causa erfolgt sein. Zugleich ist zu beachten, dass die bloße Äußerung des Erfüllungszwecks der Funktion der Zweckbestimmung nicht genügt. Dem Empfänger nützt die Aussage nichts, der Zuwendende leiste zum Zwecke der Erfüllung. Vielmehr will der Empfänger wissen, auf welches Schuldverhältnis die Leistung erfolgt. Die Zuwendung muss demnach wie bei der Erfüllung einem konkreten Schuldverhältnis zugeordnet werden. Erst dann lässt sich die Zweckerreichung oder die Zweckverfehlung der Zuwendung feststellen.34 Aus dem zuordnenden Charakter der Zweckbestimmung und der systematischen Übereinstimmung mit der Erfüllung folgt weiterhin, dass es sich auch bei der Zweckbestimmung nur um eine rechtsgeschäftsähnliche Erklärung handelt.35 Das erlöschende Schuldverhältnis bestimmt sich durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB.36 Über die Zuordnungsfunktion hinaus kommen der Zweckbestimmung keine weiteren Funktionen zu. Insbesondere kann die Zweckbestimmung keine fremden Zuwendungen umleiten.37 Die Zweckbestimmung beinhaltet auch nicht die Information über die Person des Leistenden. Entgegen der 32

Dazu ausführlich im folgenden Teil. Vgl. oben Zweiter Teil § 16 III. 2. 34 Das erkennt auch Wieling, Bereicherungsrecht, S. 23. 35 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 94); Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 12. 36 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 5. a). 37 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 2. a). 33

§ 17 Ergebnis zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff

515

herrschenden Meinung lässt sich dem Inhalt der Zweckbestimmung daher nicht entnehmen, ob ein Fall der Drittleistung oder der Leistungsmittlung vorliegt. Die Zweckbestimmung lautet nicht: „Ich will dieses Schuldverhältnis als Leistender erfüllen“, sondern lediglich: „Die Zuwendung soll auf dieses Schuldverhältnis bezogen sein“. Ist nicht die Person des Leistenden, sondern allein das erlöschende Schuldverhältnis Inhalt der Zweckbestimmung, kann in den Dreipersonenkonstellationen auch nicht die Auslegung der Zweckbestimmung Aufschluss über den Leistenden geben.38 Eine so verstandene Lehre vom Empfängerhorizont ist abzulehnen.39 Die Person des Leistenden bestimmt sich vielmehr danach, wer die Zuwendung erbringt. Daraus folgt weiterhin, dass im Fall fehlender Anweisung nicht der Anschein einer (Boten-)Tilgungsbestimmung, sondern der Anschein einer Zuwendung des vermeintlich Anweisenden den entscheidenden Rechtsschein darstellt.

IV. Folgen für das Rechtsgrundverständnis Begrenzt man die möglichen Leistungszwecke im Bereicherungsrecht auf den Erfüllungszweck und reduziert die Zweckbestimmung auf eine reine Zuordnungsbestimmung, zeitigt diese Beschränkung auch Folgen für das Rechtsgrundverständnis der condictio indebiti. Sofern der Leistende mit seiner Zuwendung die Erfüllung eines konkreten Schuldverhältnisses bezweckt, kann der Streit um das zutreffende Rechtsgrundverständnis dahinstehen,40 weil beide Ansichten zum gleichen Ergebnis gelangen.41 Die Vertreter des subjektiven Rechtsgrundverständnisses gehen davon aus, dass die Leistung mit Eintritt der Erfüllung ihren verfolgten Zweck erreicht hat.42 Die Zweckerreichung begründet zugleich den Behaltensgrund für die erlangte Leistung. Nach dem objektiven Rechtsgrundverständnis wandelt sich durch Erfüllungseintritt das Schuldverhältnis im engeren Sinn als Güter38 Anders die überwiegende Ansicht, vgl. Esser, Schuldrecht, 2. Auflage § 190 2 (S. 782); Wolf, Drittleistung, S. 88; Beuthien, JZ 1968, S. 327; Henke, Leistung, S. 108; Hagmann-Lauterbach, Finale Leistungsbewirkung, S. 155; Ehmann, NJW 1969, S. 1836; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 100; Lorenz, AcP 168 (1968), S. 301; Maier, AcP 152 (1953), S. 106; Schnauder, JuS 1994, S. 544; Stolte, JZ 1990, S. 222; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 136; Zeiss, AcP 165 (1965), S. 336; BGH NJW 1974, 1132 (1133); BGHZ 72, 246 (249). 39 Vgl. oben Zweiter Teil § 15 III. 5. b). 40 Dazu ausführlich unter Dritter Teil § 21 I. 2. 41 Kupisch, NJW 1985, S. 2370. 42 Vgl. Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 15); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II 4 (S. 107 ff.); Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 44; Baur/Wolf JuS 1966, S. 394; Ehmann NJW 1969, S. 398 ff.; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 274; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 102.

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2. Teil: Leistung bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB

zuweisung in einen Behaltensgrund um, der auch den rechtlichen Grund einer Leistung solvendi causa darstellt.43 Führt die Leistung hingegen nicht zur Erfüllung, etwa weil kein Schuldverhältnis im engeren Sinn besteht oder die erbrachte nicht der geschuldeten Leistung entspricht, wurde weder der verfolgte Zweck erreicht, noch hat sich das Schuldverhältnis im engeren Sinn in einen Behaltensgrund umgewandelt. Nach beiden Ansichten fehlt es am rechtlichen Grund, weshalb die Leistung rückabzuwickeln ist.

V. Eigene Definition des Begriffes Leistung Sofern die Leistung solvendi causa erfolgt, besteht zwischen erfüllungsrechtlichem und bereicherungsrechtlichem Leistungsbegriff Identität. Dieser einheitliche Leistungsbegriff muss verstanden werden als bewusste und freiwillige Mehrung des Empfängervermögens durch den Leistenden, welche einem Schuldverhältnis im engeren Sinn zugeordnet wird.44 Die Zuwendung und die Zuordnungsbestimmung bilden danach den tatsächlichen und den rechtsgeschäftsähnlichen Teil einer Leistung.45

43 Vgl. nur Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III 1 (S. 136 f.); MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 172; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 24. 44 Ebenso Rothoeft, AcP 163 (1963), S. 224; Wolf, Drittleistung, S. 21. 45 So ähnlich Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 Abs. 2 (S. 100).

Dritter Teil

Der einheitliche Leistungsbegriff Die vorangegangenen Untersuchungen zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff haben sich angesichts ihrer überragenden praktischen Bedeutung1 auf Leistungen solvendi causa beschränkt. Die dabei erzielten Ergebnisse gelten folglich nur für Leistungen zum Zwecke der Erfüllung: Bei Leistungen solvendi causa stimmt der Leistungsbegriff des Erfüllungsrechts mit dem Leistungsbegriff des Bereicherungsrechts überein. Das finale Element der Leistung, die Tilgungs- oder Zweckbestimmung, ist identisch.2 Auf den bestehenden systematischen Zusammenhang zwischen Erfüllung und Leistungskondiktion, welcher auf der Funktion der Leistungskondiktion als Rückabwicklungsinstrument einer fehlgeschlagenen Erfüllung beruht, haben in aller Deutlichkeit zuerst die Vertreter der Zweckvereinbarungstheorie hingewiesen.3 Dabei konnten sich von Caemmerer, Weitnauer und Ehmann auf die Zwecklehre ihres wissenschaftlichen Vaters Hugo Kress berufen, welcher bereits in seinem Lehrbuch zum Schuldrecht auf einen bestehenden Zusammenhang zwischen Erfüllung und bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung aufmerksam gemacht hatte.4 Nun entspricht es aber dem überwiegenden Verständnis, dass Leistungen nicht allein zum Zwecke der Erfüllung, sondern auch zu anderen Zwecken vorgenommen werden können.5 Exemplarisch bemerkte schon das Reichsoberhandelsgericht im Jahre 1887, dass eine Zuwendung „darlehenshalber, schenkungshalber, behufs Tilgung einer dem Empfänger zustehenden Forderung, behufs Bestellung eines Heiratsgutes …“ geleistet werden kann.6 Vor allem in der bereiche1

Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I 2 (S. 10); Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 22; Grunewald, Bürgerliches Recht, § 29 Rdnr. 4; Schnauder, Grundfragen, S. 28; Lorenz, JuS 1968, S. 442; Reeb, JuS 1972, S. 582. 2 Vgl. oben unter Zweiter Teil § 13 III. 3 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 3. b) cc). 4 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 59, 65. 5 Vgl. nur Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 641 ff.; Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 16 Rdnr. 23; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 15 f.; Reeb, Grundprobleme, S. 15 f.; Leonhard, Allgemeines Schuldrecht, S. 384; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 12; Canaris, JZ 1992, S. 1119; Harder, datio in solutum, S. 148; Kamionka, JuS 1992, S. 847; Loewenheim/Winckler, JuS 1982, S. 671; Westermann, causa, S. 89; Zeiss, JZ 1963, S. 9.

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

rungsrechtlichen Literatur wird auf die Möglichkeit verschiedenster Leistungszwecke hingewiesen,7 weshalb der Leistungsbegriff des Bereicherungsrechts weiter zu verstehen sei als der erfüllungsrechtliche.8 Die systematische Identität der Leistungsbegriffe bestände folglich nur in einem – wenn auch praktisch eminent wichtigen – Teilbereich der Leistungen gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. Die bis dato gewonnenen Ergebnisse hinsichtlich der bereicherungsrechtlichen Leistung und ihrer Rückabwicklung müssten zwangsläufig auch abseits des untersuchten Teilbereichs auf ihre Tauglichkeit bei Leistungen zu anderen Zwecken überprüft werden. Grundvoraussetzung ist jedoch, dass Zuwendungen tatsächlich auch zu anderen Leistungszwecken als dem Erfüllungszweck vorgenommen werden. In den folgenden Kapiteln soll gezeigt werden, dass die behauptete Vielfalt der Leistungszwecke nicht besteht, sondern jede Leistung immer nur zum Zwecke der Erfüllung erbracht wird. Als entscheidend werden sich dabei zwei wichtige Gesichtspunkte erweisen: einerseits die rechtliche Struktur der Handgeschäfte,9 anderseits die Bedeutung und der Anwendungsbereich der condictio ob rem.10

6

Vgl. ROHG 24, 67. Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 94); Koppensteiner/ Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 10); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 18; Reeb, Grundprobleme, S. 15 f.; Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 705; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 44; Canaris, JZ 1984, S. 627 Fn. 5; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 175; Weitnauer, Symposium König, S. 31; Kamionka, JuS 1992, S. 847; Ehricke, JZ 1999, S. 1076; Beuthien, Zweckerreichung, S. 283; Gernhuber, Erfüllung, S. 100; Schmidt, Erfüllung, S. 113; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 19, 88; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 5, 7; Wolf, Drittleistung, S. 22. 8 Vgl. oben Zweiter Teil § 13 II. 4. 9 Vgl. unten Dritter Teil § 18 III. 10 Vgl. unten Dritter Teil § 19. 7

§ 18 Auseinandersetzung mit anderen Leistungszwecken

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§ 18 Auseinandersetzung mit anderen Leistungszwecken Die Auseinandersetzung mit abweichenden Leistungszwecken wiederum kann nicht ohne Diskussion der so genannten Zwecklehre erfolgen.1 Die behauptete Möglichkeit anderer Leistungszwecke beruht nämlich im Wesentlichen auf den Gedanken der Zwecklehre, bei welcher es sich um ein zweckorientiertes Verständnis des gesamten Schuldrechts handelt.2 Bezeichnend ist die Aussage von Kress, welcher den Zweck als „die Seele des Schuldverhältnisses“ ansah, weshalb der Zweck im Schuldrecht Berücksichtigung finden müsse.3 Gedanklicher Ausgangspunkt der Zwecklehre ist die Handlung des einzelnen Individuums. Keine menschliche Handlung erfolge dabei grundlos: „nihil est sine ratione“.4 Allerdings beruhen unsere Handlungen nicht nur auf einem in der Vergangenheit liegenden Grund („handeln, weil . . .“), sondern sie werden zusätzlich zur Erreichung eines in der Zukunft liegenden Zweckes („handeln, um . . .“) vorgenommen.5 Sowohl der Grund als auch der Zweck der Handlung wurden im Lateinischen mit causa bezeichnet:6 Der Grund als causa efficiens, der Zweck als causa finalis.7 Dabei konzentrierten sich die Untersuchungen der Zwecklehre weniger auf den Grund als vielmehr auf den Zweck von Handlungen, die causa finalis.8 Im Zuge des gemeinen Rechts wurde der Begriff causa daher mit Zweck einer Rechtshandlung gleichgesetzt.9 Ist aber menschliches Handeln stets zweckgerichtet (final),10 müsse eine Handlung verschiedensten Zwecken dienen können.

1 Vgl. dazu Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II 2 (S. 84 ff.); Kress, Allgemeines Schuldrecht, § 5 (S. 35 ff.); Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 19 (S. 80 ff.); Flume, Rechtsgeschäft, § 12 II (S. 159 ff.); von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 I (S. 62); Jung, Mangel des rechtlichen Grundes, S. 67 ff.; Siber, JherJB 70, S. 230 ff. 2 Weitnauer, Symposium König, S. 51; Ehmann, JZ 2003, S. 702 spricht in Überschrift I. von einem System. Ebenso Weitnauer, NJW 1974, S. 1730. 3 Kress, Lehrbuch des Schuldrechts, S. 59. 4 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 19; Ehmann, JZ 2003, S. 702. 5 von Jhering, Der Zweck im Recht, Band I, S. 4. 6 Westermann, causa, S. 19. 7 von Jhering, Der Zweck im Recht, Band I, S. 4; Flume, Rechtsgeschäft, § 12 I 5 (S. 158); Söllner, AcP 163 (1963), S. 26; Ehmann, JZ 2003, S. 702; Oeckinghaus, Kaufvertrag und Übereignung, S. 31; Harder, datio in solutum, S. 145. 8 Vgl. etwa Windscheid, Pandekten, § 318 (S. 312 ff.); Dernburg, Pandekten, § 95 (S. 219 ff.); von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 63 ff.). 9 Vgl. die weiteren Nachweise bei Westermann, causa, S. 15 f.

520

3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

I. Unterschiedliche Leistungszwecke unter der Herrschaft der Zwecklehre Die Zwecklehre entwickelte sich im Zuge der Auseinandersetzung der Autoren des gemeinen Rechts mit dem schon im römischen Recht verwandten Begriff causa. Dessen Bedeutung war und ist angesichts der vielschichtigen Verwendung nie wirklich geklärt. Das mag der Grund sein, warum das Bürgerliche Gesetzbuch trotz seiner römischrechtlichen Wurzeln den Begriff causa nicht verwendet. Allerdings gibt es in § 812 Abs. 1 BGB den Begriff des rechtlichen Grundes, welcher zumindest für den Bereich des Kondiktionsrechts als Übersetzung des Begriffs causa angesehen werden kann.11 Bevor jedoch zur causa-Lehre Stellung bezogen wird, sei ein kurzer Abriss über ihre Entwicklung vorangestellt. 1. Entwicklung der causa-Lehre Die Zwecklehre kann auf eine Geschichte zurückblicken, die sich über das römische Recht bis in die Neuzeit verfolgen lässt. a) Wurzel der Zwecklehre im römischen Recht Die Anfänge der Zwecklehre liegen bereits im klassischen römischen Recht. Wurden Verträge zu Beginn des römischen Rechts allein als Realkontrakte geschlossen, betrachtete man ab Mitte des 3. Jahrhunderts vor Christus zunehmend auch reine Verpflichtungsgeschäfte als verbindlich. Dadurch konnten Waren ausgetauscht werden, welche die Parteien im Zeitpunkt der Einigung nicht vor Ort hatten. Das stellte eine erhebliche Erleichterung des Handels dar.12 So traten neben die ursprünglichen Realkontrakte in der Blüte des klassischen römischen Rechts die Verbalkontrakte, die Konsensualkontrakte sowie die Litteralkontrakte.13 Dennoch führten nicht alle Versprechensverträge zu durchsetzbaren Ansprüchen. Vielmehr unterlagen die formfreien Konsensualverträge im römischen Obligationsrecht einem numerus clausus.14 Der Grund lag darin, dass das römische Recht das 10 von Jhering, Der Zweck im Recht, Band I, S. 4; von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 63); Harder, datio in solutum, S. 133; zuletzt wieder Ehmann, JZ 2003, S. 702. 11 Jung, Mangel des rechtlichen Grundes, S. 20; Westermann, causa, S. 12. 12 Lorenz, JuS 1968, S. 442; Ehmann, JZ 2003, S. 704. 13 Kaser, Römisches Privatrecht I, § 122 (S. 525 f.). Nur als Realkontrakte konnten das Darlehen, die Leihe, die Verwahrung und die Verpfändung abgeschlossen werden, vgl. Kaser, Römisches Privatrecht I, § 124 (S. 530 ff.).

§ 18 Auseinandersetzung mit anderen Leistungszwecken

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Schuldverhältnis noch nicht von seiner Erzwingbarkeit trennte, mithin die „obligatio“ mit der „actio“ als Klage gleichsetzte. Die jeweilige „actio“ gab denn auch der „obligatio“ den Namen.15 Aufgrund der begrenzten Zahl der „actiones“, zu deren Tatbestand jeweils der Verpflichtungsgrund – die causa – gehörte, waren nur bestimmte Schuldverträge als verbindlich anerkannt.16 Diejenigen Schuldverträge, die keiner „actio“ entsprachen, konnten zwar geschlossen, nicht aber eingeklagt werden.17 Man bezeichnet sie als Inominatkontrakte.18 Neben den Konsensualkontrakten gab es noch die formstrenge „stipulatio“ als Verbalkontrakt.19 Als zweiseitiges mündliches Rechtsgeschäft ausgestaltet, war sie der Sache nach Unterwerfung des Versprechenden unter die Bedingungen des Versprechensempfängers und begründete eine Leistungspflicht nur für den Versprechenden.20 Auch beinhaltete die „stipulatio“ ihren Rechtsgrund nicht, sondern war abstrakt ausgestaltet.21 Im Gegensatz zu den enummerierten Schuldverträgen konnte das Stipulationsversprechen damit für jede denkbare causa eingegangen werden. Wollte man eine rechtlich erzwingbare Verpflichtung abseits des numerus clausus zulässiger Konsensualverträge erreichen, blieb den Parteien lediglich die „stipulatio“.22 Da die Begründung der „stipulatio“ aufgrund ihres abstrakten Charakters jedoch keine Einigung über die causa voraussetzte, sondern nur die Einhaltung der Form, stellte sich das Problem des Rechtsgrundes regelmäßig erst bei der Frage nach dem Bestand des Stipulationsversprechens, mithin im Kondiktionsrecht.23 Fehlte eine Einigung über die causa, konnte man der Klage aus der „stipulatio“ die exceptio doli entgegensetzen.24 Erst als sich die Formstrenge im römischen Recht durch 14 Kaser, Römisches Privatrecht I, § 114 (S. 484); Flume, Rechtsgeschäft, § 12 II 1 (S. 161); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 60; Söllner, AcP 163 (1963), S. 24. 15 Kaser, Römisches Privatrecht II, § 255 (S. 331). 16 Kaser, Römisches Privatrecht I, § 114 (S. 484); Weber, JZ 1989, S. 26. Als Obligationen waren anerkannt emptio venditio (Kauf), locatio-conductio (Dienstund Werkvertrag), mandatum (Mandat), societas (Gesellschaft), vgl. Kaser, Römisches Privatrecht I, § 122 (S. 526); Ehmann, JZ 2003, S. 712; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 70. 17 Kaser, Römisches Privatrecht I, § 114 (S. 484); Oeckinghaus, Kaufvertrag und Übereignung, S. 12. 18 Wieling, Bereicherungsrecht, S. 27; Flume, Rechtsgeschäft, § 12 II 1 (S. 162). 19 Vgl. oben Erster Teil § 5 I. 1. 20 Kaser, Römisches Privatrecht I, § 56 (S. 229); § 123 (S. 527). 21 Flume, Rechtsgeschäft, § 12 II 1 (S. 160); Kaser, Römisches Privatrecht I, § 128 (S. 541). Insofern hat sie starke Ähnlichkeiten mit dem heutigen abstrakten Schuldversprechen der §§ 780, 781 BGB. 22 Kaser, Römisches Privatrecht I, § 114 (S. 484), § 128 (S. 538). 23 Ehmann, Gesamtschuld, S. 132. 24 Kaser, Römisches Privatrecht I, § 128 (S. 541); Flume, Rechtsgeschäft, § 12 II 2 (S. 163).

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

die Trennung der „obligatio“ von der „actio“ langsam auflöste und man sich hinsichtlich der zulässigen Versprechensverträge vom numerus clausus befreite, erlangten auch die Inominatkontrakte rechtliche Anerkennung und Durchsetzbarkeit.25 Damit hatte sich die causa vom Erwerbsgrund der Übereignung zum vertragsimmanenten Zweck aller Schuldverträge entwickelt.26 Zugleich war die Einigung über die Erwerbscausa von der Übereignung abstrahiert.27 Man erkannte, dass die Zuwendung einem eigenen Zweck diente. Als man Schuldverhältnisse noch im Wege formstrenger Fragen und Antworten erfüllte,28 stellte sich die Frage nach dem Zweck einer Zuwendung nicht. Diese wurde erst aufgeworfen, als man die formale Erfüllung (per traditionem) durch den realen Leistungsakt ersetzte.29 Mit der vom Erwerbsgrund abstrahierten Übereignung entstand die Notwendigkeit, den Zweck dieser Zuwendung selbst zu bestimmen.30 b) Die Zwecklehre im Gemeinen Recht und unter Geltung des BGB Auch die gemeinrechtliche Wissenschaft versuchte die Bedeutung des Zwecks im Schuldrecht zu erfassen. So bezeichnete es von Jhering als „psychologisches Zweckgesetz“,31 dass kein Gut ohne einen Grund bewegt wird.32 Der Schwerpunkt der Untersuchungen lag folglich bei den möglichen Zwecken einer Zuwendung.33 Man erkannte, dass mit einer Zuwendung die verschiedensten Ziele verfolgt werden: Der Käufer eines Kraftfahrzeuges in unseren Tagen kommt etwa seiner Verbindlichkeit zur Kaufpreis25

Flume, Rechtsgeschäft, § 12 II 3 (S. 165 ff.); Kaser, Römisches Privatrecht II, § 255 (S. 332); Stathopoulos, AcP 194 (1994), S. 546 f.; Ehmann, JZ 2003, S. 712. 26 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 86; Flume, Rechtsgeschäft, § 12 II (S. 160); Westermann, causa, S. 16, 41 ff., 177 ff. 27 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 86). Die Pandestik, allen voran von Savigny, entwickelte daraus die abstrakte Übereignung und das Trennungssystem, welches unter der Herrschaft des Bürgerlichen Gesetzbuches geltendes Recht wurde. 28 Vgl. oben Erster Teil § 5 I. 1. 29 Vgl. oben Erster Teil § 5 I. 1. 30 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 86); Ehmann, Gesamtschuld, S. 132. 31 von Jhering, Der Zweck im Recht I, S. 1. 32 Zustimmend von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 62); Ehmann, Gesamtschuld, S. 131; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I (S. 83); Rothoeft, AcP 163 (1963), S. 224; Schnauder, AcP 187 (1987), 150; Jahr, ZSS 80, S. 149; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 376. Deshalb konnte Ehmann auch die Aussage „Nihil est sine ratione“ jüngst als Ausgangspunkt an den Beginn seines Aufsatzes über die Zwecklehre stellen, vgl. Ehmann, JZ 2003, S. 702. 33 von Thur, Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 63 ff.); Schnauder, AcP 187 (1987), S. 145.

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zahlung nach, um die Forderung zu erfüllen, um die Gegenleistung (den Wagen) zu erhalten, um den Vertragspartner vom Rücktritt wegen eigener Nichterfüllung abzuhalten, um sich nicht schadensersatzpflichtig zu machen, um sich mit dem Wagen den Arbeitsweg angenehmer zu gestalten, um seinen Nachbarn zu imponieren oder aus sonstigen Beweggründen.34 Die Anzahl der Beweggründe geht somit ins Unendliche, eine abschließende Erfassung ist scheinbar unmöglich.35 Wäre die Erreichung aller dieser Beweggründe rechtlich von Bedeutung, könnte der Käufer seine Fehlplanungen regelmäßig über § 812 BGB korrigieren, sofern nur eines der erstrebten Ziele nicht erreicht wurde.36 Die vollständige Berücksichtigung aller Zwecke würde den Grundsatz pacta sunt servanda aufheben und das Schuldrechtssystem aus den Angeln heben.37 Um kondiktionsfeste Zuwendungen zu schaffen, ist mithin eine gewisse Unabhängigkeit der Rechtsgeschäfte von den verfolgten Zwecken zwingend notwendig.38 Dies versuchte man zu erreichen, indem nur noch der primär mit der Leistung verfolgte Beweggrund als Zweck rechtliche Relevanz besitzen sollte.39 Alle anderen Beweggründe, welche vom Zuwendenden mit der Zuwendung verbunden werden und in ihrer Vielfalt vom Recht nicht erfasst werden können, degradierte man zu unbeachtlichen Motiven einer Leistung.40 Die Trennung von Zwecken und Motiven wurde allerdings durch die Möglichkeit relativiert, jedes Motiv innerhalb der Grenzen der §§ 134, 138 BGB durch Erklärung zum rechtserheblichen Zweck aufzuwerten.41 Letztlich konnte somit doch wieder jedes erlaubte Motiv rechtlich beachtlicher Zweck sein.42 Die intendierte Eingrenzung der rechtlich relevanten Zwecke hatte damit nicht nur an Prak34

Vgl. auch Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 640. Schnauder, AcP 187 (1987), S. 143. 36 Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 640; Ehmann, JZ 2003, S. 702. 37 Vgl. Schnauder, AcP 187 (1987), S. 143: „Mit der Berücksichtigung des Zwecks ist ein Raum menschlichen Denkens aufgeschlossen, der, wird er nicht durch systematisierende Rechtsregeln beherrscht, allenfalls dem Psychologen zugänglich ist.“ und dens., Grundfragen, S. 22: „Juristen sind keine Psychologen“. 38 Esser, Schuldrecht (2. Auflage), § 14 1 (S. 47); Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 640; Ehmann, JZ 2003, S. 703. 39 von Thur, Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 63). Auch Windscheid bezeichnet diesen Zweck als „erste Absicht“, vgl. Windscheid, Voraussetzung, S. 87. 40 Flume, Rechtsgeschäft, § 12 I 5 (S. 158); von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 65); Emmerich, BGB-Schuldrecht, § 16 Rdnr. 22; Boehmer, Erfüllungswille, S. 44; Ehmann, Gesamtschuld, S. 131. 41 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 37; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 23; Huber, JuS 1972, S. 58; Ehrman, JZ 2003, S. 707; vgl. schon Kegel, FS F. A. Mann, S. 60: „Motive sind nicht vereinbarte causa, causa ist vereinbartes Motiv.“ 42 Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 26; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 260; ders., Symposium König, S. 32. 35

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tikabilität, sondern auch an Überzeugungskraft verloren. Folgerichtig erachtete man die Anzahl der rechtlich relevanten Zuwendungszwecke weiterhin als unendlich. Beispielhaft wurden genannt die causa solvendi, causa credendi, causa donandi, causa acquirendi, causa obligandi, causa conditionis implendae, causa ob rem und der Sicherungszweck.43 Die Beobachtungen der Praxis zeigten jedoch, dass einige wenige Zwecke überproportional häufig verfolgt wurden.44 Das verdeutlichte, dass sich die scheinbare Unendlichkeit der möglichen Zwecke auf einige wenige Grundtypen zurückführen ließ.45 Durch eine Kategorisierung der Grundtypen konnte man relevante Zwecke von irrelevanten Motiven trennen.46 Es ist der Verdienst von Hugo Kress, die unendliche Anzahl der Zwecke in ein System gebracht zu haben, mit dem auch die Rechtspraxis arbeiten konnte.47 Kress beschränkte die möglichen Zwecke zunächst auf typische Verkehrszwecke. Als solche erkannte er den Austauschzweck, den Liberalitätszweck und den Abwicklungszweck.48 Diese stellen den numerus clausus typischer Zwecke dar.49 Jede Zuwendung dient zunächst immer einem dieser drei Zwecke.50 Darüber hinausgehende Motive werden dagegen regelmäßig nicht offen gelegt und sind unbeachtlich.51 Kress konnte dabei vor allem auf die Vorarbeiten von Jung zurückgreifen, welcher die Anzahl der möglichen Zwecke mit einer allgemeinen Formel dahingehend eingrenzte, dass nur solche Zwecke beachtlich seien, die „auf die relativen rechtlichen Beziehungen des Empfängers zu bestimmten Personen“ einwirken.52 Als typische Verkehrszwecke erkannte Jung lediglich die Begründung eines Schuldverhältnisses (causa credendi) und die Lösung von einem Schuldverhältnis (causa solvendi) an.53 43 Exemplarisch sei abermals auf das oben angesprochene Urteil des Reichsoberhandelsgerichts verwiesen, vgl. nur ROHG 24, 67, ebenso ROHG 18, 260. Vgl. auch oben die Einführung zum Dritter Teil. 44 Weitnauer, Symposium König, S. 53. 45 Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 260. 46 Esser, Schuldrecht, 2. Auflage, § 14 (S. 46 ff.); Ehmann, Gesamtschuld, S. 138. 47 Kress, Allgemeines Schuldrecht, § 5 (S. 35 ff.). 48 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 37. Ihm folgend Weitnauer, FS Caemmerer, S. 261; Ehmann, Gesamtschuld, S. 141 Fn. 41; Zeiss, AcP 164 (1964), S. 55; Flume, Rechtsgeschäft, S. 155; von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerliches Rechts II/2, § 72 (S. 67 ff.). 49 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 91); Schnauder, AcP 1987 (1987), S. 147; Ehmann, JZ 2003, S. 703. 50 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 37. 51 Schnauder, AcP 1987 (1987), S. 148. 52 Jung, Mangel des rechtlichen Grundes, S. 68; ihm folgend von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 64); Lent, Anweisung S. 14; Wieling, JuS 1978, S. 802.

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Schwierigkeiten bereitete ihm die Einordnung der Handschenkung,54 weshalb der Schenkungszweck später als zusätzlicher Zweck (causa donandi) hinzukam.55 Das führte im Ergebnis ebenfalls zu einer Dreiteilung der tauglichen Zwecke: Begründung von Herrschaftsrechten an Sachen und Personen (causa credendi), Schenkungsbegründung (causa donandi) sowie Erfüllungszweck (causa solvendi).56 Über die Auseinandersetzung mit den Arbeiten von Kress und Jung,57 aber auch von Stampe,58 gelangte man schließlich zur Erkenntnis, dass hinsichtlich der verfolgten Zwecke grundsätzlich zwischen der Eingehung und der Abwicklung eines bestehenden Schuldverhältnisses unterschieden werden muss.59 aa) Zwecke bei Eingehung eines Schuldverhältnisses Beim Zustandekommen von Schuldverträgen wird die Begründung von Herrschaftsrechten (Forderungen) bezweckt, mithin causa credendi gehandelt.60 Die Vereinbarung der causa ist Hauptbestandteil jedes Verpflichtungsgeschäftes,61 weshalb sie als Kausalgeschäfte bezeichnet werden.62 Die kausalen Verpflichtungsgeschäfte tragen ihren Rechtsgrund folglich in sich.63 53

Jung, Mangel des rechtlichen Grundes, S. 61; vgl. auch Zeiss, AcP 164 (1964), S. 56. 54 Jung, Mangel des rechtlichen Grundes, S. 63 ff. 55 Zu den Realgeschäften ausführlich sogleich unter Dritter Teil § 18 III. 56 Ehmann, JZ 1968, S. 555; ders., Gesamtschuld, S. 132; Wieling, JuS 1978, S. 802; Reeb, JuS 1972, S. 582; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 260. 57 Jung, Mangel des rechtlichen Grundes, S. 63 ff.; Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 37. 58 Stampe, Das causa-Problem des Zivilrechts, S. 22 ff. 59 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 89 ff.); Ehmann, Gesamtschuld, S. 124, 136, 155; Harder, datio in solutum, S. 157; Rümelin, AcP 97 (1905), S. 218 ff.; Schnauder, Grundfragen, S. 23; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 261; Westermann, causa, S. 58. Auch Reeb, JuS 1972, S. 382 gibt die Unterscheidung in obligandi und donandi causa auf. In beiden Fällen geht es um die Begründung eines kausalen Geschäfts. 60 Flume, Rechtsgeschäft, § 12 I 1 (S. 155); von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 81); Jung, Mangel des rechtlichen Grundes, S. 66. Harder, datio in solutum, S. 155 spricht stattdessen von causa obligandi. 61 Westermann, causa, S. 17. Diese vertragliche Vereinbarung bei der causa credendi übertrugen die Vertreter der Zweckvereinbarungstheorie auf die causa solvendi und behaupteten, auch die Zuwendungen zur Schuldtilgung müssen konsensual zugeordnet werden, vgl. oben Erster Teil § 5 II. 3. b) dd). 62 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 86); Lorenz, JuS 1968, S. 441. 63 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 III 1 (S. 117); Larenz/ Wolf, Allgemeiner Teil des BGB, § 23 Rdnr. 62, 80; Medicus, Allgemeiner Teil des

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Hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Ausrichtung unterscheidet man Kausalgeschäfte in Austauschverträge (causa acquirandi) und in Unentgeltlichkeits- oder Liberationsverträge (causa donandi).64 Beim Austauschvertrag wird eine Forderung zugewendet, um eine Forderung gegen den Vertragspartner zu erlangen.65 Beide Forderungen sind durch die Zweckabsprache verbunden.66 Der rechtlich relevante Zweck ist der typische Zweck des Geschäfts und gibt ihm seinen Namen (Kaufvertrag, Werkvertrag etc.).67 Über die causa credendi hinaus ist es im Rahmen der Kausalgeschäfte aufgrund der Vertragsfreiheit aber möglich, durch Einigung jedes bloße Motiv zu einem relevanten Zweck aufzuwerten.68 bb) Zwecke bei Abwicklung eines Schuldverhältnisses Davon sind die Zwecke bei Abwicklung eines Schuldverhältnisses zu unterscheiden, die so genannten Vollzugszwecke.69 Die Existenz der Vollzugsgeschäfte ist logische Folge des Trennungsprinzips. Anders als bei den Kausalgeschäften ist ihre Wirksamkeit von der Erreichung des verfolgten Zwecks unabhängig.70 Bei den Vollzugsgeschäften geht es um die äußere causa einer abstrakten Zuwendung,71 die mit dem Geschäftszweck des Kausalgeschäftes nicht übereinstimmt.72 Als Zweck einer solch abstrakten Zuwendung wurde von der Pandestik unter von Savigny insbesondere der BGB, Rdnr. 212; Flume, Rechtsgeschäft, § 12 I 1 (S. 153); Lenel, AcP 79 (1892), S. 81; Rümelin, AcP 97 (1892), S. 217; Gursky, JR 2000, S. 48; Lorenz, JuS 1968, S. 441; Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 96; Westermann, causa, S. 17. 64 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 81);Weitnauer, Symposium König, S. 53; Ehmann, Gesamtschuld, S. 135; ders., JZ 2003, S. 703; Harder, datio in solutum, S. 158; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 23; Westermann, causa, S. 83 ff. Die Trennung von Austausch- und Unentgeltlichkeitszweck findet sich, zurückgehend auf Domat, auch im französischen Recht, vgl. Flume, Rechtsgeschäft, § 12 II 4 (S. 171). 65 Dies entspricht dem Prinzip des do ut des, vgl. Flume, Rechtsgeschäft, § 12 I 1 (S. 154); Westermann, causa, S. 17, 59. 66 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 81). 67 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 86). 68 Lorenz, JuS 1968, S. 441. 69 Stampe, causa-Problem, S. 30 ff.; Esser, Schuldrecht, 2. Auflage, § 189 (S. 778); Lorenz, JuS 1968, S. 441. 70 Der Bestand des Zuwendungserhalts hängt jedoch wieder von der Erreichung des (Tilgungs)zwecks ab, weil die Leistung nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB anderenfalls kondiziert werden kann, vgl. Ehmann, JZ 2003, S. 702. 71 Siber, Schuldrecht, S. 416; Esser, Schuldrecht II, 4. Auflage, S. 335; Reuter/ Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 87). 72 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 88); Harder, datio in solutum, S. 159.

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Erfüllungszweck hervorgehoben.73 Aber auch die Änderung, die Schärfung oder die Sicherung eines Schuldverhältnisses werden den Abwicklungszwecken zugerechnet.74 Weil die abstrakten Zuwendungen regelmäßig ein bestehendes Schuldverhältnis voraussetzen,75 jedoch keinen selbständigen Rechtsgrund darstellen, bezeichnet man die Vollzugszwecke auch als unselbständige Zwecke oder Hilfszwecke.76 Dahinter steht zumindest auch der Gedanke, dass man nur die Entscheidung über den Abschluss eines Schuldverhältnisses frei trifft, die Abwicklung hingegen als Folge dieses Schuldverhältnisses nicht mehr im freien Belieben des Verpflichteten steht.77 c) Zwecklehre und zweckgerichteter Leistungsbegriff Eine wahre Wiedergeburt erlebte die Zwecklehre im Zusammenhang mit der bereicherungsrechtlichen Trennungslehre, nahm doch der zweckgerichtete Leistungsbegriff des Bereicherungsrechts schon begrifflich auf den Zweck der Zuwendung Bezug.78 Der zweckgerichtete Leistungsbegriff, wie ihn erstmals Kötter formulierte, war also mitnichten eine Schöpfung der Trennungslehre,79 sondern in einem zweckorientierten System des Schuldrechts bereits selbstverständlicher Bestandteil.80 Seine Formulierung durch Kötter führte aber dazu, dass man sich in der Folgezeit – unter Führung der Schüler von Kress81 – verstärkt den Abwicklungszwecken zuwandte. Als Vollzugszwecke sind heute die causa solvendi, die causa donandi sowie die causa ob rem anerkannt.82 Damit verbunden ist zumeist ein subjektives 73 Vgl. Stampe, causa-Problem, S. 30; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 87). 74 Stampe, causa-Problem, S. 30; Wieling, JuS 1978, S. 803 Fn. 25; Weitnauer, Symposium König, S. 54; Ehmann, Gesamtschuld, S. 136; ders., JZ 2003, S. 705. 75 Harder, datio in solutum, S. 160. 76 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 36; Ehmann, Gesamtschuld, S. 124, 136, 155; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 23; Harder, datio in solutum, S. 160; Stampe, causa-Problem, S. 32; Westermann, causa, S. 78. 77 So schon Rother, AcP 169 (1969), S. 7. 78 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 III. 1. 79 So aber Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 8. 80 Vgl. schon oben Zweiter Teil § 14 III. 1. 81 Ehmann, Gesamtschuld, S. 135 ff.; ders., NJW 1969, S. 398 ff.; ders., JZ 2003, S. 702 ff.; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 21 ff.; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 260 ff.; ders., NJW 1979, S. 2008 ff.; Westermann, causa, S. 177 ff. 82 Vgl. nur Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 94); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 18; Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 16 Rdnr. 23; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 10); Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 640; Kamionka, JuS 1992, S. 847; Canaris, JZ 1992, S. 1119.

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Rechtsgrundverständnis: Die Erreichung des mit der Zuwendung verfolgten Zweckes ist der Rechtsgrund für das Behalten der Zuwendung.83 2. Kritik an der causa-Lehre Zwar berücksichtigen heute sowohl der zweckgerichtete Leistungsbegriff als auch das subjektive Rechtsgrundverständnis den Zweck einer Zuwendung. Gleichwohl sieht sich die Kress’sche Zwecklehre grundlegenden Einwänden ausgesetzt. a) Einheitliche Erfassung aller Zuwendungszwecke Der Begriff „causa“ wird im Schuldrecht selbst nach seiner Reduzierung auf die „causa finalis“ durch die Zwecklehre und der damit verbundenen Gleichsetzung von causa mit Zweck noch immer nicht einheitlich verstanden.84 Einerseits bezeichnet man alle ihren Rechtsgrund bereits in sich tragenden Kausalgeschäfte als „causa“.85 Anderseits wird unter „causa“ der Zweck einer abstrakten Zuwendung verstanden.86 Hinter der begrifflichen Ungenauigkeit verbirgt sich jedoch ein viel tieferes Problem: Die Zwecklehre fragt pauschal nach den Zwecken einer Zuwendung. Unter Zuwendung versteht sie jedoch nicht nur abstrakte Vollzugsgeschäfte, sondern auch die Begründung von Forderungen beim Abschluss der Verpflichtungen.87 Hier werde dem Gläubiger die Forderung zugewendet. Die Zwecklehre geht also davon aus, dass Güter zu den von ihr anerkannten Zwecken einerseits unmittelbar bewegt, übertragen oder ausgetauscht werden können, anderseits die Güterbewegung durch Versprechensverträge lediglich vorbereitet und erst anschließend vollzogen werden kann.88 Den Parteien steht es frei, ob sie eine Güterbewegung unmittelbar, ohne vorherige Verpflich83

Vgl. die Nachweise oben unter Zweiter Teil § 14 III. 2. d). Siber, JherJB 70, S. 230 ff.; Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, § 19 I (S. 81); Esser, Schuldrecht, 2. Auflage, § 14 (S. 46 ff.), § 189 (S. 777 ff.); Flume, Rechtgeschäft, § 12 I 1 (S. 152); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I (S. 87); Westermann, causa, S. 15 ff., 56 ff., 177 ff.; Harder, datio in solutum, S. 143; Lorenz, JuS 1968, S. 441; Oeckinghaus, Kaufvertrag und Übereignung, S. 11. 85 Flume, Rechtsgeschäft, § 12 II (S. 159); Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 212; Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 115. 86 Oeckinghaus, Kaufvertrag und Übereignung, S. 11. 87 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 39; Liebisch, Unentgeltliche Zuwendung, S. 20; Flume, Rechtsgeschäft, § 12 I (S. 152); Mazza, Kausale Schuldverträge, S. 33. 88 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 35; Ehmann, Gesamtschuld, S. 135, 136, 168. 84

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tung, vornehmen89 oder eine solche erst schaffen und dann vollziehen.90 Daraus leiten die Vertreter der Zwecklehre ab, dass zwischen den Zwecken auf der Verpflichtungsebene – bei Versprechen einer Leistung – und den Zwecken auf der Abwicklungsebene – bei Vornahme der Leistung – vollständige Parallelität besteht.91 Indem also die Zwecklehre pauschal nach den Zwecken einer Zuwendung fragt, versucht sie, die Zwecke für alle Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte einheitlich zu erfassen. Diese Gleichsetzung missachtet aber die grundsätzliche, bereits in früherer Zeit erkannte92 Verschiedenheit der verfolgten Zwecke bei Abschluss und Abwicklung eines Kausalgeschäfts.93 Leistungs- und Geschäftszwecke werden vermischt.94 Abwicklungszwecke setzen das Bestehen eines Schuldverhältnisses voraus, weshalb sie auch als Hilfszwecke bezeichnet werden.95 Sie sind mit den Zwecken bei Eingehung eines Schuldverhältnisses nicht vergleichbar. Bestände zwischen der Begründung und der Abwicklung eines Schuldverhältnisses tatsächlich Identität, hätte der Gesetzgeber die Lösung von einem Schuldverhältnis ebenfalls in § 311 Abs. 1 BGB festschreiben können.96 Die Ungeeignetheit einer einheitlichen Erfassung der Zuwendungszwecke zeigt sich nicht zuletzt daran, dass der Zweck bei Eingehung eines Schuldverhältnisses konsensual vereinbart,97 der Zweck beim Vollzug der Leistung hingegen einseitig vom Leistenden bestimmt wird.98 Auf der unzutreffenden Gleichstellung beruht letztlich auch die Zweckvereinbarungstheorie im Rahmen der Erfüllung.99 So wie man aber aus der Struktur der Schuldbegründung kein Argument für die Schuldtilgung gewinnen kann, so wenig sind die bei der Schuldbegründung und bei der Leistung verfolgten Zwecke identisch.100 Die Schuldbegründung schafft erst den Grund der späteren 89

Wobei die überwiegende Ansicht die Handgeschäfte zu den Fällen der unmittelbaren, d. h. ohne vorherige Verpflichtung erfolgenden, Zuwendungen zählt. Zu den Handgeschäften vgl. unten Dritter Teil § 18 III. 90 Weitnauer, FS Caemmerer, S. 265; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 147. 91 Krawielicki, Grundlagen, S. 128; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 147. 92 Vgl. oben Dritter Teil § 18 I. 1. b). 93 Westermann, causa, S. 58. 94 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 90); Welker, Zweckverfehlung, S. 29. 95 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 36; Ehmann, Gesamtschuld, S. 124, 136, 155; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 23; Harder, datio in solutum, S. 158; Stampe, causa-Problem, S. 20 ff., 39. 96 Kümper, Natur der Erfüllung, S. 12; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 34. 97 So zu Recht Ehmann, JZ 2003, S. 702. 98 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 III. 1. 99 Vgl. oben unter Erster Teil § 5 II. 3. b) dd). 100 Vgl oben unter Erster Teil § 5 II. 3. c) bb).

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Leistung, während die Schuldtilgung der Zweck der Leistung ist.101 Das heißt nicht, dass Zwecke erst bei der tatsächlichen Bewegung von Vermögensgütern verfolgt werden. Schon wenn die zukünftige Güterbewegung durch Eingehung eines Verpflichtungsgeschäfts vorbereitet wird, verfolgen die Vertragsparteien Zwecke.102 Regelmäßig gehört aber bei den Verpflichtungsgeschäften die Einigung über den Zweck zum Inhalt des Rechtsgeschäfts, weshalb dieses in seinem Bestand vom Erreichen des Zwecks abhängig ist.103 Dagegen ist die Einigung über den verfolgten Zweck nicht Bestandteil des Vollzugsgeschäftes.104 Dieses ist vielmehr abstrakt ausgestaltet, weshalb Leistungen bei Verfehlung des verfolgten Zwecks kondiziert werden müssen. Nun kann unter Umständen der Abschluss eines Verpflichtungsgeschäfts als Erfüllungsleistung geschuldet sein, weshalb die Leistung solvendi causa dann ausnahmsweise nicht in einer abstrakten Zuwendung zu bestehen scheint.105 Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Wirksamkeit des solvendi causa abgeschlossenen Verpflichtungsgeschäfts als „untypisches“ Vollzugsgeschäft nur von der Erreichung seines eigenen Zwecks (causa credendi) abhängig ist, nicht aber von der Erreichung des Erfüllungszweckes. In Hinblick auf diesen Zweck ist es wieder abstrakt.106 Ist das zugrunde liegende, erste Verpflichtungsgeschäft nichtig, bleibt der zum Zwecke der Erfüllung abgeschlossene zweite Kausalvertrag folglich wirksam. Damit handelt es sich beim zweiten Verpflichtungsgeschäft doch wieder um ein abstraktes Vollzugsgeschäft, weil sich das Begriffspaar kausal – abstrakt bei den Vollzugsgeschäften auf die Abhängigkeit vom Erreichen des Tilgungszwecks bezieht. Von wenigen Ausnahmen abgesehen,107 konnte Liebisch zutreffend feststellen, dass lediglich abstrakte Vollzugsgeschäfte als Leistungen im Sinne des § 812 BGB anzuerkennen sind.108 So wie aber die 101 Boehmer, Erfüllungswille, S. 47. In diese Richtung auch Harder, datio in solutum, S. 160. 102 Kress, Lehrbuch des Schuldrechts, S. 35; Ehmann, Gesamtschuld, S. 131. Vgl. oben Zweiter Teil § 14 III. 1. 103 Zwar kann gelegentlich auch einem Verpflichtungsgeschäft ein abstrakter Charakter zukommen, wie § 812 Abs. 2 BGB zeigt. Dies ist aber die Ausnahme. Solche abstrakten Verpflichtungen sind dann auch kondizierbar. 104 Beuthien, Zweckerreichung, S. 286 Fn. 21; Harder, datio in solutum, S. 153. 105 Harder, datio in solutum, S. 147; Lorenz, JuS 1968, S. 442; Mazza, Kausale Schuldverträge, S. 3; Westermann, causa, S. 183. 106 Krawielicki, Grundlagen, S. 9; Jahr, ZZS 80, S. 158 f.; Harder, datio in solutum, S. 169. 107 Dienstleistungen lassen sich weder als abstrakt noch als kausal bezeichnen, vgl. Westermann, causa, S. 179. 108 Liebisch, Unentgeltliche Zuwendung, S. 26. Ebenso Westermann, causa, S. 183.

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causa solvendi den abstrakten Zuwendungen vorbehalten ist, gehören die causa credendi und causa donandi allein in den Bereich der Verpflichtungsgeschäfte.109 b) Möglichkeit der Zweckstaffelung Weiterhin hält es die Zwecklehre für möglich, dass man bei der Zuwendung verschiedene Zwecke mischen – man denke an die gemischte Schenkung – oder auch hintereinander staffeln kann.110 Diese Phänomene machen jedoch nur bei Eingehung eines Schuldverhältnisses einen Sinn.111 Dass ein Rechtsgeschäft von der Erreichung jeden denkbaren Zwecks abhängig gemacht werden kann, folgt nämlich richtigerweise aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit.112 Nur bei Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts wird der Zweck aber konsensual vereinbart. Hingegen erfolgt die Zweckbestimmung bei der Leistung einseitig durch den Leistenden, weshalb die Vertragsfreiheit als Argument für die Möglichkeit unterschiedlicher Leistungszwecke beim Leistungsvollzug gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ausscheidet. c) Erfassung der Drittleistungsfälle Die Zwecklehre hat schließlich mit ihrem Verständnis vom Leistungszweck zu Problemen bei der Drittleistung geführt.113 Im Anschluss an Jung erachtete man nur noch solche Zwecke für tauglich, welche das relative Verhältnis zwischen Leistungsempfänger und Leistenden gestalten.114 Unter Berufung auf diese Formel nahmen einige Autoren an, der Dritte leiste bei § 267 BGB nicht zum Zweck der Erfüllung, sondern er wolle ein Rechtsverhältnis zwischen sich und dem wahren Schuldner gestalten. Zweck seiner Leistung sei es, einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegen den Schuldner zu erwerben.115 Die Unzulässigkeit einer solchen Annahme ergibt sich schon daraus, dass der Aufwendungseratzanspruch gemäß §§ 683, 670 BGB die Erfüllung der Forderung zwingend voraussetzt.116 Abermals vermengt die Zwecklehre den Abwicklungszweck der Drittleis109

Westermann, causa, S. 58. Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 37 ff.; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 261. Vgl. dazu unten Dritter Teil § 19 II. 4. d). 111 Kritisch zur Zweckstaffelung auch Mazza, Kausale Schuldverträge, S. 33, 42 ff. 112 Ehmann, JZ 2003, S. 707. 113 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 III. 2. 114 Jung, Mangel des rechtlichen Grundes, S. 68. 115 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 III. 2. 116 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 III. 2. 110

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tung mit der causa credendi, dem Zweck bei Zustandekommen eines Schuldverhältnisses. Auch bei der Drittleistung geht es aber nicht um die Begründung, sondern die Abwicklung eines Schuldverhältnisses.117 3. Ergebnis zum Ansatz der Zwecklehre Der Punkt, an dem die Zwecklehre krankt, ist der Versuch, die Zwecke bei Eingehung und Abwicklung eines Schuldverhältnisses einheitlich zu erfassen. Die jeweils verfolgten Zwecke sind – entgegen der Ansicht der Zwecklehre – jedoch nicht identisch.118 Vielmehr unterscheiden sie sich sowohl hinsichtlich der Vielfalt als auch hinsichtlich der Struktur. Richtigerweise ist streng zwischen den Zwecken bei der Eingehung und dem Vollzug von Schuldverhältnissen zu unterscheiden.

II. Untersuchung der möglichen Abwicklungszwecke Unter Beachtung dieser Trennung müssen die bei Eingehung eines Schuldverhältnisses verfolgten Zwecke als Leistungszwecke unberücksichtigt bleiben. Lediglich die Abwicklungszwecke sind als Zwecke einer Leistung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB Gegenstand der folgenden Untersuchung. Rechtsprechung und Literatur behaupten nun, eine Leistung könne nicht nur zum Zwecke der Erfüllung, sondern auch zu anderen Zwecken erfolgen.119 Dabei beruft man sich vor allem auf den Wortlaut der §§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2, 813 Abs. 1 S. 1, 814, 815, 817 S. 1, 820 Abs. 1 S. 1 BGB, wo jeweils vom Zweck der Leistung die Rede ist.120 Die vorliegende Arbeit geht hingegen davon aus, dass Leistungen immer zum Zwecke der Erfüllung vorgenommen werden. Gibt es damit nur einen einzigen Leistungszweck, besteht zwischen erfüllungsrechtlichem und bereicherungsrechtlichem Leistungsbegriff nicht lediglich Teilidentität, sondern 117

Reeb, JuS 1972, S. 586. Welker, Zweckverfehlung, S. 29. 119 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 94); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 10); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 18; Reeb, Grundprobleme, S. 15 f.; Gerhardt, Erlöschen und Umgestaltung, S. 705; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 44; Canaris, JZ 1984, S. 627 Fn. 5; Schnauder, AcP 187, S. 175; Weitnauer, Symposium König, S. 31; Kamionka, JuS 1992, S. 847; Ehricke, JZ 1999, S. 1076; Beuthien, Zweckerreichung, S. 283; Gernhuber, Erfüllung, S. 100; Schmidt, Erfüllung, S. 113; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 19, 88; Harder, datio in solutum, S. 148; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 5, 7; Wolf, Drittleistung, S. 22. 120 Esser, Schuldrecht, 2. Auflage, § 70 7 (S. 301); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 723. 118

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vollständige Übereinstimmung. Dass jede Leistung nur dem Zweck der Erfüllung dient, wurde bereits zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts von Stampe und dessen Schüler Boehmer vertreten.121 Diese Reduzierung ist angesichts des dogmatischen Ansatzes der realen Erfüllungslehre nur konsequent.122 Entnimmt man nämlich den erforderlichen Bezug der Zuwendung zu einem Schuldverhältnis den äußeren Umständen, setzt das den Erfüllungszweck jeder Zuwendung zwangsläufig voraus.123 Mit der Entscheidung gegen eine objektive Erfüllung und für einen finalen Leistungsbegriff scheint die Beschränkung der Leistungszwecke demgegenüber nicht zusammenzupassen.124 Jedoch liegt darin angesichts der Funktion der Tilgungsbestimmung als reiner Zuordnungsbestimmung und ihrer Rechtsnatur gerade kein Widerspruch. Die Tilgungsbestimmung gibt nämlich nicht den Leistungszweck an, sondern stellt lediglich den Bezug zu einem Schuldverhältnis her. Der Tilgungserfolg tritt dagegen ipso iure ein.125 Der Empfänger einer Tilgungsbestimmung möchte nicht wissen, dass der Leistende den Erfüllungszweck verfolgt, sondern welche Forderung getilgt werden soll. Bei allen Leistungen solvendi causa kommt der Tilgungs- oder Zweckbestimmung somit allein ein zuordnender Charakter zu.126 Die Entscheidung für eine finale Erfüllung schließt die Reduzierung der Leistungszecke keinesfalls aus. Für eine solche Reduzierung spricht folgende Überlegung: Die Kondiktionssperren der §§ 813, 814 BGB gehen ausweislich ihres Wortlauts davon aus, dass die Leistung zum Zwecke der Erfüllung erfolgt.127 Finden diese Vorschriften nach überwiegender Ansicht auf alle Leistungskondiktionen gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB Anwendung,128 lässt sich im Wege eines Umkehrschlusses behaupten, dass § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB keinen anderen Leistungszweck als die Erfüllung kennt.129 Beachtung verdient in diesem Zusammenhang weiterhin die Vorschrift § 363 BGB. Wie schon erwähnt, ist § 363 BGB eine Beweislastregel dafür, dass durch die erfolgte Zuwendung ordnungsgemäß erfüllt wurde.130 121

Stampe, causa-Problem, S. 30 ff.; Boehmer, Erfüllungswille, S. 47 ff.; ders., ArchBürgR 38, S. 318 ff. 122 Boehmer, Erfüllungswille, S. 47; Schmidt, Erfüllung, S. 52. 123 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 2. b). 124 Vgl. oben unter Erster Teil § 5 II. 6. b) bb). 125 Vgl. oben unter Erster Teil § 8 III. 126 Vgl. oben unter Zweiter Teil § 17 III. 127 Manigk, Anwendungsgebiet der Vorschriften für die Rechtsgeschäfte, S. 48; Klein, Natur der causa solvendi, S. 15. 128 Vgl. nur Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 IV (S. 171), § 6 I 1 (S. 182, 192); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 I (S. 51 f.); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 23. 129 In diese Richtung König, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 34. 130 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 1. c) bb).

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Könnte eine Zuwendung nun zu verschiedenen Zwecken erfolgen, hätte man die Beweislast in § 363 BGB doch auch dahingehend erweitern müssen, dass die Zuwendung überhaupt solvendi causa erfolgt ist. Dies ist aber weder vom Gesetzgeber gesehen noch zu irgend einer Zeit angedacht oder gefordert worden. Das spricht dafür, dass andere Leistungszwecke als die Erfüllung mit einer Zuwendung nicht verfolgt werden. Andererseits kann nicht geleugnet werden, dass in den §§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2, 815 BGB ausdrücklich vom mit der Leistung bezweckten Erfolg die Rede ist. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB spricht hingegen schlicht von Leistung.131 Gäbe es allein den Erfüllungszweck, hätte es der expliziten Erwähnung des Zwecks einer Leistung in §§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2, 815 BGB dann bedurft? Gegen die Reduzierung auf den Erfüllungszweck wird schließlich vorgebracht, dass Leistende nicht ausschließlich erfüllen, sondern auch außerhalb schuldrechtlicher Bahnen leisten wollen.132 Insbesondere bei den Vorausleistungen sowie den Handgeschäften, bei denen es zum Zeitpunkt der Zuwendung an einer erfüllbaren Forderung fehlt, kommen Leistungen solvendi causa nach dieser Ansicht nicht in Frage. 1. Causa solvendi Der dominierende Abwicklungszweck ist der Erfüllungszweck, die causa solvendi,133 ebenso wie die condictio indebiti die häufigste Kondiktionsart ist. Schon im römischen Recht war die Kondiktion einer nicht geschuldeten, solvendi causa erbrachten Leistung der klassische Fall einer Kondiktion.134 Dass man die condictio indebiti in § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ausdrücklich ins Gesetz aufgenommen hat, obwohl sie zur Zeit der Schaffung des BGB als ein bloßer Unterfall der allgemeinen Kondiktion wegen Zweckverfehlung (condictio ob rem) angesehen wurde,135 war nicht zuletzt der praktischen Bedeutung von Leistungen solvendi causa geschuldet. Heutzutage 131 Dieser Befund wird sich bei den Betrachtungen zur condictio ob rem noch niederschlagen. Dazu sogleich unter Dritter Teil § 19. 132 Schnauder, AcP 187 (1987), S. 150. 133 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 47 (S. 38); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 I 1 (S. 50); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 I (S. 126); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 722; Flume, Rechtsgeschäft, § 12 I 1 (S. 154); Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 78; Beuthien, JZ 1968, S. 323; Bülow, JuS 1191, S. 530; Hassold, Leistung im Dreipersonenverhältnis, S. 51; König, Gutachten, S. 1527; Lorenz, JuS 1968, S. 441; Reeb, JuS 1972, S. 381; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 149; Schöninger, Leistungsgeschäfte des bürgerlichen Rechts, S. 2; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 379; Weitnauer, Symposium König, S. 30. 134 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 2; Kaser, Das römische Privatrecht I, S. 498 ff. 135 Motive II, S. 831 f. Vgl. auch unten Dritter Teil § 19 I.

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ist die überragende Bedeutung des Erfüllungszwecks und die dogmatische Eigenständigkeit der condictio indebiti unbestritten.136 Auch König hat in seinem Vorschlag zur Neuordnung des Bereicherungsrechts den Erfüllungszweck nicht nur besonders hervorgehoben, sondern ihn angesichts seiner praktischen Relevanz an den Anfang gestellt. Der § 1 Abs. 1 seines Vorschlags lautet:137 „Wer zur Erfüllung einer bestehenden oder künftigen Verbindlichkeit einem anderen etwas zugewendet hat, kann das Geleistete von dem vermeintlichen Gläubiger der Verbindlichkeit zurückfordern, a) wenn die Verbindlichkeit nicht besteht, nicht zustande kommt oder später wegfällt, oder b) . . . .“

Die Auseinandersetzung mit der Rechtsnatur der Zuordnungsbestimmungen hat allerdings ergeben, dass Erfüllung auch eintritt, wenn der Leistende diese gar nicht bezweckt, sondern etwa nach Erbringen der Leistung vom Bestehen eines Leistungsverweigerungsrechts ausgeht.138 Die Erfüllung ist demzufolge weniger Zweck denn vielmehr Rechtsfolge der Leistung.139 Der Leistende erklärt daher auch nicht, zu welchem Zweck er leistet, sondern auf welches Schuldverhältnis er leistet.140 Aufgrund dieser Erkenntnis handelt es sich bei der Zuordnungsbestimmung um eine rechtsgeschäftsähnliche Erklärung.141 Als Zweck bei der Abwicklung eines Schuldverhältnisses bezieht sich die causa solvendi auf ein Schuldverhältnis im engeren Sinn, wobei es genügt, dass der Leistende vom Bestehen der Forderung ausgeht.142 Der Irrtum über das Bestehen der zu erfüllenden Forderung schließt die causa solvendi also nicht aus, sondern ist dem Bereicherungsrecht im Gegenteil immanent.143 Zugeordnet wird auf ein bestehendes oder als bestehend erachtetes Schuldverhältnis im engeren Sinn. Existiert die Forderung nicht, liegt gleichwohl eine Leistung zum Zwecke der Erfüllung vor und das Geleistete kann nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zurück verlangt werden. 136

Vgl. nur oben Zweiter Teil § 13 II. 4 sowie Zweiter Teil § 14 III. 2. d). König, Gutachten, S. 1522. 138 Vgl. oben Erster Teil § 8 III. 139 In diese Richtung auch Harder, datio in solutum, S. 134 f: „Zweck jeder Erfüllungshandlung ist daher nicht die Tilgung der Schuldverhältnisse, sondern die Befriedigung des Gläubigers. … Die Tilgung des Schuldverhältnisses ist deshalb nicht der Zweck, sondern die Rechtsfolge der Erfüllungshandlung.“ 140 Vgl. oben Erster Teil § 8 III. 141 Vgl. oben unter Erster Teil § 8 III. 142 Wieling, Bereicherungsrecht, S. 23; Reeb, Grundprobleme, S. 14; Westermann, causa, S. 198. 143 Wieling, Bereicherungsrecht, S. 23; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 394; Hadding, FS Kroeschell, S. 299. 137

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2. Sicherungszweck Als eigenständiger abweichender Leistungszweck neben dem Erfüllungszweck wird nun der Sicherungszweck angesehen.144 Man behauptet, dieser stelle einen für sich ausreichenden Leistungsgrund dar.145 Damit will man zum Ausdruck bringen, dass Leistungen sicherungshalber kein bestehendes,146 auf Erbringung der Sicherheit gerichtetes Schuldverhältnis voraussetzen, würde doch anderenfalls zwecks Erfüllung dieses zugrunde liegenden Schuldverhältnisses geleistet. Der Sicherungszweck kann mithin nur tauglicher Abwicklungszweck sein, wenn die Leistung nicht der Erfüllung einer bestehenden Sicherungsabrede dient. Als Abwicklungszweck würde der Sicherungszweck allerdings allein vom Leistenden bei Vornahme der Leistung bestimmt.147 Für Leistungen sicherungshalber bedeutet aber eine derartige einseitige Begründung der Sicherheit, dass es der Vereinbarung einer Sicherungsabrede nicht mehr bedarf. Ganz wollen aber auch die Autoren, die im Sicherungszweck einen eigenen Abwicklungszweck sehen, auf die Sicherungsabrede nicht verzichten. Deshalb nehmen sie an, man müsse sich bei Leistungen sicherungshalber doch wieder über den Sicherungszweck als Leistungszweck einigen.148 In diesem Vorgehen offenbart sich indes die fehlende gedankliche Trennung der Zwecke bei Eingehung und Abwicklung eines Schuldverhältnisses.149 Indem man die Notwendigkeit einer Einigung über den Sicherungszweck betont, hat man die Ebene der Abwicklung eines Schuldverhältnisses nämlich bereits verlassen. Nur bei Eingehung eines Schuldverhältnisses einigt man sich über den Zweck.150 Die geforderte Einigung über den Sicherungszweck ist in Wirklichkeit nichts anderes als der zeitgleiche Abschluss der Sicherungsabrede.151 Die Leistung selbst erfolgt dann wieder solvendi causa. Dies soll durch eine fallweise Betrachtung erhellt werden:

144 Ehmann, JZ 1968, S. 550; Schnauder, Grundfragen, S. 28; von Caemmerer, FS Lewald, S. 456; Weitnauer, Symposium König, S. 40; ders., FS von Caemmerer, S. 261. 145 von Caemmerer, FS Lewald, S. 456. 146 Oder als bestehend angenommenes, vgl. schon unter Dritter Teil § 18 II. 1. 147 Vgl. oben Dritter Teil § 18 I. 2. a). 148 Ehmann, JZ 1968, S. 550 Fn. 9; Schnauder, Grundfragen, S. 28; von Caemmerer, Festschrift Lewald, S. 456. 149 Vgl. Zundl, Rückabwicklung nach ungerechtfertigter Inanspruchnahme von Sicherungsmitteln, S. 20. 150 Vgl. oben Dritter Teil § 18 I. 2. a). 151 Insofern handelt es sich um ein Handgeschäft. Zu deren Behandlung vgl. unten Dritter Teil § 18 III.

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a) Forderung auf Erbringung der Sicherheit existiert bereits Besteht bereits eine Verpflichtung zur Bestellung einer Sicherheit und erbringt der Schuldner die geschuldete Sicherheit, leistet er allein zum Zwecke der Erfüllung.152 Ehmann sieht dagegen den Sicherungszweck als eigenen Abwicklungszweck an, der nicht mit dem Erfüllungszweck gleichgesetzt werden darf, führt die Sicherheitsleistung doch nicht zum Erlöschen der Hauptforderung.153 Ehmanns Fehler liegt aber darin, dass er hinsichtlich der Erfüllung nicht auf die Forderung aus der Sicherungsabrede abstellt, sondern auf die zu sichernde Hauptforderung.154 Dass durch die Sicherheitsleistung die Forderung aus der Sicherungsabrede erfüllt wird, bemerkt er nur nebenbei.155 Nicht das Bestehen der zu sichernden Forderung ist der Rechtsgrund für die bestellte Sicherheit, sondern allein die Erfüllung der Sicherungsabrede.156 Daher ist die Unterscheidung in akzessorische und nicht akzessorische Sicherungsmittel, wie sie Ehmann vornimmt,157 in diesem Zusammenhang ohne Belang, betrifft sie doch nur die Frage, wie sich die Sicherung zur Hauptschuld verhält,158 nicht aber das entscheidende Verhältnis der Sicherung zu ihrem Rechtsgrund.159 Weil es aber beim Sicherungszweck als Abwicklungszweck um das Verhältnis des Sicherungsmittels zur Sicherungsabrede geht,160 spielt es auch keine Rolle, welcher Art das Sicherungsmittel ist.161 152

Wieling, JuS 1978, S. 803 Fn. 25. Vgl. Ehmann, JZ 2003, S. 706. 154 Ehmann, JZ 1968, S. 550 Fn. 9; ders., JZ 2003, S. 706. Auf diese Gefahr hat bereits Leonhard, Allgemeines Schuldrecht, S. 381 ff. hingewiesen. 155 Vgl. Ehmann, JZ 2003, S. 706: „Der Sicherungszweck ist ein Abwicklungszweck; die zur Sicherheit erbrachte Leistung erfüllt zwar nicht die zu sichernde Forderung (aber doch die Forderung aus der Sicherungsabrede), veranlasst aber den Gläubiger in der Regel zur Stundung der Schuld.“ (Hervorhebung nur hier). 156 Scholz/Lwowski, Recht der Kreditsicherung, Rdnr. 6; Flume, Rechtsgeschäft, § 12 I 1 (S. 155). 157 Ebenso Westermann, causa, S. 122 ff. 158 Flume, Rechtsgeschäft, § 12 I 1 (S. 155); Wieling, Sachenrecht, § 27 I 1 (S. 411); Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 1316; Habersack, Sachenrecht, Rdnr. 62; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rdnr. 26; Scholz/Lwowski, Recht der Kreditsicherung, Rdnr. 17; Westermann, causa, S. 121. 159 Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 1350; Oechsler, Vertragsrecht, Rdnr. 522; Bockholdt, Die Haftung des unentgeltlichen Erwerbers, S. 179 f. 160 Dem entspricht es, wenn eine starke Ansicht in der Literatur für die Frage der Entgeltlichkeit der Sicherheitsleistung nicht auf das gesicherte Geschäft, sondern auf die Rechtsgrundabrede abstellt, vgl. die Nachweise bei Bockholdt, Die Haftung des unentgeltlichen Erwerbers, S. 178. 161 Wird die Sicherung durch eine abstrakte Zuwendung vollzogen (Sicherungsübereignung, Einräumung einer Hypothek oder Grundschuld, Pfandrecht), ist die Notwendigkeit einer zugrunde liegenden Sicherungsabrede unbestritten. Gleiches 153

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b) Forderung existiert noch nicht Leistet der Sicherungsgeber eine Sicherheit, obwohl mangels Sicherungsabrede keine auf Stellung einer Sicherheit gerichtete Forderung besteht, ist zu unterscheiden, ob er eine solche Forderung als bestehend erachtet hat oder ob er ihr Fehlen kannte. aa) Erfüllung bezweckt Sofern der Leistende durch die Bestellung der Sicherheit die Erfüllung der vermeintlichen Verbindlichkeit bezweckt, liegt erneut eine Leistung solvendi causa vor. Wird eine abstrakte Zuwendung als Sicherheit erbracht, kann der Leistende die Sicherheit kondizieren,162 denn die Gültigkeit des abstrakten Sicherungsgeschäfts bleibt vom Nichtbestehen der schuldrechtlichen Sicherungsabrede unberührt. Bestellt etwa ein Darlehensschuldner seiner Bank eine Hypothek, will er die zugrunde liegende Sicherungsabrede erfüllen. Fehlt es an einer wirksamen Sicherungsabrede, kann die Hypothek kondiziert werden.163 Nichts anderes gilt bei Erbringung einer kausalen Sicherheit, etwa einer Bürgschaft. Hinsichtlich der Erreichung des Erfüllungszwecks ist die kausale Sicherung abstrakt, weshalb das Bürgschaftsversprechen gleichfalls kondiziert werden kann.164 Allein die Sicherungsabrede stellt den tauglichen Rechtsgrund dar, wobei zu beachten ist, dass erst die Erfüllung einer auf Stellung der Sicherheit gerichteten Forderung zu deren Umwandlung in einen Behaltensgrund führt.165 bb) Begründung einer Sicherungsabrede Weiß der Leistende dagegen, dass keine auf Erbringung der Sicherheit gerichtete Forderung besteht und wendet er dem Gläubiger dennoch eine abstrakte Sicherheit zu, liegt in dieser Leistung zugleich das konkludente gilt gemäß § 812 Abs. 2 BGB für das abstrakte Schuldversprechen. Aber selbst dann, wenn die Sicherheit durch einen kausalen Versprechensvertrag, wie etwa Bürgschaft oder Schuldbeitritt, eingeräumt wird, handelt es sich um eine Leistung zum Zwecke der Erfüllung, wenn ein auf Bestellung dieses Versprechens gerichtetes Schuldverhältnis besteht. In Bezug auf den Erfüllungszweck sind diese Verträge ebenfalls abstrakt, vgl. schon oben Dritter Teil § 18 I. 2. 162 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 I (S. 68); Wieling, JuS 1978, S. 803; Ehmann, JZ 2003, S. 705. 163 Habersack, Sachenrecht, Rdnr. 346; Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 1353; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 8 f.; Westermann, causa, S. 124. 164 Vgl. oben Dritter Teil § 18 I. 2. a). 165 Vgl. oben Erster Teil § 1 II. 3.

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Angebot auf Abschluss einer Sicherungsabrede. Mit seiner Leistung bezweckt er die Erfüllung der aus dieser Abrede erwachsenden Forderung.166 Abermals ist der Sicherungszweck der Erfüllungszweck. Weiß der Sichernde um das Fehlen einer Forderung und erbringt er dem Gläubiger eine kausale Sicherheit, scheint es hingegen, als leiste der Sichernde tatsächlich „sicherungshalber“. Allerdings ist zu beachten, dass diese „Sicherheitsleistung“ nicht mehr der Abwicklung eines Schuldverhältnisses dient. Durch die Vereinbarung der kausalen Sicherheit wird stattdessen ein eigenes Schuldverhältnis begründet. Die Leistung erfolgt causa credendi.167 Der Beweggrund des Sicherungsgebers für den Abschluss der kausalen Sicherheit kann im Verhältnis des Sicherungsgebers zum Schuldner oder im Verhältnis zum Sicherungsnehmer liegen,168 wobei es sich jedoch nur um ein Motiv des Sicherungsgebers handelt. Zweck des Sicherungsgeschäfts ist entweder der Austauschzweck oder der Unentgeltlichkeitszweck, also die typischen Zwecke bei Begründung des Schuldverhältnisses. c) Zwischenergebnis Bei bestehender oder bestehend angenommener Forderung aus der Sicherungsabrede erfolgt die Sicherheitsleistung allein solvendi causa. Der Sicherungszweck ist dann kein eigener Abwicklungszweck. Sofern man den Sicherungszweck als einen eigenen Zweck ansieht, betrifft dies lediglich die Erbringung kausaler Sicherheiten bei Fehlen einer auf Bestellung der Sicherheit gerichteten Forderung. Dort wird in der Tat der Sicherungszweck vereinbart. Allerdings handelt es sich nicht um die Abwicklung eines Schuldverhältnisses, sondern um die Eingehung, weshalb der Zweck nun den typischen Verkehrszwecken Austausch oder Liberalität zugeordnet werden kann. Die Sicherung ist dann aber erneut kein tauglicher Vollzugszweck. Wer immer den Sicherungszweck als reinen Abwicklungszweck betrachtet,169 muss das (vermeintliche) Bestehen einer auf Stellung der Sicherheit gerichteten Forderung voraussetzen. Diese Annahme nimmt dem Sicherungszweck als Abwicklungszweck aber zugleich seine Existenzberechtigung. 166

Zu den Handgeschäften vgl. unten Dritter Teil § 18 III. Zundl, Rückabwicklung nach ungerechtfertigter Inanspruchnahme von Sicherungsmitteln, S. 37. 168 von Thur, Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 80). 169 Ehmann, JZ 2003, S. 706. 167

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

3. Änderungszweck Auch die Änderung des Schuldverhältnisses ist kein Abwicklungszweck.170 Zwar setzt sie wie die Abwicklung ein bestehendes Schuldverhältnis voraus. Allerdings zeigt schon der Wortlaut des § 311 Abs. 1 BGB, dass Begründung und Änderung eines Schuldverhältnisses in systematischer Sicht vergleichbar sind.171 Beide Formen beruhen auf dem Grundsatz der Vertragsfreiheit,172 welcher der Ebene der Begründung eines Schuldverhältnisses zuzuordnen ist.173 Dass man die Änderung nicht als Aufhebung des alten und Begründung eines neuen Schuldverhältnisses ansieht,174 liegt vor allem daran, dass eventuelle Sicherheiten des alten Schuldverhältnisses durch die Konstruktion der Änderung nicht verloren gehen.175 4. Heilung Die Heilung ist Reparatur des Verpflichtungsgeschäftes bei gleichzeitiger Erfüllung der daraus geschuldeten Leistung.176 Wer zum Zwecke der Heilung eines formunwirksamen Schuldverhältnisses leistet, bezweckt zugleich die Erfüllung seiner aus dem geheilten Schuldverhältnis erwachsenden Verpflichtung. Die Rechtsfolgen von Heilung und Erfüllung treten aber nicht nur zeitgleich ein, sondern in beiden Fällen handelt es sich zugleich um gesetzliche Folgen der Leistung, weshalb weder die Erfüllung noch die Heilung vom Leistenden bezweckt sein muss.177 Die Leistung muss nur jeweils auf eine konkrete „Verbindlichkeit“ aus einem Schuldverhältnis bezogen sein, selbst wenn Letzteres formunwirksam ist.178 Wird damit auch im Falle 170 Nur ausnahmsweise (vgl. § 558 BGB) erfolgt der Abschluss eines Änderungsvertrages zum Zwecke des Vollzugs, wobei die Änderung dann wieder causa solvendi erfolgt. 171 Hingegen ist die Abwicklung nicht in § 311 Abs. 1 BGB erwähnt, woraus sich schließen lässt, dass die Begründung eben keine Abwicklung ist. In diese Richtung schon Kümper, Natur der Erfüllung, S. 12. 172 Bamberger/Roth/Gehrlein, § 311 Rdnr. 35; MüKo/Emmerich, § 311 Rdnr. 26; Erman/Kindl, § 311 Rdnr. 3. 173 Vgl. oben Dritter Teil § 18 I. 2. 174 Beachte aber Larenz, Schuldrecht I, § 7 II (S. 89): „In der Herabsetzung der geschuldeten Leistung liegt ein teilweiser Erlass der Forderung (§ 397) …“ 175 Bamberger/Roth/Gehrlein, § 311 Rdnr. 33; Erman/Kindl, § 311 Rdnr. 4. 176 Vgl. schon oben Erster Teil § 6 II. 5. b). 177 Vgl. oben Dritter Teil § 18 II. 1 zur Erfüllung sowie Erster Teil § 6 II. 5 zur Heilung. 178 Dem Schuldverhältnis im engeren Sinne muss nämlich kein Forderungselement innewohnen, vgl. oben Erster Teil § 12 sowie Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III (S. 137); Harder, datio in solutum, S. 148.

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einer Heilungsleistung letztlich zum Zwecke der Erfüllung geleistet, ist die Berücksichtigung des Heilungszwecks als von der Erfüllung abweichenden eigenen Vollzugszweckes nicht erforderlich.179 Bei der Heilung wird vielmehr solvendi causa geleistet.180 Allerdings gilt das nur für solche Leistungen, welche unmittelbar zur Heilung führen: Nur der Schenker oder der Bürge können gemäß §§ 518 Abs. 2, 766 S. 3 BGB durch Bewirken ihrer nicht geschuldeten Leistung die Heilung des Schuldverhältnisses unmittelbar herbeiführen. Davon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen der andere Teil leistet, um den Bürgen oder Schenker zur Bewirkung seiner nicht geschuldeten Leistung – und damit zur Heilung – zu bewegen. Die Leistung etwa des Grundstückskäufers führt nicht gemäß § 311b Abs. 1 S. 2 BGB zur Heilung des formnichtigen Grundstückkaufvertrages. Ob diese Leistungen dennoch solvendi causa erfolgen, soll an späterer Stelle geklärt werden.181 5. Vorausleistung Dass nicht jede Leistung der Erfüllung einer Verbindlichkeit dient, sondern auch außerhalb bestehender schuldrechtlicher Bindungen geleistet werden kann, wird durch die Literatur vor allem an folgendem Beispiel festgemacht: Der Leistende S erbringt in Erwartung eines Vertragsschlusses mit G eine Anzahlung als Vorausleistung auf den noch abzuschließenden Vertrag.182

Da das Rechtsgeschäft im Zeitpunkt der Leistung noch nicht besteht, werde nicht solvendi causa, sondern zum Zwecke des Erhalts der nicht geschuldeten, sondern lediglich in Aussicht gestellten Gegenleistung – mithin causa ob rem – geleistet.183 Exemplarisch ist die Aussage von Wendehorst: 179

In diese Richtung auch Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III 1 b (S. 138). 180 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 5. c). So auch Liebs, JZ 1978, S. 698. 181 Vgl. unten Dritter Teil § 19 II. 4. a). 182 Etwa Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 87); Schöninger, Leistungsgeschäfte des bürgerlichen Rechts, S. 2; Welker, Zweckverfehlung, S. 102; Reeb, Grundprobleme, S. 61. 183 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 152); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 151); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 II (S. 68); Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 16 Rdnr. 29; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III (S. 57); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 61; Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 10 Rdnr. 58; Reeb, Grundprobleme, S. 61; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 212; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 55; Staudinger/Lorenz, § 814 Rdnr. 8; RGRK/Heimann-Trosien, § 812 Rdnr. 91; von Caemmerer, FS Rabel, S. 344 Fn. 39; Giesen, Jura 1995, S. 179; Söllner, AcP 163 (1963), S. 34; Weber, JZ 1989, S. 26; BGH WM 1971, 1202; BGH NJW 1976, 237; BGH WM 1998, 1494; BGH WM 1999, 2892.

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

„Wenn der Leistende gewusst hat, dass keine Verbindlichkeit besteht, kann er auch kaum die Absicht gehabt haben, sie zu tilgen.“184 a) Erfüllung künftiger Forderungen Gegen diese Ansicht spricht, dass sie die erfüllungsrechtlichen Folgen ihres Ansatzes nicht hinreichend beachtet: Kommt der Vertrag in der Folgezeit zustande, entsteht eine gegen den Leistenden gerichtete Verpflichtung. Allerdings muss er diese nicht mehr in voller Höhe tilgen, sondern lediglich den noch ausstehenden Restbetrag erbringen. Bereits die Vorausleistung hat gemäß §§ 362 Abs. 1, 266 BGB zum teilweisen Erlöschen der später entstehenden Forderung geführt.185 Sie ist demnach solvendi causa erfolgt. Kommt der bezweckte Vertrag nicht zustande, folgt daraus kein anderer Leistungszweck. Anderenfalls wäre der Zweck der Leistung vom Zustandekommen des Vertrages abhängig.186 Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil der Zweck einer Leistung vom Leistenden spätestens im Zeitpunkt der Zuwendung festgelegt werden muss.187 Mithin kann er nicht von einem nach Zuwendung eingetretenen Ereignis abhängen.188 Die Vorausleistung ist auch nicht etwa eine „Anzahlung in Erwartung des künftigen Vertragsschlusses“.189 Danach wäre der Vertragsschluss die Gegenleistung für 184

Bamberger/Roth/Wendehorst, § 814 Rdnr. 4. In diese Richtung auch Welker, Zweckverfehlung, S. 28. 185 Dabei erlischt die Forderung unmittelbar mit ihrem Entstehen, vgl. Staudinger/Olzen, § 362 Rdnr. 22; Bamberger/Roth/Dennhardt, § 362 Rdnr. 24; MüKo/ Wenzel, § 362 Rdnr. 18; Singer, JZ 1983, S. 358; KG MDR 1979, 401. 186 Genau das wäre das Ergebnis der herrschenden Ansicht. Kommt der Vertrag später zustande, muss solvendi causa geleistet worden sein, wenn nicht, liegt eine Leistung causa ob rem vor. Vgl. dazu sogleich unter Dritter Teil § 18 II. 5. b). 187 Vgl. oben Erster Teil § 10 IV. 188 Daneben darf nicht vergessen werden, dass die Vorausleistung oftmals ein bereits vom Leistenden abgegebenes Angebot auf Abschluss eines Vertrages bekräftigen soll. Wenn die Gegenansicht bei der Vorausleistung betont, der potentielle Vertragspartner hätte seine Gegenleistung nicht versprochen, sondern lediglich in Aussicht gestellt, weist sie damit allein auf den Zugang des mit der Leistung verbundenen Vertragsangebots beim Partner hin. Somit weiß aber auch der Zuwendungsempfänger, dass der Zuwendende zur Erfüllung einer erst später entstehenden Forderung aus dem zukünftigen Vertrag leistet. Fehlt es dagegen an einem vorhergehenden Vertragsangebot, wird die Vorausleistung regelmäßig von einem entsprechenden Vertragsangebot begleitet. Sofern dies nicht explizit der Fall ist, liegt in der Vorausleistung das konkludente Angebot auf Abschluss eines Vertrages. Kann der Empfänger auch nach Auslegung des konkludenten Angebots den Inhalt nicht genau bestimmen, ist im Zweifel von einem Angebot auf Abschluss eines Schenkungsvertrages auszugehen, vgl. unten Dritter Teil § 18 III. 4. 189 So aber Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 10 Rdnr. 58; von Caemmerer, FS Rabel, S. 344.

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die Hingabe der Anzahlung. Scheitert der Vertragsschluss, entstehen für diese Ansicht keine Probleme: Die Anzahlung könnte mit der condictio ob rem zurückverlangt werden. Kommt der Vertrag aber zustande, müsste der Vorausleistende noch einmal die volle Leistung erbringen. Die Anzahlung war ja die Gegenleistung für den Abschluss des Vertrages, ihre Rückforderung nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB wegen der Zweckerreichung ausgeschlossen.190 Von einer wirklichen Vorausleistung ließe sich dann aber nicht mehr sprechen. Paradigmatisch hat denn auch König in § 1 Abs. 1 seines Entwurfes zum Bereicherungsrecht klargestellt:191 „Wer zur Erfüllung einer bestehenden oder künftigen Verbindlichkeit einem anderen etwas zugewendet hat, kann das Geleistete von dem vermeintlichen Gläubiger der Verbindlichkeit zurückfordern, a) wenn die Verbindlichkeit nicht besteht, nicht zustande kommt oder später wegfällt, oder . . .“.

Auch bei der Vorausleistung wird somit die Erfüllung einer zukünftigen Verbindlichkeit bezweckt, also causa solvendi geleistet.192 Das Nichtbestehen der Forderung im Zeitpunkt der Leistung schließt die Verfolgung des Erfüllungszwecks nicht aus. Dies ist in systematischer Hinsicht unmittelbar einleuchtend, ermangelt es doch bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung einer Leistung solvendi causa gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB regelmäßig an einer bestehenden Forderung.193 Handelt es sich bei Vorausleistungen um Leistungen solvendi causa, wird die Zuordnungsbestimmung allein vom Leistenden abgegeben.194 Einer mitunter geforderten Anrechungsabrede bedarf es demgegenüber nicht.195 Die Beteiligung des Gläubigers ist auch nicht erforderlich: Er weiß nach Erhalt der Leistung, dass diese auf das zukünftige Schuldverhältnis bezogen ist. Kommt der Vertrag zustande, kann er erhaltene und geschuldete Leistung vergleichen und zu einem Ergebnis hinsichtlich seiner Befriedigung gelangen.196

190

Singer, JR 1983, S. 358. König, Gutachten, S. 1522. 192 Ebenso von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 69); Kress, Besonderes Schuldrecht, S. 331; Larenz, Schuldrecht II, § 69 II (S. 556); König, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 36; ders., Gutachten, S. 1536 f.; Welker, Zweckverfehlung, S. 102; Weber, JZ 1989, S. 29; Singer, JZ 1983, S. 357; RG JW 1912, 684 (685); BGH WM 1983, 674 (675). 193 Vgl. oben Dritter Teil § 18 II. 1. 194 Singer, JR 1983, S. 357. 195 So aber Bamberger/Roth/Dennhardt, § 362 Rdnr. 24; MüKo/Wenzel, § 362 Rdnr. 18; BGHZ 85, 315 (318); BGH NJW 1984, 974; BGH NJW 1986, 248. 196 Singer, JR 1983, S. 257. Vgl. schon oben Erster Teil § 2 I. 1. a). 191

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

b) Anwendungsbereich des § 814 1. Var. BGB Wird bei der Vorausleistung solvendi causa geleistet, wirft das zugleich die Frage nach dem Anwendungsbereich des § 814 Var. 1 BGB auf. Die Norm stellt einen Ausschlussgrund allein für die condictio indebiti dar.197 Nach § 814 Var. 1 BGB ist die Rückforderung einer solvendi causa erbrachten Leistung ausgeschlossen, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet ist. Das ist zumindest dann der Fall, wenn er wusste, dass die Verbindlichkeit nicht besteht. Danach scheint die Kondiktion einer Vorausleistung immer ausgeschlossen, schließlich hat jeder Vorausleistende gewusst, dass eine Verbindlichkeit im Zeitpunkt der Zuwendung noch nicht bestand. Deshalb wird gerade der Norm des § 814 Var. 1 BGB entnommen, dass die Vorausleitung nicht solvendi causa erfolgt sein könne. Anderenfalls verbliebe für § 814 Var. 1 BGB so gut wie kein Anwendungsbereich:198 Wer leiste schon im Wissen, dass er seine Leistung im Falle des Nichtzustandekommens des Vertrags nicht mehr zurückfordern kann.199 Stattdessen soll es sich bei der Vorausleistung um eine Leistung causa ob rem handeln,200 und nicht § 814 Var. 1 BGB, sondern § 815 BGB die Fälle erfassen, in denen zwar in Kenntnis der Nichtschuld geleistet wird, der Leistende aber vom späteren Zustandekommen der Schuld ausgeht.201 Richtigerweise lässt sich § 814 BGB kein Argument gegen die Annahme des Erfüllungszwecks einer Vorausleistung entnehmen. So ist nahezu unbestritten, dass Leistungen Dritter gemäß § 267 Abs. 1 BGB solvendi causa erfolgen.202 Der Drittleistende hat aber wie der Vorausleistende gewusst, dass er mangels Schuldnereigenschaft nicht zur Leistung verpflichtet ist. Folglich würde die stringente Anwendung des § 814 Var. 1 BGB die Kondiktion einer Drittleistung ebenfalls ausschließen. Sofern dieses Problem in der Literatur überhaupt gesehen wird, bezweifelt man im Fall der Drittleis197 Wieling, Bereicherungsrecht, S. 25; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 (S. 53); Reeb, Grundprobleme, S. 59; Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 37 Rdnr. 26; Musielak, Grundkurs BGB, Rdnr. 717; RGRK/Heimann-Trosien, § 814 Rdnr. 1; BGHZ 113, 62 (70). 198 Zutreffend Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 110. 199 Bamberger/Roth/Wendhorst, § 814 Rdnr. 4; Söllner, AcP 163 (1963), S. 34. 200 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 II (S. 57); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 151); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 152); Reeb, Grundprobleme, S. 61; MüKo/Lieb, § 814 Rdnr. 4; BGH JZ 1961, 699; BGH WM 1971, 1202; BGH NJW 1976, 237. 201 Fikentscher, Schuldrecht Rdnr. 1104; Erman/Westermann, § 814 Rdnr. 1; MüKo/Lieb, § 814 Rdnr. 4; Staudinger/Lorenz, § 814 Rdnr. 8; Bamberger/Roth/ Wendehorst, § 814 Rdnr. 5; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 55; Söllner, AcP 163 (1963), S. 34; BGHZ 65, 123 (126). 202 Vgl. oben Zweiter Teil § 16 III.

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tung nicht deren Erfüllungszweck, sondern erklärt entweder § 814 Var. 1 BGB für unanwendbar203 oder stellt auf die Kenntnis des Dritten vom Nichtbestehen der Forderung zwischen „Schuldner“ und „Gläubiger“ ab.204 Dies verdeutlicht, dass es in den Fällen der Drittleistung, wie in den Fällen der Vorausleistung, vielmehr darum geht, den Anwendungsbereich des § 814 Var. 1 BGB sachgerecht zu begrenzen, anstatt den Erfüllungszweck zu verneinen.205 Will man Vorausleistungen nicht generell der Kondiktion entziehen, ist § 814 Var. 1 BGB als spezielle Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (venire contra factum proprium)206 teleologisch zu reduzieren.207 Entgegen der Meinung Wendehorsts, die den Anwendungsbereich des § 814 Var. 1 BGB auf die Fälle des § 813 Abs. 1 S. 2 BGB beschränkt sieht und nur deshalb die Erfüllung bei der Vorausleistung ablehnt,208 verbleibt der Norm durchaus ein originärer Anwendungsbereich. Die Kondiktion der Vorausleistung ist etwa dann gemäß § 814 Var. 1 BGB ausgeschlossen, wenn der Leistende wusste, dass der Vertrag nicht zustande kommen und die Forderung nicht zum Entstehen gelangen wird,209 oder auch dann, wenn zwar die Schuld besteht, aber der Leistende gewusst hat, dass seine Leistung nicht die Erfüllung herbeiführen kann, wie dies bei Leistungen an nicht voll geschäftsfähige Gläubiger der Fall sein kann.210 Ging der Leistende hingegen vom späteren Entstehen der Forderung und deren Tilgung aus, ist sein Rückforderungsverlangen nicht treuwidrig und bedarf keiner Beschränkung.211 Folglich kann § 814 Var. 1 BGB auch die Fälle der Vorausleistung erfassen, ohne zugleich deren Erfüllungscharakter in Frage zu stellen. Der Weg über § 815 ist lediglich eine „dogmatische Verlegenheitslösung“.212 Auch bei der Vorausleistung wird solvendi causa und nicht causa ob rem geleistet. 203

Bamberger/Roth/Wendehorst, § 814 Rdnr. 8; Palandt/Sprau, § 814 Rdnr. 2. Staudinger/Lorenz, § 814 Rdnr. 10; MüKo/Lieb, § 814 Rdnr. 14; AnwKBGB/von Sachsen Gessaphe, § 814 Rdnr. 7. 205 König, Gutachten, S. 1527; Welker, Zweckverfehlung, S. 102; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 736; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 109; AK-BGB/Joerges, § 812 Rdnr. 46. 206 Vgl. oben Erster Teil § 9 III. 1. c) bb). 207 König, Gutachten, S. 1528; Welker, Zweckverfehlung, S. 104; Singer, JZ 1983, S. 359; Weber, JZ 1989, S. 29. 208 Bamberger/Roth/Wendehorst, § 814 Rdnr. 4. 209 Erman/Westermann, § 814 Rdnr. 1; Weber, JZ 1989, S. 29. 210 Zur Erfüllung dem nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger gegenüber vgl. oben Erster Teil § 9 III. 1. c) bb). 211 König, Gutachten, S. 1526 f.; Welker, Zweckverfehlung, S. 104. 212 Ebenso AK-BGB/Joerges, § 812 Rdnr. 46; Welker, Zweckverfehlung, S. 102; Singer, JZ 1983, S. 359. In diese Richtung schon Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1104. 204

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

6. Causa credendi Kein Leistungszweck ist ferner die causa credendi.213 Bei ihr wird die Zuwendung erbracht,214 um ein kausales Geschäft unmittelbar zu begründen.215 Sie spielt mithin nur bei den Verpflichtungsgeschäften eine Rolle, also bei Eingehung eines Schuldverhältnisses, nicht aber bei dessen Abwicklung. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Funktion des Vertrages wird die causa credendi in den Austauschzweck und den Liberationszweck unterteilt. Beim Austauschzweck wendet man dem Vertragspartner eine Forderung zu, weil man eine eigene Forderung gegen ihn erlangen will.216 Beim Liberationszweck wird dagegen eine Forderung zugewendet, ohne eine Gegenforderung zu erlangen. Die Verpflichtungsgeschäfte enthalten den inneren Rechtsgrund der gegenseitigen Verpflichtung, den eigentümlichen Geschäftszweck, bereits in sich.217 Ohne Einigung über die causa credendi mangelt es zugleich an einem wesentlichen Vertragsmerkmal und der Vertrag kommt nicht zustande. Einer Rückabwicklung der Zuwendungen mittels Kondiktion bedarf es somit nicht.218 Wenn jedoch ohne Einigung schon die Zuwendungen nicht existieren, kann die causa credendi nie ein Zweck im Rahmen der Leistungskondiktion sein, da nichts erlangt wurde. Daher sind Verpflichtungen aus kausalen Verträgen zwar Zuwendungen, aber keine Leistungen. Sie bilden nur den Rechtsgrund, auf den in Zukunft geleistet wird und welcher den Leistungen die Rechtsbeständigkeit verleiht.219 Etwas anderes gilt freilich in der Konstellation, in welcher der Schuldner zur Erfüllung einer bereits bestehenden Verpflichtung ein zweites Kausalverhältnis abschließt. Folgender Beispielsfall soll das verdeutlichen:220 A veräußert sein Grundstück formgerecht an B, der gewerbsmäßig Wohnhäuser errichtet. Als Gegenleistung wird unter anderem vereinbart, dass B für die Dauer von 5 Jahren alle Baumaterialien ausschließlich von der Firma C bezieht, dessen Inhaber ein naher Verwandter des A ist. 213 Anderer Ansicht Reeb, Grundprobleme, § 3 (S. 15); Weitnauer, Symposium König, S. 32. 214 Davon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen eine abstrakte Leistung erbracht wird, um ein Schuldverhältnis in der Form der Handgeschäfte zustande zu bringen. Zu den Zwecken bei den Handgeschäften vgl. sogleich unter Dritter Teil § 18 III. 215 Reeb, JuS 1972, S. 382. 216 Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 265. 217 Lorenz, JuS 1968, S. 441. 218 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 III (S. 117). 219 Liebisch, Unentgeltliche Zuwendung, S. 25. 220 Gleiches gilt im Übrigen für das Verhältnis eines Vorvertrages zum nachfolgenden Vertrag, vgl. Jahr, ZZS 1980, S. 158 f.

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Schließt B mit C einen Kaufvertrag, wird dem C die Forderung auf Kaufpreiszahlung causa acquirandi zugewendet. Die Einigung über diese causa als typischer Geschäftszweck ist Bestandteil des zweiten Vertragsschlusses.221 Zugleich erfüllt B mit Abschluss des zweiten Kaufvertrages seine Verpflichtung aus dem zwischen ihm und A bestehenden atypischen Grundstückskaufvertrag. Die Eingehung des Vertrages mit C dient also auch der Abwicklung des Vertrages A–B. Im Hinblick auf den ersten Vertrag erfolgt der Abschluss des zweiten Vertrags solvendi causa. Dieser Zweck wird nicht konsensual gesetzt, sondern einseitig von B bestimmt. Damit verfolgt B bei Abschluss des zweiten Vertrages gleichzeitig zwei Zwecke. Diese unterscheiden sich aber nicht nur hinsichtlich der Festlegung, sondern betreffen auch die unterschiedlichen Ebenen Eingehung und Abwicklung von Schuldverhältnissen. Ein Abwicklungszweck ist die causa credendi auch in diesen Fällen nicht. Die gegenteilige Ansicht der Zwecklehre beruht auf der fehlenden Trennung der Zwecke bei Abwicklung und Eingehung.222 Dass die causa credendi kein Leistungsrund sein kann, sieht man im Übrigen an den Fällen der Drittleistung. Hier spielt sie naturgemäß keine Rolle, will doch der Dritte kein neues Schuldverhältnis begründen,223 sondern lediglich das zwischen Schuldner und Gläubiger bestehende zum Erlöschen bringen.224

III. Die Zwecke bei den Handgeschäften Die Unterscheidung der Zwecke in Eingehung und Abwicklung eines Schuldverhältnisses scheint jedoch zu Problemen bei der Erfassung der so genannten Handgeschäfte225 zu führen.226 Einerseits fehlt es im Zeitpunkt der Zuwendung an einem zu vollziehenden Schuldverhältnis. Dieses wird durch das Handgeschäft erst geschaffen, was für die Ebene der Eingehung eines Schuldverhältnisses spricht.227 Ganz in diesem Sinne nimmt ein Teil 221

Weitnauer, FS Caemmerer, S. 265. Zustimmend Ehmann, Gesamtschuld, S. 147. 223 Weil sie den Unterschied Eingehung und Abwicklung missachteten, gingen einige Vertreter der Zwecklehre davon aus, der Dritte leiste causa credendi gegenüber dem wahren Schuldner, etwa Erlangung eines Anspruchs aus GoA, vgl. oben Zweiter Teil § 16 III. 2. Dass dies nicht richtig sein kann, zeigt sich schon daran, dass die für die causa credendi notwendige Einigung über den Zweck mit dem Schuldner nicht stattgefunden hat, sondern die GoA ein gesetzlicher Anspruch ist. 224 Reeb, JuS 1972, S. 586. 225 Auch Realgeschäfte genannt, vgl. nur Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 76. 226 Westermann, causa, S. 60. 227 Weil es an einem Schuldverhältnis im Zeitpunkt der Leistungserbringung fehlt, versagt auch die Theorie der realen Leistungserbringung, vgl. oben Erster Teil § 6 II. 2. a) gg). 222

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

der Lehre an, die Parteien vereinbaren bei den Handgeschäften ein Schuldverhältnis in Form der so genannten Rechtsgrundabrede.228 Aus dieser Abrede erwachsen aber keine Forderungen, sondern es wird lediglich der Behaltensgrund der erbrachten Zuwendungen vereinbart.229 Anderseits findet bei Handgeschäften ein Austausch abstrakter Leistungen statt. Fehlt die Rechtsgrundabrede, sind die erbrachten Leistungen kondizierbar,230 was wiederum für Zuwendungen auf der Ebene der Abwicklung von Schuldverhältnissen typisch ist.231 Bei Handgeschäften vermischen sich scheinbar Eingehungszwecke mit den Vollzugszwecken,232 weshalb ihre Einordnung nicht nur Jung Schwierigkeiten bereitete.233 Auf Grund der Einordnungsprobleme wurde der Zweck der Erbringung eines Handgeschäftes, die causa donandi,234 kurzerhand zu einem eigenen Zweck einer Leistung erklärt.235 Im richtigen Verständnis der Handgeschäfte liegt aber der Schlüssel zu Existenz und Anzahl möglicher Leistungszwecke. Die Anerkennung der Handgeschäfte als eigenständige Kategorie neben der Eingehung und Abwicklung von Schuldverhältnissen ist existenzieller Grundpfeiler der Kress’schen Zwecklehre. Die Handgeschäfte werden als Beweis angesehen, dass nicht jeder Leistung ein Leistungsversprechen vorausgehen müsse,236 sondern Güter auch unmittelbar, ohne vorherige Verpflichtung, bewegt werden können.237 Mit den Leistungen bei den Handgeschäften werde nicht die Erfüllung,238 sondern die unmittelbare Begründung eines Schuldverhältnis228 Krawielicki, Grundlagen, S. 51; MüKo/Kollhosser, § 516 Rdnr. 1; Bamberger/Roth/Gehrlein, § 516 Rdnr. 2; Harder, datio in solutum, S. 148. Vgl. auch die weiteren Nachweise zu den einzelnen Handgeschäften. 229 Ehmann, Gesamtschuld, S. 153; Harder, datio in solutum, S. 155. 230 Harder, datio in solutum, S. 156. 231 Vgl. oben Dritter Teil § 18 I. 2. a). 232 Rümelin, AcP 97 (1905), S. 221 f.; Westermann, causa, S. 58. 233 Vgl. oben Dritter Teil § 18 I. 1. 234 Dass der Zweck der Handgeschäfte mit der causa donandi (Schenkung) gleichgesetzt wurde, liegt allein daran, dass die Fälle der Handschenkung die praktisch wichtigste Gruppe der Handgeschäfte darstellt, vgl. nur von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 74). Hingegen bezeichnet Harder (datio in solutum, S. 155 ff.) den Zweck der Handschenkung mit causa acquirendi et retinendi, vgl. Dritter Teil § 18 III. 1. 235 Jung, Mangel des rechtlichen Grundes, S. 63; von Thur, Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 74 ff.); Wieling, JuS 1978, S. 803 Fn. 25; Loewenheim/Winckler, JuS 1982, S. 671. 236 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 20; Ehmann, Gesamtschuld, S. 153; ders., JZ 2003, S. 705; Harder, datio in solutum, S. 155; Schöninger, Leistungsgeschäfte des bürgerlichen Rechts, S. 4. 237 Vgl. oben Dritter Teil § 18 I. 2. 238 Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 640; Ehmann, JZ 1968, S. 550; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 150.

§ 18 Auseinandersetzung mit anderen Leistungszwecken

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ses bezweckt.239 Die Begrenzung der Leistungszwecke auf den Erfüllungszweck bezeichnen die Vertreter der Zwecklehre daher auch geringschätzig als Irrlehre oder Repetitorenlehre.240 Dogmatisches Fundament der Zwecklehre ist die Annahme, mit den Handgeschäften gäbe es Verträge, die allein als Realverträge zustande kommen.241 Kann man demgegenüber auch die Handgeschäfte in das Schema Verpflichtung und Abwicklung einordnen, entzieht man ihrer Anerkennung als eigene Kategorie die Berechtigung. Lassen sich auch bei Handgeschäften die Existenz von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäften nachweisen, müssten selbst die Vertreter der Zwecklehre zwangsläufig anerkennen, dass Leistungen als Abwicklungsgeschäfte stets zum Zwecke der Erfüllung vorgenommen werden.242 1. Handgeschäfte unter Herrschaft des Trennungsprinzips Zu Beginn des römischen Rechts waren alle Verträge Real- bzw. Handgeschäfte. Die Wirksamkeit des Vertragsschlusses setzte den unmittelbaren Austausch der Güter zwingend voraus.243 Im Laufe der Zeit erkannte man auch im römischen Recht reine Versprechensverträge als verbindlich an. Die Entwicklung der solutio ermöglichte den Austausch von Waren, welche am Ort und zur Zeit des Vertragsschlusses nicht präsent waren, etwa weil sie – z. B. das Korn oder die Früchte – noch nicht existierten.244 Verträge, die ursprünglich als Realverträge konzipiert waren, konnten nun als Versprechensverträge abgeschlossen werden.245 Mit der Entwicklung der solutio als reinem Verpflichtungsgeschäft war zwangsläufig die Herausarbeitung des Erfüllungsgeschäfts verbunden. Die Unterscheidung begründete letztendlich 239 Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 101 I (S. 340); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I (S. 10); Weitnauer, Symposium König, S. 38; Harder, datio in solutum, S. 148. 240 Ehmann, JZ 2003, S. 705; Schöninger, Leistungsgeschäfte des bürgerlichen Rechts, S. 2. 241 Zutreffend Welker, Zweckverfehlung, S. 59. 242 Vgl. Ehmann, Gesamtschuld, S. 154: „Aus der Beobachtung, dass ein zur Erfüllung eines vermeintlich bestehenden Verpflichtungsgeschäfts getätigtes Verfügungsgeschäft der Rückabwicklung (condictio indebiti) unterliegt, hat man verallgemeinernd geschlossen, Rechtsgrund des Verfügungsgeschäftes sei die Verpflichtung, die erfüllt werden sollte. Das könnte nur richtig sein, wenn jedem Verfügungsgeschäft notwendig ein Verpflichtungsgeschäft vorangehen müsste und es nur den Erfüllungszweck als einzigen Leistungszweck geben würde.“ 243 Kohler, ArchBürgR 2, S. 211. Vgl. schon oben Dritter Teil § 18 I. 1. 244 von Jhering, Zweck im Recht, Band I, S. 265. Ehmann spricht davon, dass die Parteien die Zukunft diskontieren konnten, vgl. Ehmann, JZ 2003, S. 704. 245 Lorenz, JuS 1968, S. 441.

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das Trennungsprinzip, nach welchem zwischen Verpflichtungsgeschäft und Verfügungsgeschäft getrennt werden muss. Im Gemeinen Recht entwickelte sich daraus unter Federführung von Savignys das Abstraktionsprinzip. Nach heutigem Verständnis ist nicht mehr die Vornahme der Verfügung Voraussetzung für das Entstehen der Verpflichtung, sondern einem Verfügungsgeschäft geht regelmäßig der Abschluss eines Verpflichtungsgeschäfts voraus. Auch für die rechtliche Qualifizierung der Handgeschäfte ist unter Herrschaft des Trennungsprinzips konsequent zwischen Verpflichtungsgeschäft und Verfügungsgeschäft zu unterscheiden,246 nicht zuletzt aufgrund der Abstraktheit allein der Verfügungsgeschäfte.247 Lassen sich auch bei den Handgeschäften rein tatsächlich der Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts und dessen Erfüllung nur schwer auseinander halten, ist diese Unterscheidung rechtstechnisch dennoch zwingend notwendig. Dass selbst vom Gesetz als Handgeschäfte konzipierte Verträge als Verpflichtungsverträge geschlossen werden können, hat als erster Siber herausgearbeitet.248 Die entstehenden Forderungen werden „normal“ im Wege der Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB zum Erlöschen gebracht. Daran anknüpfend qualifizierten Collatz und von Jhering die Handgeschäfte generell als Abschluss eines Verpflichtungsgeschäfts mit sofortiger Erfüllung.249 Dem schlossen sich alsbald Stampe und Boehmer an.250 In jüngerer Zeit ging insbesondere König bei seinen Reformüberlegungen zum Bereicherungsrecht davon aus, dass die Begründung und die Abwicklung der Verpflichtung bei den Handgeschäften zeitlich zusammenfallen.251 Selbst Kress als der moderne Vater der Zwecklehre muss eingestehen, dass beim Abschluss des Handgeschäfts relative Ansprüche entstehen.252 Diese erwachsen allein aus einem Verpflichtungsgeschäft. Bezeichnend ist schließlich, dass Harder zwar die Existenz einer vorherigen Verpflichtung ablehnt,253 den vermeintlich eigenen Zweck der 246 So schon Collatz, Ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen, S. 23; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 55; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 72. Eine strikte Trennung im Bereich der Sicherungsgeschäfte fordert ebenfalls Zundl, Rückabwicklung nach ungerechtfertigter Inanspruchnahme von Sicherungsmitteln, S. 20. 247 Flume, Rechtsgeschäft, § 12 II 4 (S. 170). 248 Siber, JherJB 70, 245 ff. 249 von Jhering, Zweck im Recht, Band I, S. 264; Collatz, Ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen, S. 25. 250 Boehmer, Erfüllungswille, S. 31, 46; ders., ArchBürgR 38, S. 323, Stampe, causa-Problem, S. 30 ff. 251 König, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 9, 35; ders., Gutachten, S. 1541. Zustimmend Lieb, NJW 1982, S. 2035; Reeb, Grundprobleme, S. 16. 252 Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 3; anders aber auf S. 21 („Erwerbsansprüche entstehen bei den Realkontrakten in der Regel nicht“). 253 Harder, datio in solutum, S. 148.

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Handschenkung jedoch mit causa acquirendi et retinendi (Abschluss eines Verpflichtungsgeschäfts und Schaffung eines Rechts zum Behalten) angibt.254 Die Notwendigkeit einer Trennung zwischen Verpflichtung und Abwicklung manifestiert sich vor allem in der Forderung nach dem Abschluss der so genannten Rechtsgrundabrede. Fehlt diese, können die Zuwendungen bei den Handgeschäften nach herrschender Ansicht kondiziert werden.255 Den Zuwendungen kommt mithin abstrakter Charakter zu. Abstrakte Übereignungen sind aber das Kennzeichen der Vollzugsgeschäfte.256 Folglich beinhalten die Handgeschäfte zumindest ein Vollzugsgeschäft. Wenn jetzt bei den Realgeschäften zusätzlich eine Rechtsgrundabrede gefordert wird, um den Zuwendungen Kondiktionsfestigkeit zu verleihen, betrifft das die Verpflichtungsebene.257 Nach überwiegender Ansicht erwachsen aber aus der Rechtsgrundabrede keine Verpflichtungen, sondern sie schafft nur den Rechtsgrund für den früheren Erhalt der Leistungen.258 Allerdings wurde schon mehrfach darauf hingewiesen, dass sich allein erfüllte Forderungen in einen Behaltensgrund für Leistungen umwandeln.259 Damit die Rechtsgrundabrede zu einem Behaltensgrund wird, bedarf es folglich der Erfüllung einer auf Verschaffung der Sache gerichteten Forderung. Die Besonderheit der Handgeschäfte besteht darin, dass die Begründung und die Erfüllung des Verpflichtungsgeschäfts in einem Akt zusammenfallen.260 Die aus dem Verpflichtungsgeschäft erwachsenen Verpflichtungen wandeln sich durch die zeitgleiche Erfüllung sofort in einen Behaltensgrund um und verlieren ihr Forderungselement.261 Im zeitgleichen Entstehen und Erlöschen der Forderung liegt die Ursache für die Behauptung, bei den Handgeschäften fehle es an Verpflichtungen. Entgegen der herrschenden Meinung werden durch die „Rechtsgrundabreden“ sehr wohl Verpflichtungen begründet. Jedes Handgeschäft besteht aus dem Abschluss eines Verpflichtungsgeschäfts, fälschlicherweise Rechtsgrundabrede genannt, und mindestens einer abstrakten Leistung als Verfügungsgeschäft. Auch bei den Handgeschäften ist 254

Harder, datio in solutum, S. 156. Larenz, Schuldrecht II/1, § 47 I (S. 200); Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 9 Rdnr. 2; Bamberger/Roth/Gehrlein, § 516 Rdnr. 2; Harder, datio in solutum, S. 156. 256 Vgl. oben Dritter Teil § 18 I. 2. 257 So auch Bockholdt, Die Haftung des unentgeltlichen Erwerbers, S. 167. 258 Larenz, Schuldrecht II/1, § 47 I (S. 200); Ehmann, Gesamtschuld, S. 153; Harder, datio in solutum, S. 155. 259 Vgl. oben Erster Teil § 1 II. 3; Erster Teil § 2 I. 1. b) Fn. 16; Erster Teil § 9 III. 2. a) aa) (2). 260 Ein vergleichbares Phänomen findet sich bei Heilung eines Schuldverhältnisses und Erfüllung der daraus erwachsenen Forderung. Beides geschieht ebenfalls zeitgleich, vgl. oben Erster Teil § 6 II. 5. b). 261 Vgl. oben Erster Teil § 1 II. 3. 255

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streng zwischen den verschiedenen Rechtsgeschäften zu unterscheiden,262 um die verbreiteten Schwierigkeiten bei der Bewertung der Handgeschäfte zu vermeiden. Bei konsequenter Unterscheidung von Verpflichtung und Erfüllung stellt die Rechtsgrundabrede nichts anderes als den vertraglichen Abschluss eines normalen Verpflichtungsgeschäftes dar, aus welchem Forderungen im herkömmlichen Sinne erwachsen. Nur werden die Forderungen durch die Leistungen unmittelbar nach ihrem Entstehen erfüllt und wandeln sich in einen Behaltensgrund um. Das Handgeschäft als spezielles Rechtsgeschäft eigener Art gibt es nicht.263 Die Deutung der Handgeschäfte als abstrakte Zuwendungen mit gleichzeitiger Vereinbarung eines Rechtsgrundes erscheint außerdem vor dem Hintergrund konkludenter Willenserklärungen überholt.264 Zwar fehlt es bei den Handgeschäften regelmäßig an einem ausdrücklichen Angebot auf Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts sowie an einer ausdrücklichen Annahme. Die Hingabe des Leistungsgegenstandes stellt aber nicht nur das Angebot auf Übereignung dar, sondern darin ist zugleich das konkludente Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Verpflichtungsgeschäfts enthalten.265 Nimmt der Empfänger die angebotene Leistung an, stimmt er auch dem Angebot auf Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts zu. Handgeschäfte kommen somit nicht nur durch reinen Leistungsaustausch zustande, sondern beinhalten den Abschluss eines normalen Verpflichtungsvertrages, bestehend aus zwei übereinstimmenden, mit Bezug aufeinander abgegebenen konkludenten Willenserklärungen, Angebot und Annahme. Spaltet man den einheitlichen Akt der Handgeschäfte in der Wirklichkeit in seine durch das Trennungsprinzip vorgegebenen rechtlichen Bestandteile auf, lässt sich das Geschehen als Abschluss eines Schuldverhältnisses mit unmittelbar nachfolgender Erfüllung qualifizieren. Zwischen beiden Geschäften liegt nur eine logische oder juristische Sekunde. Dennoch dient auch bei den Handgeschäften die abstrakte Leistung allein der Erfüllung der Forderung aus dem zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäft.

262 Flume, Rechtsgeschäft, § 12 II 4 (S. 170); Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 55; Pruskowski, Zuwendung bei Schenkung, S. 47, 48; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 72. 263 Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 80 7 (S. 247); MüKo/Emmerich, § 311 Rdnr. 24; Pruskowski, Zuwendung bei Schenkung, S. 48. Anderer Ansicht Weber, JZ 1989, S. 30. 264 Bamberger/Roth/Gehrlein, § 311 Rdnr. 8; MüKo/Emmerich, § 311 Rdnr. 24. 265 So schon Söllner, AcP 163 (1963), S. 34; König, Gutachten, S. 1541. Dieses Angebot unterliegt der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB. Im Zweifelsfall kann der Empfänger gemäß § 516 Abs. 2 S. 1 BGB vom Angebot auf Abschluss eines Schenkungsvertrages (Handschenkung) ausgehen.

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Muss man bei den Handgeschäften ebenfalls zwischen Eingehung und Abwicklung eines Schuldverhältnisses unterscheiden, lässt sich aus dem vertraglichen Charakter der zugrunde liegenden Verpflichtung – irrtümlich als Rechtsgrundabrede qualifiziert – auch nicht folgern, bei den Leistungsgeschäften werde der Zweck der Leistung konsensual vereinbart. Eine derartige Aussage vermischt die unterschiedlichen Zwecke bei Eingehung und Abwicklung eines Schuldverhältnisses. Vereinbart wird allein der Zweck des zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäfts. Die Bestimmung des Leistungszwecks, die Zuordnung auf eine zugrunde liegende Forderung, erfolgt auch bei den Handgeschäften allein durch den Leistenden.266 Aus der Aufspaltung der Handgeschäfte in den Abschluss eines Verpflichtungsgeschäfts mit unmittelbar folgender Erfüllung folgt schließlich, dass auch bei den Handgeschäften die Leistung nur zu einem einzigen Zweck vorgenommen wird: causa solvendi.267 Die Richtigkeit dieser Behauptung soll anhand der wichtigsten Handgeschäfte verdeutlicht werden. 2. Handkauf Begonnen werden soll mit dem vergleichsweise simplen Fall des Handkaufs.268 Zu Beginn des römischen Rechts war jeder Kauf ein Handkauf.269 Das BGB geht dagegen vom Regelfall des Versprechenskaufs aus, ohne allerdings die Möglichkeit des Handkaufs auszuschließen.270 Zur Verdeutlichung einführend ein kleiner Beispielsfall: Am Zeitungskiosk nimmt der Kunde die Zeitung aus dem Regal und legt sie zusammen mit dem Kaufpreis wortlos auf den Ladentisch. Der Kioskbesitzer nimmt das Geld, der Käufer die Zeitung, und der Käufer verlässt den Kiosk.

In den Fällen des Handkaufs finden der Abschluss eines Kaufvertrags sowie zwei davon zu unterscheidende Erfüllungsvorgänge statt.271 Im Legen 266 Wer die Zweckvereinbarungstheorie bei der Erfüllung ablehnt, kann nicht zugleich behaupten, durch die Rechtsgrundabrede werden die Leistungszwecke vereinbart; so aber Larenz, Schuldrecht II, 9. Auflage, S. 367. 267 Ebenso Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 55; Welker, Zweckverfehlung, S. 60. 268 Viele Fälle, die als „Bargeschäft des täglichen Lebens“ bezeichnet werden, sind Fälle des Handkaufs, vgl. Kohler, ArchBürgR 2, S. 212; Weitnauer, Symposium König, S. 38. 269 Kaser, Römisches Privatrecht I, § 130 (S. 545); Oeckinghaus, Kaufvertrag und Übereignung, S. 17. 270 Motive II, S. 318; Protokolle, S. 1713 f.; Krawielicki, Grundlagen, S. 129; Eckstein, AcP 107 (1911), S. 384. 271 Vgl. nur Larenz, Schuldrecht II/1, § 39 II (S. 11); Hoeren/Martinek, Kaufrecht, Abschnitt A Rdnr. 15.

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der Zeitung auf den Ladentisch liegt das konkludente Angebot des Käufers, die Zeitung zu kaufen, verbunden mit dem Angebot auf Erlangung des Eigentums an der Zeitung.272 Zugleich liegt in der Hingabe des Geldes das konkludente Angebot auf Übereignung des Kaufpreises. Nimmt der Verkäufer das Geld vom Ladentisch, liegt darin sowohl die Annahme des Angebots auf Abschluss eines Kaufvertrags als auch die Annahme des Angebots auf Übereignung des Geldes und schließlich auch die Annahme des Angebots auf Eigentumswechsel an der Zeitung. Während man noch im gemeinen Recht für den Handkauf annahm, die Vereinbarung des Kausalgeschäfts sei nicht auf die Begründung von Forderungen gerichtet,273 sondern der Handkauf sei ein eigener Leistungszweck,274 ist man sich heute darüber einig, dass auch im Fall des Handkaufs ein normaler Kaufvertrag mit zwei synallagmatischen Forderungen zustande kommt,275 welche durch zeitgleiche Übereignungen unmittelbar erfüllt werden.276 Wollte man beim Handkauf eine verpflichtungslose Rechtsgrundabrede annehmen, könnte man eventuelle Gewährleistungsrechte nicht erklären,277 wird doch nur der Rechtsgrund zum Behalten der konkret hingegebenen Sache vereinbart. Wie sich aus einer solchen Abrede ein Nacherfüllungsanspruch – etwa in Gestalt der Nachlieferung gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB – ergeben soll, kann nicht erklärt werden. Stehen aber dem Käufer auch im Falle des Handkaufs Gewährleistungsrechte zu,278 setzt dies die Verpflichtung des Verkäufers zur Übergabe und Übereignung mangelfreien Eigentums nach § 433 Abs. 1 BGB voraus. Eine solche erwächst nur aus einem „normalen“ Kaufvertrag als Verpflichtungsgeschäft. 272

Sofern man nicht bereits im Auslegen der Zeitung das konkludente Angebot des Verkäufers sieht. Es spricht jedoch einiges dafür, dies lediglich als invitatio ad offerendum zu qualifizieren. Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung aufgrund des Zustandekommens einer Vielzahl von Verträgen dürften durch das Auslegen zwar ausgeschlossen sein, denn ist die letzte Zeitung verkauft, besteht kein Angebot mehr. Sähe man jedoch bereits im Auslegen das Angebot, könnte der Verkäufer den Vertragsschluss auch mit einer ihm missliebigen Personen nicht verweigern. 273 Vgl. Protokolle, S. 1713; Krawielicki, Grundlagen, S. 50; Kohler, ArchBürgR 2, S. 212; zuletzt vertreten von Flume, Rechtsgeschäft, § 12 II 4 (S. 170). 274 Ehmann, JZ 1968, S. 555; Harder, datio in solutum, S. 155. 275 Dass der Handkauf als solcher nicht mehr im juristischen Denken existiert, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass ihn Reinicke/Tiedtke in ihrer Monographie (Kaufrecht, 7. Auflage, 2004) nicht erwähnen. 276 Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rdnr. 4, 5; Hoeren/Martinek, Kaufrecht, A Rdnr. 15. Auch Harder, datio in solutum, bemerkt, dass bei den Handkäufen die einzelnen Stufen der Einleitung und Abwicklung des Kaufvertrages zeitlich zusammenschrumpfen. 277 Kohler, ArchBürgR 2, S. 212. 278 Darauf weist Krawielicki, Grundlagen, S. 129 als Vertreter des reinen Rechtsgrundes ausdrücklich hin.

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3. Handdarlehen Anders als der Kaufvertrag entwickelte sich der Darlehensvertrag im römischen Recht nicht zu einem reinen Versprechensvertrag, sondern war als Realvertrag (mutuum)279 nur nach Hingabe des Darlehens verbindlich.280 Erst im gemeinen Recht setzte sich die Einsicht durch, dass auch Darlehensverträge als Versprechensverträge geschlossen werden können.281 Gleichwohl gingen die Verfasser des BGB in den §§ 607 BGB a. F. vom Grundtypus des Handdarlehens aus.282 Sofern allerdings der Auszahlung der Darlehenssumme ein Verpflichtungsvertrag vorausgeht,283 bezweckt die Leistung des Geldes an den Darlehensnehmer anerkanntermaßen die Erfüllung der Forderung aus dem Darlehensvertrag.284 a) Leistung causa credendi? Etwas anderes soll in den Fällen des Handdarlehens gelten. Hier wird angenommen, die Leistung erfolge nicht solvendi causa, sondern credendi causa.285 Allerdings soll durch die Hingabe kein Schuldverhältnis mit Forderungen begründet, sondern nur ein Behaltensgrund für das hingegebene Darlehen vereinbart werden. Dagegen spricht, dass die causa credendi nur beim Zustandekommen eines kausalen Schuldverhältnisses bezweckt wird.286 Das hingegebene Darlehen muss hingegen bei Fehlen eines Behaltensgrundes kondiziert werden. Als abstraktes Rechtsgeschäft wird mit der Leistung des Geldes folglich nicht die Eingehung, sondern die Abwicklung eines Schuldverhältnisses bezweckt. Mithin kann die Leistung nicht causa credendi erfolgt sein. Das Handdarlehen ist kein Rechtsgeschäft eigener Art, sondern auch hier muss zwischen den Rechtsgeschäften der Eingehung und der Abwicklung des Darlehensvertrages unterschieden werden. Dass diese Unterscheidung oft nicht hinreichend deutlich vorgenommen wird, liegt an der fehlenden zeitlichen Zäsur zwischen dem Zustandekommen des Darlehensvertrages und der Erfüllung. Beim Handdarlehen erfolgt beides 279

Vgl. Weber, JZ 1989, S. 27; Söllner, AcP 163 (1963), S. 24. Kohler, ArchBürgR 2, S. 223; Weber, JZ 1989, S. 27; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 70. 281 So schon Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 106 (S. 328). Vgl. auch Lorenz, JuS 1968, S. 441. 282 Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 845; Erman/Westermann, vor § 488 Rdnr. 3. 283 Der Zweck bei Eingehung des Darlehensvertrags ist der Austauschzweck, causa acquirandi. 284 Lorenz, JuS 1968, S. 441; Schnauder, Grundfragen, S. 42. 285 Wieling, Bereicherungsrecht, S. 16; Lorenz, JuS 1968, S. 442. 286 Vgl. schon oben Dritter Teil § 18 II. 6. 280

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zeitgleich:287 In der Hingabe der Darlehensvaluta liegt sowohl das konkludente Angebot auf Abschluss des Darlehensvertrags als auch das Angebot auf Übereignung des Darlehensgegenstandes. Nimmt der Empfänger die Darlehensvaluta an, kommt nicht nur der Darlehensvertrag zustande, sondern er erlangt auch Eigentum an den hingegebenen Sachen. Zugleich ist die Forderung auf Hingabe der Darlehenssache erfüllt.288 Der Darlehensgeber leistet also zur Erfüllung der Forderung aus dem Darlehensvertrag.289 Dass die Forderung erst durch die Annahme des Vertragsangebots durch den Darlehensnehmer entsteht, ist unerheblich, weil auch die Erfüllung zukünftiger Forderungen ein Fall der solvendi causa darstellt.290 Wenn König in seinem Entwurf zum Bereicherungsrecht allein den Erfüllungszweck einer Leistung erwähnt,291 scheint auch er davon auszugehen, die Leistung im Zuge des Handdarlehens erfolge zum Zwecke der Erfüllung.292 Die Zweckbestimmung des Leistenden stellt folglich auch beim Handdarlehen eine Zuordnungsbestimmung dar: Der Darlehensgeber ordnet seine Leistung der zukünftigen Forderung aus dem Darlehensvertrag zu.293 b) Vernachlässigung der Rückzahlungspflicht Die Behauptung, beim Handdarlehen werde causa credendi geleistet, vernachlässigt überdies die Rückzahlungsleistung des Darlehensnehmers. Diese Zuwendung dient der Erfüllung der Rückzahlungspflicht.294 Weil diese Leistung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt, wird der Erfüllungszweck der Rückzahlung nicht bezweifelt. Beim Handdarlehen wird also nach Meinung der Zwecklehre einerseits ein Behaltensgrund, anderseits eine echte Verbindlichkeit vereinbart. Das dürfte auch der Grund dafür sein, warum beim Handdarlehen nicht – wie bei Handgeschäften üblich – von einer Rechtsgrundabrede, sondern von einem Behaltensgrund für das hinge287

Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 55; Welker, Zweckverfehlung, S. 60. Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 845. 289 Ehmann, Gesamtschuld, S. 160. 290 Vgl. oben Dritter Teil § 18 II. 5. 291 Vgl. oben unter Dritter Teil § 18 II. 1. 292 Dies deutet auch Lieb, NJW 1982, S. 2035 so. 293 Wenn Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 33 dagegen geltend macht, beim Handgeschäft wird nicht Bezug zu einem Grundgeschäft genommen, sondern erst dieses geschaffen, offenbart sich nur die fehlende Trennung von Verpflichtungsgeschäft und Vollzugsgeschäft. Die Leistung zum Zwecke des Vollzugs schafft eben kein Kausalverhältnis. Auch beim Handdarlehen wird auf die Forderung Bezug genommen. 294 Die Rückzahlungspflicht steht, im Gegensatz zur Verzinsungspflicht, nicht im Synallagma, vgl. nur Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 8 Rdnr. 23; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 213; Bamberger/Roth/Rohe, § 607 Rdnr. 10; Müko/Berger, § 607 Rdnr. 3. 288

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gebene Darlehen gesprochen wird.295 Wurde nur die Leistung vom Darlehensgeber erbracht, kann das Handdarlehen keinen Behaltensgrund für die noch nicht geleistete Rückzahlung darstellen. Dass die gleiche kausale Vereinbarung einerseits eine erfüllbare Forderung und anderseits lediglich einen Behaltensgrund begründen soll, ist nicht einsichtig. c) Handdarlehen nach dem Schuldrechtsreformgesetz Ohnehin dürfte sich die Figur des Handdarlehens mit den im Zuge der Schuldrechtsreform vorgenommenen Änderungen der Darlehensvorschriften erledigt haben. Dabei wurde nicht nur das Gelddarlehen in den §§ 488 ff. BGB als eigener Vertragstyp ausgestaltet,296 sondern auch die §§ 607 ff. BGB dahingehend geändert, dass sie nur noch das Sachdarlehen erfassen. War es nun bis zur Schuldrechtsreform umstritten, ob das Darlehen als Realvertrag oder Versprechensvertrag zustande kommt, hat der Reformgesetzgeber diesen Streit zugunsten des Versprechensvertrags entschieden.297 Danach geht auch dem Handdarlehen immer der Abschluss eines Darlehensvertrags voraus.298 Allerdings entsteht die Forderung auf Rückgabe einer Sache gleicher Art und Güte erst mit Valutierung,299 die Forderung auf Valutierung hingegen bereits mit Vertragsschluss.300 4. Handschenkung (causa donandi) Der Systematik des Gesetzes ist zu entnehmen, dass es die Handschenkung als Normalfall der Schenkung betrachtet.301 Dagegen wurde das Zu295

Da aus dem Handdarlehen zwei Verpflichtungen erwachsen, aber nur eine sofort erfüllt wird, entwickelte man die Figur eines Behaltensgrundes. 296 Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 198; Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 17 Rdnr. 6 ff. 297 BT-Drucksache 14/6040 (S. 259); Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 17 Rdnr. 9; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 199; Bamberger/Roth/Rohe, § 607 Rdnr. 1; MüKo/Berger, § 607 Rdnr. 5. 298 Bamberger/Roth/Gehrlein, § 311 Rdnr. 8 und MüKo/Emmerich, § 311 Rdnr. 24 entnehmen dieser Entscheidung, dass die Figur des Realvertrages generell als überholt anzusehen ist. Ob dem wegen § 516 Abs. 1 BGB zuzustimmen ist, soll an anderer Stelle entschieden werden, vgl. Dritter Teil § 18 III. 4. 299 Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 17 Rdnr. 24. Den Darlehensnehmer vor der Verpflichtung zur Rückzahlung vor erfolgter Valutierung zu schützen, war das Hauptanliegen der Vertreter der Realvertragstheorie. 300 Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 202; Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 17 Rdnr. 21. 301 Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 780; Bamberger/Roth/Gehrlein, § 516 Rdnr. 1; MüKo/Kollhosser, § 516 Rdnr. 1; Eckstein, AcP 107 (1911), S. 384.

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standekommen einer Versprechensschenkung durch die Notwendigkeit der notariellen Beurkundung des Schenkungsversprechens zusätzlich erschwert. Die gesetzliche Unterscheidung in Realschenkung und Versprechensschenkung zeigt nach Meinung der Zwecklehre ein weiteres Mal, dass eine Leistung nicht allein der Erfüllung einer Verbindlichkeit dient, sondern auch ohne vorherige Verpflichtung erfolgen kann.302 a) Leistung solvendi causa Haben die Parteien einen formgültigen Schenkungsvertrag gemäß §§ 516 Abs. 1, 518 Abs. 1 BGB abgeschlossen, erfolgt bei der Schenkung die Leistung des Schenkers solvendi causa.303 Erfüllt wird die Forderung auf Erbringung der versprochenen Zuwendung.304 b) Leistung donandi causa? Etwas anderes soll im Fall der Handschenkung gelten. Da es am vorhergehenden Abschluss eines Verpflichtungsgeschäftes fehlt, komme eine Leistung solvendi causa nicht in Frage.305 Angesichts der besonderen Struktur der Handgeschäfte und aufgrund der praktischen Bedeutung gerade dieses Realgeschäfts wurde die causa donandi zum eigenen Leistungszweck erklärt.306 Bei der Handschenkung werde nicht zum Zweck der Erfüllung, sondern schenkungshalber, mithin zum Zwecke der unentgeltlichen Vermögensmehrung geleistet.307 Die Parteien vereinbaren lediglich einen Rechtsgrund für die bewirkte Leistung,308 wobei Einigkeit auch über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung bestehen müsse.309 302

Schnauder, Grundfragen, S. 25. Jung, Mangel des rechtlichen Grundes, S. 63; von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 75). 304 Larenz, Schuldrecht II/1, § 47 I (S. 200); Lorenz, JuS 1968, S. 441; Ehmann, JZ 2003, S. 704; Wacke, AcP 191 (1991), S. 8. 305 So schon RGZ 111, 151 (153). Vgl. Larenz, Schuldrecht II/1, § 47 I (S. 200); Erman/Herrmann, § 516 Rdnr. 3; Weitnauer, Symposium König, S. 38; Harder, datio in solutum, S. 155; Fischer, Unentgeltlichkeit, S. 18. 306 von Thur, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 74 ff.); Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 104 ff.; Reeb, Grundprobleme, S. 16; Bamberger/Roth/ Wendehorst, § 812 Rdnr. 18; Jung, Mangel des rechtlichen Grundes, S. 63; Lorenz, JuS 1968, S. 441; Wieling, JuS 1978, S. 802; Ehmann, JZ 1968, S. 555. 307 Jauernig/Mansel, § 516 Rdnr. 2; Harder, datio in solutum, S. 155, Canaris, JZ 1992, S. 1119. 308 Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 9 Rdnr. 2; Bamberger/Roth/Gehrlein, § 516 Rdnr. 2; MüKo/Kollhosser, § 516 Rdnr. 1; Fischer, Unentgeltlichkeit, S. 17. 303

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aa) Handschenkung und Trennungsprinzip Die Hypothese der vorliegenden Arbeit, mit jeder Leistung werde die Erfüllung eines Schuldverhältnisses bezweckt, muss ihre Richtigkeit deshalb speziell bei der Handschenkung beweisen. Gegen die Annahme eines eigenen Leistungszwecks spricht bereits, dass unter Geltung des Trennungsprinzips auch bei der Handschenkung Verpflichtung und Verfügung auseinander gehalten werden müssen.310 Dass die Zuwendung als Vollzugsakt vom zugrunde liegenden Kausalgeschäft zu trennen ist, wurde bereits im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens erkannt.311 Unglücklicherweise kommt diese Erkenntnis im Wortlaut des § 516 Abs. 1 BGB nicht zum Ausdruck.312 Bietet der Leistende dem Empfänger bei der Handschenkung unentgeltlich einen Vermögensvorteil an, liegt darin sowohl das Angebot auf Abschluss eines Schenkungsvertrages als auch das Angebot auf Übereignung des Schenkungsgegenstandes,313 sofern nicht eine Dienst- oder Werkleistung geschenkt werden soll. Nimmt der Empfänger den Gegenstand oder die Dienstleistung an, kommt regelmäßig der Schenkungsvertrag zustande.314 Gleichzeitig erlischt die darauf gerichtete Forderung aus dem Schenkungsvertrag durch Erfüllung.315 Der Wortlaut des § 516 Abs. 1 BGB ist insofern nicht als Beschreibung der Handschenkung als spezieller Schenkungsform zu verstehen, sondern als gesetzgeberische Klarstellung, dass nicht jede unentgeltliche Leistung sofort eine Schenkung ist. Die Vorschrift des § 516 Abs. 1 BGB definiert die Schenkung generell.316 Ebenso wenig will § 518 309 Larenz, Schuldrecht II/1, § 47 I (S. 200); Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 779; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 184; Bamberger/Roth/Gehrlein, § 516 Rdnr. 6; RGZ 111, 151 (153). 310 Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 185; Hk-BGB/Saenger, § 516 Rdnr. 6; RGRK/Heimann-Trosien, § 812 Rdnr. 76; Pruskowski, Zuwendung bei Schenkung, S. 48; Eckstein, AcP 107 (1911), S. 387. Schon das Reichsgericht hat im Jahre 1925 festgestellt, dass die Übereignungen gültig sind, obwohl die Rechtsgrundabrede gemäß § 138 unwirksam ist, vgl. RGZ 111, 151 (153). 311 Motive II, S. 288; Protokolle II, S. 6, 15. 312 Grund war wohl die Orientierung am insoweit missverständlichen Dresdner Entwurf von 1866 nach dem Tod von Kübels, vgl. Pruskowski, Zuwendung bei Schenkung, S. 28. 313 von Thur, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 III (S. 87 Fn. 155); Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 94 (S. 295); Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 55; Reeb, Grundprobleme, S. 16. 314 Sofern nicht bereits nach §§ 133, 157 BGB, muss der Empfänger nach § 516 Abs. 2 S. 1 BGB vom Angebot auf Abschluss eines Schenkungsvertrages ausgehen. 315 Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 6 Rdnr. 47; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 15; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 169; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 185; Eckstein, AcP 107 (1911), S. 387; Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 55. 316 Pruskowski, Zuwendung bei Schenkung, S. 40.

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Abs. 1 S. 1 BGB das Schenkungsrecht um die Konsensualschenkung erweitern, sondern für eine bestimmte Form der Schenkung, das Schenkungsversprechen, die Voraussetzungen erschweren.317 Was die Handschenkung indes vom Handkauf und Handdarlehen unterscheidet, ist der Umstand, dass der zeitgleich mit der Zuwendung abgeschlossene Schenkungsvertrag formnichtig nach § 518 Abs. 1 S. 1 BGB ist, weshalb aus ihm keine Forderungen erwachsen.318 Wird die versprochene, aber nicht geschuldete Leistung allerdings bewirkt, tritt gemäß § 518 Abs. 2 BGB Heilung ein.319 Zugleich erlischt die geheilte Forderung durch Erfüllung.320 Auch bei der Handschenkung wird daher solvendi causa geleistet.321 Die Tilgungsbestimmung des Schenkers muss auf die formnichtige Verpflichtung bezogen sein. Bei konsequenter Befolgung des Trennungsprinzips ist die causa donandi kein eigener Leistungszweck, sondern ein Fall der Leistung solvendi causa.322 bb) Systematische Argumente Auch die Stellung der (Hand)Schenkung innerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuchs spricht für die Existenz eines zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäfts: So behandelt das besondere Schuldrecht erst den Kauf bzw. den Tausch und anschließend die Schenkung. Dessen vergleichbar folgt der Miete und der Pacht die Leihe, genau wie Dienst- und Werkvertrag vom Auftrag gefolgt werden. In den jeweiligen Gruppen der Vertragsinhalte – Übertragung von Sachen oder Rechten, Gebrauchsüberlassung, Tätigkeiten – wird also immer erst die entgeltliche, dann die unentgeltliche Leistung behandelt.323 Abgesehen von der Entgeltlichkeit besteht demnach eine innere systematische Übereinstimmung zwischen Schenkung und 317

Pruskowski, Zuwendung bei Schenkung, S. 48; Eckstein, AcP 107 (1911), S. 399. 318 Sofern man nicht die Handschenkung generell dem Anwendungsbereich des § 518 Abs. 1 BGB entziehen will, weil der Schenker wegen der unmittelbaren Weggabe der verschenkten Sache gar nicht schutzbedürftig ist. Dafür spricht, dass man bei einer bestimmte Form der Schenkung, des Schenkungsversprechens, die Voraussetzungen erschweren wollte, vgl. Pruskowski, Zuwendung bei Schenkung, S. 48; Eckstein, AcP 107 (1911), S. 399. 319 Oder bei Nichtanwendung des § 518 Abs. 1 BGB bloße Erfüllung. 320 Vgl. schon oben Erster Teil § 6 II. 5. 321 Vgl. oben Dritter Teil § 18 II. 4. Nur dann kann man auch die causa donandi als einen Unterfall der causa solvendi betrachten, wie Wieling, Bereicherungsrecht, S. 16 dies tut. 322 Wieling, Bereicherungsrecht, S. 15; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 185; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 16. 323 Eckstein, AcP 107 (1911), S. 399.

§ 18 Auseinandersetzung mit anderen Leistungszwecken

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Kauf: Die Schenkung ist das unentgeltliche Gegenstück zum Kauf.324 Wird nun beim Handkauf nicht kaufeshalber, sondern erfüllungshalber geleistet, muss die Leistung bei der Handschenkung ebenfalls solvendi causa, nicht aber schenkungshalber erfolgt sein. Weder beim Handkauf noch bei der Handschenkung existiert ein Handgeschäft im Sinne eines Rechtsgeschäfts eigener Art. Für die Existenz eines vorgeschalteten Verpflichtungsvertrages auch bei der Handschenkung spricht weiterhin, dass sowohl die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung (Leihe) als auch die unentgeltliche Tätigkeit (Auftrag) lediglich als Konsensualverträge normiert sind. Deshalb ist auch bei der unentgeltlichen Übertragung von Vermögenswerten, die zudem nach einer Ansicht in der Erbringung von Tätigkeiten liegen kann,325 immer ein konsensualer Verpflichtungsvertrag zu fordern.326 cc) Schenkung und Gewährleistung Die Konstruktion der bloßen Rechtsgrundabrede kann beim Handkauf die bestehenden Gewährleistungsrechte dogmatisch nicht befriedigend erklären.327 Gleiches gilt für die Schenkung: Auch die Gewährleistungsrechte des Beschenkten gemäß §§ 523, 524 BGB setzen voraus, dass bei der Handschenkung nicht bloß ein Behaltensgrund für die erlangte Zuwendung vereinbart wird, sondern eine Verpflichtung zur Übereignung einer fehlerfreien Sache bzw. eine Verpflichtung zur Hingabe eines fehlerfreien Rechts entsteht.328 Erst die Schlechterfüllung dieser Verpflichtung führt – bei einer gesteigerten Vorwerfbarkeit – zu einem Gewährleistungsanspruch des Beschenkten. So muss denn auch Fischer als Vertreter einer reinen Rechtsgrundabrede zugeben, dass die Handschenkung als vertragliches Schuldverhältnis anzusehen ist, welches Sekundärpflichten des Schenkers auslösen kann.329 Derartige Sekundärpflichten setzen eine Primärpflicht jedoch denklogisch voraus.330 Auch die Handschenkung besteht aus dem Abschluss eines Verpflichtungsgeschäfts, aus welchen eine (formnichtige) Forderung 324 Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 781; Bamberger/Roth/Gehrlein, § 516 Rdnr. 3; Eckstein, AcP 107 (1911), S. 400. 325 MüKo/Kollhosser, § 516 Rdnr. 2; Palandt/Weidenkaff, § 516 Rdnr. 2; Jauernig/Mansel, § 516 Rdnr. 4; Erman/Herrmann, § 516 Rdnr. 4. Anderer Ansicht Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 9 Rdnr. 7; Bamberger/Roth/Gehrlein, § 516 Rdnr. 3; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 187. 326 Eckstein, AcP 107 (1911), S. 402. 327 Vgl. oben Dritter Teil § 18 III. 2. 328 Anderer Ansicht Larenz, Schuldrecht II/1, § 47 I (S. 200). 329 Fischer, Unentgeltlichkeit, S. 18. 330 Dies verneint Fischer, Unentgeltlichkeit, S. 18.

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

erwächst, und der unmittelbar damit zusammenfallenden Erfüllung (Heilung) dieser Forderung.331 5. Ergebnis zu den Handgeschäften Handgeschäfte stellen keine Rechtsgeschäfte eigener Art zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft dar. Unter Geltung des Trennungsprinzips muss auch hier zwischen Verpflichtung und Verfügung unterschieden werden. Zwar erfolgen beide Geschäfte realiter in einem Akt, die fehlende zeitliche Zäsur ändert aber nichts an ihrer grundsätzlichen Existenz. Auch das mangelnde Bewusstsein der Beteiligten über die Existenz zweier unterschiedlicher Ebenen ändert daran, wie allgemein am Bestehen des Trennungsprinzips, nichts.332 Der Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts beruht bei Handgeschäften auf konkludenten Willenserklärungen.333 Liegt den Leistungen bei den Handgeschäften jeweils ein Verpflichtungsgeschäft zugrunde, kommen als Leistungszwecke allein Abwicklungszwecke in Betracht. Auch hier wird mit der Leistung die Erfüllung der zugrunde liegenden, unmittelbar zuvor entstandenen Verpflichtung bezweckt.334 Bei den Handgeschäften wird nicht credendi oder donandi causa, sondern allein solvendi causa geleistet.335

IV. Zwischenergebnis zu den Leistungszwecken Die vorstehenden Untersuchungen zeigen, dass im Rahmen des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB nur ein einziger Leistungszweck anzuerkennen ist: die Erfüllung eines Schuldverhältnisses. Wann immer vor dem Hintergrund der Kress’schen Zwecklehre die Existenz anderer Leistungszwecke postuliert wird, beruht diese Behauptung auf der fehlenden gedanklichen Trennung von Eingehung und Abwicklung eines Schuldverhältnisses. Unter Geltung des Trennungsprinzips muss jedoch zwischen Verpflichtung und Verfügung unterschieden werden. Leistungen dienen allein der Abwicklung von Schuldverhältnissen und zeichnen sich durch ihren abstrakten Charakter aus.336 Ihre Rückabwicklung erfolgt konsequenterweise im Wege der Kondiktion. 331 Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 185; Bamberger/Roth/Gehrlein, § 518 Rdnr. 2. 332 Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 13; Larenz, Schuldrecht II/1, § 39 II (S. 11 ff.). 333 Vgl. oben Dritter Teil § 18 III. 1. 334 Vgl. oben Dritter Teil § 18 III. 3 sowie Dritter Teil § 18 III. 4. 335 So schon Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 55. 336 Selbst wenn zur Erfüllung einer Verbindlichkeit ein kausaler Verpflichtungsvertrag abgeschlossen wird, ist das Geschäft von der Erreichung des Erfüllungs-

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Zuwendungen causa credendi oder auch Geschäfte zum Zwecke der Änderung betreffen dagegen die Ebene der Eingehung eines Schuldverhältnisses. Sie scheiden somit als mögliche Leistungszwecke aus. Heilung,337 Sicherung338 und Vorausleistung339 betreffen zwar die Ebene der Abwicklung eines Schuldverhältnisses. Doch hat sich gezeigt, dass auch hier die Leistung letztendlich nur solvendi causa erbracht wird. Paradigmatisch für die Vermischung von Verpflichtung und Abwicklung ist die Annahme, bei Leistungen im Zuge der Handgeschäfte werde die unmittelbare Begründung eines Schuldverhältnisses bezweckt. Unterscheidet man dagegen bei den Handgeschäften zwischen Verpflichtungsgeschäft und Verfügungsgeschäft, wird offenbar, dass die Leistungen erneut zum Zwecke der Erfüllung erfolgen. Die Besonderheit der Handgeschäfte besteht allein darin, dass Verpflichtung und Erfüllung zeitlich zusammenfallen.340 Einzig relevanter Abwicklungs- und damit Leistungszweck ist die Erfüllung eines konkreten Schuldverhältnisses im engeren Sinn.341 Die traditionelle Unterscheidung der Leistungszwecke ist unter Geltung des Trennungsprinzips überkommen und kann aufgegeben werden. Der bereicherungsrechtlichen Zweckbestimmung kommt mangels alternativer Leistungszwecke nicht die Aufgabe zu, den Zweck der Leistung festzulegen. Sie bestimmt als reine Zuordnungsbestimmung einzig und allein das erlöschende Schuldverhältnis.342

zwecks in Bezug auf das erste Rechtsgeschäft unabhängig, vgl. oben Dritter Teil § 18 I. 2. a). 337 Vgl. oben Dritter Teil § 18 II. 4. 338 Vgl. oben Dritter Teil § 18 II. 2. 339 Vgl. oben Dritter Teil § 18 II. 5. 340 Vgl. oben Dritter Teil § 18 III. 5. 341 Ebenso Barnstedt, Rechtsgrundlosigkeit, S. 55; Lieb, NJW 1982, S. 2035. 342 So schon Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 105.

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

§ 19 Zum Zweck bei der condictio ob rem Wann immer die Existenz von Leistungszwecken abseits der Erfüllung behauptet wird, beruft man sich, neben dem Verweis auf Handgeschäfte,1 auf den Wortlaut des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB,2 welcher den bezweckten Erfolg einer Leistung ausdrücklich hervorhebt. Danach soll es sich bei der causa ob rem – neben der causa solvendi und dem Zweck der unmittelbaren Begründung eines Schuldverhältnisses – um den dritten wichtigen Leistungszweck handeln.3 Dabei hat speziell der Tatbestand des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB (condictio causa data causa non secuta oder auch condictio ob rem)4 wie bei keiner anderen Leistungskondiktion für Zweifel und Streitigkeiten5 hinsichtlich seines Anwendungsbereiches gesorgt.6 Exemplarisch bezeichnen Reuter/Martinek die condictio ob rem als „Sorgenkind der Leistungskondiktionen“.7 Gesichertes Wissen scheint lediglich, dass bei der condictio ob rem nicht zum Zwecke der Erfüllung geleistet wird.8 Diese Aussage widerspricht aber dem Ergebnis des vorangegangenen Abschnitts, wonach jede Leistung der Erfüllung eines Schuldverhältnisses dient. Im Fol1

Dazu soeben unter Dritter Teil § 18 III. Vor allem die Vertreter der Zwecklehre: Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 85); Esser, Schuldrecht, 2. Auflage, § 70 7 (S. 301); Weitnauer, FS Caemmerer, S. 263; ders., Symposium König, S. 35; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 149 f. Vgl. dazu auch Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 723. 3 Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 101 I (S. 340); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 91); Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 16 Rdnr. 23; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I (S. 10); Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 640; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 17; AnwKBGB/von Sachsen Gessaphe, Vor §§ 812 ff. Rdnr. 16; Kamionka, JuS 1992, S. 847. 4 So die Titelüberschrift des Codex Justinian (C 4, 6). Vgl. auch Wieling, Bereicherungsrecht, S. 27; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 47; HK-BGB/ Schulze, § 812 Rdnr. 11; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 80; Liebs, JZ 1978, S. 697; Söllner, AcP 163 (1963), S. 23; Weber, JZ 1989, S. 25; Westermann, causa, S. 13. 5 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III 1 (S. 55); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 734; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 691; Gursky, 20 Probleme, S. 61; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 47; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 50; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 105; MüKo/ Lieb, § 812 Rdnr. 196; Weber, JZ 1989, S. 25; Welker, Zweckverfehlung, S. 15. 6 Esser, Schuldrecht, 2. Auflage, § 192 2 (S. 793): „Kein Bereicherungsanspruch der §§ 812 ff. BGB wird von Rechtsprechung und Schrifttum seinem Wesen und seiner Bedeutung nach so oft missverstanden wie die condictio ob rem des § 812 Abs. 1 S. 2 2. Alt. BGB.“ 7 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 146). 8 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 147); Larenz/ Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I 3 (S. 150); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III (S. 56); Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 37 Rdnr. 31; Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 651; ders., Bürgerliches Recht, Rdnr. 691; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 50; Reeb, Grundprobleme, S. 61. 2

§ 19 Zum Zweck bei der condictio ob rem

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genden soll deshalb der Leistungszweck der condictio ob rem genauer untersucht werden. Mehr noch als bei den anderen Leistungskondiktionen lässt sich das Anwendungsgebiet der condictio ob rem und damit der Leistungszweck nur über ihren historischen Hintergrund erschließen.9

I. Zur Geschichte der condictio ob rem Zu Beginn des römischen Rechts waren nur die Realverträge – also Verträge, die durch beiderseitigen unmittelbaren Leistungsaustausch zustande gekommen waren – als rechtsverbindlich anerkannt.10 Dennoch kam es vor, dass sich die Parteien zwar über einen Leistungsaustausch einigten, aber lediglich eine der Parteien ihre Leistung sofort erbrachte, während die Gegenleistung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen sollte. Solange die derart gestundete Gegenleistung nicht erbracht war, existierte kein rechtsgültiger Vertrag. Bewirkte der Partner seine versprochene Gegenleistung nicht, konnte der Vorleistende sie nicht einklagen. In dieser Situation half ihm die condictio ob rem, mit welcher er wenigstens die bereits erbrachte Leistung zurückfordern konnte.11 Im Fall der Vorausleistung war die condictio ob rem damit die einzige „Vertragsklage“ des Vorleistenden,12 denn obwohl kein rechtsgültiger Vertrag bestand, setzte doch die condictio ob rem an der getroffenen Einigung an, indem sie nach dem Eintritt des verabredeten Erfolges fragte. Als in der Folgezeit bestimmte Versprechensverträge Rechtsverbindlichkeit erlangten, konnte die – nun geschuldete – Gegenleistung auch bei einer Vorausleistung mit einer entsprechenden „actio“ gerichtlich durchgesetzt werden.13 Der condictio ob rem bedurfte es bei diesen Verträgen nicht mehr. War das rechtlich anerkannte Verpflichtungsgeschäft nicht wirksam zustande gekommen, konnte die erbrachte Leistung mit der condictio indebiti zurückgefordert werden.14 Der Anwendungsbereich der condictio ob rem war damit auf solche Versprechensverträge beschränkt, die mangels entsprechender „actiones“ nicht als verbindlich betrachtet wurden, den so genannten Inominatkontrakten.15 So waren etwa der Darlehensvertrag oder auch der Tauschvertrag weiterhin allein als Realverträge rechts9

AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 47. Vgl. oben Dritter Teil § 18 I. 1. a). 11 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 147); Flume, Rechtsgeschäft, § 12 II 1 (S. 161); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 II (S. 66); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 60; Oeckinghaus, Kaufvertrag und Übereignung, S. 13. 12 So Wieling, Bereicherungsrecht, S. 27. 13 Vgl. oben Dritter Teil § 18 I. 1. a). 14 Vgl. oben Dritter Teil § 18 II. 1. 15 Vgl. oben Dritter Teil § 18 I. 1. a). 10

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

gültig.16 Leistete bei diesen Inominatkontrakten eine Partei vor, konnte sie sich den Erhalt der Gegenleistung nur durch den Erhalt eines Stipulationsversprechens klagbar machen, welches der Vertragspartner zu Gunsten des Vorausleistenden abgab.17 Wurde eine stipulatio nicht vereinbart, hatte der Vorausleistende keinen klagbaren Anspruch auf die Gegenleistung.18 Die in Erwartung der Gegenleistung erbrachte Leistung (datio ob rem) konnte man mangels rechtlich anerkanntem Verpflichtungsgeschäft wiederum nur mit der condictio ob rem zurückfordern.19 Die rechtliche Anerkennung bestimmter Verpflichtungsverträge im römischen Recht grenzte den Anwendungsbereich der condictio ob rem aber schon beträchtlich ein.20 Fast endgültig in die Bedeutungslosigkeit versank sie mit der sich allmählich vollziehenden Anerkennung der Vertragsfreiheit.21 Konnte bald jeder Vertragsinhalt verbindlich vereinbart und mit der actio praescriptis verbis eingeklagt werden,22 bedurfte es der condictio ob rem nicht mehr. Waren die Verträge nicht zustande gekommen, konnte die Leistung mit der condictio indebiti zurückgefordert werden. Aufstieg der condictio indebiti und Niedergang der condictio ob rem gingen folglich Hand in Hand. Obwohl im Grunde ohne Anwendungsbereich, behielt Justinian die condictio ob rem in den Digesten dennoch unverändert bei.23 In einem System begrenzter Klagearten – und damit Ansprüchen – ist die Entscheidung gegen eine weitere Ausdünnung nur allzu gut verständlich.24 Bei den ursprünglichen Inominatkontrakten standen dem Leistenden damit sowohl der Erfüllungsanspruch als auch die condictio ob rem zur Verfügung.25 Die Schwierigkeiten, die sich durch das Nebeneinander von Ansprüchen auf Erfüllung und 16 Flume, Rechtsgeschäft, § 12 II 1 (S. 160); Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 70; vgl. schon oben Dritter Teil § 18 III. 3. Andere Vertragsinhalte, wie etwa Zahlung einer Geldsumme gegen Freilassung eines Sklaven, waren überhaupt nicht verbindlich, vgl. Söllner, AcP 163 (1963), S. 25. 17 Vgl. oben Dritter Teil § 18 I. 1. a). 18 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 147); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 27; Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 II (S. 66); Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 76. Beispiel zum Sklavenkauf bei Oeckinghaus, Kaufvertrag und Übereignung, S. 12. 19 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 147); Staudinger/ Lorenz, vor §§ 812 ff. Rdnr. 2. 20 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 76. 21 Flume, Rechtsgeschäft, § 12 I 1 (S. 155); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 27; Liebs, JZ 1978, S. 698. 22 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 148); Weber, JZ 1989, S. 27; Söllner, AcP 163 (1963), S. 25. 23 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 148); Söllner, AcP 163 (1963), S. 26; Liebs, JZ 1978, S. 698; Weber, JZ 1989, S. 27. 24 Liebs, JZ 1978, S. 698. 25 Söllner, AcP 163 (1963), S. 26; Weber, JZ 1989, S. 27.

§ 19 Zum Zweck bei der condictio ob rem

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Rückgewähr ergaben, wurden erst im Mittelalter erkannt.26 Einerseits schien die condictio ob rem neben einem Erfüllungsanspruch nicht mehr gerechtfertigt, anderseits sah man sich an die klassischen Texte gebunden. Das Problem wurde auch durch die zahllosen Versuche nicht gelöst, den causa-Begriff näher zu bestimmen.27 Stattdessen verkam die condictio ob rem zu einem allgemeinen Rückforderungsbehelf.28 Erst im Gemeinen Recht lehnte man bei bestehenden Verträgen die Anwendbarkeit der condictio ob rem unter Verweis auf die Erfüllungsklage ab.29 In Anbetracht der historischen Entwicklung waren die Väter des BGB nicht sicher, ob die condictio ob rem überhaupt in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen werden sollte.30 Schließlich war ihre Grundvoraussetzung, die Existenz rechtlich nicht anerkannter Verpflichtungsverträge, im System des auf den Gedanken der Vertragsfreiheit basierenden Schuldrechts eigentlich nicht mehr vorhanden.31 Dass man sie dennoch normierte, lag nicht allein daran, dass man trotz ihrer Historie einen Anwendungsbereich nicht auszuschließen vermochte.32 Ein weiterer Grund war, dass man die condictio indebiti als einen Unterfall der condictio ob rem ansah und Letzterer ein übergeordnetes Prinzip der Zweckverfehlung entnahm, welches im Gesetz festgeschrieben werden sollte.33 Zuletzt hat eine Rolle gespielt, dass Windscheid als Mitglied der I. Kommission seine Lehre von der Voraussetzung als unterentwickelten Bedingung34 in der condictio ob rem normiert wissen wollte.35 Die Mitglieder der II. Kommission sahen in dieser Lehre 26

Söllner, AcP 163 (1963), S. 27. Vgl. Söllner, AcP 163 (1963), S. 26; Weber, JZ 1989, S. 27. 28 König, Gutachten, S. 1533; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 47. 29 Vgl. Weber, JZ 1989, S. 27; Söllner, AcP 163 (1963), S. 28. 30 Protokolle II, S. 692. Vgl. auch Staudinger/Lorenz, vor §§ 812 ff. Rdnr. 4. 31 Westermann, causa, S. 215. 32 Motive II, S. 842 (Erwähnung der Vorleistung) sowie Protokolle II, S. 692 (Zahlung einer Mitgift). 33 Motive II, S. 832. Vgl. auch oben Dritter Teil § 18 II. 1. Dass die condictio indebiti nur ein Unterfall der condictio ob rem ist, davon gehen auch die Vertreter der Zwecklehre aus, vgl. nur Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 141 (S. 422); Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 101 I (S. 338); Weitnauer, FS Caemmerer, S. 263; ders., Symposium König, S. 36; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 149 f.; Wieling, JuS 1978, S. 801. 34 Windscheid, Lehre von der Voraussetzung, S. 1 f. 35 So lautete § 747 E1: „Wer unter der ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Voraussetzung des Eintritts oder Nichteintritts eines zukünftigen Ereignisses oder eines rechtlichen Erfolges eine Leistung bewirkt, kann, wenn die Voraussetzung sich nicht erfüllt, von dem Empfänger das Geleistete zurückfordern.“ Vgl. auch Protokolle II, S. 690; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 148); Staudinger/Lorenz, Vor §§ 812 ff. Rdnr. 3; Weber, JZ 1989, S. 27; König, Gutachten, S. 1533. 27

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

hingegen eine Gefahr für die Sicherheit des Rechtsverkehrs und lehnten sie ab.36 Der Wortlaut der §§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2, 815 BGB ist deshalb auch als gesetzliche Absage an diese Lehre zu verstehen.37 Mit der Formulierung („Inhalt des Rechtsgeschäfts“) wollte man sicher gehen, dass Voraussetzung nicht schon das bloße Motiv des Leistenden sein konnte.38

II. Der Leistungszweck bei der condictio ob rem Den Ausgangspunkt der Untersuchung zu Anwendungsbereich und Leistungszweck der condictio ob rem bildet die Feststellung, dass es sich auch bei Leistungen causa ob rem um Leistungen im Sinne des Bereicherungsrechts handelt, mithin um bewusste und zweckgerichtete Mehrungen fremden Vermögens.39 Als Leistungskondiktion ist die condictio ob rem systematisch im Recht der Güterbewegung verankert.40 Sie dient ebenfalls der Rückabwicklung fehlgeschlagener „vertraglicher“ Beziehungen.41 Auf der anderen Seite dürfen ihre geschichtlichen Wurzeln – die ursprüngliche Existenz unverbindlicher Versprechensverträge einerseits sowie die spätere Aufwertung der condictio indebiti durch die Anerkennung der Vertragsfreiheit anderseits – nicht außer acht gelassen werden.42 Die condictio ob rem war bereicherungsrechtliche Folge rechtsungültiger Inominatkontrakte, und als solche ein atypischer Sonderfall der Leistungskondiktion.43 Unter Herrschaft der schuldrechtlichen Vertragsfreiheit lassen sich deshalb aus dem Wortlaut des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB keine verallgemeinernden Aussagen zur Struktur aller Leistungskondiktionen ziehen. Wer immer auch das subjektive Rechtsgrundverständnis für alle Leistungskondiktionen mit der condictio ob rem begründet,44 begeht einen systematischen Fehler.45 Die 36

Protokolle II, S. 690. Söllner, AcP 163 (1963), S. 26; Welker, Zweckverfehlung, S. 76. 38 König, Gutachten, S. 1533 f.; Staudinger/Lorenz, Vorbem. Zu §§ 812 ff. Rdnr. 3. 39 Vgl. statt aller Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 10 Rdnr. 55; AnwKBGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 ff. Rdnr. 1. 40 Vgl. oben Zweiter Teil § 14 I. 4. 41 Darauf weist Söllner, AcP 163 (1963), S. 29 völlig zu Recht hin. 42 von Caemmerer, FS Rabel, S. 346; Batsch, NJW 1979, S. 1640 bezeichnen sie nicht ganz zu Unrecht als „Fossil“ bzw. „historisches Überbleibsel“. 43 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 76. Vgl. auch von Caemmerer, FS Rabel, S. 346: „… im modernen Bereicherungsrecht ist sie ein Fremdkörper …“ 44 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II 4 b (S. 108); Weitnauer, FS Caemmerer, S. 263; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 149 f.; Zeiss, AcP 164 (1964), S. 54; Locher, AcP 121 (1921), S. 58 ff. 45 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III (S. 138). Vgl. dazu unten Dritter Teil § 21 I. 2. 37

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condictio indebiti ist kein Unterfall der condictio ob rem, sondern ein eigenständiger Bereicherungsanspruch. Beide Ansprüche sind voneinander abzugrenzen. Dabei bereitet weniger das Merkmal der bewussten Mehrung fremden Vermögens Schwierigkeiten als vielmehr die Unterscheidung des jeweils verfolgten Leistungszwecks.46 Angesichts ihres geschichtlichen Ursprungs und der unter Herrschaft des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden Vertragfreiheit wird zumeist eine restriktive Anwendung der Norm gefordert.47 Darüber hinaus gibt es Stimmen, welche die condictio ob rem für gänzlich überflüssig und überholt halten,48 schließlich kann im Schuldrecht jeder Vertragstyp vereinbart werden.49 Ist ein bezweckter Erfolg aber Inhalt des Rechtsgeschäftes geworden, hat der Leistende einen klagbaren Anspruch.50 Der condictio ob rem bedarf es dann nicht mehr. Allerdings kann, auch wenn sich die Infragestellung des Rechtsinstituts angesichts ihres historischen Ursprungs geradezu aufdrängt, die condictio ob rem erst aufgegeben werden, wenn feststeht, dass ihr tatsächlich kein Anwendungsbereich mehr zukommt oder die mit ihr erzielten Ergebnisse nicht sachgerecht sind.51 Gegen ihre Aufgabe spricht bereits, dass auch unter Geltung des BGB die Vertragsfreiheit nicht uneingeschränkt besteht.52 Noch immer gibt es Rechtsgeschäfte, denen die Rechtsordnung wegen ihres Inhalts die Wirksamkeit versagt.53 Gerade in diesen Fällen scheint die condictio ob rem ein originäres Anwendungsfeld zu besitzen.54 1. Abgrenzung zur condictio indebiti Nicht allein aufgrund ihrer Entwicklungsgeschichte, sondern auch wegen der gesetzlichen Unterscheidung in § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB einerseits 46

Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 50. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 151); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 II (S. 67); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 60. Auch Weber, JZ 1989, S. 30 räumt ihr de lege lata nur einen „marginalen“ Anwendungsbereich ein und fordert de lege ferenda ihre Streichung. 48 Batsch, NJW 1979, S. 1640; von Caemmerer, FS Rabel, S. 346; Erman/Westermann, 6. Auflage, § 812 Rdnr. 50. 49 Batsch, NJW 1973, S. 1640. 50 Söllner, AcP 163 (1963), S. 21. 51 Liebs, JZ 1978, S. 703. 52 Vgl. nur BVerfGE 81, 254 ff.; BVerfGE 89, 214 (231); BGH NJW 96, 2021; BGH 120, 274 ff.; Paulus/Zenker, JuS 2001, S. 1. 53 So etwa die Verpflichtung zur Erbeinsetzung gemäß § 2302, zur Errichtung einer letztwilligen Verfügung, zum Relegionswechsel, zur Bluttransfusion, vgl. Weber, JZ 1989, S. 29. Dieser unterscheidet die Unwirksamkeitsgründe danach, ob sie dem orde public oder dem Persönlichkeitsschutz dienen. 54 So schon Wieling, Bereicherungsrecht, S. 28. 47

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und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB anderseits ist die condictio ob rem von der condictio indebiti abzugrenzen. Erfolgt die Leistung solvendi causa, kann sie nicht causa ob rem erfolgt sein. Der Leistungszweck der condictio ob rem wird damit nicht in der Erfüllung einer Forderung gesehen.55 Scheitert die Erfüllung, etwa bei Ungültigkeit der schuldrechtlichen Unterlage oder Inkongruenz von erbrachter und geschuldeter Leistung, findet allein die condictio indebiti Anwendung.56 Bezweckter Erfolg der condictio ob rem kann daher nicht der Erhalt der geschuldeten Gegenleistung sein.57 Das setzt nämlich einen gegenseitigen Vertrag voraus, womit abermals eine zu erfüllende Verbindlichkeit des Leistenden existiert und dieser solvendi causa leistet. Zwar wird bei gegenseitigen Verträgen die eigene Leistung solvendi causa letztlich auch bewirkt, um die Gegenleistung zu erlangen.58 Dieser Beweggrund ist aber nicht der Zweck, sondern bloßes Motiv der Leistung.59 Bei gegenseitigen Verträgen wird das Ausbleiben der Gegenleistung überdies durch die Vorschriften des Leistungsstörungsrechts in den §§ 320 ff. BGB spezialgesetzlich erfasst.60 Bezweckter Erfolg im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ist daher weder die Erfüllung einer Verpflichtung, noch die Erreichung eines anderen geschäftstypischen Zwecks,61 noch der Erhalt der geschuldeten Gegenleistung. Andererseits wird übereinstimmend darauf hingewiesen, dem bezweckten Erfolg im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 2 1. Alt. BGB müsse der Charakter einer Gegenleistung zukommen. Indes sei diese Gegenleistung, im Gegensatz zu Leistungen solvendi causa, nicht geschuldet.62 Vielmehr könne die 55 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 149); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III (S. 56); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I 3 (S. 150); Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 37 Rdnr. 31; Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 651; ders., Bürgerliches Recht, Rdnr. 691; Reeb, Grundprobleme, S. 61; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 50; Liebs, JZ 1978, S. 698. 56 Die Abgrenzung zwischen condictio indebiti und ob rem wird zusätzlich und unnötig erschwert, wenn man mit den Vertretern eines subjektiven Rechtsgrundverständnisses den fehlenden Rechtsgrund auch für die condictio indebiti in der Verfehlung des mit der Leistung erstrebten Zwecks sieht, vgl. oben Zweiter Teil § 17 IV. 57 Motive II, S. 842; Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 37 Rdnr. 31. Anders aber Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III (S. 56, 57). 58 Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 640. 59 Vgl. oben Dritter Teil § 18 I. 1. 60 Motive II, S. 842; Protokolle I, S. 1537. Vgl. auch Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I 3 (S. 150); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III (S. 56); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 II (S. 66); AnwK-BGB/ von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 52; HK-BGB/Schulze, § 812 Rdnr. 11; Söllner, AcP 163 (1963), S. 21. 61 Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 51. 62 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 151); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 II (S. 66); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 735; Loewenheim, Berei-

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mit der Leistung causa ob rem erstrebte Gegenleistung nicht durchgesetzt werden, etwa weil es an einer gültigen Einigung ermangelt oder die auf Erlangung der Gegenleistung gerichtete Forderung nicht durchsetzbar ist.63 Bezweckt werde demnach der Erhalt einer Gegenleistung, deren Erbringung nicht erzwungen werden kann.64 Erst in diesen Fällen ersetze die condictio ob rem im Einklang mit ihrem historischen Ursprung die fehlende Erfüllungsklage.65 Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass es gerade auch im Falle der Rückabwicklung einer Leistung solvendi causa mit der condictio indebiti regelmäßig an einem durchsetzbaren Anspruch auf die Gegenleistung ermangelt, etwa weil das zugrunde liegende Kausalverhältnis nicht zustande gekommen oder nach erfolgter Anfechtung wieder entfallen ist. Trotz nicht durchsetzbarer Gegenleistung spricht sich hier niemand für die Anwendbarkeit der condictio ob rem aus. Das gleiche gilt für die unvollkommenen Verbindlichkeiten. Auch sie sind nicht durchsetzbar, können jedoch gemäß § 362 Abs. 1 BGB erfüllt werden.66 Die fehlende rechtliche Durchsetzbarkeit schließt also die Annahme einer Leistung solvendi causa keineswegs aus.67 Die Behauptung, es werde immer dann causa ob rem geleistet, wenn der Leistungsempfänger zur Erbringung einer nicht durchsetzbaren Gegenleistung bewegt werden soll, ist in dieser Absolutheit nicht zutreffend. Eine Abgrenzung beider Kondiktionstypen kann letztlich nur unter Berücksichtigung des historischen Ursprungs der condictio ob rem erfolgen.68 Die fehlende Durchsetzbarkeit der Gegenleistung ist danach nur Mindestcherungsrecht, S. 61; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 53; MüKo/ Lieb, § 812 Rdnr. 197; Söllner, AcP 163 (1963), S. 29. 63 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I 3 (S. 150); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 149); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III (S. 56); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 735; Brox/ Walker, Besonderes Schuldrecht, § 37 Rdnr. 32; Palandt/Heinrich, § 313 Rdnr. 27; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 16; König, Gutachten, S. 1528; Söllner, AcP 163 (1964), 44. 64 So schon § 14 des Entwurfs: „Hat jemand, ohne hierzu durch einen zweiseitigen Vertrag verpflichtet zu sein, … einem Anderen etwas geleistet, so ist er … das Geleistete von dem Empfänger zurückzufordern berechtigt.“ Vgl. auch Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 103 II (S. 3354); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 151); MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 200; Söllner, AcP 163 (1963), S. 29; Giesen, Jura 1995, S. 179. 65 MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 196; Söllner, AcP 163 (1963), S. 29. 66 Vgl. oben Erster Teil § 12. 67 Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 735. 68 Welker, Zweckverfehlung, S. 16 bestreitet die Tauglichkeit dieses Vorgehens. Zuzustimmen ist Welker nur insoweit, als dass die historische Betrachtung bis dato über eine Fallgruppenanalyse nicht hinausging. Das übergeordnete Prinzip (Einschränkung der Vertragsfreiheit) wurde hingegen noch nicht erkannt.

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voraussetzung für eine Leistung causa ob rem. Ihren ursprünglichen Anwendungsbereich hatte die condictio ob rem dort, wo die Parteien den konkreten Vertragsinhalt nicht durch Versprechensvertrag vereinbaren konnten. Diese Absprachen lagen außerhalb des numerus clausus rechtlich anerkannter Vertragsinhalte.69 Die Anwendung der condictio ob rem setzte demnach Einschränkungen der Inhaltsfreiheit als Teil der Vertragsfreiheit zwingend voraus. Derartige Einschränkungen existieren aber auch heutzutage. Inhaltliche Grenzen der Vertragsfreiheit stellen etwa die §§ 134, 138 BGB, 311b Abs. 2, Abs. 4, 2302 BGB dar.70 Nur die condictio ob rem, und nicht wie allgemein angenommen die condictio indebiti,71 findet demnach Anwendung, wenn der Parteivereinbarung wegen ihres Inhaltes die rechtliche Wirksamkeit versagt wird. Ist beispielsweise die Einsetzung als Erbe oder die Tötung eines Menschen als Gegenleistung versprochen, wird diesen Absprachen die Wirksamkeit aufgrund ihres Inhalts – nicht nur wegen Verstoßes gegen Formvorschriften72 – versagt. Sofern eine Absprache wegen ihres Inhalts nichtig ist, fehlt den daraus erwachsenen „Verpflichtungen“ jegliche rechtliche Wirksamkeit.73 Eine Erfüllung, und sei es in Form der Heilung,74 kommt nicht in Frage. Erbringt einer der beiden Vertragspartner seine nicht geschuldete Leistung, um sein Gegenüber zur Erbringung der Gegenleistung zu bewegen, erfolgt diese Leistung causa ob rem.75

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Batsch, NJW 1973, S. 1640; Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 644. Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 4 Rdnr. 12 ff.; Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 233; Larenz, Schuldrecht I, § 4 II b) (S. 53); Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 50; König, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 125. 71 Vgl. nur Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I 6 (S. 158); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 694; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 I (S. 129); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 738; Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 16 Rdnr. 32; Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 10 Rdnr. 80; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 817 Rdnr. 6; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 817 Rdnr. 3; König, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 126; Giesen, Jura 1995, S. 170; Westermann, causa, S. 203; BGHZ 8, 348 (370). 72 Zu den formungültigen Rechtsgeschäften vgl. sogleich unter Dritter Teil § 19 II. 4. c) aa). 73 Die einander versprochenen Leistungen stellen auch keine unvollkommenen Verbindlichkeiten dar, die zwar nicht gefordert, aber dennoch erfüllt werden können. 74 Vgl. bereits Dritter Teil § 18 II. 4. 75 Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 61. Anderer Ansicht für § 2302 BGB MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 206. Dabei geht er jedoch unter Missachtung des eindeutigen Wortlauts davon aus, allein die Gegenleistung wäre nichtig, die Absprache aber rechtsverbindlich. 70

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2. Zur Zwecksetzung bei der condictio ob rem Auch bei der condictio ob rem handelt es sich um eine echte Leistungskondition.76 Das Vorliegen einer Leistung ist folglich Voraussetzung für ihre Anwendung.77 Der Begriff der Leistung unterscheidet sich dabei nicht von den anderen Leistungskondiktionen: Leistung ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens.78 Im Gegensatz zur condictio indebiti wird in den §§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2, 815 BGB jedoch ausdrücklich vom „mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte(n) Erfolg“ gesprochen. Fraglich ist, welche Folgen für die Zweckbestimmung daraus abzuleiten sind. a) Konsensuale oder einseitige Zweckbestimmung Allgemein sieht man im Wortlaut der Vorschriften einen Hinweis auf die Art und Weise des Zustandekommens der Zweckbestimmung bei der Leistung causa ob rem.79 Sofern die Leistung der Erfüllung dient, wird die Zuordnungsbestimmung allein vom Leistenden getroffen. Die Interessen des Gläubigers erfordern dessen Beteiligung nicht.80 Leistungen causa ob rem dienen dagegen nicht der Erfüllung. Der verfolgte Zweck geht über die Gläubigerbefriedigung hinaus, weshalb der Zweck nicht mehr allein vom Leistenden bestimmt werden könne, sondern konsensual festgelegt werden müsse.81 Schon im klassischen Recht war eine Einigung über den Leistungszweck erforderlich.82 Auch heute wird gefordert, dass sich Leistender und Empfänger über den verfolgten Zweck bei Leistungen causa ob rem geeinigt haben müssen.83 Dafür genüge aber bereits eine „stillschweigende 76

Statt aller AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, 812 ff. Rdnr. 1. Welker, Zweckverfehlung, S. 18; Kötter, AcP 153 (1953), S. 193; von Caemmerer, FS Rabel, S. 342; Zeiss, JZ 1963, S. 7; Westermann, JuS 1968, S. 18. 78 Explizit Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III (S. 56 Fn. 28); Welker, Zweckverfehlung, S. 21. 79 Motive II, S. 842; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 151); MüKo/ Lieb, § 812 Rdnr. 201; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 51; König, Gutachten, S. 1533. 80 Vgl. oben Erster Teil § 3 II. 1. 81 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 151). 82 Liebs, JZ 1978, S. 699. 83 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 151); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III 1 (S. 56); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 II (S. 66); Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 37 Rdnr. 33; Grunewald, Bürgerliches Recht, § 29 Rdnr. 6; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 62; AnwKBGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 62; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 76; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 201; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 51; HK-BGB/ 77

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Einigung“.84 So soll es ausreichen, dass der Leistungsempfänger den vom Leistenden verfolgten Zweck erkannt und diesem bei Annahme der Leistung nicht widersprochen hat.85 Exemplarisch formuliert König in § 1 Abs. 2 seines Reformvorschlags:86 „Wer einem anderen etwas nicht zur Erfüllung einer Verbindlichkeit, sondern in der von diesem erkannten Absicht zuwendet, ihn zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen, kann die Zuwendung zurückfordern, wenn das Verhalten ausbleibt.“

Dass die Parteien den Leistungszweck tatsächlich konsensual bestimmen, erscheint jedoch vor dem Hintergrund des Trennungsprinzips mehr als fraglich. Bereits bei Canaris klingt an, dass es sich bei der erforderlichen Einigung um eine Art Rechtsgrundabrede handelt,87 ähnlich denen der Handgeschäfte.88 Bei den Handgeschäften hat sich allerdings gezeigt, dass die Parteien keineswegs einen bloßen Behaltensgrund vereinbaren, sondern ein echtes Verpflichtungsgeschäft abschließen, welches nur zeitgleich erfüllt wird.89 Eine derartige kausale Absprache liegt auch den Leistungen causa ob rem zugrunde.90 Die Besonderheit besteht jedoch darin, dass dieser kausalen Absprache wegen ihres Inhalts die rechtliche Wirksamkeit versagt wird. Mit Rechtsgeschäft im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ist demnach das der Leistung zugrunde liegende, rechtlich ungültige Verpflichtungsgeschäft der Parteien gemeint.91 Wenn es die herrschende Meinung für die angebliche Einigung über den Leistungszweck genügen lässt, dass der Empfänger den vom Leistenden verfolgten Zweck erkannt und die Leistung unwidersprochen angenommen hat, ist darin zwar tatsächlich eine stillschweigende Einigung zu sehen. Geeinigt wird sich aber nicht über den Leistungszweck. Die konkludente Einigung betrifft vielmehr das Verpflichtungsgeschäft, die kauSchulze, § 812 Rdnr. 11; Ehmann, JZ 2003, S. 707; König, Gutachten, S. 1536; Weber, JZ 1989, S. 26; BGHZ 44, 321 (323); BGHZ 106, 365 (369); BGHZ 108, 256 (265); BGH WM 1992, 1674. 84 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III (S. 56). 85 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 151); Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1103; Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 37 Rdnr. 33; Giesen, Jura 1995, S. 179; BGH NJW 1984, 233. 86 König, Gutachten, S. 1522. 87 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 152). Ähnlich Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 150). 88 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III 1 c (S. 168). 89 Vgl. oben Dritter Teil § 18 III. 1. 90 Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 103 II (S. 354); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 150). 91 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 76; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 61; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 200; Welker, Zweckverfehlung, S. 72; Liebs, JZ 1978, S. 700.

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sale Verknüpfung beider Zuwendungen.92 Der Zweck der Leistung als Abwicklungsgeschäft wird demgegenüber bei Leistungen causa ob rem ebenfalls allein vom Leistenden gesetzt.93 Stellt der Wortlaut des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB auch auf den Zweck „nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts“ ab, liegt darin entgegen der allgemein herrschenden Ansicht nicht die Festschreibung der Notwendigkeit einer Zweckvereinbarung. b) Normierung der Rechtsgrundlosigkeit Die Erwähnung des „Rechtsgeschäfts“ – also des wegen seines Inhalts unwirksamen Verpflichtungsgeschäfts – in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB beruht darauf, dass bei der condictio ob rem die der Leistung zugrunde liegende unwirksame Absprache ausdrücklich als Rechtsgrund in die Voraussetzungen des Bereicherungsanspruchs aufgenommen wurde.94 Der Gesetzgeber sah sich nämlich vor die Schwierigkeit gestellt, dass bei Leistungen causa ob rem – anders als bei Leistungen solvendi causa – ein verbindlicher Rechtsgrund nie existiert.95 Stattdessen liegt eine Einigung vor, der wegen ihres Vertragsinhalts die rechtliche Anerkennung versagt wird. Ein objektives Rechtsgrundverständnis wie bei den Leistungen solvendi causa kam damit nicht in Frage, fehlt es doch bei Leistungen causa ob rem stets an einer zugrunde liegenden Verpflichtung.96 Die Voraussetzungen für die Rückabwicklung – die Verfehlung des in der ungültigen Absprache bestimmten Zweckes – mussten daher selbständig normiert werden.97 So wurde der Eintritt des nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckten Erfolges als Behaltensgrund auserkoren.98 Stellt man damit aber auf den Zweck der zugrunde liegenden nichtigen Absprache ab, gilt folgendes: Bei einem gegenseitigen kausalen Rechtsgeschäft wird die eigene Zuwendung erbracht, um die Zuwendung des Vertragspartners zu erlangen (do ut des).99 Allein aus diesem Grund kann man den verfolgten Zweck bei der Leistung 92

Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 103 II (S. 354). Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 150); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 32 f.; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 76. 94 MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 196; Welker, Zweckverfehlung, S. 74; Weber, JZ 1989, S. 30. 95 Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 101 II (S. 342). Zur Abgrenzung zur condictio indebiti vgl. sogleich unter Dritter Teil § 19 II. 1. 96 Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 101 II (S. 342). 97 Motive II, S. 842. 98 Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 101 II (S. 340); Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 37 Rdnr. 31; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 150); Welker, Zweckverfehlung, S. 73; Weber, JZ 1989, S. 25. 99 Vgl. schon oben Erster Teil § 7 I sowie Dritter Teil § 18 I. 1. b) aa). 93

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causa ob rem im Erhalt der nicht durchsetzbaren Gegenleistung sehen.100 Ob die Leistung bis zum endgültigen Ausbleiben der Gegenleistung behalten werden darf101 oder erst nach Erbringung der Gegenleistung kondiktionsfest ist,102 kann an dieser Stelle dahinstehen. Sofern man mit der letztgenannten Ansicht den Erhalt der versprochenen, aber nicht geschuldeten Gegenleistung als Behaltensgrund für die erbrachte Leistung ansieht, wird interessanterweise die beiderseitige „Erfüllung“ der nichtigen Absprache zum Rechtsgrund der condictio ob rem gemacht. In der Normierung der Rechtsgrundlosigkeit liegt jedenfalls der Schwerpunkt des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB.103 Der Wortlaut der Vorschrift ist diesbezüglich bedauerlicherweise ungenau.104 Es kommt weder zum Ausdruck, dass mit Rechtsgeschäft die der Leistung zugrunde liegende kausale Einigung gemeint ist, noch dass dieser Einigung aufgrund ihres Inhalts keinerlei rechtliche Wirkung zukommen darf. Deshalb ist die Vorschrift für Fehldeutungen geradezu prädestiniert.105 c) Zweckbestimmung als Zuordnungsbestimmung Der maßgebliche Unterschied zwischen § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB besteht in der unterschiedlichen Regelung der Rechtsgrundlosigkeit der Leistungen. Dessen ungeachtet ist Voraussetzung beider Kondiktionsansprüche das Vorliegen einer Leistung, also einer zweckgerichteten Zuwendung. Bei Leistungen causa ob rem wird nun angenommen, der Leistungszweck liege im Erhalt der Gegenleistung.106 Dazu kommt man allerdings nur, wenn man auf den Zweck der zugrunde liegenden Absprache abstellt.107 Darin den Zweck der Leistung als des Abwicklungsgeschäfts zu sehen, verstößt aber gegen das Trennungsprinzip. Anderenfalls müsste man auch bei Leistungen solvendi causa den Leis100 Explizit MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 200. Vgl. auch Nachweise oben Dritter Teil § 19 II. 1. 101 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 150); Larenz, Schuldrecht II, § 69 II (S. 556); AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 49, 63; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 198; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 52; Liebs, JZ 1978, S. 698; Zeiss, JZ 1963, S. 7; Welker, Zweckverfehlung, S. 104; BGHZ 35, 356 (358); BGHZ 108, 256 (266). 102 Söllner, AcP 163 (1963), S. 36; Singer, JR 1983, S. 359. 103 Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 101 II (S. 342); MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 196. 104 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 148); Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 103 II (S. 354); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 II (S. 66); Söllner, AcP 163 (1963), S. 29. 105 Welker, Zweckverfehlung, S. 15. 106 Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 1. 107 Vgl. soeben Dritter Teil § 19 II. 2. b).

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tungszweck im Erhalt der Gegenleistung sehen, schließlich bezweckt auch der Erfüllende letztlich den Erhalt seiner Gegenleistung.108 Dass bei Leistungen solvendi causa gleichwohl die Erfüllung des zugrunde liegenden Schuldverhältnises als Leistungszweck erkannt wird, zeigt dagegen, dass hier zutreffend zwischen den Stadien der Verpflichtung und der Abwicklung unterschieden wird. Eine Abwicklung findet aber auch bei Leistungen causa ob rem statt.109 Hier will der Leistende seinen Teil der nichtigen Abmachung „erfüllen“. Diese Annahme gewinnt dadurch an Überzeugungskraft, wenn man sich vor Augen hält, dass sich die Beteiligten der nichtigen Absprache als juristische Laien regelmäßig zwar der Umstände bewusst sind, die die Nichtigkeit begründen, nicht immer aber der rechtlichen Folge selbst. Sie gehen wie bei jedem Vertrag davon aus, sie hätten sich wirksam gebunden. Erbringen sie die vereinbarte Leistung, bezwecken sie mit diesem Abwicklungsakt die Erfüllung wie bei jedem anderen Vertrag auch. Wollte man den Beteiligten erklären, sie hätten etwas anderes bezweckt, weil ihrer Absprache durch das Recht die Gültigkeit versagt wird, würde man wohl Erstaunen ernten. Unter Beachtung der abstrakten Natur der Leistung als bloßem Abwicklungsgeschäft werden auch die Leistungen causa ob rem zum Zwecke der Erfüllung erbracht. Allerdings handelt es sich nicht um Erfüllung im eigentlichen Sinn des Wortes. Da die zu erfüllende kausale Absprache aufgrund ihres Inhalts nichtig ist, erwachsen nie Schuldverhältnisse im engeren Sinn, die nach § 362 BGB erfüllt werden können. Gleichwohl bezweckt die Leistung den Vollzug des aus der nichtigen Absprache erwachsenden, rechtlich nicht anerkannten „Schuldverhältnisses“. Schon bei den unvollkommenen Verbindlichkeiten hat sich gezeigt, dass das zu erfüllende Schuldverhältnis nicht forderungsbewehrt sein muss, die Leistung dennoch solvendi causa erfolgt.110 Bei Leistungen causa ob rem ist das Schuldverhältnis ebenfalls nicht forderungsbewehrt. Zusätzlich wird ihm noch die rechtliche Gültigkeit versagt. Man könnte insofern von einer „sittlichen Forderung“ im Sinne des § 814 BGB sprechen, welche ebenfalls keine rechtlich anerkannte Forderung darstellt.111 Allerdings beruht die „sittliche Forderung“ bei der condictio ob rem auf einer unsittlichen oder gesetzwidrigen Absprache. Terminologisch erscheint Schuldverhältnis damit vorzugswürdiger.112 Auch bei der Heilung spricht man schließlich davon, das formnichtige Schuldverhältnis werde erfüllt.113 Das formnichtige 108

Vgl. oben Dritter Teil § 18 I. 1. b). Welker, Zweckverfehlung, S. 72. 110 Vgl. oben Erster Teil § 12. 111 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 II (S. 193); Palandt/ Sprau, § 814 Rdnr. 8; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 814 Rdnr. 11. 112 Krawielicki, Grundlagen, S. 182 spricht von einem „reinem Rechtsgrund“. 113 Vgl. oben Erster Teil § 6 II. 5. 109

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Schuldverhältnis ist aber, wie das sitten- oder gesetzwidrige Schuldverhältnis, ebenfalls nichtig. Alle Schwierigkeiten der terminologischen Erfassung ändern letztlich am Leistungszweck nichts: Auch bei sitten- oder gesetzwidrigen Verträgen erfolgen die Leistungen zum Zwecke der „Erfüllung“.114 Krawielicki, von der Erfüllung sittenwidriger Verträge ausgehend, hält zwar ebenfalls die Verwendung des Begriffs Erfüllung für unglücklich, aber der Sache nach zutreffend.115 Für die Annahme des Erfüllungszwecks spricht auch folgende Überlegung: Bei Leistungen solvendi causa hat sich gezeigt, dass die Herbeiführung der Erfüllung weniger Zweck denn Motiv der Leistung ist.116 Der Tilgungs- oder Zweckbestimmung kam folgerichtig der Charakter einer reinen Zuordnungsbestimmung zu.117 Sie enthält gerade nicht die Aussage, dass zum Zwecke der Erfüllung geleistet wird – diese Aussage hilft dem Gläubiger ohnehin nicht weiter –, sondern allein die Festlegung eines nicht zwingend forderungsbewehrten Schuldverhältnisses im engeren Sinn als Vergleichsgrundlage.118 Löst man sich vom Gedanken, dass die Zweckbestimmung den Zweck der Leistung festlegt und reduziert die Zweckbestimmung auf eine reine Zuordnungsbestimmung, kann Objekt der Zuordnung auch ein tatsächliches, wenngleich rechtlich nicht wirksames, Schuldverhältnis sein.119 Der Leistende ordnet seine Zuwendung dem rechtlich nicht anerkannten Schuldverhältnis aus der unwirksamen Absprache zu. Zur Verdeutlichung diene folgender Beispielsfall: S schuldet dem G 15.000,– e aus einem Werkvertrag. Als G die Summe von S fordert, räumt dieser Zahlungsschwierigkeiten ein. Grund sind die ihn erdrückenden Unterhaltszahlungen an seine geschiedene Ehefrau. Ohne diese Unterhaltsverpflichtung könnte er nicht nur die geschuldete Summe in kürzester Zeit tilgen, sondern auch sonst ein besseres Leben führen. Daraufhin bietet G dem S an, sich gegen die Zahlung von 15 „Riesen“ des Problems mit der geschiedenen Frau anzunehmen. Bald schon hätten sich die Zahlungen an die Frau „von selbst erledigt“. Der S solle sich das Angebot gut überlegen und ihm Bescheid geben. Am nächsten Tag kratzt S all seine Ersparnisse zusammen und lässt G ohne weitere Erläuterung einen Briefumschlag mit 15.000,– e zukommen.

Ob S die Summe zur Tilgung der Werklohnforderung erbracht hat oder um seinen Teil der Absprache mit G bezüglich der geschiedenen Frau zu erbringen, lässt sich den äußeren Umständen nicht entnehmen. Wollte S die 114 Krawielicki, Grundlagen, S. 182; Honsell, Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 1. Ablehnend Zeiss, JZ 1965, S. 7. 115 Krawielicki, Grundlagen, S. 183. 116 Vgl. oben Erster Teil § 8 III. 117 Vgl. oben Erster Teil § 8 III sowie Zweiter Teil § 17 III. 118 Vgl. oben Zweiter Teil § 17 III. 119 So auch Wolf, JuS 1965, S. 34.

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Forderung aus dem Werkvertrag tilgen, läge eine Leistung solvendi causa vor. Beabsichtigte er die Zahlung, um den Tod seiner geschiedenen Frau in die Wege zu leiten, läge eine Leistung causa ob rem vor, denn die zugrunde liegende Absprache ist wegen ihres Inhalts gemäß § 134 BGB nichtig.120 Sicherheit bezüglich des Leistungsziels schafft allein eine Zuordnungsbestimmung des S. Dies gilt nicht nur für Leistungen solvendi causa, sondern auch für Leistungen causa ob rem. Damit kann man Leistung auch bei der condictio ob rem definieren als bewusste und freiwillige Mehrung des Empfängervermögens durch den Leistenden, welche einem Schuldverhältnis im engeren Sinn zugeordnet wird. 3. Abgrenzung zur Störung der Geschäftsgrundlage Umstritten ist das Verhältnis der condictio ob rem zum Institut der Störung der Geschäftsgrundlage.121 Das von Oertmann entwickelte Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage122 basiert auf Windscheids Lehre von der Voraussetzung als unterentwickelter Bedingung.123 Diese Lehre hat auch den Wortlaut des heutigen § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB beeinflusst.124 Sachlich scheinen sowohl die condictio ob rem als auch die Störung der Geschäftsgrundlage vergleichbare Situationen erfassen zu wollen:125 In beiden Fällen verfolgt der Leistende ein nicht mit der Erfüllung identisches Ziel, welches enttäuscht wurde.126 Aus diesem Grund wird bis in die heutige Zeit darüber gestritten, ob die condictio ob rem neben der Störung der Geschäftsgrundlage überhaupt Anwendung findet.

120

Vgl. nur Hecker, JuS 2001, S. 231. Früher als Wegfall der Geschäftsgrundlage bezeichnet. Da § 313 Abs. 2 BGB aber auch Fälle erfasst, in denen die Geschäftsgrundlage von Beginn an fehlt, ist dem Begriff der Störung der Vorzug zu geben, vgl. Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 770. 122 Oertmann, Die Geschäftsgrundlage, 1921, S. 37 ff. 123 Pawlowski, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 562; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 1 II (S. 16); Ehmann, JZ 2003, S. 708; Weber, JZ 1989, S. 27. 124 Vgl. oben Dritter Teil § 19 I. 125 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 1 II (S. 16); Simshäuser, AcP 172 (1972), S. 19 ff.; Weber, JZ 1989, S. 27. 126 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 II (S. 66); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 736; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 31; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III 1 (S. 56). 121

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

a) Vorrang der condictio ob rem Früher wurde die Ansicht vertreten, der condictio ob rem sei der Vorzug vor der Störung der Geschäftsgrundlage zu geben.127 Anderenfalls träte eine bloße Billigkeitsrechtsprechung nach den Bedürfnissen des Einzelfalls an die Stelle der strikten gesetzlichen Regelung,128 denn mit dem Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage werden keine klaren Rechtssätze angewandt.129 Diese Ansicht, die schon seit einiger Zeit nicht mehr vertreten wird, hat sich mit der Normierung des § 313 BGB im Zuge der Schuldrechtsreform überholt. b) Alternative Anwendbarkeit Andere Autoren gehen davon aus, dass beide Rechtsinstitute nebeneinander anwendbar sind.130 Es dürfe nämlich keinen Unterschied machen, ob der biedere Bürger, der das Dienstmädchen geschwängert hat,131 dem jungen Mann, der es heiraten soll, eine Geldsumme als Ausstattung erst verspricht oder sofort bezahlt.132 c) Vorrang der Störung der Geschäftsgrundlage Nach herrschender Meinung wird die condictio ob rem durch das Institut der Störung der Geschäftsgrundlage verdrängt, was vor allem mit den flexibleren Rechtsfolgen des § 313 BGB begründet wird.133 Folgte 127

Liebs, JZ 1978, S. 697; Locher, AcP 121 (1921), S. 48 f. Liebs, JZ 1978, S. 697. 129 So Liebs, JZ 1978, S. 701. Locher, AcP 121 (1921), S. 48 f. sah hingegen in der condictio ob rem die gesetzliche Basis für die Lehre von der Geschäftsgrundlage. 130 Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1108; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 378; Soergel/Mühl, § 812 Rdnr. 211; Schnauder, Grundfragen, S. 28 ff.; Ehmann, Gesamtschuld, S. 186 ff.; Weitnauer, Symposium König, S. 39. 131 Fall nach RGZ 62, 273. Heute könnte es sich etwa um ein Au-pair-Mädchen handeln. 132 Weitnauer, Symposium König, S. 39. 133 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I 3 (S. 153); Medicus, Schuldrecht II, § 126 IV (S. 651); Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 37 Rdnr. 36; Esser/ Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 II (S. 66); Gursky, Schuldrecht BT, S. 197 f.; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III 1 (S. 58); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 736; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 63; Reeb, Grundprobleme, S. 62; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 43; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 204; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 105; Palandt/Sprau, § 812 Rdnr. 86 f.; Wieling, JuS 1978, S. 802; von Caemmerer, FS Rabel, S. 345; Huber, JuS 1972, 128

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man der herrschenden Ansicht, hätte die condictio ob rem nicht nur durch die Anerkennung der Vertragsfreiheit, sondern auch durch die Entwicklung der Lehre von der Störung der Geschäftsgrundlage an Bedeutung verloren.134 d) Stellungnahme Bestimmt man den Anwendungsbereich der condictio ob rem unter Berücksichtigung ihrer historischen Herkunft, ist die Abgrenzung zur Lehre von der Störung der Geschäftsgrundlage unproblematisch. Bei der Störung der Geschäftsgrundlage werden über die vertraglich fixierten Zwecke hinaus weitere, unausgesprochene Ziele verfolgt, die gerade nicht Inhalt des Vertrages geworden sind.135 Schon dem Wortlaut des § 313 Abs. 1 BGB nach setzt das Institut der Störung der Geschäftsgrundlage jedoch einen rechtsgültigen Vertrag voraus.136 Nur dann ergeben die in § 313 Abs. 3 BGB bestimmten Rechtsfolgen – Vertragsanpassung oder Rücktritt – überhaupt einen Sinn. Demgegenüber haben sich die Parteien bei der condictio ob rem über den verfolgten Zweck ausdrücklich geeinigt. Der verfolgte Zweck ist nicht Grundlage, sondern Inhalt des Vertrages.137 Nur ist diese Absprache wegen ihres Inhaltes ungültig. Bei der condictio ob rem fehlt es mithin an einem wirksamen Vertrag, welcher angepasst oder von dem zurückgetreten werden könnte.138 Eine Überschneidung der Anwendungsbereiche von condictio ob rem und Störung der Geschäftsgrundlage ist ausgeschlossen:139 Liegt ein wirksamer Vertrag vor, findet die Störung der Geschäftsgrundlage Anwendung. Ermangelt es an einem rechtsgültigen Vertrag, ist der Anwendungsbereich der condictio ob rem eröffnet. Zur Verdeutlichung diene der Fall mit dem geschwängerten Dienstmädchen, welcher nach Weitnauer die Unhaltbarkeit einer Subsidiarität der condictio ob rem deutlich aufzeigen soll.140 Zwar ist Weitnauer insoweit zuzustimmen, S. 64; König, Gutachten, S. 1535; Zeiss, JZ 1963, S. 7 Fn. 9; BGHZ 44, 321 (323); BGHZ 84, 1 (10); BGH NJW 1992, 2690. 134 So etwa Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 156); RGRK/Heimann-Trosien, § 812 Rdnr. 88; Weber, JZ 1989, S. 25. 135 Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 772; Liebs, JZ 1978, S. 702. 136 Zuerst von Caemmerer, FS Rabel, S. 345; ihm folgend Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1108; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 153); König, Gutachten, S. 1535. 137 Liebs, JZ 1978, S. 702; Welker, Zweckverfehlung, S. 75. 138 Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 61; Palandt/Heinrichs, § 313 Rdnr. 27; Söllner, AcP 163, 44. 139 Liebs, JZ 1978, S. 702. 140 Vgl. RGZ 62, 273.

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

als dass es keinen Unterschied macht, ob der reiche Herr dem Bräutigam eine Geldsumme als Ausstattung erst verspricht oder ob er sie sofort bezahlt. Der Grund liegt aber nicht darin, dass die condictio ob rem auch Anwendung finden muss, wenn eine vertragliche Grundlage besteht.141 Der Zahlung des Hausherren liegt vielmehr in beiden Fällen eine kausale Absprache zugrunde. Dass diese im Fall des Handgeschäfts zeitgleich mit der Leistungserbringung abgeschlossen wird, ändert an ihrer Existenz nichts.142 Allerdings ist die Absprache aufgrund der Kommerzialisierung des privaten Lebensbereiches wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig.143 Mangels gültigen Vertrags scheidet die Anwendbarkeit der Störung der Geschäftsgrundlage daher von vornherein aus. Weil der Inhalt des Vertrages nicht von der Vertragsfreiheit gedeckt ist, findet die condictio ob rem Anwendung. Kommt es nicht zur Heirat, kann der Herr die Geldsumme, vorbehaltlich des § 817 S. 2 BGB,144 gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zurückverlangen. e) Zwischenergebnis Danach gilt für Anwendbarkeit der condictio ob rem folgendes Stufenverhältnis: • Existiert eine rechtswirksame Einigung und wurde der weitergehende Zweck zum Inhalt des Vertrages gemacht, besteht ein durchsetzbarer Anspruch auf Erbringung der atypischen Gegenleistung.145 Neben dem Erfüllungsanspruch ist die condictio ob rem nicht anwendbar. Verfehlungen des vertraglich vereinbarten Leistungszwecks werden im Austauschvertrag durch die §§ 280 ff., 320 ff. BGB erfasst.146 Zwar helfen im Fall der Vorleistung die §§ 320–322 BGB gerade nicht weiter.147 Bleibt die 141

So aber Weitnauer, Symposium König, S. 39. Vgl. oben Dritter Teil § 18 III. 1. 143 Krawielicki, Grundlagen, S. 149; Bamberger/Roth/Wendtland, § 138 Rdnr. 20; Palandt/Heinrichs, § 138 Rdnr. 56; Arens, JuS 1971, S. 356. 144 Vgl. dazu unten Dritter Teil § 20. 145 Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass gerade die Feststellung, ob eine derartige Einigung vorliegt, in der Praxis die meisten Schwierigkeiten bereitet. Hier kann weiterhelfen, dass man eine entsprechende Einigung bereits dann annimmt, wenn der Leistungsempfänger erkannt hat, dass der Leistende die Erbeinsetzung erreichen will, und dieser erkannten Absicht nicht widersprochen hat, vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 2. a). 146 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 II (S. 66); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 151); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 149); Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 106; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 50. 147 Liebs, JZ 1978, S. 701. 142

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Gegenleistung aus, ist der Vorleistende durch die §§ 280 ff., 323 ff. BGB jedoch hinreichend geschützt.148 • Wurde das verfolgte Ziel dagegen zur Bedingung des Vertrages gemacht, besteht zwar kein durchsetzbarer Anspruch zur Erreichung des verfolgten Zwecks. Bei Nichteintritt der Bedingung kommt aber der Vertrag nicht zustande bzw. löst sich auf. Die Vorleistung kann mit der condictio indebiti zurückgefordert werden.149 Diese schließt ein Vorgehen mit der condictio ob rem aus. • Wenn das verfolgte Ziel weder zum Inhalt noch zur Bedingung der zugrunde liegenden Einigung erhoben wurde, kommt die Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht.150 Die Vorleistung kann nach § 313 Abs. 3 BGB erst zurückgefordert werden, wenn eine Vertragsanpassung ausscheidet. Die Abwicklung erfolgt nicht nach Kondiktionsrecht, sondern nach den §§ 346 ff. BGB.151 • Erst wenn die zugrunde liegende Absprache aufgrund ihres Inhalts nichtig ist, kann die erbrachte Vorleistung mit der condictio ob rem zurückgefordert werden. 4. Kritik der Fallgruppen Die Richtigkeit des gefundenen Ergebnisses zum Anwendungsbereich der condictio ob rem soll anhand der Fallgruppen bestätigt werden, welche gemeinhin der condictio ob rem zugeordnet werden.152 Dabei wird sich zeigen, dass ihr Anwendungsbereich durch Literatur und Rechtsprechung oftmals weit überdehnt wurde.153 a) Vorausleistungsfälle Allgemein gelten Vorausleistungen in Erwartung eines späteren Vertragsschlusses als Leistungen causa ob rem.154 Die dazu ergangenen höchstrichterlichen Urteile betreffen häufig Leistungen auf eine zukünftige Kaufpreis148

Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 37 Rdnr. 34. Reeb, Grundprobleme, S. 62; Söllner, AcP 163 (1963), S. 43. 150 Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 37 Rdnr. 34; Ehmann, JZ 2003, S. 707. 151 Reeb, Grundprobleme, S. 62. 152 Vgl. zu den Fallgruppen Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 151 ff.); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 28 ff.; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1105; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 105 ff.; Weber, JZ 1989, S. 25. 153 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 105. 154 Vgl. Nachweis oben Dritter Teil § 18 II. 5. 149

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

schuld, wenn der spätere Vertragsschluss ausbleibt.155 Auf dem ersten Blick scheint die Annahme einer condictio ob rem bei den Vorausleistungsfällen den historischen Wurzeln zu entsprechen:156 Es wurde bei einem rechtlich nicht wirksamen Geschäft vorgeleistet, obwohl die Gegenleistung nicht durchgesetzt werden konnte.157 Im Falle des Scheiterns des Vertragsschlusses kann die Gegenleistung auch unter Geltung des BGB nicht durchgesetzt werden. Allerdings scheitert die Durchsetzung an der fehlenden Einigung und nicht daran, dass der Vertragsinhalt rechtlich nicht anerkannt ist.158 Kommt der Vertrag zustande, entstehen klagbare Leistungspflichten, die durch die Vorausleistung erfüllt werden.159 Fehlt es somit an den für die Anwendung der condictio ob rem notwendigen Einschränkungen der Vertragsfreiheit, erfolgt die Vorausleistung nicht causa ob rem, auch nicht causa acquirandi,160 sondern causa solvendi.161 Etwas anderes gilt dann, wenn die Vorausleistung den Leistungsempfänger zum Abschluss eines Vertrages bewegen soll, dessen Inhalt nicht durch die Vertragsfreiheit gedeckt ist.162 Leistet etwa ein Freier eine bestimmte Summe an eine minderjährige Prostituierte vor, um sie zum Abschluss eines entsprechenden Dienstvertrages zu bewegen, wäre dieser Vertrag gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und nichtig. Die Vorleistung erfolgt jetzt nicht solvendi causa, sondern causa ob rem. Vorausleistungen stellen also nur dann Leistungen solvendi causa dar, wenn der abzuschließende Vertrag nicht wegen seines Inhalts nichtig ist, also die Leistung der Erfüllung grundsätzlich zugänglich.163

155 RGZ 73 72, 343; BGH NJW 1952, 144; BGH JZ 1961, 699; BGH WM 1967, 1042; BGH DB 1972, 348. 156 So Weber, JZ 1989, S. 26. 157 Vgl. oben Dritter Teil § 19 I. 158 Singer, JZ 1983, S. 358. 159 Vgl. oben Dritter Teil § 18 II. 5. 160 So aber Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 152); Singer, JZ 1983, S. 358; Weber, JZ 1989, S. 26. Darin liegt, wie mehrfach ausgeführt, ein Verstoß gegen das Trennungsprinzip. Von der abstrakten Leistung als Abwicklungsgeschäft zu unterscheiden ist das konkludente Angebot auf Abschluss eines Verpflichtungsgeschäftes, welches nur zusammen mit der Leistung zugeht. Die Zuwendung des Anspruchs aus dem kausalen Geschäft erfolgt causa acquirendi, die Leistung allein causa solvendi. 161 Weber, JZ 1989, S. 29. 162 Weber, JZ 1989, S. 29. 163 Staudinger/Lorenz, vor §§ 812 ff. Rdnr. 2; Weber, JZ 1989, S. 29.

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b) Handgeschäfte Medicus hält die Handgeschäfte für einen Anwendungsfall der condictio ob rem.164 Ausweislich seines Beispiels will er damit aber Situationen erfassen, in der ohne bestehenden Vertrag vorgeleistet wurde:165 Da im Leistungszeitpunkt keine Verpflichtung besteht, werde nicht solvendi causa, sondern causa ob rem geleistet.166 Dem ist entgegenzuhalten, dass den Leistungen im Rahmen der so genannten Handgeschäfte jeweils kausale Verpflichtungen zugrunde liegen.167 Die Vorausleistung ist regelmäßig kein Fall der condictio ob rem.168 c) Veranlassungsfälle Rechtlicher Grund für das Behalten einer causa ob rem erbrachten Leistung ist – unter Rückgriff auf das zugrunde liegende, nichtige Rechtsgeschäft – der Erhalt der vereinbarten, aber nicht durchsetzbaren Gegenleistung.169 Deshalb sieht die Literatur pauschal die Veranlassung zu einem freiwilligen, rechtlich nicht erzwingbarem Verhalten als Zweck einer Leistung causa ob rem an.170 Als freiwilliges Verhalten, welches nicht die Erfüllung bezweckt, komme danach in Betracht:171 aa) Veranlassung zur Heilung Erbringt bei einem formnichtigen Kausalgeschäft eine Partei ihre nicht geschuldete Leitung, um den Partner seinerseits zu einer Heilungsleistung 164

Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 640. Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 640. Wurden bei dem Handgeschäft dagegen bereits beide Leistungen ausgetauscht, käme die Rückforderung mit der condictio ob rem schon deshalb nicht in Betracht, weil der Zweck der Leistung – der Erhalt der Gegenleistung – erreicht wurde. 166 Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 640. 167 Vgl. oben Dritter Teil § 18 III. 1. 168 Vgl. soeben Dritter Teil § 19 II. 4. a). Im Beispiel von Medicus ist ein Kaufvertrag zustande gekommen. Der Zahlende hat einen Anspruch auf die Lieferung der nicht vorrätigen Sache nach § 433 Abs. 1 BGB. 169 Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 2. b). 170 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 153); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 II (S. 67); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III 1 (S. 56); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 150); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 735; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 30; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 207; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 51; RGRK/Heimann-Trosien, § 812 Rdnr. 92; Reeb, JuS 1972, S. 382; Weber, JZ 1989, S. 26. 171 Vgl. zu den Fallgruppen auch Wieling, Bereicherungsrecht, S. 28 ff. 165

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

zu bewegen, soll eine Leistung causa ob rem vorliegen.172 Dies sei an einem Beispielsfall verdeutlicht: K und V schließen einen handschriftlichen Kaufvertrag über das Grundstück des V. Bald darauf erfahren beide, dass ihr Vertrag nicht die nötige Form aufweist und somit nichtig ist. Dennoch überweist K den Kaufpreis auf das Konto des V, um diesen trotz Formverstoß zur Übereignung des Grundstücks zu bewegen.

Gegen die Annahme einer Leistung causa ob rem spricht folgende Überlegung: Erbringt der Verkäufer seine nicht geschuldete Leistung, erfolgt diese heilungshalber und damit causa solvendi.173 Auch der Käufer bezweckt aber die Erfüllung des formnichtigen Vertrages, nur kann seine Leistung die Heilung nicht unmittelbar herbeiführen. Indem er aber den Vertragspartner durch seine Leistung zur Erbringung der Heilungsleistung bewegen will, soll seine Leistung auch zur Erfüllung der nach Eintritt der Heilung entstehenden Forderung erbracht sein. Bezeichnenderweise wird seine Leistung mitunter als Fall der Vorausleistung aufgefasst.174 Bei der Untersuchung der Vorausleistung hat sich aber gezeigt, dass nicht causa ob rem, sondern solvendi causa geleistet wird.175 Dass die herrschende Meinung bei der Vorausleistung auf formnichtigen Vertrag trotzdem eine Leistung causa ob rem annimmt, ist allein dem Umstand geschuldet, dass man die Anwendung des § 814 BGB umgehen möchte und § 815 BGB für sachnäher erachtet. Richtigerweise ist die teleologische Reduktion des § 814 BGB dem Umweg über § 815 BGB vorzuziehen.176 Die Annahme einer Leistung causa ob rem muss aber auch aus systematischen Gründen abgelehnt werden: Zwar liegt ein nichtiger Vertrag vor. Die Nichtigkeit beruht aber nicht auf dem Inhalt, sondern auf der Form des Zustandekommens des Vertrags. Der Vertragsinhalt als solcher ist ohne weiteres zulässig und überschreitet nicht die Grenzen der Vertragsfreiheit, was sich auch daran zeigt, dass Formverstöße regelmäßig durch Heilung überwindbar sind.177 Die Leistung auf formnichtige Verträge unterfällt nicht der condictio ob rem, sondern der conditio indebiti.178

172 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III 1 (S. 56); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 735; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 29; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 212; Söllner, AcP 163 (1963), S. 34; Welker, Zweckverfehlung, S. 107; BGH WM 1999, 2892. 173 Vgl. oben Dritter Teil § 18 II. 3. 174 Weber, JZ 1989, S. 26; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 55. 175 Vgl. oben Dritter Teil § 18 II. 5 sowie Dritter Teil § 19 II. 4. a). 176 Vgl. oben Dritter Teil § 18 II. 5. b). 177 Paulus/Zenker, JuS 2001, S. 6. 178 Ebenso König, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 114.

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bb) Abhalten von Strafanzeige oder Zwangsvollstreckung Exemplarisch für die Veranlassung zu einem freiwilligen Verhalten im Sinne der condictio ob rem scheint dagegen eine Leistung, die erbracht wird, um den Empfänger der Leistung von der Anzeige einer Straftat abzuhalten.179 Dies verdeutliche folgender Beispielsfall:180 Die Ehefrau hat als Kassiererin Geld unterschlagen. Der Ehemann erkennt in notarieller Urkunde die Forderung des Arbeitgebers auf Rückzahlung des unterschlagenen Geldes an, um eine Strafanzeige zu verhindern. Gleichwohl zeigt der Arbeitgeber die Ehefrau an.

Zu unterscheiden ist, ob der Abgabe des abstrakten Schuldanerkenntnisses eine Absprache zwischen Ehemann und Arbeitgeber dahingehend zugrunde liegt, dass die Nichtanzeige die Gegenleistung für die Hingabe der notariellen Schuldurkunde darstellt. Haben sich die Parteien über eine synallagmatische Verknüpfung der Leistungen geeinigt,181 ist diese Absprache nicht schlechthin gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig.182 Erst wenn die versprochene Gegenleistung den verursachten Schaden übersteigt, in keinem Zusammenhang zum Schaden steht oder die Abrede unter Ausnutzung einer emotionalen Zwangslage zustande gekommen ist, liegt ein Fall des § 138 Abs. 1 BGB vor.183 Dann könnte der Ehemann die Urkunde mit Hilfe der condictio ob rem zurückfordern, hat er doch zur „Erfüllung“ der aufgrund des Inhalts nichtigen Absprache geleistet. Verstößt die Absprache dagegen nicht gegen § 138 Abs. 1 BGB, scheidet die condictio ob rem aus. Der Ehemann hätte vielmehr solvendi causa geleistet und müsste gegen den Arbeitgeber auf Rücknahme der Anzeige vorgehen, sofern nicht nach erfolgter Anzeige ein Fall des § 275 BGB anzunehmen ist. Ein Anspruch auf Rückgabe der Schuldurkunde bestände erst nach einem Rücktritt.184 Möglich ist ferner, dass die zugrunde liegende Einigung unter die auflösende Bedingung 179 Vgl. nur Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 735; RGRK/Heimann-Trosien, § 812 Rdnr. 92; König, Gutachten, S. 1534; RGZ 118, 358; BAG NJW 1999, 2059. 180 Nach BGH NJW-RR 1990, 827. 181 Wobei es für das Zustandekommen der Einigung bereits ausreichen soll, dass der Leistungsempfänger die geplante Verknüpfung erkannt und ihr nicht widersprochen hat, vgl. die Nachweise unter Dritter Teil § 19 II. 2. a). 182 RGZ 42, 60 (62); BGH NJW 1991, 1046 (1047); BAG NJW 1999, 2059 (2061). Für eine generelle Sittenwidrigkeit noch Arens, JuS 1971, S. 359; Krawielicki, Grundlagen, S. 149; Söllner, AcP 163 (1963), S. 39. 183 MüKo/Mayer-Maly/Armbrüster, § 138 Rdnr. 127; Erman/Palm, § 138 Rdnr. 157; Palandt/Heinrichs, § 138 Rdnr. 56; BAG NJW 1999, 2059 (2062); BGH NJW 1991, 1046 (1047). 184 Ob der Rücktrittsgrund aus § 323 BGB oder § 326 Abs. 5 BGB folgt, kann an dieser Stelle dahinstehen.

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

der Nichtanzeige gestellt wurde.185 Dann könnte der Ehemann nach erfolgter Anzeige die Rückgabe der Urkunde mit der condictio indebiti verlangen.186 Fehlt es dagegen an einer Einigung zwischen dem Ehemann und dem Arbeitgeber, scheidet die condictio ob rem nicht etwa deshalb aus, weil es an der von der herrschenden Meinung geforderten Einigung über den Leistungszweck ermangelt und die Abhaltung von der Strafanzeige das bloße Motiv des Leistenden darstellt. Richtigerweise ist in der Hingabe der Schuldurkunde das Angebot des Ehemanns auf Abschluss des Vertrages über die Nichtanzeige zu sehen. Kommt dieser trotz der geringen Anforderungen187 nicht zustande, fehlt der Leistung die schuldrechtliche Unterlage. Eine Rückforderung der Urkunde mit der condictio ob rem kommt aber nur in Betracht, wenn das Angebot auf Abschluss eines Vertrages gerichtet ist, dessen Inhalt die Grenzen der §§ 134, 138 BGB sprengt.188 Ist der geplante Vertrag rechtsgültig, findet allein die condictio indebiti Anwendung. Neben dem Unterlassen einer Strafanzeige soll das Unterlassen der Zwangsvollstreckung eine Fallgruppe der condictio ob rem darstellen.189 Zur Verdeutlichung diene wieder ein Beispielsfall: Schuldner S droht die Zwangsvollstreckung. Der Dritte D zahlt eine Summe an den Gläubiger, um die Zwangsvollstreckung abzuwenden. Gleichwohl lässt G in das Vermögen des S vollstrecken.

Erneut ist entscheidend, ob sich Gläubiger und Dritter dahingehend geeinigt haben, dass das Unterlassen der Zwangsvollstreckung die Gegenleistung für die Zahlung des Dritten ist. Fehlt es nach den Umständen des Einzelfalls an einer derartigen Absprache, hat der Dritte nur dann rechtsgrundlos geleistet, wenn er seine Zuwendung für den Gläubiger ersichtlich auf die geplante Einigung bezogen hat. In diesem Fall kann er seine Leistung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zurückfordern. Anderenfalls liegt gemäß §§ 133, 157 BGB eine Drittleistung (§ 267 Abs. 1 BGB) auf eine der Verbindlichkeiten des Schuldners vor. Tritt hinsichtlich dieser Forderung Erfüllung ein, hat der Dritte cum causa geleistet. Er kann die Leistung an den Gläubiger nicht – und schon gar nicht mit der condictio ob rem – kondizieren. Existiert eine entsprechende Absprache zwischen Gläubiger und Drittem, hängt die Frage einer möglichen Rückforderung vom rechtlichen 185 Wieling, Bereicherungsrecht, S. 28; AnwK-BGB/Hund, § 780 Rdnr. 6; MüKo/Hüffer, § 780 Rdnr. 14; Staudinger/Marburger, § 780 Rdnr. 3; Arens, JuS 1971, S. 357; BGHZ 124, 263 (269). 186 Vgl. Wieling, Bereicherungsrecht, S. 28. 187 Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 2. a). 188 Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 4. a) a. E. 189 Vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 152); Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 32.

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Bestand der Einigung ab. Nur sofern man eine solche Absprache als sittenwidrig ansehen wollte,190 stände dem Dritten die condictio ob rem zur Verfügung. Bei unterstellter Wirksamkeit dürfte hinsichtlich der geschuldeten Gegenleistung ein Fall des § 275 BGB vorliegen, und der Dritte könnte seine Leistung unter den Voraussetzungen der §§ 326 Abs. 5, 323, 346 ff. BGB zurückfordern. Ein Vorgehen mit der condictio indebiti oder der condictio ob rem ist jedoch ausgeschlossen. cc) Veranlassung zur Aufrechterhaltung oder Begründung einer Lebenspartnerschaft Als freiwillige, nicht geschuldete Gegenleistung im Sinne einer condictio ob rem soll weiterhin die Eingehung einer Ehe anzusehen sein.191 Hier werde die Leistung, etwa in Form einer Mitgift, erbracht, um den Empfänger zur späteren Heirat zu veranlassen. Im römischen Recht, wo weder eine Rechtspflicht zur Zahlung der Mitgift (dos) bestand,192 noch auf Eingehung der Ehe geklagt werden konnte,193 stellte die Zahlung der Mitgift bei Ausbleiben der Heirat einen klassischen Fall der condictio ob rem vor.194 Auch heutzutage stellt die Heirat keine Gegenleistung des Mannes für den Erhalt der Mitgift dar.195 Fehlt es damit aber bereits an der vertraglichen Verknüpfung von Leistung und Eingehung der Ehe als Gegenleistung, scheidet die condictio ob rem als Rückforderungsgrund aus. Vielmehr handelt es sich bei der Zuwendung um eine Schenkung an den zukünftigen Ehemann. Sofern die Eingehung der Ehe nicht zur Bedingung der Schenkung gemacht wurde,196 stellt sie zumindest deren Geschäftsgrundlage dar. Kommt es wider Erwarten nicht zur Eheschließung, kann der Schenker seine Leistung nach §§ 313 Abs. 3, 346 ff. BGB zurückverlangen. Gleiches gilt, wenn ein Ehepartner eine den normalen Unterhalt übersteigende Geld- oder Sachleistung an den anderen Ehepartner erbringt, um diesen zum Verbleib oder zur Rückkehr in die eheliche Gemeinschaft zu bewegen.197 Zwar besteht nach § 1353 BGB ein Anspruch auf Herstellung 190

Dagegen spricht bereits, dass die Geltendmachung seines Vollstreckungstitels in der Disposition des Gläubigers steht und die Verknüpfung von Schuld und Zwang gerade der gesetzlichen Intention entspricht. 191 OLG Stuttgart, NJW 1977, 1779; OLG Köln, NJW-RR 1994, 1026 ff. 192 Kaser, Das Römische Privatrecht I, § 80 II (S. 335). Anderer Ansicht Söllner, AcP 163 (1963), S. 33. 193 Kaser, Das Römische Privatrecht I, § 17 I (S. 72), § 74 (S. 312). 194 Dieser Fall wird bereits in den Digesten erwähnt, vgl. D. 12, 4, 6. 195 Söllner, AcP 163 (1963), S. 33; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 214. 196 Dann Rückforderung der Zuwendung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. 197 Vgl. OLG Brandenburg NJW-FER 1997, 35.

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der ehelichen Lebensgemeinschaft, nur ist dieser Anspruch wegen § 888 Abs. 3 ZPO nicht vollstreckbar und somit das gewünschte Verhalten des Partners nicht erzwingbar.198 Da der Anspruch zugleich auf einer rechtswirksamen Einigung – nämlich der gemäß § 1310 BGB vertraglich eingegangenen Ehe199 – beruht, scheidet die Anwendung der condictio ob rem aus. Selbst wenn man eine weitere Einigung dahingehend unterstellen wollte, dass die Eheleute den Verbleib oder die Rückkehr als Gegenleistung für die Leistung vereinbart haben, dürfte diese Einigung angesichts des § 1353 BGB zwar nicht durchsetzbar,200 aber zumindest wirksam sein.201 Wegen der rechtswirksamen Einigung ist der Anwendungsbereich der condictio ob rem nicht eröffnet. Die unentgeltliche Leistung des einen Partners stellt vielmehr nur eine Schenkung dar, wobei erkennbare Geschäftsgrundlage des Schenkungsvertrages der Verbleib oder die Rückkehr des Partners in die Lebensgemeinschaft ist. Eine Rückforderung findet allein nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage statt.202 Ein neues Anwendungsgebiet schien der condictio ob rem bei der vermögensrechtlichen Abwicklung von nichtehelichen Lebensgemeinschaften zu erwachsen,203 wurde sie doch als Alternative zu einer vertraglich orientierten Vermögensauseinandersetzung empfunden.204 Bezweckter Erfolg der Leistung könnte die Förderung des gemeinsamen Zusammenlebens sein. Indes wird dieser Zweck durch das tatsächliche Zusammenleben bis zur Trennung erreicht,205 weshalb eine Rückforderung nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ausscheidet. Allenfalls der Fortbestand der Lebensgemeinschaft ließe sich als tauglicher Zweck der Zuwendung ansehen. Dazu bedürfte es aber nicht nur der Verknüpfung von Leistung und weiterem Zusammenleben als Gegenleistung in einem Vertrag. Selbst wenn man eine solche Absprache ausnahmsweise bejahen sollte, müsste sie zusätzlich rechtsungültig sein, um den Anwendungsbereich der condictio ob rem zu eröffnen. Gründe für die Nichtigkeit sind aber nicht ersichtlich. Auch bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften lässt sich eine den üblichen Unterhalt übersteigende Zuwendung deshalb als Schenkung qualifizieren, deren Grundlage der Fort198

Söllner, AcP 163 (1963), S. 37. MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 Rdnr. 2; AnwK-BGB/Wiedenlübbert, § 1310 Rdnr. 3. 200 Anderenfalls verstieße man gegen die Wertung des § 888 Abs. 3 ZPO. 201 Grenzen ergeben sich nur aus § 1353 Abs. 2 BGB. 202 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III (S. 57); MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 214; Söllner, AcP 163 (1963), S. 33. 203 Weber, JZ 1989, S. 25 spricht von einer „Renaissance“. 204 Explizit Schlüter/Belling, FamRZ 1986, S. 412 Fn. 4. 205 MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 217; BGH JuS 1991, S. 75. 199

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bestand der Gemeinschaft ist.206 Eine Rückforderung erfolgt nur unter den Voraussetzungen der §§ 313 Abs. 3, 346 ff. BGB. Wurden die Leistungen zur Sicherung des gemeinsamen Unterhalts erbracht, erfolgt nach neuerer Rechtsprechung die Rückabwicklung dagegen über eine entsprechende Anwendung der §§ 730 ff. BGB.207 dd) Veranlassung zu späterer Erbeinsetzung Als freiwilliges Verhalten im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB wird die Einsetzung als Erbe durch den Leistungsempfänger angesehen. Dies betrifft vor allem Fälle, in denen Arbeits- oder Pflegeleistungen über das nach § 1619 BGB normale Maß hinaus erbracht werden, um die Erbschaft als Gegenleistung zu erlangen.208 Dabei kann die Leistung entweder ganz ohne gegenwärtige Gegenleistung erfolgen oder sie wird nur ungenügend vergütet.209 Sofern die Parteien die Verknüpfung von Leistungen und Erbeinsetzung als Gegenleistung vertraglich vereinbart haben, ist der atypische Dienstvertrag210 wegen des Inhalts der Gegenleistung gemäß §§ 2302, 139 BGB ohne Heilungsmöglichkeit nichtig.211 Die Anwendung der Störung der Geschäftsgrundlage kommt daher nicht in Betracht. Bleibt die Erbeinsetzung aus, kann der Leistende den Wert seiner Dienstleistungen gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2, 818 Abs. 2 BGB zurückfordern.212 Dass ein solcher Vertrag nicht wirksam vereinbart werden kann, steht dem Vorliegen einer Einigung nicht entgegen.213 Eine die Grenzen der Vertragsfrei206

MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 217. BGH NJW 1992, 906 (907); BGH NJW-RR 1996, 1473. 208 Anders BGH WM 1977, 535 ff.: Hier hatten 2 Töchter ihrem Vater ihre Anteile an einer GmbH gegen die Zusage übertragen, es werden alle drei Kinder nach dem Tod des letztversterbenden Ehegatten je 1/3 des Vermögens erben. Entgegen der Abrede setzte der Vater nur den Sohn zum Erben ein und starb. 209 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 II (S. 66); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 735; BGHZ 44, 321 (323). 210 Welker, Zweckverfehlung, S. 109. 211 MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 206. Der gelegentlich geäußerten Auffassung (Welker, Zweckverfehlung, S. 110; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 106; Giesen, Jura 1995, S. 179), die Nichtigkeit betreffe lediglich die Erbeinsetzung als Gegenleistung, nicht aber den Teil der Abrede, welcher das geringe Entgelt betrifft (darauf sei deshalb die condictio indebiti anwendbar), kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil die leistende Partei einem Dienstvertrag gegen geringes Entgelt ohne die Erbeinsetzung als Gegenleistung nie abgeschlossen hätte. 212 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 II (S. 66); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III (S. 57); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 735; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 58; Söllner, AcP 163 (1963), S. 37. 213 So aber AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 458. 207

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heit überschreitende Absprache ist gerade Voraussetzung der condictio ob rem.214 Die vertragliche Vereinbarung der Erbeinsetzung ist demnach ein klassischer Anwendungsfall der condictio ob rem.215 Der Leistende will mit seiner Arbeits- oder Pflegeleistung das gegen ihn gerichtete, rechtlich nicht anerkannte Schuldverhältnis im engeren Sinn aus der nichtigen Absprache erfüllen.216 Diesem Schuldverhältnis ordnet er seine Leistung zu.217 Wurde die Erbeinsetzung nicht als Gegenleistung vereinbart, liegt bei Unterbezahlung eine gemischte, bei Unentgeltlichkeit eine reine Schenkung des Leistenden vor. Beide Verträge sind auch jeweils rechtsgültig.218 Die Leistungen erfolgen solvendi causa.219 Geschäftsgrundlage beider Rechtsgeschäfte ist aber die spätere Erbeinsetzung. Eine Rückforderung der Leistung nach Ausbleiben der Erbeinsetzung kommt mithin allein nach §§ 313 Abs. 3, 346 ff. BGB in Frage. Entgegen der Annahme von Lieb220 setzt die Störung der Geschäftsgrundlage keinen zweiseitig verpflichtenden Vertrag voraus.221 Für eine analoge Anwendung des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB auf die Schenkung fehlt es somit schon an einer Regelungslücke.222 Die Rechtsprechung versuchte dagegen die Fälle der unentgeltlichen Mitarbeit im Betrieb der Eltern mit einer analogen Anwendung des § 612 Abs. 1 BGB zu erfassen.223 Gegen die Lösung sprechen aber gewichtige Einwände: Haben sich die Parteien auf die Leistungserbringung gegen Erbeinsetzung geeinigt, fehlt es bezüglich der Vergütung bereits an einer Lücke.224 Damit bleiben für eine analoge Anwendung des § 612 BGB nur die Fälle, in denen die Parteien Leistung und Erbeinsetzung nicht synallagmatisch verknüpft haben, sondern die Erbeinsetzung lediglich zur Grundlage ihres Vertrages gemacht haben. Nimmt man hier einen Vergütungsanspruch entsprechend § 612 Abs. 1 BGB an, sieht man sich vor das Problem ge214

Vgl. oben unter Dritter Teil § 19 II. 1. Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 47; Liebs, JZ 1978, S. 703. 216 Deshalb nehmen Welker, Zweckerreichung, S. 113 f. und Singer, JR 1983, S. 358 f. auch eine Leistung solvendi causa an. 217 Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 2. c). 218 Vgl. MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 205. Die Annahme von Wucher (§ 138 Abs. 2 BGB) scheitert an den subjektiven Voraussetzungen. 219 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 154). 220 MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 206. 221 Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 771; Palandt/Heinrichs, § 313 Rdnr. 10; Bamberger/Roth/Grüneberg, § 313 Rdnr. 8. 222 Ablehnend auch Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 167). 223 BGH NJW 1965, 1224; BAG AP § 612 Nr. 13, 15, 20. 224 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 II (S. 160); AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 58; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 208; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 55. 215

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stellt, dass die Ansprüche des Leistenden auf Vergütung gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB bereits nach drei Jahren verjähren.225 Diese Frist wird berechtigterweise als zu kurz empfunden.226 Die Rechtsprechung sieht sich daher genötigt, das Vorliegen einer Stundungsabrede anzunehmen:227 Die Gegenleistung soll erst fällig sein, wenn der Leistende Gewissheit über die Nichteinsetzung hat, also regelmäßig mit Testamentseröffnung.228 Angesichts der Schwierigkeiten dieser Judikatur erweist sich ein Vorgehen mit der condictio ob rem bzw. dem Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage als vorzugswürdig. ee) Veranlassung zu bestimmter Verwendung der erhaltenen Leistung Zu den Veranlassungsfällen zählt man überdies Leistungen, die der Empfänger nach dem Willen des Leistenden in einer bestimmten Weise verwenden soll, etwa sein Studium oder eine Expedition zu finanzieren.229 Die Besonderheit besteht hier darin, dass die vorgesehene Verwendung nicht den Charakter einer Gegenleistung hat.230 Da die der Leistungserbringung zugrunde liegende Schenkung (auch Zweckschenkung genannt)231 überdies rechtswirksam ist, scheidet eine Rückforderung der Leistung bei abweichender Verwendung mit der condictio ob rem aus. Die Leistung hat zur Erfüllung der aus dem Schenkungsvertrag erwachsenden Verbindlichkeit des Leistenden geführt. Sie erfolgte mithin solvendi causa. Sofern sich die Parteien über die vorgesehene Verwendung geeinigt haben, wird es sich um eine Schenkung unter Auflage gemäß § 525 BGB handeln.232 Der Leistende kann dann die vereinbarte Verwendung klageweise durchsetzen233 oder nach § 527 BGB Herausgabe des Geschenks verlangen.234 Der Grund dafür, 225 AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 58; Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 652. An anderer Stelle bezeichnet Medicus die jetzige Verjährungsfrist als „viel auskömmlicher“, vgl. Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 692. 226 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 II (S. 66 Fn. 23); MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 211. 227 BAG NJW 1963, 2188 (2189); BAG NJW 1970, 1701; BGH NJW 1978, 444. 228 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 107. 229 Vgl. Wieling, Bereicherungsrecht, S. 30; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 109. 230 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 155); Welker, Zweckverfehlung, S. 92; Weber, JZ 1989, S. 26; Liebs, JZ 1978, S. 699. 231 Welker, Zweckverfehlung, S. 93; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 213; AnwK-BGB/ von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 59; König, Gutachten, S. 1528. 232 AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 59; Weber, JZ 1989, S. 28. 233 Vgl. nur Bamberger/Roth/Gehrlein, § 525 Rdnr. 1; Palandt/Weidenkaff, § 525 Rdnr. 12. 234 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 154); MüKo/ Lieb, § 812 Rdnr. 213; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 59.

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dass einige Autoren die Zweckschenkungen als Fälle der condictio ob rem ansehen,235 liegt im römischen Recht: Einige der Fallkonstellationen, die heute von der Schenkung unter Auflage erfasst werden, unterfielen damals der condictio ob rem. Daraus ist später die Schenkung unter Auflage hervorgegangen.236 Unter Geltung des § 525 BGB kann der Annahme einer condictio ob rem hingegen nicht mehr gefolgt werden, fehlt es doch sowohl an einer synallagmatischen Verknüpfung von Leistung und Verwendung als auch an einen Verstoß gegen die Grenzen der Vertragsfreiheit. Zumeist dürfte eine bestimmte Verwendung ohnehin nicht Inhalt des Schenkungsvertrages geworden sein. Dann kann die erhoffte Verwendung nicht verlangt werden.237 Eine Schenkung unter Auflage scheidet auch aus.238 Die Verwendung des erlangten Gegenstandes ist damit allenfalls Geschäftsgrundlage der Schenkung und Rückgewähr der Leistung bei anderweitiger Verwendung allein gemäß §§ 313 Abs. 3, 346 ff. BGB möglich.239 Die Anwendung der condictio ob rem würde stattdessen zu einem schweren Wertungswiderspruch führen:240 Hat der Schenker einen Anspruch auf die bestimmte Verwendung, also bei einer Schenkung unter Auflage, steht ihm nur unter den in § 527 BGB genannten Voraussetzungen ein Anspruch auf Rückgewähr seiner Leistung zu. Wollte man bei fehlender Einigung über die Verwendung die condictio ob rem anwenden, hätte der Schenker damit einen weitergehenden Rückgewähranspruch als bei der Schenkung unter Auflage, obwohl er noch nicht einmal die bestimmte Verwendung fordern könnte. Die Folgen für den Empfänger einer „einfachen“ Schenkung wären schwerwiegender als bei einer Schenkung unter Auflage.241 ff) Veranlassung zu späterer Eigentumsübertragung Ebenfalls kein Fall der condictio ob rem liegt schließlich vor, wenn jemand Zuwendungen in Erwartung eines späteren Eigentumserwerbs an den Eigentümer erbringt. Der folgende Beispielsfall soll dies verdeutlichen:242 235

Etwa Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 109. Liebs, JZ 1978, S. 699. 237 Welker, Zweckverfehlung, S. 92. 238 Liebs, JZ 1978, S. 699. 239 Vgl. nur Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I 3 (S. 153); Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 651; Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 16 Rdnr. 30; Welker, Zweckverfehlung, S. 108; von Caemmerer, FS Rabel, S. 347. Dafür spricht sich dann auch Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 109 aus. 240 Welker, Zweckverfehlung, S. 93. 241 Welker, Zweckverfehlung, S. 93. 242 Vgl. nur BGHZ 35, 356; BGHZ 44, 321. 236

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Der Besitzer eines Grundstücks errichtet auf dem fremden Grund ein Bauwerk in der sich später zerschlagenen Erwartung, das Grundstück in Zukunft vom Eigentümer zu erlangen.

In früheren Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof dem Leistenden einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zugebilligt.243 Dabei ist im Ansatz zu beachten, dass es sich bei dem Bauwerk um eine Verwendung auf eine fremde Sache handelt.244 Eine Unterscheidung zwischen Leistung – eine solche setzt die condictio ob rem voraus245 – und Nichtleistung fällt deshalb ähnlich schwer wie im berühmten Flugreisefall.246 Zum Teil wird schon das Vorliegen einer Leistung bestritten, fehle es doch an der bewussten Mehrung fremden Vermögens.247 Dem kann entgegen gehalten werden, dass der Leistende sehr wohl weiß, im Augenblick der Verwendung fremdes Eigentum zu mehren.248 Leistungszweck ist die unentgeltliche Mehrung des fremden Vermögens, weshalb in den Einbaufällen eine Leistung vorliegt.249 Selbst wenn man aber eine Leistung annimmt, scheidet die Anwendung der condictio ob rem deshalb aus, weil sich die Beteiligten nicht darüber geeinigt haben, dass die Errichtung des Bauwerks die Gegenleistung für die spätere Eigentumsübertragung sei.250 Der Eigentumserwerb ist nicht der Zweck, sondern bloßes Motiv der Leistung.251 Unterstellte man hingegen eine derartige Vereinbarung, verstößt diese, vorbehaltlich des § 2302 BGB,252 nicht gegen die Grenzen der Vertragsfreiheit, weshalb die condictio ob rem ebenfalls nicht anwendbar ist. Der BGH hat unlängst in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass die Voraussetzungen einer Nichtleistungskondiktion – wobei es sich um eine Verwendungskondiktion handeln muss253 – neben den Voraussetzungen der condictio ob 243 BGHZ 35, 356 (358); BGHZ 44, 321 (322 ff.); BGH WM 1965, 795 (796); BGH WM 1972, 888 (890). 244 Anders die Rechtsprechung, vgl. erstmals in BGHZ 44, 157 (169), bestätigt in BGH NJW 1996, 52. 245 Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 246 Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 3. 247 Vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 154); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 31; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 112; Söllner, AcP 163 (1963), S. 30. 248 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III (S. 56); MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 199. 249 MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 199. 250 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 154). 251 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 154); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 31. 252 Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 4. c) dd). 253 So auch Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 154); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 31; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 112; Söllner, AcP 163 (1963), S. 30.

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rem vorliegen.254 Dieser Weg dürfte dem BGH bei Bauten auf einem fremden Grundstück nach seiner eigenen Judikatur jedoch versperrt sein.255 Die Entscheidung wirft zudem, wie schon in den Fällen der Erbeinsetzung, das Problem der schnellen Verjährung dieses Anspruchs auf, weil der Anspruch auf Verwendungsersatz sofort fällig ist.256 d) Zweckstaffelungsfälle Schließlich wurde, zunächst durch das Reichsgericht und später vom Bundesgerichtshof,257 die condictio ob rem angewandt, wenn bei gegenseitigen Verträgen ein über die Erfüllung hinausgehender weiterer Erfolg bezweckt und nicht erreicht wurde. Auch in der Literatur fand diese Rechtsprechung Zustimmung.258 Danach können dem Erfüllungszweck bei der condictio ob rem weitere Zwecke angestaffelt oder angefügt werden. Die erbrachte Leistung sei dann nicht schon mit Erfüllung der Vertragspflichten cum causa erfolgt, sondern erst, wenn der weitergehende Zweck erreicht wurde.259 Die Möglichkeit der Zweckstaffelung wird mit der Vertragsfreiheit begründet.260 Die Anstaffelung erfolge durch Verabredung einer zusätzlichen, neben dem Verpflichtungsgeschäft stehenden Rechtsgrundabrede. Typischer Fall einer Zweckstaffelung sei ein Grundstückskauf mit Nebenabreden über die Verwendung des Kaufgegenstandes.261 Der überwiegende Teil der Literatur lehnt eine derartige Ausweitung des Anwendungsbereiches der condictio ob rem hingegen zu Recht ab.262 Die 254 BGHZ 108, 256 (263). In diesem Fall wurde kein Bauwerk errichtet, sondern sonstige Aufwendungen auf das fremde Grundstück getätigt. 255 Der BGH betrachtet die Errichtung von Bauwerken nicht mehr als Verwendung, vgl. nur Baur/Stürner, Sachenrecht, § 11 Rdnr. 55; BGHZ 41, 157 (160). 256 MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 199. 257 RGZ 66, 132 (134); RGZ 132, 238 (241 ff.); BGH MDR 1952, 33 (34); BGHZ 44, 321 (323); BGH NJW 1975, 776; BGH NJW 1984, 233. 258 Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1103; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 51; Arens, JuS 1971, S. 358; Huber, JuS 1972, S. 59; Ehmann, Gesamtschuld, S. 186 ff.; ders., JZ 1968, S. 549 ff.; ders., JZ 2003, S. 707; Krückmann, AcP 128 (1928), S. 160 ff.; Locher, AcP 121 (1921), S. 48 f.; Liebs, JZ 1978, S. 700; Rothoeft, AcP 163 (1963), S. 225; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 261; ders., Symposium König, S. 53; Westermann, causa, S. 215 ff. 259 Kress, Besonderes Schuldrecht, S. 330; Liebs, JZ 1978, S. 698. 260 Liebs, JZ 1978, S. 700; Ehmann, JZ 2003, S. 707; Westermann, causa, S. 57. 261 Vgl. Weber, JZ 1989, S. 25. 262 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 153); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 161 ff.); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2 § 49 II (S. 66); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III 1 (S. 56); Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 16 Rdnr. 30; Medicus, Schuldrecht II,

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Theorie der Zweckstaffelung beruht auf den Gedanken der Zwecklehre,263 welche unter Vermischung der Ebenen von Eingehung und Abwicklung von einer konsensualen Zweckbestimmung ausgeht.264 Dass die Anstaffelung allein den Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts betrifft, zeigt schon die Berufung auf die Vertragsfreiheit: Da alle Versprechensgeschäfte grundsätzlich den typischen Zwecken Austausch oder Liberalität dienen, könne der weitere Zweck nur angestaffelt werden.265 Die Vereinbarung weiterer Zwecke ist damit Inhalt des Versprechensvertrags.266 Erfasst aber das Kausalgeschäft den weiteren Zweck, haben sich die Parteien voll auf die rechtsgeschäftliche Ebene begeben.267 Die Leistung selbst erfolgt solvendi causa. Behaltensgrund ist allein der Eintritt der Erfüllung. Scheitert diese, kann die Leistung mit der condictio indebiti zurückgefordert werden. Der Durchsetzung des atypischen Vertragszwecks dient allein das allgemeine Leistungsstörungsrecht.268 Wird der zusätzliche Zweck hingegen nicht in das Verpflichtungsgeschäft aufgenommen, kann seine Verfolgung nurmehr durch das Institut der Störung der Geschäftsgrundlage erfasst werden.269 Dieser Auffassung hat sich inzwischen auch die höchstrichterliche Rechtsprechung angeschlossen.270 Abgesehen davon, dass die Vertragsfreiheit nur die Ebene des Vertragschlusses, nicht aber die Ebene der Abwicklung eines Schuldverhältnisses – also der Leistung – betrifft, kann sie auch aus einem anderen Grund die Zweckstaffelung nicht rechtfertigen: Schon im klassischen römischen Recht war die condictio ob rem nur anwendbar, wenn die Vertragsfreiheit für die fragliche Abrede gerade nicht galt.271 Der Verweis auf die Vertragsfreiheit spricht deshalb nicht für, sondern gegen die Erfassung der Zweckstaffelung mit der condictio ob rem. Sofern der Vertragsinhalt von der Vertragsfreiheit Rdnr. 645; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 736; Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 37 Rdnr. 34; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 64; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 31; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 203; König, Gutachten, S. 1535; von Caemmerer, FS Rabel, S. 345 f.; Zeiss, AcP 164 (1964), S. 64. 263 Vgl. oben Dritter Teil § 18 I. 2. b). 264 Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 3. 265 Liebs, JZ 1978, S. 700; Ehmann, JZ 2003, S. 707; Schnauder, AcP 187 (1987), S. 148. 266 RGRK/Heimann-Trosien, § 812 Rdnr. 89; Westermann, causa, S. 57. 267 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 III (S. 58); MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 203. 268 MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 203. 269 Ebenso Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 161); Weber, JZ 1989, S. 25. Anderer Ansicht Schnauder, Grundfragen, S. 34. 270 BGH WM 1971, 276; BGH JZ 1975, 330 (331); BGH NJW 1975, 776; BGH NJW 1977, S. 950; BGH WM 1977, 535. 271 Weber, JZ 1989, S. 29. Vgl. oben Dritter Teil § 19 I.

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

gedeckt ist, kann sich wirksam geeinigt werden und es entsteht ein Schuldverhältnis mit erfüllbaren Ansprüchen. Der Anwendungsbereich der condictio ob rem beschränkt sich dagegen auf Verträge jenseits der Vertragsfreiheit.272 Die Zweckstaffelungsfälle werden nicht durch die condictio ob rem erfasst.273

III. Ergebnis zur condictio ob rem Die condictio ob rem ist – entgegen vorschneller Behauptung – keineswegs überflüssig oder überholt. Unter Beachtung ihrer historischen Grundlagen reduziert sich ihr Anwendungsbereich auf Leistungen, welche zur „Erfüllung“ nichtiger Absprachen erbracht werden. Die Nichtigkeit muss dabei auf dem Inhalt der Absprache dergestalt beruhen, dass dieser die gesetzlichen Grenzen der Vertragsfreiheit überschreitet.274 Eine Nichtigkeit aufgrund der Art und Weise des Zustandekommens der Einigung reicht hingegen nicht aus.275 Als Leistungskondiktion ist die condictio ob rem trotz nichtigem Verpflichtungsgeschäft dennoch mit dem Vertrags- und Erfüllungsrecht verbunden: Aufgrund der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts können zwar die einander versprochenen Leistungen nicht erzwungen werden. Die Willenseinigung ist aber für den Rechtsgrund der Leistungen bedeutsam: Rechtsgeschäft im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ist nämlich nicht eine vertragliche Zweckbestimmung, sondern die nichtige Absprache.276 Allerdings erwachsen aus der nichtigen Absprache keine erfüllbaren Forderungen, weshalb ein objektives Rechtsgrundverständnis versagt.277 Stellt man aber auf den Zweck der zugrunde liegenden Absprache ab, rechtfertigt der Erhalt der nicht geschuldeten Gegenleistung das Behalten der Leistung beim Empfänger. Auch die Leistung causa ob rem erfolgt letztlich, um das zugrunde liegende, rechtlich nicht anerkannte Schuldverhältnis im engeren Sinn aus der nichtigen Absprache zu „erfüllen“.278 Leistung im Sinne des § 812 Abs. 1 272

Vgl. schon oben Dritter Teil § 19 II. 1. Esser hat die auf der Zwecklehre beruhende Annahme von Zweckstaffelung als die entscheidende Fehlvorstellung bezeichnet, welche bisher jede systematische Auslegung des § 812 I S. 2 Alt. 2 BGB verhindert und die Lehre dazu geführt hat, diese technische Rückabwicklungsregel voreilig als Fall der Lehre von der Geschäftsgrundlage auszugeben, vgl. Esser, Schuldrecht, 2. Auflage, § 192 2 (S. 793). 274 Ebenso Weber, JZ 1989, S. 30. 275 Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 4. c) aa). 276 Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 2. b). 277 Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 2. b). 278 Wobei Erfüllung im untechnischen Sinn verstanden werden muss, vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 2. c). 273

§ 19 Zum Zweck bei der condictio ob rem

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S. 2 Alt. 2 BGB ist die bewusste und auf das rechtlich nicht anerkannte Schuldverhältnis im engeren Sinn zugeordnete Mehrung fremden Vermögens.279 Diese Definition der Leistung bewährt sich auch bei der condictio ob rem. Der Leistungsbegriff der condictio ob rem unterscheidet sich nicht vom Leistungsbegriff der condictio indebiti und der Erfüllung. Begrenzt man die Anwendung der condictio ob rem auf die Rückabwicklung wegen ihres Inhalts nichtiger Verträge, beantwortet sich zugleich die Frage nach ihrem Verhältnis zur Störung der Geschäftsgrundlage: Die Störung der Geschäftsgrundlage setzt einen wirksamen Vertrag voraus, die condictio ob rem eine unwirksame Absprache.280 Eine Überschneidung beider Institute ist von vornherein ausgeschlossen.

279 Ganz in diesem Sinne folgert Weber, JZ 1989, S. 30, dass auch bei Leistungen condictio ob rem auf einen Rechtsgrund geleistet wird. 280 Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 3.

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§ 20 Zum Zweck bei der condictio ob turpem vel iniustam causam Die letzte der Leistungskondiktionen ist die in § 817 S. 1 BGB geregelte condictio ob turpem vel iniustam causam.1 Wie die condictio indebiti und die condictio ob rem stellt auch sie eine eigene bereicherungsrechtliche Anspruchsgrundlage dar.2 Mit der condictio ob rem hat sie auf den ersten Blick gemeinsam, dass der Wortlaut des § 817 S. 1 BGB explizit auf den Zweck der Leistung abstellt. Dieser soll derart bestimmt sein, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen hat. Fraglich im vorliegenden Zusammenhang der Leistungszwecke ist also, ob bei einer Leistung ob turpem vel iniustam causam ein eigener Leistungszweck verfolgt wird oder abermals zum Zwecke der Erfüllung geleistet wird.

I. Die Geschichte der condictio ob turpem vel iniustam causam Die heutige condictio ob turpem vel iniustam causam beruht auf der condictio ob turpem causam des Gemeinen Rechts.3 Im Römischen Recht gab es diesen Kondiktionstyp noch nicht. Gesetz- und sittenwidrige Leistungen unterfielen allein der condictio ob rem.4 Es war Justinian, welcher die condictio ob iniustam vel turpem causam erstmals in einem eigenen Titel behandelte,5 ohne sie jedoch inhaltlich von der condictio ob rem zu lösen,6 schloss sie sich doch unmittelbar an die Behandlung der condictio ob rem an.7 Die condictio ob turpem causam war demnach lediglich ein Spezialfall der condictio ob rem für die Fälle, in denen jemand Geld geleistet hatte, um den Empfänger von der Begehung eines Delikts abzuhalten oder ihn zur Erbringung einer ohnehin geschuldeten Leistung zu 1 Vgl. Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 IV (S. 59 ff.); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 33 ff.; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 817 Rdnr. 1 ff. 2 AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 817 Rdnr. 1; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 817 Rdnr. 3; MüKo/Lieb, § 817 Rdnr. 4; Wambach, Rückabwicklung gesetz- oder sittenwidriger Verträge, S. 1. 3 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 V (S. 175); Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 65; König, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 126. 4 Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 65. 5 Dig. 12, 5. 6 Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 80. 7 Dig. 12, 4: de condictione causa data causa non secuta.

§ 20 Zum Zweck bei der condictio ob turpem vel iniustam causam

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bewegen.8 Mit der condictio ob turpem causam konnte man auch bei Eintritt des zukünftigen Erfolges – dem Unterlassen des Delikts oder der Erbringung der ohnehin geschuldeten Leistung – die eigene, causa ob rem erbrachte Leistung zurückfordern, obwohl sie eigentlich mit Rechtsgrund erfolgt war.9 Die bloße formelle Trennung in den Digesten war jedoch der Beginn einer fortschreitenden inhaltlichen Loslösung der condictio ob turpem vel iniustam causam von der condictio ob rem.10 Bereits im Gemeinen Recht wurde die condictio ob turpem als eigener Kondiktionstyp angesehen. Ihre historischen Wurzeln in der condictio ob rem wurden schließlich auch von den Verfassern des BGB nicht mehr hinreichend beachtet.11 Einer der Gründe war sicherlich, dass sich die condictio ob rem nach der gesetzgeberischen Entscheidung für eine bereicherungsrechtliche Generalklausel in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB wieder fand, während die condictio ob turpem vel iniustam causam in § 817 S. 1 BGB normiert wurde. Schon äußerlich war somit der bestehende Zusammenhang beider Kondiktionsarten verwischt. Schwerwiegender war aber der Umstand, dass man als Rückforderungsgrund nicht mehr die erpressungsähnliche Situation in der Person des Leistenden ansah, sondern die verwerfliche Annahme des Empfängers.12 Die Ursache liegt im unvollständigen Rückgriff der I. Kommission auf den Dresdner Entwurf, nachdem von Kübel den Vorentwurf zum Bereicherungsrecht wegen seiner Krankheit nicht mehr beenden konnte.13 Zwar bestimmte § 18 des TE (§ 993 DE), dass der Geber das aus einer unsittlichen Ursache Angenommene zurückfordern konnte. Zugleich stellte aber § 19 TE (§ 994 DE) klar, dass eine solch sittlich verwerfliche Ursache insbesondere dann anzunehmen ist, wenn die Annahme erfolgt, „damit er (sic! der Empfänger) eine den Gesetzen oder den guten Sitten widerstreitende Handlung unterlasse oder eine Handlung vornehme, zu welcher er ohnedies verpflichtet ist“. In § 19 TE (§ 994 DE) fanden sich also noch die klassischen Fälle des römischen Rechts und damit die 8 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 V(S. 175); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 738 Fn. 70; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 17; MüKo/Lieb, § 817 Rdnr. 4; Erman/Westermann, § 817 Rdnr. 1; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 817 Rdnr. 3; König, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 126; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 84; Seiler, FS Felgentraeger, S. 383 f. 9 Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 83. 10 Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 81. 11 König, Gutachten, S. 1520; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 100. 12 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 V (S. 176); Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 98 ff. 13 Der Dresdner Entwurf war bereits unter maßgeblicher Mitarbeit von Kübels entstanden.

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erpressungsähnliche Situation wieder. Aber schon im Verlauf der Beratungen der I. Kommission verschwand diese Klarstellung aus dem Gesetzentwurf,14 weshalb alsbald die Ansicht überwog, es rechtfertige „einzig und allein der auf Seiten des Empfängers in der Annahme liegenden Verstoß und die sich darin offenbarende Auflehnung gegen die guten Sitten und die öffentliche Ordnung“ die Rückabwicklung.15

II. Telos des § 817 S. 1 BGB Das Vergessen der dogmatischen Verbindung von condictio ob rem und condictio ob turpem vel iniustam causam führte zwangsläufig zum Streit über Zweck und Anwendungsbereich des heutigen § 817 S. 1 BGB.16 Als paradigmatisch werden die Fälle erachtet,17 bei denen ein Beamter Vergünstigungen für eine an sich pflichtgemäße Diensthandlung annimmt.18 Ein weiteres Beispiel soll die Zahlung von erpressten Schutzgeldern sein.19 Es fällt auf, dass diese Beispiele wieder mit den klassischen Fällen der condictio ob turpem – Erbringung einer Leistung, um jemanden von der Begehung eines Delikts abzuhalten oder zur Vornahme einer geschuldeten Leistung zu bewegen – übereinstimmen. Das der Anwendungsbereich des § 817 S. 1 BGB trotzdem umstritten ist, liegt vorrangig am Wortlaut und dessen Erwähnung des gesetzlichen Verbots und der guten Sitten. Dadurch wird ersichtlich auf die §§ 134, 138 BGB Bezug genommen, weshalb nicht nur die Begriffe, sondern auch die jeweiligen Maßstäbe für die Beurteilung eines Gesetzes- oder Sittenverstoßes identisch sind.20 Ist aber die der Leistung zugrunde liegende Absprache gemäß §§ 134, 138 BGB nichtig, erfasst richtigerweise schon die condictio ob 14 Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 98 ff.; Wambach, Rückabwicklung gesetz- oder sittenwidriger Verträge, S. 15. 15 Motive II, S. 849. 16 Vgl. Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 V (S. 176); Erman/ Westermann, § 817 Rdnr. 1; MüKo/Lieb, § 817 Rdnr. 1; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 1. 17 Vgl. auch § 212 des ALR: „Wer in einer öffentlichen Bedienung stehenden Person dafür, dass diese ihr Amt ausübe oder nicht ausübe, eine in den Gesetzen nicht gebilligte Belohnung freiwillig gegeben hat, …“. 18 Vgl. Protokolle I, S. 1558; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 66; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 IV (S. 61); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 738; RGRK/Heimann-Trosien, § 817 Rdnr. 5. 19 Vgl. Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 16 Rdnr. 32. 20 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 V (S. 175); Esser/ Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 III (S. 69); RGRK/Heimann-Trosien, § 817 Rdnr. 7; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 817 Rdnr. 8; MüKo/Lieb, § 817 Rdnr. 2; AnwKBGB/von Sachsen Gessaphe, § 817 Rdnr. 5.

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rem diese Leistung.21 Folglich halten einige Autoren § 817 S. 1 BGB für gänzlich überflüssig.22 Demgegenüber sieht vor allem Wendehorst die Vorschrift des § 817 S. 1 BGB als lex specialis zu § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB.23 Dazwischen befindet sich die herrschende Meinung, welche § 817 S. 1 BGB zwar nicht für überflüssig erachtet, der Norm aber nur einen minimalen Anwendungsbereich zugesteht.24 Ob § 817 S. 1 BGB ein originärer Anwendungsbereich zukommt, lässt sich nur aus Sinn und Zweck der Vorschrift beantworten. Dazu müssen einige Fallgestaltungen unterschieden werden. 1. Überwindung des Rechtsgrundes der condictio ob rem Haben die Parteien einen Vertrag geschlossen und ist der Vertrag gemäß §§ 134, 138 BGB nichtig, weil sein Inhalt die Grenzen der Vertragsfreiheit überschreitet, kann eine dennoch erbrachte Leistung grundsätzlich mit der condictio ob rem zurückgefordert werden.25 Nach Erhalt der nicht geschuldeten Gegenleistung liegt aber gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ein Rechtsgrund für die seinerseits erbrachte Leistung vor. Eine Rückforderung der jeweils eigenen Leistung ist den Parteien dann verwehrt.26 Allerdings ist es denkbar, dass das Nichtigkeitsverdikt gerade dem Zweck dient, einen nicht gewünschten Leistungsaustausch zu verhindern.27 Ist die Rückforderung der sitten- oder verbotswidrig erbrachten Leistung mit der condictio ob rem wegen Vorliegens eines rechtlichen Grundes ausgeschlossen, würde § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB den gegebenen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten perpetuieren. Den darin liegenden Wi21 Während die herrschende Lehre von der Anwendbarkeit der condictio indebiti ausgeht, vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 1. 22 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I (S. 157): „… Bedeutung dieser Regel ist gering, wenn nicht sogar gleich null.“; König, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 126. 23 Bamberger/Roth/Wendehorst, § 817 Rdnr. 3. In früherer Zeit bereits Heck, AcP 124 (1925), S. 23; Siber, Schuldrecht, S. 119. 24 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 III (S. 69); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 V (S. 178); Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1111; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 66; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 IV (S. 61); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 738; Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 16 Rdnr. 32; Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 645; ders., Bürgerliches Recht, Rdnr. 694; RGRK/Heimann-Trosien, § 817 Rdnr. 4; AnwKBGB/von Sachsen Gessaphe, § 817 Rdnr. 1; Giesen, Jura 1995, S. 170; BGHZ 8, 348 (370). 25 Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 2. 26 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 694; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 34; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 817 Rdnr. 7. 27 Dabei wird es sich zugleich um Anwendungsfälle der Fehleridentität handeln.

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derspruch zum Normzweck der §§ 134, 138 BGB löst § 817 S. 1 BGB auf, wonach die Leistung trotz Eintritts des bezweckten Erfolges im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB kondiziert werden kann.28 Die Vorschrift des § 817 S. 1 BGB ermöglicht eine Rückforderung trotz Zweckerreichung.29 Sinn und Zweck des § 817 S. 1 BGB ist es also, den „in der Annahme der Leistung sich bethätigende Verstoß und die sich darin offenbarende Auflehnung gegen die guten Sitten oder die Öffentliche Ordnung“,30 zu vereiteln.31 In dieser Hinsicht ist § 817 S. 1 BGB tatsächlich spezieller als § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. 2. Überwindung der Kondiktionssperre des § 815 BGB Die zweite Funktion des § 817 S. 1 BGB lässt sich anhand des obigen Beispielfalls verdeutlichen, in welchem die Parteien die Tötung der Ehefrau gegen Zahlung von 15.000,– e vereinbart haben.32 Dieses Kausalgeschäft ist gemäß § 134 BGB i. V. m. §§ 212, 211 StGB nichtig. Nach Abschluss des Geschäfts kommen dem Ehemann nun Bedenken und er warnt seine vormalige Gattin, die sich daraufhin der geplanten Tötung erfolgreich entziehen kann. Weil der bezweckte Erfolg im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB – die Tötung als versprochene Gegenleistung – nicht eingetreten ist, stände dem Ehemann ein Anspruch auf Rückzahlung der 15.000,– Euro mit Hilfe der condictio ob rem zu. Indes steht der Geltendmachung des Anspruchs der Ausschlusstatbestand des § 815 BGB entgegen, weil der Ehemann den Eintritt des bezweckten Erfolges in Form der Tötung seiner geschiedenen Frau wider Treu und Glauben verhindert hat. Die Treuwidrigkeit betrifft hierbei nämlich das Verhältnis der beiden Vertragspartner.33 Der Ausschluss der Kondiktion würde jedoch erneut den sittenwidrigen Zustand 28 Esser, Schuldrecht II, 3. Auflage, § 101 II (S. 342); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 IV (S. 61); Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 645; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 34; MüKo/Lieb, § 817 Rdnr. 4, 5; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 817 Rdnr. 7. 29 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 V (S. 181); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 III (S. 68); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 IV (S. 60); AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 817 Rdnr. 3; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 83. 30 So schon Protokolle I, S. 1558. 31 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 III (S. 68); Bamberger/Roth/Wendehorst, § 817 Rdnr. 2. 32 Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 2. c). 33 Vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 III (S. 161); AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 815 Rdnr. 5; Hk-BGB/Schulze, § 815 Rdnr. 3. § 815 BGB bei einem Verstoß des Grundgeschäfts gegen Treu und Glauben dagegen ablehnend RGZ 78, 48; Erman/Westermann, § 815 Rdnr. 3.

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zumindest beim Empfänger der Leistung „quasi-legitimieren“. Ungeachtet des § 815 BGB kann der Leistende deshalb seine bereits erbrachte Leistung gemäß § 817 S. 1 BGB zurückverlangen. Sinn und Zweck der condictio ob turpem vel iniustam causam ist nach allgemeiner Ansicht34 auch die Umgehung der Kondiktionssperre des § 815 BGB. In dieser Funktion verhindert § 817 S. 1 BGB ebenfalls eine Perpetuierung des sitten- oder gesetzeswidrigen Zustands. 3. Überwindung der Kondiktionssperre des § 814 BGB Entgegen der ganz überwiegenden Ansicht35 versperrt § 817 S. 1 BGB nicht die Anwendung des § 814 BGB. Ist die der Leistung zugrunde liegende Absprache gemäß §§ 134, 138 BGB nichtig, findet nämlich nicht wie allgemein angenommen die condictio indebiti,36 sondern allein die condictio ob rem Anwendung.37 Auf diese findet aber § 814 BGB überhaupt keine Anwendung. Diese Lösung entspricht in bemerkenswerter Weise dem römischen Recht, in welchem die Fälle der condictio ob turpem nur eine spezielle Ausprägung der condictio ob rem waren.38 Die Vorschrift des § 817 S. 1 BGB findet folglich nur auf Leistungen causa ob rem Anwendung.39 Daher überrascht es nicht, dass in den vermeintlichen Beispielsfällen der condictio ob turpem vel iniustam causam regelmäßig Leistungen causa ob rem vorliegen.40 4. Sitten- oder Gesetzeswidrigkeit lediglich der Leistung Schließlich sieht man einen Anwendungsbereich des § 817 S. 1 BGB für den Fall, dass nicht das Kausalgeschäft, sondern lediglich die Leistung als 34

Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 IV (S. 61); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 34; Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 III (S. 69); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 738; Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 16 Rdnr. 3; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 694; Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 10 Rdnr. 82; Palandt/Sprau, § 817 Rdnr. 1; Erman/Westermann, § 817 Rdnr. 6; RGRK/Heimann-Trosien, § 817 Rdnr. 5; Giesen, Jura 1995, S. 170. 35 Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 16 Rdnr. 32; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 IV 2 (S. 61); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 738; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 817 Rdnr. 10; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 817 Rdnr. 9. 36 Vgl. die Nachweise unter Dritter Teil § 19 II. 1. 37 Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 1. 38 Vgl. oben Dritter Teil § 20 I. 39 Bamberger/Roth/Wendehorst, § 817 Rdnr. 7; MüKo/Lieb, § 817 Rdnr. 5; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 80 ff. 40 Dies erkennt auch AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 817 Rdnr. 7.

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Erfüllungsgeschäft gegen die guten Sitten oder ein gesetzliches Verbot verstößt.41 So soll etwa bei Gesetzes- oder Sittenverstößen nur einer Partei das Kausalgeschäft nicht gemäß §§ 134, 138 BGB nichtig sein, sondern zum Schutz der anderen Partei als wirksam betrachtet werden.42 Vor allem bei der Beamtenbestechung und der Zahlung von Schutzgeld ist man der Auffassung, dass allein der Empfänger gegen das Gesetz verstoße.43 Die Anordnung der Nichtigkeitsfolge erfordere jedoch einen zweiseitigen Verstoß.44 Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob es einen einseitigen Verstoß überhaupt geben kann. So ist etwa die Geldzahlung an den Beamten, damit dieser eine ohnehin geschuldete Tätigkeit vornimmt, auch für den Leistenden gemäß § 333 StGB strafbar,45 weshalb in dieser Konstellation kein bloß einseitiger Verstoß vorliegt. Lediglich bei Zahlung eines erpressten Schutzgeldes ist dem Leistenden kein Vorwurf zu machen.46 Hier könnte man tatsächlich einen rein einseitigen Verstoß annehmen. Dagegen spricht aber, dass § 817 S. 1 BGB als Spezialfall der condictio ob rem richtigerweise nicht auf den Sitten- oder Gesetzesverstoß der Leistung, sondern des zugrunde liegenden Kausalgeschäfts abstellt, ist doch Zweck der Leistung allein die neutrale Erfüllung.47 So existiert im Fall der Beamtenbestechung eine kausale Absprache, die sitten- oder verbotswidrig ist, nämlich die Erbringung geschuldeter Tätigkeit gegen eine Geldzahlung.48 Auch der Zahlung von Schutzgeld liegt eine gemäß § 134 BGB nichtige Absprache – Geld gegen 41 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 IV (S. 61); Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 10 Rdnr. 78; Palandt/Sprau, § 817 Rdnr. 10; Heck, AcP 124 (1925), S. 16; RGZ 96, 343 (345). 42 Köhler, BGB-AT, § 13 Rdnr. 11; Faust, BGB AT, § 9 Rdnr. 3; Larenz, Schuldrecht II, 12. Auflage, § 69 III (S. 558); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 694; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 226 (S. 904); RGRK/HeimannTrosien, § 817 Rdnr. 5; BGHZ 89, 369 (373); BGH NJW 1985, 2403 (2404). 43 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 694; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 IV (S. 61); Reeb, Grundprobleme, S. 64; RGRK/HeimannTrosien, § 817 Rdnr. 5. 44 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 694; Faust, BGB AT, § 9 Rdnr. 3, § 10 Rdnr. 2; RGRK/Heimann-Trosien, § 817 Rdnr. 5; Heck, AcP 124 (1925), S. 16. 45 Wambach, Rückabwicklung gesetz- oder sittenwidriger Verträge, S. 31. Den Umweg über die Sittenwidrigkeit der Zahlung, wie ihn ein großer Teil der Literatur geht (etwa Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 645; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 IV (S. 61); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I 6 (S. 158); AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 817 Rdnr. 6; MüKo/Lieb, § 817 Rdnr. 8), bedarf es daher nicht. 46 Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 645. Andere Beispiele Faust, BGB AT, § 9 Rdnr. 3. 47 Dazu sogleich unter Dritter Teil § 20 III. 48 MüKo/Lieb, § 817 Rdnr. 6.

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Unterlassen der Begehung eines Delikts – zugrunde.49 Die synallagmatische Verknüpfung von Leistungen im Rahmen einer nichtigen Absprache ist gerade Voraussetzung der condictio ob rem und damit auch der condictio ob turpem vel iniustam causam als Spezialfall der condictio ob rem. Sind aber beide Parteien am Vertragsschluss beteiligt, kann man nicht von einem einseitigen Verstoß sprechen.50 Die Terminologie des bloß „einseitigen“ Verstoßes meint richtigerweise Fälle, in denen die Absprache deshalb gegen die guten Sitten oder ein gesetzliches Verbot verstößt, weil ein bestimmtes Verhalten allein einer Partei verhindert werden soll.51 Das betrifft jedoch die vom Vorliegen eines „einseitigen“ Verstoßes zu unterscheidende Frage, ob der Sitten- oder Gesetzesverstoß des Kausalgeschäfts automatisch zu dessen Nichtigkeit führt, oder aber ob es im Interesse des benachteiligten Vertragspartners als wirksam angesehen werden muss. Bereits der Wortlaut des § 134 BGB zeigt, dass ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nicht zwangsläufig zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führt. Auch bei einem Verstoß gegen die guten Sitten kann das Kausalgeschäft ausnahmsweise gültig, wenngleich anfechtbar sein, wie § 123 BGB zeigt.52 Die Aufrechterhaltung des Kausalgeschäfts betrifft vor allem Verbotsnormen, die sich gegen die äußeren Umstände des Vertragsschlusses, nicht aber gegen den Inhalt des Rechtsgeschäfts richten.53 Hier ist der Vertrag gültig.54 Sofern dagegen der Schutzzweck der Verbotsnorm den Inhalt des Rechtsgeschäfts missbilligt und den Leistungsaustausch verhindern will, ist nicht lediglich das Verfügungsgeschäft, sondern auch und vor allem das Kausalgeschäft55 nichtig.56 Es ist 49

Faust, BGB AT, § 9 Rdnr. 3; MüKo/Lieb, § 817 Rdnr. 6. Da sich die Parteien über die synallagmatische Verknüpfung geeinigt haben müssen, ist ihnen der Gesetzes- oder Sittenverstoß der anderen Partei überdies regelmäßig bekannt, vgl. Canaris, Gesetzliches Verbot und Rechtsgeschäft, S. 23; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 93. 51 Wie etwa der Abschluss eines Wucherdarlehensvertrags. 52 Faust, BGB AT, § 10 Rdnr. 2; Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 331; Rüthers/Stadler, Allgemeiner Teil des BGB, § 26 Rdnr. 43. 53 Da der Inhalt des Rechtsgeschäfts die Grenzen der Vertragsfreiheit nicht überschreitet, liegen schon keine Leistungen causa ob rem vor, weshalb § 817 S. 1 BGB keine Anwendung findet. 54 Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 323; Köhler, BGB-AT, § 13 Rdnr. 12; Leipold, BGB I, Rdnr. 711; Rüthers/Stadler, Allgemeiner Teil des BGB, § 26 Rdnr. 5. 55 In diesen Fällen führt mithin auch ein „bloß einseitiger Gesetzesverstoß“ zur Nichtigkeit gemäß § 134 BGB, vgl. Canaris, Gesetzliches Verbot und Rechtsgeschäft, S. 23. 56 Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 647; Köhler, BGB-AT, § 13 Rdnr. 14; Brox, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 327; Rüthers/Stadler, Allgemeiner Teil des BGB, § 26 Rdnr. 14; Zimmermann, JR 1985, S. 50; BGH NJW 1995, 2026 (2027). Anderer Ansicht Faust, BGB AT, § 9 Rdnr. 5. 50

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

daher nicht denkbar, dass allein die Leistung, nicht aber das Grundgeschäft gemäß §§ 134, 138 BGB gegen die guten Sitten oder das Gesetz verstößt.57

III. Leistungszweck bei § 817 S. 1 BGB Auch für eine Rückforderung nach § 817 S. 1 BGB ist das Vorliegen einer Leistung, also einer bewussten und zweckgerichteten Mehrung fremden Vermögens, erforderlich.58 Damit ist zugleich die Frage nach dem Leistungszweck bei der condictio ob turpem vel iniustam causam aufgeworfen. 1. Wortlaut Nach dem Wortlaut der Vorschrift muss der Zweck der Leistung in der Art bestimmt sein, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen hat. Daraus wird mitunter geschlossen, dass der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstoßen haben muss.59 Dies soll nicht nur im Fall der Fehleridentität,60 sondern auch bei einem Verstoß gegen absolute Verfügungsverbote der Fall sein. Richtigerweise sind absolute Verfügungsverbote kein Anwendungsfall des § 817 S. 1 BGB.61 Vielmehr muss der Zweck der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen.62 Das bedeutet, dass der Gesetzes- oder Sittenverstoß im unmittelbaren Leistungszweck liegen muss.63 Noch treffender formuliert Heck, dass die Zweckbestimmung gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen muss.64 Unmittelbarer Leistungszweck ist aber der 57 Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 34. Zweifelnd auch Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 V (S. 178). 58 Bamberger/Roth/Wendehorst, § 817 Rdnr. 4; Palandt/Sprau, § 817 Rdnr. 6; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 817 Rdnr. 3; RGRK/Heimann-Trosien, § 817 Rdnr. 1; Erman/Westermann, § 817 Rdnr. 3; BGH NJW-RR 1998, 1284 (1285). 59 Bamberger/Roth/Wendehorst, § 817 Rdnr. 7. 60 Wenn die Nichtigkeit nicht nur das zugrunde liegende Kausalgeschäft, sondern der Verstoß auch die Zuwendung selbst erfasst, vgl. Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 668. 61 Erman/Westermann, § 817 Rdnr. 7. 62 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 I 6 (S. 157); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 III (S. 68); Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 10 Rdnr. 78; Palandt/Sprau, § 817 Rdnr. 6; Erman/Westermann, § 817 Rdnr. 7; Giesen, Jura 1995, S. 180. 63 AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 817 Rdnr. 5; RGRK/Heimann-Trosien, § 817 Rdnr. 6; RGZ 144, 24. 64 Heck, AcP 124 (1925), S. 14.

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Vollzug des nichtigen Schuldverhältnisses. Diese Abwicklung ist jedoch rechtlich neutral.65 Die Leistung dient nur der „Erfüllung“ des rechtlich nicht anerkannten Schuldverhältnisses.66 Die Zweckbestimmung als reine Zuordnungsbestimmung kann somit nicht gegen die guten Sitten oder ein gesetzliches Verbot verstoßen, legt sie doch lediglich ein Schuldverhältnis im engeren Sinn fest.67 Wenn § 817 S. 1 BGB vom sitten- oder gesetzwidrigen Zweck der Leistung spricht, lässt sich der Verstoß gegen die guten Sitten oder ein gesetzliches Verbot nur dem Grundgeschäft selbst entnehmen. Es darf nicht auf den Zweck der Leistung, sondern es muss auf den Zweck des Grundgeschäfts abgestellt werden.68 Dass dieser Umstand im Wortlaut des § 817 S. 1 BGB nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, ist allein seiner unglücklichen Entstehungsgeschichte geschuldet: Wegen der Krankheit von Kübels griff die I. Kommission auf den Dresdner Entwurf zurück, welcher in § 993 DE lediglich bestimmte, es könne das „aus einer sittlich verwerflichen Ursache“ Empfangene zurückverlangt werden.69 Die Bezugnahme der Sitten- oder Gesetzwidrigkeit auf die zugrunde liegende Absprache kam noch einmal deutlich in § 747 S. 1 E1 zum Ausdruck: „Ist von dem Empfänger einer Leistung durch deren Annahme nach dem Inhalt des Rechtsgeschäftes gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen worden, so kann der Geber das Geleistete zurückfordern.“70 Der Wortlaut sollte klarstellen, dass es zur Beurteilung der Sittenwidrigkeit auf die causa der Leistung und nicht bloß auf ihre Beschaffenheit ankomme.71 Leider ging diese Richtigstellung im Laufe des Gesetzgebungsverfahren unbemerkt unter, weil man nach einseitigem Rückgriff auf § 993 DE lediglich auf den Empfang der Leistung abstellte.72 2. Systematik Wenn § 817 S. 1 BGB auf den Zweck einer Leistung abstellt, liegt darin zugleich ein Verweis auf den insoweit gleichlautenden Wortlaut der con65

Faust, BGB AT, § 10 Rdnr. 2; Zimmermann, JR 1985, S. 50. Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 2. c). 67 Wambach, Rückabwicklung gesetz- oder sittenwidriger Verträge, S. 29. 68 von Thur, Bürgerlichen Rechts II/2, § 72 (S. 97); Erman/Westermann, § 817 Rdnr. 7; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 136; Wambach, Rückabwicklung gesetz- oder sittenwidriger Verträge, S. 22. 69 § 993 des Dresdner Entwurfs. Vgl. auch Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 98; Staudinger/Lorenz, § 817 Rdnr. 1. 70 Vgl. Jakobs/Schubert, Beratungen zum BGB, Schuldrecht III, S. 761 (Hervorhebung nur hier). 71 Motive II, S. 849. 72 Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 98 ff. 66

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dictio ob rem. Das ist der letzte Hinweis auf die Herkunft der condictio ob turpem vel iniustam causam, welcher das Gesetzgebungsverfahren überdauert hat.73 Als Unterart der condictio ob rem beinhaltet die condictio ob turpem vel iniustam causam keinen eigenen Leistungszweck. Die Leistungen erfolgen auch bei § 817 S. 1 BGB causa ob rem. Das zu diesem Leistungszweck gefundene Ergebnis gilt uneingeschränkt für die conditio ob turpem vel iniustam causam: Die Leistung wird erbracht, um das aus der nichtigen Absprache folgende, rechtlich nicht anerkannte Schuldverhältnis im engeren Sinn zu „erfüllen“.74 3. Ergebnis Jeder Leistung ob turpem vel iniustam causam liegt ein Kausalgeschäft zugrunde, welches gemäß §§ 134, 138 BGB wegen Verstoßes gegen die guten Sitten oder ein Verbotsgesetz nichtig ist. Der Leistungszweck der condictio ob turpem vel iniustam causam entspricht dem Leistungszweck der condictio ob rem und besteht darin, das aus der nichtigen Abrede erwachsende, rechtlich nicht anerkannte Schuldverhältnis im engeren Sinn zu „erfüllen“. Auch die Leistungen ob turpem vel iniustam causam erfolgen allein zum Zwecke der Erfüllung. Leistung bedeutet auch bei § 817 S. 1 BGB die bewusste und auf ein konkretes, nicht notwendig forderungsbewehrtes Schuldverhältnis zugeordnete Mehrung fremden Vermögens.

IV. § 817 S. 2 BGB als Ausschlussgrund Noch wesentlich umstrittener als das Anwendungsfeld des § 817 S. 1 BGB ist die Reichweite des in § 817 S. 2 BGB geregelten Ausschlusstatbestandes.75 Seine Wurzeln gehen wiederum auf das römische Recht zurück. Dort konnten Leistungen mit der condictio ob turpem zurückgefordert werden, welche zu einem unsittlichen Zweck erbracht wurden,76 selbst dann, wenn der verfolgte Zweck eingetreten war.77 Jedoch schloss das römische Recht eine Rückforderung aus, wenn der Leistende deshalb nicht schutzwürdig war, weil er sich nicht in einer erpressungsähnlichen Situation befunden hatte. Wurde die Leistung etwa erbracht, um einen Richter zu bestechen,78 73

Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 137. Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 2. c). 75 Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 1. 76 Vgl. oben Dritter Teil § 20 I. 77 Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 86. 78 Vgl. D. 12, 5, 3 (Ubi autem et dantis et accipientis tupitudo versatur, non posse repeti dicimus: verluti si pecunia detur, ut male iudicetur.). 74

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um jemanden zur Unzucht oder zur Nichtanzeige des Ehebruchs zu veranlassen,79 konnte sie nicht mit der condictio ob rem in Form der condictio ob turpem zurückverlangt werden.80 Dagegen bestimmte § 18 TE (§ 993 DE) als Ausschlussgrund das unsittliche Verhalten auch des Gebers. Dem römischen Vorbild entsprechend war § 18 TE aber noch der § 20 TE (§ 995 DE) nachgestellt, welcher klarstellend besagte, dass ein solch anspruchsausschließendes unsittliches oder unehrenhaftes Verhalten des Gebers nur vorliegt, wenn der Geber den Empfänger zur Vornahme einer gesetzwidrigen Handlung oder zu einer Handlung bewegen will, zu der er rechtlich nicht verpflichtet ist.81 Damit sollten genau jene Fälle der Rückforderung entzogen werden, in denen keine erpressungsähnliche Situation auf Seiten des Leistenden besteht, wie die exakte Negierung des Wortlauts von § 994 DE deutlich zeigt.82 Im Laufe des Gesetzgebungsverfahren fand der klarstellende § 20 TE (§ 995 DE) allerdings keinen Eingang in das Bürgerliche Gesetzbuch, was die innere Rechtfertigung des Ausschlusses verdunkelte. Heute wird § 817 S. 2 BGB denn auch als „Rätselnorm“ bezeichnet.83 1. Telos des § 817 S. 2 Die Ignorierung der ursprünglichen Funktion rief nicht nur Ratlosigkeit über Sinn und Zweck des Ausschlusstatbestandes in § 817 S. 2 BGB hervor,84 sondern auch eine Kontroverse über dessen Funktion. a) Strafnorm Das Reichsgericht nahm an, § 817 S. 2 BGB habe den Charakter einer Strafnorm:85 Der unsittliche oder gesetzlose Geber solle durch Verlust seines Anspruchs bestraft werden.86

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Vgl. Seiler, FS Felgentraeger, S. 383. König, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 126; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 85 f. 81 von Kübel, Vorentwürfe Schuldrecht III, S. 658. 82 Zu § 994 DE schon oben Dritter Teil § 20 I. 83 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 V (S. 199). 84 Vgl. MüKo/Lieb, § 817 Rdnr. 9: „Sinn und Zweck dieses Kondiktionsausschlusses sind dunkel.“ 85 RGZ 105, 270 (271). 86 Zustimmend Heck, AcP 124 (1925), S. 17; Westermann, causa, S. 208. 80

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b) Rechtsschutzversagung Die heute vorherrschende Meinung sieht den Zweck des § 817 S. 2 BGB vielmehr in der Rechtsschutzversagung: Beide Partner haben sich durch ihre nichtige Absprache außerhalb des Rechts gestellt, weshalb sie keinen Schutz durch das Recht erwarten können.87 Die Vorschrift des § 817 S. 2 BGB stelle eine Ausprägung des gemeinrechtlichen Grundsatzes „nemo auditur propriam turpitudinem allegans“,88 des Verbots der Berufung auf eigenes Unrecht dar.89 c) Generalprävention Auf dieser Linie befindet sich auch das Argument, § 817 S. 2 BGB beruhe auf Erwägungen der Generalprävention:90 Nur der Anspruchsausschluss verhindere den Abschluss und die Durchführung sitten- oder gesetzwidriger Verträge wirklich effektiv, denn eine ebenfalls an den Verstoß anknüpfende Ordnungsbuße werde bei der Verknüpfung beider Leistungen durch die Parteien der nichtigen Absprache oft schon mit einkalkuliert.91 d) Stellungnahme Ein Strafcharakter ist dem Bürgerlichen Gesetzbuch fremd.92 Auch ist nicht einzusehen, warum die Strafe ausgerechnet in die Taschen des Empfängers der Vorleistung fließen soll, zumal beide Beteiligte durch ihre Absprache gegen die guten Sitten oder ein gesetzliches Verbot verstoßen 87 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 IV (S. 63); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 V (S. 206); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 739; Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 665; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 36; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 817 Rdnr. 2; Palandt/Sprau, § 817 Rdnr. 14; Dauner, JZ 1980, S. 499; Canaris, Lücken im Gesetz, S. 88; BGHZ 9, 333 (336); BGHZ 36, 359 (399); BGHZ 118, 182 (193). 88 Giesen, Jura 1995, S. 180. 89 Folgt man dieser Ansicht, ist für den Ausschluss eine subjektive Komponente beim Leistenden erforderlich, weil nur dem Rechtsschutz versagt werden kann, der sich bewusst außerhalb des Rechts stellt, vgl. Wieling, Bereicherungsrecht, S. 36; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 739; MüKo/Lieb, § 817 Rdnr. 42; Bamberger/ Roth/Wendehorst, § 817 Rdnr. 16. 90 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 III (S. 163); Bamberger/Roth/Wendehorst, § 817 Rdnr. 2. 91 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 III (S. 163). 92 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 II (S. 68); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 36; Wambach, Rückabwicklung gesetz- oder sittenwidriger Verträge, S. 56.

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haben.93 Warum allein der Vorleistende bestraft werden soll, kann diese Ansicht nicht begründen. Der Empfänger der Vorleistung könnte sich obendrein einerseits auf die Nichtigkeit des Vertrags und andererseits auf die Gültigkeit der erhaltenen Leistung berufen.94 Die Ermöglichung solch widersprüchlichen Verhaltens als Regelfall kann angesichts des in § 242 BGB aufgestellten Verbots des venire contra factum proprium nicht Zweck des § 817 S. 2 BGB sein. Auch durch die Theorie der Rechtsschutzversagung und den generalpräventiven Ansatz wird grundsätzlich der größere Rechtsfeind belohnt, kann er doch die vorgeleistete Sache behalten.95 Die auf § 817 S. 2 BGB fußende Ermöglichung widersprüchlichen Verhaltens des Empfängers wird danach nicht als Ausnahme, sondern als Regelfall angesehen. Was jedoch diese Abweichung von § 242 BGB rechtfertigt, wird nicht begründet. Zudem müsste nach der Theorie der Rechtsschutzversagung die Klage auf Herausgabe des Erlangten richtigerweise mangels Rechtsschutzbedürfnis bereits als unzulässig und nicht erst als unbegründet abgewiesen werden.96 e) Eigener Ansatz Da jedes Schuldverhältnis auf die Herbeiführung eines zukünftigen Zustandes gerichtet ist,97 fällt dem Nichtigkeitsverdikt der §§ 134, 138 BGB die Aufgabe zu, den von den Parteien verabredeten Änderungsplan nicht zur Entstehung gelangen zu lassen. Flankiert werden beide Normen durch § 817 S. 1 BGB, welcher eine gleichwohl erfolgte Verwirklichung des unerwünschten Plans rückgängig machen und die faktische Inkraftsetzung des Sitten- oder Gesetzesverstoßes wieder aufheben soll.98 Eine Perpetuierung des sitten- oder gesetzwidrigen Zustandes wird somit vermieden.99 Berücksichtigt man das Zusammenspiel von § 817 S. 1 BGB und §§ 134, 138 BGB, ergibt sich auch für § 817 S. 2 BGB eine systemgerechte Interpreta93 Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 664; Erman/Westermann, § 817 Rdnr. 4; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 2, 59 ff. 94 Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 2. 95 Wambach, Rückabwicklung gesetz- oder sittenwidriger Verträge, S. 53. 96 Wambach, Rückabwicklung gesetz- oder sittenwidriger Verträge, S. 53. 97 Vgl. oben Erster Teil § 1. 98 An § 817 S. 1 BGB zeigt sich paradigmatisch die Vindikationsersatzfunktion des Bereicherungsrechts: Will die Nichtigkeitsnorm den Leistungsaustausch verhindern, ist eine erfolgte Übereignung regelmäßig wegen Fehleridentität erfolglos. Wird kein Gegenstand übertragen, sondern eine Tätigkeit erbracht, scheidet die Annahme von Fehleridentität aus. § 817 S. 1 BGB ersetzt diese fehlende Vindikationsmöglichkeit. 99 Vgl. oben Dritter Teil § 20 II. 1. sowie Dritter Teil § 20 II. 2.

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tion: Die grundsätzlich mögliche und der Verhinderung der Perpetuierung des Verstoßes dienende Rückforderung nach § 817 S. 1 BGB kann in bestimmten Fällen ihrerseits dem Zweck der §§ 134, 138 BGB zuwiderlaufen.100 Ist etwa die Erbringung von Tätigkeiten durch den Gesetzgeber nicht gewünscht (Rechtsberatung durch juristische Laien oder Schwarzarbeit),101 müssten die erbrachten Tätigkeiten im Falle einer Kondiktion nach §§ 817 S. 1, 818 Abs. 2 BGB vergütet werden.102 Hier würde sich der Gesetzesverstoß gerade durch die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung perpetuieren.103 Dies zu verhindern ist Funktion des § 817 S. 2 BGB, der die Rückforderung der erbrachten Leistungen folgerichtig ausschließt. Dabei ist jedoch zu beachten, dass durch den Rückforderungsausschluss gleichfalls ein verbots- oder sittenwidriger Zustand zementiert werden kann.104 Wollte etwa die Verbotsnorm die Erhältlichkeit von Gütern im freien Warenverkehr sichern, bliebe die benötigte Ware bei Anwendung des § 817 S. 2 BGB beim Empfänger statt wieder in den Warenverkehr zu gelangen.105 Hier verhindert erst die Rückabwicklung die Perpetuierung des Sitten- oder Gesetzesverstoß. Deshalb findet § 817 S. 2 BGB nur dann Anwendung, wenn der Zweck der nichtigkeitsbegründenden Norm dies gebietet.106 Das ist immer der Fall, wenn der durch das Gesetz missbilligte Zustand nicht gerade durch die Rückabwicklung perpetuiert wird. Zutreffend formuliert Wambach: „Die Vorschrift (sic! § 817 S. 2 BGB) setzt auf bereicherungsrechtlicher Ebene fort, was die §§ 134, 138 BGB auf vertraglicher Ebene beginnen.“107 Darin manifestiert sich der flankierende Charakter des § 817 BGB für die Vorschriften der §§ 134, 138 BGB. 100

BGH NJW 2006, 45. Vgl. etwa BGHZ 50, 90; BGHZ 111, 308. 102 König, Gutachten, S. 1527; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 2; Wambach, Rückabwicklung gesetz- oder sittenwidriger Verträge, S. 49; BGHZ 75, 299 (302). 103 Wambach, Rückabwicklung gesetz- oder sittenwidriger Verträge, S. 4. 104 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 III (S. 166); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 IV (S. 64); Erman/Westermann, § 817 Rdnr. 15; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 24; Heck, AcP 124 (1925), S. 4 ff.; Seiler, FS Felgentraeger, S. 379; Wambach, Rückabwicklung gesetz- oder sittenwidriger Verträge, S. 4. Anderer Ansicht Wieling, Bereicherungsrecht, S. 38. 105 Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 24. 106 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 III (S. 166); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 IV (S. 71); Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 16 Rdnr. 37; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 V 1 (S. 210); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 38 f.; König, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 146; Heck, AcP 124 (1925), S. 20; BGHZ 36, 395 (401); BGHZ 41, 341 (343). So jetzt ausdrücklich auch BGH NJW 2006, 45. 107 Wambach, Rückabwicklung gesetz- oder sittenwidriger Verträge, S. 8. 101

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2. Ausdehnung des § 817 S. 2 BGB Weil über die ratio legis des § 817 S. 2 BGB keine Klarheit besteht, wurde der Ausschlusstatbestand über den Wortlaut hinaus bald auch auf andere Kondiktionsansprüche ausgedehnt. a) Einseitiger Verstoß gegen die guten Sitten Dem Wortlaut nach ist die Rückforderung ausgeschlossen, wenn auch dem Leistenden ein Verstoß gegen die guten Sitten oder ein gesetzliches Verbot zur Last fällt. Entsprechende Anwendung soll die Norm aber auch finden, wenn allein dem Leistenden ein solcher Verstoß zur Last fällt.108 Anderenfalls könne der Leistende seine Leistung zurückfordern, obwohl allein er sitten- oder gesetzwidrig gehandelt habe. Er stände damit besser, als wenn auch der Empfänger gegen die guten Sitten oder ein gesetzliches Verbot verstößt. Dagegen ist zu bemerken, dass nicht die Leistung selbst, sondern allein das Grundgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstößt.109 Ein bloß einseitiger Verstoß des Leistenden ist damit nicht möglich.110 Eine Erstreckung auf einen bloß einseitigen Verstoß des Leistenden ist insofern unnötig. b) Erstreckung auf alle Leistungskondiktionen Bereits das Reichsgericht erstreckte den Anspruchsausschluss des § 817 S. 2 BGB auf alle Leistungskondiktionen.111 Dem stimmt die Literatur im Allgemeinen zu.112 § 817 S. 2 BGB soll danach sowohl auf die condictio indebiti als auch auf die condictio ob rem Anwendung finden. Zu einer derartig weiten Erstreckung kommt man allerdings nur, weil man im Falle eines gemäß §§ 134, 138 BGB nichtigen Kausalgeschäfts die condictio indebiti für anwendbar hält.113 Bezeichnenderweise erstreckte das Reichsgericht 108 Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 IV (S. 62); Wieling, Bereicherungsrecht, S. 36; Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 660; Giesen, Jura 1995, S. 181. 109 Vgl. oben Dritter Teil § 20 III. 1. 110 Vgl. oben Dritter Teil § 20 II. 4. 111 RGZ 63, 346 (353); RGZ 99, 161 (166); RGZ 104, 50 (54). Vgl. auch BGHZ 35, 103 (107); BGHZ 37, 363 (369); BGHZ 50, 90 (91). 112 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 III (S. 162); Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 IV (S. 71); Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 696; Koppensteiner/ Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 IV (S. 62); Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 741; König, Gutachten, S. 1531; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 817 Rdnr. 11; Giesen, Jura 1995, S. 181; Westermann, causa, S. 207. 113 Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 3.

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in seiner Grundsatzentscheidung den Ausschlusstatbestand des § 817 S. 2 BGB auf einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.114 Gerechtfertigt wurde die Erstreckung mit dem Hinweis, dass anderenfalls § 817 S. 2 BGB völlig ausgehöhlt würde, wollte man ihn lediglich auf § 817 S. 1 BGB anwenden.115 Zugleich wäre die Vorschrift des § 817 S. 1 BGB sinnlos, da im Fall eines Verstoßes gegen §§ 134, 138 BGB immer auch § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB Anwendung findet.116 In der Folgezeit erwies sich jedoch alsbald, dass eine so weitgehende Erstreckung ihrerseits Probleme bereitet,117 weshalb man sich wiederum um eine Einschränkung bemühte.118 Nach der hier vertretenen Ansicht ist eine Erstreckung des § 817 S. 2 BGB auf die condictio indebiti ausgeschlossen. Die condictio ob turpem vel iniustam causam ist ein Spezialfall der condictio ob rem. Die Verschleierung dieses systematischen Zusammenhangs im Gesetzgebungsverfahrens führte zur Erstreckung des § 817 S. 2 BGB auch auf die condictio indebiti.119 Richtigerweise findet § 817 S. 2 BGB allein auf Ansprüche aus der condictio ob rem Anwendung.120 Ist nämlich das Kausalgeschäft gemäß §§ 134, 138 BGB nichtig, findet die condictio indebiti überhaupt keine Anwendung.121 Geleistet wird stattdessen causa ob rem. Schon im römischen Recht wurde die par turpitudem nur auf die condictio ob rem angewandt, wobei es keine Rolle spielte, ob der verfolgte Zweck eingetreten war oder nicht.122 Diese historisch-systematischen Wurzeln des § 817 BGB beachtend, findet § 817 S. 2 BGB keine Anwendung auf Ansprüche aus der condictio indebiti. 114

RGZ 36, 346. Heck, AcP 124 (1925), S. 24; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 3; Wambach, Rückabwicklung gesetz- oder sittenwidriger Verträge, S. 9. 116 Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 11; Wambach, Rückabwicklung gesetz- oder sittenwidriger Verträge, S. 9. 117 Paradigmatisch sind die Fälle des Wucherdarlehens: Hier würde die unreflektierte Anwendung des § 817 S. 2 BGB dazu führen, dass der Darlehensnehmer die erhaltene Summe behalten dürfte. Das wurde schnell als nicht sachgerecht erkannt, weshalb man annimmt, die Leistung des Darlehensgebers liegt nur in der Überlassung auf Zeit (vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 III (S. 164); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 7 IV (S. 65); Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 645). Auch hier zeigt sich die Überlegenheit einer am Normzweck orientierten Betrachtung. Die Nichtigkeit des Grundgeschäfts beruht nicht auf der Überlassung des Geldes, sondern lediglich auf den Wucherzinsen, weshalb der Anspruchsausschluss nach § 817 S. 2 BGB auch nur die Zinsen erfasst, vgl. Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 742. 118 Nachweise bei König, Gutachten, S. 1531. Aus der Rechtsprechung etwa BGHZ 75, 299 (302 ff.). 119 Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 107. 120 In diese Richtung Erman/Westermann, § 817 Rdnr. 1. 121 Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 1. 122 Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 86. 115

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V. Ergebnis zu § 817 BGB Die condictio ob turpem vel iniustam causam des § 817 S. 1 BGB ist zwar ein spezieller Fall der condictio ob rem, dennoch kommt ihr ein eigener Anwendungsbereich zu.123 Während man mit der condictio ob rem bei Nichteintritt des mit der Leistung verfolgten Zweckes und auch nur dann kondizieren kann, wenn der Ausschlusstatbestand des § 815 BGB nicht verwirklicht wurde, ermöglicht § 817 S. 1 BGB die Rückabwicklung trotz Zweckerreichung und selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 815 BGB. In beiden Fällen will § 817 S. 1 BGB die Perpetuierung des sittenwidrigen Zustandes verhindern. Insofern ist der § 817 S. 1 BGB tatsächlich lex specialis zu § 812 Abs. 1 BGB.124 Die Beachtung der Funktion des § 817 BGB, die Perpetuierung sittenoder gesetzwidriger Zustände zu verhindern, führt auch bei der Auslegung des § 817 S. 2 BGB zu sachgerechten Ergebnissen. Entgegen der herrschenden Meinung findet § 817 S. 2 BGB keine Anwendung auf die condictio indebiti, sondern nur auf die condictio ob rem.125 Weiterhin kann es einen bloß einseitigen Sitten- oder Gesetzesverstoß des Leistenden nicht geben.126 Liegt mit dem Abschluss des nichtigen Kausalgeschäfts stets ein beiderseitiger Verstoß gegen die guten Sitten oder ein gesetzliches Verbot vor, stellt sich die Frage, ob es für § 817 S. 1 BGB überhaupt einen Anwendungsbereich gibt, der nicht zugleich von § 817 S. 2 BGB erfasst wird. Dies ist für all jene Fälle zu bejahen, in denen der Zweck der Nichtigkeitsnorm die Rückabwicklung der Leistung gebietet, um eine Perpetuierung des Sitten- oder Gesetzesverstoßes zu verhindern, weshalb § 817 S. 2 BGB – trotz beiderseitigen Verstoßes – keine Anwendung findet.127 Praktisch ist die Rückforderung gemäß § 817 S. 1 BGB vor allem dann möglich, wenn der Gesetzes- oder Sittenverstoß im Fehlverhalten einer Partei gegenüber der anderen Partei liegt, etwa wenn sich der Leistende aus hinnehmbaren Gründen einer gesetz- oder sittenwidrigen Forderung des Empfängers beugt, was immer bei erpressten Leistungen der Fall ist.128 123 Ebenso Bamberger/Roth/Wendehorst, § 817 Rdnr. 3; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 V (S. 181). 124 Bamberger/Roth/Wendehorst, § 817 Rdnr. 3. 125 Vgl. oben Dritter Teil § 20 IV. 2. b). 126 Vgl. oben Dritter Teil § 20 IV. 2. a). 127 Vgl. oben Dritter Teil § 20 IV. 1. d). 128 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 V (S. 181); AnwKBGB/von Sachsen Gessaphe, § 817 Rdnr. 7; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 817 Rdnr. 10; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 84, 144.

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

§ 21 Folgen der Reduzierung der Leistungszwecke Sowohl bei der condictio ob rem als auch bei der condictio ob turpem vel iniustam causam erfolgen die Leistungen zum Zwecke der Erfüllung. Bereits zuvor hat sich gezeigt, dass im Rahmen der Handgeschäfte ein von der Erfüllung abweichender Leistungszweck nicht anzuerkennen ist.1 Unter Beachtung des Trennungsprinzips und der daraus folgenden Unterscheidung der zwei unterschiedlichen Ebenen von Zuwendungen – beim Zustandekommen und beim Vollzug eines Schuldverhältnisses – halten auch sonstige, vermeintlich abweichende Leistungszwecke einer kritischen Überprüfung nicht stand. Vielmehr erfolgt grundsätzlich jede Leistung zum Zwecke der Erfüllung eines Schuldverhältnisses im engeren Sinn.

I. Folgen für den Leistungsbegriff Dient jede Leistung der Erfüllung, stimmen bereicherungsrechtlicher und erfüllungsrechtlicher Leistungsbegriff nicht nur in Teilbereichen überein, sondern es besteht vollständige Identität. Die in den ersten beiden Teilen der Arbeit gewonnenen Erkenntnisse über den Leistungsbegriff, insbesondere über seine Bestandteile und deren Bedeutung, gelten damit für alle Leistungen. 1. Finales Element als Zuordnungsbestimmung Wird jede Zuwendung grundsätzlich zwecks Erfüllung eines Schuldverhältnisses im engeren Sinn erbracht, muss die Tilgungs- oder Zweckbestimmung mangels Alternativen nicht zum Ausdruck bringen, dass die Leistung der Erfüllung dient. Der verfolgte Erfüllungszweck als solcher ist nicht Inhalt der Zweck- oder Tilgungsbestimmung. Mit einem solchen Hinweis wäre dem Gläubiger auch nicht gedient. Dieser will vielmehr wissen, welches konkrete Schuldverhältnis im engeren Sinn erlöschen soll. Sofern im Bereicherungsrecht eine konsensuale Zuordnung mit dem Argument gefordert wird, die Beteiligten müssen sich über den mit der Leistung verfolgten Zweck einigen,2 kann dem schon deshalb nicht gefolgt werden, weil lediglich ein möglicher Leistungszweck existiert.3 Die Reduzierung der Leistungszwecke geht einher mit der Deutung des finalen Elements als reine Zuordnungsbestimmung, die sich durch eine rechts1 2 3

Vgl. oben Dritter Teil § 18 III. Vgl. oben Zweiter Teil § 16 II. 3. a) aa) (2) (b). Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 34.

§ 21 Folgen der Reduzierung der Leistungszwecke

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geschäftsähnliche Rechtsnatur auszeichnet. Leistung in § 362 Abs. 1 BGB und § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB kann danach definiert werden als bewusste und freiwillige Mehrung des Empfängervermögens durch den Leistenden, welche einem konkreten Schuldverhältnis im engeren Sinn zugeordnet wird. 2. Taugliche Zuordnungsgrundlage Als Zuordnungsgegenstand kommen grundsätzlich alle Schuldverhältnisse im engeren Sinn in Frage, gleichgültig ob sie tatsächlich bestehen oder vom Leistenden nur irrig als bestehend angenommen wurden. Zugeordnet werden kann aber auch auf noch nicht entstandene, zukünftige Schuldverhältnisse.4 Weiterhin ist es unerheblich, ob diese Schuldverhältnisse forderungsbewehrt sind.5 Sie müssen schließlich noch nicht einmal rechtlich anerkannt sein.6 Ausreichend ist jedes „tatsächliche“ Schuldverhältnis im engeren Sinn, also auch aus formnichtigen sowie aus sitten- oder gesetzwidrigen Verträgen.7 Schuldverhältnisse im weiteren Sinn sind hingegen keine tauglichen Zuordnungsgrundlagen. Abgesehen davon, dass sie nach Erbringung einer Leistung nicht zwangsläufig gemäß § 362 Abs. 1 BGB erlöschen,8 ist bereits der Vorschrift des § 366 BGB zu entnehmen, dass die Zuwendung zur Vermeidung von Zuordnungsunsicherheiten immer einem Schuldverhältnis im engeren Sinn zugeordnet werden muss.9

II. Folgen für das Rechtsgrundverständnis Mit der Reduzierung der Leistungszwecke auf den Erfüllungszweck und der daraus folgenden Qualifizierung der Tilgungs- oder Zweckbestimmung als rechtsgeschäftsähnliche Zuordnungsbestimmung geht einher, den Rechtsgrund einer Leistung regelmäßig nicht in der Erreichung eines verfolgten Zwecks zu sehen, sondern allein in der Erfüllung des durch die Zuordnungsbestimmung festgelegten Schuldverhältnisses.10 Mit der Erfüllung wandelt sich das bestimmte Schuldverhältnis im engeren Sinn in einen 4

Vgl. oben Dritter Teil § 18 II. 5. Vgl. oben Erster Teil § 12. 6 Vgl. oben Dritter Teil § 18 II. 4. 7 Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 2. c). 8 Vgl. nur Looschelders, Schuldrecht AT, Rdnr. 390; Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rdnr. 490. 9 Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 373, 376; von Caemmerer, FS Rabel I, S. 366; Schnauder, Grundfragen, S. 37; Kötter, AcP 153 (1954), S. 199. 10 Ebenso Maier, AcP 152 (1953), S. 104. 5

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

Behaltensgrund für die empfangene Leistung um.11 Diese Auffassung entspricht dem vorzugswürdigen objektiven Rechtsgrundverständnis.12 Nicht gefolgt werden kann den Vertretern eines objektiven Rechtsgrundes allerdings darin, dass sie hinsichtlich des objektiven Rechtsgrundes auf das Kausalverhältnis abstellen.13 Ein Schuldverhältnis im weiteren Sinn ist keine geeignete Zuordnungsgrundlage.14 Richtigerweise kommt nur ein Schuldverhältnis im engeren Sinn als objektiver Rechtsgrund in Betracht. Dass der rechtliche Grund nicht im zugrunde liegenden Schuldverhältnis im engeren gesehen wurde, liegt sicherlich auch daran, dass man Probleme damit hatte, die Forderung als rechtlichen Grund anzunehmen, wo sie doch nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen ist.15 Wie aber die Untersuchungen gezeigt haben, erlischt nur das Forderungselement, nicht das Schuldverhältnis im engeren Sinn.16 Nicht zuletzt die Gleichstellung von Schuldverhältnis im engeren Sinn und Forderung hat dazu geführt, dass man statt eines objektiven Rechtsgrundverständnisses auf die Erreichung des verfolgten Zwecks abgestellte.17 Den Vertretern des subjektiven Rechtsgrundverständnisses ist zwar zuzugeben, dass eine Leistung, die nicht zur Erfüllung führt, auch ihren Zweck verfehlt hat. Allerdings hat sich gezeigt, dass der Leistende das Erlöschen des Schuldverhältnisses durch Erfüllung nicht bezweckt haben muss. Erfüllung tritt auch dann ipso iure ein, wenn der Leistende lediglich das Entstehen eines Leistungsverweigerungsrechtes bezweckt hat.18 Der Beweggrund der Erfüllung ist weniger Zweck denn Motiv der Leistung. Das 11 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 30; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 377, S. 382 Fn. 46; Ehmann, Gesamtschuld, S. 165; Ott, WuB IV A § 267 BGB 1.89; Kupisch, Gesetzespositivismus, S. 61 f.; Welker, Zweckverfehlung, S. 43. Vgl. dazu schon oben Erster Teil § 1 II. 3. 12 Lieb, NJW 1982, S. 2035; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rdnr. 722, 734; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 76. 13 So aber Grunewald, Bürgerliches Recht, § 29 Rdnr. 1; Emmerich, BGBSchuldrecht, § 16 Rdnr. 18; MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 174; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 812 Rdnr. 16, 18; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 33; RGRK/Scheffler, 11. Aufl., § 812 Anm. 76; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 394; Berg, AcP 160 (1961), S. 508; Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 377; Schöninger, Leistungsgeschäfte, S. 90; Kupisch, NJW 1985, S. 2374; Köndgen, FS Esser, S. 65; Huber, JuS 1972, S. 59; Zeiss, JZ 1963, S. 7. 14 Vgl. soeben unter Dritter Teil § 21 I. 2. 15 Ebenso Kupisch, NJW 1985, S. 2370; Wambach, Rückabwicklung gesetz- oder sittenwidriger Verträge, S. 25. 16 Vgl. oben Erster Teil § 12 sowie Zweiter Teil § 16 II. 4. 17 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II 4 (S. 107 ff.); Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 15); Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 44; Baur/Wolf, JuS 1966, S. 394; Ehmann, NJW 1969, S. 398 ff.; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 274; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 102. 18 Vgl. oben Erster Teil § 8 III.

§ 21 Folgen der Reduzierung der Leistungszwecke

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subjektive Rechtsgrundverständnis beruht überdies auf der Lehre vom Zweck, wie sie von Kress entwickelt wurde. Nur vor dem Hintergrund eines zweckorientierten Ansatzes lässt es sich vollends verstehen.19 Allerdings hat sich die Zwecklehre wegen der fehlenden Trennung der Zwecke bei Eingehung und Abwicklung eines Schuldverhältnisses bei der Bestimmung des Zuwendungszwecks als angreifbar erwiesen. Die Ablehnung der Zwecklehre zieht demnach die Ablehnung des subjektiven Rechtsgrundverständnisses nach sich. Der gedankliche Zwischenschritt – Erreichung des verfolgten Zwecks – ist schließlich aus einem weiteren Grund entbehrlich: Die Zweckerreichung ist nämlich kein rechtliches, sondern bloß ein tatsächliches Ereignis.20 Das Fehlen des rechtlichen Grundes als rechtlicher Umstand bringt zwangsläufig das Verfehlen des Leistungszwecks als tatsächliches Ereignis mit sich. Es lag daher nahe, Zweckerreichung mit Rechtsgrund zu identifizieren.21 Kondiktionsgrund ist aber bereits das Fehlen des Rechtsgrundes selbst, nicht die an diesen Umstand anknüpfende Zweckverfehlung.22 Das subjektive Verständnis ist also unnötig doppelstöckig.23 Bereits der Gesetzgeber konnte daher bei § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB nicht auf die Zweckverfehlung als Folge des fehlenden Rechtsgrundes, sondern auf den fehlenden rechtlichen Grund selbst abstellen.24 Die Unmöglichkeit der Erreichung des Leistungszwecks ist insoweit eine bereits vom Gesetzgeber mitbedachte, für sich selbst tatbestandsmäßig nicht mehr relevante Folge.25 Nicht die Zweckverfehlung,26 sondern der Nichteintritt der Erfüllung begründet die Rückabwicklung.27 Reuter/Martinek haben das so for19

So explizit Weitnauer, NJW 1974, S. 1730; Ehmann, Gesamtschuld, S. 154 ff.; ders., NJW 1969, 1833. Vgl. oben Erster Teil § 5 II. 3. b) bb). 20 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 31. 21 Seibert, Finale Leistungsbewirkung, S. 31. 22 MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 171. 23 Schlechtriem, ZHR 149 (1985), S. 337. 24 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 67 III (S. 138); MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 171. 25 MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 171; AnwK-BGB/von Sachsen Gessaphe, § 812 Rdnr. 33. 26 So aber die h. M., vgl. Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 15); Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 II (S. 108); Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 26; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 14; Palandt/ Sprau, § 812 Rdnr. 3, 70; Erman/Westermann, § 812 Rdnr. 44; Ehmann, JZ 2003, S. 707; ders., NJW 1969, S. 398 ff.; Hagmann-Lauterbach, Finaler Leistungsbegriff, S. 84; Reeb, Grundprobleme, S. 29; Stolte, JZ 1990, S. 221; Schreiber, Jura 1986, S. 541; Schnauder, Leistungskondiktion bei Drittbeziehungen, S. 35 ff.; ders., JZ 1987, S. 70; Thielmann, AcP 187 (1987), S. 45; Westermann, causa, S. 178, 202; Weitnauer, FS von Caemmerer, S. 263; Wieling, JuS 1978, S. 801; Zeiss, JZ 1963, S. 7. 27 Scheyhing, AcP 157 (1958/1959), S. 382 Fn. 46; Hadding, FS Kroeschell, S. 299; Schlechtriem, ZHR 149 (1985), S. 337; Ehmann, JZ 2003, S. 710.

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3. Teil: Der einheitliche Leistungsbegriff

muliert: „Was im Fall der Wirksamkeit der Schuldverhältnisse die Erfüllung infolge von Zuwendungen an Gläubiger bzw. Dritte bewirkt, muss im Fall der Unwirksamkeit die Rückgewährpflicht zwischen den Parteien auslösen“.28 Nur mit dem richtig verstandenen objektiven Ansatz kann man auch die Kondiktion einer mangelhaften Sache ganz zwanglos und einfach erklären.29 Ein abweichendes Rechtsgrundverständnis gilt nur für die condictio ob rem und deren Spezialfall, die condictio ob turpem vel iniustam causam.30 In deren Normierungen scheint die Lehre vom subjektiven Rechtsgrund im Gesetz eine Stütze zu finden, spricht doch die condictio ob rem explizit vom Verfehlen des Leistungszwecks. Jedoch ist die condictio ob rem ein atypischer Sonderfall der Leistungskondiktion, der Verallgemeinerungen verbietet.31 Bei ihr sah sich der Gesetzgeber mit der Schwierigkeit konfrontiert, dass ein voll ausgebildeter Rechtsgrund für die erbrachten Leistungen, auf welchen bei der Rückabwicklung hätte abgestellt werden können, nie existiert:32 Selbst wenn beide Parteien ihre nicht geschuldeten Leistungen erbracht haben, tritt keine Umwandlung der Schuldverhältnisse im engeren Sinn in Behaltensgründe ein. Deshalb mussten die Voraussetzungen für eine Rückabwicklung selbständig kodifiziert werden. Dabei stellte man nicht auf den eigentlichen Leistungszweck ab, sondern unter Rückgriff auf die nichtige Absprache liegt ein rechtlicher Grund für die empfangene Leistung dann vor, wenn die eigene Leistung erbracht wurde. Dagegen kann mit der condictio ob turpem vel iniustam causam die eigene, nicht geschuldete Leistung sogar bei Erhalt der Gegenleistung zurückgefordert werden.33 Voraussetzung ist, dass die Rückforderung nicht den gesetz- oder sittenwidrigen Zustand verfestigt.34

28

Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 10 I (S. 389). Vgl. dazu Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 689; Staudinger/Lorenz, § 812 Rdnr. 89. 30 Vgl. oben Dritter Teil § 19 sowie Dritter Teil § 20. 31 Vgl. oben Dritter Teil § 19 II. 32 MüKo/Lieb, § 812 Rdnr. 171. Vgl. auch oben Dritter Teil § 19 II. 2. b). 33 Vgl. oben Dritter Teil § 20 II. 1. 34 Vgl. oben Dritter Teil § 20 V. 29

4. Teil

Zusammenfassung Weder seitens der Literatur noch durch die Rechtsprechung werden die Voraussetzungen des Erlöschensgrundes der Erfüllung hinreichend im gesetzlichen Tatbestand des § 362 BGB verankert, sondern stattdessen losgelöst vom Wortlaut diskutiert. Aufgrund dieses methodisch angreifbaren Vorgehens wird den Begriffen „Leistung“ und „bewirkt“ entweder gar keine konkrete oder aber eine falsche Bedeutung zugemessen. Die Notwendigkeit des Erfolgseintritts ist entgegen der ganz herrschenden Ansicht nicht im Begriff „Leistung“, sondern allein in „bewirkt“ umschrieben. Der Begriff „Leistung“ verschlüsselt richtigerweise das Erfordernis eines für den Eintritt des Erfolges ursächlichen und auf die Herbeiführung des geschuldeten Erfolges gerichteten Verhaltens des Schuldners. Hinsichtlich der Auswahl erfüllungstauglicher Handlungen ist der Schuldner grundsätzlich frei, und zwar nicht nur, wenn lediglich ein geschuldeter Erfolg vertraglich fixiert wurde, sondern selbst dann, wenn die Vornahme einer bestimmten Handlung, etwa im Rahmen eines Dienstvertrags, geschuldet ist. Wie die Vorschrift des § 278 BGB zeigt, kann sich der Schuldner auch zur Erfüllung dieser Schuldverhältnisse eines Erfüllungsgehilfen bedienen, was im Ergebnis eine Freiheit hinsichtlich der vorzunehmenden Handlungen bedeutet. Eine Ausnahme stellen allein die höchstpersönlichen Verpflichtungen dar. Die Wendung „Leistung bewirkt“ verschlüsselt dagegen den für den Erfüllungseintritt erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der Handlung des Schuldners und dem Eintritt des geschuldeten Erfolges. Mit dem Wortlaut des § 362 BGB kann die Erfüllung folglich problemlos von den Fällen der Zweckerreichung abgegrenzt werden. Umschreibt der Begriff „Leistung“ im Rahmen des § 362 Abs. 1 BGB die auf die Herbeiführung des geschuldeten Erfolgs gerichtete Handlung des Schuldners, lässt sich anhand des Tatbestandsmerkmals „Leistung“ zugleich die bis heute strittige Frage nach der Notwendigkeit einer subjektiven Erfüllungskomponente diskutieren, indem gefragt wird, welchen Voraussetzungen das Verhalten des Schuldners genügen muss, damit eine „Leistung“ im Sinne des § 362 BGB vorliegt. Genügt für eine „Leistung“ die reine Verursachung des geschuldeten Erfolgs durch den Schuldner – so die objektive Erfüllungslehre – oder aber muss der Schuldner zusätzlich eine Tilgungsbestimmung abgeben, wie von den subjektiven Erfüllungsleh-

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4. Teil: Zusammenfassung

ren gefordert? Ausgangspunkt für die Beantwortung dieser Frage ist die unstreitige Feststellung, dass eine Zuwendung ohne Zuordnung zu einem konkreten Schuldverhältnis im engeren Sinn niemals zur Erfüllung führen kann. Der Gläubiger hätte nämlich ohne Benennung eines Schuldverhältnisses im engeren Sinn keine Grundlage, um die erbrachte mit der geschuldeten Leistung zu vergleichen. Erst im Wege dieses Vergleich kann er aber feststellen, ob die erbrachte mit der geschuldeten Leistung übereinstimmt und somit Erfüllung eingetreten ist, oder ob dem Leistenden bei Nichtübereinstimmung ein Bereicherungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB entstanden ist. Neben dem Gläubiger hat auch der Schuldner ein Interesse daran schnellstmöglich zu erfahren, ob seine Leistung zum Erlöschen der Verbindlichkeit geführt hat, oder ob er dem Gläubiger weiterhin zur Vornahme der geschuldeten Leistung verpflichtet ist und zugleich die bereits erbrachte Leistung wieder zurückverlangen muss. Schließlich haben Dritte ein Interesse an Klarheit über die Rechtslage nach Erbringung der Zuwendung. Neben dem Drittleistenden gemäß § 267 Abs. 1 BGB sind das etwa Sicherungsgeber wie Bürgen oder Personen, die dem Gläubiger neben dem Leistenden als Gesamtschuldner haften. Eine Zuordnung der Zuwendung zu einem Schuldverhältnis im engeren Sinn ist somit für alle Beteiligten am Rechtsverkehr zwecks Bestimmung der Rechtsfolgen der Zuwendung unentbehrlich. Noch immer umstritten ist dagegen, ob die Zuordnung allein aufgrund der objektiven Umstände der Leistungserbringung oder aufgrund einer einseitigen Bestimmung des Schuldners oder aber durch eine Zuordnungsabrede zwischen Schuldner und Gläubiger erfolgt. Ersteres wird von den Vertretern der Theorie der realen Leistungsbewirkung vertreten, zweites von den Vertretern der Theorie finalen Leistungsbewirkung und Letzteres von den Vertretern der Zweckvereinbarungstheorie. Eine Zuordnung der erbrachten Zuwendung zum erlöschenden Schuldverhältnis aufgrund der objektiven Umstände der Zuwendung hat sich nicht als der von den Vertretern der realen Leistungsbewirkung postulierte einfache Normalfall einer Erfüllung, sondern als Ausnahmekonstellation erwiesen. Die Zuordnung aufgrund evidenter Übereinstimmung von Geleistetem und Geschuldetem versagt nicht nur in den Fällen der direkten oder analogen Anwendung des § 366 Abs. 1 BGB sowie im Verhältnis von Schuld und Sicherheit. Selbst in den Fällen scheinbar objektiver Übereinstimmung muss nämlich die Existenz des § 267 Abs. 1 BGB beachtet werden. Diese Vorschrift ermächtigt grundsätzlich jeden beliebigen Dritten, fremde Schuldverhältnisse sogar gegen den Willen des Schuldners zu erfüllen. Selbst wenn also der Schuldner dem Gläubiger die eigentlich geschuldete Zuwendung erbringt, besteht die theoretische Möglichkeit, dass er als Dritter gemäß § 267 Abs. 1 BGB auf ein fremdes Schuldverhältnis leisten will. Dass man bei fehlender aus-

4. Teil: Zusammenfassung

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drücklicher Zuordnung des Schuldners gleichwohl davon ausgehen darf, er wolle seine Verbindlichkeit erfüllen, ist methodisch richtig das Ergebnis einer Auslegung. Die Auslegung setzt aber einen Auslegungsgegenstand voraus. Diesen stellt die konkludente Tilgungsbestimmung des Leistenden dar. Angreifbar ist ferner, dass die Theorie der realen Leistungsbewirkung grundsätzlich allein die objektive Übereinstimmung von erbrachter mit geschuldeter Leistung für maßgeblich erachtet, Tilgungsbestimmungen aber berücksichtigt, wenn der Schuldner lediglich durch so genannte negative Tilgungsbestimmungen die Erfüllung der objektiv übereinstimmenden Forderung ausgeschlossen hat. Nach Berücksichtigung einer negativen Tilgungsbestimmung ist eine Zuordnung aufgrund Evidenz aber schlicht nicht mehr möglich. Schließlich führt die Theorie der realen Leistungsbewirkung bei der systematisch eng mit der Erfüllung verknüpften Heilung zu nicht sachgerechten Ergebnissen. Bestandteil der Leistung als Umschreibung der schuldnerischen Handlung ist folglich stets eine Tilgungsbestimmung des Leistenden. Nicht erforderlich ist hingegen eine Beteiligung des Gläubigers an der Zuordnung, wie sie die Zweckvereinbarungstheorie fordert. Durch die Notwendigkeit des Erfolgseintritts für die Erfüllung werden die Interessen des Gläubigers bereits hinreichend berücksichtigt. Hinzu kommt, dass einer Theorie der vertraglichen Zuordnung die Möglichkeit immanent ist, dass der Gläubiger zwar die Zuwendung, nicht aber das Angebot auf Abschluss des Zuordnungsvertrages annimmt. Damit wäre das Erlöschen der Schuld von der Mitwirkung des Gläubigers abhängig, obwohl der Schuldner den geschuldeten Erfolg bereits bewirkt hat. Eine vertragliche Zuordnung ist aus diesem Grund nicht interessengerecht. Überdies kann die Theorie der Zweckvereinbarung weder die Existenz des § 366 Abs. 1 BGB noch die Erfüllung von Unterlassensverpflichtungen oder Realleistungen in Abwesenheit des Gläubigers befriedigend erklären. Die Notwendigkeit einer vertraglichen Zuordnung kann auch nicht der Struktur von Leistung erfüllungshalber und Leistung an Erfüllungs Statt entnommen werden. Weder bei der Leistung erfüllungshalber noch bei der Leistung an Erfüllungs Statt wird nämlich das im Schuldverhältnis fixierte Gläubigerinteresse – der Erhalt der geschuldeten Gegenleistung – befriedigt, sondern ein aliud geleistet. Dagegen zeichnet sich die Erfüllung gerade durch die Befriedigung des Gläubigerinteresses aus. Aussagen über die Struktur der Erfüllung lassen sich dagegen durch einen Vergleich mit den Erfüllungssurrogaten Aufrechung und Hinterlegung gewinnen. Bezeichnenderweise findet sich bei diesen Instituten ein einseitiges Zuordnungsrecht des Schuldners. Konsensuale Zuordnungen im Rahmen der Erfüllung sind jedoch nicht generell ausgeschlossen. Nur ist eine vertragliche Zuordnung nicht der Re-

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4. Teil: Zusammenfassung

gelfall der Erfüllung, weswegen die Möglichkeit einer konsensualen Zuordnung dem Gläubiger vom Schuldner vertraglich eingeräumt worden sein muss. Eine solche Einräumung kommt aber nicht bereits dadurch zustande, dass der Schuldner einer Zuordnungsbestimmung des Gläubigers nicht widerspricht. Verstößt eine konsensuale Zuordnungsmöglichkeit gegen den wesentlichen Grundgedanken der §§ 362, 366 Abs. 1 BGB, ist deren Einräumung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Das gilt a minore ad maius erst recht, wenn dem Gläubiger durch die AGB ein einseitiges Zuordnungsrecht zuerkannt wird. Zu folgen ist vielmehr der Theorie der finalen Leistungsbewirkung. Sie allein ist methodisch überzeugend, kann sie doch nahezu alle Konstellationen der Erfüllung ohne Rückgriff auf Ausnahmen und Unterausnahmen erklären, wozu sich sowohl die Theorie der realen Leistungsbewirkung als auch die Zweckvereinbarungstheorie genötigt sehen. Die einzige Ausnahme vom Erfordernis einer Zuordnungsbestimmung des Leistenden ist bei der Erfüllung von Unterlassensverpflichtungen zu machen. Im Gegensatz zu den anderen Erfüllungslehren kann die Theorie der finalen Leistungsbewirkung diese Ausnahme aber systemgerecht aus dem eigenen Ansatz heraus erklären. Bei der Erfüllung von Unterlassenspflichten bedarf es deshalb keiner Zuordnungsbestimmung des Leistenden, weil weder eine Drittleistung gemäß § 267 Abs. 1 BGB möglich ist noch einer Mehrzahl gleichartiger Unterlassungspflichten im Sinne des § 366 Abs. 1 BGB bestehen kann. Eine mögliche Zuordnungsunsicherheit ist somit ausgeschlossen. Jede erfüllungsrechtliche Leistung besteht somit aus einer Zuwendung und einer Tilgungsbestimmung des Leistenden. Aufgabe der Tilgungsbestimmung ist allein die Bestimmung des erlöschenden Schuldverhältnisses und damit die Beseitigung der sonst mit Erhalt der Zuwendung entstehenden Zuordnungsunsicherheit. Die Tilgungsbestimmung ist folglich eine reine Zuordnungsbestimmung. Einer ausdrücklichen Tilgungsbestimmung bedarf es allerdings nicht. Erbringt der Schuldner dem Gläubiger eine Zuwendung ohne explizite Zuordnung, liegt eine konkludente Tilgungsbestimmung des Leistenden vor. Da mit jeder Zuwendung die Erfüllung eines Schuldverhältnisses im engeren Sinn bezweckt wird, ist die Zuwendung der Träger der schlüssigen Zuordnungsbestimmung. Die Rechtsfolge einer Leistung – entweder Erfüllungseintritt gemäß § 362 BGB bei Übereinstimmung von erbrachter mit geschuldeter Zuwendung oder Entstehen eines Bereicherungsanspruchs gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB bei Nichtübereinstimmung – ist allein das alternative Ergebnis des Vergleichs und vom Willen des Leistenden unabhängig. Kein Leistender wird beide alternative Rechtsfolgen bei Leistungserbringung

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wollen. Vielmehr treten die Rechtsfolgen ipso iure ein. Dass der Erfüllungseintritt vom Willen des Leistenden unabhängig ist, zeigt sich schließlich an der Existenz schulderhaltender Erfüllungsakte. Tritt die alternative Rechtsfolge einer Leistung aber unabhängig vom Willen des Leistenden ein, handelt es sich bei der Tilgungsbestimmung nicht um eine Willenserklärung, ist doch bei dieser die Rechtsfolge vom Willen des Erklärenden abhängig. Die Tilgungsbestimmung ist lediglich eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung. Um ihrer Aufgabe – dem Gläubiger den Vergleich von erbrachter mit geschuldeter Zuwendung durch Benennung des erlöschenden Schuldverhältnisse zu ermöglichen – gerecht werden zu können, muss die Tilgungsbestimmung notwendigerweise die Sphäre des Leistenden verlassen und in den Rechtsverkehr gelangen. Aufgrund dieser rechtsgeschäftlichen Dimension sind die Vorschriften über Willenserklärungen auf die Tilgungsbestimmung entsprechend anwendbar. Dem Gläubiger muss die Tilgungsbestimmung analog §§ 130 f. BGB zugehen, und zwar spätestens bei Erhalt der Zuwendung. Nachträgliche Tilgungsbestimmungen werden dagegen ihrer Aufgabe – Beseitigung einer Zuordnungsunsicherheit – nicht gerecht und sind unbeachtlich. Antizipierte Tilgungsbestimmungen sind hingegen zulässig. Allerdings binden sie den Leistenden nicht. Er kann vielmehr bei Vornahme der Leistung eine neue Zuordnungsbestimmung abgeben. Bei der Abgabe der Tilgungsbestimmung ist ferner sowohl Vertretung analog § 164 Abs. 1 BGB als auch die Einschaltung eines Erklärungsboten zulässig. Tilgungsbestimmungen unterliegen entsprechend den §§ 133, 157 BGB der Auslegung. Praktisch bedeutsam ist vor allem die Auslegung konkludenter Tilgungsbestimmungen. In diesem Zusammenhang sind vor allem die §§ 366 Abs. 2, 367 Abs. 1 BGB zu beachten. Bei diesen Vorschriften handelt es sich nicht etwa um dispositives Gesetzesrecht, sondern um gesetzliche Auslegungsregeln, die immer dann Anwendung finden, wenn die vorrangige Auslegung nach dem objektivierten Empfängerhorizont entsprechend §§ 133, 157 BGB zu keinem eindeutigen Ergebnis führt. Demgegenüber setzt § 367 Abs. 2 BGB eine eindeutige Tilgungsbestimmung gerade voraus. Allerdings kann der Gläubiger, sofern die Tilgungsbestimmung des Schuldners von der in § 367 Abs. 1 BGB vorgesehenen Reihenfolge abweicht, die Annahme der Zuwendung ablehnen. Die Vorschrift des § 367 Abs. 2 BGB stellt insofern eine Einschränkung der Privatautonomie des Leistenden dar, das erlöschende Schuldverhältnis frei zu bestimmen. Mit einem Verständnis des Begriffs „Leistung“ als zweigliedrigen, aus Zuwendung und rechtsgeschäftsähnlicher Tilgungsbestimmung bestehenden Tatbestand lassen sich zugleich die Probleme der Beteiligung nicht voll Geschäftsfähiger am Erfüllungsvorgang einer sachgerechten Lösung zuführen.

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4. Teil: Zusammenfassung

Ihre gesonderte Behandlung ist dem Umstand geschuldet, dass nicht voll Geschäftsfähige speziell vor der mit dem Erfüllungseintritt einhergehenden Verlust- und Verschleudergefahr geschützt werden müssen. Erst die Ablehnung der Erfüllungswirkung trotz Zuwendungserhalts schützt die nicht Geschäftsfähigen vor einer Vermögenseinbuße. Allerdings bedarf es zur Realisierung des Schutzes nicht der Theorie der Empfangszuständigkeit, wonach allein der gesetzliche Vertreter zum Empfang der geschuldeten Leistung ermächtigt ist. Bereits die praktischen Auswirkungen dieser Theorie sind nicht sinnvoll, müsste doch der Schuldner danach eine dem nicht Geschäftsfähigen geschuldete Realleistung – etwa einen Haarschnitt oder eine Beförderung – dem gesetzlichen Vertreter gegenüber erbringen. Aber auch dogmatisch ist die Theorie der Empfangszuständigkeit nicht überzeugend. Da für alle anderen Konstellationen, in denen ausnahmsweise nicht der Gläubiger, sondern ein Dritter zum Empfang der geschuldeten Leistung zuständig ist, spezielle gesetzliche Regelungen existieren, die einen Rückgriff auf eine allgemeine Empfangszuständigkeit unnötig machen, ist diese Lehre letztlich eine Spezialtheorie allein für nicht voll geschäftsfähige Gläubiger. Hinzu kommt, dass sich das Problem einer erfüllenden Leistung an nicht voll geschäftsfähige Gläubiger sachgerechter durch eine entsprechende Anwendung der §§ 130 ff. BGB bewältigen lässt. Analog § 131 BGB ist die dem nicht geschäftsfähigen Gläubiger gegenüber abgegebene Tilgungsbestimmung nicht wirksam zugegangen. Ist die Tilgungsbestimmung unwirksam, fehlt es zugleich an einer wirksamen Leistung dem nicht geschäftsfähigen Gläubiger gegenüber. Der Eintritt der Erfüllung setzt aber das Vorliegen einer Leistung zwingend voraus. Das Fehlen einer Leistung wirkt sich aufgrund des systematischen Zusammenhangs zugleich auf den Bereicherungsanspruch desjenigen aus, der dem nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger etwas zugewendet hat. Ihm steht kein Anspruch aus Leistungskondiktion, sondern aus Nichtleistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB gegen den nicht voll Geschäftsfähigen zu. Mögliche Nachteile des nicht voll Geschäftsfähigen werden durch die gebotene analoge Anwendung des § 814 BGB verhindert. Eine Zuwendung dem nicht voll geschäftsfähigen Gläubiger gegenüber wird erst dann zur wirksamen Leistung, wenn dem gesetzlichen Vertreter die Tilgungsbestimmung analog § 131 BGB zugegangen ist und er der Erbringung der Zuwendung an den nicht voll Geschäftsfähigen zugestimmt hat. Auch die Frage, ob nicht voll Geschäftsfähige eine wirksame Leistung erbringen können, beantwortet sich anhand des Gesetzes im Wege der entsprechenden Anwendung der §§ 104 ff. BGB auf die Tilgungsbestimmung. Analog § 107 BGB ist dem beschränkt Geschäftsfähigen die rechtswirksame Abgabe einer Tilgungsbestimmung – und damit die Erbringung einer

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Leistung – immer dann möglich, wenn er durch die Leistung keinen rechtlichen Nachteil erleidet. Regelmäßig ist das Erlöschen der Schuld durch Erfüllung lediglich rechtlich vorteilhaft und die abgegebene Tilgungsbestimmung somit wirksam. Etwas anderes gilt etwa bei Erfüllung einer verjährten Verbindlichkeit. Geschäftsunfähige können dagegen nicht leisten, ist ihnen doch die wirksame Abgabe einer Tilgungsbestimmung in entsprechender Anwendung des § 105 BGB verwehrt. Fehlt es an einer wirksamen Tilgungsbestimmung und damit Leistung, kann der nicht voll Geschäftsfähige eine bereits erbrachte Zuwendung im Wege der Nichtleistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB vom Gläubiger heraus verlangen. Erneut bedeutet die Annahme einer Nichtleistungskondiktion keinerlei Nachteil für den nicht voll Geschäftsfähigen. Die Annahme einer Nichtleistungskondiktion ist vielmehr unter systematischen Gesichtspunkten überzeugender als ein Anspruch aus Leistungskondiktion: Die in den §§ 104 ff. BGB geregelten Schutzvorschriften wollen den nicht voll Geschäftsfähigen vor Einbußen an seinem Vermögensbestand bewahren. Da auch die Nichtleistungskondiktion dem Güter- und Vermögensschutz dient, die Leistungskondiktion hingegen mit der erstrebten Rückabwicklung fehlerhafter Schuldverhältnisse dem Recht der Güterbewegung entspringt, erweist sich die Annahme einer Nichtleistungskondiktion letztlich sogar als systematisch vorzugswürdig. Hat die Leistung des Schuldners oder eines Dritten den geschuldeten Erfolg herbeigeführt, erlischt gemäß § 362 Abs. 1 BGB das Schuldverhältnis. Damit ist nicht das Kausalverhältnis, sondern das Schuldverhältnis im engeren Sinn gemeint. Zu den Schuldverhältnissen im engeren Sinn zählen nicht allein Ansprüche, sondern auch so genannte unvollkommene Verbindlichkeiten oder Naturalobligationen, deren Besonderheit darin besteht, dass ihnen das für ihre Durchsetzung notwendige Zwangselement fehlt. Ihr Vollzug ist daher nicht erzwingbar ist. Da aber anerkanntermaßen auch unvollkommene Verbindlichkeiten erfüllt werden können, muss ein Schuldverhältnis im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB nicht zwingend forderungsbewehrt sein. Daraus folgt zweierlei: Erstens unterscheidet das Bürgerliche Gesetzbuch selbst zwischen dem Anspruch und dem Schuldverhältnis im engeren Sinn. Der Anspruch ist lediglich das Durchsetzungsmittel zur Erreichung des im Schuldverhältnis im engeren Sinn fixierten Zustandes. Zweitens offenbart § 362 BGB, dass sich allein das Schuldverhältnis im engeren Sinn durch Erfüllung in einen Behaltensgrund umwandelt, nicht aber das lediglich der Durchsetzung dienende Anspruchselement. Taugliches Zuordnungsobjekt im Rahmen der Tilgungsbestimmung ist deshalb nicht der Anspruch, sondern das Schuldverhältnis im engeren Sinn.

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Der Begriff der „Leistung“ muss daher im Rahmen des § 362 BGB als bewusste und mittels Tilgungsbestimmung auf ein Schuldverhältnis im engeren Sinn zugeordnete Mehrung fremden Vermögens definiert werden. Die zum Begriff „Leistung“ im Rahmen des § 362 BGB gefundenen Ergebnisse müssen auf den Begriff „Leistung“ im Wortlaut des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB übertragen werden, sind doch erfüllungsrechtlicher und bereicherungsrechtlicher Leistungsbegriff entgegen einer weit verbreiteten Ansicht keine zwei unterschiedlichen Leistungsbegriffe, die zusammenhangslos nebeneinander bestehen. Richtigerweise handelt es sich beim Wort „Leistung“ in beiden Normen um einen einheitlichen, jeweils gleich zu verstehenden Begriff. Aufgrund des systematischen Zusammenhangs von Erfüllung und condictio indebiti darf der bereicherungsrechtliche Leistungsbegriff nicht autonom und losgelöst vom Erfüllungsrecht entwickelt werden. Schließlich stellt die condictio indebiti nur das unter Geltung des Trennungsprinzips erforderliche Instrument zur Rückabwicklung solcher Leistungen dar, bei denen sich das Schuldverhältnis im engeren Sinn nicht durch Erfüllung in einen Behaltensgrund umgewandelt hat. Erlöschen des Schuldverhältnisses oder Entstehen eines Anspruchs aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB sind lediglich alternative, vom Willen des Leistenden unabhängige Ergebnisse des Vergleichs von erbrachter mit geschuldeter Leistung. Damit der Vergleich stattfinden kann, bedarf es zuvor einer Leistungshandlung. Ein und dieselbe Leistungshandlung kann aber im Erfüllungsrecht und im Bereicherungsrecht nicht unterschiedlichen Voraussetzungen unterworfen werden. Dient aber die condictio indebiti der Rückabwicklung der fehlgeschlagenen Erfüllung, wurzelt auch der bereicherungsrechtliche Leistungsbegriff allein im Erfüllungsrecht. Die Voraussetzungen einer wirksamen Leistung müssen folglich dem Erfüllungsrecht entnommen werden. Das zeitigt Folgen insbesondere für das im Bereicherungsrecht Zweckbestimmung genannte finale Element einer Leistung. Entgegen ihres missverständlichen Namens legt die Zweckbestimmung eben nicht den Zweck einer Leistung fest. Bei einem solchen Verständnis würde nämlich aus der Tilgungsbestimmung eine funktionslose Bestimmung werden, hilft dem Gläubiger doch eine Bestimmung des Leistenden, die Zuwendung erfolge etwa solvendi causa, nicht weiter. Der Gläubiger will nicht wissen, dass die Leistung solvendi causa erfolgt, sondern welches Schuldverhältnis im engeren Sinn durch diese Leistung erlöschen soll. Erst dann kann der erforderliche Vergleich von erbrachter mit geschuldeter Zuwendung vorgenommen und festgestellt werden, ob die benannte Verbindlichkeit erloschen oder ein Bereicherungsanspruch entstanden ist. Auch die Zweckbestimmung ist somit eine reine Zuordnungsbestimmung rechtsgeschäftsähnlicher Rechtsnatur.

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Die Orientierung am Erfüllungsrecht bei der Auslegung des Begriffs „Leistung“ im Rahmen des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zeitigt ferner weitreichende Konsequenzen für das Verhältnis von Zuwendung und Zweckbestimmung. Bei der Erfüllung hatte sich gezeigt, dass der im Rahmen der Zuwendung erfolgende Einsatz eigenen Vermögens durch den Leistenden stets im Hinblick auf ein vorher von diesem ausgewähltes Schuldverhältnis erfolgt. Nur im Hinblick auf einen konkret geschuldeten Erfolg kann der Leistende die geeigneten Handlungen auswählen. Durch den Einsatz eigenen Vermögens wird zugleich das Insolvenzrisiko des Leistungsempfängers übernommen. Damit korrespondiert das Recht des Zuwendenden, einseitig das erlöschende Schuldverhältnis auszuwählen, mithin eine Zuordnungsbestimmung abzugeben. Das einseitige Zuordnungsrecht des Zuwendenden stellt sich somit als interessengerechtes Korrektiv zur Übernahme des fremden Insolvenzrisikos dar, mindert es doch die Gefahr einer fehlgeschlagenen Erfüllung. Zuwendung, Zuordnungsbestimmung und Leistung bauen folglich aufeinander auf und bedingen einander: Die Zuwendung erfolgt allein im Hinblick auf ein vorher vom Zuwendenden ausgewähltes Schuldverhältnis im engeren Sinn. Der mit Vornahme der Zuwendung verbundene Einsatz eigenen Vermögens rechtfertigt wiederum die Abgabe einer Zuordnungsbestimmung, und durch Vornahme der Zuwendung und durch Abgabe sowie Zugang der Zuordnungsbestimmung wird der Zuwendende zum Leistenden. Auch im Bereicherungsrecht wird die Zweckbestimmung somit immer vom Zuwendenden abgegeben, weshalb Zuwendender und Leistender zwangsläufig identisch sind. Zuwendungsverhältnis und Leistungsverhältnis sind bei der Leistungskondiktion notwendigerweise identisch. Da auch bei der bereicherungsrechtlichen Leistung die Zuordnungsbestimmung allein vom Zuwendenden abgegeben wird, ist es einem Dritten unmöglich, eine fremde Zuwendung durch eine eigene Zweckbestimmung auf ein eigenes Leistungsverhältnis umzulenken. Genau das wird aber von der herrschenden Lehre für den Normalfall der Bankanweisung behauptet, wo die Tilgungsbestimmung des Anweisenden die Zuwendung der Bank auf ein zwischen Anweisenden und dessen Gläubiger bestehendes Leistungsverhältnis umlenken soll. Grund dieser mit dem Erfüllungsrecht nicht zu vereinbarenden Annahme umlenkender Tilgungsbestimmungen ist die in Dreipersonenkonstellationen erfolgende unzulässige Gleichsetzung von tatsächlicher Bewegung des angewiesenen Gegenstandes mit der Zuwendung. Für die Zuwendung ist jedoch nicht die tatsächliche Bewegung des Gegenstandes, sondern allein die Vermögensverschiebung entscheidend. Nur dann geht das gesetzliche Merkmal „auf Kosten“ – mit welchem schon die überkommene Einheitslehre die Parteien des Kondiktionsverhältnisses zu bestimmen suchte – in der Zuwendung auf und man wird der Funktion des Bereicherungsrechts gerecht, ungerechtfertigte Ver-

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mögensverschiebungen rückabzuwickeln. Allein von der erkennbaren tatsächlichen Bewegung des Gegenstandes kann aber noch nicht auf die betroffenen Vermögen geschlossen werden. Das offenbart sich etwa anhand des Erfüllungsgehilfen, welcher den geschuldeten Gegenstand anweisungsgetreu vom Schuldner zum Gläubiger überbringt. Obwohl sich der Gegenstand rein tatsächlich vom Schuldner zum Erfüllungsgehilfen und von diesem zum Gläubiger bewegt hat, ist er zu keinem Zeitpunkt in das Vermögen des Erfüllungsgehilfen gelangt. Vielmehr wurde der Gegenstand direkt aus dem Vermögen des Schuldners in das Vermögen des Gläubigers übertragen. Durch die Deutung der Zuwendung als Einsatz eigenen Vermögens stimmen Leistender und Leistungsempfänger als Beteiligte des Kondiktionsanspruchs zugleich in bemerkenswerter Weise mit dem durch die überkommene Einheitslehre gefundenen Ergebnis überein, wonach eine unmittelbare Vermögensverschiebung vom Leistenden auf den Leistungsempfänger Voraussetzung für die Begründung eines Bereicherungsanspruchs war. Die vermögensorientierte Bestimmung der Zuwendung entgeht überdies einem der zentralen Kritikpunkte am zweckgerichteten Leistungsbegriff, nämlich die erforderliche Vermögensverschiebung zu vernachlässigen und die Zweckbestimmung überzubewerten. Aus dem systematischen Zusammenhang von Erfüllung und condictio indebiti folgt weiterhin, dass auch im Bereicherungsrecht eine Zuwendung nicht zwei Schuldverhältnissen im engeren Sinn zugeordnet werden kann, eine Zuwendung also nicht zwei Leistungen tragen kann. Eine solche zweifache Zweckbestimmung könnte der Funktion einer Zuordnungsbestimmung – durch Benennung der Vergleichgrundlage die nach Zuwendungserhalt beim Gläubiger entstehende Unsicherheit zu beseitigen – nicht genügen. Der Gläubiger wüsste bei einer zweifachen Zuordnung gerade nicht, welches Schuldverhältnis im engeren Sinn seine Vergleichsgrundlage darstellt. Außerdem könnten durch eine zweifache Zuordnung ohnehin nicht beide Schuldverhältnisse erlöschen. Der Eintritt der Erfüllung setzt nämlich jeweils die Verwirklichung des sachlichen Schuldinhalts voraus. Nur bei Erfolgseintritt wird das vom Gläubiger mit Eingehung des Schuldverhältnisses verfolgte Interesse befriedigt. Liegt aber mit einer Zuwendung nur eine Wertverschaffung vor, kann der geschuldete Erfolg nur einmal eingetreten und folglich nur ein Schuldverhältnis erloschen sein. Auch deshalb ist eine Zuordnung zu zwei Schuldverhältnissen im engeren Sinn abzulehnen. Richtigerweise kann eine Zuwendung immer nur eine Leistung tragen, die einem einzigen Schuldverhältnis im engeren Sinn zugeordnet wird. Auch im Bereicherungsrecht stimmen damit nicht nur Zuwendungsverhältnis und Leistungsverhältnis überein, sondern aufgrund einer Zuwendung kann es auch nur eine dazugehörige Zuordnungsbestimmung geben, die allein vom

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Zuwendenden abgegeben wird und dem Zuwendungsempfänger zugehen muss. Zuordnungsobjekt ist lediglich ein einziges Schuldverhältnis im engeren Sinn. Der Begriff „Leistung“ im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB muss, wie schon bei § 362 BGB, als bewusste und mittels Zuordnungsbestimmung auf ein Schuldverhältnis im engeren Sinn zugeordnete Mehrung fremden Vermögens verstanden werden. Bestimmt man im Wege der begrifflichen Deduktion des zweckgerichteten Leistungsbegriffs die Beteiligten der Rückabwicklung, führt dies in bestimmten Dreipersonenkonstellationen zu unsachgemäßen Ergebnissen. Dieses Phänomen ist allerdings nur scheinbar ein Problem des finalen Leistungsbegriffs. Entgegen der überwiegenden Ansicht in Literatur und Rechtsprechung legt der finale Leistungsbegriff die Beteiligten des Rückgewährschuldverhältnisses nämlich nicht fest. Das Kondiktionsverhältnis ist vielmehr durch unmittelbaren Rückgriff auf die gesetzlichen Wertungen des Ausgangsrechtsgebietes sowie der Wertungen der §§ 346 ff. BGB zu gewinnen. Als entscheidend haben sich dabei vor allem die drei von Canaris herausgearbeiteten, am Kausalverhältnis orientierten Wertungen erwiesen, allen voran das vom Leistenden durch Vornahme der Zuwendung übernommene Insolvenzrisiko. Die scheinbare Eignung der Zweckbestimmung bei der Festlegung des Kondiktionsverhältnisses in Zweipersonenverhältnissen und den einfachen Dreipersonenkonstellationen beruht auf dem Umstand, dass dort das Schuldverhältnis im engeren Sinn – und damit das Leistungsverhältnis – zwischen denselben Personen besteht wie das Kausalverhältnis. Richtigerweise wird jedoch auch in diesen Konstellationen nicht im Leistungsverhältnis, sondern unter Beachtung der maßgeblichen Wertungen zwischen den Partnern des Kausalverhältnisses rückabgewickelt. Weil sich aber Kausalverhältnis und Leistungsverhältnis decken, wird dieser Umstand verschleiert. Legt der zweckgerichtete Leistungsbegriff die Parteien der Rückabwicklung auch nicht fest, ist er gleichwohl für die Bestimmung der Kondiktionspartner nicht gänzlich bedeutungslos. Er spielt bei der Verteilung der Insolvenzrisiken eine gewichtige Rolle. Mit der Leistung, speziell mit Vornahme der Zuwendung, und nicht schon durch den Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts wird das Insolvenzrisiko des Leistungsempfängers – regelmäßig des Vertragspartners – übernommen. Das zeigt sich nicht nur an den §§ 320, 321 BGB, sondern vor allem in den Fällen der Drittleistung gemäß § 267 BGB. Hier besteht kein Kausalverhältnis zwischen dem Dritten und dem Gläubiger. Gleichwohl übernimmt der Dritte als Leistender durch den Einsatz eigenen Vermögens das Insolvenzrisiko des Gläubigers, weshalb allein dem Dritten und nicht dem Schuldner der Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zusteht. Die Konstellation der Drittleistung erhellt zu-

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gleich, dass trotz der Orientierung an den Wertungen des Kausalverhältnisses nicht zwangsläufig im Kausalverhältnis rückabgewickelt wird, sofern der Aspekt des durch die Leistung übernommenen Insolvenzrisikos hinreichende Berücksichtigung findet. Trennt man konsequent zwischen dem Begriff der Leistung einerseits und der Bestimmung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses andererseits, stellen zugleich die in der Literatur unter dem Stichwort „Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff“ geäußerten Bedenken richtigerweise keinen Angriff auf den finalen Leistungsbegriff dar, sondern an der Gewinnung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses im Wege der Deduktion aus dem Leistungsbegriff heraus. Eine so verstandene Kritik an einer Verabsolutierung des Leistungsbegriffs ist fraglos berechtigt: Angreifbar ist vor allem die Überbewertung der Zweckbestimmung, welche in der Behauptung kulminiert, die Person des Leistenden bestimme sich nicht anhand der Zuwendung, sondern über eine Auslegung der Zweckbestimmung aus Sicht des Empfängers. Der rechtsgeschäftsähnlichen Zweckbestimmung ist aber als bloße Zuordnungsbestimmung lediglich die Benennung eines Schuldverhältnisses im engeren Sinn, jedoch keinerlei Aussage über die Person des Leistenden zu entnehmen. Eine solche Aussage kann auch nicht im Wege der Auslegung geschaffen werden. Die Ungeeignetheit eines derartigen, mit den Vorschriften der §§ 133, 157 BGB nicht zu vereinbarenden Vorgehens zeigt sich im Übrigen auch daran, dass die Lehre vom Empfängerhorizont Leistungsverhältnisse konstruiert, denen keine Zuwendung zugrunde liegt. Anhand der Zweckbestimmung als des finalen Elements einer Leistung lässt sich lediglich die Rechtsgrundlosigkeit der Leistung feststellen: Stimmt die erbrachte mit der im benannten Schuldverhältnis geschuldeten Leistung nicht überein, hat sich das Schuldverhältnis im engeren Sinn nicht durch Erfüllung in einen Behaltensgrund umgewandelt, weshalb die Leistung ihren Zweck verfehlt hat. Sie wurde somit rechtsgrundlos erlangt und muss rückabgewickelt werden. Der Ansatz eines einheitlichen Leistungsbegriffs und dem davon zu unterscheidenden Rückabwicklungsschuldverhältnis bestätigt sich eindrucksvoll bei der Bewältigung zweier exemplarischer Dreipersonenkonstellationen, nämlich der Anweisung in Gestalt der Bankanweisung und der Drittleistung. Die Besonderheit der Anweisungsfälle besteht nun darin, dass zwei Schuldverhältnisse derart verbunden sind, dass die Person des Anweisenden zugleich in einem der Schuldverhältnisse Gläubiger und im anderen Schuldverhältnis Schuldner eines identischen Gegenstandes ist. Die Stellung als Gläubiger erlangt der Anweisende dabei im Zuge der Anweisung, denn durch die Anweisung kommt zwischen ihm und der angewiesenen Bank gemäß § 676a Abs. 1 BGB ein Überweisungsvertrag als Kausalverhältnis zu-

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stande. Aus diesem folgt nach § 676a Abs. 1 S. 1 BGB das Schuldverhältnis im engeren Sinn, welches die Bank zur Gutschrift der Summe beim Gläubiger des Anweisenden verpflichtet. Davon zu unterscheiden ist das zwischen Anweisendem und drittem Empfänger bestehende Schuldverhältnis im engeren Sinn, in welchem der Anweisende dem Empfänger den angewiesenen Gegenstand schuldet. Aufgrund ihrer besonderen Struktur zeitigt die Anweisung rechtliche Auswirkungen zwangsläufig sowohl für das zwischen dem Anweisenden und dem Empfänger bestehende Valutaverhältnis als auch auf das zwischen der Bank und dem Anweisenden bestehende Deckungsverhältnis: Schreibt die Bank die angewiesene Summe dem Konto des Empfängers gut, hat nicht nur der Anweisende dem Empfänger, sondern auch die Bank dem Anweisenden gegenüber eine Leistung erbracht. Indes beruhen beide Leistungen nicht auf einer Zuwendung der Bank an den Empfänger. Zwischen diesen beiden findet lediglich die tatsächliche Wertbewegung statt. Dass die Bank in Bezug auf den Empfänger kein eigenes Vermögen eingesetzt hat, sieht man bereits daran, dass die Bank das Girokonto des Anweisenden vor Ausführung der Anweisung mit der angewiesenen Summe belastet. Folglich hat allein der Anweisende eigenes Vermögen in Richtung des Empfängers eingesetzt. Grundlage der Leistungen ist somit eine Zuwendung des Anweisenden an den Empfänger mit Hilfe der Bank als Erfüllungsgehilfin und eine Zuwendung der Bank an den Anweisenden, jeweils begleitet von einer Zuordnungsbestimmung des Anweisenden und einer Zuordnungsbestimmung der Bank. Erst die Unterwerfung der Bank unter die Anweisung begründet im Valutaverhältnis ihre Eigenschaft als Erfüllungsgehilfin und berechtigt sie, die angewiesene Summe vom Konto des Anweisenden abzubuchen. Die Anweisung spielt somit nicht nur für die Entstehung des Deckungsverhältnisses, sondern auch für die Erklärung der Zuwendung des Anweisenden im Valutaverhältnis eine entscheidende Rolle. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung unterwirft sich die Bank nicht der Tilgungsbestimmung des Anweisenden. Diese Behauptung ist nur vor dem Hintergrund umlenkender Tilgungsbestimmungen erklärbar. Infolge der Ablehnung umlenkender Tilgungsbestimmungen fehlt der vermeintlichen Unterwerfung unter die Tilgungsbestimmung das dogmatische Gerüst. Aber auch in praktischer Hinsicht kann eine vermeintliche Unterwerfung der Bank unter die Tilgungsbestimmung des Anweisenden nicht überzeugen. Deutlich wird das, wenn der Anweisende in seinem Überweisungsformular das Feld Verwendungszweck nicht ausgefüllt hat. Die Bank kann die Anweisung in diesem Fall unproblematisch ausführen, allerdings müsste sich sie etwas ihr völlig Unbekanntem unterwerfen, kennt doch die Bank in aller Regel die Schuldverhältnisse des Anweisenden zum Empfänger nicht. Obwohl der Verwendungszweck im Überweisungsformular enthalten ist, gehört die Angabe des Verwendungszwecks nicht zu den notwendigen Be-

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standteilen einer wirksamen Anweisung. Der Verwendungszweck ist nämlich nichts anderes als die an den Empfänger gerichtete Zuordnungsbestimmung im Valutaverhältnis. Dagegen sind Angaben über das Konto des Anweisenden, über den Empfänger und über die Höhe der angewiesenen Summe notwendige Bestandteile einer Anweisung. Nach dem Erhalt einer derart spezifizierten Anweisung weiß die Bank, von welchem Konto sie die angewiesene Summe gegenbuchen kann, auf welches Konto sie die Summe überweisen soll und kennt mit der Höhe der angewiesenen Summe den Anweisungsgegenstand. Auch im Valutaverhältnis einer Anweisungskonstellation lässt sich die Zuordnungsbestimmung somit von der Zuwendung unterscheiden. Der Verwendungszweck stellt die Zuordnungsbestimmung dar. Die Anweisung spielt hingegen für die Zuwendung die entscheidende Rolle, begründet doch erst die Unterwerfung der Bank unter die Anweisung ihre Eigenschaft als Erfüllungsgehilfin und erklärt den Vermögenseinsatz des Anweisenden. Führt diese, aus Zuwendung mittels Erfüllungsgehilfin und Zuordnungsbestimmung bestehende Leistung des Anweisenden den geschuldeten Erfolg in Form der Gutschrift auf dem Empfängerkonto herbei, erlischt das zwischen beiden bestehende Schuldverhältnis gemäß §§ 362 Abs. 1, 278 BGB durch Erfüllung. Anderenfalls steht dem Anweisenden ein Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu. Im Deckungsverhältnis stellt die Gutschrift der Summe auf das Konto des Empfängers eine Leistung der Bank an den Anweisenden dar. Für die Fälle der Bankanweisung folgt dies unmittelbar aus § 676a Abs. 1 S. 1 BGB. Gleiches gilt jedoch auch für alle anderen Anweisungsfälle. Jede Anweisung beinhaltet nämlich gemäß § 185 BGB die Ermächtigung des Angewiesenen, den im Deckungsverhältnis geschuldeten Gegenstand nicht dem Anweisenden, sondern dem Empfänger zu übergeben. Durch diese Ermächtigung erweitert der Anweisende seine Vermögenssphäre auf den Empfänger. Der Gegenstand gelangt durch die Übergabe an den ermächtigten Dritten aus dem Vermögen des Angewiesenen sogleich in das – erweiterte – Vermögen des Anweisenden. Entgegen des anders lautenden Wortlaut von § 362 Abs. 2 BGB leistet der Angewiesene nicht an den Empfänger, sondern allein an den Anweisenden. Durch die Übergabe des Gegenstandes an den Empfänger übernimmt der Angewiesene nämlich allein das Insolvenzrisiko des Anweisenden. Weil aber ein fremdes Insolvenzrisiko nur im Rahmen einer Leistungsbeziehung übernommen wird, liegt nicht zuletzt aus diesem Grund im Deckungsverhältnis eine Leistung des Angewiesenen an den Anweisenden vor. Daneben beinhaltet die in der Anweisung enthaltene Ermächtigung des Empfängers noch die Erteilung einer Außenvollmacht gemäß § 164 Abs. 3 BGB an den Empfänger zum Empfang der Zuordnungsbestimmung des Angewiesenen. Die Bank kann daher ihre an den Anweisenden adressierte Zuordnungsbestimmung dem Empfänger gegenüber

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abgeben. Sofern der Dritte den angewiesenen Gegenstand erlangt hat, tritt gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1, 183 BGB Erfüllung im Deckungsverhältnis ein. Am deutlichsten wird die Bedeutung der Anweisung für die Begründung der Zuwendungen im Deckungs- und im Valutaverhältnis in den Fällen, in denen es an einer Anweisung fehlt, die Bank aufgrund eines Versehens gleichwohl vom Vorliegen einer Anweisung ausgeht und eine Summe auf dem Konto des Empfängers gutschreibt. Da es an einer Anweisung fehlt, handelt die Bank nicht als Erfüllungsgehilfin des Anweisenden, weshalb die Bank auch nicht das Konto des Schuldners mit der überwiesenen Summe belasten kann. Dies erhellt, dass die dem Empfänger überwiesene Summe nicht aus dem Vermögen des vermeintlich Anweisenden, sondern letztlich aus dem Vermögen der Bank stammt. Eine Leistung des vermeintlich Anweisenden scheidet folglich aus. Der Bank fehlt es hingegen in Bezug auf den Empfänger am Zuwendungsbewusstsein. Sie geht vielmehr vom Vorliegen einer Anweisung und der damit verbundenen Ermächtigung gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1, 183 BGB aus. Mit ihrer Gutschrift auf dem Empfängerkonto will sie allein das Vermögen des vermeintlich Anweisenden, nicht aber des Empfängers mehren. Auch eine Leistung der Bank an den Empfänger liegt demnach nicht vor. Stattdessen stellt sich die Situation der Bank so dar, als hätte sie eigene statt fremder Kohlen verheizt. Allenfalls kommt eine Leistung des Schuldners als des vermeintlich Anweisenden trotz fehlender Anweisung unter Rechtsscheinsgesichtspunkten in Betracht. Dazu bedarf es, neben der Schutzbedürftigkeit des Empfängers, vor allem des Vorliegens eines dem vermeintlich Anweisenden zurechenbaren Rechtsscheintatbestandes. Da der Schuldner weder die Bank angewiesen noch eine Zuordnungsbestimmung abgegeben hat, bleibt als Rechtsscheinsträger eigentlich nur die vermeintliche Zuordnungsbestimmung des Schuldners übrig, welche die Bank dem Empfänger zusammen mit der Gutschrift überbringt. Dennoch ist die Zweckbestimmung kein geeigneter Rechtsscheinträger. Stattdessen zeigen die in den §§ 171, 172, 892, 932 ff. BGB gesetzlich normierten Fälle einer Rechtsscheinhaftung, dass Träger des Rechtsscheins immer ein tatsächlicher Umstand wie etwa der Besitz, das Grundbuch oder die Vollmachtsurkunde, niemals aber die bloße Behauptung vom Vorliegen des einschlägigen Tatbestandes seitens des ermächtigungslos Handelnden ist. Tatsächlicher Teil einer Leistung ist aber allein die Zuwendung in Form der Gutschrift auf dem Empfängerkonto, als deren Urheber der vermeintlich Anweisende erscheint. Für die Begründung der Zuwendung des Schuldners an den Empfänger wiederum hat sich die Anweisung als maßgeblich erwiesen. Es wird nur dann der Anschein einer Leistung des Schuldners mittels der Bank als Erfüllungsgehilfin erweckt, wenn der Empfänger bei Erhalt der Gutschrift davon ausgehen darf, sie beruhe auf einer

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Anweisung des Schuldners. Nicht die Zweckbestimmung ist also Träger des Rechtsscheins, sondern die Zuwendung, sofern aus ihr der Schuldner als Anweisender hervorgeht. Dieser Schein der Anweisung muss dem Schuldner zurechenbar sein, was analog §§ 170 ff. BGB der Fall ist, wenn der Schuldner die Gutschrift veranlasst und nicht alles Zumutbare unternommen hat, um den Rechtsschein einer wirksamen Anweisung zu verhindern. Nicht nur bei der Anfechtung, sondern auch beim Widerruf der Anweisung ist eine Zurechnung demnach möglich, wenn der Empfänger vom Anweisenden nicht über die Anfechtung bzw. den Widerruf der Anweisung informiert wird. Schließlich darf der Empfänger nicht bösgläubig bezüglich des Fehlens der Anweisung sein. Entgegen dem Wortlaut des § 173 BGB reicht dafür leicht fahrlässige Unkenntnis vom Fehlen der Anweisung noch nicht aus. Entsprechend § 935 Abs. 2 BGB schließt erst positive Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Empfängers vom Fehlen der Anweisung die Zurechnung aus. Sind sowohl Anweisender als auch Empfänger Kunden der angewiesenen Bank, entsteht eine der angenommenen Anweisung gemäß § 784 BGB vergleichbare Situation, sieht sich doch die Bank beim Hausgiro ebenfalls zwei inhaltsgleichen Forderungen auf Gutschrift der angewiesenen Summe an den Empfänger ausgesetzt: der Forderung des Anweisenden gemäß § 676a Abs. 1 S. 1 BGB und der Forderung des Empfängers gemäß § 676g Abs. 1 S. 1 BGB. Auch hier gilt jedoch, dass eine Zuwendung nur eine einzige Leistung tragen und das Leistungsverhältnis nicht vom Zuwendungsverhältnis abweichen kann. Entgegen der herrschenden Lehre liegen weder bei der angenommenen Anweisung noch beim Hausgiro drei Leistungen – eine direkte Leistung der Bank an den Empfänger sowie eine indirekte Leistungen der Bank an den Anweisenden und eine indirekte Leistung des Anweisenden an den Empfänger – vor. Danach würde es nämlich zwei Leistungen an den Empfänger geben, eine Leistung der Bank und eine Leistung des Anweisenden. Voraussetzung zweier Leistungen an den Empfänger wäre jedoch das Vorliegen einer zweifachen Zuwendung, mithin die zweifache Wertverschaffung. Anderenfalls könnte nicht jede der beiden Leistungen zur Erfüllung führen, setzt diese doch den Eintritt des geschuldeten Erfolges, mithin die Verwirklichung des sachlichen Schuldinhalts, zwingend voraus. Dem Empfänger wird die angewiesene Summe jedoch auch bei der angenommenen Anweisung nur einmal gutgeschrieben. Ihm gegenüber können nicht zwei Leistungen erbracht worden sein. Wie schon im Normalfall der Anweisung ordnet sich die Bank bei der angenommenen Anweisung der Anweisung des Anweisenden unter und belastet im Gegenzug dessen Konto mit der angewiesenen Summe. Die Gutschrift auf dem Empfängerkonto stammt abermals aus dem Vermögen des Anweisenden. Letztlich liegt auch bei der angenommenen Anweisung nur eine Leistung des Anweisen-

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den an den Empfänger mittels der Bank als Erfüllungsgehilfin vor. Zwischen Bank und Empfänger liegt dagegen keine Leistung, sondern eine schlichte Wertbewegung vor. Um zu erklären, wie die aus § 676g Abs. 1 S. 1 BGB erwachsene Forderung des Empfängers gegen die Bank erlischt, muss auf die bereits bei den unvollkommenen Verbindlichkeiten bedeutsame Unterscheidung zwischen Schuldverhältnis im engeren Sinn und Anspruch zurückgegriffen werden. Allein das Schuldverhältnis im engeren Sinn wandelt sich durch Erfüllung in einen Behaltensgrund um. Den Anspruch als Durchsetzungsmittel bedarf es dann nicht mehr, er erlischt im Zuge der Erfüllung. So wie es mit den unvollkommenen Verbindlichkeiten Schuldverhältnisse im engeren Sinn ohne Durchsetzungselemente gibt, kann nun ein Schuldverhältnis im engeren Sinn ausnahmsweise mit zwei Forderungen als Durchsetzungselementen verbunden sein. Die Besonderheit dieser zweifachen Forderungsbewehrung besteht darin, dass eine der Forderung nicht zwischen den Beteiligten des Schuldverhältnisses im engeren Sinn existiert, sondern einem durch das Kausalverhältnis begünstigten Dritten zwecks Verbesserung seiner Rechtsposition zusteht. Beim Hausgiro bzw. der angenommenen Anweisung besteht das – doppelt forderungsbewehrte – Schuldverhältnis im engeren Sinn als künftiger Behaltensgrund lediglich zwischen angewiesener Bank und Anweisenden. Neben einer Forderung im Verhältnis Bank und Anweisende existiert zusätzlich eine Forderung des Empfängers gegen die Bank, ohne das zwischen diesen beiden ein Schuldverhältnis im engeren Sinn besteht. Dem durch die Annahme der Anweisung begünstigten Empfänger wird durch das Gesetz lediglich eine schlichte Forderung als zusätzliches Durchsetzungsmittel im Hinblick auf das zwischen Bank und Anweisenden bestehende Schuldverhältnis im engeren Sinn eingeräumt. Diese schlichte Forderung ist von dem zwischen Anweisendem und Bank bestehenden Schuldverhältnis im engeren Sinn insofern abhängig, als dass sie erlischt, wenn sich das Schuldverhältnis im engeren Sinn in einen Behaltensgrund umwandelt. Im Gegensatz zur Anweisungsleistung setzt der Dritte bei der Drittleistung gemäß § 267 BGB bewusst eigenes Vermögen in Richtung eines fremden Gläubigers zur Erfüllung eines fremden Schuldverhältnisses im engeren Sinn ein. Durch diese Zuwendung übernimmt der Dritte nicht das Insolvenzrisiko des Schuldners, sondern des fremden Gläubigers. Folglich steht es allein ihm zu, durch die Zuordnungsbestimmung das erlöschende Schuldverhältnis festzulegen. Auch die Leistung des Dritten besteht mithin aus einer Zuwendung und einer Zuordnungsbestimmung. Führt die Leistung des Dritten nicht nach § 362 BGB zur Erfüllung, steht ihm gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ein Anspruch aus Leistungskondiktion gegen den Gläubiger zu. Um eine Drittleistung gemäß § 267 BGB handelt es sich auch bei der so genannten „veranlassten“ Drittleistung, welche sich dadurch aus-

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zeichnet, dass der Dritte nicht spontan und aus eigenem Antrieb, sondern auf eine Veranlassung des Schuldners hin tätig wird. So kann der Schuldner den Dritten etwa bitten, seine Schuld beim Gläubiger zu begleichen. Diese Art der Veranlassung erreicht jedoch nicht die Qualität einer Anweisung. Der Dritte kann dieser Bitte entsprechen, muss es aber nicht. Im Gegensatz zur Anweisung ist er dem Schuldner nicht zur Leistung an den Gläubiger verpflichtet, weshalb es zugleich an einem Deckungsverhältnis mit einem Schuldverhältnis im engeren Sinn fehlt. Der Dritte trifft bei der „veranlassten“ Drittleistung die Entscheidung über die Vornahme der Zuwendung autonom. Kein Fall einer so verstandenen „veranlassten“ Drittleistung ist dagegen die Leistung des Versicherers an den Geschädigten nach Mitteilung des Schadens seitens des versicherten Schädigers. Vielmehr stellt die Leistung des Versicherers eine echte Anweisungsleistung dar. Der dogmatische Unterschied zwischen „veranlasster“ Drittleistung und Anweisungsleistung ist essentiell. Es ist eben nicht zufällig, wer die Tilgungsbestimmung abgibt. Die Zuordnungsbestimmung wird vielmehr immer nur von demjenigen abgegeben, der durch seine Zuwendung das Insolvenzrisiko des Zuwendungsempfängers übernommen hat. Die Versicherung übernimmt nun mit Auszahlung der Versicherungssumme nicht das Insolvenzrisiko des Geschädigten, sondern ihres Versicherten. Dessen Freistellungsanspruch will sie erfüllen, diesem Schuldverhältnis im engeren Sinn ordnet sie ihre Zuwendung zu. Der einheitliche, aus Zuwendung und Zuordnungsbestimmung bestehende Leistungsbegriff beansprucht innerhalb des Bereicherungsrechts über Leistungen solvendi causa hinaus allgemeine Geltung. Für die condictio indebiti gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB bedeutet das, dass keine anderen Leistungszwecke als die Erfüllung eines Schuldverhältnisses anzuerkennen sind. Jede bereicherungsrechtliche Leistung dient allein dem Zweck der Erfüllung eines Schuldverhältnisses im engeren Sinn. Ausgangspunkt dieser Erkenntnis ist die Beachtung des im bürgerlichen Recht geltenden Trennungsprinzips. Danach muss auch in der Auseinandersetzung mit der Kress’schen Zwecklehre zwischen der Eingehung und Abwicklung eines Schuldverhältnisses unterschieden werden. Leistungen sind im Hinblick auf das zu erfüllende Schuldverhältnis grundsätzlich abstrakt. Für kausale Zuwendungen bedarf es nämlich der wertungsmäßigen Korrektur des Trennungsprinzips durch das Bereicherungsrecht nicht. Leistungen werden also allein auf der Ebene der Abwicklung von Schuldverhältnissen vollzogen. Daraus folgt, dass die Eingehung oder die Änderung eines Schuldverhältnisses unter Geltung des Trennungsprinzips keine tauglichen Leistungszwecke darstellen, betreffen sie doch, wie sich § 311 Abs. 1 BGB entnehmen lässt, nicht die Ebene der Abwicklung eines Schuldverhältnisses. Die Zwecke der Heilung, der Sicherung und der Vorausleistung betreffen zwar grundsätzlich die Ebene der Abwicklung eines Schuldverhältnisses. Allerdings wird auch

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bei diesen vermeintlich eigenständigen Leistungszwecken letztlich solvendi causa geleistet. Schließlich werden Leistungen im Zuge eines Handgeschäfts nicht zur Begründung eines Kausalgeschäfts, sondern solvendi causa erbracht. Das Trennungsprinzip gebietet die Unterscheidung in Verpflichtung und Verfügung nämlich auch dann, wenn beide Geschäfte – wie bei den Handgeschäften – zeitlich unmittelbar zusammenfallen. Neben den Leistungen im Rahmen der condictio indebiti erfolgen auch Leistungen im Rahmen der condictio ob rem gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zum Zwecke der Erfüllung. Die Besonderheit von Leistungen causa ob rem besteht darin, dass das zu erfüllende Schuldverhältnis im engeren Sinn das Nichtigkeitsverdikt des Kausalverhältnisses teilt. Die Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts muss dabei auf dessen Inhalt beruhen, weil dieser die gesetzlichen Grenzen der Vertragsfreiheit überschreitet. Bei Nichtigkeit aufgrund der Art und Weise des Zustandekommens der Einigung ist dagegen die condictio indebiti einschlägig. Trotz dieser historisch bedingten Besonderheit weicht der Leistungsbegriff der condictio ob rem nicht vom Leistungsbegriff der condictio indebiti ab. Auch eine Leistung causa ob rem besteht aus einer Zuwendung und einer Zuordnungsbestimmung des Zuwendenden. Nur wird die Zuwendung bei einer Leistung causa ob rem einem rechtlich nicht wirksamen Schuldverhältnis im engeren Sinn zugeordnet. Abgesehen von historischen Gründen rechtfertigt sich die separate Normierung der condictio ob rem in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB wegen des von der condictio indebiti abweichenden Rechtsgrundverständnisses. Aufgrund der Nichtigkeit des Kausalgeschäfts existiert kein rechtswirksames Schuldverhältnis im engeren Sinn, welches sich im Wege der Erfüllung in einen Behaltensgrund umwandeln könnte. Deshalb muss bei der condictio ob rem – eigentlich nicht systemgerecht – direkt auf das nichtige Verpflichtungsgeschäft abgestellt werden. Das Wort Rechtsgeschäft im Tatbestand des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB verschlüsselt nämlich keine irgendwie geartete vertragliche Zweckbestimmung, sondern allein das nichtige Kausalverhältnis. Im Sinne des kausalen do ut des rechtfertigt erst der Erhalt der nicht geschuldeten Gegenleistung das Behalten der Leistung durch den Partner des nichtigen Kausalgeschäfts. Mit dem Erhalt der nicht geschuldeten Gegenleistung als Behaltensgrund für die eigene Leistung wird genau genommen die beiderseitige „Erfüllung“ der nichtigen Absprache zum Rechtsgrund der condictio ob rem gemacht. Begrenzt man den Anwendungsbereich der condictio ob rem auf die Rückabwicklung wegen ihres Inhalts nichtiger Kausalgeschäfte, beantwortet sich damit zugleich die umstrittene Frage nach ihrem Verhältnis zur Störung der Geschäftsgrundlage: Die Störung der Geschäftsgrundlage setzt einen wirksamen Vertrag voraus, die condictio ob rem eine unwirksame Absprache. Eine Überschneidung beider Institute ist folglich ausgeschlossen.

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Bei der in § 817 S. 1 BGB normierten condictio ob turpem vel iniustam causam handelt es sich um einen Spezialfall der condictio ob rem. Zweck einer Leistung ob turpem vel iniustam causam ist daher ebenfalls die „Erfüllung“ eines nichtigen Schuldverhältnisses im engeren Sinn. Die Nichtigkeit des Kausalverhältnisses beruht abermals auf einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten. Condictio ob rem und Condictio ob turpem vel iniustam causam unterscheiden sich jedoch hinsichtlich des Behaltensgrundes. Haben beide Parteien ihre durch die nichtige Absprache vereinbarten Leistungen erbracht, ist der Zweck der condictio ob rem erreicht. Eine Rückabwicklung nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB scheidet aus. Mit der condictio ob rem kann nur bei Ausbleiben der Gegenleistung und nur kondiziert werden, wenn nicht der Ausschlusstatbestand des § 815 BGB eingreift. Dagegen ermöglicht die condictio ob turpem vel iniustam causam des § 817 S. 1 BGB die Rückabwicklung trotz Zweckerreichung und selbst bei Eingreifen des § 815 BGB. Sinn und Zweck des § 817 S. 1 BGB ist es nämlich, die Perpetuierung sitten- oder gesetzwidriger Zustände durch Vollzug nichtiger Absprachen zu verhindern. Weil es sich bei der condictio ob turpem vel iniustam causam nur um einen Unterfall der condictio ob rem handelt, findet der in § 817 S. 2 BGB normierte Ausschlusstatbestand zwar auf die condictio ob rem, nicht jedoch auf die condictio indebiti Anwendung. Da sich der Sitten- oder Gesetzesverstoß bei der condictio ob turpem vel iniustam causam, wie schon bei der condictio ob rem, anhand des Inhalts des Kausalverhältnisses beurteilt, kann es einen lediglich einseitigen Sitten- oder Gesetzesverstoß des Leistenden nicht geben. Vielmehr liegt mit dem Abschluss des nichtigen Kausalgeschäfts stets ein beiderseitiger Verstoß gegen die guten Sitten oder ein gesetzliches Verbot vor. Angesichts des in § 817 S. 2 BGB normierten Ausschlusstatbestandes scheint der Bereicherungsanspruch des § 817 S. 1 BGB keinen Anwendungsbereich zu besitzen. Jedoch verfolgt auch der Ausschlusstatbestand des § 817 S. 2 BGB den Zweck, die Perpetuierung sitten- oder gesetzwidriger Zustände zu verhindern. Deshalb besteht ein Anspruch aus § 817 S. 1 BGB immer dann, wenn ausnahmsweise nicht der Vollzug, sondern die Rückabwicklung die Sittenwidrigkeit oder den Gesetzesverstoß des Kausalgeschäfts perpetuiert. In diesen Fällen wird der Anwendungsbereich des § 817 S. 2 BGB teleologisch reduziert. Praktisch besteht ein Bereicherungsanspruch gemäß § 817 S. 1 BGB immer dann, wenn gerade das Fehlverhalten einer Partei gegenüber der anderen Partei den Sitten- oder Gesetzesverstoß der Absprache begründet, etwa wenn sich der Leistende aus hinnehmbaren Gründen einer gesetz- oder sittenwidrigen Forderung des Empfängers beugt. Sowohl im Rahmen des Erfüllungsrechts als auch im Rahmen des Bereicherungsrechts bedeutet „Leistung“ die bewusste und freiwillige Mehrung des Empfängervermögens, welche vom Zuwendenden einem Schuldverhält-

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nis im engeren Sinn zugeordnet wird. Dieses Schuldverhältnis im engeren Sinn muss weder forderungsbewehrt noch rechtlich wirksam sein. Der Tilgungs- oder Zweckbestimmung genannten Zuordnungsbestimmung kommt einzig und allein die Aufgabe zu, dass Schuldverhältnis im engeren Sinn zu benennen, welches der Leistende erfüllen will. Zuwendung und Zuordnungsbestimmung bilden den tatsächlichen und den rechtsgeschäftsähnlichen Teil einer Leistung. Um die Einheitlichkeit des Leistungsbegriffs begrifflich herauszuheben, wird statt der Begriffe Tilgungs- und Zweckbestimmung die einheitliche Verwendung des Begriffes Zuordnungsbestimmung empfohlen.

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672

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– Zweites Buch, Recht der Schuldverhältnisse §§ 812–822, Berlin 1999 (zitiert: Staudinger/Bearbeiter) Wassermann, Rudolf: Reihe Alternativkommentare. Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch in sechs Bänden – Band 2 – Allgemeines Schuldrecht (§§ 241–432), Neuwied/Darmstadt 1980 (zitiert: AK-BGB/Bearbeiter) – Band 3 – Besonderes Schuldrecht (§§ 433–853), Neuwied/Darmstadt 1979 (zitiert: AK-BGB/Bearbeiter)

Sachwortverzeichnis Abgekürzte Lieferung 424, 427, 440, 443, 458, 494 Ablehnungsrecht 52, 76, 124, 195, 509 Abstraktionsprinzip 149, 168 f., 204, 214, 259, 341, 345 f., 341 f., 345, 528, 549, 559 ff., 574 Actiones 357, 520 f., 565 f. Akzessorität 465 f., 537 Aliud 114 ff., 127 ff., 170, 200, 625 Alternativität von Erfüllung und Kondiktionsanspruch 73, 266, 315, 330, 412 Analogie 44, 94, 197, 245, 270 ff., 291 ff., 379 f., 436 ff., 454 – Gesetzliche 379 ff., 436 ff., 454 f. – Regelungslücke 291 f., 592 – Voraussetzungen 291 ff. Anfechtung 37, 122, 251, 272, 329, 470, 488 ff., 571, 607 – der Anweisung 492 ff. – der Zuordnungsbestimmung 328 Annahmeverzug 109, 124, 150 ff., 168 f., 204, 250 Anscheinsvollmacht 491 Anspruch als Durchsetzungselement 326 f., 464 ff., 513 Antizipierte Tilgungsbestimmung 315 ff., 431, 481 Anweisung 203, 270, 311, 347, 376, 372, 374, 378, 398 ff., 423 ff. – Abgekürzte Lieferung 424, 427, 440, 443, 458, 494 – Angenommene 374, 462 ff. – Bankanweisung 424 ff. – Doppelfunktion 451, 486, 513 – Echte Anweisung 424, 506

– Einseitiges Rechtsgeschäft 445 – Ermächtigung des Empfängers 452, 455 – Erweiterung der Vermögenssphäre 451 f., 488 – Fehlende Anweisung 424, 469 ff. – im weiteren Sinn 424 – Leistungsbeziehungen 423 ff. – Stellvertretung 454 f., 488 ff., – Umlenkende Anweisung 409 – Unwirksame Anweisung 486 f. – Widerruf 467 – zur Begründung der Zuwendung 411, 436, 445, 463, 511 Aufrechnung 37, 97 ff., 111, 112 f., 118 f., 146, 171 f., 189 f., 239, 301, 318, 509 Auslegung 44, 46, 55 ff., 60 ff., 150, 201 f., 213, 244 ff., 270 ff., 291, 316, 328, 331, 411 ff., 427, 502, 515, 617 – Auslegungsgrundsätze 280 – gesetzliche Auslegungsregeln 245 ff., 318, 320, 427 – nach dem objektiven Empfängerhorizont 201, 214, 247, 264, 270 ff., 316, 318 ff., 411 ff., 476 f., 501, 515 Bankanweisung 116, 381, 402, 420, 424 ff., 511 – Bestandteile 425 ff., 457 – Drittleistung 437, 474 ff. – Erfüllung im Deckungsverhältnis 447 ff. – Erfüllung im Valutaverhältnis 429 ff. – Fehlende Anweisung 468 ff.

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Sachwortverzeichnis

– Forderung im Deckungsverhältnis 447 f. – Girovertrag 447, 470, 489 – Hausgiro 461 ff. – Leistungen bei vorhandener Anweisung 398 – Rückabwicklung 457 ff. – Überweisungsvertrag 447, 454, 455, 462, 469, 474, 495 – Verwendungszweckangabe 425 ff., 446 – Zuwendung im Valutaverhältnis 431 ff. Bereicherungsgegenstand 347, 370 – Gegenständlichkeit 335, 356, 511 – Vermögensorientierung 344, 347 – Vermögenswert 333, 511 Bereicherungsrecht – Billigkeitsrecht 341 ff., 366, 580 – Einheitslehre 344, 347 f., 349, 352, 378 f., 384, 401 – Güterbewegung 309, 345, 348, 369, 377, 517, 559 – Güterschutz 345, 348, 360 – Historische Entwicklung 342 ff. – Rechtsnatur 342 ff. – Rechtsfortwirkeanspruch 345, 359 f., 415, 459, 611 – Trennungslehre 348 ff. – Trennungsprinzip und Ausgleichsordnung 341, 345 f., 384 Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung – anhand des Leistungsbegriffs (Zweckverfehlung) 72, 282, 290, 331, 354, 385, 496, 515, 534, 568, 619 ff. – anhand des Merkmals „auf Kosten“ 347, 352 f., 378 f., 401, 405, 409, 499, 511 – bei Drittleistung 377 f., 390, 502 ff. – bei Inkongruenz von Forderung und Kausalverhältnis 371 ff.

– bei Mehrheit von Forderungen aus einem Kausalverhältnis 374, 462 ff. – Berücksichtigung der Wertungen von Canaris 381 f. – im Kausalverhältnis 390 ff. – mit Hilfe von Analogien 379 ff., 436 ff., 454 f. – Orientierung am Rücktritt 377, 396 Bereicherungsrechtlicher Leistungsbegriff 60, 65, 167, 291, 328 ff., 340 ff., 350 ff., 363 ff., 397 ff., 399, 404, 407 ff., 431, 510 ff., 527 f., 568, 573, 576, 608, 618 – Auslegung der Zweckbestimmung 321 f., 411 ff., 501 – Begriffsgewinnung von der Rechtsfolge her 336 – Bewusste Mehrung fremden Vermögens 462, 476, 498, 513 – Funktionen des Leistungsbegriffs nach h. M. 352 ff., 369, 370 ff., 377, 385, 389, 396, 408, 419 – Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff 439, 440, 363 ff. – Kürzel für Wertungen der Rückabwicklung 340, 369, 377 – Leistung für Rechnung des Anweisenden 439, 440, 450 – Leistung ohne Zuwendung 398 ff. – Leistung ohne Zweckbestimmung 331 f., 408 ff., 437 – Leistungsversuch 497 – Simultanleistungen 405 ff., 463 – Überbewertung der Zweckbestimmung 329, 368, 407, 411, 434 f., 496, 504 – Umlenkende Zweckbestimmung 278, 398 ff., 405, 407, 431, 433 ff., 443, 445, 475, 481 – und Erfüllungsrecht 330, 336, 396, 423, 517, 618 – und konsensuale Erfüllung 433 ff., 450, 517 – und objektive Erfüllung 331 f., 408 ff., 437

Sachwortverzeichnis

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– Zweckgerichtetheit 60, 67, 168, 214, 328, 331, 336, 350 ff., 363 ff., 396 ff., 407 ff., 431, 510, 527 f., 568, 576, 608 – Zweckvereinbarung 167, 434 ff., 450, 517 Beschränkte Vertragstheorie 138, 154 ff., 163, 176, 192 Besitzwille 261 Bote 91, 203, 229, 311, 313, 423, 431, 438, 474 f., 488, 506, 508, 515 Bürgschaft 87 f., 205, 538

– Erpressungsähnliche Situation 602, 610 – Geschichte 600 f. – Kondiktionssperre 610 ff., 615 – Leistungszweck 608 ff. – Perpetuierungsverhinderung 604, 605, 611 – Rückabwicklung trotz Zweckerreichung 603 – Sitten- oder Gesetzesverstoß des Kausalgeschäfts 605 ff., 609 Condictio sine causa 310, 344

Causa-Begriff 519 ff., 528 ff. Condictio indebiti 94, 71, 105, 290 f., 330, 342, 510, 515, 516, 543 f., 565 ff., 589, 598 ff., 615 f. – Anspruchsausschluss 287, 290 ff., 310, 533, 544 f., 605 Condictio ob causam finitam 331, 343 Condictio ob rem – Abgrenzung zur Störung der Geschäftsgrundlage 579 ff. – Anspruchsausschluss 544 ff., 604 f. – Erhalt der nicht geschuldeten Gegenleistung 570 ff. – Geschichte 565 ff. – Handgeschäfte 585 f. – Inominatkontrakte 520, 565, 568 – Leistungszweck 573 ff. – Rechtsgrund 575 f. – Sitten- oder Gesetzesverstoß des Kausalgeschäfts 574 – Veranlassungsfälle 585 ff. – Verstoß gegen inhaltliche Grenzen der Vertragsfreiheit 565, 569, 572, 585, 588, 594, 598 – Vorausleistung 583 Condictio ob turpem vel iniustam causam 343, 600 ff. – als Spezialfall der condictio ob rem 600, 602, 615 – einseitiger Sittenverstoß 605 f., 615 f.

Dauerauftrag 491 f. Deckungsverhältnis 407, 421, 427 ff., 435, 443, 446 ff., 457 ff., 463 ff., 469 ff., 495 ff., 506, 508, 513 Direktkondiktion siehe Durchgriff Doppelmangel 460 Dreipersonenkonstellation 276, 308, 363, 311, 420 ff., 423 Dreipersonen- oder Dreiecksverhältnis 420 ff. – Echtes Dreipersonenverhältnis 422 – Unechtes Dreipersonenverhältnis 422, 500 Drittleistung 52, 89 ff., 104 ff., 154, 177, 242, 367, 420, 437, 474 ff., 501 ff., 505 ff., 544, 547 – Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung 502 ff. – Leistungsgehilfe 52, 203 – Übernahme Insolvenzrisiko 104 ff., 177, 203, 392 ff., 438, 474 ff., 502 f., 507 – Veranlasste Drittleistung 505 ff. – Zuordnung der Zuwendung 79, 195 f., 201 Durchgangserwerb, dinglicher 439 ff., 450 Durchgriff 352, 357, 390, 460, 499, 508 Durchlieferung siehe abgekürzte Lieferung

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Sachwortverzeichnis

Ehe 589 f. Eigentümer-Besitzer-Verhältnis 307 f. – Konkurrenz zum Bereicherungsrecht 307 f. Eingriffskondiktion – Rechtsfortwirkeanspruch 345 ff., 350, 360, 459, 611 – Rechtsgüterschutz 345, 348, 360 Einheitlicher Leistungsbegriff 167, 179, 328 ff., 517 ff. – Abweichende Leistungszwecke 335 ff., 520 ff., 564 ff. – Identität der Leistungsbegriffe 330, 396, 423, 618 – Leistung als Handlung 60 ff., 332, 351 – und Herbeiführung eines Erfolges 335 – Vermögenswert des Geleisteten 333, 511 – Zusammenhang zwischen erfüllungsund bereicherungsrechtlichem Leistungsbegriff 330 ff., 517 Einheitslehre 344, 347 f., 349, 352, 378 f., 384, 401 – Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung 347 f., 379, 401 Einwendungserhalt 381 Einzugsermächtigung 244 Empfangsermächtigung 49, 452, 455 Empfangsvertreter 47, 455 Empfangszuständigkeit 47, 184, 185, 226 ff., 230 Entreicherung 223, 276 f., 283 ff., 300, 307, 343 f., 351, 460, 478, 499 – Verschärfte Haftung (Bösgläubigkeit) 283 ff. – Luxusaufwendungen 300 Erbeinsetzung 591 f. Erfüllung – als Ergebnis eines Vergleichs 73, 266, 315, 340, 412 – Bewirken als Erfolgsverschlüsselung 55 ff.

– durch Zwangsvollstreckung 38 – Gläubigerbefriedigung 41, 52, 96, 102, 111, 117, 227, 264, 335, 406, 425, 451 – Künftiger Schuldverhältnisse 542 ff., 556, 585 – Naturalobligationen 326 f., 397, 464 ff., 513, 571, 577 – Realleistungen 147, 157, 161, 173, 178, 186, 191, 209, 232 f., 296 – Schulderhaltende Erfüllungsakte 41, 266 – Tatbestandswirkung 171, 182, 189, 326 – Unbewusste 185 f., 209 ff., 319 – Unterlassen 154, 173, 177, 186, 232, 234 ff. – Verhältnis Leistung und Erfolgseintritt 49, 67, 298, 335 – Verwirklichung des sachlichen Schuldinhalts 38, 41, 52, 53 ff., 70 f., 96, 136, 139, 154, 159, 174, 195, 335, 450 – Willenswirkung 140, 165, 171, 174, 263 f. – Zuordnungsproblematik 69 ff. Erfüllungsersetzungen 97, 118, 170, 178, 190, 240 Erfüllungsgehilfe 52, 90 ff., 104 f., 197, 203, 242, 278, 401, 405, 413, 434, 444 f., 471 ff., 484 – Unterwerfung unter die Tilgungsbestimmung 445 f. – Unterwerfung unter die vorhandene Anweisung 441, 436, 445, 463, 511 Erfüllungssurrogate 38, 98 ff., 122 ff., 119 f., 127, 153, 189, 240, 301 – Aufrechnung 98, 101 – Hinterlegung 37, 101, 109, 112, 119, 152, 189, 195, 240 Erfüllungstheorien 134 ff. – Beschränkte Vertragstheorie 138, 154 ff., 163, 176, 192 – Finale Leistungsbewirkung 139, 187 ff., 192 ff.

Sachwortverzeichnis – Historische Entwicklung 134 ff. – Reale Leistungsbewirkung 138, 181 ff., 191 ff., 437 – Theorie des einseitigen Erfüllungsgeschäfts 85, 174 ff. – Vertragstheorie 134, 136, 139 ff. – Zweckvereinbarungstheorie 109 ff., 139, 163 ff., 179, 187, 305, 433 ff., 450, 517, 529 Erlass 37, 118, 135, 168, 178, 186 Ersetzungsbefugnis 117, 127 ff., 200 – Antizipierte Annahme an Erfüllungs Statt 127 f. – bei Inzahlungnahme 131 ff. Evidenz 80 ff., 95, 166, 182, 195 ff., 201 f., 208, 210, 254, 257, 495 Faktisches Synallagma 284 Falsus procurator 488 Fehlende Anweisung 469 ff. – Angefochtene Anweisung 470, 488 f., 492 – Doppelüberweisung 469, 485 – Gefälschte Anweisung 470, 485 – Leistung aus Rechtsscheinsgesichtspunkten 476 ff., 495 – Leistung im Deckungsverhältnis 495 f. – Leistung im Valutaverhältnis 472 ff. – Rückabwicklung 496 ff. – Widerrufene Anweisung 470, 366, 488 f., 489 ff. – Zuvielüberweisung 469, 486 Fehleridentität 608 Forderung als Durchsetzungselement 326 f., 463 ff., 513 Forderungsmehrheit 82 ff., 94, 99 f., 186, 242, 243 ff., 256, 374, 462 ff. Funktionen des Leistungsbegriffs nach h. M. – Bestimmung der Rechtsgrundlosigkeit 354

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– Bestimmung des Bereicherungsgegenstandes 356 – Bestimmung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses 354, 368 ff. – Ersetzung des Merkmals „auf Kosten“ 352 – Festlegung des Leistungsverhältnisses 354 Geheißerwerb 415, 418, 494 – Scheingeheißerwerb 413 ff. Generalklausel 293, 344, 381, 384, 601 – Bereicherungsrechtliche Generalklausel 344, 381, 384, 601 Geschäftsgrundlage 445, 579 ff. – Störung der Geschäftsgrundlage 579 ff. Gesetzliche Analogien 379 ff., 436 ff., 454 f. Gewährleistungsrecht 77, 216, 223, 554, 516 Giroüberweisung siehe Bankanweisung Grenzen der Privatautonomie 565, 569, 572, 583, 588, 594, 598 Grundschuld 86 Güterschutz 236, 345, 348, 360 Handgeschäfte 199 f., 518, 534, 547 ff., 564, 583 f. – Handdarlehen 555 ff. – Handkauf 553 f. – Handschenkung 557 ff. – Leistungszweck 547 ff. – Rechtsgrundabrede 548, 551, 554, 556, 557 – unter Geltung des Trennungsprinzips 549 ff. Heilung 206 ff., 540, 560, 577, 585 f. Hilfsperson siehe Erfüllungsgehilfe Hinterlegung 37, 101, 109, 112, 118, 189, 195, 240 Höchstpersönliche Leistungspflicht 50, 94, 210, 242, 254

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Sachwortverzeichnis

Inominatkontrakte 520, 565, 568 Insolvenzrisiko, Übernahme 104 ff., 177, 203, 280, 392 ff., 412, 419, 456, 459, 472, 476, 498 ff., 501, 513 Interessenausgleich 69, 74 f., 103 ff., 248, 267 Kondiktion des Kondiktionsanspruchs 499 Kondiktionssperren 283, 290 ff., 310, 532 f., 544 ff., 604 f., 610 ff. – § 814 BGB 283, 290 ff., 310, 544 ff., 605 – § 815 BGB 544 ff., 604 f. – § 817 S. 2 BGB 610 ff. Konsensuale Zuordnung – Ablehnung bei Gläubigerbefriedigung 109 ff. – bei fehlender Gläubigerbefriedigung 113 ff. – im Bereicherungsrecht 433 ff., 450, 517, 529 – Verhältnis zur einseitigen Zuordnung 120 ff. – Vertragstheorie 139 ff. – Zweckvereinbarungstheorie 163 ff., 434, 450, 517, 529 Kritik am Begriff Dreipersonenverhältnis 420 ff. Kritik am zweckgerichteten Leistungsbegriff 363 ff. – Abschied vom Leistungsbegriff 363, 381, 384, 395 – Kritik am Begriff selbst 396 ff. – Kritik an der Funktion 370 ff., 381 ff., 394 – Trennung des Begriffs Leistung von der Rückabwicklung 368 ff., 394 – Überbewertung der Zweckbestimmung 329, 368, 407, 412, 434 f., 496, 504 – Versagen in Dreipersonenkonstellationen 364, 371 ff.

Leistung als abstraktes Vollzugsgeschäft 260, 525, 528 ff., 551 Leistung an Erfüllungs statt 38, 113 ff., 434 – Antizipierte Annahme 121 f. – Fehlende Gläubigerbefriedigung 115 – Giroüberweisung 116, 434 – Vertragliche Zuordnung 115 Leistung erfüllungshalber 38, 117, 425 – Fehlende Gläubigerbefriedigung 117, 425 – Vertragliche Zuordnung 117, 425 Leistungsbegriff – Ambivalenz 267 – Bereicherungsrechtlicher siehe dort – Einheitlicher siehe dort – Festlegung der Rechtsgrundlosigkeit 354, 394, 396, 408 f., 619 – Festlegung des Bereicherungsgegenstandes 347, 370, 394, 551 – Historischer 291, 332 – Im Erfüllungstatbestand 60 ff. – Im Rahmen des § 366 BGB 63 f. – Verhaltensbezogener 60 ff., 332 – Zuordnungsbestimmung siehe dort Leistungsbewusstsein 49, 55, 65 f., 190, 210 f., 238 f., 476 Leistungsgegenstand 52, 54, 113 f., 144 f., 176, 221, 335, 343, 347, 354, 370, 422, 511, 552 Leistungskondiktion – Korrektur des Trennungsprinzips 330 f., 345 – Recht der Güterbewegung 309, 346, 348, 369, 377, 517, 568 – Rechtsgrund 355, 408, 515 f., 575 f., 619 ff. – und Rücktritt 346, 353, 369, 373, 377, 379, 391 – Verhältnis zur Nichtleistungskondiktion 356 ff.

Sachwortverzeichnis Leistungsmittlung 52, 90 ff., 104 f., 203, 278, 405, 413, 420, 422, 434, 444 Leistungszwecke 328 ff., 502, 513 – als Abwicklungszwecke 528, 532 ff. – Causa acquirandi (Austauschzweck 525, 539, 546, 547 – Causa credendi (Begründung eines Schuldverhältnisses) 524, 525 ff., 538, 546 ff., 555 f. – Causa donandi (Unentgeltlichkeitszweck) 524, 539, 557 ff. – Causa ob rem 568 ff. – Causa obligandi 502 – Causa solvendi (Lösung vom Schuldverhältnis) 374, 395, 513, 524, 532, 534 ff. – Handgeschäfte 547 ff., 585 f. – Heilung 540 – Schenkung 502, 525 – Sicherung 536 ff. – Zweckbündel 376 – Zweckstaffelung 531, 596 f. Lieferketten 427 f., 439 f., 458 Mehrheit von Schuldverhältnissen 82 ff., 94, 99 f., 185, 242, 243 ff., 256, 374, 461 ff. Modifizierte Zweikondiktionenlehre 283 ff., 306, 310 Nachträgliche Tilgungsbestimmung 318 ff. – Änderungsangebot 320 – bei Perplexität 320 Naturalobligation 326 f., 397, 464 ff., 513, 571, 577 Nichteheliche Lebensgemeinschaft 590 Nichtleistungskondiktion 146, 159, 174, 282 ff., 306 ff., 340, 347, 349, 350 ff., 357 ff., 414, 418, 459, 498, 511 f., 594

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– Eingriffskondiktion 286, 293, 308, 345, 348 f., 357 ff., 379, 414 – Güter- und Vermögensschutz 345, 348, 360 – Rechtsfortwirkeanspruch 345, 358 f., 415, 459, 611 – Rückgriffskondiktion 500, 504 – Subsidiarität 356 ff., 459 – Zuwendungskondiktion 308 Nicht voll Geschäftsfähige – Einsichtsfähigkeit 286, 294 – Rechtsgüter- und Vermögensschutz 219, 309, 487 – Schutzbedürftigkeit als Gläubiger 214 ff. – Verjährte Forderungen 305 – Zugang der Zuordnungsbestimmung 249, 268 ff., 281 f., 282 – Zuwendungen an nicht voll Geschäftsfähige 143, 156, 159, 174, 176, 184, 213 ff., 281 ff., 546 – Zuwendungen durch nicht voll Geschäftsfähige 143 ff., 156, 175, 183, 186, 232 ff., 294 ff. – Zweiteilung 305 f. Numerus clausus der Schuldverträge 520 f., 572 Objektiver Empfängerhorizont 201, 213, 247, 264, 270 ff., 315, 318 ff., 411 ff., 476 f., 501, 515 Privatautonomie 198 f., 250 ff., 256, 263 f., 294 – Empfängerhorizont 272 ff. – Grenzen 250 ff. – Zugang der Zuordnungsbestimmung 263 ff. Realkontrakte siehe Handgeschäfte Rechtsfortwirkeanspruch 345, 359 f., 415, 459, 613 Rechtsgrund einer Leistung – objektiver (Nichteintritt der Erfüllung) 39 f., 394, 408, 575, 619 ff.

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– subjektiver Ansatz (Zweckverfehlung) 71, 166, 282, 291, 331, 355, 385, 496, 515, 534, 568, 619 ff. Rechtsscheinshaftung 478 ff. – Anscheinsvollmacht 491 – Rechtsschein einer Zuwendung 480 ff. – Rechtsscheinsträger 483 f. – Schutzbedürftigkeit 493 ff. – Überweisungsträger (Durchschlag) 484 ff., 490 ff. – Veranlassung 485 ff. – Zurechenbarkeit 485 ff. Relativität des Schuldrechts 35, 421, 531, 550 Rückabwicklungsschuldverhältnis 76, 330, 336 f., 354 f., 369 ff., 378, 381, 390, 391 f., 419, 457, 462 f., 505 Rückgriffskondiktion 500, 504 Rücktritt 37, 131, 354, 377, 379, 390, 523, 582, 587 Saldotheorie 283, 288 f., 306 ff., 349 Scheck 119, 170, 426 Scheingeheißerwerb 413 ff. Schenkung 56, 173, 197 f., 205, 207 ff., 213, 260, 280, 322, 502, 517, 524, 525, 531, 551, 558 ff., 589 ff. Schenkungszweck 525, 551, 558 ff. Schuldverhältnis – Behaltensgrund 39 f., 395, 408, 513, 575, 619 ff. – Durchsetzungselement 39, 326 f., 397, 464 ff., 513, 571, 557 – Erlöschengründe 37 – Haftung 35, 111, 134 ff., 140, 144, 154, 326, – im weiteren Sinn 39, 83, 619 – im engeren Sinn 39, 83, 326 f., 397, 464 ff., 513, 571, 577 – Mehrheit 82 ff., 94, 97 ff., 152 ff., 162, 171, 177, 190, 197, 242, 243 ff., 256, 320, 374, 462 ff.

– Zuordnungsgegenstand 326 f., 297, 463 ff., 513, 577, 619 Schweigen als Willenserklärung 122, 234, 240 Sicherheiten 78 f., 85 f., 89, 94, 198, 206, 273, 320, 536 ff., 540 Sicherungsabrede 536 ff. Simultanleistung 408 ff., 462 Stellvertretung 311 ff., 414, 422, 454 f., 488, 495, 506 Subsidiarität der Nichtleistungskondiktion 356 ff., 414, 459, 499 – Ablehnung der actio rem in verso 357, 460 – Rückabwicklung übers Dreieck 390, 460, 505, 508 – Sachenrechtliche Wertungen 358 ff., 459, 499 Teleologische Reduktion 298 ff., 546, 587 Theorie der realen Leistungsbewirkung 138, 181 ff., 197 ff., 437 – im Bereicherungsrecht 331, 408 ff., 437 Tilgungsbestimmung – Abweichende 122, 185, 199, 250, 315, 316 – als reine Zuordnungsbestimmung 69 f., 99 ff., 108, 266, 339, 533 – Antizipierte 314 ff., 431, 481 – Auslegung 201, 213, 247, 264, 270 ff., 315, 318 ff., 501 – Negative 198 f., 204, 256 f., 264, 273 – Rechtsnatur (geschäftsähnliche Handlung) 189, 261, 265 ff., 268 ff., 281 ff. – Umlenkende 278, 398 ff., 405, 407, 431, 433 ff., 443, 445, 475, 481 – Widerruf 317 Tilgungsmacht 196, 201 Trennungsprinzip 149, 168 f., 204, 214, 260, 341, 345 f., 381 f., 390, 528, 549, 559 ff., 574

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Überbewertung der Zweckbestimmung 329, 368, 407, 412, 434 f., 497, 504 – Auswirkungen im Sachenrecht (Scheingeheißerwerb) 413 ff. Überweisungsformular 425 ff., 484 Umlenkende Anweisung 409 Umlenkende Tilgungsbestimmung 278, 398 ff., 405, 407, 431, 434 ff., 443, 445, 375, 481

Wechsel 119, 425 Wegfall der Bereicherung 223, 276 f., 284 ff., 300 f., 307, 343, 350, 460, 478, 499 – teleologische Reduktion 298 Wertersatz 276 f., 299 f., 304, 333 f., 459, 504, 591, 615 Widerruf der Tilgungsbestimmung 317 Widersprüchliches Verhalten 149, 244, 259, 291 ff., 300, 546, 604, 611

Valutaverhältnis 421 ff., 429 ff., 457, 472 ff., 498 ff. Verfügung 140, 184, 204, 223, 258 f., 264, 453 Verfügungsbefugnis 184 f., 226 Verjährung 77 f., 83, 96, 217, 273, 314, 327, 596 Verlustgefahr 219, 223, 230, 281, 283 Verschaffungsmacht 442, 450 Verschleudergefahr 218, 224, 230, 281, 283 Vertrag zu Gunsten Dritter 372 ff., 513 Vertrag zu Lasten Dritter 320 Vertragsfreiheit 531, 540, 568, 596 – Inhaltliche Grenzen 565, 569, 572, 583, 588, 594, 598 – Numerus clausus der Schuldverträge 568, 572 Vertragsstrafe 238 Vertragstheorie 42, 134 ff., 140 ff., 453 Vertrauensschutz 276 ff., 408, 478 – Abstrakter 278, 412, 478 – Konkreter 276 f., 412, 478 Verwendungszweck 91 f., 257, 426 ff., 447, 484 Vollmachtsurkunde 483, 490 Vollzugsverhältnis 405, 432 Vorausleistung 93 f., 199, 322, 534, 541 ff., 583 Vorleistung 39, 278, 392, 583

Zession 64, 84 f., 124, 371 f., 453, 499 Zugang der Tilgungsbestimmung 229 ff., 269 f., 282, 314 ff. – Zeitpunkt 314 ff. Zuordnung – Auf zwei Schuldverhältnisse 405 ff., 474 – bei Aufrechnung 97 ff. – bei Heilung 207 ff. – durch den Gläubiger 96 ff. – durch den Schuldner 99 ff. – durch den Zuwendenden 104 ff. – Funktion der Zuordnung 71 ff. – Problemfälle der Zuordnung siehe Zuordnungsunsicherheiten – und Zuwendung 108 ff., 396, 407 – Vertragliche 109 ff., 140 ff., 397, 433 ff. Zuordnungsbestimmung – Antizipierte 314 ff., 431 – aus Rechtsscheinsgesichtspunkten 319, 476 ff. – Auslegung 201 f., 213, 244 ff., 270 ff., 411 ff., 427, 502 – Botenschaft 311, 443, 474 – Empfangsbedürftigkeit 263 – Funktion 71 ff., 317 – Interessengerechtigkeit 102 ff., 105 ff. – Konkludente 179, 201 f., 210 ff., 234, 240, 247, 270, 294, 317, 320 ff., 427, 443, 447

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– Nachträgliche 317 ff. – Realleistungen 179, 191, 210, 270 – Rechtsnatur (geschäftsähnliche Handlung) 189, 261 ff., 265 ff., 268 ff., 281 ff., 412, 436, 536, 618 – Standort 258 ff. – Stellvertretung 91, 203, 310 ff., 424, 455, 488, 506, 508 – Unterlassensverpflichtungen 176, 213, 234 ff. – Zeitpunkt 315 ff. – Zugang 219, 228 ff., 268 f., 281 – Zuordnungsgegenstand 326 f., 519, 463 ff., 513, 577, 619 Zuordnungsunsicherheit 80 ff., 97 ff., 109, 129, 197, 242, 243, 251, 254, 263, 317, 318, 406, 619 – Beteiligung Dritter 89 ff. – Mehrheit von Schuldverhältnissen 82 ff., 94, 97 ff., 197, 243 ff., 256, 320, 374, 461 ff. – Sicherheit und Schuld 85 ff. – Vorausleistung 93 f., 200 f., 322, 541 ff. Zuwendung – aus Rechtsscheinsgesichtspunkten 278, 476 ff. – Einsatz eigenen Vermögens 65, 104 ff., 177, 182, 203, 236, 238 f., 248, 278, 392 ff., 412, 419, 438, 456 ff., 462 ff., 471, 498 ff., 501, 513 – Historischer Begriff 291 – Interesse an einer Zuordnung 73 ff. – Kriterium der Unmittelbarkeit 347 ff., 378, 401 – tatsächliche Wertbewegung (abstrakte oder unmittelbare Zuwendung) 401 ff., 409, 431 ff., 437, 457, 474 – Überbewertung der Zweckbestimmung 329, 368, 407, 412, 434 f., 497, 504 – Übernahme fremden Insolvenzrisikos 104 ff., 177, 203, 280, 392 ff.,

412, 419, 438, 557 ff., 446 ff., 472, 498 ff., 501, 573 – Unterwerfung unter die Anweisung 411, 436, 445, 462, 511 – Verhältnis zur Zuordnungsbestimmung 102, 108, 265 ff., 278, 315, 393 ff., 396 ff., 406 ff. – Vermögensverschiebung (rechtliche oder mittelbare Zuwendung) 401 ff., 405, 511 – Vermögenswert der Zuwendung 333, 511 – Zuwendungsbewusstsein 238 f., 350, 476, 498, 573 Zuwendungskondiktion 308 Zuwendungsverhältnis 399, 405 Zweckbestimmung – als Zuordnungsbestimmung 96 ff., 407, 411 ff., 427, 430 ff., 449, 454 ff., 481 f., 609 – Auslegung 328, 331, 411 ff., 427, 501, 515, 617 – Rechtsnatur 412, 515 f., 536, 619 Zweckerreichung 49, 52, 67, 211, 224, 236, 278, 298 ff., 301, 516, 544, 605, 621 Zwecklehre 165, 189, 520 ff. – Abwicklungszweck 524 – Austauschzweck 524 – Historische Entwicklung 520 ff. – Kritik 528 ff. – Liberationszweck 524 – Subjektives Rechtsgrundverständnis 621 – Trennung der Motive von den Zwecken 376, 523 – Unterscheidung Eingehung und Abwicklung eines Schuldverhältnisses unter Geltung des BGB 525 f., 529, 536 ff., 547 – Vollzugszwecke 525 – Zweckgerichteter Leistungsbegriff 527 – Zweckstaffelung 531, 596 f.

Sachwortverzeichnis – Zweckvereinbarungstheorie 166 ff., 529 Zweckvereinbarungstheorie 109 ff., 139, 163 ff., 179, 187, 305, 433 ff., 450, 517, 529

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Zweckverfehlung 71, 282, 290, 331, 354, 385, 496, 515, 534, 568, 619 ff. Zweikondiktionenlehre, modifizierte 283 ff., 306, 310