Die Inhaltskontrolle von Vertragsstrafen für Verzögerungen am Bau [1 ed.] 9783428552115, 9783428152117

Die Realisierung von Bauprojekten nimmt häufig erheblich mehr Zeit in Anspruch als veranschlagt. Dies verdeutlichen prom

144 100 2MB

German Pages 167 Year 2018

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Die Inhaltskontrolle von Vertragsstrafen für Verzögerungen am Bau [1 ed.]
 9783428552115, 9783428152117

Citation preview

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 480

Die Inhaltskontrolle von Vertragsstrafen für Verzögerungen am Bau

Von

Lisa Golombek

Duncker & Humblot · Berlin

LISA GOLOMBEK

Die Inhaltskontrolle von Vertragsstrafen für Verzögerungen am Bau

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 480

Die Inhaltskontrolle von Vertragsstrafen für Verzögerungen am Bau

Von

Lisa Golombek

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin hat diese Arbeit im Jahre 2015 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2018 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 978-3-428-15211-7 (Print) ISBN 978-3-428-55211-5 (E-Book) ISBN 978-3-428-85211-6 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung und Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bedeutung der Vertragsstrafe in der Baupraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Definition der Vertragsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bauvertragsstrafen als Allgemeine Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . 1. Keine überraschende Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Inhaltskontrolle nach § 307 BGB: Die Funktionen der Vertragsstrafe als gesetzliches Leitbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ziel und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11 11 12 13 13 14 15

B. Wesen und Funktionen der Vertragsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 I. Die Funktionen bedeutender historischer Vorläufer der heutigen Vertragsstrafe  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 II. Die Funktionen der Vertragsstrafe des Bürgerlichen Gesetzbuches . . . . . 20 1. Klassischer Standpunkt: Bifunktionalität  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 a) Erfüllungsdruckfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 b) Schadensersatzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 aa) Schadloshaltung ohne Einzelnachweis – Die Vertragsstrafe als „besserer Schadensersatz“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 bb) Vertragsstrafeanspruch ohne Schaden – Ein Widerspruch zur Ersatzfunktion? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 c) Wechselwirkungen zwischen beiden Funktionen . . . . . . . . . . . . . . 26 d) Gewichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 e) Weiteres Vorgehen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2. Die Monofunktionalitätslehre – Vertragsstrafe als reines Steuerungsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 a) Die Argumente gegen eine Schadensersatzfunktion . . . . . . . . . . . . 29 b) Kritik an einer monofunktionalen Struktur der Vertragsstrafe . . . . 32 3. Die Vertragsstrafe als Strafe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 a) Absolute Strafzwecke: Sühne und Vergeltung bzw. Sanktion . . . . . 34 aa) Begründungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 bb) Ablehnung absoluter Strafzwecke  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 cc) Die Vertragsstrafe als Sanktionsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 b) Relative Strafzwecke: Verhinderung von Verstößen . . . . . . . . . . . . 39 aa) Negative Generalprävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 bb) Positive Spezialprävention  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 4. Genugtuungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 5. Die Vertragsstrafe als Element privatautonomer Risikoaufteilung . . . . 44

6 Inhaltsverzeichnis 6. Justizentlastungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 III. Ergebnis: Die tetrafunktionale Vertragsstrafe als Grundlage der Inhaltskontrolle  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks . . . . . . . . I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen der Inhaltskontrolle  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fehlende Kodifizierung der zulässigen Vertragsstrafenhöhe . . . . . . b) Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung i. S. d. § 307 I 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unsicherheitsfaktor Vertragsstrafenhöhe – Scheinproblem oder echte Herausforderung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Das Damoklesschwert der Gesamtunwirksamkeit: Verbot der geltungserhaltenden Reduktion  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Determinanten der Inhaltskontrolle  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertragsstrafensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zeiteinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zweifelsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bezugnahme auf Kalendertage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bemessungsgrundlage: Die Auftragssumme . . . . . . . . . . . . . . . (1) Proportionale oder (gestuft) reziprok proportionale Orientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Baupreis ist nicht gleich Baupreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Eigener Ansatz: Die vereinbarte Bauzeit als Regulator . . . . . . dd) Faktoren zur Bestimmung einer angemessenen Wachstumsrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der „typischerweise zu erwartende Schaden“ – ein sachgerechtes Wirksamkeitskriterium?  . . . . . . . . . . . . . . . (2) Alternativer eigener Vorschlag: Dreistufige Prüfung bestehend aus Pauschale, Korrektiv und Zuschlag . . . . . . (3) Störungsanfälligkeit des Gewerkes  . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Potentielle Vorteile des Bauunternehmers aus Verzögerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Kasuistik zur Wachstumsrate  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse zum Vertragsstrafensatz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Höchstbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Notwendigkeit einer vertraglichen Obergrenze . . . . . . . . . (1) Schutzbedürftigkeit des Auftragnehmers . . . . . . . . . . . . . . (2) Keine gleichwertigen oder überwiegenden Belange des Bauherrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ergebnis der Abwägung: Differenzierung nach dem Verschuldensgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47 47 47 47 49 50 52 53 54 54 54 55 58 58 61 66 68 68 72 74 75 76 78 79 80 80 82 84

Inhaltsverzeichnis7 bb) Die Bemessungsgrundlage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 cc) Die 5 %-Grenze – Orientierung an der Gewinnmarge im Baugewerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 dd) Ergebnis zum Höchstbetrag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 c) Mindestquotient aus Höchstbetrag und Vertragsstrafensatz  . . . . . . 89 aa) Ein selbständiger Faktor im Rahmen der Inhaltskontrolle? . . . 89 bb) Art der Festlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 cc) Auswertung der Kasuistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 dd) Konsequenzen für die Bemessungsgrundlage von Tagessatz und Obergrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 II. Verzugserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 1. Wesentlicher Grundgedanke (§ 307 II Nr. 1) der gesetzlichen Regelung in § 339 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 2. Ausnahme vom Verzugserfordernis bei gewichtigem Interesse des Klauselverwenders? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 3. Kontrollfeste Klauselgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 a) Die „versteckte“ Abbedingung des Verzugserfordernisses . . . . . . . 96 b) Explizite Bezugnahme auf § 11 II VOB / B oder § 339 S. 1 a. E. BGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 c) Zum Verzug schweigende Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 aa) BGB-Vertragsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 (1) § 339 S. 1 BGB als „Klauselretter“: Ergänzung zum Verzug schweigender Klauseln durch das Gesetz . . . . . . . 98 (2) § 305c II BGB als „Klauselvernichter“: Wirksamkeit nur bei ausdrücklicher Verzugsanknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . 99 (3) Ausdrückliche Nennung des Verschuldens notwendig und hinreichend  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (4) Ergebnis: Verzug als zwingender Klauselbestandteil  . . . . 101 bb) VOB / B-Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 (1) Gleichbehandlung mit BGB-Bauvertrag . . . . . . . . . . . . . . 102 (2) § 11 II VOB / B als „Klauselretter“ – durchsetzungsstärker als sein Äquivalent im BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (3) Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 4. Abgrenzung der Verantwortungsbereiche der Bauvertragsparteien . . . 105 5. Folgen nicht vom Auftragnehmer zu vertretender Verzögerungen . . . . 110 D. Strafbewehrte Zwischenfristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Spezifische Problemstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Tagessatz – isoliert betrachtet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kumulierung voneinander unabhängiger Einzelvertragsstrafen . . . . . . a) Anzahl und Abstand der Zwischenfristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bloße Terminkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zeitgleicher Ablauf mehrerer Zwischenfristen  . . . . . . . . . . . . . . . .

114 114 115 115 116 116 117

8 Inhaltsverzeichnis 3. Summierung von Einzelvertragsstrafen desselben Verspätungsursprungs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 a) „Dominoeffekt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 b) „Streuwirkung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 c) „Hand in Hand“ gehende Bauarbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 II. Modifikationen der für den Tagessatz entwickelten Grundsätze . . . . . . . . 120 1. Besondere Rechtfertigung für Vertragsstrafen auf Zwischenfristüberschreitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 a) Liberaler Standpunkt: Einzige Voraussetzung ist Entfallen der Binnenvertragsstrafen bei Einhaltung der Schlussfrist . . . . . . . . . . 121 b) Restriktive Auffassung: Abgeschlossenheit und Fortgangsbedeutung als Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 c) Vermittelnde Ansicht: Keine missbräuchliche Aufspaltung einheitlicher Vorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 d) Differenzierung zwischen Baubeginn und Zwischenfristen . . . . . . 125 e) Eigener Vorschlag: Entwicklung eines Katalogs zulässiger Bauabschnitte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 2. Anrechnung der Vertragsstrafe für Binnenverzögerungen auf die insgesamt verwirkte Endfristvertragsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 3. Reduktion der Verzögerungsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 a) „Abschmelzungslösung“: Berücksichtigung nur der letzten Fristüberschreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 b) Anrechnung der bereits eingetretenen Verzögerung auf die jeweilige Folgefrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 4. Verzugsorientierter Ansatz: Der Dominoeffekt als Scheinproblem . . . 132 5. Herabsetzung der Bemessungsgrundlage bzw. des Tagessatzes . . . . . . 133 a) Der Bauabschnittspreis als Bemessungsgrundlage  . . . . . . . . . . . . . 133 b) Abwandlung der Bauabschnittspreislösung: nur fallbezogene Anwendung der Modifikation  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 c) Am Zwischentermin laut Zahlungsplan insgesamt erreichter Preis. 138 d) Abstellen auf die „tatsächlich rückständige Werkleistung“ . . . . . . . 140 e) Pauschaler niedrigerer Einheitstagessatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 6. Wahlrecht des Bauherrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 7. Gewichtung der Binnenvertragsstrafen untereinander sowie im Verhältnis zur Endfristvertragsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 8. Eigener Vorschlag: Kombination und Weiterentwicklung der effektivsten und zugleich schonendsten Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 III. Gesamthöchstbetrag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 E. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Funktionen der Vertragsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Determinanten der Inhaltskontrolle von Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Besonderheiten bei strafbewehrten Zwischenfristen . . . . . . . . . . . . . . . . .

150 150 150 152

Inhaltsverzeichnis9 IV. Formulierungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 1. Vertragsstrafeklausel allein hinsichtlich der Fertigstellungsfrist . . . . . . 153 2. Vertragsstrafeklausel hinsichtlich Fertigstellungsfrist und Zwischenfristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 F. Annex: Minimierung verbleibender Risiken für den Bauherrn  . . . . . . . . 155 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Sachwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

Abbildungsverzeichnis Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung

1: 2: 3: 4: 5.1: 5.2: 6.1: 6.2: 7.1: 7.2: 8:

Abbildung 9: Abbildung 10:

Kongruente Binnentermine Dominoeffekt Überlappung von Verzögerungszeiträumen Anrechnung der Binnenvertragsstrafen auf die für den Endtermin Abschmelzungslösung; wachsender Rückstand Abschmelzungslösung; abnehmender Rückstand Stufenweise Anrechnung; wachsender Rückstand Stufenweise Anrechnung; abnehmender Rückstand Bauabschnittspreislösung Alternative Darstellung der Bauabschnittspreislösung Die Summe der vor dem Zwischentermin liegenden Bauabschnitte als Bezugsgröße „Tatsächlich rückständige Werkleistung“ Abwandlung der Bauabschnittspreislösung

A. Einleitung und Gegenstand der Untersuchung I. Bedeutung der Vertragsstrafe in der Baupraxis Man kann derzeit leicht den Eindruck gewinnen, Bauprojekte benötigten stets mehr Zeit als vorgesehen. Die Zeitungen sind voller prominenter Beispiele – vom Flughafen Berlin Brandenburg BER bis hin zur Hamburger Elbphilharmonie1. Ausschlaggebend sind teilweise Unzulänglichkeiten während der Planungsphase, teilweise solche bei der Errichtung. Auf Verzögerungen im Rahmen der Ausführung besitzt der Auftraggeber größtenteils keinen Einfluss. Je komplexer das Projekt, umso größer ist die Gefahr, dass die Bauzeit nicht eingehalten wird. Verstärkend wirkt, dass sich Auftragnehmer, um im Wettbewerb obsiegen zu können, bewusst auf knapp bemessene Fertigstellungstermine einlassen. Aus Sicht des Bauherrn bedeutet jeder Tag der Überschreitung von Vertragsfristen regelmäßig beachtliche Vermögenseinbußen – Zeit ist Geld.2 Leerstand gilt es zu verhindern, sodass der Bauherr das Gebäude unmittelbar nach dessen Errichtung veräußern, vermieten und selbst nutzen wird. Bei mehreren Teilgewerken steht schon der Anschlussunternehmer in den Startlöchern. Der Auftraggeber ist somit zwingend auf die Einhaltung der Vertragstermine angewiesen. Vor diesem Hintergrund ist eine Vertragsstrafe Bestandteil zahlreicher Bauverträge. Deutlich zeigt sich die Branchenüblichkeit in der Tatsache, dass man im Vergabe- und Vertragshandbuch für die Baumaßnahmen des Bundes3 sowie im Mustervertrag des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes4 auf eine Vertragsstrafenabrede stößt. Je häufiger aber eine dahingehende 1  Instruktiv hierzu die Chronik des Norddeutschen Rundfunks: http: /  / orig.www. ndr.de / nachrichten / dossiers / elbphilharmonie / Elbphilharmonie-Die-wichtigstenEtappen,elbphilchronologie100.html, zuletzt abgerufen am 15.02.2015. 2  Dieses Sprichwort verwendet treffend in Bezug auf Ausführungsfristen beim Bau: Kues, S. 3. 3  Vergabe- und Vertragshandbuch für die Baumaßnahmen des Bundes, Stand Aug. 2014, Besondere Vertragsbedingungen, Punkt 2, S. 119 f.; http: /  / www.fib-bund. de / Inhalt / Vergabe / VHB / LESEFASSUNG.pdf, zuletzt abgerufen am 15.02.2015. 4  Musterbauvertrag vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes für Einfamilienhäuser / Schlüsselfertigbau Stand Jan. 2012, Punkt 11.3, http: /  / www.zdb.de / zdb. nsf / A5160FB9A4144973C12574B0003037D1 / $File / 3AR_EH-SF_V12-1E.PDF, zuletzt abgerufen am 15.02.2015.

12

A. Einleitung und Gegenstand der Untersuchung

Klausel Verwendung findet, umso mehr wächst das Bedürfnis, sie flächendeckend einzusetzen. Denn: Bei personellen Engpässen werden die Bauunternehmen anderenfalls gezielt diejenigen Aufträge vernachlässigen, bei denen demgegenüber ein reiner Schadensersatzanspruch droht.5

II. Definition der Vertragsstrafe Die Vertragsstrafe ist in den §§ 339 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt. Eine Legaldefinition im klassischen Sinne existiert nicht. Aus § 339 S. 1 BGB ergibt sich aber, dass darunter das Versprechen der Zahlung einer Geldsumme als Strafe seitens des Schuldners gegenüber dem Gläubiger für den Fall zu verstehen ist, dass der Schuldner seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt. Savigny6 definierte die Conventionalstrafe 1853 als das bedingte Versprechen, etwas zu geben, wenn dabei die Absicht zu Grunde liege, auf das Gegenteil der ausgedrückten Bedingung hinzuwirken. Eine spezielle, auf den Bauvertrag zugeschnittene Ausgestaltung hat die Vertragsstrafe in § 11 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B (VOB / B) erfahren. Vertragsstrafen für Verzögerungen bilden in der Baupraxis den bedeutendsten Fall der Pönalen.7 Sie gehören der Gattung der echten, unselbständigen Vertragsstrafen an.8 Ihnen liegt eine Hauptverbindlichkeit zugrunde, auf welche die Vertragsstrafe „aufgesattelt“ wird. Ganz im Gegensatz zum Schadensersatzanspruch nach den §§ 280  ff. BGB ist ein Vertragsstrafe­ anspruch nicht bereits gesetzliche (d. h. automatisch eintretende) Rechtsfolge der Pflichtverletzung, sondern bedarf der gesonderten Vereinbarung der Vertragsparteien. Dies gilt auch dann, wenn die VOB / B in den Bauvertrag einbezogen ist, da sie – wie das BGB – nur das Instrument der Vertragsstrafe anbietet, nicht jedoch selbst eine Vertragsstrafe anordnet.9 Als denkbare zeitliche Anknüpfungspunkte kommen neben der Fertigstellungsfrist gleichermaßen Zwischentermine sowie der Baubeginn in Betracht.10

5  Schalk,

in: Englert / Motzke / Wirth, § 11 VOB / B Rn. 4. S. 272. 7  Bschorr / Zanner, S. 39; Nodoushani, S. 142. 8  Reuter, S. 10. 9  Mai, in: Kleine-Möller / Merl / Glöckner, § 16 Rn. 376. 10  Bschorr / Zanner, S. 39. 6  Savigny,



III. Bauvertragsstrafen als Allgemeine Geschäftsbedingungen13

III. Bauvertragsstrafen als Allgemeine Geschäftsbedingungen Vertragsstrafenklauseln für die Überschreitung von Ausführungsterminen sind überwiegend Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) im Sinne des § 305 I BGB.11 Oftmals werden sie vom Bauherrn gegenüber allen am Bauvorhaben beteiligten Auftragnehmern gleichermaßen verwendet.12 Regelungen zur Vertragsstrafe finden sich typischerweise in den Zusätzlichen Vertragsbedingungen (ZVB) oder in den Besonderen Vertragsbedingungen (BVB).13 In der folgenden Untersuchung werden sowohl das Vorliegen einer Vertragsstrafe als auch der AGB-Charakter sowie die Einbeziehung in den Vertrag unterstellt. 1. Keine überraschende Klausel Die Vereinbarung von Vertragsstrafen als AGB im Bauvertragsrecht ist nicht überraschend nach § 305c I BGB.14 Im Baugewerbe sind Vertragsstrafen üblich, sodass der Auftragnehmer mit ihnen rechnen muss.15 Dies verdeutlicht die Regelung des § 11 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B (VOB / B).16 Gleichermaßen sind Vertragsstrafeklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht bereits eo ipso unwirksam. Als Gegengewicht muss keine Beschleunigungsvergütung, das heißt eine Vergünstigung im Falle der Unterschreitung von Vertragsfristen, vereinbart werden.17 § 339 BGB wie § 11 VOB / B enthalten keinen Hinweis auf die Pflicht zur parallelen Vereinbarung einer Beschleunigungsvergütung. Der Gesetzgeber bzw. der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) als Verfasser der VOB ging somit ersichtlich von der Zulässigkeit einer isolierten Regelung der Vertragsstrafe aus.

11  Mai,

in: Kleine-Möller / Merl / Glöckner, § 16 Rn. 379. im Fall des OLG Bremen v. 7.10.1986 – 1 U 151 / 85, NJW-RR 1987, 468. 13  Barth, in: Heiermann / Franke / Knipp, S. 832; Schalk, in: Englert / Motzke / Wirth, § 11 VOB / B Rn. 24. 14  Mai, in: Kleine-Möller / Merl / Glöckner, § 16 Rn. 389; Oberhauser, Rn. 29. 15  BGH v. 18.11.1982  – VII ZR 305 / 81, NJW 1983, 385, 386; Mai, in: KleineMöller / Merl / Glöckner, § 16 Rn. 389; Oberhauser, Rn. 29. 16  BGH v. 1.4.1976 – VII ZR 122 / 74, BauR 1976, 279. 17  So aber vertreten von Le Goff, S. 156. 12  So

14

A. Einleitung und Gegenstand der Untersuchung

2. Inhaltskontrolle nach § 307 BGB: Die Funktionen der Vertragsstrafe als gesetzliches Leitbild Gleichwohl muss der Auftragnehmer vor einer missbräuchlichen Klauselgestaltung geschützt werden. Kernproblem ist die Festsetzung überhöhter Vertragsstrafen seitens des Bauherrn18, schlimmstenfalls bis hin zur Existenzgefährdung des Auftragnehmers. Zu hoch angesetzte Pönalen erzwingen ferner unwirtschaftliche Handlungen, welche bei nüchterner Kosten-NutzenAnalyse unterblieben wären.19 Die Inhaltskontrolle von Bauvertragsstrafen richtet sich ausschließlich nach der Generalklausel des § 307 I 1 BGB (teils in Verbindung mit II Nr. 1). Stets ist der Auftragnehmer als Klauselgegner Unternehmer gem. § 14 BGB. § 310 I 1 BGB schließt somit die §§ 308 f. BGB als Prüfungsmaßstab aus. § 310 I 3 BGB erklärt selbst die Wirksamkeitsprüfung nach § 307 I, II BGB für unanwendbar, sofern die VOB / B gegenüber einem Unternehmer ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt in den Vertrag einbezogen wurde. Damit hat es folgende Bewandtnis: Die VOB / B ist von Vertretern aller wichtigen öffentlichen Auftraggeber, der Ressorts des Bundes und der Länder, sonstigen öffentlichen Auftraggebern, kommunalen Spitzenverbänden und Spitzenorganisationen der Wirtschaft und der Technik unter dem Dach des Deutschen Vergabe- und Vertragsausschusses ausgehandelt.20 Das Klauselwerk wird daher als ausgewogener Interessenausgleich angesehen.21 Dennoch ist nicht etwa jeder VOB / B-Vertrag dem Regime des § 307 BGB entzogen: Geht eine vertragliche Regelung in AGB inhaltlich über die VOB / B hinaus oder weicht sie von ihr zulasten des Klauselgegners ab, entfällt die vom Gesetzgeber geschaffene Privilegierung.22 Indem die Klausel aus dem schützenden Schatten der VOB / B hervortritt, wird sie also wieder unbeschränkt kontrollfähig. § 307 I 1 BGB erklärt solche Bestimmungen für unwirksam, welche den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Den Prüfungsmaßstab für das Vorliegen einer unangemessenen Benachteiligung bilden die Funktionen der Vertragsstrafe.23 Gleiches gilt für die Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen 18  Fuchs,

in: Ulmer / Brandner / Hensen, § 309 Nr. 6. in: Ulmer / Brandner / Hensen, § 309 Nr. 6. 20  Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, http: /  / www.bmub.bund.de / themen / bauen / bauwesen / bauauftragsvergabe / vergabeund-vertragsausschuss-dva / , zuletzt abgerufen am 15.02.2015. 21  Reuter, S. 86. 22  Christensen, in: Ulmer / Brandner / Hensen, Teil 2 Bes. Vertragstypen, Rn. 1. 23  Kemper, in: Franke / Kemper / Zanner / Grünhagen, § 11 VOB / B Rn. 2. 19  Fuchs,



IV. Ziel und Gang der Untersuchung15

Regelung, welche sich in § 307 II Nr. 1 BGB findet. Die Funktionen verkörpern also das gesetzliche Leitbild der Vertragsstrafe.24 An ihnen müssen sich sämtliche tradierte Kriterien der Inhaltskontrolle messen lassen und neu hinzukommende Faktoren orientieren. Falsch wäre es deshalb, Funktionen und Determinanten der Inhaltskontrolle getrennt voneinander zu sehen, wie man vereinzelt liest: „Hierbei sind neben den generalisierenden Vorgaben der Höchstgrenze etc. stets auch Sinn und Zweck der VS im Blick zu behalten.“25

IV. Ziel und Gang der Untersuchung Die nachfolgende Arbeit lotet die Grenzen wirksamer Vertragsstrafeklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Fall der nicht termingerechten Erfüllung von Bauverträgen aus. Dabei konzentriert sie sich auf die Determinanten der Inhaltskontrolle hinsichtlich der beiden Themenkomplexe der Höhe von Bauvertragsstrafen sowie des Verzugserfordernisses. Dies hat zwei Gründe. Auf der einen Seite bilden eine angemessene Höhe und Verzug neben der Überschreitung der Bauausführungsfrist die beiden Mindestelemente einer (wirksamen) Vertragsstrafeklausel. Auf der anderen Seite wird kein anderes Sujet aus dem Recht der Vertragsstrafe derart kontrovers diskutiert. Ausgangspunkt ist eine umfassende Rückbesinnung auf die Funktionen der Vertragsstrafe. Es stellt sich demnach die Frage: Welche Funktionen wohnen abstrakt jeder Vertragsstrafe inne? In den Fokus einzubeziehen sind auch die historischen Wurzeln der Vertragsstrafe. Denn: Wer die heute zur Vertragsstrafe geltenden Grundsätze beurteilen will, für den ist die Kenntnis der dogmatischen Grundlagen unerlässlich. Die Vorläufer einer gesetzlichen Regelung sind im Rahmen der historischen Auslegung für das Gesetzesverständnis heranzuziehen.26 Um zu entscheiden, welche Funktionen die Vertragsstrafe besitzt, soll von ihren praktischen Anwendungsfällen ausgegangen werden. Im ersten Schritt wird untersucht, welche potentiellen Konstellationen in der Praxis auftreten können, wenn eine Vertragsstrafe vereinbart ist. Mit Erreichen des Ausführungstermins entscheidet sich, ob die in Aussicht gestellte Pönale überhaupt verwirkt wird. Die Überschreitung der Vertragsfrist kann entweder zur Entstehung eines Schadens führen oder nicht. Sofern ein tatsächlicher Schaden zu bejahen ist, kann er schließlich höher oder niedriger als die Vertragsstrafe oder mit dieser gleichauf liegen. Auf dieser Grundlage ist im zweiten Schritt 24  Langen,

in: Kapellmann / Messerschmidt, § 11 VOB / B Rn. 5. jurisPR-PrivBauR 11 / 2010 Anm. 5. 26  Gast, Rn. 674. 25  Plank,

16

A. Einleitung und Gegenstand der Untersuchung

zu fragen, welche Funktionen es geben muss, um die Vertragsstrafe in all ihren Erscheinungsformen erschöpfend erklären und rechtfertigen zu können. In diesem Zusammenhang ist auch das Verhältnis der einzelnen Funktionen zueinander zu beleuchten. Anhand dieser Erkenntnisse werden schließlich die heute existierenden Determinanten der Inhaltskontrolle analysiert, systematisiert, kritisch gewürdigt und weiterentwickelt. Eine herausragende Stellung wird die undurchsichtige Problematik der strafbewehrten Zwischenfristen einnehmen. Geprägt wird der Umgang mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen von dem Konflikt zwischen Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit. Er wird wiederkehrend die Überlegungen beherrschen und nach einer Lösung verlangen. Die strengen Anforderungen an die Wirksamkeit erfordern zudem eine präzise, eindeutige Klauselgestaltung. Das bestehende Schrifttum lässt sich im Wesentlichen in zwei Gruppen einteilen: Auf der einen Seite stehen die Praxishandbücher zum privaten Baurecht. Naturgemäß geben sie überwiegend Rechtsprechung und Schrifttum ohne ausführliche Darstellung der dogmatischen Grundlagen wieder. Und auf der anderen Seite findet sich – zumeist sehr alte – Grundlagenliteratur zur Vertragsstrafe im Allgemeinen, welche nicht auf die Charakteristika des Baugewerbes eingeht. Ziel der Untersuchung ist es, diese Perspektiven miteinander zu verzahnen und einen Dreiklang aus juristischer Dogmatik, mathematischer Präzision sowie der baurechtlichen Besonderheiten zu schaffen. Am Ende wird eine anhand der aufgestellten Kriterien gestaltete Vertragsstrafeklausel stehen (Punkt E. IV.).

B. Wesen und Funktionen der Vertragsstrafe I. Die Funktionen bedeutender historischer Vorläufer der heutigen Vertragsstrafe Im römischen Obligationenrecht liegen die Wurzeln der Vertragsstrafe für Verspätungen.1 Die stipulatio poenae in der Ausprägung der Anknüpfung an eine bestehende Verbindlichkeit besaß primär2 eine Beugefunktion: Der Schuldner wurde durch den Druck der möglichen Verwirkung zur Erfüllung angehalten3. Der Beugefunktion kam eine gesteigerte Bedeutung zu, da im römischen Prozessrecht nur Geldforderungen titulierbar und vollstreckbar waren, nicht aber Handlungs- bzw. Unterlassungsansprüche (Grundsatz von der „condemnatio pecuniaria”).4 Die Vertragstrafe im römischen Recht wirkte somit als indirektes Zwangsmittel.5 Die vorherige Festlegung der Geldsumme erübrigte bei Nicht- oder Schlechterfüllung eine Festlegung des Schadens oder des Interesses. Die stipulatio poenae nahm also ferner im Verwirkungsfall eine Ersatzfunktion ein.6 Im Gemeinen, d. h. rezipierten römischen Recht wirkte die Conventionalstrafe gleichermaßen in zweierlei Richtung: Erstens steigerte sie die „dem Gläubiger durch das Forderungsrecht gewährte Macht (…) in künstlicher Weise“7, indem sie beim Schuldner einen „neuen Antrieb zur Erfüllung durch die Furcht vor der Strafe“8 erzeugte. Im Verwirkungsfall diente sie gleichfalls einer erleichterten Durchsetzung der Rechte aus dem Hauptvertrag.9 So blieb dem Gläubiger der schwierige Nachweis der Höhe des Interesses erspart10; Honsell, S. 93. S. 2. 3  Kaser / Knütel, § 40 Rn. 10; vgl. auch Hermann, in: Historisch-kritischer Kommentar, §§ 336–339 Rn. 18. 4  v. Seeler, S. 1; Specka, S. 19. 5  Knütel, S. 10. 6  Kaser / Knütel, § 40 Rn. 10. 7  Windscheid, § 283, S. 104, Gegenstand ist allein die Conventionalstrafe bei Nichterfüllung. 8  Savigny, S. 275; Gegenstand ist bei v. Savignys Darstellung allein die Conventionalstrafe bei Nichterfüllung. 9  Savigny, S. 275. 10  Savigny, S. 275 f.; vgl. auch Windscheid, § 285, S. 111, dort Fn. 15 f. 1  Vgl.

2  Kabakoff,

18

B. Wesen und Funktionen der Vertragsstrafe

ferner war eine Mahnung zur Inverzugsetzung des Schuldners entbehrlich11. Savigny12 bezeichnet die Conventionalstrafe als eine „durch Privatwillkür begründete Criminalanstalt im Kleinen“, was darauf hindeutet, dass darüber hinaus der Gedanke der Bestrafung des vertragsbrüchigen Schuldners eine Rolle spielte. Im Vordergrund stand erneut die präventive Bestärkungsfunktion.13 Im Preußischen Allgemeinen Landrecht war die Conventionalstrafe in den §§ 292 ff. des Ersten Theils im fünften Titel normiert. Es wird diskutiert, ob sich die Funktion der Conventionalstrafe auf den Interesseersatz beschränkte14 oder ob die Pönale sekundär auch als Verstärkungsmittel15 bzw. als Strafe16 diente. Für die von Specka17 vorgebrachte Auffassung, die Conventionalstrafe des ALR sei allein dazu konzipiert gewesen, entstandene Schäden zu ersetzen, spricht zunächst der Wortlaut des § 292 ALR I, 5: „Das Interesse, welches ein Contrahent dem andern bey nicht gehörig geleisteter Erfüllung des Vertrags zu vergüten hat, kann durch Verabredung einer Strafe im voraus bestimmt werden.“18 Betrachtet man die Gesetzessystematik, so scheint sich diese Vermutung zu bestätigen: Die Regelungen zur Conventionalstrafe schließen sich unmittelbar an jene über die Vergütung des Interesses an. Auf die Bestärkung von Verträgen geht das Preußische Allgemeine Landrecht an ganz anderer Stelle ein.19 Dieses Argument lässt jedoch allein den Schluss zu, dass die Bestärkung des Vertrags nicht Primärziel der Conventionalstrafe war. Über das Vorhandensein einer solchen Funktion trifft es hingegen keine verlässliche Aussage. Als Begründung für die ausschließliche Ersatzfunktion wird überdies § 293 ALR I, 5 herangezogen. Ihm zufolge findet die „Forderung eines höheren Interesses“ nicht statt. Eine vergleichbare Regelung findet sich in § 1431 S. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches für das Königreich Sachsen.20 Im Gegensatz zu den §§ 340 II, 341 II des heutigen Bürgerlichen Gesetzbuches konnte die Conventionalstrafe also nicht „aufgestockt“ werden, wenn der tatsächliche Schaden darüber hinausging. Das bedeutet, die im Voraus festgelegte Summe beschrieb zugleich in abschließender Weise den

11  Savigny,

S.  275 f.; Windscheid, § 285, S. 108. S. 273. 13  Savigny S. 276; Vorlagen der Redaktoren Entwurf BGB, SchuldR AT, S. 333. 14  Dieser Ansicht ist Schottländer, S. 13, dort Fn. 2; Specka, S. 52. 15  Fuld, Sächs. Arch. Bd. 9, S. 337; Vorlagen der Redaktoren Entwurf BGB, SchuldR AT, S. 335. 16  Neuenfeldt, S. 50, 52 f. 17  Specka, S. 52. 18  Hervorhebung ist nicht Teil des Originaltextes. 19  Specka, S. 52. 20  „Fordert der Berechtigte die vereinbarte Strafe, so kann er wegen (…) verspäteter Erfüllung (…) nicht einen weiteren Schädenanspruch geltend machen.“ 12  Savigny



I. Funktionen bedeutender historischer Vorläufer der heutigen Vertragsstrafe19

ersatzfähigen Schaden.21 Mit anderen Worten: Die Conventionalstrafe des ALR übernahm allein die Rolle des Schadensersatzes. Während das sächsische BGB es hierbei bewenden ließ, findet sich im ALR noch eine andere Wertung. So enthielt § 301 ALR I, 5 zwar ein richterliches Ermäßigungsrecht, dieses ließ aber maximal eine Begrenzung auf das duplum zu.22 Damit überstieg die Pönale selbst nach einer Ermäßigung noch das tatsächliche Interesse. Man wird deshalb nicht umhin kommen, der Conventionalstrafe des Preußischen Allgemeinen Landrechts weitere Funktionen zuzugestehen. Das stützt auch die Tatsache, dass die Stipulation nicht nur zugunsten des Gläubigers der Primärobligation, sondern gleichermaßen zugunsten eines Dritten möglich war.23 Das Pendant zur Vertragsstrafe im Code civil war die clause pénale. Sie fand sich dort in den Artikeln 1226 ff. In Bezug auf die Funktionen der clause pénale verhält sich das Meinungsspektrum größtenteils kongruent zu dem beim ALR. Für den einseitigen Zweck der Interessefixierung24 spricht erneut der Wortlaut – diesmal des Artikels 1229: “La clause pénale est la compensation des dommages et intérêts que le créancier souffre de l’inexécution de l’obligation principale.“ Im Unterschied dazu nennt Artikel 1226 den Erfüllungsdruck als Zielsetzung: „La clause pénale est celle par laquelle une personne, pour assurer l’exécution d’une convention, s’engage à quelque chose en cas d’inexécution.“ In dieser ausdrücklichen Form geschieht das in § 339 S. 1 BGB nicht. Da Artikel 1226 des Code civil die Vorschriften zur clause pénale einleitet und das Rechtsinstitut definiert, ist ihm gesteigerte Bedeutung zuzumessen. Der zuvor zitierte Artikel 1229 ist jedoch parallel formuliert. In Erwägung dessen ist Fuld25 zuzustimmen, wenn er sich für die Bifunktionalität der clause pénale, mithin einer Koexistenz von Sicherungs- und Ersatzfunktion, ausspricht. Ausschließlich von einer Ersatzfunktion zu sprechen verbietet auch an dieser Stelle das Fehlen eines umfassenden richterlichen Ermäßigungsrechts.26 Das gemeine, d. h. rezipierte römische Recht, das Preußische Allgemeine Landrecht, das Bürgerliche Gesetzbuch für das Königreich Sachsen sowie der Code civil waren in Teilen des Deutschen Reiches bis zum Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches in Geltung. Sie beeinflussten daher maßgeblich die Beratungen für das BGB und schließlich die Gesetzgebung.

21  Schottländer,

S. 31, 33. S. 53. 23  Neuenfeldt, S. 53. 24  Vertreten von Schottländer, S. 13, dort Fn. 2. 25  Fuld, Sächs. Arch. Bd. 9, S. 337. 26  Neuenfeldt, S. 59. 22  Neuenfeldt,

20

B. Wesen und Funktionen der Vertragsstrafe

II. Die Funktionen der Vertragsstrafe des Bürgerlichen Gesetzbuches 1. Klassischer Standpunkt: Bifunktionalität Die heutige Vertragsstrafe in §§ 339 ff. BGB wird klassischerweise als bifunktionales Rechtsinstitut verstanden. Sie soll einerseits den Schuldner zur vertragsgemäßen Erfüllung anhalten und andererseits dem Gläubiger eine erleichterte Schadloshaltung ohne Einzelnachweis ermöglichen.27 Der Gesetzgeber des Bürgerlichen Gesetzbuches bekannte sich zur Bifunktionalität und orientierte sich insoweit ausdrücklich am gemeinen Recht. In den Motiven findet sich die Aussage, die Vertragsstrafe besitze die „doppelte Funktion (…), einmal als Zwangsmittel gegen den Schuldner zu dienen, sodann dem Gläubiger die Interesseforderung zu erleichtern und zu sichern“. Der Zweck der Vertragsstrafe sei nicht ausschließlich in der Fixierung des Inte­ resses zu sehen, wie es hinsichtlich der Regelung im ALR diskutiert worden sei.28 a) Erfüllungsdruckfunktion Die Erfüllungsdruckfunktion ist präventiver Natur.29 Der Schuldner soll die im Vertrag festgeschriebene Verpflichtung einhalten. Umgekehrt formuliert: Ziel ist es, den Schuldner wirksam von einem Vertragsverstoß abzuschrecken.30 Die Vertragsstrafe ist folglich dazu bestimmt, das Verhalten des Schuldners zu steuern.31 Mit ihrer Hilfe wird der schuldrechtliche Grundsatz „pacta sunt servanda“ verwirklicht.32 Dementsprechend ist die Vertragsstrafe als Mittel zur Rechtsdurchsetzung und Rechtstreue einzuordnen.33 Wurde im Bauvertrag vereinbart, dass Verzug die Pönale auslöst, so ist sie Terminsicherungsinstrument.34

27  BGH v. 23.1.2003  – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808; BGH v. 18.11.1982  – VII ZR 305 / 81, NJW 1983, 385, 387; KG Berlin v. 13.3.2001  – 4 U 2902 / 00, BauR 2002, 101, 103; Fuld, Sächs. Arch. Bd. 9, S. 337; Kemper, BauR 2001, 1015; Wolff, in: Messerschmidt / Voit, M Rn. 234. 28  Motive II, S. 275, in: Mugdan II, S. 152. 29  Hess, S. 164; Rieble, in: Staudinger, Vor. §§ 339 ff., Rn. 32. 30  Oberhauser, Rn. 3. 31  Rieble, in: Staudinger, Vor. §§ 339 ff., Rn. 15. 32  Nodoushani, S. 172. 33  Rieble, in: Staudinger, Vor. §§ 339 ff., Rn. 17. 34  Langen / Schiffers, Rn. 2505.



II. Die Funktionen der Vertragsstrafe des Bürgerlichen Gesetzbuches21

Die Erfüllungsdruckfunktion erlaubt es dem Gläubiger, eine Vertragsstrafe in spürbarer Höhe anzusetzen.35 Aus dem Steuerungscharakter der Vertragsstrafe ergibt sich für AGB aber auch, dass der Auftragnehmer spiegelbildlich stets die Möglichkeit besitzen muss, auf Fehlentwicklungen zu reagieren und so die Verwirkung der Vertragsstrafe abzuwenden.36 Sind mehrere Vertragsfristen strafbewehrt und holt der Bauhandwerker eine einmal eingetretene Verzögerung wieder auf, muss sich dieser Erfolg bei der Höhe der Pönale bemerkbar machen. An diesen Grundsätzen hat der Bauherr die Vertragsstrafeklausel auszurichten. Anderenfalls benachteiligt sie den Auftragnehmer unangemessen i. S. d. § 307 I BGB. Diese Kehrseite der Erfüllungsdruckfunktion wird nachfolgend das Fundament zahlreicher Argumente bilden. Setzt indes die Wirksamkeitgrenze dem Bauunternehmer einen Anreiz zum Ausruhen auf dem Rückstand oder zum „Pfuschen“, ist sie zu streng. Gleiches gilt für einen „Freifahrtschein“ im Hinblick auf die Anhäufung neuer Verzögerungstage. Dem Bauherrn als Klauselgestalter steht dann kein effektives Druckmittel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Verfügung. b) Schadensersatzfunktion Das zweite Element der Lehre von der Bifunktionalität bildet die Ausgleichsfunktion37. Die Aufnahme einer Vertragsstrafeklausel in den Vertrag erleichtert es dem Gläubiger, eventuelle Schäden ersetzt zu bekommen, die ihm aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens des Schuldners entstehen.38 Der Ausgleichsfunktion liegt mithin eine andere Perspektive zugrunde als der Erfüllungsdruckfunktion: Gegen die strafbewehrte Verpflichtung hat der Schuldner bereits verstoßen; die von den Parteien vereinbarten Verwirkungsvoraussetzungen sind eingetreten. Insoweit verliert die Steuerungsfunktion ihre Grundlage – die Erfüllbarkeit der von der Vertragsstrafe abgesicherten Obligation. An ihre Stelle tritt nun die Ersatzfunktion. aa) Schadloshaltung ohne Einzelnachweis – Die Vertragsstrafe als „besserer Schadensersatz“ Die Vertragsstrafe bringt dem Gläubiger im Vergleich zum – schon kraft Gesetzes vorgesehenen – Institut des Schadensersatzes erhebliche Vorteile. 35  OLG

Köln v. 23.12.2011 – 19 U 24 / 11, juris Rn. 45. Rn. 1499. 37  Oberhauser, Rn. 3. 38  BGH v. 23.1.2003  – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808; BGH v. 18.11.1982 – VII ZR 305 / 81, NJW 1983, 385, 387. 36  Schwab,

22

B. Wesen und Funktionen der Vertragsstrafe

Im Vorfeld der Fälligkeit der betreffenden Leistung wird pauschal eine im Falle des Vertragsverstoßes zu zahlende Summe festgelegt. Auf diese Weise kann der Gläubiger nahezu allen Beweisschwierigkeiten entgehen, welche die Durchsetzung eines parallelen Schadensersatzanspruchs mit sich brächte. Weder die einzelnen Schadensposten noch deren Höhe muss der Gläubiger beweisen.39 Diese Eigenschaft hat die Vertragsstrafe mit dem pauschalierten Schadensersatz gemeinsam.40 Die Schäden des Bauherrn bei Bauzeitüberschreitungen können sich sehr vielschichtig gestalten. Infolge der verzögerten Fertigstellung kann der Bauherr das Objekt erst später nutzen als geplant. Ihm entgeht Gewinn, insbesondere durch ein Aufschieben der Veräußerung oder Mietausfall41. Der Bauherr kann wegen der verspäteten Übergabe der Mieträume zudem einem Verzugsschadensersatzanspruch des Mieters gem. §§ 280 II, 286 BGB ausgesetzt sein. Aus Sicht des Bauherrn stellt sich diese Zahlungsverpflichtung wiederum als eigener Schaden dar.42 Hat der Auftraggeber den Erwerb des Baugrundstücks und / oder den Bau mithilfe eines Darlehens finanziert, so fallen erhöhte Zinsaufwendungen an, weil sich die Rückzahlung des Darlehens zeitlich nach hinten verschiebt.43 Die verlängerten Bauarbeiten können ferner – vornehmlich, wenn Zwischenfristen überschritten werden und somit Folgeunternehmer später beginnen können – Umplanungskosten44 sowie zusätzliche Personalkosten45 nach sich ziehen. Hinzu kommen Stillstandsansprüche des Folgeunternehmers.46 Denkbar ist auch, dass der Bauherr für die Realisierung des Projekts Fördermittel erhalten hat. Wurden die Zuwendungen unter der Auflage der Fertigstellung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gewährt, besteht die Gefahr, dass sie nun entfallen oder sich verringern.47 In der Praxis werden die Bewilligungszeiträume allerdings häufig verlängert. Gleichermaßen können sich Schäden aus steuerlichen Änderungen nach dem maßgeblichen Stichtag ergeben.48 Die Reichweite potentieller Schäden lässt erkennen, welche Erleichterung eine Vertragsstrafenvereinbarung für den Bauherrn in Bezug auf die Restitution be39  Le

Goff, S. 177. in: Palandt, § 276 Rn. 26. 41  Kapellmann / Langen, BB 1987, 560, 563. 42  Lau, Jahrbuch Baurecht 2003, 53, 55. 43  v. Gehlen, NJW 2003, 2961, 2962. 44  Kapellmann / Langen, BB 1987, 560, 563. 45  Le Goff, S. 177. 46  Beispielsfall bei: Berger, Vertragsstrafen auf Zwischenfristen, Jahrbuch Baurecht 2012, 77, 78. 47  Langen, Die Bauzeit im Rahmen der Vertragsgestaltung, NZBau 2009, 145, 146. 48  Langen, Die Bauzeit im Rahmen der Vertragsgestaltung, NZBau 2009, 145, 146. 40  Grüneberg,



II. Die Funktionen der Vertragsstrafe des Bürgerlichen Gesetzbuches23

deutet. Ein wichtiger positiver Nebeneffekt besteht darin, dass der Bauherr nicht dazu gezwungen ist, seine wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber dem Auftragnehmer offen zu legen.49 Ihm wird gerade bei empfindlichen Daten wie Kredithöhe und Kreditgeber oder dem zu erwartenden Gewinn durch das Bauprojekt viel daran liegen, diese nicht im Prozess offenbaren zu müssen. Aber auch die Kausalität zwischen Vertragsverstoß und einem konkreten Schaden ist schwierig nachzuweisen – vor allem bei Großprojekten mit zahlreichen Mitwirkenden50, die sich „gegenseitig die Klinke in die Hand geben“ oder (partiell) parallel arbeiten. Erschwerend tritt in der Praxis hinzu, dass unter dem Druck weglaufender Termine häufig keine ausreichende Dokumentation angefertigt wird.51 Ein Vertragsstrafeanspruch entsteht ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden. Mit anderen Worten: Kausalität ist kein Tatbestandsmerkmal der Vertragsstrafe. Zum Tatbestand gehören indes der Vertragsverstoß sowie Verzug (zum Verzug ausführlich unten unter C. II.). Das Vertretenmüssen des Auftragnehmers als Bestandteil des Verzugs aber wird gem. § 286 IV BGB zugunsten des Bauherrn vermutet. Ein Mitverschulden seinerseits hindert das Anfallen der Vertragsstrafe zwar nicht52, die Durchsetzung des Vertragsstrafeanspruchs verstößt jedoch ausnahmsweise gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), sofern der Vertragsstrafengläubiger durch sein Verhalten die Vertragswidrigkeit des Schuldners verständlicherweise veranlasst hat.53 Macht der Gläubiger dann die Vertragsstrafe geltend, verhält er sich widersprüchlich (venire contra factum proprium) und damit rechtsmissbräuchlich. Für die Veranlassung durch den Gläubiger trägt jedoch ebenfalls der Vertragsstrafenschuldner, d. h. der Auftragnehmer, die Darlegungs- und Beweislast. Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe beugt ferner – dank ihres Verzichts auf Schaden und Kausalität – langwierigen Rechtsstreitigkeiten vor. Auf diese Weise trägt sie zum Erhalt der rechtsgeschäftlichen Vertrauensgrundlage bei.54 Nicht wenige Bauvorhaben erstrecken sich auf mehrere Jahre. Derartige Prozesse um Schadensersatzzahlungen würden das Dauerschuldverhältnis Bauvertrag erheblich belasten. Wie die Erfüllungsdruckfunktion besitzt jedoch auch die Schadensersatzfunktion einen spiegelbildlichen Inhalt zum Schutze des Schuldners: Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgesetzte Vertragsstrafe muss eine Verbindung zum Schaden erkennen lassen. Der Frage, wie eine solche VerBeuthien, in: FS Larenz, 495, 499. BB 1987, 560, 562; Le Goff, S. 177. 51  Schuhmann, ZfBR 2009, 307. 52  Schuhmann, ZfBR 2009, 307, 309. 53  BGH v. 23.01.1991 – VIII ZR 42 / 90, NJW-RR 1991, 568, 570. 54  Schuhmann, ZfBR 2009, 307. 49  Vgl.

50  Kapellmann / Langen,

24

B. Wesen und Funktionen der Vertragsstrafe

bindung genau auszusehen hat, wird unten unter Punkt C. I. 2. dd) auf den Grund gegangen. Das Verzugsschadenspotential kann überdies bei unterschiedlichen Bauvertragstypen oder Fristen variieren. Hierauf wird die Inhaltskontrolle mit der nötigen Flexibilität reagieren müssen. bb) Vertragsstrafeanspruch ohne Schaden – Ein Widerspruch zur Ersatzfunktion? Das tatsächliche Ausbleiben von Schäden hindert nach einhelliger Ansicht den Vertragsstrafeanspruch nicht.55 Aus dem pönalisierten Verhalten des Schuldners müssen dem Gläubiger keinerlei Nachteile erwachsen. A maiore ad minus ist es unschädlich, wenn ein Schaden zwar zu bejahen ist, dieser jedoch geringer ausfällt als die angesetzte Vertragsstrafe. Gleiches gilt, wenn der Schaden nach Schadensersatzrecht, das heißt nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB, nicht ersatzfähig wäre.56 Beispielhaft hierfür ist der Reputationsverlust des Bauherrn infolge der verzögerten Fertigstellung bei Großprojekten zu nennen.57 Gerade wenn ein Eröffnungstermin in der Presse oder durch Eigenwerbung im Vorfeld umfangreich angekündigt wurde, droht dem Auftraggeber die Beschädigung seines Ansehens in der Öffentlichkeit. Als immateriellen Schaden, welcher weder in einer Beeinträchtigung der in § 253 II BGB aufgeführten Rechtsgüter besteht, noch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht58 verletzt, kann der Auftraggeber den Reputationsverlust nicht im Wege des Schadensersatzes geltend machen. Vertragsstrafe kann er in diesen Fällen gleichwohl verlangen. Das wirft die Frage auf, ob überhaupt von einer Schadensersatzfunktion der Vertragsstrafe gesprochen werden kann, wenn doch die Vertragsstrafe gar nicht zwingend einen Schaden ersetzt.59 Specka60 rechtfertigte diesen Widerspruch als Ergebnis praktischer Konkordanz aus Erfüllungsdruckfunktion und Interesseersatz. Er lenkt den Blick auf die paradoxen Folgen der hypothetischen Annahme, die Vertragsstrafe setze einen Schaden voraus. Sobald sich abzeichnete, dass ein Vertragsverstoß keinerlei Schäden hervorriefe bzw. der Schaden nur marginal ausfiele, könnte der Schuldner die Erfüllung be55  BGH v. 1.6.1983  – I ZR 78 / 81, NJW 1984, 919, 920; Bschorr / Zanner, Vertragsstrafe im Bauwesen, S. 15. 56  Langen, in: Kapellmann / Messerschmidt, VOB, § 11 VOB / B Rn. 63. 57  Schuhmann, ZfBR 2009, 307, 308. 58  Zu einer Verletzung des APR: BGH v. 5.10.2004 – VI ZR 255 / 03, NJW 2005, 215 ff. 59  Verneinend Lindacher, in: Soergel, Vor § 339 Rn. 5; Nodoushani, S. 64. 60  Specka, S. 9, zur römisch-rechtlichen Conventionalstrafe Ende des 19. Jahrhunderts.



II. Die Funktionen der Vertragsstrafe des Bürgerlichen Gesetzbuches25

wusst unterlassen oder hinauszögern – ohne Konsequenzen. Er müsste weder mit einer Vertragsstrafe noch mit einer Schadensersatzforderung rechnen: Beide Ansprüche scheiterten am fehlenden Schaden. Die Folge: Im Falle zeitlicher Engpässe würde der Auftragnehmer gezielt sämtliche laufenden Bauprojekte auf die bei Verzug drohenden Schäden „abklopfen“. Bei günstiger Prognose zöge er das benötigte Personal ab.61 Der Vertragsbruch wäre attraktiver als die Vertragstreue. Der Bauunternehmer wäre geradezu „dumm“, wenn er sich dies nicht zu Nutze machte. Die Vertragsstrafe verfehlte ihren Zweck, die Bestärkung des Vertrages, und wäre ein zahnloser Tiger. Markus62 begründet die Schadensunabhängigkeit mit der generalisierenden Betrachtungsweise bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Zu einer Prüfung im Einzelfall zwingen jedoch ohnehin bereits das Vorliegen des pönalisierten Vertragsverstoßes sowie der nicht vermuteten Verzugsvoraussetzungen. Der Schaden würde sich hier mühelos einreihen. Der generalisierende Maßstab gebietet es nur, für alle Fälle einheitlich zu entscheiden, ob ein bestimmter Tatbestand Voraussetzung der Vertragsstrafe ist sowie ob er – und falls ja, in welcher Form – ausdrücklich in die Vertragsstrafeklausel aufgenommen werden muss. Der AGB-Charakter verböte es demnach nicht, die Vertragsstrafe von einem tatsächlichen Schaden abhängig zu machen. Im Gegensatz dazu überzeugt an sich das Argument, die Erfüllungsdruckfunktion liefe leer, sofern man einen tatsächlichen Schaden forderte. Bei genauerem Hinsehen wird damit allerdings lediglich der Nachweis dafür erbracht, dass an dem Grundsatz der Schadensunabhängigkeit der Vertragsstrafe festzuhalten ist. Ungelöst bleibt der Widerspruch zur Schadensersatzfunktion. Denn die Erfüllungsdruckfunktion wirkt allein bis zur Verwirkung, kann also auch nur in Bezug auf diesen Zeitraum als Argument fruchtbar gemacht werden. Daher ist der Frage auf den Grund zu gehen, ob es nicht weitere Funktionen der Vertragsstrafe geben muss, welche abstrakt für die Zeit nach Verwirkung die Ausgleichsfunktion ergänzen und im konkreten Fall insoweit Geltung beanspruchen, als ein Schaden aus- oder hinter der Vertragsstrafe zurückbleibt (dazu unten unter B. II 3.–6.). Ein derartiges Verständnis legt auch der Wortlaut des § 343 I 2 nahe: Bei der gerichtlichen Herabsetzung einer „verwirkten Strafe“ i. S. d. Satzes 1 ist „jedes berechtigte Interesse des Gläubigers, nicht bloß das Vermögensinteresse“ zu berücksichtigen.

61  Vgl. Schalk, in: Englert / Motzke / Wirth, § 11 VOB / B Rn. 4, dort werden allerdings drohende Vertragsstrafe und drohender reiner Schadensersatzanspruch bei zwei Bauvorhaben gegenübergestellt und nicht wie hier die Situation, dass bei einem Bauvorhaben gar keine Zahlung droht. 62  Markus, in: Markus / Kaiser / Kapellmann, Rn. 561.

26

B. Wesen und Funktionen der Vertragsstrafe

c) Wechselwirkungen zwischen beiden Funktionen Die Lehre von der Bifunktionalität sieht Steuerungs- und Ausgleichsfunktion nicht getrennt voneinander, sondern geht von einem Geflecht gegenseitiger Abhängigkeiten aus. Beide Funktionen verstärken demnach die jeweils andere in ihrer Wirkung. Auf der einen Seite bewirkt die Ausgleichsfunktion Erfüllungsdruck. Sogar dem Schadensersatz, welcher exakt auf die eingetretene Einbuße in den Rechtsgütern des Geschädigten zugeschnitten ist, wird in gewissem Maße ein Präventiveffekt zuerkannt. Indem die §§ 280 ff. BGB für den Fall eines Vertragsverstoßes die Verpflichtung zum Schadensersatz in Aussicht stellen, wird der Schuldner zur Leistung angehalten. Dieser Effekt tritt nun bei Vereinbarung einer Vertragsstrafe noch wesentlich ausgeprägter zutage.63 Der Schuldner hat die verwirkte Vertragsstrafe in voller Höhe zu entrichten. Beweisschwierigkeiten des Gläubigers bezüglich der konkreten Schadensposten sowie der Kausalität gereichen ihm nicht zum Vorteil.64 Hinzu kommt, dass – anders als die Vertragsstrafe – ein Schadensersatzanspruch nicht im Vertrag selbst angedroht werden muss. Er entsteht bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen „automatisch“ kraft Gesetzes ohne vorheriges Zutun der Parteien. Seine (potentielle) Höhe steht bei Vertragsschluss noch nicht fest. Demgegenüber führt die Vertragstrafe dem Schuldner schon zu diesem Zeitpunkt durch exakte Festlegung des zu zahlenden Geldbetrags plakativ die Konsequenzen eines Vertragsverstoßes vor Augen.65 Umgekehrt kann der „Abschreckungsbetrag“ nach Ansicht Fischers als Schadensausgleich fungieren. Im Falle einer bei Vereinbarung der Vertragsstrafe zu gering angesetzten Schadensschätzung wandele sich der darüber hinausgehende Abschreckungsbetrag in Schadensersatz um.66 Dieser Überlegung liegt also die gegenteilige Konstellation zugrunde wie oben unter B. II. 1. b) bb): Der tatsächliche Schaden fällt nicht niedriger, sondern höher aus, als anfänglich veranschlagt. Fischer unterstellt, dass sowohl vor Verwirkung als auch nach Verwirkung Erfüllungsdruckfunktion und Ausgleichsfunktion nebeneinander stehen, lediglich zu wechselnden Anteilen. Ein Verhalten ist jedoch nur solange steuerungsfähig, wie das Ergebnis nicht unabänderlich feststeht. Erfüllungsdruck setzt voraus, dass die vertragsgemäße Erfüllung noch möglich ist. Gleichermaßen kann nur ein tatsächlich eingetretener Schaden kompensiert werden.

63  Fischer,

S. 170. S. 143; Lindacher, S. 57. 65  Schuhmann, ZfBR 2009, 307, 308. 66  Fischer, S. 171. 64  Hess,



II. Die Funktionen der Vertragsstrafe des Bürgerlichen Gesetzbuches27

Die Problematik setzt sich fort bei nicht bezifferbaren Vermögensschäden. Fischer sieht hier folgerichtig einen fließenden Übergang zwischen Erfüllungsdruck- und Ausgleichsfunktion. Schließlich sei in diesem Fall unklar, welcher Teil der Vertragsstrafe den Schaden kompensiere und welcher den Druckaufschlag bilde.67 d) Gewichtung Unter den Vertretern der Bifunktionalitätslehre herrscht lebhafter Streit darüber, ob eine der beiden Funktionen überwiegt – und falls ja, welche. Für den BGH sowie Teile des Schrifttums steht die Sicherung der vertraglichen Leistung im Vordergrund.68 Jedem redlichen Gläubiger müsse es primär auf die ordnungsgemäße Erfüllung ankommen. Die Verwirkung der Vertragsstrafe strebe er im Moment des Vertragsschlusses gerade nicht an. Erst wenn seine Hoffnung enttäuscht werde, komme die Ausgleichsfunktion zum Tragen.69 Diesem Standpunkt zufolge fungiert die erleichterte Schadloshaltung lediglich als Rettungsanker. Untermauern lasse sich das mithilfe eines rechtsvergleichenden Arguments: In Schweden bilde die avtalsvite das Pendant zur Vertragsstrafe des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches. Die avtalsvite kenne keine Parallele zu §§ 340 II, 341 II BGB. Sie sei nach oben abschließend; der Gläubiger könne sie nicht bis zu dem Betrag eines höher ausfallenden Schadensersatzanspruchs aufstocken. Obwohl sie demnach eher mit der deutschen Schadensersatzpauschale verglichen werden könne, werde sie als bifunktional angesehen. Im Umkehrschluss müsse daher im deutschen Recht der Erfüllungssicherung der Vorrang eingeräumt werden.70 Hiergegen lässt sich einwenden, dass die Conventionalstrafe des Preußischen Allgemeinen Landrechts in gleicher Weise wie die avtalsvite den ersatzfähigen Höchstschaden beschrieb. Ihr wurde aber keine bzw. nur eine sehr eingeschränkte Druckfunktion zugeschrieben (siehe oben unter B. I.). Nahe verwandt ist die Auffassung, die Ersatzfunktion sei nur ein notwendiger Annex, damit die Druckfunktion nicht leer laufe.71 Wie oben bei B. II. 1. c) gezeigt, könnte man jedoch auch im Gegenteil sagen: Ohne Aussicht auf Verwirkung wäre die Vertragsstrafe ein stumpfes Schwert im Kampf gegen Verzögerungen.72 Die Pauschalierung bewirkt Erfüllungsdruck. 67  Fischer,

S. 171. v. 25.11.1982 – III ZR 92 / 81, NJW 1983, 1542; BGH v. 30.6.1987 – KZR 7 / 86, NJW-RR 1988, 39, 41; Medicus / Lorenz, Rn. 545. 69  Reuter, S. 18. 70  Rieble, in: Staudinger, Vor. §§ 339 ff., Rn. 121. 71  Nodoushani, S. 63. 72  Vgl. Fischer, S. 171. 68  BGH

28

B. Wesen und Funktionen der Vertragsstrafe

Dafür, dass der Hauptzweck der Vertragsstrafe im Schutz des Interesses besteht, spricht aber der Wortlaut in den Protokollen73 zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Auf Seite 1573 heißt es: „Wenn der Gläubiger sich eine Strafe ausbedinge, so thue er dies regelmäßig in erster Linie zu dem Zwecke, um dem Nachweise seines Interesses enthoben zu sein.“ Dieser Meinung folgt Wessel74 speziell für Verzögerungen am Bau. Er geht davon aus, dass die Vertragsstrafe primär dem Ausgleich von durch die Verzögerung entstandenen Vermögensnachteilen dient und nur sekundär der Vermeidung von Bauablaufstörungen. Einige Stimmen75 in Rechtsprechung und Schrifttum, darunter das Oberlandesgericht Nürnberg, erklären beide Funktionen für gleichrangig. Die Motive nähmen keine Abstufung vor76 (siehe schon unter B. II. 1.). Es fällt tatsächlich auf, dass sich dort unter Verwendung der Worte „einmal“ und „sodann“ lediglich eine zeitliche Gegenüberstellung beider Funktionen findet – die Erfüllungsdruckfunktion prägt die Zeitspanne vor Verwirkung und die Ausgleichsfunktion jene nach Verwirkung. Schleipen ist der Auffassung, diesem Standpunkt des Entwurfs sei das Bürgerliche Gesetzbuch in §§ 339 ff. gefolgt.77 Schließlich wird vertreten, welcher Zweck der Vertragsstrafe überwiege, bestimme sich allein nach der konkreten Parteivereinbarung. Aus diesem Grunde könne sowohl die eine als auch die andere Funktion Vorrang genießen.78 Die Inhaltskontrolle von AGB verlangt aber nach einem generalisierenden Maßstab. Ungeachtet der Tatsache, dass die Parteien faktisch den Instrumentarien des Schuldrechts die von ihnen gewollte Bedeutung beimessen können – ein Typenzwang wie im Sachenrecht existiert nicht –, muss es ein einheitliches, abstraktes Leitbild geben. e) Weiteres Vorgehen Obgleich die Entstehungsgeschichte des Bürgerlichen Gesetzbuches keine über die beiden dargestellten hinausgehenden Funktionen erkennen lässt, wäre es vorschnell, die Untersuchung der Funktionen bereits an dieser Stelle abzuschließen. 73  Protokolle,

S. 1573, in: Mugdan, S. 723. ZfBR 2010, 527, 528. 75  OLG Nürnberg v. 24.3.2010 – 13 U 201 / 10, NZBau 2010, 566 mit der Formulierung „zugleich“; Fischer, S. 31; auf eine Gewichtung verzichten: BGH v. 18.11.1982 – VII ZR 305 / 81, NJW 1983, 385, 387, BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808. 76  Fischer, S. 31. 77  Schleipen, S. 14. 78  Wolff, in: Messerschmidt / Voit, M Rn. 234. 74  Wessel,



II. Die Funktionen der Vertragsstrafe des Bürgerlichen Gesetzbuches29

Die Einführung des BGB liegt bereits über ein Jahrhundert zurück. Die Vorstellungen des Gesetzgebers sind kritisch in Bezug darauf zu hinterfragen, ob sie den Bedürfnissen der heutigen Rechtsgemeinschaft entsprechen sowie ob sie frei von Widersprüchen und vollständig sind. Die Notwendigkeit eines solchen „Blicks über den Tellerrand“ zeigen schließlich auch die für die Auslegung von Gesetzen geltenden Grundsätze. Die genetische Auslegung, die Betrachtung der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift, stellt nur eine von vier Auslegungsmethoden dar. Daneben sind immer auch Wortlaut, Telos sowie Systematik der Vorschrift heranzuziehen. Insbesondere die teleologische Auslegung bringt neue, nicht aus Überlieferungen zum Gesetzgebungsverfahren abgeleitete Normzwecke hervor. Es ist stets zu prüfen, welchen Zwecken das Gesetz vernünftigerweise dienen soll.79 Erst wenn alle Funktionen der Vertragsstrafe abschließend beleuchtet sind, kann eine Aussage zu dem Verhältnis (und damit einer eventuellen Gewichtung) der einzelnen Funktionen untereinander getroffen werden. 2. Die Monofunktionalitätslehre – Vertragsstrafe als reines Steuerungsinstrument Eine bedeutende Auffassung im Schrifttum beruht auf einem monofunk­ tionalen Verständnis der Vertragsstrafe80, stellt also ein Minus zur oben dargestellten These dar. Ihr zufolge wohnt der Vertragsstrafe ausschließlich eine Beugefunktion inne.81 Die Kompensation des Schadens sei eine rein wirtschaftliche Auswirkung, welche den rechtlichen Charakter der Vertragsstrafe nicht zu beeinflussen vermöge.82 In Erscheinung trete sie einzig als Reflex.83 a) Die Argumente gegen eine Schadensersatzfunktion Zur Begründung wird auch hier [wie schon oben unter B. II. 1. d)] angeführt, die Schadensabdeckung komme nur in dem eigentlich nicht gewollten Fall zur Anwendung, dass die Vertragsstrafe verfalle.84 Erstens befürchtet der Gläubiger aber genau diesen Verlauf bei Vertragsschluss. Nur deshalb bedingt er sich eine Vertragsstrafe aus. Und zweitens ist beim Schadensersatz der Gläubiger gleichermaßen vorwiegend an der Primärleistung interessiert, 79  Gast,

Rn. 676. NJW 1974, 241, 242. 81  Hess, S. 26. 82  Fikentscher / Heinemann, Rn. 141. 83  Eggert, NJW 1974, 241, 242. 84  Lindacher, S. 59. 80  Eggert,

30

B. Wesen und Funktionen der Vertragsstrafe

um deretwillen er den Vertrag ja abgeschlossen hat. Somit müsste man konsequenterweise auch dem Schadensersatz die Schadensersatzfunktion absprechen (argumentum ad absurdum). Die Vertragsstrafe erfolge überdies dem Schuldner zuleide und nicht – wie der Schadensersatz – dem Gläubiger zuliebe.85 Mit dieser Aussage wird indes keineswegs das Fehlen einer Ausgleichsfunktion im Rahmen der Vertragsstrafe bewiesen. Bei genauerem Hinsehen handelt es sich um einen Zirkelschluss. Zugrunde gelegt wird eine Prämisse, deren Richtigkeit ebenso wenig gesichert ist wie jene der zu beweisenden These selbst. Im Gegenteil: Es lässt sich gut vertreten, dass die Prämisse falsch ist. Anders als etwa bei der (strafrechtlichen) Geldstrafe spiegelt sich bei Zahlung der Vertragsstrafe das Minus auf Seiten des Schuldners unmittelbar als Plus auf Seiten des Gläubigers wider. Selbst wenn man nicht gleich mit Horschitz86 gegenteilig annimmt, die Vertragsstrafe erfolge allein zuliebe des Gläubigers und überhaupt nicht zuleide des Schuldners, so ist doch der Vorteil des Gläubigers aus der Vertragsstrafe evident. Zudem wird teils sogar umgekehrt vertreten, der Schadensersatz kompensiere nicht bloß die Schäden des Gläubigers, sondern stelle darüber hinaus ein Übel für den Schuldner dar.87 Die Monofunktionalitätslehre basiert außerdem auf einem Umkehrschluss. Das mit der Vertragsstrafe verwandte Rechtsinstitut des pauschalierten Schadensersatzes hat gleichfalls ein Versprechen des Schuldners bei Vertragsschluss zum Inhalt, im Falle eines Vertragsverstoßes einen bestimmten Geldbetrag an den Gläubiger zu leisten. Beide Abreden sind strikt voneinander zu trennen. Das zeigt § 309 BGB.88 In dem dortigen Katalog von Klauselarten sind beide Institute separat geregelt. Der pauschalierte Schadensersatz findet sich in Nummer 5, die Vertragsstrafe in Nummer 6. Eine Schadensersatzpauschale dient zweifellos (auch) dem Ausgleich von Schäden. Mäße man der Vertragsstrafe dieselbe Funktion bei, so wäre der pauschalierte Schadensersatz (mit Blick auf das „Plus“ des Erfüllungsdrucks i. R.d. Vertragsstrafe) als eigenständiges Rechtsinstitut überflüssig. Eine klare Grenzziehung zwischen Schadensersatz und Vertragsstrafe wäre unmöglich. Das aber stellte eine Verletzung der Gebote der Transparenz sowie der Rechtssicherheit dar.89 Für eine Ausgleichsfunktion der Vertragsstrafe sei demzufolge kein Raum.90 Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass umgekehrt sogar dem einfachen 85  Rieble, in: Staudinger, Vor. §§ 339 ff., Rn. 36, wobei Rieble kein Anhänger der Monofunktionalitätslehre ist. 86  Horschitz, NJW 1973, 1958. 87  Gronemann, S. 13; Oertmann, Das Recht 1913, 186, 188. 88  J. Becker, in: Bamberger / Roth, § 309 Nr. 6 Rn. 4. 89  Eggert, NJW 1974, 241, 242. 90  Fischer, S. 87; Lindacher, in: Soergel, Vor § 339 Rn. 5.



II. Die Funktionen der Vertragsstrafe des Bürgerlichen Gesetzbuches31

Schadensersatz in gewissem Maße eine verhaltenssteuernde Wirkung zukommt91 [siehe bereits oben unter B. II. 1. c)]. Das gilt in verstärkter Form für die Schadensersatzpauschale. Ebenso verhält es sich mit der Ausgleichsfunktion. Der Unterschied zwischen Vertragsstrafe und pauschaliertem Schadensersatz liegt ausschließlich in der Ausprägung und nicht in der Existenz von Erfüllungsdruck- bzw. Kompensationsfunktion.92 Lindacher93 wittert bei einem Nebeneinander von Erfüllungsdruck- und Ausgleichsfunktion die Gefahr einer Aushebelung des Schuldnerschutzes. Opportunistisch könnte mal die eine, mal die andere Funktion betont werden. Das hätte zur Folge, dass sich der Gläubiger zur Rechtfertigung einer von ihm ausbedungenen, den Schuldner erheblich benachteiligenden Vertragsstrafe fortwährend auf Konformität mit dem gesetzlichen Leitbild berufen könnte. So wäre es ihm möglich, sich gegen das Erfordernis einer angemessenen Obergrenze zu wenden, indem er die Steuerungsfunktion anführte, welche umso größer sei, je höher die Vertragsstrafe festgesetzt sei. Ein solches Vorgehen ist aus zweierlei Gründen gar nicht zulässig. Zum Einen wird sich ein Argument für einen „Freifahrtschein“ des Gläubigers zumeist bereits durch ein auf dieselbe Funktion rückführbares Argument entkräften lassen. So liegt es namentlich im angeführten Fall der Höchstgrenze: Ausgerechnet die Steuerungsfunktion zwingt zu einer Obergrenze. Um in Bezug auf diese Determinante nicht vorzugreifen, wird auf die ausführliche Darstellung unten [unter Punkt C. I. 2. b) aa)] verwiesen. Zum Anderen darf bei mehreren Funktionen keine Funktion vollständig leer laufen. Ansonsten verstößt die Klausel gegen das gesetzliche Leitbild der Vertragsstrafe und in AGB folglich gegen § 307 BGB. Dass der Vertragsstrafe keine Ausgleichsfunktion zugrunde liege, zeige auch die historische Fortbildung der einstigen Privatstrafe. Die Privatstrafe war wie die Vertragsstrafe an den Verletzten zu zahlen und galt gleichfalls nicht schon kraft Gesetzes. Aufgrund dieser Ähnlichkeiten könne sie einen wertvollen Beitrag zur Charakterisierung der Vertragsstrafe leisten.94 Die Stellung der Privatstrafe nehme nunmehr aber die öffentliche Strafe ein.95 Hier werden zwei Prämissen zu einer Schlussfolgerung verkettet. Beide sind einzeln unter die Lupe zu nehmen. Die erste Prämisse lautet: Die Ersetzung der Privatstrafe durch die öffentliche Strafe bedeutet Kongruenz der Funk­ 91  Rieble,

in: Staudinger, Vor. §§ 339 ff., Rn. 54. Rieble, in: Staudinger, Vor. §§ 339 ff., Rn. 57. 93  Lindacher, in: Soergel, Vor § 339 Rn. 4. 94  Vgl. Sjögren, S. 6 f., 9, Sjögren bezieht sich zwar auf die Römische Conventio­ nalstrafe im 19. Jahrhundert, die angesprochenen Eigenschaften besitzt die Vertragsstrafe des BGB jedoch ebenfalls. 95  Wendt, Jahrbücher für Dogmatik Bd. 22, S. 398, 404. 92  Vgl.

32

B. Wesen und Funktionen der Vertragsstrafe

tionen von Privatstrafe und öffentlicher Strafe. Die zweite Prämisse lautet parallel hierzu: Ähnlichkeiten zwischen Privatstrafe und Vertragsstrafe bedeuten Kongruenz der Funktionen von Privatstrafe und Vertragsstrafe. Allerdings wurde die Privatstrafe an den Verletzten gezahlt, die Geldstrafe im heutigen Strafrecht fließt hingegen dem Staat zu. Auch zwischen Privatstrafe und Vertragsstrafe bestehen gewichtige Unterschiede. Die Privatstrafe knüpfte nicht an die Schädigung innerhalb eines bestehenden Vertrags an. Und während bei ihr das Augenmerk auf der Schuld des Verletzenden lag, stellt die Vertragsstrafe primär auf den objektiven Vertragsverstoß ab. Die Vertragsstrafe kann in Individualvereinbarungen sogar unabhängig von einem Vertretenmüssen vereinbart werden.96 An der Wahrheit der Prämissen lässt sich deshalb zweifeln. Ein verlässlicher Schluss lässt sich aus ihnen nicht ziehen – ex falso sequitur quodlibet.97 b) Kritik an einer monofunktionalen Struktur der Vertragsstrafe Nach der Auseinandersetzung mit den Beweggründen der Befürworter der Monofunktionalitätslehre liegt im Folgenden der Fokus auf der Frage, was für eine Ausgleichsfunktion spricht. Am häufigsten wird der Wortlaut der §§ 340 II, 341 II BGB herangezogen.98 Geht der infolge nicht gehöriger Erfüllung eingetretene Schaden über die angesetzte Vertragsstrafe hinaus, fungiert die Vertragsstrafe danach als „Mindestbetrag des Schadens“. In Höhe der Vertragsstrafe entfällt ein parallel bestehender Schadensersatzanspruch. Erst in Bezug auf die Differenz zwischen der Höhe des Schadens und der verwirkten Vertragsstrafensumme lebt er wieder auf. Man kann also sagen: Beide Rechtsinstitute sind hintereinander geschaltet. Sie „teilen sich“ die Kompensation. Um ein Bild aus dem Sport zu bedienen: Die Staffelübergabe erfolgt dort, wo die Vertragsstrafe ausgeschöpft ist. Der Gesetzgeber konnte nur deshalb getrost den Geltungsbereich des Schadensersatzes als Instrument zum Schutze des Gläubigers zurückfahren, weil er davon ausging, dass die Vertragsstrafe seinen Platz bis zu einer gewissen Höhe einnimmt und somit der Gläubigerschutz lückenlos ist. Es sei angemerkt, dass sich diese Argumentation widerspruchsfrei zu dem unter B. I. Gesagten verhält: Im Preußischen Allgemeinen Landrecht wurde die ausgeprägte Kompensationsfunktion der Conventionalstrafe damit begründet, dass sie den ersatzfähigen Schaden nach oben abschließend defi96  OLG

Celle v. 25.9.1987 – 2 U 267 / 86, NJW-RR 1988, 946, 947. Gast, Rn. 676. 98  Nodoushani, S. 65; mit § 340 II BGB begründet auch BGH v. 25.7.1987 – I ZR 153 / 85, NJW 1987, 3196, 3197 die Schadensersatzfunktion. 97  Vgl.



II. Die Funktionen der Vertragsstrafe des Bürgerlichen Gesetzbuches33

nierte. Daraus lässt sich freilich nicht der Umkehrschluss ziehen, die heutige Vertragsstrafe übernehme mit Blick auf die Aufstockungsmöglichkeit keine Ersatzfunktion. Die Ersatzfunktion tritt hier lediglich weniger dominant zutage. Dem wird entgegengehalten, die Vertragsstrafe diene lediglich faktisch dem erleichterten Schadensersatz, ohne jedoch selbst Schadensersatzcharakter zu besitzen.99 Die Anrechnung der Vertragsstrafe auf einen parallelen Schadensersatzanspruch intendiere allein zu verhindern, dass der Gläubiger aus der Pflichtwidrigkeit des Schuldners einen zu großen Vorteil ziehe.100 Mithin wäre sie Ausdruck des Bereicherungsverbotes. Die Argumentation überzeugt nicht. Dargestellt wird der Ausgleich von Schäden durch die Pönale im Falle ihrer Verwirkung als zufällige Folge. Jeder Gläubiger hat bei Ausbedingung einer Vertragsstrafe stets zwei Überlegungen vor Augen. Erstens: „Der Schuldner soll möglichst wirksam dazu angehalten werden, seine Verpflichtung vertragsgemäß zu erfüllen.“ Und zweitens: „Sollte der Schuldner gegen den Vertrag verstoßen, möchte ich meine Schäden schnell und unkompliziert ersetzt bekommen.“ Es wäre naiv, dieses Szenario auszublenden. Dem Ausgleich von Schäden dient die Vertragsstrafe demzufolge nicht nur zufällig, sondern zielgerichtet. Das zeigt auch ein argumentum e contrario aus § 343 I 2 BGB. Im Rahmen des richterlichen Ermäßigungsrechts ist für die Bestimmung der Angemessenheit der Vertragsstrafe „nicht bloß das Vermögensinteresse“ in Betracht zu ziehen. Aus dieser Formulierung lässt sich im Umkehrschluss folgern, dass das Vermögensinteresse auch nicht gänzlich vernachlässigt werden darf.101 Kommt also dem Vermögensinteresse die Qualität eines Bemessungskriteriums für eine (in Individualvereinbarungen) angemessene Vertragsstrafe zu, so ergibt dies nur Sinn, wenn die Vertragsstrafe auch den Ersatz von Vermögensschäden bezweckt. Seit jeher entspricht es der Rechtspraxis, Vertragsstrafen für die verspätete Erfüllung nicht abrupt in vollem Umfang mit Überschreitung der vereinbarten Frist entstehen zu lassen. Vielmehr wird ein bestimmter Prozentsatz festgelegt, welcher pro Verzögerungstag anfällt. Die Vertragsstrafe steigt dann linear mit zunehmender Verzögerung. Proportional zur Verspätungsdauer verlaufe typischerweise auch die Schadenskurve. Das deute darauf hin, dass die Vertragsstrafe an der Schadensentwicklung ausgerichtet sei.102 Das lineare Ansteigen lässt sich aber ebenso gut mit dem Ziel der Verhaltenssteu99  Beuthien,

in: FS Larenz zum 70., 495, 500. FS Larenz zum 70., 495, 499. 101  Reuter, S. 16, dort in Fn. 73, Satz 3. 102  Specka, S. 10. 100  Beuthien,

34

B. Wesen und Funktionen der Vertragsstrafe

erung begründen. Würde die Vertragsstrafe mit einem Male in voller Höhe anfallen, entfiele der Erfüllungsdruck nach der Verwirkung. Die Schwächen des Schadensersatzrechts zwingen den Gläubiger dazu, eine Vertragsstraferegelung in den Vertrag einzuführen. Will er im Falle eines Vertragsverstoßes des Schuldners Eintritt und Höhe seiner Schäden nicht beweisen müssen, ist er auf das Institut der Vertragsstrafe angewiesen. Im Wesentlichen ist die Vertragsstrafe dann aber ein in eine neue Form eingekleideter Interesseanspruch.103 Im Ergebnis überzeugt die Sichtweise, welche der Vertragsstrafe die Funktion der erleichterten Schadloshaltung zuschreibt. Die Vertragsstrafe beruht demnach auf einem Nebeneinander von Erfüllungsdruck- und Ausgleichsfunktion. Vergegenwärtigt man sich beide Funktionen als Rechtecke, zwischen denen der Verwirkungszeitpunkt als Trennachse verläuft, so fällt jedoch auf, dass die Rechtecke nicht kongruent sind. Denn die Vertragsstrafe kann den tatsächlichen Schaden übersteigen. Zur erschöpfenden dogmatischen Durchleuchtung der Vertragsstrafe bedarf es daher weitergehender Überlegungen. Das Funktionenmodell ist noch nicht „rund“. 3. Die Vertragsstrafe als Strafe? Ausgehend vom Terminus „Vertragsstrafe“ erscheint eine Straffunktion naheliegend. Deus104 wirft daher die Frage auf, ob die Vertragsstrafe „nicht aus inneren Gründen ihren Namen verdienen“ sollte. § 339 S. 1 BGB verzichtet gar – im Gegensatz zu seiner Paragraphenüberschrift – auf den Begriff der Vertragsstrafe und spricht schlicht von „Strafe“. In einem Urteil aus dem Jahre 1992 gestand der Bundesgerichtshof105 der Vertragsstrafe – beiläufig, aber ausdrücklich – eine Bestrafungsfunktion zu. Vermissen ließ er eine Erläuterung seiner These. a) Absolute Strafzwecke: Sühne und Vergeltung bzw. Sanktion Es lässt sich zunächst vertreten, die Vertragsstrafe fungiere als Sühne- bzw. Vergeltungsmittel.

103  Specka, S. 19, zur römisch-rechtlichen Conventionalstrafe Ende des 19. Jahrhunderts. 104  Deus, S. 6. 105  BGH v. 4.6.1992 – IX ZR 149 / 91, NJW 1992, 3096, 3103.



II. Die Funktionen der Vertragsstrafe des Bürgerlichen Gesetzbuches35

aa) Begründungsansätze Definiert man Strafe als Zufügung eines Nachteils wegen der Verletzung fremder Interessen, so scheint dies auch auf die Vertragsstrafe zuzutreffen.106 Zur Funktionsbestimmung sei das Augenmerk allein auf den „Delinquenten“ zu richten, fordert Wendt. Außer Betracht bleiben müssten die Interessen des „Gegners“.107 Ob der zu zahlende Geldbetrag dem Staat oder dem Gläubiger zufließe, ergebe aus der Perspektive des Schuldners als Adressat keinen Unterschied. Die gesetzliche Strafe und die Vertragsstrafe seien demnach vergleichbar.108 Zwar könnten in tatsächlicher Hinsicht Erfüllungsdruck und Ausgleich die Intention des Gläubigers bilden. Jus und factum seien allerdings strikt voneinander zu trennen. Die Rechtsdogmatik stelle den puren Rechtsbegriff dar und werde von einer abweichenden Rechtspraxis nicht beeinflusst. Zur ureigenen Natur der Vertragsstrafe zählten Erfüllungsdruck und Interesseersatz daher nicht.109 Kritik verdient das Vorgehen Wendts, sich bezüglich der Sichtweise an den Zwecken des Strafrechts zu orientieren.110 Damit setzt er voraus, was erst zu beweisen ist: die Vergleichbarkeit von öffentlicher Geldstrafe und Vertragsstrafe. Vielmehr muss bei einem zivilrechtlichen Instrument, welches fakultativ zum Bestandteil des Vertrags gemacht werden kann, (auch) die Perspektive derjenigen Partei maßgeblich sein, welche sich des Instruments bedient. Die strikte Trennung von Theorie und Rechtswirklichkeit ähnelt ferner der unter Punkt B. II. 2. b) vorgebrachten Sichtweise, mit der dort teils die Ersatzfunktion abgelehnt wurde. Ihr ist nicht zuzustimmen. Rechtssatz und Praxis lassen sich nicht isoliert voneinander beurteilen; sie gehören zusammen. Für reine Rechtsbegriffe ist in der Rechtswirklichkeit kein Raum.111 Sjögren112 ist insoweit zuzustimmen, als er auf die wichtige Rolle des gelebten Rechts für die Rechtsfortbildung hinweist. Dies gilt insbesondere im Bereich der Vertragsstrafen. Unter gelebtes Recht fällt aber richtigerweise nicht lediglich die Vertragspraxis, sondern gleichermaßen die Rechtsprechung. Wenn sich die Parteien der Vertragsstrafe schon immer in der Ausprä106  Villaret, S. 1, wobei Villaret sich im Ergebnis gegen eine echte Straffunktion der Vertragsstrafe ausspricht. 107  Wendt, Jahrbücher für Dogmatik Bd. 22, S. 398, 400; seine Ausführungen beziehen sich zwar auf die Conventionalstrafe Ende des 19. Jahrhunderts, seine These ist jedoch übertragbar auf die heutige Vertragsstrafe des BGB. 108  Wendt, Jahrbücher für Dogmatik Bd. 22, S. 398, 402. 109  Wendt, Jahrbücher für Dogmatik Bd. 22, S. 398, 413. 110  Wendt, Jahrbücher für Dogmatik Bd. 22, S. 398, 401. 111  Sjögren, S. 5. 112  Sjögren, S. 74.

36

B. Wesen und Funktionen der Vertragsstrafe

gung bedient hatten, dass sie mit ihr Erfüllungsdruck und erleichterte Schadloshaltung bezweckten – und das räumt Wendt ja selbst ein – dann haben diese gewillkürten Zwecke eine ausreichende Manifestation erfahren. Das gilt umso mehr, als sogar die Väter des BGB dies erkannt und ausdrücklich in die Motive113 aufgenommen haben. Als Indiz für den Strafcharakter der Vertragsstrafe wird das Vertretenmüssen gemäß §§ 339 S. 1, 286 IV BGB genannt. Wäre die Vertragsstrafe nur Interesseäquivalent, hätte der Gesetzgeber sie vom Vertretenmüssen unabhängig ausgestalten müssen. Denn jeder Vertragsbruch verletze das Interesse des Gläubigers an der Erfüllung seiner Forderung – unabhängig vom Vertretenmüssen.114 Dagegen spricht jedoch, dass auch § 280 I BGB als Anspruchsgrundlage im Recht des vertraglichen Schadensersatzes abhängig von einem Vertretenmüssen ausgestaltet ist. Der Gesetzgeber wollte folglich an die Verursachung eines Schadens keine automatische Garantiehaftung knüpfen. Anstatt ausschließlich auf das objektive Moment abzustellen, hat er eine subjektive Tatbestandsvoraussetzung eingefügt. Gleichwohl ist der Schadensersatz nicht als Strafe anzusehen. Andersherum kann eine Vertragsstrafe in Individualvereinbarungen ohne Rücksicht auf ein Verschulden vereinbart werden.115 Mindestens Fahrlässigkeit erfordert im Gegensatz dazu die Kriminalstrafe. Gewiss muss sich der subjektive Tatbestand nicht immer auf alle Voraussetzungen der Norm beziehen (eine Ausnahme bildet die objektive Bedingung der Strafbarkeit als Tatbestandsannex116), einen gänzlich objektiv ausgestalteten Tatbestand wird man jedoch im Strafrecht vergeblich suchen. Wurden die §§ 340 II, 341 II BGB oben zur Begründung einer Kompensationsfunktion herangezogen, so spielen beide Normen in diesem Zusammenhang erneut eine Rolle. In einem zweiten Schritt sollen sie zeigen, dass die Straffunktion die Kompensationsfunktion ergänzt. Schöntag117 argumentiert: Nähme man an, dass die Vertragsstrafe nur das Interesse im Voraus bestimmte, so wäre eine darüber hinausgehende Interesseforderung nicht möglich. Der Beweis besteht also aus zwei Schritten. Die Prämisse des ersten Schritts lautet: Die Vertragsstrafe bestimmt nicht abschließend den ersatzfähigen Schaden. Abgeleitet wird daraus, der Vertragsstrafe müsse (mindestens) eine über die Ausgleichsfunktion hinausgehende Funktion innewohnen. §§ 340 II, 341 II BGB behandeln aber den Fall, dass der tatsächliche Scha113  Motive II, S. 275, in: Mugdan, Die gesammten Materialien zum BGB II, S. 152. 114  Schöntag, S. 12. 115  OLG Celle v. 25.9.1987 – 2 U 267 / 86, NJW-RR 1988, 946, 947. 116  Roxin, A § 23 Rn. 2. 117  Schöntag, S. 13.



II. Die Funktionen der Vertragsstrafe des Bürgerlichen Gesetzbuches37

den die Vertragsstrafensumme überschreitet. In dieser Konstellation dient die Vertragsstrafe ausschließlich der erleichterten Schadloshaltung. Die Existenz weiterer Funktionen offenbart sich somit nicht. Nährboden für die Annahme zusätzlicher Funktionen bildet indes die umgekehrte Situation des hinter der Pönale zurückbleibenden Schadens [siehe dazu B. II. 1. b) bb)]. Zu berücksichtigen sind beide Entwicklungen gleichermaßen: Die Frage nach den Funktionen muss abstrakt und aus der Perspektive der Vereinbarung beantwortet werden. Zu diesem Zeitpunkt ist das Instrument Vertragsstrafe noch nicht „aktiviert“. Es ist vollkommen offen, ob es zur Verwirkung kommt sowie ob und in welcher Höhe ein Schaden des Gläubigers eintritt. Dass im zweiten Schritt für die Lücke in Form der Differenz zwischen Vertragsstrafe und geringerem Schaden ausgerechnet die Straffunktion das passende „Puzzleteil“ darstellt118, ist hingegen nicht gesichert. Unter Berufung auf die von Schöntag herangezogene Anrechnung der Vertragsstrafe auf einen parallelen Schadensersatzanspruch wird sogar umgekehrt eine Straffunktion negiert. Stellt man der Vertragsstrafe die öffentliche Geldstrafe gegenüber, fällt sogleich der Gegensatz auf, dass der Täter neben der Geldstrafe den vollen Schadensersatz leisten muss.119 Das unterschiedliche Verhältnis von Vertrags- und öffentlicher Geldstrafe zum Schadensersatz weist in der Tat auf einen Unterschied hinsichtlich der Funktionen beider Institute hin. Nur liegt dieser Unterschied abermals nicht notwendigerweise im Bestehen bzw. Nichtbestehen einer Straffunktion. Im Einzelnen: Aus der Anrechnung der Vertragsstrafe auf einen gleichlaufenden Schadensersatzanspruch folgt, dass die Funktionen des Schadensersatzes eine Teilmenge derjenigen der Vertragsstrafe bilden müssen. Diese Teilmenge besteht in der Kompensationsfunktion (sowie in einem geringen Maße der Funktion des Erfüllungsdrucks). Das kumulative Anfallen von Geldstrafe und Schadensersatz zeigt demgegenüber das Fehlen jeglicher (Teil-)Kongruenz. Weder ersetzt die öffentliche Geldstrafe Schäden – sie fließt dem Staat und nicht dem Verletzten zu – noch soll der Schadensersatz strafen. Vertragsstrafe und Geldstrafe differieren mithin bereits in puncto Kompensationsfunktion. Das erklärt hinreichend die Diskrepanz hinsichtlich der Anrechnung. Freilich könnte man alternativ mutmaßen, die Straffunktion als Abgrenzungsmerkmal zwischen öffentlicher Geldstrafe und Schadensersatz sei für das Nebeneinander verantwortlich. Diese Kausalität ist aber eben nicht zwingend. Zur Veranschaulichung möge ein Vergleich aus dem täglichen Leben dienen: Man nehme an, A sei krank, B nicht. Von A weiß man, dass er Schluss zieht neben Schöntag, S. 12 auch Reichel, JBl. 1929, 174. S. 5; Villaret, S. 2.

118  Diesen 119  Deus,

38

B. Wesen und Funktionen der Vertragsstrafe

täglich drei Tafeln Schokolade isst. Fehlerhaft wäre es, hieraus zu schließen, B esse nicht drei Tafeln Schokolade. Es ist ebenso gut möglich, dass B die gleiche Menge Schokolade zu sich nimmt, aber ein anderer Faktor hinter der Gesundheit des B steckt, etwa, dass B täglich Sport treibt und auch ansonsten gesundheitsbewusster lebt. Resümierend lässt sich festhalten, dass sich aus §§ 340 II, 341 II BGB weder in die eine noch in die andere Richtung eine Aussage über das Vorliegen einer Straffunktion der Vertragsstrafe ableiten lässt. bb) Ablehnung absoluter Strafzwecke Eine echte Straffunktion im Sinne von Vergeltung und Sühne, wie sie der Kriminalstrafe immanent ist, ist abzulehnen. Die Vertragsstrafe trennt zu viel von der Kriminalstrafe. Das Wesen der Kriminalstrafe liegt in einem sittlichen Unwerturteil und dem Vorwurf einer fehlerhaften Persönlichkeitshaltung. Demgegenüber beruht die Vertragsstrafe auf der Verletzung von Individualinteressen.120 Ein sozialethisches Verdikt enthält sie nicht.121 Die Vertragsstrafeverpflichtung entsteht kraft privatrechtlicher Vereinbarung zwischen gleichgeordneten Vertragspartnern. Sie wird nicht wie die Kriminalstrafe einseitig vom Staat festgesetzt mit der Folge, dass sich der einzelne Bürger ihr unterordnen muss.122 In Individualvereinbarungen ist, wie bereits erwähnt, auch eine vom Vertretenmüssen unabhängige Vertragsstrafe zulässig. Selbst ein Kind unter 14 Jahren kann – ganz im Gegensatz zur Geldstrafe (dort gilt § 19 StGB) – Schuldner einer Vertragsstrafe sein. Hierzu kommt es, sofern sein gesetzlicher Vertreter eine Verbindlichkeit des Kindes schuldhaft nicht erfüllt.123 § 278 BGB rechnet dem Kind dann das fremde Verschulden (und die Pflichtverletzung) zu. Die Vertragsstrafe kann somit nicht nur ohne Vertretenmüssen, sondern gar ohne ein (eigenes) Verhalten verwirkt werden. Eine solche Zurechnung bei vollkommener Passivität „steht im unversöhnlichen Gegensatz zu allen strafrechtlichen Grundsätzen“.124 Sie findet nicht einmal bei Mit- und mittelbarer Täterschaft statt. Zur Zahlung einer Vertragsstrafe kann gleichfalls eine juristische Person verpflichtet sein. Das ist dem deutschen Strafrecht fremd.125 120  Hess,

S. 191. NJW 1973, 1958. 122  Gronemann, S. 13. 123  Oertmann, Das Recht 1913, 186, 189. 124  Oertmann, Das Recht 1913, 186, 189. 125  Hess, S. 192. 121  Horschitz,



II. Die Funktionen der Vertragsstrafe des Bürgerlichen Gesetzbuches39

Die Kriminalstrafe will dem Schuldner ein Übel zufügen. Mit diesem Minus auf Seiten des Täters korrespondiert bei der Geldstrafe kein Plus auf Seiten des Opfers.126 Dies ist bei der Vertragsstrafe anders. § 343 I 2 BGB ordnet ausdrücklich die Berücksichtigung der Gläubigerinteressen an.127 cc) Die Vertragsstrafe als Sanktionsmittel Es sind zahlreiche und grundlegende Unterschiede zwischen Vertrags- und Geldstrafe zu konstatieren. Möglicherweise ist daher der Standpunkt von Sjögren128 übertragbar. Er sah die römische Conventionalstrafe im 19. Jahrhundert als abgeschwächte Variante der öffentlichen Strafe an. Einige Merkmale der öffentlichen Strafe seien lediglich verkümmert. So verfolge der Staat naturgemäß Allgemeininteressen, welche bei der Conventionalstrafe fehlten. Blendet man aber die Allgemeininteressen aus, so kann nicht mehr von Strafe im eigentlichen Sinne gesprochen werden. Vernachlässigt werden darf jedoch andersherum auch nicht die Tatsache, dass die Vertragsstrafe dem Schuldner unter Umständen – von beiden Parteien gewollt – einen Nachteil zufügt, welcher nicht im Ersatz von Schäden besteht, aber dennoch dem Gläubiger unmittelbar zugute kommt. Diese Funktion der Vertragsstrafe steht abstrakt neben der Ausgleichsfunktion. Sie ähnelt den absoluten Strafzwecken in mancherlei Hinsicht, besitzt aber doch ein ganz eigenes Gepräge. Es erscheint daher treffend, diese zusätzliche Funktion als Sanktionsfunktion129 zu begreifen. b) Relative Strafzwecke: Verhinderung von Verstößen Strafe ist aber nicht nur Repression, sondern auch Prävention.130 Im Strafrecht unterscheidet man Generalprävention und Spezialprävention als relative Strafzwecke. Während Adressat der Generalprävention die Allgemeinheit ist, nimmt die Spezialprävention auf den Täter Bezug.131 Möglicherweise lassen sich den relativen Strafzwecken ebenfalls einzelne Elemente entnehmen und auf die Besonderheiten der Vertragsstrafe „ummünzen“.

126  Oertmann,

Das Recht 1913, 186, 189; Kabakoff, S. 3. S. 3. 128  Sjögren, S. 9. 129  Ebenso BGH v. 30.9.1993 – I ZR 54 / 91, NJW 1994, 45, 46; Bschorr / Zanner, S. 17; Ebert, S. 255. 130  BVerfG v. 21.6.1977 – 1 BvL 14 / 76, NJW 1977, 1525, 1531. 131  Roxin, A § 3 Rn. 21. 127  Villaret,

40

B. Wesen und Funktionen der Vertragsstrafe

aa) Negative Generalprävention Unter negativer Generalprävention wird im Strafrecht die Abschreckung der Allgemeinheit von der Begehung von Straftaten durch Strafandrohung verstanden.132 Gegenüber Dritten kann die wirksame Vereinbarung einer Vertragsstrafe selbst keine abschreckende Wirkung entfalten. Sie wirkt ausschließlich inter partes, d. h. im Verhältnis zwischen den Vertragparteien.133 In Bezug auf eine richterliche Entscheidung, welche eine Vertragsklausel als unwirksam deklariert, könnte das abweichend zu beurteilen sein. Wurde eine bestimmte Formulierung bereits von einem Gericht kassiert, so schrecken Dritte unter Umständen vor ihrer Verwendung zurück, aus Angst, ihnen werde dasselbe widerfahren. Die Gerichtsentscheidung statuiert dann ein Exempel. Insbesondere die Wirkung der Unwirksamkeit einer Vertragsstrafeklausel im Vertrag zwischen Bauherr und Generalunternehmer auf die Vertragsgestaltung, welche letzterer gegenüber dem Nachunternehmer an den Tag legt, ist nicht zu unterschätzen.134 Die Abschreckung Dritter aber als Funktion der Vertragsstrafe zu begreifen, lehnt Reuter135 auch für diesen Fall unter Berufung auf den zivilrechtlichen Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse ab. Berücksichtigung dürften allein die Belange der Vertragsparteien selbst finden. In der Tat geht niemand den Weg eines Prozesses, um für andere ein Exempel zu statuieren. Dieses Ziel mag allenfalls der Richter in gewissem Maße verfolgen – insbesondere bei einem obiter dictum. Der entscheidende Punkt ist jedoch: Selbst wenn man einer die Vertragsstrafeklausel kassierenden Gerichtsentscheidung eine Abschreckungsfunktion gegenüber Dritten beimäße, so wirkte allenfalls die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle generalpräventiv, nicht hingegen die vereinbarte Vertragsstrafe selbst. Um letztere aber geht es hier. Die Generalprävention zählt insofern nicht zu den Funktionen der Vertragsstrafe. bb) Positive Spezialprävention Das Problem der unzulässigen Einbeziehung von Drittinteressen stellt sich nicht bei der positiven Spezialprävention. Im Fokus steht allein der Täter. Er soll gebessert und resozialisiert werden.136 Gleiches stehe hinter einer Ver132  Roxin,

A § 3 Rn. 21. S. 5. 134  Hess, S.  196 f. 135  Reuter, S. 5. 136  Roxin, A § 3 Rn. 12. 133  Reuter,



II. Die Funktionen der Vertragsstrafe des Bürgerlichen Gesetzbuches41

tragsstrafe, deren Verfall mehrfach möglich sei. Habe der Schuldner einmal erfahren, dass sich ein Verstoß nicht lohne, werde er sich künftig vertragstreu verhalten. Die Vertragsstrafe diene somit der Besserung des Schuldners.137 Dieser Zweck lässt sich auf den hier behandelten Vertragsstrafentypus übertragen, welcher ein Anwachsen der zu zahlenden Summe mit jedem Tag des Verzugs vorsieht. Nichtsdestotrotz taugt die Besserung des Schuldners nicht zu einer eigenständigen Funktion. Es erscheint schon fraglich, ob eine Funktion nicht für alle Arten der Vertragsstrafe gelten muss, um Teil des gesetzlichen Leitbildes sein zu können. Keine Anwendung fände die Besserungsfunktion nämlich auf die Vertragsstrafe wegen Nichtleistung. Jedenfalls aber ist die Besserungsfunktion bei genauem Hinsehen als Unterfall der Erfüllungsdruckfunktion zu qualifizieren. Nach teilweiser Verwirkung der Vertragsstrafe erschöpft sich die Besserungsfunktion in der Steuerung des Schuldnerverhaltens. Im Hinblick auf die (noch) nicht eingetretene Folgeverzögerung ist sie kongruent mit der Erfüllungsdruckfunktion. Auch aus der positiven Spezialprävention lässt sich demnach kein zusätzlicher Gehalt der Vertragsstrafe ableiten. 4. Genugtuungsfunktion Eine Lektüre der Protokolle zum Bürgerlichen Gesetzbuch bringt hingegen eine eigenständige Funktion ans Licht: die Genugtuungsfunktion. Auf Seite 1575 steht geschrieben, die Vertragsstrafe gewähre „dem Gläubiger das Mittel (…), böswilligem und frivolem Vertragsbruch vorzubeugen oder Genugtuung für derartigen Vertragsbruch zu erlangen“.138 Vereinzelt findet sich die Genugtuung als Zweck der Vertragsstrafe zudem im Schrifttum. Der Gläubiger müsse im Falle des Vertragsbruchs eine Entschädigung dafür erhalten, dass sein dem Schuldner entgegengebrachtes Vertrauen enttäuscht wurde.139 Drohenden Bauverzögerungen des Auftragnehmers steht der Bauherr weitgehend machtlos gegenüber. Zwar gewährt ihm § 5 III, IV VOB / B ein Kündigungsrecht sowie einen Anspruch auf Schadensersatz, sobald abzusehen ist, dass der Auftragnehmer den Vertragstermin nicht einhalten wird. Zum zügigeren Arbeiten kann er den Auftragnehmer jedoch nicht zwingen. Hinzu kommt, dass der Bauherr vom Werkunternehmer vorgebrachte Gründe für die Verspätung oftmals nicht verifizieren kann.140 Dem Bauherrn fehlt der hierzu nötige Einblick in die Arbeitsabläufe und parallel laufenden Bauprojekte seines Auftragnehmers. Weitaus empfindlicher als seine persönliche 137  Knütel,

S. 7. S. 1575, in: Mugdan II, S. 724. 139  Rieble, in: Staudinger, Vor. §§ 339 ff., Rn. 37. 140  Hess, S. 214. 138  Protokolle

42

B. Wesen und Funktionen der Vertragsstrafe

Enttäuschung treffen den Bauherrn die potentiellen Außenwirkungen einer Verzögerung. Folgearbeiten und oftmals sogar ein groß angekündigter Eröffnungstermin müssen verschoben werden.141 Für einen damit einher gehenden Reputationsverlust als immateriellen Schaden kann gem. § 253 I BGB grundsätzlich kein Schadensersatz in Geld verlangt werden142 [siehe dazu B. II. 1. b) bb)]. Eine Ausnahme hiervon hat der Bundesgerichtshof143 im Wege der Rechtsfortbildung unter Berufung auf das Genugtuungsbedürfnis des Verletzten anerkannt, sofern das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Artt. 1 I, 2 I GG) beeinträchtigt ist. In diesem Fall kann dem Betroffenen ein Anspruch auf immateriellen Schadensersatz gem. § 823 I BGB wegen Verletzung eines „sonstigen Rechts“ zustehen. Dieser Entschädigungsanspruch ist mit der Vertragsstrafe vergleichbar. Trotz seines zivilrechtlichen Charakters attestiert ihm das Bundesverfassungsgericht144 pönale Elemente. Zwar löst die bloße Verletzung der geschäftlichen Reputation eines Unternehmers nicht ohne Weiteres einen Schadensersatzanspruch wegen eines Eingriffs in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht aus. Andererseits wird die Vertragsstrafe aber erst durch Einigung der Parteien Vertragsbestandteil. Sie soll dem Gläubiger gerade Vorteile im Vergleich zum bereits durch das Gesetz gewährten Schadensersatz bringen. Auch ist speziell die Berücksichtigung der Reputation eines Unternehmers dem deutschen Recht nicht fremd. So bezieht der BGH145 im Rahmen der Berechnung des Ausgleichsanspruchs des Vertragshändlers analog § 89b HGB das „Image“ des Herstellers unter dem Gesichtspunkt der Sogwirkung der Marke ein. Im Schrifttum wird dieses Vorgehen zwar kritisch gesehen. Es wird vorgebracht, je bekannter eine Marke sei, umso geringer gestalte sich die Händlermarge. Ebenjene Marge bilde aber bereits die Basis für die Berechnung des Anspruchs nach § 89b HGB. Eine gesonderte Berücksichtigung der bloßen „Basissogwirkung“ (das bedeutet ohne konkrete Bekanntmachungsanstrengungen des Herstellers, welche dem Händler unmittelbar nützen) führe zu einer doppelten Minderung des Vertragshändleranspruchs.146 Dem Grunde nach erkennen somit selbst die Vertreter der Gegenansicht die Sogwirkung der Marke als geldwerten Faktor an. In Erwägung dessen erscheint es sachgerecht, auch bei der Vertragsstrafe eine Genugtuungsfunktion annehmen. 141  Hess,

S. 215. Schuhmann, ZfBR 2009, 307, wenngleich bei diesem nicht im Zusammenhang mit einer Genugtuungsfunktion verwendet. 143  BGH v. 5.10.2004 – VI ZR 255 / 03, NJW 2005, 215, 216. 144  BVerfG v. 14.2.1973 – 1 BvR 112 / 65, NJW 1973, 1221, 1226. 145  BGH v. 5.6.1996 – VIII ZR 7 / 95, NJW 1996, 2302, 2304. 146  Hierzu Emde, VersR 2003, 549 ff. 142  Vgl.



II. Die Funktionen der Vertragsstrafe des Bürgerlichen Gesetzbuches43

§ 253 I BGB ordnet indes für das Schadensersatzrecht eine restriktive Handhabung immaterieller Schäden an. Es fragt sich daher, ob diese Wertung auf die Vertragsstrafe übertragen werden muss. Hierzu ist nach dem Telos der Vorschrift zu fragen. Der Ersatz immaterieller Schäden erfordert stets eine richterliche Schätzung. Weiterhin besteht die Gefahr der Uferlosigkeit. Beide Probleme stellen sich bei der Vertragsstrafe nicht. Die zu zahlende Summe steht von vornherein fest und genießt die Zustimmung des Schuldners.147 Mit Blick auf die gesetzlich in § 253 II BGB normierten Fälle immaterieller Schadensposten stellt sich jedoch ein anderes Problem. Eine Komponente bildet auch hier die Genugtuung des Verletzten. Sie ist allerdings nur dann Bemessungskriterium des Schmerzensgeldes nach § 253 II BGB, wenn der Schädiger vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat.148 Genugtuung und einfache Fahrlässigkeit schließen sich hier somit gegenseitig aus. Ebenso wird der Anspruch auf Geldentschädigung für die Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts an ein schweres Verschulden des Schädigers geknüpft.149 Die Vertragsstrafe fällt demgegenüber bei jedem Verschulden an, das heißt auch bei einfacher Fahrlässigkeit, stets in der vereinbarten Höhe.150 Das könnte gegen eine Genugtuungsfunktion sprechen. Auch an dieser Stelle ist jedoch auf das gewillkürte Zustandekommen einer Vertragsstrafeverpflichtung zu verweisen. Der Wille der Parteien bestimmt nicht nur das Ob, sondern auch das Wie, mithin die konkrete Ausgestaltung der Vertragsstrafevereinbarung. Verständigen beide sich auf eine Vertragsstrafe, die schon bei einfachem Verschulden zur Anwendung kommt, machen sie damit deutlich, dass sie jede Art der vorwerfbaren Sorgfaltspflichtverletzung als Beleidigung und Missachtung ansehen. Darüber hinaus existieren enttäuschte Erwartungen und Wehrlosigkeit gegenüber dem Vertragsbruch unabhängig vom Verschuldensgrad. Die Genugtuung des Gläubigers für die erlittene Enttäuschung über den Vertragsbruch sowie ein etwaiger Imageverlust liegt demzufolge der Vertragsstrafe zugrunde. Sie ergänzt abstrakt für den Zeitraum nach Verwirkung gemeinsam mit der Sanktionsfunktion die Ausgleichsfunktion. Sanktionsund Genugtuungsfunktion sind unerlässliche Puzzleteile, um die Struktur der Vertragsstrafe erschöpfend zu verstehen. Bei der Bestimmung der Wirksamkeitsgrenzen im Rahmen der Inhaltskontrolle werden daher beide Funktionen zugunsten des Gläubigers zu berücksichtigen sein.

147  Hess,

S. 217. in: Palandt, § 253 Rn. 4. 149  Schiemann, in: Staudinger, § 253 Rn. 58 m. w. N. 150  Lindacher, S. 63. 148  Grüneberg,

44

B. Wesen und Funktionen der Vertragsstrafe

5. Die Vertragsstrafe als Element privatautonomer Risikoaufteilung Bislang wurde die Vertragsstrafe so nah „herangezoomt“, dass sie allein sich im Blickfeld befand. Nun ist es angezeigt, zu fragen: Welche Bedeutung hat sie für das gesamte Vertragsgefüge, in unserem Fall für den Bauvertrag? Dem Auftragnehmer ist daran gelegen, sich vor unbegrenzten Schadensersatzansprüchen zu schützen. Gerade bei Großprojekten können ihn diese hart und existenzbedrohend treffen. Er ist daher bei Vertragsschluss an einer Haftungsbegrenzung interessiert. Hierauf lässt sich der Auftraggeber gegen eine Vertragsstrafevereinbarung zumeist ein. Er ist sich bewusst, dass extrem hohe Schäden sehr wahrscheinlich die Leistungsfähigkeit des Auftragnehmers übersteigen würden. Mit diesem „Deal“ ist beiden Parteien gedient. Die Vertragsstrafe entspricht demzufolge mittelbar auch den Interessen des Auftragnehmers.151 Es ist jedoch fraglich, ob die privatautonome Risikoaufteilung eine eigenständige Funktion der Vertragsstrafe ist. Eine Haftungsbegrenzung modifiziert die gesetzlichen Regelungen zum Schadensersatz und bezieht sich nicht auf die Vertragsstrafe. Abgesehen von diesem Widerspruch ist ein solcher „Tausch“ kein Element, das zur ureigenen Natur der Vertragsstrafe gehört. Die Wechselwirkung zwischen Vertragsstrafe und Haftungsbegrenzung besteht nicht kraft Gesetzes, sondern gewillkürt. Entscheidend aber ist Folgendes: Es ließe sich ohnehin keine konkrete Aussage für die Determinanten der Inhaltskontrolle gewinnen – höchstens die Vorgabe, dass die Vertragsstrafe in AGB nicht so stark reglementiert werden darf, dass sie zu einem zahnlosen Tiger verkommt. Das aber ergibt sich bereits aus der Abwägung der beiderseitigen Interessen im Rahmen des § 307 I, II BGB. 6. Justizentlastungsfunktion Gleichermaßen nur zu den faktischen Auswirkungen einer Vertragsstrafevereinbarung zählt die Entlastung der Gerichte. Mit der Vereinbarung einer Vertragsstrafe treffen die Parteien selbst eine Regelung für den Fall des Vertragsbruches. Die potentiell zu zahlende Geldsumme steht von vornherein fest. Damit werden Streitigkeiten über Existenz und Höhe von Schäden weitgehend vermieden und mit ihnen eine Inanspruchnahme der Gerichte. Die Entlastung der Justiz bildet aber nur das Äquivalent zur erleichterten Schadloshaltung aus Sicht der Allgemeinheit. Sie in den Kreis der Funktionen aufzunehmen wäre damit nicht nur überflüssig, sondern sogar unzuläs151  Dieses

308.

Geben und Nehmen beschreibt eingehend Schuhmann, ZfBR 2009, 307,



III. Ergebnis: Vertragsstrafe als Grundlage der Inhaltskontrolle45

sig, da nur Individualinteressen der Vertragsparteien (abstrakt) Berücksichtigung finden können152 [siehe schon oben unter B. II. 3. b) aa)].

III. Ergebnis: Die tetrafunktionale Vertragsstrafe als Grundlage der Inhaltskontrolle Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Vertragsstrafe insgesamt vier Funktionen aufweist. Der Verwirkungszeitpunkt teilt die Funktionen dabei in zwei Felder auf. In dem Feld vor Verwirkung ist die Erfüllungsdruck-, auch Steuerungsfunktion genannt, zu verorten. Ihr stehen auf der Seite nach Verwirkung drei Funktionen gegenüber: die erleichterte Schadloshaltung, die Sanktionsfunktion sowie die Genugtuungsfunktion. Im Augenblick der Vertragsstrafevereinbarung steht freilich nicht fest, ob es überhaupt zur Verwirkung kommen wird. Der Gläubiger hat hierauf auch keinen Einfluss. Es kann daher sein, dass lediglich das erste Feld zum Tragen kommt. Gleichermaßen ist es auf der nächsten Stufe ungewiss, ob ein Schaden entstehen und wenn ja, auf welche Höhe er sich belaufen wird. Möglicherweise wird die letztgenannte Frage sogar niemals beantwortet – manche Schäden lassen sich nicht oder nur sehr schwer beziffern. Dies hat umgekehrt zur Konsequenz, dass unklar ist, ob der Vertragsbruch des Schuldners (über den Schaden hinaus) sanktioniert bzw. ob der Gläubiger Genugtuung erfahren wird. Positiv formuliert: Bei Vertragsschluss ist die Vertragsstrafe mit allen vier Funktionen ausgestattet, die nur darauf „warten“, aktiviert zu werden. In diesem Moment wählen die Parteien bildlich gesprochen die Vertragsstrafe aus der Palette der nicht automatisch geltenden „Zusatzangebote“ des BGB aus und machen sie zu einem Teil ihres Vertrages. Diese „unverbrauchte“ Vertragsstrafe muss für die abstrakte Bestimmung des Funktionenleitbildes maßgeblich sein.

152  Rieble,

in: Staudinger, Vor. §§ 339 ff., Rn. 41.

46

B. Wesen und Funktionen der Vertragsstrafe

Zwischen den vier Funktionen besteht kein Rangverhältnis dergestalt, dass eine Funktion die andere überlagern kann. Keine Funktion darf zugunsten einer anderen gänzlich leer laufen. Widersprechen sich im Rahmen der Inhaltskontrolle von AGB zwei Argumente, welche in unterschiedlichen Funktionen wurzeln, so muss stets wie im Verfassungsrecht das Ziel eine praktische Konkordanz sein. Sämtliche Funktionen müssen optimal zur Geltung kommen, das bedeutet, „unter einen Hut“ gebracht werden. Ungeachtet dessen müssen sie schlussendlich nicht zu gleichen Teilen in die Berechnung einer wirksamen Vertragsstrafe eingehen. Ein bestimmtes Wirksamkeitskriterium ist andererseits nur dann der Inhaltskontrolle zugrunde zu legen, wenn es den schonendsten Eingriff in die Vertragsfreiheit darstellt, mithin erforderlich ist.

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks Zunächst soll der Aufstellung von Wirksamkeitsgrenzen für solche Vertragsstrafen nachgegangen werden, die bei Versäumnis des Fertigstellungstermins verwirkt werden. Im Anschluss daran wird sich die Untersuchung unter Punkt D. mit der besonderen Problematik vertragsstrafebewehrter Zwischenfristen befassen.

I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe Eine Vertragsstrafeklausel, welche an die verspätete Fertigstellung des Bauwerks oder eines Einzelgewerks anknüpft, muss zwingend zwei Verwirkungsvoraussetzungen aufweisen. Die erste ist die Höhe der Vertragsstrafe, die zweite ist Verzugsabhängigkeit. Begonnen werden soll mit der Höhe der Vertragsstrafe. 1. Grundlagen der Inhaltskontrolle a) Fehlende Kodifizierung der zulässigen Vertragsstrafenhöhe Gesetzliche Vorschriften dazu, wie hoch eine Vertragsstrafe sein darf, gibt es im Bauvertragsrecht nicht – weder im BGB noch in der fakultativ speziell für Bauverträge geltenden VOB / B. Regelwerke anderer Vertragstypen, namentlich die VOL / B und die HOAI, gehen hingegen durchaus auf diesen Punkt ein. Die VOL / B verkörpert das Pendant zur VOB / B für sonstige, nicht bauvertragliche Leistungen. Ihr § 11 I 2, II 1, 2 bestimmt einen Wochenhöchstsatz sowie eine Angemessenheitsgrenze für den Höchstbetrag nach oben. Wörtlich heißt es dort: „Eine angemessene Obergrenze ist festzulegen. Ist die Vertragsstrafe für die Überschreitung von Ausführungsfristen vereinbart, darf sie für jede vollendete Woche höchstens 1 / 2 vom Hundert des Wertes desjenigen Teils der Leistung betragen, der nicht genutzt werden kann. Diese beträgt maximal 8 %.“ Die HOAI hat demgegenüber die Berechnung des Entgeltes für Architekten und Ingenieure zum Gegenstand. Gemäß § 7 VI 3 HOAI können die Parteien ein sogenanntes Malus-Honorar für die Überschreitung der schriftlich festgelegten

48

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

anrechenbaren Kosten vereinbaren. Hinsichtlich der zu zahlenden Geldsumme hält die Vorschrift sogleich eine Obergrenze bereit: Sie darf höchstens 5 % des Honorars betragen. Bei dieser Obergrenze orientierte sich der Verordnungsgeber laut der amtlichen Begründung aber seinerseits an der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Vertragsstrafe in Bauverträgen.1 [zu dieser Rechtsprechung siehe ausführlich unter C. I. 2. b) cc)]. Dass das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im BGB keine Regelung zur Vertragsstrafeverpflichtung des Auftragnehmers enthält, ist der Tatsache geschuldet, dass AGB in anderen Wirtschaftszweigen vorwiegend vom Auftragnehmer und nicht wie in unserem Fall vom Auftraggeber gestellt werden. Für den Gesetzgeber stand dementsprechend die Schutzbedürftigkeit des Auftraggebers im Vordergrund. Deutlich zeigt sich dies an § 309 Nr. 6 BGB, der sich mit der Verwirkung der Vertragsstrafe für Zahlungsverzug oder Nichtabnahme beschäftigt.2 Keine Hoffnung auf eine gesetzliche Regelung der Vertragsstrafehöhe verspricht auch die geplante Implementierung eines eigenständigen Bauvertragsrechts als spezielles Werkvertragsrecht in das BGB. Diese war schon im Koalitionsvertrag 20093 von CDU / CSU und FDP angelegt und wird nun umgesetzt. Der 3.4 und 4.5 Baugerichtstag haben sich bereits dem Gesetzesvorhaben gewidmet. Im Jahre 2010 wurde im Bundesministerium der Justiz die Arbeitsgruppe Bauvertragsrecht ins Leben gerufen6, deren Abschlussbericht am 18. Juni 2013 erschienen ist7. Dieser Abschlussbericht bildet die Grundlage für einen etwaigen Gesetzesentwurf in der 18. Legislaturperiode. Regelungen zur Vertragsstrafe finden sich darin gleichwohl nicht.8 Der Gesetzgeber hat 1  BR-Drs.

395 / 89, S. 167. S.  60 f. 3  Koalitionsvertrag 17. Legislaturperiode, „Wachstum. Bildung. Zusammenhalt.“, Punkt 4.4.2, S. 43, http: /  / www.bmi.bund.de / SharedDocs / Downloads / DE / Ministeri um / koalitionsvertrag.pdf;jsessionid=A82667884144CC620A7228F91F12BC14.2_ cid287?__blob=publicationFile, zuletzt abgerufen am 15.02.2015. 4  http: /  / www.baugerichtstag.de / index.php?pageid=67, zuletzt abgerufen am 15.02. 2015. 5  http: /  / www.baugerichtstag.de / index.php?pageid=63, zuletzt abgerufen am 15.02. 2015. 6  http: /  / www.baugerichtstag.de / mp-content / user_upload / dateien / 4dbgtthesea k1.pdf?PHPSESSID=d248fc304b65a71b211c6a028cae0358, zuletzt abgerufen am 15.02.2015. 7  Abschlussbericht der Arbeitsgruppe Bauvertragsrecht im Bundesministerium der Justiz, http: /  / www.bmj.de / SharedDocs / Downloads / DE / pdfs / Abschlussbericht_ der_Arbeitsgruppe_Bauvertragsrecht_beim_BMJ.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt abgerufen am 15.02.2015. 8  Überblick über die Pläne bei Kapellmann, Die Änderungsvorschläge zum BGB und zur VOB / B, NZBau 2013, 537, 546. 2  Heiermann / Linke,



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe49

einmal mehr die Chance verstreichen lassen, verbindliche Determinanten der Inhaltskontrolle zu normieren. Mangels gesetzlicher Regelungen zur Vertragsstrafenhöhe kann sich die Klauselkontrolle nicht nach § 307 II Nr. 1 BGB richten, da dieser auf die Abweichung von „wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung“ abstellt. Prüfungsmaßstab ist daher allein die Generalklausel des § 307 I 1 BGB. b) Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung i. S. d. § 307 I 1 BGB § 307 I 1 BGB erklärt eine Klausel für unwirksam, sofern sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Das Tatbestandsmerkmal der unangemessenen Benachteiligung hat durch Rechtsprechung und Schrifttum eine umfangreiche Interpretation erfahren. Als Grunddefinition kann folgender Satz dienen: Der Verwender versucht missbräuchlich, eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen, ohne dessen Belange ausreichend zu berücksichtigen9, das heißt ihm beispielsweise einen angemessenen Ausgleich zu gewähren10. Besteht eine Benachteiligung von einigem Gewicht11, sind auf der zweiten Stufe die Interessen beider Vertragsparteien unter Berücksichtigung des gesamten Vertragsinhaltes umfassend gegeneinander abzuwägen12. Hier liegt der Schwerpunkt der Inhaltskontrolle. Bei der Abwägung ist ebenfalls in zwei Schritten zu verfahren. Zunächst erfolgt eine Aufstellung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise unter Zugrundelegung einer überindividuell generalisierenden Betrachtungsweise.13 Der Verwender strebt regelmäßig die Rationalisierung und Standardisierung seines geschäftlichen Verkehrs an, wenn er Allgemeine Geschäftsbedingungen in den Vertrag einführt.14 Bei der Vertragsstrafe im Besonderen bestehen die Ziele in der Absicherung gegenüber einer nicht korrekten Vertragserfüllung15 beziehungsweise im Falle des Eintritts der Verwirkungsvoraussetzungen in der erleichterten Schadloshaltung, Genugtuung sowie Sanktion (s. o.). Schützenswerte Interessen des Klauselgegners sind 9  BGH

v. 24.4.1991 – VIII ZR 180 / 90, NJW 1991,1013, 1014. v. 17.1.2008  – III ZR 74 / 07, NJW 2008, 1064, 1065; OLG Koblenz v. 23.3.2000 – 2 U 792 / 99, NJW-RR 2000, 1042. 11  Fuchs, in: Ulmer / Brandner / Hensen, § 307 Rn. 98. 12  Fuchs, in: Ulmer / Brandner / Hensen, § 307 Rn. 102. 13  BGH v. 13.12.2001  – I ZR 41 / 99, NJW 2002, 1713, 1715; Stoffels, AGBRecht, Rn. 473. 14  Fuchs, in: Ulmer / Brandner / Hensen, § 307 Rn. 121. 15  Fuchs, in: Ulmer / Brandner / Hensen, § 307 Rn. 125. 10  BGH

50

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

insbesondere die Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung sowie die Erhaltung des eigenen Vermögens als Teil seines Integritätsinteresses.16 Der Grundsatz der generalisierenden Betrachtungsweise verbietet es nicht, bei der Inhaltskontrolle zwischen bestimmten Klauselkategorien zu differenzieren. Zulässige Unterscheidungskriterien sind Art und Gegenstand des Vertrages, der wirtschaftliche Zweck sowie Eigenarten des Geschäfts.17 Auf diese Weise kann es zu einer unterschiedlichen Bewertung ein und derselben Klausel unter verschiedenen Rahmenbedingungen kommen.18 Im zweiten Schritt der Unangemessenheitsprüfung findet eine Gewichtung der beiderseitigen Interessen statt19, mit anderen Worten eine klassische Verhältnismäßigkeitsprüfung20. Sie setzt sich insbesondere aus Erforderlichkeitsgrundsatz und Übermaßverbot zusammen. Die Klausel darf zum einen die Belange des Vertragspartners nicht stärker beeinträchtigen, als für die Förderung des anerkennenswerten Interesses nötig.21 Zum anderen dürfen die aufgestellten Pflichten nicht außer Verhältnis zur Stärke des Vertragsverstoßes stehen.22 Maßgeblich sind bei der Prüfung stets die Verhältnisse und Entwicklungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses.23 c) Unsicherheitsfaktor Vertragsstrafenhöhe – Scheinproblem oder echte Herausforderung? Anhand dieser Grundsätze hat die Rechtsprechung einige Parameter entwickelt, welche gemeinsam die Wirksamkeitsgrenze für die Höhe von Vertragsstrafen in AGB markieren. Von Rechtssicherheit kann dennoch keine Rede sein. Die vorhandene Kasuistik zeichnet sich durch Undurchsichtigkeit24, Widersprüche und Unvorhersehbarkeit25 aus. Der Bundesgerichtshof stellt zwar einen Rahmen für wirksame Klauseln auf, macht aber zugleich deutlich, allgemeingültige Aussagen könnten nicht getroffen werden. Es bedürfe stets einer einzelfallbezogenen Prüfung.26 16  Fuchs,

in: Ulmer / Brandner / Hensen, § 307 Rn. 127. Rn. 473; Wolf, in: Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 82. 18  BGH v. 8.1.1986 – VIII ARZ 4 / 85, NJW 1986, 2102, 2103; Wolf, in: Wolf / Lindacher / Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 84. 19  Fuchs, in: Ulmer / Brandner / Hensen, § 307 Rn. 104. 20  Fuchs, in: Ulmer / Brandner / Hensen, § 307 Rn. 97. 21  Fuchs, in: Ulmer / Brandner / Hensen, § 307 Rn. 105. 22  Fuchs, in: Ulmer / Brandner / Hensen, § 307 Rn. 106. 23  Wolf, in: Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 93. 24  Lederer, in: Kapellmann, Juristisches Projektmanagement, Rn. 411. 25  Schwenker, in: Wirth, I Rn. 225. 26  BGH v. 20.1.2000 – VII ZR 46 / 98, NJW 2000, 2106, 2107. 17  Stoffels,



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe51

Teilweise wird vertreten, der Klauselverwender könne dieser Problematik entfliehen, indem er als Gegenstück zur Vertragsstrafe zusätzlich eine Beschleunigungsvergütung gleicher Höhe in seine Geschäftsbedingungen aufnehme. Die „Belohnung“ des Auftragnehmers für die Fertigstellung vor dem vereinbarten Termin kompensiere dann unangemessen hohe Vertragsstrafen.27 Hiergegen wird eingewandt, konsequenterweise müsste man dann das gesamte Klauselwerk auf seine Ausgewogenheit überprüfen.28 Das würde in der Tat zu der schwierigen Aufgabe führen, einzelne Klauseln zu gewichten, um sie anschließend miteinander zu vergleichen. Wie hoch aber ist der Wert einer Klausel typischerweise für den jeweiligen Vertragspartner? Potentielle Auswirkungen der Klausel auf das Vermögen könnten hierfür den Maßstab bilden, sie aber fallen von Vertrag zu Vertrag unterschiedlich aus. Diese Fragen stellen sich jedoch von vornherein gar nicht. Denn eine Überprüfung des Klauselinhalts in seiner Gesamtheit auf eine unangemessene Benachteiligung ist ausgeschlossen, weil eine Kompensation stets Konnexität zwischen den Vertragsbestimmungen voraussetzt29. Außerhalb desselben Sachzusammenhangs findet eine Kompensation nicht statt.30 Die Beschleunigungsvergütung steht zwar als Spiegelbild der Vertragsstrafe zu ihr in sachlichem Zusammenhang, sie vermag die unangemessene Benachteiligung indes nur partiell auszugleichen. Die Zeitspanne, für die eine Beschleunigungsvergütung maximal anfallen kann, ist naturgemäß geringer als die Ausführungszeit. Für die Vertragsstrafe existiert eine solche Begrenzung nicht.31 Zwar ließe sich entgegnen, dass man dann eben beide Instrumente entsprechend betragsmäßig begrenzen müsse. Gelöst würde das Problem damit indes nicht. Denn ein Tag Verzögerung mag vielleicht – insbesondere bei größeren Bauvorhaben – auf einer Stufe stehen mit einem Tag Bauzeitunterschreitung. Umfangreiche Beschleunigungen sind hingegen zumeist (und das ist aufgrund der typisierenden Betrachtungsweise maßgeblich) unrealistisch. Das gilt gerade mit Blick darauf, dass sich Bauunternehmen im Wettbewerb, insbesondere in der Not schlechter Auftragslagen, oft auf knapp bemessene Vertragsfristen einlassen. Währenddessen ziehen schon geringe Pflichtverletzungen / ein geringes Verschulden häufig lange Verspätungen nach sich.32 Im Ergebnis ist eine Beschleunigungsvergütung daher nicht geeignet, eine unangemessen hohe Vertragsstrafe zu kompensieren. Es führt

27  Vygen / Joussen,

in: Vygen / Joussen / Schubert / Lang, A Rn. 108. S. 96. 29  Wurmnest, in: Münchener Kommentar, § 307 Rn. 36. 30  Schwab, Rn. 710. 31  OLG Düsseldorf v. 25.10.1983 – 23 U 61 / 83, BauR 1985, 327, 330. 32  Oberhauser, Rn. 246; Wolff, in: Messerschmidt / Voit, M Rn. 295. 28  Geilert,

52

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

also kein Weg daran vorbei, sich mit der isolierten Wirksamkeit der Vertragsstrafenhöhe ausführlich auseinanderzusetzen. Eine gewisse Tendenz in der Rechtsprechung ist erkennbar: Im Laufe der letzten Jahrzehnte verschärften sich die Wirksamkeitsgrenzen zunehmend.33 Aus diesem Grunde werden in die vorliegende Erörterung auch über die Rechtsprechungsansätze hinausgehende Überlegungen einbezogen. Ziel soll es sein, bestehende Lücken zu schließen, Widersprüche zu eliminieren und Alternativen aufzuzeigen, um auf diese Weise den Weg für langfristig kontrollfeste Vertragsstrafeklauseln zu bereiten. d) Das Damoklesschwert der Gesamtunwirksamkeit: Verbot der geltungserhaltenden Reduktion Die Tragweite der Frage, wie hoch eine Vertragsstrafe sein darf, erschließt sich erst, wenn man sich die Folge einer unwirksamen Festsetzung der Höhe in AGB vor Augen führt. In diesem Fall ist die gesamte Vertragsstrafenvereinbarung unwirksam.34 Die Klausel fällt ersatzlos weg. § 306 II BGB ordnet zwar an, dass das dispositive Gesetzesrecht die entstehende Lücke ausfüllt. An einer entsprechenden gesetzlichen Regelung mangelt es jedoch im Fall der Vertragsstrafe. Anders als der Anspruch auf Schadensersatz, der bereits ipso jure entsteht, fällt die Vertragsstrafe aber nicht ohne entsprechende Parteivereinbarung an.35 Gleichfalls ausgeschlossen ist die Aufrechterhaltung der unangemessen benachteiligenden Klausel im gerade noch zulässigen Umfang. Eine solche geltungserhaltende Reduktion verbietet das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.36 Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde: Der den gesetzlichen Vorschriften zuwider handelnde Verwender stünde sonst besser als der rechtskonform agierende Verwender. Ersterer könnte darauf hoffen, dass der Klauselgegner ohne Beanstandung die festgelegte Summe zahlt.37 Im ungünstigsten Fall würde die Vertragsstrafe lediglich etwas „zurechtgestutzt“. Der Verwender hätte nichts zu verlieren. Es würde geradezu ein Anreiz zur unredlichen Klauselgestaltung geschaffen.38 Der Leitsatz „man kann es ja mal probieren“ 33  Locher,

Rn. 666; Mai, in: Kleine-Möller / Merl / Glöckner, § 16 Rn. 382. v. 23.1.2003  – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808; OLG Jena v. 10.4.2002 – 7 U 938 / 01, NJW-RR 2002, 1178, 1179. 35  Reuter, S. 140. 36  BGH v. 23.1.2003  – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808; OLG Jena v. 10.4.2002 – 7 U 938 / 01, NJW-RR 2002, 1178, 1179; Kuffer, in: Heiermann / Riedl / Rusam, § 11 VOB / B Rn. 16. 37  Reuter, S. 80, 82. 38  Reuter, S. 80. 34  BGH



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe53

würde belohnt. Ferner kann es nicht Aufgabe des Gerichts sein, eine für den Verwender möglichst günstige, wirksame Fassung zu finden.39 Einen Rettungsanker hält auch § 343 I BGB als spezielle vertragsstrafenrechtliche Vorschrift nicht bereit. Er sieht die Möglichkeit einer richterlichen Herabsetzung unverhältnismäßig hoher Vertragsstrafen auf Antrag des Schuldners vor. Vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes wurde zwar die Anwendbarkeit des § 343 I BGB auf Vertragsstrafen in AGB vertreten – und dies entgegen dem Wortlaut des § 348 HGB sogar dann, wenn der Schuldner Kaufmann war.40 Diese Ansicht ist (jedenfalls heutzutage) nicht (mehr) haltbar. Tatbestandsvoraussetzung des § 343 I 1 BGB ist eine „verwirkte Vertragsstrafe“. Damit es jedoch überhaupt zur Verwirkung kommen kann, muss die Vertragsstrafe zunächst wirksam vereinbart werden.41 Daran fehlt es bei einer nach AGB-Recht unangemessenen Höhe. Man könnte nun geneigt sein zu glauben, hierbei handele es sich einzig um ein formales Hindernis. Auch der Telos des § 343 I BGB schließt seine Geltung im Bereich Allgemeiner Geschäftsbedingungen allerdings aus. Während § 343 I BGB Einzelfallgerechtigkeit bezweckt, folgt die Inhaltskontrolle einem überindividuell-generalisierenden Maßstab.42 Abschließend ist festzustellen, dass die richterliche Herabsetzung der Vertragstrafe als Spezialfall der – bei AGB verbotenen – geltungserhaltenden Reduktion zu qualifizieren ist.43 Infiziert eine unwirksame Vertragsstrafenhöhe demnach die gesamte Klausel, so ist die kontrollfeste Klauselgestaltung in Bezug auf diesen Punkt für den Bauherrn von herausragender Bedeutung. 2. Die Determinanten der Inhaltskontrolle Für die strafbewehrte Fertigstellungsfrist haben sich im Laufe der Zeit drei Größen herauskristallisiert, die der Inhaltskontrolle standhalten müssen: der Vertragsstrafensatz und der Höchstbetrag – auch relative und absolute Grenze genannt44 – sowie der Quotient aus Höchstbetrag und Vertragsstrafensatz. 39  BGH v. 18.11.1982  – VII ZR 305 / 81, NJW 1983, 385, 388; dort im Zusammenhang mit dem Vorbehalt der Vertragsstrafe. 40  LG Frankfurt v. 16.4.1975 – 2 / 1 S 4 / 75, NJW 1975, 1519, 1520; allerdings wird hier noch das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion weniger streng angewandt: Eine solche sei erst dann anzunehmen, wenn der gesamte Vertrag den von den Parteien gewollten Inhalt verliere und ein wesentlich anderes Gepräge erhielte, nicht dagegen bereits bei der Zurückführung einer einzelnen Bestimmung auf das zulässige Maß. 41  Kuffer, in: Heiermann / Riedl / Rusam, § 11 VOB / B Rn. 17; Oberhauser, Rn. 239. 42  Geilert, S. 95. 43  Geilert, S. 95. 44  Cuypers, ZfBR 1998, 272, 274.

54

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

a) Vertragsstrafensatz Der Vertragsstrafensatz bezeichnet eine bestimmte Wachstumsrate pro Zeiteinheit bezogen auf eine Bemessungsgrundlage. Auf diese Weise steigt die Vertragsstrafe mit zunehmender Verzögerungsdauer stetig an. Wenn man im Schrifttum die Aussage findet, die Pönale müsse nach Zeitabschnitten bemessen sein45, so ist dies jedoch nur halb richtig. Die Auswirkungen der Verspätung, zum Beispiel Vermögensschäden, treten typischerweise nicht mit einem Male am ersten Tag ein, sondern steigern sich langsam. Um ein paar Beispiele zu nennen: Mieteinnahmen entgehen Monat für Monat; erhöhte Zinsaufwendungen richten sich nach dem Zeitraum, um den der Kredit verspätet getilgt wird. Sind Umplanungen nötig, fallen diese umso komplexer aus, je mehr der Zeitplan aus den Fugen gerät. Zudem würde dem Auftragnehmer mit Festsetzung einer einmaligen Vertragsstrafe direkt bei Fristüberschreitung der Einfluss auf das Anfallen der Vertragsstrafe entzogen; jedes Aufholen bliebe ohne Wirkung. Die Steuerungsfunktion liefe zulasten des Auftragnehmers leer.46 Auch ein etwaiger Reputationsverlust fällt desto stärker aus, je weiter die Verzögerung fortschreitet. Der Vertragsbruch ist umso ausgeprägter und damit sanktionsbedürftiger. Verbieten somit alle vier Funktionen das einmalige Anfallen der Vertragsstrafe? Nur, wenn die Summe über das Maß hinausgeht, welches die Wirksamkeitsgrenze für den Tagessatz beschreibt. Ist sie geringer bzw. gleich hoch, steht der Auftragnehmer sogar besser als bei einem Tagessatz. aa) Zeiteinheit Die meisten Vertragsstrafeklauseln knüpfen an Tage als Zeiteinheit an. (1) Zweifelsfälle Sofern die Klausel keine weitere Konkretisierung enthält, stellt sich die Frage, ob Arbeits-, Werk- oder Kalendertage gemeint sind, mit anderen Worten eine Fünf-, Sechs- oder Sieben-Tage-Woche. Die Antwort ist schnell gefunden, wenn die VOB / B in den Bauvertrag einbezogen ist. In diesem Fall bestimmt die Zweifelsregelung des § 11 III VOB / B, dass bei einer nach Tagen bemessenen Vertragsstrafe nur Werktage zählen.

45  Diehr, ZfBR 2008, 768, 770; Oppler / Röder, in: Münchener Prozessformularbuch, Bd. 2, S. 208; vgl. Kleine-Möller, BB 1976, 442, 445. 46  Vgl. BGH v. 20.1.2000 – VII ZR 46 / 98, NJW 2000, 2106, 2107.



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe55

Beim BGB-Bauvertrag hingegen gehen die Meinungen auseinander. Teilweise wird in Anlehnung an die VOB / B ebenfalls auf Werktage abgestellt.47 Hierfür spricht ein systematisches Argument. Im Rahmen der Bestimmung der Verlängerung der Ausführungsfrist bei nicht vom Auftragnehmer zu vertretenden Verzögerungen (dazu unten unter C. II. 5.) werden BGB-Verträge im Lichte der VOB / B ausgelegt. Dieses Vorgehen entspricht also einer anerkannten Praxis im privaten Baurecht. Niebuhr48 zufolge ist die alleinige Bezugnahme auf Tage intransparent und daher gemäß § 307 I 2 BGB unwirksam. Diese Rechtsfolge erscheint nicht sachgerecht. Erstens hätte sie wegen des Verbotes der geltungserhaltenden Reduktion die Gesamtunwirksamkeit der Vertragsstrafenklausel zur Konsequenz. Zweitens kommt das Transparenzgebot des § 307 I 2 BGB nicht bereits dann zur Anwendung, wenn zwar Zweifel bei der Auslegung bestehen, jedoch lediglich eine bestimmte Anzahl konkreter Auslegungsvarianten in Betracht kommt.49 Für diesen Fall hat der Gesetzgeber vielmehr die Unklarheitenregel in § 305c II BGB geschaffen. Nach Maßgabe dieser Vorschrift gehen Zweifel zulasten des Verwenders. Umgekehrt formuliert: Es ist diejenige Auslegung zu wählen, welche am vorteilhaftesten für den Klauselgegner ist. Demzufolge wäre der Begriff „Tag“ im Sinne von Arbeitstag zu verstehen, da der Werkunternehmer so nur für fünf Tage einer Woche Vertragsstrafe schulden würde. Zur Vermeidung von Unterschieden zur VOB / B-Vertragsstrafe und damit von Rechtsunsicherheit erweist sich dennoch ein Abstellen auf Werktage als vorzugswürdig. (2) Bezugnahme auf Kalendertage Ist der Verwender aber gänzlich frei in der Wahl der „Art“ der Tage, solange er sich nur klar und unmissverständlich ausdrückt? Problematisch stellt sich die Bezugnahme auf Kalendertage dar. Kalendertage schließen Sonnund Feiertage ein. Knacke50 verweist zu Recht auf den Umstand, dass ein Verzögerungsschaden auch vor Sonn- und Feiertagen nicht Halt macht. Kreditrückzahlungen des Bauherrn sowie der Arbeitsbeginn zeitlich nachgeschalteter Werkunternehmer verschieben sich stets um die absolute Verzögerungsdauer. Für die Wirksamkeit der Einbeziehung sämtlicher Kalendertage spricht folglich die Schadensersatzfunktion der Vertragsstrafe.51 Zudem findet sich das Argument, dem Bauunternehmer seien jegliche Aufholanstren47  Wolff,

in: Messerschmidt / Voit, M Rn. 290. Rn. 194. 49  Schwab, Rn.  654 f. 50  Knacke, S. 48. 51  Knacke, S. 48. 48  Niebuhr,

56

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

gungen zuzumuten, um einen vorhandenen Rückstand zu revidieren. Dazu zähle auch Sonntagsarbeit.52 Hiergegen spricht, dass dem Auftragnehmer die Fortführung der Bauarbeiten an Sonn- und Feiertagen öffentlich-rechtlich durch die Vorschriften der Länder untersagt ist.53 Exemplarisch sei der in Berlin geltende § 2 S. 1 FSchVO (in Verbindung mit § 1 FTG) genannt. Das arbeitsrechtliche Beschäftigungsverbot enthalten die §§ 9 f. ArbZG. Darf der Auftragnehmer aber an Sonn- und Feiertagen seine Arbeit gar nicht vorantreiben, so ist ihm insoweit der Einfluss auf das Anfallen der Vertragsstrafe entzogen. Er besitzt keinerlei Steuerungsmöglichkeit. Eine Vertragsstrafe, die auch an Sonn- und Feiertagen anfällt, wird folglich der Erfüllungsdruckfunktion nicht gerecht. Allerdings erweisen sich diese Erwägungen nicht als zur Interessenabwägung nach § 307 I 1 BGB gehörig. Vielmehr ist bereits § 307 II Nr. 1 BGB als lex specialis erfüllt. Eine Vertragsstrafe auch für Sonn- und Feiertage fällt ohne Vertretenmüssen und damit ohne Verzug an. Von § 339 S. 1 BGB als wesentlichem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung weicht sie daher in negativer Weise ab. Es soll nun das Vorgehen der Rechtsprechung54 ergründet werden. Auf den ersten Blick erscheint es wie ein gelungener Mittelweg zwischen den beiden soeben dargestellten Standpunkten. Zwar sei eine an Kalendertage anknüpfende Vertragsstrafevereinbarung wirksam. Der Prozentsatz müsse jedoch denjenigen für Werktage um ein Siebtel (beziehungsweise den für Arbeitstage um zwei Siebtel) unterschreiten. Zur Veranschaulichung möge folgendes Zahlenbeispiel dienen: Liegt die Wirksamkeitsgrenze bei 0,3 % pro Werktag55, dürfte der Kalendertagessatz nur 0,257 % betragen. Negativ falle das Ergebnis der Inhaltskontrolle aus, sofern trotz einer Anknüpfung an Kalendertage der für Werktage höchstens zulässige Prozentsatz gewählt werde. Der Ansatz der Rechtsprechung enthält indes nur scheinbar eine Antwort auf die Problematik des fehlenden Vertretenmüssens an Sonn- und Feiertagen. Abgesehen davon, dass die Umrechnung Feiertage gänzlich unberücksichtigt lässt, betrifft sie ausschließlich die Höhe des Prozentsatzes und nicht die Zeiteinheit. Konkret bedeutet das: Eine Umdeutung der KalendertageVertragsstrafe in eine Werktage-Vertragsstrafe findet nicht statt. Lediglich bei einer Verzögerungsdauer, welche genau X Wochen am Stück beträgt, fällt 52  Kemper,

BauR 2001, 1015, 1016. BB 1987, 560, 561. 54  BGH v. 18.1.2001  – VII ZR 238 / 00, NJW-RR 2001, 738; OLG Jena v. 26.1.1999  – 8 U 1273 / 98, juris Rn. 71; in der Literatur wurde der Ansatz übernommen von: Hafkesbrink, in: Leinemann, § 11 Rn. 21; Wolff, in: Messerschmidt / Voit, M Rn. 291. 55  BGH v. 6.12.2012 – VII ZR 133 / 11, NJW 2013, 1362, 1364. 53  Kapellmann / Langen,



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe57

also im Ergebnis eine Vertragsstrafe nur für Werktage an. In jeder anderen Konstellation – sei es etwa bei „krummen“ Verzögerungszeiten oder bei einer Summe mehrerer Verzögerungen – wirkt es sich hingegen aus, dass der Auftragnehmer die (verminderte) Vertragsstrafe weiterhin auch für Sonn- und Feiertage schuldet. Das Problem der verzugsunabhängigen Vertragsstrafe bleibt ungelöst. Eine echte Umdeutung in eine höhere Werktage-Vertragsstrafe käme demgegenüber ebenfalls nicht in Betracht. Sie würde die eigentlich unwirksame Klausel durch Umwandlung in eine zulässige Form „retten“. Eine solche Operation aber wäre eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion. Wenn aber sowohl eine Erstreckung der Vertragsstrafe auf Sonn- und Feiertage als auch eine Umdeutung in Werktage unzulässig ist und die Umrechnung nicht weiterhilft, bleibt dann allein die Möglichkeit, die KalendertageVertragsstrafe für unwirksam zu erklären? Die Antwort lautet nein. Einer Modifikation bedarf es nämlich gar nicht. Um dies zu begründen, ist es unvermeidlich einen Grundsatz voranzustellen, welcher sich im weiteren Verlauf der Untersuchung unter Punkt C. II. 3. c) findet: Jede Vertragsstrafeklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen muss ausdrücklich Verzug als Verwirkungsvoraussetzung nennen. Das schließt gem. §§ 286 IV BGB Vertretenmüssen ein. Das Vertretenmüssen sorgt dafür, dass an Sonn- und Feiertagen keine Vertragsstrafe anfällt. Es lässt sich folgende Gleichung formulieren: Kalendertage-Vertragsstrafe + Verzugserfordernis = (verzugsabhängige) WerktageVertragsstrafe.

Letztere hält der Inhaltskontrolle stand. Eine Anpassung des Prozentsatzes erübrigt sich. Auf diese Weise kann zudem der Fall berücksichtigt werden, dass dem Bauunternehmer eine Ausnahmegenehmigung für die Durchführung sonntäglicher Bauarbeiten von der zuständigen Behörde erteilt worden wäre. Dann wäre ein Verschulden und damit gem. § 276 I 1 BGB Vertretenmüssen zu bejahen. Die Umrechnungslösung der Rechtsprechung ist dagegen starr. Dass nicht etwa umgekehrt die Anknüpfung an Kalendertage das Verzugserfordernis außer Kraft setzt, zeigt ein Vergleich mit sogenannten Schlechtwetterklauseln. Diese bürden dem Auftragnehmer das Risiko ungewöhnlicher und extremer Wetterlagen auf, die sonst dem Verantwortungsbereich des Bauherrn unterfallen. Das Verzugserfordernis wird dann von dem spezielleren, ihm widersprechenden Schlechtwetterzusatz überlagert. Insoweit wird effektiv der Verzugsvorbehalt zurückgenommen. Die Folge: Auch Verzögerungen aufgrund extremer Wetterlagen lösen die Vertragsstrafe aus. Das je-

58

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

doch kann in AGB nicht wirksam vereinbart werden.56 Ein solches begriffliches Exklusivitätsverhältnis besteht zwischen Kalendertagen und Verzug nicht. Vielmehr bilden die Verzögerungstage, bezüglich derer Verzug vorliegt, eine Teilmenge aller Verzögerungstage, mithin der Kalendertage. Das Verzugserfordernis konkretisiert somit die Definition der in die Berechnung einfließenden Zeiteinheiten. Umgekehrt formuliert: Mithilfe der ausdrücklichen Tatbestandsvoraussetzung des Verzugs wird dafür Sorge getragen, dass der Bauunternehmer an Sonn- und Feiertagen keine Vertragsstrafe schuldet. Eine mit der Schlechtwetterklausel vergleichbare Situation läge lediglich dann vor, wenn explizit eine Vertragsstrafe für Sonn- und Feiertage ausbedungen würde. Die Bedeutung der Kalendertage-Problematik erschöpft sich nicht im BGB-Bauvertrag. Zwar findet auf VOB / B-Verträge die Regelung des § 11 III VOB / B Anwendung, wonach eine nach Tagen bemessene Vertragsstrafe nur an Werktagen ausgelöst wird. Eine unmissverständliche Bezugnahme auf Kalendertage als Zeiteinheit in der Vertragsstrafeklausel verdrängt aber § 11 III VOB / B. Folglich stellt sich die Wirksamkeitsfrage gleichermaßen.57 bb) Bemessungsgrundlage: Die Auftragssumme Die Bemessungsgrundlage beschreibt diejenige Größe, auf die der Prozentsatz Bezug nimmt. Sie verkörpert also die „100 Prozent“. Häufig wird als Bemessungsgrundlage die Auftragssumme gewählt.58 Die Höhe der pro Tag anfallenden Vertragsstrafe verhält sich mithin verhältnisgleich zur Auftragssumme. Mathematisch lässt sich dies mithilfe einer linearen Funktion beschreiben, deren Graph eine Gerade ist. Doch ist die Auftragssumme eine zulässige Bemessungsgrundlage? Oder ist vielmehr umgekehrt eine reziproke Proportionalität zu fordern? (1) Proportionale oder (gestuft) reziprok proportionale Orientierung Es wird vertreten, die Wirksamkeitsgrenze für den Tagessatz müsse umso niedriger liegen, je höher der Baupreis sei.59 Infolgedessen falle der absolute Betrag der pro Zeiteinheit verwirkten Vertragsstrafe bei großen und bei kleinen Auftragsvolumina ähnlich aus. Zu beachten ist jedoch, dass diese Ansicht 56  BGH 57  BGH

v. 6.12.2007 – VII ZR 28 / 07, NJW-RR 2008, 615, 616. v. 18.1.2001  – VII ZR 238 / 00, NJW-RR 2001, 738; anders: Reuter,

S. 136. 58  Auf die Frage, was unter der Auftragssumme im Einzelnen zu verstehen ist, wird unter C. I. 2. a) bb) (2) eingegangen. 59  Kapellmann / Langen, BB 1987, 560, 566.



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe59

nicht das exakte Gegenteil zur Auftragssumme als Bemessungsgrundlage darstellt. Anstatt einer echten Antiproportionalität wird nämlich eine Staffelung nach Auftragsgrößenordnungen befürwortet.60 Der Graph dieser Funktion bestünde daher nicht in einer sich den beiden Achsen asymptotisch annähernden Hyperbel, sondern erinnerte an eine Treppe. Die (gestufte) reziproke Proportionalität ergebe sich bei sorgfältiger Urteilsanalyse aus Formulierungen des BGH, die auf einen strengeren Maßstab bei hohen Auftragssummen schließen ließen.61 Tatsächlich stößt der Leser sogar in einer neueren Entscheidung aus dem Jahre 200062 auf folgenden Satz: „Gerade bei Bauverträgen mit hoher Auftragssumme ist darauf zu achten, dass sich die Vertragsstrafe in wirtschaftlich vernünftigen Grenzen hält.“ In seinem viel beachteten Urteil zum Höchstbetrag [dazu unter C. I. 2. b)] betont der BGH63 allerdings, eine Differenzierung zwischen großen und kleinen Baupreisen finde nicht statt. Stets markiere derselbe Prozentsatz von der Auftragssumme die Wirksamkeitsgrenze. Mit anderen Worten: Der Höchstbetrag verhält sich proportional zur Auftragssumme. Dieser Grundsatz könnte auf den Tagessatz übertragbar sein. Schließlich wendet die Rechtsprechung kontinuierlich denselben Rahmen für die zulässige Höhe des Prozentsatzes auf sämtliche Bauverträge an, ganz gleich mit welcher Bausumme. Mit Rücksicht darauf irritiert der eingangs zitierte Zusatz „gerade bei Bauverträgen mit hoher Auftragssumme“. Es soll daher anhand der Funktionen der Vertragsstrafe geprüft werden, welche Bemessungsgrundlage sachgerecht ist. Im Rahmen der Ausgleichsfunktion ist die Relation zwischen typischer Schadensentwicklung und der Auftragssumme unter die Lupe zu nehmen. Nach Einschätzung des BGH64 übersteigt eine nach prozentualen Anteilen der Auftragssumme bemessene Vertragsstrafe die Verzugsfolgen bei hohen Auftragssummen eher als bei niedrigeren. Andersherum formuliert hieße das, potentielle Schäden fielen bei größeren Bauaufträgen relativ zur Auftragssumme geringer aus.65 Schadensentwicklung und Baupreis stünden demzufolge in einem reziprok proportionalen Verhältnis. Belegt wird diese These mit der bei großen Projekten ausgeprägteren Planungssorgfalt. Insbesondere würden umfangreiche Pufferzeiten gewählt.66 Diametral entgegengesetzt 60  Kapellmann / Langen,

BB 1987, 560, 566. BB 1987, 560, 561. 62  BGH v. 20.1.2000 – VII ZR 46 / 98, NJW 2000, 2106, 2107. 63  BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808. 64  BGH v. 18.11.1982  – VII ZR 305 / 81, NJW 1983, 385, 387; dort zum Höchstbetrag, dieses Arg. greift aber ebenso an dieser Stelle. 65  Roquette / Laumann, BauR 2003, 1271, 1272; dort zum Höchstbetrag, dieses Arg. greift aber ebenso an dieser Stelle. 66  Kapellmann / Langen, BB 1987, 560, 566. 61  Kapellmann / Langen,

60

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

scheinen die Erfahrungen des OLG Köln67 auszufallen. Das Gericht geht davon aus, dass Großbauvorhaben auch ein hohes Verzögerungsschadenspotential mit sich bringen. Wiederum andere leugnen jedweden Zusammenhang zwischen Auftragsvolumen und Schaden. Letzterer hänge allein von der Störungsanfälligkeit des Projekts ab68 [zu diesem Faktor eingehend unter Punkt C. I. 2. a) dd) (3)]. Die Entscheidung, welcher der drei Auffassungen beizupflichten ist, kann nur unter Heranziehung typischer Schadenspositionen getroffen werden. Aus der Verzögerung resultierende Umplanungskosten nehmen mit der Zahl der beteiligten Akteure, Bauabschnitte und Verzahnungen zu. Nach dem Baupreis bemisst sich regelmäßig die Höhe eines zur Finanzierung des Baupreises in Anspruch genommenen Darlehens. Umfangreiche Errichtungskosten indizieren ferner einen hohen Gebäudewert und damit entsprechende Mietausfälle, sollte sich die Gebrauchsüberlassung verschieben. Richtig ist daher, dass der potentielle Schaden bei einem teuren Bauvorhaben typischerweise höher liegt als bei Vorhaben mit einer niedrigeren Auftragssumme. Eine verlässliche konkretere Aussage in dem Sinne, dass Verhältnisgleichheit besteht, lässt sich hingegen nicht treffen. Das Druckpotential der Vertragsstrafe korrespondiert mit der Höhe der Auftragssumme.69 Vom Werklohn hängt typischerweise die Gewinnspanne ab.70 Einen Auftragnehmer, der wenig Gewinn erwirtschaftet, droht bereits eine geringe Pönale empfindlich zu treffen. Ihm dieselbe Summe aufzubürden wie einem Unternehmer, dessen Gewinn reichlich ausfällt, verstieße daher gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz. Danach ist eine Vertragsstrafe bereits dann unangemessen hoch, falls ein niedrigerer Betrag gleich effektiv wäre.71 Ist die Vertragsstrafe hinsichtlich eines hohen Gewinns aber nur knapp unterhalb der Erforderlichkeitsgrenze zu verorten, so überschreitet sie diese Grenze bezogen auf einen niedrigen Gewinn. Die Vertragsstrafe muss im letzten Fall folglich darunter liegen. Unter dem Blickwinkel der Sanktionsfunktion ergibt sich ein paralleles Bild. Auch hier hängt die Spürbarkeit der zu zahlenden Geldsumme von der Höhe des Gewinns ab. Für eine Proportionalität zwischen Baupreis und pro Tag vereinbarter Vertragsstrafe spricht zudem die Genugtuungsfunktion. Die Bloßstellung des Bauherrn in der Öffentlichkeit und der Imageschaden des Bauherrn als Folgen der verspäteten Fertigstellung stellen sich umso gravierender dar, je enormer der 67  OLG

Köln v. 23.12.2011 – 19 U 24 / 11, juris Rn. 46. BB 1987, 560, 565. 69  Langen, in: Kapellmann / Messerschmidt, § 11 VOB / B Rn. 88, dort zur Obergrenze. 70  Wolter, BauR 2003, 1274, 1277. 71  Lindacher, S. 114. 68  Kapellmann / Langen,



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe61

Bekanntheitsgrad des Projekts, die Bedeutung sowie die Anzahl der Beteiligten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es sachgerecht erscheint, die Vertragsstrafe in Abhängigkeit zur Bausumme festzusetzen. Verbleibende gegenläufig wirkende Momente wie das Einflechten von Pufferzeiten wurzeln weniger im Auftragswert als in der Länge der vereinbarten Bauzeit [dazu unter C. I. 2. a) cc)]. Je länger die Dauer, über die sich das Projekt erstrecken soll, umso schwieriger ist es, diese bereits bei Vertragsschluss exakt zu kalkulieren. Frühe Verzögerungen fungieren als Keimzelle eines „Schneeballs“. Abzulehnen ist auch eine Staffelung der Bemessungsgrundlage. Sie würde die Rechtsunsicherheit verstärken, da die Parteien zusätzlich zur Wirksamkeitsgrenze für den Tagessatz Kenntnis von den einzelnen Stufen benötigten. Lässt eine Vertragsstrafeklausel jede Angabe zur Bemessungsgrundlage vermissen, so führt dies nicht bereits zur Unwirksamkeit wegen Intransparenz gemäß § 307 I 2 BGB. Die Auftragssumme wird in diesem Fall dem Tagessatz automatisch zugrunde gelegt.72 Dieses Ergebnis entspricht auf der einen Seite dem objektiven Auslegungsmaßstab von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Der Baupreis – zu welchem Zeitpunkt auch immer, dazu im Folgenden unter (2) – ist der einzige als Bemessungsgrundlage in Betracht kommende und zudem der branchenübliche Wert. Zugleich ist dieses Entgegenkommen gegenüber dem Verwender als weiteres Element der bereits unter B. II. 5. angesprochenen Risikoaufteilung beim Bauvertrag zu begreifen. Denn von der Vertragsstrafe profitiert mittelbar auch der Klauselgegner: Für ihn besteht Rechtssicherheit, wenn er dank einer im Gegenzug zur Vertragsstrafe ausbedungenen Haftungsbegrenzung bereits im Vorfeld den „worst case“ einer etwaigen Schadensersatzforderung abschätzen kann. (2) Baupreis ist nicht gleich Baupreis Als Auftragssumme kommen in zeitlicher Hinsicht der im Bauvertrag ursprünglich festgelegte Baupreis sowie die Schlussrechnungssumme in Betracht. Überdies ist fraglich, ob die Brutto- oder Nettosumme maßgeblich ist. Zwei Schritte sind dabei jeweils zu unterscheiden. Erstens ist zu prüfen, was im Zweifel unter der Auftragssumme zu verstehen ist. Im Anschluss daran wird untersucht, ob jeweils beide Alternativen wirksam (ausdrücklich) vereinbart werden können. Die Antwort hinsichtlich des ersten Schrittes gibt § 305c II BGB. Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zulasten des Verwenders, das heißt des Bauherrn. Die aus Sicht des Auftragnehmers güns72  Wolff,

in: Messerschmidt / Voit, M Rn. 293.

62

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

tigste Interpretation besteht in der Nettoauftragssumme zur Zeit des Vertragsschlusses73, zumal die Schlussrechnungssumme infolge der Nachträge typischerweise höher ausfällt. Freilich sind durchaus gegenteilige Konstellationen denkbar. Zu nennen sind hier insbesondere die Mengenunterschreitung beim Einheitspreisvertrag gemäß § 2 III VOB / B, die Selbstübernahme von Teilen der Leistung nach § 2 IV VOB / B sowie die Kündigung des Bauauftrags.74 Sie bilden jedoch die Ausnahmen und müssen daher mit Rücksicht auf die objektive Auslegung von AGB außer Betracht bleiben. Die Nettoauftragssumme bei Vertragsschluss würde dennoch im Ergebnis nicht die günstigste Auslegungsvariante darstellen, sofern der Bruttobetrag und / oder die Schlussrechnungssumme als Bezugsgröße den Klauselgegner unangemessen benachteiligten. Legte man die Vertragsstrafevereinbarung dann nämlich in diesem Sinne aus, wäre sie insgesamt unwirksam. Ohne die Vertragsstrafeklausel aber stünde der Bauunternehmer sogar noch besser als mit dem Nettopreis bei Vertragsschluss als Bemessungsgrundlage (die scheinbar klauselgegnerfeindlichste Auslegung entpuppt sich somit im Ergebnis im Individualprozess als klauselgegnergünstigste Auslegung75). Denkbar ist auch umgekehrt, dass die zunächst als günstiger erkannte Auslegungsalternative den Auftragnehmer in einer bestimmten Konstellation unangemessen benachteiligt und somit selbst unwirksam und damit für die Auslegung maßgeblich ist. In beiden Fällen fiele die Konsequenz fatal aus: Vertragsstrafenklauseln, welche ohne nähere Erläuterung auf die „Auftragssumme“ Bezug nehmen, wären insgesamt unwirksam.76 Insofern ist im Rahmen der ersten Frage, was im Zweifel gilt, inzident die zweite Frage nach der Wirksamkeit zu klären. Vielfach findet sich der Standpunkt, der Tagessatz dürfe aufgrund der Ausgleichsfunktion der Vertragsstrafe nicht auf die Bruttoauftragssumme Bezug nehmen. Die Ausgleichsfunktion fordere eine Orientierung am Schadensersatz. Für Schadensersatz besteht eine Umsatzsteuerpflicht mangels eines Leistungsaustauschverhältnisses im Sinne von § 1 UStG nicht.77 Aus § 1 I Nr. 1 UStG lässt sich aber nur der Umkehrschluss ziehen, dass die errechnete 73  Werner, in: Werner / Pastor, Rn. 2584; a. A.: LG Osnabrück v. 31.3.2011 – 4O 122 / 11, juris Rn. 39; LG Kleve v. 14.3.2012 – 2 O 272 / 11, juris Rn. 26. 74  Langen, in: Kapellmann / Messerschmidt, § 11 VOB / B Rn. 89 i. R.d. Erwägungen zum Höchstbetrag. 75  BGH v. 29.4.2008 – KZR 2 / 07, NJW 2008, 2172, 2174. 76  Zur Auftragssumme bei Vertragsschluss vs. Schlussrechnungssumme: Mayr, BauR 2013, 1192, 1195. 77  OLG Jena v. 10.4.2002  – 7 U 938 / 01, NJW-RR 2002, 1178, 1179 (dort in Abgrenzung zum Basiswert bei strafbewehrten Zwischenfristen); Kemper, BauR 2001, 1015, 1016.



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe63

Vertragsstrafensumme – also das Resultat – nicht besteuert wird. Über den zugrunde liegenden Basiswert sagt das nichts aus.78 Zuzustimmen ist demgegenüber der Aussage, der vorsteuerabzugsberechtigte Auftraggeber erleide regelmäßig nur Nettoschäden.79 Daraus könnte folgen, dass die Bruttosumme als Bemessungsgrundlage wegen Verstoßes gegen die Schadensersatzfunktion der Vertragsstrafe unwirksam ist.80 Im Wege des Schadensersatzes werden Mängelbeseitigungskosten auch nur insoweit inklusive der Umsatzsteuer erstattet, als keine Vorsteuerabzugsberechtigung des Geschädigten vorliegt.81 Allerdings wird im Schadensersatzrecht eins zu eins der entstandene Schaden ersetzt. Das ist bei der Vertragsstrafe anders. Das genaue Verhältnis von Verzugsschäden und Auftragssumme ist nicht bestimmbar [Näheres zum typischen Schaden unter C. I. 2. a) dd) (1)]. Aufgrund der Proportionalität zwischen Umsatzsteuer und Nettoauftragssumme genügt aber eine Umrechnung des auf letztere bezogenen Tagessatzes (analog zum Vorgehen bei Werk- und Arbeitstagen als Zeiteinheit). Die Bruttosumme kann folglich wirksam vereinbart werden. Gleiches gilt für die Schlussrechnungssumme. Sie liegt zwar infolge der zumeist anfallenden Nachträge im Vergleich zur ursprünglichen Auftragssumme höher.82 Die Erweiterung des Bauauftrags bringt auf der anderen Seite aber auch eine Umsatz- und Gewinnsteigerung mit sich.83 Mayr84 bewertet unterdessen die Bezugnahme auf die vereinbarte Vergütung vor Ausführung der Leistung als unwirksam. Für den Fall, dass die Schlussrechnungssumme den anfänglichen Wert aufgrund von Massereduzierungen unterschreite, erhöhe sich der Quotient aus absoluter Vertragsstrafensumme und Werklohn. Hatte der Bauherr ursprünglich sichergestellt, dass sich pro Tag anfallende Pönale und Kappungsgrenze in einem angemessenen Rahmen bewegen, so sei dies nach Abschluss der Bauarbeiten nicht mehr zwingend gewährleistet. Stützt man sich allein auf den im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorherrschenden Grundsatz, dass es für die Annahme der Unwirksamkeit einer Klausel hinreichend ist, wenn sie den Adressaten in nur einer einzigen Konstellation unangemessen benachtei78  Markus, 79  Berger,

folgt.

in: Markus / Kaiser / Kapellmann, Rn. 567, dort in Fn. 15. Jahrbuch Baurecht 2012, 77, 92, wenngleich Berger der Ansicht nicht

Kemper, BauR 2001, 1015, 1016. v. 22.7.2010 – VII ZR 176 / 09, NJW 2010, 3085, 3086. 82  Kemper, BauR 2001, 1015, 1016; er spricht sich deshalb gegen die Wirksamkeit der Schlussrechnungssumme als Basiswert aus. 83  OLG Köln v. 23.12.2011 – 19 U 24 / 11, juris Rn. 47. 84  Mayr, BauR 2013, 1192, 1195. 80  So

81  BGH

64

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

ligt85, so erscheint dieser Standpunkt durchaus nachvollziehbar. Vor dem Hintergrund einer in der Praxis weitaus häufigeren nachträglichen Erweiterung des Bauvolumens offenbart sich allerdings ein Wertungswiderspruch: Der Bauherr dürfte die Vertragsstrafe an die (statistisch gesehen) höhere Schlussrechnungssumme koppeln, nicht hingegen an die niedrigere bei Vertragsschluss vereinbarte Vergütung. Kritisch zu sehen ist auch die Ausgangsthese. Als gegeben wird vorausgesetzt, dass für die Angemessenheit der Vertragsstrafe ihr Verhältnis zur Schlussrechnungssumme entscheidend ist. Jedoch ist es gerade Ausdruck der Steuerungsfunktion der Vertragsstrafe, dass der im Verwirkungsfall geschuldete Betrag dem Schuldner bereits bei Vereinbarung plastisch vor Augen geführt wird. Dann muss es zulässig sein, die anfänglich bezifferte Summe zum Basiswert zu machen. Mayr gewinnt die Ausgangsthese aus der vom BGH verwendeten Formulierung „dass die (…) Vertragsstrafe (…) in einem angemessenen Verhältnis zum Werklohn steht, den der Auftragnehmer durch seine Leistung verdient.“86 In seinem Urteil Ende 201287 führt das Gericht allerdings im unmittelbaren Folgeabschnitt aus: „Vielmehr ist ein angemessenes Gleichgewicht der Interessen von Auftraggeber und Auftragnehmer nur gewahrt, wenn der Auftraggeber nicht anders steht, als hätte er den Auftragnehmer allein mit Leistungen bis zum Zwischentermin beauftragt. In diesem Fall wäre der Zwischentermin ein Endtermin und die prozentualen Höchstsätze einer Vertragsstrafe müssten sich an der Auftragssumme orientieren.“ Damit geht der BGH erkennbar von der Zulässigkeit einer Anknüpfung an die „Auftragssumme“ aus. Es kann folglich keine Auslegungsalternative des Begriffs unwirksam sein. Resümieren lässt sich daher: Konkretisiert die Vertragsstrafeklausel den Begriff der Auftragssumme nicht, ist im Zweifel die Nettoauftragssumme bei Vertragsschluss gemeint. Die Klausel ist nicht bereits aus diesem Grunde unwirksam. Sowohl brutto als auch die Schlussrechnungssumme können alternativ dazu wirksam in ausdrücklicher Form als Bemessungsgrundlage festgelegt werden. Berechnet sich die Vertragsstrafe anhand der „Abrechnungssumme“, so ist darunter die Schlussrechnungssumme zu verstehen; über brutto oder netto wird hierdurch keine Aussage getroffen.88 Insoweit findet wiederum § 305c II BGB Anwendung.

Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 8. BauR 2013, 1192, 1193 und 1195. 87  BGH v. 6.12.2012 – VII ZR 133 / 11, NJW 2013, 1362, 1363; Originaltext ohne Hervorhebung. 88  KG v. 7.1.2002 – 24 U 9084 / 00, juris Rn. 100. 85  Vgl.

86  Mayr,



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe65

Widersprüchliche Formulierungen innerhalb einer Klausel ziehen der Rechtsprechung89 zufolge einen Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 307 I 2 BGB nach sich. So mangele es an einer hinreichenden Beschreibung der Tatbestandsvoraussetzungen, wenn dem Begriff der Auftragssumme die Schlussrechnungssumme90 bzw. der Endbetrag der Auftragssumme91 gegenüber gestellt werde. In diesem Fall ist unklar, ob beide Begriffe synonym verstanden werden sollen oder die Auftragssumme sich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses bezieht. Mit Blick auf den Umstand, dass nur zwei klar bestimmbare Auslegungsalternativen existieren, ist hier jedoch ebenfalls eine Anwendung der Zweifelsregelung zu erwägen.92 Folglich wäre der ursprünglich vereinbarte Baupreis Bezugsgröße. Weshalb aber letztlich auch dieser Weg in der Unwirksamkeit mündet, lässt sich erst nach einer Betrachtung der Wechselwirkungen zwischen Tagessatz und Höchstbetrag verstehen. Der Grund soll daher unter C. I. 2. c) dd) erläutert werden. Vereinzelt wird als Bemessungsgrundlage nicht auf die gesamte Auftragssumme abgestellt, sondern auf den anteiligen Wert vom Gesamtbaupreis, der die zur Zeit des Endtermins noch nicht fertig gestellten Teilleistungen betrifft.93 Derartige Überlegungen beanspruchen allerdings erst im Zusammenhang mit strafbewehrten Zwischenfristen Geltung. (Der Modifikation der Bezugsgröße bei Zwischenfristen widmet sich die Untersuchung unter Punkt D. II. 5.) Ist dagegen allein die Endfristüberschreitung pönalisiert, kommt es dem Bauherrn auf das Bauwerk als Gesamtleistung an, über das er nun frei verfügen möchte. Insofern ist es auch gerechtfertigt, an den Gesamtpreis anzuknüpfen.

89  BGH v. 6.12.2007  – VII ZR 28 / 07, NJW-RR 2008, 615, 616; LG Osnabrück v. 31.3.2011  – 4O 122 / 11, juris Rn. 40, 42; LG Kleve v. 14.3.2012  – 2 O 272 / 11, juris Rn. 26. 90  BGH v. 6.12.2007 – VII ZR 28 / 07, NJW-RR 2008, 615, 616. 91  LG Osnabrück v. 31.3.2011  – 4O 122 / 11, juris Rn. 40, 42; LG Kleve v. 14.3.2012 – 2 O 272 / 11, juris Rn. 26. 92  Ebenfalls im Sinne des ursprünglich vereinbarten Baupreises (= Auftragssumme bei Vertragsschluss) legt es das OLG Schleswig v. 21.4.2005  – 5 U 154 / 04, BauR 2005, 1641, 1642 aus, jedoch ohne sein Vorgehen zu erläutern; Hofmann, in: Glatzel / Hofmann / Frikell, S. 231, vermengt § 305c BGB und § 307 I 2 BGB, indem er erklärt, die Klausel sei „intransparent (§ 305c II BGB)“. 93  So im Musterbauvertrag vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes für Einfamilienhäuser / Schlüsselfertigbau Stand Jan. 2012, Punkt 11.3, http: /  / www.zdb. de / zdb.nsf / A5160FB9A4144973C12574B0003037D1 / $File / 3AR_EH-SF_V12-1E. PDF, zuletzt abgerufen am 15.02.2015.

66

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

cc) Eigener Ansatz: Die vereinbarte Bauzeit als Regulator Wird der Tagessatz ausschließlich an die Auftragssumme gekoppelt, taucht folgendes Problem auf: Naturgemäß fällt die Fristüberschreitung bei einer vereinbarten kurzen Bauzeit geringer aus als bei einer längeren. Dies soll an einem Extrembeispiel illustriert werden. Ist für ein Projekt eine Bauzeit von einem Jahr anvisiert, so ist eine Verspätung von 30 Tagen keine Seltenheit. Dass der Auftragnehmer bei einem auf 10 Tage angelegten Bauvorhaben das Vierfache der vorgegebenen Zeit benötigt, erscheint hingegen unwahrscheinlich. Der Anteil des für die gesamte Verzögerungsdauer „unterm Strich“ zu zahlenden Vertragsstrafebetrags an der Auftragssumme (beachte: nicht die absolute Summe ist gemeint!) richtet sich somit nach der vereinbarten Bauzeit. Sie korrespondiert nicht zwingend mit der Auftragssumme. So treiben ein spezifisches Know-how des Werkunternehmers oder der Einsatz von Sondergerätschaften auf Wunsch des Bauherrn den Baupreis in die Höhe. Knüpfte die pro Tag anfallende Vertragsstrafe nun einzig an die Auftragssumme an, wären zwei Szenarien denkbar: Entweder bräche der Auftragnehmer eines Projekts mit einer langen vereinbarten Bauzeit bereits bei einer im Vergleich dazu geringen Verzögerung unter der Last der Vertragsstrafe zusammen. Er hätte kaum eine realistische Chance, die Vertragsstrafe gering zu halten. Ein solches Ausgeliefertsein verstieße gegen die Steuerungsfunktion. Ein Tagessatz, der diese Probleme aufgreift, hätte jedoch zwangsläufig zur Folge, dass der Auftragnehmer im Falle einer kurzen verabredeten Ausführungsdauer einige Zeit „bummeln“ könnte, bis er die Vertragsstrafe überhaupt spürte. Eine so strenge Wirksamkeitsgrenze würde jeglichen Erfüllungsdruck verhindern und die Vertragsstrafe wäre als erleichterte Schadloshaltung zu vernachlässigen. Das ist dem Bauherrn nicht zuzumuten. Ebenso sprechen Sanktions- und Genugtuungsfunktion dafür, die Vertragsstrafenhöhe umgekehrt zur vertraglich festgelegten Bauzeit festzulegen. Der mit einer bestimmten Verzögerungsdauer verbundene Vertragsbruch ist weniger verwerflich und enttäuschend, je länger die vereinbarte Bauzeit ist. Auch ein etwaiger Imageschaden des Bauherrn fällt dann geringer aus, da jedermann weiß, wie schwierig sich eine genaue Projektplanung bei Großvorhaben gestaltet. Es darf gleichwohl nicht übersehen werden, dass es typische Schadensposten gibt, deren Wachstumsrate von der vereinbarten Bauzeit unabhängig ist. So steigen Mietausfall und erhöhte Finanzierungskosten mit zunehmender Verspätung nicht langsamer, nur weil eine längere Bauzeit angesetzt ist. Pufferzeiten hingegen müssen gänzlich außer Acht bleiben: Ihrer bedienen sich die Parteien aktiv, um eine Verzögerung zu verhindern. Unmittelbar in der vertraglich festgelegten Dauer der Bauarbeiten wurzeln sie folglich nicht.



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe67

Fest steht: Die im Vertrag niedergelegte Bauzeit muss als Größe in die Berechnung der Wirksamkeitsgrenze einfließen94. Um der Ausgleichsfunktion zu genügen, darf sich dies jedoch nicht zulasten des Auftragnehmers auswirken. Das LG Kleve95 vertritt im Zusammenhang mit Zwischenfristen die Auffassung, die Bauzeit dürfe aufgrund der objektiv-generalisierenden Betrachtungsweise bei AGB für die Vertragsstrafenhöhe keine Rolle spielen. Dieses Problem stellt sich jedoch nicht, sofern man bei gleichem Tagesprozentsatz die von den Parteien festgelegte Bauzeit abstrakt in die Berechnung der Vertragsstrafe mit einfließen lässt. Denn auf die gleiche Weise wird hinsichtlich der Auftragssumme verfahren. Doch wie lässt sich dies rechnerisch in der Praxis bewerkstelligen? Die nächstliegende Möglichkeit bestünde darin, die Verzögerungsdauer schlicht durch die vereinbarte Bauzeit zu dividieren. Die zu zahlende Vertragsstrafe würde dadurch aber verschwindend gering, sodass sie keine ihrer Funktionen mehr erfüllte. Bei einer Verzögerung von einem Zehntel der verabredeten Bauzeit fielen (wenn man von 0,3 % pro Werktag ausgeht) insgesamt nur 0,03 % der Auftragssumme an. Wenig Erfolg versprechend wäre es überdies, einen konstanten Divisor hinzuzufügen, um die Auswirkungen der Bauzeit zu drosseln. Unterschritte die vereinbarte Bauzeit in Tagen bei einem Bauvertrag dann den festen Faktor, so wirkte sich ihre Berücksichtigung stets zugunsten des Auftragnehmers aus. Überstiege die vertraglich vorgesehene Bauzeit hingegen den Faktor, so wirkte die Bauzeit ausschließlich zulasten des Auftragnehmers. Letzteres wäre nicht mit der Ersatzfunktion vereinbar. Vor allem aber würden zwei Bauverträge mit identischem Verhältnis zwischen Verzögerungsdauer und vereinbarter Bauzeit in erheblicher Weise ungleich behandelt. Es ist daher eine Lösung zu finden, welche erstens die im Vertrag fixierte Bauzeit in reziproker Form berücksichtigt, zweitens dem Auftragnehmer nicht zum Nachteil gereicht und drittens aus Sicht des Bauherrn den Erfüllungsdruck, den Schadensausgleich sowie Sanktion und Genugtuung erhält. Am besten lassen sich diese Ziele erreichen, indem die doppelte96 Wurzel aus der vereinbarten Bauzeit der Formel als Divisor hinzugefügt wird. Da die doppelte Wurzel mindestens 1 beträgt97, erleidet der Bauunternehmer in94  Der Gedanke, dass die Wirksamkeitsgrenze für den Tagessatz die Bauzeit berücksichtigen muss, findet sich (allerdings ohne weitere Erläuterung) auch beim LG Zwickau v. 17.6.1999  – 7 O 2305 / 98, wiedergegeben in der Entscheidung BGH v. 17.1.2002 – VII ZR 198 / 00, NJW-RR 2002, 806, 807. 95  LG Kleve v. 14.3.2012 – 2 O 272 / 11, juris Rn. 35. 96  Die einfache Wurzel scheidet aus dem Grunde aus, dass auf diese Weise die zu zahlende Vertragsstrafe erheblich schrumpfen würde. Die vereinbarte Bauzeit soll jedoch nur als Regulator dienen. 97  Es ist davon auszugehen, dass die Bauzeit mindestens einen Tag beträgt.

68

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

folge der Berücksichtigung der Bauzeit keine Nachteile. Andererseits fällt die Vertragsstrafe auch bei langer verabredeter Bauzeit nicht zu gering aus. Es ergibt sich somit folgende Formel: Verzugsdauer in Tagen ÷ √ √ vereinbarte Bauzeit in Tagen × pro Tag anfallender Prozentsatz × Auftragssumme = insgesamt zu zahlende Vertragsstrafe.

Bei einer Verzugsdauer von 6 Tagen bei einer vereinbarten Bauzeit von 180 Tagen und einer Gesamtauftragssumme in Höhe von EUR 6 Mio. beträgt die zu zahlende Vertragsstrafe somit, wenn man einen Vertragsstrafensatz von 0,3 %98 pro Verzugstag zugrunde legt, EUR 29.485,31. dd) Faktoren zur Bestimmung einer angemessenen Wachstumsrate Bisher nicht beleuchtet wurde die zulässige Höhe des Tagessatzes. Im Folgenden soll ergründet werden, auf welchen Faktoren die Wirksamkeitsgrenze aufbauen muss. (1) D  er „typischerweise zu erwartende Schaden“ – ein sachgerechtes Wirksamkeitskriterium? Aus der Ausgleichsfunktion könnte man herleiten, dass sich die Vertragsstrafe nicht außer Verhältnis zum typischen Schaden bewegen darf.99 Stets wäre dann zu prüfen, ob bei Verträgen der von den Parteien geschlossenen Art infolge des Verzugs Nachteile zu erwarten sind, welche die Vertragsstrafe angemessen erscheinen lassen.100 Der typische Schaden würde, anders als der individuelle Schaden, der abstrakt-generellen Betrachtungsweise bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen gerecht101 und böte zugleich in gewissem Maße Einzelfallgerechtigkeit102. Bei extremen Schadensentwicklungen wäre zudem der Bauherr durch das Aufstockungsrecht gemäß §§ 340 II, 341 II BGB ausreichend geschützt.103 Teilweise wird die Orientierung am typischen Schaden auch auf die Druckfunktion gestützt. Mit der Vertragsstrafe mache 98  Zur

Höhe des Tagessatzes im Einzelnen unter C. I. 2. a) dd) sowie ee). v. 20.1.2000 – VII ZR 46 / 98, NJW 2000, 2106, 2107. 100  BGH v. 20.1.2000 – VII ZR 46 / 98, NJW 2000, 2106, 2107; Oberhauser, Vertragsstrafe, Rn. 240. 101  BGH v. 20.1.2000  – VII ZR 46 / 98, NJW 2000, 2106, 2107; Mai, in: KleineMöller / Merl / Glöckner, § 16 Rn. 382. 102  Vgl. BGH v. 12.3.1981 – VII ZR 293 / 79, NJW 1981,1509: „fallbezogene Lösung“; Berger, Jahrbuch Baurecht 2012, 77, 82. 103  BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808, dort i. R.d. Ausführungen zum Höchstbetrag. 99  BGH



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe69

der Bauherr das Gewicht deutlich, welches dem Termin beigemessen werde.104 Dem liegt allerdings die Annahme zugrunde, der Bauherr bemesse die Vertragsstrafe anhand des regelmäßigen Schadens, um sich im Verzugsfall erleichtert schadlos halten zu können. Hinter der Aussage verbirgt sich folglich ebenfalls die Ausgleichsfunktion. Für eine Berücksichtigung des typischerweise zu erwartenden Schadens wird vorgebracht, die Vertragsstrafe sei nicht dazu konzipiert, dem Gläubiger eine unverdient hohe, von seinem Sachinteresse losgelöste Einnahmequelle einzuräumen.105 Für den Bauherrn dürfe die Vertragsstrafe nicht so lukrativ sein, dass er geradezu auf einen Verzug seines Vertragspartners spekuliere.106 Unter B. II. 1. b) bb) wurde festgestellt, dass die Entstehung des Vertragsstrafeanspruchs nicht von einem tatsächlichen Schaden abhängen darf. Ansonsten könnte der Auftragnehmer bei negativ ausfallender Schadensprognose bewusst den Fertigstellungstermin ohne Nachteile „reißen“. Setzt aber die Vertragsstrafe keinen tatsächlichen Schaden voraus, so ist ein ebenso unerwünschter Effekt auf Seiten des Bauherrn zu beobachten: Er würde von einer Verzögerung ohne Schadenspotential profitieren. Ergänzend zu seinem Vertragsstrafeanspruch verschöbe sich die nach § 641 I BGB an die Abnahme geknüpfte Fälligkeit der Vergütung zeitlich nach hinten.107 Die Kombination aus einer Anbindung an den typischen potentiellen Schaden bei gleichzeitiger Unabhängigkeit von einem konkreten Schaden würde unterdessen erreichen, dass keine Vertragspartei auf den Verzug hoffte. Die Vertragstreue bliebe das Ideal. Treu und Glauben gebieten ferner, die Interessen beider Vertragspartner gleichermaßen zu bedienen. Die Aufstockungsmöglichkeit des Bauherrn gemäß §§ 340 II, 341 II BGB verlangt unter diesem Gesichtspunkt nach einem ebenbürtigen Instrument zum Schutze des Bauunternehmers.108 Specka ist hingegen der Ansicht, aus der Ersatzfunktion der Vertragsstrafe folge keine Orientierung am potentiellen Schaden. Der Interessebegriff der Vertragsstrafe unterscheide sich nämlich klar von jenem des Schadensersatzrechts. Nicht der „Unterschied zwischen Haben und Nichthaben“ sei maßgeblich109, sondern das, was die Parteien dafür hielten; dies sei Ausdruck der 104  BGH v. 20.1.2000  – VII ZR 46 / 98, NJW 2000, 2106, 2107; OLG Dresden v. 8.2.2001 – 16 U 2057 / 00, BauR 2001, 949, 950. 105  BGH v. 18.11.1982 – VII ZR 305 / 81, NJW 1983, 385, 387; Gronemann, S. 48. 106  Fischer, S. 179. 107  Vgl. Leinemann, Vertragsstrafe – Der einzig sichere Weg zum Gewinn am Bau?, BauR 2001, 1472, 1473. 108  Schöntag, S. 17, bezogen auf das richterliche Mäßigungsrecht des § 343 BGB, das gilt aber dann für die Angemessenheit von AGB erst recht. 109  Specka, S. 7.

70

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

Privatautonomie110. Unterstützend bedient er sich eines Vergleichs mit dem Kaufvertrag: Kaufpreis und Wert der Sache müssten ebenfalls nicht übereinstimmen.111 In der Tat legen die Parteien die Höhe der Vertragsstrafe im Gegensatz zu dem an den tatsächlichen Gegebenheiten angelehnten Schadensersatz fest. Allgemeine Geschäftsbedingungen entspringen jedoch der Gestaltungsmacht ihres Verwenders, hier des Bauherrn. Als Interesse wäre somit fortwährend das anzusehen, was allein der Bauherr dafür hielte. Eine solche Vereinbarung ist nur eingeschränkt Ausdruck der Privatautonomie, weshalb hier besondere, strengere Kriterien für die Wirksamkeit gelten. Der typische – wörtlich der „nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartende Schaden“ – ist in § 309 Nr. 5a BGB als Wirksamkeitsgrenze für Schadensersatzpauschalen in AGB gesetzlich normiert. Der pauschalierte Schadensersatz dient aber nur in abgeschwächter Form dem Erfüllungsdruck, und Sanktions- sowie Genugtuungsfunktion wohnen ihm nicht inne. Dann kann der Kontrollmaßstab bei Vertragsstrafe und pauschaliertem Schadensersatz nicht kongruent ausfallen112. Den Abstand zwischen beiden Rechtsinstituten könnte man aber durch einen gewissen Zuschlag sicherstellen. Die Wirksamkeitsgrenze wäre dann im potentiellen regelmäßigen Schaden plus X zu sehen. Problematisch erscheint ein anderer Punkt: Bei jedem Bauvorhaben wirkt sich ein Verzug des Werkunternehmers unterschiedlich aus.113 Die Vertragsverhältnisse und Bauabläufe sind derart vielschichtig, dass selbst die Prognose eines regelmäßigen oder ungefähren Schadens unmöglich ist.114 So wird es beispielsweise in vielen Fällen zu einem Mietausfall kommen, jedoch nicht immer.115 Denkbar sind zwei Auswege. Der erste besteht darin, vom Ziel der allgemeingültigen Wirksamkeitsgrenze für den Tagessatz abzurücken und die Schwelle für jeden Bauvertrag individuell bezogen auf den potentiellen Schaden festzusetzen. Vorhersehbar wäre das Ergebnis der Inhaltskontrolle damit allerdings für den klauselgestaltenden Bauherrn nicht. Eine ähnliche Schwierigkeit ist aus dem Recht des Schadensersatzes bekannt. § 252 BGB erklärt den entgangenen Gewinn für ersatzfähig. Satz 2 enthält die Beweiserleichterung, dass derjenige Gewinn als entgangen gilt, welcher nach dem 110  Specka,

S. 29. S. 30. 112  Hess, S. 168. 113  Geilert, S.  92 f. 114  BGH v. 19.1.1989  – VII ZR 348 / 87, NJW-RR 1989, 527; trotz dieser Bedenken spricht sich der BGH jedoch für eine Berücksichtigung der „in Betracht kommenden Verzugsauswirkungen“ aus. 115  Geilert, S.  92 f. 111  Specka,



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe71

gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Die dortige Bewertung des hypothetischen Alternativverlaufs gleicht der Vorhersage eines künftigen, aufschiebend bedingten Szenarios – den Verzugsfolgen. Im Schadensersatzprozess hilft die richterliche Schätzung der Schadenshöhe nach § 287 ZPO. Das ist bei der Vertragsstrafenhöhe anders. Ihre Höhe ist zwingender Bestandteil der Vertragsstrafevereinbarung. Schon zu diesem Zeitpunkt hat daher die Wirksamkeitsgrenze festzustehen, an der sich die Parteien orientieren können. Der Bauherr müsste somit bei Vertragsschluss die potentiellen Schäden selbst möglichst genau abschätzen. Intention des Verwenders von AGB ist aber gerade die Rationalisierung seines Geschäftsverkehrs. Der erhöhte Kalkulationsaufwand konterkarierte diese Vereinfachung. Von einer erleichterten Schadloshaltung könnte auch nicht mehr gesprochen werden, da an die Stelle des Nachweises aller tatsächlich entstandenen Schäden schlicht die Berechnung voraussichtlicher Verzugsschäden träte. Überdies betont der BGH, die Inhaltskontrolle dürfe bei Vertragsstrafeklauseln gleichen Inhalts nicht zu stark auf die Umstände des konkreten Vertrags abstellen.116 Diese Wertung lässt sich mit einem argumentum e contrario aus § 310 III Nr. 3 BGB unterfüttern: Ist der Vertragspartner des Verwenders Verbraucher, fließen in die Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung die den Vertragsschluss begleitenden Umstände ein. Daraus lässt sich umgekehrt folgern, dass bei gegenüber Unternehmern verwendeten AGB die Klauselkontrolle abstrakter ausgerichtet ist.117 Es überzeugt daher nicht, die Wirksamkeitsgrenze für jeden Bauvertrag individuell anhand des zu erwartenden Schadens festzusetzen. Ebenfalls nicht zielführend wäre es, dem Bauherrn zu raten, den Prozentsatz aus Vorsicht extrem niedrig anzusetzen. Der angestrebte Erfüllungsdruck entstünde dann nicht. Die zweite Gestaltungsoption besteht darin, ausschließlich bestimmte, häufig auftretende Schadensposten (beispielsweise Mietausfall, erhöhte Zinsaufwendungen, Umplanungskosten), diese aber dafür immer in Form eines pauschalen Prozentsatzes zu berücksichtigen, ohne Rücksicht darauf, ob sie im konkreten Fall in Betracht kommen. Allgemeinverbindlich lässt sich selbst die Höhe dieser Einzelposten jedoch nicht abschätzen. Überhaupt kein sachgerechtes Begrenzungsinstrument stellt die Orientierung an Verzögerungsschäden zudem bei der Erbringung von Einzelgewerken (das heißt kein Schlüsselfertigbau) durch einen Auftragnehmer als Teil der Errichtung eines Gesamtbauwerks dar. Verspätungen wirken sich hier regel116  BGH v. 19.1.1989 – VII ZR 348 / 87, NJW-RR 1989, 527; dort als Arg. gegen die Differenzierung zwischen großen und kleinen Bauaufträgen bei der Begrenzung der Vertragsstrafenhöhe. 117  Geilert, S. 93.

72

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

mäßig auch auf die Gesamtfertigstellung aus. Die Schadenshöhe kann demnach ohne Weiteres den Werklohn für das Einzelgewerk erreichen. Eine Anknüpfung an den zu erwartenden Schaden ist zwar in der Theorie zu befürworten, in der Praxis zu bewerkstelligen ist sie allerdings leider nicht. (2) A  lternativer eigener Vorschlag: Dreistufige Prüfung bestehend aus Pauschale, Korrektiv und Zuschlag Doch welcher Schluss ist daraus zu ziehen? Demjenigen, der sich auf die Suche nach einer allgemeinverbindlichen Wirksamkeitsgrenze für den Tagessatz begibt, sind weitgehend die Hände gebunden. Jenseits der vereinbarten Bauzeit stellt der Werklohn die einzige Variable dar, die zur Zeit des Vertragsschlusses bereits bestimmt, respektive im weiteren Verlauf ohne Weiteres bestimmbar, ist. Der gerade noch zulässige Prozentsatz kann sich daher auf der ersten Stufe allein an dem Werklohn anlehnen. Richtschnur für dessen exakte Höhe muss dann sein, bis zu welcher Höhe dem Auftragnehmer eine Abschöpfung seiner Vergütung bzw. seines Gewinns gerade noch zumutbar ist [hierzu ausführlich im Rahmen des Höchstbetrags der Vertragsstrafe, C. I. 2. b)]. Obgleich der BGH wiederkehrend formal auf den typischen Schaden und die Berücksichtigung des Einzelfalls abstellt, legt er de facto ebenfalls einen festen Prozentsatz von der Bausumme zugrunde. Er führt 2012 in seiner Entscheidung zur Zwischenfristenvertragsstrafe118 aus: „… die prozentualen Höchstsätze einer Vertragsstrafe [Anm.: beim Endtermin] müssten sich an der Auftragssumme orientieren. Eine Vertragsstrafe, die einen Tagessatz von mehr als 0,3 % (…) vorsieht, wäre unangemessen und deshalb unwirksam.“ Um der Ausgleichsfunktion gerecht zu werden, ist dem Auftragnehmer auf der zweiten Stufe die Möglichkeit des Gegenbeweises zu eröffnen, ein tatsächlicher Verzögerungsschaden sei nicht entstanden oder bleibe wesentlich hinter der Vertragsstrafe zurück. Ein solcher Gegenbeweis steht dem Klauselgegner gemäß § 309 Nr. 5b BGB auch beim in AGB vereinbarten pauschalierten Schadensersatz zu. Dieses Recht wird auch dem Klauselgegner, der Unternehmer ist, zugebilligt.119 Als „wesentlich“ wird dort eine Abweichung von über 10 % angesehen.120 Erleichtert schadlos halten kann sich der Bauherr nach wie vor, da zunächst die Vermutung besteht, die angesetzte Höhe 118  BGH

v. 6.12.2012 – VII ZR 133 / 11, NJW 2013, 1362, 1364. in: Palandt, § 309 Rn. 32 m. w. N.; Unterschied: Bei Verbrauchern muss die Möglichkeit des Gegenbeweises ausdrücklich geregelt werden. 120  Grüneberg, in: Palandt, § 309 Rn. 31. 119  Grüneberg,



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe73

der Vertragsstrafe entspreche dem tatsächlichen Schaden. Der Gegenbeweis eines niedrigeren Schadens durch den Auftragnehmer schafft ein echtes Korrelat zum Aufstockungsrecht des Bauherrn nach §§ 340 II, 341 II BGB. Auf diese Weise können beide Parteien jeweils die Vertragsstrafe im Nachhinein ganz oder teilweise an den tatsächlichen Schaden anpassen. Interessant mutet in diesem Zusammenhang ein Gedanke von Kapellmann / Langen121 an, welchen sie im Rahmen ihrer Überlegungen zum (hier abgelehnten, s. o.) zu erwartenden Verzugsschaden als Wirksamkeitsgrenze formulieren. Sie bedienen sich eines Vergleichs mit dem Umfang des Schadensersatzes bei VOB-Verträgen. Gemäß § 6 VI VOB / B richtet sich jener nach dem Verschuldensgrad: So wird der entgangene Gewinn nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ersetzt. Diesen Grundsatz übertragen sie auf die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafe. Da die Vertragsstrafe nur daran anknüpfe, dass der Auftragnehmer die Verzögerung zu vertreten habe, nicht aber nach dem Grad des Verschuldens differenziere, solle lediglich der bei jeder Form des Verschuldens ersatzfähige „Standardschaden“ berücksichtigt werden. Posten des entgangenen Gewinns wie Mietausfall müssten demzufolge außer Acht bleiben. Man könnte geneigt sein, diese Wertung im Rahmen des Gegenbeweises in der Form fruchtbar zu machen, dass bei der Bestimmung des tatsächlichen Verzögerungsschadens der entgangene Gewinn außer Acht bleibt. Aufgrund eines Wertungswiderspruchs ist dem nicht zu folgen. Fiele dem Auftragnehmer grobe Fahrlässigkeit zur Last, stünde der Bauherr bei gelungenem Gegenbeweis schlechter als nach Schadensersatzrecht. Obwohl der Schaden hinter der Vertragsstrafe zurückbliebe, würde nicht einmal die Vermögenseinbuße des Bauherrn im Wege der Vertragsstrafe kompensiert. Damit würde die Vertragsstrafe ihrem Zweck der erleichterten Schadloshaltung nicht gerecht. Schließlich ist zu betonen, dass Kapellmann / Langen den entgangenen Gewinn mit dem Argument außer Acht lassen, das Gesetz eröffne dem Klauselgegner bei der Vertragsstrafe im Gegensatz zum Schadensersatz nicht die Möglichkeit des Gegenbeweises122. Eben diese Gegenbeweismöglichkeit wird dem Auftragnehmer jedoch vorliegend gewährt. Gleichfalls nicht in Betracht kommt, alternativ hierzu hinsichtlich der Höhe des im Rahmen des Gegenbeweises maßgeblichen Schadens auf den Grad des Verschuldens abzustellen. Von Transparenz der Inhaltskontrolle könnte dann keine Rede mehr sein. Die Steuerungsfunktion wird durch das eingeräumte Recht zum Gegenbeweis nicht wesentlich beeinträchtigt. Während der Bauarbeiten muss der Auftragnehmer fürchten, im Falle eines Verzugs die vereinbarte Vertragsstrafe in voller Höhe entrichten zu müssen. 121  Kapellmann / Langen, 122  Kapellmann / Langen,

BB 1987, 560, 562 f. BB 1987, 560, 563.

74

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

Demgegenüber nähme die Gleichbehandlung mit der Schadensersatzpauschale der Vertragsstrafe ihre Sanktions- und Genugtuungsfunktion. Im Falle des erfolgreichen Gegenbeweises bekäme der Bauherr nur den wirklichen Schaden (plus 10 %, s. o.) ersetzt. Insoweit bestünde kein merklicher Unterschied zum Schadensersatz. Dass dies vom Gesetzgeber nicht gewollt war, zeigt die Fortsetzung eines bereits unter B. II. 4. angesprochenen Zitates aus den Protokollen: „daß es hier auf das Vermögensinteresse des Gläubigers allein nicht ankommen könne, (…) daß also ein gewisses Maß von Härte gegen den Letzteren [Anm.: des Schuldners] geboten sei.“123 Lösen lässt sich dieses Problem unter Zuhilfenahme eines Ansatzes, der überwiegend bei den Vertretern der Monofunktionalitätslehre (siehe oben, B. II. 2.) Zuspruch findet. Danach soll ein bestimmter „Druckzuschlag“ zum ex ante geschätzten Schaden addiert werden.124 Die Vertragsstrafe müsse einen Erfüllungsdruck entfalten, dessen Intensität diejenige beim pauschalierten Schadensersatz übersteige. Vorgeschlagen wird eine Summe von 15–20 % des hypothetischen Schadens.125 Um diese Idee für die hier vertretene Auffassung fruchtbar zu machen, ist – von der abweichenden Herleitung einmal abgesehen – eine zweifache Modifikation nötig. Erstens kommt der Zuschlag nicht schon auf der Ebene der festgelegten Vertragsstrafenhöhe zur Anwendung, sondern erst im Rahmen des Gegenbeweises. Er wird somit zum tatsächlichen Schaden addiert. Zweitens erscheint es vorzugswürdig, die Höhe des Zuschlags anhand der Auftragssumme und nicht anteilig vom Schaden zu bemessen. Er könnte etwa 1 % betragen. Angemessene Sanktion sowie Genugtuungsbedarf hängen nicht vom im konkreten Fall eingetretenen Schaden ab. Eine Kopplung des Zuschlags an den Schaden wäre deshalb sachfremd. Fazit: Die dreistufige Vorgehensweise aus allgemeinverbindlichem Tagessatz, Korrektiv des Gegenbeweises und Zuschlag vereinigen Rechtssicherheit und Transparenz auf der einen Seite mit Einzelfallgerechtigkeit auf der anderen Seite. Darüber hinaus steht die Lösung weitestmöglich im Einklang mit den Funktionen der Vertragsstrafe. (3) Störungsanfälligkeit des Gewerkes Naturgemäß ist jedes Gewerk unterschiedlich störungsanfällig. Ein hohes Störungspotential ist anzunehmen, wenn ein Gewerk ablaufbestimmend ist, 123  Protokolle

S. 1575, in: Mugdan II, S. 724. in: Soergel, Vor § 339 Rn. 5; Eggert, NJW 1974, 241, 242; ebenfalls, ohne aber der Monofunktionalitätslehre zu folgen: Moufang, BauR 2007, 899, 900. 125  Eggert, NJW 1974, 241, 242. 124  Lindacher,



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe75

also diverse andere Arbeiten auf diesem aufbauen. Oder ein Werkunternehmer ist aufgrund seines Fachwissens nicht substituierbar, sodass dessen Ausfall zwingend den Bauplan durcheinander bringt.126 Wurde bei der Projektplanung auf Pufferzeiten verzichtet, ist das Bauvorhaben gleichfalls störungsanfälliger.127 Es bietet sich daher an, diesen Faktor in die Wirksamkeitsgrenze für den Tagessatz einfließen zu lassen. Jedoch lässt sich ähnlich wie beim typischerweise zu erwartenden Schaden eine Einbettung in die Inhaltskontrolle nicht realisieren.128 Von Vorhaben zu Vorhaben fällt unterschiedlich aus, welche Arbeiten im konkreten Fall kritisch sind.129 Die eigenständige Berücksichtigung der Störungsanfälligkeit erweist sich aber auch gar nicht als notwendig. Denn: Überwiegend beeinflusst das Störungspotential die Länge der Verzögerungsdauer und nicht die Art der Folgen der Verzögerung. Mit anderen Worten: Die Störungsanfälligkeit wirkt vor allem quantitativ und nicht qualitativ. Die zu entrichtende Vertragsstrafe aber wächst mit zunehmender Verzögerungsdauer. Insofern findet die Störungsanfälligkeit indirekt über den linearen Anstieg der Pönale Berücksichtigung. Nicht nur die drei nach Verwirkung zum Tragen kommenden Funktionen werden folglich „bedient“. Der Auftragnehmer erkennt eine erhöhte Störungsanfälligkeit in der Regel selbst und ist sich damit der drohenden umfangreichen Verzögerung bewusst. Er fürchtet eine hohe Vertragsstrafe, was den Erfüllungsdruck steigen lässt. (4) Potentielle Vorteile des Bauunternehmers aus Verzögerung Seit dem 1. April 2013 zahlen Falschparker ein höheres Verwarngeld. Hintergrund der Änderung des Bußgeldkatalogs war, dass die regulären Parkgebühren oftmals das Verwarngeld überstiegen. Das hatte zur Folge, dass sich eine Vielzahl der Autofahrer eher für ein potentielles Verwarngeld „entschied“, als einen Parkschein zu erwerben.130 Was hat Falschparken mit einer Bauvertragsstrafe zu tun?, mag man sich fragen. Die Gemeinsamkeit besteht in folgender Wertung: Das rechtlich missbilligte Verhalten darf sich nicht lohnen. Liegt die Wirksamkeitsgrenze für den Tagessatz unterhalb des Vorteils, der dem Schuldner an anderer Stelle unmittelbar aus einem Vertragsbruch erwächst, so ist die Vertragsstrafe nicht effizient.131 Selbst wenn sie 126  Kapellmann / Langen, 127  Kapellmann / Langen, 128  Knacke,

S. 49.

129  Kapellmann / Langen,

BB 1987, 560, 564 zur Höchstgrenze. BB 1987, 560, 565.

BB 1987, 560, 565. Süddeutsche.de „Kampfradeln wird teurer“ v. 1.4.2013, http: /  / www.sued deutsche.de / auto / neue-strassenverkehrsordnung-kampfradeln-wird-teuer-1.1636066, zuletzt abgerufen am 15.02.2015. 131  Gronemann, S. 21; Lindacher, S. 111. 130  Vgl.

76

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

also isoliert gesehen reichlich bemessen ist (in Bezug auf Auftragssumme und vereinbarte Bauzeit), so übt sie im Ergebnis gleichwohl keinen Erfüllungsdruck aus. Auch liegt das Genugtuungsbedürfnis höher, wenn der Bauunternehmer zulasten seines Vertragspartners „pokert“ und nicht etwa aus technischen Gründen in Rückstand gerät. Typischer Vorteil aus einer Verzögerung im Baugewerbe ist die Abwendung einer bei einem zeitgleich laufenden anderen Bauvorhaben drohenden höheren Vertragsstrafe. Der Anreiz kann zudem darin bestehen, dass der Auftragnehmer dort einen höheren Gewinn erwirtschaftet, welcher die hier zu entrichtende Vertragsstrafe aufwiegt. Der „Verzögerungsgewinn“ müsste demnach zur nach den bisherigen Kriterien errechneten Wirksamkeitsgrenze hinzugerechnet werden. Ein ähnliches Vorgehen ist von der bereits erwähnten Geldentschädigung bei Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts (unter B. II. 4.) bekannt. Der Geldentschädigung liegen ebenfalls Präventions- sowie Genugtuungsfunktion zugrunde.132 Der BGH orientiert sich dabei am durch die Persönlichkeitsrechtsverletzung erzielten Gewinn. Im zu entscheidenden Fall konnte etwa die Zeitschriftenauflage infolge des Drucks privater Fotos Prominenter gesteigert werden.133 Konkurrierende „lukrativere“ Bauprojekte ergeben sich indes oftmals erst während der Bauarbeiten. Die gerade noch zulässige Vertragsstrafenhöhe muss aber bei Vertragsschluss feststehen, damit sich der Auftragnehmer danach richten kann. Überdies benötigte der Bauherr sämtliche Auftragsdaten seines Vertragspartners. Das kann vom Auftragnehmer nicht verlangt werden. Neben einer Verletzung des Datenschutzes würde seine Verhandlungsposition gegenüber dem Bauherrn erheblich geschwächt, sofern es um seine Auftragslage desolat bestellt ist. Welcher Teil des aus dem Konkurrenzprojekt gezogenen Gewinns genau auf die Verzögerung zurückgeht, wird überdies nur schwer festzustellen sein. Zu all diesen Schwierigkeiten tritt hinzu, dass eine allgemeingültige Bestimmung auch hier nicht möglich ist. Somit wirkt sich der aus dem Vertragsbruch gezogene Vorteil zwar auf den Erfüllungsdruck aus. Als Kriterium für die Inhaltskontrolle ist er aber ungeeignet. ee) Kasuistik zur Wachstumsrate Wie bereits angesprochen, gehen die Gerichte von einem festen Prozentsatz als Wirksamkeitsschranke aus, unabhängig von der Höhe der Auftragssumme. Jahrzehntelang konvergierten die richterlich entschiedenen Werte gegen einen bis dato unausgesprochenen Grenzwert. Der Bundesgerichts132  BGH 133  BGH

v. 5.10.2004 – VI ZR 255 / 03, NJW 2005, 215, 216. v. 5.10.2004 – VI ZR 255 / 03, NJW 2005, 215, 218.



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe77

hof134 hatte wiederholt erklärt, 0,3 % pro Werktag seien noch angemessen. Ein Vertragsstrafensatz von 0,5 % je Arbeitstag (das entspricht durchschnittlich knapp 0,42 % je Werktag) benachteilige demgegenüber den Auftragnehmer unangemessen.135 Das OLG Dresden136 sah den dazwischen liegenden Wert von 0,3 % á Kalendertag und damit faktisch meist 0,35 % á Werktag bereits als unwirksam an. Erst recht für unzulässig erachtet wurden 0,5 % pro Werk-137 bzw. Kalendertag138. Unproblematisch Bestand hatten Klauseln, wonach pro Arbeitstag der Verzögerung eine Vertragsstrafe von 0,3 % – umgerechnet 0,25 % pro Werktag – verwirkt werden sollte.139 Gleichermaßen billigte die Rechtsprechung 0,2 % für jeden Kalendertag.140 0,15 % pro Werktag bezeichnete der BGH141 als „verhältnismäßig niedrig“. Im Schrifttum142 lautete die Empfehlung an den Klauselgestalter unterdessen, aufgrund der Unsicherheiten den Tagessatz lieber unterhalb der entschiedenen Werte anzusetzen. Vorgeschlagen wurden in diesem Zusammenhang etwa 0,2 %143, 0,15 %144 oder 0,1 %145 pro Werktag. Das Vergabe- und Vertragshandbuch für die Bauleistungen des Bundes146 gibt ebenfalls 0,1 % je Werktag vor.

134  BGH v. 6.12.2007 – VII ZR 28 / 07, NZBau 2008, 376 = BauR 2008, 508, 509; BGH v. 14.1.1999  – VII ZR 73 / 98, NJW 1999, 1108, 1109; beide Entscheidungen allerdings noch i. V. m. der früheren Obergrenze von 10 %; a. A. vertreten vom OLG Schleswig v. 21.4.2005 – 5 U 154 / 04, BauR 2005, 1641, 1642 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechungstendenz beim BGH, dabei jedoch BGH v. 14.1.1999 – VII ZR 73 / 98 außer Acht lassend. 135  BGH v. 7.3.2002 – VII ZR 41 / 01, NJW 2002, 2322, 2323. 136  OLG Dresden v. 8.2.2001 – 16 U 2057 / 00, BauR 2001, 949, 950. 137  BGH v. 17.1.2002 – VII ZR 198 / 00, NJW-RR 2002, 806, 807. 138  BGH v. 18.11.1982 – VII ZR 305 / 81, NJW 1983, 385, 387; noch i. R.d. § 242 statt § 307 I BGB. 139  BGH v. 1.4.1976 – VII ZR 122 / 74, BauR 1976, 279. 140  BGH v. 18.1.2001  – VII ZR 238 / 00, NJW 2001, 738 f.; ebenso OLG Düsseldorf v. 29.6.2001 – 22 U 221 / 00, NJW-RR 2001, 1597, allerdings zur Bruttoschlussrechnungssumme. 141  BGH v. 22.10.1987 – VII ZR 167 / 86, NJW-RR 1988, 146. 142  Keßler, WiB 1996, 886, 888. 143  Keßler, WiB 1996, 886, 888. 144  Markus, in: Markus / Kaiser / Kapellmann, Rn. 570. 145  Lau, Jahrbuch Baurecht 2003, 53, 68 (dort bzgl. der Bruttoabrechnungssumme); ebenso Musterklausel bei: Reuter, Vertragsstrafen im privaten Baurecht, S. 209. 146  Vergabe- und Vertragshandbuch für die Baumaßnahmen des Bundes, Stand Aug. 2014, Richtlinien zu den Besonderen Vertragsbedingungen, Nr. 2 a. E., S. 123; http: /  / www.fib-bund.de / Inhalt / Vergabe / VHB / LESEFASSUNG.pdf, zuletzt abgerufen am 15.02.2015.

78

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

Ende 2012 bekannte der BGH147 schließlich Farbe, wenn auch eher beiläufig. Im Rahmen seiner Ausführungen zur Wahl der Bemessungsgrundlage bei strafbewehrten Zwischenfristen stellte er fest, 0,3 % der Auftragssumme pro Werktag sei der gerade noch wirksame Vertragsstrafensatz für die Überschreitung des Endtermins. Zehn Jahre zuvor hatte das Oberlandesgericht Jena148 einen Prozentsatz von 0,3 % je Arbeitstag (das heißt 0,25 % je Werktag) als „von der Rechtsprechung aufgestellte Obergrenze“ beschrieben. Dies war in doppelter Hinsicht falsch: Erstens gab es damals noch keine Grenze und zweitens hatte der BGH mit 0,3 % á Werktag schon im Jahre 1999149 eine höhere Wachstumsrate abgesegnet. Ob die vom BGH befürwortete Grenze Bestand haben wird, ist insbesondere mit Blick auf die weiteren Determinanten der Inhaltskontrolle fraglich [dazu unter C. I. 2. c)]. ff) Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse zum Vertragsstrafensatz Die Auseinandersetzung mit dem Vertragsstrafesatz für die Überschreitung der Fertigstellungsfrist hat folgende Ergebnisse hervorgebracht: Steigert sich die Vertragsstrafe „pro Tag“, so ist darunter sowohl beim VOB / B-Vertrag als auch beim BGB-Bauvertrag die Zeiteinheit Werktage zu verstehen. Regulär fällt somit bei einer Woche Verzögerung eine Vertragsstrafe für sechs Tage an. Abweichend kann die Pönale auf Arbeitstage Bezug nehmen. Gleiches gilt für Kalendertage; einer Umrechnung des Prozentsatzes bedarf es nicht. Sonn- und Feiertage werden de facto jedoch überwiegend mangels Vertretenmüssens aus der Verzögerungsdauer herausfallen. Bemessungsgrundlage für den Prozentsatz muss die Gesamtauftragssumme sein. Bei Auslegungszweifeln ist vom Nettobaupreis zur Zeit des Vertragsschlusses auszugehen. Die ausdrückliche Bezugnahme auf die Bruttosumme und / oder die nach der Schlussrechnung maßgebliche Höhe verstößt nicht gegen § 307 I 1 BGB. Vorsicht ist geboten bei der Gegenüberstellung unterschiedlicher Begriffe innerhalb einer Klausel. Intransparenz und damit Gesamtunwirksamkeit können die Folge sein. Die doppelte Wurzel aus der vereinbarten Bauzeit in Tagen bildet daneben einen Divisor im Rahmen der Berechnung der Vertragsstrafensumme. 147  BGH

v. 6.12.2012 – VII ZR 133 / 11, NJW 2013, 1362, 1364. Jena v. 10.4.2002  – 7 U 938 / 01, NJW-RR 2002, 1178, 1179, allerdings noch zum höchsten bis zu dieser Zeit als wirksam erachteten Tagessatz von 0,3 % pro Arbeitstag. 149  BGH v. 14.1.1999 – VII ZR 73 / 98, NJW 1999, 1108, 1109. 148  OLG



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe79

Die Wachstumsrate selbst, das heißt der Prozentsatz, ist eine feststehende Zahl. Der Grenzwert bestimmt sich allein danach, welche Werklohneinbuße nötig und zumutbar ist. Laut der Rechtsprechung des BGH liegt er bei 0,3 % pro Werktag. Kein sachgerechtes Wirksamkeitskriterium ist in dem „typischerweise zu erwartenden Schaden“ zu sehen, da jedem Bauprojekt ein unterschiedliches Verzögerungsschadenspotential immanent ist. Stattdessen wird dem Auftragnehmer die Möglichkeit des Gegenbeweises gewährt, der tatsächliche Schaden bleibe hinter der Vertragsstrafe zurück. Gelingt ihm dies, erhält der Bauherr den Schaden ersetzt, zuzüglich eines Aufschlags. Der Aufschlag bemisst sich proportional zur Auftragssumme, nicht zum Schaden. Weder die Störungsanfälligkeit des Gewerks noch die potentiellen Vorteile, welche dem Auftragnehmer aus der Verspätung erwachsen, finden Beachtung bei der Bestimmung der Wirksamkeitsgrenze für die Wachstumsrate. Mit den Anforderungen der Baupraxis bzw. des AGB-Rechts lassen sich beide Faktoren nicht in Einklang bringen. b) Höchstbetrag Den bisherigen Ausführungen zufolge würde die Vertragsstrafe nun mit zunehmender Verzögerungsdauer ins Unendliche ansteigen. Auf diese Weise kann der Auftragnehmer insgesamt einen Großteil seines Werklohns verlieren. Schutz bietet ein absoluter Höchstbetrag. Jede Vertragsstrafeklausel muss der Rechtsprechung zufolge150 explizit eine solche Obergrenze ausweisen. Bei großen wie bei kleinen Bauaufträgen besteht das Erfordernis der Kappungsgrenze gleichermaßen.151 Der Bundesgerichtshof152 hatte einst vertreten, angesichts des mit der absolut höher ausfallenden Vertragsstrafensumme verbundenen größeren Risikos sei die Vertragstrafe vorwiegend bei größeren Bauvorhaben nach oben zu beschränken. Abstand nahm er später von diesem Standpunkt mit der Begründung, eine praktikable Unterscheidung zwischen großen und kleinen Aufträgen gestalte sich schwierig.153 Fehlt der Höchstbetrag, ist die Klausel auch dann unwirksam, wenn die angefallene Vertragsstrafe bei Beendigung des Verzugs den hypothetischen, gerade noch zulässigen Höchstbetrag gar nicht erreicht hat.154 Dieser Grundsatz ist Ausdruck der überindividuell-generalisierenden Betrachtungsweise bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Desgleichen macht ein sehr niedri150  BGH v. 18.11.1982 – VII ZR 305 / 81, NJW 1983, 385, 387; noch i. R.d. § 242 statt § 307 I BGB. 151  BGH v. 19.1.1989  – VII ZR 348 / 87, NJW-RR 1989, 527; Kuffer, in: Heiermann / Riedl / Rusam, § 11 VOB / B Rn. 18; Schlünder, ZfBR 1995, 281, 283. 152  BGH v. 22.10.1987 – VII ZR 167 / 86, NJW-RR 1988, 146. 153  BGH v. 19.1.1989 – VII ZR 348 / 87, NJW-RR 1989, 527. 154  Knacke, S. 48; Oberhauser, Rn. 238.

80

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

ger Tagessatz die Obergrenze nicht entbehrlich.155 Aber auch der Ort der Regelung spielt eine Rolle: Verortet der Bauherr die Obergrenze lediglich in einer Fußnote des Vertragsformulars, so ist darin keine verbindliche Regelung, sondern lediglich ein redaktioneller Hinweis zu sehen.156 Der Inhaltskontrolle hält eine solche Handlungsanweisung an den Verwender157 nicht stand. Begründen ließe sich diese Regel auch über § 305c I BGB. Entscheidende Vertragsbestimmungen erwartet der durchschnittliche Vertragspartner nicht in einer Fußnote. Eine derartige Formulierungspraxis wirkt daher überraschend. aa) Die Notwendigkeit einer vertraglichen Obergrenze Im Folgenden soll den Gründen für das Erfordernis einer absoluten Obergrenze nachgegangen und dessen Berechtigung kritisch beleuchtet werden. Der Höchstbetrag erweist sich nur insoweit als sachgerechtes Kriterium innerhalb der Inhaltskontrolle, als eine Benachteiligung von einigem Gewicht vorliegt. Sodann muss das Schutzbedürfnis des Auftragnehmers vor einer zu hohen Gesamtvertragsstrafe gegenüber dem Interesse des Bauherrn an einer effektiven Vertragsstrafe überwiegen [zu den Grundsätzen der Inhaltskontrolle siehe oben C. I. 1. b)]. (1) Schutzbedürftigkeit des Auftragnehmers Der zwingende Höchstbetrag wird aus der Erfüllungsdruckfunktion hergeleitet. Die Druckfunktion gebiete es, die Auswirkungen der Vertragsstrafe auf den Bauunternehmer zu berücksichtigen.158 Zur termingerechten Fertigstellung solle die Vertragsstrafe den Bauunternehmer des betreffenden Bauwerks anhalten, nicht aber seine Liquidität gefährden.159 Insbesondere wenn die anvisierte Bauzeit trotz hoher Auftragssumme gering ausfällt, können die Auswirkungen in der Tat sehr schmerzhaft sein. Ferner wird angeführt, die Obergrenze schaffe einen Ausgleich für jene Risiken, welche dem Verantwortungsbereich des Auftragnehmers zugerechnet werden, von ihm jedoch 155  BGH v. 22.10.1987  – VII ZR 167 / 86, NJW-RR 1988, 146 für 0,15 % pro Werktag; Bschorr / Zanner, S. 65; Kemper, BauR 2001, 1015, 1016; a. A.: Kapellmann / Langen, BB 1987, 560, 566, die einen Tagessatz unterhalb von 0,1 % für ungefährlich halten. 156  BGH v. 24.2.2005 – VII ZR 340 / 03, BauR 2005, 1015, 1016; Hafkesbrink, in: Leinemann, VOB / B, § 11 Rn. 18. 157  Kniffka / Koeble, 7. Teil, Rn. 65. 158  BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808; Langen, in: Kapellmann / Messerschmidt, § 11 VOB / B Rn. 85. 159  BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808.



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe81

nicht beherrschbar sind. So können umfangreiche Verzögerungen schon aus einem geringen Verschuldensgrad resultieren.160 Oder eine zeitnah nicht zu ersetzende Maschine „streikt“ plötzlich.161 Dem Auftragnehmer in diesen Fällen eine Pönale aufzuerlegen, verstoße gegen die Steuerungsfunktion der Vertragsstrafe. Andererseits kann von ihm aber auch verlangt werden, mittels Beschleunigungsmaßnahmen dem Verzug entgegenzuwirken.162 Ebenso wird beim gesetzlich angeordneten Verzugsschadensersatz, gegenüber dem die Vertragsstrafe dem Verwender Vorteile bringen soll, der Auftragnehmer hinsichtlich extremer Entwicklungen nicht als schutzwürdig angesehen. Eine Kappungsgrenze fehlt. Umgekehrt ließe sich argumentieren, gerade die Unabhängigkeit der Vertragsstrafe vom tatsächlichen Schaden verlange nach einer summenmäßigen Beschränkung. Eine Obergrenze ermöglicht es dem Auftragnehmer, zur Zeit des Vertragsschlusses abschätzen zu können, welcher Anteil von seinem Werklohn ihm maximal entzogen wird.163 Das Argument, der Bauunternehmer sei im Hinblick darauf, dass ihm der Gegenbeweis eines geringeren tatsächlichen Schadens wie beim pauschalierten Schadensersatz verwehrt sei, schutzlos gestellt164, greift dagegen nicht durch. Der unter C. I. 2. a) dd) (2) präsentierte Standpunkt billigt dem Auftragnehmer – kombiniert mit einem verbleibenden Zuschlag – ein ebensolches Recht zu. Im Schrifttum165 wird für eine absolute Grenze der aufschiebend bedingte Charakter der Vertragsstrafe angeführt. Bei Abgabe seiner Willenserklärung führe sich der Klauselgegner primär das unbedingt ausgestaltete Leistungsversprechen vor Augen. Er gehe davon aus, zur Verwirkung der Vertragsstrafe werde es ohnehin nicht kommen. Dies führe dazu, dass der Klauselgegner an die Höhe der Vertragsstrafe wenige bis keine Gedanken verschwende. Psychologisch vergleichbar sei dies mit der Situation bei Bestellung einer Bürgschaft.166 Beurteilte der Bürge es als wahrscheinlich, tatsächlich zur Erfüllung der gesicherten Verbindlichkeit des Dritten herangezogen zu werden, würde er kaum bürgen. Ob es bei Individualvereinbarungen erforderlich ist, den Auftragnehmer insoweit vor seiner eigenen, selbstbestimmten rechtsgeschäftlichen Entscheidung zu schützen, soll dahingestellt bleiben. Bei AGB reflektiert der Auftragnehmer die Konsequenzen der ihm 160  Oberhauser,

Rn. 246; Wolff, in: Messerschmidt / Voit, M Rn. 295. S. 129. 162  Knütel / Rieger, NZBau 2010, 285, 290. 163  Bschorr / Zanner, S. 65; Nodoushani, S. 141. 164  Knütel / Rieger, NZBau 2010, 285, 289. 165  Lindacher, S. 99. 166  Rieble, in: Staudinger, Vor. §§ 339 ff., Rn. 79. 161  Reuter,

82

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

vorgelegten Vertragsstrafenhöhe („Nach wie vielen Tagen Verzögerung verliere ich welchen Anteil meines Gewinns?“) zumeist nicht oder nur unzureichend. Hinzu tritt ein Aspekt167, welcher im starken Konkurrenzdruck bei der Vergabe von Bauaufträgen wurzelt. Es entspricht gängiger Praxis, die im Ausschreibungsverfahren verwendeten Klauseln im Anschluss unverändert als Vertragsklauseln zu übernehmen. Nicht selten findet sich darin der Passus, eine Modifizierung seitens des Bieters ziehe einen Ausschluss aus dem Vergabeverfahren nach sich. Um den Zuschlag zu erhalten, akzeptieren die Bauunternehmer vielfach ungünstige Bedingungen. Sie erklären sich mit einer zu hohen Vertragsstrafe oder einem unrealistisch bemessenen Bauzeitenplan einverstanden. Jeder Auftragnehmer ist auf künftige Folgeaufträge angewiesen. Ferner ist der Bauunternehmer in seiner Tätigkeit auf einen bestimmten regionalen Radius beschränkt. Beides führt dazu, dass Beschwerden der Werkunternehmer rar sind. Auch konnte das Verhältnis zum zu erwartenden Schaden, obwohl wünschenswert, nicht als Kriterium für die Inhaltskontrolle der Tagessatzhöhe auf der ersten Stufe fruchtbar gemacht werden. Dies spricht dafür, dem Bauherrn an anderer Stelle einen Schutzmechanismus zuzubilligen. Das unbegrenzte Ansteigen der Vertragsstrafe benachteiligt den Auftragnehmer somit erheblich. Ihm ist ein berechtigtes Interesse an einem Höchstbetrag zuzubilligen. (2) Keine gleichwertigen oder überwiegenden Belange des Bauherrn Die Qualifizierung des Höchstbetrags als Wirksamkeitsvoraussetzung setzt voraus, dass keine mindestens gleichrangigen Belange des Bauherrn die Benachteiligung rechtfertigen. Es wird vorgebracht, eine unbegrenzte Vertragsstrafe gereiche dem Bauherrn in Wahrheit gar nicht zum Vorteil. Nach dem Erreichen einer Höhe, welche der Auftragnehmer bereits als „schweres Geschütz“ empfinde, sei keine proportionale Diligenzsteigerung mehr gegeben.168 Mit anderen Worten: Der Erfüllungsdruck stagniert ab einem bestimmten Punkt. Das Sprichwort „viel hilft viel“ gilt nicht. Doch bezieht sich dieses Phänomen lediglich auf die Höhe des Tagesprozentsatzes. Hat der Auftragnehmer hingegen ab Erreichen der Höchstgrenze durch eine weitere Verzögerung nichts mehr zu verlieren, wirkt sich das sehr wohl auf den Druck aus. 167  Die folgenden Praxiserfahrungen wurden Heiermann / Linke, S. 61 f. entnommen, dort allerdings als Teil allgemeiner Ausführungen. 168  Lindacher, S. 112.



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe83

Fühlt sich der Bauunternehmer aber von der angesammelten Vertragsstrafensumme regelrecht erstickt und sieht seine finanzielle Leistungsfähigkeit bedroht, fängt er nicht selten an zu „pfuschen“.169 Das Druckinstrument Vertragsstrafe wird pervertiert. Eine Art der nicht vertragsgemäßen Erfüllung (Verzug) soll verhindert werden; provoziert wird aber zugleich eine andere nicht vertragsgemäße Erfüllung (Mangel). Das ist, als nähme man ein Medikament, dessen Nebenwirkung in der Stärke dem Symptom entspricht. Das übergeordnete Ziel Gesundheit würde verfehlt. Komme es zu einer extremen Verzögerung, liege zudem die Vermutung nahe, den Bauherrn treffe ein Mitverschulden aufgrund mangelhafter Bauleitung.170 Ein anderes Bild zeichnet demgegenüber heutzutage die treuwidrige Praxis des Abklopfens von Bauaufträgen und die darauf folgende Vernachlässigung des Auftrags mit einer geringeren Vertragsstrafeandrohung. In diesem Fall besteht das einzige „Mitverschulden“ des Bauherrn darin, dass seine Vertragsstrafe zu niedrig, mithin zu „nett“ ist. Zu beachten ist indes, dass der Bauherr eine über den Zeitpunkt des Erreichens des Höchstbetrags hinausgehende Verspätung nicht tatenlos dulden muss. §§ 8 III Nr. 1 i. V. m. 5 IV VOB / B sieht im Falle des Verzugs hinsichtlich der Fertigstellung ein Kündigungsrecht des Bauherrn vor.171 Auf Kosten des Auftragnehmers kann er die Bauarbeiten nach Entziehung des Auftrags sogar gemäß § 8 III Nr. 2 VOB / B von einem Dritten vollenden lassen. Gerade bei komplexen Großprojekten wird sich der Bauherr diesen Schritt jedoch zweimal überlegen. Er verabschiedet sich mit einer Kündigung immerhin von demjenigen, der das Bauprojekt und dessen Besonderheiten gut kennt – oftmals sogar besser als er. Der Aufwand, den ein Vertragspartnerwechsel mit sich bringt, kann insgesamt eine umfangreichere Verzögerung verursachen, als wenn der ursprüngliche Auftragnehmer das Werk zum Abschluss gebracht hätte. Im Verlauf der bisherigen Erörterung hat sich ergeben, dass der Erfüllungsdruck im Wesentlichen während der gesamten Verzugsdauer fortbesteht. Die Nachteile des Bauherrn durch einen zwingenden Höchstbetrag werden nicht anderweitig so abgemildert, dass sie zu vernachlässigen sind. Unter dem Gesichtspunkt der Steuerungsfunktion ist das Interesse des Bauherrn an einer zeitlich unbegrenzten Vertragsstrafe durchaus berechtigt. Fraglich ist nun, welche Wertung die Ausgleichsfunktion aufstellt. Die Schadenskurve vollzieht bei Erreichen einer Obergrenze keinen „Knick“ nach unten. Mit zunehmender Verzögerungsdauer steigt typischerweise der 169  Reuter,

S. 134.

170  Kapellmann / Langen, 171  Knacke,

S. 50.

BB 1987, 560, 564.

84

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

Schaden [siehe oben unter C. I. 2. a)]. Dem Maximalbetragserfordernis wird daher entgegengehalten, die Kompensationsfunktion laufe im Anschluss leer.172 Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass die Vertragsstrafe den entstandenen Schaden dennoch tatsächlich vollumfänglich abdecken kann. Zusätzliche Verzugsschäden betreffend fällt die Vertragsstrafe überdies nicht ersatzlos fort. Der in Höhe der Vertragsstrafe verdrängte Schadensersatzanspruch lebt gemäß §§ 340 II, 341 II BGB wieder auf.173 Zulasten des Bauherrn verschiebt sich dabei die Beweislast. Die Kompensation erhält folglich zwar erhebliche Löcher, wird aber nicht ausgehöhlt. Der Bundesgerichtshof174 sieht den Bauherrn deshalb ausreichend geschützt. In eine andere Richtung weisen Sanktions- und Genugtuungsfunktion: Der Verzug, inklusive Vertretenmüssen, besteht bis zur Fertigstellung fort. Die Stärke eines Reputationsverlustes richtet sich nach der Gesamtverzögerungsdauer. Im Widerspruch dazu wirkt die Obergrenze für den Schuldner wie eine Freizeichnungsklausel.175 Und die Aufstockung mittels Schadensersatzes lässt keinen Raum für zusätzliche Genugtuung bzw. Sanktion. Es wird eingewandt, die Vertragsstrafe sei nicht dazu konzipiert, dem Bauherrn eine eigenständige Einnahmequelle zu verschaffen.176 Er dürfe an der Vertragsstrafe nicht verdienen.177 Doch, zu einem gewissen Maße entspricht das mit Blick auf Sanktions- und Genugtuungsfunktion gerade der Natur der Vertragsstrafe. Ihre Höhe ist eben nicht auf den tatsächlichen Schaden begrenzt. Das Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ist allerdings gestört, wenn die Vertragsstrafe einen Großteil des vereinbarten Werklohns zunichte macht. Gewiss obliegt die Festlegung der Gegenleistung den Parteien. Sie muss aber offen im Wege der Einigung über den Werklohn geschehen und darf nicht verdeckt über eine Vertragsstrafe untergraben werden. (3) Ergebnis der Abwägung: Differenzierung nach dem Verschuldensgrad Der Auftragnehmer besitzt ein schutzwürdiges Interesse an der Aufnahme einer Obergrenze in die Vertragsstrafeklausel. Die drohenden Folgen einer unbeschränkten Vertragsstrafe treffen ihn hart und können sich auf seine unternehmerische Existenz auswirken. Das Bestreben des Bauherrn, die Vermehrung der Vertragsstrafe erst mit Fertigstellung des Bauwerks enden zu 172  Schuhmann,

ZfBR 2009, 307, 311. v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808. 174  BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808. 175  Reichel, JBl. 1929, 174. 176  BGH v. 23.1.2003  – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808; BGH v. 18.11.1982 – VII ZR 305 / 81, NJW 1983, 385, 387. 177  Kapellmann / Langen, BB 1987, 560, 566. 173  BGH



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe85

lassen, ist im Vergleich dazu etwas schwächer zu gewichten. Nachweisbare Vermögensschäden bekommt er trotz Höchstbetrag sicher ersetzt. Zur Not kann er sich ohne erhebliche Mehrkosten vom Vertrag lösen. Adäquate Berücksichtigung müssen allerdings auch die aus den übrigen Funktionen gewonnenen Aussagen finden. In Erwägung dessen erscheint es interessengerecht, das Höchstbetragserfordernis nicht umfassend, sondern nur bei fahrlässiger Verspätung anzuordnen. Der Bauherr sollte die Vertragsstrafe für vorsätzliche Fristüberschreitungen ohne Beschränkung nach oben in seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufnehmen dürfen. In diesem Fall bedarf der Auftragnehmer als Klauselgegner keines Schutzes. Zugleich wirkt diese Einschränkung präventiv: Der Bauunternehmer kann auf diese Weise nicht gezielt einen Auftrag zugunsten eines anderen vernachlässigen, weil der Höchstbetrag bereits erreicht ist und dem Bauunternehmer deshalb keine weitere Vertragsstrafe droht. Die Beweislast für eine vorsätzliche Pflichtverletzung muss dabei den Bauherrn treffen. § 286 IV BGB ist so zu verstehen, dass lediglich das „Mindestverschulden“, mithin (einfache) Fahrlässigkeit vermutet wird. Vorsatz als „qualifiziertes Verschulden“ ist im Gegensatz dazu nur bei entsprechendem Nachweis zugrunde zu legen. Wurde die Verspätung teils vorsätzlich, teils fahrlässig herbeigeführt und überschreitet die Vertragsstrafe bezüglich des fahrlässigen Teils schon für sich genommen den Höchstbetrag, wird dem Bauherrn lediglich der Höchstbetrag zuzüglich der Vertragsstrafe für den vorsätzlichen Teil gewährt. bb) Die Bemessungsgrundlage Auch bei der Obergrenze stellt sich die Frage nach der richtigen Bemessungsgrundlage. Der BGH178 legt die Obergrenze in Abhängigkeit zur Auftragssumme fest. Je höher die Auftragssumme, umso höher soll auch der absolute Höchstbetrag sein. Der Prozentsatz ist dabei konstant. Zwei andere Ansätze hält das Schrifttum bereit. Vorgeschlagen wird einerseits, die Obergrenze nicht in Geld anzugeben, sondern eine maximale Verzögerungsdauer zu bestimmen, für welche eine Vertragsstrafe anfällt. Die jeweilige Zeitspanne müsse von der vereinbarten Bauzeit abhängen.179 Basiswert wäre also hiernach die vertraglich vereinbarte Bauzeit. Die kumulative Bezugnahme auf Auftragssumme und vereinbarte Bauzeit regen unterdessen Kapellmann /  Langen180 an. Eine vierte Möglichkeit wäre eine feste absolute Verzögerungsdauer, ab deren Erreichen keine Vertragsstrafe mehr hinzutritt. 178  BGH

v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808. BauR 1988, 28. 180  Kapellmann / Langen, BB 1987, 560, 563. 179  Weyer,

86

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

Welchem Standpunkt ist zu folgen? Die Antwort liefert ein zweistufiges Vorgehen. Im ersten Schritt wird ermittelt, an welchen Größen sich die Obergrenze, den Funktionen der Vertragsstrafe folgend, isoliert gesehen orientieren muss. Anschließend ist zu fragen, inwiefern dieses Resultat mit Blick auf die Determinanten für den Tagessatz zu modifizieren ist. Zur ersten Stufe: Die Obergrenze ist zunächst an den Werklohn zu koppeln. Er ist maßgeblich dafür, wie stark eine bestimmte Pönale den Bauunternehmer beeinträchtigt. Weiterhin muss die Obergrenze umso höher angesetzt werden, je länger die anvisierte Bauzeit ist. Bauprojekten mit längeren im Vertrag fixierten Bauzeiten wohnt typischerweise ein höheres Verspätungspotential inne. Mithin sollte der Anstieg der Vertragsstrafe auch später enden. Im Gegensatz hätte eine feste absolute Maximalverzögerungsdauer zur Folge, dass bei einer kurzen vereinbarten Bauzeit die Obergrenze womöglich nie, zugleich jedoch bei einer langen vereinbarten Bauzeit zu früh einträte. Wie unter C. I. 2. a) cc) dargelegt, ist pro Tag eine umso geringere Vertragsstrafe zu wählen, je länger die festgelegte Bauzeit ausfällt. Bezieht man die Obergrenze allein auf die Auftragssumme, wird die Obergrenze daher bei einer längeren vereinbarten Bauzeit automatisch zeitlich später erreicht. Daraus folgt, dass die Bauzeit im Rahmen der Obergrenze nicht mehr gesondert zu berücksichtigen ist. Als sachgerecht erweist sich dieses Ergebnis insbesondere, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die von den Parteien festgesetzte Bauzeit im Rahmen des Tagessatzes als Korrektiv eingefügt wurde, um die insgesamt verwirkte Vertragsstrafe im Verhältnis zur Auftragssumme bei langen und kurzen vereinbarten Bauzeiten einander anzunähern. Exakt diese insgesamt verwirkte Vertragsstrafe aber ist es, für welche die Obergrenze gilt. cc) Die 5 %-Grenze – Orientierung an der Gewinnmarge im Baugewerbe Selbstverständlich unterliegt die Höhe der Obergrenze ebenfalls der Inhaltskontrolle.181 Wäre der Verwender in der Wahl der Obergrenze frei, so wäre sie überflüssig. Die Rechtsprechung zieht die Angemessenheitsgrenze bei 5 % der Auftragssumme. Dies entspricht etwa der Gewinnmarge im Baugewerbe.182 Laut Aussage des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie e. V. betrug die Umsatzrendite, also das Verhältnis des Gewinns zum Umsatz, 2012 in der Bauwirtschaft 5,2 %.183 Trüge der Bauunternehmer über seinen 181  BGH

v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808. v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808. 183  Grafische Darstellung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, vorläufige Werte für 2012, Stand: Februar 2014, http: /  / www.bauindustrie.de / zahlen182  BGH



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe87

Gewinnverlust hinaus partiell auch die Kosten des Bauprojekts, widerspräche das dem bei Austauschverträgen geltenden Äquivalenzprinzip.184 Zwischen den wirtschaftlichen Chancen und Risiken des Bauherrn bestünde keine angemessene Korrelation.185 Von einer Vertragsstrafe, welche sich auf den gesamten Gewinn erstreckt, geht zudem ein ausreichendes Druckpotential aus. Eine höhere Kappungsgrenze wäre mit dem Erforderlichkeitsgrundsatz nicht zu vereinbaren.186 Vereinzelte Literaturstimmen187 plädieren indes für eine höhere Obergrenze. Es sei nicht nachvollziehbar, einen Auftragnehmer, der sich schuldhaft so lange im Verzug befinde, dass er bei maximal 0,3 % Werktagessatz 5 % der Auftragssumme anhäufe, vor einer über seinen Gewinn hinausgehenden Vertragsstrafe zu schützen. Kommt der „Airbag“ Höchstbetrag aber nach dem oben Gesagten allein bei Fahrlässigkeit zur Anwendung, erscheint es im Gegenzug interessengerecht, dem Auftragnehmer insoweit einen umfassenden Schutz zukommen zu lassen. Wünscht der Bauherr eine höhere Obergrenze als 5 %, bleibt es ihm unbenommen, eine solche individualvertraglich mit dem Auftragnehmer auszuhandeln.188 Von Gehlen189 entgegnet, aufgrund der standardisierten Verträge werde dem Bauherrn damit kein tragfähiges Instrument an die Hand gegeben. Der Bauherr, dem eine höhere Obergrenze besonders wichtig ist, wird den Aufwand allerdings auf sich nehmen. Die heute vorherrschende Angemessenheitsgrenze von 5 % geht auf eine Rechtsprechungsänderung aus dem Jahre 2003 zurück. Zuvor hatte der BGH mit 10 % das Doppelte für gerade noch wirksam gehalten.190 Vertrauensschutz genießen bis zum 30.6.2003 geschlossene Altverträge bei einem Abrechnungsvolumen bis zu 15 Mio. DM.191 Oberhauser192 vermutete im Anschluss an die BGH-Entscheidung aus dem Jahre 2003 berechtigterweise, es gebe Ausnahmen von der 5 %-Grenze. Der BGH193 führte damals aus: „(…) fakten / statistik / preis-und-ertragsentwicklung / umsatzrendite-u-eigenkapitalquote / , zuletzt abgerufen am 15.02.2015. 184  Roquette / Laumann, BauR 2003, 1271, 1272 f. 185  Markus, in: Markus / Kaiser / Kapellmann, Rn. 561. 186  BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808. 187  v. Gehlen, NJW 2003, 2961, 2963; Langen, in: Kapellmann / Messerschmidt, § 11 VOB / B Rn. 88. 188  BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1809. 189  v. Gehlen, NJW 2003, 2961, 2963. 190  Letzte Entscheidung zum alten Höchstbetrag: BGH v. 25.9.1986 – VII ZR 276 / 84, NJW 1987, 380. 191  BGH v. 8.7.2004 – VII ZR 24 / 03, NJW-RR 2004, 1463, 1464; vertiefend wird hierzu verwiesen auf Pauly, BauR 2005, 1229. 192  Oberhauser, Rn. 249. 193  BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808.

88

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

wenn mit einer niedrigeren Vertragsstrafe die Druck- und Kompensationsfunktion ausreichend erfüllt wird. Davon kann bei einer Vertragsstrafe von bis zu 5 % der Auftragssumme generell ausgegangen werden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der (…) ausgeübte Druck nicht ausreicht, eine rechtzeitige Fertigstellung (…) zu bewirken.“ Es blieb folglich offen, ob eine starre Wirksamkeitsgrenze beabsichtigt war. Dies dürfte sich zwischenzeitlich mit dem BGH-Urteil zur Zwischenfristen-Vertragsstrafe im Jahre 2012 geändert haben. Die Richter stellten klar, eine Vertragsstrafe von über 5 % halte der Inhaltskontrolle nicht stand.194 Eine Schwierigkeit birgt die Anlehnung der Obergrenze an die Gewinnmarge. Im Grunde wäre die Wirksamkeitsgrenze jedes Jahr an die aktuelle Umsatzrendite anzupassen.195 Die damit einhergehende Rechtsunsicherheit soll durch die klare und allgemeingültige 5 %-Grenze jedoch gerade verhindert werden. Eine weiche Vertragsstrafeklausel, welche „den durchschnittlichen Gewinn im Baugewerbe“ als Obergrenze festlegt, liefe demgegenüber Gefahr, wegen Intransparenz kassiert zu werden. Denkbar wäre die gesetzliche Verankerung der maximal zulässigen Obergrenze. Als Vorbild könnte der einer stetigen Anpassung unterliegende Basiszinssatz in § 247 BGB dienen. Da allerdings sämtliche Determinanten der Inhaltskontrolle von Bauvertragsstrafen nicht im Gesetz normiert sind, ist eine Umsetzung unwahrscheinlich. Die wohl beste Lösung stellt eine feste Obergrenze von 5 % der Auftragssumme dar, verbunden mit einer Anpassungsklausel. Verbreitet sind solche Regelungen im Mietrecht in Form von Wertsicherungsklauseln. Eine typische Wertsicherungsklausel lautet: „Wenn sich der vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Verbraucherpreisindex für Deutschland um mehr als 5 % erhöht oder ermäßigt, so soll die Miete im entsprechenden prozentualen Verhältnis angepasst werden.“196 Auf diese Weise entstünde einerseits eine klare Regelung; andererseits bliebe die Bindung an die Gewinnmarge gewahrt. dd) Ergebnis zum Höchstbetrag Zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung jeder Vertragsstrafeklausel im Bauvertrag ist eine absolute Obergrenze. Entbehrlich ist die Obergrenze hinsichtlich vorsätzlicher Verzögerungen. Beruht die Verspätung teils auf Vor194  BGH

v. 6.12.2012 – VII ZR 133 / 11, NJW 2013, 1362, 1364. Reuter, S. 133. 196  Entnommen aus dem Merkblatt des Statistischen Bundesamtes für Nutzer von Punkteregelungen in Wertsicherungsklauseln, März 2012, https: /  / www.destatis.de / D E / ZahlenFakten / GesamtwirtschaftUmwelt / Preise / Verbraucherpreisindizes / Wertsich erungsklauseln / MerkblattPunkte.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt abgerufen am 15.02.2015. 195  Vgl.



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe89

satz, teils auf Fahrlässigkeit und überschreitet die Vertragsstrafe für den fahrlässigen Teil für sich genommen den Höchstbetrag, beschränkt sich der Vertragsstrafeanspruch auf den Höchstbetrag zuzüglich der für den vorsätz­ lichen Teil angefallenen Summe. Bezugsgröße ist allein die Auftragssumme. Eine unangemessene Benachteiligung ist anzunehmen, sofern die Vertragsstrafe über 5 % der Auftragssumme anwachsen kann. Daneben bietet sich eine Anpassungsregelung für den Fall erheblicher Schwankungen der durchschnittlichen Umsatzrendite in der Bauwirtschaft an. c) Mindestquotient aus Höchstbetrag und Vertragsstrafensatz Ausgelotet wurden bislang die Determinanten der Inhaltskontrolle betreffend den Höchstbetrag und den Tagessatz. Nunmehr ist der Blick auf das Verhältnis zwischen beiden Größen zu richten. Der Quotient aus Höchstbetrag und Tagessatz beschreibt die Anzahl derjenigen Verzugstage, die vergehen, bis der Höchstbetrag erreicht wird. Es stellt sich die Frage, ob dieser Zeitraum beliebig kurz sein darf, solange nur beide Einzelgrößen isoliert gesehen angemessen sind. Möglicherweise muss dem Bauherrn auferlegt werden, einen bestimmten Mindestquotienten zu beachten. aa) Ein selbständiger Faktor im Rahmen der Inhaltskontrolle? Das Erfordernis eines Mindestquotienten leitet sich aus der Steuerungsfunktion ab.197 Der „Gewinnverzehrungszeitraum“198 darf nicht so knapp bemessen sein, dass er eher vorüber ist, als der Auftragnehmer auf den Verzug reagieren kann. Ohne die realistische Chance, die Verspätungsfolgen aufzufangen bzw. die bisher nicht erbrachten Leistungen nachzuholen, fehlt ihm der Einfluss auf die Verwirkung der Vertragsstrafe.199 Abgelehnt wird ein Mindestquotient im Schrifttum200 teilweise mit dem Argument, dieses Kriterium der Inhaltskontrolle wirke indirekt zulasten des Klauselgegners. Schreibe man dem Verwender vor, einen bestimmten Abstand zwischen Tagessatz und Obergrenze einzuhalten, so schaffe man damit einen Ansporn zu einer höheren Obergrenze. Ein Anreiz nach oben setzt 197  Minuth, NZBau 2000, 322, 323, wobei Minuth den Mindestquotienten nicht als Determinante anerkennt; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1503. 198  Begriff geprägt vom OLG Schleswig v. 21.4.2005  – 5 U 154 / 04, BauR 2005, 1641, 1642. 199  BGH v. 20.1.2000  – VII ZR 46 / 98, NJW 2000, 2106, 2107; daher wird der Mindestquotient bei Schwab, Rn. 1501 auch als „Gebot der Abwendbarkeit der Vertragsstrafe“ bezeichnet. 200  Minuth, NZBau 2000, 322, 323; Oberhauser, Rn. 237.

90

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

denklogisch voraus, dass der Bauherr ursprünglich einen Höchstbetrag unterhalb des gerade noch Zulässigen beabsichtigte, etwa 3 % der Auftragssumme. (Derjenige Bauherr, der 5 % Höchstbetrag vorsieht, kann einem Mindestquotienten nur durch Herabsetzung des Tagessatzes entsprechen.) Die Rede ist also von einem Bauherrn, welcher bewusst eine niedrigere Obergrenze wählt, als es ihm das AGB-Recht erlaubt. Pro Tag setzt er dafür einen vergleichsweise hohen Prozentsatz an, beispielsweise 0,2 % pro Werktag. Man stelle sich nun die spiegelbildliche Konstellation vor. Ziel des Bauherrn: Die Vertragsstrafe soll lediglich um 0,05 % pro Werktag ansteigen, dafür aber bis maximal 10 % der Auftragssumme. Niemand würde behaupten, der Bauherr fühle sich „gezwungen“, den Tagessatz anzuheben, weil ihm die geplante Obergrenze verwehrt werde. Das wäre aber konsequent. Umgekehrt ausgedrückt: Jeder Kontrollmaßstab innerhalb des § 307 I 1 BGB ließe sich mit der Begründung verwerfen, der Verwender benachteilige den Klauselgegner dann an anderer Stelle. Minuth201 nimmt die Position ein, von einem frühen Erreichen des Höchstbetrags profitiere der Bauunternehmer sogar unmittelbar. Der Bauunternehmer habe ab diesem Zeitpunkt nicht mehr viel zu verlieren. Einzig den tatsächlichen Schaden müsse er ersetzen – sofern dem Bauherrn überhaupt der erforderliche Nachweis gelinge. Je mehr Zeit auf die nicht mehr strafbewehrte Phase des Verzugs entfalle, umso besser. Einen Mindestquotienten zu fordern bedeute, paradoxerweise eine Allgemeine Geschäftsbedingung zu verwerfen, weil sie nicht streng genug sei. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich diese Argumentation als „Milchmädchenrechnung“. Die Obergrenze berechnet sich ausschließlich in Abhängigkeit zur Auftragssumme. Für ihre Höhe ist es daher ohne Bedeutung, nach welcher Zeit sie erreicht wird. 5 % der Auftragssumme bleiben 5 %, unabhängig davon, ob sie nach 10 Tagen oder 3 Monaten anfallen. Übersteigt der tatsächliche Schaden die Vertragsstrafe, so ist auch dieser im Wege des Schadensersatzes nach §§ 340 II, 341 II BGB geltend zu machende Überschuss gleich hoch. Der unterschiedliche Quotient wirkt sich im Ergebnis für den Auftragnehmer nicht aus. Prima facie ließe sich schlussfolgern, ein Mindestquotient stelle den Auftragnehmer zwar nicht schlechter, jedoch auch nicht besser. Die geschilderte Situation unterstellt indes, dass der Höchstbetrag der Vertragsstrafe erreicht wird. Ob dies geschieht, hängt aber gerade vom Quotienten aus Obergrenze und Tagessatz ab: Ist der Quotient zu gering, kann der Bauunternehmer die maximale Vertragsstrafe selbst durch extreme Anstrengungen nicht mehr abwenden. De facto sieht er sich einer Vertragsstrafe gegenüber, welche ohne zeitliche Abstufung bereits am ersten Verzögerungstag in voller Höhe anfällt.202 Der 201  Minuth, 202  BGH

NZBau 2000, 322, 323. v. 20.1.2000 – VII ZR 46 / 98, NJW 2000, 2106, 2107.



I. Die Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenhöhe91

Höchstbetrag wird zum Tagessatz. Den Wirksamkeitsanforderungen für den Tagessatz wird er aber kaum genügen. Interpretieren ließe sich die entstehende Zwangslage auch als linear anwachsende, aber größtenteils verschuldensunabhängig ausgestaltete Vertragsstrafeklausel. Eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafe ist gleichsam unzulässig, da der Bauunternehmer das Anfallen der Vertragsstrafe nicht lenken kann. Ein zu niedriger Quotient verstößt somit gegen die Erfüllungsdruckfunktion. bb) Art der Festlegung Der Mindestquotient ist in einer festen Zahl von Tagen anzugeben. Er wird nicht in Abhängigkeit von der verabredeten Bauzeit berechnet. Denn die pro Tag (absolut) anfallende Vertragsstrafe richtet sich nach der verabredeten Bauzeit [siehe dazu C. I. 2. a) cc)]. Demzufolge variiert der Quotient aus Höchstbetrag und pro Tag anfallender Vertragsstrafe automatisch je nach Länge der vereinbarten Bauzeit. Fazit: Der Mindestquotient aus Höchstbetrag und dem (auf die Auftragssumme und den Kehrwert aus der Wurzel der vereinbarten Bauzeit Bezug nehmenden) Tagesprozentsatz ist für sämtliche Bauverträge gleich hoch. cc) Auswertung der Kasuistik Zum Mindestquotienten existiert keine eindeutige Aussage der Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof hat 10 Arbeitstage203 als einen zu geringen Gewinnverzehrungszeitraum deklariert. Auf OLG- und LG-Ebene wurden sogar 13 Werktage204 bzw. 13 Arbeitstage205 für zu kurz gehalten. Gut 33 Werktage206 empfindet der BGH als wirksam. Das OLG Köln hält 50 Werktage207 bei Großprojekten für angemessen. Einige Stimmen in der Literatur208 203  BGH

v. 20.1.2000 – VII ZR 46 / 98, NJW 2000, 2106, 2107. Osnabrück v. 31.3.2011 – 4O 122 / 11, juris Rn. 51; LG Kleve v. 14.3.2012 – 2 O 272 / 11, juris Rn. 34. 205  OLG Nürnberg v. 24.3.2010 – 13 U 201 / 10, NZBau 2010, 566, 567; allerdings ohne gesonderte Hervorhebung des Mindestquotienten als Determinante der Inhaltskontrolle. 206  BGH v. 6.12.2007  – VII ZR 28 / 07, NJW-RR 2008, 615, 616; BGH v. 14.1.1999 – VII ZR 73 / 98, NJW 1999, 1108, 1109; beide Entscheidungen allerdings noch zur alten Obergrenze von 10 % und letztere ohne ausdrückliche Hervorhebung des Quotienten. 207  OLG Köln v. 23.12.2011 – 19 U 24 / 11, juris Rn. 45. 208  Hafkesbrink, in: Leinemann, § 11 Rn. 20; Oberhauser, in: Beck OK, § 11 Abs. 2 Rn. 7. 204  LG

92

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

fordern, unter Berücksichtigung dieser Werte könne bei 5 % Höchstbetrag die Zulässigkeit eines Tagessatzes von 0,3 % pro Werktag nicht aufrechterhalten werden. Der Quotient belaufe sich dann lediglich auf 13,89 Arbeitstage. Es wird deshalb intendiert, dem Bauherrn maximal 0,15 % der Auftragssumme pro Werktag zuzubilligen. Reuter209 legt – mit identischem Ergebnis – nahe, die vom BGH vorgenommene Halbierung der Obergrenze auf den Tagessatz zu übertragen. In der Entscheidung aus dem Jahre 2012210 hat das Gericht allerdings klargestellt, 0,3 % pro Tag seien in Verbindung mit einer Obergrenze von 5 % nicht zu beanstanden. Über den Quotienten wird jedoch kein Wort verloren. Es bleibt daher abzuwarten, ob der BGH noch eine Modifikation vornimmt. Anderenfalls wäre ihm zufolge ein Quotient von 16,66 Werktagen noch wirksam. Da sich nach der hier vorgeschlagenen Lösung die Bauzeit faktisch tagessatzmindernd auswirkt, nähme der Wert von 16,66 Werktagen die Rolle des minimalmöglichen Mindestquotienten ein. Das erscheint angemessen. Im Ergebnis lässt sich also sagen: Der Vertragsstrafensatz selbst darf höchstens 6 % der Obergrenze betragen. dd) Konsequenzen für die Bemessungsgrundlage von Tagessatz und Obergrenze An dieser Stelle kann nun die unter C. I. 2. a) bb) (2) offen gelassene Begründung nachgeliefert werden. Zur Erinnerung: Es wurde behauptet, die Anknüpfung des Tagessatzes an die Auftragssumme einerseits und die Bezugnahme der Obergrenze auf die Schlussrechnungssumme andererseits sei unwirksam. Dies gelte selbst dann, wenn man die Gegenüberstellung beider Begriffe nicht für intransparent halte, sondern nach § 305c II BGB unter der „Auftragssumme“ den Baupreis bei Vertragsschluss verstehe. Der Grund ist: Senkt sich das Vertragsvolumen nachträglich ab, verändert sich der ursprüngliche Quotient aus Höchstbetrag und Tagessatz. Der Gewinnverzehrungszeitraum kann sich so unzulässig verkürzen.211 Gleiches gilt umgekehrt bei Anknüpfung des Tagessatzes an die Schlussrechnungssumme einerseits und die Bezugnahme der Obergrenze auf die Auftragssumme andererseits für den Fall, dass das Vertragsvolumen anwächst. In beiden Fällen bewirkt allein die Möglichkeit einer Unterschreitung des Mindestquotienten die Unwirksamkeit der Vertragsstrafeklausel. Ob es tatsächlich zu einer Verringerung des Werklohns kommt, spielt aufgrund des generalisierenden Maßstabs bei der Inhaltskontrolle keine Rolle.

209  Reuter,

S. 137. v. 6.12.2012 – 133 / 33, NJW 2013, 1362, 1364. 211  OLG Schleswig v. 21.4.2005 – 5 U 154 / 04, BauR 2005, 1641, 1642. 210  BGH



II. Verzugserfordernis93

II. Verzugserfordernis In § 339 S. 1 a. E. geht das BGB von einer verzugsabhängigen Vertragsstrafe aus. Sofern das Verzugserfordernis als wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung einzustufen ist, darf der Bauherr hiervon in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ohne Weiteres zulasten des Auftragnehmers abweichen. Die Beachtung solcher Grundpfeiler des Gesetzes ordnet § 307 II Nr. 1 BGB an. 1. Wesentlicher Grundgedanke (§ 307 II Nr. 1) der gesetzlichen Regelung in § 339 S. 1 BGB Der unbestimmte Rechtsbegriff des wesentlichen Grundgedankens ist auslegungsbedürftig. Fuchs212 und Wolf213 wollen schon jede Vorschrift des dispositiven Rechts genügen lassen, welche dem berechtigten Interesse des Vertragspartners des Verwenders zu dienen bestimmt ist. Restriktiv legt der BGH214 das Tatbestandsmerkmal aus. Danach müsse der Vorschrift ein sich aus der Natur der Sache ergebendes Gerechtigkeitsgebot (in Abgrenzung zum bloßen Zweckmäßigkeitsgehalt215) zugrunde liegen. Je stärker der Gerechtigkeitsgehalt des Rechtssatzes ausfalle, umso strengere Anforderungen seien an die Gründe für die Abweichung zu stellen, damit die Vertragsklausel dem Äquivalenzerfordernis entspreche.216 Offen gelassen werden könnte dieser Streit, sofern das Verzugserfordernis bereits nach der letztgenannten Ansicht als wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung zu qualifizieren wäre. Die Steuerungsfunktion gebietet, dass der Schuldner den Eintritt der Bedingung beeinflussen können muss, unter der die Vertragsstrafe anfällt217. Ein Vertragsstrafeversprechen kann dem Schuldner extreme Nachteile bescheren. Zumutbar sind ihm diese Nachteile nur, sofern er nicht für Zufall haftet. Nur so wird eine angemessene Risikoverteilung gewährleistet.218 Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Bauherr für die Geltendmachung seines Vertragsstrafeanspruches keinen tatsächlichen Schaden darlegen 212  Fuchs,

in: Ulmer / Brandner / Hensen, § 307 Rn. 223. in: Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 115. 214  BGH v. 18.4.1984 – VIII ZR 50 / 83, NJW 1985, 57; BGH v. 12.10.1978 – VII ZR 139 / 75, NJW 1979, 212, 213. 215  Vgl. Wolf, in: Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 115. 216  BGH v. 21.12.1983 – VIII ZR 195 / 82, NJW 1984, 1182, 1183. 217  Rieble, in: Staudinger, Vor. §§ 339 ff., Rn. 21; diese Herleitung findet sich bereits bei Savigny, Obligationenrecht II, S 281. 218  BGH v. 18.4.1984 – VIII ZR 50 / 83, NJW 1985, 57. 213  Wolf,

94

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

und beweisen muss. Eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafe in AGB würde in diesem Fall einen lediglich formalen Vertragsverstoß ahnden, welcher weder objektive Folgen noch ein subjektives Element besitzt. Auch verstößt eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafe gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz: Stärker, als es zur Erreichung des legitimen Ziels unerlässlich ist, darf der Schuldner nicht belastet werden. Um die Leistung vertragsgemäß zu erbringen, kann der Schuldner nur das ihm Mögliche tun. Gesteigert wird der Erfüllungsdruck folglich durch eine verschuldensunabhängige Verwirkung nicht.219 Umgekehrt ausgedrückt: Die schuldlose Vertragsverletzung kann mittels einer Pönale ohnehin nicht verhindert werden.220 Es lässt sich zwar einwenden, der Bauherr könne oftmals die ihm entgegengebrachten Entschuldigungen des Auftragnehmers nicht nachprüfen. Hiervor müsse er geschützt werden. Die gesetzliche Vermutung des Vertretenmüssens in § 286 IV BGB sichert ihn jedoch ausreichend ab.221 Schließlich versteht man ein Versprechen, bei Eintritt einer Bedingung ohne Rücksicht auf ein Vertretenmüssen eine bestimmte Geldsumme zu zahlen, als Garantieerklärung. Garantien aber fallen nicht unter die §§ 339 ff.222 Das Vertretenmüssen ist demzufolge elementarer Bestandteil der Vertragsstrafe und ein Gebot der Gerechtigkeit. Eine Vertragsstrafe ohne Vertretenmüssen liefe auf eine Knebelung des Klauselgegners hinaus. Sie widerspräche diametral der Konzeption des § 339 S. 1 BGB. Derartige AGB sind mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar.223 Gleiches gilt für Klauseln, welche eine Pönale unabhängig von einer Mahnung bzw. ihrer Entbehrlichkeit gem. § 286 I, II BGB vorsehen. Geregelt ist dies in § 309 Nr. 4 BGB zum Schutze von Verbrauchern. Über die Ausstrahlungswirkung auf die Generalklausel in § 307 I 1 BGB findet das Klauselverbot auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr Anwendung.224 Eine verzugsunabhängige Vertragsstrafe ist somit in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (im Gegensatz zu Individualvereinbarungen225) unwirksam.

219  OLG Frankfurt v. 25.11.1997 -14 (27) U 137 / 96, BauR 1999, 51, 53; Reuter, S. 102. 220  J. Becker, in: Bamberger / Roth, § 309 Nr. 6 Rn. 16. 221  OLG Hamm v. 21.3.1996 – 17 U 93 / 95, NJW-RR 1997, 1042, 1043. 222  Reuter, S. 106. 223  Fuchs, in: Ulmer / Brandner / Hensen, § 307 Rn. 229. 224  Grüneberg, in: Palandt, § 309 Rn. 23. 225  OLG Celle v. 25.9.1987 – 2 U 267 / 86, NJW-RR 1988, 946, 947.



II. Verzugserfordernis95

2. Ausnahme vom Verzugserfordernis bei gewichtigem Interesse des Klauselverwenders? Weiterhin von Bedeutung ist, ob die Verzugsabhängigkeit generell gilt oder ob es Ausnahmen gibt. Eine Abweichung erlaubt der BGH226 bei gewichtigem Interesse des Verwenders. In zwei Fällen hat er eine vom Vertretenmüssen unabhängige Vertragsstrafe in Allgemeinen Geschäftsbedingungen anerkannt. Beide Entscheidungen sind allerdings außerhalb des Bauvertragsrechts ergangen. Das erste Urteil227 betraf eine Klausel im Seefrachtverkehr. Die strafbewehrte Handlung nahm dort nicht der Klauselgegner selbst vor, sondern ein Dritter. Dessen Verhalten wurde dem Klauselgegner nicht zugerechnet. Ein Vertretenmüssen des Klauselgegners wäre stets zu verneinen gewesen. Das Gericht entschied daher, eine vom Vertretenmüssen abhängige Vertragsstrafe hätte keinen wirkungsvollen Druck entfaltet. Letztlich müsse die Vertragsstrafe aber den für die Vertragsverletzung Verantwortlichen treffen. Dies sei nur gewährleistet, soweit der Klauselgegner bei dem Dritten Regress nehmen könne. Die zweite Entscheidung228 hatte den Verkauf eines ehemals staatlichen Unternehmens zum Gegenstand. Den BGH bewog hier die „öffentliche und gesamtwirtschaftliche Bedeutung“ dazu, eine vom Vertretenmüssen unabhängige Vertragsstrafe abzusegnen. Im privaten Baurecht sucht man nach solchen Beispielen allerdings vergebens. Das OLG Hamm verneinte 1996 sogar ausdrücklich die Existenz rechtfertigender Gründe beim Bauvertrag.229 Insofern wird man von einem allgemeinen Verzugserfordernis ausgehen müssen. 3. Kontrollfeste Klauselgestaltung Es kommt also maßgeblich darauf an, wann dem Verzugserfordernis im Einzelnen genügt ist. Unproblematisch hält eine Vertragsstraferegelung der Inhaltskontrolle stand, welche ausdrücklich den Verzug des Auftragnehmers 226  BGH v. 18.4.1984 – VIII ZR 50 / 83, NJW 1985, 57; BGH v. 28.9.1978 – II ZR 10 / 77, NJW 1979, 105, 106. 227  BGH v. 28.9.1978  – II ZR 10 / 77, NJW 1979, 105, 107; für eine Konnossementsklausel des Verfrachters, die im Falle unrichtiger Angaben des Befrachters / Abladers über Wert, Inhalt oder Maß / Gewicht der Güter eine Vertragsstrafe vorsah. Die Ladungsdaten stammten vom Versender, sodass sich der Befrachter im Falle einer verschuldensabhängigen Vertragsstrafe hätte exkulpieren können. Eine schon bei objektiv falscher Erklärung verwirkte Vertragsstrafe traf hingegen über einen Regress nach den ADSp den Versender. 228  BGH v. 26.5.1999 – VIII ZR 102 / 98, NJW 1999, 2662, 2664. 229  OLG Hamm v. 21.3.1996  – 17 U 93 / 95, NJW-RR 1997, 1042, 1043; a. A.: Dammann, in: Wolf / Lindacher / Pfeiffer, Anh. § 310 B 233e.

96

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

als Verwirkungsvoraussetzung vorsieht. Unwirksam ist freilich die explizite Abbedingung des Verzugserfordernisses. Entgegen der Auffassung des Kammergerichts230 ist von diesem Ergebnis auch dann auszugehen, wenn die Verletzung des Fertigstellungstermins im konkreten Fall vom Auftragnehmer verschuldet ist. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind überindividuell-generalisierend zu beurteilen. Die tatsächliche Geschehensentwicklung beeinflusst den Ausgang der Inhaltskontrolle nicht. Aus dem gleichen Grunde hing die Unwirksamkeit infolge fehlender Obergrenze nicht vom Erreichen der 5 %-Marke ab231 (C. I. 2. b. am Anfang). Indem das KG bezüglich verschuldeter Verzögerungen fingiert, dass die Klausel wirksam formuliert ist, bedient es sich einer unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion. Die missbräuchliche Klauselgestaltung bliebe so für den Bauherrn ohne Folgen. Im Mittelpunkt der folgenden Betrachtung sollen Klauselgestaltungen stehen, die zwischen beiden Rändern (ausdrückliche Verzugsabhängigkeit bzw. Abbedingung) anzusiedeln sind. a) Die „versteckte“ Abbedingung des Verzugserfordernisses Die „sofortige“ Verwirkung der Vertragsstrafe mit Fristüberschreitung kann der Bauherr nicht wirksam in AGB vereinbaren.232 Äquivalent ist eine Regelung, welche die Vertragstermine für „in jedem Falle bindend“ erklärt.233 Ob vom Auftragnehmer zu vertreten oder nicht – Verzögerungen würden samt und sonders auf das Vertragsstrafekonto angerechnet. Im Gegensatz dazu ließ der Bundesgerichtshof234 eine Pönale „für jeden Fall der Überschreitung des Fertigstellungstermins“ in einem Bauvertrag unbeanstandet, der ausschließlich das Endfristversäumnis mit einer Vertragsstrafe belegte. Gebräuchlich sei eine derartige Bestimmung eigentlich bei zusätzlichen strafbewehrten Zwischenfristen. Keinen Sinn ergebe der Plural, sofern der Vertrag nur einen Ausführungstermin enthalte. Als inhaltsleerer, überflüssiger Ausdruck sei er unschädlich. Denkbar erscheint unterdessen auch eine andere Auslegung: „Jeder Fall der Überschreitung“ könnte auf die unterschiedlichen Verzögerungsgründe bzw. -konstellationen Bezug nehmen. Einen möglichen Verspätungsgrund stellen aber Änderungswünsche des Bauherrn dar. Das Anfallen der Vertragsstrafe läge somit unzulässigerweise in der Hand des 230  KG v. 7.1.2002 – 24 U 9084 / 00, juris Rn. 98; zur „versteckten“ Abbedingung (s. u.); zwecks besserer Systematik aber bereits an dieser Stelle angeführt. Das KG würde dies vermutlich ebenfalls für die explizite Abbedingung vertreten. 231  Knacke, S. 48; Oberhauser, Rn. 238. 232  Markus, in: Markus / Kaiser / Kapellmann, Rn. 581. 233  Markus, in: Markus / Kaiser / Kapellmann, Rn. 583. 234  BGH v. 30.3.2006 – VII ZR 44 / 55, NJW 2006, 2555.



II. Verzugserfordernis97

Bauherrn. Hiernach wäre die Klausel unwirksam. Im Ergebnis erweist sich der Wegfall der Vertragsstrafevereinbarung als am günstigsten für den Klauselgegner im Sinne des § 305c II BGB und ist daher maßgeblich235 [dazu bereits C. I. 2. a) bb) (2)]. Demnach hält die Klausel der Inhaltskontrolle nicht stand. Ohne Erfolg bleibt auch der Versuch, die Verzugsabhängigkeit an die Erfüllung vertraglicher Obliegenheiten des Auftragnehmers zu knüpfen. Beispiel: „Die Termine sind in jedem Fall bindend, wenn der Auftragnehmer nicht rechtzeitig und unter Angabe von triftigen Gründen mitteilt, dass ihm die Fertigstellung zum vorgegebenen Termin nicht möglich ist.“236 Solange der Auftragnehmer der Obliegenheit nachkommt, ist er zwar auf der sicheren Seite. Allein die Möglichkeit, verzugsunabhängig zu haften, infiziert jedoch die gesamte Klausel. Otto237 benennt eine weitere unwirksame Fallgruppe. Dem Bauunternehmer dürfen keine Einwendungen abgeschnitten werden, aus denen das fehlende Vertretenmüssen hervorgeht. Anzunehmen ist dies etwa, wenn sich die Frist nicht durch witterungsbedingte Beeinträchtigungen verlängern soll.238 Weitere Fallbeispiele finden sich unter Punkt C. II. 4. b) Explizite Bezugnahme auf § 11 II VOB / B oder § 339 S. 1 a. E. BGB Verweist der Bauherr in seiner Klausel ausdrücklich auf § 11 II VOB / B239 oder § 339 S. 1 a. E. BGB, ist dem Verzugserfordernis genügt. Er macht hiermit deutlich, die Vertragsstrafe in ihrer gesetzlich bzw. von der VOB / B vorgesehenen Form in seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufnehmen zu wollen. Der Verzug als Verwirkungsvoraussetzung wird Bestandteil der Klausel.240 Höchstrichterlich entschieden wurde dieser Grundsatz ausschließlich für § 11 II VOB / B. Langen241 überträgt ihn aber zu Recht auf § 339 S. 1 a. E. BGB. Das Kammergericht242 lässt die Frage offen, ob aus einer Bezugnahme auf § 339 BGB in der Klausel die Vereinbarung eines Verzugserfordernisses folgt, nennt die Norm allerdings in einem Satz mit § 11 VOB / B. Konkret kann die Bezugnahme z. B. durch einen entsprechenden Klammer235  BGH

v. 29.4.2008 – KZR 2 / 07, NJW 2008, 2172, 2174. Hamm v. 21.3.1996 – 17 U 93 / 95, NJW-RR 1997, 1042 (Besondere Vertragsbedingungen, Nr. 11.1 S. 1), 1043. 237  Otto, in: Roquette / Otto, C II, Rn. 124. 238  BGH v. 6.12.2007 – VII ZR 28 / 07, NJW-RR 2008, 615, 616. 239  Bschorr / Zanner, S. 154. 240  BGH v. 8.7.2004 – VII ZR 231 / 03, NJW-RR 2004, 1537, 1538. 241  Langen, in: Kapellmann / Messerschmidt, § 11 VOB / B Rn. 62. 242  KG Berlin v. 13.3.2001 – 4 U 2902 / 00, BauR 2002, 101, 102. 236  OLG

98

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

zusatz oder die Nennung in der Überschrift erfolgen.243 Ausreichend ist sogar die bloße Angabe „§ 11“, sofern sich an anderer Stelle (etwa aus den Vorbemerkungen zu den Besonderen Vertragsbedingungen) ergibt, dass hiermit die VOB / B gemeint ist.244 c) Zum Verzug schweigende Klauseln Schwieriger gestaltet sich die Inhaltskontrolle von Vertragsstrafeklauseln, welche zum Thema Verzug kein einziges Wort verlieren. Ein Exempel: „Überschreitet der Auftragnehmer den Fertigstellungstermin, so ist er zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von (…) verpflichtet.“ Einerseits wird als Verwirkungsvoraussetzung lediglich die Verzögerung genannt. Andererseits fehlt es an einem Zusatz, der diese Bedingung für abschließend erklärt. aa) BGB-Vertragsstrafe (1) §   339 S. 1 BGB als „Klauselretter“: Ergänzung zum Verzug schweigender Klauseln durch das Gesetz Interpretiert man die Klausel als lückenhaft, so schließt § 339 S. 1 BGB diese Lücke.245 Reuter246 spricht sich für ein derartig verwenderfreundliches Verständnis aus: Zum Verzug schweigende Vertragsbedingungen seien zumeist nur das Resultat mangelnder Sorgfalt beim Abfassen. Für AGB gilt jedoch ein objektiver Auslegungsmaßstab. Macht der Bauherr einseitig von der Privatautonomie Gebrauch, so trifft ihn die Gestaltungsverantwortung. „Unsaubere“ Formulierungen gehen ebenso zu seinen Lasten wie unangemessen benachteiligende Klauselinhalte. Das OLG Bamberg betont, dies gelte auch dann, wenn der Vertragspartner des Verwenders Kaufmann sei.247 Ein Argument für die Lückenhaftigkeit liefert demgegenüber das Telos des § 339 S. 1 BGB. Der Ausgangspunkt der Norm lautet: „Verspricht der Schuldner dem Gläubiger für den Fall, dass er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, die Zahlung einer Geldsumme als Strafe, (…)“. Wurde eine Vereinbarung mit diesem Inhalt getroffen, knüpft das Gesetz daran automatisch eine zusätzliche Verwirkungsvoraussetzung: 243  BGH

v. 8.7.2004 – VII ZR 231 / 03, NJW-RR 2004, 1537, 1538. v. 25.9.1986 – VII ZR 276 / 84, NJW 1987, 380 OLG Celle v. 11.7.2002 – 22 U 190 / 01, BauR 2003, 1413, 1414. 245  Sienz, Korbion / Locher / Sienz, K Rn. 90 f. 246  Reuter, S. 108, allerdings zum VOB / B-Vertrag. 247  OLG Bamberg v. 19.4.1989 – 3 U 124 / 88, BauR 1990, 475, 477. 244  BGH



II. Verzugserfordernis99

„(…) so ist die Strafe verwirkt, wenn er in Verzug kommt“. Es zeigt sich, dass § 339 S. 1 BGB gerade die zum Verzug schweigende Klausel zum Gegenstand hat und sie vervollständigt.248 Dann aber weicht eine zum Verzug schweigende Klausel nicht von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung im Sinne von § 307 II Nr. 1 BGB ab. Hätte der Gesetzgeber demgegenüber den Parteien lediglich das Rechtsinstitut der Vertragsstrafe an die Hand geben wollen, wäre folgender Wortlaut zweckmäßig gewesen: „Der Gläubiger kann dem Schuldner für den Fall, dass er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt und sich im Verzug befindet, die Zahlung einer Geldsumme als Strafe versprechen.“ § 339 S. 1 BGB demnach eine Ergänzungsfunktion zuzuschreiben hätte zur Folge, dass zum Verzug schweigende Klauseln wirksam wären. (2) §  305c II BGB als „Klauselvernichter“: Wirksamkeit nur bei ausdrücklicher Verzugsanknüpfung Dieser Standpunkt übersieht allerdings, dass die Vorschriften über die Vertragsstrafe auf Individualvereinbarungen zugeschnitten sind. Im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen überlagert hingegen die Unklarheitenregel des § 305c II BGB als lex specialis die allgemeinen Auslegungsregeln. Zweifel bei der Auslegung gehen zulasten des Verwenders. Nimmt die Klausel allein auf die Fristüberschreitung Bezug, so lässt sich die Verzögerung durchaus auch als einzige Verwirkungsbedingung interpretieren. Keinesfalls darf die Klausel von vornherein nur so ausgelegt werden, dass sie der Inhaltskontrolle gerade noch standhält.249 Anderenfalls wäre es ein Kinderspiel, das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion zu umschiffen. Ob das Gesetz ergänzend Anwendung finden soll oder die Klausel abschließend ist, bleibt offen.250 Im letzteren Fall wäre die Klausel unwirksam. Das Verzugserfordernis des § 339 S. 1 BGB ergänzend heranzuziehen verstieße gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion. Befreit von der gesamten Vertragsstrafevereinbarung stünde der Auftragnehmer sogar noch besser, als mit einer verzugsabhängigen. Das bedeutet: Im Ergebnis kommt die eigentlich ungünstigere Auslegungsalternative dem Auftragnehmer zugute. Sie ist daher nach § 305c II BGB für das Verständnis der Vertragsstraferegelung maßgeblich [Grundsatz der scheinbar klauselgegnerfeindlichsten als im Ergebnis günstigsten Auslegung, siehe schon oben, C. I. 2. 248  Vgl. Wolff, in: Messerschmidt / Voit, M Rn. 263; dort allerdings bzgl. § 11 II VOB / B und der dort genannten unterbliebenen Erfüllung in der vorgesehenen Frist als Verwirkungsvoraussetzung. 249  Grüneberg, in: Palandt, § 305c Rn. 16. 250  Wolff, in: Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, § 11 Abs. 2, Rn. 8.

100

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

a) bb) (2)].251 Dieses Vorgehen entspricht in Wahrheit dem Zweck des § 339 S. 1 BGB. Denn der von der Norm geforderte Verzug soll den Schuldner schützen. Seine strikte Anwendung gereichte dem Schuldner im AGB-Recht aber faktisch zum Nachteil. Im Interesse der Väter des BGB kann das nicht gewesen sein. Langen252 geht sogar so weit, die Zweifelsregelung gar nicht zum Zuge kommen zu lassen. Nehme die Vertragsstrafe auf die Fristüberschreitung Bezug, so gebe es eindeutig keinerlei zusätzliche Verfallsvoraussetzungen. Diese Ansicht lässt die erstgenannte Auslegungsalternative außer Acht. Ihr ist daher nicht zu folgen. Ohnehin käme sie aber zum selben Schluss wie die Lösung über § 305c II BGB. Fest steht: Allein an die Fristüberschreitung anknüpfen darf die Vertragsstrafeklausel beim BGB-Bauvertrag nicht. Muss der Bauherr die Vertragsstrafe aber ausdrücklich an einen Verzug des Auftragnehmers koppeln? (3) Ausdrückliche Nennung des Verschuldens notwendig und hinreichend Nach einer Ansicht253 muss das Anfallen der Vertragsstrafe lediglich vom Verschulden des Bauunternehmers abhängig gemacht werden. Die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des Verzuges beinhalte jede Vertragsstrafeklausel für Bauzeitüberschreitungen bereits naturgemäß. Entweder sei der Fertigstellungstermin kalendarisch bestimmt (§ 286 II Nr. 1 BGB)254 oder die Ausführungsfrist berechne sich ab Baubeginn, sodass der Baubeginn ein Ereignis im Sinne des § 286 II Nr. 2 BGB darstelle255. Das gilt allerdings lediglich so lange, wie der Bauzeitenplan unverändert bleibt. Verändern sich die Vertragsfristen, lebt das gesetzliche Mahnungserfordernis wieder auf.256 Zwar ist der neue Fertigstellungstermin bestimmbar. Seine Berechnung gestaltet sich jedoch kompliziert und birgt zahlreiche Unsicherheiten (dazu unter C. II. 5.). Die Folge: Der Auftragnehmer weiß oft nicht, wann genau er seine Leistung zu erbringen hat.257 Verzugsbegründend 251  Langen, in: Kapellmann / Messerschmidt, § 11 VOB / B Rn. 62, der dieser Ansicht allerdings im Ergebnis nicht folgt, s. u.; allgemein zum Grundsatz der „scheinbar kundenfeindlichsten als kundenfreundlichsten Auslegung“: BGH v. 29.4.2008 – KZR 2 / 07, NJW 2008, 2172, 2174. 252  Langen, in: Kapellmann / Messerschmidt, § 11 VOB / B Rn. 62. 253  Hofmann, in: Glatzel / Hofmann / Frikell, S. 234; Mai, in: Kleine-Möller / Merl / Glöckner, § 16 Rn. 379. 254  Schalk, in: Englert / Motzke / Wirth, § 11 VOB / B Rn. 38. 255  Reuter, S. 95. 256  OLG Brandenburg, v. 19.06.2013  – 4 U 158 / 11, juris Rn. 64; Langen / Schiffers, Rn. 2493. 257  BGH v. 13.1.1966 – VII ZR 262 / 63, NJW 1966, 971.



II. Verzugserfordernis101

kann zu seinem Schutze folglich nur eine Mahnung wirken.258 Wenn die Klausel nur das Verschulden des Auftragnehmers erwähnt, führt § 305c II BGB zu der Auslegung, dass das Mahnungserfordernis abbedungen wird. Die Vertragsstrafe würde unmittelbar mit Eintritt der (zu vertretenden) Verzögerung verwirkt. Den Auftragnehmer benachteiligt die Klausel deshalb unangemessen. Währenddessen büßt sie bezüglich zweier anderer Aspekte mehr Effektivität ein, als es das Gesetz vorschreibt. Erstens spricht § 286 IV BGB nicht von Verschulden, sondern von Vertretenmüssen. Die Bedeutung beider Begriffe ist nicht kongruent.259 § 276 I 1 BGB a. E. enthält einen wichtigen Fall verschuldensunabhängigen Vertretenmüssens: die Übernahme einer Garantie (in unserem Fall bezogen auf die Einhaltung des Vertragstermins). Ferner hat der Schuldner gemäß § 278, 2. Alt. BGB das Verschulden seines Erfüllungsgehilfen zu vertreten. Fordert die Vertragsstrafeandrohung sein eigenes Verschulden, greift sie somit zu kurz. Zweitens trifft den Bauherrn die Beweislast für das Verschulden, sofern er es positiv als Voraussetzung aufführt. Im Rahmen des Verzugs wird dahingegen das Vertretenmüssen des Auftragnehmers vermutet (§ 286 IV BGB). Die Klausel ist also auf der einen Seite zu streng und auf der anderen Seite unnötig schwach ausgestaltet. (4) Ergebnis: Verzug als zwingender Klauselbestandteil Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass beim BGB-Bauvertrag nur eine explizite Verzugsanknüpfung der Inhaltskontrolle standhält. bb) VOB / B-Vertrag Die VOB / B wiederholt  – speziell für Verzögerungen am Bau  – die Aussage des § 339 S. 1 BGB. § 11 II VOB / B lautet: „Ist die Vertragsstrafe für den Fall vereinbart, dass der Auftragnehmer nicht in der vorgesehenen Frist erfüllt, so wird sie fällig, wenn der Auftragnehmer in Verzug gerät.“ Vom BGB unterscheidet sich jedoch die VOB / B dadurch, dass sie nur gilt, wenn und soweit sie von den Parteien in den Bauvertrag einbezogen wird. Wird sie einbezogen, ist zudem ihr Rang im Verhältnis zu den sonstigen Vertragsbestimmungen von Bedeutung.

258  OLG Bremen v. 7.10.1986  – 1 U 151 / 85, NJW-RR 1987, 468, 469; Kemper, BauR 2001, 1015, 1019. 259  Grundmann, in: Münchener Kommentar, § 276 Rn. 4.

102

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

(1) Gleichbehandlung mit BGB-Bauvertrag Nimmt die Vertragsstrafeklausel in einem VOB / B-Vertrag ausschließlich auf die Fristüberschreitung Bezug, legt das Oberlandesgericht Oldenburg260 sie als abschließende Regelung aus. Sowohl bei nachrangig vereinbarter VOB / B als auch bei fehlender Rangabrede gehen die Richter von einer vom Vertretenmüssen unabhängigen Vertragsstrafe aus. Die Gleichbehandlung beider Fallgruppen folgt aus § 1 II VOB / B, der die VOB / B grundsätzlich für subsidiär gegenüber den Besonderen Vertragsbedingungen erklärt. Das Auslegungsergebnis wird wie beim BGB-Vertrag begründet. Gemäß § 305c II BGB ist die Klausel im Zweifel als eigenständige, von den Vorschriften der VOB / B unabhängige Klausel zu verstehen.261 Anstatt sie zu ergänzen, ersetzt sie § 1 VOB / B.262 Kemper263 hält die Klausel hingegen gar für intransparent im Sinne des § 307 I 2 BGB. Dieser Standpunkt ist vor dem Hintergrund abzulehnen, dass im Falle einer bestimmten Anzahl konkreter Auslegungsvarianten der Zweifelssatz Vorrang genießt264 [s. o. unter C. I. 2. a) aa) (1)]. (2) §   11 II VOB / B als „Klauselretter“  – durchsetzungsstärker als sein Äquivalent im BGB? Der BGH265 wählt einen anderen Weg. Er hält die ausdrückliche Nennung des Verzugs bei VOB / B-Verträgen stets, das heißt sogar bei nachrangiger Geltung der VOB / B266, für entbehrlich. § 11 II VOB / B komme neben der Vertragsstraferegelung zur Anwendung. Das stelle die Bezugnahme auf die 260  OLG Oldenburg v. 23.2.2000  – 2 U 296 / 99, BauR 2001, 812; das Gericht scheint allerdings nur von einem Verschuldenserfordernis statt von einem Verzugserfordernis auszugehen, diese Ansicht wurde aber oben abgelehnt; für die ausdrückliche Nennung des Verzugs auch bei VOB / B-Verträgen spricht sich hingegen aus: Langen, in: Kapellmann / Messerschmidt, § 11 VOB / B Rn. 62. 261  OLG Oldenburg v. 23.2.2000  – 2 U 296 / 99, BauR 2001, 812; noch zur Vorgängervorschrift des § 5 AGBG. 262  OLG Hamm v. 18.4.1996 – 17 U 132 / 95, BauR 1997, 663. 263  Kemper, in: Franke / Kemper / Zanner / Grünhagen, § 11 VOB / B Rn. 41. 264  Schwab, Rn.  654 f. 265  BGH v. 23.1.2003  – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808; BGH v. 7.3.2002  – VII ZR 41 / 01, NJW 2002, 2322, 2323; BGH v. 13.12.2001  – VII ZR 432 / 00, NJW 2002, 1274, 1275; in beiden Fällen war die VOB / B ohne Rangan­ gabe gegenüber den AGB des Verwenders vereinbart, „ergänzend“ bzw. als „Vertragsbestandteil“; zustimmend OLG Celle v. 11.7.2002  – 22 U 190 / 01, BauR 2003, 1413 f. 266  So bei BGH v. 30.3.2006 – VII ZR 44 / 55, NJW 2006, 2555.



II. Verzugserfordernis103

VOB / B klar.267 Nur widersprüchlich zur VOB / B dürfe die Klausel nicht formuliert sein.268 Zum gleichen Schluss gelangt die Position, Auslegungszweifel bestünden erst, sofern die Klausel bestimme, Verzug müsse gerade nicht vorliegen269. Nur bei ausdrücklicher Abweichung vom Verzugserfordernis stieße demnach § 305c II BGB die Klausel von der Klippe der Wirksamkeit. Gewiss widerspricht erst dann die Vertragsstrafeklausel ausdrücklich der VOB / B. Die Frage, wie dieser Widerspruch zu lösen ist, beantwortet aber bereits § 1 II VOB / B. Die Mehrdeutigkeit ist somit zu verneinen. Der Bundesgerichtshof verzichtet gänzlich auf eine Anwendung des § 305c II BGB. Hierfür könnte sprechen, dass die objektive Auslegungsregel hinter einem tatsächlich übereinstimmenden Willen beider Parteien zurücktritt.270 Die Parteien sind frei darin, der Klausel stillschweigend einen vom objektiven Gehalt differierenden Sinn zu verleihen.271 Der subjektive Klauselinhalt wird wie eine vorrangige Individualvereinbarung im Sinne des § 305b BGB behandelt.272 Nichtsdestoweniger muss es im konkreten Fall Anhaltspunkte für genau diesen übereinstimmenden Willen geben. Im AGB-Recht ist vor dem Hintergrund der einseitigen Klauselgestaltung die objektive Auslegung der Regelfall, die Einbeziehung individueller Momente der Ausnahmefall.273 Nähme man pauschal bei jedem VOB / B-Vertrag hinsichtlich der Verzugsvoraussetzung einen übereinstimmenden Willen an, würde dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis ins Gegenteil verkehrt. Schwenker274 führt an, selbst bei nachrangiger Einbeziehung verschmölzen VOB / B und Vertragsstrafeklausel zu einem „sinnvollen Ganzen“. Diese Sichtweise werde auch bei anderen speziellen Bauvertragsbedingungen an den Tag gelegt. Er verweist hierzu auf die Rechtsprechung275 zu Bauleistungsbeschreibungen. Die zitierte Entscheidung ist jedoch nicht übertragbar. Sie behandelt eine Leistungsbeschreibung im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung. Erstens erscheint das Vorliegen von AGB fraglich. Weder ist 267  Hofmann,

in: Glatzel / Hofmann / Frikell, S. 239. v. 30.3.2006 – VII ZR 44 / 55, NJW 2006, 2555. 269  Kniffka / Koeble, 7. Teil, Rn. 70. 270  Reuter, S. 108; Grundsatz entschieden von: BGH v. 22.3.2002 – V ZR 405 / 00, NJW 2002, 2102, 2103. 271  BGH v. 9.3.1995 – III ZR 55 / 94, NJW 1995, 1494, 1496; BGH v. 23.1.1991 – VIII ZR 122 / 90, NJW 1991, 1604, 1606. 272  Reuter, S. 108; Grundsatz entschieden von: BGH v. 22.3.2002 – V ZR 405 / 00, NJW 2002, 2102, 2103. 273  Vgl. Grüneberg, in: Palandt, § 305c Rn. 16. 274  Schwenker, in: Wirth, I Rn. 219. 275  BGH v. 11.3.1999 – VII ZR 179 / 98, NJW 1999, 2432, 2433. 268  BGH

104

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

die Rede von einer Verwendungsabsicht bei anderen Bauaufträgen noch erfüllt die Verwendung in der Ausschreibung gegenüber mehreren Bietern das Tatbestandsmerkmal der „Vielzahl von Verträgen“. Die Ausschreibung zielt nur auf den Abschluss eines einzigen Vertrags ab.276 Jedenfalls aber ist § 305c II BGB nicht anwendbar. Der Charakter der Leistungsbeschreibung ist dafür allerdings nicht verantwortlich.277 Selbst wenn die Leistungsbeschreibung nur das Hauptversprechen als bloße Nebenabrede näher ausgestaltet278, schließt das gem. § 307 III 1 BGB allein die Inhaltskontrolle, nicht aber die Geltung der Zweifelsregelung aus. Der Hase liegt an anderer Stelle im Pfeffer: § 7 I Nr. 1 VOB / A überlagert bei öffentlichen Ausschreibungen die Auslegungsnorm § 305c II BGB. Demzufolge ist die Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben und es kommt auf den objektiven Empfängerhorizont an.279 Wer einen VOB / B-Vertrag abschließt, ist aber mit der Bauvertragspraxis vertraut. Er wird daher wissen, dass die Vertragsstrafe Verzug voraussetzt.280 Gleichwohl schließt die Kenntnis der VOB / B nicht aus, dass der Auftragnehmer davon ausgeht, der Bauherr wolle gerade von dieser Konzeption abweichen. Allein diese Möglichkeit ruft den § 305c II BGB auf den Plan. Im Klartext hieße die vorgebrachte These: Gegenüber typischerweise Rechtskundigen verwendete AGB sind stets so auszulegen, dass der Verwender die Klausel gesetzeskonform ausgestalten wollte. Darin läge ein Wertungswiderspruch: Der Verwender würde angespornt, seine Vertragsstrafeklausel bewusst missverständlich abzufassen. Der unredliche Verwender stünde besser als der redliche. Ferner sind die Bestimmungen der VOB / B als Bestandteil des Bauvertrages gleichermaßen Allgemeine Geschäftsbedingungen. Initiiert sein kann ihre Einbeziehung, wie auch die Vertragsstrafeklausel selbst, vom Bauherrn. Über die bauvertragsrechtliche Versiertheit des Auftragnehmers sagt die Geltung der VOB / B dann nichts aus. (3) Auswertung Gewichtige Gründe für eine abweichende Beurteilung gegenüber dem BGB-Bauvertrag konnten nicht ans Licht gebracht werden. § 339 S. 1 BGB und § 11 II VOB / B sind nicht nur inhaltlich deckungsgleich, sondern auch 276  BGH v. 26.9.1996 – VII ZR 318 / 95, NJW 1997, 135; Otto, in: Roquette / Otto, C I, Rn. 14. 277  Wurmnest, in: Münchener Kommentar, § 307 Rn. 19. 278  Zur Abgrenzung gegenüber reinen kontrollfreien Leistungsbeschreibungen: Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 44. 279  BGH v. 11.3.1999 – VII ZR 179 / 98, NJW 1999, 2432, 2433. 280  Reuter, S. 108.



II. Verzugserfordernis105

systematisch parallel eingebettet. Die Vertragsstrafeklausel genießt gegenüber beiden Vorschriften Vorrang – § 339 S. 1 BGB ist als dispositives Gesetzesrecht subsidiär und § 11 II VOB / B gemäß § 1 II VOB / B.281 Die Geltung der VOB / B ist fakultativ, sodass die Einbeziehungsvereinbarung konstitutiv wirkt. Indes wäre eine Erklärung mit dem Inhalt, das BGB finde auf den betreffenden Bauvertrag Anwendung, rein deklaratorisch. Allgemeine Geschäftsbedingungen mit deklaratorischem Inhalt unterfallen nach § 307 III 1 BGB nicht den §§ 307 I, II, 308 f. BGB. In konsequenter Fortführung des BGH-Standpunktes müssten die Parteien aber mithilfe des Satzes „Die Vorschriften des BGB gelten.“ eine verzugsabhängige und damit wirksame Vertragsstraferegelung erzeugen können. Das führte zu einem paradoxen Ergebnis: Ausschlaggebend für das Ergebnis der Inhaltskontrolle wäre eine vertragliche Regelung, welche selbst gar nicht Gegenstand der Inhaltskontrolle sein kann. 4. Abgrenzung der Verantwortungsbereiche der Bauvertragsparteien An dieser Stelle soll der Frage nachgegangen werden, wann eine Verzögerung im Einzelnen vom Auftragnehmer zu vertreten ist. Die Auslöser einer Bauzeitüberschreitung lassen sich in drei Gruppen unterteilen: Faktoren im Einflussbereich des Bauherrn, Faktoren im Einflussbereich des Auftragnehmers und sonstige Risiken.282 Der Bauherr hat fehlerhafte Pläne zu verhindern.283 Er muss dem Auftragnehmer eine baureife Fläche zur Verfügung stellen.284 Es fällt in seinen Pflichtenkreis, den Bau zu planen und zu koordinieren, insbesondere die Arbeiten unterschiedlicher Auftragnehmer aufeinander abzustimmen. Hierbei hat er angemessene Pufferzeiten und Reserven zu berücksichtigen.285 Zu seinen Lasten gehen gleichermaßen Verspätungen durch Planungsänderungen, umfangreiche Nachträge, Architektenwechsel sowie Änderungsanordnungen hinsichtlich der Baumaterialien.286 Überdies hat der Bauherr einen 281  Langen, in: Kapellmann / Messerschmidt, § 11 VOB / B Rn. 62; eine Gleichbehandlung von BGB- und VOB / B-Vertrag befürwortet auch Sienz, Korbion / Locher / Sienz, K Rn. 90 f. Er will ihn jedoch gegenteilig dergestalt lösen, dass sowohl § 339 S. 1 BGB als auch § 11 II VOB / B die zum Verzug schweigende Klausel ergänzen. Demnach hinge es nie von einer ausdrücklichen Verzugsanknüpfung ab. 282  Die Begriffe des Einfluss- und Risikobereichs finden sich bei: Heiermann / Vygen, S. 47, der des Risikobereichs zudem in § 6 II Nr. 1a VOB / B. 283  Barth, in: Heiermann / Franke / Knipp, S. 847. 284  Heiermann / Vygen, S. 55. 285  Heiermann / Vygen, S. 55. 286  Werner, in: Werner / Pastor, Rn. 2588.

106

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

Baustromanschluss zu Verfügung zu stellen.287 Stellt der Auftragnehmer die Bauarbeiten zeitweise ein, weil der Auftraggeber Zahlungen auf ordnungsgemäße Abschlagsrechnungen nicht entrichtet, so darf für diese Zeit keine Vertragsstrafe anfallen.288 Beruht die Verspätung hingegen auf Fehlern bei der Material- bzw. Personaldisposition oder fallen Nachunternehmer aus, so trifft dafür den Auftragnehmer die Verantwortung.289 Die Überwachung der Baustelle (vgl. § 4 II Nr. 1 S. 3 VOB / B) sowie die Lieferung von Baustoffen hat der Auftragnehmer sicherzustellen.290 Will sich der Auftragnehmer für den Fall, dass er ohne eigenes Verschulden von seinem Baustofflieferanten im Stich gelassen wird, vor einer Vertragsstrafe schützen, kann er wirksam einen Selbstbelieferungsvorbehalt in seine AGB aufnehmen. Voraussetzung ist, dass der Auftragnehmer mit dem Lieferanten hinsichtlich der benötigten Baumaterialien ein kongruentes Deckungsgeschäft abgeschlossen hat. Handelt es sich bei dem Bauherrn um einen Verbraucher, muss sich die Selbstbelieferungsklausel ausdrücklich auf eine unverschuldete Nichtbelieferung beschränken sowie sich auf ein kongruentes Deckungsgeschäft beziehen.291 Anderenfalls scheitert die Klausel an § 308 Nr. 3 BGB, weil sie dann die Auslegung zulässt, auch andere – nicht sachlich gerechtfertigte – Gründe seien erfasst.292 Diese für den Klauselgegner auf den ersten Blick ungünstige Interpretation ist maßgeblich: Die Klausel ist hiernach unwirksam, was im Ergebnis am günstigsten i. S. d. § 305c II BGB für den Klauselgegner ist.293 Im unternehmerischen Geschäftsverkehr werden die genannten Anforderungen aufgrund der Handelsüblichkeit eines Selbstbelieferungsvorbehalts stets in die Klausel hineingelesen.294 Ohne Selbstbelieferungsvorbehalt bleibt der Auftragnehmer grundsätzlich zur Leistung verpflichtet, wenn – wie überwiegend – die Baumaterialien der Gattung nach bestimmt sind. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der Schuldner bei Gattungsschulden seine Fähigkeit zur Überwindung der typischen Beschaffungshindernisse garantiert.295 Der Schuldner haftet daher gem. § 276 I 1, 2. Hs. a. E. BGB grundsätzlich verschuldensunabhängig, 287  OLG

Brandenburg v. 19.06.2013 – 4 U 158 / 11, juris Rn. 58. S. 33. 289  Oberhauser, Rn. 126. 290  Swoboda, in: Nicklisch, S. 68. 291  Dazu BGH v. 26.01.1983  – VIII ZR 342 / 81, NJW 1983, 1320, 1321; zudem sind die Voraussetzungen des § 308 Nr. 8 zu beachten. 292  Derleder, NJW 2011, 113, 115. 293  Vgl. Schwab, Rn.  912 f. 294  BGH v. 14.11.1984 – VIII ZR 283 / 83, NJW 1985, 738 f. 295  BT-Drs. 14 / 6040, S. 132. 288  Knacke,



II. Verzugserfordernis107

wenn sein Lieferant ihn nicht rechtzeitig versorgt296, die Gattung aber weiterhin am Markt existiert. Ihm bleibt dann nur ein etwaiger Regressanspruch gegen den Lieferanten. Eine Grenze bildet gleichwohl § 275 II BGB: Unternimmt der Auftragnehmer erfolglos sämtliche zumutbare Anstrengungen, sich anderweitig am Markt einzudecken, kann er die Verwirkung der Vertragsstrafe verhindern.297 Im Übrigen zählen Umstände, die von keiner Vertragspartei verschuldet sind, zum Risikobereich des Bauherrn. Beispiele sind die verzögerte Erteilung der Baugenehmigung298 (vgl. § 4 I Nr. 1, S. 2 VOB / B) sowie insbesondere bei Großprojekten Demonstrationen und Bürgerinitiativen.299 Sogar das Risiko eines Streiks bzw. einer Aussperrung im Betrieb des Auftragnehmers300 oder eines (vom Bauherrn zugelassenen) Subunternehmers301 trägt der Bauherr (§ 6 II Nr. 1b VOB / B). Bei einem Zuliefererbetrieb wird dies nur angenommen, sofern der Bauherr ihn ausgewählt hat oder der Zulieferer eine Monopolstellung innehat.302 Eine aussperrungsbedingte Bauzeitverlängerung setzt voraus, dass die Berufsvertretung der Arbeitgeber die Aussperrung angeordnet hat.303 Schwieriger zu beantworten ist die Frage, in wessen Risikosphäre die Verzögerung eines Vorunternehmers als Auslöser der Fristüberschreitung fällt, wenn der Bauherr seine Koordinierungspflicht erfüllt hat. Der Bundesgerichtshof hat einen ähnlich gelagerten Fall zulasten des Auftragnehmers entschieden: Geht das unfertige Werk des Auftragnehmers durch das Verschulden eines für den Bauherrn am selben Bau tätigen Unternehmers unter, steht dem Auftragnehmer grundsätzlich304 kein Schadensersatzanspruch gegen den Bauherrn zu – weder im Hinblick auf §§ 280 I, 278305 noch auf § 645 BGB 296  Derleder,

NJW 2011, 113, 116; Schwab, Rn. 911. Derleder, NJW 2011, 113, 116. 298  OLG Bremen v. 7.10.1986 – 1 U 151 / 85, NJW-RR 1987, 468, 469; Werner, in: Werner / Pastor, Rn. 2588. 299  Barth, in: Heiermann / Franke / Knipp, S. 847. 300  Swoboda, in: Nicklisch, S. 67. 301  Heiermann / Vygen, S.  38 f. 302  Heiermann / Vygen, S. 39. 303  Heiermann / Vygen, S. 38. 304  Ausnahmen: Untergang des Gewerkes sollte gerade durch die – nun fehlerhaft ausgeführten – Arbeiten des Parallelunternehmers geschützt werden, so beim Hochwasserschutz (BGH v. 21.8.1997  – VII ZR 17 / 96, NJW 1997, 3018, 3019); Untergang beruht unmittelbar auf konkreter, risikoreicher Entscheidung des Bauherrn, die der Parallelunternehmer lediglich umsetzt, so bei Veranlassung von Schweißarbeiten in feuergefährdetem Haus (offen gelassen von BGH v. 6.11.1980  – VII ZR 47 / 80, NJW 1981, 391, 392). 305  BGH v. 27.6.1985 – VII ZR 23 / 84, NJW 1985, 2475. 297  Vgl.

108

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

in entsprechender Anwendung306. Bedeutet das, der Auftragnehmer hat auch bei einer „geerbten“ Verzögerung schlicht „Pech gehabt“ und schuldet eine Vertragsstrafe? Die Antwort lautet Nein. Denn die vom BGH behandelte Konstellation unterscheidet sich bei genauerem Hinsehen von der hier in Frage stehenden in wesentlichen Punkten: So hat der Werkbesteller den Untergang eines unfertigen Gewerks gemäß dem Rechtsgedanken des § 645 BGB nur dann zu vertreten, wenn der Untergang zurechenbar auf seine Handlung zurückgeht307. Eigenverantwortliches Verhalten Dritter wirkt sich dagegen zulasten des Werkunternehmers aus (§ 644 BGB). Anders liegt es bei der Vertragsstrafe für Verzögerungen: Der Bauherr geht sowohl bei der verzögerten Erteilung einer Baugenehmigung als auch bei Streik als Verspätungsursache leer aus (s. o.). Kann der Auftragnehmer infolge einer Verzögerung eines Parallelunternehmers seine Arbeit nicht vorantreiben, stehen ihm ferner Stillstandskosten nach Maßgabe des § 642 BGB (beim VOB / B-Vertrag i. V. m. § 6 VI 2 VOB / B) zu. Dieser Anspruch liefe vor dem Hintergrund einer gegenläufigen Vertragsstrafeforderung des Bauherrn leer. Ein Vertragsstrafeanspruch würde schließlich zu einer ungerechtfertigten Kumulierung von Ansprüchen auf Seiten des Bauherrn führen. Gegen den anderen Bauunternehmer stehen ihm infolge der Verzögerung zumeist eigene Ansprüche auf Schadensersatz und / oder Vertragsstrafe zu. Angenommen, die Verzögerung des ersten Bauunternehmers pflanzte sich während der gesamten Bauzeit jeweils kongruent auf die Gewerke nachfolgender Auftragnehmer fort, multiplizierten sich die vertragsstrafefähigen Tage mit der Anzahl der Bauunternehmer. Ein lukratives Geschäft für den Bauherrn – der Manipulationsanreiz wäre beachtlich. Die Gefahr der Bereicherung des Bauherrn besteht im vom BGH entschiedenen Fall des Untergangs nicht: Der Bauherr hat keinen Anspruch gegen den Parallelunternehmer, da weder das untergegangene Werk selbst noch die Einstandspflicht des Bauherrn gegenüber dem Auftragnehmer Gegenstand des Bauvertrags zwischen dem Bauherrn und dem Parallelunternehmer ist308. Umgekehrt wäre dem Auftragnehmer die Steuerungsmöglichkeit hinsichtlich des Anfallens der Vertragsstrafe entzogen. Ein Verstoß gegen die Erfüllungsdruckfunktion wird bereits bei der „Kettenreaktion“ einer vom Auftragnehmer selbst verschuldeten Verzögerung auf nachfolgende Teilgewerke angenommen [im Einzelnen unter D. I. 3. a)]. Erst recht gilt diese Wertung für Drittverschulden. Richtigerweise trägt somit der Bauherr das Risiko von 306  BGH v. 6.11.1980  – VII ZR 47 / 80, NJW 1981, 391, 392, ebenso liegt kein „unabwendbares Ereignis“ i. S. d. § 7 I VOB / B vor. 307  BGH v. 6.11.1980 – VII ZR 47 / 80, NJW 1981, 391, 392. 308  Vgl. BGH v. 27.6.1985 – VII ZR 23 / 84, NJW 1985, 2475, 2477.



II. Verzugserfordernis109

Verzögerungen eines Unternehmers, die sich als Behinderungen nachfolgender oder gleichzeitig tätiger Auftragnehmer darstellen. Bei Schlechtwetter ist zu differenzieren: Während normalerweise zu erwartende Witterungseinflüsse dem Verantwortungsbereich des Auftragnehmers zuzuordnen sind (vgl. § 6 II Nr. 2 VOB / B), wirken sich extreme Bedingungen zulasten des Bauherrn aus. Dazu zählen langanhaltende Kältewellen, starke Wolkenbrüche,309 Überschwemmungen und Blitzschläge310. Grundsätzlich gilt: Die Mittelwerte des Wetterdienstes für den Standort müssen überschritten werden.311 Dabei wird die Hürde für eine Annahme ungewöhnlichen Schlechtwetters umso geringer angesetzt, je wetterempfindlicher die konkreten Gewerke sind – man denke etwa an Dachabdichtungsarbeiten.312 Insgesamt hat der Auftragnehmer höhere Gewalt nicht zu vertreten (vgl. § 6 II Nr. 1c VOB / B). Einen Grenzfall bilden Verspätungen, deren unmittelbare Ursache zwar höhere Gewalt ist, die allerdings nach Verzugseintritt entstehen. Die Rechtsfolgen eines zufälligen Ereignisses313 während des Verzuges normiert § 287 S. 2 BGB. Danach haftet der Schuldner, „es sei denn, dass der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten wäre“. Dreh- und Angelpunkt des zweitens Halbsatzes bildet demnach der Vergleich zwischen tatsächlichem und hypothetischem Schadensverlauf. Der Vertragsstrafeanspruch ist jedoch von einem Schadenseintritt unabhängig ausgestaltet. Wie geht man mit diesem Widerspruch um? Die erste Option besteht darin, § 287 S. 2 BGB unmodifiziert auf die Vertragsstrafe anzuwenden, mithin § 339 S. 1 a. E. BGB als Rechtsgrundverweisung zu interpretieren. Aufgrund der Formulierung „auch“ im zweiten Halbsatz des § 287 S. 2 BGB müsste hiernach der Bauherr für einen Vertragsstrafeanspruch ausnahmsweise nachweisen, dass ihm infolge der zufallsbedingten Verzögerung tatsächlich ein Schaden entstanden ist. Damit würde sich § 287 S. 2 BGB entgegen seinem Sinn und Zweck partiell zulasten des Gläubigers auswirken. Die zweite Option: Der Vertragsstrafenschuldner haftet während des Verzuges stets für Zufall. Immerhin soll die Vertragsstrafe den Gläubiger gegenüber einem bloßen Verzugsschadensersatzanspruch begünstigen. So kann auch ein strengerer Haftungsmaßstab als im Schadensersatzrecht ange309  Heiermann / Vygen,

S. 41. S. 8. 311  Heiermann / Vygen, S. 41. 312  Vgl. Heiermann / Vygen, S. 41. 313  Die für Unmöglichkeit und Verschlechterung der Leistung geltende Vorschrift findet auf eine nunmehr unverschuldete Verzögerung während des Verzugs entsprechende Anwendung: BGH v. 19.4.1955 – I ZR 66 / 53, MDR 1955, 462; Löwisch / Feldmann, in: Staudinger, § 287 Rn. 13. 310  Heiermann / Vygen,

110

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

zeigt sein. Dagegen spricht aber, dass ein einziger vom Auftragnehmer verschuldeter Verzögerungstag imstande ist, ein ganzes Jahr überschwemmungsbedingte Fristüberschreitung zu „infizieren“. Die dritte Möglichkeit: § 287 S. 2 BGB wird so ausgelegt, dass er als schadensrechtliche Vorschrift für die Vertragsstrafe nicht gilt. § 339 S. 1 a. E. BGB verwiese danach allein auf den Tatbestand, nicht aber zugleich auf die Rechtsfolgen des Verzuges. Ersetzte man die auf diese Weise entstehende Lücke nicht durch eine vertragsstrafenspezifische Wertung, würde der Verzug für die Dauer der zufälligen Verzögerung mangels Verschuldens unterbrochen. Diesem Ansatz folgt im Ergebnis Le Goff314 mit dem Argument, nicht nur das „Ob“ des Geschehnisses sei zufällig, sondern auch das „Wann“. Diesem Einwand begegnet allerdings schon die Entlastungsmöglichkeit des § 287 S. 2 BGB selbst. Vorzugswürdig erscheint es, § 287 S. 2 BGB mit der Maßgabe auf die Vertragsstrafe anzuwenden, dass an Stelle des Schadens die zufallsbedingte Verzögerung tritt. Denn bereits die Pflichtverletzung löst die Vertragsstrafeverpflichtung aus und nicht erst ein etwaiger Schaden. Der Bauunternehmer haftet demnach während des Verzugs auch für Zufall, es sei denn, die zufallsbedingte Verzögerung wäre auch eingetreten, wenn sich der Schuldner zu diesem Zeitpunkt nicht in Verzug befunden hätte. § 4 V VOB / B bestimmt, dass es dem Bauunternehmer obliegt, die bereits fertig gestellten Leistungsteile bis zur Abnahme gegen äußere Einwirkungen zu schützen. Kommt es zum Diebstahl oder einer Beschädigung des Werkes, ist eine darauf beruhende Verzögerung vom Bauunternehmer zu vertreten. Dies gilt nicht, falls hypothetisch erfolgreiche Präventionsmaßnahmen unzumutbar waren.315 5. Folgen nicht vom Auftragnehmer zu vertretender Verzögerungen Abschließend bleibt zu klären, was die exakte Rechtsfolge ist, wenn Bauverzögerungen auftreten, die der Auftragnehmer nicht zu vertreten hat. Die Verfasser der VOB / B haben sich in § 6 II, IV für eine Verlängerung der Ausführungsfrist entschieden.316 Behinderungen wirken sich somit auf die Fälligkeit aus. Beim BGB-Bauvertrag fehlt eine entsprechende Regelung. Kleine-Möller schließt daraus, dass dort der Vertragsstrafeanspruch erst am Vertretenmüssen scheitert.317 Prima facie steht der Auftragnehmer in beiden Fällen gleich. Vertragsstrafe schuldet er nur für den von ihm zu vertretenden Verzögerungszeitraum. Die Voraussetzungen der Verwirkung divergieren Le Goff, S. 195. S. 40. 316  Bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 6 VOB / B. 317  Kleine-Möller, BB 1976, 442, 445. 314  Vgl.

315  Heiermann / Vygen,



II. Verzugserfordernis111

gleichwohl. Während bei einer Fristverschiebung die Mahnung als Verwirkungsvoraussetzung reaktiviert wird318 [s. o. bei C. II. 3. c) aa) (3)], bliebe sie beim BGB-Vertrag entbehrlich. Dieses Ergebnis erscheint nicht sachgerecht. De facto wird auch beim BGB-Bauvertrag der Termin verschoben, ab dessen Erreichen der Auftragnehmer bei nicht gelungener Fertigstellung Vertragsstrafe schuldet. Es ist daher für das Mahnungserfordernis unerheblich, ob die VOB / B einbezogen wurde. Wird der Fertigstellungstermin verschoben, erschöpft sich die Berechnung des neuen Termins nicht in einer einfachen Addition dieser Zeitspanne zum ursprünglichen Ausführungstermin. So tritt zur Ausfallzeit ein Zuschlag für die Wiederaufnahme der Arbeiten hinzu (vgl. § 6 IV VOB / B). Während der Unterbrechung der Bauarbeiten setzt der Auftragnehmer Personal und Gerätschaften auf anderen Baustellen ein. Es kann nicht von ihm verlangt werden, dort alles stehen und liegen zu lassen, sobald es weitergeht.319 Sonst wäre der Auftragnehmer zu unwirtschaftlichen Handlungen gezwungen. Zudem muss die still liegende Baustelle erst wieder eingerichtet werden.320 Eine zusätzliche Bauzeitverlängerung ergibt sich bei der Verschiebung in eine ungünstigere Jahreszeit (§ 6 IV VOB / B). Umgekehrt wirkt sich eine Verlagerung der Bauarbeiten in eine günstigere Jahreszeit verkürzend aus.321 Die Schwierigkeiten bei der Berechnung der Verlängerung machen es für den Bauherrn oftmals nötig, täglich zu mahnen. Nur so stellt er sicher, den ersten Fälligkeitstag zu erwischen.322 Die Behinderungen können nun aber so gravierend ausfallen, dass sie den gesamten Zeitplan des Auftragnehmers umwerfen und er zu dessen durchgreifender Neuordnung gezwungen ist.323 Eine solche durchgreifende Neuordnung ist insbesondere notwendig, wenn der Auftragnehmer Folgeaufträge zunächst vorziehen muss und die in Frage stehenden Arbeiten im Anschluss gänzlich neu aufgenommen werden müssen.324 Unwiderleglich vermutet wird die Neuordnung, wenn die vom Auftragnehmer nicht zu vertretenden Verzögerungstage die Hälfte der vereinbarten Bauzeit ausmachen.325 318  OLG

Brandenburg, Urteil vom 19.06.2013 – 4 U 158 / 11, Rn. 64. in: Werner / Pastor, Rn. 2590. 320  Bschorr / Zanner, S. 80. 321  Bschorr / Zanner, S. 80. 322  Lau, Jahrbuch Baurecht 2003, 53, 74. 323  BGH v. 13.1.1966 – VII ZR 262 / 63, NJW 1966, 971; Lau, Jahrbuch Baurecht 2003, 53, 74. 324  Vgl. Retzlaff, BauR 2015, 384, 387, welcher sich in diesem Fall – im Gegensatz zur Rechtsprechung ausnahmsweise – dafür ausspricht, die Vertragsstrafevereinbarung „hinfällig“ werden zu lassen. 325  Vgl. BGH v. 13.1.1966  – VII ZR 262 / 63, NJW 1966, 971; in diesem Sinne auch das OLG Köln v. 7.4.2012 – 3 U 61 / 11, juris Rn. 13 in neuerer Zeit: Bei einer 319  Werner,

112

C. Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung des Bauwerks

In diesem Fall ist zu prüfen, ob eine Störung der Geschäftsgrundlage i. S. d. § 313 I BGB vorliegt. Konnte der Auftragnehmer bereits bei Vertragsschluss die erheblichen Hindernisse aufgrund eines Hinweises durch den Bauherrn326, aufgrund der Ausschreibungsunterlagen327 oder allgemein bei Winterbaumaßnahmen328 voraussehen, fehlt es am Tatbestand. Gleiches gilt, sofern er die durchgreifende Neuordnung, z. B. durch Nutzung von Pufferzeiten, hätte vermeiden können.329 Dann ist ihm der Fortbestand der ursprüng­ lichen Vertragsstrafenabrede zuzumuten. Die Ausführungsfrist wird ausschließlich um die Dauer der vom Auftragnehmer nicht zu vertretenden Behinderung verlängert. Ist der Tatbestand des § 313 I BGB im konkreten Fall zu bejahen, besteht die Rechtsfolge in einem Anspruch beider Parteien auf Anpassung der ­Abrede. Anpassung ist indes nicht gleichzusetzen mit der Aufhebung der Vertrags­ strafeklausel330. Vielmehr ist ein optimaler Interessenausgleich im Wege des mildestmöglichen Eingriffs in die ursprüngliche Vereinbarung anzustreben. Das Anpassungsrecht ist primär als beiderseitiger Anspruch auf Nachverhandlung ausgestaltet.331 Zustimmung verdient hier das Vorgehen von Börgers332: Der erste Aufschlag obliegt dem Auftragnehmer. Er muss die Hindernisdauer (beim VOB-Vertrag ergibt sich das bereits aus § 6 I 2 VOB / B) inklusive Wiederaufnahmezeit sowie die darüber hinausgehenden Auswirkungen der Neuordnung des Zeitplans darlegen. Auf die Neuberechnung der Fristen als abänderndes Angebot muss sodann der Bauherr reagieren und bei der Vereinbarung einer verlängerten Frist mitwirken. Die Verletzung der Nachverhandlungspflicht zieht jeweils einen Schadensersatzanspruch des anderen Teils aus §§ 280 I, 313 I BGB nach sich333: Unterlässt der Auftragnehmer schuldhaft die qualifizierte Neuberechnung und geplanten Ausführungsdauer von 7,5 Monaten sei eine vom Auftragnehmer nicht zu vertretende Verzögerung von 4 Monaten als sehr erhebliche Verzögerung einzustufen. 326  Hafkesbrink / Schoofs, BauR 2010, S. 133, 134. 327  Lau, Jahrbuch Baurecht 2003, 53, 74 f. 328  Mai, in: Kleine-Möller / Merl / Glöckner, § 16 Rn. 427. 329  Retzlaff, BauR 2015, 384, 389. 330  So aber die Rechtsprechung: BGH v. 14.1.1999  – VII ZR 73 / 98, NJW 1999, 1108, 1109; BGH v. 13.1.1966  – VII ZR 262 / 63, NJW 1966, 971 unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben; KG v. 8.4.2014  – 27 U 105 / 13, NJW-RR 2014, 1237 ohne dogmatische Begründung. 331  Grüneberg, in: Palandt, § 313 Rn. 41.; das OLG Düsseldorf kommt zum gleichen Ergebnis im Urt. v. 28.2.2014  – 22 U 112 / 13, juris Rn. 137, aber unter dem Gesichtspunkt der werkvertraglichen Kooperationspflicht, da es die Vertragsstrafevereinbarung für hinfällig hält. 332  Börgers, BauR 1997, 917, 922. 333  Grüneberg, in: Palandt, § 313 Rn. 41, 70. Aufl., 2011.



II. Verzugserfordernis113

gibt lediglich die Dauer des von ihm nicht zu vertretenden Hindernisses an, wird die ursprüngliche Frist um die reine Dauer des Hindernisses verlängert. Der Bauherr ist so zu stellen, als hätte der Auftragnehmer seine Pflicht ordnungsgemäß erfüllt: Zu Lasten des Auftragnehmers wird dann vermutet, dass er keine über das Hindernis selbst hinausgehenden Auswirkungen geltend gemacht hätte. Genügt er nicht einmal seiner Verpflichtung zur Benennung der Hindernisdauer, gilt die ursprüngliche Vertragsfrist unverändert fort. Verweigert demgegenüber der Bauherr schuldhaft seine Mitwirkung, ist der Auftragnehmer im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte der Bauherr sein Angebot angenommen.334 Kommt es zwar zur Nachverhandlung, erzielen die Parteien jedoch keine Einigung, können beide klagen. Zu beachten gilt es hierbei, dass die Klage i. R.d. 313 I BGB nicht auf Abgabe der Willenserklärung der Gegenpartei gerichtet ist, sondern auf den Klauselinhalt selbst.335 Der Bauherr kann daher nur auf Zahlung der neu berechneten Vertragsstrafe klagen. Aus Sicht des Auftragnehmers ist die negative Feststellungsklage statthaft.

334  Börgers,

BauR 1997, 917, 922. in: Palandt, § 313 Rn. 41.

335  Grüneberg,

D. Strafbewehrte Zwischenfristen Bezieht sich die Vertragsstrafeklausel nicht nur auf die Überschreitung des Fertigstellungstermins, sondern auch auf Zwischenfristen, sind hinsichtlich der Höhe ganz eigene Kontrollmaßstäbe anzulegen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich hier schon aus der „Gesamtschau“ aller Einzelfristen ergeben.1 Das gleiche Problem stellt sich, wenn zusätzlich der pünktliche Baubeginn vertragsstrafenbewehrt ist.2 Binnenfristen können entweder lediglich der Terminkontrolle dienen oder aber als verbindliche Vertragsfristen auftreten. Bei VOB / B-Verträgen gelten Einzelfristen nur dann als verbindlich, sofern dies ausdrücklich im Bauvertrag bestimmt ist (§ 5 I 2 VOB / B). Fehlt eine solche Widmung und ist die Terminüberschreitung dennoch mit einer verzugsabhängigen Pönale belegt, so wird die Zwischenfrist allein durch diesen Umstand nach richtiger Ansicht3 verbindlich. Nähme man in diesem Fall einen bloßen Kontrolltermin an, läge mangels Fälligkeit niemals Verzug vor.4 Das Resultat wäre die Androhung einer Vertragsstrafe, deren Verwirkung von vornherein ausgeschlossen wäre. Es ist folglich anzunehmen, dass beide Parteien übereinstimmend von einer verbindlichen Vertragsfrist ausgehen.5 Zur Methodik: Mit der Auslegung einer zum Verzug schweigenden Klausel bei VOB / B-Verträgen ist diese Konstellation nicht vergleichbar [siehe C. II. 3. c) bb) (2)]. Dort ergibt eine verzugsunabhängige Formulierung inhaltlich betrachtet durchaus Sinn. Der Eintritt der Verwirkungsvoraussetzungen ist möglich. Die verzugsunabhängige Vertragsstrafeverpflichtung in AGB ist nur nicht zulässig. Diese beiden Ebenen sind streng voneinander zu trennen.

I. Spezifische Problemstellungen Zunächst sollen die besonderen Problemfelder beleuchtet werden, die sich bei einer Vertragsstrafeandrohung in Bezug auf Binnenterminverletzungen ergeben. Im Anschluss wird es um mögliche Lösungswege gehen. Eine sepa1  Schalk,

in: Englert / Motzke / Wirth, § 11 VOB / B Rn. 33. Nürnberg v. 24.3.2010 – 13 U 201 / 10, NZBau 2010, 566, 567. 3  Wolff, in: Messerschmidt / Voit, M Rn. 259. 4  Langen / Schiffers, Rn. 2486. 5  Langen / Schiffers, Rn. 2486. 2  OLG



I. Spezifische Problemstellungen115

rate Darstellung beider Komplexe erweist sich dabei als zwingend: Es lässt sich nicht je ein Lösungsansatz einer Problemstellung zuordnen; vielmehr nehmen die Lösungsideen stets mehrere Probleme gleichzeitig in Angriff und weisen überdies untereinander Schnittmengen auf. 1. Der Tagessatz – isoliert betrachtet Der Tagessatz bei Zwischenterminverletzungen muss niedriger sein, als wenn sich die Vertragsstrafe lediglich auf die Fertigstellungsfrist bezieht.6 An der Einhaltung von Zwischenfristen besitzt der Bauherr typischerweise ein geringeres Interesse.7 So fällt insbesondere das Schadenspotential niedriger aus.8 Sollte ausnahmsweise das Gegenteil zutreffen, kann der Bauherr die Vertragsstrafe mithilfe des Schadensersatzes aufstocken9 oder auf eine individualvertragliche Vertragsstrafe umsteigen10. 2. Kumulierung voneinander unabhängiger Einzelvertragsstrafen Hinzu treten zwei Probleme, welche aus der Existenz mehrerer mit einer Vertragsstrafe belegter Vertragsfristen herrühren. Erstens addieren sich die jeweils angesammelten Beträge der unterschiedlichen Vertragsstrafequellen. Zweitens kann ein und dieselbe Verzögerungsursache zur Nichteinhaltung mehrerer Termine führen. Zur Veranschaulichung soll im Folgenden dieses Zahlenbeispiel dienen: Gesamtauftragssumme: EUR 6 Mio. 1. Zwischentermin: nach 1 Monat (der Einfachheit halber sei 1 Monat = 30 Tage) 2. Zwischentermin: nach insgesamt 3 Monaten Fertigstellungstermin: nach insgesamt 6 Monaten Preis für den 1. Bauabschnitt: EUR 1 Mio. Preis für den 2. Bauabschnitt: EUR 2 Mio. Preis für den letzten Bauabschnitt: EUR 3 Mio. Überschreitung des 1. Zwischentermins: 3 Tage Überschreitung des 2. Zwischentermins: 2 Tage (neu hinzukommend) Überschreitung des Fertigstellungstermins: 1 Tag (wiederum neu hinzukommend) 6  BGH v. 6.12.2012  – VII ZR 133 / 11, NJW 2013, 1362, 1363; BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808; OLG Celle v. 13.7.2005 – 7 U 17 / 05, BauR 2005, 1780, 1781; a. A. Bschorr / Zanner, S. 71. 7  Vgl. BGH v. 6.12.2012  – VII ZR 133 / 11, NJW 2013, 1362, 1364; Reichelt / Keinert, ZfIR 2013, 231, 234. 8  Wolff, in: Messerschmidt / Voit, M Rn. 297. 9  BGH v. 6.12.2012 – VII ZR 133 / 11, NJW 2013, 1362, 1364. 10  Meier, in: Ulbrich, B Rn. 30.

116

D. Strafbewehrte Zwischenfristen

a) Anzahl und Abstand der Zwischenfristen Indem mehrere Vertragsfristen strafbewehrt sind, kann der Auftragnehmer insgesamt wesentlich mehr Verzögerungstage ansammeln, als bei Überschreitung des Endtermins. Der Höchstbetrag von 5 % der Auftragssumme wird oftmals schon weit vor dem Endtermin erreicht sein.11 Reiht der Bauherr die Binnentermine in sehr geringen Abständen aneinander, gelingt es dem Auftragnehmer nicht bzw. nur unter extremer Anstrengung, einmal eingetretene Rückstände wieder aufzuholen.12 Die Situation ist mit einem Hürdenlauf vergleichbar, bei dem die Hürden sehr nah beieinander aufgestellt sind. Trennen zwei Hürden nur wenige Schritte, wirkt sich ein kleiner Schrittfehler auf diesem Stück stark aus. Auf einer längeren Strecke lässt er sich hingegen leichter ausgleichen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Läufer eine Hürde nicht schafft, ist somit bei kürzeren Abständen höher. In dem im Strafversprechen angelegten Unvermögen des Bauunternehmers, auf entstandene Verspätungen vertragsstrafevermeidend zu reagieren, liegt ein Verstoß gegen die Erfüllungssicherungsfunktion.13 Der Läufer verbraucht zudem viel mehr Energie, wenn er auf 100 Metern zehn unmittelbar aufeinander folgende Hindernisse innerhalb der ersten 20 Meter überwinden muss, als wenn die Abstände (bei gleicher Strecke) gleichmäßig verteilt sind. Im ersten Fall benötigt er viel Sprungkraft, während er im zweiten Fall die Hürden in den Laufrhythmus einbezieht. Übertragen auf den Auftragnehmer bedeutet das: Er wendet einen großen Teil seiner Arbeitskraft dafür auf, dass der tatsächliche Baufortschritt fast ununterbrochen kongruent zum Bauzeitenplan verläuft, anstatt Rückstände aufzuholen, wenn gerade etwas mehr „Luft“ ist. b) Bloße Terminkontrolle Zu bloßen Kontrollzwecken darf der Bauherr keine vertragsstrafebewehrte Zwischenfristen schaffen. Er könnte sonst „wegen jeder Kleinigkeit“ Vertragstermine einfügen und sich so eine willkommene Einnahmequelle bereiten14 – unabhängig von einem abstrakten Schadenspotential. Es wird daher zu prüfen sein, inwieweit es einer besonderen Rechtfertigung im Sinne eines berechtigten Interesses für die Pönalisierung von Verzögerungen während der vereinbarten Bauzeit bedarf, damit die Vertragsstrafeklausel nicht schon dem Grunde nach der Inhaltskontrolle unterliegt. 11  BGH v. 18.1.2001 – VII ZR 238 / 00, NJW 2001, 738; OLG Jena v. 10.4.2002 – 7 U 938 / 01, NJW-RR 2002, 1178, 1179; Sienz, Korbion / Locher / Sienz, K Rn. 83. 12  Langen / Schiffers, Rn. 2507. 13  Schwab, Rn. 1503. 14  OLG Hamm v. 10.2.2000 – 21 U 85 / 98, BauR 2000, 1202, 1204.



I. Spezifische Problemstellungen117

Abb. 1: Kongruente Binnentermine

c) Zeitgleicher Ablauf mehrerer Zwischenfristen Am deutlichsten zeigt sich eine Kumulierung, wenn der Auftragnehmer bezüglich mehrerer Bauabschnitte in Verzug gerät, welche am selben Datum abgeschlossen sein müssen (Abb. 1). Im Urteil des OLG Jena15 aus dem Jahre 2002 traf das auf eine Betonsanierung sowie eine Loggienverbreiterung zu. Teilt man die insgesamt verwirkte Vertragsstrafe durch die Anzahl der Verzögerungstage, so ist der faktisch anfallende Tagessatz unangemessen hoch.16 Damit einher geht die Unangemessenheit des Quotienten aus Höchstbetrag und Tagessatz, das heißt des Gewinnverzehrungszeitraums. Andererseits kann für den konkreten Bauablauf die Belegung eines Datums mit unterschiedlichen Binnenterminen unentbehrlich sein. Diese gegenläufigen Interessen der Vertragspartner werden miteinander in Einklang zu bringen sein. 3. Summierung von Einzelvertragsstrafen desselben Verspätungsursprungs Gegenstand der Betrachtung war bislang die Summierung von Vertragsstrafen, welche jede für sich auf eine eigenständige Verzögerung zurückgehen. Verwirkt werden kann die Vertragsstrafe aber darüber hinaus sogar, obwohl der Auftragnehmer die für einen Bauabschnitt vorgesehene Zeitspanne einhält.17

15  OLG Jena v. 10.4.2002  – 7 U 938 / 01, NJW-RR 2002, 1178, dort im Sachverhalt des Urteils; § 5 II. 16  Vgl. OLG Hamm v. 10.2.2000 – 21 U 85 / 98, BauR 2000, 1202, 1204. 17  Vgl. Markus, in: Markus / Kaiser / Kapellmann, Rn. 573.

118

D. Strafbewehrte Zwischenfristen

Abb. 2: Dominoeffekt

a) „Dominoeffekt“ Den Grundfall bildet der „Dominoeffekt“: Eine einmal eingetretene Terminüberschreitung setzt sich regelmäßig hinsichtlich der Folgefrist(en) fort18 (Abb. 2). In unserem Zahlenbeispiel (D. I. 2.) gerät der Auftragnehmer hinsichtlich des ersten Zwischentermins um 3 Tage in Verzug, neu hinzu kommen im zweiten Bauabschnitt 2 Tage und im letzten schließlich noch 1 Tag. Obwohl er das Bauwerk lediglich 6 Tage zu spät fertig stellt, wird der Vertragsstrafeberechnung eine Verzögerung von 14 Tagen19 zugrunde gelegt. Wäre der zu Beginn eingetretene Rückstand von 3 Tagen unverändert geblieben, hätten sich 9 Tage auf dem Vertragsstrafenkonto angesammelt. Und das, obwohl der Auftragnehmer aber wie verabredet den zweiten Bauabschnitt in 2 Monaten und den letzten Bauabschnitt in 3 Monaten fertig gestellt hätte. De facto vervielfachte sich mithin der vereinbarte Tagessatz.20 Je mehr Zwischenfristen existieren, umso ausgeprägter kommt der Dominoeffekt zum Tragen.21 Holt der Bauunternehmer den Rückstand im letzten Teil der laut Vertrag vorgesehenen Bauzeit auf, wird nicht selten der Höchstbetrag verwirkt sein, obwohl er den Endtermin einhält.22 Die Kettenreaktion23 widerspricht der Erfüllungsdruckfunktion der Vertragsstrafe. Das OLG Nürnberg24 begründet dies mit dem frühen Fortfall des Anreizes zur rechtzeitigen Leistung. Hierin läge allerdings ein Vorteil für den 18  OLG

Jena v. 10.4.2002 – 7 U 938 / 01, NJW-RR 2002, 1178, 1179. + (3+2) + (3+2+1) Tage. 20  OLG Bremen v. 7.10.1986  – 1 U 151 / 85, NJW-RR 1987, 468, 469; Meier, in: Ulbrich, B Rn. 31. 21  OLG Hamm v. 10.2.2000 – 21 U 85 / 98, BauR 2000, 1202, 1203 f. 22  OLG Hamm v. 10.2.2000  – 21 U 85 / 98, BauR 2000, 1202, 1204; Reuter, S. 140; Mai, in: Kleine-Möller / Merl / Glöckner, § 16 Rn. 385; Markus, in: Markus /  Kaiser / Kapellmann, Rn. 573. 23  Begriff geprägt durch das OLG Bremen v. 7.10.1986  – 1 U 151 / 85, NJW-RR 1987, 468, 469. 19  3



I. Spezifische Problemstellungen119

Abb. 3: Überlappung von Verzögerungszeiträumen

Auftragnehmer und kein Nachteil. Paradoxerweise würde eine Klausel für unwirksam erklärt, weil sie nicht streng genug wäre.25 Konstatieren lässt sich ein Verstoß gegen die Erfüllungsdruckfunktion jedoch aus einem anderen Grund. Dem Bauunternehmer wird ein einziges Verhalten doppelt zur Last gelegt. Ohne sein Zutun pflanzt sich die Verzögerung hinsichtlich der Folgefrist(en) fort. Die Steuerungsmöglichkeit ist ihm entzogen. Ist die weitergeschleppte Verspätung bereits mit der ersten Vertragsstrafe abgegolten, besteht zudem kein weitergehendes Sanktions- bzw. Genugtuungsbedürfnis. Seinen Höhepunkt erreicht der Dominoeffekt, sofern sich Erstverzögerung und fortgepflanzte Verzögerung zeitlich überlappen (Abb. 3). Hierzu kann es kommen, weil die Verzögerungsdauer nicht auf das Intervall zwischen zwei Binnenfristen beschränkt ist. Je kleiner dieses Intervall ausfällt, umso eher wird ein Bauabschnitt erst nach Ablauf der für den Folgeabschnitt angesetzten Frist abgeschlossen. Auf diese Weise kann bis zur tatsächlichen Beendigung des ersten Bauabschnitts pro Tag die doppelte – bei x sich überlappenden Verzögerungszeiträumen entsprechend die x-fache – Vertragsstrafe anfallen. b) „Streuwirkung“ Eine Vervielfachung des Dominoeffekts ist zu beobachten, sofern sich eine Verzögerung gleichzeitig auf mehrere Bauabschnitte auswirkt26. Zu einer solchen Streuwirkung kommt es etwa bei zwei parallel laufenden Gewerken im Anschluss an das zu spät abgeschlossene. 24  OLG Nürnberg v. 24.3.2010 – 13 U 201 / 10, NZBau 2010, 566, 567; dort zum strafbewehrten Baubeginn, bei dem die Kumulierung i. V. m. der Endfrist aber gleichermaßen stattfindet. 25  Zu diesem Argument von Minuth, NZBau 2000, 322, 323 im Rahmen des Mindestquotienten oben unter C. I. 2. c) aa). 26  Ohne den hier verwendeten Begriff der Streuwirkung BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808.

120

D. Strafbewehrte Zwischenfristen

c) „Hand in Hand“ gehende Bauarbeiten Schließlich kann sich eine Verzögerungsursache bei technisch ineinander greifenden und daher parallel auszuführenden Gewerken auf mehrere Zwischenfristen auswirken. Diese Konstellation charakterisiert ein Zusammenspiel aus zeitgleich angesetzten Binnenterminen sowie dem Dominoeffekt.

II. Modifikationen der für den Tagessatz entwickelten Grundsätze Gesucht ist eine wirksame Klauselgestaltung, welche den Funktionen der Vertragsstrafe am besten gerecht wird. Das bedeutet: Einerseits muss sie den Auftragnehmer vor jeglichen unangemessenen Summierungseffekten schützen. Andererseits ist die mildestmögliche Einschränkung für den Bauherrn zu wählen. Ihre Effektivität darf die Vertragsstrafe nicht einbüßen. Trotz der komplizierten Materie ist die Transparenz zu wahren. Der Bundesgerichtshof hat sich bisher nicht zu einer Wirksamkeitsgrenze bei Vertragsstrafeklauseln für Zwischenfristüberschreitungen geäußert. Offen bleiben konnte diese Frage zuletzt insbesondere auch in seiner Entscheidung aus dem Jahre 201227. Als Ausgangspunkt dienen die bereits erarbeiteten Vorgaben für eine Vertragsstrafeklausel bezogen auf die Überschreitung der Fertigstellungsfrist. Die Elemente einer solchen Vertragsstrafeklausel bilden daher zugleich die Einfallstore für eine Anpassung bzw. Weiterentwicklung der Besonderheiten strafbewehrter Zwischentermine. Sie seien an dieser Stelle noch einmal in Erinnerung gerufen: die nicht termingerechte Fertigstellung einer bestimmten Bauleistung (dazu im Folgenden unter 1.), die insgesamt verwirkte Vertragsstrafensumme (2.), die Verzögerungsdauer (3.), Verzug (4.) sowie die Auftragssumme, die (umgekehrte) geplante Bauzeit sowie der Tagessatz (5.). An welchen der Stellschrauben inwiefern gedreht werden muss, soll nachfolgend untersucht werden. 1. Besondere Rechtfertigung für Vertragsstrafen auf Zwischenfristüberschreitungen Den Einstieg bildet die Stellschraube der am strafbewehrten Termin geschuldeten Teilleistung. Darf der Bauherr strafbewehrte Zwischenfristen über die gesamte Bauzeit täglich oder gar stündlich für Kleinstarbeiten einsetzen, um sicherzustellen, dass der Auftragnehmer exakt so arbeitet, wie von ihm 27  BGH

v. 6.12.2012 – VII ZR 133 / 11, NJW 2013, 1362, 1363.



II. Modifikationen der für den Tagessatz entwickelten Grundsätze121

gewollt? Gewiss nicht. Die Frage, wo genau eine unangemessene Benachteiligung beginnt, ist demgegenüber schwieriger zu beantworten. a) Liberaler Standpunkt: Einzige Voraussetzung ist Entfallen der Binnenvertragsstrafen bei Einhaltung der Schlussfrist In Teilen des Schrifttums28 findet sich der Standpunkt, die Pönalisierung der Nichteinhaltung von Binnenterminen könne auch zum Zweck bloßer Terminkontrolle zulässig sein. Voraussetzung sei allerdings, dass die Klausel für den Fall, dass die Fertigstellungsfrist gewahrt werde, einen Fortfall der Vertragsstrafeverpflichtung vorsehe. In der fristgerechten Beendigung des Gesamtbauwerks bestehe die Hauptleistungspflicht aus dem Bauvertrag. Strafbewehrte Zwischenfristen seien lediglich der „Weg zum Ziel“.29 Sie bezweckten ebenfalls die Beachtung des Endtermins.30 Die vorgeschlagene Gestaltung erscheint zunächst konsequent. Bei Erreichen des Ziels fällt keine Vertragsstrafe an – wie bei der Vertragsstrafe auf Endterminverletzungen. Indem dem Auftragnehmer die Möglichkeit eingeräumt wird, bereits verwirkte Vertragsstrafen vollumfänglich rückgängig zu machen, steht er sogar besser als mit nur wenigen (aber dafür bestehen bleibenden) Zwischenfristenvertragsstrafen. Diese Begünstigung steht der Belastung durch bloße Kontrollfristen gegenüber. Im Rahmen des § 307 I BGB kann eine zweckkongruente andere Regelung den benachteiligenden Klauselteil kompensieren.31 Übersehen werden darf dennoch nicht, dass es sich um eine Alles-odernichts-Regelung handelt. Die pünktliche Gesamtfertigstellung bedeutet zwar ein Entfallen der Vertragsstrafe. Sobald allerdings der Endtermin um nur einen Tag überschritten wird, ist der Auftragnehmer dem Kumulierungseffekt ungebremst ausgeliefert.32 Hinzu tritt die Vertragsstrafe hinsichtlich des Endtermins. Die Wahrscheinlichkeit, das Bauwerk einen Tag zu spät abzuschließen, ist insbesondere bei langen vereinbarten Bauzeiten sehr hoch einzuschätzen. Folglich übersteigt das Risiko, mit dem höchstmöglichen Betrag belastet zu werden, die Chance, einer Vertragsstrafe zu entgehen, erheblich. Mit Blick darauf, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen einer typisierten Inhaltskontrolle unterliegen, ist daher eine Kompensation zu verneinen. Langen33 geht noch weiter: Schon isoliert betrachtet begünstige das Erlöschen 28  Oberhauser,

Rn. 261; Vogel, ZfIR 2005, 373, 377. S. 203. 30  Zerhusen, Rn. 724. 31  Fuchs, in: Ulmer / Brandner / Hensen, § 307 Rn. 151; vgl. Schwab, Rn. 710. 32  Markus, in: Markus / Kaiser / Kapellmann, Rn. 574; Niebuhr, Rn. 212. 33  Langen, in: Kapellmann / Messerschmidt, § 11 VOB / B Rn. 74. 29  Reuter,

122

D. Strafbewehrte Zwischenfristen

der Binnenvertragsstrafen bei Einhaltung des Endtermins den Auftragnehmer nicht. Zumeist erfordere das Aufholen der Verzögerung kostenintensive Beschleunigungsmaßnahmen. Unter dem Strich werde der Erlass der Forderung somit vom Bauunternehmer erkauft. Der Nichteinhaltung einer Zwischenfrist kann zudem ein ganz eigenes, von der pünktlichen Gesamtfertigstellung unabhängiges Schadenspotential innewohnen.34 So entstehen dem Bauherrn etwa Mehrkosten in Form „weicher“ Beschleunigungsprämien an den Nachfolgeunternehmer, um diesen zum Aufholen des von seinem Vorgänger hinterlassenen Rückstands zu bewegen.35 Oder der Verzögerungsschaden besteht schlicht in dem erhöhten Koordinationsaufwand, welchen der durcheinander geratene Bauablauf mit sich bringt.36 Möglich ist ferner, dass der rechtzeitige Abschluss eines Bauabschnitts die Gefahr von Witterungsschäden minimieren soll.37 Oftmals benötigt ein Auftragnehmer für den Beginn seiner Arbeiten einen bestimmten Vorlauf eines anderen Unternehmers. Verspätet sich jener, wird der Auftragnehmer Stillstandskosten geltend machen.38 Ausnahmsweise kann der Bauherr an der Binnenfrist auch ein Nutzungsinteresse besitzen. Das ist der Fall, wenn die Übergabe einzelner Gewerke an den Erwerber bzw. den Mieter unmittelbar nach dem Abschluss der Bauarbeiten geplant ist.39 Auf der Grundlage dieses selbständigen Verzögerungsschadenspotentials wird vertreten, die Zulassung beliebiger strafbewehrter Zwischenfristen in Verbindung mit dem Entfallen der Vertragsstrafe bei Endtermineinhaltung verstoße gegen die Ausgleichsfunktion der Vertragsstrafe.40 Das überzeugt – auf den ersten Blick. Der Einwand des zwischenfristenspezifischen Schadensmoments ließe sich zunächst auf den Umstand beziehen, dass die angesammelte Vertragsstrafensumme bei pünktlicher Fertigstellung entfällt. Paradoxerweise würde die Gestaltung dann aber verworfen, weil sie dem Auftragnehmer einen Vorteil verschaffte.41 Aus der Nichterfüllung einer bestimmten Funktion der Vertragsstrafe darf nicht ohne Weiteres auf die Unwirksamkeit der Klausel geschlossen werden. Setzt man den Einwand demgegenüber in Zusammenhang 34  Döring,

in: Ingenstau / Korbion, § 11 VOB / B Rn. 26. Jahrbuch Baurecht 2012, 77, 78 f. 36  Döring, in: Ingenstau / Korbion, § 11 VOB / B Rn. 26. 37  Retzlaff, BauR 2015, 384, 385. 38  Beispielsfall bei: Berger, Jahrbuch Baurecht 2012, 77, 78. 39  Oberhauser, in: Beck OK, VOB / B, § 11 Abs. 2 Rn. 10; wobei sie eine Vertragsstrafe zur bloßen Terminkontrolle für zulässig hält, sofern diese bei Einhaltung des Endtermins entfällt. 40  Döring, in: Ingenstau / Korbion, § 11 VOB / B Rn. 26. 41  Zu dieser Argumentationsfigur in anderem Zusammenhang Minuth, NZBau 2000, 322, 323. 35  Berger,



II. Modifikationen der für den Tagessatz entwickelten Grundsätze123

mit der Vertragsstrafe zur bloßen Terminkontrolle, so erwiese er sich als Zirkelschluss. Soweit sich der Bauherr einzig zu Kontrollzwecken eine Vertragsstrafe ausbedingt, birgt der Verzug gerade kein eigenständiges Schadens­ potential. Umgekehrt ist der Gedanke hingegen fruchtbar zu machen. Die Nichteinhaltung von Binnenterminen muss, wenn sie mit einer Vertragsstrafe belegt wird, neben dem mittelbaren Schadenspotential bezüglich der Endfrist ein unmittelbares, das heißt eigenes, Schadenspotential enthalten. Das ist der einzige Weg, einen exzessiven Einsatz von Zwischenfristenvertragsstrafen sachgerecht zu begrenzen. Ruft man sich allerdings die Erkenntnisse zu Endfristverletzungen noch einmal in Erinnerung, so fällt auf, dass sich dort das erstrebenswerte Ziel der Bestimmung eines „typischen Schadenspotentials“ dem generalisierenden Maßstab der AGB-Kontrolle beugen musste [C. I. 2. a) dd) (1)]. Dort konnte hingegen unterstellt werden, dass der Auftraggeber das fertige Bauwerk irgendeiner Verwendung zuführen möchte. Mit anderen Worten: Die vertragsgemäße Fertigstellung ist stets als berechtigtes Interesse anzuerkennen. An einem solchen pauschalen Interesse mangelt es hinsichtlich der Beachtung beliebig gewählter Zwischenfristen. Dieser Unterschied bringt eine gute und eine schlechte Nachricht mit sich. Die schlechte Nachricht lautet: Es erscheint zwingend, das berechtigte Interesse als Vorgabe in die Form der Inhaltskontrolle zu gießen [dazu nachfolgend unter b) bis e)]. Die gute Nachricht ist indes, dass dieses Unterfangen leichter gelingt als bei der Fertigstellungsfrist. Bestand die nächste Konkretisierungsebene dort in der Berücksichtigung der speziellen Verzugsfolgen, so genügt hier die Differenzierung nach der Art des Binnentermins. Es wurde festgestellt, dass das Erlöschen der Vertragsstrafeforderung bei Wahrung der Endfrist die bloße Terminkontrolle als Intention nicht zu kompensieren vermag. Erst recht ist folglich entgegen dem Standpunkt des OLG Jena42 kein ausreichendes Gegengewicht in der Festlegung eines Gesamthöchstbetrags zu erkennen. Anderenfalls wäre auch die Wirksamkeitsgrenze für den Tagessatz bei Überschreitung des Endtermins überflüssig. Eine rechtswidrige Abrede wird nicht durch eine Deckelung nach oben rechtmäßig. Dennoch: Ein Gesamthöchstbetrag ist Wirksamkeitsvoraussetzung (ausführlich unter D. III.). Das ergibt sich aber bereits aus den Erwägungen zum Höchstbetrag unter C. I. 2. b) und stellt somit keine echte Begünstigung des Bauunternehmers dar.

42  OLG

Jena v. 26.1.1999 – 8 U 1273 / 98, juris Rn. 71.

124

D. Strafbewehrte Zwischenfristen

b) Restriktive Auffassung: Abgeschlossenheit und Fortgangsbedeutung als Kriterien Man könnte sich beim Verwirkungsgrund an der Regelung des § 9 II VOB / A orientieren.43 Für öffentliche Auftraggeber sieht sie vor, dass Einzelfristen nur für in sich abgeschlossene oder für den Fortgang der Gesamtarbeit besonders wichtige Leistungsteile vereinbart werden dürfen. Inhaltlich ist diesem Vorschlag zuzustimmen. Als Wirksamkeitsgrenze ist er gleichwohl zu unbestimmt. Wann ist ein Bauabschnitt „abgeschlossen“? Zweifellos schlösse die Regel offensichtlich unangemessene Zwischenfristen wie „ein Drittel der Fassade“ aus. Existiert unterdessen eine eigenständige Bezeichnung für die Teilleistung, wird es schon schwieriger. Im Urteil des OLG Hamm44 waren etwa bei einer Auftragssumme von DM 160.000 die Binnentermine „Feuerwehrschalter Brandmeldezentrale“ sowie „Beschriftungen“ festgelegt. Unter den Begriff des abgeschlossenen Teils der Leistung lassen sich diese Arbeiten subsumieren. Angemessen erscheint die Vertragsstrafe gleichwohl nicht. Problematisch ist gleichermaßen die Fortgangsbedeutung als Determinante der Inhaltskontrolle. Oftmals ergeben sich die Schnittstellen45 zu nachfolgenden Bauhandwerkern erst nach Vertragsschluss, wenn der Auftragnehmer weitere Termine auf die Bauleistung „aufsattelt“. c) Vermittelnde Ansicht: Keine missbräuchliche Aufspaltung einheitlicher Vorgänge Ähnlich, aber etwas extensiver ist der Standpunkt, der Bauherr dürfe bei der Gestaltung seiner strafbewehrten Zwischenfristen nicht willkürlich vorgehen46 bzw. einheitliche Vorgänge künstlich auseinander reißen47. Der Klausel müsse erkennbar ein Interesse des Bauherrn am reibungslosen Bauablauf sowie an der Vermeidung von Drittforderungen zugrunde liegen.48 § 9 II Nr. 1 VOB / A lasse sich infolge seiner ausdrücklichen Geltung nur für öffentliche Auftraggeber nicht eins zu eins auf den privaten Bauherrn übertragen.49 Im Vergleich zu den bei der Endfrist geltenden Determinanten lassen diese Vorgaben ausreichende Klarheit vermissen. Zur Ausgestaltung der General43  Niebuhr,

Rn. 204. Hamm v. 10.2.2000 – 21 U 85 / 98, BauR 2000, 1202, 1204. 45  Diesen treffenden Begriff verwenden Reichelt / Keinert, ZfIR 2013, 231, 234. 46  Langen, in: FS Schiffers, S. 143, 163. 47  Mai, in: Kleine-Möller / Merl / Glöckner, § 16 Rn. 386. 48  Langen, in: FS Schiffers, S. 143, 163. 49  Langen, in: FS Schiffers, S. 143, 146. 44  OLG



II. Modifikationen der für den Tagessatz entwickelten Grundsätze125

klausel der „unangemessenen Benachteiligung“ sind sie aufgrund der unbestimmten Rechtsbegriffe ungenügend. Ob ein bestimmter Zwischentermin im Einzelfall wirksam ist, können die Parteien nicht verlässlich erkennen. d) Differenzierung zwischen Baubeginn und Zwischenfristen Das OLG Nürnberg50, welches der letztgenannten vermittelnden Ansicht folgt, hält eine Vertragsstrafevereinbarung für den verspäteten Baubeginn für unwirksam. Begründet wird dies damit, dass der Baubeginn im Gegensatz zum rechtzeitigen Abschluss von Teilleistungen nicht Anknüpfungspunkt für Folgearbeiten sein könne.51 Bildlich gesprochen: Eine Staffelübergabe setzt voraus, dass bereits ein Teil der Strecke zurückgelegt wurde. Boldt52 zeigt hiervon zwei Ausnahmen auf. Bei zwei Hand in Hand arbeitenden Unternehmen mit parallelem Baubeginn wirke sich eine Verzögerung des einen unweigerlich auf die Leistung des anderen aus. Schadenspotential entfalte der verspätete Baubeginn zudem, falls damit der Wegfall der Baugenehmigung einhergehe.53 Da die Dauer des Verzuges im letzten Fall keine Rolle spiele, sei lediglich eine einmalige Vertragsstrafe hinzunehmen. Mit diesen Einschränkungen ist der Unzulässigkeit von Vertragsstrafen für den verspäteten Baubeginn zu folgen. e) Eigener Vorschlag: Entwicklung eines Katalogs zulässiger Bauabschnitte Höchstmögliche Rechtssicherheit ließe sich erreichen, indem man eine abstrakte Maximalanzahl von Zwischenfristen festlegte. Der Vielfalt und Komplexität verschiedener Bauprojekte würde diese Lösung freilich nicht gerecht. Abhilfe verspricht auch nicht die Wahl einer Variablen in Anlehnung an die vertraglich normierte Bauzeit. In der Verteilung des Pensums wäre der Bauherr frei. Er könnte seinem Vertragspartner weiterhin für jede Kleinigkeit Fristen in extrem kleinen Abständen auferlegen. Vorzugswürdig ist es daher, einen Katalog mit typischerweise bedeutsamen und eigenständigen Gewerken bzw. im Bauverlauf wichtigen Zeitpunkten zu schaffen. Der Bauherr darf dann ausschließlich für im Katalog enthaltene Arbeiten eigene Zwischenfristen vorsehen. Als Vorbild für einen derartigen Katalog eignen sich solche Gewerke, welche tauglicher Gegenstand einer 50  OLG Nürnberg v. 24.3.2010  – 13 U 201 / 10, NZBau 2010, 566, 567; a. A.: Mai, in: Kleine-Möller / Merl / Glöckner, § 16 Rn. 423. 51  OLG Nürnberg v. 24.3.2010 – 13 U 201 / 10, NZBau 2010, 566, 567. 52  Boldt, NZBau 2010, 568 f. 53  Reichelt / Keinert, ZfIR 2013, 231, 234 stimmen Boldt insoweit zu.

126

D. Strafbewehrte Zwischenfristen

Abschlagszahlung sind. In einem auf den Bau eines Wohnhauses zugeschnittenen Katalog könnten beispielsweise Platz finden: Baugrubenaushub, Bodenplatte, Rohbau, Dachflächen, Rohrinstallation, Fenstereinbau, Innenputz, Estrich, Fassadenarbeiten, Bezugsfertigkeit54 bzw. Übergabe an den Nutzer. Beim Schlüsselfertigbau darf eine Vertragsstrafe lediglich für letzteren Punkt ausbedungen werden.55 Der Gleichlauf von Abschlags- und Vertragsstrafefähigkeit ist nicht nur im Hinblick auf Abgeschlossenheit und Bedeutsamkeit der Bauabschnitte gerechtfertigt, sondern schafft darüber hinaus ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Vorteilen und Risiken des Auftragnehmers: Dem Recht des Auftragnehmers, in Abweichung von § 641 I 1 BGB für Einzelgewerke Abschlagszahlungen zu fordern, steht auf diese Weise die potentielle Vertragsstrafeverpflichtung im Falle der Fristüberschreitung gegenüber. Wird der Katalog den Erfordernissen des konkreten Bauprojekts nicht gerecht, so kann der Bauherr individualvertraglich abweichende Binnentermine einfügen. Der Auftragnehmer genießt auf diese Weise Schutz vor zu vielen und willkürlich gewählten Fristen. Beide Vertragsparteien werden in die Lage versetzt, die Wirksamkeit der Vertragsstrafeklausel bei Vertragsschluss zu beurteilen. Der Baubeginn darf abgesehen von den genannten Ausnahmen (Ablauf der Baugenehmigung, Arbeit Hand in Hand) nicht mit einer Pönale belegt werden. Mangels unmittelbarer Auswirkungen einer Verzögerung handelt es sich dabei nämlich ebenfalls um einen Fall bloßer Terminkontrolle. 2. Anrechnung der Vertragsstrafe für Binnenverzögerungen auf die insgesamt verwirkte Endfristvertragsstrafe Das Vergabe- und Vertragshandbuch für die Baumaßnahmen des Bundes56 will die Kumulierung eindämmen, indem die aufgrund der Endfristüberschreitung verwirkte Vertragsstrafe reduziert wird. Dies soll im Wege einer Anrechnung geschehen. Punkt 2.4 der Besonderen Vertragsbedingungen führt 54  Beispiele entnommen aus dem Abschlagszahlungsplan im Mustervertrag Einfamilienhaus vom Zentralverband Deutsches Baugewerbe, Punkt 7.3, http: /  / www.zdb. de / zdb.nsf / A5160FB9A4144973C12574B0003037D1 / $File / 3AR_EH-SF_V12-1E. PDF, zuletzt abgerufen am 15.02.2015. 55  Auf das unterschiedliche Schadenspotential der Zwischenfristverletzungen bei Schlüsselfertigbau und konventioneller Bauausführung weist Langen, in: Kapellmann / Messerschmidt, § 11 VOB / B Rn. 73, i. V. m. der dortigen Fn. 169 hin. Er spricht sich jedoch nicht für eine unterschiedliche Behandlung hinsichtlich der Zulässigkeit strafbewehrter Binnentermine aus. 56  Vergabe- und Vertragshandbuch für die Baumaßnahmen des Bundes, Stand Aug. 2014, Besondere Vertragsbedingungen, Punkt 2.3, S. 120; http: /  / www.fib-bund. de / Inhalt / Vergabe / VHB / LESEFASSUNG.pdf, zuletzt abgerufen am 15.02.2015.



II. Modifikationen der für den Tagessatz entwickelten Grundsätze127

Abb. 4: Anrechnung der Binnenvertragsstrafen auf die für den Endtermin

aus: „Verwirkte Vertragsstrafen für den Verzug (…57) wegen Nichteinhaltung verbindlicher Zwischentermine (Einzelfristen als Vertragsfristen) werden auf eine durch den Verzug wegen Nichteinhaltung der Frist für die Vollendung der Leistung verwirkte Vertragsstrafe angerechnet.“ Kurz: Die Endfristvertragsstrafe entfällt in Höhe der Summe aller Binnenterminvertragsstrafen (Abb. 4). In unserem Beispiel unter D. I. 2. zu Beginn fällt also eine Vertragsstrafe für 8 Verzögerungstage58 an. Unverändert kumulieren sich dabei allerdings die einzelnen auf der Überschreitung von Zwischenfristen beruhenden Vertragsstrafen. Eine Modifikation findet ausschließlich in Bezug auf die verzögerte Fertigstellung statt. Ausscheiden muss auch eine Kompensation der verbleibenden Kumulierung durch die Reduktion der Endfristvertragsstrafe. Die Summe der Binnenterminvertragsstrafen wird die Endfristvertragsstrafe häufig erheblich überschreiten. Es ist demzufolge wahrscheinlich, dass der Dominoeffekt nur partiell ausgeglichen wird. Möglich erscheint sogar, dass der mit der Kumulierung verbundenen Benachteiligung überhaupt kein Vorteil gegenübersteht. Ein solches Szenario ergibt sich, sofern der Bauunternehmer den Rückstand kurz vor dem Endtermin vollständig beseitigt. Verlässlich kommt der (teilweise) Erlass der Vertragsstrafe mithin nicht zur Anwendung. Auf der anderen Seite verwehrt die Anrechnungsmethode als Wirksamkeitsvoraussetzung dem Bauherrn ganz bzw. größtenteils eine eigenständige Vertragsstraferegelung hinsichtlich der Endfrist. Und das, obwohl das Schadenspotential dort typischerweise höher liegt als bei Binnenfristen. Die Klauselgestaltung des Bauherrn wird über das Maß des Erforderlichen eingeschränkt. Überdies verleitet ein Wertungswiderspruch den Auftragnehmer gar zum Vertragsbruch. Man versetze sich in dessen Perspektive zwischen Ablauf 57  Die Vertragsstrafeklausel enthält zugleich eine Anrechnung „wegen Nichteinhaltung der Frist für den Ausführungsbeginn“. Die Zulässigkeit der Pönalisierung dessen wurde aber bereits oben unter D. II. 1. d) verneint. Der Übersichtlichkeit zuliebe soll daher an dieser Stelle nicht darauf eingegangen werden. 58  Vertragsstrafe für 3 + (3+2) + 0 Tage.

128

D. Strafbewehrte Zwischenfristen

der letzten Zwischenfrist und dem Fertigstellungstermin. Der Auftragnehmer besitzt einen „Freifahrtschein“ für eine Verzögerung, welche eine Vertragsstrafe in Höhe der entstandenen kumulierten (!) Binnenvertragsstrafen auslöst. Die vorangegangenen Verspätungen kann der Bauunternehmer ohnehin nicht mehr rückgängig machen. Er hat also nichts zu verlieren. Ein „kluger“ Unternehmer wird daher seinen Rückstand bis zur Summe der Zwischenfristenvertragsstrafen mittels einer Neuverzögerung „auffüllen“. Der entstehende Puffer wird ihm gut zu Pass kommen, um etwa bei Parallelaufträgen entstandene Rückstände aufzuholen und so einer konkurrierenden Vertragsstrafe zu entgehen. Die Erfüllungsdruckfunktion wird folglich in ihr Gegenteil verkehrt. 3. Reduktion der Verzögerungsdauer Im Wege einer Modifikation der vertragsstraferelevanten Verzögerungsdauer treten die im Folgenden zu erörternden Methoden dem Kumulierungsproblem entgegen. a) „Abschmelzungslösung“: Berücksichtigung nur der letzten Fristüberschreitung Der erste Ansatz besteht darin, jeweils die Vertragsstrafe für die vorangegangene Frist entfallen zu lassen, die Verzögerung dafür aber auf die Folgefrist zu berechnen. Kontinuierlich könne der Auftragnehmer auf diese Weise einen eingetretenen Verzug aufholen und die Vertragsstrafe „abschmelzen“59 (Abb. 5.1). Für unseren Fall ergeben sich auf diesem Wege 6 Verspätungstage60.

Abb. 5.1: Abschmelzungslösung; wachsender Rückstand 59  Meier, in: Ulbrich, B Rn. 31, dort in Verbindung des Bauabschnittspauschalpreises als Berechnungsgrundlage, siehe unter D. II. 5. a). 60  0 + 0 + (3+2+1) Tage.



II. Modifikationen der für den Tagessatz entwickelten Grundsätze129

Ohne Zweifel: Der Dominoeffekt der Zwischenfristenvertragsstrafen wird durch diese Modifikation eliminiert. Man ist zu der Annahme verleitet, zugleich werde ein Anreiz zum Aufholen der Verzögerung gesetzt. Der Erfüllungsdruck fiele demnach höher aus als bei unwiderruflich angefallenen Vertragsstrafen für verstrichene Termine. Faktisch zählt allerdings einzig die letzte Terminüberschreitung61. Sämtliche zuvor angesammelten Einzelverspätungen bleiben unberücksichtigt. Sie entfallen automatisch – ohne Zutun des Bauunternehmers. Ausdruck seiner Steuerungsmöglichkeit ist dieser Vorgang deshalb gerade nicht. Dem Bauherrn ist es demnach nicht möglich, das Mittel der Vertragsstrafe ihren Funktionen entsprechend einzusetzen. Die Druckfunktion läuft leer. Im Falle eines erhöhten Bedarfs an Arbeitskräften und Geräten auf einer anderen Baustelle kann der Auftragnehmer die ersten Einzelfristen planmäßig „reißen“. Ergreift er zum Ende der vertraglich festgelegten Bauzeit erfolgreich Beschleunigungsmaßnahmen wie Schichtarbeit, ist er vor einer Vertragsstrafe gefeit (Abb. 5.2). Gleichermaßen wird der Ansatz dem unmittelbaren eigenen Verzögerungsschadenspotential der Zwischentermine [siehe D. II. 1. a)] nicht gerecht. Versteht man die Abschmelzungslösung inklusive des Endtermins, steht der Bauunternehmer im Ergebnis sogar so, als wäre ausschließlich der Endtermin strafbewehrt. Das kommt einem Verbot von Vertragsstrafen bezüglich der Verletzung von Binnenterminen gleich. Ein Interessenausgleich im Sinne des § 307 I 1 BGB sieht anders aus. b) Anrechnung der bereits eingetretenen Verzögerung auf die jeweilige Folgefrist Spiegelbildlich zur Abschmelzungslösung verhält sich der Vorstoß, eine bestehende Verzögerung jeweils auf die Überschreitung der Folgefrist anzurechnen.62 Betrachtet man etwa die Fertigstellungsfrist, so verkörpert die Summe aus der Erstverzögerung sowie der Differenz zwischen Zweit- und Erstverzö-

Abb. 5.2: Abschmelzungslösung; abnehmender Rückstand

61  Wie 62  KG

bei der Musterklausel von: Reuter, S. 209, der dieser Ansicht folgt. v. 7.1.2002 – 24 U 9084 / 00, juris Rn. 96; Bschorr / Zanner, S. 70.

130

D. Strafbewehrte Zwischenfristen

Abb. 6.1: Stufenweise Anrechnung; wachsender Rückstand

gerung den Subtrahenden. Faktisch verschiebt sich die Folgefrist nach hinten. Die Vertragsstrafe wächst daher nur, wenn und soweit sich der bereits vorhandene Rückstand erhöht63 (Abb. 6.1). Dieses Vorgehen ähnelt der Anrechnung auf die Endfristvertragsstrafe unter D. II. 2. Der methodische64 Unterschied besteht darin, dass die Verzögerungsdauer und nicht die insgesamt pro Termin anfallende Vertragsstrafe Gegenstand der Anrechnung ist. Bedeutung gewinnt diese Differenzierung, sobald die pro Tag zu zahlende Vertragsstrafe von Termin zu Termin variiert (dazu im Rahmen des Punktes D. II. 5.). Die Vorteile der stufenweisen Anrechnung sind: Jede Rechtsfolge (Verwirkung einer Vertragsstrafe) lässt sich auf einen eigenständigen Vertragsverstoß (Verzögerung neuen Ursprungs) zurückführen. Das Problem der Kettenreaktion wird gelöst. Dies geschieht „sanfter“ als bei der soeben vorgestellten Abschmelzungslösung. Denn für jede Zwischenfrist kann nach wie vor eine Vertragsstrafe anfallen. Es existiert lediglich ein „Freibetrag“ in Höhe der vorangegangenen Verspätung. Um die Schwächen des Ansatzes ans Licht zu bringen, bedarf es der detaillierten Analyse zweier möglicher Geschehensverläufe. Die erste Situation: Mit jedem neuen Termin treten über den Dominoeffekt hinausgehende Verzögerungen hinzu (siehe vorstehende Abbildung) bzw. die Verzögerung erschöpft sich (exakt) im Dominoeffekt. Im Ergebnis steht der Klauselgegner hier – unter der Prämisse, dass die pro Tag zu verwirkende Vertragsstrafe bezüglich jeder Einzelfrist identisch ist – wie bei der Abschmelzungslösung. Denn der Vertragsstrafeberechnung wird eine Verzögerung zugrunde gelegt, welche der Überschreitung der spätesten Frist entspricht. Für unser Beispiel ergeben sich damit ebenfalls 6 Verzögerungstage65. In Erwägung dessen wird auf die Kritik an der Abschmelzungslösung verwiesen. 63  Wolff, in: Messerschmidt / Voit, M Rn. 299; dort nur einer von mehreren Lösungsvorschlägen. 64  Abgesehen von der offensichtlichen Tatsache, dass sich hier die Anrechnung auf jede Folgefrist und nicht lediglich auf den Fertigstellungstermin bezieht. 65  Gleiches Ergebnis, anderer Weg: 3 + (0 + 2) + (0+0+1) Tage.



II. Modifikationen der für den Tagessatz entwickelten Grundsätze131

Abb. 6.2: Stufenweise Anrechnung; abnehmender Rückstand

Ein abweichendes Resultat ergibt sich, sobald der Bauunternehmer einen Teil seines Rückstandes aufholt. An dem Termin, an welchem sich das Aufholen bemerkbar macht, entsteht kein Vertragsstrafeanspruch. Das erscheint auf den ersten Blick durch und durch positiv für den Auftragnehmer. Die Anrechnung vermag jedoch keine negative Anzahl von Verzögerungstagen als Differenz zu erzeugen. Übersteigt der Subtrahend den Minuenden, ist das Ergebnis stets Null (Abb. 6.2). Ausgeschlossen ist ein rückwirkender Abzug bereits angesammelter Altverzögerungen. Das Aufholen wirkt sich somit (im Vergleich zum konstanten Rückstand) nicht auf die Höhe der Vertragsstrafe aus. So bleibt in unserem Fallbeispiel die Erstverzögerung von 3 Tagen bestehen – ohne Unterschied, ob der Bauhandwerker den Rückstand aufholt oder beibehält66. Darin liegt ein Widerspruch zur Druckfunktion. Umgekehrt bleibt eine Fortpflanzung der Verzögerung für den Bauunternehmer stets ohne Folgen. Die stufenweise Anrechnung setzt ihm daher (wie die Anrechnung auf die Endfristvertragsstrafe) sogar einen Anreiz, sich auf seinem Verzug auszuruhen. Sie wirkt deshalb kontraproduktiv. Abschließend ist festzustellen, dass die verbliebenen Kumulierungsprobleme bei unterschiedlichen Verzögerungsursprüngen nicht beseitigt werden. Der Tagessatz darf isoliert gesehen nicht so hoch wie bei der Endfristüberschreitung angesetzt werden. Überdies summieren sich die Vertragsstrafen der einzelnen Termine – zwar nicht den jeweils „weitergeschleppten“67 Verzögerungsteil betreffend, wohl aber im Hinblick auf den neu hinzukommenden Rückstand. Gleichermaßen wird nicht auf den zeitgleichen Ablauf mehrerer Zwischenfristen eingegangen.

66  In

beiden Fällen wird für 3 + 0+ 0 Tage eine Pönale verwirkt. verwendet von Kraus, in: Glöckner / v. Berg, § 339, Rn. 9.

67  Begriff

132

D. Strafbewehrte Zwischenfristen

4. Verzugsorientierter Ansatz: Der Dominoeffekt als Scheinproblem Langen68 wendet sich gegen sämtliche Modifikationen, welche eine Ausschaltung des Dominoeffekts intendieren. Es bestehe gar kein Handlungsbedarf. Auf jeder Einzelfrist baue eine eigenständige Vertragsstrafenabrede auf. Zwingender Bestandteil einer jeden Vertragsstrafenabrede sei Verzug und damit Vertretenmüssen. Setze sich eine Verzögerung nun automatisch fort, habe der Auftragnehmer dies nicht zu vertreten. Insoweit sei eine Kettenreaktion ausgeschlossen. Jene Stimmen, welche hier gleichwohl ein Kumulierungsproblem sähen, kritisierten in Wahrheit keine ungerechtfertigte Summierung mehrerer Vertragsstrafen. Vielmehr kreierten sie erst eine solche, indem sie ein und dasselbe Verschulden mehrfach zugrunde legten.69 Versorge der Bauunternehmer indes die Baustelle unzureichend mit Personal, Material und Gerät, würden ihm zu Recht trotz konstanten Rückstandes wiederholt Vertragsstrafen auferlegt.70 Während die stufenweise Anrechnung hinsichtlich der kongruenten Folgeverzögerung unwiderleglich mangelndes Verschulden vermutete, wird hier im konkreten Fall geprüft, ob der Auftragnehmer den Rückstand in zumutbarer Weise hätte beseitigen können. Damit positioniert sich die verschuldensorientierte Lösung systematisch zwischen einer automatischen Fortsetzung aller Verzögerungen und der stufenweisen Anrechnung. Das führt zu einer gerechten Risikoverteilung. Der Bauunternehmer muss sein Bestes geben; auf seiner Verzögerung ausruhen kann er sich nicht. Aufholanstrengungen zahlen sich aus. Andererseits ist er vor einem echten Dominoeffekt, das heißt einer Vertragsstrafe, deren Anfallen seinem Einfluss entzogen ist, geschützt. Somit erfüllt der verschuldensorientierte Ansatz mustergültig die sich aus der Steuerungsfunktion ergebenden Anforderungen. Zugleich wird dem isolierten Schadenspotential der Einzelfristen Rechnung getragen. Soweit die Ausgleichsfunktion zugunsten der Erfüllungsdruckfunktion in Form des Verzugserfordernisses zurücktritt, ergibt sich kein Unterschied zum Vertretenmüssen bei pönalisierten Endterminüberschreitungen. Der Bauherr ist folglich bei der Gestaltung von Vertragsstrafeklauseln bezüglich Zwischenfristen in diesem Punkt keinen strengeren Regeln unterworfen. Auch erweist sich eine Verspätung lediglich dann als sanktionswürdig, sofern der Auftragnehmer zumutbare Beschleunigungsmaßnahmen schuldhaft unterlässt. Gleiches gilt für das Genugtuungsbedürfnis. Die hohen Anforderungen, welche an das Handeln des Bauunternehmers gestellt werden – Beschleunigung statt bloße Verhinde68  Langen,

in: Kapellmann / Messerschmidt, § 11 VOB / B Rn. 80. in: FS Schiffers, S. 143, 162. 70  Langen, in: Kapellmann / Messerschmidt, § 11 VOB / B Rn. 80. 69  Langen,



II. Modifikationen der für den Tagessatz entwickelten Grundsätze133

rung neu hinzukommender Verzögerungen – erscheinen zudem im Hinblick auf die oben unter [D. II. 1. e)] vorgenommene Reglementierung strafbewehrter Binnenfristen angemessen. Als Instrumente zur Erhöhung des Bautempos71 kommen Mehrschichtbetrieb mit zusätzlichem Personal, Parallelarbeit und Überstunden in Betracht. Möglich erscheint ebenfalls eine abweichende Baukonstruktion, wie etwa der Einsatz von Stahlbeton-Fertigteilen statt Ortbeton, oder aber die Verwendung effektiverer, modernerer Gerätschaften. Auf die rechtlichen wie tatsächlichen Beschränkungen ist im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung Rücksicht zu nehmen. So unterliegt der Auftragnehmer Vorgaben seitens der Gewerbeaufsicht, durch das Arbeitszeitgesetz und ist an den verfügbaren Bauraum gebunden.72 Die verschuldensorientierte Lösung vermag allerdings ebenso wie die stufenweise Anrechnung nicht die (dort am Schluss genannten) verbliebenen Kumulierungsprobleme bei Vertragsstrafen unterschiedlicher Verzögerungsursprünge zu beseitigen.73 Erreichen lässt sich dieses Ziel nur über eine Modifikation der Höhe der pro Tag anfallenden Vertragsstrafe. Mögliche Wege sollen Gegenstand des nachfolgenden Abschnitts sein. 5. Herabsetzung der Bemessungsgrundlage bzw. des Tagessatzes Die pro Tag zu verwirkende Vertragsstrafe kann auf zwei Arten reduziert werden: über eine Modifikation der Bemessungsgrundlage oder alternativ des Tagesprozentsatzes. Beides kann jeweils entweder für alle strafbewehrten Einzelfristen einheitlich geschehen oder individuell angepasst an den konkreten Bauabschnitt. Im Falle einer individuellen Herabsetzung sind schließlich unterschiedliche Kriterien für den Herabsetzungsumfang denkbar. a) Der Bauabschnittspreis als Bemessungsgrundlage Als Anknüpfungspunkt für die Bezugsgröße kommt zunächst der Preis für die im Bauabschnitt vor dem Zwischentermin zu erbringende Teilleistung in Betracht74 (Abb. 7.1). Unverändert bliebe hingegen die Wirksamkeitsgrenze 71  Die nachfolgend beschriebenen Maßnahmen sind entnommen aus: Heiermann / Vygen, S. 153. 72  Heiermann / Vygen, S. 154. 73  Langen, in: Kapellmann / Messerschmidt, § 11 VOB / B Rn. 80 kombiniert die verschuldensorientierte Lösung mit einer Herabsetzung der Wirksamkeitsgrenze für den Tagessatz auf höchstens 0,15 % pro Werktag. Hier werden beide Modifikationen jedoch getrennt dargestellt, um sie den jeweiligen Alternativen gegenüber zu stellen. 74  BGH v. 23.1.2003  – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808; OLG Köln v. 17.8.2010 – 3 U 69 / 09, juris Rn. 54.

134

D. Strafbewehrte Zwischenfristen

Abb. 7.1: Bauabschnittspreislösung

für den Prozentsatz. Pro Werktag dürfte somit eine maximale Vertragsstrafe von 0,3 % des auf den Bauabschnitt entfallenden Teils der Auftragssumme gefordert werden.75 Pflanzte sich eine Verletzung der ersten Zwischenfrist bis zum Schluss fort, diente als Basiswert de facto der Gesamtbaupreis. Das entspricht Verträgen, in denen ausschließlich der Endtermin strafbewehrt ist.76 Der BGH hält die Bauabschnittslösung für wirksam. Welche weiteren Optionen wirksamer Klauselgestaltung dem Bauherrn zur Verfügung stehen, darüber musste das Gericht indes bislang nicht entscheiden.77 Bezogen auf unsere Beispielwerte beträgt der Basiswert für den ersten Bauabschnitt EUR 1 Mio., für den zweiten EUR 2 Mio. und für den letzten Bauabschnitt EUR 3 Mio., was in der Summe die Gesamtauftragssumme von EUR 6 Mio. ergibt. Dieselbe Wirkung wie die Bauabschnittspreislösung besitzt freilich das spiegelbildliche Vorgehen, nur einen dem Bauabschnitt entsprechenden anteiligen Tagesprozentsatz bei unverändertem Basiswert zu wählen bzw. nur einen entsprechenden Anteil der Verzögerungsdauer zu berechnen (Abb. 7.2). Was zeichnet die Bauabschnittslösung aus? Ihr gelingt es als erster der bisher dargestellten Methoden, die Summierung von Vertragsstrafen unterschiedlichen Verspätungsursprungs zu unterbinden78. Der Bundesgerichtshof betont, die Fortsetzung einer Verzögerung im nachfolgenden Bauabschnitt führe nicht zu einer Erhöhung des Tagessatzes, sondern lediglich zu einer Erhöhung der Bezugsgröße.79 Die Aussage erweckt 75  Reuter,

S. 143. v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808. 77  BGH v. 6.12.2012  – VII ZR 133 / 11, NJW 2013, 1362, 1363  – dass es welche geben muss, ergibt sich aus dem Zusammenspiel aus Nennung einer Wirksamkeitsgrenze und umgekehrt ausdrücklichem Verzicht auf eine Anleitung für wirksame Gestaltung. 78  BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808. 79  BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808; Niebuhr, Rn. 212. 76  BGH



II. Modifikationen der für den Tagessatz entwickelten Grundsätze135

Abb. 7.2: Alternative Darstellung der Bauabschnittspreislösung

für sich betrachtet den Eindruck, auch der Dominoeffekt sei behoben. In „herunter geregeltem“ Umfang besteht er allerdings fort. Der Bauhandwerker schiebt nun lediglich eine kleinere „Bugwelle“80 vor sich her. Dies wird teilweise (nicht zuletzt vom BGH selbst) als hinnehmbar erachtet.81 Verglichen mit einer bloßen Endfristvertragsstrafe ist zwar die absolute Summe bei einer sich durch sämtliche Bauabschnitte ziehenden Verzögerung identisch. Für die kongruente Folgeverzögerung fällt unterdessen jeweils eine erneute Vertragsstrafe an – ohne Rücksicht auf ein Vertretenmüssen des Auftragnehmers. Der im vorangegangenen Abschnitt (D. II. 4.) aufgezeigten Verzugslösung folgt der BGH nämlich gerade nicht. Die Verwirkung der Vertragsstrafe ist mithin zu einem großen Teil der Steuerung des Auftragnehmers entzogen, was zu einem Verstoß gegen die Druckfunktion führt. Die Tatsache, dass der pro Tag des Rückstands entstehende Vertragsstrafenanspruch wirksam nach oben begrenzt ist, kompensiert den Verstoß nicht. Der Bauunternehmer gewinnt hierdurch nicht den Einfluss auf das Anwachsen der Pönale zurück. Dieselbe Wertung findet sich bereits beim Mindestquotienten [unter C. I. 2. c) aa)]. Isoliert gesehen wirksame Werte bei Obergrenze und Tagessatz vermochten dort einen angemessenen Quotienten nicht zu ersetzen. Beseitigen lässt sich der herunter geregelte Dominoeffekt aber durch eine Kombination von Bauabschnitts- und Verzugslösung (dazu unten unter D. II. 8.). Ungelöst bleiben die Probleme zeitgleich angesetzter Zwischentermine sowie der Streuwirkung. Letzteres gibt der BGH82 selbst zu bedenken: Die Vertragsstrafevereinbarung sei trotz Beachtung der Bauabschnittsmethode unangemessen, sofern sich eine Verzögerung gleichzeitig auf mehrere Bauabschnitte auswirke.

Metapher bemühen Reichelt / Keinert, ZfIR 2013, 231, 235. v. 23.1.2003  – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808: „Der Umstand, dass sich eine Verzögerung in allen Bauabschnitten auswirkt, führt nicht zu einer unangemessenen Kumulierung.“; Hafkesbrink, in: Leinemann, § 11 Rn. 28; Berger, Jahrbuch Baurecht 2012, 77, 93. 82  BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, NJW 2003, 1805, 1808. 80  Diese 81  BGH

136

D. Strafbewehrte Zwischenfristen

Positiv fällt ins Gewicht, dass die Bauabschnittslösung über eine schlichte Reduzierung der Vertragsstrafenhöhe hinaus die wirtschaftliche Bedeutung jedes Bauabschnitts berücksichtigt. Ihre Befürworter begnügen sich nicht mit einer schlichten Division des Gesamtauftragswertes durch die Anzahl der Zwischenfristen. Berger83 sieht im Bauabschnittspreis indes ein sachfremdes Kriterium für die Bemessung der Vertragsstrafenhöhe. Ausschlaggebend sei vielmehr die Wichtigkeit des Zwischentermins84 und die Überschreitungsdauer85. In der Tat bestimmen sich Schadenspotential sowie Genugtuungsund Sanktionsbedürfnis nicht nach dem Preis für die Teilleistung bis zum Zwischentermin. Beispielsweise können auf einem kurzen, technisch unkomplizierten Arbeitsschritt zahlreiche Folgetätigkeiten aufbauen. Ein zwischenfristenspezifisches Problem liegt hierin allerdings nicht. Schon beim Endtermin waren Auftragssumme und möglicher Verzögerungsschaden nicht verhältnisgleich. Ein „typischer“ Schaden konnte gerade nicht ermittelt werden. Die Auftragssumme bildete daher (neben der vereinbarten Bauzeit und der Verzögerungsdauer) den einzigen möglichen Anknüpfungspunkt. Nichts anderes gilt für die Bauabschnittspreise. Einen Bezug zum Schaden stellen zugunsten des Auftragnehmers das Gegenbeweiskorrektiv und zugunsten des Bauherrn das Aufstockungsrecht gem. §§ 340 II, 341 II BGB her. Doch existiert hierzu noch ein „Schwesterproblem“. Ebenso wie die Wichtigkeit der Zwischenfrist nicht mit dem Verzugsschadenspotential korrespondiert, ist der Bauabschnitt nicht notwendigerweise gleichbedeutend mit dem Intervall zwischen zwei Binnenterminen. Angenommen, der Auftragnehmer führt in einem solchen Intervall plangemäß zwei Teilleistungen nebeneinander aus, wobei sich der strafbewehrte Binnentermin nur auf eine Teilleistung bezieht. Dann stellt sich die Frage, ob der Auftragswert für die zweite Teilleistung in die Bemessungsgrundlage einfließt.86 Dafür spricht, dass der Bauunternehmer seine Arbeitskraft auf beide Teilgewerke verwendet und sich sämtliche Einzelbezugsgrößen exakt zur Gesamtauftragssumme addieren. Gleichwohl würde auf diese Weise der Baupreis für ein Teilgewerk zur Bemessungsgrundlage, für dessen verspätete Fertigstellung die Parteien ausdrücklich keine Vertragsstrafe vereinbart haben. Ein solches „Geschenk“ an den Bauherrn ist nicht gerechtfertigt. Beabsichtigt der Bauherr die Pönalisierung der verspäteten Fertigstellung sämtlicher in einem Zeitintervall angesiedelter Teilleistungen, so muss er dies bei Vertragsschluss gegenüber dem Auftragnehmer (gegebenenfalls im Tausch gegen ein Einlenken an anderer Stelle) durchsetzen. 83  Berger,

IBR 2013, 69; ders., Jahrbuch Baurecht 2012, 77, 86. IBR 2013, 69. 85  Berger, Jahrbuch Baurecht 2012, 77, 86. 86  Bräuer, Anm. zu BGH v. 6.12.2012 – VII ZR 133 / 11, NZBau 2013, 224. 84  Berger,



II. Modifikationen der für den Tagessatz entwickelten Grundsätze137

Mit dieser Wertung korrespondiert auch eine neuere Begründung der Bauabschnittslösung durch den BGH87: Die Richter ziehen eine Parallele zur Vertragsstrafe für die verzögerte Fertigstellung von Einzelgewerken. Der Bauherr dürfe nicht besser stehen, als hätte er den Bauunternehmer allein mit der Werkleistung bis zum jeweiligen Binnentermin beauftragt. Dann wäre gleichfalls nur der auf diese Teilleistung entfallende Werklohn der Basiswert. Davon, dass der Auftragnehmer später noch weitere Leistungen erbringe, welche nicht zur Sicherung des Zwischentermins beitrügen, dürfe der Bauherr nicht profitieren. Dieser Erwägung ist beizupflichten. Geht man von der Verzugslösung aus, ergibt sich jedoch eine abweichende Schlussfolgerung. Denn zwischen Einzelgewerken und Bauabschnitten besteht ein wesentlicher Unterschied. Stellt der Auftragnehmer ein Einzelgewerk verzögert fertig, so sind zwei Entwicklungen denkbar. Entweder die Anschlussunternehmer arbeiten exakt obligationsgemäß bzw. verspäten sich; dann schleppt sich die Verzögerung bis zum Ende fort. Die Folgen sind potentielle Schäden aus der Endfristüberschreitung wie Nutzungsausfall, aus der nötigen Neukoordinierung sowie Schäden in Form von Stillhalteforderungen. Dem wird der Bauherr entgehen wollen. Er wird daher versuchen, den nachfolgenden Unternehmer gegen zusätzliche Zahlungen zum Aufholen zu bewegen. Je nachdem, welchen Umfang die zu beseitigende Verspätung aufweist, kann eine solche Beschleunigungsvergütung den Bauherrn finanziell erheblich belasten. Ist demgegenüber ein Bauunternehmer mit mehreren Teilleistungen betraut, beinhaltet seine Primärpflicht zur vertragsgemäßen Fertigstellung das Aufholen des Rückstands. Bleiben die Anstrengungen des Auftragnehmers hinter dem Zumutbaren zurück, drohen ihm nach dem verzugsorientierten Ansatz weitere Vertragsstrafen. Es liegt daher in seinem eigenen Interesse, die drohende Fortpflanzung der Verspätung abzuwenden. Eine über den Werklohn hinausgehende Vergütung fällt dafür nicht an. Mithin ist das Schadenspotential bei der Verletzung von Zwischenfristen geringer einzuschätzen als bei der von Einzelgewerksfristen. Daraus folgt, dass der Bauunternehmer entgegen der Auffassung des BGH bei Zwischenfristen nicht genauso, sondern besser ­stehen muss, als bei Einzelgewerken. (Wie dies zu erreichen ist, soll unter D. II. 8. dargestellt werden.) Unbefriedigend erscheint weiterhin, dass nach der Bauabschnittslösung die Vertragsstrafe hinsichtlich des Endtermins auf die gleiche Art und Weise berechnet wird wie hinsichtlich der Zwischenfristen.88 Die Bemessungsgrundlage für den letzten Bauabschnitt kann so unter Umständen geringer ausfallen 87  BGH

v. 6.12.2012 – VII ZR 133 / 11, NJW 2013, 1362, 1363 f. Problem sieht auch Niebuhr, Rn. 213. Er spricht sich daher für einen Tagessatz von 0,15 % der auf den betreffenden Bauabschnitt entfallenden Teilvergütung aus. Einer solchen starren Lösung ist jedoch nicht zuzustimmen, dazu unten unter „Eigener Vorschlag“. 88  Dieses

138

D. Strafbewehrte Zwischenfristen

als für einen früheren. Entgegen ihrer herausragenden Bedeutung wäre die Schlussfrist damit schwächer abgesichert als die Binnenfristen. (Zur Lösung dieses Problems siehe ebenfalls D. II. 8.) Ein Wertungswiderspruch ergibt sich auch, wenn man einen Bauvertrag, welcher nur den Endtermin mit einer Pönale bewehrt, mit einem Vertrag vergleicht, der zusätzlich Binnenfristen vorsieht. „Reißt“ der Bauunternehmer im zweiten Fall schuldhaft alle Fristen bis auf eine um jeweils 10 Tage, steht er günstiger, als würde er sich im ersten Fall allein mit der Fertigstellung um 10 Tage verspäten. Der Bauunternehmer läuft aber auf der anderen Seite Gefahr, wenn Zwischenfristen vereinbart sind, an zahlreichen Stellen eine Vertragsstrafe zu verwirken. Eingetretene Fristüberschreitungen kann er selbst nach der Verzugslösung nicht rückgängig machen – wie nach der Abschmelzungsmethode der Fall. Auf diese Weise wird ein Ausgleich herbeigeführt. b) Abwandlung der Bauabschnittspreislösung: nur fallbezogene Anwendung der Modifikation Vereinzelt wird auch auf eine Mischform aus Bauabschnittslösung und Übertragung der für die Endfrist geltenden Grundsätze zurückgegriffen. Weise die Zwischenfrist eine selbständige Bedeutung für das Gesamtvorhaben aus, etwa weil andere Gewerke auf ihr aufbauten, bestehe kein Bedürfnis für Sonderregeln.89 Dass der betreffende Bauabschnitt typischerweise fortgangswichtig ist, rechtfertigt nach dem oben Gesagten überhaupt erst die Belegung von Binnenterminüberschreitungen mit einer Vertragsstrafe. Nicht nur das Ob, sondern auch das Wie der Vertragsstraferegelung ist jedoch zum Schutze des Auftragnehmers angemessen zu begrenzen. c) Am Zwischentermin laut Zahlungsplan insgesamt erreichter Preis Ein anderer, verwenderfreundlicherer Weg als die Bauabschnittslösung wird in einer Musterklausel von Markus90 vorgeschlagen. Er stellt auf die bei Ablauf der betreffenden Zwischenfrist gemäß Zahlungsplan insgesamt erreichte Nettosumme ab. Anders ausgedrückt: Bezugsgröße ist die Summe der Preise für jene Bauabschnitte, welche zeitlich vor der Zwischenfrist liegen (Abb. 8). Setzt sich eine Verzögerung in den Folgeabschnitten fort, erhöht sich mit jeder Frist die einzelne Bezugsgröße, während sich nach der 89  Rodemann,

MDR 2002, 1357, 1358; Lauer / Wurm, Rn. 373. 4 mit Bezugnahme auf 3 bei Markus, in: Markus / Kaiser / Kapellmann, Rn. 576 i. V. m. der Erläuterung in Rn. 577; Klausel zwar als unwirksam deklariert, jedoch lediglich mangels Gesamthöchstgrenze. 90  Beispiel



II. Modifikationen der für den Tagessatz entwickelten Grundsätze139

Abb. 8: Die Summe der vor dem Zwischentermin liegenden Bauabschnitte als Bezugsgröße

Bauabschnittslösung lediglich die Summe der Einzelbezugsgrößen erhöhte. Unserem Beispiel zufolge gälten dann für den ersten Bauabschnitt EUR 1 Mio. als Bemessungsgrundlage, für den zweiten EUR 3 Mio.91 und für den letzten EUR 6 Mio.92 (Kombiniert wird der Ansatz mit der Methode der stufenweisen Anrechnung (D. II. 3. b).) Der Anstieg der Bezugsgrößen veranlasst den Auftragnehmer, einmal eingetretene Verspätungen zeitnah aufzuholen. Ruht er sich auf seinem Rückstand aus, kommt ihn dies mit jedem Binnentermin teurer zu stehen. Ein Vorteil liegt auch darin, dass der Überschreitung der Fertigstellungsfrist der höchste Basiswert zugeordnet wird. Die Mängel dieses Ansatzes dominieren gleichwohl. Es gelingt nur, die Kumulierung von Einzelpönalen unterschiedlichen Verzögerungsursprungs zu verringern, nicht aber sie auszuschließen. Mit Ausnahme des ersten Bauabschnitts werden alle Segmente in mehrere Bemessungsgrundlagen einbezogen. Die pro Verspätungstag anfallende Vertragsstrafe ist auf diese Weise unangemessen hoch. Unabhängig davon widerspricht die Berechnungsmethode der Ausgleichsfunktion. Die Methode fußt auf der fälschlichen Annahme, das Schadenspotential hinsichtlich der Verletzung der letzten Zwischenfrist betrage ein Vielfaches dessen der ersten Zwischenfrist. Gewiss ist das mittelbare Schadenspotential – das heißt diejenige Gefahr, dass gleichermaßen die Endfrist nicht eingehalten wird – bei der letzten Zwischenfrist höher zu anzusetzen93. Auf der anderen Seite besteht aber ein geringeres unmittelbares, eigenes Schadenspotential. Denn auf einem späteren Termin bauen typischerweise weniger Anschlussarbeiten auf. Abschließend gilt: Der 91  EUR

1 + 2 Mio. 1 + 2 + 3 Mio. 93  Vgl. Wolff, in: Messerschmidt / Voit, M Rn. 297. 92  EUR

140

D. Strafbewehrte Zwischenfristen

Bauvertrag greift durch verbindliche, strafbewehrte Zwischenfristen erheblich in den Arbeitsablauf des Werkunternehmers ein. Ein Ausgleich der gegenseitigen Interessen gebietet es daher, im Gegenzug pünktlich fertig gestellte Bauabschnitte als abgeschlossen anzusehen. In die Berechnung künftiger Vertragsstrafen dürfen sie dann nicht mehr einfließen. d) Abstellen auf die „tatsächlich rückständige Werkleistung“ Rätsel gibt demgegenüber die Berechnungsmethode diverser Oberlandesgerichte94 auf. Sie fordern, die Vertragsstrafe bei Zwischenfristen in Abhängigkeit vom Wert der „tatsächlich rückständigen Werkleistung“ zu bestimmen. Zwei Auslegungsalternativen dieser Formulierung scheinen denkbar. In Erwägung ziehen ließe sich erstens derjenige Teil der Bauleistung, den der Auftragnehmer am betreffenden Binnentermin wider den vereinbarten Bauzeitenplan nicht geschafft hat (Abb. 9). Zweitens könnte sich dahinter ein Synonym für den Bauabschnittspreis verbergen. Die erste Interpretation legt der Wortlaut „rückständige Werkleistung“ nahe. Begrifflich beschreibt der Rückstand die Differenz zwischen dem Sollund dem Ist-Status. Rückstand und Fristüberschreitung verhalten sich zueinander spiegelbildlich. In beiden Fällen verkörpert der Abschluss des Bauabschnitts zu dem ihm zugeordneten Zwischentermin den Soll-Zustand. Während bei der Fristüberschreitung der Zeitpunkt der wirklichen Fertigstellung des Bauabschnitts der Vergleichsmaßstab ist, nimmt diese Rolle beim Rückstand der zum Zeitpunkt des Binnentermins erreichte Leistungsstand ein.

Abb. 9: „Tatsächlich rückständige Werkleistung“; Auslegung i. S. d. vertragswidrig nicht erfüllten Leistungsteils

94  OLG Celle v. 13.7.2005  – 7 U 17 / 05, BauR 2005, 1780, 1781; OLG Jena v. 10.4.2002 – 7 U 938 / 01, NJW-RR 2002, 1178, 1179; OLG Dresden v. 8.2.2001 – 16 U 2057 / 00, BauR 2001, 949, 951.



II. Modifikationen der für den Tagessatz entwickelten Grundsätze141

Untermauert wird dieses Verständnis durch den Zusatz „tatsächlich“. (Das Gegenstück bildet der Rückstand im rechtlichen Sinne, wonach jeder Bauabschnitt als Einheit fungiert. Nicht den gesamten Abschnitt zu schaffen wäre im Hinblick auf die Bemessungsgrundlage gleichbedeutend damit, den gesamten Bauabschnitt nicht zu schaffen.) Für ein Verständnis im Sinne des Bauabschnittspreises lassen sich systematische Argumente aus den Gerichtsentscheidungen gewinnen. So nimmt das OLG Dresden95 neben dem „tatsächlichen Wert der rückständigen Werkleistung“ an anderer Stelle auf den „der jeweiligen Teilleistung entsprechenden Teilbetrag“ Bezug. Ähnlich drückt sich das OLG Celle96 aus, wenn es in seinem Leitsatz an den „mit der Zwischenfrist zu erreichenden Leistungsstand“ anknüpft. Demgegenüber lässt die Formulierung „Wert der verspätet erbrachten Leistung“97 – als weiteres Synonym vom OLG Celle verwendet – erneut beide Deutungen zu. Sinn und Zweck strafbewehrter Zwischenfristen ist es jedoch typischerweise, andere Bauarbeiten darauf abzustimmen. Insofern nützt dem Bauherrn nur ein abgeschlossener Bauabschnitt; mit einer halb fertigen Leistung kann er nichts anfangen. Das spricht dafür, auch „angebrochene“ Intervalle als insgesamt rückständig zu qualifizieren. Man könnte indes geneigt sein, aus dem Umstand, dass die Oberlandesgerichte gerade nicht den Begriff des Bauabschnittspreises heranziehen, auch eine Divergenz des Inhalts zu schließen. Zwei der drei OLG-Entscheidungen sind allerdings zeitlich vor dem Jahre 2003 und damit vor der Grundsatzentscheidung des BGH ergangen. Zu dieser Zeit war die Terminologie des Bauabschnittspreises folglich noch nicht entwickelt. Das dritte Urteil stammt zwar aus 2005, widmet jedoch dem Ansatz des Bundesgerichtshofs kein Wort. Zudem bezeichnet das OLG Celle98 die Ermittlung des „tatsächlich rückständigen Teils“ beim Einheitspreisvertrag als unproblematisch. Eine solche Einschätzung wäre hinsichtlich der Differenz zwischen Soll- und Ist-Status nicht nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass der Begriff der „tatsächlich rückständigen Werkleistung“ schlicht der Abgrenzung gegenüber der Gesamtbauleistung dient. Eindeutig ist er dennoch nicht. Versteht man den Ansatz im erstgenannten Sinne, so ist eine nach seinem Vorbild gestaltete Vertragsstrafeklausel unwirksam. Bestehen bleibt die Kumulierung99: Der Rückstand setzt sich einerseits kongruent100 fort (Domino95  OLG

Dresden v. 8.2.2001 – 16 U 2057 / 00, BauR 2001, 949, 950. Celle v. 13.7.2005 – 7 U 17 / 05, BauR 2005, 1780. 97  OLG Celle v. 13.7.2005 – 7 U 17 / 05, BauR 2005, 1780, 1781. 98  OLG Celle v. 13.7.2005 – 7 U 17 / 05, BauR 2005, 1780, 1782. 99  Vgl. Hafkesbrink, in: Leinemann, § 11 Rn. 27. 100  Freilich nach der Verschuldenslösung nur bezüglich des unverschuldeten Teils. 96  OLG

142

D. Strafbewehrte Zwischenfristen

effekt). Andererseits übersteigt auch der isolierte Tagessatz die Angemessenheitsgrenze, sobald der Auftragnehmer bei Erreichen eines Binnentermins den zum vorherigen Termin gehörenden Bauabschnitt noch nicht abgeschlossen hat. Der Bauherr ist in doppelter Hinsicht zu Terminkontrollen gezwungen: Neben der Dauer der Fristüberschreitung ist stets der Rückstand zu ermitteln. Schwierigkeiten sind dabei vorprogrammiert, zumal sich der Wert des rückständigen Teils nicht durchweg verlässlich feststellen lassen wird.101 Klar beziffern lässt er sich nur, sofern die Leistungsbeschreibung Mengenangaben enthält (z. B. Einbau von zehn Fenstern). Der entstehende Prüfungsaufwand des Bauherrn steht in keinem Verhältnis zum Erkenntnisgewinn. Rückstand wie Fristüberschreitung messen schließlich beide den Verzögerungsgrad – lediglich zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Stürzt somit (mindestens) eine Auslegungsalternative die Vertragsstrafeklausel von der Klippe der Wirksamkeit, so stellt diese Alternative im Ergebnis die für den Auftragnehmer günstigste und damit nach § 305c II BGB maßgebliche Auslegung dar. Denn auf diese Weise schuldet er keinerlei Vertragsstrafe [s. o., C. I. 2. a) bb) (2)]. Die „tatsächlich rückständige Werkleistung“ erweist sich mithin als kein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Pönalisierung von Zwischenfristverletzungen. e) Pauschaler niedrigerer Einheitstagessatz Praktikabler und transparenter stellt sich, gemessen an den bisher genannten Modifikationsansätzen, die Herabsetzung des Tagesprozentsatzes auf ein für sämtliche Zwischenfristen einheitliches Maß dar. Barth102 schwebt eine Beschränkung auf 0,2 % pro Arbeits- oder Werktag vor, ähnlich das OLG Naumburg103 mit 0,15 % der Bruttoauftragssumme pro Kalendertag. Die Vorzüge können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine unzulässige Kumulierung verbleibt. Schon bei zwei bzw. drei Binnenterminen summieren sich die Einzelvertragsstrafen unterschiedlichen Verzögerungsursprungs unangemessen. Dieses Problem wäre durchaus lösbar. So könnte sich der Tagessprozentsatz nach der Anzahl der Zwischenfristen richten. Die Wirksamkeitsgrenze für den Prozentsatz fiele mithin bei jedem Bauprojekt unterschiedlich aus, gälte dabei aber innerhalb ein und desselben Vertrages gleichermaßen für alle Fristen. Inakzeptabel ist dagegen, dass daneben in unmodifizierter Höhe die Fertigstellungsfrist strafbewehrt ist. Es 101  Hafkesbrink,

in: Leinemann, § 11 Rn. 27. in: Heiermann / Franke / Knipp, S. 837. 103  OLG Naumburg v. 15.11.2011  – 1 U 51 / 11, NJW-RR 2012, 463; dem folgt i.  V.  m. einer stufenweisen Anrechnung v. Kiedrowski, jurisPR-PrivBauR 5 / 2013 Anm. 1. 102  Barth,



II. Modifikationen der für den Tagessatz entwickelten Grundsätze143

ergibt sich eine Summe aller Tagesprozentsätze, die das zulässige Maß um 100 % übersteigt. Etwas anderes würde lediglich dann gelten, sofern Bauverträge, die ausschließlich die Überschreitung der Fertigstellungsfrist mit einer Vertragsstrafe belegen, überhaupt keinen tauglichen Vergleichsmaßstab darstellten. Muss nicht vielmehr der Bauherr auf seinem Konto positiv „spüren“, dass er sich zusätzlich strafbewehrte Binnentermine ausbedungen hat? Ein solches Abstandsgebot charakterisiert etwa das Verhältnis des ipso jure entstehenden Verzugsschadensersatzes zur Vertragsstrafe. Voraussetzungen sowie Umfang des Vertragsstrafeanspruchs dürfen in AGB nicht soweit reglementiert werden, dass er dem Bauherrn keinen Mehrwert verschafft. Geschieht dies, wird die Vertragsstrafe ihren vom Gesetzgeber zugewiesenen Funktionen nicht gerecht. In gleicher Weise ist ein eigenständiges Interesse an strafbewehrten Zwischenfristen zusätzlich zum Endtermin anerkannt. Folglich ließe sich vorbringen, für die Zwischenfristen müsse auch ein eigenständiges Vertragsstrafekontingent zur Verfügung stehen. Der Abstand zwischen einer und mehreren Vertragsfristen ist jedoch bereits naturgemäß gewahrt. Der Bauherr erwirbt im letzten Fall einerseits das Recht, schon während des vertraglich normierten Bauzeitraums ohne Rücksicht auf eine verspätete Gesamtfertigstellung Pönalen geltend zu machen. Auf der anderen Seite existieren mehrere potentielle Vertragsstrafequellen, sodass die Gesamtanzahl der Verzugstage typischerweise höher ausfällt. Die pauschale Herabsetzung des Vertragsstrafensatzes ist damit kein geeigneter Ansatz zur Lösung der Zwischenfristenproblematik. 6. Wahlrecht des Bauherrn Vereinzelt findet sich auch der Standpunkt, die Art der Modifikation sei der Wahl des Bauherrn überlassen. Entscheidend sei allein, dass dem Kumulierungsproblem Einhalt geboten werde.104 Hierdurch wird suggeriert, die Methoden seien gleichwertig. Das ist nicht der Fall. Es mag mehrere wirksame Klauselgestaltungen geben. Nur eine von ihnen kann indes die Angemessenheitsgrenze markieren. Es wird daher auf diejenige Lösung ankommen, welche die Ziele Effektivität und Erforderlichkeit optimal miteinander vereint. Allesamt weisen die dargestellten Ansätze beträchtliche Mängel auf, sodass keiner von ihnen in seiner Rohform als Wirksamkeitsgrenze bestehen kann. 104  Berger, Jahrbuch Baurecht 2012, 77, 93 f.: Wahlrecht zwischen „Bauabschnittspauschalpreis“ und „Teilbetrag der insgesamt bis zum Zwischentermin zu erbringenden Leistung plus Anrechnung“; ähnlich OLG Nürnberg v. 24.3.2010 – 13 U 201 / 10, NZBau 2010, 566, 567, welches „beispielsweise“ die Bauabschnittslösung des BGH vorschlägt.

144

D. Strafbewehrte Zwischenfristen

7. Gewichtung der Binnenvertragsstrafen untereinander sowie im Verhältnis zur Endfristvertragsstrafe Die Wirksamkeitsgrenze für die Vertragsstrafe, welche der Auftragnehmer pro Tag der Überschreitung von Zwischenfristen schuldet, muss sich unterhalb derer für den Fertigstellungstermin bewegen.105 Eine Regel dergestalt, dass der Bauherr einen umso höheren Tagesprozentsatz wählen darf, je näher der betreffende Binnentermin am Bauende liegt106, erscheint demgegenüber nicht sachgerecht. Während das mittelbare Verzögerungsschadenspotential (das heißt die Prophezeiung der Endfristverletzung) mit fortschreitender Bauzeit ansteigt, sinkt gegenläufig dazu das unmittelbare, eigene Schadenspotential (Anschlussarbeiten, Neukoordinierung) [s. o., unter D. II. 5. c)]. 8. Eigener Vorschlag: Kombination und Weiterentwicklung der effektivsten und zugleich schonendsten Methoden Es gilt nun, aus dem reichhaltigen Spektrum denkbarer Klauselgestaltungen eine Wirksamkeitsgrenze für Zwischenfristenvertragsstrafen zu entwickeln. Jede der eingangs unter D. I. aufgeworfenen Problemstellungen wurde – mit Ausnahme des zeitgleichen Ablaufs mehrerer Binnenfristen – im Laufe der Untersuchung mindestens ein Mal einer Lösung zugeführt. Nicht selten fielen dabei aber die Kollateralschäden stärker ins Gewicht als der jeweilige Nutzen. Kein Ansatz vermochte zudem alle Schwierigkeiten „auf einen Streich“ zu überwinden. Lediglich an einer Stellschraube (Bemessungsgrundlage, Verzögerungsdauer, etc.) zu drehen, hat sich als unzureichend erwiesen. Der einzige Weg zu einer gerade noch im Einklang mit § 307 I 1 BGB stehenden Regelung führt daher über eine Verwebung diverser Methoden.107 Verbleibende Fehler gilt es soweit als möglich „wegzuschmirgeln“. Als Ausgangspunkt für die hier vertretene Wirksamkeitsgrenze dient eine Kombination aus Bauabschnitts- sowie Verzugslösung. Die Bauabschnittslö105  OLG Jena v. 10.4.2002 – 7 U 938 / 01, NJW-RR 2002, 1178, 1179; Langen, in: Kapellmann / Messerschmidt, § 11 VOB / B Rn. 74 i. V. m. Formulierungsvorschlag in Rn. 81, Langen wählt einen pauschalen niedrigeren Prozentsatz. 106  Vgl. Wolff, in: Messerschmidt / Voit, M Rn. 297. 107  Kombinationslösungen finden sich ebenfalls – wenngleich mit abweichendem Inhalt – bei den folgenden Autoren: Otto, in: Roquette / Otto, C II, Rn. 120 (Bauabschnittslösung plus stufenweise Anrechnung); Kemper, BauR 2001, 1015, 1018 (pauschaler niedrigerer Tagesprozentsatz i. V. m. stufenweiser Anrechnung); Meier, in: Ulbrich, B Rn. 2 i. V. m. 30 f. (pauschaler niedrigerer Tagesprozentsatz – allerdings für Zwischenfristen und Fertigstellungsfrist, Abschmelzungslösung und Bauabschnittslösung); Langen, in: Kapellmann / Messerschmidt, § 11 VOB / B Rn. 74 i. V. m. Formulierungsvorschlag in Rn. 81 (pauschaler niedrigerer Tagesprozentsatz plus Verschuldenslösung).



II. Modifikationen der für den Tagessatz entwickelten Grundsätze145

sung gewährleistet eine angemessene Summe der pro Tag anfallenden Einzelvertragsstrafen. Somit scheidet eine Kumulierung von Pönalen unterschiedlichen Verzögerungsursprungs aus. Im gleichen Zuge wird dem individuellen Wert jedes Arbeitsintervalls Rechnung getragen. Der verzugsorientierte Ansatz springt dort ein, wo die Bauabschnittsmethode an ihre Grenzen stößt: beim (zwar „herunter geregelten“, jedoch nach wie vor auftretenden) Dominoeffekt. Jenseits ihrer Eigenschaft, die konkreten Aufholanstrengungen des Auftragnehmers angemessen zu würdigen, versteht es die Verzugslösung, eine automatische Fortpflanzung der Verspätung auch über den direkten Folgeabschnitt hinaus zu unterbinden. Streuwirkung sowie ein gegenseitiges „Mitreißen“ ineinander greifender Bauabschnitte müssen ihr weichen. Unbefriedigend mutet demgegenüber die Gleichbehandlung mit Einzelgewerken an, da der Überschreitung von Zwischenfristen ein geringeres Schadenspotential immanent ist. Für Binnentermine darf überdies nicht dieselbe Berechnungsmethode zugrunde gelegt werden wie für die Endfrist. Die gute Nachricht lautet: Beide Mängel lassen sich im Wege nur einer Anpassung beheben (Abb. 10). Auf die Fertigstellungsfrist entfällt stets die Hälfte der Gesamtauftragssumme als Bezugsgröße. Die andere Hälfte steht den Zwischenfristen zur Verfügung. Maßgeblich für die Aufteilung dieser zweiten Hälfte ist das Verhältnis der den einzelnen Bauabschnitten zugeordneten Preisen zueinander. Sind bis zu einem Zwischentermin zwei (oder mehr) Teilleistungen zu erstellen, bezieht sich aber die Vertragsstrafe ausschließlich auf eine Teilleistung, so fließt der Preis für die andere(n) Teilleistung(en) nicht mit in die Berechnungsgrundlage ein (s. o.). Zeitgleich anberaumte Binnentermine werden hierbei als hintereinander liegend fingiert. (Unser Fallbeispiel sei zu diesem Zweck um einen dritten Zwischentermin erweitert, welcher zeitlich mit dem zweiten kongruent ist. Der Preis betrage nun für den zweiten als auch für den dritten Bauabschnitt je EUR 1 Mio.) Insoweit erhöht sich die Zahl der Bauabschnitte, auf die die Hälfte der Gesamtauftragssumme aufgeteilt wird. Für die übrigen Intervalle verbleibt folglich weniger „vom Kuchen“. Nicht mit einer Pönale belegt werden darf indes der verspätete Baubeginn.

Abb. 10: Abwandlung der Bauabschnittspreislösung

146

D. Strafbewehrte Zwischenfristen

Abschließend ist eine letzte Korrektur vorzunehmen, welche bereits von der Endfrist bekannt ist: Neben dem Wert der einzelnen Bauabschnitte ist der zeitliche Abstand der Zwischenfristen der Vertragsstrafenhöhe zugrunde zu legen. Dies geschieht hier gleichermaßen mittels einer Division durch die doppelte Wurzel der auf den jeweiligen Bauabschnitt bezogenen vereinbarten Bauzeit in Tagen.108 Bezüglich der Endfrist wird dabei nicht parallel zum Vorgehen bei der Auftragssumme die Hälfte der vereinbarten Gesamtbauzeit, sondern ausschließlich die für den letzten Bauabschnitt vereinbarte Bauzeit veranschlagt. Denn das Verzögerungspotential fällt bei der Endfrist nicht naturgemäß höher aus als bei Zwischenfristen – sofern man wie hier den Dominoeffekt ausschaltet. Die gesamte Rechenoperation soll anhand unseres Fallbeispiels einmal durchgeführt werden. Die unter C. I. 2. a) cc) entwickelte Formel (angepasst an die Zwischenfristenvertragsstrafe) sowie die Beispielwerte für die Zwischenfristenvertragsstrafe nach Abwandlung seien an dieser Stelle noch einmal in Erinnerung gerufen: Formel für die Höhe des Vertragsstrafensatzes: Verzugsdauer in Tagen ÷ √  √ der auf den jeweiligen Bauabschnitt entfallenden vereinbarten Bauzeit in Tagen × pro Tag anfallender Prozentsatz × maßgeblicher Teil der Gesamtauftragssumme

Zahlenbeispiel nach Abwandlung: Gesamtauftragssumme: EUR 6 Mio. 1. Zwischentermin:

 ach 1 Monat (der Einfachheit halber sei 1 Monat = n 30 Tage) 2. und 3. Zwischentermin: nach insgesamt 3 Monaten Fertigstellungstermin: nach insgesamt 6 Monaten Preis Preis Preis Preis

für für für für

den den den den

1. Bauabschnitt: 2. Bauabschnitt: 3. Bauabschnitt: letzten Bauabschnitt:

EUR EUR EUR EUR

1 1 1 3

Mio. Mio. Mio. Mio.

Überschreitung des 1. Zwischentermins: 3 Tage Überschreitung des 2. / 3. Zwischentermins: 2 Tage (neu hinzukommend), d. h. insgesamt 5 Überschreitung des Fertigstellungstermins: 1 Tag (wiederum neu), insgesamt 6 108  Vor Binnenfristen zur bloßen Terminkontrolle sowie einer missbräuchlichen Festlegung von Anzahl und Abständen der Einzeltermine schützt den Auftragnehmer bereits der Katalog zulässiger Bauabschnitte, s. o. unter D. II. 1.



III. Gesamthöchstbetrag147

Es ergibt sich folgender Vertragsstrafeanspruch, wenn man davon ausgeht, dass hinsichtlich sämtlicher fortgepflanzter Verzögerungen Verzug vorliegt: a) Fertigstellungsfrist Verzugsdauer bzgl. Fertigstellungsfrist = 6 Tage ÷ × × =



√√ der für den letzten Bauabschnitt vereinbarten Bauzeit = √√ 90 Tage pro Tag anfallender Prozentsatz = 0,3 % halbe Gesamtauftragssumme = EUR 6 Mio. ÷ 2 EUR 17.532,07

b) 1. Zwischenfrist Verzugsdauer bzgl. 1. Zwischenfrist = 3 Tage ÷ × × =



√√ der für den ersten Bauabschnitt vereinbarten Bauzeit = √√ 30 Tage pro Tag anfallender Prozentsatz = 0,3 % maßgeblicher Teil der Auftragssumme = EUR 6 Mio. ÷ 2 ÷ 3 EUR 3.845,58

c) 2. Zwischenfrist Verzugsdauer = 5 Tage ÷ × × =



√√ der für den zweiten Bauabschnitt vereinbarten Bauzeit = √√ 60 Tage pro Tag anfallender Prozentsatz = 0,3 % maßgeblicher Teil der Auftragssumme = EUR 6 Mio. ÷ 2 ÷ 3 EUR 5.389,56

d) 3. Zwischenfrist ► wie c)

Sämtliche Werte gelten vorbehaltlich eines erfolgreichen Gegenbeweises des Auftragnehmers. Die 5 %-Kappungsgrenze wird bezüglich keiner Frist erreicht. Der Vertragsstrafeanspruch beläuft sich demnach vorliegend auf EUR 32.156,77. Die dargestellte Lösung schafft eine praktische Konkordanz aus Rechtssicherheit bzw. transparenten Klauselvorgaben und einer typisierten Würdigung des konkreten Bauvertrags.

III. Gesamthöchstbetrag Bisher stand die pro Tag verwirkte Vertragsstrafe im Mittelpunkt der Betrachtung. An dieser Stelle soll auf die absolute Begrenzung beim Vorliegen mehrerer strafbewehrter Vertragsfristen eingegangen werden. Notwendig ist ein Gesamthöchstbetrag für die Summe aller Einzelvertragsstrafen. Dieser darf maximal 5 % der Gesamtauftragssumme betragen. Dass die Pönale nicht jeweils eine Kappungsgrenze von 5 % des Baupreises vorsehen darf, ent-

148

D. Strafbewehrte Zwischenfristen

schied der Bundesgerichtshof109 erstmals Ende 2012. Fraglich ist, wie eine solche Gesamthöchstgrenze in AGB explizit abgefasst sein muss sowie ob es einer weiteren Untergliederung wie bei der pro Tag anfallenden Vertragsstrafe nach Bauabschnitten bedarf. Zur ersten Frage: Man könnte meinen, mit der Formulierung „Der Gesamtbetrag der Vertragsstrafe ist begrenzt auf 5 % der Auftragssumme.“ sei man auf der sicheren Seite. Das OLG Koblenz110 entschied gleichwohl, aufgrund der Verwendung des Singulars „Vertragsstrafe“ (anstatt des Plurals „Vertragsstrafen“) komme zugleich die Auslegung in Betracht, die Obergrenze gelte für jede Einzelpönale gesondert. § 305c II BGB ordne bei Auslegungszweifeln die für den Auftragnehmer günstigere Auslegung an. Vor dem Hintergrund, dass eine Obergrenze von jeweils 5 % unwirksam sei, sodass dem Auftragnehmer keinerlei Vertragsstrafe drohe, sei diese Interpretation maßgeblich. Dem ist zu widersprechen. Eine Mehrdeutigkeit der Klausel ist nicht erkennbar. Bei dem Terminus „Vertragsstrafe“ handelt es sich um einen Appellativ, das heißt ein Nomen, welches eine Gattung und zugleich jeden einzelnen Bestandteil der Gattung bezeichnet. So kann etwa mit „der Mensch“ entweder der einzelne Mensch oder aber die gesamte Menschheit gemeint sein. Welche Bedeutung im konkreten Fall intendiert ist, ergibt sich stets aus der Systematik der Aussage. Die dem Urteil des OLG Koblenz zugrunde liegende Vertragsbestimmung behandelt die Vertragsstrafenhöhe in zwei aufeinander folgenden Absätzen. Der erste Absatz hat den Tagessatz zum Gegenstand. Er trifft sowohl eine Regelung hinsichtlich des Endtermins als auch für die Binnenfristen. Im zweiten Absatz findet sich der zitierte „Gesamtbetrag der Vertragsstrafe“. Seine isolierte systematische Stellung sowie der Begriff „Gesamtbetrag“ sind Ausdruck seiner absoluten Geltung. Über eine inhaltlich parallele Klausel hatte der Bundesgerichtshof111 kurz vor dem Oberlandesgericht Koblenz zu entscheiden. „Die Höhe der Vertragsstrafe ist begrenzt auf maximal 5 % der Vertragssumme,“ hieß es darin – und wurde als unbedenklich eingestuft. Zudem verwendet sogar der Gesetzgeber selbst den Begriff der Strafe, wenn er diverse Strafen meint. So findet sich in § 53 III 1, 2. Hs. des Strafgesetzbuches folgender Satzteil: „soll (…) wegen mehrerer Straftaten Vermögensstrafe verhängt werden,…“ Der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung gebietet es, im Bürgerlichen Recht parallel zu entscheiden.

109  BGH

v. 6.12.2012 – VII ZR 133 / 11, NJW 2013, 1362, 1364. Koblenz v. 23.3.2000 – 2 U 792 / 99, NJW-RR 2000, 1042; die Entscheidung erging zu dem damals noch wirksamen Wert von 10 % der Auftragssumme. Der Klarheit zuliebe wird hier die seit 2003 geltende Obergrenze genannt. 111  BGH v. 20.1.2000 – VII ZR 46 / 98, NJW 2000, 2106 f. 110  OLG



III. Gesamthöchstbetrag149

Der BGH112 überträgt seine Bauabschnittslösung konsequent auf den Gesamthöchstbetrag. Jede einzelne Obergrenze dürfe 5 % des dem jeweiligen Bauabschnitt entsprechenden Teils der Gesamtauftragssumme nicht überschreiten. Einer internen Aufsplittung der Bemessungsgrundlage ist in der Sache zuzustimmen. Der Grund dafür liegt freilich nicht darin, dass auch für die späten Bauabschnitte noch ein Vertragsstrafenkontingent verbleiben muss. Damit würde eine Vertragsstraferegelung zum Schutze des Verwenders für unwirksam erachtet. Vielmehr gilt es umgekehrt, die Verwirkung des Gesamthöchstbetrags durch nur eine einzige Einzelfristüberschreitung zu verhindern. Ließe man dies zu, könnte der Bauhandwerker das Erreichen der maximalen Vertragsstrafensumme selbst bei Einhaltung sämtlicher Folgefristen nicht mehr abwenden. Insoweit bliebe sein Verhalten nach dem ersten Binnentermin ohne Wirkung auf die Höhe der Vertragsstrafe. Eine solche Vertragsstraferegelung wird der Erfüllungsdruckfunktion nicht gerecht. Die Art der Aufteilung der Gesamtauftragssumme schließlich muss bei Obergrenze und Tagessatz einheitlich ausfallen. Mithin ist, anstelle den „puren“ Bauabschnittspreis zugrunde zu legen, auf die Ausführungen zur Bemessungsgrundlage für den Tagessatz unter D. II. 8. zu verweisen.

112  BGH v. 6.12.2012 – VII ZR 133 / 11, NJW 2013, 1362, 1364; ebenso die Musterklausel bei Otto, in: Roquette / Otto, C II, Rn. 120.

E. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse Die Vertragsstrafenhöhe und das Verzugserfordernis als Allgemeine Geschäftsbedingungen in Bauverträgen – ginge man unbefangen an diese beiden Aspekte heran, so müsste man meinen, die Anforderungen an eine wirksame Klausel passten auf eine Briefmarke. Wünschenswert wäre es. Die Vielschichtigkeit der Bauabläufe, die spezifischen Interessen der Vertragspartner sowie nicht zuletzt die Tücken des AGB-Rechts zwingen indes zu einer differenzierten Lösung. Will man eine gerade noch wirksame Vertragsstrafeklausel „schmieden“, so bilden die Funktionen der Vertragsstrafe dazu das notwendige Werkzeug. Sie zeichnen das gesetzliche Leitbild und sind daher für die Beurteilung maßgeblich, ob eine unwirksame Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB vorliegt.

I. Die Funktionen der Vertragsstrafe Die Vertragsstrafe charakterisieren vier Funktionen. Vor Verwirkung dient die Vertragsstrafe der Steuerung des Schuldners. Mit ihrer Hilfe soll die vertragliche Verpflichtung durchgesetzt werden. Die Erfüllungsdruckfunktion besitzt aber auch eine Kehrseite zum Schutze des Schuldners: In seiner Einflusssphäre muss das Anfallen der Vertragsstrafe liegen. In Bezug auf die Zeit nach Verwirkung kommt der Vertragsstrafe in abstrakter Hinsicht der Zweck der erleichterten Schadloshaltung zu. Auch diese Funktion wirkt bidirektional, das heißt, es darf andererseits nicht jeglicher Bezug zum Schaden fehlen. Als Sanktionsinstrument ähnelt die Vertragsstrafe der öffentlichen Geldstrafe, besitzt aber dennoch ein ganz eigenes Gepräge. Für die Verletzung des Vertrags soll der Schuldner einen Nachteil spüren. Die Genugtuungsfunktion schließlich steht neben Ausgleichs- und Sanktionsfunktion auf der Seite nach Verwirkung der Vertragsstrafe. Sie besitzt zwei Bezugspunkte: einen inneren (enttäuschtes Vertrauen) sowie einen äußeren (Reputationsverlust des Gläubigers).

II. Die Determinanten der Inhaltskontrolle von Vertragsstrafen für die verspätete Fertigstellung Auf der Grundlage dieser Funktionen hat die Gestaltung von Vertragsstrafeklauseln für die verspätete Fertigstellung von Bauwerken in AGB in vierer-



II. Determinanten der Inhaltskontrolle für verspätete Fertigstellung151

lei Hinsicht eine Begrenzung erfahren. Die erste Determinante stellt die pro Tag anfallende Vertragsstrafe dar. Im Zweifel zählt – bei BGB- wie bei VOB / B-Verträgen  – jeder Werktag. Das bedeutet indes nicht, dass eine Bezugnahme auf Arbeits- oder Kalendertage unzulässig ist. Sonn- und Feiertage fallen regelmäßig mangels Verschuldens automatisch aus der Berechnung heraus. Als Basiswert ist die Auftragssumme heranzuziehen, sodass die Wirksamkeitsgrenze sich proportional zur Auftragssumme verhält. Ohne weitere Konkretisierung ist der Begriff „Auftragssumme“ als Nettobaupreis bei Vertragsschluss auszulegen. Ausdrücklich kann jedoch hiervon abgewichen werden. Wie hoch die Wachstumsrate ausfallen darf, bestimmt sich allein danach, welcher Verlust im Verhältnis zum Werklohn dem Bauunternehmer zuzumuten ist. 0,3 % bilden die Wirksamkeitsgrenze. Insbesondere konnte kein allgemeingültiges Kriterium im Sinne eines „typischen Schadens“ aufgestellt werden. Den notwendigen Bezug zum Schaden stellt die dem Auftragnehmer eingeräumte Möglichkeit des Gegenbeweises dar, der tatsächliche Schaden bleibe hinter der ausbedungenen Pönale zurück. Gelingt der Gegenbeweis, gebührt dem Bauherrn der tatsächliche Schaden zuzüglich eines Aufschlags. Die Höhe des Aufschlags richtet sich nach der Auftragssumme und könnte beispielsweise 1 % betragen. Überdies fließt die vereinbarte Bauzeit gegenläufig in die Bestimmung der Demarkationslinie mit ein. Als zweckmäßig hat es sich in diesem Zusammenhang erwiesen, die Formel um die doppelte Wurzel aus der vereinbarten Bauzeit in Tagen als Divisor zu ergänzen. Die ausdrückliche Festlegung einer absoluten Obergrenze – die zweite Determinante – in der Vertragsstrafeklausel selbst ist Wirksamkeitsvoraussetzung bei sämtlichen Bauverträgen. Es erscheint allerdings sachgerecht, diese Vorgabe lediglich auf fahrlässige Terminüberschreitungen zu erstrecken. Bemessungsgrundlage für den Höchstbetrag ist allein­der Baupreis. Auf diese Weise wird die Kappungsgrenze in zeitlicher Hinsicht umso später erreicht, je mehr Tage die anvisierte Bauzeit beträgt. In Anlehnung an die Gewinnmarge im Baugewerbe wird derzeit von der Rechtsprechung ein Höchstbetrag von 5 % der Auftragssumme für angemessen erachtet. Bei längerfristig angelegten Bauprojekten ist eine Anpassungsklausel nach dem Vorbild von Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen zu empfehlen. Drittens dürfen Tagessatz und Höchstbetrag nicht zu nahe beieinander liegen. Der Vertragsstrafensatz darf namentlich maximal 6 % des Höchstbetrages betragen. Wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung des § 339 S. 1 BGB (und damit nach § 307 II Nr. 1 BGB in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht disponibel) ist schließlich das Verzugserfordernis. Den Anforderungen der Inhaltskontrolle wird eine Vertragsstrafenklausel nur dann ge-

152

E. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

recht, sofern sie expressis verbis Verzug als Verwirkungsvoraussetzung nennt oder aber auf § 11 II VOB / B bzw. § 339 S. 1 BGB verweist. Mit dem Makel der Unwirksamkeit behaftet ist unterdessen eine Formulierung, welche die Verzögerung als alleiniges Tatbestandsmerkmal deklariert respektive eine solche Auslegung zulässt. Zur Rettung der Klausel trägt es nicht bei, wenn die Vertragsstrafe zusätzlich an Verschulden geknüpft wird. Sobald der Tatbestand des Verzuges nicht vollumfänglich erfüllt ist, hat dies die Verschiebung der Fertigstellungsfrist um die nicht verzugsbedingte Verspätungsdauer zur Folge. Hinzu tritt ein Wiederaufnahmezuschlag. Die Jahreszeit, in der der neue Termin verortet ist, findet sowohl zugunsten als auch zulasten des Auftragnehmers Berücksichtigung. Beiden Parteien steht ein Anspruch auf Nachverhandlung der Termine zu, falls aufgrund der Verzögerung eine durchgreifende Neuordnung der Planung angezeigt ist.

III. Besonderheiten bei strafbewehrten Zwischenfristen Unterschiede für den Maßstab der Inhaltskontrolle ergeben sich, soweit der Vertragsstrafeandrohung neben der Fertigstellungsfrist auch Binnentermine zugrunde liegen. Damit die Festlegung von Zwischenterminen nicht zur Schikane wird, darf sie in AGB ausschließlich für typischerweise bedeutsame und eigenständige Gewerke zulässig sein, welche – etwa im Rahmen der VOB / B  – zwecks Rechtsklarheit in einem Katalog aufgelistet werden sollten. Wünscht der Bauherr hingegen die Aufnahme spezifischer, darüber hinausgehender Termine, so ist dafür die Individualvereinbarung das geeignete Mittel. Bezüglich der pro Tag anfallenden Vertragsstrafe wird die Gesamtauftragssumme als Bezugsgröße auf sämtliche Einzelfristen aufgeteilt. Dabei entfällt die Hälfte des Werklohns auf den letzten, zum Fertigstellungstermin gehörenden Bauabschnitt. Sie wird durch die doppelte Wurzel aus der für den letzten Bauabschnitt vereinbarten Bauzeit in Tagen geteilt. Bezugsgröße für die Zwischenfristenvertragsstrafe ist unterdessen derjenige Anteil an der anderen Hälfte der Auftragssumme, welcher dem Baupreis für den jeweiligen Bauabschnitt im Vergleich zu dem Baupreis für sämtliche Bauabschnitte, bis auf den letzten, entspricht. Berücksichtigt wird auch hier die vertraglich fixierte Bauzeit. Als hintereinander liegend werden zeitgleich endende Bauabschnitte fingiert. Sind bis zu einem Zwischentermin zwei (oder mehr) Teilleistungen zu erstellen, bezieht sich aber die Vertragsstrafe ausschließlich auf eine Teilleistung, so fließt der Preis für die andere(n) Teilleistung(en) nicht mit in die Berechnungsgrundlage ein. Fortgepflanzte Verzögerungstage desselben Ursprungs zählen nur insoweit, als sie mit einem eigenständigen Verzug des Auftragnehmers einhergehen.



IV. Formulierungsvorschlag153

Dazu müssen den Rückstand beseitigende Beschleunigungsmaßnahmen zumutbar und Erfolg versprechend gewesen sein. Die für die Summe aller Einzelpönalen geltende Kappungsgrenze von 5 % der Gesamtauftragssumme wird intern aufgesplittet. Die Bezugsgröße ist mit der soeben zur pro Tag anfallenden Vertragsstrafe beschriebenen Bezugsgröße identisch – freilich ohne Einbeziehung der vereinbarten Bauzeit.

IV. Formulierungsvorschlag Aus Sicht des Bauherrn steht die Antwort auf die wichtigste Frage noch aus: Wie ist eine Vertragsstrafeklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu formulieren, damit sie gerade noch der Inhaltskontrolle standhält? Die hier vorgeschlagenen Kriterien weichen mitunter von der geltenden Rechtsprechung ab. Sollten sie sich in der Praxis durchsetzen, so wäre folgende Vertragsstrafeklausel noch wirksam: 1. Vertragsstrafeklausel allein hinsichtlich der Fertigstellungsfrist Befindet sich der Auftragnehmer mit der Fertigstellung des Bauwerks in Verzug, so ist er pro Werktag zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 0,3 % der Bruttoauftragssumme nach endgültiger Schlussrechnung (n.S.), geteilt durch die doppelte Wurzel aus der vereinbarten Bauzeit in Tagen, verpflichtet. Weist der Auftragnehmer nach, dass der tatsächliche Schaden mindestens 10 % hinter der nach Satz 1 geschuldeten Vertragsstrafe zurückbleibt, so hat er lediglich den tatsächlichen Schaden zuzüglich 1 % der Bruttoauftragssumme n.S. zu ersetzen. Die insgesamt zu zahlende Vertragsstrafe beträgt höchstens 5 % der Bruttoauftragssumme n.S., es sei denn dem Auftragnehmer fällt hinsichtlich der Terminüberschreitung Vorsatz zur Last. Wenn sich der vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Verbraucherpreisindex für Deutschland um mehr als 5 % erhöht oder ermäßigt, verändert sich der Höchstbetrag im entsprechenden prozentualen Verhältnis. 2. Vertragsstrafeklausel hinsichtlich Fertigstellungsfrist und Zwischenfristen Befindet sich der Auftragnehmer mit der Fertigstellung des Bauwerks in Verzug, so ist er pro Werktag zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 0,3 % der hälftigen Bruttoauftragssumme nach endgültiger Schlussrechnung (n. S.), geteilt durch die doppelte Wurzel aus der für den letzten Bauabschnitt

154

E. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

vereinbarten Bauzeit in Tagen, verpflichtet. Weist der Auftragnehmer nach, dass der tatsächliche Schaden mindestens 10 % hinter der geschuldeten Vertragsstrafe zurückbleibt, so hat er lediglich den tatsächlichen Schaden zuzüglich 1 % der hälftigen Bruttoauftragssumme n.S. zu ersetzen. Die nach Absatz 1 insgesamt zu zahlende Vertragsstrafe beträgt höchstens 5 % der hälftigen Bruttoauftragssumme n. S., es sei denn dem Auftragnehmer fällt hinsichtlich der Terminüberschreitung Vorsatz zur Last. Wenn sich der vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Verbraucherpreisindex für Deutschland um mehr als 5 % erhöht oder ermäßigt, verändert sich der Höchstbetrag im entsprechenden prozentualen Verhältnis. Überschreitet der Auftragnehmer eine verbindliche Zwischenfrist, so ist er im Falle des Verzuges pro Werktag verpflichtet zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 0,3 % des Zwischenfristengrundbetrages, geteilt durch die doppelte Wurzel aus der für den jeweiligen Bauabschnitt vereinbarten Bauzeit in Tagen. Der Zwischenfristengrundbetrag bezeichnet denjenigen Anteil an der hälftigen Bruttoauftragssumme n.S., welchen die Bruttoauftragssumme n.S. für den betreffenden Bauabschnitt im Verhältnis zur Summe sämtlicher Bauabschnitte, mit Ausnahme des letzten, beansprucht. Sind bis zu einem Zwischentermin mehrere Teilleistungen zu erbringen, so fließt nur der Preis für die Teilleistung(en) in die Bemessungsgrundlage ein, auf welche sich die Vertragsstrafe bezieht. Zeitgleich anberaumte Binnentermine werden als hintereinander liegend fingiert, sodass sich die Bemessungsgrundlage für die übrigen Bauabschnitte entsprechend reduziert. Weist der Auftragnehmer nach, dass der tatsächliche Schaden bei einer Vertragsstrafe auslösenden Zwischenfristüberschreitung mindestens 10 % hinter der dafür geschuldeten Vertragsstrafe zurückbleibt, so hat er nur den tatsächlichen Schaden zuzüglich 1 % des Zwischenfristengrundbetrags zu ersetzen. Die pro Zwischenfristüberschreitung zu zahlende Vertragsstrafe beträgt jeweils höchstens 5 % des Zwischenfristengrundbetrages, es sei denn dem Auftragnehmer fällt hinsichtlich der Terminüberschreitung Vorsatz zur Last. Wenn sich der vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Verbraucherpreisindex für Deutschland um mehr als 5 % erhöht oder ermäßigt, verändert sich der Höchstbetrag im entsprechenden prozentualen Verhältnis.

F. Annex: Minimierung verbleibender Risiken für den Bauherrn Ganz gleich, wie ausgetüftelt eine Vertragsstrafenregelung für die Überschreitung von Ausführungsfristen auch sein mag, es verbleiben aus Sicht des Bauherrn drei Risiken. Erstens kann es mangels gesetzlicher Kodifizierung der Determinanten der Inhaltskontrolle dazu kommen, dass ein Gericht die für wirksam gehaltene Zwischenfristenpönale kassiert. Um einer Infizierung der Vertragsstrafe für eine Verspätung hinsichtlich des Endtermins vorzubeugen, sollten beide Regelungen sprachlich, optisch und inhaltlich voneinander getrennt abgefasst werden1 (blue pencil test2). Jeder Klauselteil muss aus sich heraus verständlich sein3, damit eine „konzeptionelle Einheit“4 zu verneinen ist. Der Bundesgerichtshof entschied in neuerer Zeit5 einen Fall, in dem zwar die Vertragsstrafeklausel selbst nicht zwischen Fertigstellungsfrist und Binnenterminen differenzierte, jedoch unter dem Punkt „Ausführungsfristen“ beide Frist­arten gesondert aufgeführt wurden. Bezüglich der konkreten Vertragstermine wurde wiederum auf den Bauzeitenplan verwiesen. Eine derartige Vertragsgestaltung hält das Gericht für trennbar im Rahmen der Inhaltskontrolle. Dass der blue-pencil-test bei einer derart extensiven Anwendung nicht nur beachtliche Risse erhält, sondern sogar ganz leer läuft, illustriert das nachfolgende Gedankenspiel. Man stelle sich vor, die Klausel hinsichtlich der Ausführungsfristen laute lediglich: „Die Vertragstermine (nicht: der Fertigstellungstermin und die Zwischentermine) sind im Bauzeitenplan als Vertragsbestandteil festgelegt.“ Akzeptiert der BGH den Umweg eines Verweises, müsste konsequenterweise auch hier der blue-pencil-test erfolgreich ausfallen. Dann aber erwiese sich eine einheitliche Vertragsstraferegelung für alle Termine stets als unschädlich, denn der Bauzeitenplan unterscheidet zwingend zwischen Endtermin und Binnenfristen.6 1  BGH v. 14.1.1999  – VII ZR 73 / 98, NJW 1999, 1108, 1109; Boldt / Pfitzer, NJW 2013, 1364, 1365; Hafkesbrink, in: Leinemann, § 11 Rn. 25. 2  Reichelt / Keinert, ZfIR 2013, 231, 236. 3  BGH v. 14.1.1999 – VII ZR 73 / 98, NJW 1999, 1108, 1109. 4  Retzlaff, BauR 2015, 384, 386. 5  BGH v. 27.11.2013 – VII ZR 371 / 12, NJW 2014, 456. 6  Ähnlich Berger, IBR 2014, 70, der allerdings nicht wie hier ein argumentum ad absurdum verwendet, sondern anführt, die Klausel, auf welche verwiesen werde, selbst differenziere stets zwischen beiden Fristarten.

156

F. Annex: Minimierung verbleibender Risiken für den Bauherrn

Das zweite verbleibende Risiko des Bauherrn besteht darin, dass ihm Zwischenfristenvertragsstrafen keine Handhabe gegen sich abzeichnende Rückstände im Verlauf des Bauabschnitts bieten. Schiebt der Auftragnehmer etwa Arbeiten hinaus oder zieht er Personal oder Gerät zugunsten einer lukrativeren Baustelle ab, muss der Bauherr im Regelfall abwarten, bis dieses Verhalten tatsächlich in einer Terminverletzung mündet. § 5 IV i. V. m. III VOB / B sieht eine Eingriffsbefugnis des Bauherrn dann nur vor, falls die Baustelle so unzureichend bestückt ist, dass die Ausführungsfrist offenbar nicht eingehalten wird. Lebhaft diskutiert wird dabei, was unter dem Begriff „offenbar“ zu verstehen ist. Jansen7 legt ihn sehr eng im Sinne von „offensichtlich“ aus. Je weiter die gefährdete Zwischenfrist noch entfernt ist, umso sicherer muss die Prognose ausfallen.8 Vor diesen Unsicherheiten kann sich der Bauherr schützen, indem er detaillierte, vertragsstrafenbewehrte Ausführungsvorgaben in die Leistungsbeschreibung aufnimmt. Als Regelungsinhalt kommen in concreto in Betracht: die Anzahl der Arbeitskräfte, tägliche Arbeitszeiten sowie Art und Menge der Geräte, Gerüste, Stoffe und Bauteile9. Auf diese Weise zieht jeder objektive Verstoß unmittelbar finanzielle Folgen für den Auftragnehmer nach sich. Einer Prognoseentscheidung in Bezug auf die Nichteinhaltung heranrückender Termine bedarf es nicht. Ferner steht bereits bei Vertragsschluss die Höhe der drohenden Vertragsstrafe fest. Dem Bauunternehmer wird die zu zahlende Summe plakativ vor Augen geführt. Dadurch erhöht sich der Erfüllungsdruck [s. o., B. II. 1. c)]. Eine kontinuierliche, fachmännische Bauüberwachung ist daneben stets unverzichtbar. Drittens ist es aus Sicht des Auftragnehmers, dem bei Verzug eine Vertragsstrafe droht, optimal, die geschuldete Bauleistung exakt am Fälligkeitstermin zu beenden. Eine verfrühte Fertigstellung gereicht ihm nicht zum Vorteil – im Gegenteil: Frei werdende Kapazitäten setzt er klugerweise zugunsten anderer Aufträge ein. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei diesem Balanceakt etwas schief geht, ist hoch. Als zweckmäßig erweist sich daher ein Bonus-Malus-System, das heißt die zusätzliche Vereinbarung einer Beschleunigungsvergütung. Sie greift der Vertragsstrafe „unter die Arme“. Der Erfolg gibt einer solchen Regelung Recht: Jüngst wurden die Straßenbauarbeiten an der Autobahn 100 in Berlin früher als vereinbart abgeschlossen.10

7  Jansen,

in: Leinemann, § 5 Rn. 47. Langen, in: Kapellmann / Messerschmidt, § 5 VOB / B Rn. 86. 9  Diese Aufzählung orientiert sich an § 5 III VOB / B. 10  Tagesspiegel.de: „Senat verkündet Ende des A100-Staus“, http: /  / www.tages spiegel.de / berlin / berliner-stadtautobahn-bald-fertig-senat-verkuendet-ende-des-a100staus / 8550718.html, zuletzt abgerufen am 15.02.2015. 8  Vgl.

Literaturverzeichnis Bamberger, Heinz Georg / Roth, Herbert: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 1, 3. Aufl., München 2012 Berger, Andreas: Vertragsstrafen auf Zwischenfristen – wirkungslos, wenn AGBwirksam?, in: Jahrbuch Baurecht 2012, S. 77 – Vertragsstrafen auf Zwischen- und Endtermine sind getrennt zu beurteilen!, in: IBR 2014, S. 70 – Vertragsstrafe für Zwischenfristen muss auf anteiligen Auftragswert begrenzt sein! Besprechung des Urteils vom BGH v. 6.12.2012 – VII ZR 133 / 11, in: IBR 2013, S. 69 Bernhard, Johann Baptist: Von der Conventionalstrafe, Würzburg 1843 Beuthien, Volker: Pauschalierter Schadensersatz und Vertragsstrafe, in: Gotthard Paulus / Uwe Diederichsen / Claus-Wilhelm Canaris (Hrsg.), Festschrift für Karl Larenz zum 70. Geburtstag, München 1973, S. 495 Boldt, Antje: Praxisanmerkung zum Hinweisbeschluss des OLG Nürnberg v. 24.3.2010 – 13 U 201 / 10, in: NZBau 2010, S. 568 Boldt, Antje / Pfitzer, Florian: Anmerkung zum Urteil des BGH v. 6.12.2012 – VII ZR 133 / 11, in: NJW 2013, S. 1362 Börgers, Michael: Zur sogenannten „Hinfälligkeit“ von Vertragsstrafevereinbarungen, in: BauR 1997, S. 917 Bräuer, Peter: Praxisanmerkung zum Urteil des BGH v. 6.12.2012 – VII ZR 133 / 11, in: NZBau 2013, S. 224 Bschorr, Michael Ch. / Zanner, Christian: Die Vertragsstrafe im Bauwesen, München 2003 Creifelds, Carl: Rechtswörterbuch, 21. Aufl., München 2014 Cuypers, Manfred: Die Vertragsstrafe beim Bauen, in: ZfBR 1998, S. 272 Derleder, Peter: Beschaffungsrisiko, Lieferungsengpass und Leistungsfrist, in: NJW 2011, S. 113 Deus, Paul: Die Vertragsstrafe nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, Berlin 1896 Diehr, Uwe: Vertragsstrafe nach VOB und VOL – Möglichkeiten und Grenzen des öffentlichen Auftraggebers bei Ausschreibung und Vertragsgestaltung, in: ZfBR 2008, S. 768 Ebert, Ina: Pönale Elemente im deutschen Zivilrecht – Von der Renaissance der Privatstrafe im deutschen Recht, Tübingen 2004

158 Literaturverzeichnis Eggert, Christoph: Anmerkung zum Urteil des OLG Nürnberg v. 22.2.1973 – 2 U 98 / 72, in: NJW 1974, S. 241 Emde, Raimond: Die Entwicklung des Vertriebsrechts im Zeitraum Oktober 2001 bis September 2002 (Teil II), in: VersR 2003, S. 549 Englert, Klaus / Motzke, Gerd / Wirth, Axel (Hrsg.): Baukommentar BGB – VOB – Baustoffhandel – Baudeliktsrecht – Bauversicherungsrecht – Baustrafrecht, 2. Aufl., Köln 2009 Fikentscher, Wolfgang / Heinemann, Andreas: Schuldrecht, 10. Aufl., Berlin 2006 Fischer, Detlev: Vertragsstrafe und vertragliche Schadenspauschalierung – Eine rechtsvergleichende Darstellung der neueren deutschen und französischen Rechtsentwicklung, Frankfurt a. M. 1981 Franke, Horst / Kemper, Ralf / Zanner, Christian / Grünhagen, Matthias: VOB-Kommentar Bauvergaberecht – Bauvertragsrecht – Bauprozessrecht, 5. Aufl., Köln 2013 Fuld, Ludwig: Die Vertragsstrafe nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, in: S. Hoffmann, R. v. Sommerlatt, F. Wulfert (Hrsg.), Sächsisches Archiv für Bürgerliches Recht und Prozeß, Band 9, Leipzig 1899, S. 337 Ganten, Hans / Jansen, Günther / Voit, Wolfgang: Beck’scher VOB- und VergaberechtsKommentar, VOB Teil B: Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen, 3. Aufl., München 2013 Gast, Wolfgang: Juristische Rhetorik, 4. Aufl., Heidelberg 2006 Gehlen, Hans von: Angemessene Vertragsstrafe wegen Verzugs im Bau- und Industrieanlagenbauvertrag, in: NJW 2003, S. 2961 Geilert, Michael: Vertragsstrafen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Bielefeld 2002 Glatzel, Ludwig / Hofman, Olaf / Frikell, Eckhard: Unwirksame Bauvertragsklauseln, 11. Aufl., Stamsried 2008 Glöckner, Jochen / Berg, Henning von: Bau- und Architektenrecht, Kommentar, 2. Aufl., Köln 2015 Gronemann, Fritz: Die Vertragsstrafe, Dresden 1933 Hafkesbrink, Volker / Schoofs, Oliver: Die Geltung der Vertragsstraferegelung bei Vereinbarung von neuen Terminen, in: BauR 2010, S. 133 Heiermann, Wolfgang / Franke, Horst / Knipp, Bernd (Hrsg.): Baubegleitende Rechtsberatung, München 2002 Heiermann, Wolfgang / Linke, Liane: AGB im Bauwesen – Erläuterungen zur Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Wiesbaden 1978 Heiermann, Wolfgang / Riedl, Richard / Rusam, Martin: Handkommentar zur VOB – VOB Teile A und B, SektVO, VSVgV Rechtsschutz im Vergabeverfahren, 13. Aufl., Wiesbaden 2013 Heiermann, Wolfgang / Vygen, Klaus / Steinmeyer, Siegfried / Schubert, Eberhard / Rickhey, Rolf / Bauer, Hermann: Seminar Bauverzögerung – Rechtliche und baubetriebliche Probleme in Einzelbeiträgen, Wiesbaden 1987

Literaturverzeichnis159 Hess, Claus: Die Vertragsstrafe – Ein unerkanntes Mittel privater Genugtuung, Berlin 1993 Honsell, Heinrich: Römisches Recht, 8. Aufl., Heidelberg 2015 Horschitz, Harald: Atypische Vertragsstrafen, in: NJW 1973, 1958 Kabakoff, Joseph: Die Vertragsstrafe nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche, BornaLeipzig 1913 Kapellmann, Klaus Dieter: Die Änderungsvorschläge zum BGB und zur VOB / B, in: NZBau 2013, S. 537 – Juristisches Projektmanagement, 2. Aufl., Köln 2007 Kapellmann, Klaus Dieter / Langen, Werner: Bemessung von Vertragsstrafen für verzögerte Baufertigstellung in AGB, in: BB 1987, S. 560 Kapellmann, Klaus Dieter / Messerschmidt, Burkhard: VOB Kommentar Teile A und B, 4. Aufl., München 2013 Kaser, Max / Knütel, Rolf: Römisches Privatrecht – Ein Studienbuch, 20. Aufl., München 2014 Kemper, Ralf: Die Vereinbarung von Vertragsstrafe bei Fristüberschreitungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen, in: BauR 2001, S. 1015 Keßler, Ulrich G.: Der Vertragsstrafenanspruch nach § 11 VOB / B, in: WiB 1996, S. 886 Kiedrowski, Bernhard von: Unwirksamkeit einer die Überschreitung von Zwischenterminen sanktionierenden Vertragsstrafenklausel, die hinsichtlich der Bemes­sung an (Gesamt-)Auftragswert anknüpft – Anmerkung zu BGH v. 6.12.2012 – VII ZR 133 / 11, in: jurisPR-PrivBauR 5 / 2013 Anm. 1 Kleine-Möller, Nils: Die Vertragsstrafe im Bauvertrag, in: BB 1976, S. 442 Kleine-Möller, Nils / Merl, Heinrich / Glöckner, Jochen: Handbuch des privaten Baurechts, 5. Aufl., München 2014 Knacke, Jürgen: Die Vertragsstrafe im Baurecht, Düsseldorf 1988 Kniffka, Rolf / Koeble, Wolfgang: Kompendium des Baurechts – Privates Baurecht und Bauprozess, 4. Aufl., München 2014 Knütel, Christian / Rieger, Alexander: Pönalen wegen Verzugs oder Minderleistungen in Individualvereinbarungen und AGB – Risiken der Unwirksamkeit und ihre Vermeidung, in: NZBau 2010, 285 Knütel, Rolf: Stipulatio poenae – Studien zur römischen Vertragsstrafe, Köln 1976 Koeble, Wolfgang (Hrsg.): Münchener Prozessformularbuch Band 2: Privates Bauund Architektenrecht, 4. Aufl., München 2013 Korbion, Hermann / Locher, Horst / Sienz, Christian / Locher, Ulrich: AGB und Bauerrichtungsverträge, 4. Aufl., Neuwied 2006 Kratzenberg, Rüdiger / Leupertz, Stefan (Hrsg.): Ingenstau / Korbion, VOB Teile A und B Kommentar, 18. Aufl., Köln 2013

160 Literaturverzeichnis Kues, Jarl-Hendrik: Verhandlungspraxis im privaten Baurecht – Vereinbarung von Vertrags- und Ausführungsfristen I: Verzug mit der Leistung, Vertragsstrafe, Vortrag an der Humboldt-Universität zu Berlin am 7.1.2013 Langen, Werner: Die Bauzeit im Rahmen der Vertragsgestaltung, in: NZBau 2009, S. 145 – Die Pönalisierung von Einzelfristen im Bauvertrag, in: Baubetrieb und Baurecht – Festschrift für Karl-Heinz Schiffers zum 60. Geburtstag, Düsseldorf 2001, S. 143 Langen, Werner / Schiffers, Karl-Heinz: Bauplanung und Bauausführung – Eine ablauforientierte Darstellung der juristischen, baubetrieblichen und organisatorischen Gemeinsamkeiten und Unterschiede der konventionellen und schlüsselfertigen Bauausführung, München 2005 Lau, Thomas: Die Vertragsstrafenabrede in BGB-Werkverträgen und VOB-Werkverträgen. Ein stumpfes Schwert?, in: Jahrbuch Baurecht 2003, S. 53 Lauer, Jürgen / Wurm, Christoph: Haftung des Architekten und Bauunternehmers, 6. Aufl., München 2012 Le Goff, Pierrick: Die Vertragsstrafe in internationalen Verträgen zur Errichtung von Industrieanlagen, Berlin 2005 Leinemann, Ralf: Vertragsstrafe – Der einzig sichere Weg zum Gewinn am Bau?, in: BauR 2001, S. 1472 – VOB / B Kommentar – Kommentierung der Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (Ausgabe 2009) mit ausgewählten Vorschriften des BGB-Werkvertragsrechts und des FIDIC-Red Book, 5. Aufl., Köln 2013 Lindacher, Walter F.: Phänomenologie der Vertragsstrafe, Frankfurt a. M. 1972 Locher, Horst / Locher, Ulrich: Das private Baurecht, 8. Aufl., München 2012 Markus, Jochen / Kaiser, Stefan / Kapellmann, Susanne: AGB-Handbuch Bauvertragsklauseln, 4. Aufl., Köln 2014 Mayr, Jörg: Welche Termine können in AGB des Bestellers noch wirksam vertragsstrafenbewehrt werden und wenn ja, wie?, in: BauR 2013, S. 1192 Medicus, Dieter / Lorenz, Stephan: Schuldrecht I – Allgemeiner Teil, 12. Aufl., München 2012 Messerschmidt, Burkhard / Voit, Wolfgang: Privates Baurecht – Kommentar zu §§ 631 ff. BGB mit systematischen Darstellungen sowie Kurzkommentierungen zur VOB / B, HOAI und BauFordSiG, 2. Aufl., München 2012 Minuth, Klaus: Das Verhältnis von Tagessatz zu Obergrenze als neues Kriterium bei der AGB-Prüfung einer Vertragsstrafenklausel? – Besprechung vom BGH, Urt. v. 20.1.2000 – VII ZR 46 / 98, in: NZBau 2000, S. 322 Moufang, Oliver N.: Anmerkung zum Urteil des OLG Bandenburg v. 8.11.2006 – 4 U 54 / 06, in: BauR 2007, S. 899 Mugdan, Benno: Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, II. Band, Recht der Schuldverhältnisse, Berlin 1899

Literaturverzeichnis161 Neuenfeldt, Otto: Ist die Conventionalstrafe ihrem Grundprincipe nach Strafe oder Ersatzleistung?, Berlin 1885 Nicklisch, Fritz (Hrsg.): Leistungsstörungen bei Bau- und Anlagenverträgen – Heidelberger Kolloquium Technologie und Recht 1984, Heidelberg 1985 Niebuhr, Frank: Vertragsstrafe, Schadensersatz und Entschädigung bei Bauverzögerungen, Neuwied 2006 Nodoushani, Manuel: Vertragsstrafe und vereinbarter Schadensersatz, Baden-Baden 2004 Oberhauser, Iris: Vertragsstrafe – ihre Durchsetzung und Abwehr – Grundlagen für die rechtssichere Gestaltung und die Zurückweisung unberechtigter Ansprüche, Köln 2003 Oertmann, Paul: Zur Lehre von der Vertragsstrafe, in: Das Recht 1913, S. 186 Palandt, Otto: Bürgerliches Gesetzbuch, 74. Aufl., München 2015 Plank, Kristina: Unwirksame Kumulierung von Vertragsstrafen in Bauverträgen – Anm. OLG Nürnberg, Beschluss v. 24.3.2010  – 13 U 201 / 10, in: jurisPR-PrivBauR 11 / 2010 Anm. 5 Preussner, Mathias / Kandel, Roland / Jansen, Günther (Hrsg.): Beck’scher OnlineKommentar VOB / B, Stand: 01.12.2014, Edition 17 Reichel, Hans: Die Vertragsstrafe als Strafe, Wiener Juristische Gesellschaft, Sitzung vom 6. März 1929, in: Juristische Blätter 1929, S. 174 Reichelt, Juliane / Keinert, Patrick: Die unendliche Geschichte von Vertragsstrafen in Bauverträgen – Ein Überblick über die aktuelle Rechtslage und zugleich Besprechung von BGH, Urt. v. 6.12.2012 – VII ZR 133 / 11, in: ZfIR 2013, S. 231 Retzlaff, Björn: Aktuelle Fragen der Vertragsstrafe im Baurecht – Zwischenfristen – Störungen des Bauablaufs – Leistungskette, in: BauR 2015, S. 384 Reuter, Jochen: Vertragsstrafen im privaten Baurecht, Köln 2009 Rodemann, Tobias: Die Vertragsstrafe im Bauvertrag, in: MDR 2002, S. 1357 Roquette, Andreas J. / Laumann, Nino: AGB-Vertragsstrafen dürfen 5 % der Auftragssumme nicht überschreiten – Vertrauensschutz für Altfälle orientiert sich an der Auftragssumme  – Besprechung des BGH-Urteils v. 23.1.2003  – VII ZR 210 / 01, in: BauR 2003, S. 1271 Roquette, Andreas J. / Otto, Andreas: Vertragsbuch Privates Baurecht, 2. Aufl., München 2011 Roxin, Klaus: Strafrecht Allgemeiner Teil, Band I: Grundlagen. Der Aufbau der Verbrechenslehre, 4. Aufl., München 2006 Säcker, Franz-Jürgen / Rixecker, Roland / Oetker, Hartmut (Hrsg.): Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 2, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 6. Aufl., München 2012 Savigny, Friedrich Carl von: Das Obligationenrecht als Theil des heutigen Römischen Rechts, Zweiter Band, Berlin 1853

162 Literaturverzeichnis Schleipen, August: Die Konventionalstrafe nach Gemeinem Recht verglichen mit der Vertragsstrafe des deutschen bürgerlichen Gesetzbuchs, Köln 1898 Schlünder, Bertold: Vertragsstrafen-Klauseln in Bauverträgen, in: ZfBR 1995, S. 281 Schmoeckel, Matthias / Rückert, Joachim / Zimmermann, Reinhard: Historisch-kritischer Kommentar zum BGB, Band II Schuldrecht: Allgemeiner Teil §§ 241–432, 2. Teilband: §§ 305–432, Tübingen 2007 Schöntag, Karl: Ueber die Vertragsstrafe nach dem bürgerlichen Gesetzbuche, Regensburg 1898 Schottländer, Martin: Die Vertragsstrafe nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, Breslau 1907 Schubert, Werner (Hrsg.): Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches – Recht der Schuldverhältnisse, Teil 1 Allgemeiner Teil, Berlin 1980 Schuhmann, Ralph: Terminsicherung im Anlagenbau: Vertragsstrafe oder pauschalierter Schadensersatz?, in: ZfBR 2009, S. 307 Schwab, Martin: AGB-Recht, 2. Aufl., Heidelberg 2014 Seeler, Wilhelm von: Zur Lehre von der Conventionalstrafe nach Römischem Recht, Halle 1891 Sjögren, Wilhelm: Ueber die Römische Conventionalstrafe und die Strafklauseln der fränkischen Urkunden, Berlin 1896 Soergel, Hans Th.: Bürgerliches Gesetzbuch, Band 5 / 3, Schuldrecht 3 / 3, §§ 328–432, 13. Aufl., Stuttgart 2010 Sossna, Ralf-Peter: Die Geschichte der Begrenzung von Vertragsstrafen – Eine Untersuchung zur Vorgeschichte und Wirkungsgeschichte der Regel des § 343 BGB, Berlin 1993 Specka, Gustav: Die Conventionalstrafe als Interesseersatz, Berlin 1896 Staudinger, Julius von: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Buch 2, Recht der Schuldverhältnisse, §§ 249–254 (Schadensersatzrecht), 14. Aufl., Berlin 2005; §§ 255–304 (Leistungsstörungsrecht 1), Berlin 2014; §§ 328–345 (Vertrag zugunsten Dritter, Draufgabe, Vertragsstrafe), Berlin 2009 Stoffels, Markus: AGB-Recht, 2. Aufl., München 2009 Ulbrich, Hans-Benno: Formularbuch des Fachanwalts – Bau- und Architektenrecht, 3. Aufl., Köln 2015 Ulmer, Peter / Brandner, Hans Erich / Hensen, Horst-Diether: AGB-Recht, Kommentar zu den §§ 305–310 BGB und zum UKlaG, 11. Aufl., Köln 2011 Villaret, Wilhelm: Die Vertragsstrafe nach BGB, Greifswald 1907 Vogel, Olrik: Die Vertragsstrafe im privaten Baurecht, in: ZfIR 2005, S. 373 Vygen, Klaus / Joussen, Edgar / Schubert, Eberhard / Lang, Andreas: Bauverzögerung und Leistungsänderung – Rechtliche und baubetriebliche Probleme und ihre Lösungen, 6. Aufl., Köln 2011

Literaturverzeichnis163 Wendt, Otto: Begriff und Wesen der Conventionalstrafe, in Rudolf v. Jhering (Hrsg.): Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts, Band 22, Jena 1884, S. 398 Werner, Ulrich / Pastor, Walter: Der Bauprozess – Prozessuale und materielle Probleme des zivilen Baurechts, 15. Aufl., Köln 2015 Wessel, Markus: Bauzeitverzögerungen, Ausführungsfristen und „Zeitpuffer“, in: ZfBR 2010, S. 527 Weyer, Friedhelm: Verteidigungsmöglichkeiten des Unternehmers gegenüber einer unangemessen hohen Vertragsstrafe, in: BauR 1988, S. 28 Windscheid, Bernhard: Lehrbuch des Pandektenrechts, Band 2, 5. Aufl., Stuttgart 1879 Wirth, Axel (Hrsg.): Darmstädter Baurechtshandbuch – Privates Baurecht, 2. Aufl., München 2005 Wolf, Manfred / Lindacher, Walter F. / Pfeiffer, Thomas: AGB-Recht, Kommentar, 6. Aufl., München 2013 Wolter, Kay: Neue Obergrenze für Vertragsstrafe in AGB – zugleich Anm. zu BGH, Urt. v. 23.1.2003 – VII ZR 210 / 01, in: BauR 2003, S. 1274 Zerhusen, Jörg: Fachanwaltsmandat Privates Baurecht, 3. Aufl., Köln 2008

Sachwortregister Abschmelzungslösung  128 Allgemeine Geschäftsbedingungen  13 Allgemeines Landrecht siehe Preußisches Allgemeines Landrecht Anrechnung der Vertragsstrafe auf Schadensersatz  18, 27, 32, 36, 68, 73, 84, 90, 136 Anrechnung der Vertragsstrafe für Binnenverzögerungen auf die insgesamt verwirkte Endfristvertragsstrafe  126 Anrechnung der Verzögerung auf die jeweilige Folgefrist  129 Arbeitstage  56, 63, 78, 91 Arten von Verzögerungsschäden  21 Aufstockung der Vertragsstrafe durch Schadensersatz siehe Anrechnung der Vertragsstrafe auf Schadensersatz Auftragssumme  58, 92, 133 Auftragssumme bei Vertragsschluss  61 Ausgleichsfunktion siehe Schadensersatzfunktion Auslegungszweifel  55, 61, 64, 92, 97, 99, 101, 102, 103, 106, 142, 148 Basiswert siehe Bemessungsgrundlage Bauabschnittspreis  133, 138, 144 Baubeginn, Vertragsstrafe für Überschreitung des  125 Baupreis siehe Auftragssumme Bausumme siehe Auftragssumme Bauzeit als Regulator zur Auftragssumme  66 Bemessungsgrundlage  58, 85, 92, 133, 145 Beschleunigungsvergütung  13, 51, 137, 156

Bestärkungsfunktion siehe Erfüllungsdruckfunktion Bezugsgröße siehe Bemessungsgrundlage Bifunktionalitätslehre  20 Binnenfristen siehe Zwischenfristenvertragsstrafe blue pencil test  155 Bruttoauftragssumme  61 clause pénale  19 Code civil siehe clause pénale Conventionalstrafe siehe Geschichte der Vertragsstrafe Definition der Vertragsstrafe  12 Dominoeffekt  118, 127, 129, 130, 132, 135, 142, 145 Druckzuschlag  74 Einzelfristen siehe Zwischenfristenvertragsstrafe Endfrist siehe Fertigstellungsfrist Erfüllungsdruckfunktion  17, 20, 29, 45 Ersatzfunktion siehe Schadensersatzfunktion Fahrlässigkeit  36, 43, 73, 85 Fertigstellungsfrist  47, 126, 144, 145 Formulierungsvorschlag siehe Musterklausel Gegenbeweis bzgl des tatsächlichen Schadens  72 geltungserhaltende Reduktion  52, 55, 57, 96, 99 Gemeines Recht siehe rezipiertes römisches Recht

Sachwortregister165 Generalprävention  40 Genugtuungsfunktion  41, 45 Gesamthöchstbetrag  147 Geschichte der Vertragsstrafe  17 Gewichtung der Einzelvertragsstrafen  144 Gewinnmarge  86 Gewinnverzehrungszeitraum siehe Mindestquotient aus Höchstbetrag und Vertragsstrafensatz Herabsetzung der Vertragsstrafe siehe richterliches Ermäßigungsrecht historische Vorläufer der Vertragsstrafe siehe Geschichte der Vertragsstrafe HOAI siehe Malus-Honorar Höchstbetrag  79, 92, 147 Höhe der Vertragsstrafe  47 Inhaltskontrolle, Grundlagen der  47 Interesseersatzfunktion siehe Schadensersatzfunktion Justizentlastungsfunktion  44 Kalendertage als Zeiteinheit  55 Kappungsgrenze siehe Höchstbetrag Kasuistik zum Höchstbetrag  86 Kasuistik zum Mindestquotienten  91 Kasuistik zum Vertragsstrafensatz  76 Katalog vertragsstrafefähiger Bauabschnitte  125 Kettenreaktion siehe Dominoeffekt Kompensationsfunktion siehe Schadensersatzfunktion Kongruenz von Zwischenfristen  117 Kontrollfristen  116, 120 Kriminalstrafe  35 Kumulierungseffekt  115, 117 Leistungsbeschreibung  103, 156 Malus-Honorar  47 Mindestquotient aus Höchstbetrag und Vertragsstrafensatz  89

Monofunktionalitätslehre  29 Motive zum Bürgerlichen Gesetzbuch  20, 28, 36 Musterklausel  153 Nettoauftragssumme  61 Neuordnung des Bauablaufs  111 Obergrenze siehe Höchstbetrag pauschalierter Schadensersatz  22, 27, 30, 70, 72, 81 Preußisches Allgemeines Landrecht  18, 27, 32 Privatstrafe  31 Protokolle zum Bürgerlichen Gesetzbuch  28, 41, 74 rezipiertes römisches Recht  17 richterliches Ermäßigungsrecht  19, 33 Risikosphären  105 römisches Recht  17 rückständige Werkleistung als Bemessungsgrundlage bei Zwischenfristen  140 Sächsisches Bürgerliches Gesetzbuch  19 Sanktionsfunktion  39, 45 Savigny  18 Schadensersatzfunktion  17, 21, 29, 45 Schadensersatzpauschale siehe pauschalierter Schadensersatz Schadenspotential siehe typischer Schaden Schlechtwetterklauseln  57 Schlussfrist siehe Fertigstellungsfrist Schlussrechnungssumme  61, 92 Sicherungsfunktion siehe Erfüllungsdruckfunktion Spezialprävention  40 Steuerungsfunktion siehe Erfüllungsdruckfunktion stipulatio poenae  17 Störungsanfälligkeit des Gewerkes  74

166 Sachwortregister Straffunktion siehe Sanktionsfunktion Streuwirkung  119 Sühnefunktion  34 Summierung von Einzelvertragsstrafen siehe Kumulierungseffekt Tagessatz siehe Vertragsstrafensatz tatsächlicher Schaden  24, 25, 34, 69, 72, 74, 81, 84, 90, 93 Tetrafunktionalitätstheorie  45 typischer Schaden  68

Vertragsstrafensatz  54, 92, 115, 120, 133 Verzögerung des Vorunternehmers  107 Verzögerungsgewinn des Bauunternehmers  75 Verzugserfordernis  93, 132 Verzugslösung  132, 144 VOB/B-Vertrag  101 VOL/B  47

überraschende Klausel  13, 80 unangemessenen Benachteiligung  49 Unklarheitenregel siehe Auslegungszweifel

Wachstumsrate siehe Vertragsstrafensatz Werklohn siehe Auftragssumme Werktage als Zeiteinheit  54 Wertsicherungsklausel  88

Verantwortungsbereiche siehe Risikosphären Vergeltungsfunktion  34 Verstärkungsfunktion siehe Erfüllungsdruckfunktion

Zweifelsregelung siehe Auslegungszweifel Zwischenfristenvertragsstrafe  114 Zwischentermine siehe Zwischenfristenvertragsstrafe