Die Beschreibung des Raums: Territoriale Grenzziehungen im Heiligen Römischen Reich [1 ed.] 9783412510367, 9783412508913

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Die Beschreibung des Raums: Territoriale Grenzziehungen im Heiligen Römischen Reich [1 ed.]
 9783412510367, 9783412508913

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NORM UND STRUKTUR Studien zum sozialen Wandel in Mittelalter und Früher Neuzeit

Andreas Rutz

Die Beschreibung des Raums Territoriale Grenzziehungen im Heiligen Römischen Reich

NORM UND STRUKTUR STUDIEN ZUM SOZIALEN WANDEL IN MITTELALTER UND FRÜHER NEUZEIT IN VERBINDUNG MIT GERD ALTHOFF, HEINZ DUCHHARDT, PETER LANDAU, GERD SCHWERHOFF HERAUSGEGEBEN VON

GERT MELVILLE Band 47

DIE BESCHREIBUNG DES RAUMS Territoriale Grenzziehungen im Heiligen Römischen Reich von

ANDREAS RUTZ

2018 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar. Umschlagabbildung: Pfinzing, Paul: Methodvs Geometrica. Das ist: Kurtzer wolgegründter vnnd außführlicher Tractat von der Feldtrechnung vnd Messung, […], Nürnberg: Valentin Fuhrmann 1598. (VD 16, P 2374) [Nürnberg, GNM, Bibliothek: 2° Nw. 2260] © Germanisches Nationalmuseum, Digitalisat: Justine Nagler © 2018 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Lindenstraße 14, D-50674 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Matthias Stangel, Rommerskirchen Repro: Satz + Layout Werkstatt Kluth, Erftstadt Satz: büro mn, Bielefeld

ISBN 978-3-412-51036-7

Inhalt

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Methodische Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Elemente einer Raumsoziologie in historischer Perspektive .. 1.2 Prämissen, Vorgehensweise und Anlage der Untersuchung.. . 2. Forschungsstand.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



I. Grenzenlose Herrschaft? Herrschaft und Raum im Mittelalter. . . 1. Mittelalterliche Herrschaft zwischen Land, Staat und Territorium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Elemente vormoderner (Flächen-)Herrschaft. . . . . . . . . . . . 3. Grenzen im Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Grenzterminologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Grenzen im frühen und hohen Mittelalter. . . . . . . . . . . 4. Fazit: Kontinuität und Wandel territorial-räumlicher Herrschaft .

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II. Vormoderne Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verbale Beschreibungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Materielle Markierungen im Feld. . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Naturräumliche Gegebenheiten . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Natürliche und künstliche Objekte. . . . . . . . . . . . . 2.3 Grenzpfähle, -steine und -säulen . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Richtstätten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Befestigungs- und Verteidigungssysteme . . . . . . . . . . 2.6 Zwischenfazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Symbolische Markierungen im Feld.. . . . . . . . . . . . . . 3.1 Versteinungen und Umgänge. . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Außerordentliche Inszenierungen von Herrschaft auf der Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Zwischenfazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vermessung und Kartierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Mittelalterliche Universalkartographie. . . . . . . . . . . 4.2 Frühe Regionalkarten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Vermessungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9 14 14 28 34 51

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167 181 183 183 193 215

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Inhalt

4.4 Zwischenfazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 5. Fazit: Die Immaterialität vormoderner Grenzen . . . . . . . . . . 222 III. Wissenschaftliche Innovation und räumliche Herrschaftsrepräsentation in der Frühen Neuzeit . . . . . . . . . . 1. Vermessungswesen und Instrumentenbau.. . . . . . . . . . . . . 2. Landesbeschreibung und Staatenkunde. . . . . . . . . . . . . . . 3. Kartographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Die Regionalisierung der Kartographie in der Frühen Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Karten als Instrument von Herrschaft und Verwaltung.. . . . 3.2.1 Landesaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Grundstücks-, Flur- und Gemarkungskarten . . . . . . . 3.2.3 Karten vor Gericht.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Karten als herrschaftliches Repräsentationsmittel . . . . . . . 4. Fazit: Die Verwissenschaftlichung territorialer Grenzziehungen ..

230 231 240 261 261 283 284 311 314 320 326

Tafeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 IV. Grenzziehungen im 16. und 17. Jahrhundert.. . . . . . . . . . . . 1. Die Integration der Kartographie in das mittelalterliche System der Beschreibung und Markierung von Grenzen . . . . . . . . . . 2. Tradition vs. Innovation. Widerstände gegen den Gebrauch von Karten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Regionale Differenzierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit: Karten als Illustration und komplementäres ­Beschreibungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Grenzkarten als Argument. Herrschaft und Raum im 18. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Landesvermessungen als Instrument staatlicher Verwaltung . 2. Grenzkarten als Rechtsdokumente und Bestandteil von Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Streit um Grenzen – Streit um Karten . . . . . . . . . . . . 4. Fazit: Karten als Leitmedium der Raumbeschreibung . . . .

349 352 371 387 397

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Schlussbetrachtung: Zur Periodisierung des herrschaftlichen Zugriffs auf den Raum in der Vormoderne. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456

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Inhalt

Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . 1. Abkürzungen und Siglen. . . . . . . . . . . 2. Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Ungedruckte Quellen. . . . . . . . . . 2.2 Gedruckte Quellen und Repertorien. . 2.3 Gedruckte Karten.. . . . . . . . . . . 3. Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Abbildungsnachweis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 560 Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561 Register.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563

Einleitung

Zum genuinen Bestandteil eines Staates gehören eindeutig definierte Grenzen. Das wusste bereits Johann Jacob Moser, der 1769 in seiner Abhandlung über die „Teutschen Reichs-Stände Landen“ schreibt: „Ein jedes Land und Gebiet hat seine Landes-Gränzen […], wo dessen Besitzers Hoheit darüber aufhöret, und eines oder mehrerer anderer Landes-Herrn Land oder Gebiet und deren Hoheit darüber angehet.“1 Mosers Feststellung stammt aus der späten Phase eines sich über mehrere Jahrhunderte erstreckenden Prozesses territorialer Grenzziehungen innerhalb des Alten Reiches. Der Beginn dieser Entwicklung wird gemeinhin im Zusammenhang mit der Territorialisierung, das heißt der Ausbildung frühmoderner Staaten bzw. Territorien in Zusammenhang gebracht.2 Die den mittelalterlichen Lehnsverband kennzeichnende Herrschaft über bestimmte Personen sei im Zuge dieses Prozesses durch die Herrschaft bzw. – in Mosers Terminologie – Hoheit über ein bestimmtes Gebiet und alle dort lebenden Menschen abgelöst worden. Theodor Mayer hat diesen Wandel, der im Allgemeinen, wenn auch mit unterschiedlicher Nuancierung, in das Spätmittelalter datiert wird,3 auf die einprägsame Formel vom Personenverbandsstaat zum institutionellen Flächenstaat gebracht, um den fundamentalen Paradigmenwechsel von einem personalen hin zu einem räumlich-institutionellen Herrschaftsverständnis deutlich zu machen.4 Kennzeichen 1 *Moser 1977, S. 11; vgl. zuvor auch *Zedler 1735, Art. ‚Grentzen‘, Sp. 831–843, hier Sp. 832: „Alle Reiche, Fürstenthümer, Graf- und Herrschafften haben ihren gewissen Bezirck und bestimmte Landschafften, welche mit öffentlichen bekannten Grentzen und Marcken unterschieden sind, und was innerhalb solchen Bezirck gelegen, so nicht besonders befreyet und ausgenommen, ist dem Herrn selbiges Landes mit aller Obrigkeit unterworffen, daß er darinnen zu gebieten und zu verbieten hat, daher es ein Gebiete genennet wird.“ Ganz ähnlich postuliert noch Hoke 1971, Sp. 1802, dass ohne Grenzen „Herrschaft über Land weder im öffentlichen Bereich noch im privaten als Besitz und Eigentum begrifflich möglich“ sei. Für die Neuzeit vgl. Khan 2004, S.  VII, der die räumlich definierte Souveränität als „die ‚Kernidee‘ des modernen Staates schlechthin“ bezeichnet; vgl. auch ebd., S. 2–11. Ein Staatsgebiet lasse sich aber, „wie dies hinsichtlich aller Räume, ja Dinge der Fall ist, intellektuell nicht ohne das gleichzeitige Mit-Denken seiner äußeren Begrenzung erfassen“, ebd., S. 12. 2 Vgl. hierzu unten Kap. I.1 („Mittelalterliche Herrschaft zwischen Land, Staat und Territorium“). 3 Insb. der Beginn scheint strittig, die Vorschläge reichen vom frühen 12. bis ins 14. Jahrhundert; vgl. zur Datierung Schubert 2006, S. 52–57; Groten 2014, S. 192–197. 4 Vgl. u. a. Mayer 1956, S. 293f.

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Einleitung

dieser Entwicklung war bei allen regionalen Unterschieden der „Trend, Einzel­ gerechtsame miteinander in Verbund zu bringen und gesellschaftliche Formationen aller Art dem Staatswesen ein-, der sie lenkenden Obrigkeit unterzuordnen. Die Tendenz ist unverkennbar, bei aller Wahrung der ständischen Gliederung innerhalb des Staatswesens.“5 Eine solche raumbezogene, gleichsam flächendeckende Herrschaft bedarf klarer Grenzen, denn sie definieren letztlich die Reichweite der legitimen Gewalt – Moser nennt es die ‚Hoheit‘ – eines Fürsten.6 Der Bestimmung und Markierung der Grenzen eines Territoriums dürfte folglich eine entscheidende Bedeutung im Staatsbildungsprozess bzw. bei der Territorialisierung zukommen.7 Neben 5

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Gerlich 1986, S. 8. Vgl. auch Brauneder 1996, S. 33, der ‚Herrschaft‘ im spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Reich definiert als „rechtlich fundierte Machtausübung durch einen reichsunmittelbaren Herrn, in der Regel eines Reichsfürsten.“ Sie konstituierte sich „durch einzelne, unterschiedliche Rechte in der Hand des Herrschafts-Herrn. Daraus versteht es sich auch, daß Herrschaft in verschiedenen Arten je nach der größeren oder kleineren, lockereren oder dichteren Summe derartiger Rechte in Erscheinung tritt.“ Die der Interpretation Mosers zugrunde gelegte Verknüpfung von Herrschaft und Legitimität geht auf Max Weber zurück, der den Begriff ‚Herrschaft‘ sehr deutlich von dem der ‚Macht‘ unterscheidet. Weber definiert ‚Herrschaft‘ als „die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden“, was nur möglich sei, wenn Herrschaft legitim ist, d. h. der Herrscher einen „Legitimitätsanspruch“ vertritt und ihm von seiten der Beherrschten ein „Legitimitätsglaube“ entgegengebracht wird, Weber 1976, Bd. 1, S. 28, 122. Bekanntlich unterscheidet Weber drei Formen von Herrschaft, die er – entsprechend der jeweils maßgeblichen Legitimitätsgeltung – als rationale bzw. legale, traditionale und charismatische charakterisiert, ebd., S. 122–176; sowie ausführlich ebd., Bd. 2, S. 541–868. Im Gegensatz zu ‚Herrschaft‘ definiert Weber ‚Macht‘ als „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eignen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“, ebd., Bd. 1, S. 28. Vgl. insg. jetzt auch die kritische Ausgabe Weber 2013. Um dieser terminologischen Differenz genüge zu tun, werden die Begriffe ‚Macht‘ und ‚Herrschaft‘ im Folgenden – soweit möglich – nicht synonym benutzt, wenngleich sie sich faktisch durchaus überschneiden können. Eine solche Differenzierung ist in jüngerer Zeit aus politikwissenschaftlicher Perspektive von Stewart 2001 eingefordert worden; vgl. auch die grundlegenden Begriffsbestimmungen für Mittelalter und Frühe Neuzeit bei Willoweit 1989; Carl 2007, insb. Sp. 399–401. Kritik an Webers Herrschaftssoziologie bezieht sich weniger auf die genannten Differenzierungen als vielmehr auf sein teleologisches Modell der Herrschaftsentwicklung mit Blick auf die Moderne sowie das eindimensional hierarchisch gedachte Verhältnis von Obrigkeit und Untertanen. Dem wird in jüngerer Zeit ein Modell von Herrschaft als dynamischem und kommunikativem Prozess entgegengesetzt, in dem das Aushandeln von Herrschaft eine zentrale Rolle spielt, vgl. hierzu Meumann/Pröve 2004; außerdem Brakensiek/Bredow/Näther (Hg.) 2014; Rutz 2018b. Hierauf verweist auch Bahlcke 2012, S. 10f., datiert den Beginn dieses Prozesses allerdings traditionell in die Frühe Neuzeit.

Einleitung

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den konkurrierenden Herrschaftsträgern inner- und außerhalb des eigenen Herrschaftsraums, gegen die Ansprüche durchgesetzt und verteidigt werden mussten, waren es nicht zuletzt die Menschen (sowohl die ‚Ausländer‘ als auch die eigene Bevölkerung), die dem Grenzregime zu unterwerfen waren. In dieser doppelten Perspektive bilden Grenzen den Brennpunkt außen- und innenpolitischer Verhandlungen über die Herrschaft im bzw. über das Territorium.8 Die ältere Forschung hat hinsichtlich der Entstehung territorialer Grenzen eine Entwicklung vom „Grenzsaum“ zur „Grenzlinie“ angenommen.9 Die früh- und hochmittelalterlichen Stammesgebiete seien eher vage Räume gewesen, die durch Flüsse, Wälder, Gebirge usw. voneinander getrennt waren. Diese von der Natur vorgegebenen Grenzsäume waren Niemandsland und wurden erst im Laufe der Zeit besetzt. Mit zunehmender Besiedlung stießen die Herrschaftsbereiche unmittelbar aneinander, so dass seit dem 12. und 13. Jahrhundert genauere Abgrenzungen in Form von Grenzlinien nötig gewesen seien. Sowohl die Annahme einer Entwicklung vom Personenverbandsstaat zum institutionellen Flächenstaat als auch die These einer allmählichen Verengung des Grenzsaums zur Grenzlinie gehören zu den Gemeinplätzen der historischen Forschung und bilden bei allen Modifizierungen im Detail weiterhin zentrale Grundlagen der Diskussion. Kritik wurde zwar gelegentlich geäußert, aber nicht systematisch zu einem Gegenentwurf ausgearbeitet.10 Und so heißt es etwa noch 2006 in der Enzyklopädie der Neuzeit: „Im Kontext des mittelalterlichen ‚Personenverbandsstaats‘ wie auch der Idee universaler Herrschaft von Kaiser und Papst entwickelte sich die Vorstellung scharf gezogener, linearer Grenzen allenfalls in Ansätzen. Eher überwog eine Vorstellung von Grenzräumen.“11 Die historische Entwicklung war freilich nicht so geradlinig, wie solche Modelle vorgeben. Teilweise lassen sich schon im frühen und hohen Mittelalter sehr genaue territoriale   8   9 10 11

Hierauf verweist bereits Schubert 2006, S. 6, ohne diese Aspekte systematisch zu erörtern. Vgl. hierzu ausführlich unten Kap. I.3 („Grenzen im Mittelalter“). Vgl. insb. Sieber-Lehmann 1996, S. 79–81; Sieber-Lehmann 2000, S. 185f. Akashi/Stauber 2006, Sp. 1115. Auch in der jüngst erschienenen zweiten Auflage des Handwörterbuchs zur deutschen Rechtsgeschichte wird diese These weiterhin vertreten: „Was die Herrschafts- bzw. Staatsgrenze anbelangt, so ging in den europäischen Staaten die innere Konsolidierung ihrer Gewalt und der endgültige Wandel vom Personenverbandsstaat zum institutionellen Flächenstaat an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit mit der auch äußerlich gut wahrnehmbaren Festlegung der Grenzen vor sich. Im neuzeitlichen Territorialstaat wurde so das Territorium zur Voraussetzung der Staatlichkeit, was eine Veränderung des Grenzverständnisses nach sich zog. Die Grenze markierte nun rechtlich und wirtschaftlich die Ausdehnung des souveränden Hoheitsbereiches eines Regenten, die Staatsgrenze wurde auch Grenze der Staatsgewalt“, Reiter 2012, Sp. 542f.

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Einleitung

Grenzziehungen nachweisen, teilweise bestanden zwischen den Territorien bis an das Ende des Alten Reiches Unklarheiten und Streitigkeiten über die konkreten Grenzverläufe. Noch am Ende des 18. Jahrhunderts waren zudem nur selten alle Rechte innerhalb eines Territoriums in einer Hand vereint. Vielmehr traten häufig konkurrierende Herrschaftsträger auf, die einzelne Rechte oder die Herrschaft über bestimmte Personen und Orte innehatten. Das durch eine Grenzlinie definierte frühneuzeitliche Territorium war also nicht immer so einheitlich, wie die überlieferten Grenzbeschreibungen, -zeichen und -karten suggerieren. Besonders akut war dieses Problem in Franken und Schwaben, wo wir es mit ‚ungeschlossenen‘ Herrschaften (‚territoria non clausa‘) zu tun haben, in denen fortlaufend darum gestritten wurde, welches Hoheitsrecht (Gerichtsbarkeit, Besitz, Lehen, Geleit, Wildbann etc.) die Landeshoheit und die Grenzen derselben definierte. Und selbst dort, wo die Territorialgrenzen schon frühzeitig feststanden, wie im Rheinland oder in Bayern, ereigneten sich immer wieder Grenzkonflikte mit den Nachbarn – entsprechende Akten finden sich in jedem Staats- und Landesarchiv in großer Zahl. Obwohl dieser Befund recht auffällig ist, wird in der allgemeinen Geschichtswissenschaft, aber vielfach auch in landesgeschichtlichen Arbeiten die gängige Epochenschwelle zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit um 1500 als vorläufiger Endpunkt der spätmittelalterlichen Territorialisierung und als Beginn frühneuzeitlicher Staatlichkeit angesetzt.12 Zwar verweist die Mediävistik gelegentlich auf die längerfristigen Kontinuitäten mittelalterlicher Herrschaftsverhältnisse. Diese werden aber selten genauer untersucht, da der Blick in der Regel allenfalls bis in das 16. Jahrhundert reicht und die frühneuzeitliche Entwicklung von Territorium und Staat nicht in den eigenen Zuständigkeitsbereich fällt.13 Wenn die Frühneuzeit-Historiker nun aber ihre Bemühungen stärker auf das Moderne, Zukunftsweisende ihrer Epoche im Sinne einer ‚Früh-‘ oder ‚Vor-Moderne‘ richten und deshalb vor allem den Staat bzw. das Territorium als Ergebnis des Territorialisierungsprozesses fokussieren, finden die Überbleibsel mittelalterlicher 12 Vgl. dagegen das Plädoyer für eine Loslösung landesgeschichtlicher Periodisierungen von der allgemeinen Geschichte bei Rutz 2011. 13 Zur Kontinuitätsfrage vgl. knapp Gerlich 1986, S. 7; Schubert 2006, S. 107; vgl. auch die Hinweise bei Diestelkamp 1970, S. 85, 95f., zur Bedeutung des Lehnrechtes und damit personellen Elementen von Herrschaft bis in die Frühe Neuzeit. Eine ausführlichere, aber nicht über das 16. Jahrhundert hinausgreifende Perspektive bietet Schubert 1999; Schubert 2001, der freilich die Epochenschwelle um 1500 stark macht: „Mit der Entwicklung der Grenze erst siegt das Territorium des 16. Jahrhunderts über den ungeschlossenen Raumbegriff des spätmittelalterlichen Landes“, Schubert 2001, S. 53; vgl. auch die bei Bahlcke 2012, S. 75, genannte Literatur.

Einleitung

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Rechtszustände allenfalls am Rande Berücksichtigung und werden als Hindernisse moderner Staatsbildung interpretiert. So konstatiert etwa Jörg Engelbrecht: „Die Verwirklichung eines territorialpolitischen Programms ist den deutschen frühmodernen Staaten bekanntlich nicht in vollem Umfang gelungen.“ Zurückzuführen sei dies nicht zuletzt auf mittelalterliche „Relikte außer- und überstaatlicher Rechtsräume“, die „‚quer‘ zu staatlichen Raumordnungsversuchen standen“ und „die effiziente administrative Durchdringung des Raums vielfältig behindert“ hätten.14 Die Einsicht insbesondere der Rechtsgeschichte, dass die Grundlagen des neuzeitlichen Staates bereits im Mittelalter entstanden seien, wäre sicherlich auf Seiten der Geschichtswissenschaft noch intensiver zu rezipieren.15 Allerdings ist auch dieser Position noch eine modernisierungsgeschichtliche Perspektive inhärent, die aufgrund der ‚mittelalterlichen‘ Zustände in manchen frühneuzeitlichen Territorien schlichtweg anachronistisch erscheint. Die Wahrnehmung eines fundamentalen Gegensatzes zwischen mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Staatsauffassung ist also irreführend und bedarf insofern der Korrektur, als der Prozess der Staatsbildung eben nicht geradlinig und gleichmäßig verlief, sondern die Idee räumlich definierter Herrschaft durchaus bereits im Mittelalter zu finden ist und umgekehrt Elemente des mittelalterlichen Personenverbandsstaates auch noch in der Frühen Neuzeit bedeutsam waren.16 Die grundsätzliche Frage nach dem Verhältnis von Raum und Herrschaft stellt sich somit für Mittelalter und Frühe Neuzeit gleichermaßen. Einen Schlüssel zum Verständnis dieses Verhältnisses bietet die Untersuchung territorialer Grenzziehungen. In der vorliegenden Studie werden die Territorialgrenzen im Heiligen Römischen Reich nicht von ihren rechts- und verfassungsgeschichtlichen oder landes- bzw. 14 Engelbrecht 1995, S. 21. Ganz ähnlich konstatierte schon Janssen 1974, S. 423, aus der Perspektive des Spätmittelalters, dass das Lehnswesen „doch eine schwere Hypothek für die Territorien im Sinne einer Traditionshemmung“ dargestellt habe und es „die Auswirkung modernstaatlicher Tendenzen sicherlich erschwert“ habe. Vgl. dagegen Groten 2001, insb. S. 200, 219 (Zitat), der auf die Weiterentwicklung des Lehnswesens im Spätmittelalter als „innovative Tendenz der Territorialpolitik“ hinweist und hier Ansätze zur Entstehung des „neuzeitliche[n] Untertanenbegriffs“ erkennt. 15 So auch Bahlcke 2012, S. 75f. 16 Die klassische Definition von ‚Staat‘ stammt bekanntermaßen von Max Weber: „Staat ist diejenige menschliche Gemeinschaft, welche innerhalb eines bestimmten Gebietes – dies: das ‚Gebiet‘, gehört zum Merkmal – das Monopol legitimer physischer Gewaltsamkeit für sich (mit Erfolg) beansprucht“, Weber 1976, Bd. 2, S. 822. Eine nicht nur für das Mittelalter, sondern für die Vormoderne insg. sinnvolle Abwandlung dieser Definition, die auch die Dynamik der territorialen Grenzen in dieser Zeit berücksichtigt, findet sich bei Reynolds 2003, S. 551: „A state is an organization of human society within a more or less fixed area in which the ruler or governing body more or less successfully controls the legitimate use of physical force.“

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Einleitung

reichsgeschichtlichen Voraussetzungen her behandelt. Es geht weder um die Analyse des juristischen Diskurses über Grenzen mit Blick auf die Entwicklung der Territorialstaatsverfassung noch um die politische Entstehungsgeschichte der einzelnen Territorien des Reiches. Im Mittelpunkt der Analyse stehen vielmehr die Akte der Grenzziehung selbst, die als Teil der Konstruktion von Räumen, genauer von Herrschaftsräumen verstanden werden. Damit wird ein Problem aufgegriffen, das trotz der in jüngerer Zeit zunehmenden Forschung zum Thema Grenzen bislang keine zusammenhängende Diskussion erfahren hat, für das Verständnis vormoderner Territorialstaatlichkeit aber von eminenter Bedeutung ist.17

1. Methodische Vorüberlegungen 1.1 Elemente einer Raumsoziologie in historischer Perspektive Il y aurait à écrire toute une histoire des espaces – qui serait en même temps une histoire des pouvoirs. Michel Foucault18

In der jüngeren kulturwissenschaftlichen Forschung kommt der Kategorie ‚Raum‘ zentrale Bedeutung zu.19 Allerdings ist es nicht der Raum als solcher, der als vorgegebene Einheit in seiner Beschaffenheit untersucht wird. Vielmehr wird im Zuge des ‚spatial turn‘ der Konstruktionscharakter jeglichen Raums hervorgehoben. 17 Vgl. nur Müller 2012, der fragt, ob es „spezifisch frühneuzeitliche Modi für die Demarkation von Grenzen“ gegeben habe, und wie diese sich im Laufe der Zeit verändert hätten. Notwendig sei eine systematische Reflexion der Parameter, „nach denen Handlungsräume entstanden sowie Grenzen erfahren, gedacht und demarkiert wurden.“ 18 Foucault 1994a, S. 192. Die Spannbreite möglicher Raum/Macht-Geschichten reicht bei Foucault von der Geopolitik bis zum lokalen Umfeld und zu einzelnen Gebäuden und Zimmern, „depuis les grandes stratégies de la géopolitique jusqu’aux petites tactiques de l’habitat, de l’architecture institutionelle, de la salle de classe ou de l’organisation hospitalière, en passant par les implantations économico-politiques.“ Zu geographischen Aspekten im Werk von Foucault vgl. Crampton/Elden (Hg.) 2007. 19 Vgl. knapp zusammenfassend Bachmann-Medick 2009; zum Diskussionsstand in den verschiedenen ‚Raumwissenschaften‘ Günzel (Hg.) 2009 sowie das Handbuch von Günzel (Hg.) 2010; für die Geschichtswissenschaft jetzt auch die Einführung von Rau 2017; als erster Zugriff auf die ‚Klassiker‘ bietet sich die Textsammlung von Dünne/Günzel (Hg.) 2006 an. Vgl. außerdem die jüngeren, methodisch orientierten Sammelbände von Brenner u. a. (Hg.) 2003; Günzel (Hg.) 2007; Döring/Thielmann (Hg.) 2008; Csáky/Leitgeb (Hg.) 2009; Warf/Arias (Hg.) 2009.

Methodische Vorüberlegungen

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Räume sind in dieser Perspektive nicht einfach vorhanden und wie ein Behälter mit Objekten, Menschen usw. gefüllt, sondern werden von den jeweiligen Akteuren jeweils neu konstruiert. Die zentrale Prämisse der aktuellen Raumforschung lautet daher: „Räume sind nicht, Räume werden gemacht“.20 Als Konsequenz hieraus folgt einerseits, dass Räume nicht als statisch angesehen werden können, und andererseits, dass Menschen aus ihrer je eigenen Perspektive unterschiedliche Räume konstruieren. Diese Raumkonstrukte bleiben freilich nicht rein geistig-ideeller Natur, sondern erlangen auch soziale Bedeutung, da an einem Ort aufgrund verschiedener Akteure mit abweichenden Raumkonzepten unterschiedliche Räume existieren können. Die Raumkonzepte treten notwendigerweise in Konkurrenz zueinander und werden in mehr oder weniger aggressiver Form zwischen den Konfliktparteien verhandelt. Mit Blick auf unser Thema ist als Hypothese zu formulieren, dass die in Form von Grenzziehungen ausgetragenen Konflikte und Kämpfe um die Herrschaft im bzw. über das Territorium immer auch Auseinandersetzungen um die Durchsetzung bestimmter Raumvorstellungen darstellen, sei es zwischen verschiedenen Herrschaftsträgern, sei es zwischen Fürsten und Untertanen. Es stellt sich die Frage, wie dieser Sachverhalt analytisch zu fassen ist. Auf der Suche nach entsprechenden Theorieangeboten stößt man unweigerlich auf die Soziologie, in der die „gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit“ ein seit langem etabliertes Paradigma ist.21 Dementsprechend kann sie auch der aktuellen Raumdiskussion wichtige Anregungen liefern. Es ist hier nicht der Ort, die unterschiedlichen Ansätze im Einzelnen vorzustellen und die komplexen soziologischen Modelle auf einer abstrakten Ebene zu diskutieren. Vielmehr soll ein wegweisendes theoretisches Konzept jüngerer Zeit, der Entwurf einer „Raumsoziologie“ von Martina Löw von 2001, in seinen zentralen Gedanken erläutert und bezüglich seiner Anwendbarkeit auf das Thema territorialer Grenzziehungen im vormodernen Reich geprüft werden.22 Dieses Modell zur Entstehung von Räumen und deren Reproduktion in sozialen Kontexten scheint hinreichend allgemein 20 So der Titel eines Aufsatzes zur Genese ‚Mitteleuropas‘ von Schultz 1997. 21 Vgl. hierzu den vielzitierten Klassiker von Berger/Luckmann 1980. Die Autoren verstehen „menschliche Wirklichkeit“ als „eine gesellschaftlich konstruierte Wirklichkeit“ und umgekehrt Gesellschaft als „geschaffen von Menschen, bewohnt von Menschen und in unaufhörlichem historischen Prozeß wiederum an den Menschen schaffend“ (S. 200f.). 22 Löw 2001. Als wichtige Beiträge zur jüngeren sozialwissenschaftlichen Raumtheorie sind darüber hinaus zu nennen Lefebvre 1974; Giddens 1988; Läpple 1991; Werlen 1997; Sturm 2000 sowie jüngst Schroer 2006; vgl. zur Raumsoziologie zusammenfassend Löw/Steets/Stoetzer 2007; Schroer 2009; zur Sozialgeographie Weichhart 2008; Werlen 2008; Werlen 2009.

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Einleitung

und von einem spezifischen gesellschaftlichen Zusammenhang abstrahiert, um es auf historische Sachverhalte übertragen zu können. Laut Gerd Schwerhoff bietet es der historischen Forschung mindestens zwei interessante Anknüpfungspunkte: Das Verständnis von Raum als eines sozialen Konstrukts verträgt sich gut mit neueren kulturgeschichtlichen Forschungsrichtungen, die gegen eine Verdinglichung der Strukturen und eine Eskamotierung der Menschen aus der Geschichte Einspruch angemeldet haben. Zum anderen werden mit der Aufgabe des absolutistischen Raumbegriffs die Existenz konkurrierender und sich überlagernder Räume und Raumwahrnehmungen erst konzeptualisierbar und analysierbar.23

Bislang wurde Löws Konzept in diesem Sinne lediglich auf kleine Räume, etwa Wirtshäuser, Rathäuser, Kirchenräume, Stadtgefüge usw., angewandt.24 Der Fokus der vorliegenden Arbeit verlangt dagegen zu überprüfen, inwieweit das Konzept auch für die historische Erforschung von Räumen mittlerer Größe operationalisierbar ist.25 Auf dieser Grundlage werden im Folgenden die Prämissen für eine historische Analyse der Genese territorial-räumlicher Herrschaft im spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Reich und der diesbezüglichen Bedeutung von Grenzen entwickelt. Raumtheorien lassen sich grundsätzlich entweder der absolutistisch-substantiel­ len oder der relativistisch-relationalen Tradition zurechnen.26 Während Raum in relativistischen Konzepten aus Anordnungen von Körpern als Resultat sozialer Handlungen abgeleitet wird, unterscheidet die absolutistische Sichtweise zwischen Raum und Körpern bzw. sozialen Prozessen. Raum existiert in dieser Konzeption für sich, die Körper werden als in diesem autonomen Raum befindlich gedacht und konstituieren ihn nicht. Der Raum fungiert gleichsam als Behälter, 23 Schwerhoff 2005, S. 373f. Vgl. auch Bavaj 2006, S. 480f.; Rau 2017, S. 103f. 24 Vgl. Rau/Schwerhoff 2004, S. 20–23, 48–52; Löw 2004; Löw 2005; Hochmuth/Rau 2006, insb. S. 16f., 27–30; Rehberg 2006, insb. 44–47. Der knappe Überblick von Sandl 2009 zu den für geschichtswissenschaftliche Fragestellungen operationalisierbaren Raumtheorien blendet die jüngere Diskussion vollständig aus und begnügt sich mit den soziologischen Klassikern. 25 Laut Freitag 2003/04, S. 232, „steht die konzeptionelle Umsetzung solcher auf der Meta­ ebene angesiedelten Überlegungen für die Landesgeschichte noch aus“. 26 Diese Unterscheidung gilt sowohl für die Natur- als auch die Sozialwissenschaften, wobei die Theoriebildung der letzteren derjenigen der ersteren deutlich hinterherhinkt, Einstein 1954, S.  XIV; Läpple 1991, S. 189–191; Löw 2001, S. 17f. Die Bedeutung der beiden Raummodelle für die Sozialwissenschaften wird auch von Schroer 2006, S. 44f., anerkannt. Allerdings betont er, dass die Zuordnung nicht immer eindeutig ist, da in den meisten Theorien Elemente beider Raummodelle begegnen, ebd., S. 174–181. Zu mathematischen und physikalischen Raumtheorien vgl. ausführlicher Sturm 2000, S. 65–139; Schroer 2006, S. 29–46.

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in dem sich soziales Geschehen vollzieht.27 Dieser Dualismus ist relativistischen Konzepten fremd. Raum wird hier allein durch die relativen Lageverhältnisse der Körper konstituiert. Diese Relationen sind nicht einfach gegeben, sondern werden von Akteuren bewusst oder unbewusst hergestellt. Raum ist damit „in seiner soziologischen Relevanz immer Ergebnis eines Prozesses der Anordung.“28 Diese prozessuale, dynamische Komponente bietet einen ersten Anknüpfungspunkt für die Auseinandersetzung mit vormodernen Herrschaftsräumen. Dabei kann es nicht im Sinne einer absolutistischen Raumkonzeption um die Untersuchung der obrigkeitlichen Maßnahmen in einem Territorium gehen, denn dieses Territorium kann nicht als gegeben vorausgesetzt werden. Erst im Laufe der Zeit entwickelten sich herrschaftliche Einflusszonen und postulierte Herrschaftsräume zu abgegrenzten, topographisch definierten Entitäten, und selbst diese waren nicht unumstritten und dauerhaft stabil, wie die zahlreichen Grenz- und Territorialkonflikte der Frühen Neuzeit zeigen. Im Sinne eines relativistischen Raumbegriffs sind Raum und Herrschaft nicht unabhängig voneinander zu denken.29 Neben die Untersuchung von Herrschaftsausübung im Raum, wie sie in den letzten Jahren sehr intensiv und erfolgreich insbesondere von der Policeyforschung betrieben wurde,30 muss daher die Frage nach der Konstitution dieses Raums durch Herrschaft treten. Denn „ohne die Vergegenwärtigung der Räume, die Politik für sich 27 Der mittlerweile hierfür gängige Terminus ‚Behälterraum‘ leitet sich von dem von Einstein 1954, S.  XIV, benutzten englischen Begriff „container“ ab. Dass dieser Ansatz nicht vollends überholt ist, zeigen jüngere Tendenzen zur Rematerialisierung des Raumes in der angloamerikanischen Forschung, vgl. hierzu kritisch Lossau 2007. Auch der prominenteste Kommentator des ‚spatial turn‘ in der deutschen Geschichtswissenschaft, Karl Schlögel, verbindet die Wiederkehr des Raums mit einer Rückkehr der Materialität und postuliert, „dass nicht alles Zeichen, Symbol, Simulacrum, Text ist, sondern Stoff, Materie, Baumaterial“, Schlögel 2004, S. 262. In dieselbe Richtung weist auch das bekannteste Buch des Autors, Schlögel 2003, S. 11f., 31 und passim. Dieser Materialismus schlägt sich in einer befremdlichen, gleichsam anti-konstruktivistischen Definition von Räumen nieder, etwa wenn ‚Europa‘ nicht als kulturelles Konstrukt, sondern „zuerst und vor allem“ als geographischer Raum definiert wird, in dem sich eine bestimmte Kultur und Geschichte herausgebildet habe: „Europa ist zuerst der Schauplatz europäischer Geschichten, die Halbinsel, das Kap der eurasischen Landmasse“, ebd., S. 469. 28 Löw 2001, S. 18. 29 Vgl. schon Bourdieu 1991, S. 30, wenn auch mit Bezug auf soziale Beziehungen, nicht auf politische Entitäten: „Herrschaft über den Raum bildet eine der privilegiertesten Formen von Herrschaftsausübung“; hierzu Neckel 2009, S. 53–55; zu Pierre Bourdieus Raumkonzept ausführlicher Schroer 2006, S. 82–106. 30 Vgl. nur das Repertorium der Policeyordnungen der Frühen Neuzeit von *Härter/Stolleis (Hg.) 1995–2017; sowie die Einführung von Iseli 2009.

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schafft, wäre eine Geschichte der Politik unvollständig.“31 Zu untersuchen sind einerseits Vorstellungen sowie Konzeptionen territorial-räumlicher Herrschaft und andererseits Handlungen, die auf herrschaftliche Aneigung von Raum zielen. Die Fragerichtung kehrt sich damit gleichsam um: War vorher das Territorium eine gegebene Größe, in der sich Herrschaft entfaltete, wird die Herstellung des Herrschaftsraumes, das ‚doing territory‘, nun selbst zum Untersuchungsgegenstand.32 Die Idee von Markus Schroer, in einem zweistufigen Verfahren zunächst mit einem relationalen Modell die Konstruktion von Raum zu untersuchen und dann im Sinne des Behälterraum-Konzepts die Machtstrukturen in diesem einmal etablierten Raum zu erforschen, ist in diesem Zusammenhang irreführend.33 Denn wie noch zu zeigen sein wird, ist die Konstruktion von Raum kein finaler Prozess, an dessen Ende etwa ein Territorium als materielles Substrat, als Raum an sich steht. Vielmehr muss dieser Raum fortwährend im Handeln reproduziert werden, bleibt also ein relationaler Raum. Die Trennung von Körpern bzw. sozialen Prozessen und Raum in absolutis­ tischen Raumkonzepten hat zur Folge, dass das Handeln unterschiedlicher Menschen und gesellschaftlicher Gruppen als in ein und demselben Raum sich vollziehend gedacht wird. Dieser eine kontinuierliche und für sich existierende Raum strukturiert das Handeln aller bzw. umgekehrt: alle Akteure strukturieren den einen Raum. Die Frage, ob unterschiedliche Menschen und Gruppen v­ ielleicht an ein und demselben Ort ganz unterschiedliche Räume konstituieren, wie relativistische Konzepte nahelegen, kann in dieser Perspektive gar nicht gestellt werden.34 „Das heißt, sich verändernde Gebilde und konkurrierende Raumkonstruktionen an einem Ort, die gerade durch die zugrundeliegenden Aus­hand­lungsprozesse immer fließend sind, werden systematisch ausgeschlossen.“35 Diese Kritik am absolutistischen Raummodell hat weitreichende Konsequenzen. Das dynamische Moment, durch welches Raum grundsätzlich als veränderlich und damit letztlich auch als

31 Schroer 2006, S. 185. 32 Vgl. zu diesem Forschungskonzept ausführlich Rutz 2015; sowie grundsätzlich zur Historischen Praxeologie Haasis/Rieske 2015. Mit diesem Ansatz korrelieren die jüngst von Bretschneider/Duhamelle 2016 vorgestellten Überlegungen zum Reich „als eine[m] sich über mehrere Ebenen erstreckenen gemeinsamen Handlungs- und Erfahrungsraum seiner Akteure“ (S. 721); zur Bedeutung von (Territorial-)Grenzen und der damit verbundenen sozialen Praxis ebd., S. 727–732. 33 Schroer 2006, S. 174–177. 34 Zum Verhältnis von Raum und Ort vgl. Löw 2001, S. 198–203; außerdem Löw 2004, S. 467; kritisch hierzu Rehberg 2006, S. 45–47. 35 Löw 2001, S. 65, vgl. auch S. 131.

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historischem Wandel36 unterworfen angesehen werden kann, erhält eine zusätzliche, handlungstheoretische Konturierung: Die Akteure gewinnen insofern an Bedeutung, als sie mit ihrem Handeln je eigene Räume konstituieren. Wenn die unterschiedlichen Raumkonstruktionen an ein und demselben Ort erfolgen, etwa in einer Kirche, einer Stadt, einem Territorium, einer Grenzregion usw., treten sie in Konkurrenz zueinander, müssen verhandelt, revidiert und angepasst werden. Die Dynamik der Veränderung des Raums ergibt sich folglich aus der Vielzahl von Raumkonstruktionen an einem Ort durch die dort handelnden Akteure. Es ist evident, dass die angesprochenen Zusammenhänge für die Frage nach der Genese territorial-räumlicher Herrschaft von entscheidender Bedeutung sind. Die Entwicklung vollzieht sich nicht in einem vorgegebenen Raum, den es seitens der Obrigkeiten mit Herrschaft auszufüllen gilt, sondern stellt sich als eine Auseinandersetzung um konkurrierende Raumkonzepte dar.37 Protagonisten dieser Auseinandersetzung waren zum einen die Fürsten und andere Reichsstände, die ihre jeweiligen Herrschaftsräume gegeneinander zu behaupten versuchten, wobei es notwendigerweise dort zu Konflikten kam, wo sich diese Raumkonstrukte überschnitten und dieselben Orte beansprucht wurden.38 Zum anderen waren es kleinere konkurrierende Herrschaftsträger (Adel, Ritterschaft, Klöster etc.), die aufgrund einzelner Rechte und Privilegien eigene, den übergreifenden Territorialvorstellungen der Fürsten zuwiderlaufende (Teil-)Herrschaftsräume behaupteten.39 In den betreffenden Auseinandersetzungen spielte freilich auch die Bevölkerung eine Rolle, sei es als Zeuge bei Grenzbereitungen oder Verursacher von Grenzkonflikten aufgrund alltäglicher Verrichtungen, etwa des Viehtriebs.40 36 Löw beschäftigt sich nicht ausführlicher mit historischem Wandel, verweist aber darauf, dass sich aufgrund der ständigen Bewegung der Körper deren (An)Ordnungen ständig veränderten und Raum sich daher „auch in der Zeit“ konstitutiere, Löw 2001, S. 131. An einer anderen Stelle spricht sie auch das „historische Gewordensein von Raum“ an, ebd., S. 221. 37 Vgl. in diesem Zusammenhang die methodischen Überlegungen von Ullmann 2015. 38 Vgl. nur die zahlreichen Beispiele für die demonstrative Ausübung von Rechten zum Zwecke der Territorialbildung bzw. -behauptung bei Oelze 2011 betr. die Reichsstadt Schwäbisch Hall und ihre Nachbarn. 39 Diese Konkurrenzsituation ist nicht nur horizontal, d. h. im Sinne flächig voneinander abgegrenzter Herrschaftsbereiche zu denken, sondern auch vertikal hinsichtlich der Einordnung in das Herrschaftsgefüge des Reiches; vgl. für das Rheinland Groten 2007. 40 In den Archiven lagern unzählige Akten zu solchen ‚Grenzirrungen‘. Vgl. nur die vom 16. bis zum 18. Jahrhundert andauernden Grenzstreitigkeiten zwischen der Grafschaft Moers und dem Kurfürstentum Köln, wo u. a. das Torfgraben der Untertanen einen fortwährenden Streitpunkt bildete, Duisburg, LAV NRW R, Oranien-Moers, Akt. 27–29; ebd., Regierung Moers 59–64; ebd., 66; ebd., 70–80; vgl. speziell zum Torfstreit auch Verhuven 1927. Die Grenzen der Grafschaft waren insg. höchst umstritten, Grenz- und Territorialkonflikte nicht

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Die Konstruktion von Raum durch unterschiedliche Akteure spielt sich immer im Rahmen bestehender gesellschaftlicher Strukturen ab.41 Neben die Handlungsdimension, die in der Konstruktion, im Prozess des Anordnens von Körpern greifbar wird, tritt daher eine Ordnungsdimension, die die gesellschaftlichen Strukturen abbildet. Um diese Dualität von Struktur und Handeln begrifflich zu fassen, bezeichnet Löw Raum als „relationale (An)Ordnung von Körpern“.42 Bevor geklärt wird, wie die Anordnung im Einzelnen vor sich geht, ist zunächst zu fragen, welche ‚Körper‘ die Akteure anordnen. Löw geht hier über die gängigen relativistischen Raumtheorien hinaus, die Räume zwar als relationale Anordnungen definieren, aber unter Körpern lediglich materielle Sachverhalte respektive Dinge verstehen.43 Menschen und gesellschaftliche Gruppen wirken in solchen Konzeptionen nur insofern raumkonstituierend, als sie Dinge platzieren, selbst aber nicht Teil der Anordnung sind. Damit beschränkt sich die Bestimmung von Raum auf die Bestimmung von Lageverhältnissen physisch-materieller Gegebenheiten. Die soziale Dimension der Lageverhältnisse wie auch der angeordneten Dinge bleibt dagegen unberücksichtigt.44 Die Überwindung dieses Schwachpunktes ist für die geschichtswissenschaftliche Adaption des soziologischen Raummodells grundlegend, denn die historische Forschung kann in der Auseinandersetzung mit ‚Raum‘ nicht bei der Untersuchung der Anordnung von materiellen Sachverhalten stehenbleiben. Entsprechende Denkmälerinventare und historisch-topographische Werke haben ihren Wert,45

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nur mit Kurköln, sondern auch mit dem Herzogtum Kleve und dem Herzogtum Geldern sind Legion, vgl. u. a. Duisburg, LAV NRW R, Kleve-Mark, Akt. 859–893; ebd., Kurköln II, 1144; ebd., 1146; ebd., 1239; ebd., 1247; ebd., 2558; ebd., 2808–2830; ebd., Oranien-Moers, Akt. 26; ebd., 30–31; ebd., 95; ebd., Regierung Moers 53–55; ebd., 58; ebd., 65; ebd., 67–69; ebd., 81–86. Vgl. Spelten 1922–1924; Verhuven 1922; außerdem Feinendegen (Hg.) 2000; Wensky (Hg.) 2000. Ausgangspunkt von Löws Überlegungen ist Anthony Giddens’ Theorie der Strukturierung, in der der Dualismus von (objektiven) Strukturen und (subjektivem) Handeln in eine Dualität im Sinne einer Wechselwirkung übersetzt wird, Giddens 1988; vgl. hierzu auch zusammenfassend Schroer 2006, S. 106–132. Als Bindeglied zwischen Handeln und Struktur verwendet Löw Bourdieus Habitus-Begriff, vgl. grundlegend Bourdieu 1972. Vgl. insg. Löw 2001, S. 16, 132, 177–179. Löw 2001, S. 131. Die Schreibweise „(An)Ordnung“ verweist auf die Handlungs- und die Ordnungsdimension des Begriffes. Dies trifft insb. auch auf die in der Sozialgeographie breit rezipierte Raumtheorie Benno Werlens zu, Werlen 1997. Vgl. zu diesem und anderen Konzepten zusammenfassend Löw 2001, S. 133–151. Löw 2001, S. 133f., 150. Vgl. etwa den „Dehio“ oder das „Handbuch der historischen Stätten“, die jeweils nach

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können (und wollen) aber methodisch nicht den Anspruch erheben, über die historische Konstitution von Raum eine Aussage zu treffen. Die Begriffe ‚Raum‘, ‚Territorium‘ oder ‚Landschaft‘ sind hier Hilfskonstruktionen zur Strukturierung des Materials und nicht zentraler Untersuchungsgegenstand. Hingegen muten die zahlreichen jüngeren Versuche, ‚Landschaft‘ als Forschungskategorie zu re­­ etablieren, eher naiv an, wenn sie eine solche lediglich als Verdichtungsraum eines oder mehrerer Phänomene (Klöster, Schulen und Universitäten, Burgen, Kunst, Literatur etc.) definieren.46 Zu den ‚Körpern‘ der Raumkonstitution zählt Löw soziale Güter, Menschen und andere Lebewesen.47 Als soziale Güter sind alle Produkte gegenwärtigen und vergangenen materiellen und symbolischen Handelns zu verstehen. Freilich sind soziale Güter niemals nur materiell oder nur symbolisch, sondern sie weisen beide Komponenten auf. Angeordnet werden soziale Güter allerdings vorrangig „in ihrer materiellen Eigenschaft, verstanden werden können diese materiellen Anordnungen jedoch nur […], wenn die symbolischen Eigenschaften der sozialen Güter entziffert werden.“48 Menschen werden einerseits passiv durch Handlungen anderer Menschen positioniert, nehmen andererseits aber auch aktiv selbst Standorte ein. Tiere unterscheiden sich von sozialen Gütern und Menschen darin, dass sie sich nicht oder nicht immer platzieren lassen, aber auch keine bewusste Entscheidung zur Positionierung treffen.49 Raum ist aufgrund dieser Differenzierungen nach Löw „eine relationale (An)Ordnung von Lebewesen und sozialen Gütern“.50 Die Erforschung der Konstitution von Raum muss immer an beiden Punkten ansetzen, bei den ‚Körpern‘ wie auch deren Beziehungen untereinander.

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Bundesländern inventarisieren; für Nordrhein-Westfalen Euskirchen u. a. (Bearb.) 2005; Groten u. a. (Hg.) 2006. Vgl. kritisch zu diesbezüglichen Ansätzen in der Bildungsgeschichte Rutz 2010a, S. 9–12; zur Diskussion des Landschaftsbegriffs in der Geschichtswissenschaft vgl. Wallthor/Quirin (Hg.) 1977; Felten/Müller/Ochs (Hg.) 2012. Löw 2001, S. 153–157. Löw 2001, S. 153. Zu Symbolik und Materialität vgl. auch ebd., S. 191–194. Auf die Bedeutung der Außenwirkung von sozialen Gütern und Menschen (Geruch, Geräusch, Suggestivkraft von Farben etc.), die in Wahrnehmungsprozessen zu „Atmosphären“ verdichtet werden, kann nicht näher eingegangen werden, wenngleich sich hier ein interessantes Forschungsfeld eröffnet; vgl. Löw 2001, S. 195–198, 204–210. Zur Geschichte des Hörens vgl. die methodischen Überlegungen von Müller 2011; Missfelder 2015. Dieser Aspekt ist auch für das Thema territorialer Grenzen nicht unwichtig. So provozierten z. B. zur Eichelmast in die Wälder getriebene Schweine in der Vormoderne immer wieder Streitigkeiten, und zwar nicht nur auf lokaler, sondern durchaus auch auf territorialer Ebene, vgl. Regnath 2008. Löw 2001, S. 154.

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Während die Körper dem Raum seine materielle Qualität geben, ist die Relatio­ nenbildung primär ein symbolischer Prozess. „Der Raum als Ganzes hat demzufolge keine Materialität im Sinne eines physischen Substrats, sondern nur die einzelnen sozialen Güter und Lebewesen weisen Materialität auf.“51 Ergänzend zu den platzierten Lebewesen und Gütern ist auch nach den in der Löw’schen Terminologie als ‚vorarrangierte Anordnungen‘ bezeichneten räumlichen Gegebenheiten zu fragen, die Grenzziehungen vorausgingen und diese vorstrukturierten. Im räumlich kleinteiligen Europa mit einer Vielzahl konkurrierender Akteure und jahrhundertealten Besitzständen war diesbezüglich die Situation erheblich komplexer als etwa in Übersee, wo seit dem 15. und 16. Jahrhundert die neu entdeckten bzw. angeeigneten Gebiete gleichsam auf dem Reißbrett aufgeteilt und voneinander abgegrenzt wurden. Entsprechend pragmatische Lösungen prägten noch im 19. Jahrhundert die Grenzziehungen in Nordamerika und in den europäischen Kolonialgebieten in Afrika und im Mittleren Osten.52 Nahmen diese Grenzziehungen nur wenig Rücksicht auf naturräumliche Gegebenheiten und ignorierten die räumlichen Arrangements der indigenen Bevölkerung, waren es im vormodernen Europa gerade diese Faktoren, die Grenzziehungen (mit-)bestimmten. Zu den vorarrangierten Anordnungen können zunächst natürlich-topographische Gegebenheiten (Flüsse, Berge, Sümpfe, Seen, Meere, Wälder usw.) gezählt werden. Dabei ist zu beachten, dass diesen keine absolute, gleichsam natürliche Grenzfunktion zukommt. Vielmehr werden auch ‚natürliche‘ Grenzen konstruiert und unterscheiden sich darin nicht von ‚künstlichen‘. Darüber hinaus können diejenigen Komponenten als vorarrangierte Anordnungen gelten, die nach dem Vokabular der Historischen Geographie eine ‚Kulturlandschaft‘ prägen, also Siedlungen, Felder, Äcker, Weiden, Wälder, Verkehrswege usw.53 Einen räumlichen Zusammenhang erhalten diese Elemente durch den Aktionsradius der vor Ort lebenden Menschen (Wohnort, Arbeitsplatz, Handelswege, Verwandtschaftsbeziehungen usw.), der wiederum abhängig ist von politischen, rechtlichen, gesellschaftlichen und im weitesten Sinne kulturräumlichen Faktoren. Die Konstitution von Raum erfolgt laut Löw unter vorstrukturierten Bedingungen in zwei aufeinander bezogenen Prozessen, dem „Spacing“ und der 51 Löw 2001, S. 228. 52 Vgl. hierzu ausführlich Foucher 1991. 53 Vgl. zu Methode und Inhalten der Historischen Geographie jetzt zusammenfassend Schenk 2011, hier S. 66–96 auch ein Abriss der Phasen der Kulturlandschaftsentwicklung in Europa seit dem Neolithikum; zur Geschichte der Landschaft außerdem die Überblicksdarstellungen von Küster 1995; Blackbourn 2007; zum Straßen- und Verkehrswesen Schwinges (Hg.) 2007; Szabó (Hg.) 2009.

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„Syntheseleistung“.54 Spacing meint das „Plazieren von sozialen Gütern und Menschen bzw. das Positionieren primär symbolischer Markierungen, um Ensem­ bles von Gütern und Menschen als solche kenntlich zu machen“.55 Der Vorgang kann also sowohl die Platzierung einzelner Körper, freilich in Relation zu anderen Platzierungen, als auch die Kennzeichnung zusammenhängender Komplexe mittels Zeichen umfassen. In unserem Zusammenhang wären dies alle materiellen und symbolischen Handlungen, die der Grenzziehung vor Ort, das heißt der herrschaftlichen Markierung des Territoriums dienten, also etwa das Setzen von Steinen, Pfählen und Pfosten, Pass- und Personenkontrollen oder Umgänge bzw. -ritte. Neben den Fürsten konnten auch Bauern und andere Untertanen im Sinne des Spacing Grenzen setzen, indem sie auf ihren herkömmlichen Rechten beharrten und durch grenzüberschreitende Weidgänge, Holzeinschlag, Mühlenbesuche usw. neuen herrschaftlichen Grenzziehungen widersprachen.56 Letztlich griffen sie dabei freilich auf herrschaftliches Spacing zurück, denn als solches sind die Vergabe von Weide-, Wald-, Mühlenrechten usw. zu interpretieren. Somit machten sich die Bauern die älteren Raumkonstruktionen zu eigen. Aber auch die Überschreitung von Grenzen zwecks Nutzung von Ressourcen ohne zugrundeliegende Rechtsansprüche wurde praktiziert und konnte unter Umständen mittelfristig zu Grenzveränderungen führen.57 In jedem Fall provozierte das Verhalten der Untertanen weiteres Spacing seitens der Obrigkeiten, um die jeweiligen herrschaftlichen Raumkonstruktionen zu verteidigen oder durchzusetzen. Zu denken ist etwa an die Setzung neuer Grenzmarkierungen, verstärkte Kontrollen in den betreffenden Gebieten, Policeyordnungen oder gerichtliche Verfahren wegen Grenzverletzung.58 Entsprechende Maßnahmen wurden nicht zuletzt zur Überwachung und Regulierung von Händlern und Kaufleuten, Juden, fahrendem Volk, Schmugglern usw. angewandt, da deren grenzüberschreitende Aktionsradien 54 Löw 2001, S. 158–161. 55 Löw 2001, S. 158. Der Begriff begegnet schon bei Giddens 1988, S. 129, der damit das „aktive Organisieren des Raums“ bezeichnet. 56 Vgl. nur Stauber 1994, S. 183, 190f., am Beispiel der zum Hochstift Freising gehörigen Grafschaft Werdenfels. 57 Vgl. diesbezüglich die instruktiven Beispiele für den Niederrhein bei Kaiser 1979, S. 158–161. 58 Hingewiesen sei am Rande auch auf das sog. Wildfangrecht, das erlaubte, zuziehende herrenlose Fremde nach Jahr und Tag als Eigenleute zu beanspruchen. Vor allem die Kurpfalz nutzte dieses Recht in der Frühen Neuzeit nicht nur auf dem eigenen Territorium, sondern auch außerhalb und erzwang damit gegenüber schwächeren Nachbarn substantielle territoriale Veränderungen, Dotzauer 1984. Im Gegensatz zu den oben diskutierten Maßnahmen erfolgten die Grenzziehungen hier also nicht durch Exklusion, sondern durch Inklusion von Fremden.

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durchaus obrigkeitliche Grenzziehungen in Frage stellen und unterlaufen konnten. Die Konstruktion linear abgegrenzter Herrschaftsräume konkurrierte in diesen Fällen mit Raumkonstruktionen, die sich aus der überterritorialen Vernetzung, Kommunikation und dem Verkehr von Einzelpersonen und Gruppen ergaben. Spacing ist nur möglich, wenn gleichzeitig die umgebenden sozialen Güter und Menschen zu einer Einheit verknüpft werden. Diese Abstraktionsleistung, die in Form spezifischer Wahrnehmungs-, Vorstellungs- und Erinnerungsprozesse abläuft und die dementsprechend durch vorgängige Raumvorstellungen, bereits bestehende Raumkonstruktionen sowie den klassen-, geschlechts- und kulturspezifischen Habitus vorstrukturiert ist, nennt Löw Syntheseleistung. Diese ermöglicht es, „daß Ensembles sozialer Güter und Menschen wie ein Element wahrgenommen, erinnert oder abstrahiert werden und dementsprechend als ein ‚Baustein‘ in die Konstruktion von Raum einbezogen werden“ können.59 Während Spacing ohne vorgängige oder parallele Syntheseleistungen nicht möglich erscheint, ist der umgekehrte Fall durchaus denkbar, denn auf die abstrakte Konstitution von Raum, etwa in Form von wissenschaftlichen Arbeiten, Plänen, Architektur, Kunst usw., müssen nicht notwendigerweise Spacings folgen. Auf die Untersuchung territorialer Herrschaftsräume übertragen, bedeutet dies, dass Spacingprozesse wie das Aufstellen von Grenzsteinen und die symbolische Kennzeichnung durch Umgänge und ähnliches immer auf eine Syntheseleistung, eine abstrakte Vorstellung des beherrschten und abzusteckenden Raumes schließen lassen, Grenzziehungen also immer ein Konzept territorialer Herrschaft voraussetzen. Als Syntheseleistung können alle diejenigen Vorstellungs-, Wahrnehmungs- und Erinnerungsprozesse bezeichnet werden, in denen Menschen in Auseinandersetzung mit den vorarrangierten Ordnungen Herrschaftsräume konstruieren. In diesen Zusammenhang gehört das gesamte Instrumentarium verbaler und bildlicher Grenzziehungen, also Landes- und Grenzbeschreibungen, Grenzbegehungs- und Zeugenprotokolle sowie Vermessungen und zeichnerische bzw. kartographische Aufnahmen. Diese visualisieren und artikulieren den synthetisierten Herrschaftsraum und präsentieren die Vielheit der zu einer Herrschaft gehörigen Güter und Menschen als zusammengehörige Einheit, indem sie sie einem Territorium mit einer klar definierten Grenzlinie unterordnen.60 Dabei 59 Löw 2001, S. 159. Vgl. hierzu bereits Simmel 1995, S. 141, der Raum als Ergebnis einer „synthetischen Tätigkeit“ versteht; so auch Elias 2004, S. 125–129; vgl. zudem Läpple 1991, S. 203: „‚Raum‘ ist also nicht etwas unmittelbar Gegebenes und Wahrnehmbares, sondern ergibt sich erst als Resultat menschlicher Syntheseleistung, als eine Art Synopsis der einzelnen ‚Orte‘, durch die das örtlich Getrennte in einen simultanen Zusammenhang, in ein räumliches Bezugssystem gebracht wird.“ 60 Die Kritik von Dünne 2008, S. 51, dass in jüngeren soziologischen Konzepten Raum allein

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kann auch auf bereits vorgenommene Spacings, etwa zuvor gesetzte Grenzsteine, zurückgegriffen werden. Aus der Syntheseleistung können wiederum Spacingprozesse resultieren, etwa die Notwendigkeit, neue Grenzmarkierungen aufzurichten oder alte zu versetzen. Aber auch wenn die Konstitution des Herrschaftsraums abstrakt bleibt und keine Spacings nach sich zieht, kann der Entwurf territorialer Herrschaft Prägekraft entfalten und Ausgangspunkt von Auseinandersetzungen um Raum werden. Raum wird nach dem Gesagten konstitutiert, indem Menschen sich selbst, soziale Güter und andere Lebewesen platzieren (‚Spacing‘) und zu einem Raum organisieren (‚Syntheseleistung‘). Es versteht sich fast von selbst, dass an diesem Prozess nicht alle Menschen gleichermaßen beteiligt sind. Vielmehr werden durch die Konstruktion von Raum Machtverhältnisse ausgehandelt und soziale Ungleichheiten reproduziert. Entscheidend für die Teilhabe ist der Zugang zu sozialen Gütern: „Bereits die Zugangschancen zu sozialen Gütern sind asymmetrisch verteilt. Damit sind auch die Möglichkeiten, Räume zu gestalten oder zu verändern, ungleich verteilt.“61 Je größer also der Zugang zu sozialen Gütern ist, die durch Spacing und Syntheseleistung platziert und miteinander in Beziehung gesetzt werden können, desto höher sind die Chancen, die eigenen Raumvorstellungen durchzusetzen.62 Der Zugang zu sozialen Gütern ist abhängig von Reichtum, Wissen, Rang und Gruppenbindung.63 Es wäre zu klären, welcher dieser Faktoren bei der Konstruktion territorialer Herrschaftsräume in Spätmittelalter und Früher Neuzeit maßgeblich war. Während Reichtum eher einen sekundären Faktor dargestellt haben dürfte, spielte der Rang eines Akteurs sicherlich eine herausragende Rolle. Wie schon erwähnt, nahmen die Fürsten aufgrund ihres Status eine dominierende Position ein, wenngleich sich kleinere Herrschaftsträger durchaus behaupten und die Territorialisierungsbemühungen der Landesherren behindern oder unterlaufen konnten.64 Bei solchen Gegenbewegungen könnte

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aus alltäglichen Praktiken konstituiert wird und damit „mediale Aufzeichnungsformen wie die Kartographie, die solche Räume beschreiben, sekundär“ seien, ist m. E. unbegründet. Denn diese ‚medialen Aufzeichnungsformen‘ sind ja als Produkte von Syntheseleistungen unmittelbar als raumkonstituierend in das Konzept integriert. Löw 2001, S. 212. Löw 2001, S. 164, 210–218. Löw 2001, S. 214, bezieht sich diesbezüglich auf die an den Verhältnissen der alten Bundesrepublik entwickelten Überlegungen von Kreckel 1992. Für die Frühe Neuzeit vgl. Schmale 2011, der als Faktoren für Ungleichheit Stand und Rang, Reichtum sowie Geschlecht nennt. Der in unserem Zusammenhang wichtige Faktor ‚Wissen‘ fehlt in seiner Interpretation. Vgl. hierzu schon pointiert Janssen 1974, S. 419f.; in jüngerer Zeit auch Groten 2007, insb. S. 56–59.

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auch die jeweilige Gruppenbindung eine Rolle spielen, zu denken ist etwa an territorienübergreifende Zusammenschlüsse wie Grafenvereine, Ritter- oder Städtebünde.65 Neben dem Status der Akteure dürfte auch ihr Wissen um räumlich-topographische Gegebenheiten, die rechtliche Situation, bestehende Verträge, vorhandene Karten usw. ein wichtiger Faktor gewesen sein. Schon Francis Bacon bemerkte bekanntlich 1597, dass Wissen Macht sei – „nam et ipsa scientia potestas est.“66 Da Auseinandersetzungen mit benachbarten Fürsten in der Frühen Neuzeit einem zunehmenden Prozess der Verrechtlichung unterlagen, wurde dieses ‚Herrschaftswissen‘ in den landesherrlichen Archiven gesammelt und immer häufiger auch systematisch erhoben (Landesbeschreibungen, Kartenaufnahmen, Statistik).67 In diesem Zusammenhang wäre auch die Rolle der Bevölkerung zu thematisieren, die einerseits in ihrem praktischen Lebensvollzug mit den herrschaftlichen Grenzziehungen konfrontiert und andererseits regelmäßig als Zeuge in dieselben einbezogen wurde, also über ‚Alltagswissen‘ von Grenzen verfügte. Nicht zuletzt waren rechtskundige Männer vor Ort an der Weisung von Recht in Form von Weistümern beteiligt, in denen die Beschreibung respektive Festlegung von Grenzen eine wichtige Rolle spielt.68 Menschen handeln in der Regel repetitiv, das heißt, sie folgen einem Set von gewohnheitsbedingten Handlungen zur Alltagsgestaltung.69 Dies trifft auch auf die Konstitution von Raum zu, so dass aus Routinen institutionalisierte Räume entstehen. Dabei handelt es sich um Räume, „bei denen die (An)Ordnung über das eigene Handeln hinaus wirksam bleibt und genormte Syntheseleistungen und Spacing nach sich zieht. Als institutionalisierte (An)Ordnung wird der Raum zur Objektivation, das bedeutet, daß er – ein Produkt menschlicher Tätigkeit – als gegenständlich erlebt wird.“70 In unserem Zusammenhang wäre dies der Fall, wenn ein landesherrlich postulierter und markierter Herrschaftsraum – das Territorium – sich als Raumkonstrukt gegenüber anderen so weit durchsetzt, dass er im alltäglichen Handeln der Obrigkeit und konkurrierender Herrschaften (Grenzbereitungen, Herrschaftsdurchsetzung nach innen und außen) sowie der eigenen 65 Vgl. nur Schmidt 1989; Distler 2006. 66 *Bacon 1864, S. 79. 67 Zu verweisen ist diesbezüglich selbstverständlich auf Michel Foucaults Überlegungen zur engen Verflechtung von Macht und Wissen, insb. Foucault 1975; vgl. hierzu Rouse 2005. Zur Generierung von Herrschaftswissen in Früher Neuzeit und Moderne vgl. auch die anregenden Sammelbände von Collin/Horstmann (Hg.) 2004; Brendecke/Friedrich/Friedrich (Hg.) 2008; sowie jüngst Friedrich 2013. 68 Zum Anteil der Bevölkerung an den Weistümern vgl. allg. Schildt 1997, Sp. 2142. 69 Vgl. zum Folgenden Löw 2001, S. 161–166. 70 Löw 2001, S. 164.

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und fremden Untertanen (Beachtung des Grenzregimes) ständig reproduziert wird, dass also jedes individuelle Spacing und jede individuelle Syntheseleistung an den institutionalisierten Raum angepasst wird.71 Damit ist ein qualitativer Sprung vom Handeln zur Struktur erreicht, der jedes weitere Handeln vorbestimmt.72 Selbst Schmuggler, die gleichsam prototypisch Grenzen unterlaufen, stellen die vorhandene Raumkonstruktion nicht in Frage, sondern orientieren ihr Handeln daran. Somit reproduzieren sie die vorhandene Struktur, die Grenze, indem sie ihr widersprechen.73 Die Verfestigung von Grenzen zu dauerhaften räumlichen Strukturen schließt freilich künftige Grenzkonflikte nicht aus. Die einmal erreichte Struktur/Grenze dürfte aber von vergleichsweise hoher Persistenz sein, die sich zumal mit jeder weiteren Reproduktion im sozialen Handeln weiter vergrößert.74 Hierauf zielt im Übrigen eine der zentralen Strategien in territorialen Grenzauseinandersetzungen der Vormoderne: Die Kontrahenten versuchten nachzuweisen, dass eine Grenze ‚schon immer‘ diesen oder jenen Verlauf gehabt habe und die gegnerische Position eine Abkehr von den überkommenen Verhältnissen darstelle.75 71 Diesen Prozess der strukturellen Verfestigung von Grenzen deutet bereits Simmel 1992, S. 697, an: „Ist sie [die Grenze] freilich erst zu einem räumlich-sinnlichen Gebilde geworden, das wir unabhängig von seinem soziologisch-praktischen Sinne in die Natur einzeichnen, so übt dies eine starke Rückwirkung auf das Bewußtsein von dem Verhältnis der Parteien.“ 72 „Von räumlichen Strukturen kann man sprechen, wenn die Konstitution von Räumen, das heißt entweder die Anordnung von Gütern bzw. Menschen oder die Synthese von Gütern bzw. Menschen zu Räumen (das Wiedererkennen, Verknüpfen und Erspüren von (An)Ordnungen), in Regeln eingeschrieben und durch Ressourcen abgesichert ist, welche unabhängig von Ort und Zeitpunkt rekursiv in Institutionen eingelagert sind“, Löw 2001, S. 171. 73 Vgl. zu solchen „Heterotopien“ Foucault 1994b. 74 Zur Veränderung von institutionalisierten Räumen vgl. Löw 2001, S. 183–191, zum Phänomen der Landesgrenze ebd., S. 188f. 75 Ganz in diesem Sinne wurden etwa 1338 zwei Bevollmächtigte im Auftrag des Deutschen Ordens und des Bistums Kulm eingesetzt, um „predicte terre investigandi, ordinandi, distingwendi et granicias ponendi“, zit. nach Karp 1972, S. 19, Anm. 70. Vgl. für das Mittelalter Gautier Dalché 1996, S. 99, der dieses Verfahren mit dem für die Geographie der Zeit konstitutiven Primat der Dauerhaftigkeit gegenüber der Veränderung begründet. Für die Frühe Neuzeit vgl. Landwehr 2006; Landwehr 2007, S. 90–166, der seit dem 17. Jahrhundert eine Ablösung des Prinzips des ‚Grenzen finden‘ von dem des ‚Grenzen machen‘ konstatiert; vgl. hierzu unten unsere Schlussbetrachtung („Zur Periodisierung des herrschaftlichen Zugriffs auf den Raum in der Vormoderne“). Das Suchen und Auffinden von Grenzen war auch im privatrechtlichen Bereich seit dem Mittelalter üblich: „Die Ermittlungen erfolgten durch Kundschaft, was aber nur zur Feststellung einer früher einmal gezogenen, aber inzwischen in Vergessenheit geratenen Grenze möglich war. Für Lücken in einem solchen Grenzverlauf und für originär zu ziehende Grenzen sollten die Grenzrichter – wie es heißt – die Steine ‚nach irem besten bedunk’ setzen, wobei dies vielfach in rituellen und brauchtümlichen Formen geschah“, Bühler-Reimann 1989, S. 595.

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Wir wir gesehen haben, werden Räume im Handeln konstituiert. Durch repetitives Handeln entstehen institutionalisierte Räume, die wiederum auf das Handeln selbst zurückwirken. Dieser Vorgang ist nicht losgelöst von gesellschaftlichen Strukturen zu denken. Vielmehr werden diese immer rekursiv im Handeln reproduziert,76 das heißt, die gesellschaftlichen Strukturen „ermöglichen Handeln und werden dann im handelnden Rückgriff auf die Formationsregeln neu reproduziert.“77 Dies gilt auch für die Konstitution von Räumen, in der sich unterschiedliche gesellschaftliche Strukturen, etwa politische, ökonomische, soziale oder rechtliche, realisieren, so wie sie umgekehrt die Raumkonstitution prägen.78 Für unsere Überlegungen bedeutet dies, dass die Analyse von Räumen, genauer die Untersuchung von Grenzen und Grenzziehungen, Rückschlüsse auf die gesellschaftlichen Strukturen zulässt, die die herrschaftlichen Raumkonstitutionen maßgeblich bestimmten bzw. erst ermöglichten.79 Der spätmittelalterlich-frühneuzeitliche Territorialisierungsprozess kann auf diese Weise in einer völlig neuartigen Perspektive untersucht werden, da sich der mit Grenzen definierte Herrschaftsraum nicht als Kulminationspunkt einer politik- und verfassungsgeschichtlichen Entwicklung darstellt, sondern als das Ergebnis der Wechselwirkung von gesellschaftlichen Strukturen und raumkonstituierendem Handeln. 1.2 Prämissen, Vorgehensweise und Anlage der Untersuchung Im Sinne des von Löw und anderen postulierten Konstruktionscharakters von Räumen muss die erste Prämisse der Untersuchung lauten, dass Grenzen nicht lediglich territorial-räumliche Verhältnisse abbilden, wie sie sich im längerfristigen Prozess der Territorialisierung aufgrund von Gewohnheitsrechten, juristischen Auseinandersetzungen, Kriegen usw. entwickelt haben. Vielmehr sind Grenzen und die vorgängigen Grenzziehungen ein zentrales Element der Konstruktion von Herrschaft in räumlicher Dimension. Grenzen sind also nicht das Ergebnis von Territorialisierung, sondern wesentlicher Teil des diesbezüglichen Prozesses. Die Frage nach Spacing und Syntheseleistung, also den von Löw herausgearbeiteten Prozessen der Konstruktion von Raum, führt zu unserer zweiten Prämisse: Der herrschaftliche Akt der Grenzziehung ist im Wesentlichen ein Vorgang der 76 77 78 79

Vgl. hierzu grundlegend Giddens 1988. Löw 2001, S. 167; vgl. zum Folgenden ebd., S. 166–172. Löw 2001, S. 170. In vergleichbarer Weise gehen historische Untersuchungen vor, die lokale Raumarrangements, etwa in Kirchen, Wirtshäusern oder Städten, als Ergebnis sozialer Prozesse untersuchen; vgl. die oben Anm. 24 genannte Literatur; außerdem als methodische Anregung Bourdieu 1991.

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Beschreibung des Raums. Territoriale Räume werden mittels Grenzbeschreibungen schriftlich markiert und auf Karten bildlich dargestellt. Auf diese Weise entsteht Herrschaftswissen, das Herrschaft unmittelbar mit Raum verknüpft und als Legitimation weiterer Herrschaftsakte im Sinne eines räumlich-territorialen Herrschaftsverständnisses dienen kann. Der Raum wird darüber hinaus auch als solcher ‚beschrieben‘, indem Grenzen durch Zeichen (Steine, Pflöcke, Pfosten etc.) und symbolische Handlungen (Umgänge, Grenzbereitungen, Verhandlungen auf der Grenze etc.) in der Landschaft kenntlich gemacht werden. Der in der Frühen Neuzeit für Landesbeschreibungen verwandte Terminus ‚Topographie‘ kann hier also wörtlich genommen werden – im Sinne eines Einschreibens oder Einkerbens von Herrschaftsraum in die physische Erdoberfläche. Die für den Titel gewählte Formulierung ‚Beschreibung des Raums‘ meint also nicht nur das verbal-schriftliche und das kartographisch-bildgebende Verfahren, sondern bezieht sich auch auf die handlungspraktische Einschreibung von Grenzen in die Landschaft durch materielle bzw. symbolische Markierungen.80 Neben die genannte Produktion von Herrschaftswissen tritt damit die Visualisierung von räumlich verstandener Herrschaft an den Grenzen des Herrschaftsraums selbst und – für die Menschen – die Erfahrung dieser Herrschaft in Form von Begrenzungen des eigenen Handlungsraums. Auf der Ebene staatlicher Verwaltungspraxis sind mithin vier Formen der ‚Beschreibung des Raumes‘ zu unterscheiden: 1. die verbale Beschreibung, 2. die materielle Markierung im Feld, 3. die symbolische Markierung im Feld und schließlich 4. die vermessungstechnisch-kartographische Erfassung.81 Diese Verfahren der administrativen Grenzmarkierung treten mitunter parallel auf und sind Ausdruck eines gleichgerichteten Raumverständnisses, können aber auch sehr unterschiedliche Vorstellungen von Raum und Herrschaft abbilden. Zu untersuchen ist, wie auf staatlich-administrativer Ebene Grenzen und Grenzräume beschrieben, welche Elemente (soziale Güter) in diese Raumkonstruktion einbezogen werden, welche Menschen diese Arbeit bewerkstelligen und wie das Wissen um Grenzen tradiert und affirmiert wird. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Frage nach dem Zusammenhang von technischer Innovation und Raumwahrnehmung, denn die unterschiedlichen 80 Den engen Zusammenhang von Texten, Bildern und Praktiken als Bestandteil von Diskursen betont Landwehr 2008, u. a. S. 10, 102, 124, 159–161. 81 Nicht staatlich-administrative Formen der Grenzbeschreibung bleiben aufgrund unserer Fragestellung weitgehend unberücksichtigt. Vgl. zu Grenzen in Reisebeschreibungen Gotthard 2007, S. 101–110; zu Grenzen in der Literatur Geulen/Kraft (Hg.) 2010; Bruce/Terrell (Hg.) 2012; Kraft 2013; zu Grenzen in der Kunst Hess/Eser (Hg.) 2012, S. 26–28, 75, 125; Volmert 2013.

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Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen waren zwar bereits im Mittelalter bekannt, verbesserten sich im Laufe der Frühen Neuzeit aber erheblich. Mit der (Weiter-)Entwicklung entsprechender Techniken – insbesondere Vermessung, Kartographie und Druckgraphik – fanden im 16. Jahrhundert wichtige Weichenstellungen statt. Dabei ist zu fragen, ob der Innovationsschub durch veränderte Raumvorstellungen evoziert wurde oder ob umgekehrt erst die neuen Techniken einen neuen Blick auf den Raum ermöglichten. Inwieweit generierten die neuartigen Möglichkeiten der Beschreibung auch ein neues Denken im Sinne eines räumlichen Herrschaftsverständnisses? Oder erfuhren bereits vorhandene Vorstellungen hierdurch lediglich eine adäquate Darstellung? In jedem Fall ist zu fragen, woher der Impuls kam, die innovativen Techniken auch herrschaftsräumlich einzusetzen, und seit wann sie tatsächlich flächendeckend in allen Territorien und ihrem Potential entsprechend genutzt wurden. Vieles deutet darauf hin, dass dies erst in Verbindung mit Veränderungen in der staatlichen Verwaltung im Laufe des 18. Jahrhunderts der Fall war. Die Anlage von vermessungsbasierten Katastern und entsprechenden Karten ist hierfür ein wichtiger Indikator.82 Mit dieser Fragestellung schließt die Arbeit an jüngere Tendenzen der Wissenschafts- bzw. Wissensgeschichte an, die „nicht [mehr] die spezifischen Korrelate von Wissen, sondern die Funktionsweisen seiner Generierung, die Konsequenzen seiner Verfügbarkeit und Anwendung“ fokussieren.83 Diese Perspektivänderung öffnet gerade den Bereich des herrschaftlich-administrativen Wissens für Fragestellungen der allgemeinen Geschichtswissenschaft. Zugleich rücken Spezialdisziplinen wie die Kartographie- oder die Technikgeschichte in das Blickfeld der allgemeinen Geschichte. Die herrschaftliche Aneignung des Raums durch Grenzziehungen mit der Wahrnehmung und Erfahrung von Grenzen durch Untertanen, Reisende, Migranten, Juden etc. zu kontrastieren, wäre sicherlich wünschenswert, ist allerdings im Rahmen der vorliegenden Studie nicht zu leisten und muss daher auf gelegentliche Beispiele beschränkt bleiben.84 82 Vgl. unten Kap. V.1 („Landesvermessungen als Instrument staatlicher Verwaltung“). 83 Brendecke/Friedrich/Friedrich 2008, S. 13. 84 Vgl. in diesem Zusammenhang die Ergebnisse der von Frank Pohle und dem Verfasser organisierten Sektion „Grenzüberschreitungen im deutsch-niederländisch-französischen Grenzraum“ in Aachen 2009, Roll/Pohle/Myrczek (Hg.) 2010, S. 215–260; außerdem den Themenschwerpunkt „Praxis der Grenze. Konflikte und Umgänge mit Territorialgrenzen im Alten Reich“ im JbRG 29 (2011), S. 35–110; vgl. Bretschneider 2011. Zur Wahrnehmung von Grenzen und Grenzräumen in der Gegenwart vgl. die empirische Studie zum saarländisch-lothringischen Raum von Riedel 1994. Als methodische Anregung heranzuziehen wäre Certeau 1990, S. 60f., der alltägliches Handeln von Menschen als Taktik versteht, sich

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Methodisch wird eine Verbindung von aktuellen kulturhistorischen Ansätzen und landesgeschichtlicher Forschung vorgenommen.85 Als charakteristisch für Kulturgeschichte im heutigen Sinne sind vier Aspekte hervorzuheben:86 1. die Konzentration auf die historischen Akteure, deren Erfahrungen, Wahrnehmungsund Handlungsmuster; 2. die Einsicht, dass geschichtliches Handeln immer auch symbolisches Handeln ist, das heißt, dass kulturellen Praktiken immer eine prinzipielle Wertorientierung inhärent ist und sie dementsprechend sinnstiftende Funktion besitzen; 3. die Aufmerksamkeit für den Sinngehalt sprachlicher Ausdrucksformen, das heißt, dass insbesondere das ‚Wie‘ von Sprache, Text und Kommunikation interessiert; und 4. ein weiter Kulturbegriff, der Kultur nicht als abgegrenzten Bereich neben Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kirche usw. behandelt, sondern als einen „Rahmen, innerhalb dessen jegliche Form menschlicher Erfahrung und Tätigkeit zu situieren ist“.87 Diese Aspekte bestimmen auch die Fragestellung unserer vergleichend angelegten Studie: Das Phänomen territorialer Grenzen, das von der landesgeschichtlichen Forschung bislang nur ansatzweise im Zusammenhang der Diskussion um Landesherrschaft und Territorialisierung behandelt wurde, wird kulturhistorisch mit Blick auf die Konstruktion von Herrschaftsräumen untersucht. Als Akteure stehen dabei die Territorialfürsten und ihre Verwaltungen im Mittelpunkt, die diese Räume aufgrund ihres zunehmend spatialen Herrschaftsverständnisses synthetisierten und mit verbalen, materiellen, symbolischen und vermessungstechnisch-kartographischen Grenzbeschreibungen markierten. Durch die Konzentration auf Akte der Grenzziehung als herrschaftskulturelle Praxis gerät die bereits intensiv erforschte Territorialisierung in ihren bislang vernachlässigten räumlichen Dimensionen in den Blick. Grenzen sind in dieser Perspektive nicht das Ergebnis, sondern konstitutiver Teil des vormodernen Staatsbildungsprozesses. in dem von einer fremden Gewalt vorgegebenen und kontrollierten Raum zu verhalten; vgl. hierzu Lippuner 2007, S. 271–276. 85 Vgl. in diesem Sinne das Plädoyer von Weber 2006, insb. S. 336–343. Laut Gerlich 1986, S. 279, stellt die Erforschung der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Territorien einen „der wichtigsten Aufgabenbereiche der Geschichtlichen Landeskunde“ dar. 86 Das Folgende in Anlehnung an Tschopp/Weber 2007, S. 79–81, die ergänzend als fünften Aspekt die Überwindung des Eurozentrismus ansprechen. Während die übrigen Punkte m. E. tatsächlich den kulturgeschichtlichen Ansatz charakterisieren und in den entsprechenden Studien in unterschiedlicher thematischer, zeitlicher und geographischer Fokussierung umgesetzt werden, ist die Überwindung des Eurozentrismus sicherlich ein wünschenswertes Ziel, forschungspraktisch aber nicht in jedem Fall sinnvoll zu leisten. Zur ‚Neuen Kulturgeschichte‘ vgl. auch Landwehr/Stockhorst 2004; Burke 2005; Tschopp 2009; Kusber u. a. (Hg.) 2010; Stollberg-Rilinger 2010. 87 Tschopp/Weber 2007, S. 80.

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Der zeitliche Rahmen der Untersuchung reicht vom ersten Nachweis vormoderner Verfahren der Beschreibung und Markierung territorialer Grenzen bis an das Ende des Alten Reiches, wobei drei zeitliche Querschnitte – das Mittelalter, die Frühe Neuzeit (16. und frühes 17. Jahrhundert) sowie das 18. Jahrhundert – den Untersuchungsgang grob gliedern. Da die Übergänge zwischen den Epochen fließend sind, die gewählten Zeitschnitte aber im Kern jeweils deutliche Unterschiede aufweisen, ermöglicht diese Art der Darstellung eine präzise Abgrenzung von Entwicklungsstufen, die mit Vor- und Rückblicken in ein komplexes zeitliches Kontinuum eingeordnet werden können.88 Der engere Untersuchungsraum der Studie wird gebildet von Rheinland-Westfalen, Franken und Bayern. Diese Regionen stehen exemplarisch für unterschiedliche Grade territorialer Integration: Während das Herzogtum Bayern als vormoderner ‚Flächenstaat‘ früh zu territorial-räumlicher Einheit gelangte und sich Grenzkonflikte auf wenige Abschnitte, insbesondere an der Grenze zum Königreich Böhmen, beschränkten, handelt es sich bei Rheinland-Westfalen und Franken um kleinräumig strukturierte Regionen mit zahlreichen konkurrierenden Herrschaften. Charakteristisch ist dabei die Gemengelage von geistlichen und weltlichen Staaten.89 Trotz dieser vordergründigen strukturellen Gleichartigkeit des rheinisch-westfälischen und des fränkischen Raums war der Grenzziehungsprozess im Nordwesten des Reiches schon im 16. Jahrhundert weitgehend abgeschlossen, auch wenn kleinere Grenzabschnitte lange umstritten blieben und bis in das 18. Jahrhundert zahlreiche Unterherrschaften bestanden, die die Einheit der betreffenden Territorien in Frage stellten.90 Demgegenüber begegnen wir in Franken dem Phänomen der ‚offenen‘ Territorien (‚territoria non clausa‘) mit bis an das Ende des 18. Jahrhunderts unklaren, sich vielfach überlappenden und dauerhaft strittigen Grenzen – sofern hier überhaupt von 88 Vgl. die gelungene Anwendung dieser Darstellungsmethode bei Moeller 1988. 89 Vgl. zusammenfassend für das Rheinland Petri/Droege (Hg.) 1980; Janssen 2000; für Westfalen Kohl (Hg.) 1983; für Franken Kraus (Hg.) 1997; sowie für Bayern Spindler (Hg.) 1988; außerdem die Atlaswerke Historischer Atlas von Bayern 1950–2017 und Geschichtlicher Atlas der Rheinlande 1982–2008. 90 Eine systematische Untersuchung zum Phänomen der Unterherrschaften im Rheinland fehlt, Laux 2007, S. 216; vgl. jetzt aber grundlegend Janssen 2012; außerdem die Fallstudien von Penning 1998, mit einigen grundsätzlichen Überlegungen S. 168f., Anm. 4; Keller 2003; Kwiatkowski 2006; Berkvens 2010; Scheeler 2010; Jansen 2014. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Herrschaftsbildungen der rheinischen (und fränkischen) Domkapitel zu verweisen, deren Herrschaft von Christ 1994 als „subordinierte Landeshoheit“ charakterisiert wird, da sie keine völlige Exemtion von der bischöflichen Landesherrschaft erlangten.

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Landeshoheit als territorial-räumlicher Herrschaft die Rede sein kann.91 Im Folgenden sollen jedoch keine erschöpfenden Detailstudien zu den betreffenden Regionen vorgelegt werden. Es geht weder um die systematische Aufarbeitung aller Grenzkonflikte noch um die Rekonstruktion der jeweiligen Grenzverläufe. Vielmehr erfolgt unter Einbeziehung der landesgeschichtlichen Befunde zu anderen Regionen des Heiligen Römischen Reiches sowie westeuropäischer Vergleichsbeispiele eine übergreifende Analyse der Genese räumlich-territorialer Herrschaft in der Vormoderne.92 Der erste Teil der Arbeit befasst sich mit Herrschaft und Raum im Mittelalter. Entgegen der lange vorherrschenden Meinung, dass mittelalterliche Herrschaft weitgehend personal angelegt war und die Grenze als Ausdruck eines räumlich-territorialen Herrschaftsverständnisses erst ein Produkt der Territorialisierung des späten Mittelalters gewesen sei, wird gezeigt, dass Herrschaft schon sehr viel früher auch räumlich gedacht und die betreffenden Herrschaftsräume linear abgegrenzt wurden. Die in der Vormoderne gängigen Formen der Beschreibung und Markierung von Grenzen – verbale Beschreibung, materielle und symbolische Markierung im Feld sowie Vermessung und Kartierung – werden im zweiten Teil behandelt. Sie waren systemisch aufeinander bezogen und ergänzten sich gegenseitig, wenngleich die technischen Möglichkeiten einer Visualisierung von Grenzen mittels Karten zunächst noch eingeschränkt waren. Erst die vermessungstechnischen und kartographischen Innovationen des 15. und vor allem des 16. Jahrhunderts ermöglichten die Visualisierung des bereits im Mittelalter ausgeprägten räumlichen Verständnisses von Herrschaft in Form mehr oder weniger exakter Karten. Das Verhältnis von wissenschaftlicher Innovation und räumlicher Herrschaftsrepräsentation ist Thema des dritten Teils, wobei neben Vermessungswesen, Instrumentenbau und Kartographie auch Landesbeschreibung und Staatenkunde als Innovationsbereiche diskutiert werden. Vor diesem Hintergrund erfolgt im vierten Teil ein genauerer Blick auf die Grenzziehungen des 16. und frühen 17. Jahrhunderts, wobei 91 Vgl. hierzu insb. die einschlägigen Studien von Hofmann 1962, S. 47–95; Hofmann 1969; Hofmann 1971; sowie in jüngerer Zeit zusammenfassend Kraus (Hg.) 1997, S. 538–782, dort auch detaillierte Abschnitte zu den einzelnen Territorien. Hingewiesen sei darüber hinaus auf die methodisch wegweisende Studie von Merz 2000; außerdem Schuh 1995; Rechter 2003; Staudenmaier 2011. 92 Vgl. ganz ähnlich Nordman 1998, S. 14, für Frankreich: „J’ai choisi […] de construire une image indéfinie de la France, émiettée sans doute, mais confrontée aux expériences de lieux contigus, dont l’analyse pouvait permettre l’ébauche d’une typologie frontalière. Que le lecteur ne s’étonne pas […] de ne point trouver les développements attendus sur la Franche-Comté, le comtat Venaissin ou tel pays de la frontière orientale. La France tout entière n’est pas contenue dans l’espace en construction.“

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insbesondere die Integration der Kartographie in das mittelalterliche System der Beschreibung und Markierung von Grenzen untersucht wird. Dieser Prozess verlief regional in unterschiedlichen Geschwindigkeiten, so dass in manchen Territorien noch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts massive Widerstände gegen den Gebrauch von Karten greifbar sind, während andernorts die technischen Innovationen bereits zu Beginn des Säkulums für administrative und politische Zwecke genutzt wurden. In jedem Fall blieben die überkommenen Verfahren ein wesentlicher Bestandteil territorialer Grenzziehungen, während Karten zunächst zur Illustration und dann zunehmend als komplementäres Beschreibungsverfahren genutzt wurden. Wie der fünfte Teil der Arbeit erörtert, entwickelten sich Karten erst im 18. Jahrhundert zu einem Leitmedium im Diskurs um Herrschaftsräume: Sie waren das Ergebnis akribischer Landesvermessungen, mit denen die Territorien bis in jeden Winkel hinein erfasst wurden. Vor Gericht wurden sie nun als eigenständige Beweismittel akzeptiert und sie konnten im Rahmen von Verträgen den Status rechtlich bindender Urkunden erhalten. Schließlich wurden Karten nun auch gezielt publiziert, um in den Grenz- und Territorialstreitigkeiten der Zeit gleichsam visuelle Fakten zu schaffen. Der inhaltliche Ertrag der einzelnen Teile wird jeweils in einem Fazit zusammengefasst und mit Blick auf den weiteren Untersuchungsgang reflektiert. Auf eine abschließende Zusammenfassung im Sinne einer Inhaltsangabe kann daher verzichtet werden. Vielmehr sollen die Ergebnisse der Studie in der Schlussbetrachtung mit Blick auf die Frage nach einer Periodisierung des herrschaftlichen Zugriffs auf den Raum in der Vormoderne diskutiert werden. Insgesamt bietet die Arbeit erstmals eine systematische Untersuchung der Genese territorialer Grenzen im Heiligen Römischen Reich, die ausgehend von den Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen die Entwicklung territorial-räumlicher Herrschaft in der ‚longue durée‘ vom frühen Mittelalter bis an das Ende des 18. Jahrhunderts plausibel macht.

2. Forschungsstand Grenzen haben Konjunktur. Kaum ein Monat vergeht, in dem nicht ein diesbezüglicher Call for Papers oder eine Tagungsankündigung erscheint. Allerdings wird dabei häufig ein sehr weit gefasster Grenzbegriff verwandt, der Grenzen weniger politisch-territorial als vielmehr soziokulturell versteht und auf vielfältige Formen der Differenz überträgt. Solche ‚unsichtbaren‘ Grenzen, etwa zwischen Konfes­ sionen, den Geschlechtern, sozialen Schichten, Sprachen, Kulturen und Ethnien, stellen seit vielen Jahren äußerst rege Forschungsfelder der Geschichtswissenschaft

Forschungsstand

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dar.93 Seit einiger Zeit werden auch politische, rechtliche und administrative, das heißt im weitesten Sinne territoriale Grenzen thematisiert.94 Zugleich hat die Erforschung sozialer und kultureller Grenzen eine Verräumlichung erfahren. Denn auch diese Grenzen lassen sich verorten, etwa im räumlichen Gefüge einer Stadt, im Kirchenraum, auf dem Marktplatz oder im Wirtshaus.95 Im Folgenden wird ausschließlich der Forschungsstand zu territorialen Grenzen diskutiert,96 auch wenn auf einer abstrakten Ebene die räumliche Konstruktion von Grenzen im soziokulturellen Bereich vergleichbare Momente aufweist. Desgleichen werden Forschungen zum gemeindlichen und privatrechtlichen Bereich (Flur-, Grundstücks- und Gemarkungsgrenzen)97 sowie zur kirchlichen Verwaltung (Grenzen von Pfarreien, Dekanaten und Diözesen) nicht eingehender thematisiert,98 obwohl es durchaus lohnenswert wäre, diese Forschungsstränge künftig stärker zusammenzuführen.99 93 Vgl. übergreifend Burke 2005, S. 171–174; sowie aus der Fülle der Literatur u. a. François 1991; Sauzet (Hg.) 1992; Osterhammel 1995; Witthoff 1999; Schröder 2009; sowie die entsprechenden Beiträge in den einschlägigen Sammelbänden zur Grenzthematik von Haubrichs/Schneider (Hg.) 1993; Schmale/Stauber (Hg.) 1998; Haubrichs/Jäschke/Oberweis (Hg.) 1999; Pohl/Reimitz (Hg.) 2000; Ellis/Esser (Hg.) 2006; Hengartner/Moser (Hg.) 2006; Merisalo (Hg.) 2006; Herbers/Jaspert (Hg.) 2007; Knefelkamp/Bosselmann-Cyran (Hg.) 2007; Roll/Pohle/Myrczek (Hg.) 2010, Dauser/Schilling (Hg.) 2012; Friedrich (Hg.) 2014. 94 Die diesbezügliche Literatur wird im Verlauf der Arbeit wiederholt zitiert und kommentiert, so dass sich eine Aufzählung hier erübrigt; hingewiesen sei aber zumindest auf die in Anm. 93 genannten Sammelbände, die neben den ‚unsichtbaren‘ teilweise auch politisch-territoriale Grenzen thematisieren; stärker fokussiert dagegen in jüngerer Zeit Bock/Jostkleigrewe/Walter (Hg.) 2011; Péquignot/Savy (Hg.) 2016. 95 Vgl. u. a. Dartmann/Füssel/Rüther (Hg.) 2004; Rau/Schwerhoff (Hg.) 2004; Dürr/Schwerhoff (Hg.) 2005; Hochmuth/Rau (Hg.) 2006; Rau/Schwerhoff (Hg.) 2008; Albrecht (Hg.) 2010. 96 Vgl. bereits Rutz 2010b, S. 18–31. 97 Vgl. ausführlich Bader 1933; Bader 1957, S. 52–117; Bader 1973, S. 62–67, 235–252; Siems 1979; Lagazzi 1991; Simmerding 1996; Baron (Hg.) 2016; außerdem Schmidt-Wiegand 1998; Lieberich/Schildt 2008; Kramer/Schildt 2012. 98 Vgl. übergreifend Schmidt 1999; Heinemeyer 2012, S. 74–82; Mazel 2016; außerdem die Detailstudien von Klebel 1957; Fuhrmann 1996; Schmidt 1996; Trumpp 2000; Klueting/Klueting/Schmidt (Hg.) 2006; Mazel (Hg.) 2008; Horling 2010; Baron (Hg.) 2016. 99 Vgl. in diesem Sinne jetzt zum Verhältnis von geistlichen und weltlichen Grenzen im Frühund Hochmittelalter Heinemeyer 2012; sowie zur herrschaftsrelevanten Beschreibung von Dorf- und Flurgrenzen in der kursächsischen Landesaufnahme von 1547/48 Schattkowsky 2014, S. 94f.

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Einleitung

Die Auseinandersetzung der historischen Forschung mit territorialen Grenzen ist nicht neu, sie findet heute allerdings unter gänzlich anderen Prämissen statt als in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Den ersten Aufschwung erlebte die historische Grenzforschung im Zusammenhang mit der zunehmenden Natio­nalisierung der Geisteswissenschaften in der Zwischenkriegszeit, übrigens nicht nur in Deutschland, sondern insbesondere auch in den nach dem Ersten Weltkrieg neu gegründeten Staaten Ost- und Südosteuropas.100 Als Vorläufer und ideologische Wegbereiter dieser Forschung können Friedrich Ratzel und Frederick Jackson Turner genannt werden. Der amerikanische Historiker Turner untersuchte 1893 „The Significance of the Frontier in American History“ und knüpfte dabei implizit an Ratzels Arbeit zur „Anthropogeographie“ von 1882 an. Darin hatte der deutsche Geograph den Zusammenhang zwischen der geschichtlichen Entwicklung der Menschheit und den Naturbedingungen diskutiert.101 Turner führte die Entstehung der amerikanischen Gesellschaft auf die Urerfahrung der ‚frontier‘, also den Kampf mit der Wildnis und die sukzessive Erschließung unkultivierter und unzivilisierter Räume, zurück und leitete hieraus den ‚american exceptionalism‘ ab.102 Die These vom identitätsbildenden Grenzkampf wurde von der europäischen Forschung des 20. Jahrhunderts mit Blick auf die mittelalterliche Expansion des römisch-deutschen Reiches nach Osten, also den Kontaktraum zwischen deutscher und slawischer Bevölkerung, sowie bezüglich der Grenze zwischen Christentum und Islam auf der iberischen Halbinsel vor der Reconquista aufgegriffen. Nachdem dieser Ansatz für die betreffenden Regionen längst revidiert worden ist, erlebt die Diskussion um die ‚frontier‘ in jüngerer Zeit mit Bezug auf die nord- und südöstliche Peripherie Europas eine Neuauflage.103 Ratzel selbst befasste sich in seiner „Politischen Geographie“ von 1897 systematisch mit dem Phänomen staatlicher Grenzen.104 Dabei traf er die für die künftige Diskussion von Grenzfragen grundlegende Unterscheidung zwischen „abstrakten“, das heißt politisch verhandelten Grenzen und „wirklichen“ Grenzen, die 100 Raphael 2003, S. 81–90. 101 Ratzel 1882. 102 Turner 1920. Vgl. hierzu Berg 2004; zur wechselseitigen Beeinflussung von Turner und Ratzel Waechter 1996, S. 112, Anm. 146. 103 Vgl. Jaspert 2007, S.  53–56, mit der entsprechenden Literatur; außerdem Sooman/Donecker (Hg.) 2009. 104 Ratzel 1897, S. 447–528. Erste allgemeine Überlegungen zum Thema „Länder und ihre Grenzen“ finden sich bereits bei Ratzel 1882, S. 113–143. Die konziseren Ausführungen in der zweiten Auflage von 1899, S. 259–283, fußen auf den in der „Politischen Geographie“ von 1897 entwickelten Thesen. Vgl. hierzu auch die Vorbemerkungen in Ratzel 1899, S.  XI. Zu Ratzels Grenzkonzept vgl. Müller 2009, S. 107–125.

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sich aus der Wanderungsdynamik der sich ausbreitenden oder zurückziehenden Völker ergäben.105 Räumlich unterschieden sich die beiden Grenzformen durch ihre Ausdehnung in der Fläche: Die politische Grenze bilde eine Linie, die „Völkergrenze“ (Sprache, Siedlung, Rasse, Kultur etc.) dagegen einen Saum.106 Entwicklungsgeschichtlich gehe der Grenzsaum der Grenzlinie voraus.107 Die „Völkerbewegungen“ seien sukzessive in der politischen Grenze „durch die künstlichen Mittel der Verträge zum Stillstand gebracht“ worden, „daher die Ähnlichkeit derselben mit den Völkergrenzen, daher aber auch der Unterschied“.108 Endgültig ist dieser Zustand nach Ratzel freilich nicht, denn aufgrund „der Bewegung, die allem Lebendigen eigen ist“, seien insbesondere „die Völkergrenzen beständiger Veränderung unterworfen. Ihre Träger sind Menschen und mit den Menschen wandern sie vor- und rückwärts.“109 Das revisionistische Potential dieser Auffassung ist evident und wurde im Deutschland der Zwischenkriegszeit in intellektueller Abwehr des Versailler Vertrags reichlich genutzt. Zu verweisen ist für die Geographie bzw. Geopolitik insbesondere auf Karl Haushofer und sein Werk „Grenzen in ihrer geographischen und politischen Bedeutung“ von 1927 mit entsprechenden Überlegungen zu den „Grenzen des deutschen Volkes und Reiches“ und zur „Bedeutung geopolitischer Betrachtungsweise für grenzdeutsche Probleme“.110 In der Geschichtswissenschaft, aber auch in Sprachforschung und Volkskunde, blühte die Forschung zum ‚Grenzund Auslandsdeutschtum‘, dessen Siedlungen in der Ratzel’schen Terminologie ja die ‚wirklichen‘ Grenzen Deutschlands markierten.111 Darüber hinaus befassten sich Historiker mit den konkreten territorialen Grenzen, insbesondere im Osten und im Westen des Deutschen Reiches. Dabei wurde die Diskussion um die Ostgrenze vor allem mit Rekurs auf die mittelalterliche Ostsiedlung, also Expansion, Siedlung und Kultivierung, geführt. Exemplarisch können hier die Forschungen 105 Ratzel 1897, S. 451. 106 Ratzel 1897, S. 448f. 107 Ratzel 1897, S. 457–470. Vgl. in der Folge Helmolt 1896 und in jüngerer Zeit Karp 1972. Das Ratzel’sche Modell einer einheitlichen und regelhaften Entwicklung von Grenzen wird heute abgelehnt, Sahlins 1989, S. 4f.; Jaspert 2007, S. 46; vgl. auch jüngst Heinemeyer 2012, S. 67f., der „keinen Qualitätsunterschied“ zwischen Grenzsaum und Grenzlinie erkennt, da beide „offensichtlich denselben Zweck erfüllten […], vielmehr handelt es sich um zwei unterschiedliche Lösungen, die sich aus den jeweiligen regionalen Verhältnissen ergaben.“ 108 Ratzel 1897, S. 448. 109 Ratzel 1897, S. 452. 110 Haushofer 1927, S. 242–268. Zu Haushofer vgl. Koops 2008; speziell zum Grenzkonzept Müller 2009, S. 181–218. 111 Vgl. zur ‚Volksgeschichte‘ die einschlägigen Studien von Oberkrome 1993; Haar 2000.

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und wissenschaftsorganisatorischen Aktivitäten eines der führenden Protagonisten der ‚Ostforschung‘, Hermann Aubin, genannt werden, die seit 1938 auch in zahlreiche Expertisen zur historischen Fundierung aktueller Grenzverschiebungen eingingen.112 Mit Blick auf den Westen des Deutschen Reiches betonte man die Kontingenz der historischen Grenzziehungen, indem sie als Ergebnis der gleichen aggressiven französischen Expansionspolitik gegeißelt wurden, die auch den Friedensschluss von Versailles bestimmt habe. Dissertationen wie die von Fritz Textor über „Entfestigungen und Zerstörungen im Rheingebiet im 17. Jahrhundert als Mittel der französischen Rheinpolitik“ von 1937 oder von Karl Gerhard Schneider zu den „Herrschafts- und Rechtsformen des französischen Vordringens nach Osten in der Zeit von 1550 bis 1812“ von 1938 sind hier einschlägige Beispiele.113 Den Hintergrund der Studien zu historischen Grenzen und Grenzziehungen bildete ein weiterreichendes heuristisches Konzept – die sogenannte Kulturraumforschung. Diese war in den 1920er Jahren in Bonn im Anschluss an Karl Lamprecht als Methode einer neuen, kulturgeschichtlich orientierten Landeskunde entwickelt worden, die in bewusster Abkehr von der herkömmlichen Territorialgeschichte nicht einzelne staatliche Formationen in den Mittelpunkt ihrer Forschungen rückte, sondern kulturelle Phänomene.114 Die entsprechenden Untersuchungen orientierten sich dementsprechend nicht an vorgegebenen staatlichen Grenzen, sondern nahmen übergreifende Kulturräume, etwa das Rheinland oder Westfalen, in den Blick. Verbreitungskarten von historischen Besonderheiten, sprachlichen Formen und volkskundlichen Phänomenen sollten „Kulturströmungen und Kulturprovinzen“ – so der Titel der programmatischen Studie von Hermann Aubin, Theodor Frings und Joseph Müller von 1926115 – erkennbar machen. Es liegt auf der Hand, dass diese Methode innovativ war, da sie der etablierten Politik- und Staatengeschichte ein interdisziplinäres kulturgeschichtliches Forschungskonzept entgegensetzte, das auch heutigen Diskussionen, insbesondere zur Konstitution historischer Landschaften, noch Anregungen, wenn auch keine methodische Grundlage liefern kann.116 Zugleich ist die Entwicklung und Anwendung des Konzepts nicht losgelöst vom politischen Horizont der Zeit zu sehen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Protagonisten der grenzüberschreitenden 112 Aubin 1933; wiederabgedruckt in Aubin 1938, S. 109–144, 228–232. Zu Aubin als Ostforscher vgl. ausführlich Mühle 2005; zur Nutzung der historischen Befunde für die Grenzverschiebungen seit 1938 vgl. ebd., S. 358–390. 113 Textor 1937; Schneider 1938; vgl. hierzu Rutz 2007, S. 54, 58–60. 114 Werner 2005, insb. S. 271–276; vgl. außerdem Nikolay-Panter 2007. 115 Aubin/Frings/Müller 1926. 116 Vgl. in jüngerer Zeit Kurmann/Zotz (Hg.) 2008; Rutz (Hg.) 2010; Felten/Müller/Ochs (Hg.) 2012.

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Kulturraumforschung gerade an den exponierten Rändern des Deutschen Reiches, etwa im Rheinland, in Schlesien, am Oberrhein oder im Saarland, tätig wurden.117 In der ‚Westforschung‘ mündete die methodische Überwindung territorialer Grenzen schließlich in die Postulierung neuer Grenzen entsprechend dem angenommenen ursprünglichen Verbreitungsraum germanischer Kultur, Sprache und Rasse, der auch die Niederlande und Belgien umfasste und weit nach Nordfrankreich hineinreichte.118 Gleiches gilt, wie bereits erwähnt, für die ‚Ostforschung‘. Aufgrund der skizzierten Programmatik befasste sich die Grenzforschung jener Zeit vornehmlich mit ‚nationalen‘ Grenzen und definierte diese als sehr deutliche Trennlinien zwischen Kulturen und Völkern. Die Territorialgrenzen innerhalb des Reiches wurden demgegenüber relativiert. Ein frühes Beispiel hierfür stellt die bereits genannte Studie zu „Kulturströmungen und Kulturprovinzen“ dar. Aubin behandelt darin zwar ausführlich die Territorialentwicklung im Rheinland, betont dabei aber die überterritorialen Zusammenhänge am Niederrhein, im Trierer Gebiet und in der mittelrheinischen Gebirgszone. Darüber hinaus zeigt er die „genealogische[n] Lebensräume der Dynastien“ auf, die weit über das Rheinland hinausreichten – und zwar nicht nach Westen, nach Frankreich, sondern in den innerdeutschen Raum hinein.119 Ähnliche Relativierungen der territorialen zugunsten nationaler Grenzen bzw. Abgrenzungen finden sich im Ergebnis bei Frings zur Sprache und bei Müller zur Volkskunde.120 Rhetorisch noch weitaus stärker aufgerüstet argumentierte diese teleologisch auf das deutsche Volkstum und die deutsche Nation ausgerichtete Landesgeschichtsforschung in den 1930er und 1940er Jahren: So weist etwa Leonhard Wittmann in der Widmung zur ersten Mappe seines 1940 erschienenen Atlaswerkes „Landkarten von Franken“ darauf 117 Werner 2005, S. 285–291. 118 Vgl. als besonders exponiertes Beispiel Petri 1937; zur ‚Westforschung‘ ausführlich Dietz/Gabel/Tiedau (Hg.) 2003 sowie in jüngerer Zeit Middell/Sommer (Hg.) 2004; Henkes/Knotter (Hg.) 2005; Middell/Ziegeldorf (Hg.) 2005; Freund 2006; Engels 2007; mit besonderem Fokus auf Grenzfragen Müller 2009. 119 Aubin/Frings/Müller 1926, S. 68–81. So stelle etwa das Herzogtum Berg „das Schulbeispiel von dem Hineinwachsen des Kleinterritoriums aus dem landschaftlich gebundenen in einen allgemein-deutschen Lebenskreis“ dar, ebd., S. 69. Das Herzogtum Kleve hingegen zeige von vornherein weitgespannte dynastische Beziehungen und stehe für die „starke Ausstrahlung rheinisch-niederländischen Wesens im 12. Jahrhundert nach dem Osten hin.“ In die gleiche Richtung weise auch die Heiratspolitik von Pfalz-Zweibrücken und Saarbrücken, sie „kehrt Frankreich den Rücken“, ebd., S. 74. In der Summe zeige sich laut Aubin, „daß die dauernd erneuerten verwandtschaftlichen Bande der Grenzdynastien mit innerdeutschen Familien ein Gegengewicht gegen den kulturellen Einfluß des benachbarten, übermächtig gewordenen Frankreich dargestellt haben“, ebd., S. 77. 120 Aubin/Frings/Müller 1926, S. 182–185, 227.

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hin, dass nichts „sinnfälliger die ehemalige Zersplitterung und Ohnmacht unseres Vaterlandes“ zeige als die historische Karte. Erst in jüngerer Zeit sei der „tausendjährige Traum der Deutschen“ Wirklichkeit geworden, nämlich „das Reich Deutscher Nation“. „Welche Mühsal, Kämpfe, Widerstände auf diesem beschwerlichen Wege seit Jahrhunderten zu überwinden waren, soll an dem kleinen Beispiel ‚Franken‘ […] erahnt werden. Dieses Aufzeigen der Vergangenheit, um die Zukunft beharrlicher zu erkämpfen, ist der tiefste Sinn und Zweck dieser Arbeit.“121 Zentraler Bezugspunkt der fränkischen Landesgeschichte ist damit das Reich; die Erforschung von Karten, territorialen Grenzen und Grenzsteinen wird vor allem zur Untermauerung der These von der ‚Zersplitterung des Vaterlandes‘ betrieben.122 Das wissenschaftliche Programm einer nicht territorialgeschichtlich, sondern kulturräumlich orientierten geschichtlichen Landeskunde war damit zum politischen Programm nationaler Selbstvergewisserung und Abgrenzung verkommen. In Deutschland wurde die historische Forschung zu Grenzen nach dem Zweiten Weltkrieg nicht intensiver fortgesetzt. Stattdessen erlebte Paul Kirns erstmals 1934 erschienene „Politische Geschichte der deutschen Grenzen“ 1958 eine weitere Neuauflage.123 Laut Vorwort sei an der Darstellung der älteren Grenzgeschichte nicht viel verändert worden, allerdings hätte sich die Deutungsperspektive verschoben: „Die nationale Sicht, in der jene Verhältnisse meist erschienen, ist nicht mehr verbindlich. Freier, freundschaftlicher Verkehr mit allen Fremden, die guten Willens sind, ungeachtet unfreundlicher historischer Erinnerungen, scheint das Gebot der Stunde.“124 Abgesehen von gewissen sprachlichen Bereinigungen und einer Aktualisierung für die Zeit nach 1933 bzw. 1945 ist das Buch allerdings ein Nachdruck der vorhergehenden Auflage, der der Forschung weder inhaltlich noch methodisch neue Wege zu weisen vermochte. Gleiches gilt für den 1959 und noch einmal 1967 gänzlich unverändert in Buchform wiederaufgelegten Aufsatz Aubins zur deutschen Ostgrenze von 1933/38.125 121 *Wittmann 1940, S. 3. Vgl. in diesem Sinne auch das Geleitwort von Karl Hehl, dem Leiter der Volksbildungsstätte Nürnberg, zu *Wittmann 1942: Die Karten würden verdeutlichen, „wie zerrissen Deutschland früher einmal war. Den historisch denkenden Menschen und denen, die beauftragt sind, unser Volk im historischen Denken und Schauen zu schulen, möge dieses Werk eine Handreichung sein, um zu zeigen, wie aus dem in zahlreiche Territorien aufgeteilten deutschen Vaterlande ein Deutsches Reich wurde.“ 122 Vor diesem ideologischen Hintergrund wird auch die Zerstörung von Grenzsteinen durch die Hitlerjugend an der hessisch-bayerischen Grenze im November 1933 verständlich, Matthes 2007, S. 279–282. 123 Kirn 1934; Kirn 1938; Kirn 1944; Kirn 1958. 124 Kirn 1958, S. 5. 125 Aubin 1959; Aubin 1967; vgl. Aubin 1933; Aubin 1938.

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Wichtige Neuanstöße, die ihrerseits auf kulturhistorische Konzepte der Zwischenkriegszeit zurückgreifen konnten, kamen dagegen in den 1970er und 1980er Jahren aus Frankreich.126 Entscheidend war hier die Einsicht in den Konstruktionscharakter von (Herrschafts-)Räumen und Grenzen, die auch die gegenwärtige Forschung prägt, theoretisch aber schon einmal 1903 von Georg Simmel formuliert worden war: „Die Grenze ist nicht eine räumliche Tatsache mit soziologischen Wirkungen, sondern eine soziologische Tatsache, die sich räumlich formt.“127 Einen für die jüngere Diskussion wichtigen theoretischen Rahmen lieferte 1974 Henri Lefebvre mit seinem Buch „La production de l’espace“, in dem er Raum als soziales Produkt und (kapitalistisches) Herrschaftsmittel untersucht.128 In diesem Sinne befasste sich Paul Alliès 1980 in seiner Studie „L’invention du territoire“ mit der französischen Verwaltung des Ancien Régime und beschrieb die ‚Erfindung‘ Frankreichs als homogener Raum durch die staatliche Bürokratie.129 Auch Fernand Braudel identifizierte den neuzeitlichen Staat in seinem nachgelassenen Frankreich-Buch von 1986 als entscheidenden Akteur bei der Etablierung territorialer Grenzen. Zugleich verwies er auf die Bedeutung von Grenzen als kulturell geprägte Leitvorstellungen und deren politische Wirkung in der ‚longue durée‘.130 In politikwissenschaftlicher Perspektive diskutierte im selben Jahr Michel Foucher die „invention des frontières“. Dabei ging er schwerpunktmäßig auf die Grenzen in der Dritten Welt ein, zog seine methodischen Prämissen jedoch aus der Untersuchung der ‚Erfindung‘ der französischen Grenzen im Ancien Régime und in der Französischen Revolution.131 Eine neuerliche Erweiterung erfuhr die Diskussion um die (herrschaftliche) Konstruktion von Raum und Grenzen durch die Aufnahme der ‚limites et frontières‘ in das Handbuch „Lieux de mémoire“, mit dem der Geschichtswissenschaft der Weg in die Auseinandersetzung mit (nationaler)

126 Vgl. Febvre 1988; Ancel 1938. Vgl. auch Febvre 1994, S. 25–31, 160–185. 127 Simmel 1995, S. 138–146, das Zitat S. 141; vgl. auch Simmel 1992, S. 694–698, das Zitat S. 696. Zur jüngeren soziologischen Diskussion über Grenzen vgl. Eigmüller/Vobruda (Hg.) 2006. 128 Lefebvre 1974; ausführlich hierzu Schmid 2005. Zumindest zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang die an Lefebvre anschließenden Arbeiten von David Harvey, u. a. Harvey 1990, insb. S. 226–259. Zur wissenschaftsgeschichtlichen Einordnung vgl. Löw/Steets/Stoetzer 2007, S. 52–58. 129 Alliès 1980, zu Grenzen insb. S. 38–49. 130 Braudel 1989, S. 316–380. 131 Foucher 1986, zu vormodernen Grenzen insb. Frankreichs S. 55–145; vgl. in erweiterter Form Foucher 1991.

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Erinnerungskultur und kollektivem Gedächtnis gewiesen wurde.132 In diesen von der französischen Forschung geprägten Zusammenhang gehört schließlich auch die wichtige Studie des amerikanischen Historikers Peter Sahlins mit dem Titel „Boundaries. The Making of France and Spain in the Pyrenees“ von 1989, der im Gegensatz zu Alliès, Braudel oder Foucher die Konstruktion von Staatlichkeit nicht vom Zentrum, sondern von den Rändern her untersucht und hier die allmähliche Durchsetzung des Territorialprinzips für die Zeit von der Mitte des 17. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts aufzeigt. Befördert worden sei dieser Prozess maßgeblich durch die sozialen Strategien der Anwohner, die die staatlichen Grenzziehungen etwa zu ihrem steuerlichen Vorteil nutzten und so die Bedeutung der Grenzen als Trennlinien weiter festschrieben. In gleicher Weise verortet der Autor auch die Entwicklung nationaler Identität an der Grenze – nicht als zentralistische Maßnahme zur Herrschaftsstabilisierung, sondern als Prozess der Ausbildung von Gruppenidentitäten in lokalen Konflikten.133 Seit den 1990er Jahren erlebt die historische Grenzforschung im Zusammenhang mit dem ‚spatial turn‘ eine weitere Konjunktur.134 Sie findet nicht mehr – wie in der Zwischenkriegszeit – vor dem Hintergrund nationalstaatlicher Auseinandersetzungen, sondern mit Blick auf die fortschreitende europäische Integration statt. Wohl nicht zufällig hat die historische Forschung insbesondere in Deutschland das Grenzthema zu einem Zeitpunkt wieder intensiver aufgegriffen, als der Wegfall des Eisernen Vorhangs eine völlig unerwartete Dynamik in den deutschen 132 Guenée 1986; Nordman 1986, dort jeweils auch die ältere Literatur. In den ‚Deutschen Erinnerungsorten‘ ist dem Thema ‚Grenze‘ kein eigener Artikel gewidmet. Herausgehoben werden allerdings zwei innerdeutsche Grenzen, der „Weißwurstäquator“ und die Berliner Mauer, Prinz 2001; Wolfrum 2001. Die äußeren politischen und kulturellen Grenzen werden im Zusammenhang anderer Erinnerungsorte erwähnt, vgl. u. a. Hahn/Hahn 2001; Münz/Ohliger 2001; Lepetit 2001; Schulze 2001. Zur Mauer als Erinnerungsort der DDR vgl. Detjen 2009. 133 Sahlins 1989. 134 Zum ‚spatial turn‘ in der Geschichtswissenschaft vgl. u. a. Schlögel 2004; Bavaj 2006; Sandl 2009; Schwerhoff 2013; Nübel 2015; Rau 2017. Bereits 1986 diskutierte der Trierer Historikertag das Thema „Raum und Geschichte“, vgl. die konzeptionellen Überlegungen von Irsigler 1987a sowie den Schlussvortrag von Koselleck 2000; als vergleichsweise frühen Diskussionsbeitrag außerdem Heit 1993. Der ‚Raumwende‘ ging in der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft eine lange Phase der Raumvergessenheit voraus, vgl. zusammenfassend ebd. S. 382–388. Der Raum als heuristische Kategorie spielte lediglich bei Karl Lamprecht und – in seiner Nachfolge – seit den 1920er Jahren in den konzeptionellen Entwürfen der neu begründeten Landesgeschichte bzw. geschichtlichen Landeskunde eine größere Rolle. Zu Lamprecht vgl. Schorn-Schütte 1984; zur frühen Landesgeschichte Werner 2005; Werner 2007.

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und europäischen Einigungsprozess brachte. Die Mauer war im öffentlichen Bewusstsein und in der Forschung so lange kein Thema wie sie existierte, erst ihr Verschwinden sensibilisierte für die Bedeutung von Grenzen für Staaten, Gesellschaften und Menschen. So erschien die erste Gesamtdarstellung zur Geschichte der deutschen Grenzen nach Kirns Arbeit von 1958 im Jahr der Wiedervereinigung.135 Stärker methodisch orientiert war der knappe Aufsatz von Hans Medick von 1991, der der deutschen Forschung den internationalen Diskussionsstand erschloss.136 Zwei einander ergänzende Forschungsansätze, die die Ambivalenz von Grenzen spiegeln, lassen sich seit den 1990er Jahren ausmachen: Zum einen wird im Anschluss an die oben diskutierte französische Forschung die Bedeutung von Grenzen für die Konstruktion von Staatlichkeit und (nationaler) Identität betont. Zum anderen werden Grenzen nicht mehr ausschließlich als Synonyme für Trennendes wahrgenommen, sondern als Chiffre für Verbindendes und für Begegnungen begriffen.137 Dass Grenzen auch Kontaktbereiche waren und sind, wurde bereits von Jakob Grimm in seiner grundlegenden Studie „Deutsche Grenzalterthümer“ von 1843 bemerkt: Eine Grenze „musz nicht blosz als trennendes, sondern zugleich als einigendes princip behandelt werden, aus welchem neben der nothwendigen scheide ein band der nachbarschaft und gemeinschaft sich entfaltete“.138 Diese Einsicht ist freilich in der nachfolgenden, nationalorientierten Forschung weitgehend aus dem Blick geraten. Von der jüngeren Kulturgeschichte hingegen, zu deren zentralen Themen Kulturtransfer und kultureller Synkretismus (‚Hybridisierung‘, ‚Kreolisierung‘) gehören, werden Grenzen und Grenzregionen gerade in dieser Perspektive untersucht.139 Dem Grenzraum wird als „espace médian“, „middle 135 Demandt (Hg.) 1990; die Territorialgrenzen werden im Beitrag von Wagner 1990 behandelt, der der Vormoderne allerdings nur wenige Seiten einräumt. 136 Medick 1991. Der Autor hat seine Überlegungen in den folgenden Jahren mehrfach in erweiterter Form publiziert, vgl. nur Medick 1995. 137 Abgesehen von der im Folgenden diskutierten geschichtswissenschaftlichen Forschung sei auf die ebenfalls dem konstruktivistischen Denken verpflichteten ‚border studies‘ hingewiesen, die u. a. im Rahmen von Kulturgeographie und Kulturanthropologie betrieben werden; vgl. Wilson/Donnan (Hg.) 2016. 138 Grimm 1991, S. 31. Auf diesen Aspekt weist auch Ratzel 1897, S. 509f., hin. 139 Vgl. als jüngere Diskussionsbeiträge Lüsebrink 2005; Nolde/Opitz 2008; Lottes 2009; Schmidt 2009; Schlesier 2011; außerdem den Sammelband von Řezník (Hg.) 2007. Genauer untersucht wurden in jüngerer Zeit auch die ‚frontier cities‘ als globale Begegnungsräume, Gitlin/Berglund/Arenson (Hg.) 2013. Wichtige Anregungen wären noch aus der geographisch-landeskundlichen Forschung zu beziehen, die sich schon länger mit Grenzregionen und grenzüberschreitenden Verflechtungen beschäftigt; vgl. den Überblick von Stadelbauer 2012.

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ground“, „Zwischenbereich“ oder „intermediäre Zone“ ein eigener, vom staatlichen Kernland abweichender Charakter zugeschrieben.140 Dieser zeigt sich nicht zuletzt in der Ausbildung besonderer politischer Strukturen. Zu nennen sind etwa spezifische Instanzen zur Konfliktregelung wie die „rastreros“ und „alcaldes entre los cristianos y moros“ an der andalusischen Grenze im Spätmittelalter,141 die interterritorialen Schiedskommissionen in den bayerischen Herzogtümern und Österreich im 13. Jahrhundert zur Untersuchung von Übergriffen im Machtbereich des jeweils anderen Fürsten142 oder die ebenfalls paritätisch besetzten Grenzgerichte und -kommissionen, die vom 15. bis 17. Jahrhundert Grenzstreitigkeiten zwischen dem Deutschordensland und Polen beilegten und die Grenzen periodisch überprüften.143 Darüber hinaus entwickelten sich in Grenzräumen militärische Institutionen wie die Ritterorden, die an den wichtigsten Kontaktzonen zwischen Christentum und anderen Religionen spezifische Aufgaben wahrnahmen und diese Räume längerfristig politisch prägten.144 Weniger spektakulär, aber doch allenthalben nachweisbar sind „marchlaeute“, die im Auftrag der Fürsten

140 Vgl. in der Reihenfolge der Zitate Zumthor 1993, S. 150; White 1991, insb. S. 50–93; Jaspert 2007, S. 58. 141 Jaspert 2007, S. 59f. Vgl. zu territorialen Grenzen und grenzüberschreitenden Kontakten zwischen Christentum und Islam jüngst auch die Beiträge in Boissellier/Ferreira Fernandes (Hg.) 2015. 142 Die seit der bayerischen Landesteilung von 1255 zwischen den beiden Teilherzogtümern verübten Übergriffe sollten 1290 von Schiedsleuten untersucht werden, „also daz di zwelif [Schiedsleute] dar veber swern vnd mit in ein chvntschaft gevahen, wo ein herre den anderen an den gemerchen oder gerihten vbervaren hab“, *Corpus, Bd. 2, S. 510–518, Nr. 1274 B (1290), hier S. 517; vgl. auch ebd., S. 604–606, Nr. 1390 (1291), hier S. 605: die benannten Schiedsleute sollen „auf div gemerch riten“. Desgleichen wurde 1298 eine Schiedskommission eingesetzt, um die geschehenen wie auch künftige Übergriffe an der bayerisch-österreichischen Grenze („vnser baider gemerchen“) beizulegen, ebd., S. 224–226, Nr. 2934, hier S. 225; vgl. auch ebd., S. 226. 143 Die Arbeit der Kommissionen ist in Form sog. Grenzbücher (ca. 30 Bde. mit jeweils etwa 600 Seiten) in Berlin, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, XX. Hauptabteilung, Ostpreußische Folianten 116–132, überliefert. Sie enthalten Abrisse und dazugehörige Vermessungsberichte sowie Instruktionen über das Setzen von Grenzsteinen und -zeichen; vgl. Jäger 1982, S. 32. Zu den Grenzkommissionen und -gerichten des 15. Jahrhunderts vgl. darüber hinaus Neitmann 1986, S. 551–556; Schneider 1994; Szweda 2007. Vgl. auch die Versuche in dieser Region, durch die Einsetzung von Schiedsrichtern strittige Grenzfragen zu klären, Karp 1972, S. 11 (1374/75), 47f. (1411), 60–63 (1423ff.). 144 Jaspert 2007, S. 60–62; dort auch die entsprechende Literatur. Vgl. darüber hinaus für die ungleich geringere Rolle der Orden an der österreichischen Militärgrenze in der Frühen Neuzeit Schnurbein 2008; Schnurbein 2009.

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für den Grenzschutz zuständig waren.145 Nicht zuletzt wären für das Mittelalter die Wehrsiedler in den Marken und die Neusiedler der Ostbewegung zu nennen, die in ihrem neuen grenznahen Siedlungsgebiet mit einem spezifischen, in der Regel besseren Recht hinsichtlich Besitz und Status ausgestattet wurden.146 In diesen Zusammenhang gehört auch die Beobachtung, dass etwa in der Grafschaft Luxemburg im 14. Jahrhundert Freiheitsprivilegien gerade solchen Orten zugesprochen wurden, die im Grenzraum lagen, um auf diese Weise eine Abwanderung der Hörigen in angrenzende Territorien und damit eine wirtschaftliche und militärische Schwächung der Grenzgebiete zu verhindern.147 Spezifische militärische, administrative und rechtliche Strukturen wurden auch im Bereich der österreichischen Militärgrenze geschaffen, die seit 1522 gegen die Türken errichtet und nach dem Ende der Türkenkriege auch im 18. und 19. Jahrhundert weiter ausgebaut wurde.148 Grenzräume können also durchaus als „Gebiete intensivierter Herrschaftsausübung“ angesehen werden.149 Grenzen bedeuteten zudem eine Herausforderung für die regionale Wirtschaft, boten aber auch Chancen, die so im Kernland nicht vorhanden waren.150 Über die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus fragt sich, inwieweit die spezifische Struktur des Grenzraums und das Leben an der Grenze die Ausbildung einer eigenen Mentalität der Grenzgesellschaften zur Folge hatten.151 145 Vgl. etwa die Übereinkunft zwischen Ludwig II., Pfalzgraf bei Rhein und Herzog von Oberbayern, und seinem Bruder Heinrich XIII., Herzog von Niederbayern, vom 07.11.1287, „daz wir schaffen mit vnsern Marchlaeuten, swen die vitztum vordern ze swern, die march und die strazze baidenthalben ze vridenne und ze schermenne daz si daz tuon vnd auch den vitztuemen beholfen sin“, *Corpus, Bd. 2, S. 287–291, Nr. 935, hier S. 290. Am 09.08.1288 vereinbaren sie, „daz alle vnser Marchlaeute, vitztum, dienstman, dienaer vnd Rihtaer zesamen swern, daz si mit gemeiner hilfe weren vnd vndersten allen den schaden, den vns oder den vnsern die Behaim her auz tuon“, ebd., S. 355f., Nr. 1038, hier S. 355. Zur Grenzsicherung durch die fränkisch-deutschen Herrscher durch Marken und Markgrafen vgl. die große Studie von Stieldorf 2012; für Wales (‚marcher lordship‘) bereits Davies 1978. 146 Irsigler 1991, S. 19. 147 Reichert 1992, S. 299–304. Vgl. auch entsprechende Belege für die kurkölnischen Städte Menden, Werl, Xanten und Rheinberg, die aufgrund ihrer exponierten Lage an der Grenze und der ständigen Bedrohung durch äußere Feinde Privilegien und Freiheiten erhielten bzw. bestätigt bekamen, *REK VIII, S. 163, Nr. 663 (1372); vollständiger Text bei *Seibertz 1843, S. 602f., Nr. 830, hier S. 602: „ac etiam quia in extremitate terre nostre, ubi retroactis temporibus a nostre Ecclesie inimicis dampna non modice sustinuistis, estis situati“; *REK IX, S. 336, Nr. 1309 (1386); ebd., S. 472f., Nr. 1775 (1389); ebd. X, S. 50, Nr. 154 (1392). 148 Vgl. nur Schulze 1973b; außerdem unten Kap. IV.3 („Regionale Differenzierungen“). 149 Reichert 1992, S. 313. 150 Vgl. u. a. Irsigler 1987b; Schneider (Hg.) 2003. 151 Vgl. epochenübergreifend Marti (Hg.) 2000.

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Die mediävistische Forschung hat sich diesbezüglich besonders mit den religiösen und ethnischen Grenzen im Osten und Westen Europas befasst.152 Konfliktmodelle wie etwa Elena Louries Interpretation der spanischen Gesellschaft des Hochmittelalters als „society organized for war“153 wurden abgelöst von Interpretationen, die eher die Durchlässigkeit dieser Grenzgesellschaften betonen und Assimilations- und Akkulturationsprozesse sowie Formen von kulturellem Synkretismus in den Vordergrund stellen.154 Ähnliche Ansätze sind in der jüngeren Frühneuzeitforschung zu finden.155 Zu bedenken sind in diesem Zusammenhang freilich immer auch desintegrative Tendenzen und Entwicklungen.156 Denn trotz aller wechselseitigen Beeinflussung und kulturellen Angleichung blieben Unterschiede bei den jeweiligen Grenzanrainern bestehen. Und auch die herrschaftliche, rechtliche und religiös-konfessionelle Bedeutung von Grenzen wurde durch Kulturtransfer und kulturelle Verflechtung nicht aufgehoben.157 Vormodernen Territorialgrenzen eignete bis auf gelegentliche Versteinungen und Markierungen keine Materialität, sie waren keine unüberwindlichen physischen Barrieren.158 Umso interessanter, wenngleich im Rahmen der vorliegenden Studie nicht zu leisten, ist daher die Untersuchung von Grenzgängern, also Menschen, die mehr oder weniger regelmäßig territoriale bzw. staatliche Grenzen

152 Vgl. nur die jüngeren Sammelbände von Abulafia/Berend (Hg.) 2002; Merisalo (Hg.) 2006; Herbers/Jaspert (Hg.) 2007. Entsprechende Forschungen wurden aber bereits frühzeitig für Wales unternommen, Davies 1978, insb. S. 297–456; vgl. jetzt auch Lieberman 2010. 153 Lourie 1966; vgl. auch Powers 1988. 154 Vgl. dezidiert Jaspert 2007, S. 64f., das Zitat S. 65: „Gerade weil die Herrschenden – seien es Christen oder Muslime – selten zum Mittel systematischer und vollständiger Vertreibung griffen und eigene Strategien im Umgang mit Andersgläubigen schufen, entwickelten sich hier vielfältig abgestufte Grenzgesellschaften, in denen Anhänger unterschiedlicher Religionen Jahrzehnte und Jahrhunderte lang Formen gemeinsamen Auskommens suchten und fanden. […] Die multireligiösen Grenzgesellschaften an den östlichen und westlichen Peripherien Europas waren während des Mittelalters zweifellos weniger hermetisch als in späterer Zeit.“ 155 Vgl. die in Anm. 93 genannte Literatur. 156 Vgl. als Beitrag zur Methodendiskussion Knotter 2008, S. 47–51, außerdem als Fallbeispiele Cox 1983; Knippenberg 2008. 157 Vgl. in diesem Zusammenhang die exzellente Studie von Adelsgruber/Cohen/Kuzmany 2011 zur österreichisch-russischen Grenze in Galizien 1772–1918, die die Ambivalenz einer Grenze als zugleich verbindendes und trennendes Element sehr anschaulich macht. Die Beiträge in Esser/Ellis (Hg.) 2013 zur Identität von Grenzregionen charakterisieren Grenzen dagegen v. a. als „markers of difference“ (S. 10). 158 Vgl. hierzu ausführlich unten Kap. II („Vormoderne Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen“).

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überquerten.159 Gerade die Analyse von Grenzüberschreitungen ermöglicht es, das weitgehend abstrakte Phänomen territorialer Grenzen in seiner Wirkung auf den Lebensvollzug der Menschen genauer zu erfassen. In der Forschung begegnen Grenzgänger bislang vor allem im Rahmen der Migrationsgeschichte und der Kulturtransferforschung. Der konkrete Grenzübertritt gerät dabei allerdings nicht oder nur am Rande in den Blick. Im Mittelpunkt stehen vielmehr die jeweilige Entsende- und Aufnahmegesellschaft sowie die wandernden Gruppen und kulturellen Güter selbst.160 Im Rahmen der Erforschung territorialer Grenzen wäre dagegen nach den Bedingungen und Möglichkeiten des Grenzübertritts zu fragen, außerdem nach der Wahrnehmung und Erfahrung desselben durch die Akteure, den diesbezüglichen staatlichen Reaktionen sowie schließlich den Auswirkungen vielfacher Grenzüberschreitungen auf die betroffenen Staaten und Gesellschaften. Als Gruppen regelmäßiger ‚Grenzgänger‘ können für die Frühe Neuzeit unter anderem Diplomaten,161 Adlige,162 Künstler,163 Kaufleute,164 Studenten,165 Schmuggler,166 Vaganten,167 Soldaten,168 Pilger,169 Ordensleute,170 Juden171 und Exulanten172 identifiziert werden. Insgesamt erweist die Untersuchung der verschiedenen Gruppen von Grenzgängern die Ambivalenz territorialer Grenzziehungen sowohl hinsichtlich ihrer territorial-staatlichen Funktionen als auch ihrer sozial- und mentalitätsgeschichtlichen Wirkungen.173 159 Vgl. epochenübergreifend Schneider (Hg.) 1998; für die Frühe Neuzeit Rutz 2010c. Der Band von Fludernik/Gehrke (Hg.) 1999 fasst den Begriff ‚Grenzgänger‘ sehr weit und behandelt territoriale Grenzen nur am Rande. 160 Vgl. zur Methodendiskussion Schmale 1998b; Esser 2003; sowie als jüngere Beispiele Bahlcke (Hg.) 2008; Braun 2008. Explizit mit dem Zusammenhang von Migration und Grenze befasst sich der Band von Gestrich/Krauss (Hg.) 1998, wobei der zeitliche Schwerpunkt auf dem Mittelalter und dem 20. Jahrhundert liegt. 161 Samsonowicz 2007. 162 Labouvie (Hg.) 2009; Driel/Pohl/Walter (Hg.) 2010; Schulz 2010; Gramsch 2011; Rüther 2011. 163 Büttner/Meier (Hg.) 2011. 164 Schmieder 2007; Ehrenpreis 2010. 165 Hesse/Maurer (Hg.) 2011. 166 Panjek 2000; Scheffknecht 2002; Ruhland 2006; vgl. auch Saurer 1989 zum frühen 19. Jahrhundert. 167 Präger 2010. 168 Thorau 1999; Winter 2006. 169 Wingen 1994. 170 Tóth 2006; Pohle 2010. 171 Battenberg 2007; Buchberger 2007; Laux 2010. 172 Wäntig 2007. 173 Vgl. in diesem Zusammenhang die Studie von Motsch 2001, insb. S. 315–445, der die

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Der zweite, in der gegenwärtigen Diskussion wichtige Forschungskomplex, der auch den Fokus unserer Studie bildet, betrifft die Konstruktion von Staatlichkeit: Grenzen wirken nicht nur nach außen, sondern auch nach innen. Sie stehen gleichsam symbolisch für die Interdependenz von Identität und Alterität, denn sie grenzen das Fremde aus und tragen damit zur Definition des Eigenen bei.174 Dies kann in religiöser, kultureller oder ethnischer Hinsicht der Fall sein, stellt aber auch für die Entstehung von politischen Formationen eine wichtige Voraussetzung dar, „ja es ließe sich argumentieren, dass die diskursive Herstellung der Grenzen und die mit ihnen verbundenen Herrschaftspraktiken den Staat erst ‚machten‘“.175 In diesem Sinne sind in den letzten Jahren wiederholt territoriale Grenzen und Grenzziehungen untersucht worden. So liegen für die Frühe Neuzeit mehrere umfangreiche Arbeiten vor, die die Konstruktion territorialer Identität exemplarisch diskutieren. Neben der wegweisenden Studie von Sahlins sind die Untersuchungen von Daniel Nordman und Léonard Dauphant zu Frankreich insgesamt, Sébastien Dubois zur französisch-niederländischen Grenze und Renaud Morieux zur englisch-französischen Kanalgrenze, von Reinhard Stauber zum südlichen Alpenraum, Achim Landwehr zur Republik Venedig und Antonio Stopani zum Großherzogtum Toskana zu nennen.176 Kürzlich wurde die Wechselwirkung von Faktum und Konstrukt bei der politischen Grenzziehung auch von der mediävistischen Forschung in einem Sammelband breiter diskutiert.177 Für die Grenzen des Alten Reiches liegen verschiedene Einzelbeiträge vor, eine systematische und konsequent von den jüngeren kulturwissenschaftlichen Paradigmen ausgehende Gesamtdarstellung fehlt allerdings.178 Gleiches gilt für unterschiedlichen Perspektiven von Landesherrschaft, lokalen Herrschaftsträgern, Grenzanwohnern und Grenzgängern integriert. 174 Zur Wechselbeziehung von Identität und Alterität vgl. allg. Landwehr/Stockhorst 2004, S. 193–214; Stutzinger/Kühnel/Classen 2008. 175 Wieland 2010, S. 152. 176 Sahlins 1989; Nordman 1998; Dubois 1999; Stauber 2001; Landwehr 2007; Morieux 2008; Stopani 2008; Dauphant 2012. In der großen „Geschichte der Staatsgewalt“ von Reinhard 2000 spielen solche Überlegungen keine Rolle, zu Grenzen lediglich S. 42. Ganz anders dagegen der Ansatz von Mayer 2016, der ganz im Sinne der genannten Forschungen die Bedeutung von Raum und Grenzen für die neuzeitliche Staatswerdung thematisiert und dabei einen weiten Bogen vom 16. bis ins 21. Jahrhundert spannt. 177 Bock/Jostkleigrewe/Walter (Hg.) 2011. 178 Politisch motiviert, beschäftigte sich die deutsche Forschung vor 1945 intensiver mit diesen Grenzen, insb. mit der Westgrenze des Reiches. Bis 1990 wurde das Thema nur noch gelegentlich aufgegriffen, vgl. etwa Wysocki 1969; Hübinger 2004/05; in jüngerer Zeit dann übergreifend Prinz 1991; Mieck 2004; Babel 2005, S. 166–180; Moeglin 2010, S. 18–35, 191–195; weniger mit der Grenze als solcher als den territorialen Verschiebungen

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die Grenzen innerhalb des Reiches, also die Territorialgrenzen der Reichsstände. Einzelne regional- und lokalgeschichtliche Arbeiten hierzu beschränken sich in der Regel auf die detaillierte Rekonstruktion von Grenzverläufen und der nicht enden wollenden Grenzstreitigkeiten.179 Ein Anschluss an die aktuelle kulturgeschichtliche Diskussion um Grenzen und Grenzziehungen fehlt ebenso wie eine Verknüpfung des Themas mit der landesgeschichtlichen Forschung zum spätmit­ telalterlich-frühneuzeitlichen Territorialisierungsprozess.180 Umgekehrt hat sich die Landesgeschichte in diesem Zusammenhang vor allem mit Ver­fas­sungsfragen, der Intensivierung territorialer Verwaltung und der Durchsetzung von Landesherrschaft befasst.181 Grenzen und Grenzziehungen werden hier – wenn überhaupt – nur am Rande erwähnt und nicht systematisch in ihrer konstitutiven Bedeutung für den Territorialisierungsprozess erörtert.182 Ausnahmen bilden zwei Sammelbände, die sich mit „grenzbildende[n] Faktoren in der Geschichte“ bzw. dem Thema nach 1648 befasst sich am Beispiel des Elsass Braun 2010, S. 633–720. Zu den Grenzen des Reiches insg. vgl. den epochenübergreifenden Überblick von Demandt (Hg.) 1990 sowie die auch für die Vormoderne materialreiche Studie von Khan 2004, dem es aber v. a. um die rechtshistorischen Grundlagen bestehender Grenzen und damit zusammenhängende offene Rechtsfragen geht. Vgl. darüber hinaus Lindgren 1997; Scattola 2003; Gantet 2007; Burgdorf 2013. 179 Vgl. als jüngere Beispiele u. a. Röttel 1987; Dörfler 2004; Matthes 2007; Terhalle 2008. Symptomatisch für diese Arbeiten ist die Aussage Leonhard Wittmanns im Geleitwort zu Röttel 1987, S. 9. Der Nestor der deutschen Steinkreuzforschung weist auf die Ungenauigkeiten moderner Geschichtsatlanten hinsichtlich der frühneuzeitlichen Territorialgrenzen hin und sieht die Ursache hierfür darin, „daß der Archivbearbeiter nie die Möglichkeit hat, das zu beschreibende Gebiet zu Fuß von Stein zu Stein zu begehen.“ 180 Schon Irsigler 1991, S. 16, hat darauf hingewiesen, dass man bei der Untersuchung des Entstehungsprozesses territorialer Grenzen „den Vorgang der Entpersonalisierung von Raumvorstellungen oder der Verräumlichung von Herrschaft verbinden [müsste] mit der reichen Forschungstradition zur Entstehung und Ausformung von Landesherrschaft zum Territorialstaat bzw. frühmodernen Flächenstaat.“ Vgl. jetzt auch die langsam beginnende Diskussion über das Verhältnis von Konfessions- und Territorialgrenzen, Gotthard 2004, passim; Brücker 2006, insb. S. 98–103; Duhamelle 2004; Duhamelle 2007; Duhamelle 2010, insb. S. 153–179, 203–220; Braun/Wischmeyer 2010; Wischmeyer 2010; sowie die frühen Beiträge zum Thema von Schöller 1943/52; Kottje 1965. 181 Vgl. nur die wegweisenden Arbeiten von Willoweit 1975 und Holenstein 1991; zusammenfassend Gerlich 1986, S. 216–361; Schubert 2006; Bahlcke 2012. 182 Vgl. nur die Beiträge in Patze (Hg.) 1970/71, die den Territorialisierungsprozess im Wesentlichen als Vorgang der Akkumulierung von Herrschaftsrechten interpretieren. Grenzen werden hier bis auf wenige Ausnahmen, etwa Bd. 1, S. 352, 384f., 398f.; Bd. 2, S. 123f., 421, nicht erwähnt. Gleiches gilt für Chittolini/Willoweit (Hg.) 1996; am konkretesten behandeln hier Christ 1996 und Janssen 1996 die räumliche Dimension von Landesherrschaft, wenngleich weitgehend ohne Berücksichtigung von Grenzziehungen. Auch in den einschlägigen

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Landeshoheit und in diesem Zusammenhang auch mit Fragen der „Ausbildung, Sichtbarmachung und Sicherung von territorialen Grenzen“ befassen.183 Diese landesgeschichtlichen Annäherungen an das Thema wurden allerdings bis in jüngste Zeit nicht aufgegriffen, wie überhaupt der ‚spatial turn‘ nur sehr langsam von der Landesgeschichte rezipiert wird.184 Hier setzt die vorliegende Studie an, indem sie die jüngeren kulturwissenschaftlichen Ansätze zur Erforschung von Raum und Grenzen mit der Territorialisierungsforschung zusammenführt. Resümierend ist festzuhalten, dass sich die geschichtswissenschaftliche Forschung längere Zeit vor allem mit ‚unsichtbaren‘ Grenzen zwischen Konfessionen, den Geschlechtern, sozialen Schichten, Sprachen, Kulturen und Ethnien beschäftigt hat und diesbezügliche Forschungen auch gegenwärtig noch intensiv betrieben werden. Seit einigen Jahren ist aber parallel dazu eine verstärkte Hinwendung zu Grenzen im Raum und hier speziell territorialen bzw. staatlichen Grenzen festzustellen. Trotz vielfältiger Untersuchungen ist die Geschichtswissenschaft aber noch weit davon entfernt, das Phänomen abschließend beurteilen zu können. Es fehlen sowohl Detailstudien zu zahlreichen Ländern und Regionen als auch systematische Arbeiten zu einzelnen Aspekten des Themas wie Grenzziehung, Grenzregime oder Grenzübertritt, ganz zu schweigen von Untersuchungen zur Wahrnehmung und Erfahrung von Grenzen. Entscheidend ist, die betreffenden Forschungen einerseits in jüngere Diskussionszusammenhänge, etwa ‚spatial turn‘, symbolische Kommunikation, Zeremoniell usw., einzubinden und dabei andererseits die zahlreichen Ergebnisse der älteren Politik-, Verfassungs-, Rechtsund Ideengeschichte zu berücksichtigen und gleichsam kulturwissenschaftlich zu aktualisieren. Diese Verbindung älterer und jüngerer Ansätze muss im Rahmen der neuen Kulturgeschichte erfolgen, die sich nicht lediglich als historische Handbüchern von Gerlich 1986, S. 294f.; Schubert 2006, S. 5f., 12, 17; Bahlcke 2012, S. 10–12, werden Grenzen nur knapp erwähnt. 183 Grenzbildende Faktoren 1969; Riedenauer (Hg.) 1994, das Zitat S. 10. Nachdrücklich auf Grenzen als „Problem der Landesgeschichte“ hingewiesen hat Reininghaus 2007, insb. S. 22–27; auch Bünz 2005, S. 77, merkt an, dass „eine systematische Untersuchung des Problems […] wünschenswert“ wäre; vgl. außerdem die deutsch-französische Forschungsperspektive bei Laux 2015, S. 151–154. 184 Vgl. die heftige Kritik von Dross 2005, S. 13f., 17, der der Landesgeschichte vorwirft, sie habe die Erforschung des Raumes mit Blick auf die Frage nach räumlicher Wahrnehmung und Identität schlichtweg verschlafen; ‚cultural‘ und ‚spatial turn‘ seien innerhalb der Landesgeschichtsforschung unbemerkt bzw. konsequenzlos geblieben. Vgl. dagegen konstruktiv Bünz/Freitag (Hg.) 2003/04; Bavaj 2006; Schwerhoff 2013, insb. S. 14–16; knapp auch Dillinger 2010, S. 79. Eine überfällige Auseinandersetzung mit dem Thema leistete die Tübinger Tagung „Methoden und Wege der Landesgeschichte“ im Juni 2013, vgl. insb. Dendorfer 2015; Ott 2015; Rutz 2015; Schiersner 2015.

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Teildisziplin, sondern als Methode versteht, das heißt als spezifische Zugangsweise zur gesamten Geschichte.185

3. Quellenlage Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen die vier oben bereits genannten Verfahren der Beschreibung und Markierung territorialer Grenzen, also die verbale Beschreibung, die materielle und die symbolische Markierung im Feld sowie die vermessungstechnisch-kartographische Erfassung. Greifbar sind diese Verfahren zum einen in landesherrlichen Akten zu Grenzbetreffen bzw. -streitigkeiten und zum anderen in den in diesem Zusammenhang erstellten Karten. Grenzsteine, die teilweise noch in situ vorhanden sind, werden lediglich am Rande als Quellen herangezogen und analysiert, denn es interessiert hier weniger ihre Materialität an sich (Werkstoff, Skulpierung, Aufstellungstechnik, Lage usw.) als vielmehr der Akt der Steinsetzung und die Bedeutung der materiellen Dimension im Diskurs, wie sie in den genannten Akten und Karten aufscheinen.186 Diese liegen in größerer Zahl für alle Territorien des Reiches und in breiter zeitlicher Streuung vor, so dass nicht nur regionale Unterschiede, sondern auch Veränderungen von Raumkonzepten im Zeitverlauf untersucht werden können. Dem engeren Untersuchungsraum entsprechend bilden Archivrecherchen in Düsseldorf bzw. Duisburg,187 Köln, Münster, München und Nürnberg den empirischen Kern der Studie, erweitert um umfangreiches gedrucktes Quellenmaterial sowie landesgeschichtliche Befunde aus anderen Regionen. Akten zu Grenzbetreffen und -streitigkeiten bilden in landesherrlichen Überlieferungen in der Regel keinen eigenen Fonds, sondern sind Teil der Bestände zu Differenzen und Streitigkeiten mit den benachbarten Fürsten.188 Die entsprechen185 Vgl. Stollberg-Rilinger 2010, S. 8: „Die Neue Kulturgeschichte ist nicht von bestimmten Themen her zu definieren, sondern von einer spezifischen Perspektive auf alle möglichen Themen.“ 186 Die orts- und heimatgeschichtliche Forschung leistet bei der Dokumentation von Grenzsteinen Kärrnerarbeit, vgl. übergreifend Simmerding 1996; Philippi 2010. 187 Die Akten wurden noch in Düsseldorf eingesehen, der Umzug des Landesarchivs nach Duisburg erfolgte im Jahre 2014. 188 Vgl. etwa Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Differenzen mit Benachbarten, oder ebd., Rst. Nürnberg, Differentialakten. Dagegen wurde Ende des 18. Jahrhunderts in Schwerin ein eigener Bestand „acta terminorum et finium“ gebildet, der die Akten des Mecklenburg-Schweriner und des Mecklenburg-Güstrower Archivs zusammenordnete, jetzt Schwerin, Landesarchiv Mecklenburg-Vorpommern – Landeshauptarchiv, vgl. Cordshagen 1997.

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den Unterlagen entstanden aus dem Bedürfnis oder der Notwendigkeit heraus, Klarheit über bestimmte Abschnitte des Grenzverlaufs des eigenen Territoriums zu gewinnen, sei es, um eigene Rechte gegenüber Nachbarn zu postulieren, sei es, um sich gegen ebensolche Ansprüche angrenzender Fürsten zur Wehr zu setzen. Anlass hierfür waren häufig Grenzverletzungen durch Untertanen oder Amtleute eines Fürsten. Nicht selten gelangten die entsprechenden Streitigkeiten an das Reichskammergericht, in dessen Überlieferung zahlreiche Territorialstreitigkeiten und die entsprechenden Grenzbetreffe zu finden sind.189 Neben den üblichen Schriftsätzen (Eingänge, Konzepte, Rein- und Abschriften, Protokollauszüge usw.) enthalten die Akten in der Regel Grenzbeschreibungen sowie Protokolle und Zeugenaussagen, die im Rahmen von Grenzbereitungen, also Umgängen oder Umritten, aufgenommen wurden. Um den eigenen Anspruch zu untermauern, wurde versucht, möglichst frühe und regelmäßig bestätigte Belege für einen bestimmten Grenzverlauf beizubringen – sei es durch frühere Beschreibungen, Grenzbereitungsprotokolle und Zeugenaussagen oder auch frühere Propositionen gegen Grenzverletzungen durch fremde Untertanen und benachbarte Fürsten sowie gegebenenfalls Privilegien oder Gerichtsurteile. Wichtig war in jedem Fall, die Schaffung von Präzedenzfällen durch die Benachbarten zu vermeiden und stattdessen die eigenen Ansprüche immer wieder zu dokumentieren.190 Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang schließlich auf Grenzverträge bzw. Grenzregelungen im Rahmen allgemeiner Friedens- oder Nachbarschaftsverträge. Sie finden sich in der Regel im handschriftlichen Original, in Abschrift oder in gedruckter Form in den zugehörigen Akten und konnten ebenfalls als Beweismittel zur Fixierung von Ansprüchen dienen. Zahlreiche Beispiele solcher Verträge sind auch in den Repertorien von Du Mont und Martens und der umfassenden „Consolidated Treaty Series“ enthalten.191 189 Das mittlerweile zu großen Teilen vorliegende „Inventar der Akten des Reichskammergerichts“ erschließt die nach regionaler Herkunft der Kläger auf die Staats- und Landesarchive aufgeteilten Bestände des Gerichts nach einheitlichem Schema, vgl. für unseren engeren Untersuchungsraum – Rheinland-Westfalen: *Looz-Corswarem/Scheidt (Bearb.) 1957; *Aders/Richtering (Bearb.) 1966–1973; *Altmann u. a. (Bearb.) 1988–2003; *Kordes/Nippert/Jacob (Bearb.) 1998–2015; Franken und Bayern: *Gebhardt u. a. (Bearb.) 1994–2015. Die Auswertung des vielfältigen Materials mit Blick auf die territoriale Entwicklung im Reich ist in weiten Teilen noch zu leisten, vgl. als erste Ansätze Eckhardt 1984; Gabel 1990; Hillmann 1999; Westphal 2005; Weber 2008; außerdem mit Blick auf Grenzstreitigkeiten den Überblick von Hausmann 1994. 190 Vgl. hierzu unten Kap. V.3 („Streit um Grenzen – Streit um Karten“). 191 *Du Mont (Bearb.) 1726–1731; *Du Mont (Hg.) 1739; *Martens 1817–1835; *Martens 1802–1808; *Parry (Hg.) 1969–1986. Du Mont behandelt den Zeitraum von 800 bis 1730, Martens behandelt in den uns betreffenden Serien die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts und

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Neben den beschriebenen ‚Grenzbetreffen‘ stellen Karten die zweite zentrale Quellengruppe für die Geschichte territorialer Grenzen und Grenzziehungen dar.192 Vielfach stammt das in den Archiven lagernde Kartenmaterial ursprünglich aus den beschriebenen Akten, wurde aber aus konservatorischen Gründen separiert. Die meist handgezeichneten Karten stehen in engem inhaltlichen Zusammenhang mit den verbalen Grenzbeschreibungen und anderen Schriftstücken der betreffenden Akten, sind aber nicht lediglich als Illustrationen der schriftlich festgehaltenen Sachverhalte zu werten. Vielmehr besitzen sie eine eigene Sprache, Argumentationsweise und Aussagekraft, deren Untersuchung einer spezifischen Methodik bedarf. Wenngleich die kartographiehistorische Forschung und die landesgeschichtlich orientierte Historische Geographie seit Jahrzehnten historische Altkarten erforscht und ausgewertet haben, hat sich die allgemeine Geschichtswissenschaft ihnen erst in jüngerer Zeit im Zuge von ‚spatial‘ und ‚pictorial turn‘ verstärkt zugewandt.193 Zwar wird in diesem Zusammenhang nicht immer zu Recht postuliert, dass mit den kulturgeschichtlichen Forschungen zur Kartographie gleichsam weiße Flecken erschlossen werden,194 doch unterscheidet sich der historisch-kulturwissenschaftliche Blick auf Karten deutlich von den ursprünglichen Ansätzen der Kartographiegeschichte und der die „Consolidated Treaty Series“ setzt 1648 ein. Letztere ersetzt Teile von Du Mont sowie vollständig Martens, zumindest hinsichtlich der Vertragstexte, nicht aber hinsichtlich der gelegentlich abgedruckten Protokolle. Weiterhin zutreffend ist die Bemerkung von Gerlich 1986, S. 310: „Das Vertragswesen der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Territorien bedarf noch der eingehenderen Erforschung seiner rechtlichen und landesgeschichtlichen Eigenart“, Gerlich 1986, S. 310; vgl. in jüngerer Zeit Schuh 1995; Gräf 2014; außerdem die noch ungedruckte Habilitationsschrift von Weber 2007. 192 Vgl. zur Kartographiegeschichte das maßstabsetzende Handbuch von Harley u. a. (Hg.) 1987– 2007; außerdem als nützliches Nachschlagewerk Kretschmer/Dörflinger/Wawrik (Bearb.) 1986; knappe Einführungen bieten in jüngerer Zeit u. a. Schneider 2004; Black 2005; Kupčik 2011. 193 Der bisherige Stellenwert von Karten in der geschichtswissenschaftlichen Forschung zeigt sich nicht zuletzt darin, dass sie in den klassischen Einführungen allenfalls im Zusammenhang mit der Nachbardisziplin Historische Geographie kurz erwähnt werden, vgl. etwa Brandt 2007, S. 24, 26 („Sonderquelle“); Opgenoorth/Schulz 2010, S. 285f. Hinzuweisen ist allerdings auf verschiedene quellenkundliche Beiträge hilfs- und archivwissenschaftlicher Provenienz, Schmitz (Hg.) 1985; Neuheuser (Red.) 1988; Brincken 1988, Ewe 1994; Manschetz 2003; Horst 2008. 194 So spricht schon Heit 1981, S. 126f., mit Blick auf die Erkenntnismöglichkeiten von Altkarten ganz selbstverständlich vom „Raumerlebnis und Raumverständnis des Menschen im Laufe seiner Geschichte“, dem „Wandel in Raumauffassung und Raumdisposition“ und der diesbezüglichen „Ausbildung der kartographischen Abstraktion im Rahmen der Gesamtentwicklung abstrakter Auffassungen und Darstellungen“.

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Historischen Geographie. Während sich erstere traditionell mit der Entwicklung der Kartographie, deren Methoden und Darstellungsformen beschäftigt, also Karten als solche – als „independent objects worthy of study in their own right“ – untersucht,195 nutzt die Historische Geographie Karten vor allem als Quellen zur Rekonstruktion von Kulturlandschaften, befasst sich also mit ihrem Aussagewert hinsichtlich der tatsächlichen Gestalt von Räumen im Zeitverlauf.196 Beide Ansätze haben eine Fülle von grundlegenden Erkenntnissen erbracht, von denen die kulturgeschichtliche Auseinandersetzung mit Altkarten erheblich profitieren kann.197 Sie geht in ihrem Erkenntnisinteresse aber noch einen Schritt weiter und analysiert Karten als Informations- und Bedeutungsträger innerhalb von Kommunikationsprozessen über räumliche Phänomene. Im Mittelpunkt stehen also nicht die Entwicklung des Mediums als solches oder die Faktizität des Dargestellten, sondern Vorstellungen, Wahrnehmungen und Erfahrungen – gleichsam die „Erfindung des Raums“ (Frank Lestringant) sowie deren Um- und Übersetzung in Bild und Schrift.198 In diesem Bereich gibt es vielfältige Überschneidungen und Konvergenzen mit jüngeren Ansätzen der kartographiegeschichtlichen Forschung,199 die sich seit den 1980er Jahren zwar nicht vollständig von ihrem Kerngebiet verabschiedet, aber insgesamt doch neue Wege beschritten hat. Karten werden nunmehr als Bedeutungsträger wahrgenommen, wie die einleitende Definition im ersten Band der „History of Cartography“ von 1987 erkennen lässt: „Maps are graphic representations that facilitate a spatial understanding of things, concepts, conditions, processes, or events in the human world.“200 Die sich hieraus für die Interpretation 195 Blakemore/Harley 1980, S. 1. 196 Vgl. u. a. Aymans 1985; Burggraaff 1988; Fehn 1988; Fehn 2008; vgl. auch die detaillierte Studie von Recker 2003 zum Quellenwert von Altkarten für die historisch-geographische Forschung am Beispiel der Verkehrswege im Rheinland bis 1850. 197 Vgl. die internationale Bibliographie *Bibliotheca cartographica 1957–1972 und deren Fortsetzung *Bibliographia Cartographica 1975ff., die jeweils auch die Geschichte der Kartographie berücksichtigen; sowie die Literaturberichte zur historischen Kartographie in den „Blättern für deutsche Landesgeschichte“, Fehn 1976–1991. Die früheren Literaturberichte in dieser Zeitschrift befassen sich ausschließlich mit ‚historischen‘ oder ‚geschichtlichen Atlanten‘ und nicht mit Altkartenforschung. Zur Bedeutung von Geschichtskarten als Erkenntnismittel der historischen Forschung vgl. u. a. Kläui 1950. 198 Vgl. als Anregung aus anderen disziplinären Kontexten Büttner 2000; Dünne 2011; Michalsky 2011b; Lestringant 2012. 199 Zunehmend weniger hingegen mit der Historischen Geographie, vgl. Recker 2003, S. 224f. 200 Harley/Woodward (Hg.) 1987, S. XVI. Vgl. auch schon die Definition des Arbeitsbereichs der Kartographiegeschichte bei Blakemore/Harley 1980, S. 13: „The history of cartography is concerned with the developement of maps of all kinds as formal systems for the

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von Karten ergebenden Konsequenzen sind geradezu kopernikanisch: „Maps cease to be understood primarily as inert records of morphological landscape or passive reflections of the world of objects, but are regarded as refracted images contributing to dialogue in a socially constructed world.“201 Karten stellen dementsprechend keine bloße Widerspiegelung der ‚Wirklichkeit‘, also der tatsächlichen topographischen Struktur einer Landschaft oder eines Territoriums, dar, sondern vermitteln in ihrer Anlage und Gestaltung bestimmte Raumvorstellungen und -konzeptionen, sie „sind Konstrukte und schon bei der Wahl des Ausschnitts und des Maßstabs, der Farben und der Symbole beginnt die Konstruktionsarbeit, die den einen Gegenstand privilegiert und den anderen dafür ausblendet.“202 Für die Forschung ergibt sich aus dieser Einsicht notwendigerweise die Forderung nach einer stärkeren Kontextualisierung des untersuchten Kartenmaterials mit Blick auf voraufgehende individuelle oder gesellschaftliche Raumvorstellungen, deren Codierung und gegebenenfalls Transformation im Kartenbild durch den Kartographen sowie schließlich die Decodierung des ‚Kartentextes‘ durch den Benutzer.203 Durch diesen Fokus auf die Menschen hinter den Karten bzw. die menschliche Gedankenwelt in den Karten fügt sich die jüngere Kar­to­gra­phiegeschichte problemlos in die sozial- und kulturgeschichtlichen Diskussionen der allgemeinen Geschichtswissenschaft ein. Wenn nach den genannten Prämissen der jüngeren Kartographiegeschichte Karten nicht lediglich Räume abbilden, sondern diese erst aufgrund der Wahrnehmungen, Vorstellungen und Konzeptionen der Kartographen und ihrer Auftraggeber konstruieren, also – in Löw’scher Terminologie – auf deren Syntheseleistungen basieren, ist nach den Intentionen der ‚Konstrukteure‘ zu fragen. Dies gilt für repräsentative Karten ebenso wie für solche des täglichen Gebrauchs, für gedruckte Welt-, Europa- und Territorialkarten wie für handgezeichnete Augenscheine und Regionalkarten. Die politischen Implikationen frühneuzeitlicher Karten, ihre Funktion als repräsentative Vermittler von Herrschaft und ihre politische Instrumentalisierung in territorialen Auseinandersetzungen werden communication of spatial information, and it focuses on the nature, structures, distribution, and significance of cartographic language within past societies.” 201 Harley 2001b, S. 53. 202 Dipper/Schneider (Hg.) 2006, S. 7. Zur Gestaltung frühneuzeitlicher Karten vgl. ausführlich Dainville 1964; Delano-Smith 2007; außerdem knapp Heyen 1985. 203 Für die Diskussion in der jüngeren Kartographiegeschichte seit den 1980er Jahren waren die methodologischen Überlegungen von John Brian Harley wegweisend, insb. Blakemore/ Harley 1980; Harley 2001b; Harley 2001c; Harley 2001d. Vgl. in der Folge u. a. Scharfe 1990; Wood 1993a; Wood 1993b; Delano-Smith 1996; Edney 1996; Jacob 1996; Monmonier 1996; Vollmar 2003; Wood 2010.

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Einleitung

erst seit einigen Jahren intensiver untersucht.204 Dabei wird allmählich auch die ältere Fokussierung auf gedrucktes Kartenmaterial zugunsten handgezeichneter Karten überwunden, wenngleich der Grad der archivischen Erschließung der betreffenden Bestände recht unterschiedlich ist205 und auch die Erforschung dieser Karten insgesamt noch relativ am Anfang steht.206 Gerade für die Untersuchung herrschaftlichen Raumbewusstseins ist jedoch die Auseinandersetzung mit handgezeichneten Karten unerlässlich. Sie bilden den weitaus größeren Teil der frühneuzeitlichen Überlieferung, können also bei der Analyse schon aus rein quantitativen Gründen nicht ignoriert werden. Darüber hinaus stellen sie in der Regel kleinere Räume dar als gedruckte Karten und sind dementsprechend präziser und detaillierter, was insbesondere für die Frage von Grenzziehungen von großer Bedeutung ist. Und schließlich zeigen sie als Teil der Überlieferung landesherrlicher Verwaltungen auch die internen Diskussionen und Prozesse der Konzeptionalisierung und Erschließung herrschaftlicher Räume. Während gedruckte Karten gewissermaßen das Endprodukt der herrschaftsräumlichen Konstruktion waren, das zu repräsentativen oder propagandistischen Zwecken auf den Markt gebracht wurde, entstanden handgezeichnete Karten in der Regel im Zuge von Verwaltungsabläufen und wurden entsprechend den politischen Vorgaben, Ereignissen und Übereinkünften angepasst sowie aufgrund neuer Techniken aktualisiert. Mit Karten, Grenzbeschreibungen, Umgangs- und Zeugenprotokollen und anderen im Zuge der Beschreibung und Markierung territorialer Grenzen 204 Vgl. u. a. Dainville 1970; Buisseret (Hg.) 1992; Biggs 1999; Gordon/Klein (Hg.) 2001; Fiorani 2005; Stercken 2006; Kagan/Schmidt 2007; Katajala 2011; Stercken 2011; Baumgärtner/Stercken (Hg.) 2012; Branch 2013; Baumgärtner (Hg.) 2014; Rutz 2014; Rosen 2015; Ruch 2015. 205 Vgl. für unseren engeren Untersuchungsraum die vorbildlichen Repertorien der Staatsarchive Nürnberg und Bamberg, *Fleischmann (Bearb.) 1998; *Winkler (Bearb.) 2005; für Franken außerdem *Tiggesbäumker 1983; *Tiggesbäumker 1988; für die Staatsarchive München, Amberg und Neuburg a. d. Donau *Krausen (Bearb.) 1973, ergänzend hierzu jetzt Horst 2009, Bd. 2, mit Abbildungen, aber ohne Konkordanz. Anschauliches Material liefern außerdem verschiedene Überblickswerke und Ausstellungskataloge, vgl. für Bayern Wolff 1988; Leidel/Franz (Bearb.) 1998; Leidel (Bearb.) 2006; für Franken Bonacker 1959; Schnelbögl 1966; Vollet 1977; Tiggesbäumker (Hg.) 1984; Tiggesbäumker (Hg.) 1986; Vollet 1988; Schiermeier 2006. Für die staatlichen Archive im Rheinland und in Westfalen liegen weder Repertorien noch Ausstellungskataloge vor. Umso wichtiger sind die auf das Kartenmaterial in Düsseldorf bzw. Duisburg, Münster und Koblenz zurückgreifenden Überblickswerke von Behr/Heyen (Hg.) 1985; Hellwig 1985; vgl. außerdem *Behr (Hg.) 1984; Mielke (Red.) 1988, S. 57–121; sowie die Bestandsübersichten und Ausstellungskataloge verschiedener Stadtarchive, *Krudewig 1902; Kleinertz (Bearb.) 1977; Prieur/Aymans 1987; Looz-Corswarem/Wehofen 1998. 206 Hierauf verweist nachdrücklich auch Horst 2008, S. 327, 351, 357.

Quellenlage

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generierter Dokumente landesherrlicher Provenienz stehen in der vorliegenden Untersuchung Quellen im Mittelpunkt, die sich aufgrund ihrer textuellen Beschaffenheit besonders für eine kulturgeschichtliche Analyse eignen. Sie fixieren das Wissen um die räumlichen Aspekte von Herrschaft sowie die diesbezüglichen Vorstellungen und Ambitionen der Landesherren und ihrer Administrationen und dokumentieren die Handlungen, die zur materiellen und symbolischen Aneignung dieses Raums vorgenommen wurden.

I. Grenzenlose Herrschaft? Herrschaft und Raum im Mittelalter

Die Geschichtswissenschaft neigt zur Periodisierung. Den so konstruierten Epochen wird dabei eine Eindeutigkeit und Unverwechselbarkeit zugeschrieben, die in vielerlei Hinsicht den Ambiguitäten der historischen Realität widerspricht. So kann auch das Problem territorialer Grenzziehungen nicht als ausschließlich frühneuzeitliches behandelt werden. Vielmehr müssen die Grundlagen der vormodernen ‚Staatsbildung‘, zu denen nicht zuletzt die Definition von Herrschaftsräumen in Form von Grenzen gehört, auch für das Mittelalter aufgezeigt werden. Und zwar nicht nur für die Zeit der Territorialisierung seit dem späten Mittelalter, sondern auch für die Jahrhunderte zuvor. Denn bereits im frühen und hohen Mittelalter lassen sich territoriale Grenzen nachweisen, die in eine längerfristige Entwicklung bis in die Neuzeit einzubinden sind. Ob diese nun kontinuierlich oder diskontinuierlich gewesen ist, wird am Ende dieses ersten Teils der Arbeit diskutiert. Zunächst geht es darum, vor dem Hintergrund der älteren, gleichwohl bis heute nachwirkenden Debatte um die ‚Staatlichkeit‘ mittelalterlicher Herrschaft die Raumbezogenheit derselben zu erörtern und die zentralen Elemente vormoderner (Flächen-)Herrschaft, wie sie im Mittelalter greifbar sind, zu benennen. Ausführlicher sollen schließlich die Belege für territoriale Grenzen in Früh- und Hochmittelalter untersucht werden.

1. Mittelalterliche Herrschaft zwischen Land, Staat und Territorium Die Begriffe Land, Staat und Territorium bezeichnen die zentralen Fixpunkte einer die Rechts-, Verfassungs- und Landesgeschichte seit dem 19. Jahrhundert umtreibenden Debatte über die ‚Staatlichkeit‘ der mittelalterlichen Herrschaften im Reich. Es handelt sich dabei um den – vergeblichen – Versuch, ein Phänomen zu definieren und zu kategorisieren, dass sich jeder Definition und Kategorisierung durch schier unendliche Variationen in regionaler, aber auch in chronologischer Hinsicht entzieht. Jedes anhand eingehender Fallstudien in einer Region des Reiches entwickelte Modell lässt sich mit Beispielen aus anderen Regionen falsifizieren oder zumindest differenzieren. Folglich gibt es „d e n deutschen Territorialstaat“ (Fritz Hartung) oder „den Regelfall eines deutschen Territoriums“ (Peter Moraw) nicht.1 „Die Landesstaaten des Spätmittelalters 1

Zit. nach Schubert 2006, S. 52; vgl. mit Blick auf die frühneuzeitlichen Territorien auch Bahlcke 2012, S. 61f.

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sind individuelle Gebilde und entziehen sich deshalb der Definition mittels allgemeiner Begriffe.“2 Es ist also kaum verwunderlich, dass die letzte Gesamtdarstellung der spätmittelalterlichen deutschen Fürstentümer bereits vor über einem Jahrhundert, nämlich 1912, erschienen ist3 und jüngere Überblickswerke eher additiv vorgehen, indem sie entweder Einzeldarstellungen zu den Territorien versammeln4 oder die unterschiedlichen Komponenten fürstlicher Herrschaft im Mittelalter diskutieren, die sich aus der Vielzahl von landesgeschichtlichen Einzelstudien als variables Set für eine Definition herauskristallisiert haben.5 In der älteren Forschung lässt sich eine Tendenz erkennen, die Begriffe Territorium bzw. Territorialstaat als Bezeichnung für die fürstliche Landeshoheit immer weiter ins Mittelalter zurück zu projizieren.6 Während Autoren wie Leopold von Ranke, Heinrich von Treitschke oder auch Karl Lamprecht noch deutlich die Vorstaatlichkeit von ‚Territorium‘ betonten und den Übergang zum ‚Staat‘ erst mit dem Westfälischen Frieden gegeben sahen, wurden die mittelalterlichen Herrschaftsverhältnisse seit dem späten 19. Jahrhundert zunehmend mit territorialer Staatlichkeit in Verbindung gebracht. Der Begriff Landeshoheit, der in der staatsrechtlichen Diskussion als ‚superioritas territorialis‘ erst seit dem frühen 17. Jahrhundert eine Rolle spielt,7 diente dementsprechend zur Kennzeichnung der zur Flächenstaatlichkeit weiterentwickelten mittelalterlichen Herrschaft. Die Quellen dieser Zeit kennen freilich den Begriff Landeshoheit ebensowenig wie den der Landesherrschaft, den die Forschung schließlich kontrastierend verwendete, um eine frühere Stufe mittelalterlicher Herrschaft zu kennzeichnen. Im 13. Jahrhundert sei die vor allem durch die Hochgerichtsbarkeit bestimmte Landesherrschaft als eine bis in karolingische Zeit zurückreichende Form der Fürstenherrschaft von der Landeshoheit abgelöst worden. Dieser Qualitätssprung fürstlicher Herrschaft im Hochmittelalter lässt sich – in reichsgeschichtlicher 2 3

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Schlesinger 1963a, S. 51. Kaser 1912, S. 259–434, zu Grenzen knapp S. 432. Der Autor beurteilt die Entwicklung der Territorien teleologisch mit Blick auf die Ausbildung eines zentralistisch verwalteten modernen Staates. Im Gegensatz zu dem diesbezüglich sehr negativ beurteilten Reich, erkennt der Autor in den Territorien zahlreiche ‚moderne‘ Ansätze: „Man kann sich den Gegensatz nicht schroffer denken: im Reiche Stillstand und Verwesung, in den Territorien zunehmende Gesundung, das Emporblühen eines modernen Staatslebens“ (S. 260). Köbler 2007; für die Frühe Neuzeit mit der entsprechenden Vorgeschichte auch Schind­ling/Ziegler (Hg.) 1989–1997. Willoweit 1983, S. 66–81; Gerlich 1986, S. 279–297; Schubert 2006, S. 61–80. Vgl. zum Folgenden zusammenfassend Schubert 2006, S. 52–61; vgl. auch knapp Schubert 1991; außerdem als entschiedene Kritik am Territorialisierungsparadigma Groten 2014, insb. S. 194–196. Willoweit 1975, S. 121–137.

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Perspektive – mit der „Confoederatio cum principibus ecclesiasticis“ und dem „Statutum in favorem principum“ verbinden, die 1220 und 1232 von König Friedrich II. bzw. seinem Sohn Heinrich (VII.) zugunsten der Fürsten erlassen wurden.8 Adolf Gasser revidierte 1930 diese Sichtweise insofern, als er zwar die Unterscheidung von Landesherrschaft und Landeshoheit als Verdichtungsstufen von Herrschaft verteidigte, die Landeshoheit aber erst als Phänomen des späten 15. Jahrhunderts ansah. Allerdings setzte er sich damit nicht durch.9 Überhaupt blieb die sachliche Bestimmung der Begrifflichkeiten reichlich vage, so dass kein Konsens über eine einheitliche Definition erzielt werden konnte. Überlagert wurde diese Diskussion durch die Karriere eines 1935 von Theodor Mayer geprägten Begriffspaares, das an die grundsätzliche Unterscheidung einer frühmittelalterlichen Landesherrschaft und einer seit dem Hochmittelalter ausgebildeten Landeshoheit anknüpfte, diese vagen Termini aber durch eindeutiger und plastischer formulierte Begriffe ersetzte.10 Laut Mayer lässt sich der ‚Staat‘ des frühen Mittelalters weitgehend als ein „Personenverbandsstaat“ charakterisieren, das heißt als ein vor allem durch lehnsrechtliche Beziehungen zwischen Fürsten und gleichberechtigten oder auch abhängigen Teilhabern obrigkeitlicher Gewalt gegründetes Herrschaftsgeflecht. Demgegenüber basierte der „institutionelle Flächenstaat“, der sich laut Mayer seit dem 11. und 12. Jahrhundert „neben und im Gegensatz zum Bauprinzip des Personenverbandsstaates“ ausbildete,11 auf einer den Raum durchdringenden Verwaltung. Im Übergang von der einen zur anderen Organisationsform von Herrschaft sieht Mayer den eigentlichen Ursprung des modernen Staates. Die bei Mayer angelegte und in der Rezeption seiner Begriffsbildung noch verstärkte Dichotomie von personellen und raumbezogenen Elementen von Herrschaft, von Personenverband und Fläche, und die zugrundeliegende Chronologie wurden bereits von Walter Schlesinger kritisiert. Er wies darauf hin, dass Herrschaft schon im frühen Mittelalter durchaus flächengebunden war und eben nicht nur eine Herrschaft über Leute, sondern auch über   8 Zu den beiden Urkunden vgl. Wolf 1986; Koch 1997.   9 Die vielfach neu aufgelegte Rechtsgeschichte von Mitteis/Lieberich 1992, S. 261–278 (Kap. „Landesherrschaft und Landeshoheit“), verwendet die ursprüngliche zeitliche Stufung noch in den frühen 1990er Jahren; der Übergang von der einen zur anderen Form wird S. 273 in das 14. Jahrhundert datiert. Vgl. dagegen Merzbacher 1978; Sellert 1978; Schubert 2006, S. 56. 10 Zunächst exemplifiziert am Beispiel der Zähringer in Schwaben, Mayer 1959, insb. S. 351f.; dann in einem größeren Rahmen betr. „die Ausbildung der Grundlagen des modernen deutschen Staates im Hochmittelalter“, Mayer 1956, insb. S. 293f.; vgl. hierzu Karp 1972, S. 162f.; Schubert 2006, S. 57f. 11 Mayer 1959, S. 352.

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Land darstellte.12 Ganz ähnlich konstatierte Otto Brunner, dass Mayer „Organisationsformen“ namhaft gemacht habe, „die dauernd nebeneinander, gegeneinander, miteinander wirksam sind, die sich gegenseitig beeinflussen, von der jede stets im Hinblick auf die andere gesehen werden muß.“13 Der von Mayer mit Blick auf die Verräumlichung von Herrschaft postulierte Wandel im Hochmittelalter ist zudem mit Karl Bosl insofern zu relativieren, als Fläche und Raum nicht erst jetzt als neues Herrschaftselement hinzukamen. Vielmehr hätten sich in dieser Zeit die persönlichen Lehnsbeziehungen gelockert, so dass die zuvor bereits vorhandenen räumlichen Aspekte von Herrschaft zunehmend an Gewicht gewinnen konnten.14 Dementsprechende Bedeutung gewinnt die adjektivische Präzisierung des Begriffes ‚Flächenstaat‘, der schon von Mayer als ein ‚institutioneller‘ gedacht wurde. Mit diesem Zusatz erscheint der Begriff – um noch einmal Schlesinger zu zitieren – „nicht nur in erhöhtem Maße auf den Raum bezogen, also verdinglicht und verdichtet, sondern zugleich versachlicht“.15 Trotz Kritik und Differenzierung ist das Mayer’sche Paradigma bis heute in der Forschung wirksam, wobei die ursprünglich auf Früh- und Hochmittelalter bezogene Begriffsbildung immer stärker zu einer Dichotomie zwischen Mittelalter und Neuzeit umgedeutet wird. Dabei werden personenverbandliche Prinzipien mit dem Mittelalter assoziiert16 und der neuzeitliche Staat ausschließlich von 12 Schlesinger 1963b, S. 21: „Man sollte […] nicht schlechthin von einem ‚Personenverbandsstaat‘ sprechen, wenn man darunter den Gegensatz zu dem den Raum erfassenden ‚Flächenstaat‘ versteht. Herrschaft und Genossenschaft als die beiden Grundformen mittelalterlichen deutschen Gemeindelebens sind gewiß nicht nur persönlich gedacht, sondern auch persönlich gestaltet gewesen, dies kann gar nicht scharf genug betont werden. Aber diese persönliche Gestaltung steht nicht in erster Linie im Gegensatz zu einer flächenhaften Gestaltung, die sie vielmehr einschließt, sondern zur institutionellen Gestaltung des Staates als einer Anstalt, wie sie sich endgültig erst in der Neuzeit ausgebildet hat, während das Element der Flächenhaftigkeit und Bodengebundenheit den politischen Ordnungen des Mittelalters ebenso wie denen der Neuzeit innewohnt, wenn auch nicht in gleicher Intensität.“ Vgl. auch Schlesinger 1963a, S. 43f., 48. 13 Brunner 1980, S. 189. Vgl. in diesem Sinne auch Droege 1969, S. 148f. Schubert 2006, S. 58, erkennt dieses Mit- und Gegeneinander dagegen v. a. im Spätmittelalter, „in einer Zeit, in der über die Bildung von Ämtern erste flächenstaatliche Momente in die fürstliche Herrschaft eindringen, ohne aber die nach wie vor starken personalen Strukturen des Herrschaftsaufbaus in den Hintergrund zu drängen.“ 14 Bosl 1961, S. 11. 15 Schlesinger 1963a, S. 43f. 16 Vgl. diesbezüglich die scharfe Kritik von Schneidmüller 2000, S. 35: „Die deutsche Mittelalterforschung neigt dazu, zuvorderst Personenverbände in den Blick zu nehmen und Herrschaft als Herrschaft über Menschen zu beschreiben. Diese Tradition setzt sich bis in die neuere Sozialgeschichte fort […]. Räumliche und institutionelle Elemente werden […]

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der Fläche her gedacht, dem 15. Jahrhundert hingegen kommt in diesem Modell der Status einer Übergangsperiode zu.17 Jedoch begegnen im Mittelalter ebenso räumliche Komponenten von Herrschaft wie in der Frühen Neuzeit personenverbandliche Aspekte.18 Anstatt also Mittelalter und Frühe Neuzeit hinsichtlich der herrschaftlichen Verfasstheit dichotomisch einander gegenüberzustellen, wäre es sinnvoll, die Ambivalenz des Befundes anzuerkennen und herauszustellen, dass es mit Blick auf die Bedeutung personenverbandlicher bzw. räumlicher Komponenten von Herrschaft keine epochale Eindeutigkeit gibt. Das Mittelalter war nicht ausschließlich personenverbandlich organisiert, sondern es existierten durchaus Vorstellungen und praktische Umsetzungen von räumlicher Herrschaft. In der Frühen Neuzeit hingegen blieben neben den zweifelsohne wichtigen flächenstaatlichen Elementen auch personenverbandliche Herrschaftskomponenten bedeutsam, ja sie waren in manchen Regionen sogar dominierend.19 In diesem Zusammenhang ist auf den weitgehend unbeachtet gebliebenen Vorschlag Hans Hubert Hofmanns zu verweisen, der die sich im Spätmittelalter entwickelnde und in der Frühen Neuzeit vollausgebildete Form der Landesherrschaft als weitgehend vernachlässigt. Erst neuerdings gewinnt die gefolgschaftsverliebte und personenverbandsbezogene deutsche Forschung, die sich vormoderne Staatlichkeit nur aus ihren Erfahrungen verspäteter Staatlichkeit im 19. Jahrhundert vorzustellen mochte, zaghaften Anschluß an die internationale Diskussion.“ Vgl. in diesem Zusammenhang die kontrovers diskutierte ‚regna-Theorie‘, zusammenfassend Werner 1994; hierzu auch unten Kap. I.3.2 („Grenzen im frühen und hohen Mittelalter“); als jüngere Beispiele einer stärker raumorientierten Mediävistik vgl. die Monographien von Lubich 1996; Bauer 1997; Ehlers 2007; Weber 2011a; und jüngst mit besonderem Fokus auf die Entstehung von Herrschaftsräumen durch soziale Praxis Türck 2013. 17 Vgl. etwa Schubert 1991, Sp. 1655: „Die mittelalterliche Kontinuität der Landesherrschaft liegt in den personalen Beziehungen, die diese zu Land und Leuten, zum Adel und zu kirchlichen Gemeinschaften entwickelte. Erst unter Lockerung dieser personalen Bindungen mit dem Neuansatz der Landessteuer im 15. Jahrhundert, die notwendigerweise eine Tendenz zur Flächenherrschaft ebenso wie zur Bildung von Untertanenverbänden hatte, konnte das mittelalterliche Fürstentum Wegbereiter neuzeitlicher Staatlichkeit werden.“ Vgl. auch Akashi/ Stauber 2006, Sp. 1115; Schubert 2006, S. 58. 18 So auch Böckler 2003, S. 190f.; Gotthard 2007, S. 55–59. Auch Khan 2004, S. 15, betont, dass „die Vorstellung einer territorialen Radizierung von Herrschaft kein originelles Charakteristikum des sog. ‚institutionellen Flächenstaates‘ ist, sondern durchaus bereits das Selbstverständnis der karolingischen, sächsischen und ottonischen Regenten prägte“. 19 Vgl. Böckler 2003, S. 192: „Umgekehrt waren auch noch die fortgeschrittensten Repräsentanten moderner Staatlichkeit bis weit in die Neuzeit stark von personenverbandlichen Herrschaftsprinzipien geprägt und hat sich das territoriale Prinzip endgültig erst mit der Durchsetzung des modernen Nationalstaates, d. h. im Rahmen einer spezifischen Synthese von Raum, politischer Herrschaftsordnung und kultureller Legitimation, verallgemeinert.“

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„institutionellen Personenverbandsstaat“ kennzeichnet. Dieser Terminus vereinigt die Charakteristika der dichotomischen Begriffsbildung Mayers, um anzuzeigen, dass die betreffenden Territorien – Hofmann bezieht sich auf die ‚territoria non clausa‘ in Franken – „in der Entwicklung vom einen zum anderen steckengeblieben sind.“20 Die gängige Interpretation frühneuzeitlicher Staatlichkeit behauptet mit Blick auf den Charakter der Epoche als „Inkubationszeit“ bzw. „Musterbuch der Moderne“ freilich das Gegenteil und registriert die personenverbandlichen Prinzipien kaum.21 In den Vordergrund gestellt wird das Territorialprinzip, alles andere erscheint als anachronistische Ausnahme.22 Betrachtet man die Sprache der Quellen,23 fällt auf, dass zwar bereits im Hochmittelalter regelmäßig Raumbegriffe wie ‚terra‘, ‚lant‘ oder ‚territorium‘ begegnen.24 Bis in das 12. Jahrhundert hatten sie allerdings keine politische Konnotation, sondern meinten schlichtweg die Erdoberfläche, ein bestimmtes geographisch spezifiziertes Gebiet oder natürlich das zu bewirtschaftende Land. Seit dem 12. Jahrhundert wurden die Begriffe auch im Kontext von Herrschaft und Recht verwandt, sie bezeichneten aber zunächst weiterhin nur bedingt territorial-räumliche Einheiten.25 Während die ältere Forschung in Begriffsbildungen wie etwa „dominus terrae“ oder „terra Coloniensis“ schon im 12. Jahrhundert eindeutige Hinweise für das Vorhandensein von Territorien im Sinne von geschlossenen Herrschaftsbereichen eines Fürsten respektive Landesherren sah, ist man heute vorsichtiger.26 Bereits Brunner hatte sich freilich gegen einen solchen anachronistischen Staatsbegriff gewandt. In seinem epochemachenden Werk „Land und Herrschaft“ identifiziert er ‚terra‘ zwar ebenfalls als politische Raumbezeichnung. Er setzt den Begriff aber nicht mit Territorium oder Staat gleich, sondern sieht darin das lateinische Äquivalent von ‚lant‘, das er zum Leitbegriff für sein Modell 20 Hofmann 1971, S. 269 mit Anm. 22. 21 Vgl. für die Zitate Münch 1984, S. 15; Schulze 1993, S. 9. 22 Gegen solche, das Mittelalter als prinzipiell rückständig ausblendende Vereinfachungen hat sich vor einiger Zeit Reynolds 2003, S. 550, gewandt: „Some historians who specify what they see as the defining characteristics of states in their period seem to start from what they think was new or important in that period […]. All this is fair enough in describing the characteris­ tics of particular sorts of states, though the novelty of the chosen characteristics sometimes suggests that ideas about earlier polities come from old textbooks.” 23 Vgl. zum Folgenden Gerlich 1986, S. 281–283; Reinle 1997; Bünz 2005, S. 68–73; Schubert 2006, S. 52–55. 24 Zu den eindeutiger herrschaftlich-territorial konnotierten Begriffen ‚comitatus‘ (Grafschaft), ‚ducatus‘ (Herzogtum), ‚regnum‘ (Reich) und ‚principatus‘ (Fürstentum) vgl. unten Kap. I.3 („Grenzen im Mittelalter“). 25 Vgl. allg. zum Wandel der Raumwahrnehmung im 12. Jahrhundert Gautier Dalché 1998. 26 Zum Begriff ‚terra‘ vgl. zusammenfassend Reinle 1997; Schubert 2006, S. 54f.

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mittelalterlicher Herrschaft erhebt.27 ‚Land‘ sei durch einheitliches Recht, das Landrecht, charakterisiert, nach dem die Landesgemeinde, also der regionale Personenverband der adligen Grundherren, lebte.28 In dieser Rechtsgemeinschaft sei der Fürst die mächtigste, aber nur eine der wirkenden Kräfte. Das Land ist also nach Brunner „eine Einheit unabhängig von einem Herrn, und jedenfalls ist seine Einheit nicht allein vom Landesherrn begründet.“29 Wie die jüngere Diskussion gezeigt hat, ist die politische Konnotation des Begriffes, wie Brunner sie für seinen engeren Untersuchungsraum, den bayerischen und österreichischen Ländern, belegen konnte, allerdings nicht oder kaum greifbar.30 In anderen Teilen des Reiches verweist ‚lant‘ auf ein geographisch und landsmannschaftlich geprägtes Verständnis der Zeitgenossen von Region und regio­nalen Eigenheiten, etwa den Landessitten („landsit“), die für „Land und Leute“ charakteristisch waren.31 Auch dem lateinischen ‚terra‘ eignet ein breites Bedeutungsspektrum, wobei hier die herrschaftsräumliche Komponente gelegentlich etwas deutlicher hervortritt: So meinte ‚terra‘ in Friesland einen Friedensbereich, der sich aus mehreren Kirchspielen zusammensetzte, in Mecklenburg und am Mittelrhein wurden mit dem Begriff Vogteibezirke benannt. In der Steiermark konnte ‚terra‘ tatsächlich schon im 12. Jahrhundert einen ‚ducatus‘ bezeichnen, während der Terminus am Niederrhein sowohl als Synonym für ‚comitia‘ bzw. ‚comitatus‘ wie auch für das recht unbestimmte ‚districtus‘ gebraucht wurde.32 27 Brunner 1939; vgl. hierzu in jüngerer Zeit Weltin 1990; Bünz 2005, S. 58–68; Hechberger 2005, S. 455–458; Schubert 2006, S. 59–61. 28 „Vom Lande ist zu sagen: Es stellt eine Rechts- und Friedensgemeinschaft dar, die durch ein bestimmtes Landrecht geeint ist. Träger dieser Rechts- und Friedensgemeinschaft ist das Landvolk, sind die Landleute, die den politischen Verband des Landes bilden.“ Das Landrecht „ist ein Recht grundbesitzender Leute, konkrete Ordnung eines agrarischen Verbandes, einer ländlichen Siedlungsgemeinschaft im weiteren Sinn“, Brunner 1939, S. 270f.; vgl. insg. S. 195–276 (Kap. „Land und Landrecht“). Zur begrifflichen Kongruenz von Landesgemeinde und Personenverband vgl. auch Weltin 1990, S. 370f. 29 Brunner 1939, S. 213. 30 Vgl. die bei Hechberger 2005, S. 456–458; Schubert 2006, S. 60, genannte Literatur. Eine grundsätzliche Überprüfung von Brunners Landesbegriff außerhalb seines engeren Untersuchungsraums steht freilich noch aus, Weltin 1990, S. 376; Bünz 2005, S. 65f.; Schubert 2006, S. 60. Das Modell Brunners wurde für das Rheinland allerdings schon früh aufgegriffen von Droege 1969; vgl. differenziert auch Nikolay-Panter 1983. Zum süddeutsch-österreichischen Raum im Anschluss an Brunner vgl. Brauneder 1996. 31 Schubert 2001, S. 50; Schubert 2006, S. 60f. 32 Die Beispiele mit Verweis auf die betreffende Literatur bei Schubert 2006, S. 55. Vgl. ergänzend für die Grafschaft Luxemburg Reichert 1992, S. 260f.; für das Rheinland Groten 2014, S. 203–205.

Elemente vormoderner (Flächen-)Herrschaft

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Aufgrund dieser Bedeutungsvielfalt hat sich in jüngerer Zeit besonders Ernst Schubert dezidiert gegen das Postulat der älteren Forschung ausgesprochen, ‚terra‘ bezeichne einen festgelegten Herrschaftsbereich. Wie die vielfältigen in der Literatur zusammengetragenen Belege zeigten, sei es vielmehr ein „Allerweltswort“, das weder eine rechtlich definierte Fläche, also ein Territorium, noch ein Land im Sinne Brunners definierte.33 Auch Manfred Groten interpretiert ‚terra‘ weniger räumlich als vielmehr rechtlich abstrakt: „Land ist kein Anschauungsbegriff, sondern ein Ordnungsbegriff, der vielfältige empirische Befunde zu einer abstrakten Konzeption zusammenschmelzen konnte.“34 Christine Reinle sieht dagegen zumindest in den Belegen seit dem 14. Jahrhundert einen deutlichen Bezug zum Herrschaftsgebiet als solchem, also der von den ‚domini terrae‘ beherrschten Fläche. Zuvor überwiege der Verbandscharakter, das heißt, der Begriff verweise hier auf eine regionale Rechtsgenossenschaft oder Landesgemeinde. Insgesamt sei aber jeweils zeitlich und regional genau zu differenzieren.35 Gleiches gilt für den Begriff ‚territorium‘, der in den Quellen zwar ebenfalls häufiger begegnet, aber wie ‚terra‘ zunächst keine politischen Implikationen hat, sondern lediglich eine räumliche Zuordnung meint und Grundbesitz bezeichnet.36 Erst seit dem Ende des Hochmittelalters lässt sich gelegentlich eine politisch-territoriale Verwendung nachweisen,37 wenngleich daneben auch weiterhin die ursprüngliche Bedeutung bestehen blieb, mit ‚territorium‘ also nicht zwangsläufig ein politischer Raum gemeint war.

2. Elemente vormoderner (Flächen-)Herrschaft In der modernen Fachsprache hat sich der Terminus ‚Territorium‘ zur Bezeichnung von vormoderner Herrschaft durchgesetzt. Er meint „die Fläche, auf der sich die Akkumulation und die gegenseitige Verschmelzung von recht verschiedenartigen Gerechtsamen vollzogen haben.“38 Welchem dieser Rechte bei der Entstehung der Landesherrschaft die letztlich entscheidende Rolle zukam, bleibt in der Forschung umstritten. Der Versuch einer Beantwortung dieser Frage scheint aber angesichts der Vielfalt territorialer Entwicklungen ohnehin ein recht aussichtsloses 33 34 35 36

Schubert 2006, S. 54. Groten 2014, S. 203. Reinle 1997, Sp. 551; so auch Bünz 2005, S. 70, im Anschluss an Nikolay-Panter 1983. Zum Begriff ‚territorium‘ vgl. zusammenfassend Gerlich 1986, S. 281–283; Schubert 2006, S. 52f. 37 So wird in der bereits erwähnten „Confoederatio cum principibus ecclesiasticis“ von 1220 erstmals „territorium“ synonym mit „iurisdictio“ verwandt, Weise 1967, S. 41. 38 Gerlich 1986, S. 283.

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Grenzenlose Herrschaft?

Unterfangen, an dem schon die frühneuzeitlichen Juristen scheiterten.39 Dementsprechend kann es im Folgenden nicht darum gehen, die Aporien dieser juristischen bzw. rechtsgeschichtlichen Diskussion aufzulösen, auch können die verschiedenen Herrschaftsrechte nicht im Detail und in ihren regionalen Besonderheiten behandelt werden.40 Wichtig ist in unserem Zusammenhang vielmehr ein Überblick über die verschiedenen Rechte mit Blick auf ihren jeweiligen Raumbezug bzw. ihre jeweilige Raumgebundenheit.41 Bei aller Variabilität (spät-)mittelalterlicher Territorialherrschaft im Reich lassen sich die vielfältigen Ausformungen doch auf einige wenige Elemente zurückführen, die an spezifische Rechtsformen gebunden waren und in der Regel einzelnen Herren zustanden. Landesherrschaft stellt sich, um mit Dietmar Willoweit zu sprechen, „zunächst als eine Kumulation von Herrschaftsrechten dar, welche durch die Person des Landesherrn vereinigt werden.“42 Konkret handelt es sich dabei um Grundherrschaft, Gerichtsherrschaft und Regalien. Hinzu kommt eine Reihe von politischen Maßnahmen, die auf eine äußere und innere Stabilisierung der landesherrlichen Herrschaft zielten und das rechtliche Ordnungsgefüge dynamisierten. „Damit ergibt sich annäherungsweise ein Katalog rechtlicher und politischer Instrumente, aus welchen der Territorialstaat des ausgehenden Mittelalters gebildet ist.“43 Die Grundherrschaft kann neben der Gerichtsbarkeit als die wichtigste Herrschaftskomponente dieser Zeit angesehen werden.44 Während im Frühmittelalter Grundherrschaft und Lehnswesen primär Personen erfassten und erst mit ihnen 39 Vgl. hierzu Willoweit 1975, S. 294f. 40 Vgl. zusammenfassend Willoweit 1983, S. 66–81; Gerlich 1986, S. 279–297; Schubert 2006, S. 61–80. Zum „Bündelungsmodell“ und seinen epistemologischen Implikationen vgl. Hechberger 2005, S. 458–462. 41 In der Forschung treten diese Raumbezüge gegenüber den personalen Elementen eher zurück, Hechberger 2005, S. 460f. Vgl. aber Reichert 1992, insb. S. 278–287. 42 Willoweit 1983, S. 67. Kritisch hierzu Schubert 1991, Sp. 1655: „Landesherrschaft also ist nicht als ein Katalog von Rechten zu beschreiben (auch die heutige Formel – sie wäre eine Bündelung von Herrschaftsrechten – hilft nicht weiter), sondern als ein Wandlungen unterliegender dialektischer Prozeß zwischen Fürst und Land und Leuten.“ Dieser Einwand ist sicherlich berechtigt, insofern als der Fürst nicht der einzige Akteur im sich bildenden Territorium war und etwa den Ständen eine wichtige Rolle bei der Formierung territorialer Herrschaftsorganisation zukam. Gleichwohl stellt die Vereinigung verschiedener Rechte in einer Hand und deren Durchsetzung vor Ort in den weiter unten noch zu behandelnden Ämtern einen entscheidenden Schritt im Territorialisierungsprozess dar. 43 Willoweit 1983, S. 67f. 44 Vgl. zusammenfassend Willoweit 1983, S. 68f.; sowie ausführlicher Willoweit 2000; zur Forschungsdiskussion Schubert 2006, S. 61–67; jüngst mit stärker agrarhistorischem Akzent Rösener 2012.

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das Land, war es in späterer Zeit genau umgekehrt: Grundherrschaft stellte ein vom Eigentumsdenken bestimmtes Recht dar, aus dem sich die Herrschaft über die auf dem Land sitzenden Menschen ergab. Herrschaft über Land definierte in diesem Zusammenhang Herrschaft über Menschen, so dass jeder, der sich in einer Grundherrschaft niederließ, der Gewalt des Herrn unterworfen war und die am betreffenden Grundstück haftenden Pflichten (Grundzins, Abgaben, Frondienste, Waffenfolge, Gerichtszwang usw.) übernehmen musste. Im Kleinen zeigt sich hier also ein für den neuzeitlichen Staat bestimmendes Prinzip. Die spätmittelalterliche Realität der Grundherrschaft zeitigte freilich keine geschlossenen räumlichen Herrschaftsbereiche, sondern hatte zur Konsequenz, dass vielfach mehrere Herren in einem Dorf Grund und Eigenleute hatten und es folglich auch auf der kleinsten gesellschaftlichen Organisationsebene keine homogenen Herrschaftsräume gab. Gesichert wurde dieser fürstliche Besitzstand vereinzelt seit dem 13. und zunehmend seit dem 14. Jahrhundert durch Urbare, wie sie aus dem klösterlichen Bereich schon weitaus früher bekannt sind.45 Die Struktur dieser Amtsbücher als Auflistung einzelner Güter und Einnahmen verweist auf den grundsätzlich punktuellen Besitz- und Herrschaftsanspruch der Grundherrschaft, wenngleich die Listen zunehmend nach Ämtern geordnet wurden, also auf eine weiter unten noch zu erläuternde territoriale Verwaltungsstruktur verweisen.46 Mit Blick auf die Entwicklung territorialer Strukturen war darüber hinaus die Gerichtsherrschaft zentral,47 die sich wie die Grundherrschaft zunächst auf bestimmte Personen und dann zunehmend auf bestimmte Gerichtsbezirke bezog. Diese waren allerdings wiederum nicht homogen. Vielmehr differenzierte sich die Gerichtsherrschaft seit dem 13. Jahrhundert entsprechend der sachlichen Zuständigkeit in unterschiedliche Bereiche, wobei Hoch- und Niedergerichte als die entscheidenden anzusehen sind. Durch Vererbung, Veräußerung oder Erwerbung gelangten sie häufig in verschiedene Hände, so dass sich unterschiedliche gerichtsherrschaftliche Räume überlagerten, in denen jeweils mehrere Adlige hoheitliche Aufgaben wahrnahmen. Vielfach lag die sich über mehrere Dörfer und damit einen größeren geographischen Raum erstreckende Hochgerichtsbarkeit in der Hand eines Herrn, während andere die in diesem Bezirk liegenden Niedergerichte inne hatten. Die Inhaber von Hoch- und Niedergerichtsbarkeiten 45 Vgl. die Beispiele bei Patze 1970/71, S. 28–33; Schubert 2006, S. 63f. 46 Vgl. als Beispiele die Urbar-Editionen von *Faussner/Grote (Hg.) 1983; *Diefenbacher 1985. Die Ämter bilden auch in den Hof- und Staatskalendern des 18. Jahrhunderts das vorherrschende Gliederungsprinzip bei der Beschreibung eines Territoriums, Christ 1996, S. 189. 47 Vgl. zusammenfassend Willoweit 1983, S. 69f.; zur Forschungsdiskussion Schubert 2006, S. 67–70.

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standen jedoch nicht zwangsläufig in einem hierarchischen Verhältnis zueinander, das möglicherweise eine künftige Staatsbildung determiniert hätte. Im Gegensatz zur älteren Forschung, die in der Hochgerichtsbarkeit den zentralen Inhalt der Landeshoheit sah, ist mittlerweile auch die grundsätzliche Bedeutung der Niedergerichtsbarkeit für die flächendeckende Durchsetzung fürstlicher Herrschaft erkannt worden.48 Denn sie reichte buchstäblich bis in jedes Dorf und bildete damit das zentrale Instrument der Herrschaftsausübung vor Ort. Die „herrschaftsspezifische Differenzierung der Gerichtsbarkeit“, also die Aufteilung dieses Rechts auf verschiedene Herrschaftsträger, war insbesondere in Franken mehr oder weniger die Regel.49 In den großen Territorien Bayern und Sachsen finden sich dagegen verbreitet auch „Zonen geschlossener Gerichtsherrschaft“.50 Mit der Etablierung von Appellationsinstanzen (Oberhöfe, Hofgerichte) im 15. Jahrhundert entwickelte sich eine nunmehr tatsächlich territorial ausgerichtete Gerichtsherrschaft. Die in unterschiedlichen Händen liegenden lokalen Gerichtsrechte wurden damit der zentralen Instanz des Landesherren unter- und dem jeweiligen Territorium zugeordnet.51 Grund- und Gerichtsherrschaft wurden ergänzt durch eine Reihe weiterer Rechte, die in zweifacher Weise die Herrschaftsbildung beeinflussten.52 Zum einen intensivierten Münzrecht, Jagdrecht, Judenregal und Bergregal die Herrschaft dort, wo der Landesherr durch Grund- und Gerichtsrechte ohnehin schon über eine gewisse Konzentration von Befugnissen verfügte. In Auseinandersetzungen mit konkurrierenden Herrschaftsträgern konnte diese Akkumulation von Herrschaftsrechten entscheidend sein und der Besitz eines ganzen Bündels von Rechten zur Beanspruchung und Legitimierung der Landesherrschaft als solcher angeführt werden. Zum anderen wurde der Einflussbereich eines Herrschaftsträgers durch bestimmte Regalien über die engeren Grenzen seiner Grund- und Gerichtsherrschaft hinaus erweitert. So reichte etwa das Geleitsrecht vielfach in fremde Herrschaftsgebiete hinein oder durch diese hindurch und eignete sich, um

48 Vgl. Schubert 2006, S. 67f. 49 Willoweit 1983, S. 70: „Besonders in den fränkischen Gebieten gestalten sich die Machtverhältnisse begreiflicherweise ungleichartig und können im Rahmen der Territorienbildung auf der Basis dieser oder jener Gerichtsrechte zur Staatlichkeit führen.“ Vgl. in jüngerer Zeit die Studie zu dem der Grafschaft Castell zugehörigen Zentgericht Burghaslach von Schultheiss 2007, zur Frage der Territorialität S. 110–147. 50 Willoweit 1983, S. 70; zur Gerichtsorganisation in Bayern vgl. Hiereth 1950; Sagstetter 2000; für Sachsen Lück 1997. 51 Schubert 2006, S. 69f. 52 Vgl. zusammenfassend Willoweit 1983, S. 70f.

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landesherrliche Qualitäten wie Schutz und Schirm zu demonstrieren.53 Auch der Bann als Gebots- oder Befehlsgewalt konnte sich durchaus über die Grenzen der eigenen Grund- und Gerichtsherrschaft hinaus erstrecken, wie etwa der Burg­ bann oder die städtische Bannmeile.54 Zölle wiederum berechtigten zum Zugriff auf fremde Subjekte auf dem eigenen Territorium und führten damit ebenfalls landesherrliche Kompetenzen vor Augen.55 Eine besondere Rolle kommt im Zusammenhang mit den Regalien den Forsten, also den umgrenzten, meist mit Wald bewachsenen Flächen Ödland zu.56 Sie stellten seit fränkischer Zeit flächenmäßig definierte Rechtsbezirke, gleichsam den „Prototyp der Flächenherrschaft“ dar.57 Ursprünglich in königlicher Hand wurden sie seit dem 10. Jahrhundert zunehmend an Kirchen, Klöster und Adlige ausgegeben. Diese erhielten mit dem Nutzungsrecht auch den Forst- und den Wildbann, durch die fremde Nutzungen unterbunden und in das Ermessen des Privilegierten gestellt wurden. Damit lagen grundlegende Elemente der agrarischen Gesellschaft, wie Jagd, Holzeinschlag und Schweinemast, aber auch zentrale Aspekte des Landesausbaus, wie die Anlage von Siedlungen, in der Hand desjenigen, der die Forsthoheit innehatte. „In dieser Hinsicht ist Forsthoheit eine der wesentlichen Grundlagen der späteren Landeshoheit geworden, Forstgrenzen markierten oft Herrschaftsgrenzen.“58 Gegen diese bis in jüngere Zeit gängige Forschungsmeinung hat vor einiger Zeit Clemens Dasler auf der Grundlage einer eingehenden Analyse der königlichen Privilegien für die Reichskirchen vom 9. bis zum 12. Jahrhundert argumentiert.59 Während die ältere Forschung Forstbann und Wildbann gleichsetzte und damit beiden Bannformen mit Blick auf ihre Bedeutung für die Beherrschung des Raums und die Entstehung der Landesherrschaft die gleiche 53 Zum Verhältnis von Geleits- und Landesgrenze anhand südwestdeutscher Beispiele vgl. Schaab 1981, insb. S. 399f., 410f., 415f. 54 Jüngere Literatur zum Thema fehlt, was auch an der Unbestimmtheit des Begriffes liegen mag; vgl. Kaufmann 1971, Sp. 310: „Die Allgemeinheit des Begriffs Bann im späten Mittelalter macht es verständlich, dass über seine Bedeutung im einzelnen nur sehr schwierig etwas zu sagen ist, wenn man sich nicht mit der Formel ‚herrschaftlich‘ begnügen will“; Kastl 2008, Sp. 435: „Im Spätmittelalter wird Bann als Synonym für ‚herrschaftliche‘ oder ‚hoheitliche‘ Rechte verwendet und geht in diesen auf.“ Vgl. zur „facettenreichen Bedeutungsvielfalt“ des Begriffes ‚Bannmeile‘ Simon 2008, das Zitat Sp. 443. 55 Vgl. allg. Eichstaedt 1998. 56 Vgl. zusammenfassend Schubert 1989; Günther 1994, S. 11–27; Dasler 2001, S. 3–36. 57 Mayer 1956, S. 327. Vgl. affirmativ für das Herzogtum Württemberg Kiess 1958, S. 137f. 58 Schubert 1989, Sp. 659. 59 Vgl. insb. Dasler 2001, S. 25–36. Zu früherer Kritik in diese Richtung vgl. Günther 1994, S. 26.

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Qualität einräumte, plädiert Dasler für eine genaue Unterscheidung.60 Der Wildbann war demnach nicht mit weitergehenden herrschaftlichen Rechten verbunden, sondern berechtigte ausschließlich zur Jagd in einem bestimmten Bezirk, der zu diesem Zweck in der Regel erst geschaffen wurde und sich meist über das Land verschiedener anderer Besitzer erstreckte. Die Verleihung des Forstbannes ging hingegen mit der Schenkung von Waldland einher, Nutzungsvorbehalt und Landbesitz fielen demnach zusammen. Diese Art der Privilegierung ist also in der Tat weiterreichender, was entsprechende Konsequenzen für die künftige Landesherrschaft gehabt haben dürfte. Die Zahl der sogenannten Bannwaldverleihungen war allerdings weitaus geringer als die der Wildbannprivilegien. Damit ist die Bedeutung des Forst- und des Wildbanns für die Entstehung territorial-räumlicher Herrschaft aber keineswegs hinfällig, denn der auf das Jagdrecht beschränkte Wildbann stellte, wie auch Dasler einräumt, „selbstverständlich auch eine Form von Herrschaft dar; [er] umfaßte ja die Kontrolle über einen ganz bestimmten Tätigkeitsbereich innerhalb des jeweiligen Wildbanngebietes.“61 Mittelfristig stellten der Waldbesitz und die damit verbundenen Herrschaftsrechte eine wichtige Grundlage von Landesherrschaft dar, zumal die Landesherren im Spätmittelalter über die ursprünglichen Forste hinaus die Oberherrschaft über alle Wälder in ihrem Gebiet beanspruchten.62 Ob Forst- und Herrschaftsgrenzen oftmals kongruent waren bzw. letztere aus ersteren erwuchsen, wie die ältere Forschung glaubte, wäre im Einzelnen zu überprüfen.63 Dasler jedenfalls lehnt diese These insbesondere mit Blick auf die vergleichsweise kurzlebigen Wildbanngrenzen 60 Dasler 2001, S. 5–8. 61 Dasler 2001, S. 31. 62 Vgl. die zahlreichen spätmittelalterlichen Beispiele für Konkurrenzen und Verteilungskämpfe um Waldnutzungsrechte in Württemberg zwischen Herrschaftsträgern untereinander sowie zwischen Herren und Untertanen bei Regnath 2008. Sofern Forst- und Territorialgrenzen ineinander fielen, eröffnete die Konkurrenz der angrenzenden Herrschaften den betroffenen Bauern zahlreiche Handlungsspielräume, ebd., S. 226–239. 63 Als Beispiel für eine frühe verbale Beschreibung einer Forstgrenze sei auf eine Urkunde des Trierer Erzbischofs Poppo von Babenberg von 1023 verwiesen: „Dederunt igitur mihi meisque successoribus de prenominata silua fines atque confinia cum ceteris usibus ex eo loco ubi riuus qui uocatur Quinta cadit in Musellam flumen. et totam Quintam sursum usque ad fluuium qui uocatur Fluorbahc. et hanc sursum usque in Wisebach. deinde ad flumen Kilam. et trans kilam usque ad uillam que dicitur Wilere. Deinde per quendam tramitem usque in Kurdelam flumen. et Kurdelam deorsum usque in Markenbach fluuium. et hunc sursum usque in publicam plateam. et per eam recto itinere totam uallem deorsum usque quo perueniatur ad uillam Vlcam per quam fluit fluuius Egelebach. et hunc deorsum usque in fluuium Suram et hunc deorsum usque in Musellam et hanc deorsum. usque in illum iterum locum ubi predictus riuus Quinta cadit in eam“, *UB Mittelrhein, Bd. 1, S. 348f., Nr. 299; vgl. Schneider 1993, S. 60.

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ab.64 Eine solche simple Gleichung ist auch, zumal in ihrer Verallgemeinerung, sicher falsch. Allerdings wurden in Streitigkeiten über den Verlauf von Grenzen selbstverständlich auch Forst- und Wildbanngrenzen in Anschlag gebracht, um territoriale Ansprüche zu untermauern.65 In Verbindung mit den genannten Rechten, aber im Anspruch über diese hinausgehend, lassen sich verschiedene politische Maßnahmen feststellen, mit denen die spätmittelalterlichen Fürsten ihre Landesherrschaft zu etablieren und zu erweitern suchten.66 Zu unterscheiden sind die Ausdehnung von Landesherrschaft auf der einen und deren Verdichtung auf der anderen Seite, also gleichsam eine landesherrliche Außen- und eine ebensolche Innenpolitik. Die Ausdehnung der Landesherrschaft erfolgte friedlich durch Kauf- und Pfanderwerb, Heirat und Erbschaft sowie – in geringerem Maße – kriegerisch durch Fehde, in der Regel ausgelöst durch Unsicherheit und Uneinigkeit über die oben genannten Rechte. Darüber hinaus konnte die Wahrnehmung eines Reichsamts den politischen Spielraum über den eigenen Herrschaftsbereich hinaus erweitern, gleiches gilt für Schirmrechte gegenüber einer Reichsstadt sowie reichsfreien Dörfern und Klöstern und schließlich für die Lehnsvergabe an auswärtige Vasallen, etwa reichsunmittelbare Grafen. Der durch diese verschiedenen Maßnahmen erlangte Einfluss konnte mittelfristig zur Ausweitung der territorialen Landesherrschaft beitragen, zwangsläufig war das aber nicht. Besonders erfolgreich scheint in dieser Hinsicht die Einflussnahme auf benachbarte Hochstifte gewesen zu sein.67 Hinsichtlich der Verdichtung von Landesherrschaft innerhalb des Territoriums sind diejenigen Maßnahmen von Bedeutung, die auf eine administrative Vereinheitlichung des Herrschaftsraumes und die ebenfalls vereinheitlichende Intensivierung des Zugriffs auf die dort lebenden Menschen zielten. Zu nennen sind insbesondere die Erhebung von Landessteuern, der Ausbau des territorialen Lehnswesens und dessen Verdinglichung,68 die bereits erwähnte Etablierung der 64 65 66 67

Dasler 2001, S. 34f., 43f., 77, 117f., 157, mit verschiedenen Fallbeispielen. So auch Dasler 2001, S. 35. Vgl. zusammenfassend Willoweit 1983, S. 71–79; Schubert 2006, passim. Willoweit 1983, S. 73, verweist diesbezüglich auf den Einfluss Kursachsens auf Naumburg und Merseburg, Kurbrandenburgs auf Havelberg, Lebus und Brandenburg sowie der Kurpfalz auf Speyer und Worms. Hierbei ging es um „so gewichtige geistliche und weltliche Angelegenheiten, daß im 15. Jahrhundert bei fortbestehender rechtlicher Selbständigkeit von einer unabhängigen politischen Stellung der jeweiligen Bischöfe kaum noch gesprochen werden kann.“ 68 Zum mittelalterlichen Lehnswesen vgl. zusammenfassend Spiess 2009; Patzold 2012; zur Forschungsdiskussion Kwiatkowski 2004; Schubert 2006, S. 71f.; sowie jüngst Dendorfer/Deutinger (Hg.) 2010.

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landesherrlichen Hofgerichte als Appellationsinstanzen, die Setzung landeseinheitlicher Normen sowie die Ausweitung der Kompetenzen auf den kirchlichen Bereich im Sinne eines Landeskirchenregiments. Nicht zuletzt ist auch auf die – freilich nicht allein vom Landesherrn zu verantwortende – Entwicklung des Ständewesens zu verweisen, die zwar einer autokratischen Herrschaft des Landesherrn entgegenwirkte, für die Verdichtung des innerterritorialen Gefüges aber eine kaum zu überschätzende Bedeutung hatte.69 Für das Gelingen von Territorialisierung förderlich, wenn auch nicht zwingend notwendig, war schließlich die Überwindung der Erbteilung und die Einführung der Primogenitur. Eine zentrale Rolle im Verdichtungsprozess territorial-räumlicher Herrschaft spielten die Ämter, die um 1300 „als neues Mittel zur Durchsetzung der Gebiets­ herrschaft“ gebildet wurden.70 Die entscheidende Grundlage hierfür war die bereits vorhandene Gerichtsorganisation, also ‚iurisdictio‘ und ‚districtus‘.71 Ziel war es, die vielfach verstreuten Herrschaftsrechte auf lokaler Ebene zu bündeln und vor Ort durch bestallte Amtleute und deren Beauftragte (Kellner, Meier, Richter, Zöllner usw.) durchsetzen zu lassen, um sie auf diese Weise intensiver nutzbar zu machen.72 Im Mittelpunkt stand dabei die Durchsetzung grundherrlicher und Vogteirechte, das heißt im Wesentlichen die Eintreibung von Abgaben und die Wahrnehmung von Diensten sowie die Ausübung der Gerichtsbarkeit, verbunden mit der landesherrlichen Aufgabe der Friedenswahrung. Um dies organisatorisch zu leisten, verfügten die Ämter meist über eine Burg, die einerseits als zentrale und zugleich geschützte Hebestätte und andererseits der militärischen Wahrung von Frieden und Recht diente. Besonders früh lassen sich Veränderungen in diese Richtung im Nordwesten des Reiches feststellen,73 zunächst seit dem späten 11. und vollständig ausgebildet seit der Mitte des 12. Jahrhunderts in der lehnsrechtlich zwischen Frankreich 69 70 71 72

Vgl. zum Forschungsstand Schubert 2006, S. 92–100. Schubert 2006, S. 107. Janssen 1996, S. 79, 87. Vgl. zusammenfassend Peters 1980; Willoweit 1983, S. 93–104; Schubert 2006, S. 14–19. 73 Vgl. zu der im Folgenden dargestellten regionalen Entwicklung der Ämterverfassung Willoweit 1983, S. 96–100, mit den Belegen aus der älteren Literatur; außerdem in jüngerer Zeit für Rheinland-Westfalen Frankewitz 1986; Janssen 1996; seine zahlreichen Einzelstudien zusammenfassend auch Janssen 2000, S. 127–132; sowie Karten und Beihefte zur Territorialentwicklung im Geschichtlichen Atlas der Rheinlande 1982–2008, Bd. V/9–10 (Herzogtum Geldern), 11–12 (Herzogtum Kleve), 14–15 (Erzstift Köln), 16 (Herzogtum Berg); für Franken und Bayern vgl. detailliert Historischer Atlas von Bayern 1950–2017.

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und dem Reich geteilten Grafschaft Flandern, etwa einhundert Jahre später in Brabant und in der Grafschaft Holland, schließlich in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts auch im rheinisch-westfälischen Raum. Interessanterweise sind hier die frühesten Amtsbildungen zunächst nicht flächendeckend, sondern in den abgelegenen Landesteilen nachweisbar, was die Funktion der Ämter als Instrument der Intensivierung von Herrschaft unterstreicht. Ebenfalls in diese Zeit zu datieren ist die Entstehung der Ämterorganisation am Mittelrhein: Um 1300 sind Ämter in Oberhessen, Würzburg und Württemberg belegt, im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts folgen die Kurpfalz und Kurtrier, um die Mitte des 14. Jahrhunderts Sachsen und Anhalt sowie Baden. Auch Bayern, Brandenburg und die welfischen Lande lassen eine vollständig ausgebildete Ämterverfassung im Laufe des 14. Jahrhunderts erkennen, allerdings finden sich hier jeweils schon deutlich frühere Anzeichen einer systematischen Landesorganisation auf territorial-räumlicher Grundlage. In Bayern ist bereits zwischen den 1220er und den 1270er Jahren ein vollständiges Netz landesherrlicher Ämter greifbar, die freilich im 14. Jahrhundert von den Landgerichten abgelöst wurden. In der Mark Brandenburg wurden in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts Vogteien errichtet, die Burgen, Grundherrschaft und Gericht zu einer administrativen Einheit integrierten. Im späteren 13. und 14. Jahrhundert wurden sie im Rahmen einer neuerlichen Ordnung des Landes von den künftig bestimmenden Landfriedensgerichten ersetzt. Vorläufer der Ämterverfassung finden sich auch in den welfischen Landen bereits im 12. Jahrhundert. Insgesamt bildeten die Ämter seit dem Spätmittelalter eine räumlich jeweils klar definierte Einheit innerhalb eines Territoriums, in der Herrschaftsrechte gebündelt und durchgesetzt werden konnten. Dementsprechend wurden Verpfändungen und Landesteilungen nun auch vorwiegend auf Ämterbasis durchgeführt.74 Gleichwohl wäre die Vorstellung einer lückenlosen Einteilung der spätmittelalterlichen Territorien in Ämter und damit einer flächendeckenden rechtlich-administrativen Vereinheitlichung falsch. Vielmehr mussten die Landesherren bei der Ämterbildung bestehende Privilegien und Rechte anderer Herrschaftsträger berücksichtigen. Nur dort, wo der Landesherr tatsächlich über eine Kumulation von Rechten verfügte, konnten diese durch die Bildung eines Amtes überformt 74 Schubert 2006, S. 15f.; vgl. zu „Landesteilungen und Kommerzialisierung der Landesherrschaft“ auch ebd., S. 19–26. Ein vielleicht extremes Beispiel ist in diesem Zusammenhang das kurkölnische Amt Rheinbach, das zwischen 1446 und 1749 fast ununterbrochen verpfändet war, Flink 1965, S. 159–201. Überhaupt scheint die Ämterbildung in Kurköln sehr stark von finanziellen Interessen des Landesherrn bestimmt gewesen zu sein, während in Kurtrier der Aspekt der Verwaltungsintensivierung im Vordergrund stand; vgl. für Kurköln Tewes 1987; für Kurtrier Janssen 1985.

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werden.75 Der Abschluss dieses Prozesses wird spätestens im 16. Jahrhundert angesetzt, wenngleich auch darüber hinaus mit gleichsam weißen Flecken in den durch Ämter organisierten Herrschaftsräumen zu rechnen ist. Zu nennen sind hier etwa für das Rheinland die Unterherrschaften, deren Existenz laut Wilhelm Janssen „eine letzte, unvollendet gebliebene Stufe der Territorialisierung“ markiert,76 für Franken und Südwestdeutschland die sich vielfach überlappenden und ineinandergreifenden Rechtstitel benachbarter Fürsten77 und schließlich als besondere Herrschaftsform Alteuropas das Kondominat.78 Die Forschung sieht in der Ämterbildung eine zentrale Weichenstellung für die Territorialisierung, lasse sich hier doch erstmals eindeutig aufzeigen, „dass die Landesherren selbst ihre Herrschaft flächen- und nicht punkt- oder personenbezogen – also als Kumulation lokaler Besitz- und Rechtstitel – verstanden haben“.79 Wie sich bei genauerer Betrachtung mittelalterlicher Grenzziehungen zeigen wird, ist dies sicher nicht völlig falsch, da die Belegdichte für territoriale Grenzen tatsächlich spätestens seit dem 14. Jahrhundert unüberschaubar wird, sich also nunmehr eine territorial-räumliche Herrschaftsauffassung endgültig 75 Vgl. etwa Schubert 2006, S. 16: „Alt und neu in der Ämtergliederung läßt verstehen, warum diese nicht gleichmäßig ein Herrschaftsgebiet als Fläche strukturieren konnte, oder einfacher: warum ein fürstliches Gebiet vor dem 16. Jahrhundert nicht zur Gänze mit Ämtern überzogen war; denn dort, wo bereits im Hochmittelalter territorial definierte Gerichts- und zugleich frühe Verwaltungseinheiten entstanden waren, sei es um Burgen, sei es um Städte, blieben diese bestehen, wurden nur formal in die Ämtergliederung einbezogen. Da Rechts- und Friedenswahrung die zentralen Aufgaben des Amtmannes bildeten, mußten ältere Gerichtsordnungen eingebunden werden.“ 76 Janssen 2012, S. 175. 77 Vgl. etwa die Fallstudie von Schuh 1995 zum „vertraglich geregelte[n] Herrschaftsgemenge“ in Franken im 18. Jahrhundert; für Südwestdeutschland den Überblick von Ohler 1989; außerdem übergreifend Schnettger 2008, insb. S. 622–624. 78 Methodisch wegweisend jetzt die große Studie von Jendorff 2010b; vgl. verdichtet bereits Jendorff 2007; außerdem mit Blick auf Karten Jendorff 2010a. Völlig anders gelagert ist das Phänomen der Enklaven und Exklaven, da diese zwar geographisch gesehen zur Fragmentierung eines Herrschaftsraums beitragen, dem territorialen Herrschaftsaufbau aber nicht unmittelbar entgegenstehen, denn es handelt sich bei ihnen ja um äußere Nachbarn und nicht innere Konkurrenten; vgl. zu Exklaven im Alten Reich jetzt erstmals übergreifend Duhamelle 2013. 79 Janssen 2010, S. 36; vgl. auch Schubert 2006, S. 107: „Die Herrschaft gewinnt also, personale Strukturen überwindend, berechenbare Gebiete“. Kritisch bezüglich der Verabsolutierung der „modernen Aura“ von Ämtern und Amtleuten dagegen Groten 2001, S. 201–205. Auf die zentrale Rolle der Landesherren bei der Ämterbildung hat Wilhelm Janssen wiederholt aufmerksam gemacht und den „Aufbau einer auf dem Amts- und Flächenprinzip beruhenden Verwaltungsorganisation“ als „die eigentliche Leistung der domini terrae“ bezeichnet, Janssen 1974, S. 420; vgl. auch Janssen 1996, S. 94; Janssen 2000, S. 138.

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Bahn gebrochen zu haben scheint. Und auch die Ämter verfügten ja über definierte Grenzen.80 Nicht übersehen werden dürfen aber die früheren Belege für die Beschreibung und Markierung von Grenzen, die deutlich machen, dass neben der personenbezogenen Herrschaftsauffassung auch in Früh- und Hochmittelalter die räumliche Komponente von Herrschaft eine Rolle spielte und von einem sich zu einem bestimmten Zeitpunkt vollziehenden Paradigmenwechsel keine Rede sein kann.81

3. Grenzen im Mittelalter Die griechisch-römische Antike kannte vergleichsweise scharf gezogene Grenzlinien zwischen Staaten und Völkern.82 Solche linearen Grenzen waren auch dem Mittelalter nicht völlig fremd – im Gegenteil: „On a longtemps nié l’existence médiévale de la frontière linéaire, au profit de l’idée de limites imprécises, qui s’accordait davantage à l’idéologie commode d’un Moyen Âge primitif. On revient aujourd’hui à ce que disent les documents, à savoir que la frontière comme ligne est une réalité médiévale courante.“83 80 Vgl. hierzu Schubert 1999, S. 210f., 214, der annimmt, dass „über die Ämter die Grenze einer Herrschaft festgelegt wird“, „Grenzbildungen erfolgen über Ämtergrenzen“, ebd., S.  210. Dies trifft sicherlich für einen Teil der territorialen Grenzen zu, erklärt aber nicht jede Grenzziehung, zumal die Territorien zunächst nicht flächendeckend in Ämter eingeteilt waren. Zumindest in der Frühzeit hatten die Ämter auch nicht unbedingt feste Grenzen, Groten 2001, S. 201. Erst im 16. Jahrhundert liegen teilweise Grenzbeschreibungen für die Ämter im Landesinneren vor; vgl. etwa Krummel 1941, S. 106, für die hessischen Ämter Melsungen, Spangenberg, Lichtenau und Felsenberg: „Das hat offenbar seinen Grund in der Tatsache, daß es sich hier um Innenämter handelt, bei denen zu einer Grenzfestlegung zunächst keine Veranlassung bestand, da sie überall an landgräfliches Hoheitsgebiet anstießen.“ Ganz ähnlich auch Diefenbach 1943, S. 182, für den Bereich des späteren Kreises Marburg. 81 Dass die für Früh- und Hochmittelalter auf der einen und Spätmittelalter auf der anderen Seite sehr unterschiedliche Quellenlage für die Beurteilung des Territorialisierungsprozesses und dessen Vorgeschichte ein methodisches Problem darstellt, bemerkt schon Janssen 1974, S. 417f. Umso wichtiger erscheint mir, die vorhandenen Belege aus der früheren Zeit entsprechend zu gewichten. 82 Vgl. zusammenfassend Rocchi 2002; Akashi/Stauber 2006, Sp. 1115; zum Grenzbegriff des römischen Rechts Scattola 1997, S. 37–46; ausführlich zu den Grenzen des römischen Reiches Whittaker 1994, der betont, dass der imperiale Herrschaftsanspruch nicht an den Grenzen des römisch organisierten und verwalteten Raumes endete, ebd., S. 43f., 68; sowie jüngst Breeze 2011; zu Raumwahrnehmung und Raumerfassung in der Antike insg. vgl. Rathmann (Hg.) 2007. 83 Gautier Dalché 1996, S. 93. Etwas vorsichtiger, aber grundsätzlich affirmativ, formulierte

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Die Vorstellung eines ‚primitiven‘ Mittelalters, von der Patrick Gautier Dalché spricht, mögen die bei Jakob Grimm gesammelten Hinweise auf die verschiedenen archaischen Rituale der Grenzbestimmung angeregt haben, die in den Stammesrechten und später auch in Weistümern überliefert sind.84 So begegnet etwa der ‚Männerlauf ‘ teilweise schon in den Gesetzen der Völkerwanderungszeit, diente dort allerdings nicht der territorialen Grenzziehung, sondern der Klärung von Besitzansprüchen im privatrechtlichen Bereich. Eindrückliche, wenn auch undatierte Beispiele für die territoriale Abgrenzung durch diesen Wettkampf finden sich in der Schweiz: Im Streit zwischen Graubünden und Liechtenstein einigte man sich darauf, dass zwei Läufer aus den Orten Maienfeld und Balzers aufbrechen sollten und dort, wo sie sich im Gebirge begegneten, die Länder auf immer geschieden seien. Nachdem sie aufeinander getroffen waren, durfte der unterlegene Maienfelder wiederum ein Stück Territorium für Graubünden zurückerobern, indem er den Mann aus Balzers so weit zurücktrug, wie es seine Kräfte noch zuließen. Ein ähnliches Verfahren ist für einen Grenzstreit zwischen Uri und Glarus überliefert.85 Eine andere als archaisch zu bezeichnende Form der Grenzbestimmung war der Beil- oder Hammerwurf, bei dem ein Werkzeug geschleudert wurde, um Grenzpunkte zu markieren. Dieses Verfahren betraf nicht nur Grund und Boden, sondern gelegentlich auch die Erstreckung von Herrschaftsrechten. So soll der sächsische Herzog Heinrich der Löwe 1178 behauptet haben, „terminum ducatus sui Westphalie se extendere, in quantum eques lancea a littore Reni apud Tuicium [Deutz] in Renum sagittare posset.“86 In gleicher Weise konnte auch die bloße jüngst Stieldorf 2012, S. 10: „Mittlerweile gilt als communis opinio, daß wir, wenigstens für das Früh- und Hochmittelalter gelegentlich mit festgelegten und festlegbaren Grenzlinien rechnen dürfen.“ Vgl. als ersten Überblick die einschlägigen Lexikonartikel von Hoke 1971; Ziegler 1983; Metz 1989; Tiefenbach/Steuer/Kehne 1999; Akashi/Stauber 2006; Reiter 2012; außerdem Schneider 1987; Schneider 1993; Marchal 1996a; Power 1999; Becker/Komlosy 2004; Jaspert 2007. Als hervorragende Detailstudie ist die Arbeit von Power 2004 zum Herzogtum Normandie im 12. und 13. Jahrhundert zu nennen, die sehr umsichtig das Nebeneinander von linearen Grenzziehungen, herrschaftsrechtlicher Konkurrenz im Grenzraum sowie grenzübergreifenden Beziehungen und Verflechtungen diskutiert. Eine dezidierte Gegenposition in der Frage nach Territorialgrenzen im Mittelalter nimmt Ellenblum 2002 ein, die – auch über ihr engeres Thema hinaus – die fundamentalen Unterschiede zwischen der mittelalterlichen und der frühneuzeitlichen Herrschafts- und Territorialorganisation im Sinne Mayers betont. 84 Vgl. *Grimm (Bearb.) 1955; Grimm 1991. 85 Grimm 1991, S. 70f.; vgl. auch *Grimm (Bearb.) 1955, Bd. 1, S. 118f. 86 *REK  II, S. 206f., Nr. 1106, hier S. 207. Ähnlich heißt es bei Heinrich von Herford, dass „archiepiscopus coloniensis ducatum Westphaliae obtinuit usque ad sagittae jactum in Rhenum“, *Grimm (Bearb.) 1955, Bd. 1, S. 84. Weitere Beispiele: „unser herre von Menz – selber mit

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Berührung des Landes mit Hammer, Speer, Lanze oder Axt der (herrschaftlichen) Grenzmarkierung dienen.87 Neben diese Formen der körperlichen Abgrenzung und Inbesitznahme treten Praktiken der Raumbesetzung durch Schall, die für die Geschichte des Hörens interessant sein dürften: So erzählt das „Chronicon novaliciense“ aus der Mitte des 11. Jahrhunderts, dass Karl der Große in seiner Funktion als Langobardenkönig einen Spielmann mit dem Recht belohnt habe, sein Horn auf einem hohen Berg zu blasen, und ihm Land und Leute so weit gehören sollten, wie der Klang reichte. „Der ton befuhr gleichsam in die gegend eime ros sal riten in den Rin so ferre er mag und wie ferre er dan mit eime hufhammer gewerfen moge, oder mit eime spere geschießen in den Rin, so ferre get sein gerechtikeit und friheit an der stat“, ebd., S. 78; „das unser herr von Mainz daselbsten uf einem ros sol reiten in den Rhein, als fern er mag mit einem hubhammer in den Rhein werfen, also fern gehet sein gericht an derselben stat“, ebd., S. 78; „der graf von Catzenelnbogen gebietet in der marke und vorter als weit aus der marken, als er auf einem ros helt an den eußersten buschen vor dem walde und mit einer axt außer dem walde und der mark gewerfen möge. Und do enbinnen habe niemand kein recht, dan ein grave zu Diez habe das recht, jage der seine grafschaft durch, der möchte seinem wild also ferne in den vorgen wald die Fossenhelde nachfolgen, als derselbe grave auf einem rosse hielt vor dem egen walde und mit einer axe in denselben wald gewerfen könte“, ebd., S. 83; „des bischofs von Menze gerechtigkeit gehet zu Lorch an bis gen Walluf den Ryn herauf, so wit als einer in das waßer riten und mit eime sper schießen mag“, ebd., S. 85; „im jahr 1366 kam die stadt Minden mit ihrem bischof überein, daß die stadtgräben erweitert werden dürften quantum vir robustus stans in muro civitatis pondus plumbi unius librae possit versus campum undique jactare“, ebd., S. 89. Vgl. insg. auch ebd., S. 78–96; Bd. 2, S. 50f.; Grimm 1991, S. 48–50; außerdem die Beispiele bei Erben 1922, S. 42–46. 87 „[…] circa haec tempora putatur esse factum, quod de Authari rege refertur. Fama est enim hunc eundem regem per Spoletium Beneventum pervenisse eandemque regionem cepisse et usque etiam Regium, extremam Italiae civitatem, vicinam Siciliae, perambulasse. Et quia ibidem intra maris undas columna quaedam esse posita dicitur, usque ad eam equo sedens accessisse eamque de hastae suae cuspide tetigisse dicens: usque huc erunt Langobardorum fines. Quo columna usque hodie dicitur persistere et columna Authari appellari” (Paulus Diaconus), *Grimm (Bearb.) 1955, Bd. 1, S. 96f.; „die landgrafschaft in dem Sißgöw, die da gat, als die Birs in den Rhin geriten und mit einem Baselsper in den Rhin gereichen mag” (1303/62), ebd., S. 97; „anno 1409 plures testes deposuere, daz ein marggrave herre ze Rotelen habe und haben solle hohe gericht und über todschläg zu richtende und was zu hohen gerichten gehöret und auch die wildbänn ußwendig etters zu Schliengen und ze Steinstatt unz in den Rine, als verre einer uf einem hengst geriten mag und mit einem spieß gereichen. Anno 1423 alius testis deposuit, daz die hohen gerichte einem marggraven von Rotelen zugehoren biß gen Neuenburg an das kreuz biß in den rhein, eines reißspießes lang, zu ein zeichen und urkunde, ob grundrühre zu falle käme, daß die auch einem marggraven von Rötelen zugehöre und gerhören soll“, ebd., S. 97; „das der obg. herschaft Badenwiler reht sigent und herlicheide anvohet ze Gütnowe und gat in den Rin eins reißspieß lang und wär das schiff da versüffe oder gruntrüren thäte, so mag die obg. herschaft oder die iren in den rin riten und was er da mit einem riterspieß erlangen mag, da hett er recht zu“ (1428), ebd., S. 97. Vgl. insg. auch ebd., S. 96–104.

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und nahm sie für den bläser in besitz.“88 Noch erstaunlicher mutet die Grenzbestimmung durch Auspizien, also die Beobachtung des Vogelflugs, an.89 Weniger zur konkreten Bestimmung von Grenzen als zur juristischen Beendigung von Grenzstreitigkeiten diente der gerichtliche Zweikampf, der zur Feststellung der formalen Wahrheit selbst im Rechtsleben des Spätmittelalters noch eine gewisse Rolle spielte. Bei diesem Verfahren traten Kläger und Beklagte oder von diesen berufene Stellvertreter in einem meist blutigen Kampf gegeneinander an. Der Ausgang des Kampfes diente als Grundlage für das abschließende Urteil.90 Auf diese Weise beendeten etwa die norditalienischen Kommunen Pavia und Piacenza noch in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts ihre Grenzstreitigkeiten.91 Diese disparaten Beispiele sollen hier nicht weiterverfolgt werden. Der genaue Quellengehalt insbesondere der Weistumsüberlieferung, deren Intention und nicht zuletzt die Umsetzung in die territoriale Praxis wären noch genauer zu überprüfen. Im Folgenden soll das Vorhandensein von Grenzen politischer Einheiten im Mittelalter stattdessen zunächst anhand des terminologischen Befundes diskutiert werden, wobei auch auf die in der Forschung diskutierte Entwicklung vom Grenzsaum zur Grenzlinie einzugehen ist. In einem zweiten Schritt werden die Belege für politische und administrative Grenzen im Früh- und Hochmittelalter analysiert, um die Kontinuitäten bzw. Vorläufer der zumeist in das Spätmittelalter und die Frühe Neuzeit datierten Entstehung territorialer Grenzen aufzuzeigen. 3.1 Grenzterminologien Schon ein Blick auf die Terminologie zeigt, dass es im Mittelalter durchaus ein Bewusstsein für Räume und deren Trennbarkeit durch Grenzen unterschiedlichster Art gab. Aus der Vielzahl der Begriffe im Lateinischen (limes, margo, meta, gades, terminus, finis, confinium, signum) und in den europäischen Volkssprachen sind für den hier gewählten Untersuchungsraum die Termini ‚Mark‘ und ‚Grenze‘ maßgeblich.92 Das althochdeutsche ‚marka‘ meinte ursprünglich die unwirtliche, grenzenlose Wildnis zwischen Siedlungen und erhielt dementsprechend schon relativ früh 88 89 90 91

*Grimm (Bearb.) 1955, Bd. 1, S. 107. Grimm 1991, S. 51. Vgl. ausführlich zu diesem Instrument der mittelalterlichen Rechtsfindung Neumann 2010. Israel 2008, S. 131–134. Dokumentiert wurde das Ergebnis des Kampfes durch die Setzung eines Grenzsteins zur Scheidung der beiden ‚contadi‘. 92 Vgl. zur begrifflichen Vielfalt in den (west-)europäischen Sprachen Febvre 1988, S. 27–30, 36f.; Grimm 1991, S. 31–38; Kramer 1993; Pfister 1993; Marti 1999; Böckler 2003, S. 177–180, 195–206; Jaspert 2007, S. 66–69.

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die Konnotation eines trennenden Grenzsaumes.93 Im privatrechtlichen Bereich bezeichnete der Begriff noch nicht vergebene Flächen, meist Wald, aber auch Weiden, Heiden, Wiesen usw. Im Sinne eines vorgelagerten militärischen Sicherungs- und Aufmarschgebietes begegnet der Terminus seit fränkischer Zeit.94 Seit dem späten 8. Jahrhundert finden sich Belege für ‚marca‘ im Sinne von ‚Reichsgrenze‘.95 Die Marken dienten der Sicherung dieser Grenze an neuralgischen Punkten sowie dem Schutz neu eroberter, dem Reich aber noch nicht endgültig inkorporierter Gebiete. Darüber hinaus waren sie Ausgangspunkt für künftige Eroberungszüge, Kolonisation und Mission. Sie hatten also sowohl defensive als auch offensive Funktionen. Dementsprechend veränderten und verlagerten sich die Marken im Laufe der Zeit, sie waren also keine statischen Gebilde, sondern an jeweils aktuelle Bedürfnisse angepasste Grenzbereiche. Peter Schmid unterscheidet drei Arten von Marken:96 Unter Karl dem Großen als dem Begründer des Markensystems wurden sie als großflächige Aufmarschräume im feindlichen Gebiet eingerichtet, wobei es sich nach jüngerem Forschungsstand aber eher um „areas of ill-defined and undefined domination“ als um Bestandteile eines „militärisch durchorganisierten Grenzverbandes“ handelte.97 Im Gegensatz dazu waren die ottonischen Marken eher kleinräumig, umfassten nur eine Grafschaft und dienten weniger der Eroberung als der Sicherung und Kolonisierung bereits unterworfener Gebiete. Die letzte Phase der Markengründung fand unter Heinrich III. statt. Die Grenzen der Marken fielen jetzt mit denen des Reiches zusammen und sie bildeten eine Art Militärgrenze gegenüber nunmehr ausgebildeten Territorialkomplexen (Böhmen, Ungarn). Dieses Modell ist freilich, trotz der tendenziell richtigen zeitlichen Differenzierung, sehr schematisch und wurde daher in jüngerer Zeit zu Recht heftig kritisiert.98 Insbesondere dürfte der systemische Charakter der Markeneinrichtung weitaus weniger ausgeprägt gewesen sein als lange behauptet. Damit zusammenhängend ist auch die Rolle der Herrscher 93 Vgl. die einschlägigen Lexikonartikel zu ‚Mark‘ von Klötzer 1984; Schmid 1984; *DRW, Bd. 9 (1992–1996), Sp. 191–201; Kreiker 1994; Hardt 2001a; *WMU, Bd. 2 (2003), S. 1190–1193; außerdem Schmidt-Wiegand 1991; Stieldorf 2004; Stieldorf 2012, passim. 94 Vgl. ausführlich zur Grenzsicherung durch Marken jetzt Stieldorf 2012; außerdem Wolfram 2001. 95 Stieldorf 2012, S. 47–54; vgl. zu den Grenzen des Karolingerreiches auch die anregende Skizze von Smith 1995, insb. S. 176–179. 96 Schmid 1984, Sp. 287–292; ähnlich auch Kreiker 1994; Hardt 2001a. 97 Smith 1995, S. 177; Reimitz 2000, S. 151f.; vgl. in diesem Zusammenhang auch Hardt 2000; Schmauder 2000; Stieldorf 2012, insb. S. 353–423. 98 Stieldorf 2012, S. 24f.

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beim Grenzschutz zu relativieren und es sind die regionalen Gewalten, die ab der Mitte des 11. Jahrhunderts sogar dominieren, miteinzubeziehen. Schließlich ist auch regional sehr genau zu differenzieren, denn die Art und Weise des Grenzschutzes variierte je nach Region erheblich.99 Im Gegensatz zum Terminus ‚Mark‘ begegnet der Begriff ‚Grenze‘ erst im Mittelhochdeutschen. Er geht auf das slawische Wort ‚granica‘ zurück, das im 12. Jahrhundert Eingang in lateinische Texte und seit Mitte des 13. Jahrhunderts auch in den deutschen Sprachgebrauch fand.100 Der Erstbeleg stammt aus einer lateinischen Urkunde Herzog Kasimirs I. von Pommern für das Zisterzienserkloster Dargun westlich von Demmin von 1174/76, in der der Besitz des Klosters bestätigt und abgegrenzt wird. In diesem Zusammenhang findet sich auch der Hinweis auf ein besonderes fürstliches Grenzzeichen, eine mit einem Kreuz gekennzeichnete Eiche, das mit dem slawischen Begriff „knezegraniza“ benannt wird.101 Bei der Bestätigung dieser Urkunde durch Herzog Kasimir  II. von 1219 wurde die Bezeichnung wortgetreu wiederholt.102 Ein zweiter Beleg für ‚granica‘ in einer lateinischen Urkunde datiert in das Jahr 1238 und ist gerade in Bezug auf territoriale Grenzziehungen von besonderem Interesse: In dem betreffenden Stück verspricht Herzog Swantopolk von Pomerellen, dass künftig auftretende Zweifel über den Verlauf der Grenze zwischen seinem Land und dem Deutschordensgebiet durch ein Treffen an der Grenze und die Einholung von Zeugenaussagen beseitigt werden sollten und er auf Gebietsteile verzichten werde, die ihm von den Zeugen nicht zuerkannt würden.103 1258 findet sich in einer Urkunde des pomerelleschen  99 Vgl. hierzu Stieldorf 2012, passim. Zusammenfassend zur Sicherung der Grenzen unter den mittelalterlichen Herrschern ebd., S. 420–423, 527–531, 582–586. 100 Vgl. zum Folgenden ausführlich Karp 1972, S. 137–154; Kolb 1989; sowie die einschlägigen etymologischen Lexikonartikel zu ‚Grenze’ in *DWB, Bd. 4, I/6 (1935), Sp. 124–148; *DRW, Bd. 4 (1939–1951), Sp. 1096f.; *WMU, Bd. 1 (1994), S. 759; außerdem Kramer 1993, S. 22f.; Schneider 1993, S. 60–65; Marti 1999, S. 22–26; Böckler 2003, S. 177–180. Die genaue Ausgangssprache der Entlehnung ist unklar: Karp 1972, S. 140f., weist die bis dahin übliche These einer Entlehnung aus dem Polnischen zurück und vermutet eine Herkunft aus dem Pomeranischen; Kramer 1993, S. 23, verweist auf kaschubische und westpolnische Varietäten als mögliche Ausgangsbasis; Marti 1999, S. 25, betont, dass Entlehnungsprozesse im gesamten deutsch-slawischen Kontaktgebiet stattgefunden hätten, dementsprechend sollte vom Westslawischen allgemein als Gebersprache ausgegangen werden. 101 „[…] et ab orientali fine eiusdem stagni flectuntur ad aquilonem per quandam longam paludem in quandam quercum cruce signatam, quod signum dicitur Sclavice Knezegraniza“, *UB Pommern, Bd. 1, S. 77–81, Nr. 62, hier S. 79; vgl. Karp 1972, S. 126f., 138. 102 *UB Pommern, Bd. 1, S. 237–240, Nr. 193, hier S. 238. 103 „Promisimus etiam, ut, si inter ipsos et nos deceptatio fuerit super metis terrarum eorum ac nostre, que vulgariter graniza dicuntur, penes eandem granizam in loco, qui competens fuerit,

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Herzogs für das Zisterzienserkloster Doberan die latinisierte Form ‚granicia‘, die synonym mit ‚termini‘ und ‚limites‘ benutzt wird.104 Das mittelhochdeutsche „granizze“ ist erstmals 1262 in einem Vertrag über einen Gütertausch des Deutschen Ordens und der Stadt Thorn belegt.105 Die Form „grenicze“ findet sich zur gleichen Zeit in einer Urkunde Helmerichs von Rechenberg, dem Landmeister von Preußen, über die Verleihung von 14 Hufen im Felde Smayditten (1262/63).106 Auch in den um 1300 entstandenen deutschen Übersetzungen des Elbinger Privilegiums (1246)107 und der erneuerten Kulmer Handfeste (1233/1251)108 convenire et secundum noticiam hominum terre ipsorum et nostre huiusmodi dubietatis scrupulum remota contradictione amicabiliter diffinire ac cedere ab illa parte, quam cognoverimus nobis predictam noticiam obviare“,*UB Pommerellen, S. 55, Nr. 65, vgl. Karp 1972, S. 138f. 104 „[…] cum omnibus suis terminis, limitibus et graniciis“,*UB Pommerellen, S. 143–145, Nr. 170, hier S. 144; vgl. Karp 1972, S. 139; weitere Belege für das 13. Jahrhundert ebd., S. 139–148. 105 „Wir thun allen den kundik, die nun lebint und nach uns lebinde sint, daz wir uns mit den ratluten von Thurun und mit den burgerin also vorebint haben umme den zins von der mulen under der burch zu Thurun siben mark und umme die viheweide ze alten Thurun und umme die wachte und umme hundert huve, dawider hant in die bruder gegebin ze Schribernik [Silbersdorf ] seszik huve und an irre granizze sibenzik huve ze so getanem rechte, als ander ir gut, daz zu de stat gehoret“, *UB Preußen, Bd. 1,2, S. 130f., Nr. 156, hier S. 130; desgleichen *Corpus, Bd. 1, S. 91f., Nr. 58, hier S. 91; Gegenurkunde *Corpus, Bd. 5, S. 8, Nr. N9; vgl. *DWB, Bd. 4, I/6 (1935), Sp. 124; Karp 1972, S. 140. Die möglicherweise über das Deutsche vermittelte Form „graniz“ findet sich bereits 1258 in einer lateinischen Urkunde, dem Vertrag zwischen dem Deutschen Orden und dem samländischen Bischof über die Teilung des Samlandes, Karp 1972, S. 140, 142f. 106 „[…] gebenn und vorschreibenn wir im unnd seinen rechten erben und nachkommelingen viertzehen huben gelegenn in dem felde Smayditten zcwischen beyden Tirow zcu Colmischen rechte erblich und ewiglich zcu besitzcenn, alse in denne sulche huben an acker, weszenn, weldenn, puschen, wassernn, streucherenn von unnsers ordens bruderen bewyset sein bynnen denselbigen grenitzcen“, *UB Preußen, Bd. 1,2, S. 164f., Nr. 215, hier S. 164; vgl. *DWB, Bd. 4, I/6 (1935), Sp. 124, s. v. Grenze. 107 „Hir von ist daz wir kvndich tvn daz von rate vnd verhencnisse vnser bruder den selben burgeren zv gemeynem nucz daz ist zu acker garten wissen vnd weide eyn teil landes haben gegeuen des grenicz wir sys underscheiden von phelen der stat bis an den galgen der warmiten von deme vorbas in di lenge einer mile kegen daz dorf daz zerewet ist genant also daz daz dorf busen si befloczen vnd begge von der seluen lenge eyn seil daz behalde czen ruten in de lenge vortmer von dem lesten ende der mile biz an daz vrische hab kegen lanzanian ovch in de breite eyne mile von der stat vorbas bi dem ovber des seluen habes kegen daz vleiz elbingen genant vnd daz vleiz vf zv gene von der stat da is in daz selbe hab vlusit in di lenge vnd in di breit czueier milen kegen der pautam“, *Kisch 1978, S. 223f., vgl. *DRW, Bd. 4 (1939–1951), Sp. 1096f., s. v. Grenze; Kolb 1989, S. 344, Anm. 3. 108 „Der stat cholmen habe wir gegebin zv wissen vnde zv weide vnde zv anderen gemeinen nvtzen von der grenicze eines dorfes vst genant die wizele niderwart vncz zv der greniczen eines sehes der heizet Rense vnde von dem selben sehe vfwart vncz zv eyme dorfe genant Rude vnd bi der

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wird der Terminus „grenicz/e“ für die ursprünglich verwandten lateinischen Begriffe „terminis“ bzw. „metas“ benutzt. Aufgrund dieser und zahlreicher weiterer Belege in dieser Region im 13. und 14. Jahrhundert, wie „granitza“ (seit 1276), „grenize“ (1292), „grentczen“ (1296), „hauptgrenicz“ (1328), „greniczen“ (1331), „grenitcz“ (1334) usw.,109 ist davon auszugehen, dass die Verbreitung des Wortes im deutschen Sprachraum maßgeblich von der Geschäftssprache des Deutschen Ordens ausging. Gleichwohl scheint es auch in anderen deutsch-slawischen Kontaktzonen zur Entlehnung des Wortes gekommen zu sein. So findet sich für Schlesien der Erstbeleg in lateinischen Urkunden bereits 1260 („granicis“), in deutschsprachigen Urkunden 1291 bzw. 1294 („greniz“, „graenizen“). In Böhmen stammen die lateinischen Belege aus den 1220er („granica“) und 1230er Jahren („ghraniz“), in deutschen Texten aus Böhmen ist das Wort erstmals 1303 belegt („graniczin“, „grenitz“) und wird in der zweiten Jahrhunderthälfte sehr häufig gebraucht.110 Erst im 15. Jahrhundert begegnet der Terminus auch im Westen und Süden des deutschsprachigen Raumes.111 Im 16. Jahrhundert trug nicht zuletzt Martin Luther zu seiner weiteren Verbreitung bei, auch wenn das neue Wort durchaus in manchen Gegenden noch erklärungsbedürftig blieb. So erläuterte Adam Petri in seinem Glossar zu Luthers Übersetzung des Neuen Testaments in der Baseler Ausgabe von 1523 den Begriff „grentz“ mit „gegny/umbkreyß“, Thomas Wolff übersetzte ihn im selben Jahr in seinem Glossar zum Pentateuch für die baslerisch-alemannische Leserschaft mit „ende/dar ein lant keret“.112 Seit dem 16. Jahrhundert begegnet auch das Kompositum ‚Landesgrenze‘ („landisgrenitz“, 1513; „landgrantzen“, 1556; „land- und amptgrantzen“, 1557 usw.) zur Bezeichnung einer Territorialgrenze.113 grenicze des selben dorfes zv dem andern dorf genant lvnawe vnde so di richte zv dem wege der vuret zv sente marienwerde durch den wec abir di richte zv der grenitze eines dorfes daz heiset grobene vnde so vorbaz zv dem tale den man browina nennet“, *Kisch 1978, S. 128, 130; vgl. Kolb 1989, S. 344, Anm. 3. 109 Zit. nach Schneider 1993, S. 64. Zu ergänzen wäre „grenitzen“ (1286), *Corpus, Bd. 2, S. 149f., Nr. 777, hier S. 150. 110 Zit. nach Marti 1999, S. 25; vgl. ausführlicher zu den Belegen Karp 1972, S. 148–151. 111 Vgl. die entsprechenden Belege in *DWB, Bd. 4, I/6 (1935), Sp. 125, s. v. Grenze; *DRW, Bd. 4 (1939–1951), Sp. 1096f., s. v. Grenze; außerdem Nicklis 1992, S. 24, Anm. 69. 112 Zit. nach Kolb 1989, S. 345, Anm. 4; vgl. auch *DWB, Bd. 4, I/6 (1935), Sp. 125, s. v. Grenze. Das Glossar von Petri wurde bis 1528 auch in Nürnberg, Augsburg, Straßburg, Hagenau, Worms und Mainz nachgedruckt. In Kärtnen und Steiermark wurde der Begriff seit dem 16. Jahrhundert regelmäßig für die Außengrenzen gegen Ungarn, Kroatien und Slowenien, nicht aber für Binnengrenzen verwandt. Stattdessen benutzte man das vom Italienischen abgeleitete „konfin“, Erben 1922, S. 5–7. 113 *DRW, Bd. 8 (1984–1991), Sp. 444f.; für den dörflichen Kontext wird hier bereits für 1393 ein Beleg genannt.

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Die ursprüngliche Wortbedeutung, wie sie sich aus dem Gebrauch in lateinischen Urkunden ableiten lässt, ist eine doppelte: Der Plural ‚graniciae‘ meint die Außenabmessungen eines Grundstücks und steht in der Regel in Relation zu Begriffen wie ‚campus‘, ‚mansus‘, ‚territorium‘ usw. Der Singular ‚granicia‘ bezeichnet dagegen einen zur Abmessung dienenden Punkt, meist einen Baum bzw. das in diesen eingekerbte Zeichen. Erst die zwischen den Punkten gedachten Linien grenzen ein Stück Land oder im weiteren Sinne ein Territorium ab.114 Ganz in diesem Sinne setzte bereits im 13. Jahrhundert eine Bedeutungsverschiebung ein. Unter ‚granicia‘ oder ‚grenicze‘ wurde immer weniger das einzelne Zeichen als vielmehr die Grenze als solche verstanden.115 Entwicklungsgeschichtlich nicht eindeutig zu trennen ist die Verwendung des Begriffes im privatrechtlichen Bereich einerseits und im öffentlichen Bereich andererseits. Stefan Böckler nimmt an, dass sich schon im Slawischen „eine Ausweitung [des Begriffs] von kleinen, privatrechtlichen (Acker- und Grundstücksgrenzen) zunächst auf größere, öffentliche (Stadt- und Gemeindegrenzen) hin zu umfassenden, staatlichen Grenzen vollzogen“ habe.116 Ähnliches sei auch für andere Grenzterminologien feststellbar.117 Ohne dies hier im Einzelnen nachvollziehen zu wollen, ist der Hinweis insofern interessant, als auch hinsichtlich der noch ausführlich zu erörternden vormodernen Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen eine weitgehende Übereinstimmung zwischen privatrechtlichem und öffentlichem Bereich konstatiert werden kann. Auch hier ist anzunehmen, dass die Entwicklung im überschaubaren privatrechtlichen Bereich einsetzte und die entsprechenden Lösungen bei späteren territorialen Grenzziehungen übernommen wurden.118 Der geschilderte Befund scheint nahezulegen, dass die beiden Begriffe ‚Mark‘ und ‚Grenze‘ in einer inhaltlichen Opposition zueinander standen, wobei ersterer den eher vagen Grenzraum, -streifen oder -saum, letzterer aber die exakte Grenzlinie bezeichnet. Entsprechend dem zeitlich späteren Auftreten des Begriffes ‚Grenze‘ und dessen allmählicher Wanderung nach Westen wäre weiter anzunehmen, dass die Idee der linearen Grenze sich erst relativ spät, nämlich in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts in Ostmitteleuropa entwickelt und sich von dort im deutschsprachigen Raum verbreitet habe, wobei mit Blick auf territoriale Grenzziehungen 114 Kolb 1989, S. 348. Die polnische Überlieferung setzt erst im 14. Jahrhundert ein und ist deshalb für die ursprüngliche Begriffsbestimmung weniger relevant. 115 Kolb 1989, S. 351f. 116 Böckler 2003, S. 177. 117 Böckler 2003, S. 177, Anm. 31. 118 So dezidiert schon Karp 1972, S. 113, 154. Vgl. ausführlich unten Kap. II („Vormoderne Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen“).

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dem Deutschordensterritorium seit seiner Gründung in den 1230er Jahren eine gleichsam katalytische Funktion zukam. Der Wandel der Begrifflichkeit – die Verdrängung von ‚Mark‘ durch ‚Grenze‘ im Sprachgebrauch – hätte sich somit parallel zu einer Veränderung im räumlichen Bewusstsein und in der Praxis der Grenzziehung vollzogen. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, denn in der diesbezüglichen Diskussion wurde bislang kaum berücksichtigt, dass auch ‚Mark‘ im Mittelalter durchaus eine Grenzlinie bezeichnen konnte119 und ‚Grenze‘ gerade in der Frühen Neuzeit vielfach zur Bezeichnung eines (Grenz-)Gebietes verwendet wurde.120 Darüber hinaus war die Praxis der Grenzmarkierung durch Bäume und Zeichen, die ja auf lineare Abgrenzung zielt, für die Neusiedler in den ostdeutschen Kolonisationsgebieten ein durchaus aus dem Altland bekanntes Verfahren.121 Die Übernahme des fremden Wortes dürfte in einer mehrsprachigen Umwelt nicht zuletzt aus der Notwendigkeit erwachsen sein, einen für die Beteiligten beider Seiten eindeutigen Terminus zu verwenden.122 Die angedeuteten Irrwege in der Bewertung des etymologischen Befundes sind nicht rein hypothetischen Charakters, sondern verweisen auf eine in der deutschsprachigen Forschung seit langem etablierte These, wenn nicht sogar eine „Art Dogma auch der gegenwärtigen Geschichtswissenschaft“.123 Diese geht seit dem späten 19. Jahrhundert davon aus, dass Grenzen als lineare Gebilde sich in einem längeren Prozess aus Grenzsäumen entwickelt hätten. Im Früh- und Hochmittelalter hätten dementsprechend keine linearen Grenzen existiert, sondern nur mehr oder weniger breite Streifen unbesiedelten Landes zwischen den Völkern bzw. Herrschaften.124 Mit zunehmender Besiedlung dieser Zwischenräume sei das Problem einer genaueren Abgrenzung akut geworden, was im Zuge der Territorialisierung im Spätmittelalter zu einer Verengung des Grenzsaums zur Grenzlinie geführt habe. Als Urheber dieser These kann Friedrich Ratzel gelten, der sich, wie bereits erwähnt, in seiner „Politischen Geographie“ von 1897 auch mit der Entwicklung politischer Grenzen befasste.125 Die zentrale Grundlage für Ratzels Argumentation 119 Vgl. die Beispiele bei Kolb 1989, S. 355, Anm. 26. 120 Vgl. die Beispiele in *DWB, Bd. 4, I/6 (1935), Sp. 125, 130–132, s. v. Grenze; *DRW, Bd. 4 (1939–1951), Sp. 1096f., s. v. Grenze. 121 Vgl. unten Kap. II.2.2 („Natürliche und künstliche Objekte“). 122 Kolb 1989, S. 355; ähnlich Böckler 2003, S. 194. 123 Böckler 2003, S. 181; vgl. diesbezüglich kritisch bereits Erben 1922, S. 20; Schneider 1993, insb. S. 53f., 63, 67f.; Marti 1999, S. 21; Trapp 1999, S. 319; Jaspert 2007, S. 45f.; einschränkend auch Karp 1972, S. 153f., 166. 124 Helmolt 1896, S. 257, verwirft alle urkundlichen Belege für lineare Grenzen aus dieser Zeit als Fälschungen. 125 Vgl. oben Einleitung 2 („Forschungsstand“).

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bildet die Unterscheidung von „abstrakten“ und „wirklichen“ Grenzen. Erstere seien politisch verhandelt und stimmten als lineare Grenzen mit der ‚Wirklichkeit‘ nur bedingt überein. Denn die Wanderungsdynamik der sich ausbreitenden und zurückziehenden Völker hinterlasse einen kulturell, sprachlich, ethnisch usw. geprägten Grenzsaum. Die „Völkergrenze“ sei also immer ein Saum, keine Linie.126 Diese Vorstellung wendet Ratzel nun zum einen auf die europäische Geschichte und zum anderen auf die außereuropäische Wirklichkeit seiner Zeit an, indem er in chauvinistischer Manier die europäische Vor- und Frühgeschichte mit der afrikanischen und südamerikanischen Gegenwart auf eine Stufe stellt. Er argumentiert dabei von der siedlungsgeschichtlichen Entwicklung her und zeichnet ein eingängiges, wenn auch historisch wohl allzu holzschnittartiges Bild:127 Natürliche Lichtungen, Oasen oder Täler bildeten demnach den Ausgangspunkt von Siedlungen, die somit ursprünglich durch Wald, Wüste oder Gebirge, also mehr oder weniger breite, unbewohnte Gebiete voneinander getrennt gewesen seien. Dieses Prinzip sei von den Menschen im Laufe der Zeit auch auf größere Verhältnisse, also politische Einheiten übertragen worden. Der Zustand der Abgrenzung sei aber nur von gewisser Dauer gewesen, denn durch Handel, Verkehr und Siedlungsentwicklung, aber auch das Ausgreifen von Staatlichkeit seien die Grenzsäume gleichsam kolonisiert worden: In die unbestimmten Räume der Marken griff von den Wohngebieten aus die Besitznahme und Besiedelung familien- und dorfweise über und schob so den Privatbesitz von zwei Seiten her aneinander, so daß endlich kein freier Raum mehr blieb. Oder zwischen schwache Staaten schoben sich Fremde ein.128

Aus dem Grenzsaum seien somit Grenzlinien entstanden, die in der Folge in einem langen historischen Prozess zwischen den Grenzanrainern mit dem Ziel der Sicherung und Vereinfachung zu verhandeln und endgültig festzulegen gewesen seien. Ratzel selbst hat die skizzierte historische Entwicklung nicht weiter ausgearbeitet, einen ersten Ansatz hierzu unternahm vielmehr sein Schüler Hans F. Helmolt. Auch dieser sieht im Wachstum von Wirtschaft und Bevölkerung sowie der „Konsolidation des Staates“ die entscheidenden Faktoren für „die Entwicklung der Grenzlinie aus dem Grenzsaume im alten Deutschland“.129 Helmolt geht davon aus, dass im Frühmittelalter keine linearen Grenzen im und um das Reich bestanden 126 Ratzel 1897, S. 448–451. 127 Ratzel 1897, S. 457–470. 128 Ratzel 1897, S. 464. 129 So der Titel des Aufsatzes von Helmolt 1896, das Zitat ebd., S. 242.

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hätten und weist diesbezüglich auf die relativ ungenauen Grenzbeschreibungen dieser Zeit hin.130 Demgegenüber zeichneten sich die entsprechenden Dokumente der Stauferzeit durch ihre „teilweise geradezu minutiöse[n] Punktation“ aus, so dass anzunehmen sei, „dass man vor dem 12. Jahrhundert eine genaue Linienziehung nur ganz selten nötig hatte. Allgemein setzt dies Bedürfnis erst im 13. Jahrhundert ein. […] Es galt, sich auf begrenztem Boden einzurichten.“131 Damit fällt die Entstehung von linearen Grenzen laut Helmolt mit dem in dieser Zeit einsetzenden Prozess der Territorialisierung zusammen und bildet – vor allem in der Rückprojektion nationalstaatlicher Prinzipien des 19. und frühen 20. Jahrhunderts – ein Konstituens der sich ausbildenden Staaten respektive Territorien. „Der bestimmte Typus von Grenze, der in diesem Prozeß hervortritt, wird dabei als zu dieser politischen Besetzung des Raumes komplementärer äußerer Rahmen, als halt- und formgebendes Korsett derjenigen inneren Umstrukturierungen verstanden, die diese neue Form politischer Organisation kennzeichnet.“132 Den letzten, freilich differenziertesten Schritt im Argumentationsgang vollzog 1972 Hans Jürgen Karp mit seiner Dissertation zu „Grenzen in Ostmitteleuropa während des Mittelalters“.133 Er unterstützt die These einer Entwicklung der Grenzlinie aus dem Grenzsaum im Zuge der Ablösung des Personenverbandsstaates durch den institutionellen Flächenstaat,134 benennt allerdings andere Ursachen als die früheren Autoren. Während Ratzel und Helmolt vor allem ökonomische Motive, nämlich die Besiedlung und Urbarmachung der trennenden Grenzsäume, für die Entstehung der Grenzlinie angeführt hatten, sieht Karp für die von ihm 130 Helmolt 1896, S. 250–254, 258f. Erstmals lasse sich im 11. Jahrhundert bei Adam von Bremen eine Grenze im Bereich des karolingischen ‚limes Saxoniae‘ als Beschreibung einer von Punkt zu Punkt geführten Linie fassen, ebd., S. 253. Vgl. *MGH SS rer. Germ. 2, S. 73f.: „Invenimus quoque limitem Saxoniae, quae trans Albiam est, prescriptum a Karolo et imperatoribus ceteris, ita se continentem, hoc est: Ab Albiae ripa orientali usque ad rivulum, quem Sclavi Mescenreiza vocant. A quo sursum limes currit per silvam Delvunder usque in fluvium Delvundam. Sicque pervenit in Horchenbici et Bilenispring. Inde ad Liudwinestein et Wispircon et Birznig progreditur. Tunc in Horbistenon vadit usque in Travena silvam, sursumque per ipsam in Bulilunkin. Mox in Agrimeshou, et recto ad vadum, qui dicitur Agrimeswidil, ascendit. Ubi et Burwido fecit duellum contra campionem Sclavorum, interfecitque eum; eadem igitur aqua sursum procurrens terminus in stagnum Colse vadit; sicque ad orientalem campum venit Zuentifeld, usque in ipsum flumen Zuentinam. Per quem limes Saxoniae usque in pelagus Scythicum et mare, quod vocant orientale, delabitur.” Zum ‚limes Saxoniae‘ vgl. Hardt 2000, S. 46–49; Schmauder 2000, S. 58–61; sowie jüngst Müller 2013, S. 55–63. 131 Helmolt 1896, S. 259; vgl. auch ebd., S. 257. 132 Böckler 2003, S. 181f. 133 Karp 1972; vgl. hierzu auch Böckler 2003, S. 181–185. 134 So dezidiert Karp 1972, S. 165.

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untersuchten Territorien des deutschen Ostens bzw. die westslawischen Länder, die von der deutschen Ostsiedlung erfasst wurden, ausschließlich politische Mechanismen am Werk.135 In diesem Sinne hatte Lucien Febvre schon 1928 die Überlegungen Ratzels kritisiert und betont: „Nicht von der Grenze, der ‚frontière‘ selbst also muß man ausgehen, um sie zu erforschen, sondern vom Staat.“136 Auch wenn der von Karp bemühten Grenzsaum-These nicht zuzustimmen ist, liefert der Autor für seinen Untersuchungsraum doch wichtige Erkenntnisse. Er kann nachweisen, dass künstliche Grenzlinien in Ostmitteleuropa seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts „zunächst als ein Mittel der inneren territorialen Gliederung der einzelnen Länder, nämlich als ein Instrument der Landesplanung“ entstanden.137 Diese Form der Binnengliederung sei, wie schon Helmolt angemerkt hatte, im Reich bereits durch die Bemühungen der Staufer um einen königlichen Gesamtstaat angestoßen und nach deren Scheitern von den Landesherren im Sinne einer nunmehr territorialen Staatsbildung fortgesetzt worden.138 Im Falle des Deutschordenslandes sei dieses Prinzip auch auf die Außengrenzen übertragen worden, indem sie eindeutig bestimmt und vertraglich abgesichert wurden.139 Dieser Vorgang war laut Karp keine aus der Siedlungsentwicklung erwachsene Notwendigkeit, wie der ursprünglichen Grenzsaum-These zufolge, sondern ging der Kolonisierung der betreffenden Gebiete als politischer Akt voraus.140 Dagegen zeige sich in Böhmen-Mähren, Schlesien und Pommern zwar eine Tendenz zur linearen Abgrenzung nach außen, es lasse sich jedoch nirgends „eine planmäßige Zirkumskription durch den Landesherrn“ feststellen. „Im Allgemeinen vollzog sich der Prozeß der Grenzbildung in dem Maße, wie der Landesausbau im Grenzgebiet voranging; mit fortschreitender kolonisatorischer Erschließung eines Grenzgürtels entstand allmählich eine Grenzlinie, ohne daß über deren Verlauf ein Vertrag abgeschlossen zu werden brauchte.“141 Die konsequente Verräumlichung von Herrschaft im Deutschordensland, die sich in einer planmäßigen und durch Verträge abgesicherten Bestimmung und Markierung der Territorialgrenzen manifestiert, lässt sich aus der spezifischen 135 Karp 1972, S. 155–158. 136 Febvre 1988, S. 32. 137 Karp 1972, S. 157; vgl. auch die detaillierten Belege ebd., S. 114–136. 138 Helmolt 1896, S. 257; Karp 1972, S. 156f. Das ‚Scheitern‘ der angeblichen staufischen Zentralgewalt in seinen Konsequenzen für die Fürsten wird heute differenzierter beurteilt, Schubert 2006, S. 104f. 139 Karp 1972, S. 158–162. Zu den Grenzvereinbarungen vgl. im Einzelnen Neitmann 1986, S. 505–567. 140 Karp 1972, S. 159. 141 Karp 1972, S. 157; vgl. auch ebd., S. 163f.

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Situation und Privilegierung des Territoriums verstehen: Die Landesherrschaft des Deutschen Ordens entstand nicht in Auseinandersetzung mit bereits vorhandenen Herrschaftsbildungen, sondern basierte auf päpstlichen und kaiserlichen Privilegien, insbesondere der kaiserlichen Goldbulle von Rimini von 1226 und deren päpstlicher Bestätigung von 1234.142 Kaiser Friedrich II. sicherte dem Orden den Besitz allen Landes zu, das er gemäß einer Zusage von Herzog Konrad I. von Masowien als Geschenk erhalten oder sich in Zukunft mit Gottes Hilfe in Preußen erwerben würde. Für dieses Land erhielt der Orden das im Reich als Aneignungsrecht für herrenlose Grundstücke bestehende Bodenregal sowie weitere Regalien und nicht zuletzt die eigene Gerichtsbarkeit. „Damit waren dem Orden Hoheitsrechte in einem Umfang übertragen, wie es in jener Zeit sonst nirgends im Deutschen Reich der Fall war.“143 Papst Gregor IX. bestätigte die Landesherrschaft des Deutschen Ordens und nahm das Preußenland „in ius et proprietatem beati Petri“ auf, verlieh das Land aber sogleich dem Orden zu freiem Besitz zurück.144 Bereits 1216 hatte Papst Honorius III. für den Deutschen Orden ein Lehnsverbot ausgesprochen, das jegliche Lehnsbindungen zu geistlichen und weltlichen Herrschaften untersagte und den Orden damit auch von bereits bestehenden Verpflichtungen dieser Art entband. In der Summe sicherten diese Privilegien dem Deutschen Orden in Preußen sowohl vertikal als auch horizontal eine vergleichsweise hohe Autonomie, die einen planmäßigen Aufbau der Landesherrschaft ermöglichte. Hierzu gehörte auch die linerare Abgrenzung des Territoriums nach außen, die damit gleichsam zum Indikator für die Durchsetzung des räumlichen Herrschaftsprinzips avancierte, während in den anderen Regionen des deutschsprachigen Raumes noch personale Strukturen dominierten.145 Schlussendlich folgert Karp, dass sich aus diesem Befund „das allgemeine Gesetz einer Korrelation zwischen Herrschaftsaufbau und Herausbildung der linearen Landesgrenze“ ableiten lasse.146 Karps Interpretation basiert bei aller Differenzierung im Detail auf der von Mayer postulierten Dichotomie von Personenverbandsstaat und institutionellem Flächenstaat.147 Die lineare Grenze gehört in dieser Interpretation zur räumlich 142 Edition der Bulle bei Weise 1967, S. 22–27, dort auch ein ausführlicher Kommentar; vgl. außerdem Karp 1972, S. 160–162. 143 Karp 1972, S. 160. 144 Karp 1972, S. 161. 145 Karp 1972, S. 164f. Die Sonderrolle des Deutschordenslandes bei der planmäßigen und vertraglich abgesicherten Abgrenzung des Territoriums durch lineare Grenzen unterstreicht auch Neitmann 1986, hier insb. S. 506, 560–567. 146 Karp 1972, S. 166. 147 Vgl. hierzu oben Kap. I.1 („Mittelalterliche Herrschaft zwischen Land, Staat und Territorium“).

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angelegten Territorialherrschaft, während der Grenzsaum den vorgängigen personalen Herrschaftsverbänden zugeordnet wird. Mit der Durchsetzung des räumlichen Prinzips wandelte sich folglich auch der Charakter der Grenzen vom Saum zur Linie. Als Vorreiter sowohl hinsichtlich der Verräumlichung als auch der linearen Begrenzung von Herrschaft wird das Deutschordensland des 13. Jahrhunderts identifiziert, was mit Blick auf Karps ostmitteleuropäischen Untersuchungsraum durchaus plausibel ist. Allerdings fragt sich, inwieweit dieser Befund auch auf das gesamte Reich übertragbar ist, war doch die Situation in den ostdeutschen Kolonisationsgebieten notwendigerweise eine andere als die im Altsiedelland. Karp selbst hat darauf hingewiesen, dass lineare Grenzen schon zuvor auch im Reich nachweisbar sind.148 Allerdings erwähnt er diese Beobachtung nur am Rande und bindet sie nicht systematisch in seine Argumentation ein. Aufgrund der angenommenen Dichotomie von Personenverbandsstaat und institutionellem Flächenstaat und der mit diesem Modell verknüpften Grenzsaum-These kann es für Karp keine territorialen Grenzen vor der Territorialisierung geben. Alle früheren Nachweise von linearen Grenzen müssen dementsprechend als Belege für Grenzen im privatrechtlichen Bereich eingeordnet werden. Das heißt nicht, dass die von Karp postulierte „Korrelation zwischen Herrschaftsaufbau und Herausbildung der linearen Landesgrenze“149 grundsätzlich falsch ist. Angesichts der für das Früh- und Hochmittelalter anzunehmenden Vermischung personaler und räumlicher Aspekte im Herrschaftsaufbau ist allerdings ein genauerer Blick auf die Grenzen dieser Zeit zu werfen, um deren territoriale Qualität zu eruieren und den von Karp erstmals für das 13. Jahrhundert postulierten Zusammenhang von Grenze und Herrschaft bereits seit dem 9. Jahrhundert aufzuzeigen. 3.2 Grenzen im frühen und hohen Mittelalter Wie die – freilich durchaus kontroverse – Forschungsdiskussion der vergangenen Jahrzehnte zu ‚pagus‘ (Gau) und ‚comitatus‘ (Grafschaft) ergeben hat, existierten bereits im karolingischen Frühmittelalter lineare Grenzen politischer Einheiten.150 148 Karp 1972, S. 152f. Weiterführende Forschungen fehlen; vgl. zu diesem Desiderat auch Schneider 1993, S. 65f.; Sieber-Lehmann 1996, S. 80; Böckler 2003, S. 190f. Darüber hinaus wären die Entwicklungen in Westeuropa hinsichtlich Grenzziehung und räumlich-territorialer Herrschaft in die Diskussion einzubeziehen; vgl. u. a. Poisson (Hg.) 1992; Pohl/Wood/Reimitz (Hg.) 2001; für Spanien Guichard 1998; Ayala Martinez/ Buresi/Josserand (Hg.) 2001; für England Griffiths/Reynolds/Semple (Hg.) 2003; knapp auch Jaspert 2007, S. 45f. 149 Karp 1972, S. 166. 150 Auf lineare Begrenzungen von Grundbesitz ist hier nicht näher einzugehen. Für Bayern ist

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Eine diesbezüglich dezidierte Haltung vertritt in der jüngeren Forschung Hans K. Schulze, der insbesondere in den alemannischen Grafschaften des 9. Jahrhunderts „klar gegeneinander abgegrenzte Bezirke“ erkennt.151 Dies lasse sich etwa aus einer Urkunde des Alaholfingers Chadoloh I. von 817 erschließen, in der er zugunsten seiner Hörigen verfügte, dass sie nach Übertragung seiner Besitzungen an das Kloster St. Gallen nicht gegen ihren Willen aus der Grafschaft („extra confines comitatus“) vertrieben werden dürften. Für eine solche Aussage muss eine klare Vorstellung über die räumliche Ausdehnung der Grafschaft und ihre Grenzen bestanden haben.152 Noch deutlicher zeigt dies ein Beleg vom Ende des Jahrhunderts. Für die Grenze zwischen den Komitaten Linzgau und Thurgau liegt eine genaue Beschreibung aus dem Jahre 890 vor, in der zunächst die Wasserscheide und dann die Mitte des Rheins bis zum Bodensee als Grenze angegeben werden.153 Die Grafschaft Linzgau bestand neben dem gleichnamigen Gau aus den Nachbargauen Argengau, Schussengau und Rheingau, deren Außengrenzen mit den Grenzen der Grafschaft zusammenfielen.154 Auch die bereits 806 erwähnte Grenze zwischen Klettgau und Hegau war zugleich Grafschaftsgrenze, ebenso wie die von der Wu­tach gebildete Grenze zwischen Klettgau und Alpgau.155 Aus den verschiedenen Quellen zu den karolingischen Reichsteilungen leitet Schulze außerdem ab, dass auch Lothringen aber festzuhalten, dass „bereits im 8. Jahrhundert stets, selbst in unwegsamen Gebieten, von ziemlich genau bestimmbaren Grenzlinien auszugehen [ist], kaum von breiten Grenzsäumen unbebauten Landes“, Bauer 1988, S. 245; gleiches gilt für Hessen, Niemeyer 1968, S. 206. Ein Analogieschluss auf das Vorhandensein politischer Grenzen ist m. E. problematisch, vgl. aber ebd., S. 206: „Was aber in diesen Kleinräumen selbstverständlich war, das kann den sich daraus zusammensetzenden größeren Verwaltungsbezirken logischerweise nicht versagt geblieben sein.“ Auch Karp 1972, S. 112, 166, konstatiert, dass zunächst kleinere Einheiten wie Stadtmarken und Großgrundbesitz mit Grenzlinien markiert wurden, bevor dieses Verfahren für Territorien Anwendung fand. 151 Schulze 1973a, S. 118; vgl. noch einmal pointiert Schulze 1990. Knappe Hinweise zur jüngeren Diskussion jetzt auch bei Stieldorf 2012, S. 10, Anm. 42. 152 „Et illud etiam ratum ducimus ad confirmandum, ut nec per vos nec per successores vestros illius videlicet coenobii extra confines comitatus contra voluntatem eorum ducantur nec in beneficium dentur“, *UB St. Gallen, Bd. 1, S. 219–222, Nr. 228, hier S. 220; vgl. Schulze 1973a, S. 118, 309. Dieser Deutung wurde von Borgolte 1984, S. 165, widersprochen, der ‚comitatus‘ hier als Grundherrschaft interpretiert; Schulze hat demgegenüber seine Position noch einmal bekräftigt, vgl. Zotz 1988, S. 14. 153 „Eodem quippe juramento et comitatus diviserunt terminum inter Durgeuve et Ringeuve, asserentes de Schwarzunegka, ubi aquae adhuc ad nos vergunt, usque ad Manen in medium gurgitem Rheni et inde usque ad lacum Podamicum“, *UB St. Gallen, Bd. 2, S. 281–283, Nr. 680, hier S. 282; vgl. Schulze 1973a, S. 85f., 118f., 309. 154 Schulze 1973a, S. 87. 155 Schulze 1973a, S. 119.

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und Burgund in deutlich voneinander geschiedene Grafschaften geteilt waren. Die Grafschaftsgrenzen waren hier im 9. Jahrhundert Grundlage der neu zu bestimmenden Reichsgrenze, die unter anderem durch die Maas gebildet wurde.156 Im Gegensatz zu diesen wichtigen Hinweisen auf die Linearität frühmittelalterlicher Grafschaftsgrenzen sind die Belege für Bayern, Ostfranken und Sachsen weniger eindeutig.157 Gleichwohl ist Schulze der Auffassung, dass auch hier von festen, in der Regel linearen Grenzen auszugehen ist. „Wenn man […] bedenkt, mit welcher Akribie die Grenzen zwischen den Grafschaften Thurgau und Linzgau beschrieben werden, so wird man kaum annehmen können, daß man sich sonst mit unbestimmten Grenzsäumen begnügt hat.“158 Michael Borgolte hat Schulzes Bild einer gleichsam flächendeckenden Grafschaftsverfassung heftig widersprochen und für Alemannien deutlich differenziert. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass die alemannischen Grafschaften zumindest bis 817 „nicht flächendeckend organisiert und an festen Grenzen voneinander geschieden waren.“159 Das heißt freilich nicht, dass Borgolte das Vorhandensein jeglicher politischer bzw. jurisdiktionell-adminstrativer Grenzen in seinem Untersuchungsraum oder auch in anderen Teilen des Karolingerreiches bestreitet.160 Er verweist aber zu Recht darauf, dass von einer lückenlosen Organisation des Raumes durch Grafschaften nicht überall in gleichem Maße gesprochen werden kann und betont die Variabilität der Grenzziehungen: „In dicht besiedelten Gebieten lassen sich lineare Grenzen der Grafschaften erkennen, anderswo trennten breite Waldsäume die gräflichen Bezirke.“161 Für unseren Zusammenhang ist die Frage, ob und wie konsequent im fränkischen Reich eine Grafschaftsverfassung umgesetzt wurde, die den Raum flächendeckend mit jurisdiktionell-adminstrativen Einheiten mittlerer Größe überzog, letztlich sekundär.162 Entscheidend ist die Existenz linearer Grenzen bereits im frühen Mittelalter als solche, erweisen doch auch verstreut vorliegende Belege das Vorhandensein eines entsprechenden räumlichen Herrschaftsverständnisses. Wichtig ist hier, wie mit Blick auf die Vormoderne insgesamt, die Einsicht, dass räumliches und personales Herrschaftsverständnis sich nicht gegenseitig 156 Schulze 1973a, S. 306f.; so auch Nonn 1983, S. 50. 157 Schulze 1973a, S. 163, 233, 290. 158 Schulze 1973a, S. 310. 159 Borgolte 1984, S. 248. Zur Kritik an Schulze vgl. ebd., S. 18f. und passim. 160 Vgl. nur die Ausführungen zum Linzgau, Borgolte 1984, S. 187–197. 161 Borgolte 1989, Sp. 1635. 162 Zum Forschungsstand vgl. Schulze 1973a, S. 15–32; Nonn 1983, S. 35f., 40–44; Borgolte 1984, S. 11–19; Zotz 1988; Holzfurtner 1994, S. 5–9; Nonn 1998; Puhl 1999, S. 3–7; sowie in jüngerer Zeit Bauer 2000, S. 3–6; Hechberger 2005, S. 194–201; Jehle 2015.

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ausschlossen, die Dichotomie von mittelalterlichem Personenverbandsstaat und spätmittelalterlich-frühneuzeitlichem Flächenstaat also kaum der historischen Realität entsprochen haben dürfte. Vielmehr scheint bereits im Frühmittelalter von einer komplexen Gemengelage unterschiedlicher Herrschaftsstrategien oder zumindest Herrschaftspraktiken auszugehen zu sein, wobei personale und räumliche Momente von Region zu Region und Herrscher zu Herrscher in einem unterschiedlichen Mischungsverhältnis auftraten. Ein schönes Beispiel für die Komplexität dieses Herrschaftsgefüges sind die von Erwin Kupfer für die bayerischen Grafschaften in der Karolingerzeit aufgezeigten Verhältnisse. Der Autor rekonstruiert zunächst die Einzugsbereiche der gräflichen Dingorte als administrative Mittelpunkte der Grafschaften und stellt fest, dass es keine topographischen Überschneidungen der einzelnen Amtsbereiche gab und daher eine relativ genaue Vorstellung von der räumlichen Erstreckung der Grafschaften bestanden haben muss.163 Bei der Analyse der in den Gerichtsprotokollen für das 9. Jahrhundert überlieferten Streitobjekte zeigt sich jedoch, dass die Grafen auch über Liegenschaften außerhalb ihres eigentlichen Verwaltungssprengels verfügten, ihre Befugnisse also nicht räumlich begrenzt waren. Vordergründig ergibt sich daraus ein wichtiges Argument gegen die Existenz von linearen Grafschaftsgrenzen, wie auch Kupfer betont.164 Bei genauerer Betrachtung der betroffenen Personengruppen ist der Befund allerdings zu differenzieren: Der Grafschaftsraum sei nur mit Blick auf die rechtlichen Befugnisse über solche Personen von Bedeutung gewesen, die nicht dem Gefolgschaftsverband des Grafen angehörten, also Geistliche, Frauen, Kinder und Angehörige gesellschaftlicher Randgruppen. Demgegenüber besaß der Graf weitreichende Rechtskompetenzen über die adeligen Mitglieder seines Grafschaftsaufgebots. Diese Kompetenzen oblagen keiner räumlichen Beschränkung. Vielmehr zeigte sich, daß der Graf die rechtliche Handhabe über seine Gefolgsleute auch außerhalb seines unmittelbaren Amtsgebietes zum Anspruch bringen konnte.165

Diese Beobachtungen stellen die Existenz frühmittelalterlicher Grafschaftsgrenzen nicht in Frage, spielte die genaue räumliche Ausdehnung der Grafschaften doch zumindest für die Herrschaft über einen Teil der Bevölkerung eine zentrale Rolle. Zugleich bewahren die Ergebnisse von Kupfers Untersuchung aber vor einer Verabsolutierung dieser Grenzen, da sie offenbar den gräflichen Zugriff nicht in jeglicher Hinsicht limitierten. Sichtbar wird damit die Gemengelage von stärker 163 Kupfer 2003, S. 11. 164 Kupfer 2003, S. 12, 17. 165 Kupfer 2003, S. 17.

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personenverbandlich ausgerichteten Herrschaftspraktiken auf der einen und stärker räumlich – an Grenzen – orientierten Herrschaftspraktiken auf der anderen Seite. Beides war zu dieser Zeit offensichtlich miteinander vereinbar. Neben den genannten Befunden ist bezüglich der frühmittelalterlichen Grafschaftsgrenzen auf die Ergebnisse verschiedener jüngerer Regionalstudien einzugehen:166 Wilhelm Niemeyer kommt in seiner Arbeit zum hessischen Raum zu dem Schluss, dass die Einführung der Grafschaftsverfassung beim Übergang vom siedlungsbestimmten Urgau zum eher herrschaftlich geprägten Großgau „äußerlich ihren Ausdruck in scharfen, durch Wasserscheiden und Flußläufe bestimmten Grenzlinien fand“.167 Angesichts der oben angeführten Differenzierungen von Borgolte dürfte dies zwar etwas zu optimistisch sein.168 Niemeyers Arbeit lassen sich gleichwohl diverse Hinweise auf die Linearität von Gau- und Grafschaftsgrenzen im späten 8. und im 9. Jahrhundert entnehmen.169 Festzustellen ist dabei zum einen eine Anlehnung an provinzialrömische Grenzen, nämlich den Limes, und zum anderen die Bestimmung von Wasserläufen wie Nahe, Weschnitz, Rhein, Lahn, Walluf, Schwarzbach oder Main als Grenzlinien. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Überlegung, dass gerade die ‚natürlichen‘ Flussgrenzen nicht aufgrund von natürlichen Besiedlungsvorgängen, sondern durch administrative Setzungen entstanden sein müssen, „weil normalerweise Flüsse und Bäche innerhalb eines natürlichen Siedlungsraumes niemals eine trennende Funktion besitzen. Als Konvergenzräume wirken ihre Täler vielmehr wie Sammeladern, die im Allgemeinen die Uferanwohner eher verbinden als trennen.“170 Die Künstlichkeit der natürlichen Grenzen zeigt sich auch darin, dass im Norden des Maingaus ein verlandeter Altarm der Kinzig die Grenze bildete.171 Ausschlaggebend für die Grenzziehung war also nicht das siedlungstechnische Erreichen eines natürlichen Hindernisses, wie es Helmolt als Entstehungsgrund der linearen Grenze postuliert. 166 Für die ältere Literatur ist insb. auf die Arbeiten von Gotthold Wagner zu verweisen, der systematisch versucht hat, die früh- und hochmittelalterlichen Grafschaften in Franken, Hessen, Sachsen sowie im Rhein-Main-Gebiet und deren Grenzen zu rekonstruieren, Wagner 1948; Wagner 1954a; Wagner 1954b; Wagner 1955; Wagner 1956. Vgl. hierzu die kritische Einordnung von Jehle 2015, S. 21, 28f. 167 Niemeyer 1968, S. 62. 168 Grundsätzlich wird Niemeyers Zweischichtenmodell in der Forschung akzeptiert, Nonn 1983, S. 36, 210, 248; Nonn 1998, S. 473; Bauer 2000, S. 5. 169 Vgl. zum Folgenden Niemeyer 1968, S. 197–209. 170 Niemeyer 1968, S. 201f.; vgl. auch die Beispiele bei Nonn 1983, S. 212. Diese Ambivalenz von Flüssen als (künstlichen) Grenzen einerseits und (natürlichen) Bindegliedern andererseits betont auch Rüther 2007. 171 Niemeyer 1968, S. 201.

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Vielmehr eignete dem natürlichen Hindernis eine Zeichenhaftigkeit, die bei der administrativ-politischen Grenzziehung zum Zwecke der Einschreibung der linearen Trennlinien in die Landschaft genutzt wurde. Diese Grenzen waren, wie Niemeyer gegen Heinrich Mitteis betont, alles andere als bedeutungslos. Letzterer ging davon aus, dass sich die Intensität gräflicher Amtsgewalt vom Zentrum zu den Rändern abschwächte. Niemeyer kann dagegen nachweisen, dass gerade das Gegenteil der Fall war und die Herrschaftsausübung der Grafen besonders deutlich in Grenznähe zu fassen ist. Grenzen spielten also in herrschaftsräumlicher Beziehung eine entscheidende Rolle.172 An Niemeyers Erkenntnisse hat Ulrich Nonn mit seiner Arbeit zur politischen Raumgliederung im frühmittelalterlichen Niederlothringen angeknüpft. Während er für die Merowingerzeit „ein dichtes Netz von linear abzugrenzenden Grafschaften – etwa im Sinne moderner Landkreise“ als anachronistisch ablehnt,173 kann der Autor in der Karolingerzeit für die Gaue und Grafschaften seines Untersuchungsraums zahlreiche solcher Grenzen nachweisen. Sie lassen sich vielfach auf die römische Provinzialgliederung zurückführen und lehnten sich wie diese an die naturräumlichen Gegebenheiten an.174 Rhein und Schelde sowie teilweise Rhône und Saône bildeten im Vertrag von Verdun von 843 die Grenzen des Mittelreichs,175 870 erfolgte im Meersener Vertrag die Teilung desselben entlang der Maas.176 Rhein, Schelde und Maas bildeten auch die Grenze verschiedener Gaue, desgleichen Ijssel, Dijle und Vinxtbach. Darüber hinaus lässt sich in diesem Gebiet eine Wasserscheide als Grenze festmachen. Neben diesen linearen Grenzen werden verschiedene Sumpf- und Moorgebiete sowie Wälder als Grenzen bzw. Grenzzonen definiert. All diese Grenzen waren zwar an naturräumliche Gegebenheiten angelehnt, aber nicht natürlich, das heißt zwangsläufige Begrenzungen menschlicher Siedlung im Sinne der Helmolt’schen Grenzsaum-These. Vielmehr lassen sie auf administrative Setzungen schließen, was nicht zuletzt daraus abzuleiten ist, 172 Niemeyer 1968, S. 207; vgl. auch Schulze 1973a, S. 335; Nonn 1983, S. 42f., 215. 173 Nonn 1983, S. 252. 174 Vgl. zum Folgenden Nonn 1983, S. 209–215; sowie Nonn 1991. Vgl. außerdem zum südlichen Rheinland – aus sprachhistorischer Sicht – Puhl 1999. 175 „Vbi distributis portionibus, Hludouuicus ultra Rhenum omnia, citra Renum uero Nemetum, Vangium et Mogontiam ciuitates pagosque sortitus est; Hlotharius intra Renum et Scaldem in mare decurrentem, et rursus per Cameracensem, Hainaum, Lomensem, Castricium et eos comitatus qui Mosae citra contigui habentur usque ad Ararem Rhodano influentem, et per deflexum Rhodani in mare, cum comitatibus similiter sibi utrique adherentibus“, *Grat/Viellard/Clémencet (Hg.) 1964, S. 44f. 176 *MGH Capit. 2, S. 193–195, Nr. 251. Vgl. zur Maas als Grenzfluss im Mittelalter allg. Suttor 2010.

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dass sie Veränderungen unterlegen sein konnten. So wurden etwa im Meersener Vertrag alte Gaue durch neu zugeschnittene Verwaltungsgliederungen ersetzt und vermeintlich ‚natürliche‘ Grenzen von neuen abgelöst.177 Abschließend ist die Studie von Ludwig Holzfurtner zu Bayern anzuführen. Bereits für das merowingerzeitliche Herzogtum der Agilofinger sei davon auszugehen, dass die Grafen über abgegrenzte Bezirke geboten. Der Autor schließt dies hauptsächlich aus einer Stelle in der „Lex Baiwariorum“, in der es heißt, dass jeder Freie, der sich in einem ‚comitatus‘, also in einem offensichtlich räumlich definierten Bezirk aufhalte, verpflichtet sei, am Grafending teilzunehmen.178 Auch für die karolingische Zeit sei mit festen Grenzen zu rechnen, wenn etwa in den Kapitularien Verbrecher erwähnt werden, die von einer in die andere Grafschaft flöhen.179 „Tatsache ist […], daß es feste Grenzen gab – innerhalb wie außerhalb Bayerns, und sie sind oft genug belegt, daß man von ihrem grundsätzlichen Bestehen ausgehen kann.“180 Diese Organisation der Grafschaften mit festen Grenzen ist auch in der Folgezeit stabil geblieben, entsprechende Nachweise finden sich für Bayern bis in das 11. Jahrhundert. Am Ende dieser Belegkette stehen zwei Diplome Kaiser Heinrichs III. von 1052, in denen sogar ausdrücklich von einem „comitatus terminatus“ bzw. „determinatus“ die Rede ist.181 Auch für Sachsen wurde in jüngerer Zeit argumentiert, dass es dort im 11. Jahrhundert feste Grafschaftsgrenzen gegeben habe, ansonsten wurde das Problem für das Hochmittelalter bislang noch nicht untersucht.182 Seit der Mitte des 11. Jahrhunderts veränderte sich die Grafschaftsorganisation in einschneidender Weise.183 Die Grafen des Hochmittelalters stützten sich in ihrer 177 Nonn 1983, S. 212. 178 „Et omnes liberi conveniant constitutis diebus, ubi iudex ordinaverit. Et nemo sit ausus, con­ temnere venire ad placitum qui infra illum comitatum manent sive regis vassus sive ducis, omnes ad placitum veniant et qui neglexerit venire, damnetur XV solidi“, *MGH LL nat. Germ. 5,2, S. 308; vgl. Holzfurtner 1994, S. 32f.; sowie insg. die Kritik an Holzfurtner von Kupfer 2003. 179 „De latronibus et malefactoribus, qui de una comitatu ad alium confugium fecerint, si quis eos receperit in suam potestate et septem noctibus secum detenuerit, nisi ad praesentandum, nostrum bannum solvat“, *MGH Capit. 1, S. 68–70, Nr. 26, hier S. 70; vgl. Holzfurtner 1994, S. 33. 180 Holzfurtner 1994, S. 36; vgl. auch Holzfurtner 1999, S. 17. Vgl. für Bayern auch die Ergebnisse von Loibl 1997, S. 253–265. 181 *MGH DD H III, S. 381f., Nr. 280; ebd., S. 382, Nr. 281; vgl. Holzfurtner 1994, S. 36, Anm. 128, mit weiteren Belegen. 182 Brüsch 2000, S. 204–211. 183 Vgl. zum Folgenden ausführlich Holzfurtner 1994, insb. S. 289–375; sowie zusammenfassend Holzfurtner 1999.

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Herrschaftsausübung nicht mehr allein auf die ursprünglichen gräflichen Rechte, die sie in ihrer Funktion als königliche Amtsträger bzw. Inhaber von Amtslehen ausübten, sondern verbreiterten ihre Herrschaftsbasis durch Kirchenvogteien oder eigene Grundherrschaften, teilweise auch beides.184 Wenngleich die durch die ursprünglichen gräflichen Rechte gegebene Herrschaftskontinuität weiterhin eine gewisse Rolle spielte, wurden diese Herrschaftselemente seit der Mitte des 11. Jahrhunderts zunehmend wichtiger.185 Zum einen entwickelte sich die Vogtei zu einem königlichen Amt und es gelang den Vögten dieses Amt faktisch erblich zu machen. Zugleich kam der Vogtei durch die stetige Vergrößerung des kirchlichen Besitzes im 11. und 12. Jahrhundert eine immer größere und raumgreifendere Bedeutung zu. Zum anderen konzentrierte sich der Großgrundbesitz auf immer weniger Familien, deren Erben „mit die erfolgreichsten unter den herrschaftsbildenden Dynasten des hohen Mittelalters“ waren.186 Schließlich erwuchsen Grundherren und Vögten weitere Kompetenzen dadurch, dass sich in dieser Zeit zahlreiche Freie in die leibrechtliche Abhängigkeit eines Herrn begaben. Der genaue Umfang dieses Prozesses ist allerdings unklar.187 Insgesamt ergab sich aus den benannten Verschiebungen eine Auflösung der alten Ordnung und zwar nicht nur im politischen und verfassungsrechtlichen Sinne mit Blick auf die Funktion und die Rechte der Grafen, sondern auch in herrschaftsräumlicher Hinsicht.188 Denn die gräflichen Grund- und Vogteiherrschaften orientierten sich naturgemäß am adligen bzw. geistlichen Grundbesitz und nicht an den administrativen Grenzen der Karolingerzeit. Dementsprechend lassen sich, wie Holzfurtner für Bayern festgestellt hat, kaum Übereinstimmungen der alten mit den neuen Grafschaftsgrenzen finden.189 Die neuen Grenzen verschoben sich nur gelegentlich in die eine oder andere Richtung, häufiger war die vollständige Neuorientierung. Teilweise zeigt sich auch eine Verunklarung des linearen Grenzverlaufs im Sinne einer „Übergangszone mit sich ineinander verzahnenden Rechten und Zuständigkeiten.“190 184 Holzfurtner 1999, S. 22f. 185 Holzfurtner 1994, S. 329–352; Holzfurtner 1999, S. 24–28. 186 Holzfurtner 1999, S. 28. 187 Holzfurtner 1994, S. 313–329; Holzfurtner 1999, S. 28. 188 Holzfurtner 1994, S. 308f.; Holzfurtner 1999, S. 23f. Hierzu passt der sprachhistorische Befund für den Saar-Mosel-Raum von Puhl 1999, S. 510, 515f., dass die Verwendung der frühmittelalterlichen Termini ‚pagus‘ und ‚comitatus‘ als Raumbestimmungselement zu Beginn des 12. Jahrhunderts endet. Verwandt werden stattdessen Landschaftsnamen und andere Raumbezeichnungen. Um Eindeutigkeit zu erlangen, wird die Lage von Orten häufiger auch durch Bistumszugehörigkeit spezifiziert. 189 Holzfurtner 1999, S. 22. 190 Holzfurtner 1999, S. 22.

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Kupfer hat in jüngerer Zeit das von Holzfurtner entworfene Bild der (teilweise) aufgelösten Grafschaftsgrenzen kritisiert und demgegenüber die Ansicht vertreten, „daß der stete Siedlungs- und Herrschaftsausbau die Ausbildung von Grafschaftsgrenzen begünstigte – und nicht umgekehrt.“191 Diese Kritik basiert auf Kupfers grundlegender Ablehnung der Existenz karolingischer Grafschaftsgrenzen und einer Verzerrung von Holzfurtners Befund.192 Denn dieser spricht nicht davon, dass es im Hochmittelalter im Gegensatz zur Karolingerzeit keinerlei Grafschaftsgrenzen mehr gegeben habe. Vielmehr weist er auf die bemerkenswerten Grenzverschiebungen und die Tatsache hin, dass die Grenzen teilweise aufgrund neu definierter Herrschaftsgrundlagen ihre Eindeutigkeit verloren. Gerade Letzteres ist aus der Perspektive des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit ein durchaus einleuchtender Befund, resultierten doch die zahlreichen territorialen Grenzstreitigkeiten dieser Epoche aus der von Holzfurtner festgestellten Überlappung von Rechten und Zuständigkeiten mit jeweils eigener Reichweite. Treffend bemerkte etwa Kurfürst Ludwig III. von der Pfalz 1428 hinsichtlich der Grenzen seines Territoriums, dass „wir und andere fürsten, graven, fryen herren, ritter und knechte und auch gemeinschaffte der stedte an manchen enden zusammen stößende und an ettlichen enden fast untereinander gemenget sind“.193 Jedes Herrschaftsrecht markierte eine eigene Grenze und es war eine der wichtigsten territorialpolitischen Aufgaben des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit herauszufinden bzw. zu verhandeln, welches dieser Rechte denn die Landesherrschaft und damit die eindeutigen Grenzen des Territoriums definierte. Wie die oben bereits diskutierte Arbeit von Karp gezeigt hat, scheint dieses Problem im Herrschaftsgebiet des Deutschen Ordens in Preußen bereits frühzeitig gelöst worden zu sein, was sich aus den spezifischen territorialpolitischen Voraussetzungen dieses aus der Kolonisation des ostmitteleuropäischen Raumes entstandenen Gebildes erklärt.194 In anderen Regionen bestimmte dieser Prozess dagegen die gesamte spätmittelalterlich-frühneuzeitliche Entwicklung. Gleichwohl finden sich auch hier schon im 12. und 13. Jahrhundert, also durchaus parallel zur Entwicklung im Osten, Hinweise auf territoriale Grenzen, die im folgenden Kapitel näher diskutiert werden.195 Zunächst sei jedoch noch eine weitere territorialpolitische Organisationsebene des frühen und hohen Mittelalters angesprochen, nämlich die der Herzogtümer 191 Kupfer 2003, S. 17. In diese Richtung deutet auch der Befund von Schulze 1963, S. 95f., für die ostsächsischen Grafschaften. 192 Kupfer 2003, insb. S. 2f. 193 Zit. nach Schubert 2006, S. 6. 194 Karp 1972; vgl. oben Kap. I.3.1 („Grenzterminologien“). 195 Vgl. unten Kap. II („Vormoderne Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen“).

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(‚ducatus‘). Die Entstehung derselben ist in der Forschung seit jeher umstritten, wobei die im Laufe der Zeit vorgelegten Modellierungen dieses Prozesses nicht selten auf den jeweils aktuellen ideologischen Grundlagen basierten.196 Für die nationalstaatlich orientierte Geschichtswissenschaft des 19. Jahrhunderts provozierten die Auflösung des Karolingerreiches und die Formierung eines ostfänkischen und eines westfränkischen Reiches konsequenterweise die Frage nach dem Beginn der deutschen Geschichte bzw. dem Beginn eines deutschen Reiches. Die Entwicklung einer neuen territorialen Ordnung im Ostreich wurde vor allem dem Wiedererstarken der älteren, mindestens völkerwanderungszeitlichen germanischen Stämme zugeschrieben, die sich als ethnische Gruppen aus dem zerfallenden Großreich ausgliederten und mit dem nunmehr ‚jüngeren Stammesherzogtum‘ zu neuer Staatlichkeit fanden. Aufgrund prosopographischer Untersuchungen konnte Gerd Tellenbach aber bereits 1939 zeigen, dass sich die Träger des sogenannten Stammesherzogtums aus dem karolingischen Reichsadel und dessen Nachfahren rekrutierten.197 Die späteren Stammesherzöge erschienen in dieser Perspektive weniger als Repräsentanten eines ‚Stammes‘ […], sondern weit eher als schon etablierte Adlige, die ihre Herrschaftsgebiete nach dem Machtverfall des Königtums und dem schließlichen Ende der karolingischen Dynastie zwar erheblich vergrößerten, im Grunde aber weiterführten.198

Diese Forschungsposition stieß in ihrer Zeit auf massive Kritik, was angesichts der ‚völkischen‘ Orientierung der Geschichtswissenschaft im Nationalsozialismus wenig verwunderlich ist. Aber auch in den ersten Nachkriegsjahrzehnten hielt der Mainstream der Forschung an der ‚gentilen‘ Deutung der älteren ‚deutschen‘ Geschichte fest. Erst in den 1970er Jahren gelang mit der Arbeit von Hans-Werner Goetz der entscheidende Paradigmenwechsel. Auf der Grundlage umfassender begriffsgeschichtlicher Studien verwarf der Autor die Vorstellung eines ‚jüngeren Stammesherzogtums‘.199 Der Dukat des 9. Jahrhunderts hat laut Goetz ebensowenig wie die Herzogswürde eine ethnische Grundlage. Vielmehr handele es sich bei den Herzogtümern um Fürstentümer auf der Grundlage adligen Eigenbesitzes, die 196 Vgl. zum Folgenden die konzisen Ausführungen von Becher 1996, S. 9–24; Hechberger 2005, S. 217–247; vgl. außerdem den magistralen Überblick zum Forschungsstand von Goetz 1977, S. 23–92. 197 Tellenbach 1939, insb. S. 41–69; vgl. auch Tellenbach 1956. 198 Hechberger 2005, S. 219. 199 Goetz 1977, insb. S. 409–431. Vorbereitet war dieser Weg bereits durch die Arbeiten von Karl Ferdinand Werner und Karl Brunner, ebd., S. 62–65, 409.

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vom König nach ihrem Aufstieg zu besonders mächtigen Herrschaften mit diesem Titel bedacht wurden: „Der König erkannte die Fürsten (nachträglich) in ihrer verfassungsgeschichtlichen Stellung als ‚principes‘ unter den Adelsgeschlechtern an und bezog sie zugleich in die Reichsverwaltung ein, indem er sie zu ‚duces‘, zu seinen Beauftragten in bestimmten Gebieten, machte und ihnen amtliche Verwaltungsaufgaben übertrug.“200 In dieser Perspektive kommt den Herzögen die Rolle königlicher Amtsträger zu. Die ‚Stämme‘ spielten für diese herrschaftspolitischen Entwicklungen keine Rolle, sondern bildeten sich – in Umkehrung zu der von der älteren Forschung postulierten Auferstehung der Stämme aus den Trümmern des karolingischen Reiches und ihrem Anknüpfen an ein ‚älteres Stammesherzogtum‘ – erst in dieser Zeit. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf eine schon 1961 von Reinhard Wenskus auf breiter empirischer Grundlage angestoßene Diskussion über die „Stammesbildung“.201 Im Gegensatz zur älteren, biologistisch argumentierenden Forschung historisierte Wenskus diesen Prozess und zeigte anhand der Stämme bzw. ‚gentes‘ der Völkerwanderungszeit, dass diese keine statischen Einheiten darstellten, sondern der politisch bedingten Dynamik ständiger Um- und Neubildungen unterworfen waren. Eine Einheit und Kontinuität ergab sich weniger aus der gemeinsamen Abstammung als vielmehr dem Glauben an eine solche, letztlich also aus einer Art „invention of tradition“.202 Wenskus’ für die Völkerwanderungszeit entwickeltes Modell wurde mit Gewinn auf die ‚gentes‘ des fränkischen Reiches übertragen; deren ‚Ethnogenese‘ wird heute – im Einklang mit den Untersuchungen von Goetz – in die späte und nachkarolingische Zeit datiert.203 Weitgehend ungeklärt scheint die Frage nach den Grenzen der Herzogtümer zu sein. Wenn freilich die Strukturen des fränkischen Reiches „als die wichtigste Voraussetzung für das Entstehen der Herzogtümer anzusehen“ sind, wie Mat­thias Becher schreibt,204 dürfte dies auch für die räumliche Herrschaftsgliederung gelten. Denn dass das karolingische Reich durch Grenzen definierte Herrschaftsräume kannte, ist aufgrund der diskutierten Belege für die Grafschaften hinreichend gesichert. Und auch auf der übergeordneten Ebene des Reiches spielten Grenzen eine Rolle, wie die oben erwähnten Reichsteilungen des 9. Jahrhunderts belegen, 200 Goetz 1977, S. 413. 201 Wenskus 1961. 202 Vgl. ausführlich zu den betreffenden Herkunftserzählungen, den sog. ‚origines gentium‘, Plassmann 2006; zum Konzept der ‚invention of tradition‘ Hobsbawm/Ranger (Hg.) 1983. 203 Vgl. etwa für Sachsen Becher 1996. 204 Becher 1996, S. 20.

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bei denen für die Umschreibung der neuen Teilreiche Flussläufe und bestehende Grafschaftsgrenzen herangezogen wurden.205 Es wäre sicher nicht ganz abwegig anzunehmen, dass in ähnlicher Weise bei der Konstruktion der Grenzen der Herzogtümer verfahren wurde. In diesem Sinne betont Karl Ferdinand Werner das Territorialprinzip in der Verwaltung des fränkischen Reiches und hebt die Kontinuität „von den ‚regna‘ des Frankenreichs zu den ‚deutschen‘ Landen“ einschließlich ihrer Grenzen hervor.206 Er unterscheidet drei Ebenen der Herrschaftsorganisation, die in den Quellen mit dem Begriff ‚regnum‘ bezeichnet werden, erstens das „Gesamt­ reich“ (r1), zweitens die aus der Teilung von 843 hervorgegangenen „Großreiche“ Ost-, Mittel- und Westreich (r2) sowie drittens die für unseren Zusammenhang interessierenden „Kleinreiche“ (r3). An der Spitze dieser Kleinreiche (neben ‚regnum‘ begegnen auch die Bezeichnungen ‚provincia‘, ‚regio‘, ‚patria‘, ‚partes‘ oder der Name der jeweiligen Region) standen vom König eingesetzte Adlige, die als Unterkönige, ‚dux‘, ‚praefectus‘ oder ‚marchio‘ die betreffenden Provinzen verwalteten und deren Stellung im Laufe der Zeit erblich wurde. Die Kleinreiche waren also zunächst Verwaltungseinheiten des Gesamtreiches wie später eines Großreiches und somit in die „fränkische Regnastruktur“ unmittelbar eingebunden. Entscheidend für die Bildung der ‚regna‘ waren laut Werner – ganz im Sinne der oben diskutierten Forschungen von Goetz – politische Prozesse, nicht ethnische Zusammenhänge. Erst durch die politische Struktur habe sich „im allein maßgeblichen Adel auf territorialer Grundlage ein starkes Solidaritätsbewußtsein ausgebildet, ganz gleich, ob eine ältere, inzwischen meist stark frankisierte ‚gens‘ zugrunde lag […] oder nicht. Es fand Angleichung im Innern, und eine gewisse Absonderung nach außen statt.“207 Im Laufe des 10. Jahrhunderts erlangten die 205 Jüngst hat Heinemeyer 2012, S. 68, darauf hingewiesen, dass die karolingischen Reichsteilungen von der Grenzforschung kaum beachtet worden seien. Vgl. allerdings ausführlicher zu den räumlichen Aspekten bereits Nonn 1983, S. 54–56; für die ältere Forschung Henze 1939, S. 225–251. Zur Wahrnehmung der durch die Reichsteilungen entstandenen Grenzen in der karolingischen Historiographie vgl. Goetz 2001, S. 79–81: „The Frankish historiographers not only seem to have had a clear concept of their ‚state‘ or political order, but they also assumed that the realms of their time had clear borders“ (S. 79). „The Carolingian authors perceived kindgdoms (the Frankish Kingdom as well as its constituent kingdoms, the ‚Teilreiche‘) as geographical units with clear borderlines” (S. 81). Demgegenüber betont Strothmann 2005 die Bedeutung von Orten für die karolingische Raumorganisation und Herrschaftsordnung: „Die notwendigen klaren Grenzen sind sodann die Folge der Herrschaftsordnung und nicht ihre Voraussetzung“, ebd., S. 267. 206 So der Titel des zusammenfassenden Überblicks von Werner 1994; vgl. zum Folgenden auch die grundlegenden Aufsätze von Werner 1984a, Werner 1984b; zusammenfassend Becher 1996, S. 21f.; Hechberger 2005, S. 222–225. 207 Werner 1994, S. 74.

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Adligen an der Spitze der Kleinreiche eine herzogliche respektive fürstliche Stellung. Die ‚regna‘ können dementsprechend laut Werner als Ausgangspunkt für die Entwicklung der (autonomen) Fürstentümer (‚principatus‘) bzw. Landesherrschaften angesehen werden, wobei der Autor explizit von einer Kontinuität von Raum und Grenzen dieser Herrschaftsbereiche ausgeht.208 Im Einzelnen wären diese Thesen durch regionale Fallstudien zu untermauern, was im Rahmen der vorliegenden Arbeit freilich nicht zu leisten ist und einer künftigen mediävistischen Forschung zu territorialen Grenzen vorbehalten bleiben muss.209 Werner liefert mit seiner regna-Theorie jedoch, und das ist für unsere These einer bereits im Früh- und Hochmittelalter vorhandenen Vorstellung territorialer Grenzen entscheidend, ein Gegenmodell zu der von Karp und anderen aufgestellten Behauptung, herrschaftsräumliche Grenzen seien zuallererst im Deutschordensland des 13. Jahrhunderts gezogen worden. Zusammen mit den Belegen zu Grafschafts- und Reichsgrenzen ergibt sich damit bereits für die karolingische Zeit ein recht differenziertes Bild politischer Grenzen. Wie Holzfurtner gezeigt hat, verunklart sich dasselbe zumindest für die Grafschaftsgrenzen seit dem 11. Jahrhundert. Ob dies auch auf der Ebene der Fürstentümer der Fall ist, wurde bislang noch nicht untersucht. Es ist aber durchaus wahrscheinlich, geht doch die Forschung zu den spätmittelalterlichen Landesherrschaften recht einhellig davon aus, dass diese durch die Akkumulation verschiedener Herrschaftsrechte entstanden seien und damit zwangsläufig zu neuen Grenzen finden mussten.210 Die von Werner vermutete Kontinuität von den karolingischen ‚regna‘ zu den spätmittelalterlichen Fürstentümern kann damit freilich als hinfällig angesehen werden: Die Grenzen der spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Flächen- respektive Landesherrschaft sind nicht auf die karolingischen Verwaltungsstrukturen zurückzuführen, sondern vielmehr auf die Bemühungen der Fürsten um eine 208 „Les roi-adjoints (Unterkönige) carolingiens ont précédé, dans les mêmes régions ayant les mêmes frontières, les ducs non-carolingiens et post-carolingiens. C’est dire l’origine carolingienne du pouvoir des derniers nommés“, Werner 1984b, S. 307. 209 Die Kontinuität von den Herzog- resp. Fürstentümern des 10. bis 12. Jahrhunderts zu den Landesherrschaften des Spätmittelalters ist als solche nicht umstritten, vgl. Goetz 1989a; Goetz 1989b. Auch wenn die regna-Theorie also „auf dem Weg zur herrschenden Lehre“ ist, bleiben hinsichtlich der räumlichen Kontinuität Zweifel, vgl. zusammenfassend Hechberger 2005, S. 224f. So anerkennt etwa Goetz 1989a, Sp. 1032, grundsätzlich die Bedeutung der ‚regna‘ für die Entstehung der Fürstentümer, bemerkt aber einschränkend: „Trotz weitgehender Bindung an vorhandene Verwaltungsstrukturen bewahrte das Fürstentum jedoch seinen grundsätzlich offenen Charakter und schloß […] Grenzveränderungen, Abspaltungen und Neubildungen nicht aus, die, v. a. im Westen, schließlich zu einer völligen Umbildung der politischen Landschaft führten.“ 210 Vgl. oben Kap. I.2 („Elemente vormoderner [Flächen-]Herrschaft“).

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administrativ-räumliche Zusammenbindung ihrer mehr oder weniger disparaten Herrschaftsrechte.

4. Fazit: Kontinuität und Wandel territorial-räumlicher Herrschaft Territoriale Grenzen lassen sich als Ausweis und Instrument räumlicher Herrschaft seit dem frühen Mittelalter belegen. Die gängige Forschungsmeinung, sie seien eine Begleiterscheinung des spätmittelalterlichen Territorialisierungsprozesses oder sogar erst Produkt der Frühen Neuzeit, muss dementsprechend revidiert werden: Bereits das karolingische Frühmittelalter kannte ein differenziertes Grenzsystem, das nicht nur die Marken als Grenzräume des Reiches umfasste, sondern auch Grenzen von Grafschaften und – aller Wahrscheinlichkeit nach – der Herzogtümer. Diese Grenzen waren nicht dieselben wie die spätmittelalterlichen Territorialgrenzen. Vielmehr verwischten sie im Laufe des Hochmittelalters und wurden dann nach neuen Prinzipien gezogen. Trotz dieser gegenüber Werner zu betonenden Diskontinuität waren die Jahrhunderte zwischen dem Niedergang der älteren, auf die karolingischen Verwaltungsstrukturen zurückgehenden Grenzen und der Bildung der spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Landesgrenzen keine Zeit ohne Grenzen. Denn die von den späteren Landesherren seit dem 11. Jahrhundert akkumulierten Herrschaftsrechte beinhalteten ja, wie oben ausgeführt, vielfach eine räumliche Komponente und bezogen sich auf bestimmte Flächen mit mehr oder weniger eindeutig definierten Grenzen. Erst recht gilt dies für die seit dem 13. Jahrhundert geschaffenen Ämter, die nicht nur die territoriale Binnengliederung beförderten, sondern auch die Abgrenzung nach außen.211 Wie sich der Übergang von der karolingischen Raumordnung zu den spätmittelalterlichen Territorien in der Umbruchphase des 12. Jahrhunderts konkret gestaltete, ist freilich noch nicht geklärt; es fehlt grundsätzlich an Forschungen, die diese Transformation des politischen Raumes genauer in den Blick nehmen.212 211 Dieses doppelte Ergebnis der Ämterbildung betont Schubert 2001, S. 26, 53. 212 Vgl. die knappen Hinweise zu diesem Problem bei Brendler 1999, S. 131f., am Beispiel des alten Grafendings Kreuzberg, das noch Mitte des 12. Jahrhunderts als Grafschaftsgericht organisiert war, wenngleich unklar ist, ob der Einzugsbereich zu diesem Zeitpunkt noch der alten Duisburg-Kaiserswerther Grafschaft entsprach. Seit dem frühen 13. Jahrhundert unterstand das Gericht dem Herzog von Berg, hatte 1288 die Funktion eines Landgerichts und gehörte schließlich Mitte des 14. Jahrhunderts mit mehreren jüngeren Gerichten zum bergischen Amt Angermund. „Weitgehend im Dunkeln bleibt der Umwandlungsprozeß, in dessen Verlauf sich der Kreuzberger Gerichtssprengel zugunsten neugegründeter Gerichte verkleinerte“, ebd., S. 132.

Fazit: Kontinuität und Wandel territorial-räumlicher Herrschaft

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Eine gewisse Rolle dürfte in diesem Prozess der Rezeption des römischen Rechts zugekommen sein, durch die die aus unterschiedlichen Komponenten zusammengesetzten Herrschaften als ideell geschlossene Raumherrschaften begriffen werden konnten. Die oben diskutierte Grenzsaum-These trägt jedenfalls zur Lösung des Problems wenig bei, denn die hier in Frage stehenden Entwicklungen haben mit dem allmählichen Vorstoß von Siedlung und Herrschaft in einen Grenzsaum, also in eine rechts- und herrschaftsfreie Zone, nichts zu tun. Der betreffende Raum war vielmehr bereits von Herrschaft durchsetzt und von Grenzen durchzogen. Die neuen Grenzziehungen basierten auf vielfältigen, in der Hand eines Fürsten vereinigten Rechten mit raumbildender Qualität. Die Grenzen dieser je eigenen Rechtsräume waren nicht unbedingt deckungsgleich und wurden von den Landesherren erst im Verlauf des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit harmonisiert, so dass im besten Fall eine territoriale Grenze entstand, in der alle anderen Grenzen zusammenfielen.213 Den Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen, die im folgenden Kapitel behandelt werden, kam dabei eine entscheidende Rolle zu, wenngleich auch sie nichts grundsätzlich Neues darstellten, sondern bereits in den voraufgegangenen Jahrhunderten Anwendung gefunden hatten. Ein sehr anschauliches Beispiel dafür, wie unterschiedlich die Fürsten noch am Ende des 12. Jahrhunderts ihre herrschaftsräumlichen Rechte geltend machten, ist der Streit zwischen dem Kölner Erzbischof Philipp von Heinsberg und Graf Dietrich III. von Kleve um eine zwischen Rees und Wissel gelegene Rheininsel. Der Streit wurde 1188 mit der beiderseitigen Schenkung der Insel an das Kloster Kamp beigelegt – man verschenkte also, worüber man sich nicht einigen konnte.214 Entscheidend sind die unterschiedlichen Begründungen, die in der Urkunde des Erzbischofs für den jeweiligen Anspruch auf die Insel referiert werden: Während Dietrich seine nicht näher definierten Grafenrechte und ein an die Insel anstoßendes Allod anführt („quia tam in sue cometie quam in predecessorum suorum et suo allodio contigerat“), sich also auf punktuelle Rechts- und Besitztitel beruft, verweist der Erzbischof bei der Begründung seines Anspruchs explizit auf die 213 Dieser Prozess dauerte mitunter bis an das Ende des Alten Reiches. Ein schönes Beispiel aus der Spätphase ist die Beilegung von Streitigkeiten über Weiderechte zwischen der brandenburg-ansbachischen Gemeinde Bergen und der pfalz-neuburgischen Gemeinde Laibstadt. Im Jahre 1805 hätten beide Gemeinden „ihre bisher vorgewaltete huthstreitigkeiten dadurch gütlich beigelegt, daß sie die nun bereits regulirte und verpflockte landesgrenze zugleich als huth grenze angenommen haben“, Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Ansbacher Archivalien 6258. 214 *UB Niederrhein, Bd. 1, S. 358f., Nr. 510f.; *REK  II, S. 263, Nr. 1323; vgl. hierzu knapp Droege 1969, S. 144, 149; Flink 1993, S. 66f., die die Grenzproblematik allerdings nicht thematisieren.

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Grenzen von Bistum und Herzogtum, in denen die Insel liege („quia intra nostri episcopatus terminos iure synodali et nostre potestatis ducatus iure forensi consederat“), und argumentiert damit aus einer kirchen- und herrschaftsräumlichen Logik heraus. Ganz in diesem Sinne hatte er die Insel auch von seinen Ministerialen abgrenzen lassen („circumsigniri precepimus“) und so seinen Anspruch demonstrativ vor Ort zum Ausdruck gebracht.215

215 *UB Niederrhein, Bd. 1, S. 359, Nr. 511. Laut Flink 1993, S. 68, wurde hierbei „die Insel mit schwarz ausgeschlagenen Booten umfahren und ihr Ufer mit Stäben markiert“; als Beleg kann er jedoch lediglich auf die kleve-märkischen Strombefahrungsprotokolle des 16. Jahrhunderts verweisen, Duisburg, LAV NRW R, Kleve-Mark, Akt. 917–925. Vgl. zum Gesamtzusammenhang auch Heinemeyer 2012, S. 86–92, der die Bischöfe als Vorreiter beim Aufbau geschlossener Landesherrschaften bereits seit dem 11. Jahrhundert sieht.

II. Vormoderne Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen

Décrire l’espace, c’est avant tout le délimiter, et donc définir une série d’unités s­ patialement signifiantes, le procédé le plus simple étant de décrire l’enveloppe. Patrick Gautier Dalché1

Wie sich gezeigt hat, sind territoriale Grenzen keine Erfindung des Spätmittelalters oder der Frühen Neuzeit. Vielmehr ist davon auszugehen, dass bereits das frühe und hohe Mittelalter Formen räumlicher Herrschaft und damit zusammenhängende lineare Grenzen kannte. Um diese Grenzen zu etablieren, das heißt, im Sinne der Raumsoziologie von Löw durch ‚Spacing‘ und ‚Syntheseleistung‘ Herrschaftsräume zu konstituieren,2 existierten verschiedene Verfahren der Beschreibung und Markierung, die bis in die Frühe Neuzeit und darüber hinaus relevant waren. Es ist davon auszugehen, dass diese Verfahren ursprünglich für Grenzziehungen im privatrechtlichen und dörflichen Bereich, also für die Abgrenzung von Fluren, Grundstücken und Gemarkungen, entwickelt und dann auf größere politische Einheiten übertragen wurden.3 Sie werden im Folgenden erstmals im Zusammenhang analysiert, wobei auch die Kontinuitäten in der Praxis territorialer Grenzziehung bis in die Frühe Neuzeit aufzuzeigen sind. Die in der Einleitung skizzierte und im Folgenden näher auszuführende Phänomenologie vormoderner Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen unterscheidet vier unterschiedliche Formen: 1. die verbale Beschreibung, 2. die materielle Markierung im Feld, 3. die symbolische Markierung im Feld und schließlich 4. die Vermessung und Kartierung.4

1 2

Gautier Dalché 1996, S. 94. Vgl. ausführlich oben Einleitung 1.1 („Elemente einer Raumsoziologie in historischer Perspektive“). 3 Vgl. Bader 1933, S. 6f., 17f.; Karp 1972, S. 113, 154. 4 Vgl. oben Einleitung 1.2 („Prämissen, Vorgehensweise und Anlage der Untersuchung“).

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Vormoderne Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen

1. Verbale Beschreibungen Beschreibungen von Grenzen in verbaler Form begegnen seit dem 8. Jahrhundert und zählen damit zu den ältesten Rechtstexten der nachantiken europäischen Tradition.5 Für das heutige Bayern, das in dieser Hinsicht gut untersucht ist, sind 19 solcher „Grenzbeschriebe“ aus der Zeit von 755 bis 914 überliefert.6 Für das weitere 10. Jahrhundert sind sechs, aus dem 11. Jahrhundert 40 und aus dem 12. Jahrhundert etwa 30 Grenzbeschreibungen für Bayern erhalten, danach wird die Zahl unüberschaubar.7 Die frühen Texte finden sich in Königsurkunden über die Vergabe von Fiskalbesitz, bezeichnen also noch keine territorialen Grenzen, sondern Grundbesitz.8 Auch jenseits von Bayern scheinen die Grenzbeschreibungen aus der Zeit der Karolinger lediglich die Grenzen von Grundbesitz zu betreffen.9 Immerhin deckten sich diese gelegentlich mit Grafschaftsgrenzen, die, wie wir oben gesehen haben, schon in der Karolingerzeit linear verlaufen konnten.10 Vielfach dienten die in den frühen Beschreibungen nachweisbaren Grenzen auch später noch als Grenzen von Gemarkungen und Pfarreien sowie

 5 Akashi/Stauber 2006, Sp. 1107; Reiter 2012, Sp. 542. Vgl. für den deutschsprachigen Raum den Überblick von Bauer 1992. Die „Zweite Würzburger Markbeschreibung“, die kurz nach 779 zu datieren ist, stellt den ältesten erhaltenen Rechtstext in deutscher Sprache dar, Bauer 1988, S. 35.   6 Vgl. hierzu ausführlich Bauer 1988; zur ältesten bayerischen Grenzbeschreibung von 755, überliefert im Freisinger Traditionskodex von 824, auch Leidel (Bearb.) 2006, S. 26–28 mit Abb.  7 Bauer 1988, S. 255. Ein frühes Beispiel für das Rheinland findet sich in einer Urkunde des Kölner Erzbischofs Wichfried von 948. Es handelt sich dabei um die Beschreibung der Kirchspielsgrenzen der Kölner Pfarrei St. Severin, die der Erzbischof von je sieben Klerikern und ortsansässigen Laien hatte bekunden und umgehen lassen: „Et sic terminum ducebant ab urbis porta quam vulgus nominat altam, per illam plateam usque ad sancti Iohannis ecclesiam, et per septem et decem iurnales in alia parte plateam iacentes, ab ecclesia autem per viam que est dicta buchstraza usque ad villam que dicitur thiedenhouin cum omnibus que pertinent ad illam, hincque usque iterum ad villam que nominatur hoinche, ac quicquid pertint ad illam, inde vero ad silvam que vocatur dierlo, et hinc ad iunginvorst, inde per viam que dicitur vorst­ wegh usque ad renum, et sic per litus iterum usque ad vicitatis fossam“, *UB Niederrhein, Bd. 1, S. 58f., Nr. 102, hier S. 59; vgl. *REK I, S. 111f., Nr. 338; Keussen 1986, Bd. 1, S. 44*.  8 Bauer 1988, S. 264.   9 Vgl. die Beispiele bei Bauer 1988, S. 252–255; außerdem die Detailstudie zu der in einer Urkunde Ludwig des Frommen von 820 enthaltenen Grenzbeschreibung eines Waldes bei St. Goar von Heinzelmann 1995. 10 Bauer 1988, S. 267; zu den karolingischen Grafschaftsgrenzen vgl. oben Kap. I.3 („Grenzen im frühen und hohen Mittelalter“).

Verbale Beschreibungen

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teilweise von Bistümern.11 Verbale Beschreibungen von Bistumsgrenzen stammen allerdings erst aus dem 10., Grenzbeschreibungen weltlicher Territorien aus dem 12. Jahrhundert.12 Im 13. und 14. Jahrhundert werden die Belege immer dichter, verbale Beschreibungen entwickelten sich nunmehr zum Standardrepertoire bei Grenzziehungen und blieben dies in der Vormoderne auch.13 Territorien, deren Grenzen erst in der Frühen Neuzeit eine Beschreibung erfuhren, dürften hingegen die Ausnahme sein.14 Die Form der Grenzbeschreibung – ob für politische Entitäten, Gemarkungen oder Privatgrundstücke15 – ist immer gleich und verändert sich auch bis an 11 Bauer 1988, S. 267; vgl. detailliert bereits Klebel 1957, insb. S. 203–215. 12 Akashi/Stauber 2006, Sp. 1107; vgl. auch die zahlreichen Belege für das Reich bei Nicklis 1992, S. 7, Anm. 20; S. 10, Anm. 29; S. 18, Anm. 52; außerdem für Ostmitteleuropa Karp 1972, S. 113–136. 13 Vgl. die Belege bei Nicklis 1992, S. 22f.; Schneider 1993, S. 61–63. Die früheste territoriale Grenzbeschreibung aus dem rheinisch-westfälischen Raum stammt aus dem Einkünfteverzeichnis des Grafen Dietrich VII./IX. von Kleve von ca. 1319 und beschreibt die Grenze zwischen dem Erzstift Köln und der Grafschaft Kleve: „Dit is de scheydunge tusschen ‘t gestichte van Colne ende die graescap van Cleue in den gericht te Byrten: mids dor die capelle alle den schedeweg langes te Nylrevort tue, aver Nylrevort al in den Custer t’Hese bruek langes; de Bulmerhorst is des greven; van der Bulmerhorst an den Haeseluort, van der Haselvort den gronen weg langes beneve die galge, dor die Homes lake mids dor den Kyndelbusch, vort in Segenyng, vort die wegh, de baven Nyelt henen geet uter Segenygs vort, van Nyelt vort an die wade“, *Oediger (Hg.) 1982, Bd. 1, S. 215, Nr. 298, vgl. hierzu auch Bd. 2, S. 210. Eine ausführlichere Fassung der Grenzbeschreibung findet sich im Weistum vom 12.12.1449 bei *Ilgen, 1921/25, Bd. 2,2, S. 293–295, mit weiteren Nachweisen. Für den bayerisch-fränkischen Raum vgl. etwa die Grenzbeschreibung von „Neuböhmen“, d. h. die Gebiete Kaiser Karls IV. zwischen Böhmerwald und Nürnberg (nördl. Oberpfalz), die 1373 zwischen Karl und Pfalzgraf Otto VI. von Bayern geteilt wurden; die Grenzbeschreibung ist abgedruckt bei *Schnelbögl (Hg.) 1973, S. 36f. Die älteste Grenzbeschreibung des Hochstifts Eichstätt datiert in das Jahr 1377, Röttel 1987, S. 122. 14 So ist für die Grafschaft Luxemburg zwar schon im 14. Jahrhundert „mit relativ stabilen und genau fixierten, d. h. durchaus linienhaften Territorial- wie administrativen Grenzen zu rechnen“, Reichert 1992, S. 270. In Verträgen über die Beilegung von Grenzstreitigkeiten werden allerdings keine genaueren Angaben zum Grenzverlauf gemacht, sondern es wird lediglich die Beachtung der seit langer Zeit bestehenden Grenzen eingefordert. Eine Ausnahme bildet die schriftliche Fixierung des zwischen dem gräflichen Propst von Laroche und dem Herrn von Clerf umstrittenen Grenzverlaufs des Clerfschen Hochgerichts- und Geleitsbezirks von 1334, also in der Zeit, in der für viele Territorien erstmals Grenzbeschreibungen nachzuweisen sind. 15 Zu verbalen Beschreibungen von Raum auf lokaler Ebene vgl. Coste 1984; Bourin 1997. Vgl. auch die frühen deutschsprachigen Belege in *Corpus, Bd. 1, S. 398, Nr. 460 (1281/82); ebd., S. 431, Nr. 490 (1281); ebd., Bd. 2, S. 127, Nr. 738 (1285); ebd., S. 180–182, Nr. 825 (1286), hier S. 180; ebd., S. 364f., Nr. 1054 (1288), hier S. 365; ebd., S. 369f., Nr. 1061 (1288), hier S. 370; ebd., S. 415f., Nr. 1127 (1289), hier S. 216; ebd., S. 428f., Nr. 1149 (1289), hier S. 428;

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das Ende des 18. Jahrhunderts nicht:16 „Die Haupt-Eigenschafften seynd, daß alle natürliche und zufällige Gränzen, mit allen und jeden Merckmalen, daran selbige zu erkennen seynd, und in derjenigen Ordnung, wie sie auf einander folgen, auf das umständlichste und deutlichste bestimmet werden.“17 Das heißt, dass die Grenzen gleichsam Schritt für Schritt von einem markanten Punkt zum nächsten beschrieben werden, bis man am Ende wieder am Ausgangspunkt – „alda dieser Zirk erstlich angefangen“18 – angekommen ist. Neben den zur Markierung gesetzten Grenzzeichen stellen auch in der Landschaft vorkommende organische und anorganische Objekte wie Felsen und Steine oder Bäume solche Anhaltspunkte dar. Außerdem beziehen Grenzbeschreibungen die (Kultur-)Landschaft als solche bzw. charakteristische Merkmale derselben ein, etwa Wälder, Weinberge, Dörfer, Sümpfe, Quellen, Brunnen, Gewässer, Gruben, Höhlen, Täler oder Berge.19 Die Strecke zwischen den Grenzpunkten orientiert sich in der Regel an Straßen und Wegen, Flussläufen, Acker-, Wald- und Wiesensäumen,20 aber auch an Wasebd., S. 725f., Nr. 1582 (1292), hier S. 726; ebd., Bd. 3, S. 419, Nr. 2291 (1295); ebd., S. 542, Nr. 2496 (1296); ebd., Bd. 4, S. 81f., Nr. 2694 (1297), hier S. 82; ebd., Bd. 5, S. 266–268, Nr. N 355 B (1288), hier S. 266f.; ebd., S. 322f., Nr. N 436 (1290); ebd., S. 441, Nr. N 661 (1293); ebd., S. 473f., Nr. N 659 (1294), hier S. 474. Vgl. außerdem die Masse von Grenzbeschreibungen in den Weistümersammlungen der verschiedenen deutschen Regionen, die über die Registereinträge zu ‚Grenzen‘ u. ä. leicht aufzufinden sind; regional übergreifend *Grimm (Bearb.) 1840–1878; für das Rheinland, Herzogtum Berg: *Milz (Bearb.) 1974; Herzogtum Jülich: *Domsta (Bearb.) 1983; Kurköln: *Aubin (Hg.) 1996; *Weber (Bearb.) 1981; Kurmainz: *Schmitt (Bearb.) 1996; *Lohmann (Bearb.) 2001; *Lohmann (Bearb.) 2004; Kurtrier: *Loersch (Hg.) 1996; außerdem *Krämer/Spiess (Bearb.) 1986. Die Weistümer dokumentieren vielfach Gemarkungsgrenzen, verzeichnen aber auch Gerichts- und Ämtergrenzen, die gegebenenfalls auch Außengrenzen von Territorien waren. 16 Vgl. nur die zahlreichen Grenzbeschreibungen in den im Zusammenhang mit dem „Geschichtlichen Atlas von Hessen und Nassau“ entstandenen Monographien zur hessischen Territorialgeschichte: Wrede 1927, S. 190–251; Bruchmann 1931, S. 130–155; Sponheimer 1932, S. 257–310; Brauer 1934, S. 126–144; Eisenträger/Krug/Stengel 1935, S. 248–271; Schroeder-Petersen 1936, S. 157–176; Helbig 1938, S. 124–135; Bald 1939, S. 246– 296; Ziegler 1939, S. 186–309; Müller 1940b, S. 191–204; Krummel 1941, S. 115–132; Diefenbach 1943, S. 259–273; Zickgraf 1944, S. 243–247; Schellhase 1970, S. 152– 170. In dieser Dichte sind territoriale Grenzbeschreibungen ansonsten nicht ediert. Sie dokumentieren die Ämter- und Landesgrenzen vom Spätmittelalter bis ins 18. Jahrhundert sowie Grenzen von Besitz und Einzelgerechtsamen seit dem frühen Mittelalter. 17 *Moser 1977, S. 18. 18 Grenzbeschreibung des nürnbergischen Pflegamts Lichtenau von 1592, zit. nach Schnelbögl 1955, S. 12. 19 Vgl. zur Naturwahrnehmung in Grenzbeschreibungen anhand italienischer Quellen des 10.– 12. Jahrhunderts Maurer 1998, insb. S. 243–248. 20 Vgl. etwa die Übereinkunft Graf Heinrichs I. von Sponheim mit seinem Schwager Graf

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serscheiden.21 Im Mittelalter begegnet häufiger, vermutlich aufgrund der fehlenden Kenntnis des Terrains oder der Unwirtlichkeit desselben, auch der Hinweis auf eine gerade Linie zwischen den angegebenen Punkten: So bestimmte Kaiser Otto III. 996 die Ostgrenze des Bistums Meißen unter anderem mit Verweis auf die direkte Verbindungslinie („quasi recta via“) zwischen Oder- und Elbequelle.22 Die Grenze zwischen Österreich und Böhmen, die seit längerem zwischen den Herzögen Leopold V. von Österreich und Friedrich von Böhmen strittig war, wurde 1179 auf dem Egerer Hoftag Kaiser Friedrichs I. Barbarossa festgesetzt, indem zwischen verschiedenen topographischen Fixpunkten gerade Grenzlinien („recta estimationis linea“) gedacht wurden.23 Auch zwischen den 1196 zur Beschreibung der Grenzen der Grafschaft Bitsch angegebenen topographischen Gegebenheiten wie Bergen, Tälern, Dörfern und Straßen wurde jeweils eine „directa linea“ als Grenzlinie angenommen.24 Der Grenzvertrag zwischen dem Deutschen Orden und dem Bistum Pomesanien von 1294 nennt 17 künstliche und fünf natürliche Grenzmarkierungen. Trotz des erheblichen Abstands von ca. fünf bis sechs Kilometern verlief die Grenze zwischen den Zeichen ausdrücklich „directe“.25 Auch Albrecht I. von Löwenstein, ihre Eigenleute und Patronatsrechte u. a. entlang einer Landstraße und des Rheins zu teilen, *Corpus, Bd. 2, S. 473f., Nr. 1203 (1290), hier S. 473. 21 Vgl. etwa die Beispiele für Kärnten und Steiermark bei Erben 1922, S. 21–31. 22 „Ubi caput et fons aquae quae dicitur Odera, inde quasi recta via usque ad caput Albiae, inde deorsum in occidentalem partem ubi divisio et confinium duarum regionum Behim et Nisenin, ibidem ultra Albiam et per silvam in occidentalem partem usque ad caput Mildae et sic dorsum ambas plagas eiusdem fluminis, scilicet prope occidentalem ripam Rochilinze, et sic usque dum Milta intrat in Albiam, nec non ob hoc diximus in occidentali plaga quia multae villae pertinent ad orientales urbes, et sic sursum et ultra provinciam Nizizi ad eundem terminum sine dubio, nec non in altera parte Lusizi et Selboli et sic usque ad civitatem Zulbiza, illam videlicet infra eundem terminum, et inde in aquam quae dicitur Odera et sic Odera sursum usque ad caput eius“, *MGH DD O III, S. 595f., Nr. 186, hier S. 595; vgl. Schneider 1993, S. 58. 23 *MGH DD F I, S. 341–343, Nr. 782, hier S. 342: „In superiori itaque parte utriusque terre, Austrie scilicet et Bohemie, terminus est mons, qui dicitur Altus. Ab illo monte terminus dirigitur usque ad concursus duorum rivulorum, quorum unus vocatur Schremelize, alter Lunsenize. Inde porrigitur usque in proximum vadum, quod est iuxta Segor. Ab illo vado recta estimationis linea terminus idem extenditur usque ad ortum Gostice fluminis, ab ortu vero eiusdem fluminis usque in Vrgrueb. Hanc ergo predictorum ducatuum disterminationem auctoritate imperiali confirmamus et omni deinceps evo ratam haberi statuimus precipientes sub pena imperialis gratie, ut nullius umquam presumptione violetur”; vgl. Karp 1972, S. 94–96; Schneider 1993, S. 60. 24 „[…] et sic directa linea usque ad Nunhoven; hinc per montes et valles in directitudine usque Smalendal et sic usque ad stratam Gerberti“ usw., zit. nach Schneider 1993, S. 60. 25 „Primus siquidem terminus sive limes est mons sive vallum quondam castri Tifenouwe, a quo

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die Grenze zwischen Preußen und Masowien wurde 1343 auf weiten Strecken als gerade Linie konzipiert. Im entsprechenden Grenzvertrag wird explizit darauf verwiesen, dass der Weg von einem zum anderen Grenzzeichen oder markanten Punkt „directe“ oder „quanto directius“ abgeschritten werden solle, wobei Distanzen von bis zu 40 Kilometern zu überwinden waren.26 Ebenfalls mehr oder weniger geradlinig legte 1374 ein Schiedspruch die 78 Kilometer lange Grenze zwischen dem Ordensgebiet und dem Bistum Ermland fest.27 Als Beispiel für eine typische Grenzbeschreibung, wie sie in unzähligen Varianten für alle Territorien des Reiches vorliegen, sei ein Auszug aus dem Grenzvertrag zwischen der Kurpfalz und der Reichsstadt Nürnberg vom 25. August 1523 zitiert: Zum Ersten zwischen Awerbach und Velden soll des halßgerichts und hohen Fraißlichen oberkhait halben die Marter zwischen Viechhofen und Plech die grenitz sein, daselbst auch zu ewiger anzeygung der grenitzs ein Stain, auff der linckhen seiten gegen Awerbach zu mit der pfaltzs und rechten seitten gegen Velden zu mit der statt Nüremberg wappen gezeychnet, gesetzt ist. Unnd vonn dannen an die Grenitz fürtter geen, gestrackhs und gerichts oben hinauß durch den engen grundt, undter dem Rigelstein für auff den Hohenstein, Und dan von obgemelter Marter den engen grundt hinab und Straß hinauß durch Höfen und Hammer dem schrot daselbst obwendig dem schöpffbronnen, auff dem bühell, obgemelter massen auch ein stein gesetzt, und fürter vom Schrott den Schrotsberg hinauß, gegen dem Krottensee, auff die wegschaiden, da aber ein stein verordnet, fürbaß auff den Rehbühell, den Velßen, der auch mit baider Pfaltzs und Nüremberg wappen bezaichent ist. Von dannen gestrackhs der strassen nach

directe procedatur usque ad graniciam sive limitem magni Brokowe et abinde directe usque ad lacum Sassyn, qui predictis magistro et fratribus et ecclesie nostre est communis, et a granicia ibi posita lacum transeundo directe usque ad silvam Soweten ad graniciam ibi factam et abinde directe usque ad graniciam factam iuxta viam, que ducit de Dakow Brutin, et abinde directe usque ad Akotin ad graniciam ibi factam“ usw., *UB Preußen, Bd. 1,2, S. 394–397, Nr. 621; vgl. Karp 1972, S. 6f. 26 „Videlicet primo incipiendo a vado in Pruthenico Singurbrast et in Polonico Sgers nominato, deinde descendendo fluvium Oricz usque ad silvam dictam Raduka, eundo ulterius et tenendo silvam a sinistris, que tota manet in parte fratrum, usque ad finem dicte silve et ulterius procedendo directe usque ad fluvium dictum Wicento, ubi influit Pissam, deinde maiorem rivulum eiusdem fluvii Wicento ascendendo usque ad locum, ubi idem fluvius ortum habet, deinde usque ad originem rivuli dicti Choyna et ab ipso fluvio, quanto directius iri potest, ad vadum Likke et abinde directe eundo usque ad fluvium dictum Bebra, eundem fluvium Bebra ascendendo usque ad locum, ubi dictus fluvius ortum habet, volentes prescriptas granicias per nos fratresque et successores nostros perpetuis temporibus inviolabiliter observari“, *UB Preußen, Bd. 3,2, S. 501–503, Nr. 615, hier S. 502f.; vgl. Karp 1972, S. 40. 27 Karp 1972, S. 13f.

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Zwischen den zweyen Achtaln hin Inn ursprung des Hirßpach, bey Clausen und dem Bach nach auff die obern Mule Im Hirßpach. […]28

Wie bereits als charakteristisch für die verbalen Beschreibungen herausgestellt, wird die Grenze auch hier durch die Angabe von Grenzsteinen oder anderen markanten Punkten, verschiedenen (kultur-)landschaftlichen Merkmalen und der Wege zwischen den einzelnen Grenzmarkierungen charakterisiert. Michel de Certeau hat ein solches, gleichsam iteratives Verfahren der Raumbeschreibung, wie es auch in Reiseberichten oder alltäglichen Deskriptionen von Straßen, Wohnungen usw. verwandt wird, treffend als „parcours“, als „une série discursive des opérations“ bezeichnet:29 Der Beschreibende geht einen bestimmten Weg, nimmt bestimmte raumbildende Handlungen vor, indem er einer bestimmten Strecke folgt, sich hierhin und dorthin wendet usw., und hält diesen Weg anschließend in einer verbalen Beschreibung fest. Diese erlaubt es, den Raum zu erfahren, indem man den Handlungsanweisungen folgt und die ‚Wegstrecke‘ in situ bzw. in actu nachvollzieht. Das zweite Verfahren der Beschreibung von Raum ist für de Certeau die „carte“, die „une mise à plat totalisant des observations“ darstellt. Dieses Verfahren basiert auf der „connaissance d’un ordre des lieux“, setzt also eine stärker kognitive Herangehensweise an die räumlichen Dispositionen voraus. Selbst in einfachen verbalen Beschreibungen des Typus ‚Wegstrecke‘ finden sich immer auch Elemente von ‚Karten‘, nämlich Angaben von markanten Punkten (der Stein, der Brunnen, die Mühlen usw.) und räumlichen Bezügen (die Straße nach xy, an dem und dem Ort vorbei usw.): „La chaîne des opérations spatialisantes semble piquetée de reférences à ce qu’elle produit (une représentation de lieux) ou à ce qu’elle implique (un ordre local).“ Ganz in diesem Sinne enthalten auch die vormodernen Grenzbeschreibungen viele Elemente, die auf ein gleichsam unter der ‚Wegstrecke‘ liegendes räumliches Bezugssystem im Sinne einer ‚Karte‘ verweisen. Sie können dementsprechend als Syntheseleistungen verstanden werden, denn sie markieren nicht einfach bestimmte Punkte bzw. verweisen auf entsprechende Spacings im Feld, sondern schaffen Verbindungen zwischen den einzelnen Grenzmarkierungen, überwinden also die Lücken im materiell markierten Grenzverlauf, und definieren auf diese Weise einen eindeutig limitierten Herrschaftsraum. In derselben Form, als Itinerar von einem signifikanten Ort zum anderen, wurden im Mittelalter auch die territorienübergreifenden Landfriedensbezirke 28 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Mandate Ib/4: „Vertrag/betreffend die Grenitz/der Fraiß/des Wildpans/und Glaites/zwischen der Pfaltz und Nürnberg/aufgerichtet Anno 1523“, S. 2. 29 Vgl. zum Folgenden Certeau 1990, S. 175–180, die Zitate S. 176f.

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beschrieben, wobei man sich meist an Ortschaften, Landstraßen und Flüssen orientierte.30 Das so abgesteckte Gebiet umfasste nicht nur die Territorien der Vertragsteilnehmer, sondern auch diejenigen kleinerer Herrschaften, die dem Landfrieden nicht oder noch nicht beigetreten waren.31 Durch die Grenzziehung der übrigen Akteure mittels verbaler Beschreibung im Landfriedensvertrag wurden sie von vornherein in die Friedensbemühungen einbezogen bzw. räumlich inkorporiert, was sowohl als vorausschauende Maßnahme hinsichtlich der Erweiterung des Landfriedens als auch als Akt der Territorialisierung gegenüber kleineren Herrschaftsträgern gedeutet werden könnte. Die verbale Grenzbeschreibung in den Landfrieden diente also der Definition eines konkreten Rechts- oder Herrschaftsraumes, wobei die räumliche Umschreibung erfolgte, bevor dieser Raum rechtlich tatsächlich homogenisiert war, das heißt, bevor alle Herrschaftsträger sich zu dem Landfrieden bekannt hatten. Ein vergleichbares Verfahren ist auch auf der Ebene der einzelnen Territorien greifbar.32 30 Vgl. etwa die Landfriedenseinung zwischen dem Erzbischof von Mainz, den Herren und Grafen von Eppstein, Weilnau, Hanau, Falkenstein und Katzenelnbogen sowie den Städten Frankfurt, Friedberg, Wetzlar und Gelnhausen von 1265: „Zů dem ersten an zů Loynstein, von Loynstein bis zů Můntabůr, von Můntabůr biz zů Hartinfels die rechten lantstrazzen, [von Hartinfels] biz zů Heigere, von Heygere biz zů Battinburg die lantstrazzen, von Battinburg biz zů Schoinerstat, von Schoinerstat biz zů dem Kirchhayn, von Kirchhayn die Amene uff biz zů Hohinbůrg, von Hohinbůrg biz zů Merlowe, von Merlowe biz zů Slůftere die rechten landis strazsen und von Slůftere biz zů Gerrade hynsit Schildecken, von Gerrade biz zů Gemůnden an der Sinne und an der Sale und von Gemůnden biz zů Wertheim und von Wertheim die Tůbere uff biz zů Bysschofisheim und Bysschofisheim biz zů Hůsen, von Hůsen biz zů Bůcheim und von Bůcheim biz zů Steina an den Necker und Steina den Necker abe biz an den Ryn und dan den Ryn abe biz widder zů Lonstein“, *MGH Const. 6,1, S. 433–436, Nr. 525, das Zitat S. 434. Die Landfrieden des 13. und 14. Jahrhundert für die betreffende Region werden behandelt von Schwind 1971, zu den Grenzen der Landfriedensbezirke ebd., S. 205, 214, 217, 219, 221, 224. Als Beispiel für das 14. Jahrhundert vgl. die Landfriedenseinung zwischen dem Erzbischof von Köln, dem Herzog von Brabant und den Reichsstädten Aachen und Köln von 1351: „Vort hain wir eyndrechtlichin ouerdragen, dat dit verbunt maicht hauen sal syne zyt uyss tusschen der Masen ind deme Ryne, datz zu verstaine van Andernachin an bis up die Nette, van danne bis zume Loech, van danne bis zu Nurbergh, van danne bis zu Munster in Eyfelen, van danne bis zu Butghebach, van danne bis zume dorpe zu Monfort, van danne bis zu Scharratz, van danne die Mase in bis zu Eycht, van danne zu Vlodorp, van danne zu Ude, van danne up die Vennebruecghe, van danne zu Vrouwenbroiche, van danne zu Yshem, van danne zu Xancten, van Xancten den Ryn up bis weder zu Andernache ind up die Nette, beyde zu Ryne ind zu lande“, *UB Niederrhein, Bd. 3, S. 399–405, Nr. 496, hier S. 402. Den Geltungsraum der rhein-maasländischen Landfrieden dieser Zeit behandelt Stercken 1989, S. 63–66. 31 Hierauf verweist für das Rheinland Stercken 1989, S. 67. 32 Vgl. das Beispiel der Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber unten Kap. II.2.5 („Befestigungsund Verteidigungssysteme“).

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Grundlage der verbalen Beschreibungen waren zum einen die im Zusammenhang mit den symbolischen Markierungen im Feld noch zu diskutierenden Grenzbegänge, bei denen der Verlauf der Grenze anhand der Markierungen im Feld verifiziert, schriftlich festgehalten und von den Beteiligten bezeugt wurde. Hier bestand demnach eine enge Wechselbeziehung zwischen dem symbolischen Akt der Grenzmarkierung und der Verschriftlichung sowohl dieses iterativen Vorgangs als auch der Grenze selbst. Zum anderen wurden für die Abfassung verbaler Grenzbeschreibungen bereits vorhandene schriftliche Dokumentationen, etwa Zeugenaussagen, Verträge oder Protokolle von früheren Umgängen, herangezogen.33 Mehr noch als die aktuell stattgefundenen Grenzbegehungen konnte dieser Rekurs auf frühere Beschreibungen den Grenzen historische Legitimität im Sinne des ‚alten Herkommens‘ verschaffen, wobei sich das herrschaftliche Wissen in den Archiven mit jeder neuen Auflage einer verbalen Grenzbeschreibung weiter verdichtete. Denn die Kette der verbalen Beschreibungen reichte nicht nur ein Menschenleben zurück, wie das Zeugenwissen der Menschen vor Ort, sondern datierte unter Umständen von vor Hunderten von Jahren.34 Aufgrund ihrer eng an die unmittelbare Anschauung geknüpften Form waren die Beschreibungen nur bedingt für eine abstrakte, sprich aktenbasierte Verhandlung der Grenzverhältnisse, etwa zur Klärung von Gebietsstreitigkeiten, geeignet. In der Regel dienten sie daher auch eher als Grundlage, um bei späteren Grenzbereitungen den Grenzverlauf vor Ort nachvollziehen, aktualisieren und gegebenenfalls fehlende oder verrückte Steine wieder an der richtigen Stelle

33 So stützte man sich etwa im frühen 14. Jahrhundert bei Grenzbereitungen zwischen dem Deutschen Orden und dem Bistum Kulm auf die Aussagen älterer Einwohner, alte Privilegien und Urkunden sowie vorhandene Grenzzeichen („quod reparentur per antiquos incolas terre vel per privilegia et scripturas antiquas et signa vel ut alis melius id potest“), zit. nach Karp 1972, S. 21. Bei Grenzstreitigkeiten zwischen dem Deutschen Orden und Litauen im Jahre 1423 sollten die Unterhändler die Grenzen auf der Grundlage von Beschreibungen sowie älterer Grenzzeichen und jüngst und längst angebrachter Merkmale („iuxta literas et signa antiqua et indicia dudum et nuper designata“) bestimmen und endgültig festsetzen, zit. nach Karp 1972, S. 33. Vgl. zur Praxis der Grenzbegehung unten Kap. II.3.1 („Versteinungen und Umgänge“). 34 So bezog man sich etwa bei der Grenzbegehung des kurkölnischen Amtes Kempen im Jahre 1751 unmittelbar auf die Angaben des gut 500 Jahre älteren Schöffenweistums über den Byfang des Kempener Gerichts, Kaiser 1979, S. 155. Das Weistum wurde um 1370 in einem kurkölnischen Kartular verschriftlicht und zwischen 1421 und 1441 in das sog. Rote Buch der Stadt Kempen aufgenommen. Diverse Abschriften datieren aus dem 17. und der Mitte des 18. Jahrhunderts und zeugen von der längerfristigen Rechtsbedeutung der Beschreibung; vgl. *Weber (Bearb.) 1981, S. 76–78, Nr. I,1.

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platzieren zu können.35 Zu diesem Zweck wurden die Beschreibungen von den betreffenden Territorialverwaltungen archiviert und zu gegebenem Anlass als Hilfs- bzw. Beweismittel herangezogen.36 Auf diese Weise entfalteten sie längerfristig eine performative Kraft,37 denn der von den Beschreibungen einmal entworfene Raum wurde bei jeder neuerlichen Grenzbegehung reproduziert, und je häufiger sich dieser Vorgang wiederholte, desto unumstößlicher waren die einmal beschriebenen Grenzen.

2. Materielle Markierungen im Feld Ein zweites Instrument der Konstruktion territorialer Grenzen, das in den oben behandelten verbalen Beschreibungen immer wieder erwähnt wird, waren materielle Markierungen im Feld. Sie können, um die Löw’sche Terminologie erneut aufzugreifen, als Spacings, also als das Platzieren sozialer Güter zwecks Konstituierung 35 Vgl. etwa die vermutlich im Zuge einer Grenzbereitung umfassend mit Korrekturen versehene Grenzbeschreibung des nürnbergischen Pflegamts Heideck gegen Brandenburg-Ansbach von 1544, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, D-Laden, Akt. 1091. 36 Aus den genannten Gründen mahnt *Oettinger 1670, S. 356, eindringlich die sorgfältige verbale Beschreibung von Grenzverläufen an: „So ist in allweg rathsam, daß man die Besteinung, sonderlich wann es Herrlichkeiten, Zwing und Bänn, Zehenden, Waidgang, Trieb und Tratt betreffen, ordentlich beschreibe, Jahr und Tag, auch die Partheyen, zwischen denen die Besteinung fürgenommen, wohin die Stein und wie weit sie von einander gesetzt, umständlich verzeichne und durch ein rundes Geometrisches Instrumentlein, so in 360. Grad abgetheilt, oder ein Berg-Compassen fleissig observirt, in welchem Grad oder Stund die Stein auf einander weisen, und solches alles darbey vermercke“. Im Anschluss bringt der Autor ein ausführliches Muster für eine Beschreibung (S. 357–361) und schlussfolgert: „Wann nun solcher Gestalt die aufgerichte Besteinigungen beschrieben werden, so kann man leichtlich ohne sondere Müh, da ein und anderer Stein verlohren oder außgeworffen worden, sein rechtes Lager, wo er gestanden, erfahren und denselben an seine vorige Stell wiederum einsetzen, so man auf den vorgehenden Stein das Instrumentlein aufsetzt, den aufgezeichneten Grad in acht nimmt und in solcher Lini die Ruthen und Schuh, wie weit der verlohrne Stein von dem vorgehenden Stein gestanden, eigentlich abmisset, also daß beyde Grad deß vorgehenden und nachfolgenden Steins mit deß hinweg gekommenen Stell überein stimmen und in der aufgezeichneten Lini zusammen fallen“, ebd., S. 361f. 37 Vgl. diesbezüglich noch einmal Certeau 1990, S. 181f., der mit Verweis auf Jurij M. Lotman die Bedeutung der ‚Erzählung‘ („le récit“) bei der Konstruktion von Räumen betont: „Certes il ‚décrit‘. Mais ‚toute description est plus qu’une fixation‘, c’est ‚un acte culturellement créateur’. [Zitate von Lotman] Elle à même pouvoir distributif et force performative (elle fait ce qu’elle dit) quand un ensemble de circonstance se trouve réuni. Alors elle est fondatrice d’espaces. […] A envisager le rôle du récit dans la délimitation, on peut y reconnaitre tout d’abord la fonction première d’autoriser l’établissement, le déplacement ou le dépassement des limites”.

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von Raum, verstanden werden. Hierzu zählen vor allem die Kennzeichnung von bereits in der Natur vorhandenen Steinen und Bäumen sowie die Setzung von Grenzpfählen und Grenzsteinen.38 Grundsätzlich festzuhalten ist, dass im Mittelalter spezifische Rechte immer auf ein fest abgegrenztes Territorium bezogen waren und der Geltungsbereich durch Zeichen kenntlich gemacht wurde.39 Materielle Markierungen konnten eine Landesgrenze bezeichnen, dienten aber darüber hinaus auch zur Abgrenzung verschiedenster Rechtsbezirke, etwa Hochgerichtsbarkeit, Geleit, Forstrecht und Wildbann, Fisch- und Weiderecht usw., deren räumliche Ausdehnung nicht unbedingt mit der Landesgrenze zusammenfiel.40 Sie waren aber freilich kein Proprium herrschaftlicher Grenzziehungen, sondern wurden auch zur Abgrenzung von Fluren, Grundstücken und Gemarkungen genutzt.41 Entsprechende Belege finden sich schon sehr viel früher als solche für

38 Vgl. den ausführlichen Überblick bei Simmerding 1996, S. 52–142; außerdem Bader (Hg.) 1940; Werkmüller 2012. 39 Bühler-Reimann 1989, S. 599. 40 Vgl. hierzu Knapp 1940, S. 7f.; Simmerding 1996, S. 110–142; außerdem die zeitgenössische Klassifizierung bei *Oettinger 1670, S. 7f., der zwölf verschiedene Typen unterscheidet, „als Bannstein, welche Zwing und Bähnn oder die hohe Obrigkeit scheiden, daher mans auch Oberkeitsstein nennt. Etlicher Orten heist mans Landstein, Land-Gräntz oder Land-Marcken. […] Gleitstein, welche das Gleit und die Gleitliche Obrigkeit bemercken. Freyhungsstein, die sonderbare Freyheiten, deren man sich in einem gewissen Bezirck gebrauchen kann, bedeuten. Forststein sind die, so die forstliche Obrigkeit und Jagen unterscheiden, heissen auch Jagstein, wiewol die Forststein etwas mehrers auf sich haben. Marckungsstein, so einer Stadt oder Dorfs Zwing und Bann, die man Marckung nennet, unterscheiden. Zehendstein, die den Zehenden und Zehendrecht außweisen. Weidstein, welche den Viehtrib und Weidgangs Gerechtsame bedeuten, der wird auch ein Trattstein genandt. Güterstein, die Gärten, Acker, Weingärt, Wiesen, Felder, Wäld und andere ligende Güter voneinander absondern, werden auch genennt Scheidstein, welche die weite der Strassen und Weg verzielen. Wasserstein, so die Flüß, Bäch, Fischwasser und Fischentzen untermarcken. Lochstein, welche in den Bergwercken der Fund und Ertzgruben mit ihren Massen und mehrzielen unterscheiden, werden auch Schnurstein genannet, weil man die Gruben und Gänge mit angeschlagenen Schnürlein Marckscheidet und versteint.“ Vgl. auch ebd., S. 318, 321–327. 41 Als Quellenbeispiel unter vielen vgl. *REK  IV, S. 422, Nr. 1744: In einem Schiedsspruch des Kölner Erzbischofs Heinrich II. von Virneburg vom 19.05.1328 heißt es, dass die Herren von Rennenberg das Feld und Ackerland, genannt die „bitze“, bei Rennenberg besitzen und mit Hilfe des erzbischöflichen Amtmanns in der üblichen Weise „bereinen und besteinen an allen den enden“ und sodann „vryden unde bezůnen“, also einfrieden sollen. Vgl. außerdem die vielfältigen Belege in *Corpus, Bd. 4, S. 273f., Nr. N 364 (1288), hier S. 273; ebd., Bd. 5, S. 233–235, Nr. N 306 (1286), hier S. 233; ebd., S. 322f., Nr. N 436 (1290); ebd., S. 473f., Nr. N 659 (1294), hier S. 474; ebd., S. 511, Nr. N 707 (1295); ebd., S. 570f., Nr. N 794 (13. Jh.), hier S. 571; ebd., S. 584f., Nr. N 817 (13. Jh.), hier S. 585.

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die Markierung herrschaftlicher Rechtsbezirke.42 In jedem Fall war die ‚Einschreibung‘ der Grenze in die Landschaft durch materielle Markierungen auf vereinzelte Punkte in der Landschaft beschränkt und ließ zwischen den Grenzzeichen breiten Raum für Interpretationen. Erst durch verbale Beschreibung ließen sich diese punktuellen Markierungen zu einer linearen Grenze verbinden, während umgekehrt die verbale Beschreibung zwecks Eindeutigkeit auf die Markierungen angewiesen war. Die Bedeutung der materiellen Markierungen für die Fixierung von Grenzen zeigt sich nicht zuletzt in den seit dem Frühmittelalter greifbaren Bemühungen, das als Grenzfrevel bezeichnete mutwillige Entfernen oder Verändern dieser Zeichen zu bestrafen.43 Während normative Rechtsquellen, wie etwa die Stammesrechte der fränkischen Zeit, die Rechtsbücher des Mittelalters oder auch die Constitutio Criminalis Carolina von 1532, hierfür vor allem Geldbußen und Leibesstrafen vorsahen,44 setzten die Weistümer häufig die Todesstrafe fest. Für 42 Vgl. ausführlich Bader 1933, S. 21–26; Bader 1957, S. 52–117; Bader 1973, S. 62–67, 235–252; Siems 1979; Lagazzi 1991; Simmerding 1996; außerdem Schmidt-Wiegand 1998; Lieberich/Schildt 2008; Kramer/Schildt 2012. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Erläuterungen in den „Etymologicorum Libri XX“ des Isidor von Sevilla, der einzigen Quelle des Frühmittelalters, die sich mit der Grenzterminologie auseinandersetzt, sich dabei aber ausschließlich auf Grundstücksgrenzen beschränkt, vgl. Buch XV, Kap. XIV: „De finibus agrorum“, *Migne 1850, Sp. 554f. Im Anschluss folgt das Kapitel „De mensuris agrorum“, ebd., Sp. 555f. In dem für die politische Organisation einschlägigen Buch IX („De linguis, gentibus, regnis, militia, civibus, affinitatibus“) werden Grenzen dagegen nicht erwähnt, ebd., Sp. 325–368. Ausführliche Regelungen zur ‚Landscheidung’ finden sich in der frühneuzeitlichen Territorialgesetzgebung, vgl. etwa Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten (1794), I, 17, Abschnitt 5: „Von Gränzscheidungen“ (§§ 362–388), *Hattenhauer 1970, S. 255f.; außerdem die bei Simmerding 1996, S. 407–419; Knur 2011, S. 147–194, abgedruckten Ordnungen des 15.–19. Jahrhunderts. Vgl. auch *Härter/Stolleis (Hg.) 1995– 2017, s. v. Feldgrenzen, Feldmesser, Grenzbegehung, Grenzpfosten/Grenzsteine, Marksteine usw. 43 Zum Begriff vgl. *DRW, Bd. 4 (1939–1951), Sp. 1098, s. v. Grenzfrevel; zum Folgenden *Grimm (Bearb.) 1955, Bd. 2, S. 75–77; Bader 1933, S. 37–44; Grimm 1991, S. 59f.; Simmerding 1996, S. 42–45, 48, 389–397; Werkmüller 2012, Sp. 548f. *Oettinger 1670 widmet dem Thema Grenzfrevel und den daraus resultierenden Streitigkeiten sein zweites Buch, S. 370–443: „Wie die Gräntzen und Marckungen strittg gemacht und verändert werden, was für Mißverständ und Entzweyungen darauß erfolgen und wie selbige entweder gütlich hinzulegen und zu vergleichen oder Rechtlich zu erörtern seyen.“ 44 Vgl. etwa die vom Regensburger Bischof Heinrich  II. von Rotteneck in seiner Funktion als Friedensstifter zwischen den bayerischen Herzögen Ludwig II. und Heinrich XIII. im Jahre 1293 verhängten Geldstrafen für Grenzverletzungen im privatrechtlichen Bereich, *Corpus, Bd. 3, S. 114–124, Nr. 1800, hier S. 119. In der Carolina heißt es bezüglich der „Straff der jhenen felschlich vnd betrieglich vndermarckung, reynung, mal, oder marcksteyn verrucken“: „Item

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den privatrechtlichen Bereich werden dabei zum Teil drastische Maßnahmen festgelegt, etwa die Enthauptung des bis zum Kopf eingegrabenen Täters mittels eines von Pferden gezogenen Pflugs oder das Begraben des Täters kopfüber mit dem von ihm entfernten Grenzstein zwischen den Beinen.45 Die Strafrituale waren also auf der Grenze bzw. dem entsprechenden Grenzpunkt geplant und zielten damit nicht zuletzt auf eine symbolische Wiederherstellung des Grenzverlaufs, der dann die materielle folgen konnte. Allerdings ist die Vollstreckung derartiger Todesurteile wenig wahrscheinlich; die Strafandrohung diente wohl vor allem der Abschreckung.46 Unklar ist, inwieweit die Verordnungen zum Schutz von Grenzsteinen auch für Landes- und andere herrschaftliche Grenzsteine galten. Spezifische Strafbestimmungen finden sich für das Herzogtum Preußen, wo 1636 die Zerstörung von Grenzzeichen mit 100 Mark polnisch geahndet wurde.47 Johann Jodocus Beck bezieht 1723 in seinem „Tractatus de jure limitum“ den erwähnten Passus der Carolina auch auf nicht-privatrechtliche Grenzen: Es seien demnach dann Leibesstrafen zu vollziehen, „wann nemlich einer gantzen Provinz oder Land durch Verrukung oder Ausreißung der öffentlichen Markungen ein großer und merklicher Schad zugefügt wird.“48 Darüber hinaus bemerkt er, ohne allerdings die Strafen genauer zu definieren, dass diejenigen, welche Herrschaftliche Gränzsteine boßhaffter Weis verrucken, ausreissen oder sonsten auf andere Weis violiren, die sind am schärffsten zu bestraffen, Ursach, weiln die Ruhe derer Völker in denen Gränzen derer Königreich und Länder bestehet, aus deren Turbation und Veränderung oder Zernichtung unter denen Benachbarten grosser Streit und Zwistigkeiten und daraus Mord, Todtschlag und andere Gewaltthätigkeiten leichtlich entstehen können.49

welcher bößlicher vnd geuerlicher weiß, eym vndermarckung, reynung, mal oder marcksteyn verruckt abhawet, abthut, oder verendert, der soll darumb peinlich am leib nach geuerlicheyt groß gestalt vnnd gelegenheyt der sachen vnd der person, nach radt gestrafft werden“, *Schroeder (Hg.) 2000, S. 75. 45 *Grimm (Bearb.) 1955, Bd. 2, S. 75–77. Diese und ähnliche Beispiele werden auch in der frühneuzeitlichen juristischen Literatur noch erwähnt, allerdings als nicht mehr gebräuchlich gekennzeichnet, vgl. etwa *Beck 1723, 1. Buch, S. 118. 46 Werkmüller 2012, Sp. 549. 47 Simmerding 1996, S. 400. 48 *Beck 1723, 1. Buch, S. 117f.; zu Becks Werk vgl. unten Kap. III.1 („Vermessungswesen und Instrumentenbau“). 49 *Beck 1723, 1. Buch, S. 120.

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2.1 Naturräumliche Gegebenheiten Als materielle Markierungen von Grenzen im weitesten Sinne sind zunächst naturräumliche Gegebenheiten zu nennen: Flüsse, Berge, Sümpfe, Seen, Meere, Wälder usw. gliedern die Erdoberfläche und beeinflussen das Wanderungs- und Siedlungsverhalten von Menschen. Sie markierten dementsprechend Trennräume oder -linien, an denen sich herrschaftsräumliche Grenzziehungen orientieren konnten.50 Zu betonen ist freilich, dass solche ‚natürlichen‘ Grenzen nicht per se gegeben sind, sondern immer erst als solche konstruiert werden müssen.51 Dieser Rekurs auf natürliche Grenzen lässt sich vielfach bereits in frühmittelalterlichen Quellen nachweisen. So erwähnt Einhard in seiner „Vita Karoli Magni“ für die Ostgrenze des karolingischen Reiches vor den Sachsenkriegen, also vor 772, dass die „termini […] nostri et illorum“ meist in der Ebene verliefen – und damit wohl nicht materialiter hervortraten –, was fortwährende Übergriffe der Gegner provoziere. Nur an wenigen Stellen seien die Gebiete durch eine eindeutige Grenzlinie (‚certus limes‘) in Form von größeren Wäldern und Bergrücken getrennt.52 Gut vierzig Jahre später war beim Tod Karls des Großen zumindest kurzfristig die Etablierung einer Grenzlinie an Elbe und Saale erreicht.53 Wohl um der größeren Genauigkeit willen verlegt der Geschichtsschreiber Rudolf von Fulda die Grenze zwischen Thüringen und Sachsen vom Harz an die Unstrut.54 Eine Orientierung 50 Vgl. hierzu bereits Grimm 1991, S. 39–42; Helmolt 1896, S. 243–246, 260–263. Als einer der ersten diskutierte *Oettinger 1670, S. 333–354 (Buch 1, Kap. 18) die „natürlichen Gräntzen, wie durch dieselbe vornemlich die Herrschafften und Länder unterschieden werden“; vgl. auch ebd., S. 8f. Der Autor nennt in diesem Zusammenhang Berge, Hügel, Täler, Flüsse und Quellen, aber auch natürliche Grenzzeichen, wie große Felsen, Hecken und Bäume, sowie Landstraßen. „Dise werden als natürliche, offentliche und unzweiffentliche Zeichen vornemlich in acht genommen und den gemachten Marckziehlen, wann die Gräntzen zweiffelich sind vorgezogen“, ebd., S. 334. 51 Hierauf verweist schon *Oettinger 1670, S. 338f.: „Diese natürliche Gemerck sind an und für sich selbsten keine rechtmässige Gräntzen und Untermarck der Länder und ligenden Güter. Sie werden aber von den Völckern und Partheyen mit einhelligem consens darzu angenommen und bekandelich darfür gehalten.“ Vgl. auch ebd., S. 9; außerdem zum Konstruktionscharakter natürlicher Grenzen u. a. Febvre 1988, S. 34f.; Bühler-Reimann 1989, S. 589; Simmerding 1996, S. 53f., 58; Nordman 1998, S. 10f.; Rüther 2007, S. 33. 52 „Suberant et causae, quae cotidie pacem conturbare poterant, termini videlicet nostri et illorum poene ubique in plano contigui, praeter pauca loca, in quibus vel silvae maiores vel montium iuga interiecta utrorumque agros certo limite disterminant, in quibus caedes et rapinae et incendia vicissim fieri non cessabant“, *MGH SS rer. Germ. 25, S. 9; vgl. Reimitz 2000, S. 107; Schmauder 2000, S. 61f. 53 Hardt 2000, S. 41–46; Hardt 2001b. 54 Ehlers 2007, S. 255.

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an naturräumlichen Gegebenheiten findet sich auch in einer Musterformel aus karolingischer Zeit, die bestimmte, dass eine „immunitas regis a villa ad villam, a vico ad vicum, a monte ad montem, a colle ad collem, a flumine N. ad flumen N.“ definiert sei.55 Auch hier wurden also topographische Anhaltspunkte bzw. ‚natürliche‘ Grenzen als territoriale Markierungen definiert. Bereits erwähnt wurde die St. Galler Urkunde von 890, die die Mitte des Oberrheins als Grenze zwischen zwei Grafschaften festlegt.56 In der Frühen Neuzeit wurden solche vermeintlich natürlichen Grenzen zur Legitimation von Expansionsbestrebungen einzelner Staaten angeführt, sie wurden diskursiv konstruiert und anschließend durch militärische Eroberung durchgesetzt.57 2.2 Natürliche und künstliche Objekte Die einfachste und vermutlich älteste Form künstlicher materieller Markierungen ist die Kennzeichnung bereits in der Natur vorhandener Objekte. Mit Zeichen versehene Bäume (Lach- oder Markbäume) begegnen als Grenzmarkierungen bereits in Quellen des Frühmittelalters.58 Im Sachsenspiegel (ca. 1220–1235) werden sie „malbome“ (Malbäume) genannt.59 Auch in den ostdeutschen Quellen des 13. Jahrhunderts, die erstmals das slawische Lehnwort ‚granicia‘ oder 55 *MGH Formulae 2, S. 390–433 („Collectio Sangallensis Salomonis III. tempore conscripta“), hier S. 403, Nr. 10: „Notitia divisionis possessionum regalium vel popularium, episcopalium vel monasterialium“; vgl. Karp 1972, S. 152. 56 Vgl. oben Kap. I.3 („Grenzen im Mittelalter“); wenig früher, nämlich 886, datiert ein angelsächsischer Beleg für eine Flussgrenze, Schneider 1993, S. 57. 57 Vgl. insb. den Diskurs über die natürlichen Grenzen Frankreichs in der Frühen Neuzeit, Pounds 1954; Sahlins 1990; Nordman 1998, insb. S. 63–66, 88–122, 308–322. Zur Darstellung von Flüssen in der historisch-topographischen Literatur der Zeit und ihrer Funktion „als rhetorisches Mittel zur Plausibilisierung territorialer Zusammenhänge“ vgl. Knoll 2013, insb. S. 126–146, das Zitat S. 129. Dem Autor geht es allerdings weniger um Grenzflüsse als um die von Flüssen und Flussnetzen suggerierte territoriale Einheit in der Fläche. 58 *DRW, Bd. 8 (1984–1991), Sp. 240f., s. v. Lach(en)baum; ebd., Bd. 9 (1992–1996), Sp. 206f., s. v. Markbaum; vgl. daneben für die Frühe Neuzeit *DWB, Bd. 4, I/6 (1935), Sp. 119, s. v. Grenzbaum; ebd., Bd. 6 (1885), Sp. 11f., s. v. Lachbaum; *DRW, Bd. 4 (1939–1951), Sp. 1094, s. v. Grenzbaum. Das mittelhochdeutsche Verb ‚lâchen‘ meint das Versehen mit einem Grenzzeichen bzw. das Abgrenzen, *DWB, Bd. 6 (1885), Sp. 25f., s. v. Lachen; *DRW, Bd. 8 (1984– 1991), Sp. 239f., s. v. lâchen. Vgl. zu den Belegen in den Stammesrechten Siems 1979, S. 297f. Für Frankreich ist bereits in karolingischer Zeit die Abgrenzung eines königlichen Gutes u. a. durch in Steine gehauene Kreuze belegt, Karp 1972, S. 152. 59 *MGH Font. iur. Germ. n.s. 1,1, S. 157: „Vischet he in diken de gegraven sin, oder howet he holt, dat gesat oder potet is, oder barende bome, oder birkt he sin ovet, oder howet he malbome, oder grevet he op stene, de to markstenen gesat sin, he mut drittich scillinge geven“ (II

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‚granizze‘ verwenden, begegnen die Bäume als ‚signatae‘.60 Laut Grimm wurden für diesen Zweck bevorzugt Eichen, Buchen und Tannen genutzt,61 das Deutsche Rechtswörterbuch nennt als Belege Markbuche (772), Markbirnbaum (um 1350), Markeiche (um 1350), Markföhre (1430), Markbaumfelber (15. Jahrhundert), Markhainbuche (1584), Markfichte (1585) und Marktanne (1585).62 Die Bäume wurden nicht als solche, etwa aufgrund ihrer besonderen Größe oder Form, als Grenzmarkierungen genutzt, diese Merkmale galten als sekundär. Zur eindeutigen materiellen Markierung im Feld wurden die Bäume durch Kennzeichnung.63 Dementsprechend wird etwa in einer Urkunde von 1342 betreffend die Grenze zwischen dem Deutschordensgebiet und dem Bistum Kammin betont, dass bei der zugrundeliegenden Grenzbegehung eine Eiche mit einem Kreuz versehen und dadurch als Grenzzeichen kenntlich gemacht wurde.64 Solche Zeichen mussten regelmäßig erneuert werden, „dann sie sonsten verwachsen, sonderlich wann die Bäum gesund und nicht alt seyn, an denen die außgehauene Creutz etwan durch länge der Zeit, so sie nicht ersucht werden, dermassen überwallen, daß man gar kein Zeichen von aussen her sehen kann, und offt wol etliche Zoll tieff in den Baum hauen muß, biß man dieselbe antrifft.“65 Neben Einschnitten am Stamm sind auch die Markierung mit einem Holzreifen oder einem schmiedeeisernen Nagel, das Ausheben des Erdreichs rund um den Stamm oder umgekehrt das Aufschütten von Erdreich um denselben belegt.66 Zu nennen sind in diesem 28, § 2); S. 172: „Swe malbome oder markstene gesat, de scal den dar an hebben, de ander sit lant hevet“ (II 50). 60 Kolb 1989, S. 350. 61 Grimm 1991, S. 4; vgl. auch *DWB , Bd. 6 (1885), Sp. 12; ähnlich Kolb 1989, S. 349; Simmerding 1996, S. 81f.; für Italien Maurer 1998, S. 244f. Vgl. als besonders markanten Grenzbaum die „Schöne Buche“, die das Dreiländereck von Böhmen, Pfalz und Bayern markierte. Sie ist auf verschiedenen Grenzkarten der Region dargestellt, vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 42, Nr. 136 (1581); ebd., S. 42f., Nr. 137 (1581); ebd., S. 131, Nr. 416 (1609); ebd., S. 236, Nr. 783 (nach 1583/1755). Sogar das Allgemeine Preußische Landrecht von 1794 kennt noch Bäume als Grenzmarkierungen, *Hattenhauer 1970, S. 255 (I,17, Abschnitt 5, §§ 362, 367). 62 *DRW, Bd. 9 (1992–1996), Sp. 206f., s. v. Markbaum; vgl. auch ebd., Bd. 4 (1939–1951), Sp. 1105, s. v. Grenzweide. 63 Kolb 1989, S. 350f.; Nicklis 1992, S. 23, Anm. 65; ausführlich Simmerding 1996, S. 76–81. 64 „[…] et ab eodem loco linealiter eundo usque ad unam quercum stantem prope fluvium dictum Bealde cum cruce nova hodie signatam“, S. 558; *UB Preußen, Bd. 4, S. 557–559, Nr. 621, hier S. 558; vgl. Karp 1972, S. 28. 65 *Oettinger 1670, S. 337. 66 Erben 1922, S. 37–41; *Grimm (Bearb.) 1955, Bd. 2, S. 72–74; Karp 1972, S. 10, 17, 57; Kolb 1989, S. 352f.; Nicklis 1992, S. 23; Simmerding 1996, S. 76. Die Nachweise bei Pollmann 1961, S. 72f., betr. Nägel und Eisenringe an Bäumen sind nicht datiert.

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Zusammenhang auch sogenannte Grenzhaufen oder -hügel aus Erde oder Steinen als Grenzzeichen.67 Schließlich sind auch prominente Feldsteine oder Felsen als Grenzmarkierungen zu erwähnen, etwa der 1378 erwähnte „Krumme Stein“ (nördlich von Coburg) an der Grenze zwischen den Herzogtümern Sachsen-Coburg und Sachsen-Meiningen (vor der ernestinischen Teilung 1680 Ämtergrenze) oder der „Steinerne Mann“ (nordwestlich von Neuburg an der Donau), der 1417 als Grenzpunkt zwischen den Grafschaften Graisbach und Hirschberg beschrieben wird.68 Auch weniger spektakuläre Steine konnten diese Funktion erfüllen.69 Sie wurden vielfach ebenfalls markiert, etwa mit einfachen Kreuzen, Wappen oder anderen Herrschaftsinsignien.70 Ein früher Beleg ist der „Kreuzstein“ an der bayerisch-böhmischen Grenze (östlich von Flossenbürg), der schon 1109 urkundlich als Grenzpunkt erwähnt wird. 1505 diente er als Markierung bei der Abgrenzung von ‚Alter‘ und ‚Junger‘ Pfalz. An derselben Grenze findet sich auch der „Königsstein“ (südwestlich von Eger) und der „Dreiwappenfels“ (zwischen Furth im Wald und Waldmünchen), der nach den Grenzvereinbarungen zwischen Österreich und Bayern 1764/66 mit den Wappen des Königreichs Böhmen und der Kurfürstentümer Bayern und Pfalz versehen wurde.71 Neben bereits vorhandenen natürlichen Objekten, wie Bäumen, Steinen oder Felsen, wurde auch künstlichen Objekten die Funktion von Grenzzeichen zugeschrieben, das heißt, sie wurden in verbalen Beschreibungen als solche genannt und gegebenenfalls eigens gekennzeichnet.72 So verlief etwa die Grenze zwischen dem Kurfürstentum Bayern und dem Hochstift Passau südlich von Grafenau durch ein Wohnhaus, in dessen Innenraum eine Felsplatte mit einem Kreuz und den Initialen der Herrscher markiert war.73 Die Grenze zwischen dem Kurfürstentum Köln und dem Herzogtum Jülich zog sich im Dorf Efferen laut einem Umgangsprotokoll von 1661 ebenfalls durch ein Wohnhaus, genauer „durch den Schorrenstein, das Düppen an dem Hangh hangend, soll hangen auf unseres gnädigsten Herren Hoheit, der Hangh auf der Kölnischen Hoheit“ – der Kessel 67 Vgl. die Belege in *DWB, Bd. 4, I/6 (1935), Sp. 165, s. v. Grenzhügel; *DRW, Bd. 4 (1939– 1951), Sp. 1100, s. v. Grenzhaufen, Grenzhügel, Grenzkoppitze; vgl. auch die Belege bei Karp 1972, S. 10, 17, 20f., 29, 52, 57; Simmerding 1996, S. 71f. 68 Simmerding 1996, S. 57f. 69 Simmerding 1996, S. 58. 70 *Oettinger 1670, S. 317: „Darum man auch gemeiniglich der Herrschafften Wappen, deren Obrigkeit und gerechtsame sie unterscheiden, daran zu hauen pflegt.“ 71 Simmerding 1996, S. 74f., mit Abb. des Dreiwappenfelsen. 72 Vgl. neben den folgenden Beispielen auch *DWB, Bd. 4, I/6 (1935), Sp. 123, s. v. Grenzbrunnen; ein diesbezügliches Beispiel auch bei Fabricius 1965, S. 389. 73 Simmerding 1996, S. 59, weitere Beispiele ebd., S. 58f.

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hing also auf der jülicher, der Kesselhaken auf der kurkölnischen Seite.74 Vielfach belegt sind auch Kirchen auf Grenzen bzw. als Grenzmarkierungen.75 So stand etwa die Veitskirche an der Landesgrenze zwischen der Steiermark und Kärnten südlich der Drau im 16. Jahrhundert „auf der Pimark“ und schied die jeweiligen Landgerichte.76 Die Mariahilfkapelle bei Wieting in der Steiermark befand sich „mit zwai dritl samt dem altärlein im Wietinger burgfrieden und mit ainen dritl gegen der hintern tür in Althofer landgericht“ (1708). Durch die Johanneskirche bei Steuerberg, ebenfalls in der Steiermark, führte im 17. und 18. Jahrhundert die Burgfriedsgrenze gegen das Landgericht Glanegg „grad durch das vorhaus der kirche“ bzw. die „kirchlaube“. Östlich von Villach lassen sich im 17. Jahrhundert drei Kirchen nachweisen, bei denen sich das Landgericht Landskron mit dem Burgfrieden Eichelberg und Wernberg dergestalt teilte, dass jeweils das Langhaus dem einen, der Chor dem anderen Gerichtsherrn unterstand. 2.3 Grenzpfähle, -steine und -säulen Zunehmend seit dem 12. Jahrhundert erfolgte neben der Zuschreibung der Markierungsfunktion an bereits vorhandene Objekte auch die Setzung von hölzernen Grenzpfählen, Grenzsteinen oder -säulen, das heißt die Aufstellung künstlicher Grenzmarkierungen.77 Belege finden sich zunächst vor allem im Osten, gelegentlich 74 Zit. nach Zerlett 1960, S. 148, 155. Auch im dörflichen und städtischen Kontext gibt es entsprechende Beispiele, so etwa für Bonn, 1635: „Der Bann gehe bis ins Schloß Poppelstorf ahn den Herdt, aldahe vor dißem ein Banstein mit der Stattwapen in der Herdtmawren gestanden, … nuhnmehr aber verlustig worden seye“; Bonn, 1653: „forth auf ein Hauß, so Wilhelm Scheffen zugehöret, darauf dem alten Weißthumb nach durch das Haus am Schornstein und von dannen recht über die Straiß, so aus Transtorff nach Meßtorff gehet“; zit. nach ebd., S. 148; vgl. auch die Beispiele bei Grimm 1991, S. 64f. 75 Vgl. *Oettinger 1670, S. 329: „Über das werden auch zu Untermarcken der Herrschafften, Gebieth, Zwing und Bänn, auch der Först die Käpelin oder Capellen im Feld und Kirchlein, bißweilen auch die Capellen und Schlösser oder Burgen genommen, so an den Gräntzen gelegen, welches vor gar alten Zeiten schon im Gebrauch gewesen.“ 76 Vgl. für die folgenden Beispiele Erben 1922, S. 51–53, mit weiteren Belegen für Kärnten und Steiermark; außerdem Ilg 1940, S. 89. 77 Vgl. Karp 1972, passim; Grimm 1991, S. 45; Nicklis 1992, S. 13f.; Simmerding 1996, S. 84–142; sowie die zahlreichen Belege in *DWB, Bd. 4, I/6 (1935), Sp. 171, s. v. Grenzmarke; ebd., Sp. 173f., s. v. Grenzpfahl; ebd., Sp. 177, s. v. Grenzsäule; ebd., Sp. 182–185, s. v. Grenzstein; ebd., Sp. 195, s. v. Grenzzeichen; *DRW, Bd. 4 (1939–1951), Sp. 1099, s. v. Grenzgemärk; Sp. 1101, s. v. Grenzkreuz; Grenzmal; Grenzmarkstein; Grenzmühlstein; Grenzpfahl; Sp. 1102, s. v. Grenzpfosten; Sp. 1103, s. v. Grenzsäule; Sp. 1104, s. v. Grenzstecken; Grenzstein; Grenzstock; ebd., Sp. 1106, s. v. Grenzzeichen; ebd., Bd. 9 (1992–1996), Sp. 239–241, s. v. Markstein. Mit Steinen wurden seit dem 12. Jahrhundert auch die Weichbilder der Städte

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aber auch im Westen des Reiches: Wohl eher in den Bereich der Fiktion gehört die Nachricht in den „Cronicae et gestae ducum sive principum Polonorum“ des sogenannten Gallus Anonymus aus dem frühen 12. Jahrhundert über eine eiserne Grenzsäule Polens, die nach der vermeintlichen Bezwingung der Sachsen durch Herzog Bolesław I. Chrobry in den Jahren 1002 oder 1007 in der Saale aufgestellt worden sein soll.78 Trotz des fiktionalen Charakters der Nachricht ist der Beleg interessant, zeigt er doch nicht nur, dass im 12. Jahrhundert eine Vorstellung territorialer Grenzen vorhanden, sondern auch deren materielle Markierung durchaus vorstellbar war. Die Legende wurde in der nachfolgenden Chronistik sogar dahingehend ausgeweitet, dass auch in drei weiteren als polnische Grenzlinien angesehenen Flüssen, Dnepr, Theiß und Ossa, Säulen verortet wurden.79 Die Versteinung der Diözese Magdeburg erfolgte 1137.80 In das Jahr 1179 datiert das bereits erwähnte Diplom Kaiser Friedrichs I. Barbarossa betreffend die Grenzziehung zwischen den Herzogtümern Österreich und Böhmen, das nicht nur eine verbale Beschreibung der Grenzen enthält, sondern auch auf die öffentliche Errichtung entsprechender Grenzmarkierungen verweist.81 1186 ist für das Hochstift Merseburg ein Grenzpfahl belegt.82 Beamte König Ottokars I. von Böhmen platzierten als Rechtsräume gekennzeichnet, etwa in Leipzig 1170: „Iuris etiam sui quod wicbilede dicitur signum petentibus unum in medio Halestrae, secundum in medio Pardae, tertium ad lapidem qui est prope patibulum, quartum trans fossam qua lapides fodiuntur demonstravit“, *Keutgen (Hg.) 1901, S. 64f., Nr. 102, hier S. 64; vgl. Schlesinger 1963b, S. 23. 78 „Indomitos vero tanta virtute Saxones edomuit, quod in flumine Sale in medio terre eorum meta ferrea fines Polonie terminavit“, zit. nach Rhode 1960, S. 331; vgl. auch Schneider 1993, S. 58; Constable 2006, S. 9f. 79 Rhode 1960, S. 339. 80 „[…] ad utriusque vero ecclesie firmam pacem atque quietem Magdeburgensis ecclesia suis finibus sit contenta, a lapide scilicet posito ad australem partem cuiusdam Burchstal, quod dicitur Bichin, inde ad Wisennasfot, inde ad aquam, que vocatur Circuisinci, inde ad Albiam fluvium et sic protenditur usque Magdeburg“, *UB Magdeburg, Bd. 1, S. 304f., Nr. 243; vgl. Nicklis 1992, S. 14. Für Frankreich ist bereits 1133 ein Grenzstein belegt, der die Diözesen Laon und Soisson trennte, Schneider 1993, S. 58. 81 *MGH DD F I, S. 341–343, Nr. 782, hier S. 342: „Evocatis igitur ad nostre maiestatis presentiam eorundem ducatuum possessoribus consanguineis nostris, Livpoldo scilicet duce Austrie et Friderico duce Boemie, sic ex consilio principum imperii nostri in curia nostra apud Egeram eosdem ducatus disterminavimus et institutis publice metis distinximus“; vgl. Schneider 1993, S. 60. 82 „Unde notum esse volumus omnibus tam praesentibus quam postfuturi aevi fidelibus, qualiter ambiguitas terminorum, quae sub antecessoribus nostris diu duraverat, inter nos et ecclesiam Hamerslavensem terminata est, videlicet ut spacium littoris, quod inter piscinam nostram et piscinam ipsorum interiacebat, palis positis in monimentum sopitae controversiae dividerimus, quia aquam habentes parte litoris iniuste careremus; in orientali parte contra pomerium

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1219 „signa in medio rivuli“ als Grenzmarkierungen.83 Das um 1250 entstandene Itinerar Alberts von Stade nennt das Vorhandensein eines Grenzsteins zwischen dem Reich und Frankreich bei La Rouillé.84 1299 soll bei einem Treffen zwischen König Albrecht I. von Habsburg und König Philipp IV. von Frankreich die Maasgrenze mit kupfernen Grenzzeichen markiert worden sein.85 Das Herzogtum Brabant war seit dem späten 13. Jahrhundert mit Pfählen begrenzt.86 Die Belegliste ließe sich für die folgenden Jahrhunderte problemlos verlängern.87 Erwähnt seien hier nur beispielhaft die aus den Regesten der Erzbischöfe von Köln zu entnehmenden Belege, die seit dem frühen 14. Jahrhundert ein kontinuierliches Bemühen der Territorialherren um die materielle Markierung ihres Hoheitsgebietes verdeutlichen:88 1329 wurde der den Herren von Helpenstein nach einer Fehde verbleibende Jurisdiktionsbezirk mit „pele[n]“, also (vermutlich hölzernen) Pfählen gekennzeichnet.89 Der 1343 neu eingesetzte Marschall im Lande Westfalen sowie im Lande Recklinghausen und Dorsten, Johann von ipsorum palos infigi fecimus, ut, cum in ea parte munimentum suae curiae facere voluerint, pali ad distinctionem terminorum habeantur“, *UB Merseburg, Bd. 1, S. 109, Nr. 130; vgl. Nicklis 1992, S. 13. Für die Diözese Chieti in Italien ist ein hölzerner Grenzpfahl („staffilo“) bereits 1059 belegt, Feller 2008, S. 109. 83 Zit. nach Karp 1972, S. 115. 84 „Ibi lapis positus est in media villa iuxta viam quae disterminat imperium et regnum Franciae“, *MGH SS 16, S. 336. Die Bemerkung findet sich in einer Orte, Flüsse usw. aufzählenden Wegbeschreibung nach Rom, die zwar in die Chronologie der Chronik eingeordnet scheint, aber sicherlich nicht eine Grenzsteinsetzung im Jahre 1152 belegt, wie Thomas 1973, S. 252, Anm. 61; Schneider 1993, S. 59, meinen, sondern sich eher auf die Zeit Alberts selbst bezieht; vgl. auch Gramsch 2011, S. 28f., Anm. 3. 85 Dies wird zumindest in den Grenzenqueten von 1387 und 1390, die seitens der französischen Krone durchgeführt wurden, mehrfach erwähnt, ohne dass die Zeugen die Zeichen selbst gesehen hätten. „Das ganze ist höchst phantasiereich, zeigt aber, daß die Vorstellung von der Flußgrenze in der Bevölkerung inzwischen weit verbreitet war und seitens der französischen Beamten gefördert wurde“, Lohrmann 2002, S. 174. Vgl. zu den Grenzenqueten ausführlich Trapp 1999, dort auch die wichtigsten Quellenzitate; zum Treffen von 1299 ausführlich Schwedler 2008, S. 93–98. 86 Vgl. Hirschmann 2005, S. 227, der dies als „Besonderheit“ wertet, was angesichts der übrigen Belege aber ganz offenkundig nicht zutrifft. 87 Vgl. etwa Schneider 1993, S. 66f. 88 Grenzen und diesbezügliche Vereinbarungen mit den Benachbarten hatte es freilich schon früher gegeben. So wurde etwa im Kogelnberger Vertrag von 1260 zwischen dem Kölner Erzbischof und dem Herzog von Braunschweig-Lüneburg die Weser als „Grenze der beiderseitigen Machtsphären“ vereinbart, Petri 1970, S. 385; vgl. *UB Niederrhein, Bd. 2, S. 274f., Nr. 489; *REK III,1, S. 283f., Nr. 2106. 89 *REK IV, S. 441f., Nr. 1835, hier S. 442.

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Reifferscheid, wurde in seiner Bestallungsurkunde aufgefordert, Land und Leute, Burgen und Städte sowie „dey pele van dem lande“ treu zu behüten.90 Gleiches gilt für Salentin von Sayn, der 1358 als Amtmann für die Ämter Waldenburg, Siegen und Ginsberg bestallt wurde und ebenfalls die „pele van deme lande“ zu schützen hatte,91 während es bei der Bestallung Johanns von Kleve zum Amtmann für die Ämter Dorsten und Recklinghausen im Jahre 1336 lediglich hieß, er solle die „terminos et limites territoriorum predictorum officiorum“ in der vorgefundenen Form bewahren.92 Die Schöffen von Zülpich, Geich und Füssenich wiesen 1375 die Rechte des Erzbischofs und des Vogtes von Heimbach an Zülpich und vermerkten in ihren verbalen Beschreibungen von Burgfrieden und Burgbann den genauen Standort der Grenzsteine („da steit eyn steyn“).93 Der zum Drosten und Amtmann des Landes und der Grafschaft Arnsberg bestellte Heidenreich von Oer wurde 1376 verpflichtet, die „pele ind voren“, also die Pfähle und Furchen bzw. Gräben zu schützen.94 Der 1384 beigelegte Streit zwischen dem Kölner Erzbischof Friedrich III. von Saarwerden und dem geldrischen Herzog Wilhelm I. von Jülich betraf unter anderem die „palen ende voren onser beyder lande“ zu Vinnbrück, Frohnenbruch und an den Benden zu Oedt.95 1386 bekundeten die Schöffen von Deutz, dass die Freiheit Deutz mit Westhoven, Poll, Rolshoven, Vingst und Kalk freies Eigen, altes Erbe und Gut des Erzbischofs sei und ihm dementsprechend alle herrschaftlichen Rechte zukämen; die Grenzen der Herrlichkeit und des Gerichtes Deutz wurden in einer verbalen Beschreibung von „steyn“ bzw. „peylsteyne“ zu Stein angegeben.96 Zur Scheidung zwischen dem Erzstift und denen von Brilon einerseits und den Grafen von Waldeck andererseits sollten 1388 „vorsteyne und 90 *REK V, S. 289, Nr. 1078; vollständiger Text bei *Fahne (Hg.) 1858, S. 110f., Nr. 172; *UB Niederrhein, Bd. 3, S. 316–318, Nr. 400. 91 *REK VI, S. 314, Nr. 1118. 92 *REK V, S. 110f., Nr. 416, hier S. 111. 93 *REK VIII, S. 321–324, Nr. 1173, hier S. 321f. 94 *REK  VIII, S. 386f., Nr. 1375, hier S. 386. Der Bearbeiter der Regesten spricht vom „territorialen Besitzstand des Landes“, bei dem im Folgenden zitierten Beleg für 1384 schlicht von „Landesgrenze“, *REK IX, S. 191. 95 *REK IX, S. 191, Nr. 764; das Zitat nach *UB Niederrhein, Bd. 3, S. 775f., Nr. 882, hier S. 775. Die „palen des lands van Gelre“ werden bereits 1368 in den Lehnsregistern des Herzogtums Kleve erwähnt, *Dösseler/Oediger (Bearb.) 1974, S. 299, Nr. 398. 96 *REK IX, S. 307–309, Nr. 1224, hier S. 307f.: „In deme yrsten oyven an uysme Riine langs den steyn, die da steit buyssen der herren hof van sent Gereone, die genant is Heyne iunkeren hoff, an deme zůne ind boyven Westhoyuen geleigen is, van deme vurs. steyne vort up die andere peylsteyne, die heirlicheit ind dat geriichte van Duytze zeichent ind der noch seysszien is ind da eyn ander steent in deme velde as van deme vurs. steyne, die aichter Heyne iuncheren hoyve vurs. steit, bis an den steyn, die day steyt an der straissen ind an dem wege, die zu

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malsteyne“ gesetzt und mit den Wappen der Territorialherren gekennzeichnet werden, desgleichen waren auch die Bäume zwischen den Steinen zu markieren.97 1390 bekundeten Erzbischof Friedrich III. von Saarwerden und Herzog Wilhelm I. von Berg, dass von ihnen benannte Freunde einen Vergleich bezüglich der Grenze beim Dorf Westhoven aushandeln und diesbezüglich vor Ort zusammenkommen sollten, „omb de pele [zu] verhůeren“.98 1391 bestellte der Kölner Erzbischof den Paderborner Bischof Ruprecht von Berg zum Marschall des Erzstifts in Westfalen und ermahnte ihn, angesichts der Tatsache, dass sich „pele und gescheid“ des Hochstifts Paderborn mit dem des Kölner Erzstifts berührten, die Grenzen zu bewahren, nirgends zu verletzen oder zugunsten seines Landes zu verschieben.99 1392 teilten sich Friedrich von Saarwerden und Graf Adolf  II. von Kleve in die Herrschaft von Stadt, Herrlichkeit und Gericht Xanten, die ihnen künftig ungeteilt und gemeinsam gehören sollte; im Abstand von 400 Fuß um den äußersten Graben der Stadt wurde ein Burgfriedensbezirk eingerichtet, „ind man sal den zeichenen mit steynen pelen“.100 Bei der Bestellung Johanns von Reifferscheid zum Amtmann zu Linn, Uerdingen, Kempen und Oedt wurde schließlich 1406 wie schon bei anderen Bestallungen von Amtleuten darauf hingewiesen, dass Johann „unse pele van unsme lande an allen enden in den vurs. ampten truwelichen halden ind bewaren ind die nyet veranderen noch mynren laissen [solle], sunder alle argelist ind geuerde“.101 Auch wenn es sich bei den oben genannten Beispielen für das 12. und 13. Jahrhundert um Einzelbelege handelt, ist die Aussage verschiedener jüngerer Lexikonartikel, Oerbach wert gheit, ind vort van deme steyn“ usw.; vollständiger Text in *UB Niederrhein, Bd. 3, S. 799–801, Nr. 904. 97 *REK IX, S. 432, Nr. 1622. 98 *REK IX, S. 535, Nr. 1987. 99 *REK X, S. 24–26, Nr. 73, hier S. 24. 100 *REK X, S. 68–70, Nr. 207, hier S. 69; das Zitat nach *UB Niederrhein, Bd. 3, S. 851–853, Nr. 968, hier S. 852. 101 *REK  XI, S. 405–407, Nr. 1457, hier S. 406; das Zitat nach *Fahne (Hg.) 1858, S. 201f., Nr. 294, hier S. 201. Auch die Bestallungsurkunden für die Amtmänner im Herzogtum Kleve beinhalten seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts einen solchen Passus, *Ilgen 1921/25, Bd. 2,1, S. 106, Nr. 95: „dat ich des greven voeren end paelstede halden sal in al oeren rechten ende en sal daer niet laten vermynren na al mijnre macht“ (1356); ebd., S. 124f., Nr. 112, hier S. 124: „dat hij onse palen end voerpalen end recht halden sal na alle sijnre macht“ (1361); ebd., S. 128f., Nr. 116, hier S. 128 (1363); ebd., S. 131–133, Nr. 120, hier S. 131 (1363); ebd., S. 140–143, Nr. 130, hier S. 140 (1365); ebd., S. 143f., Nr. 131, hier S. 143 (1365); ebd., S. 144– 146, Nr. 132, hier S. 144 (1365); ebd., S. 148f., Nr. 134, hier S. 148 (1366); ebd., S. 150–152, Nr. 136, hier S. 150 (1366); ebd., S. 158–160, Nr. 143, hier S. 158 (1367); ebd., S. 165–167, Nr. 149, hier S. 165 (1368) usw.; vgl. knapp hierzu Janssen 2010, S. 37.

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dass die Versteinung von Grenzen „in der Regel nicht vor dem 16. Jahrhundert“ erfolgte,102 angesichts dieser Befunde wohl kaum zu halten, zumal die Zahl der Belege bei systematischer Durchsicht aller für das Reich verfügbaren Urkundenbücher und Regestenwerke um ein Vielfaches zu vermehren wäre. Richtig ist vielmehr, dass die materielle Überlieferung von datierbaren Grenzsteinen bis auf wenige Ausnahmen erst im 16. Jahrhundert einsetzt und aus der Masse der Überreste geschlossen werden kann, dass die Versteinung der territorialen Grenzen nunmehr der Regelfall war.103 Daneben finden sich in den Grenzbeschreibungen bis weit in die Frühe Neuzeit immer wieder auch natürliche Zeichen, die zur Bestimmung einer Grenze herangezogen werden.104 Abgesehen von solchen, meist besonders hervorstechenden und allseits bekannten Landmarken eigneten sich Grenzsteine allerdings sehr viel besser als natürliche Zeichen zur Grenzmarkierung, konnten sie doch mit Inschriften und Skulpierungen versehen werden und dadurch noch eindeutiger die territorialen Verhältnisse bezeichnen. Der früheste Beleg hierfür stammt aus Schlesien, wo Herzog Heinrich I. im Jahre 1208 Grenzsteine mit seinem Namen („lapides apicibus mei nominis insculptos“) aufstellte.105 102 Akashi/Stauber 2006, Sp. 1107; ähnlich auch Reiter 2012, Sp. 542. 103 Die frühesten erhaltenen Grenzsteine sind in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts zu datieren, es handelt sich um drei Grenzsteine, die bald nach 1336 im Gebiet von Sisteron und Poet (zw. Hautes- und Basses-Alpes) zur Abgrenzung der Gemarkungen der beiden Orte gesetzt wurden, Kirn 1958, S. 10; Schneider 1993, S. 55, Anm. 15. Der älteste Grenzstein aus dem deutschsprachigen Raum stammt aus der Gemarkung Rüsselsheim am Main und wurde 1360 nach Beendigung eines Grenzstreites zwischen dem Mainzer Erzbischof und den Herren von Kronberg aufgestellt, Zorn 1931, Taf. 38, Abb. 347; Knapp 1940, S. 27, Anm. 110. Der älteste, noch in ursprünglicher Lage erhaltene Grenzstein in Deutschland aus dem Jahr 1422 markierte die kurpfälzisch-kurmainzische Grenze zwischen Kaub und Lorch, Simmerding 1996, Abb. S. 110f. Drei weitere aus dem 15. Jahrhundert datierende Grenzsteine finden sich abgebildet bei Philippi 2010, S. 21, 25: Grenzstein Kurmainz, 1462; Grenzstein Markgrafschaft Baden, 1491; Grenzstein Hochstift Basel, 1491. Vgl. für Kurmainz auch Zorn 1931, Taf. 6, Abb. 49. Der älteste erhaltene Landesgrenzstein des Erzstifts Köln stammt von 1579, Fuchs 1980, S. 216, 246, Abb. S. 223; auch die ältesten, mit Jahreszahl versehenen Grenzsteine des Hochstifts Eichstätt stammen aus dem 16. Jahrhundert, Röttel 1987, S. 121. Zahlreiche Belege für noch existente Grenzsteine finden sich in den um 1900 für die meisten Regionen Deutschlands erstellten bzw. begonnenen Kunstdenkmäler-Verzeichnissen, etwa in der über 150 Bände umfassenden Reihe „Die Kunstdenkmäler von Bayern“, vgl. als Beispiel *Meyer/Schwemmer (Bearb.) 1966, S. 390 mit Abb. der Grenzsteine des Fraischbezirks der Herrschaft Rothenberg. Auch die „Deutschen Inschriften“ verzeichnen systematisch Grenzsteine, sofern sie Inschriften aufweisen, vgl. als Beispiel *Nikitsch (Bearb.) 1993, Nr. 161, 167, 225, 228, 251, 302, 305, 336, 351, 387, 389, 398, 425, 434, 442, 448, 484, 492, 494, 495. 104 Simmerding 1996, S. 151; Maurer 1998, S. 250. 105 Zit. nach Nicklis 1992, S. 19; vgl. auch Karp 1972, S. 119.

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Die Mehrzahl der erhaltenen Landesgrenzsteine der Territorien des Reiches zeigt Wappen,106 gelegentlich ergänzt um Territoriums- oder Ämterbezeichnungen sowie das Jahr der Steinsetzung oder der Vermessung und eine laufende Nummer (Abb. 1).107 Spätestens seit dem 18. Jahrhundert gehörten diese Elemente bei aller Varietät im Detail zu einem „vollständige[n] Grenzstein“.108 Entsprechende Vorgaben finden sich aber auch schon in einem Standardwerk des 17. Jahrhunderts, dem erstmals 1642 erschienenen „Tractatus de jure et controversiis limitum, ac finibus regundis“ von Johann Oettinger.109 Ein frühes und beeindruckendes Beispiel eines solchen Wappensteins ist der „Kurfürstenstein“ von 1513, der auf der 106 Vgl. hierzu *Oettinger 1670, S. 321: „So vil nun die Bann- und Oberkeitstein, die man auch Gränz- und Landstein heist, anbelangt, scheiden selbige die Länder, Fürstenthum, Herrschafften und Gebieth voneinander, darum sie auch mit der Herren Wappen bemercket und gewapnete Stein genent und mit derselbigen Zuthun und einhelligem Willen an den Gräntzen aufgerichtet werden.“ Vgl. auch ebd., S. 363: Es sei „eine hohe Nothdurfft, daß ein Herr seines Lands Gräntzen […] mit hohen gewapneten Steinen wol vermarcken“. 107 Zu Schrift- und Bildzeichen auf Grenzsteinen vgl. Knapp 1940, S. 10–18; Simmerding 1996, S. 103–107. Vgl. außerdem die Beispiele im Überblick von Philippi 2010; darüber hinaus aus der Masse der regional- und lokalgeschichtlichen Literatur Zorn 1931, Tafel 1–27; Fuchs 1980, S. 220–231 (Abb.), 245–252 (Kat.); Röttel 1987, S. 167–320; Thorwesten/ Thorwesten 2000; Baumann 2001; Röhl/Bentin 2003. Für das Hochstift Eichstätt sind um 1600 auch Eichenpfähle mit eingebranntem Bischofsstab und laufender Nummer als Grenzmarkierungen belegt, Röttel 1987, S. 114. Der Fürstbischof von Salzburg markierte vor 1543 eine Grenzbuche mit seinem Wappen, Erben 1922, S. 34. Eine ähnliche Form der materiellen Markierung von Grenzen wurde auch im Zuge der europäischen Expansion praktiziert. So führten die portugiesischen Seefahrer bei ihren Entdeckungsfahrten entlang der afrikanischen Küste Steinpfeiler mit Kreuz, Wappen und Inschrift mit sich, die als Zeichen der Besitzergreifung an markanten Stellen aufgestellt wurden. Die sog. ‚padrões‘ (Sg. padrão) messen bis zu zwei Meter in der Höhe und wiegen 400 bis 500 Kilogramm. Die Inschriften machen knappe Aussagen zum Zeitpunkt der Entdeckung der betreffenden Stelle und ermöglichen so die archäologische Rekonstruktion der Küstenfahrten, nennen den kommandierenden Geschwaderchef und proklamieren feierlich die portugiesische Souveränität über das Land. Vorläufer waren hölzerne Kreuze, teilweise auch Markierungen an auffälligen Uferbäumen; vgl. insg. Reinhard 1983, S. 46; sowie ausführlich Hamann 1968, S. 139–147, Abb. 13, 15f., 19. Grenzmarkierungen dieser Größe findet man in Europa seltener, vgl. aber das fünf Meter hohe Grenzkreuz von 1383 zwischen der Fürstabtei Fulda und der Grafschaft Schlitz bei Lüdermünd, Fuchs 1980, S. 203; die Grenzsäule von 1439 zwischen dem Herzogtum Bayern-Ingolstadt, der Markgrafschaft Burgau und der Herrschaft Oberndorf bei Rain am Lech, Simmerding 1996, Abb. S. 109; die sechs Bannsäulen der Stadt Amsterdam von 1559, eine davon dargestellt auf einer Radierung von Rembrandt Harmensz. van Rijn um 1650, ebd., S. 129 mit Abb.; die Münchener Burgfriedenssäulen von 1724, ebd., S. 129, Abb. S. 130f.; außerdem die Beispiele für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts bei Zorn 1931, Taf. 3, Abb. 19a; Taf. 13, Abb. 109. 108 Werkmüller 2012, Sp. 548. 109 *Oettinger 1670, S. 321.

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Abb. 1: Grenzstein zwischen dem Kurfürstentum Köln und dem Herzogtum Berg mit den jeweiligen Landeswappen, Basaltlava, 52 x 22 x 17 cm, Vorder- und Rückseite (Dormagen, Kreismuseum Zons).

einen Seite das Wappen des Bischofs von Bamberg Georg III. Schenk von Limpurg und die Inschrift „georg von gotts gnaden 1514/bischove zv bamberg“ und auf der anderen Seite das Wappen der Wettiner und die Inschrift „von gotts gnaden fridrich/churfürst vn hans gbruder/herzogche zv sacssen 1513“ trägt.110 Bei Herrschaftswechseln wurden gegebenenfalls die alten Wappen abgeschlagen und durch neue ersetzt, oder es wurden neue Initialen oder Inschriften angebracht.111 Interessant ist in diesem Zusammenhang das Beispiel des Kurfürstentums Mainz, das 1463 ein kleineres Teilstück seines Territoriums an die Kurpfalz verpfändete. Das betreffende Gebiet wurde von den neuen Besitzern mit Grenzsteinen mit dem Wittelsbacher Rautenwappen markiert, nach der Auslösung des Pfands ergänzte der Mainzer Kurfürst auf den Steinen sein Wappen und die Inschrift „abgelöst 1650“ (Abb. 2).112 Neben Grenzsteinen wurden auch noch im 17. und 18. Jahrhundert Grenzpfähle errichtet: „Fürnemlich aber braucht man die Bilderstöck und Säulen zu Vermarckung der Oberkeit, daran man der Herren deß Lands Wappen schlägt.“113 110 Simmerding 1996, Abb. S. 112; vgl. auch ebd., S. 149f. 111 Simmerding 1996, S. 104. 112 Simmerding 1996, S. 105 mit Abb. 113 *Oettinger 1670, S. 329; so auch ein Jahrhundert später bei *Chomel/Bürgel 1750–1757,

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Abb. 2: Kurpfälzischer Grenzstein im Odenwald, 1650 von Kurmainz „abgelöst“ (Zeichnung: Heinrich Riebeling).

Die Verwendung von Steinen als Grenzmarkierungen seit dem 12. Jahrhundert und deren zunehmende Kennzeichnung mit herrschaftlichen Insignien fügt sich ein in das seit dieser Zeit zu beobachtende neue Denken im Hinblick auf die Verwendung von Zeichen.114 Galten im Frühmittelalter ausschließlich Abbilder von lebenden Personen als ‚mächtige Bilder‘ (Manfred Groten), denen – gleichsam als Stellvertreter – Autorität zukam, wandelte sich dieses Bildverständnis im Hochmittelalter. Einerseits verblasste im Zuge der Scholastik die Suggestivkraft mächtiger Bilder, sie wurden kaum mehr als Emanation der dargestellten Personen wahrgenommen, sondern eher als Zeichen mit Verweischarakter auf dieselben. Andererseits entwickelten sich mit der allmählichen Konstituierung von Korporationen als juristische Personen neue Bildformen zur Visualisierung von Herrschaft, die notwendigerweise entpersonalisiert waren und dementsprechend den Zeichencharakter der Darstellung betonen mussten. Eine Kathedrale konnte so für ein Kapitel stehen, eine Heiligendarstellung oder eine schematisierte Stadtsilhouette für die jeweilige Stadt und ihren Rat, ein Wappen für eine Herrscherfamilie usw. Diese Veränderungen in der visuellen Kultur lassen sich etwa im Bd. 4 (1751), Sp. 1303, s. v. Gräntze; vgl. *DWB, Bd. 4, I/6 (1935), Sp. 177, s. v. Grenzsäule. 114 Vgl. zum Folgenden Groten 2009, insb. S. 67f., 77, 82–85; zur ‚Autorität‘ von Bildern allg. Wimböck 2004, insb. S. 12–14.

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Bereich des Siegel- und des Münzwesens feststellen.115 Gleiches gilt auch für die in unserem Zusammenhang einschlägige Verwendung von Wappen:116 Im Hochmittelalter als Zeichen zur Identifizierung auf den Wehrschilden der Ritter entstanden, dienten sie in der Folge zunehmend im Sinne eines ‚mächtigen Bildes‘ der Markierung von Besitz und Herrschaft. Mit ihnen wurden die unterschiedlichsten Gegenstände und Orte, die mit einer bestimmten Person oder Dynastie verknüpft waren, gekennzeichnet. Hierzu gehörte nicht nur das persönliche oder familiäre Hab und Gut, also etwa Wäsche, Möbel, Geschirr usw., das auf diese Weise als Besitz ausgewiesen und zur alltäglichen Repräsentation genutzt wurde. Vielmehr wurden auch Medien und Orte der Erinnerung mit Wappen versehen: Entsprechend geschmückte Genealogien in Form von künstlerisch gestalteten Stammbäumen oder Porträtserien verorteten die jeweiligen Personen in einer historischen Herrschaftskontinuität. In Kirchenräumen aufgestellte Grabmäler, Särge und Epitaphien besetzten einen zentralen gesellschaftlichen Raum und demonstrierten die gottgegebene Legitimität von Herrschaft. Schließlich wurden Wappen an zentralen Gebäuden und Orten angebracht, um die Herrschaft vor Ort anzuzeigen: „Dann die Wappen derer Fürsten und anderer Herrschaften, so an denen Thoren, Thüren, Uhren, Kirchen, Tabern, Rathhauß, Gränzsteinen etc. angemahlt oder eingegraben, sind gemeiniglich ein Zeichen der daselbst habenden Jurisdiction und Gerichtsbarkeit“.117 Wie die mit Wappen versehenen Grenzsteine, aber auch die entsprechenden Markierungen an Stadttoren oder Burgportalen, ja sogar an den Torbögen grenznaher Bauernhäuser zeigen, wurden auch die Grenzen des politischen Raums durch Zeichen besetzt.118 Diese Wappen markierten das Territorium in einem doppelten Sinne: Zum einen kennzeichneten sie in der Reihung entlang der Grenzen eine Trennlinie, die den inneren Bereich eines Territoriums, einer Herrschaft, einer 115 Vgl. Groten 2008a; Groten 2008b; Groten 2009; Stieldorf 2010. 116 Vgl. zum Folgenden ausführlich Heck 2002; außerdem in jüngerer Zeit Achnitz (Hg.) 2006. 117 *Beck 1723, 1. Buch, S. 23f.; vgl. auch ebd., S. 31 118 Als Beispiel für die Markierung eines zentralen Herrschaftsortes sei auf die Residenzstadt Düsseldorf am Beginn des jülich-klevischen Erbfolgestreites 1609 verwiesen: Unmittelbar nach dem Tod Johann Wilhelms von Jülich-Kleve-Berg ließen Johann Sigismund von Brandenburg und Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg ihr jeweiliges Wappen an den Stadttoren anbringen und demonstrierten damit ihren Anspruch auf die Erbfolge in den Vereinigten Herzogtümern, Hufschmidt 2003, S. 9f. Auf Hoheitssymbole an bäuerlichen Gehöften in Grenznähe weist Rügge 2013, S. 127, für die Grafschaft Ravensberg hin. Zur Rolle von Wappen und anderen Markierungen von Gebäuden in Herrschaftskonflikten im Dorf vgl. am Beispiel des Schwäbisch Haller Umlands Oelze 2009.

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Stadt von der Umgebung schied. Das einzelne Zeichen verwies dabei auf identische Zeichen zu seiner Rechten und Linken, mit denen es gemeinsam die materialiter nicht existente Grenzlinie bildete und das Territorium umschloss. Zum anderen verwiesen die Wappen an der Grenze auf den dynastisch-genealogisch geprägten Gesamtzusammenhang des Territoriums, wie er auch in den Zentren und Erinnerungsorten der Herrschaft durch eben diese Zeichen inszeniert wurde. Die mit Wappen gekennzeichneten Objekte und Orte verbanden sich so zu einem semiotischen Verweissystem, das sich wie ein Netz über den Herrschaftsraum legte und dessen Einheit nach außen wie nach innen kommunizierte. Äußerst anregend ist in diesem Zusammenhang der semiotische Ansatz von Jurij M. Lotman, der davon ausgeht, dass alle Zeichenbenutzer, Texte und Codes einer Kultur einen gemeinsamen Raum, eine „Semiosphäre“ bilden.119 Diese sei durch „ihre Individualität und Homogenität, den Gegensatz von Innen und Außen und die Ungleichmäßigkeit in der Struktur des Inneren“ charakterisiert.120 Die Abgrenzung der Semiosphäre gegenüber anderen semiotischen Räumen ergebe sich aus der gegenseitigen Fremdheit von Zeichenbenutzern, Texten und Codes, in unserem Falle den jeweiligen politischen Akteuren, den rechtlichen Grundlagen ihrer Herrschaft sowie dem zugrundeliegenden territorialen Selbstverständnis.121 Lotman selbst verweist darauf, dass Kulturräume, und das heißt Semiosphären, territorialen Charakter besitzen können und die Grenze hier „eine räumliche Funktion im elementaren Sinne“ erhalte.122 Neben dem Trennenden betont der Autor dabei auch die Scharnierfunktion der Grenze. Sie diene nicht zuletzt dazu, äußere Mitteilungen zu filtern und in die eigene Sprache zu übersetzen. „Von diesem Standpunkt aus gehören alle Mechanismen der Übersetzung, die Kontakte nach außen aufrecht erhalten, zur Struktur der Grenze der Semiosphäre.“123 Interessant ist für unseren Zusammenhang der Hinweis auf die Ungleichmäßigkeit der inneren Struktur der Semiosphäre. Sie gliedere sich in einen Kernbereich, der das dominierende Zeichensystem umfasse und in dem Zeichenbenutzer, Texte und Codes eng aufeinander abgestimmt seien, sowie in zum Rande hin zunehmend amorpher werdende Bereiche, in denen dies immer weniger der Fall sei.124 Die materielle Markierung der Grenzen mit Wappensteinen kann in Anlehnung an dieses Modell als Versuch gedeutet werden, 119 Lotman 1990; vgl. hierzu auch Heck 2002, S. 18. 120 Lotman 1990, S. 287. 121 Lotman 1990, S. 290–294. 122 Lotman 1990, S. 292. 123 Lotman 1990, S. 292. 124 Lotman 1990, S. 294–296.

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die realiter weit vom Herrschaftsmittelpunkt entfernte Peripherie zumindest auf der Ebene der Zeichen in den Kernbereich der territorialen Semiosphäre einzubinden und damit gegenüber den Nachbarn zu verteidigen. Das Wappen stand für den abwesenden Fürsten, dessen Herrschaftskompetenz sich nicht mehr in seiner Präsenz (oder der seiner Beamten) erschöpfte und damit von Ort zu Ort mäanderte, sondern stellvertretend durch die permanente Besetzung von Orten mit den herrschaftlichen Insignien realisiert wurde. Diese Substitution von Anwesenheit vor Ort durch Zeichen im Raum setzt zweifelsohne ein territorial-räumliches Herrschaftskonzept und eine Vorstellung von der physischen Ausdehnung des eigenen Territoriums voraus. Letzteres konnte überdies mithilfe von Zeichen erweitert werden, indem Grenzsteine mit eigenem Wappen in fremden Herrschaftsbereichen aufgestellt wurden, worauf eindringlich Oettinger in seinem „Tractatus“ verweist: Dannenher, wo man eines Herren Wappen in den Marcksteinen gehauen findet, ist ein Anzeigen und Beweiß, daß ihme der Enden gegen seiner Seiten die Ober- und Herrlichkeit zugehörig sey. Darum, wann ein Fürst oder Herr in einem andern Gebiet Güter und darauf kein Obrigkeit hat, daß sie nicht besonders exempt und privilegirt seyn, so ist ihm nicht zu gestatten, daß er solche mit gewapneten Steinen vermarcke, dann er sonsten durch die Verjährung ein Gerechtigkeit der Herrlichkeit erlangen köndte.125

In den Zusammenhang einer mit Wappen hergestellten Semiosphäre gehört auch die weiter unten noch zu behandelnde Kartographie. Allerdings stellen Wappen auf Karten in der Regel nicht Grenzmarkierungen dar, sondern begegnen als Rahmenschmuck oder in Kartuschen.126 Bis in das 17. Jahrhundert figurieren sie zudem gelegentlich im Kartenausschnitt selbst und kennzeichen – ähnlich wie die verbalen Bezeichnungen – die Territorien bzw. deren dynastische Zugehörigkeit.127 Ein plakatives Beispiel für eine solche Konstruktion von Herrschaftsraum mithilfe von Wappen stellt eine Karte des Stromspaltungsgebietes der Elbe mit Hamburg

125 *Oettinger 1670, S. 338f. 126 Vgl. etwa die im Auftrag Herzog Philipps  II. von Pommern durch Eilhard Lubin erstellte Karte des Herzogtums Pommern von 1617/18, deren Rahmen neben Veduten und Grundrissen der 49 wichtigsten Städte, Klöster und Schlösser die 354 Wappen aller pommerschen Adelsfamilien enthält. Im Kartenbild selbst figuriert oberhalb des pommerschen Festlandes ein Stammbaum der Herzogsfamilie mit 147 Medaillons der Mitglieder, vgl. Heck 2002, S. 267–269 mit Abb. 127 Vgl. unten Kap. II.4.1 („Mittelalterliche Universalkartographie“), III.3.1 („Die Regionalisierung der Kartographie in der Frühen Neuzeit“) und III.3.2.1 („Landesaufnahmen“).

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und Harburg von ca. 1555 dar (Taf. 1).128 Es handelt sich um eine Auftragsarbeit der Herzöge von Braunschweig-Harburg im Zuge ihrer Streitigkeiten mit Hamburg. Die der Stadt vorgelagerten Elbinseln gehörten zu Harburg und sind auf der Karte mit jeweils einem herzoglichen Wappen unmissverständlich markiert, darüber hinaus ragen an verschiedenen Stellen braunschweigische Wappen in den Horizont, so dass „der ganze atmosphärische Raum der Unterelbe […] von den dynastischen Zeichen der Herzöge beherrscht“ erscheint.129 Die von der Gegenseite 1568 beim Reichskammergericht eingereichte Elbkarte von Melchior Lorichs (auch Lorch oder Lorck) arbeitet ebenfalls mit Wappen, rekurriert dabei aber auf Zeichen, die tatsächlich vor Ort als materielle Markierungen im Feld eingesetzt wurden. Und zwar handelt es sich dabei um eine in der Elbe verankerte Reihe von Wappentonnen, die von der Hansestadt bis zur Mündung in die Nordsee reichte und die gesamte Wasserstraße für Hamburg reklamierte (Taf. 2).130 Die Karte bildet in diesem Fall also die realiter vorhandene materielle Markierung des städtischen Einflussbereiches ab und verknüpft damit die unterschiedlichen Formen der Beschreibung und Markierung von Grenzen. Vergleichbare Beispiele finden sich unter den zahlreichen Streitkarten des 16. und 17. Jahrhunderts, die vielfach sehr genau das Aussehen der mit Wappen geschmückten Grenzsteine dokumentieren.131 2.4 Richtstätten Eine weitere Form der materiellen Grenzmarkierung stellen Galgen, Räder und andere Richtstätten dar, denen als Zeichen der Hoch- oder Blutsgerichtsbarkeit freilich auch eine erhebliche symbolische Bedeutung inhärent war. Oettinger erwähnt in seinem „Tractatus“, dass sie „gemeiniglich an den Landgräntzen“ aufgerichtet würden und man sie nach Anweisung deß Sächsischen Landrechts also setzen solle, daß derselben Schatten, wann er am längesten ist, deß Nechsten daran ligenden Gebieths-Grund und Boden nicht erreichen 128 Hamburg, Museum für Hamburgische Geschichte, Inv.-Nr. EB 1913,613. Vgl. zum Folgenden ausführlich Bolland 1974, Abb. S. 21–23 und Beilage; außerdem Heck 2002, S. 265f. mit Abb. 129 Heck 2002, S. 266. 130 Hamburg, StA, 720-1/1_126-05 = 1568.1; vgl. Bolland 1974, S. 19f.; Witt 1982, S. 24f., Abb. S. 20–23. 131 Vgl. u. a. die Beispiele bei *Krausen (Bearb.) 1973, S. 28, Nr. 92 (nach 1573); ebd., S. 33, Nr. 110 (1577); ebd., S. 37, Nr. 119 (1578); ebd., S. 80, Nr. 270 (2. Hälfte 16. Jh.); ebd., S. 159, Nr. 512 (ca. 1620). Ein Teil der genannten Karten ist detailliert beschrieben und abgebildet bei Horst 2009, Bd. 2.

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möge. […] Aber ins gemein sollen heut zu Tag die Richtstatt und Galgen vier und zwantzig Elen weit von den benachbarten Gräntzen aufgericht werden.132

Die Gefahr, selbst mit einem auf fremdes Territorium fallenden Schatten einen Grenzstreit zu provozieren, scheint demnach erheblich gewesen zu sein, was einmal mehr die Bedeutung von Grenzen und deren exakter Markierung in der Vormoderne unterstreicht. In den Akten begegnen die Grenzgalgen dementsprechend häufiger. Die Aufstellung solcher „gar schendtlicher spottzeichen“ wurde etwa von bayerischer Seite im Grenzstreit mit dem Königreich Böhmen um die Mitte des 16. Jahrhunderts als Provokation aufgefasst und es wurde heftig dagegen protestiert.133 Auch ist belegt, dass Grenzgalgen morsch waren, umfielen und die landesherrlichen Verwaltungen schnell handeln mussten, um Konflikte zu vermeiden oder Präjudizien vorzubeugen.134 Richtstätten an Grenzen werden regelmäßig auch auf Karten dargestellt.135 So zeigt etwa die kartographische Skizze der Grafschaft (Pfalz-)Veldenz von 1562 einen Galgen und eine brennende Hinrichtungshütte in unmittelbarer Nähe der Grenze des Veldenzer Burgfriedensbezirkes.136 Die Hochgerichtsbarkeit in der Grafschaft stand seit einem Reichskammergerichtsurteil von 1534 dem Trierer Kurfürsten zu, ausgenommen war der Burgfriedensbezirk. 1562 nun wurden zwei in Bernkastel ausgebrochene Häftlinge innerhalb dieses Bezirks gefangengenommen, auf Befehl des pfalzgräflichen Amtmannes verhört, hingerichtet und schließlich verbrannt. Die Hinrichtung erfolgte nach Aussage der Karte unmittelbar an der Grenze und unterstrich damit den Anspruch des Grafen auf die Hochgerichtsbarkeit innerhalb des Burgbanns. Die Karte visualisierte diesen Anspruch gegenüber dem Reichskammergericht. Eine weitere Karte, die sogar noch genauer die grenzmarkierende Funktion von Richtstätten verdeutlicht, stammt von ca. 1619. Sie zeigt oberhalb der Landstraße nach Mayen, die die Grenze zwischen 132 *Oettinger 1670, S. 368f. 133 Zit. nach Leidel (Bearb.) 2006, S. 152. 134 Vgl. etwa die Beispiele bei Terhalle 2008, S. 86–89. 135 Den Hinweis auf diese Form der Grenzmarkierung auf Karten verdanke ich Franz-Josef Knöchel (Bonn). Vgl. allg. Dainville 1964, S. 301f.; Delano-Smith 2007, S. 567; außerdem – über die folgenden Beispiele hinaus – für Westfalen Timpte 1961, S. 199, Anm. 13; für Niedersachsen die Karte der Herzogtümer Braunschweig und Lüneburg von ca. 1600 in Hannover, NLA, Kartenabteilung 71 Bb/12m. 136 Koblenz, Landeshauptarchiv, Best. 702, Nr. 5541; vgl. Behr/Heyen (Hg.) 1985, Abb. S.  244; zu den Auseinandersetzungen um die Hochgerichtsbarkeit Böhn 1972, zur Karte S. 5f., 23, Abb. S. 7; Voltmer 2002, S. 515f., Abb. S. 517. Eine vier Jahre zuvor angefertigte verbale Grenzbeschreibung ist abgedruckt bei Fabricius 1913, S. 15–17.

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Abb. 3: Karte von Virneburg und Umgebung, um 1609, aquarellierte Federzeichnung, Ausschnitt.

der Grafschaft Virneburg und Kurtrier bildete, eine Hinrichtungsstätte mit drei Rädern und direkt gegenüber auf der anderen, kurtrierischen Straßenseite einen Galgen (Abb. 3).137 Eine ähnliche Situation ist in der 1659 von dem kurkölnischen Landmesser H. Sandt vorgelegten Karte des Amtes Kempen für die Grenze gegen das Herzogtum Geldern dokumentiert.138 Insgesamt markierten seit dem frühen 17. Jahrhundert drei Galgenpaare diese Grenze, interessanterweise ohne tatsächlich für Hinrichtungen genutzt worden zu sein. Es ging also vermutlich bei derartigen Galgen vor allem um die materielle Markierung der betreffenden Grenze mit einem weithin sichtbaren Herrschaftssymbol. Abschließend sei in diesem Zusammenhang auch eine gedruckte Karte genannt: Auf der Trierer Umgebungskarte von

137 Vgl. hierzu Voltmer 2002, S. 511–514, Abb. S. 510. 138 Duisburg, LAV NRW R, RW Karten 2525; vgl. hierzu Kaiser 1979, S. 156f.

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Nicolas de Fer von 1692 sind an verschiedenen Grenzabschnitten auf kurtrierischem Territorium Galgen dargestellt und mit „iustice“ bezeichnet.139 2.5 Befestigungs- und Verteidigungssysteme Im Zusammenhang mit der materiellen Markierung von Grenzen im Feld müssen schließlich auch die Befestigungs- und Verteidigungssysteme erwähnt werden, die zu verschiedenen Zeiten in unterschiedlichen Formen – als Burg, Grenzstadt oder Landwehr – errichtet wurden. Dass Burgen ein „prägendes Element“ von Grenzräumen sind und „die Burgendichte […] hier viel höher als in den Kernräumen“ ist, dürfte nicht überraschen.140 Schon die Karolinger bauten im 9. Jahrhundert Burgen an der Elbe, die Ottonen gestalteten dann das östliche Sachsen als Burgenlandschaft mit eindeutig liminalen Funktionen um. Burgen dienten in diesen Grenzräumen sowohl als militärische Stützpunkte als auch als Handels- und Zentralorte für die umliegende sächsische und slawische Bevölkerung.141 Im Spätmittelalter war die Markierung von Territorien und territorialen Grenzen durch Burgen vielfach geübte Praxis.142 Zeigen lässt sich dies etwa für die Pfalzgrafschaft, die ihre Landesgrenzen im 14. Jahrhundert systematisch mit Landesburgen markierte: Die 1339 erstmals erwähnte Burg Pfalzgrafenstein bei Kaub auf einer Rheininsel markierte die Grenze zwischen der Pfalzgrafschaft und dem seit 1309/12 zum Kurfürstentum Trier gehörigen Oberwesel; in den 1350er und 1360er Jahren wurden im Norden des Territoriums an der Grenze zu den 139 Fer, Nicolas de: Les Environs de Treves et de Consarbruch, Paris: Nicolas de Fer 1692; Abb. des Exemplars in Paris, BNF, département cartes et plans, GE DD-2987 (4101), in: Gallica. Bibliothèque numérique (URL: http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b530406428 [25.07.2017]). 140 Frey 2011, S. 242. 141 Vgl. hierzu jetzt ausführlicher Frey 2011; Frey 2014; knapp bereits Ebner 1976, S. 30f. Zu den karolingerzeitlichen Burgen im Grenzraum vgl. auch Hardt 2000, S. 41–45; skeptisch dagegen Schmauder 2000, S. 60–62, 78f. 142 Ich danke Dr. Reinhard Friedrich (Braubach) für entsprechende Hinweise. Bereits Ebner 1976, S. 29f., konstatiert, dass Grenzburgen „nicht nur zu sichern, sondern auch häufig zu markieren“ hatten. Vgl. auch die konzeptionellen Überlegungen von Riedenauer/Sepp 1997, insb. S. 1147f. Der Band von Birngruber/Schmid (Hg.) 2012 trägt trotz des einschlägigen Titels zum Thema nur wenig bei, vgl. aber ebd., S. 30–32. Auf einen Zusammenhang zwischen dem Bau von Burgen und Stadtmauern zur zeichenhaften Kennzeichnung von Territorien verweist Sebald 2010, insb. S. 118. Auf die Notwendigkeit, „auch bei ganz klassischen Themen wie Burgenbau und Städtegründung an neuere Raumkonzepte anzuschließen und den konstruktiven Charakter der Prozesse im Sinne von Zukunftsplänen und -entwürfen zu betonen“, hat jüngst Rügge 2013, S. 125, hingewiesen.

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Katzenelnbogener Landen Burg Herzogstein und im Süden an der Grenze zum Kurfürstentum Mainz die Sauerburg – in Sichtweite der Mainzer Burg Waldeck – errichtet.143 In Verbindung mit einer Reihe von Stadtbefestigungen lassen sich diese Burgbauten einordnen in ein „übergeordnete[s] Bauprogramm […], mit dem die Wittelsbacher Pfalzgrafen im zweiten Drittel des 14. Jahrhunderts die Pfälzer Lande zu einem territorialpolitischen Machtfaktor ausbauten.“144 Auch andere Landesherren nutzten das Instrument des Burgenbaus zur territorialen Konsolidierung und insbesondere zur Grenzmarkierung:145 So zeigt sich eine entsprechende Burgenpolitik in der Grafschaft Luxemburg unter Johann dem Blinden, der seit 1334 systematisch Burgen im Grenzraum zum Kurfürstentum Trier an sich brachte bzw. bauen ließ.146 In den Hochstiften Osnabrück und Münster wurden im 13. und 14. Jahrhundert Burgen ebenfalls gezielt zur Erweiterung und Konsolidierung der Territorialgrenzen genutzt.147 Die Nordgrenze der zum Kurfürstentum Mainz gehörigen Rheingauer Mark zur Kurpfalz und zur Grafschaft Katzenelnbogen wurde im selben Zeitraum mit Burgen befestigt.148 Gleiches gilt für die Grenze zwischen dem Kurfürstentum Köln und dem Herzogtum Jülich, die von beiden Seiten mit Burgen gekennzeichnet wurde.149 Im 13. Jahrhundert markierten die Kölner Kurfürsten auch die Grenze zum Bistum Paderborn durch den Erwerb von Burgen im betreffenden Gebiet.150 Sowohl zur Sicherung der regionalen Herrschaft als auch zur Beförderung seiner Pläne auf Reichsebene 143 Sebald 2010, S. 110f.; vgl. detailliert auch Sebald 2006 mit Karte S. 130. Zum Phänomen der Gegenburgen als „Grenzmarkierung“ vgl. die knappen Hinweise bei Ebner 1976, S. 23. 144 Sebald 2006, S. 132. 145 Vgl. neben den folgenden Beispielen auch Patze (Hg.) 1976, S. 25f., 310, 432. 146 Reichert 1992, S. 298f. 147 Petri 1970, S. 398f., 401; vgl. im Detail für Osnabrück Prinz 1934, S. 117–127. 148 Grathoff 2005, S. 36, 146f.; Sebald 2010, S. 113–115. 149 Friedrich/Päffgen 2007, S. 30–34. Im besonders umstrittenen Erftraum lagen die Burgen durchschnittlich lediglich drei Kilometer von der Landesgrenze entfernt, ebd., S. 31, Anm. 216. Aufgrund der Konfliktgefahr, die sich aus solchen engräumigen Konstellationen ergab, scheint es im Rheinland parallel zum Ausbau der Grenzbefestigungen auch gegenläufige Bestrebungen gegeben zu haben, „im Interesse eines friedlichen interterritorialen Zusammenlebens durch zwei- oder mehrseitige Verträge burgenfreie Grenzsäume zu schaffen, das friedensgefährdende Aneinanderrücken von Burgen verschiedener Landesherren […] zu verbieten“, Janssen 1976, S. 306, mit Beispielen für die Grenze zwischen der Herrschaft Heinsberg und dem Herzogtum Berg sowie zwischen den Herzogtümern Kleve und Geldern. 150 Löer (Bearb.) 2007, S. 120; zu den Grenzauseinandersetzungen im 13. sowie erneut im 15. Jahrhundert vgl. ebd., S. 75–77. Bezeichnenderweise hielt Kurfürst Ernst von Bayern seinen Huldigungslandtag im Herzogtum Westfalen 1584 in dem in Grenznähe gelegenen und in den genannten Grenzauseinandersetzungen heftig umstrittenen Geseke, ebd., S. 79.

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errichteten Herzog Friedrich II. von Österreich und Steiermark und politisch ihm nahestehende Adlige nach 1239 eine Reihe von Kastellanlagen an der Reichsgrenze zu Ungarn sowie an den zentralen Heerstraßen.151 Für das Erzstift Salzburg spricht Heinz Dopsch von einem „Kranz von Grenzburgen rund um das geschlossene Territorium“, der seit dem 12. Jahrhundert von den Erzbischöfen errichtet worden sei.152 Auch das Fürstentum Lüneburg verfügte seit dem 13./14. Jahrhundert über eine „planmäßig“ errichtete „Kette von Grenzburgen“.153 Zwar konnten die Bauten aufgrund der naturräumlichen Bedingungen meist nicht unmittelbar auf der Grenzlinie realisiert werden, aber die Platzierung im engeren Grenzbereich deutet auf einen diesbezüglichen Zusammenhang hin. Umgekehrt musste der Bau von Burg- oder Festungsbauten an den Grenzen – wie auch im Lande selbst – durch konkurrierende Herrschaftsträger verhindert werden, wie etwa dem Ritter Wennemar von Fürstenberg bei seiner Bestallung zum Amtmann und Drosten des Landes Arnsberg durch den Kölner Kurfürsten Friedrich III. von Saarwerden im Jahre 1371 eingeschärft wurde: „Vort en sall he nit gestaden, dat yman einichen burglichen bawe oder vesteninge begriffe in unsem vurgemelten lande oder dabey buissen unsen willen und oirlof.“154 Die Persistenz solcher Markierungen zeigt sich nicht zuletzt darin, dass Oettinger noch in der Mitte des 17. Jahrhunderts „Schlösser und Burgen und Schlösser […], so an den Gräntzen gelegen“ als eine mögliche Form der Grenzmarkierung erwähnt.155 Franz Irsigler hat auf den engen Zusammenhang von Burgenbau und Städtegründungen aufmerksam gemacht. Eine Reihe von Städten in Grenzräumen sei vermutlich bei ihrer Gründung im 13. bis 15. Jahrhundert mit Blick auf ihre Grenzsicherungsfunktion „primär als Burgen oder Großburgen gedacht“ gewesen, die sich schnell zu urbanen Zentren entwickelt hätten.156 Bei diesem engen Konnex zwischen territorialen Grenzen und Burg- bzw. Stadtgründung verwundert es nicht, dass diese Gründungen bei einer Veränderung der politischen Grenzen möglicherweise scheiterten, weil ihre Verteidigungsfunktion und – so ist Irsiglers 151 Schicht 2012. 152 Vgl. zu den Burgen im Detail Dopsch 1976, S. 397–402, das Zitat S. 402. 153 Patze 1976, S. 432. 154 *REK VIII, S. 110, Nr. 433; vollständiger Text der Bestallungsurkunde bei Klocke 1939, S. 67f., hier S. 66. 155 *Oettinger 1670, S. 329. 156 Irsigler 1991, S. 21. Ein entsprechender Hinweis auf die Grenzsicherungsfunktion von Städtegründungen findet sich bereits bei Petri 1970, S. 401: „Mit besonderem Erfolg stellten die Münsterer Bischöfe auch die landesherrliche Gründungsstadt in den Dienst ihrer Territorialpolitik. […] Viele von ihnen dienten zugleich dem Ziel der Sicherung des Territoriums nach außen.“ Vgl. auch das Beispiel des märkischen Neuenrade bei Heinemeyer 2012, S. 61.

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Argumentation zu ergänzen – auch ihre Funktion als materielle Markierung der Grenze verloren ging. Ein Beispiel hierfür ist das westfälische Blankenrode, das um die Mitte des 13. Jahrhunderts vom Hochstift Paderborn und der Reichsabtei Corvey gegen kurkölnische und waldeckische Territorialansprüche gegründet und ein Jahrhundert später wieder aufgegeben wurde.157 In der Frühen Neuzeit verlagerte sich die Funktion der Grenzsicherung und -markierung von den Burgen auf die Städte. Der Typus der Grenz- oder Festungsstadt ist dementsprechend eine neuzeitliche Erscheinung.158 Die Gründung solcher Städte und die Bastionierung bereits bestehender Kommunen erfolgte in strategischer Absicht entlang vorhandener oder prätendierter Grenzen, wodurch sich in besonders exponierten Bereichen regelrechte Festungsgürtel entwickelten. Herausragende Beispiele sind die südliche Grenze der Niederlande gegen Frankreich im 16. Jahrhundert159 und die französische Ostgrenze gegen das Reich, die bekanntermaßen seit dem späten 17. Jahrhundert von Sébastien Le Prestre de Vauban mit einer doppelten Linie von Festungswerken, der sogenannten ,ceinture de fer‘ versehen wurde.160 Im Grenzraum gelegene Burgen und Städte stellten ähnlich wie Grenzsteine und andere Grenzzeichen lediglich punktuelle Markierungen dar. Dagegen bildeten die sogenannten Landwehren vielfach lückenlose Verteidigungslinien, die dem heutigen Verständnis einer ‚echten‘ Grenze sehr viel näher kommen als alles, was wir bislang kennengelernt haben.161 Diese Anlagen bestanden teilweise nur aus einem einfachen Wall, der auf beiden Seiten mit einem Graben versehen war. Weitaus häufiger waren allerdings mehrwallige Anlagen mit zwei, drei oder vier parallel verlaufenden Wällen und dazwischenliegenden Gräben. Bepflanzt waren die Wälle meist mit dichten Hecken, die die Überwindung zusätzlich erschwerten oder unmöglich machten. Durchgänge an Straßen und Wegen konnten mit Schlagbäumen und gegebenenfalls mit Türmen versehen sein. Die frühesten Hinweise auf solche Anlagen stammen aus dem Umfeld von Städten, so etwa Helmstedt 1252 oder Lübeck 1300, die Hauptzeit der Errichtung von städtischen 157 Irsigler 1991, S. 21. 158 Herrmann/Irsigler (Hg.) 1983. 159 Zur Fortifikation der französisch-niederländischen Grenze im 16. Jahrhundert vgl. die noch ungedruckte Dissertation von Martens 2009; außerdem Martens 2007; Martens 2008. 160 Sahlins 1990, S. 1434. Zur französischen Ostgrenze im 17. und 18. Jahrhundert vgl. ausführlich Dubois 1999, passim; aus stadtgeschichtlicher Perspektive Wolfe 2009, S. 147–170. Hinzuweisen wäre ergänzend auf die seit 1297 fixierte Grenze zwischen Portugal und Spanien: „The border was marked by a strategic network of fortifications in Portugal that faced a corresponding military system on the Spanish side of the border“, Alegria u. a. 2007, S. 1047. 161 Vgl. allg. Erler 1978; Simmerding 1996, S. 69f.; Fieber/Schmitt 2016; sowie ausführlicher Kneppe (Hg.) 2014.

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Landwehren ist allerdings das 14. Jahrhundert (Goslar 1336, Osnabrück 1347, Ratzeburg 1351, Lemgo 1353, Borken 1357, Brakel 1383, Frankfurt a. M. 1393 usw.).162 In diesem Jahrhundert finden sich auch die ersten Quellenbelege für Territorial­ landwehren, so etwa für Westfalen 1321.163 Ebenso begegnen Landwehren im Rheinland erstmals im 14. Jahrhundert.164 Wichtigster Zweck der Landwehren war die Verteidigung. Sie wurden daher in den Randzonen der Territorien errichtet, deckten sich aber nicht notwendigerweise mit den Landesgrenzen. Vielmehr stellten sie eine Verteidigungslinie hinter der eigentlichen Grenze dar.165 Anstatt der Landesgrenzen diktierten militärische Notwendigkeiten den genauen Verlauf, was häufig dazu führte, dass insbesondere in die Nachbarländer auskragende Bereiche eines Territoriums nicht von den Landwehren eingefasst wurden. Die vielfach mäandernde Territorial­ grenze wurde hier gleichsam begradigt.166 Neben diesen Außenlandwehren gab es auch Binnenlandwehren, die vor allem Städte, aber auch Kirchspiele, Ämter oder Gerichte einfassten und für potentielle Eindringlinge immer wieder neue 162 Engels 1938, S. 129; Weerth 1938, S. 162f.; vgl. ergänzend für das östliche Münsterland Kneppe 2004. 163 Engels 1939, S. 151; vgl. für Westfalen ausführlich Weerth 1938. 164 Engels 1939, S. 151. Vgl. für Kurköln: *REK IV, S. 275, Nr. 1205 (1320): „fossatas et fortalitia vulgariter dicta landtwehren“; ebd. XII, S. 375, Nr. 1143 (1372); ebd. VIII, S. 136, Nr. 548 (1372); ebd., S. 388, Nr. 1379 (1376); ebd., S. 449f., Nr. 1597 (1377); vollständiger Text in *UB Niederrhein, Bd. 3, S. 693f., Nr. 790; *REK  XII, S. 576f., Nr. 2089 (1379); ebd. IX, S. 240, Nr. 962 (1385); ebd. X, S. 560, Nr. 1540 (1398); ebd.  XI, S. 445, Nr. 1560 (1406); ebd., S. 445f., Nr. 1562 (1406); ebd. XII, S. 154, Nr. 542 (1413); ebd., S. 233f., Nr. 789 (vor 1425); Reichsstadt Dortmund: *REK IX, S. 421, Nr. 1594 (1388); ebd., S. 498f., Nr. 1849 (1389); Herzogtum Berg: ausführlich Engels 1938, vgl. auch *REK X, S. 200f., Nr. 544 (1393); Herzogtum Kleve: *REK XII, S. 375, Nr. 1143 (1372); ebd., S. 154, Nr. 542 (1413); ebd., S. 233f., Nr. 789 (vor 1425); *Ilgen 1921/25, Bd. 2,2, S. 17f., Nr. 20 (1430); ebd., S. 53, Nr. 54 (1455); ebd., S. 106f., Nr. 120 (1501); ebd., S. 143–157, Nr. 167 (1559), hier S. 156. 165 Gross 1894, S. 60; Pelissier 1905, S. XXIII ; Weerth 1938, S. 186; Engels 1938, S. 140f.; Engels 1939, S. 150–152; Bönisch u. a. 1990, S. 181; Kneppe (Hg.) 2014, passim; Fieber/Schmitt 2016, Sp. 617. Hinter diesen Forschungsstand fällt Erler 1978, Sp. 1599, zurück, wenn er meint, dass die Landwehren oft Landesgrenzen darstellten, „ja sie sind historisch vielleicht die ersten Anfänge territorialer und linearer Grenzen“. Auch Frankewitz 2010, S. 262, sieht einen engen Zusammenhang zwischen Landwehr und Grenze. Zur Verteidigungsfunktion vgl. ebd., S. 264–269. 166 Vgl. etwa die Landwehr zwischen dem Oberstift Münster und dem osnabrückischen Amt Reckenberg sowie der Herrschaft Rheda, die teilweise auf der Territorialgrenze verlief, allerdings das Gebiet um Menninghausen und die Gegend um Harsewinkel aussparte, Weerth 1938, S. 174f. Vgl. auch Woltering 1965, S. 22f., zur ‚Landhege‘ der Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber; Kaiser 1979, S. 154, 156, zu den Landwehren des kurkölnischen Amtes Kempen; Oelze 2007, S. 144, zur Landwehr der Reichsstadt Schwäbisch Hall.

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Hindernisse bildeten.167 Über die militärische Verteidigung hinaus hatten die Landwehren auch den Zweck, „das tägliche Streufen und Placken“, also Plünderei, abzuwehren, wie es in einer Verordnung zur Aufwerfung von Landwehren und Pässen von 1596 heißt, die im Zusammenhang mit dem spanisch-niederländischen Krieg im Herzogtum Jülich erlassen wurde.168 Die Landwehren dienten also in doppelter Weise dem Schutz des Territoriums.169 Obwohl sie nicht den genauen Verlauf der Territorialgrenze abbildeten, scheinen sie gelegentlich auch in territorialrechtlichen Fragen, etwa hinsichtlich der Reichweite der Gerichtsbarkeit, des Geleits oder des Jagdrechts, als Referenzpunkte genutzt worden zu sein, in der Regel als einseitiger Anspruch, gelegentlich aber auch im gegenseitigen Einverständnis der Benachbarten.170 Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang das Beispiel der Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber, deren Landwehr – hier ‚Landhege‘ genannt – in der Mitte des 15. Jahrhunderts als Verteidigungsanlage errichtet wurde.171 In der Folge ist zu beobachten, dass diese Verteidigungslinie immer stärker zu einer Grenze des Landgebiets der Stadt und damit zu einer Hoheitsgrenze umgedeutet und das umgrenzte Gebiet zunehmend territorialisiert wurde.172 Die Grenzziehung ging hier also der Territorialisierung voraus, sie definierte das künftig anzueignende Gebiet. Widerstand kam vonseiten der anderen Herrschaftsträger, die im Landgebiet der Stadt über Besitz und Grundherrenrechte verfügten und nun bezeichnenderweise immer wieder Teile der Landhege zerstörten, um der Territorialisierung Einhalt zu gebieten.173 Sie waren

167 Vgl. für Westfalen Weerth 1938, S. 170–173, 189f. 168 Zit. nach Engels 1939, S. 152. 169 Zu dem an der Landwehr tätigen Personal (Hegereiter, Türmer, Riegelschließer und Zöllner) vgl. für die Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber Woltering 1965, S. 86–92. 170 Vgl. die Beispiele für die Reichsstadt Frankfurt a. M. bei Pelissier 1905, S.  XXIII. 171 Woltering 1965, S. 21–25. Die Landwehr ist abgebildet auf einer Karte des Malers Wilhelm Ziegler von 1537, Nürnberg, GNM, Graphische Sammlung, La 4040; vgl. Meurer 2007, S. 1222, Abb. Taf. 45. 172 Woltering 1965, S. 22, 47. Obwohl er diese zentrale Studie durchaus affirmativ rezipiert, interpretiert Schneider 1997, S. 114, bereits die Errichtung der Rothenburger Landhege ganz im Sinne der älteren Grenzforschung als den Abschluss des Territorialisierungsprozesses. Auch für Schwäbisch Hall lässt sich im Laufe des 16. Jahrhunderts eine Entwicklung der Landwehr von einer Verteidigungslinie hin zu einer territorialen Grenze feststellen, Oelze 2007, S. 145–147, 163f. Auch eine Landstadt wie das münsterische Warendorf bemühte sich nach der Errichtung der umlaufenden Landwehr um die rechtliche Beherrschung des umschlossenen Gebiets und dessen Ordnung durch den Rat, Kneppe 2004, S. 96–100. 173 Diese Zerstörungsaktionen setzten sich bis in das 18. Jahrhundert fort, Woltering 1965, S. 27f.

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sich offenbar der Bedeutung einer materiellen Grenzziehung und den damit verbundenen Territorialisierungsbemühungen der Rothenburger bewusst. Das Verhältnis von Landwehr und Territorialgrenze wird in den Quellen häufiger thematisiert. So erklärte der Kölner Erzbischof Friedrich III. von Saarwerden in einer Urkunde vom 10. Mai 1372 bezüglich der Landwehren zwischen den Landen von Kempen und Krefeld, dass „alle Hoheitsrechte (heirlicheit), Güter und Einkünfte, die die Moerser Seite binnen den Landwehren an der Seite zu Kempen hin besitzt und die zur Herrlichkeit Krefeld gehören, in ihrem alten Stand verbleiben, der galt, ehe die Landwehren gegraben wurden.“174 Bei der Errichtung der Landwehren hatte man sich also nicht an den durch Hoheitsrechte definierten Territorialgrenzen, sondern wohl eher an militärischen Notwendigkeiten orientiert. Jüngere Quellenbeispiele bestätigen dieses Bild und unterscheiden noch expliziter zwischen Landwehr und Landesgrenze: So heißt es etwa im „Bericht der Landscheidung“ zwischen dem kurkölnischen Kirchspiel Drolshagen und dem bergischen Amt Neustadt um 1530: „Die Landwer, so der Drost zu Newerstatt abgehawen, ligt auf Kolnischem Grunde und boden, ist aber die Landtscheidung nit, sunder ein vestung des landts. Die Bergischen haben an irer seiten auch ein Landtwer, ist auch die Landtscheidung nit. Aber zuschen disen beiden Landtweren geht die Landtscheidung durch“.175 In ganz ähnlicher Weise hält ein Gutachten der kurkölnischen Räte von 1559 im Zuge eines Grenzstreits zwischen dem Erzstift und dem Herzogtum Berg in der Nähe von Wegeringhausen fest: „Denn es sein da zwo Landtwehr, davon die eine im Stift, die andere im bergischen Landt gelegen, welche Vestungen des Landts und nit Scheidungen sein, und zwischen den beiden Landtwehren gehet und wird die Landtscheidung gezogen.“176 Schließlich sei ein Beleg aus dem 17. Jahrhundert angeführt, der noch einmal eindringlich auf die militärische Funktion der Landwehr verweist und den Unterschied zwischen Verteidigungsanlagen und Territorialgrenze deutlich macht. Im Zuge eines Grenzstreites zwischen Kurmainz und der Reichsstadt Mühlhau­ sen erklärten die dortigen Ratsherren bezüglich der Grenze des städtischen

174 *REK VIII, S. 136, Nr. 548; vollständiger Text in *UB Niederrhein, Bd. 3, S. 615f., Nr. 720: „Ouch is gevurwert, sowatkunne heirlicheit, erue, gut ind renten Johan van Muerse, syne eruen ind nakomelinghe hauen, so wie dat genant is ind so wa dat geleigen is binnen der lantweiren an der syden zu Kempen wert, dat zu der heirlicheit van Creyuelt gehoeret, dat sal lygen bliuen zu also gedaen reichten, als dat van aldes geleigen hauet ind lach, ee dat die vurschreuen lantweire gegrauen ind gemachet wart.“ 175 Zit. nach Engels 1939, S. 150. 176 Zit. nach Engels 1939, S. 150.

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Territoriums gegen das zu Mainz gehörige Eichsfeld: „Fossa denotat non separationem territorii, sed defensionis causa facta est.“177 Landwehren können also nicht generell als materielle Markierungen von Grenzen angesehen werden, auch wenn sie diese gelegentlich berührten oder abschnittsweise mit ihnen kongruent waren.178 Dieser Punkt ist insofern wichtig, als er ein Spezifikum der vormodernen gegenüber der Grenze des 19. und 20. Jahrhunderts darstellt: Vormoderne territoriale Grenzen waren keine Verteidigungslinien, keine militärisch gesicherten Bollwerke, sondern markierten Rechts- und Hoheitsbezirke. Dementsprechend kommen Landwehren in Grenzbeschreibungen nur dann vor, wenn sie stellenweise mit der Landesgrenze identisch waren.179 Davon unberührt bleibt, dass Landwehren Herrschaft in den Raum bzw. in die Landschaft einschrieben. Auch wenn sie die Territorialgrenze nicht exakt nachbildeten, lagen sie vorzugsweise im Randbereich des Territoriums, um dieses nach außen zu verteidigen. Damit markierten sie grob den Herrschaftsraum und können als deutlicher Ausdruck eines territorialen, respektive räumlichen Herrschaftsverständnisses interpretiert werden. Nicht zuletzt ermöglichten sie dem Fürsten die Kontrolle und Regulierung der Bewegungen seiner und fremder Untertanen in diesem Raum. In der oben genannten Urkunde Friedrichs von Saarwerden wurde in diesem Sinne verfügt, dass die Landwehren in Friedenszeiten für die Moerser wie die Kurkölner frei passierbar sein sollten, über die Sperrung in Kriegs- und Fehdezeiten konnten beide Seiten entscheiden.180 Auch die Wahrnehmung von Rechts- und Besitztiteln im eigenen Territorium durch fremde Herrschaften konnte durch Landwehren, wenn nicht verhindert, so doch zumindest kontrolliert und behindert werden.181 Insbesondere frühneuzeitliche Quellen belegen eine deut177 Zit. nach Weerth 1938, S. 186. 178 Vgl. zur Veranschaulichung die Karte für das Herzogtum Berg und benachbarte Territorien bei Engels 1938, S. 255. 179 So auch Engels 1939, S. 152. Vgl. etwa die Beschreibung des Werler Gerichtsbezirks von 1398: Die Grenze beginne nach Aussage der alten Kundschaft „an den Bercklon by deme toylhuys und geyd dar dey Hare an und geyd dey grund neder vur Steynen umbe Westhilbeke und by Lutteken Suythusen yn dey landwere und vor dey landwere uyt byt an dat Lyntholt und vort dar neder achter Ylynchuys in dey Beueren“, *REK X, S. 560, Nr. 1540. Landwehren werden auch bei *Oettinger 1670, S. 7, 256, 323, als mögliche Grenzmarkierung erwähnt. Allerdings sieht er sie nicht generell als solche an, wie Oehme 1982, S. 67, annimmt, sondern bringt sie in Verbindung mit Hecken auf privaten Grundstücken, die nur dann „für ordentliche rechtmässige Marcken gehalten [würden], wann kein andere Beweisung vorhanden ist. Und hieher sind auch zu ziehen die Landwehren, die von dicken Hägern gemacht werden“, *Oettinger 1670, S. 337. 180 *REK VIII, S. 136, Nr. 548. 181 Weerth 1938, S. 190.

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liche herrschaftliche Präsenz an den Landwehren und damit an der Peripherie der Territorien. So machte etwa der Jülicher Landtagsbeschluss von 1596 Vorgaben zur Instandsetzung von Schlagbäumen und Schanzen, deren Besetzung mit Bewaffneten, der Sperrung von Pässen und Nebenwegen, der täglichen Bereitung der Landwehr usw.182 Abschließend sei die Gründung von Klöstern und Kapellen auf oder an Grenzen bzw. in Grenzräumen erwähnt, wenngleich dieser Aspekt zumindest für das Mittelalter noch kaum untersucht wurde.183 Eine besondere Qualität hatten solche Gründungen im Zeitalter der Konfessionalisierung, dienten sie doch nicht nur der materiellen Markierung der territorialen, sondern zugleich der Überwindung der konfessionellen Grenze: Sie waren Ausgangspunkt von Missionen bzw. Anlaufstelle für Katholiken aus den benachbarten protestantischen Territorien – ein Phänomen, das besonders häufig im Nordwesten, an der Grenze zu den Niederlanden, zu beobachten ist.184 2.6 Zwischenfazit Materiellen Markierungen von Grenzen im Feld eignet, abgesehen von ihrer Materialität und der damit verbundenen Raumwirkung, immer auch eine symbolische Komponente. Als Artefakte von Handlungen sind sie soziologisch betrachtet 182 Engels 1939, S. 152. 183 Vgl. die Beispiele für Ostfranken in der Karolingerzeit bei Lubich 1996, S. 21–30; für Hessen Hardt 2000, S. 41f.; Hardt 2001b; für Lothringen Schirmann 2008, S. 109. Skeptisch gegenüber der These der älteren Literatur, dass Bischof Hermann II. von Münster den Ort für die Gründung der Zisterzienserabtei Marienfeld bewusst im Grenzgebiet zu den Hochstiften Osnabrück und Paderborn bestimmt habe, um Münster hier eine feste Bastion zu sichern, äußert sich Kohl (Bearb.) 2010, S. 88: „Träfe das zu, würde das ein geopolitisches Denken des Bischofs voraussetzen, wie es für das ausgehende 12. Jahrhundert ganz und gar untypisch wäre.“ Vgl. dagegen die interessante Beobachtung von Codou 2008, S. 198–200, dass die Bischöfe in der Provence (Frankreich) schon im 11. Jahrhundert Kirchen in Grenznähe den jeweiligen Diözesanheiligen weihten, „lorsqu’il s’agit de borner physiquement leur diocèse.“ 184 Der Forschungsstand ist erheblich besser als zum Mittelalter, wenngleich jüngere systematische Studien fehlen; vgl. aber Jong 1963; Kohl (Bearb.) 1999–2004, Bd. 2, S. 111–113; außerdem die Fallbeispiele von Roelofs 1975; Hanschmidt 2007. Zu den katholischen Pilgern aus den Niederlanden vgl. Wingen 1994. Übergreifend zum Phänomen der materiellen Markierung des Raums seitens der katholischen Kirche vgl. Herrsche 2006, S. 902, der diesbezüglich auf die „unzähligen und unübersehbaren barocken Bauwerke“ hinweist, „die man katholischerseits zusätzlich zu den notwendigen Pfarrkirchen in der Sakrallandschaft errichtete, gerade auch in gemischten Gebieten und an der Grenze.“ In diesen Zusammenhang gehört auch die Aufstellung von Wegekreuzen und Heiligenbildern, die in gemischtkonfessionellen Gebieten zu heftigen Konflikten um Räume führen konnte, Unger 2010.

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Vormoderne Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen

„Träger subjektiv gemeinter sozial-kultureller Sinngehalte, die nach Abschluß des Herstellungsaktes einerseits eine eigenartige Eigenständigkeit erlangen, aber andererseits trotzdem auf den Sinn der Hervorbringerakte verweisen und diesen zu einer gewissen Persistenz bringen.“185 Der Akt der Grenzziehung ist in seiner gesamten herrschaftspolitischen Dimension also immer im einzelnen Grenzzeichen, ob Baum, Stein oder Burg, enthalten. Materielle Markierungen im Feld sind damit gleichsam „Symbole für Sinngehalte von Handlungen“, die an diesen Orten in der Vergangenheit stattgefunden haben, und erlangen so Relevanz für künftiges Handeln.186 Dieser Aspekt ist gerade für vormoderne Territorialgrenzen von Bedeutung, da diese ja, wie wir gesehen haben, nicht linear, sondern nur punktuell markiert und dementsprechend über weite Strecken unsichtbar waren. Grenzsteine und andere materielle Markierungen im Feld bezeichneten Herrschaftsräume, boten aber keine Handhabe zur Regulierung von Grenzübertritten. Das Spezifikum der mittelalterlich-frühneuzeitlichen Territorialgrenze war gerade ihre Durchlässigkeit und – abgesehen von den punktuellen Versteinungen – ihre Immaterialität. Damit unterscheidet sie sich deutlich sowohl von den Mauergrenzen der antiken Hochkulturen und des chinesischen Reiches als auch von den modernen Grenzen aus Stacheldraht und Beton.187 Entsprechende Grenzbefestigungen sind im europäischen Mittelalter die Ausnahme.188 Dass es seit dem 14. Jahrhundert Schlagbäume zur Kontrolle der Straßen gegeben habe, wie in der jüngeren Literatur zu territorialen Grenzen gelegentlich erwähnt wird, ist zwar nicht falsch.189 Sie gehören aber in den Zusammenhang der oben diskutierten Landwehren und 185 Werlen 1997, S. 252; vgl. in diesem Zusammenhang auch ebd., S. 253–256. 186 Werlen 1997, S. 274. Zum Verhältnis von materieller und symbolischer Markierung von Grenzen vgl. auch unten Kap. II.3.1 („Versteinungen und Umgänge“). 187 Vgl. den Überblick von Nunn 2009. Auch für die Grenzen des 19. Jahrhunderts ist diese Immaterialität noch teilweise kennzeichnend, wie bei Ratzel 1897, S. 447f., nachzulesen ist: „Wenn wir von Bozen nach Trient gehen, sehen wir nicht die Grenze zwischen deutschem und italienischem Volkstum, die wir auf der Karte lesen, und selbst die vielbesprochene Grenze zwischen Deutschland und Frankreich ist nur da zu sehen, wo an den Wegübergängen die Grenzpfähle stehen. Wir können tagelang in den Allgäuer Bergen wandern und die deutsch-österreichische Grenze rechts und links überschreiten, ohne es zu merken; denn wir sehen sie nicht.“ 188 Hinzuweisen ist auf das ca. 30 km lange Danewerk des 8. bis 12. Jahrhunderts in Schleswig-Holstein, Andersen 1984; zur Darstellung in der frühneuzeitlichen Kartographie vgl. Unverhau/Schietzel (Hg.) 1993. Die jüngere Forschung postuliert, „dass das Danewerk in erster Linie nicht als historische Grenzbefestigung anzusehen ist, sondern ‚als Schutzschild des Handelsweges über die Schleswiger Landenge‘ (Birgit Maixner)“, Auge 2013, S. 74; vgl. auch Müller 2013, S. 54f. Beide Funktionen schließen sich m. E. aber nicht aus. 189 Nicklis 1992, S. 25f.; Akashi/Stauber 2006, Sp. 1107.

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sind daher nicht mit modernen Grenzposten zu vergleichen.190 Passkontrollen und die Erhebung von Abgaben erfolgten nicht an der Grenze selbst, sondern in Mittelalter und Früher Neuzeit gleichermaßen an den hierfür seit langem bewährten Stadttoren und Zollstationen, also im Inneren des Territoriums.191 Insofern waren diese Binnengrenzen in der Regel schwerer zu überwinden als die Außengrenzen.192 Die Verlagerung der Hoheitsrechte an die Außengrenzen begann erst allmählich im 18. Jahrhundert, ist aber vor allem eine Entwicklung des 19. und 20. Jahrhunderts.193 Eine Ausnahme bilden Ausweisungen, etwa von Kriminellen, Juden, Vaganten oder Zigeunern, die bereits in der Frühen Neuzeit gewaltsam über die Landesgrenzen verbracht wurden.194 Bewusst wurden dabei Familien auseinandergerissen und Gruppenstrukturen zerstört, indem die Mitglieder an unterschiedlichen Grenzabschnitten ausgewiesen wurden.195 Hinweise auf die „wegen ausländischer bettler und vaganten eigens aufgestellte[n] gränztaffeln“ finden sich

190 Vgl. etwa für das Erzstift Köln Janssen 1973, S. 151 (1335/36); *REK X, S. 312f., Nr. 869 (1395), hier S. 312. 191 Vergleiche die Beispiele bei Kemp 1997, insb. S. 244–248, zu Potsdam und Paris im 18. Jahrhundert; Rügge 2013, S. 135, für Westfalen; außerdem die zahlreichen diesbezüglichen Policeynormen bei *Härter/Stolleis (Hg.) 1995–2017, s. v. Einreisekontrolle, Einreiseverbot, Passierschein, Pass/Pässe, Paßkontrolle, Paßwesen, Zoll/Zölle. Zum Passwesen im Mittelalter allg. vgl. Groebner 2004; für die Neuzeit Fahrmeir 2000, demzufolge Passkontrollen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts an Stadttoren durchgeführt wurden, ebd., S. 79f. Zu den mittelalterlichen Stadtmauern vgl. Isenmann 2014, S. 99–102; sowie den zahlreiche Facetten des Themas berührenden Band von Wagener (Hg.) 2010; für Frankreich außerdem die anregende Studie von Wolfe 2009, der die städtischen Fortifikationen in engem Zusammenhang mit dem französischen Staatsbildungsprozess sieht. Zur Zollerhebung vgl. für das Rheinland erschöpfend Pfeiffer 1997; eher als Zusammenfassung, denn als Diskussionsbeitrag zum Zollwesen als einer ‚politique spatiale‘ Pfeiffer 2004; zur Lage der Zollstätten grundlegend Stolz 1954, S. 26–31; vgl. auch Eichstaedt 1998, Sp. 1756; Irsigler 2003, S. 37. 192 So auch Fahrmeir 2000, S. 72, für das frühe 19. Jahrhundert. 193 Stolz 1954, S. 28–30; Kemp 1997, S. 247; vgl. als weiteres Fallbeispiel Winter 2008. 194 So ist etwa für die bergische Herrlichkeit Hilden im 17. Jahrhundert die Geißelung von Straftätern über die Grenze belegt, *Milz (Bearb.) 1974, S. 232. Vgl. allg. zur Ausweisungspraxis Holzhauer 1978; Schubert 2001, S. 53; für die Frühe Neuzeit Schnabel-Schüle 1995; Schwerhoff 2006; außerdem als Fallstudien Blickle 1998; Schepers 1998, insb. 244– 246; Härter 2005, Bd. 2, S. 639–648; Bretschneider 2014; sowie für das 19. Jahrhundert Althammer 2015. Zu den Besonderheiten des Stadtverweises vgl. Marchal 1996b; Maurer 1996. 195 Vgl. etwa das Beispiel des Centleutnants Rutz im Mainzer Oberamt Starkenburg, der 1752 fünf Mitglieder einer Vagantenfamilie an verschiedenen Tagen an unterschiedliche Grenzen führte und auswies, Härter 2005, Bd. 2, S. 643; vgl. auch ebd., S. 1013.

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Vormoderne Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen

in den Policeyordnungen des 18. Jahrhunderts.196 Eine „professionelle Kontrolle des Raumes und der Vagierenden“ scheint allerdings erst mit der Schaffung von paramilitärischen Policeytruppen gegen Ende des Jahrhunderts erreicht worden zu sein.197 Erste Versuche, die Ein- und Ausreise stärker und schon an den Grenzen zu regulieren, lassen sich in Frankreich nachweisen, das bereits im 17. und dann vor allem im 18. Jahrhundert ein System von Grenzposten zur Verhinderung von Schmuggel etablierte.198 Auch Österreich bemühte sich im 18. Jahrhundert um die Verlagerung von Steuer und Zoll an die Außengrenzen,199 gleiches gilt für Bayern.200 Zur Seuchenkontrolle wurden zudem Quarantäne-Stationen an den Grenzen errichtet, so etwa an der 1772 im Zuge der ersten polnischen Teilung neugezogenen Grenze zum russischen Reich.201 In Kurmainz wurde 1738 die Überprüfung von Pässen an der Grenze durch besondere Examinatoren angeordnet, die auch entsprechende Einreiseregister anzulegen hatten.202 Um Zuwanderung zu verhindern, ließ König Friedrich II. von Preußen die Grenzen genauer überwachen, nachdem er 1743 und 1744 die dem Staupenschlag folgende Landesverweisung bei Ausländern abgeschafft hatte und zu befürchten war, dass das Land zu einem „Sammelplatz für das europäische Gesindel“ würde.203 Das revolutionäre Frankreich versuchte zudem seit 1792, Einreisen generell an Genehmigungen zu knüpfen, auf die im Grenzort gewartet werden musste. Da dies aber nicht praktikabel war, wurde bald die Einreise mit provisorischen Reisedokumenten erlaubt. Die weiteren Formalitäten erfolgten erst am Zielort.204 196 Codex Juris Bavarici Criminalis De Anno MDCCLI, München 1756; zit. nach *DRW, Bd. 4 (1939–1951), Sp. 1105, s. v. Grenztafel. Vgl. außerdem für das Herzogtum Kleve *Scotti 1826, S. 586, Nr. 378 (1685); ebd., S. 689f., Nr. 466 (1696), wo die Auspeitschung als Strafe für „Zigeuner“ und „starke Bettler“ auf den Warntafeln auch bildlich dargestellt werden sollte; für Kurmainz Härter 2005, Bd. 2, S. 1010–1012. 197 Härter 2005, Bd. 2, S. 1009f., 1060 (Zitat). 198 Ulbrich 1993, S. 144–146. 199 Saurer 1989, S. 137–146; Adelsgruber/Cohen/Kuzmany 2011, S. 94–113; vgl. außerdem Heindl/Saurer (Hg.) 2000. 200 Riedenauer/Sepp 1997, S. 1195. 201 Adelsgruber/Cohen/Kuzmany 2011, S. 88. 202 Härter 2005, Bd. 2, S. 1018. 203 Holzhauer 1978, Sp. 1447. Vgl. die Verordnung der Kriegs- und Domänenkammer Kleve vom 05.09.1752: „Die Zoll- und Wehr-Zoll-Comptoirs, Justiz-Beamte und Magistrate werden angewiesen alle Pack- und Betteljuden, starke Bettler u. a. Vagabunden auf den Grenzen abzuweisen, resp. die im Lande betroffen werdenden anzuhalten, zu examiniren und entweder des Landes zu verweisen, oder, dem Befinden nach, den Gerichten zur Bestrafung zu übergeben“, *Scotti 1826, Bd. 3, S. 1432f., Nr. 1652. 204 Fahrmeir 2000, S. 62.

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3. Symbolische Markierungen im Feld In der jüngeren Geschichtswissenschaft kommt der Erforschung der sozialen Praxis historischer Akteure eine besondere Bedeutung zu. Dabei geht es weniger um die Ergebnisse einzelner Handlungen als um deren Vollzug bzw. die Art und Weise des Handelns selbst. Ausgangspunkt ist die Einsicht, dass die politisch-soziale Realität nicht statisch ist, sondern von den Akteuren durch sogenannte performative Akte in einem fortdauernden Prozess immer wieder neu geschaffen wird. Mit performativen Akten sind Handlungen gemeint, die bewirken, was sie sprachlich bezeichnen oder symbolisch darstellen.205 „Durch diese Symbolisierungen erschien die Ordnung“, wie Barbara Stollberg-Rilinger für die Vormoderne festgestellt hat, „gleichsam objektiv und unverfügbar, konnte aber stets […] verwandelt und neu austariert werden.“206 So reproduzierte etwa die Sitzordnung in der Kirche oder in einem politischen Gremium in der Vormoderne den sozialen Rang bzw. die politische Stellung der Beteiligten, Gleiches gilt für das höfische Zeremoniell. Die Verschiebung dieser Ordnung zugunsten eines Beteiligten erhöhte dessen sozialen Rang ebenso, wie die Anmaßung eines herausgehobenen Platzes durch einzelne Beteiligte deren hierarchische Position tatsächlich verbessern konnte – und das nicht nur symbolisch, sondern auch faktisch.207 Die Beispiele verdeutlichen, dass Herrschaft und sozialer Rang in der Vormoderne über Symbole bzw. symbolische Ordnungen der Macht, der Ehre, des Reichtums, des Wissens usw. kommuniziert wurden. Die Münsteraner Schule um Gerd Althoff und die zitierte Stollberg-Rilinger hat diese Zusammenhänge in den letzten Jahren intensiv behandelt und konzeptionell unter dem Begriff der ‚symbolischen Kommunikation‘ gefasst.208 Kommunikation meint hier nicht das bloße Senden einer Botschaft von A nach B, also einen einseitigen Vorgang, sondern eine reziproke Beziehung zwischen Personen. Denn Informationen müssen im 205 Der diesbezüglich zentrale Begriff der Performanz wurde in den 1960er Jahren im Rahmen der Sprechakttheorie John L. Austins und John R. Searles geprägt und in der Folge in den Kulturwissenschaften aufgegriffen. Die grundlegenden Texte sind versammelt bei Wirth (Hg.) 2002. Zur Rezeption des ‚performative turn‘ in der Geschichtswissenschaft vgl. zusammenfassend Martschukat/Patzold 2003; Tschopp/Weber 2007, S. 111–122. Vgl. auch die Fallbeispiele bei Martschukat/Patzold (Hg.) 2003. 206 Stollberg-Rilinger 2010, S. 13. 207 Vgl. die Beispiele bei Stollberg-Rilinger (Hg.) 2001; Dartmann/Füssel/Rüther (Hg.) 2004; außerdem den Forschungsüberblick von Stollberg-Rilinger 2000. 208 Vgl. als methodische Grundlegungen insb. Althoff 1997; Althoff/Siep 2000; Stollberg-Rilinger 2004; Stollberg-Rilinger 2010; außerdem jetzt den Einführungsband von Stollberg-Rilinger 2013.

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Kommunikationsakt nicht nur übermittelt, sondern auch als Mitteilungen verstanden werden. Welcher Sinn und welche Bedeutung einer Mitteilung vom Empfänger zugeschrieben werden, ist nur bedingt zu steuern. Der Sender wird aber schon bei der Formulierung seiner Mitteilung versuchen, das Verstehen seines Gegenübers zu antizipieren.209 Die Erkenntnis der Reziprozität jeglicher Kommunikation beeinflusst notwendigerweise unsere Perspektive auf historische Zusammenhänge, nicht zuletzt im Bereich des Politischen.210 Kommunikationstheoretisch betrachtet ist Herrschaft kein einseitiger Vorgang, keine kommunikative Einbahnstraße zwischen Sender und Empfänger, sondern basiert auf einem Wechselverhältnis mit den an der Kommunikation Beteiligten, seien es benachbarte Fürsten, die Stände oder Untertanen.211 Symbolisch ist diese Kommunikation insofern, als Mitteilungen immer über Zeichen erfolgen.212 Diese können „verbaler, visueller, gegenständlicher oder gestischer Art“ sein. Zu nennen sind „etwa sprachliche Metaphern, Bilder, Artefakte, Gebärden, komplexe Handlungsfolgen wie Rituale und Zeremonien, aber auch symbolische Narrationen wie Mythen usf.“213 Durch Symbolisierungen versichert sich eine Gesellschaft fortlaufend ihrer Werte und Normen, die im Moment der Handlung bzw. der Kommunikation gleichsam verdichtet und sinnlich wahrnehmbar aufscheinen. Symbolischer Kommunikation kommt damit eine zentrale ordnungsstabilisierende Funktion insbesondere innerhalb der vormodernen Gesellschaft zu. Denn diese basierte trotz zunehmender Schriftlichkeit und Formalisierung von Herrschaft vor allem auf der persönlichen Kommunikation unter Anwesenden und war dementsprechend auf die fortwährende performative Aktualisierung der bestehenden Ordnung angewiesen.214 Wenn nun also symbolische Kommunikation diese Funktion übernahm, mussten sich Konflikte um die Ordnung genau hier entzünden und Machtkämpfe auch oder zumindest teilweise als Streit um Symbole ausgetragen werden: Zu verhandeln war einerseits, „wer im Rahmen eines geltenden kollektiven Ordnungssytems bestimmte symbolische Positionen erfolgreich besetzen und die Deutungshoheit darüber beanspruchen“ konnte, andererseits aber „auch das gesamte Ordnungs- und Wertesystem als solches“, dessen Symbolik angegriffen, zerstört oder als sinnleere Form entlarvt werden konnte.215 209 Vgl. Stollberg-Rilinger 2004, S. 493f., mit Verweis auf Niklas Luhmann. 210 Vgl. die Beispiele in Stollberg-Rilinger (Hg.) 2005. 211 Zu Herrschaft als kommunikativem Prozess vgl. Meumann/Pröve 2004; außerdem in jüngerer Zeit Brakensiek/Bredow/Näther (Hg.) 2014; Rutz 2018b. 212 Stollberg-Rilinger 2004, S. 496. 213 Stollberg-Rilinger 2004, S. 500. 214 Vgl. hierzu ausführlich Schlögl 2008. 215 Stollberg-Rilinger 2004, S. 507.

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3.1 Versteinungen und Umgänge Praktiken der Grenzmarkierung lassen sich als Akte symbolischer Kommunikation deuten, wenn sie entweder darauf zielten, eine bestimmte Raumordnung performativ zu bestätigen oder aber die bestehenden Grenzverläufe und damit die vorhandenen territorialen Herrschaftsräume durch andere zu ersetzen.216 In diesem Sinne sind die von den jeweiligen Grenzanrainern gemeinsam durchgeführten Versteinungen – ganz abgesehen von ihrem materiellen Substrat – als symbolische Akte der Markierung von Grenzen im Feld zu verstehen. Denn die Steinsetzung wurde in der Regel nicht als bloße handwerkliche Aufgabe erledigt, sondern im Beisein von Zeugen als rituelle Handlung inszeniert. Ähnlich wie seit dem Mittelalter die Ausstellung und Übergabe von Urkunden durch Rituale begleitet wurde, die den Erinnerungswert bei den Betroffenen erhöhen sollten,217 verknüpfte man die Grenzsteinsetzung mit – unten noch zu erörternden – symbolischen Handlungen, die die beteiligten Zeugen „zum lebenden Gedächtnis des Grenzverlaufs für künftige Generationen“ machten.218 Gleiches gilt für die Inspektion von bestehenden Grenzen vor Ort bei den sogenannten Grenzbegängen, -umgängen, -bereitungen, -beritten, -umritten, -besichtigungen usw.,219 die ebenfalls als symbolische Akte mit Erinnerungscharakter zu interpretieren sind. Diese Form der symbolischen Grenzbeschreibung kennen wir bereits im Mittelalter sowohl aus dem privatrechtlichen als auch dem staatlichen Bereich, so etwa nach einer Grundstücksübertragung durch Kauf, Tausch, Erbschaft usw., bei Streitigkeiten über Grenzverläufe sowie als regelmäßige feierliche Inspektion und Inbesitznahme.220 Ein typisches Beispiel einer solchen Grenzbegehung ist am 216 Althoff/Siep 2000, S. 396, zählen ausdrücklich Verfahren der politischen Praxis sowie Rechtssymbole und Rechtsrituale zu den Bereichen, in denen symbolische Komponenten sozialer Kommunikation besonders stark in Erscheinung treten. In der unserer Arbeit zugrundegelegten Raumsoziologie von Löw wird das Positionieren primär symbolischer Markierungen ebenso wie das Platzieren sozialer Güter als Spacing aufgefasst, vgl. oben Einleitung 1.1 („Elemente einer Raumsoziologie in historischer Perspektive“). 217 Stieldorf 2009, S. 9. 218 Akashi/Stauber 2006, Sp. 1108. Vgl. mit Blick auf Grenzen im weitesten Sinne auch Bauer/Rahn 1997, S. 8: „Die Grenzen (als territoriale Grenze, Besitzgrenze, Individualdistanz, Grenze zum Transzendenten etc.) sind zentrale Merkgegenstände eines kollektiven Gedächtnisses, das Denkbares und Undenkbares auseinandersortiert und Übertretungsverbote oder Übertretungsregeln archiviert. So lassen sich allenthalben Formen einer Gedächtniskunst der Grenze bemerken, die affektmächtige Bilder und Erinnerungen dem Merk-Ort Grenze einschreibt“. 219 Zur Terminologie vgl. *DWB, Bd. 4, I/6 (1935), Sp. 119, s. v. Grenzbegang. 220 *Grimm (Bearb.) 1955, Bd.  2, S. 74f.; Bader 1933, S. 27–34; Grimm 1991, S. 61f.;

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Niederrhein für den 27. Juli 1361 belegt:221 An diesem Tag versammelten sich 13 Einwohner von Wissel, Grieth, Wisselward und Hönnepel in Gegenwart eines Notars und verschiedener Zeugen sowie der Amtleute und Räte des Kurfürsten von Köln und des Herzogs von Kleve, um die strittige Grenze zwischen den beiden Territorien entsprechend ihrer Kenntnis und dem von den Vätern ererbten Wissen aufzuzeigen und zu bestimmen.222 Das Ergebnis wurde von einem der Beteiligten in Form eines Weistums in deutscher Sprache festgehalten. Dem Spruch stimmten die Übrigen zu, und die anwesenden Räte forderten den Notar auf, hierüber eine Urkunde anzufertigen. Das Beispiel illustriert zentrale Aspekte des Grenzumgangs, nämlich die Inaugenscheinnahme vor Ort, die Anwesenheit der beteiligten Streitparteien, die Hinzuziehung von Zeugen, die Bedeutung überkommenen Wissens über den Grenzverlauf und die abschließende Verschriftlichung in Form einer verbalen Beschreibung. Der idealtypische Ablauf solcher Grenzbereitungen lässt sich anhand von Oettingers bereits mehrfach genanntem „Tractatus“ von 1642 rekonstruieren. Dieser weist der Inaugenscheinnahme eine zentrale Rolle bei der Beschreibung und Markierung von Grenzen zu; bei diesbezüglichen Streitigkeiten sei sie „ein solcher glaubwirdiger Zeug und gründlicher Beweis“, dass sie allen anderen Beweisverfahren vorzuziehen sei. „Dann was die Augen sehen, das glaubt das Hertz, und die Warheit leuchtet dem menschlichem Gemüth durch die Schärffe der Augen vilmehr ein, dann durch das Gehör, weil das Gesicht unter den eusserlichen Sinnen

Simmerding 1996, S. 367–380; Kramer/Schildt 2012. Eine der frühesten Erwähnungen der Praxis des Grenzumgangs im deutschsprachigen Raum findet sich in der Gründungsurkunde des bayerischen Herzogs Tassilo III. für das Stift Kremsmünster von 777, Bauer 1988, S. 254; ausführlich zur frühmittelalterlichen Praxis ebd., S. 257–262; außerdem *Grimm (Bearb.) 1955, Bd. 1, S. 119–124. Auf Beispiele seit dem 9. Jahrhundert verweist Nicklis 1992, S. 6, Anm. 15. Vgl. für den privatrechtlichen Bereich auch die Belege in *Corpus, Bd. 2, S. 318f., Nr. 981 (1288); ebd., Bd. 3, S. 397, Nr. 2259 (1295); ebd., Bd. 5, S. 220f., Nr. N 282 (1285), hier S. 220. Als landstädtisches Beispiel vgl. die Bonner Bannbegänge, Bonn, StadtA, Ku 40/2–5; ebd., 41/1, 3–6; 42/1–4; hierzu Hauptmann 1894. Eine lebendige Schilderung eines Grenzumgangs zwischen der Stadt Basel und dem zum Hochstift gehörigen Dorf Riehen im frühen 15. Jahrhundert bringt Sieber-Lehmann 2000, S. 194–196, anhand von Zeugenaussagen aus dem Jahre 1445. 221 *Ilgen 1921/25, Bd. 2,2, S. 263f.; vgl. *REK VI, S. 422, Nr. 1465. 222 „[…] ut limites Colonienses et Clevenses, de quibus domini terrarum predictarum disceptabant et eorum officiati subditi et incole discordabant secundum eorum juramentum et veram noticiam sive famam prout a patribus et senioribus predecessoribus eorum antiquis narrari audiverunt, diffinirent, demonstrarent et declararent presentibus officiatis et amicis ac consiliariis dominorum patrie antedicte inferius nominatis“, *Ilgen 1921/25, Bd. 2,2, S. 263.

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der Vortrefflichst und ein gewisserer Kundschafft ist, dan die Ohren.“223 Um die Erkenntnisse der Inaugenscheinnahme auch längerfristig zu sichern, empfiehlt Oettinger die Anfertigung von Karten, da die Beteiligten auf dem Augenschein nimmermehr alle Sachen so eigentlich in frischer Gedächtnuß behalten [würden], daß sie sich oder andere darauß umständlich berichten, aber so ihnen solches auf dem Pappier abgerissen fürgelegt wird, alles augenscheinlich demonstriren und den Partheyen ein Genügen thun und desto behutsamer einen verträglichen Entscheid treffen können.224

Darüber hinaus erscheint die Verschriftlichung in Form verbaler Beschreibungen als unerlässlich.225 Als Teilnehmer von Grenzumgängen nennt Oettinger zunächst die Amtleute – und zwar aller beteiligten Parteien, denn nur so seien Umgänge und eventuell durchzuführende Steinsetzungen legitimiert.226 Den Amtleuten kam mit Blick auf die Territorialgrenzen eine entscheidende Rolle zu, denn sie verwalteten das über Jahrhunderte in Form verbaler Beschreibungen in den herrschaftlichen Archiven hinterlegte und bewahrte Wissen. Dementsprechend sollten sie laut Oettinger „in Antrettung ihrer Verwaltungen vorderst derselben [der Grenzen] Weitreichen und Begriff nach Anweisung der aufgerichten Verträg und Lägerbücher mit Fleiß erlernen und wie sie vermarckt von Steinen zu Steinen, von Zihlen zu Zihlen erkundigen“.227 Um den Amtleuten die Bedeutung dieses Wissens einzuschärfen und um sicher zu gehen, dass sie es „mit mehrerm Ernst und Eiffer gegen den Benachbarten handhaben möchten“, seien sie hierüber regelmäßig zu prüfen.228 Hierfür gibt Oettinger ein 14 Punkte umfassendes Interrogatorium an die Hand, 223 *Oettinger 1670, S. 415. Vgl. insg. auch ebd., S. 414–417 (Buch 2, Kap. 6: „Von dem Augenschein, so das vornehmste Mittel ist dessen sich die Untergänger zu gebrauchen“). 224 *Oettinger 1670, S. 416f. Vgl. zur Bedeutung des Kartengebrauchs bei Oettinger auch unten Kap. III.3.2.1 („Landesaufnahmen“). 225 In vertraglichen Vereinbarungen über Grenzen sollten laut *Oettinger 1670, S. 408, genannt werden „1. die Partheyen, 2. der Streit, 3. die Unterhändler, 4. der Augenschein, 5. die Kundschafften, 6. der Untergang, 7. Satzung der Marckstein, 8. und die Confirmation“. Zur Verdeutlichung gibt er den Vergleich zwischen dem Herzogtum Württemberg und der Herrschaft Geroldseck aus dem Jahre 1477 wieder, der eine ausführliche verbale Beschreibung der vereinbarten Grenze enthält, ebd., S. 408–411. 226 „Es ist aber insonderheit zu wissen, daß alle Steinsatzungen in beyseyn der Partheyen, die damit interessirt, und mit ihrem Einwilligen müssen vorgenommen werden, sonsten dieselb nicht gültig und an ihnen selbst nichtig, auch von den Untergängern bey ihren Eyden nicht angenommen, sondern cassirt und außgeworffen werden sollen“, *Oettinger 1670, S.  327f. 227 *Oettinger 1670, S. 368. 228 *Oettinger 1670, S. 366f.

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das nicht nur nach dem Vorhandensein, Aussehen und rechtlichem Gehalt der Grenzsteine fragt, sondern auch nach den verschiedenen Formen der ‚Grenzüberschreitung‘ durch die Benachbarten, etwa einseitige Umgänge und Grenzsteinsetzungen, Strafverfolgung über Grenzen hinweg, Überführung der Leichname Erschlagener oder Ermordeter, Zollerhebung, Weidgang usw.229 Über die Situation der Grenzen und Versteinungen und die genannten Grenzfrevel sollten die Amtleute ihren Herren zudem unabhängig von den Befragungen berichten.230 Neben den Amtleuten nennt Oettinger zwei Gruppen von Spezialisten, die bei der Bestimmung und Markierung von Grenzen hinzugezogen werden sollten, nämlich Untergänger und Feldmesser.231 Erstere wurden im privatrechtlichen Bereich eingesetzt, es handelte sich um „erkießte Richter und geschworne Schiedmänner“, die die Markungssteine setzten und nachbarliche Grenzstreitigkeiten zu entscheiden hatten. „Die heißt man auch Steinsetzer, Landschieder und Umgänger, weil sie jährlich die Marckungen umzugehen und die Gräntzen der Felder zu besichtigen pflegen, so man auch untergehen heist.“232 Von territorialen Grenz-

229 *Oettinger 1670, S. 367f.: „Erstlich, ob die Gräntzen ihres anvertrauten Amts allenthalben mit hohen gewapneten Steinen und kundlichen Zihlen wol vermarckt? 2. Ob irgend keine abgangen und an was Orthen? 3. Ob sie noch alle an ihren rechten Stellen stehen oder ob man nicht vermerckt, daß sie verruckt worden? 4. Was solche Marckungen außweisen, ob sie allein die hohe Lands-Obrigkeit, Grund und Boden oder auch den Forst oder zumal das Gleit unterscheiden? 5. Wer die angräntzende Herrschafften, ob sie gut Nachbarschafft halten oder an den Gräntzen Eingriff thun? Ob fremde Herrschafften Privat-Güter im Land und keine Obrigkeit darauf haben wie dieselbe vermarckt, ob sie gewapnete Stein daran setzen lassen? 7. Ob nicht auch ihre untergebene Amtsassen über die Marckung Außländische Untergäng führen und Marckstein setzen lassen? 8. Ob sich nicht an den Gräntzen auf der Anwand oder dem Untermarck Schlag oder blutrünstig Händel oder gar Todschläg begeben und wie sie gerechtfertiget worden? 9. Ob nicht in der Nacheil auf dem Unterziel oder gar über dasselbe von den anstossenden oder andern Herrschafften Maleficanten beygefangen worden? 10. Ob man nicht ermordte und erschlagene Leichnam an und durch die Gräntzen geführet? 11. Ob sich nicht jemand an den Gräntzen selbst entleibt und wie man sich in solchem Todfall verhalten habe? 12. Ob man nicht an den Gräntzen auf ihrem anbefohlenen Gebieth, ehe man an die Zollstat komme, den Zoll abfahre? 13. Ob die Zehendherren und universales decimatores in den Gräntzen deß Amts sich der Novalien anmassen? Ob nicht die Benachbarte über die Marcken die Weyd besuchen?“ 230 *Oettinger 1670, S. 368. 231 *Oettinger 1670, S. 304–316 (Buch 1, Kap. 16): „Von den Personen, die zu Setzung der Marckstein und Schlagung der Louchen, auch zu Messung deß Feldes gebraucht werden, welche seyn die Untergänger und Feldmesser.“ 232 *Oettinger 1670, S. 306. Vgl. zu den Feldmessern ausführlich Simmerding 1996, S. 214– 229 (betr. Städte), S. 230–345 (betr. Dörfer, Märkte und Kleinstädte); Pouls 1997.

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setzungen schließt Oettinger die Untergänger zwar explizit aus.233 Wie er selbst einräumt und auch durchaus befürwortet, wurden sie in der Praxis gleichwohl herangezogen, da sie über spezifische Kenntnisse der Lokalitäten verfügten und dementsprechend bei der Detailarbeit vor Ort unverzichtbar waren.234 Allerdings hatten sie in diesem Zusammenhang keine richterliche Entscheidungskompetenz.235 Anwesend sein sollte jeweils die ortsübliche Zahl von Untergängern, sinnvoll sei dabei eine ungerade Zahl, etwa drei, fünf oder sieben.236 Die darüber hinaus hinzugezogenen Feldmesser waren laut Oettinger „geschworene Meister, die in der Kunst der Geometria und Messung deß Felds gründlich erfahren, welche von der Obrigkeit darzu angenommen und bestellet seyn, daß sie die ligende Güter dem wahren Meß nach anschlagen und erkundigen“.237 Neben den Grenzen von Grundstücken und Fluren würden ihnen aber von alters her auch die unrichtige Landgräntzen anvertraut […,] wie sie auch heute zu Tag die Herrschafften und Länder unterscheiden und die Gräntzen ihrem Gutachten und gewissen Gemercken nach von 233 So schreibt er etwa hinsichtlich der Geleitsteine: „Solche Herrlichkeit wird mit ihren sondern Steinen angedeutet, aber nicht durch die Untergänger vermarckt, sondern die interessirte Herrschafften vergleichen sich selbst miteinander und lassen mit gesamtem Consens ihre gewisse Geleitstein offentlich aufrichten“, *Oettinger 1670, S. 323. 234 Vgl. hierzu Simmerding 1996, S. 289f. 235 *Oettinger 1670, S. 407: „Zu solcher Verrichtung sind die nechstgesessene Untergänger zu ziehen, denen die Gelegenheit der Gräntzorth bekandt und die deß Lands Brauch und Gewonheit die Gräntzen in selbiger Refier zu vermarcken, Wissenschafft haben“. 236 *Oettinger 1670, S. 408. 237 *Oettinger 1670, S. 308. Vgl. auch die standardisierte Eidesformel für die Feldmesser, ebd., S. 308f.: „Ich N. gelobe und schwere zu Gott dem Allmächtigen, daß ich alles, was von deß Durchleuchtigen Hochgebohrnen Fürsten und Herrn, Herrn N. Herzogen zu N. meines gnädigen Fürsten und Herren, Amptleuthen, auch einem Ersamen Gericht allhie, mir in meinem anbefohlenen Ampt und erlernter Kunst auffgetragen, oder sonsten von männiglichen und einem jeden insonderheit von mir erfordert und begehrt wird, mit getreuem Fleiß auff mich nehmen, und nach meinem besten Verstand und Wissenschafft, und diß Lands gemeinen Ordnungen, Satzungen, Statuten und üblichem Gebrauch und Gewonheit gemäß verrichten, die besorgende Stritt und Irrungen zwischen den Partheyen, so viel müglich abwenden, verhüten und gütlich hinlegen: Einem jeden das seinige, was ihm von Recht und Billigkeit wegen gebührt, aus rechtem Grund der Kunst unpartheyisch zu scheiden und darmessen, und hierinen meinen Dienst dem Armen so wol, als auch dem Reichen, und dem Reichen wie dem Armen um die Gebühr erweisen, und niemanden übernehmen, und in diesem allen kein falsch und arge List, oder eigen Nutzen gebrauchen und also handlen und verfahren will, wie einem frommen, redlichen Meister diser Kunst wol anstehet, und ich es im Rechten und am Jüngsten Gericht gegen Gott zu verantworten getraue, getreulich und ungefahrlich.“ Vgl. zu den Feldmessern auch Simmerding 1996, S. 306–312; zur Technik der Feldmessung unten Kap. III.1 („Vermessungswesen und Instrumentenbau“).

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einander recht abtheilen und in Erfahrung und Abmessung derselben hohe Felsen und Berge steigen, dicke Wäld und rauhe Dornhecken und unwegsame Orth durchschliessen müssen.238

Entscheidend für die Frage nach den Verfahren der Grenzmarkierung ist freilich weniger das einsame Vermessen von Grenzen in der Einöde als vielmehr die koordinierte kollektive Bewegung von Menschen im Raum im Rahmen regelmäßiger Umgänge. Auf diese Weise wurden die verschiedenen materiellen Markierungen der Grenze zu einer geschlossenen Linie verknüpft und der so umschlossene Raum gleichsam prozessierend in Besitz genommen.239 Indem die ephemere Inszenierung regelmäßig wiederholt wurde, erhielt die symbolische Grenzmarkierung eine zeitliche Kontinuität, die – je länger, je mehr – auch zukünftige Verhältnisse präjudizierte: So wurde etwa in der Reichsstadt Nürnberg im Anschluss an den „nunmehro richtig vollbrachten fraiß- oder streiff-ritt“ im November 1680 vorgeschlagen, „dergleichen alle jahr einmahl“ vorzunehmen“. Denn hierdurch könne nicht nur „die handhabung der fraißlichen obrigkeit innerhalb der dreijenwasser“, also die Praxis der Hochgerichtsbarkeit im betreffenden Gebiet demonstriert, sondern auch die vom Fürstentum Brandenburg-Ansbach „praetendirte universalitas territorii rings um Nürmberg aliquo modo interrumpirt“ werden. Nicht zuletzt wäre zu erwarten, dass gegen diese Fraischbereitung immer wieder „protestationes einlauffen möchten, denen man so“, nämlich durch Verweis auf die alljährliche Praxis der Fraischbereitung, „dan wohl zubegegnen wissen wird“.240 Auf die beschriebene performative Reproduktion der Grenzen zielt auch die Aufforderung Oettingers, die Amtleute sollten die Grenzen offtermalen und gewöhnlich jährlich besuchen und etwan alle 5. Jahr einmal, nicht allein mit Alten, deß Felds erfahrnen Personen und Untergängern, sondern auch mit jungen Leuthen untergehen […], damit sie die Marckstein und Zihl ihnen wol einbilden und in Gedächtnuß behalten, auch über lange Zeit in vorfallender zweiffelhafftiger Ungewißheit der abgangenen Landmarcken beständige Kundschafft und Zeugnuß ihrer Wissenschafft geben können.241

Neben das schriftlich in verbalen Beschreibungen und Umgangsprotokollen niedergelegte Herrschaftswissen tritt damit das Wissen der Zeugen als Legitimation

238 *Oettinger 1670, S. 309f. 239 Vgl. zur Performanz ritueller Bewegung Gvozdeva/Velten (Hg.) 2011, hier insb. die Einleitung S. 11–15. 240 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 17. 241 *Oettinger 1670, S. 368.

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bestehender Grenzen bzw. entsprechender Ansprüche.242 Denn sie sind es, die bereits zu früheren Zeiten bei Grenzumgängen anwesend waren und hierüber unabhängig von der schriftlichen Überlieferung berichten können.243 Ihnen kommt damit eine aus Wissen gespeiste, also „epistemische Autorität“ zu.244 Zugleich eignet ihnen auch eine „soziale Autorität“, denn sie werden von ihrer Gemeinschaft – dem Dorf, der Stadt, dem Territorium – als Grenzkundige benannt und als solche vom Amtmann bestellt. Ihrem Wissen wird also von vornherein Glaubwürdigkeit zugestanden. Nicht verwunderlich ist daher, wenn der Pfleger des nürnbergischen Pflegamts Hersbruck im Jahre 1706 eine Fraischbereitung damit begründet, dass nur noch ein Zeuge der letzten Grenzbegehung im Jahre 1680 lebe.245 Bei Grenzziehungen spielten darüber hinaus auch materielle ‚Zeugen‘, in den Quellen als ‚Gemerke‘, ‚Wahrzeichen‘ oder eben ‚Zeugen‘ bezeichnet, eine Rolle: Um den richtigen Standort eines Steins zu belegen und gegebenenfalls seine ursprüngliche Position wieder ausfindig machen zu können, wenn dieser etwa umgestoßen oder mutwillig versetzt worden war, wurden nicht vergängliche Materialien wie Kiesel, Schlacke, Asche oder Glas in einer bestimmten Anordnung unter dem Stein verteilt.246

242 Vgl. zur Praxis der Zeugenschaft allg. Schmidt/Krämer/Voges (Hg.) 2011; ausführlicher zur Rolle von Zeugen bei Grenzziehungen am Beispiel der Republik Venedig Landwehr 2007, S. 99–109. 243 Auf das hohe Alter der Zeugen wird in den Quellen deshalb immer wieder hingewiesen, vgl. nur die Beispiele für das Deutschordensgebiet im 14. und 15. Jahrhundert bei Karp 1972, S. 17, 21; Neitmann 1986, S. 542f.; für die Grenze zwischen Frankreich und dem Reich im späten 14. Jahrhundert Schneider 1977, S. 21. 244 Vgl. zur Begrifflichkeit und zur Figur des Zeugen allg. Schmidt/Voges 2011, insb. S. 11–14. 245 *Fleischmann (Bearb.) 1996, S. 44. Zur Fraischbereitung von 1680 vgl. Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 16a–c. 246 Vgl. in zeitlich und räumlich übergreifender Perspektive und mit zahlreichen Abb. Künssberg 1940; Simmerding 1996, S. 347–365; Knur 2011, S. 23–35, 97–109; außerdem Pollmann 1961, S. 75 mit Abb. 5; Grimm 1991, S. 45; jüngst auch Sieber-Lehmann 2011, S. 164–168. Dieses Verfahren führt *Oettinger 1670, S. 320f., auf einen älteren Brauch zurück, bei dem vor der Steinsetzung in der betreffenden Grube ein Opfer verbrannt wurde: „Dann die Alten haben keine geheime Bezeugung der Stein in Auffrichtung der Marcken gebrauchet, sondern die Herrn der Güter solche aus Heydnischem Aberglauben mit sonderbaren Ceremonien offentlich gegen einander setzen lassen. Sie pflegten aber vor allen Dingen die Stein zu salben und mit Kräntzen zu zieren, darnach in den Gruben, darinn mans einsetzen wurde, ein reines Thier zu schlachten und zu opffern und brennende Fackeln darein zu werffen, darauf sie das Opffer samt Weyrauch, Getraid und Honigsaim legten und Wein zugossen, und wann alles vom Feur verzehrt, liessen sie die Marckstein auf die warme Glut und Aschen in die Gruben ein und befestigten selbige mit gebrochenen Stucken von Steinen, damit sie desto steiffer

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Über die Zahl der Zeugen bei Grenzumgängen sagt Oettinger nichts. Aus zahlreichen Umgangsprotokollen und zugehörigen Akten geht aber klar hervor, dass häufig mehrere Dutzend Personen als Zeugen an den Grenzumgängen beteiligt waren. Bei den Fraischbereitungen im Nürnberger Pflegamt Hersbruck etwa nahmen in der Frühen Neuzeit regelmäßig 30 bis 90 Personen teil, darunter der Pfleger des Amtes sowie der Kastner, außerdem der Pfleger zu Reicheneck, der Stadtschreiber und der Landknecht sowie zahlreiche Bürger, insbesondere Angehörige des Rates.247 Auch bei kartographischen Vermessungen, die nicht im Zusammenhang mit den regelmäßigen Grenzbereitungen standen, spielten Zeugen eine wichtige Rolle: Wilhelm Dilich, der im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts in fürstlichem Auftrag die Landgrafschaft Hessen kartographisch aufnahm, berichtete seinem Auftraggeber diesbezüglich in einer Denkschrift am 16. Dezember 1608, dass er „zu nachrichtung unndt zeigung der grentzen unndt anderer örter, so abgemessen unndt mitt ihren rechten nahmen bezeichnett sein müssen, zehen oder mehr persohnen auß den eltisten nach nohturfft unndt gelegenheitt umb mich habe.“ Dementsprechend verweist er auf Zusatzkosten für die Verpflegung an den „offt zwen oder mehr tage“, die diese Zeugen anwesend sein müssten.248 Um die längerfristige Kontinuität des Zeugenwissens zu sichern, wurden bei den Grenzumgängen auch zahlreiche junge Menschen einbezogen, so etwa 1678 im Nürnberger Pflegamt Lauf immerhin acht junge Männer und 36 Knaben.249 Wie Oettinger erwähnt, war es bei den Grenzbereitungen vielerorts üblich, an die Kinder „zum Gedächtnus“ Geschenke zu verteilen.250 Solche Geschenke waren allerdings nur eine Möglichkeit, um bei Kindern längerfristig die Erinnerung an den Grenzverlauf und die Grenzzeichen zu bewahren. Das „grenitzgedechnis“251 wurde generell – bei Kindern wie auch den regelmäßig teilnehmenden stehen bleiben. Daher man nachgehends, wann man in vilen Jahren zu den Steinen geraumet und gesehen, die Aeschen und Kohlen als unverwerffliche Merckzeichen angetroffen hat.“ 247 *Fleischmann (Bearb.) 1996, S. 44. Vgl. auch die von Israel 2008, S. 125–127, erwähnten Grenzstreitigkeiten in Oberitalien im späten 12. Jahrhundert, bei denen zwischen 80 und 100 Zeugen befragt wurden. Ähnliche Zahlen finden sich auch im Reich in der Frühen Neuzeit, vgl. etwa die Zeugenliste mit 60 Personen, die ca. 1560 wegen des Grenzstreits zwischen dem märkischen Amt Neustadt und dem bergischen Amt Windeck befragt wurden, Duisburg, LAV NRW R, Kleve-Mark, Akt. 2338, fol. 195r–v. 248 Die Denkschrift ist abgedruckt bei *Stengel (Hg.) 1927, S. 22, Nr. 2. Vgl. auch die Angaben zum Personal bei Joist Moers’ Vermessungen in der Landgrafschaft Hessen im späten 16. Jahrhundert bei Schäfer 1979, S. 141. 249 *Fleischmann (Bearb.) 1996, S. 44. 250 *Oettinger 1670, S. 368f. 251 So die Formulierung in der Chronik der Stadt Trautenau zum Jahr 1582: „das er mit eigner hand hat dieses drei personen von Trautenau auf dem ersten grenitzstein mit rutten gestrichen

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Erwachsenen – mit eindrücklichen Erlebnissen verbunden.252 Hierzu gehörten neben dem Verteilen von Geld, Brot oder Kuchen auch Ohrenziehen, Ohrfeigen, Schläge, Haare- oder Bartschneiden, der erste Schluck Bier oder auch gemeinsame Mahlzeiten auf der Grenze bzw. am Grenzstein.253 Für letztere finden sich in den Weistümern des 16. und 17. Jahrhunderts eindrückliche Beispiele: Dort, wo mehrere Territorien aneinanderstießen, wurde ein Schemel so positioniert, dass jeweils ein Bein in einem Herrschaftsgebiet stand. Die Amtleute oder auch Fürsten verblieben in ihrem Territorium, aßen aber gemeinsam an dieser improvisierten Tafel. So heißt es etwa im Weistum der Grafschaft Wied von 1553 „da soll man stellen einen dreystempigen stull, daran sollen sitzen Colnischen, Wiedischen vnd Isenbergschen, jeder in seines gned. herrn oberkeit, vnd sollen aus einer schuttelen essen“ oder im Weistum von Zingsheim von 1622 „daselbst […] ein stein gestanden, darauf drei herren nemblich der churfürst von Cöllen, der hertzoch von Giulich und der gräff von Blankenheim sitzen sollen, und jeder uf seiner hocheit, zusamen essen an einem tisch kees und broidt“.254 Die Rituale um die Zeugenschaft sind freilich nur ein Detail des Grenzgangs, der insgesamt als Verfahren der symbolischen Markierung im Feld zu betrachten ist. Wie die verbalen Beschreibungen auf kognitiv-theoretischer Ebene fügten Bereitung und Umgang die punktuellen Grenzmarkierungen auf der Ebene […] zum grenitzgedechnis der zeit“, zit. nach *DRW, Bd. 4 (1939–1951), Sp. 1099, s. v. Grenzgedächtnis. 252 *Grimm (Bearb.) 1955, Bd. 1, S.  VII, bezeichnet derartige Praktiken treffend als das „sinnliche Element der deutschen Rechtsgeschichte“. 253 Grimm 1991, S. 63–68; vgl. auch *DRW, Bd. 4 (1939–1951), Sp. 1095, s. v. Grenzbier. Vgl. auch die Quellenbeispiele für Nürnberg aus dem 17. Jahrhundert bei *Fleischmann (Bearb.) 1996, S. 44. Bei der Begehung von Jagdgrenzen sind in Westfalen symbolische Jagdhandlungen, etwa die „abblaßung deren jagdhörner und ablößung deren flinten“, belegt, zit. nach Richter 2007, S. 183, vgl. ebd., S. 177. 254 *Grimm (Bearb.) 1840–1878, Bd. 1, S. 833; ebd., Bd. 2, S. 682. Weitere Beispiele: „so steitt boven Dreyborner landtkragen ein born, genandt das grauen born, da mogen vier lantz herren sitzen an einem disch vnd ein jeder auff seiner herrlicheit“ (Weistum von Dreiborn, 1419; ebd., Bd. 2, S. 765); „an dem Scheitborn wisen wir den hern von Falkensteyn vnd v. h. voigde von Broich in mins g. h. vogdie von Trier vnd eines probsts vodien von s. Paulin, das die vier herren morgent sytzen vff dem born vnd eyn yckliche dem andern zu essen mach geben vff den vier vodien“ (Weistum von Wiltingen, 1504; ebd., Bd. 2, S. 75); „ist von den alten geredt, wan man einen dreistailigen stuhl setzet mitten in die wolfskaule, sulle drei herrlichkeiten bereichen, nemblich Sein, Beilstein und Marienstatt“ (Weistum von Kirburg, 1583; ebd., Bd. 1, S. 638, Anm. 2); „und die baich scheidt drei hern hochheit, dem herren von Prüm, Gerhardstein und Kayll, vnd kunten woll die drei herrn alda an einem tisch sitzen, doch ieder auf seiner hochheit“ (Beschreibung des Hofbanns zu Berisborn, o. J.; ebd., Bd. 2, S. 528f., Anm. 5). Vgl. auch Grimm 1991, S. 67.

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symbolischen Handelns zu einer Grenzlinie zusammen. Je nachdem, wie sich die aktuellen Grenzverhältnisse im betreffenden Gebiet gestalteten, konnten Grenzbereitungen als schlichter administrativer Akt von den jeweiligen Amtleuten und ihren Helfern oder als pompöse Demonstration von Herrschaftsansprüchen unter Mitwirkung der Fürsten selbst ausfallen. Letzteres gilt etwa für die Rheinbefahrungen der pfälzischen Kurfürsten mit dem Ziel der symbolischen Inszenierung des ‚dominium Rheni‘ der Pfälzer zwischen Selz im Elsaß und Bingen am Mittelrhein.255 Mit dieser Hoheit über den Rheinstrom verbunden waren vor allem die Gerichtsbarkeit und das Geleit auf dem Fluss, der Besitz aller alten und neuen Inseln, Sandbänke und Anlandungen im Rhein, Jagd- und Fischereirechte ebendort, die Kontrolle über Baumaßnahmen am Flussufer sowie die Aufsicht über Fischer und Schiffer. Neben der Inszenierung dieser Herrschaftsrechte wurde dem stark zersplitterten, den Rhein in unzähligen Gebietsteilen umlagernden kurpfälzischen Territorium mit den Rheinbefahrungen eine zentrale Herrschafts­ achse eingeschrieben und dessen Nord-Südausdehnung definiert. Auf diese Weise konnte das Fehlen eines Territoriums von größerer Geschlossenheit kompensiert werden, bedeutete das ‚dominium Rheni‘ doch einen erheblichen Einfluss auf die gesamte, vom Fluss als Wirtschafts- und Transportachse abhängige Region. Nicht zuletzt war der Rhein vielfach die Grenze des kurpfälzischen Territoriums, so dass die Rheinbefahrungen auch als symbolische Markierungen von Grenzen im Feld interpretiert werden können. Ergänzt wurde die Grenzziehung durch verbale Beschreibungen in Form von Protokollen der Rheinbefahrungen, deren ältestes von 1476 stammt und die dann seit 1571 in loser Folge bis 1733 überliefert sind.256 Aus dem späten 16. Jahrhundert sind zudem drei äußerst repräsentative Rheinlaufkarten überliefert. Die erste wurde 1573 von dem Mainzer Maler Ulrich Bletzer angefertigt und zeigt den Rhein zwischen (Bingen-)Kempten und Oberwalluf, eine Nachzeichnung von 1575 stammt von Wilhelm Besserer.257 Fünf Jahre später fertigte dieser Maler auch die 1,72 Meter messende Karte des Rheins zwischen Speyer und Mannheim als Bestandteil des Protokolls der Rheinbefahrung von 1580 an.258 Von Besserer stammt schließlich noch die nach 1595 erstellte, über 255 Vgl. ausführlich Schäfer 1967; knapp auch Hellwig 1992, S. 830–832; sowie Warmbrunn 2007, S. 173–178, mit dem aktuellen Forschungsstand. Rheinbefahrungen wurden etwa auch im Herzogtum Kleve vorgenommen, dienten hier allerdings vorrangig administrativen Zwecken (Deichschau, Veränderungen des Flusslaufs), vgl. die entsprechenden Protokolle des 16. Jahrhunderts, Duisburg, LAV NRW R, Kleve-Mark, Akt. 917–925. 256 Karlsruhe, Generallandesarchiv, 77/5689; ebd., 5711–5714; ebd., 5740; ebd., 5879. 257 Wiesbaden, Hessisches Hauptstaatsarchiv, Best. 3011, Nr. 522; ebd. 645; vgl. Schäfer 1974, S. 2–4; Warmbrunn 2007, S. 174f. 258 Karlsruhe, Generallandesarchiv, H/Rheinstrom 102; vgl. Musall 1978 mit Abdruck des

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12 Meter lange Karte für den Abschnitt Beinheim im Elsass bis etwas unterhalb von Philippsburg, die mit dem Protokoll von 1590 korrespondiert.259 Letztere enthält neben Jurisdiktions- und Gemarkungsgrenzen auch die Visualisierung der territorialen Besitzstände durch Wappen, wie sie in Karten dieser Zeit recht häufig vorkommen. Die Teilnahme von Fürsten an Grenzumgängen bzw. -umfahrten war sicher nicht die Regel.260 Wir finden aber Vergleichbares häufiger im städtischen Kontext, und zwar nicht nur bei der berühmten ‚sposalizio del mare‘ in Venedig, bei der der Doge in der Lagune an die Grenze der Stadtrepublik gerudert wurde, um das Territorium zu markieren und gleichzeitig die Vorherrschaft über das Meer zu demonstrieren.261 Auch der Lübecker Magistrat kennzeichnete seit 1652 die Grenze des reichsstädtischen Territoriums zu dem im Westfälischen Frieden säkularisierten und dem Herzogtum Mecklenburg zugeschlagenen Hochstift Protokolls von 1580 S. 152–157; Schwarzmaier 1986, S. 177, Nr. 15; Warmbrunn 2007, S. 175, Abb. S. 176. 259 Karlsruhe, Generallandesarchiv, H/Rheinstrom 19; ebd., 24; ebd., 27; vgl. Schäfer 1967, S. 296–301, Abdruck des Protokolls von 1590 S. 301–329; Schäfer 1974 mit Abb. S. 5; Schwarzmaier 1986, S. 177f., Nr. 16; Warmbrunn 2007, S. 176–178, Abb. S. 177f. 260 Gelegentlich wird zwar die Mitwirkung des Landesherrn an Grenzumgängen erwähnt. Dabei handelt es sich aber um singuläre und nicht, wie bei den diskutierten Rheinbefahrungen, um regelmäßige Ereignisse: Die Grenzen des nürnbergischen Amtes Altdorf wurden in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zwei von insgesamt acht Malen im Beisein des Markgrafen Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach „durch eine anmaßliche bereithung turbirt“, wie der reichsstädtische Magistrat noch 1711 vermerkt, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 58. Der Kölner Kurfürst Ernst von Bayern nahm 1597 an der zweitägigen Grenzbereitung der Marken des Westfälischen Wildbanns „in aigner persohn“ teil, zit. nach Conrad 2007, S. 24. Herzog Friedrich I. von Württemberg machte 1604 einen 31-tägigen Ritt um die Grenzen seines Herzogtums. Die Grenzbeschreibung und entsprechende Karten zur Vorbereitung des Umritts lieferte der Kartograph Georg Gadner. Eine Beschreibung des Umritts selbst wurde von dem Kartographen Heinrich Schickhardt angefertigt, ist aber nicht erhalten. Vgl. insg. Scheifele 2005; zu Gadners Karten bereits Bull-Reichenmiller (Bearb.) 1996, S. 26, 84–89. Die Außergewöhnlichkeit des Vorgangs dokumentiert der über zwei Meter hohe ‚Herzogsstein‘, der zum Gedenken an den Umritt gesetzt und mit der Inschrift versehen wurde, dass der Herzog seine „Raiß umb die Grenitz umb das gantze Herzogthumb Würtemberg bey diesem Stein angefangen und […] wiederumb alda geendet“, zit. nach Scheifele 2005, S. 153. Ein weiterer Gedenkstein wurde auf der Hochfläche des Schwarzkopfes gesetzt, ebd., S. 160. Aus dem dörflichen Bereich ist ebenfalls die Mitwirkung von Herrschaftsträgern belegt, so im westfälischen Etteln, wo 1525 neben dem Prior des Klosters Böddeken als oberstem Holzgraf der Mark Etteln auch der Paderborner Domdechant und das dortige Kapitel sowie die Äbtissin des Kanonissenstifts St. Cyriakus in Geseke am ‚Schnadgang‘ teilnahmen, *Rüthing (Hg.) 2006, S. 229. 261 Vgl. ausführlich Schilling 2006, S. 90–99; Schilling 2012, S. 309–325.

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Ratzeburg durch eine regelmäßige Befahrung der Grenzflüsse Stepenitz und Maurine.262 Bei diesem feierlichen Akt zeigten Trompeter wichtige Stationen des Weges an und markierten die Grenze damit auch akustisch. Interessanterweise wurde diese regelmäßige symbolische Grenzmarkierung erst eingeführt, als territoriale Konflikte mit dem Herzog von Mecklenburg als neuem Nachbarn auftraten und die Lübecker ihre Rechte und Ansprüche offensiver verteidigen und demonstrieren mussten. Im Falle des Aachener Reiches, also des Territoriums der Reichsstadt, ist ein solcher Zusammenhang nicht ersichtlich. Eine Abordnung des Rates führte seit der Mitte des 17. Jahrhunderts im jährlichen Turnus Grenzbereitungen durch.263 Grenzstreitigkeiten mit den umliegenden Territorien hatte es allerdings auch schon früher gegeben.264 Als regelmäßige symbolische Markierungen der städtischen Grenzen können auch die Fronleichnamsprozessionen in zahlreichen Städten, etwa in Biberach, Halle/Saale, Hof, Minden, Regensburg oder Würzburg, angesehen werden. Der Weg der Prozession verlief außen an den Stadtmauern entlang und bezeichnete damit einerseits den göttlichen Schutz des Gemeinwesens und andererseits deren Rechts- oder Herrschaftsraum.265 In Basel erfolgte eine solche Grenzprozession alljährlich an Christi Himmelfahrt.266 Auch die ‚Große Gottestracht‘ in Köln, die wichtigste Prozession dieser ‚communio sanctorum‘, die alljährlich am zweiten Freitag nach Ostern gehalten wurde, führte „außwendig vmb der Statt“, wie es auf einem Kupferstich von 1658 heißt (Abb. 4).267

262 Vgl. ausführlich Schilling 2006, S. 99–103; Schilling 2012, S. 309–325. Die Autorin analysiert den Bericht über die erste Befahrung im Jahre 1652. Inwieweit in diesem Zusammenhang auch Karten eine Rolle spielten, wie bei den pfälzischen Rheinbefahrungen, diskutiert sie nicht. 263 Hollatz 1978, S. 6. Das Berittprotokoll von 1694 ist abgedruckt bei Gross 1894, S. 62–67. 264 Vgl. für das Spätmittelalter Janssen 1992/93, S. 160, 164, 168f., 178f. 265 Löther 1999, S. 109f., 250. 266 Sieber-Lehmann 2011, S. 160f. Gelegentlich finden sich solche religiös-politischen Demonstrationen auch im territorialen Rahmen. So wurde in der kurkölnischen Unterherrschaft Kendenich die entlang der Grenze führende Prozession „zur Gotzdracht“ genutzt, um den territorialen Besitzstand zu dokumentieren, Zerlett 1960, S. 148. Als Konstituenten eines konfessionell homogenen politischen Raumes interpretiert Duhamelle 2010, S. 154–172, auch die auf dörflicher Ebene stattfindenden und entsprechende Grenzen ziehenden Prozessionen in dem zum Kurfürstentum Mainz gehörigen Eichsfeld. 267 Schott, Johann: Plan von Köln mit Gottestracht aus der Vogelperspektive, Köln: Gerhard Altzenbach 1658, Kupferstich (Köln, Kölnisches Stadtmuseum, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. G 10008, HM 1927/83); vgl. Scholten 1995, S. 110, Abb. S. 108; außerdem *Krudewig 1902, S. 58, Nr. 298.

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Abb. 4: Schott, Johann: Plan von Köln mit Gottestracht aus der Vogelperspektive, Köln: Gerhard Altzenbach 1658, Kupferstich (Köln, Kölnisches Stadtmuseum, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. G 10008, HM 1927/83).

Veranstaltet wurde die Prozession vom Rat, so dass ihr trotz des grundsätzlich religiösen Charakters durchaus politische Bedeutung zugeschrieben werden kann. Teilnehmer waren neben der städtischen Führungsschicht die Angehörigen des Domkapitels und der übrigen geistlichen Institutionen der Stadt, die in einer genau festgelegten Ordnung das ‚heilige‘ Köln repräsentierten.268 Der Prozessionszug bewegte sich zunächst vom Dom zum Rhein und dann außen an der Stadtmauer entlang nach Süden, verließ den Fluss und zog westlich an der Mauer um die Stadt, um vom Rheinufer wieder zum Dom zurückzukehren.269 Das reichsstädtische Territorium endete freilich – zumindest dem Anspruch nach – nicht unmittelbar vor der Stadtmauer. Vielmehr bezog es einen spätestens seit dem 13. Jahrhundert 268 Die durch die Gottestracht performativ hervorgebrachte soziale Ordnung behandelt Enzel 2004. 269 Zur Kölner Stadtbefestigung vgl. ausführlich Keussen 1986, Bd. 1, S. 181*–187*; Vogts 1930, S. 27–158; sowie in jüngerer Zeit Meynen 2005.

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durch Marksteine bezeichneten Streifen des Umlands, den Burgbann, mit ein, der durch verschiedene Bannmeilenprivilegien noch ausgeweitet wurde und damit teilweise auf jülichsches, bergisches und vor allem kurkölnisches Territorium ausgriff.270 Eine symbolische Aneignung dieses Raums durch die Kölner Bevölkerung erfolgte alljährlich am Donnerstag nach Pfingsten bei der sogenannten Holzfahrt, einer Art Volksfest vor der Stadt.271 Auch der genannte Kupferstich lässt diesen Anspruch der Stadt auf ihr Umland erkennen. Er zeigt in der Mitte einen Plan Kölns, darunter auf einem von Engeln gehaltenen Tuch die Prozessionsteilnehmer in der vom Rat festgelegten Reihenfolge. Die Stadt wird nicht nur von der Stadtmauer begrenzt und beschützt, sondern darüber hinaus von einem breiten Halbkreis mit den Wappen der Bürgermeister seit 1396. Dieser Wappengürtel bedeckt das Kölner Territorium extra muros und kann als kartographisch-symbolische Markierung des Herrschaftsgebietes der Stadt verstanden werden, das von den Bürgermeistern gegen die Ansprüche der Kurfürsten verteidigt wird. Mit den Benachbarten der Reichsstadt kam es wegen des recht kleinen Kölner Landgebiets zu ständigen Konflikten. Eine lange Reihe von Akten belegt die fortwährenden Versuche der Kölner Kurfürsten, ihren weltlichen Einflussbereich, wenn schon nicht auf die Stadt, so doch zumindest bis an deren Mauern, also auf den Burgbann auszudehnen. Das Spektrum der Maßnahmen umfasste juristische Mittel ebenso wie symbolische und gegebenenfalls auch handgreifliche Aneignungen des postulierten Herrschaftsraums:272 So wurden etwa Kriminelle demonstrativ bis an die Stadtmauer verfolgt, stadtkölnische Jäger innerhalb der Bannmeile gefangengenommen und ihre Hunde konfisziert,273 Straßen ebendort repariert,274 aber von städtischer Seite erneuerte Straßen zerstört, um sie direkt von kurfürstlichen Leuten wiedererrichten zu lassen,275 Marktbuden gewaltsam 270 Vgl. hierzu ausführlich Breuer 1921; außerdem Wrede 1905, passim; Irsigler 1983; außerdem die kartographischen Darstellungen von Hogenberg, Abraham: Kölner Schweidkarte, Köln: Abraham Hogenberg nach 1609; vgl. Schwarz 2005, S. 36f., 113 mit Abb., die u. a. im Blaeu-Atlas von 1662 verwendet wurde, ebd., S. 38f., 114f. mit Abb.; vgl. auch *Krudewig 1902, S. 55–57, Nr. 284f., 295. 271 Vgl. Irsigler 1983, S. 137. 272 Köln, HASt, Best. 56 (Köln contra Köln), passim; vgl. hierzu das Repertorium von *Kisky 1912 mit einem Überblick zu den Streitigkeiten S. 113–123; außerdem Ennen 1880, S. 229f., 232, 235, 401, 404f.; Breuer 1921, insb. S. 31–40; Dirr 2005, insb. S. 99–155; zu den in diesem Zusammenhang entstandenen Karten Recker 1997; Recker 2003, S. 18–34; sowie übergreifend zu den symbolischen Aspekten der Auseinandersetzungen Krischer 2006a; Krischer 2006c, passim. 273 Köln, HASt, Best. 56 (Köln contra Köln), 92. 274 Köln, HASt, Best. 56 (Köln contra Köln), 298; ebd., 313–314. 275 Köln, HASt, Best. 56 (Köln contra Köln), 311–312.

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abgerissen und die Wachen „entleibt und verwundt“,276 Zollstöcke und Zollhäuser aufgerichtet,277 Schlagbäume errichtet278 usw. Im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts war die Stadt dem stetigen Druck immer weiter erlegen, so dass schließlich 1770 ein kurfürstlicher Bote auf dem Eigelstein verkünden konnte, dass „die kölnischen Herren […] weiter nichts zu befehlen [hätten], als bis 2 Schritt vor der Stadtpforten äußerer Barriere.“ Und zwanzig Jahre später wurde es von Kurköln sogar als Grenzverletzung angesehen, wenn die städtischen Soldaten die Stadttore überschritten.279 Wie die vorangehenden Ausführungen gezeigt haben, waren Grenzumgänge ein Instrument zur fortwährenden Inszenierung und Reproduktion territorialer Herrschaft als Herrschaft über einen bestimmten Raum. Eben diese Funktion hatten auch die nach der Wahl veranstalteten Umritte der deutschen Könige des 11. bis 13. Jahrhunderts, die allerdings nicht den Grenzen folgten, sondern darauf angelegt waren, nach der Wahl die einzelnen Stammesgebiete zu besuchen, um sich huldigen zu lassen und die Herrschaft des Königs durch persönliche Präsenz geltend zu machen.280 Natürlich kommt hierin das mittelalterliche Personalitätsprinzip zum Ausdruck, das die persönliche Anwesenheit des Monarchen notwendig machte, um seine Herrschaft durchzusetzen. Darüber hinaus eignet dem Umritt aber ganz wesentlich auch die symbolische Komponente der Inbesitznahme eines bestimmten Raumes bzw. seiner Zentren. Vorformen des Rituals lassen sich bereits unter den Ottonen feststellen. Einen Umritt durch alle Stammesgebiete zum Zweck von Nachwahlen bzw. Zustimmungsakten vollzog erstmals Heinrich II. Vollständig ausgeprägt und als integrativer Teil der Königserhebung findet sich das Ritual beim Regierungsantritt Konrads II.281 Eine entsprechende Praxis ist bis in das Interregnum nachzuweisen, als auch die Gegenkönige Teil- oder Stammes­ umritte vornahmen. Seit der Wahl Rudolfs von Habsburg waren sie nicht mehr gebräuchlich.282 Allerdings bedienten sich im Reich seit dem Spätmittelalter die Territorialherren dieser symbolischen Praxis, um ihr Land bei Herrschaftsantritt

276 Köln, HASt, Best. 56 (Köln contra Köln), 284, fol. 1v–2r. 277 Köln, HASt, Best. 56 (Köln contra Köln), 303; ebd., 309–310. 278 Köln, HASt, Best. 56 (Köln contra Köln), 315. 279 Zit. nach Breuer 1921, S. 39. 280 Vgl. hierzu den Überblick von Schmidt 1998b; außerdem ausführlich Schmidt 1981. Für frühere, nicht immer eindeutige Beispiele vgl. *Grimm (Bearb.) 1955, Bd. 1, S. 329–331; Schmidt 1998a. 281 Vgl. die ausführliche Darstellung in Wipos „Gesta Chuonradi  II. imperatoris“, Kap. 6: „De itinere regis per regna“, *MGH SS rer. Germ. 61, S. 27–29. 282 Schmidt 1998b, Sp. 435f.

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in Besitz zu nehmen.283 Insbesondere in den geistlichen Territorien hielt sich diese Tradition bis in das 18. Jahrhundert, da hier die persönliche Vorstellung des neuen, durch Wahl ins Amt gelangten und häufig landfremden Fürsten wichtiger war als in weltlichen Herrschaften, die in der Regel durch Vererbung weitergegeben wurden.284 Teilweise wurden dabei auch die territorialen Grenzen umritten.285 Eine ebenfalls raumkonstituierende Wirkung hatte die Anwesenheit des geistlichen Landesherrn bei Visitationen, wie sie etwa für den Paderborner Fürstbischof Dietrich Adolf von der Recke nachzuweisen ist. Dieser visitierte 1654 bis 1656 alle Orte des Hochstifts persönlich, nicht aber die mit dem Westfälischen Frieden an die protestantischen Nachbarn verlorenen Pfarreien. Seinen Anspruch auf einen bestimmten Herrschaftsraum demonstrierte er jedoch mit der Visitation der nach 1648 weiterhin strittigen Orte. „Durch seine persönliche An- bzw. Abwesenheit bestätigte Dietrich Adolf die Grenzen, die für Paderborn im Wesentlichen bis zur Säkularisation Bestand haben sollten.“286 Im Falle der weltlichen Fürsten war die Bereisung eines Landesteils insbesondere dann von besonderer Bedeutung, wenn dieser neu erworben worden war. So unternahm etwa Kaiser Joseph II. im Jahre 1773 eine Reise nach Galizien, um sich ein Bild dieser durch die erste polnische Teilung an Österreich gefallenen 283 Vgl. u. a. Fürstbistum Augsburg 1486, 1505, 1517, 1543, 1573, 1575, 1591, 1599/1600, 1650, 1666, 1690, 1737, 1741, 1774, Holenstein 1991, S. 255f., 296, 341, 352, 429, 436–438, 448, 460f., 465; Fürstbistum Bamberg 1731, ebd., S. 437, Anm. 9; Fürstbistum Basel 1479–18. Jahrhundert, ebd., S. 325f., 396, 437, Anm. 9; Herzogtum Kleve, 16. Jahrhundert, ebd., S. 438, 467f.; Kurfürstentum Köln 1652, ebd., S. 437, Anm. 9, 448; Fürstbistum Konstanz, ebd., S. 437, Anm. 9; Kurfürstentum Mainz 1397/98, 1515, ebd., S. 437, Anm. 9; Landgrafschaft Thurgau, 18. Jahrhundert, ebd., S. 438f. 284 Holenstein 1991, S. 437. 285 So nahmen etwa die Paderborner Fürstbischöfe nach ihrer Wahl einen Grenzumritt des Hochstifts vor, Brandt/Hengst 2007, S. 140. 286 Vgl. zu den herrschaftsräumlichen Aspekten der Visitation Menne 2007, S. 122, 166, 258f. (Zitat). Die Visitation ist dokumentiert bei *Fluck 2009; eine verbale Beschreibung der Grenzen mit Verweis auf die Weser und die benachbarten, großteils protestantischen Territorien findet sich in der „Relatio“ von 1655, fol. 3v–4r, ebd., S. 318: „Episcopatus territorij fines se ad Visurgim taliter adhuc extendunt, ut ab altera parte ripae pagum unum possideat, illa vero, quae ab altera parte fluvij Dimulae Castra et Dominia alias habuit, cum insigni Abbatia Cassellensis suo incorporata sunt Principatui et sic ab illa parte vicinos habet Acatholicos Duces Brunsvicenses et Lüneburgenses, Landtgravium Hassiae Cassellensem et Comites de Waldeck; ab altera parte cingitur ab Electoris Brandenburgensis territorijs et fortilitijs, quae ille ex haereditate Ducum Juliacensium et Clivensium obtinet, et Comite de Lippia ita, ut praeter Comitatum Ridtbergensem et Ducatum Westphaliae, qui Electori Coloniensi paret, haeresi quoque in territorio Abbatis Corbiensis praevalente, vicinia tota Catholicae Religioni adversa et prouti ab initio Bohemiae et Germaniae, ultimo bello compertum fuit, infesta sit.“

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Region zu machen.287 Dabei wurde auch die Grenze abgeritten, was als symbolische Handlung umso signifikanter war, als zu diesem Zeitpunkt die Verhandlungen mit den anderen Teilungsmächten und Polen-Litauen über den endgültigen Grenzverlauf noch andauerten. Die physische Präsenz des Herrschers im Grenzraum diente also nicht zuletzt der symbolischen Markierung der eigenen Ansprüche. Zudem ließ der Kaiser verschiedene provisorische Grenzzeichen nach seinen Vorstellungen umstecken und an einer Brücke den österreichischen Adler wieder anbringen, der zwischenzeitlich von einem russischen Rittmeister entfernt worden war. Desgleichen wurde der russische Posten verdrängt und durch einen österreichischen ersetzt. 3.2 Außerordentliche Inszenierungen von Herrschaft auf der Grenze Von den regelmäßigen symbolischen Handlungen wie Versteinung und turnusmäßigem Umgang ist eine zweite Form der symbolischen Markierung von Grenzen zu unterscheiden, nämlich die außerordentliche Inszenierung von Herrschaft auf der Grenze. Die entsprechenden Akte bedeuteten einen markanten Einschnitt im Verhältnis der Grenzanrainer und lassen sich insbesondere bei Begegnungen von Monarchen oder Landesherren und ihren Unterhändlern im Rahmen von Verhandlungen und Vertragsabschlüssen, Gesandten- und Herrscherempfängen oder auch Brautreisen von Prinzessinnen beobachten.288 Wie andere außenpolitische Ereignisse boten diese Anlässe hervorragende Möglichkeiten zur Repräsentation des eigenen Herrschaftsanspruchs. Durch die spezifische Situierung an bzw. auf der Grenze erhielten diese Inszenierungen eine räumliche Komponente und wurden damit zum Sinnbild territorialer Herrschaft in Abgrenzung zu den benachbarten Fürsten. Ein berühmtes Beispiel ist das Treffen Heinrichs I. und Karls des Einfältigen auf einem in der Mitte des Rheins bei Bonn verankerten Schiff im Jahre 921: Die beiden fränkischen Könige erreichten am 4. November den Rhein, ließen auf den sich gegenüberliegenden Ufern ihre Heere aufmarschieren und trafen sich drei Tage später in der Flussmitte, um ein Freundschaftsbündnis zu beschwören. Ob der Rhein zu dieser Zeit tatsächlich die Grenze zwischen den beiden Reichen markierte oder der Fluss lediglich für diesen konkreten Anlass symbolisch dazu erkoren wurde, sei dahingestellt. Inszeniert wurde in jedem Fall eine räumliche Separierung der Herrschaftssphären und mit der Situierung des Treffens auf der Grenze als gleichsam neutralem Raum, der weder der einen noch der anderen 287 Adelsgruber/Cohen/Kuzmany 2011, S. 86–89. 288 Akashi/Stauber 2006, Sp. 1109.

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Seite aufgrund von Besitz- und Rechtsansprüchen Vorrang gewährte, wurde die Ebenbürtigkeit der beiden Könige, wie sie auch der Vertragstext festschrieb, bekräftigt.289 Ähnliche Treffen lassen sich bereits in den Jahrhunderten zuvor nachweisen: 498 begegneten sich der Frankenkönig Chlodwig I. und der Westgotenkönig Alarich bei Amboise auf einer Insel in der Loire, die in etwa die Grenze zwischen dem fränkischen und dem westgotischen Reich bildete, und schlossen eine Schwurfreundschaft fränkischen Rechts.290 Ebenfalls an der Grenze trafen sich 577 die Herrscher der merowingischen Teilreiche Burgund und Austrasien, Guntram und Childebert  II., auf einer Brücke über den Fluss Mouzon;291 zehn Jahre später kamen sie bei Andelot am Rognon zusammen, um Gebietsstreitigkeiten auszuräumen;292 ein Treffen der burgundischen Regentin Brunichild und der austrasischen Königin Bilichilde im Grenzsaum ihrer Reiche war 607/608 geplant, kam aber nicht zustande.293 Erneut lassen sich solche Grenztreffen im 9. Jahrhundert feststellen: So begegneten sich im Jahre 842 im Zuge der Erbfolgestreitigkeiten nach dem Tod Kaiser Ludwigs des Frommen dessen drei Söhne Lothar, Ludwig und Karl auf der Saôneinsel Ansille. Der Fluss war bereits zuvor von Gesandten als Grenze der ‚regna‘ Lothars I. und Karls des Kahlen, also des

289 *MGH Const. 1, S. 1f., Nr. 1, hier S. 1: „Convenerunt enim ambo illustres reges, sicut inter se discurrentibus legatis convenerant, II. Nonas Novembris, feria prima; domnus enim Karolus super Rhenum flumen ad Bonnam castrum et strenuus Heinricus ex altera parte Rheni. Et ea tantum die mutuis se visibus intuentes super ripas eiusdem fluminis huc et ultra, ut sui fierent fideles innoxii sacramento, quo hanc eorum conventionem fuerant polliciti. Verum feria quarta, VII. Idus Novembris, in medio Rheni fluminis saepius dicti principes de navibus quisque suis in tertiam ascenderunt, quae ancorata in fluminis medio gratia eorum colloquii fixa erat”; vgl. Schneider 1977, S. 10f.; Voss 1987, S. 46–49; außerdem Althoff 2005, S. 48f. 290 *MGH SS rer. Merov. 1,1, S. 84: „Coniunctique in insula Ligeris, quae erat iuxta vicum Ambaciensim terreturium urbis Toronicae, simul locuti, comedentes pariter ac bibentes, promissa sibi amicitia, pacifici discesserunt”; vgl. Schneider 1977, S. 8f.; Voss 1987, S. 38; Kolb 1988, S. 52. 291 *MGH SS rer. Merov. 1,1, S. 216: „Post haec Gunthchramnus rex ad Childeberthum, nepotem suum, legatos mittit, pacem petens ac depraecans eum videre. Tunc ille cum proceribus suis ad eum venit; qui ad Pontem quem Petreum vocitant coniuncti sunt, cumsalutantes atque invicem osculantes se”; vgl. Schneider 1977, S. 9; Kolb 1988, S. 52f.; Weber 2011a, S. 59. 292 *MGH SS rer. Merov. 1,1, S. 434f.: „Cum in Christo nomen praecellentissimi domni Gunthchramnus et Childebertus regis vel gloriosissima domna Brunechildis regina Andelao caritates studio convenissent, ut omnia, quae undecumque inter ipsis scandalum poterat generare, pleniori consilio definirent”; vgl. Kolb 1988, S. 53; Weber 2011a, S. 59. 293 *MGH SS rer. Merov. 2, S. 134: „placetus inter Colerinse et Sointense fiaetur, ut has duas reginas pro pacem inter Teudericum et Teudebertum coniungerint conloquendum; sed Bilichildis consilio Austrasiis inibi venire distulit”; vgl. Weber 2011a, S. 59.

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Mittelreichs und Westfrankens, ausgehandelt worden.294 Nach dem Einfall des ostfränkischen Königs Ludwig  II . in das Westfrankenreich 858 trafen sich die drei Brüder zu Verhandlungen auf der Rheininsel bei Andernach. Die beiden Verbündeten, Lothar und Karl, kamen mit einem zuvor festgelegten Gefolge von der linken, lotharingischen Rheinseite zur Besprechung, Ludwig von der rechten, ostfränkischen.295 Auch das folgende, letztlich nicht realisierte Treffen war an der Grenze zwischen den Reichen Lothars und Ludwigs, nämlich in Basel, vereinbart worden. Eine endgültige Einigung erzielten die drei Könige schließlich 860 an eben dieser Grenze in Koblenz.296 Nach dem Tod Lothars kamen Ludwig und Karl 870 auf einem Vorsprung über der Maas zwischen Herstal und Meersen zusammen, um das lotharingische Reich endgültig zu teilen, wobei die künftige Grenze in der Flussmitte verlaufen sollte.297 Ohne hier die weiteren Belege für das 9. und 10. Jahrhundert im Einzelnen nennen zu können, ist mit Ingrid Voss festzuhalten, dass Herrschertreffen zwischen den fränkischen bzw. den deutschen und französischen Königen bis in das 10. Jahrhundert immer dann im Grenzbereich zwischen den Reichen stattfanden, wenn es zwischen ihnen politische Spannungen bzw. kriegerische Auseinandersetzungen gegeben hatte und auf dem Verhandlungsweg ein Ausgleich erzielt werden sollte.298 In dieser Situation bekräftigte eine Begegnung auf oder an der Grenze als neutralem Ort die Parität der Kontrahenten und markierte zugleich 294 *MGH SS rer. Germ. 44, S. 44f.: „Igitur mediante Iunio, feria videlicet quinta propter civitatem Madasconis in insula quae Ansilla dicitur cum aequo numero primorum Lodharius, Lodhuvicus et Karolus conveniunt et hoc sacramentum muto sibi iuraverunt“; vgl. Schneider 1977, S. 9; Voss 1987, S. 40; Kolb 1988, S. 53f. 295 *MGH SS rer. Germ. 7, S. 53: „Hludowicus rex quasi inchoante verni tempore de Galiis rediens Wormatiam venit. Cum frequentibus legatorum suorum discursibus fratris ac nepotis sui sibi animos reconciliare studeret eorumque responsa per internuntios reciproca relatione susciperet, tandem condicto tempore singuli cum aequo numero principum suorum ex adversa parte nominatim expressorum, iuxta Anternacum castellum in quadam insula Rheni fluminis navigio vecti convenerunt, reliquo singulorum comitatu super litus ex utraque parte fluminis consistente”; vgl. Schneider 1977, S. 9f.; Voss 1987, S. 40; Kolb 1988, S. 54. 296 *MGH SS rer. Germ. 7, S. 54: „Hludowicus rex et Karlus frater eius neposque eorum Hlutharius cum primatibus suis in Confluente castello convenientes pacem inter se et fidelitatem mutuam singuli iuramento firmaverunt“; Hinweis auf das Treffen in Basel ebd., S. 53; vgl. insg. Voss 1987, S. 40f.; Kolb 1988, S. 54. 297 *MGH Capit. 2, S. 193–195, Nr. 251, hier S. 193: „fuit haec divisio regni facta in procaspide […] super fluvium Mosam“; vgl. Schneider 1977, S. 10; Voss 1987, S. 41f. 298 Voss 1987, S. 39, 49. Zu den Grenztreffen dieser Zeit vgl. ebd., S. 42–64; Kolb 1988, S. 53–57. Vgl. auch die Hinweise auf französisch-englische Begegnungen im Grenzgebiet zwischen Normandie und Franzien ebd., S. 57f.; sowie fränkisch-dänische Treffen auf der Grenze bei Auge 2013, S. 84.

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in gegenseitigem Einvernehmen die Abgrenzung ihrer jeweiligen Herrschaftsbereiche. Bereits für das 10. Jahrhundert finden sich gelegentlich auch Beispiele für Herrschertreffen an Grenzen, denen keine Spannungen und Auseinandersetzungen vorausgegangen waren. Vielmehr dienten sie ausschließlich dazu, „die Machtposition und die gleichrangige Stellung der Partner zu dokumentieren“, wie Voss für die Zusammenkunft der fränkischen Könige Heinrich I. und Robert I. an der Ruhr 923 feststellt.299 Während aber in dieser Zeit durchaus auch Treffen jenseits der Grenzen, auf dem Territorium der einen oder anderen Seite stattfanden,300 wurden Begegnungen der deutschen und französischen Könige seit dem 11. Jahrhundert grundsätzlich auf der Grenze bzw. im Grenzraum inszeniert, was nicht zuletzt auf die zunehmende Separierung und Eigenständigkeit des ost- und westfränkischen Reiches zurückzuführen ist. Eine Begegnung auf dem Territorium des einen Herrschers hätte notwendigerweise die Unterordnung des anderen bedeutet.301 Dieser Logik entsprechend versuchten Herrscher, die vergleichsweise geringe Macht besaßen, Begegnungen etwa mit dem deutschen König möglichst ebenfalls in Grenznähe zu arrangieren und so Rangunterschiede zu kaschieren: So entzog sich etwa König Rudolf III. von Burgund einer Einladung Heinrichs II. zum Hoftag in Bamberg 1016 und bat den Kaiser stattdessen, ihm entgegenzukommen. Das Treffen fand schließlich in Straßburg, also zumindest in gewisser Nähe zur burgundischen Grenze statt. 1027 erreichte Rudolf sogar, dass Verhandlungen mit Konrad II. an der Grenze zwischen dem Reich und Burgund geführt wurden, auch wenn der Abschluss des Vertrags dann auf Reichsboden in Basel erfolgte.302 Für das Spätmittelalter hat Gerald Schwedler insgesamt 13 Treffen von Königen und Kaisern an Grenzen oder in Grenzzonen ausgemacht.303 Ein herausragendes Beispiel ist das bereits im Zusammenhang mit den materiellen Markierungen erwähnte Treffen zwischen König Albrecht I. von Habsburg und König Philipp IV. von Frankreich im Grenzgebiet bei Quatre-Vaux zwischen Toul und

299 *Lauer (Hg.) 1906, S. 12: „Anno DCCCCXXIII, Rotbertus in regnum Lothariense proficiscitur, locuturus cum Heinrico, qui ei obviam venit in pagum Ribuarium, super fluvium Ruram; ubi se invicem paverunt et, pacta amicitia datisque ab alterutro muneribus, discesserunt“, vgl. Voss 1987, S. 49–52, das Zitat S. 49. 300 Vgl. hierzu die Beispiele bei Voss 1987, S. 28–37. 301 Voss 1987, S. 85, 202. 302 Voss 1987, S. 86f. 303 Schwedler 2008, S. 335, Anm. 19, vgl. auch das Repertorium der Herrschertreffen im Spätmittelalter ebd., S. 415–466, hier R17, 35–37, 39, 48, 80, 108, 135, 148, 153, 160, 167. Für den Zeitraum von 1270 bis 1440 führt der Autor insgesamt 204 Treffen von gekrönten Häuptern im lateinischen Europa an.

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Vaucouleurs im Jahre 1299.304 Man traf sich auf einer Wiese auf dem rechten Maas­ ufer, wo die Grenze zwischen dem Reich und Frankreich vorsprungartig bis an die Maas heranreichte.305 Diese Stelle war bereits für Begegnungen zwischen ostund westfränkischen bzw. deutschen und französischen Königen genutzt worden, zuletzt 1171 zwischen Kaiser Friedrich I. Barbarossa und Ludwig  VII. von Frankreich. Sehr viel häufiger hatte man sich allerdings im Grenzgebiet zwischen Mouzon und Ivois-sur-Chiers getroffen, nämlich 988, 995, 1023 und 1187 sowie näher an der französischen Stadt Ivois 1043, 1048 und 1056.306 Mit der Ortswahl von 1299 knüpfte man laut Schwedler nun einerseits an eine staufische Tradition an, die mit der Bedeutung des Bischofs von Toul im staufischen Herrschaftsverband zusammenhing. Andererseits entsprach dieser Ort den notwendigen Neutralitätsbedingungen, denn sowohl Mouzon als auch Ivois wurden mittlerweile von Philipp  IV . beansprucht. Ein Treffen in diesem Grenzabschnitt hätte den Anspruch wohl präjudiziert.307 Wie die genannten Beispiele verdeutlichen, kann der Ort einer Herrscherbegegnung als Indikator für das Kräfteverhältnis der beteiligten Könige gelten. Es machte durchaus einen Unterschied, ob man an einem neutralen Punkt, im Einflussbereich eines der beteiligten Könige oder im Herrschaftsbereich Dritter zusammenkam.308 „Gerade ein neutraler Treffpunkt sollte die dominierende Stellung eines der Beteiligten vermeiden. Daher wurden ergebnisoffene Treffen – etwa Zusammenkünfte für Friedensverhandlungen – an der Grenze geplant, um militärisches wie zeremonielles Ungleichgewicht auszuschließen.“309 Hierzu gehörte unter Umständen auch die künstliche Schaffung von Neutralität, wenn diese im Terrain nicht vorgegeben war, man sich also nicht an natürlichen Grenzen, sondern im Niemandsland begegnete.310 Derartige Treffen mussten im Vorfeld durch gemeinsame Kommissionen vorbereitet, der Grenzverlauf erkundet und zumindest vor Ort durch Markierungen wie Balken und Stäbe gekennzeichnet werden.311

304 Vgl. hierzu ausführlich Schwedler 2008, S. 93–98. 305 *MGH SS 9, S. 721 (Continuatio Vindononensis): „Albertus rex Romanorum et rex Francie Philippus cum magna pompa militum apud Baclior amicabiliter convenerunt.“ 306 Vgl. hierzu auch Voss 1987, S. 85f. 307 Schwedler 2008, S. 94. 308 Zur Ortswahl bei Herrschertreffen vgl. Schwedler 2008, S. 334–339, zu Grenzen S. 334– 336. 309 Schwedler 2008, S. 334; vgl. ähnlich auch Voss 1987, S. 39. 310 Zur symbolischen Konstruktion neutraler Orte in der mittelalterlichen Diplomatie vgl. die methodischen Überlegungen von Kintzinger 2011. 311 Schwedler 2008, S. 335f.

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Manche Grenzen wurden auf diese Weise erstmals definiert.312 Ein dringendes Desiderat ist die Untersuchung entsprechender Treffen auf der Territorialebene des Reiches. Aufgrund einzelner Hinweise ist zu vermuten, dass auch die Fürsten die Grenze als symbolischen Ort zur Inszenierung von Gleichrangigkeit nutzten und hier regelmäßig zu Verhandlungen zusammenkamen.313 Die Tradition der Begegnung auf der Grenze wurde in der Frühen Neuzeit fortgesetzt, wenngleich anstelle der Monarchen und Landesherren immer häufiger Gesandte diese diplomatischen Aufgaben übernahmen.314 Auch hier bildete freilich die Möglichkeit der Parität der Teilnehmer das Kernelement der Inszenierung. Ein berühmtes Beispiel ist mit den Verhandlungen zwischen Frankreich und Spanien im Vorfeld des Pyrenäen-Friedens von 1659 überliefert. Die Unterhändler, Kardinal Mazarin und Don Luis de Haro, diskutierten den Vertrag auf der im Bidassoa gelegenen Fasaneninsel, die zu diesem Zweck zu neutralem Gebiet erklärt und mit einem durch zwei gegenüberliegende Türen zugänglichen und symmetrisch eingerichteten Verhandlungsraum ausgestattet wurde.315 In dessen Mitte befand sich eine Grenzlinie, die auch bei der Begegnung der Monarchen im Jahre 1660 als zeremonieller Mittelpunkt diente.316 Die vereinbarte Symmetrie konnte freilich auch bewusst gestört werden, um die eigene Stärke umso deutlicher zu machen. Ein Beispiel am Ende unseres Untersuchungszeitraums ist die Zusammenkunft Kaiser Napoleons I. mit dem russischen Zaren Alexander I. im Juni 1807 im Vorfeld des Friedens von Tilsit. Der französische Kaiser kam als erster 312 Schwedler 2008, S. 334. 313 Als Begegnungsort zwischen dem Herzogtum Jülich und dem Kurfürstentum Köln lässt sich etwa das westlich von Lechenich gelegene Pingsheim ausmachen, das noch 1789 je zur Hälfte zum jülichschen Amt Nörvenich und zum kurkölnischen Amt Lechenich gehörte; vgl. *REK III, S. 106, Nr. 2818 (1279); ebd. IV, S. 432, Nr. 1785 (1328); ebd. V, S. 98f., Nr. 367 (1335); ebd. VI, S. 420, Nr. 1458 (1361); ebd. VII, S. 285f., Nr. 1050 (1370); ebd. VIII, S. 236f., Nr. 924 (1373); ebd. IX, S. 135, Nr. 538 (1383). Zur territorialen Situation vgl. Groten u. a. (Hg.) 2006, S. 819. 314 Diese Tendenz konstatiert Schwedler 2008, S. 412, bereits für das 15. Jahrhundert. In diesen Zusammenhang gehört auch die Begegnung von je zwei Freunden des Kölner Erzbischofs Friedrich III. von Saarwerden und Herzogin Mechtild von Geldern an der Landwehr bei Neuss im Jahre 1372 zur Erörterung strittiger Fragen, *REK XII, S. 375, Nr. 1143. 315 Sahlins 1989, S. 25–27; vgl. auch Rahn 1997, S. 180–187, mit weiteren Beispielen. 316 „Wo es bey einigen Congressen grosser Herren sehr cermonieus zugehen soll, da werden die Schritte gegeneinander abgemessen. Also giengen bey der Zusammenkunfft des Königs in Spanien Philippi  IV. und des Königs in Franckreich Ludewig des XIV., die auf der Conferenz-Insul auf dem Fluß Bidassao anno 1660 geschahe, beyde Könige einander mit gleichen und abgemessenen Schritten entgegen biß an die Linie welche in dem Conferenz-Saal gemacht worden“, *Rohr 1990, S. 364 (Teil 2, Kap. 2, § 17).

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auf der künstlichen Insel im Njemen an, erwartete den Zaren auf der russischen Seite der Insel, half ihm aus dem Boot und konnte so das auf Gleichrangigkeit zielende zeremonielle Setting zu seinen Gunsten verschieben.317 Bei Verhandlungen und Vertragsschlüssen an Grenzen trafen Monarchen und Fürsten gleichberechtigt aufeinander und agierten, gleichsam aus sicherer Entfernung, von ihrem Territorium aus. Die Grenze bildete die neutrale Linie, die die jeweiligen Herrschaftssphären definierte und die symbolisierte, dass beide Seiten souverän handelten. In diesem Sinne lässt sich etwa auch die gebräuchliche Rechtspraxis interpretieren, Straftäter auf der Grenze zwischen Territorien bzw. Gerichtsbezirken zu übergeben. Sie wurden an dafür vorgesehenen Grenzsteinen bzw. -säulen von den Beamten entgegengenommen oder dort, falls diese nicht zum verabredeten Zeitpunkt zur Stelle waren, symbolisch festgebunden.318 Einen anderen Charakter hatte die Einholung eines Fürsten oder einer Gesandtschaft an der Grenze, das heißt der dortige Empfang mit anschließendem Ehrengeleit. Die Grenze stellte in diesem Fall keinen neutralen Ort für die symbolische Inszenierung von Gleichheit dar. Vielmehr ging es um die Überschreitung der Grenze, also den Eintritt in ein fremdes Territorium. Johannes Paulmann hat die hiermit verbundenen Praktiken treffend als „Milderungsritual“ bezeichnet, wodurch das „Eindringen in ein fremdes Herrschaftsgebiet von einer potentiellen Bedrohung in eine Freundschaft stiftende Handlung umgewandelt werden“ sollte.319 Das ‚Eindringen‘ in den betreffenden Herrschaftsraum war eben kein feindlicher Akt im Sinne einer Grenzverletzung, sondern basierte auf gegenseitigem Einverständnis. Die Wahrnehmung des Geleitsrechts war für die Fürsten von zentraler Bedeutung, hatte sich dieses doch spätestens seit dem „Statutum in favorem principum“ von 1232 zu einem wichtigen Merkmal von Landesherrschaft 317 Rahn 1997, S. 186f. Noch im 20. Jahrhundert finden sich Beispiele für symbolhaft aufgeladene Verhandlungen und Begegnungen auf Grenzen. So wurde etwa für die Unterzeichnung des Waffenstillstandsvertrags zwischen den nordkoreanischen und den UN-Truppen im Juli 1953 auf der Grenze zwischen Nord- und Südkorea eine Baracke errichtet, in der ein Betonstreifen die gedachte Trennungslinie markierte. Der Verhandlungstisch überbrückte – streng symmetrisch ausgerichtet – die Grenze, ebd., S. 197f. Vgl. zu Monarchenbegegnungen im 19. und frühen 20. Jahrhundert ausführlich Paulmann 2000, zu Grenzen und Grenzregionen als Treffpunkten S. 120, 219–221, 252f. 318 *Grimm (Bearb.) 1955, Bd. 2, S. 514f., mit einem Beleg für die Übergabe von Straftätern aus dem hessischen Zentort Bärstadt an das Mainzer Gericht. Vgl. auch die Beispiele für Übergaben zwischen der Freiheit Polch und dem kurtrierischen Amt Kobern bei *Grimm (Bearb.) 1840–1878, Bd. 2, S. 471; sowie zwischen dem salzburgischen Pfleggericht Mattsee und dem bayerischen Pfleggericht Braunau bei Handlechner 2011. 319 Paulmann 2000, S. 220.

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entwickelt.320 Die Einholung bot dementsprechend beiden Seiten Gelegenheit, den eigenen Rang und Status sowie das gegenseitige Verhältnis performativ zu reproduzieren und nicht zuletzt (räumliche) Herrschaftsansprüche zu demonstrieren. Anlass zu entsprechenden Inszenierungen boten zum einen Besuche fremder Herrscher oder Gesandtschaften und zum anderen der Empfang neuer, von auswärts stammender Fürsten oder auch Prinzessinnen.321 Die Praxis des Empfangs fremder Herrscher (oder Gesandter) und neuer Fürsten an den Landesgrenzen findet sich auf allen politischen Organisationsebenen – vom Reich, über die geistlichen und weltlichen Territorien bis hin zu kleineren Herrschaften und Städten.322 Der diesbezügliche Forschungsstand ist allerdings recht heterogen, was der unterschiedlichen Quellenlage geschuldet sein mag. Am intensivsten wurden bislang kaiserliche Einzüge in (Reichs-)Städte untersucht, wobei jeweils auch deren Grenzen (Landgebiet, Stadtmauer) als Orte des Empfangszeremoniells eine Rolle spielen.323 Fürstliche Empfänge an territorialen

320 Vgl. allgemein zum Geleit im Mittelalter Schaab 1989; außerdem für Südwestdeutschland Schaab 1981; sowie für die Reichsstädte Frankfurt a. M. und Schwäbisch Hall Krischer 2006b. 321 Grimm 1991, S. 41, erwähnt die Übergabe königlicher Bräute auf Grenzflüssen, bringt aber keine Beispiele. Vgl. darüber hinaus Schönpflug 2013, S. 216f., demzufolge höfische Beamte und Soldaten die Braut bis an die Grenze begleiteten, diese die Grenze überschritt und auf der anderen Seite von Abgesandten der künftigen Familie begrüßt wurde, um ihre Reise in weiteren, ebenfalls zeremoniell arrangierten Etappen fortzusetzen. Ein besonders aufwändig gestaltetes Arrangement mit einem künstlichen Pavillion auf einer Insel im Rhein beschreibt Gruber 1972, S. 40f., für die Brautfahrt Maria Antonias von Österreich zu ihrer Hochzeit mit dem späteren französischen König Ludwig XVI. im Jahre 1770. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf die Beispiele für den Braut- bzw. Gesandtentausch auf der Grenze bei Rahn 1997, S. 190–196; Spiess 1997, S. 26; Coester 2008, S. 155. 322 Auch auf der nichtstaatlichen Ebene lässt sich diese Praxis nachweisen: Bei der feierlichen Einführung einer neuen Äbtissin des freiweltlichen Damenstifts Nottuln wurde sie vom Drosten des Amtes Horstmar an der Grenze der Kirchspiele Billerbeck und Nottuln empfangen, Kohl (Bearb.) 2005, S. 234, Anm. 1. 323 Vgl. Dotzauer 1973; Schenk 2003; Rudolph 2011. Vgl. in diesem Zusammenhang auch den Hinweis bei Hack 1999, S. 160, auf den Rombesuch Friedrichs III. im Jahre 1452. Der Kaiser traf bereits in Florenz mit der päpstlichen Gesandtschaft zusammen und erhielt von der Landesgrenze des Kirchenstaates bis nach Rom das Ehrengeleit. Bei der Abreise wurde er von Kardinälen bis an die Grenze bei Acquapendente geleitet. „Die Grenze des Patrimonium Petri wurde demnach in unübersehbarer Weise zeremoniell perzipiert und dadurch zugleich formal anerkannt.“ Vgl. zum diesbezüglichen Zeremoniell bereits *Du Mont (Hg.) 1739, Bd. 5, S. 158f., allerdings mit Verweis auf Friedrichs Rombesuch von 1568. Für frühere Beispiele des kaiserlichen Einzugs in Rom vgl. Dotzauer 1973, S. 249–251.

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Grenzen sowie Einholungen auswärtiger Potentaten an den Reichsgrenzen wurden dagegen noch nicht systematisch untersucht.324 Im Falle der Städte erfolgte die kaiserliche Einholung („occursio“) gestaffelt an bestimmten Stationen. Diese korrelierten häufig mit den städtischen Grenzlinien (Territoriumsgrenze, Geleitsgrenze, Gerichtsbezirk, Bannmeile, Landwehr etc.), wobei markante Punkte an den Grenzen (Kreuz, Scheidsäule, Bildstock, Turm, Brücke usw.) als Treffpunkte definiert wurden.325 Ganz ähnlich gestaltete sich der Einzug eines Landesherrn in seine Stadt.326 Die bei diesen Einholungen von den empfangenden Mitgliedern der städtischen Führungsschicht und anderen Gruppen zurückgelegte Entfernung diente als Indikator der Ehrerbietung, so dass man bemüht war, „ein zimlich lang ihrer Majestet entgegen“ zu reiten.327 Deutlich werden die diesbezüglichen Abstufungen am Beispiel der Einholung der Kaiser Maximilian II. und Matthias in die sächsische Landes- und Residenzstadt Dresden. Ersterer besuchte die Stadt 1575 und wurde vom sächsischen Kurfürsten sowie den in Dresden anwesenden Fürsten mit einem Gefolge von ca. 250 Mann an der sächsisch-böhmischen Grenze auf der Elbe bei Herrnskretschen empfangen. Matthias wurde 1617 zwar ebenfalls an der Grenze, aber nicht vom Kurfürsten empfangen, der ihn stattdessen bei Schandau erwartete. „In der geringeren Strecke, welche Johann Georg I. seinem Gast entgegenkam, dokumentierte sich das distanzierte Verhältnis beider Seiten.“328 Um die eigene Position gegenüber königlichen

324 Bely 1997, S. 105, 110, verweist nur pauschal auf Grenzen als Treffpunkte, ohne diesen Aspekt systematisch zu vertiefen. 325 Vgl. Dotzauer 1973, S. 258f.; Schenk 2003, S. 278–289. Zahlreiche bildliche Darstellungen von Kaisereinzügen in Städten finden sich in der vom Trierer Erzbischof Balduin von Luxemburg in Auftrag gegebenen Bilderhandschrift von „Kaiser Heinrichs Romfahrt“ aus den 1340er Jahren. Dargestellt ist sowohl die Einholung auf freiem Feld als auch unmittelbar vor den Stadttoren, Koblenz, Landeshauptarchiv, Hs. 1C1; vgl. die Edition *Margue/Pauly/Schmid (Hg.) 2009, S. 37, 49, 51, 65, 69, 85, 95, 97, 99; hierzu auch Dotzauer 1973, S. 256–258. Auch die Gesandten des Kaisers wurden an den Stadtgrenzen empfangen, vgl. für die Reichsstadt Köln den anonymen Bericht über die Einholung des Grafen Gronsfeld von 1660, Krischer 2006c, S. 352f. 326 Vgl. die Beispiele für Füssen 1517, Wesel 1522, Kempen 1652 und Bischofszell 1690 bei Holenstein 1991, S. 439f. 327 So der Bericht über den Empfang Kaiser Friedrichs III. im Jahre 1473 in Ulm, zit. nach Schenk 2003, S. 687. Zur Einholung der Kaiser in Nürnberg vgl. Kircher 1955, S. 22, 37, 39, 47, 55, 76, 86, 95, 112, 120f., 136f.; für Aachen und Frankfurt a. M. Dotzauer 1973, S. 254–256; für Regensburg und nochmals Frankfurt a. M. Rudolph 2011, S. 130, 157–160, 162. 328 Rudolph 2011, S. 170f., das Zitat S. 171.

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Wahlkandidaten oder strittigen Herrschern noch deutlicher zu machen, konnte im äußersten Fall ein feierlicher Einzug auch gänzlich verweigert werden.329 Dasselbe Prinzip der Einholung als symbolische Vergegenwärtigung des eigenen Herrschaftsraums wie der Ehrerbietung gegenüber fürstlichen Besuchern findet sich auch beim Empfang von Reichsständen untereinander und bei der Einholung auswärtiger Herrscher und Gesandter ins Reich. Ein besonders aussagekräftiges Beispiel hierfür liegt für den Besuch der moskowitischen Gesandtschaft in Wien im Jahre 1679 vor.330 Wie aus dem entsprechenden Zeremonialprotokoll hervorgeht, wurde diese am 30. Mai „auf denen [polnisch-schlesischen] gränitzen dem herkommen gemäsß empfangen und kostfrey durchgeführet“.331 Von der Ankunft der Gesandtschaft war man durch den kaiserlichen Residenten in Polen bereits einige Wochen zuvor unterrichtet worden. Hinsichtlich des Empfangszeremoniells wurde auf die letzte größere Gesandtschaft aus Moskau im Jahre 1595 zurückgegriffen, „welche dem vernehmen nach […] mit 100 edelleüthen auf den gränitzen beneventiret und nacher Prag begleittet worden“. Angeführt wurde die kaiserliche Kommission diesmal von dem schlesischen Grafen Gaschin, der die Gäste mit 12 Edelleuten „auf denen polnischen gränitzen“ empfing und dann in mehreren Tagesetappen bis zur schlesisch-mährischen Grenze geleitete. Dort wurden sie am 4. Juni von zwei Hofkammerdienern erwartet, denen allerdings aufgetragen worden war, „die moßkowitische gesandten ohne weitere ceremonien nur in nahmen der kayserlichen hoffcammer zubewillkommen und auf der reyse biß nach Wienn zu tractiren.“ Im Gegensatz zu Schlesien sollte in Mähren auch nur ein Edelmann die Gesandten „complementiren.“332 Den Empfang an der österreichischen Grenze durch den Landadel bewertet das Protokoll schließlich als „unnöthig, massen es in disem lande nit gebräuchig, auch die ihnen auf der schlesischen gränitz angethane ehr genug seye.“ Die Einholung der moskowitischen Gesandten erfolgte also stufenweise an den verschiedenen Grenzen des habsburgischen Einflussbereichs, wobei der betriebene zeremonielle Aufwand an der äußersten Peripherie des Herrschaftsraums am größten war. An den weiteren Binnengrenzen konnte dieser Aufwand verringert bzw. gänzlich aufgehoben werden, zumal die Gesandtschaft unmittelbar vor Wien von einer kaiserlichen Kommission in 25 Kutschen empfangen und in die Stadt zur Residenz geleitet wurde.333 329 Dotzauer 1973, S. 259f. 330 Vgl. ergänzend zu den folgenden Beispielen *Du Mont (Hg.) 1739, Bd. 2. 331 *Körbl 2007, S. 593; die folgenden Zitate ebd.; vgl. auch ebd., S. 574. 332 *Körbl 2007, S. 594; die folgenden Zitate ebd. 333 Vgl. *Körbl 2007, S. 603f. In der Schilderung des kaiserlichen Zeremoniells bei *Du Mont (Hg.) 1739, Bd. 2, S. 477–772, spielen Grenzen keine Rolle. Sie werden aber gelegentlich in

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Die beschriebene Form der Einholung konnte aufgrund ihres raumgreifenden und räumliche Herrschaft symbolisierenden Charakters zu Streitigkeiten zwischen benachbarten Reichsständen führen, wenn hierbei tatsächliche oder vermeintliche Territorialgrenzen unberechtigterweise überschritten wurden. Sehr anschaulich zeigt sich dies bei den Streitigkeiten um das Geleitsrecht zwischen der Reichsstadt Nürnberg und dem Markgraftum Brandenburg-Ansbach, die die kaiserlichen Besuche in der Stadt regelmäßig begleiteten und weder durch gelegentliche bewaffnete Auseinandersetzungen noch juristische Klärungsversuche am Reichskammergericht beendet werden konnten.334 Ursache hierfür war, dass die Nürnberger die Herrscher regelmäßig auf markgräflichem Territorium einholten und umgekehrt von markgräflicher Seite das Geleit bis an die Stadtmauern von Nürnberg ausgeübt wurde. So ritten im Oktober 1500 zwei Ratsherren zusammen mit 130 Nürnbergern dem Kaiser Maximilian I. bis Wassermungenau (Brandenburg-Ansbach) entgegen, geleiteten ihn nach Schwabach, wo er auf Einladung des Markgrafen übernachtete, und holten ihn dort am nächsten Tag wieder ab. Hierbei kam es zu verbalen und handgreiflichen Auseinandersetzungen mit dem markgräflichen Vortrab, denn die Ansbacher sahen durch die Nürnberger Abordnung ihr Geleitsrecht beeinträchtigt. Der Kaiser selbst griff schließlich schlichtend ein.335 Ähnlich verhielt es sich beim Einzug Ferdinands I. im Jahre 1558.336 Auch beim Durchzug Kaiser Maxmilians II. zum Reichstag nach Speyer im Juni 1570 stritten die beiden Parteien um das Geleit, auf das die Ansbacher nur verzichten wollten, wenn die Nürnberger ebenfalls von ihrem Anspruch zurücktreten würden, was der Kaiser schließlich zur Vermeidung künftigen Streits auch befahl.337 Ein weiteres Beispiel ist der Krönungszug Kaiser Matthias’ von 1612. Die markgräflichen Reiter versuchten an der Furt bei Hartmannshof, die den Grenz­übergang bildete, die Nürnberger mit Waffengewalt abzudrängen. Die Nürnberger zogen ebenfalls ihre Pistolen und setzten sie „den marggrävischen Reutern hinwiederumb auf den Leib […], also daß wenn nur ein ungeverer Schuß geschehen were,

den Fallbeispielen erwähnt, so etwa bei Empfang und Verabschiedung des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm an der Grenze des Königreichs Böhmen im Jahre 1652, ebd., S. 512f.; sowie beim Empfang des pfälzischen Kurfürsten Johann Wilhelm an der österreichischen Grenze im Jahre 1700, ebd., S. 520. 334 Kircher 1955, S. 24f. 335 Kircher 1955, S. 22; Schenk 2003, S. 279, Anm. 197. Vgl. zum Besuch Maximilians auch *Müllner 1972–2003, Bd. 3, S. 193f., der die Auseinandersetzungen allerdings nicht erwähnt. 336 Rudolph 2011, S. 92f. 337 Kircher 1955, S. 120. Auch beim Rückzug des Kaisers von Speyer kam es wiederum zu Streitigkeiten, ebd., S. 136f.

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alles über und über gangen sein würde, welches doch Gott gnediglich verhütet“.338 Anschließende Verhandlungen führten dazu, dass auf das Geleit von beiden Seiten verzichtet wurde. Auf der Rückreise von Frankfurt verbot der Kaiser den Konfliktparteien das Geleit gänzlich, weil „nemblich die Römischen Kaiser keines Glaits bedürffen, sondern das Glait selbst seyen“.339 Überdeutlich wird in diesem Zusammenhang die eigentliche Bedeutung des Geleitsrechts. Es diente weniger dem Schutz des Königs, als vielmehr der performativen Aneignung des Landes durch die Fürsten. Mit der Wahrnehmung dieses Vorrechts konnte der eigene Herrschaftsbereich gleichsam iterativ markiert werden.340 Einen bildlichen Eindruck hiervon vermittelt eine, im Zuge eines Reichskammergerichtsprozesses zwischen der Reichsstadt Frankfurt und der Grafschaft Hanau gezeichnete Karte Melchior Appels von 1575 (Taf. 3). Im Zentrum steht eine szenische Darstellung des hanauischen Geleits bei der Durchreise des polnischen Königs Heinrich von Valois (Henryk Walezy), des späteren französischen Königs Heinrich III., sowie die Erläuterung: „Hier ist die königliche würde in Polen von den Hanauischen empfangen und in glait angenommen worden.“341 Zusammen mit verschiedenen anderen Rechtsakten, wie der Ergreifung von Straftätern oder der Ausgrabung einer Leiche, die ebenfalls mit einer Erläuterung auf der Karte ‚verortet‘ wurden, markiert der Ort der Übernahme des polnischen Königs ins Geleit in der Hanauer Argumentation die Grenze des eigenen gegenüber dem Frankfurter Territorium.342 Wie erwähnt, wurden an Landesgrenzen nicht nur fremde Fürsten, sondern auch die künftigen eigenen Herrscher eingeholt, sofern sie von auswärts stammten und durch Wahl oder Erbschaft in den Besitz des Territoriums gelangt waren.343 So 338 Kircher 1955, S. 146; vgl. auch Rudolph 2011, S. 103f. 339 Zit. nach Rudolph 2011, S. 104. 340 Vgl. als weiteres Beispiel für die „wilde Konkurrenz der Geleitsmannschaften“ die von Schaab 1981, S. 408f., erwähnten Auseinandersetzungen zwischen der Grafschaft Hohenlohe und dem Fürstbistum Würzburg bei der Durchreise des zugunsten seines Sohnes abgedankten Herzogs Wilhelm V. von Bayern im Jahre 1609. 341 Marburg, Hessisches StA, Karten P  II, 14867; vgl. Wolff/Engel 1988, S. 16, Abb. S. 17; außerdem Scheurmann (Hg.) 1994, S. 286f., Detailabb. S. 260; Horst 2009, Bd. 1, S. 116, Detailabb. S. 227. 342 Zur Darstellung symbolischer Grenzmarkierungen auf Karten vgl. auch unten Kap. IV.1 („Die Integration der Kartographie in das mittelalterliche System der Beschreibung und Markierung von Grenzen“). 343 Auch dieses Phänomen wurde für die Territorien des Reiches noch nicht systematisch untersucht. Neben dem im Folgenden diskutierten Münsteraner Beispiel vgl. auch *Stollberg-Rilinger (Hg.) 2000, S. 210: Empfang Clemens Augusts von Bayern als neuer Fürstbischof von Paderborn im April 1720 „an denen Lands=Gräntzen“; *Gersmann/Langbrandtner (Hg.)

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erhielt etwa der neu gewählte Fürstbischof von Münster an der südlichen Landesgrenze, der Lippe, am Morgen seiner Inthronisation Geschenke von den Herren des Domkapitels.344 Seit dem 17. Jahrhundert zog ihm auch die Ritterschaft des Stifts bis zur Grenze entgegen. In einer zweiten Stufe der Einholung traf der neue Bischof kurz vor Münster an einem Höhenzug, der die Grenze der städtischen Gerichtsbarkeit bildete, auf Bürgermeister, Ratsleute und andere Würdenträger der Bischofsstadt.345 Im 18. Jahrhundert wurde die Praxis der Einholung fortgeführt, allerdings verringerte sich allmählich der Aufwand: Clemens August von Bayern wurde 1719 an der Landesgrenze lediglich von einer Reitertruppe empfangen, 2009, S. 149: Empfang von Ferdinand Joseph Balthasar Freiherr von Geyr als neuer Herr in der zur Markgrafschaft Franchimont (Fürstbistum Lüttich) gehörigen Herrschaft Andrimont im Juli 1763 „sur les confins de la seigneurie“. 344 Vgl. zum Folgenden Harding 2007, S. 238, 251. 345 Vgl. die Beschreibung des Einzugs von Franz von Waldeck in der zwischen 1564 und 1573 entstandenen Geschichte des Münsteraner Täuferreichs von Hermann von Kerssenbrock: „Omnibus ergo ad hanc rem pertinentibus comparatis ipsa dominic Iubilate, quae fuit 4. Maii, cum instructissimo equitatu Woltbeca egressus, quo pridie eius diei venerat, Monasterium contendit. Clerus primarius circa horam decimam ultra centum ferocissimos equos in expeditionem educens gratulationis causa principi obviam procedit; et cum scholaster nomine capituli felicem illi adventum precatus fuisset, cum suis in urbem redit. Senatus autem coactis e civium numero aliquot equitum turmis circa horam duodecimam ad principem liberum commeatum fide publica eidem addicturus urbe exit. Cum iam viginti circiter stadia ab urbe abesset, in planicie terrae amplissima, quam Geistam appellant, ubi iuxta viam publicam in aedicula quadam statuaria divorum simulachra conservantur, principem opperitur atque ibi in colliculo solenni iureiurando ab illo accepto regreditur“, *Detmer (Hg.) 1899/1900, Bd. 2, S. 406; Übersetzung bei *Kerssenbrock 2007, Bd. 2, S. 426f. Eine ähnliche Beschreibung findet sich für den Einzug Bernhards von Raesfelt in der Chronik Melchior Röchells: „Als ehr nu also gekoren war zum bischofe, worden alle heren und lhenmans verschrieben zu seiner infoert, die anno 1559 den sontagh na Martini (Nov. 12) geschag. Und als ehr quam von der Walbecke, do quamen ihm die burgermeistere, syndicus sampt etzlichen antheren radesverwanten und etzlichen burgeren, so dem rade zu ehren midt auszogen, uf der Geist den midtagh ungeferlich zu moethe riden und hetten en aldar wilkommen, hiermidt waren auch die olter und meisterleuthe“, *Janssen (Hg.) 1856, S. 11. Dieser Grenzabschnitt ist auf einem Gemälde Gerard ter Borchs dargestellt, das den Einzug des niederländischen Gesandten Adriaen Pauw in Münster anlässlich der Verhandlungen zum Westfälischen Frieden zeigt (Münster, Stadtmuseum, um 1646). [Taf. 4] Die Grenze des städtischen Hoheitsbereiches wird durch das an einem Baum befestigte Stadtwappen markiert. Die Forschung vermutet, dass der Einzug Pauws in einer für Gesandte nicht üblichen sechsspännigen Kutsche seinen Anspruch auf eine gleichberechtigte Position neben den Botschaftern souveräner Staaten und damit auch auf die staatsrechtliche Anerkennung der Niederlande verdeutlichen sollte, Kettering 1998, S. 22f., dort auch die ältere Literatur. Dass die Szene auf der Grenze, also genau dort angesiedelt ist, wo regelmäßig Fürsten von der Stadt empfangen wurden, unterstreicht diese These, wurde bislang aber übersehen.

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während Domkapitel, sämtliche Ritterschaft des Stifts und Bürgermeister der Stadt Münster ihn erst an der Stadtgrenze einholten.346 Für Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels erschien 1763 lediglich eine kleine Abordnung von Domkapitel und Ritterschaft an der Bistumsgrenze, die übrigen Vertreter der Stände und der Stadt warteten in Münster selbst. Sein Nachfolger, Maximilian Franz von Österreich, wurde nicht mehr an der Landesgrenze eingeholt.347 Elizabeth Harding vermutet, dass diese Einschränkung des Zeremoniells von landesherrlicher Seite herbeigeführt worden sei, um überflüssigen Aufwand und damit Kosten zu vermeiden, was sich durchaus schlüssig mit der insgesamt aufgeklärten Regierungsweise der beiden Fürsten verbinden lässt.348 Allerdings gaben sie im Zuge ihrer staatlichen Reformmaßnahmen nicht jegliches Zeremoniell umstandslos auf und nutzten, wenn es geboten erschien, weiterhin die Möglichkeiten symbolischer Politik.349 Auf die performative Reproduktion der Territorialgrenze durch die Einholung des neuen Landesherrn konnte aber offenbar verzichtet werden, weil sich das Prinzip räumlicher Herrschaft endgültig durchgesetzt hatte. Diese Annahme lässt sich auf fürstliche Einholungen insgesamt übertragen, wie die zeremonialwissenschaftliche Literatur der Zeit belegt, die im 18. Jahrhundert nur noch gelegentlich („bißweilen“) von Fürsteneinholungen an der Grenze zu berichten weiß. So heißt es etwa 1733 bei Julius Bernhard von Rohr: „Bißweilen werden die frembden Herrschaften, sobald sie an die Grentzen kommen, beneventirt, es werden ihnen Cavaliers entgegen geschickt, die sie mit einem solennen 346 Vgl. die Schilderung im betreffenden Fest-Diarium: „seynd Dieselbe mit Dero Gefolg den 11. Decembris den Lipp=Fluß bey dem Adelichen Hause Rauschenborg passirt/und daselbst durch eine Esquadron des General Nagelschen Regiments zu Pferdt unter Commando des Obristen von Bönninghausen empfangen […]. Den 14. dito seynd Dieselbe unter Begleitung einer ansehentlicher Cortege von dannen [Haus Nordkirchen] gegen Münster auffgebrochen/und wie Sie etwa eine halbe Meil Weges vor der Stadt bey der so genandten Hiltropschen S. AntoniiCapellen in höchster Persohn angelanget/und auß Dero Reise=Wagen in die alda auffgeschlagene Zelte getretten/seynd Ihro Hoch=Fürstl. Durchl. mehrhöchstgedacht unter continuirlicher Abfewrung der Canons rings umb die Stadt Münster/Tromet= und Paucken=Geschall/und dreystündigem Geleut aller Glocken durch die gantze Stadt von dem daselbst sich in corpore eingefundenen Hochwürdigen Thumb=Capitul/und der sämbtlichen Ritterschafft/auch Bürgermeisteren der Stadt Münster als Stättische Deputirten/durch den Syndicum Reverendissimi Capituli, Nahmens der gesampten löbl. Herren Land=Stände/unter einer grossen kunstreich gemachten Zelt/deren alda noch mehrere zu sehen gewesen/die Willkombst Complimenten in unterthänigster Devotion abgestattet“, *Stollberg-Rilinger (Hg.) 2000, S. 203f. 347 Harding 2007, S. 245f. Vgl. auch ebd., S. 251f., zum Verlust städtischer Partizipationsmöglichkeiten am Zeremoniell im Laufe des 18. Jahrhunderts. 348 Harding 2007, S. 245. 349 Vgl. Winterling 1986, passim.

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Compliment annehmen müssen, sie werden auch wohl mit ihrer gantzen Suite defrayirt.“350 Auch bei der Rückreise würden sie „bißweilen […] allenthalben defrayirt, und von denjenigen Ministris, die sie am besten leiden können, biß an die Grentzen wieder begleitet.“351 Gängiger war aber offenbar, „wenn sie die Grentzen eines Landes, dessen Regente ihnen so viel Höflichkeit auf ihrer Reise angethan, verlassen“, ein Schreiben abzusenden oder einen Diener zurückzuschicken, um sich auf diese Weise „bey dem Besitzer des Landes auf das freundlichste vor dieses civile Tractament [zu] bedancken.“352 Für das 19. Jahrhundert hat Johannes Paulmann festgestellt, dass die erste Begrüßung bei Monarchenbesuchen regelmäßig durch eine Abordnung an der Grenze stattfand.353 Er sieht hierin eine Veränderung gegenüber der frühneuzeitlichen Praxis, die er freilich nur für das 18. Jahrhundert überblickt, wo – wie dargelegt – tatsächlich ein Rückgang der Einholungspraxis zu beobachten ist. Offenbar wurde im Zuge der Nationalstaatsgründungen des 19. Jahrhunderts eine Form der symbolischen Markierung von Grenzen als notwendig erachtet, die im Laufe des 18. Jahrhunderts aufgrund der räumlichen Konsolidierung der Territorien abgeschafft worden war. 3.3 Zwischenfazit Die vorangehenden Ausführungen haben die große und bis in das 18. Jahrhundert anhaltende Bedeutung symbolischer Markierungen im Feld bei territorialen Grenzziehungen und der performativen Reproduktion von Grenzen aufgezeigt. Dies ist insofern bemerkenswert, als mit den verbalen Beschreibungen und den materiellen Markierungen im Feld, sofern diese auf vertraglicher Basis zwischen den Grenzanrainern angelegt bzw. aufgestellt worden waren, nach heutigem Rechtsverständnis der Grenzverlauf hinreichend dokumentiert und rechtlich 350 *Rohr 1990, S. 363 (Teil 2, Kap. 2, § 13). Vgl. auch ebd., S. 624 (Teil 3, Kap. 5, § 30): „Es geschieht auch wohl, daß die Fürstliche Herrschafft mit ihrer sämmtlichen Hofstatt einer frembden Herrschafft entgegen fährt, und ihre Trouppen mit ihrer bey sich habenden Artillerie an demjenigen Ort zu Parade führet, wo sie die frembde Herrschafft mit ihrer Entgegenkunfft beehren wollen. So bald sie nun der frembden Fürstlichen Kutsche von ferne ansichtig werden, muß die Cavallerie und Infanterie vom lincken Flügel das erste Feuer geben. Nach geschehener Conjunction beyder Herrschafften wird bey dem Einsitzen und Abfahren das andere Feuer auf dem rechten Flügel gegeben, welchem sogleich das dritte Feuer auf beyden Flügeln nachfolget. Alsdenn rücken die frembden Herrschafften in die Ordnung des Einzuges mit ein.“ 351 *Rohr 1990, S. 363 (Teil 2, Kap. 2, § 13), 369 (ebd., § 26). 352 *Rohr 1990, S. 131 (Teil 1, Kap. 9, § 13). 353 Paulmann 2000, S. 219.

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abgesichert war. Es ist ein Charakteristikum der Vormoderne, dass performativen, die Wirklichkeit stets aufs Neue reproduzierenden Akten eine dem Schriftlichen und Materiellen gleichwertige, wenn nicht sogar übergeordnete Bedeutung zukam. So erklärt sich auch die regelmäßige Wiederholung des Rituals der Grenzbereitung sowie die wiederkehrende Inszenierung der Grenze als Trennungslinie zwischen Konfliktparteien und Verhandlungspartnern. Insgesamt lässt dieser Umgang mit dem Symbolischen darauf schließen, dass der Wirksamkeit der Schrift, eine Norm schon dadurch in ihrer Geltung aufrechtzuerhalten, dass sie sie dauerhaft speichert, noch relativ wenig Vertrauen geschenkt wurde, so dass es vielmehr sicherer erschien, die Geltung der eigenen Ansprüche bei jeder Gelegenheit durch symbolisch-rituelle Akte und teilnehmende Augenzeugen bekräftigen zu lassen.354

Es ist mit Blick auf das System vormoderner Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen allerdings zu betonen, dass die symbolische Grenzmarkierung nicht für sich stand, sondern eng mit der verbalen Beschreibung und der materiellen Markierung verknüpft war. Die regulären Umgänge und die außerordentlichen Inszenierungen von Herrschaft nahmen Bezug auf die vorhandenen Grenzmarkierungen im Feld. Und bei aller Sinnhaftigkeit und performativen Kraft symbolischer Kommunikation spielte neben der ephemeren Inszenierung die Verschriftlichung entsprechender Vorgänge eine signifikante Rolle. Die oben genannten Weistümer, die über symbolische Formen von Grenzmarkierungen berichten, und die gelegentlich überlieferten Karten, die entsprechende Handlungen bildlich dokumentieren, sind hier ebenso aussagekräftige Belege wie die zahllosen verbalen Beschreibungen von Grenzen, die die Umgänge Schritt für Schritt und Grenzstein für Grenzstein nachvollziehen und damit nicht nur die Relevanz dieses Verfahrens bestätigen, sondern zugleich konkrete Handlungsanweisungen für den nächsten Grenzgang fixieren.

354 Stollberg-Rilinger 2010, S. 24.

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4. Vermessung und Kartierung Karten bilden nicht nur ab, sondern konstruieren und projektieren Räume und machen so aus Räumen erst Territorien. Karl Schlögel 355

Die drei genannten Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen bildeten in ihrer wechselseitigen Bezogenheit ein System, das bei allen territorialen Grenzziehungen seit dem Mittelalter eingesetzt wurde. Die kartographische Darstellung von Grenzen, die neben der verbalen Beschreibung als weitere Syntheseleistung im Sinne von Löw verstanden werden kann,356 begegnet ebenfalls bereits im Spätmittelalter, wurde aber erst im Laufe der Frühen Neuzeit vollständig in das beschriebene System integriert. Die entsprechende Entwicklung hängt eng mit jenen technischen Innovationen des 16. Jahrhunderts zusammen, die in einem späteren Kapitel näher betrachtet werden.357 Gleichwohl erscheint es sinnvoll, zunächst für das Mittelalter die kartographische Verortung von Herrschaft und die politische Instrumentalisierung von Karten sowie die ersten Ansätze zur Vermessung territorialer Grenzen zu analysieren, denn die in dieser Zeit entwickelten Formen und Verfahren überdauerten vielfach bis in die Frühe Neuzeit. Aufgrund der recht spärlichen und insbesondere im Reich vergleichsweise spät einsetzenden Überlieferung ist dabei ein gesamteuropäischer Blick notwendig.358 4.1 Mittelalterliche Universalkartographie Bereits seit dem frühen Mittelalter war der Besitz von Karten mit Herrschaft konnotiert. Die ‚mappae mundi‘ waren bis in das 14. Jahrhundert Mittel der höfischen Repräsentation, dann auch städtischer Selbstdarstellung.359 Sie „dienten eingebunden in komplexe bildlich konzipierte Interieurs dazu, an höfischen und bürgerlichen Orten der Repräsentation Herrschaft in heilsgeschichtliche und politische 355 Schlögel 2003, S. 13. 356 Vgl. hierzu Löw/Steets/Stoetzer 2007, S. 67f. 357 Vgl. unten Kap. III („Wissenschaftliche Innovation und räumliche Herrschaftsrepräsentation in der Frühen Neuzeit“). 358 Zur Entwicklung der mittelalterlichen Kartographie allg. vgl. u. a. Harley/Woodward (Hg.) 1987; Brincken 1988; Lindgren 1991; Brincken 2008; sowie für unseren Zusammenhang Gautier Dalché 1992; Gautier Dalché 1996. 359 Vgl. allg. Brincken 1988, S. 23–38; das wohl bekannteste Beispiel einer großformatigen ‚mappa mundi‘ ist die Ebstorfer Weltkarte (13. Jh.); vgl. Faksimile und ausführlichen Kommentar bei *Kugler (Hg.) 2007; zur Karte vgl. auch Englisch 2002, S. 468–495; Englisch 2006a.

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Ordnungsvorstellungen einzubauen, und auf diese Weise Herrschaftswissen in Szene zu setzen und Herrschaft im Raum zu legitimieren.“360 Ein Sinnbild für diese Funktion mittelalterlicher Weltkarten findet sich als Rahmenillustration auf der im späten 13. Jahrhundert entstandenen Hereford-Karte. In deren linker unterer Ecke ist Kaiser Augustus dargestellt, der die griechischen Landmesser Nichodoxus, Theodocus und Policlitus auffordert, die Welt zu bereisen und dem Senat über die Kontinente zu berichten, genauer deren Dimensionen zu vermessen.361 Während erste Belege für das Repräsentieren mit Karten bereits für Papst Zacharias, Karl den Großen und Bischof Theodulf von Orléans vorliegen,362 scheint die kartographische Darstellung von Herrschaft über Raum seit dem 12. Jahrhundert im Rahmen gelehrter Konzeptionen herrschaftlicher Repräsentation entwickelt worden zu sein. Zu nennen sind unter anderem die komplexen Bild-Text-Programme des „Liber Floridus“ des Lambert von St. Omer von ca. 1120 oder des „Liber ad honorem Augusti sive de Rebus Siculis“ des Petrus von Eboli von ca. 1195–1197, die in verschiedenen Miniaturen mit Weltkarten und Darstellungen des Globus arbeiten, um den übergeordneten Herrschaftsanspruch des Kaisers, dessen göttliche Legitimation sowie die konkrete Herrschaft durch Amtsträger und Fürsten zu repräsentieren.363 Seit dem 13. Jahrhundert wurden diese Konzepte verstärkt auf größere Flächen, nämlich ganze Wände projiziert: Das ‚Painted Chamber‘ in Westminster Palace in London und die Große Halle in Winchester Castle aus der Mitte des 13. Jahrhunderts waren ebenso mit Weltkarten ausgestattet wie die ‚Sala del Mappamondo‘ im Palazzo Communale in Siena und vermittelten auf diese Weise einen Herrschaftsanspruch über den Raum respektive die Welt.364 In Westminster war die Karte gegenüber dem königlichen Bett, in Winchester gegenüber dem Thron 360 Stercken 2006, S. 136–139, das Zitat S. 139. Ausführlich hierzu jetzt Stercken 2010; Stercken 2011; vgl. auch die Beispiele für Kartenbesitz mittelalterlicher Herrscher bei Englisch 2002, S. 79; Seng 2003, S. 20; Morse 2007, S. 35f. 361 „Ite in orbem universum, et de omni eius continencia referte ad Senatum. Et ad istam confirmandam, huic scripto sigillum meum apposui“, Hereford, Kathedrale, Hereford-Karte; zit. nach Westrem 2001, S. 9 und Abb.; außerdem Englisch 2002, S. 454; Stercken 2010, S. 109f. mit Abb. In einer früheren Darstellung dieser Szene im „Liber Floridus“ des Lambert von St. Omer ist Augustus mit einer Weltkarte dargestellt, auf die Vermessung des römischen Reiches wird im Text verwiesen, Stercken 2010, S. 107f. mit Abb. Zur Hereford-Karte vgl. ausführlich Westrem 2001; außerdem Englisch 2002, S. 450–467. 362 Brincken 1968, S. 128; Stercken 2010, S. 99f. 363 Stercken 2010, S. 100–111. 364 Stercken 2010, S. 111f. Zum ‚Painted Chamber‘ und der dortigen Karte vgl. ausführlich Birkholz 2004, S. 3–43; die einschlägige Monographie von Binski 1986 ignoriert die Karte dagegen fast vollständig, vgl. ebd., S. 44; zur Karte in Siena Kupfer 1996; Wesselow 2000.

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und damit jeweils in der direkten Blickachse des Monarchen situiert, „the world was thereby offered up to his domination, his execution of judicial kingship.“365 In Siena nahm diese Position die Jungfrau Maria auf dem Gemälde Simone Martinis von 1315 ein, deren Obhut sich die Stadt vor der Schlacht von Monteperti 1260 anvertraut hatte.366 Die von Ambrogio Lorenzetti 1345 ausgeführte Karte auf der gegenüberliegenden Wand war eine drehbare Radkarte, die interessanterweise nicht nur die Welt im Sinne einer ‚mappa mundi‘ zeigte und damit abstrakte Herrschaftsansprüche visualisierte. Vielmehr konkretisierte sie dieselben, indem sie eine Darstellung des ‚contado‘ von Siena in das Zentrum rückte und die übrige Welt entsprechend anordnete. Ergänzt wurde diese prominente Inszenierung des städtischen Herrschaftsbereichs durch die an derselben Wand befindlichen Veduten der Siena unterworfenen Städte.367 Diese kartographische Darstellung von räumlicher Herrschaft am zentralen Ort des politischen Geschehens ist insofern interessant, als Siena seit dem 13. Jahrhundert die Verwaltung seines ‚contado‘ intensiviert hatte und in diesem Zusammenhang unter anderem das Land von ‚mensuratores‘ vermessen sowie seine politischen und administrativen Grenzen markieren ließ.368 Die Repräsentation von räumlicher Herrschaft mittels einer (Welt-)Karte spiegelt in diesem Fall also sehr konkrete Aktivitäten der herrschaftlichen Raumdurchdringung. In der Regel werden territoriale Ansprüche auf mittelalterlichen Weltkarten allerdings nicht konkretisiert. Immerhin zeigen sie zumindest teilweise auch politische bzw. landsmannschaftliche Einheiten.369 Diese sind in der Regel recht pauschal durch die verbale Bezeichnung der betreffenden Region verortet, wobei zunächst auf die antike Terminologie zurückgegriffen wurde,370 seit dem Hochmittelalter Zur weiteren Entwicklung dieser Form der Repräsentation mit Karten vgl. unten Kap. III.3 („Kartographie“). 365 Kupfer 1996, S. 302. Birkholz 2004, S. 8, vermutet, dass die Karte im ‚Painted Chamber‘ hinter dem Bett aufgehängt war, was ihr eine ebenfalls herausragende Position in Verbindung mit dem König eingeräumt hätte, an der ideologischen Aussage aber nicht viel ändert. 366 Siena, Palazzo Communale; vgl. Kupfer 1996, Abb. S. 300. 367 Kupfer 1996, S. 292, 302–305. 368 Vgl. ausführlich Redon 1994, insb. S. 91–120, zu Vermessungen S. 161–164, 170, 172; zur Grenze gegen Florenz S. 187–220; außerdem Michalsky 2006, S. 256–260. 369 Vgl. Reichert 1998, S. 20–29; Stercken 2006, S. 144–147. Zur Darstellung geographischen und topographischen Wissens in den ‚mappae mundi‘ insg. vgl. u. a. Brincken 1968; Englisch 2003; Englisch 2006b; Englisch 2007. 370 Vgl. als ältestes Beispiel die vatikanische Isidorkarte aus dem späten 8. Jahrhundert, die die mit Namen bezeichneten Regionen mit Linien separiert; Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 6018, fol. 64v–65r; vgl. Englisch 2006b, S. 53f., Abb. S. 60f. Vgl. außerdem den Überblick bei Brincken 1968, S. 137–142.

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aber auch zunehmend aktuelle Benennungen hinzukamen.371 Gelegentlich finden sich aber auch verbale Grenzmarkierungen. So enthalten verschiedene Karten des im späten 8. Jahrhundert entstandenen Beatustyps die Inschrift „Hic finis Asiae, hic caput Garope“ als Markierung der Grenze zwischen Asien und Europa.372 Die Sawley-Weltkarte des Heinrich von Mainz aus dem 12. Jahrhundert benennt die Grenze zwischen Dänen und Sachsen („terminus Danorum et Saxonum“).373 Die Bemerkungen „incipit regnum Catay“ auf der Weltkarte Pietro Vescontes von ca. 1320 oder entsprechend „açi finis catayo“ auf dem Katalanischen Welt-Atlas von ca. 1375 beziehen sich auf die Westgrenze Chinas.374 Die Borgia-Karte von ca. 1430 weist an verschiedenen Stellen in Ostmitteleuropa auf die Grenze zwischen Christen und Heiden hin.375 Darüber hinaus finden sich graphische Markierungen: Ein sehr frühes Beispiel ist die „Angelsächsische Weltkarte“ oder „Cottonia“ (Ende 10. Jahrhundert), in der römische Provinzen und antike Reiche mit Linien markiert werden.376 Man orientierte sich hier wie auch in anderen Karten an der antiken Geographie, eine zeitgemäße Aktualisierung fand nicht statt. Dies betrifft freilich auch noch die Karten, die auf der Grundlage der um 1300 in Konstantinopel wiederentdeckten und im späten 14. Jahrhundert nach Westeuropa gelangten „Geographike Hyphegesis“ des Claudius Ptolemäus entstanden.377 Sie „wimmeln zwar geradezu von durchgezogenen und gepunkteten Provinzial- und Reichsgrenzen in roter Farbe; sie meinen jedoch die griechisch-römische, nicht

371 So findet sich in der Sawley-Karte aus dem 12. Jahrhundert u. a. „Russia“, außerdem der Hinweis auf Friesen, Dänen und Sachsen; Cambridge, Corpus Christi College, Ms. 66; vgl. Englisch 2006b, S. 57 (Zitat), Abb. S. 65. Einen hervorragenden Überblick bieten die Tabellen bei Brincken 1968, S. 163f., die die wichtigsten europäischen Regionen und deren Nennung auf den ‚mappae mundi‘ verzeichnen; vgl. auch die zusammenfassenden Bemerkungen ebd., S. 169–171; außerdem die detaillierten Namenslisten bei *Miller 1895/96, Bd. 1, S. 43–48; Bd. 3, passim; Bd. 4, S. 10–23; Bd. 5, S. 11–31. 372 Edson 2008, S. 182. 373 Cambridge, Corpus Christi College, Ms. 66; vgl. Englisch 2006b, S. 58 (Zitat), Abb. S. 65. 374 Paris, BNF, ESP 30; vgl. Reichert 1998, S. 20f. (Zitate). Für die Abb. vgl. *Freiesleben (Hg.) 1977. 375 Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Borgiano XVI; vgl. Iwańczak 2006, S. 671; Schmieder 2012, S. 261–263, Abb. S. 262. 376 London, British Library, Ms. Cotton Tiberius B V, fol. 58r; vgl. Reichert 1998, S. 21f. mit Abb. Vgl. zur Karte insg. Englisch 2002, S. 245–258, die entgegen der früheren Forschung vermutet, dass die Linien „eher ideell, nicht in Form tatsächlicher Grenzen zu verstehen sein dürften“ (S. 249), dies aber nicht begründet. 377 Vgl. zu Ptolemäus und seiner Bedeutung für die Kartographiegeschichte unten Kap.  III.3.1 („Die Regionalisierung der Kartographie in der Frühen Neuzeit“).

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die Staatenwelt des ausgehenden Mittelalters.“378 Erst in den seit 1466 entstandenen Bearbeitungen des Nicolaus Germanus und den daran orientierten Ausgaben ist diesbezüglich ein Wandel erkennbar. In den „tabulae modernae“, die die antiken Karten ergänzten, markierte er die aktuellen politischen Grenzen mit einer rot gepunkteten Linie.379 Ein Vorläufer dieser Praxis ist mit der 1427 als erste ‚moderne‘ Karte überhaupt in ein Ptolemäus-Manuskript aufgenommenen Skandinavienkarte des dänischen Klerikers Claudius Clavus greifbar, die die drei Königreiche der skandinavischen Union mit schematischen Grenzlinien voneinander scheidet.380 Gleiches gilt für die berühmten Trier-Koblenzer Fragmente, die um 1437 im Zusammenhang mit der Abschrift von Ptolemäus’ „Geographia“ im Stift Klosterneuburg (Niederösterreich) entstanden.381 Grenzlinien finden sich hier

378 Reichert 1998, S. 23; vgl. zur Darstellung der Grenzen auf den Ptolemäus-Karten detailliert *Ptolemaios 2006–2009, Bd. 3, S. 57f.; Mittenhuber 2009, S. 93, 170, 227, 283. In ähnlicher Weise wurde in Gebietsstreitigkeiten auf antike geographische Texte zurückgegriffen, wie die Beispiele für das 13.–15. Jahrhundert bei Gautier Dalché 1996, S. 96–99, zeigen: In einem Streit zwischen den Erzbischöfen von Toledo und Tarragona um die Zugehörigkeit der Diözese Valencia im Jahre 1239 berief man sich u. a. auf Plinius’ d. Ä. „Historia naturalis“ und Isidor von Sevillas „Etymologiae“; im Streit um die Zugehörigkeit des Val d’Aran zwischen Frankreich und Aragon argumentierte die französische Seite zu Beginn des 14. Jahrhunderts zum einen mit der Gleichsetzung des ‚regnum Franciae‘ mit dem ‚regnum Galliarum‘, um die antiken Grenzen Galliens für Frankreich geltend zu machen, und zum anderen mit der auf Isidor zurückgehenden Definition der Wasserscheide der Pyrenäen als Grenzlinie zwischen ‚Gallia‘ und ‚Hispania‘; ein entsprechender Rückgriff auf die geographischen Gegebenheiten der Antike findet sich auch in der Diskussion um die Zuordnung der Teilnehmer zu den vier Nationen auf dem Konstanzer Konzil 1416. Interessant ist darüber hinaus die Auseinandersetzung zwischen Portugal und Kastilien betreffend die Hoheitsrechte über die Kanarischen Inseln im Jahre 1436, denn hier argumentierte die kastilische Seite mit antiken Texten, nämlich wiederum Isidors „Etymologiae“, aus denen hervorgehe, dass Mauretanien und damit die Kanaren dem Westgotenreich zugehörten, was die spanischen Ansprüche rechtfertige. Demgegenüber brachte die portugiesische Seite eine aktuelle Portolan-Karte („carta marina“) bei, die die geographische Nähe der Kanaren zu Portugal beweisen sollte. 379 Vgl. etwa *Ptolemaeus 1482, fol. 106v–107r (Königreiche von Portugal, Navarra, Granada, Aragon und Kastilien); hierzu Gautier Dalché 1996, S. 104–106. 380 Nancy, Bibliothèque municipale, Ms. 441 [354], fol. 184v–185r; vgl. Katajala 2011, S. 74f.; in späteren Ptolemäus-Ausgaben werden die Grenzen der skandinavischen Königreiche lediglich als Gebirgsketten angegeben, ebd. S. 75. Zur Karte insg. vgl. Mead 2007, S. 1782–1785 mit Abb. 381 Koblenz, Landeshauptarchiv, Best. 117, Nr. 621; Trier, Stadtbibliothek, Fragmente Mappe V; vgl. grundlegend Durand 1952, S. 145–159, Abb. Taf.  VIII–IX; sowie jetzt *Meurer (Bearb.) 2001, S. 33–38 mit Abb.; zu den Grenzlinien Durand 1952, S. 84, 150, 152; außerdem bereits Wolkenhauer 1910, S. 23, 29f.

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sowohl auf den ptolemäischen als auch auf den modernen Karten, wo sie einerseits die antiken Provinzgrenzen und andererseits aktuelle Grenzen vorstellen.382 Ein solcher Reflex auf zeitgenössische Herrschaftsverhältnisse findet sich bereits sehr viel früher auch auf der Europakarte des „Liber Floridus“ des Lambert von St. Omer von ca. 1120 (Taf. 5).383 Es handelt sich um den Viertelausschnitt einer ‚mappa mundi‘ des Macrobius-Typus. Dargestellt ist der europäische Kontinent, gegliedert durch Meer und Flüsse sowie versehen mit Regionsbezeichnungen. Auffällig sind die roten Linien, die drei distinkte Räume eingrenzen: zum einen das Reich („Germania“ mit „Alemania“, „Saxonia“, „Suevia“, „Histria“, „Baioaria“), entlang des Rheins davon geschieden Frankreich („Gallia“, „Burgundia“ und „Aquitania“ mit „Neustria“, „Morini“, „Flandria“ und dem „Mons Pyreneus“) und schließlich Italien („Italia“ mit „Etruria“, „Ymbria“, „Sabinia“, „Apulia“, „Campania“, „Lavinia“, „Tuscia“ und dem „Mons Jovis“). Lambert selbst erläutert hierzu in seiner Einleitung: „Regna uero que sunt colore rubeo circumscripta ad Roma­ norum Francorumque pertinent imperium.“384 Albert Derolez hat in der Karte eine Illustration des Kapitels zu den fränkischen Reichsteilungen gesehen,385 was allerdings aufgrund des Fehlens des Mittelreichs Lothars nicht überzeugt. Dagegen vermutet Claudius Sieber-Lehmann, dass Lambert in der Karte die politischen Verhältnisse seiner, vom Investiturstreit geprägten Zeit interpretierte. Die kaiserkritische bzw. -feindliche Haltung des „Liber Floridus“ spiegele sich in der Aufwertung der in der Karte deutlich hervorgehobenen ‚regna‘.386 Was auch immer Lamberts Intention bei der Anfertigung der Karte war – festzuhalten ist 382 Auf dem Koblenzer Mittelosteuropa-Fragment finden sich recht geradlinig-schematische Linien, die vermutlich die Grenzen Pommerns, Preußens, Polens, Böhmens, Schlesiens usw. bezeichnen, vgl. die Umzeichnung bei Durand 1952, Taf. VIII; auf dem Koblenzer Westeuropa-Fragment lassen sich verschiedene Linien ausmachen, die allerdings bislang noch nicht territorial genauer verortet werden konnten. Neben Landschaftsnamen, wie „Westfalia“ oder „Franconia“ sind auch Namen politischer Entitäten, wie „Gelria“ oder „Cleveij“ markiert. 383 Gent, Universiteitsbibliotheek, Ms. 92, fol. 241r; vgl. das Faksimile von *Derolez (Hg.) 1968, Abb. S. 481; außerdem Lecoq 1987, S. 28–37; Sieber-Lehmann 1996 mit Abb. S. 83. Hingewiesen sei hier nur am Rande auf die Itinerar- und Palästinakarten von Matthaeus Parisiensis, die zwar keine Grenzen zeigen, jüngst aber ebenfalls als zeitgenössische Kartierungen dynastisch-territorialer Situationen interpretiert wurden: Sie stellten eine Möglichkeit dar, die „aus englischer Sicht dynastischen, politischen und territorialen Interessengebiete seiner [Matthaeus’] Zeit, die sich in der Person Richards von Cornwall konzentrieren, miteinander zu verbinden“, ohne sie aber zwingend dem Königshof als Adressaten oder gar Auftraggeber zuzuweisen, Weiss 2008, S. 263. 384 Zit. nach Sieber-Lehmann 1996, S. 84. 385 Derolez 1978, S. 402, und erneut Derolez 1998, S. 151f.; so auch Lecoq 1987, S. 34f. 386 Sieber-Lehmann 1996, S. 85.

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in jedem Fall, dass er hier verschiedene europäische Herrschaftsräume mit Grenzlinien separierte. Dabei rekurrierte er einerseits auf natürliche Grenzen (Rhein, Alpen, Pyrenäen) und zog andererseits dort, wo sich solche nicht fanden, eine leicht gebogene Linie durch das Terrain, die nur mithilfe der Bezeichnung der Regionen dies- und jenseits der Grenze genauer zu verorten ist. Auch wenn diese Grenzziehung recht willkürlich anmutet, zeugt sie doch von dem Bestreben, den Raum zu gliedern und durch Begrenzung zu konkretisieren. Noch etwas konkreter und näher an den tatsächlichen Gegebenheiten, wenngleich auch nur bedingt aus der Anschauung gewonnen, sind kartographisch markierte Grenzen in Form von Hügelketten. Prominentestes Beispiel hierfür ist die Darstellung der Grenzen des Königreichs Böhmen, die spätestens seit dem Ende des 15. Jahrhunderts geradezu standardisiert als Hügelkette dargestellt wurden (Abb. 5).387 Die Wahrnehmung der böhmischen Grenzen als fortlaufender Gebirgszug geht auf die böhmische Chronik Cosmas’ von Prag aus dem frühen 12. Jahrhundert zurück.388 Aufgegriffen und tradiert wurde das Bild nicht nur 387 Vgl. u. a. Martellus, Henricus: Cusanus-Karte, ca. 1490 (Chantilly, Musée Condé, MS. 698/483, fol. 127v–128r); vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 79, Abb. Taf. 1,2; Etzlaub, Erhard: Romweg-Karte, Nürnberg: Jörg Glogkendon um 1500; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 143–145, Abb. Taf. 2,1; Etzlaub, Erhard: Landstraßen-Karte, Nürnberg: Jörg Glogkendon 1501; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 148–150, Abb. Taf. 2,3; Waldseemüller, Martin: Tabula moderna Germanie, Straßburg: Johann Schott 1513; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 160–162, Abb. Taf. 2,5; Germanus, Nicolaus: Cusanus-Karte (Eichstätt-Karte 1491), Basel: Andreas Cratander 1530; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 103–105, Abb. Taf. 1,3; Münster, Sebastian: Germania-Karte der Ptolemäus-Ausgabe und Kosmographie, Basel: Heinrich Petri 1540; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 192–197, Abb. Taf. 2,11; Ortelius, Abraham: Regni Bohemiae Descriptio, Antwerpen: Egidius Coppens van Diest 1570; vgl. Semotanová 2004, Abb. S. 92f.; Mercator, Gerhard: Germaniae tabulae geographicae, Duisburg: Gerhard Mercator 1585; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 380f., Abb. Taf. 7,1; Jode, Cornelius de: Germania totius nostrae Europae celeberrimae regionis, descriptio singularis, Antwerpen: Witwe und Erben Gerard de Jode 1593; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 351– 353, Abb. Taf. 6,5; Janssonius, Joannes: Nova Germaniae Descriptio, Amsterdam: Joannes Janssonius 1616; *Meurer (Bearb.) 2001, S. 462f., Abb. Taf. 8,25; Osten, Carl Heinrich von den: Amore Pacis. Geographische Carten von gantz Teutschlandt […], Frankfurt a. M.: Matthäus Merian 1648; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 479–481 mit Abb. Vgl. auch die Beispiele bei Reichert 1998, S. 26f.; sowie die Abb. bei *Meurer (Hg.) 1984b; Zögner 1996. Ein Waldgürtel findet sich dagegen bei Claudianus, Nicolaus: Karte von Böhmen, Nürnberg: Hieronymus Höltzel 1518; vgl. Harvey 1980, Abb. S. 24; Semotanová 2004, Abb. S. 90f.; Stumpf, Johannes/Vogtherr, Heinrich d. Ä.: Germania, Tütschland, Zürich: Christoph Froschauer 1548; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 202, Taf. 2,12. 388 Reichert 1998, S. 26f.; Ziegler 1998, S. 119. Vgl. zu den ‚natürlichen‘ Grenzen Böhmens auch Dobiáš 1963.

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Abb. 5: Etzlaub, Erhard: Romweg-Karte, Nürnberg: Jörg Glogkendon um 1500, kolorierter Holzschnitt, 36 x 29 cm (München, BSB, Rar. 287, fol. 331a r).

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in der Kartographie, sondern auch in den spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Landesbeschreibungen, etwa eines Aeneas Silvius Piccolomini.389 Ähnlich wie bei den Ptolemäus-Karten bestimmte also nicht die unmittelbare Anschauung die Darstellung, sondern der Rückgriff auf eine Autorität. Wichtiger als lineare Abgrenzungen politischer Entitäten in Form von verbalen und graphischen Markierungen ist für die mittelalterliche Universalkartographie die Verwendung von Herrschaftssymbolen, etwa Wappen, Kronen, Flaggen oder auch figürlichen Darstellungen, die neben oder anstelle von verbalen Gebietsbezeichnungen auftreten.390 Die Idee einer Verbindung von Wappen und Karten zur repräsentativen Darstellung von räumlicher Herrschaft findet sich bereits im ‚Painted Chamber‘ des Westminster Palace in London aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, wo neben einer Weltkarte auch Wappenschilde König Heinrichs  III. von England und seines Bruders Richard von Cornwall einen Teil der Dekoration bildeten.391 In der Kartographie begegnen heraldische Embleme erstmals auf einer Portolan-Karte des Giovanni Maura da Carignano von ca. 1320.392 Ebenfalls in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts finden sich Flaggen als Herrschaftszeichen, so etwa im Atlas von Pietro Vesconte von 1321.393 Ein herausragendes Beispiel für die Verbindung unterschiedlicher Herrschaftssignaturen stellen die Karten des Katalanischen Atlas von ca. 1375 dar. Mit Wappenfahnen und Herrschergestalten werden hier Räume definiert, „aber keineswegs konfiniert“.394 Ein Beispiel 389 Vgl. unten Kap. III.2 („Landesbeschreibung und Staatenkunde“). 390 Vgl. Brincken 1978; Kupčik 2003; Delano-Smith 2007, S. 566f.; nur beiläufig erwähnt werden Herrschaftssymbole bei Brincken 1970, S. 346. 391 Birkholz 2004, S. 20. 392 Florenz, Archivio di Stato, Sign. 6. N. 2 (Kriegsverlust); vgl. Brincken 1978, S. 419–422 mit Abb.; Kupčik 2003, S. 72. 393 Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 2972; vgl. Brincken 1978, S. 417–419; Kupčik 2003, S. 71. Jüngst hat Billion 2012 die Aktualität der Herrschaftszeichen auf den Portolan-Karten des 14. und 15. Jahrhunderts unterstrichen, die die tatsächlichen politischen Verhältnisse der Zeit repräsentierten. Herrschaftsräume würden durch die Kennzeichnung von Städten mit identischen Flaggen gekennzeichnet. Bis 1440 bildete sich allerdings ein fester Kanon an Zeichen heraus, der die „Herrschaftszeichen unabhängig von den sich wandelnden politischen Verhältnissen tradiert“, ebd. S. 251. 394 Paris, BNF, ESP 30; vgl. das Faksimile *Freiesleben (Hg.) 1977; außerdem Brincken 1978, S. 424f.; Reichert 1998, S. 24 (Zitat). Diese Tradition der figurativen Markierung setzt sich auf den handgezeichneten Portolanen im 15. Jahrhundert und teilweise darüber hinaus fort; vgl. u. a. Valseca, Gabriel: Portolankarte, 1439 (Barcelona, Museu Maritim; Cavallo [Hg.] 1992, Bd. 1, Abb. S. 435); Anonym (katalanisch?): Portolankarte, ca. 1450–1460 (Modena, Biblioteca Estense e Universitaria, C.G.A.1; Cavallo [Hg.] 1992, Bd. 1, Abb. S. 496f.); Pareto, Bartolomeo: Portolankarte, um 1455 (Rom, Biblioteca Nazionale Centrale Vittorio Emanuele II, Cart. naut. 1; Cavallo [Hg.] 1992, Bd. 1, Abb. S. 314f.); Anonym (genuesisch?):

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für die Markierung von politischen Entitäten durch Herrschergestalten aus dem deutschsprachigen Raum ist die nach dem herkömmlichen TO-Schema gestaltete Weltkarte in der 1475 in Lübeck gedruckten Enzyklopädie „Rudimentum noviciorum“.395 Die erste erhaltene Darstellung der Erde in Kugelform, der von Martin Behaim für den Nürnberger Rat 1492 angefertigte Globus, zeigt Fahnen als Herrschaftssignaturen.396 Die Kontinuität solcher symbolischer Markierungen von Herrschaftsräumen auf Karten bis in die Frühe Neuzeit wird unten noch weiter ausgeführt.397 Hingewiesen sei aber bereits hier auf die berühmte Weltkarte von Martin Waldseemüller von 1507, deren Zeichengebung in der sie begleitenden „Cosmographiae introductio“ von Matthias Ringmann erläutert wird: So wie die Bauern ihre Felder gegeneinander abgrenzten, hätten die Autoren sich bemüht, die Länder mit den Insignien der Herren zu kennzeichnen. Mitteleuropa sei mit römischen Adlern markiert, Europa als Ganzes mit dem Schlüssel des Papstes. Afrika und ein Teil Asiens seien mit dem Halbmond, Kleinasien mit einem Kreuz mit Brandeisen als Zeichen des türkischen Sultans, Skythien und Sarmatien mit Ankern als Herrschaftszeichen des großen Tartaren und Indien mit dem roten Kreuz des Priesterkönigs Johannes gekennzeichnet. Der vierte Kontinent, also das neu entdeckte Amerika, sei mit den Emblemen der Könige Kastiliens und Portugals versehen.398 In der Tat finden sich diese Elemente auf der Karte, hinzu kommen Portolankarte, um 1457 (Florenz, Biblioteca Nazionale Centrale, Port. 1; Cavallo [Hg.] 1992, Bd. 1, Abb. S. 492f.); Bertran, Jaime: Portolankarte, 1482 (Florenz, Archivio di Stato, Cart. naut. 7; Cavallo [Hg.] 1992, Bd. 1, Abb. S. 436f.); ders.: Portolankarte, um 1489 (Florenz, Biblioteca Marucelliana; Cavallo [Hg.] 1992, Bd. 1, Abb. S. 318f.); Canepa, Albino: Portolankarte, um 1480 (Rom, Società Geografica Italiana; Cavallo [Hg.] 1992, Bd. 1, Abb. S. 322f.); Benincasa, Grazioso: Portolankarte, 1482 (Bologna, Biblioteca Universitaria, Rot. 3; Cavallo [Hg.] 1992, Bd. 1, Abb. S. 356f.); Maggiolo, Vesconte: Portolankarte, um 1512 (Parma, Biblioteca Palatina, Ms. 1614; Cavallo [Hg.] 1992, Bd. 1, Abb. S. 337); ders.: Portolankarte, 1535 (Turin, Archivio di Stato, Biblioteca Antica J. B. III.18; Cavallo [Hg.] 1992, Bd. 1, Abb. S. 340f.); ders./Maggiolo, Giovanni Antonio: Portolankarte, 1525 (Parma, Biblioteca Palatina, Ms. 1623; Cavallo [Hg.] 1992, Bd. 1, Abb. S. 350f.); Maggiolo, Giacomo: Portolankarte, 1561 (Genua, Civico Museo Navale Villa Doria, N.I.M.N. 3372; Cavallo [Hg.] 1992, Bd. 1, Abb. S. 354f.). Entsprechende Herrschaftssignaturen begegnen noch im 17. Jahrhundert: Monno, G. Francesco: Portolankarte, 1633 (Genua, Biblioteca Universitaria, F. VII. 4; Cavallo [Hg.] 1992, Bd. 1, Abb. S. 346). 395 *Rudimentum 1475, fol. 85v–86r; vgl. Reichert 1998, S. 25f., Abb. S. 26. 396 Nürnberg, GNM, WI 1826; vgl. Pülhorn/Laub (Hg.) 1992, Bd. 1, S. 220, Abb. S. 258–271. 397 Vgl. unten Kap. III.3 („Kartographie“). 398 „Sicut agrestes signare asueuerunt & partiri limite campum, ita orbis terrarum regiones praecipuas dominorum insigniis notare studuimus. Et (vt ab ea, in qua sumus, parte incipiamus) ad Europae meditullium Rhomanas aquilas (quae regibus Europae dominantur) posuimus atque

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zahlreiche Wappen und Wappenfahnen, die die herrschaftliche Zugehörigkeit einzelner Regionen und Inseln markieren.399 4.2 Frühe Regionalkarten Wenden wir uns wieder dem mittelalterlichen Befund zu: Die in den Weltkarten beobachtete Kennzeichnung von Herrschaftsräumen durch Symbole findet sich in differenzierterer Form in frühen Regionalkarten. Eingezeichnet werden in die Karte all die Orte, an denen der jeweilige Fürst Vasallen hat oder bestimmte Rechte ausübt, sie stellen also gleichsam eine Visualisierung bzw. Verräumlichung der ansonsten nur in Inventaren von Herrschafts- und Besitztiteln greifbaren Herrschaft über Land und Leute dar. Ein prominentes Beispiel ist die englische Gough-Karte aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhundert, die ein „Inventar von Regalien und Instrument militärischer, administrativer und ökonomischer Verwaltung königlicher Amtsträger in einem werdenden Territorialstaat“ darstellt.400 Daniel Birkholz bringt die Karte bzw. einen um 1280 zu datierenden Vorläufer mit der in dieser Zeit von König Edward I. durchgeführten und in den „Hundred Rolls“ niedergelegten Landesaufnahme in Verbindung, deren Unvollständigkeit sie etwa in Bezug auf das Straßen- und Städtenetz im Südwesten Englands und in den schottischen Marschen teilt, was Rückschlüsse auf die Reichweite der hier dokumentierten englischen Königsherrschaft zulässt. Nicht im Fokus der „rotuli claue summi patris patrum insigni ipsam fere Europam (quae Rhomanam ecclesiam profitetur) cinxim[u]s. Aphricam pene omnem & Asiae partem signauimus lunulis, quod est insigne summi Babiloniae Soldani, quasi toti[u]s Egypti & partis Asiae domini. Asiae vero partem, quae Minor Asia dicitur, crocea coloris cruce iuncto chalybe circumdedimus, quod est signum Thurcorum Soldani. Scythiam intra imaum, maximum Asiae montem, et Samarticam Asiaticam notauimus anchoris, quas magn[u]s Tartarus pro insigni habet. Crux rubea praesbyterum Ioannem (qui et Orientali & Meridionali Indiae praeest atque in Biberith sedem tenet) representat. Denique in quartam terrae partem per inclytos Castiliae et Lusitaniae reges repertam eorundem ipsorum insignia posuimus“, *Waldseemüller/Ringmann 1507a, o. S. (Kap. 9); vgl. auch Lehmann 2010, S. 308f., 359, dort neben dem Nachdruck auch Abschrift und Übersetzung des vollständigen Textes. 399 Waldseemüller, Martin: Universalis cosmographia secundum Ptholomaei traditionem et Americi Vespucii aliorum que lustrationes, [St.-Dié?] 1507; Abb. bei Shirley 1983, S. 30f. Auf der Abzeichnung der Karte von Henricus Glareanus in seiner 1510 erwobenen Ptolemäus-Ausgabe von 1482 fehlen die Herrschaftszeichen, *Ptolemaeus 1482, fol. 30r, ebenso auf der zweiten bekannten Abzeichnung von Glareanus im Münchener Exemplar der „Cosmographia introductio“, *Waldseemüller/Ringmann 1507b, zwischen fol. 14 und 15. 400 Oxford, Bodleian Library, Gough Gen. Top. 16; vgl. Stercken 2006, S. 147f. (Zitat); außerdem ausführlich Birkholz 2004, S. 113–148; sowie die jüngsten Diskussionsbeiträge von Lilley/Lloyd 2009; Lilley 2012; Solopova 2012.

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hundredorum“ lagen Schottland und Wales. Die etwas später anzusetzende GoughKarte verzeichnet entsprechend der politischen Entwicklung zumindest in Wales einige Straßen, Schottland bleibt dagegen ohne Verkehrswege und insgesamt nur ungenau kartiert.401 Auffällig ist demgegenüber die kartographische Darstellung der Städte, für die sowohl in England als auch in Wales und Schottland die gleichen Symbole verwendet werden, was eine Einheit Britanniens unter englischer Herrschaft suggeriert, die von Edward angestrebt, aber militärisch und vor allem administrativ noch kaum erreicht worden war.402 Eine ähnliche Form der Visualisierung von Herrschaft findet sich zu etwa derselben Zeit in Norditalien. Eine Karte des ‚contado‘ der Stadt Asti von 1292 zeigt die Lage zahlreicher Orte in der durch ein Flussnetz charakterisierten Region. Die unter der Herrschaft der Stadt stehenden Orte sind mit der Flagge von Asti gekennzeichnet und von einem kreuzschraffierten Band umrahmt, das die gedachte Grenzlinie darstellt.403 Die Karte gehört zum „Liber Alfieri“, der neben einem Kopiar der städtischen Rechte und Privilegien auch eine Chronik der Stadtgeschichte mit einer Auflistung der territorialen Zugewinne enthält.404 Im Gegensatz zu solchen herkömmlichen Inventaren von Besitz- und Herrschaftstiteln zeigt die kartographische Markierung einzelner Herrschaftspunkte in der Fläche erstmals die räumliche Ausdehnung des städtischen ‚contado‘. Diese neuartige Form der Darstellung räumlicher Herrschaft wurde wohl nicht zufällig in einer Zeit erfunden, als die norditalienischen Städte insgesamt die territoriale Durchdringung 401 Birkholz 2004, S. 118f.; vgl. hierzu jetzt auch die genaue Analyse der selektiven Kartierung von Ortschaften von Lilley/Lloyd 2009. Zur Datierung vgl. jüngst Lilley 2012, S. 84–88, der die Karte zwar in die Zeit der Plantagenets, aber nicht einem konkreten Herrscher zuordnet, sondern in ihr vielmehr ein Palimpsest sieht, „compiled by many different hands, at different points in time“ (S. 84). 402 Birkholz 2004, S. 131–133. Ein ähnlicher Ansatz für die Darstellung von Besitzansprüchen findet sich bereits auf der Weltkarte von Saint-Sever aus der Mitte des 11. Jahrhunderts (Paris, BNF, Ms. lat. 8878, fol. 45bis v–45ter r). Neben dem Signum für das dortige Kloster zeigt sie eine verkleinerte Variante dieses Signums für die Marienkirche in Soulac (Médoc), an der der damalige Abt von Saint-Sever Rechte geltend zu machen suchte. „Insgesamt erscheint damit diese ‚mappa mundi‘ als erstes Exemplar, welches territoriale Ansprüche, d. h. geographische Fakten des direkten Erfahrungsbereiches mit konkreter Beziehung zur aktuellen Situation, derart dezidiert im Kontext einer Erddarstellung ins Bild setzte, was faktisch von einer gewandelten Interpretation über Funktion und Zweck einer Karte zeugt“, Englisch 2002, S. 369–371, das Zitat S. 370f. Zur Karte insg. vgl. ebd., S. 360–384, Abb. S. 365. 403 Turin, Biblioteca Nazionale, ms F.II.9, fol. 6r (Fragment); vgl. Kupfer 1996, Abb. S. 296; zwei hierauf basierende Kopien stammen aus dem späten 14. Jahrhundert, die Grenzlinie fehlt hier: Asti, Archivio storico del comune, Codex Astensis, fol. 19v–20r (1379–1386); Paris, Archives nationales, KK 1416, fol. 2v–3r; vgl. Bouloux 2009, S. 263–272, Abb. S. 264f. 404 Bouloux 2009, S. 267f.

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ihres Umlandes intensivierten.405 Entsprechende Kartenbeispiele für andere italienische Städte, wie etwa Brescia, Florenz und Siena, sind allerdings erst aus dem folgenden Jahrhundert überliefert.406 Für das 15. Jahrhundert ist in diesem Zusammenhang die Karte der Lombardei von Giovanni Pisato aus dem Jahre 1440 zu nennen.407 Besondere Bedeutung kam Karten spätestens im 15. Jahrhundert auch in der Republik Venedig zu. Ein Schwerpunkt der Darstellung lag auf Fortifikationen und anderen militärisch bedeutsamen Aspekten des Raumes, so dass die Verwendung für Krieg und Verteidigung naheliegt. Bereits 1460 wurden alle Gouverneure angewiesen, Karten ihrer Distrikte anfertigen zu lassen und nach Venedig zu schicken.408 Begründet wurde diese Maßnahme mit dem Hinweis, dass niemand in der Adminstration genaue Informationen über die örtlichen Gegebenheiten und nicht zuletzt die Grenzen geben könne und die Angaben zudem häufig differieren würden. Dementsprechend sei es sinnvoll, in der Kanzlei oder im Ratssaal ein Abbild oder Modell der zu Venedig gehörigen Städte, Grundstücke, Schlösser, Provinzen und Orte zu haben, um sich eine wahre und genaue Kenntnis darüber zu verschaffen.409 Im Reich finden sich vergleichbare Bestrebungen erst mit den ‚Landtafeln‘ einzelner Territorien wie Bayern oder Kursachsen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.410 Die genannten Karten erfüllten einen doppelten Zweck: Sie waren einerseits Medien herrschaftlicher Repräsentation, andererseits gehören sie zu den f­ rühesten 405 Bouloux 2009, S. 270. 406 Bouloux 2009, S. 270f., 272, Anm. 27. 407 Vgl. Gautier Dalché 1996, S. 110. 408 Harvey 1987, S. 479f.; Gautier Dalché 1996, S. 114. Früher noch als Venedig sammelte das Byzantinische Reich systematisch geographische Informationen über seine Herrschaftsgebiete und nutzte sie für Grenzziehungen: „Byzantium offers clear evidence of a keen interest in geography as a tool in the definition of frontiers and the understanding of the people outside the Byzantine sphere of influence. Not only does it collect data on foreign lands and peoples, but at the same time it evidently plans and organizes war using the collected information“, Krallis 2006, S. 347; zu den territorialen Grenzen des Byzantinischen Reiches vgl. auch Dagron 2006. 409 „Cum de civitatibus castelis et provinciis que nostro dominio per Dei gratia subiecte sunt nemo est in regimine nostro qui quando de illis locis consulitur sciat dare particularem informationem de situ eorum de latitudine et longitudine et de confiniis et que dominia vicina sunt et qui passus, et si informatio petitur ab aliquibus aliquando et sepe differunt, quia aut ita putant aut ita vellent. Unde pro omni bono respectu providendum est habere in Cancellaria nostra aut camera Concilij nostri decem in vera pictura formam et exemplum omnnium civitatum terrarum castellorum provinciarum et locorum nostrorum, ut quicumque volens consulere et providere super predictis habeat veram et particularem noticiam ad concilium et non ad opinionem alicuius“, *Lorenzi (Bearb.) 1868, S. 82, Nr. 184. 410 Vgl. unten Kap. III.3.2.1 („Landesaufnahmen“).

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Beispielen von Karten, die im Rahmen der obrigkeitlichen Verwaltungspraxis entstanden und genutzt wurden. Diese Entwicklung setzte im 13. Jahrhundert ein und lässt sich seit dem 14. und vor allem dem 15. Jahrhundert immer häufiger nachweisen. England scheint insgesamt in der kartographischen Darstellung lokaler und regionaler Verhältnisse eine Vorreiterrolle gespielt zu haben, erste Regionalkarten datieren hier bereits aus den 1220er Jahren, ein singulärer Plan der Kathedrale von Canterbury und ihrer Immunität sogar bereits aus der Mitte des 12. Jahrhunderts.411 Entsprechende Beispiele finden sich – wie schon gesehen – auch in Italien (1291), außerdem in den Niederlanden (1307), in Frankreich (1357), im deutschsprachigen Raum (1421/22) und in Burgund (1460).412 Verglichen mit dem 16. Jahrhundert ist die Zahl der Karten freilich eher gering.413 Auch existierten noch keine zeitgenössischen Kartensammlungen als Sonderabteilungen von herrschaftlichen Archiven oder Bibliotheken.414 Die betreffenden Karten entstanden relativ selten im Zusammenhang mit systematischen Güteraufzeichnungen, denn diese wurden in der Regel in Form schriftlicher Dokumentationen verfasst.415 Anlass zur Kartierung kleinräumiger Situationen boten vor allem Streitigkeiten um Grenzen, Besitz und Nutzungsrechte, 411 Cambridge, Trinity College, Ms. R. 17.1, fol. 284v–285r; vgl. ausführlich Urry 1986 mit Abb. S. 44 u. Taf. 1a; außerdem Harvey 1987, S. 467, 484, Abb. S. 369. Zur englischen Kartographie im Mittelalter vgl. ausführlich Skelton/Harvey (Hg.) 1986; Ergänzungen bei Harvey 1987, S. 498f.; Harvey 2010, S. 114, Anm. 3. 412 Vgl. den grundlegenden Überblick von Harvey 1987, der zu Recht darauf hinweist, dass die Forschung insb. für Mitteleuropa noch am Anfang steht (S. 486, 488); zuvor bereits Harvey 1980 und jüngst noch einmal Harvey 2010 mit dem neuesten Forschungsstand. Brincken 1988 behandelt Regionalkarten nur am Rande. 413 Harvey 1987, S. 464f. 414 Brincken 1988, S. 90. Herausragende landesherrliche Kartensammlungen sind erstmals in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Reich nachweisbar, so an den Höfen in Wien, München, Dresden und Wolfenbüttel, aber auch kleinere Höfe verfügten in dieser Zeit über Karten, Meurer 2007, S. 1242. 415 Harvey 1987, S. 493–495, nennt lediglich zwei Ausnahmen und kommt daher zu dem Schluss: „The surveyors of medieval Europe were not its mapmakers“ (S. 495). Die Ausnahmen sind: Flur bei Shouldham (Norfolk), 1440/41 (Norwich, Norfolk Record Office, Hare 2826, fol. 16v, 34v; vgl. ausführlich Harvey 1986b mit Abb. S. 196f.); Flur bei Tanworth-in-Arden (Warwickshire), 1497–1519 (Stratford upon Avon, Shakespeare Birthplace Trust Records Office, DR 37/box 74, B II b–c; vgl. ausführlich Roberts 1986 mit Abb. S. 320–322). Vgl. auch Dainville 1970, S. 114; Harvey 1986a, S. 11–19; außerdem ergänzend die beiden „chartes-plan“ bei Kleine 2007: Güterplan aus Maursmünster, ca. 1142 (Abb. ebd., S. 233), Güterplan aus Sindelsberg, 1146 (Straßburg, Archives départementales du Bas-Rhin, G 1373/1; Abb. ebd., S. 241, 244). Die Darstellungen verbinden graphische, skripturale und piktorale Elemente und visualisieren auf diese Weise den klösterlichen Güterbesitz in seinem räumlichen Ordnungsgefüge.

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wobei diese Form der Darstellung gegenüber einer schriftlichen Fixierung teilweise explizit als „evidenter“ empfunden wurde.416 Ganz in diesem Sinne schlug der französische Jurist Jean Boutillier in seinem Traktat „La somme rural“ von 1395 Karten als probates Mittel vor, um rechtliche Streitfälle vor dem Parlement de Paris zu präsentieren.417 Theoretisch vorbereitet war diese Position durch das Werk „Tractatus Tyberiadis o de fluminibus“ des italienischen Rechtsgelehrten Bartolo da Sassoferrato aus dem Jahre 1355.418 Er diskutiert darin die juristischen Folgen der natürlichen Veränderung von Flussläufen für die anliegenden Grundstückseigentümer. Hieraus resultierende Streitigkeiten wie auch grundsätzlich jegliche Konflikte um Grundstücke könnten durch Vermessungen geklärt und entschieden werden. Das hierzu notwendige Verfahren verdeutlicht der Autor mithilfe von schematischen Zeichnungen bzw. kartographischen Skizzen (Abb. 6).419 Bereits im 14. Jahrhundert wurde das Traktat handschriftlich verbreitet, noch im 15. Jahrhundert erschienen die ersten Drucke, unter anderem in Nürnberg, Leipzig und Straßburg. Die Schrift dürfte damit maßgeblich zur ­Verwendung von Karten vor Gericht beigetragen haben.420 Seit dem 16. Jahrhundert begegnen Karten und 416 So der Kommentar zur Karte des Wildmore Fen in Lincolnshire aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts: „Abbas et Conventus de Kirkestede ius et dominium habent in Marisco qui vocatur Wildmora preclarum et manifestum sicut per eorum Instrumentum evidenter monstrari potest“, Loughlinstown, Library of Sir Johan Galvin, Kirkstead Psalter, fol. 5r; zit. nach Hallam 1986, S. 79. Zur Bedeutung von Karten in rechtlichen Auseinandersetzungen im Mittelalter vgl. auch Dainville 1970; Harvey 1986a, S. 6f.; Harvey 1987, S. 489–491; Gautier Dalché 1996, S. 106–116; Reichert 1998, S. 16–20; Stercken 2006, S. 141. 417 „Et si s’en fait rescription que envoyee est en la Court de Parlement pour en ordonner sur ce et escript et exemple figure et pourtraict apres la situation de heritage au plus pres quon peut pour mieux entendre par les Seigneurs la veue et le cas“, zit. nach Dainville 1970, S. 117. 418 Dainville 1970, S. 117–120 mit Abb. (italienische Handschrift des späten 14. oder frühen 15. Jahrhunderts); Hellwig 1992, S. 806f., Abb. S. 809 (Druckausgabe Bologna 1576); vgl. knapp auch Harvey 1987, S. 490; Morse 2007, S. 49f. Dagegen stellt Gautier Dalché 1996, S. 108, 110, den Zusammenhang in Frage: „En Flandre, le premier exemple de ‚cartographie juridique’ de ce type semble antérieure. D’ailleurs, cette pratique est plutôt liée à l’emploi plus ancien, depuis le XIIIe siècle au moins, d’arpenteur publics. Enfin, les schémas de Bartole, destinés à aider la solution de problèmes précis, sont faits à la règle et au compas, et utilisent des opérations géometriques, procédés et aspects qui n’ont rien à voir avec les cartes de la pratique.“ Diese Einwände sind sicherlich bedenkenswert, relativieren aber nicht die Bedeutung von Bartolos Traktat für die spätmittelalterlich-frühneuzeitliche Gerichtspraxis. 419 Vgl. die Abbildungen aus einer italienischen Handschrift des späten 14. oder frühen 15. Jahrhunderts bei Dainville 1970, S. 119f., und aus der Druckausgabe Bologna 1576 bei Hellwig 1992, S. 809. 420 Dainville 1970, S. 118, 120; Hellwig 1992, S. 807.

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Abb. 6: Vermessungsskizzen in einer Handschrift des Tractatus Tyberiadis von Bartolo da Sassoferrato, um 1400 (Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 1398).

Vermessungen als Hilfsmittel der Rechtsfindung auch in juristischen Lehrbüchern sowie in Prozessanleitungen.421 421 Vgl. etwa Imbert, Jean: Institutiones forenses ou Practique judiciaire, Paris 1553: „Le juge faict faire serment à un peintre, homme de bien, qu’il eslira, de bien et loyalement faire et peindre ladite figure; et lui monstrera les dicts lieux: et la figure faite, il demandera es parties si elles s’accordent la dite figure estre bien faicte: et s’ils s’en accordent, le juge interrogera les parties,

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Die Karten von Bartolo lassen sich aufgrund ihrer Anlage mit den schematischen Zeichnungen bzw. Diagrammen verbinden, die wissenschaftliche Autoren seit dem hohen Mittelalter ihren Werken beifügten, um philosophische, theologische und andere Zusammenhänge anschaulich zu machen.422 Gleiches gilt für die ersten mittelalterlichen Regionalkarten, die in der Regel nicht viel mehr als schematische Verknüpfungen von topographischen Elementen sind. Beispiele hierfür stammen wiederum aus England, etwa die Karte der Wasserversorgung von Waltham Abbey in Wormley (Hertfordshire) aus dem frühen 12. Jahrhundert.423 In unserem Zusammenhang sind aber vor allem solche Karten von Interesse, die Herrschaftsräume und ihre Grenzen visualisieren. Das früheste Beispiel hierfür ist die Karte des Wildmore Fen in Lincolnshire aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, die im Zuge von Streitigkeiten zwischen verschiedenen lokalen Herrschaftsträgern entstanden ist und mit Hilfe von Linien und verbalen Kennzeichnungen die jeweiligen Einflussgebiete markiert.424 Entsprechende Belege für solche stark abstrahierenden Darstellungen der örtlichen Verhältnisse finden sich auf dem Kontinent erst seit dem 14. Jahrhundert. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang die älteste, auf 1307 datierte Karte aus den Niederlanden, eine Darstellung des „moershoeft van Aardenburg“, einer Gegend zwischen Aardenburg (Zeeland) und Boechoute (Flandern). Mit einem rechtwinkligen Linienraster sind die an das frühere Moor angrenzenden Ämter, Herrschaften und andere administrative Einheiten erfasst, jeweils bezeichnet durch den Namen der wichtigsten Ortschaft.425 Um die Mitte des Jahrhunderts liegen aus unterschiedlichen Teilen Westeuropas entsprechende Karten vor: Zu nennen qu’ils aient à déclairer ce qu’ils prétendent des lieux contentieux & les limites respectivement prétendues“, zit. nach Dainville 1970, S. 117. Vgl. außerdem die bei Hellwig 1992, S. 807, 810, 829–834, genannten Autoren und Werke; für das Reich etwa *Oettinger 1670, die Erstausgabe erschien bereits 1642. 422 Harvey 1987, S. 469f. Vgl. auch Morse 2007, S. 38f., 44; Kleine 2009, S. 251–253. Zu graphischen Modellen im Mittelalter demnächst ausführlich Worm 2018. 423 London, British Library, Harley MS 391, fol. 6r; vgl. ausführlich Harvey 1986c mit Abb. S. 60 u. Taf. 2; außerdem Harvey 1987, S. 469f. mit Abb. 424 Loughlinstown, Library of Sir Johan Galvin, Kirkstead Psalter, fol. 4v; vgl. ausführlich Hallam 1986 mit Abb. S. 72 u. Taf. 3; außerdem Harvey 1987, S. 484; Stercken 2006, S. 148, Abb. S. 142. 425 Lille, Archives départementales du Nord, B 1388/1282bis; vgl. Gottschalk 1983, S. 148f.; Harvey 1987, S. 470, 485, Abb. S. 471; Krogt 2008, S. 30 mit Abb. Für den deutschsprachigen Raum ist auf eine ähnliche Karte der Gegend bei Wantzenau am Oberrhein von 1441 zu verweisen, die den Grundbesitz der Benediktinerabtei Honau auf beiden Seiten des Rheins in Form eines vom Rhein in zwei Hälften geteilten Vierecks dokumentiert, in das Höfe, Felder, Wiesen usw. eingezeichnet sind, Straßburg, Archives départementales du Bas-Rhin, G

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ist zunächst die „Tabula de finibus inter Anglicanam et Picardam nationem controversis“ von 1357, die im Zusammenhang eines Streites an der Pariser Universität bezüglich der landsmannschaftlichen Zugehörigkeit eines Studenten aus Geertrui­ denberg in der Grafschaft Holland entstanden ist. Als Grenze wurde schließlich ein Flusslauf, nämlich die Maas, festgelegt.426 Ein Jahr später datiert eine Karte der Gegend zwischen Oostburg und Ijzendijke (Zeeland), die eine Übereinkunft des Bischofs von Tournai mit der Abtei St. Peter in Gent vom März 1358 über die Einziehung des Zehnten in der betreffenden Gegend dokumentiert.427 Die Übereinkunft sah vor, dass die Zehnten in den Poldern, die seit 1348 eingedeicht und kultiviert worden waren und sich „versus et super mare“ erstreckten, gemeinschaftlich erhoben werden sollten. Auf der Karte sind die Bereiche der gemeinsamen Zehnterhebung und die Polder, in denen die Abtei alleiniges Zehntrecht besaß, durch ein System von Punkten und (Grenz-)Linien sowie schriftliche Bezeichnungen markiert.428 Schließlich ist für Italien eine kurz vor 1359 zu datierende Karte des Astronomen Jacobo Dondi wenn auch nicht erhalten, so doch zumindest aktenkundig: Die Karte des paduanischen Herrschaftsgebiets wird 1372 im Zusammenhang eines Konflikts um einen Grenzstein zwischen Padua und Venedig als Beweisstück für den überkommenen Verlauf der Grenzen angeführt.429 In etwas größerer, wenngleich noch immer überschaubarer Zahl liegen Kartierungen von Herrschaftsgrenzen für das 15. Jahrhundert vor.430 Sie bieten 4227 (8); vgl. Grenacher 1964, S. 60f. mit Abb.; Harvey 1987, S. 470, 488; Ruch 2015, S. 65–94, Abb. S. 70. 426 Paris, Archives de l’Université de Paris, Reg. 2, Bd. 2, fol. 35v; vgl. ausführlich Boyce 1937 mit Abb. S. 54; außerdem Harvey 1987, S. 485, 487 mit Abb.; Gautier Dalché 1996, S. 108, Abb. S. 107; Reichert 1998, S. 18–20 mit Abb.; Krogt 2008, S. 30f. mit Abb. 427 Gent, Rijksarchief, Kaarten & Plans 606; vgl. ausführlich Gottschalk 1948 mit Abb. 1; außerdem Harvey 1987, S. 485f.; Gautier Dalché 1996, S. 108; Krogt 2008, S. 31f. mit Abb. 428 „Decimas istorum polrorum percipiunt communiter Capitulum Tornacense et abbatia s­ ancti Petri Gandensis“, „Decimas istorum polrorum percipit sola integraliter ecclesia santi Petri Gandensis“, „Infra limites istarum trium parochiarum percipit ecclesia Sti. Petri Gandensis sola omnes decimas“, zit. nach Gottschalk 1948, S. 34–36. 429 „[…] una carta facta per man de un maistro Jacomo de’ Dondi fisico, el qual fo subtilissimo homo in l’arte de pinger, e cosi questa carta era facta in description con pentura, con lo terren de Pava, com I fiumi et com I discursi dele aque et con I paludi et con le aque da mare et com I argeri su I dicti paludi, et era a questo modo assai ben facta, et specialmente ale confine di Chiogia et de Caverzere o’ che ello era sta gran tempo e di quali luogi alora era question”, zit. nach Gautier Dalché 1996, S. 108. 430 Zu bedenken ist freilich, dass die entsprechenden Archivfonds bislang nur sehr punktuell aufgearbeitet worden sind, vgl. Harvey 1987, S. 465; Gautier Dalché 1996, S. 110.

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weiterhin nicht mehr als die relationale Visualisierung wichtiger Orte und Wege sowie einiger Anhaltspunkte für den Grenzverlauf. In der einfachsten Form zeigt sich dies in einer nur bedingt als Karte zu bezeichnenden Skizze der Gegend zwischen den Flüssen Drôme und Eygues im Südwesten Frankreichs von ca. 1410/30, in der die „castra et villae“ eingezeichnet und mit schriftlichen Bemerkungen den Grafen von Valentinois bzw. Diois zugewiesen werden.431 Die Skizze verräumlicht auf diese Weise Herrschaftswissen, das bis dahin lediglich in entsprechenden Registern notiert worden war.432 Ein etwas früheres Beispiel stammt aus Italien: Die Karte der Stadt Brescia und ihres Herrschaftsbereichs aus der Zeit von 1406 bis 1416 erinnert in ihrer Anlage an eine ‚mappa mundi‘, zeigt sie doch die dazugehörigen Orte in einer kreisförmigen Anlage, wobei die sie umgebende doppelte Linie die Grenze des Territoriums markiert.433 1436 wurden die Grenzen zwischen der faktisch zu Frankreich, de iure aber bis Mitte des Jahrhunderts zum Reich gehörenden Dauphiné und dem reichsunmittelbaren Herzogtum Savoyen kartographisch festgehalten.434 Die Grenzlinie datierte von 1282, war allerdings laut Kartenlegende im Feld nicht mehr sichtbar, da alle Grenzbäume und -kreuze ausgerissen worden waren. Aus derselben Region stammt eine Karte der Grafschaft Gap und ihres Jurisdiktionsbereichs, die im Anschluss an die Reform der Gerichtsinstitutionen in der Dauphiné 1447 entstanden sein muss.435 Sie zeigt interessanterweise lediglich die das Territorium begrenzenden Orte und nicht diejenigen im Innern, „qui sont du Comté de Gap, mais qui ne sont pas dénommés par ce qu’ils ne sont pas limitrophes“, wie die Legende mitteilt.436 Der Charakter einer Grenzkarte wird noch dadurch unterstrichen, dass die Orte mit zwei Strichen verbunden sind, zwischen denen die jeweilige Entfernung notiert ist. Auch im Herzogtum Burgund bediente man sich in dieser Zeit bereits häufiger der Karte zur Visualisierung von Grenzen. So zeichnete 1444/45 der flämische Arzt und Astronom Henri Arnault de Zwolle im Auftrag Herzog Philipps des Guten mehrere, allerdings 431 Grenoble, Archives départementales de l’Isère, B 3495; vgl. Dainville 1970, S. 105, Abb. S. 104; Gautier Dalché 1996, S. 110, Abb. S. 111. 432 Vgl. die Hinweise von Dainville 1970, S. 105, auf entsprechendes Quellenmaterial der betreffenden Region. 433 Brescia, Archivio Storico Civico, n. 434/3; vgl. Treccani degli Alfieri (Hg.) 1961, Abb. S. 870; Gautier Dalché 1996, S. 114. 434 Grenoble, Archives départementales de l’Isère, B 3274; vgl. Dainville 1970, S. 105, 107, Abb. 6. 435 Grenoble, Archives départementales de l’Isère, B 3751; vgl. Dainville 1970, S. 107–109 mit Abb.; Gautier Dalché 1996, S. 116, Abb. S. 117. 436 Zit. nach Dainville 1970, S. 107.

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nicht mehr erhaltene Karten der zwischen Burgund und Frankreich strittigen Grenzregion, „afin de clerement veoir les villes et villaiges qui sont enclavées en icelleui duchié, et aussi celles qui sont au roiaume“.437 Wenig später, im Jahre 1460, wurde auch im Zuge von Grenzstreitigkeiten mit dem Herzogtum Savoyen eine Karte angefertigt (Abb. 7).438 Diese Karte ist insofern bemerkenswert, als sie erstmals nicht nur eine Grenzlinie zeigt, sondern auch die entsprechenden Grenzmarkierungen – verschiedene Bäume mit Kreuzen, einen Weinstock, einen Grenzstein an einem Wassergraben usw. – graphisch und in knappen Legenden festhält. Für die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts ließen sich weitere Beispiele für Italien, Frankreich und Burgund anführen.439 Wir wollen uns hier aber auf die wenigen aus dem deutschsprachigen Raum bzw. dem Reich überlieferten Karten beschränken.440 Als früheste Beispiele sind zwei Karten des Deutschordensgebietes zu nennen, die 1464 im Zuge der Verhandlungen zwischen dem Orden und Polen zur Beendigung des Dreizehnjähigen Krieges (1454–1466) entstanden sind.441 Sie zeigen die Küstenlinie (Ostsee und Danziger Bucht) sowie Flüsse und Siedlungen. Das vom Deutschen Orden beanspruchte Gebiet wird nicht mit einer eindeutigen Grenzlinie markiert, vielmehr begrenzt der gewählte Kartenausschnitt das Territorium. Die eigentliche Auseinandersetzung betraf allerdings nicht die genaue Begrenzung, sondern ganz grundsätzlich die territoriale Zugehörigkeit des Gebietes. In diesem Zusammenhang spielten die auf den Karten eingezeichneten Orte und deren Namen eine entscheidende Rolle, behauptete die polnische 437 Zit. nach Dainville 1970, S. 109; vgl. auch Gautier Dalché 1996, S. 110. 438 Dijon, Archives départementales de la Côte d’Or, B 277; vgl. Dainville 1970, S. 109, 112, Abb. S. 111; Gautier Dalché 1996, S. 110, Abb. S. 111. 439 Dainville 1970, S. 112–115; Gautier Dalché 1996, S. 114–116. 440 Vgl. als Überblick zur Kartographie im Reich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts Meurer 2007, S. 1177–1189. Die erste Regionalkarte aus dem deutschsprachigen Raum stammt von 1421/22 und zeigt die Städte Wien und Pressburg mit ihren Mauern; sie ist in einer Kopie aus der Mitte des 15. Jahrhunderts erhalten; vgl. Dörflinger/Wagner/Wawrik 1977, S. 64f. mit Abb.; Harvey 1987, S. 473, 478, 488, Abb. S. 474; Kretschmer/Dörflinger/Wawrik 2004, S. 63, Abb. S. 62. Da es sich nicht um eine Grenzdarstellung handelt, wird sie hier nicht näher berücksichtigt. Hingewiesen sei außerdem auf den sog. Plan Bolomier, eine Karte der Stadt Genf von 1429/30, die zwar ebenfalls keine Grenzdarstellung beinhaltet, nach jüngsten Analysen aber als Vorlage beim Aushandeln der innerstädtischen Grenze zwischen dem Fürstbistum Genf und dem Herzogtum Savoyen diente, Ruch 2012, insb. S. 285f., Abb. S. 277; Ruch 2015, S. 17–63, Abb. S. 19. Vgl. insg. auch Harvey 2010. 441 Krakau, Biblioteka Czartoryskich, Ms. 1310, S. 636f.; vgl. Buczek 1982, S. 24; Jäger 1982, S. 29–32, Abb. S. 30f.; Harvey 1987, S. 488; sowie detailliert Olszewicz 1937 mit Abb. Taf. 1–2. Ich danke Dr. Marcus Wüst (Bonn) für die Hilfe bei der polnischsprachigen Lektüre.

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Abb. 7: Karte der Grenze zwischen den Herzogtümern Burgund und Savoyen, 1460, Federzeichnung (Dijon, Archives départementales de la Côte d’Or, B 277).

Seite doch, dass Pomorze (Pommern) aufgrund der zumeist slawischen Siedlungsnamen und der ursprünglich polnischen Besiedlung zu Polen gehöre.442 Schon einige Jahrzehnte zuvor hat es für diese Region eine Karte gegeben, deren genaues Aussehen aber nicht bekannt ist. Sie wird 1421 in einem Brief des Prokurators des Deutschen Ordens in Rom, Johann Tiergard, an den Hochmeister in Marienburg erwähnt:443 Es handelte sich um „ein gemolit tuch im gleichnisse einer mappe mundi“. Auf dieser hätten polnische Gesandte dem Papst gezeigt, „wie unsirs ordens lande Culmen, Pommern, etc. binnen die grenitczen des reiches zu Polen gelegit weren“, wogegen der Ordensprokurator natürlich protestierte.444 Tatsächliche Grenzkarten finden sich wenig später in Bayern. Von den insgesamt acht Karten, die regionale Grenzverhältnisse thematisieren, stellen zwei das Grenzgebiet zwischen dem zum Herzogtum Bayern-Landshut gehörigen 442 Olszewicz 1937, S. 40f. Vgl. diesbezüglich auch die ebd., S. 47–50, abgedruckte zeitgenössische Liste der preußischen Burgen und Städte. 443 Buczek 1982, S. 22f.; Jäger 1982, S. 28f.; Harvey 1987, S. 488. 444 Lewicki, Anatol (Hg.): Codex epistolaris saeculi XV, Bd. 2, Krakau 1891, Nr. 95, zit. nach Buczek 1982, S. 23, Anm. 68.

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Vormoderne Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen

Abb. 8: Kartenskizze des Unterlaufs des Zillers, 1473, Federzeichnung, 20,5 x 31,5 cm (München, BayHStA, Plansammlung 20865 a).

Landgericht Rattenberg und der Grafschaft Tirol an Ziller und Habach (1473) dar,445 die übrigen sechs die Grenze des ebenfalls bayerisch-landshutischen Landgerichts Weißenhorn zur österreichischen Markgrafschaft Burgau (1481, 1492).446 Die beiden Kartenkomplexe zeigen jeweils andere Darstellungsweisen der räumlichen Herrschaftsverhältnisse. Eine der beiden Karten von 1473 zeigt den Unterlauf des Zillers in seinem alten und neuen Bett, dargestellt werden darüber hinaus die alte und neue Brücke sowie ein Galgen, die nach der Verlegung des Zillers Streitobjekte zwischen dem Herzogtum Bayern und der Grafschaft Tirol geworden waren (Abb. 8).447 Die Tiroler hatten die neue Brücke entgegen dem früheren Brauch ohne bayerische Unterstützung gebaut und einen Straftäter auf der gegenüberliegenden, früher bayerischen Seite des Flusses gerichtet. Nach bayerischer Interpretation 445 München, BayHStA, Plansammlung 20865 a–b; vgl. Leidel 2003, S. 90–93, 119–121, Abb. S. 138f.; Leidel (Bearb.) 2006, S. 43–45 mit Abb. 446 München, BayHStA, Plansammlung 20783–20785; ebd., 3907; ebd., 10713; ebd. 3764; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 1, Nr. 1; Leidel 2003, S. 93–103, 121–124, Abb. S. 140–146; Leidel (Bearb.) 2006, S. 46–53 mit Abb. 447 München, BayHStA, Plansammlung 20865 a.

Vermessung und Kartierung

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Abb. 9: Kartenskizze des Habachs und seiner Nebenflüsse, 1473, Federzeichnung, 20,5 x 31,5 cm (München, BayHStA, Plansammlung 20865 b).

stellte der Ziller aber weiterhin die Grenze zwischen den beiden Territorien dar, von Tiroler Seite wurde dies offensichtlich anders gesehen und der Fluss nunmehr als ein Binnengewässer betrachtet. Die bayerische Karte kennzeichnet den Ziller allerdings nicht als Grenze, sondern beschränkt sich auf die Beschriftung der Gerichte (Rottenberg/Tirol und Rattenberg/Bayern). Auch die zweite Karte von 1473 verfährt auf diese Weise. Sie zeigt das Flusssystem des Habachs mit den zwei linken Nebenflüssen Seitenbach und Pründl. Die jeweiligen Flussseiten sind mit Angaben zur Herrschaft gekennzeichnet („Herzog Sig[mund] Yspruck [Innsbruck]“ für Tirol und „Herzog Lud[wig] Ratenberg“ für Bayern) (Abb. 9).448 Strittig war zwischen den Parteien, welcher der Wasserläufe die eigentliche Grenzlinie darstellte, ein möglicher Kompromiss wurde auf der Karte nicht als Grenzlinie, sondern als singulärer Grenzpunkt eingezeichnet. Eine andere Auffassung findet sich in den Karten der Grenze des Landgerichts Weißenhorn zur Markgrafschaft Burgau. Drei der vier Karten von 1481 gehören zu einem Grenzbereitungsprotokoll, das bei einem gemeinschaftlichen Umritt der Räte Herzog Albrechts von Bayern-München, Erzherzog Sigmunds von Österreich und Herzog Georgs von Bayern-Landshut am 13. Mai des Jahres erstellt 448 München, BayHStA, Plansammlung 20865 b.

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Vormoderne Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen

Abb. 10: Kartenskizze der Grenze zwischen der Markgrafschaft Burgau und dem bayerischen Landgericht Weißenhorn, 1481, Federzeichnung, 32 x 42,5 cm (München, BayHStA, Plansammlung 20783).

worden war.449 Die beiden Karten von 1492 entstanden ebenfalls im Zuge einer gemeinschaftlichen Grenzbereitung. Die Karten decken ein sehr viel größeres Terrain ab als die oben genannten Darstellungen der Grenze zu Tirol. Verzeichnet werden für das betreffende Gebiet Flüsse, Straßen und Orte in ihrer relativen Lage, wobei den Orten bzw. ihren graphisch gestalteten Namenszügen vielfach die Funktion der Grenzmarkierung zukommt. So zeigt die eine Karte von 1481 eine bogenförmige, aus den Namen der entsprechenden Orte gebildete Linie, die lediglich an drei Leerstellen durch eine graphische Linie ergänzt wird (Abb. 10).450

449 Das Protokoll vermerkt dies eigens: „Ligen drey augenschein derin“, zit. nach Leidel 2003, S. 104. 450 München, BayHStA, Plansammlung 20783.

Vermessung und Kartierung

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Abb. 11: Kartenskizze des Grundbesitzes des Klosters Böddeken, 1483, Federzeichnung (Paderborn, Erzbistumsarchiv, Hs. 44, fol. 382v).

Im Ansatz Vergleichbares findet sich auch in der zweiten Karte von 1481451 sowie in den beiden Karten von 1492.452 Deutlich greifbar wird hier der Versuch, den Prozess der Grenzbereitung von Ort zu Ort sowie die ebenso verfahrende verbale Beschreibung, wie sie für das betreffende Gebiet erstmals 1478 erstellt wurde,453 in eine schematische Darstellung zu übertragen. Die Orte werden nun aber nicht mehr einfach aufgezählt, sondern als topographische Markierungen genutzt und zu einer Linie zusammengeführt. Ein vergleichbares Prinzip findet sich auf einer Karte aus Westfalen aus dem Jahre 1483, die den Grundbesitz des Klosters Böddeken bei Wewelsburg dokumentiert und im Kopiar des Klosters überliefert ist (Abb. 11).454 451 München, BayHStA, Plansammlung 20784. 452 München, BayHStA, Plansammlung 3764; ebd., 10714. 453 Leidel 2003, S. 102. 454 Paderborn, Erzbistumsarchiv, Hs. 44, fol. 382v; vgl. Otto 2015. Ich danke Herrn Dr. Arnold Otto (Paderborn) für den Hinweis auf diese Karte und die Bereitstellung von ergänzendem Material.

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Vormoderne Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen

Die Grenzlinie zwischen den sowohl numerisch als auch alphabetisch gekennzeichneten Steinen wird jeweils durch einen Schriftzug gebildet, wobei dieser nicht weitere Grenzpunkte, sondern lediglich die Entfernung zwischen den Grenzsteinen in Ruten benennt. An verschiedenen Stellen ist dieser Schriftzug – vermutlich entsprechend dem Verlauf der Grenzlinie – gekrümmt, teilweise kreuzen Straßen, die wiederum als Schriftzug eingetragen sind, die verbale Grenzlinie. Ein unmittelbarer Bezug zur Praxis des Umgangs wird hier nicht nur durch die graphische Form hergestellt, sondern auch durch die Korrespondenz der Karte mit dem im Kopiar befindlichen und der Skizze unmittelbar nachfolgenden Schnatgangsprotokoll, in dem die Grenzsteine ebenfalls nummeriert sind.455 Ein früher Vorläufer für das in Bayern und Westfalen nachweisbare kartographische Verfahren, der freilich noch nicht als Karte, sondern eher als Diagramm zu bezeichnen ist, findet sich im „Liber fundatorum“ des Stifts Zwettl von 1326/29.456 Dargestellt ist der Stifter Hadamar I. aus dem Adelsgeschlecht der Kuenringer, der gemeinsam mit dem ersten Zwettler Abt Hermann die Grenzen des Gründungsgutes umreitet. Dieses Gründungsgut ist als ‚circulus magnus‘ dargestellt, wobei am äußeren Rand des Kreises wichtige Grenzpunkte, die sich auch in den Grenzbeschreibungen der Gründungsurkunden finden, entsprechend ihrer Lage durch Schriftzüge eingetragen sind. Gerhard Leidel hat darauf aufmerksam gemacht, dass in den bayerischen Grenzkarten der „Übergang von der linearen Ortsnamenreihe im Text zur flächigen Ortsnamenverteilung auf der Karte“ greifbar wird, diese spezifische Form der Kartengestaltung also gleichsam die „Nahtstelle von Grenzbeschreibung und Grenzzeichnung“ bilde.457 Unbewusst knüpft er damit an die im Zusammenhang der verbalen Beschreibungen bereits erwähnten Überlegungen von de Certeau zu „parcours“ und „cartes“ als den zwei Verfahren der Beschreibung von Raum an.458 Dieser hatte darauf hingewiesen, dass die Karte sich parallel zur Herausbildung der modernen Wissenschaft zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert von den Wegstrecken gelöst habe, die ursprünglich die Bedingung ihrer Möglichkeit gewesen seien. Die ersten Karten, etwa Portolan- oder Pilgerkarten, seien eng an Wegstrecken orientiert gewesen und hätten eine – durch Abbildungen illustrierte – Kette von Handlungsanweisungen zur Durchquerung des Raumes geboten. In der Frühen Neuzeit habe sich die Karte dagegen verselbständigt und den Raum kolonisiert, „elle élimine peu à peu les figurations picturales des pratiques qui la 455 Paderborn, Erzbistumsarchiv, Hs. 44, fol. 383r–v. 456 Zwettl, Stiftsarchiv, Hs. 2/1, fol. 12r; vgl. Kleine 2009, S. 247f. mit Abb. 457 Leidel 2003, S. 108. 458 Certeau 1990, S. 175–180. Vgl. oben Kap. II.1 („Verbale Beschreibungen“).

Vermessung und Kartierung

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produisent.“459 Dieser Übergang – von der Wegstrecke nach de Certeau bzw. der verbalen Beschreibung nach Leidel hin zur Karte – wird mit den kartographischen Skizzen des bayerischen Landgerichts Weißenhorn illustriert. Zugleich lassen sie sich mit den Diagrammen hochmittelalterlicher Skriptoren in Verbindung bringen, die ebenfalls den Versuch einer Überführung von verbalen Inhalten in schematische Darstellungen unternahmen. Die bayerischen Karten bezeichnen gleichsam ein evolutionäres Zwischenstadium, in dem die lineare Form der Beschreibung noch erkennbar, aber zum Teil schon überwunden ist.460 Zu betonen ist freilich, dass hierin keine geradlinige, gleichsam teleologische Entwicklung von der verbalen Beschreibung von Grenzen zur kartographischen Darstellung zu sehen ist. Vielmehr behielten, wie bereits oben ausgeführt, die verbalen Beschreibungen bis weit in die Frühe Neuzeit ihre zentrale Bedeutung bei der Beschreibung und Markierung von Grenzen. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, wenn Akten mit Grenzbetreffen neben verbalen Beschreibungen auch illustrierende Kartenskizzen enthalten, wenngleich solche Zusammenhänge durch die archivische Praxis der Entnahme und separaten Aufbewahrung von Karten häufig nicht mehr nachzuvollziehen sind. Zu verweisen ist für das Spätmittelalter auf das genannte Bödekker Beispiel oder auch auf die bereits seit dem frühen 15. Jahrhundert andauernden Grenzstreitigkeiten zwischen der Freien Stadt Basel und dem bischöflichen Dorf Riehen.461 In den diesbezüglichen Akten taucht um 1508 eine Karte mit dem Titel „Limitacio super dominia in Ryehen“ auf, die das strittige Gebiet skizziert und die wichtigsten Orientierungspunkte vor Ort nennt, ohne allerdings eindeutig auf bestimmte Stellen eines ebenfalls in der Akte befindlichen Grenzgangsprotokolls zu verweisen.462 Gleichwohl war die Skizze sicherlich als Hilfsmittel zum Verständnis der verbalen Beschreibung gedacht und in dieser Funktion abhängig von dem Protokoll der Grenzbegehung. Eine autonome Stellung der Kartierung als Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen ist also nicht gegeben. Dementsprechend führen die diesbezüglichen Ausführungen von Sieber-Lehmann bezüglich der „Modernität und Innovation“ der kartographischen Darstellung 459 Certeau 1990, S. 178. 460 Vgl. auch die Karte der Bergbaugrenze am Fichtelberg bei Oberwiesenthal in Sachsen von 1529, in der die verbale Beschreibung der Grenzbegehung entlang der dabei genommenen Wegstrecke eingetragen ist. Anders als bei den bayerischen Karten lehnen sich die Schriftzüge hier allerdings an kartierte Wege und Straßen an und bilden diese nicht selbst, Bönisch u. a. 1990, S. 138, Abb. S. 137. 461 Vgl. ausführlich Sieber-Lehmann 2000, S. 192–205. 462 Sieber-Lehmann 2000, S. 198f., Abb. S. 200f.; der Text des Protokolls ist abgedruckt ebd., S. 206f.

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Vormoderne Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen

und der Kosten dieser Modernisierung im Sinne einer Weber’schen ‚Entzauberung‘ vollständig in die Irre:463 Die Karte ersetzte weder die verbale Beschreibung noch die symbolischen Grenzumgänge einschließlich der Zeugenbefragungen und anderer Rituale.464 Sie illustrierte vielmehr einen materiell im Feld nachvollziehbaren, verbal dargestellten und symbolisch vollzogenen Grenzverlauf, war aber unabhängig von diesen anderen Beschreibungs- und Markierungsverfahren nicht verständlich. Ganz ähnlich verhält es sich mit Karten in entsprechenden Aktenzusammenhängen in späterer Zeit.465 Zwar wird das Kartenbild im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts elaborierter. Der Bezug bzw. die Abhängigkeit zur verbalen Beschreibung und den anderen Verfahren bleibt aber bestehen, wenngleich sich die Karte zunehmend von der bloßen Illustration zu einem komplementären Teil der Beschreibung und Markierung von Grenzen entwickelt, wie weiter unten noch auszuführen ist.466 Diese Komplementarität der Verfahren wird interessanterweise schon in der zwischen 1324 und 1331 von Paolino Minorita (ca. 1270–1344) erarbeiteten „Chronologia magna“ angesprochen, einer Weltchronik, die die früheste Sammlung von Karten enthält, die auf den Erkenntnissen der zeitgenössischen Geographie beruhen.467 Zur Wiedergabe eines Landes in seiner konkreten Beschaffenheit bedürfe es laut dem Autor einer doppelten Karte – mit Malerei und Schrift. Beide ergänzten sich, denn ohne Schrift würden territoriale Einheiten im Kartenbild ungeordnet gezeigt, umgekehrt könne nur das Bild die Grenzen so zeigen, dass sie

463 „Wenn wir uns aber an die früheren Kundschaften zu Grenzumgängen erinnern […], so spüren wir gleichzeitig einen Verlust, die Webersche ‚Entzauberung’, die eine rationale Verwaltung herbeiführt. Auf unserer Kartenskizze sind der böse Kleinbasler Bannwart, die Kirchweihschlägereien, die ‚mutschellen‘ für die braven Schüler und das rote Hütlein nicht mehr sichtbar. Die Beteiligung der Bevölkerung am Grenzumgang liesse sich, wenn wir nicht zufällig eine textuelle Beschreibung hätten, überhaupt nicht mehr feststellen. An die Stelle des Aushandelns von Grenzverläufen, an die Stelle von Konflikten und Interaktion ist das der Sprache entbundene Bild getreten, sozusagen ein verwaltungstechnisches Fertigprodukt. Man weiss jetzt, wo die Grenze durchgeht, ohne dass sie, die an der Grenze lebenden Menschen, noch darüber befragt werden müssen“, Sieber-Lehmann 2000, S. 204f. 464 Dies gilt auch auf einer allgemeinen Ebene der Raumbeschreibung: „A striking continuity between the medieval and Renaissance periods involves the persistence of textual descriptions of the world, which were by no means replaced by their graphic equivalents”, Woodward 2007, S. 7. 465 Vgl. Vollet 1990, S. 33, mit Beispielen aus fränkischen Reichskammergerichtsprozessen um 1600. 466 Vgl. unten Kap. IV („Grenzziehungen im 16. und 17. Jahrhundert“). 467 Michalsky 2006, S. 245.

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als wie vom Auge selbst wahrgenommen gelten würden.468 Maßstab der verbalen und kartographischen Beschreibung und Markierung von Grenzen ist also ganz offensichtlich der Augenschein, die Begehung der Grenzen vor Ort. Die Kartenskizzen aus Bayern und Westfalen gehören zu den seltenen Belegen für die Kartierung von Grenzen im deutschsprachigen Raum im 15. Jahrhundert.469 Derartig frühe Grenzdarstellungen aus dem Reich haben sich ansonsten nur für die Niederlande erhalten:470 Bereits in das Jahr 1448 datieren drei Karten aus einem Prozess zwischen der südholländischen Stadt Geertruidenberg und dem Herrn von Standhazen, Jan van Nassau.471 Um seinen Standpunkt betreffend des strittigen Grenzabschnitts im Torfmoor zwischen den beiden Nachbarn zu unterstreichen, ließ letzterer die Gegend samt Grenze kartieren. Neben einer Kartenskizze sind die erste Reinzeichnung und die schließlich beim Gericht vorgelegte Karte erhalten, die gegenüber der ersten Fassung gewisse Abweichungen zugunsten Jans aufweist und damit „een deels vertekend, partijdig beeld“ zeichnet.472 Auf einer Karte des Laufs von Schelde und Honte (Westerschelde) von 1468 fehlt zwar die Einzeichnung von Grenzen, eine solche scheint aber doch intendiert gewesen zu sein, weshalb die Karte hier ebenfalls genannt sei.473 Sie entstand im Zusammenhang eines Streits um den Zoll auf der Honte, den die Antwerpener Schiffer nicht zu zahlen bereit waren. Ursache war die zwischen der Grafschaft Flandern und dem Herzogtum Brabant strittige Benennung des Flusses und die dementsprechend differierende Interpretation von Zollprivilegien. Um die Streitigkeiten beizulegen, ließ Karl der Kühne, der beide Territorien in seiner Hand 468 „Requiritur autem mappa duplex, picture ac scripture, nec unum sine altero putes sufficere, quia pictura sine scriptura provincias seu regna confuse demonstrat, scriptura vero non tamen erit sufficienter sine adminiculo picture provinciarum confinia per varias partes celi sicut determinat ut quasi ad oculum conspici valeant“, zit. nach Michalsky 2006, S. 250f. 469 Vgl. als weiteres Beispiel die Karte der Pfarrei Paffrath von 1448, Gorissen/Sassin/Wesoly (Hg.) 2014, Abb. S. 47. 470 Vgl. die verdienstvolle Übersicht von Krogt 2008; zuvor bereits die chronologische Zusammenstellung bei Harvey 1987, S. 499f. Gemarkungsgrenzen finden sich auf einer Karte der Gegend um Dirksland, Melissant und Sommelsdijk auf der südholländischen Insel Overflakkee, die aufgrund von Streitigkeiten um die dortigen Deiche entstanden ist, Brüssel, Archives Générales du Royaume, Grand Conseil de Malines, Appels de Hollande 188 sub G; vgl. Huussen 1974, S. 7f., Abb. 1; Harvey 1987, S. 486, Abb. S. 487. 471 Den Haag, Nationaal Archief, Nassauschen Domeinraad, Inv.Nr. 714.1068; vgl. Margry 1984 mit Abb.; Krogt 2008, S. 32f. mit Abb. 472 Margry 1984, S. 31. 473 Brüssel, Archives Générales du Royaume, Inv. des Cartes et Plans 1848, Nr.  351; vgl. Gottschalk/Unger 1950; Harvey 1987, S. 486, Abb. S. 488–490; Krogt 2008, S. 34 mit Abb.

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vereinigte, die genannte Karte anfertigen, zielte damit aber wohl auch darauf, die insgesamt unklaren Grenzverhältnisse zwischen Flandern und Brabant im betreffenden Bereich zu klären. Zumindest durch einen verbalen Hinweis an einem Teilstück der Grenze („Hier scheyden beyde de stromen“) wurde dies auch umgesetzt, weiter kam man in der Sache aber nicht.474 Aus dem Jahr 1472 datiert eine Karte der strittigen Grenze zwischen dem zur Grafschaft Holland gehörigen Gooiland (Nordholland) und dem Hochstift Utrecht.475 Die Skizze stammt von der Utrechter Partei, verzeichnet aber sowohl „onse“ als auch „huer rade“, also unsere bzw. deren Grenze, die damit als unmittelbar konkurrierende Raumkonstruktionen einander gegenübergestellt werden.476 Zu nennen ist schließlich eine ebenfalls in das 15. Jahrhundert zu datierende Karte der Herrlichkeiten Voorne und Putten, die sowohl die Grenzen markiert als auch die beiden Herrschaftsbereiche farblich voneinander absetzt.477 Neben den im Mittelalter in vielen westeuropäischen Regionen und schließlich auch im Reich nachweisbaren schematischen Kartenskizzen entstand im 15. Jahrhundert mit dem sogenannten Augenschein eine kartographische Form, die vor allem im 16. Jahrhundert die Überlieferung dominiert, aber durchaus auch später noch vorkommt. Es handelt sich dabei im weitesten Sinne um Landschaftsgemälde in Schrägaufsicht.478 Ihr Name leitet sich von der nach älterem deutschen Recht üblichen Inaugenscheinname des strittigen Ortes durch das Gericht oder durch Beauftragte ab.479 Bei diesen Ortsbesichtigungen wurden Protokolle geführt und etwa im Falle von Grenzstreitigkeiten verbale Beschreibungen der besichtigten Grenzen angefertigt. Auch der kartographische Augenschein folgte dem Auge: Der Zeichner respektive Maler stand auf einem erhöhten Ort und zeichnete, was er in eine Richtung schauend sah. Um größere Landschaftsabschnitte abzubilden, wechselte er den Standpunkt, nahm den nächsten Augenschein auf und fügte diesen an den vorherigen usw.480 Die ‚kartierten‘ Gegenden wirken daher gleichsam aufgeklappt, wenn etwa zwei Seiten eines Flusses oder die Hänge eines Tales 474 Gottschalk/Unger 1950, S. 154f., das Zitat S. 155. 475 Den Haag, Nationaal Archief, Grafelijkheid van Holland, Rekenkamer 755f.; vgl. Enklaar 1931/32, S. 188–192 mit Abb.; Harvey 1987, S. 486; Krogt 2008, S. 34f. mit Abb. 476 Zit. nach Krogt 2008, S. 34. 477 Den Haag, Nationaal Archief, toegang 4. VTH, Nr. 2028; vgl. Krogt 2008, S. 39 mit Abb. 478 Vgl. nur die Beispiele bei Veddeler 1985; Leidel (Bearb.) 2006; Horst 2009. 479 Hellwig 1992, S. 817. 480 Zur Herstellungspraxis im Gelände vgl. das eindrucksvolle Quellenbeispiel von 1423 bei Dainville 1970, S. 102; außerdem Hellwig 1992, S. 815–817. Auf die Herstellungspraxis von Karten verweisen auch die Ortsansichten aus dem oberen Pegnitztal von 1522/23 bei *Krausen (Bearb.) 1973, S. 3f., Nr. 6a, die wohl für den Maler einer künftigen Karte dieses

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einander gegenüberstehend dargestellt werden (Taf. 6),481 oder aber endlos gereiht, wenn eine Grenze in voller Länge abgebildet wird (Taf. 7).482 Gelegentlich findet sich auch ein vollständiges Panorama in Form einer Rund- oder Kreiskarte.483 Das Ergebnis des Augenscheins ist also keine perspektivisch genaue Wiedergabe der topographischen Gegebenheiten, vermittelt aber immerhin einen mehr oder weniger realistischen Eindruck der vor Ort vorgefundenen Situation.484 Dass Grenzgebiets zwischen Oberer Pfalz und Hochstift Bamberg gedacht waren und vermutlich von dem Schreiber des Begehungsprotokolls stammen; vgl. hierzu auch Schnelbögl 1971. 481 Vgl. etwa die die beiden Karten des Inntals zwischen Kirnstein und Niederaudorf bis Erl von Joachim Österl aus den Jahren 1575 und 1576, die im Zusammenhang der wasserbaulichen Auseinandersetzungen zwischen dem Herzogtum Bayern und der Grafschaft Tirol entstanden, München, BayHStA, Plansammlung 2412; ebd., 2314; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 33, Nr. 108; ebd., S. 102, Nr. 314; Horst 2009, Bd. 2, S. 296–299 mit Abb., oder die Karte des Gebiets um Prühl bei Oberscheinfeld von 1581, die im Zusammenhang der Streitigkeiten zwischen Graf Heinrich zu Castell und Graf Johann von Schwarzenberg um den Schaftrieb in der Gegend angefertigt wurde, München, BayHStA, Plansammlung 9983; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 44, Nr. 142; Leidel (Bearb.) 2006, S. 96–104, Abb. S. 97. 482 Vgl. etwa das Libell mit 35 Ansichten der Grenze zwischen den bayerischen Pfleggerichten Schärding und Ried und dem Land ob der Enns von 1594, das im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen dem Herzogtum Bayern und dem Fürstentum Österreich angefertigt wurde, München, BayHStA, Plansammlung 905 B; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 61, Nr. 198; Leidel (Bearb.) 2006, S. 125–128 mit Abb. Die Grenze ist hier in insgesamt 35 Augenscheine zerlegt, die jeweils in etwa dem Gesichtsfeld, also dem bei geradeaus gerichtetem Blick wahrnehmbaren Bereich entsprechen. 483 Vgl. etwa die Rottweiler Pürschgerichtskarte von David Rötlin von 1564, die im Zusammenhang von Streitigkeiten zwischen der Reichsstadt und dem Herzogtum Württemberg um die Grenze der Jagdgerechtigkeit entstanden ist und die die Stadt und das von ihr beanspruchte Herrschaftsgebiet, markiert mit pyramidenförmigen Grenzsteinen sowie Wappenschilden in den verschiedenen Orten, zeigt, Hecht 1987; knapp außerdem Stochdorph 1990; oder die Panoramakarte des Gebiets um das Dorf Röttenbach von 1568, die im Zusammenhang von Streitigkeiten zwischen dem pfalz-neuburgischen Pflegamt Heideck und dem Deutschen Orden zu Röttenbach um die Grenze der Gerichtsbarkeit entstanden ist, München, BayHStA, Plansammlung 10406; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 20, Nr. 66; Wolff 1988, Abb. S. 78; Leidel (Bearb.) 2006, S. 81–84 mit Abb. Vgl. als weiteres Beispiel *Krausen (Bearb.) 1973, S. 50f., Nr. 165 (1588). 484 Diese Form der Geländedarstellung findet sich auch in der frühen Militärkartographie, hat sich aber nur vergleichsweise selten erhalten, vgl. die Beispiele bei Büttner 2003, S. 473– 475. Entsprechende Zeichenübungen werden seit dem 16. Jahrhundert in der Erziehungsliteratur für Adlige nachdrücklich empfohlen; ebd., S. 467–470, die folgenden Zitate ebd., S. 469f. Die gewonnenen Fertigkeiten sollten insb. im Krieg zum Einsatz kommen, „um Orte, Landschaften, Flüsse, Brücken, Burgen, Festungen und ähnliche Dinge zu zeichnen, die man einem anderen nicht zeigen kann, auch wenn man sie gut im Gedächtnis bewahrt“, wie Baldessare Castiglione im „Libro del Cortegiano“ (1528) schreibt. Noch deutlicher wird Thomas

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diesen panoramaartigen Ansichten genauere Vermessungen zu Grunde lagen, ist unwahrscheinlich, auch wenn die Kartographen mit Peilungen und Winkelmessungen gearbeitet haben mögen, um zumindest Lagebeziehungen adäquat abzubilden.485 Eine vermessungsbasierte Konstruktion von Räumen und Grenzen in Form maßstabsgetreuer Grundrisse findet sich in der Regel erst seit der Wende zum 17. Jahrhundert.486 Sie setzte sich im weiteren Verlauf der Frühen Neuzeit durch, wenngleich bei großmaßstäbigen Ansichten noch für längere Zeit Augenscheine bevorzugt wurden.487 Ein frühes Beispiel der Anwendung des Augenschein-Verfahrens in einem Grenzstreit sind die beiden Karten des Vallée de Château Dauphin von 1422.488 Auch wenn diese keine Grenzlinien enthalten, dienten sie in dem Streit zwischen dem französischen Dauphin Karl, dem späteren Karl VII., und dem Markgrafen von Saluzzo, Ludwig I., zur Visualisierung der strittigen Orte. Die Grenze wurde Elyot, der in seinem „Boke named Governor“ (1531) ausführt, dass „mittels des Konterfeiens oder Malens nun kann ein Kriegsmann das Land seines Gegners darstellen; dadurch kann er gefährliche Wege mit Heer oder Flotte vermeiden. Auch erkennt er günstige Stellen und die Form der Schlachtordnung seiner Feinde, wie unter dem Gesichtspunkt größter Sicherheit den Platz für sein Lager und Stärke oder Schwäche der Festung, die er angreifen will. Und, was besonders zu bedenken ist, besucht er eigene Länder, dann kann er sie bildlich darstellen, derart, daß sich seinen Blicken zeigt, wo er seine Arbeit und seine Geldmittel verwenden soll, sowohl zur Sicherung seines Landes als auch zu dessen Nutzen und Ehre. So hat er jederzeit seines Landes Schutzwehren und schwache Punkte, sein Wachstum und seine Schwierigkeiten sichtbar vor Augen.“ Vgl. insg. auch Büttner 2000, S. 79–98; zur Militärkartographie allg. Wolff 1988, S. 172–192. 485 Hellwig 1992, S. 816. 486 Zum Wandel der kartographischen Raumkonstruktion von der gedanklichen Raumvorstellung in Karten des Mittelalters über die wahrnehmungsbasierte Kartographie des 16. Jahrhunderts bis hin zur vermessungsbasierten Konstruktion von Räumen seit dem 17. Jahrhundert vgl. die aufschlussreichen Überlegungen von Leidel 2003, S. 114–116, 129, 134f. Frühere Grundrissdarstellungen sind laut Scharfe 1993, S. 191f., „Sonderfälle“, „sie haben sich aus der kleinräumigen Praxis ergeben und entwickelt, als die Notwendigkeit quantifizierbarer Raumdarstellung zur Flächenermittlung in Stadt und Flur mittels simpler, bereits im Altertum bekannter geometrischer Gesetze und Verfahren verwendet und zur Grundrißdarstellung geführt hatte, dem entsprach die Praxis der Architekten, bei denen Grundriß und Aufriß nebeneinander und gleichberechtigt gehandhabt wurden.“ 487 Vgl. unten Kap. III.3.2 („Karten als Instrument von Herrschaft und Verwaltung“). Graessner 2007 postuliert hingegen die Ablösung des Augenscheins von der geometrischen Karte um 1600, vergleicht allerdings in seiner Analyse Karten aus unterschiedlichen Funktionszusammenhängen – eine Augenscheinkarte aus einem Gerichtsverfahren vor und eine Landesaufnahme nach 1600. 488 Grenoble, Archives départementales de l’Isère, B 3710 und 1446; vgl. Dainville 1970, S. 99–102 mit Abb.

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schließlich mit vier kleinen Steinhaufen im Feld markiert. Eine weitere frühe Karte dieser Art von 1460 stellt einen Grenzabschnitt zwischen dem Herzogtum Burgund und dem Königreich Frankreich dar.489 Sie zeigt die Saône sowie die drei Ortschaften Heuilley, Maxilly und Talmay mit zugehörigen Wäldern in Schrägaufsicht sowie den dazwischen liegenden Weg und eine mit Grenzsteinen markierte Linie in der Vogelperspektive. Das früheste Beispiel aus dem Reich, das allerdings nicht territoriale, sondern gemeindliche Grenz- bzw. Rechtsstreitigkeiten betrifft, ist eine Karte der Pfuhler Au bei Ulm von 1496.490 Sie entstand im Zuge von Streitigkeiten zwischen den Dörfern Pfuhl und Böfingen um die Nutzung des Auwalds auf der Donauinsel. Diese war durch eine Veränderung des Flusslaufes vom nördlichen, Böfinger Ufer auf das südliche, Pfuhler Ufer zu liegen gekommen, was die Frage nach der gemeindlichen Zugehörigkeit des Auwalds und den diesbezüglichen Nutzungsrechten provozierte. 4.3 Vermessungswesen Sowohl die Augenscheine als auch die zuvor diskutierten Regionalkarten basierten nicht auf Vermessungen des Geländes. Grundlage war vielmehr die unmittelbare Anschauung, die sich entweder in einer landschaftsmalerischen Abbildung in Form eines Augenscheins oder in der Abstrahierung des Gesehenen in Form einer relationalen Visualisierung topographischer Orte auf einer Regionalkarte niederschlug. Gleichwohl waren bereits im Mittelalter verschiedene Methoden zur Vermessung von Land bekannt, insbesondere die Verwendung von Messschnüren, -seilen und -stangen. Sie wurden regelmäßig im Bereich der privaten bzw. gemeindlichen Landnutzung eingesetzt.491 Ein seltener materieller Überrest dieser Praxis ist für die Kölner Pfarrei St. Columba um 1255 überliefert. Es handelt sich um zwei Hanfschnüre, die der Dokumentation einer Grundstücksmessung 489 Dijon, Archives départementales de la Côte-d’Or, B 263; vgl. Dainville 1970, S. 112, Abb. 10; Harvey 1987, S. 487f.; Gautier Dalché 1996, S. 110, Abb. S. 112; Reichert 1998, S. 17f. mit Abb.; Stercken 2006, S. 149 mit Abb. 490 Stuttgart, Landesarchiv Baden-Württemberg  – Hauptstaatsarchiv, C 3 Bü 3336; vgl. Scheurmann (Hg.) 1994, S. 286, Abb. S. 259; außerdem zu den Prozessakten Brunotte/ Alexander (Bearb.) 1993–2008, Bd. 5, S. 255f., Nr. 3336. 491 Vgl. für die entsprechenden Bestimmungen in den germanischen Volksrechten *Grimm (Bearb.) 1955, Bd. 2, S. 66–68. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf das für Nordeuropa überlieferte Verfahren der Sonnenteilung, bei dem Grenzen durch die Markierung des Sonnenstands zu einer bestimmten Jahreszeit festgesetzt wurden, ebd., S. 65f.; Grimm 1991, S. 51–53. Zur Tradierung antiken Wissens über die Feldmesskunst vgl. unten Kap. III.1 („Vermessungswesen und Instrumentenbau“).

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dienten.492 Sie zeigen die Länge und Breite des Grundstücks hinter der Kammer des Hauses „Zom Lebarde“ an, die in den beigefügten Pergamentzetteln mit 25 bzw. 12 Fuß angegeben werden. Dass sich die aus den Schnüren abzuleitende Länge eines Fußes um etwa einen Zentimeter voneinander unterscheidet, zeigt, wie sinnvoll diese materielle Form der Dokumentation in einer Zeit nicht normierter Maße war. Nur so konnten die Abmessungen des Grundstücks auch längerfristig eindeutig überprüft werden. Aufzeichnungen über Vermessungen finden sich seit dem frühen 13. Jahrhundert häufig, nicht zuletzt in der landesherrlichen Überlieferung. Spätestens im 14. Jahrhundert war die schriftliche Fixierung gängige Praxis.493 Als Beispiel sei die „Gocher Landrolle“ genannt, die um die Mitte des 14. Jahrhunderts von dem in geldrischen Diensten stehenden, „gheswoeren lantmeter” Johann Weerdelieven erarbeitet wurde.494 Es handelt sich um einen Rotulus, der insgesamt 959 Parzellen im Bruch- und Heidegebiet westlich von Goch und Weeze mit Namen des Eigentümers bzw. des zugehörigen Hofes sowie der jeweiligen Fläche auflistet. Zwischenüberschriften geben die Gewanne, Fluren oder Rodungsbezirke an, zu denen die einzelnen Parzellen gehören, weitere Angaben betreffen die Deiche und Entwässerungskanäle.495 Die Vermessungsarbeiten wurden, wie erwähnt, von einem herzoglichen Beamten und seinen Gehilfen durchgeführt, 492 Köln, HASt, Best. 103 (Columba), Urkunden 1/202; ebd., 1/203; vgl. hierzu *Diederich (Bearb.) 2009, S. 14f., Nr. 30f. 493 Meurer 2007, S. 1177; vgl. auch die Belegliste für Landmesser in Preußen 1258–1449 bei Jäger 1982, S. 34. Für die Tätigkeit von Landmessern in den Niederlanden vgl. *Corpus, Bd. 5, S. 473f., Nr. N 659 (1294), hier S. 474: „alsoe alse wijt hem hebben doen meten met onsen ghesuoren lantmeter ende hijt begrepen heeft binnen sinen putten ende sinen palen“; Koeman/Egmond 2007, S. 1253, nennen 1282 als frühesten Beleg für die Niederlande; vgl. außerdem die Belege für das 14. und 15. Jahrhundert bei Pouls 1997, S. 36–40; für das Erzstift Köln *REK V, S. 238, Nr. 856 (1342): „unum mansum … per agrimessores legitimos et mensuratione legitima assignandum“; das Urbar von St. Pantaleon belegt für den Kölner Bereich bereits 1247 die Vermessung kirchlicher Güter: „Nos autem abbas […] et G. prior et conventus sancti Panthaleonis in Colonia predictum nemus prope Suchtelen situm […] per totum diligenter mensurari fecimus“, *Hilliger (Hg.) 1902, S. 151–153, Nr. 27, hier S. 152; vgl. Wisplinghoff 1984, S. 168. Lediglich Aufzählungen von Hufen ohne Angabe der genauen Flächenabmessungen finden sich in den von Kaiser Karl  IV. initiierten, auf Befragungen basierenden Aufnahmen für die Oberpfalz von 1366/68 und die Mark Brandenburg von 1375, *Schnelbögl (Hg.) 1973; *Schultze (Hg.) 1940; desgleichen im Landregister der Herrschaft Sorau (Lausitz) von 1381, *Schultze (Hg.) 1936. 494 Edition bei *Kastner 1988, S. 61–97; das Zitat in einer Urkunde Herzog Reinalds II. von Geldern vom 02.03.1346, abgedruckt in ebd., S. 98. 495 *Kastner 1988, S. 10f. Dass das Verzeichnis von einer graphischen Darstellung ergänzt wurde, wie Meurer 2007, S. 1177, vermutet, erscheint angesichts des in dieser Zeit fast gänzlichen

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wobei die Parzellen ausgehend von den Entwässerungskanälen in schnurgerader Linie „gheslaen“ wurden.496 Entsprechende Formen der Flurvermessung und schriftlichen Fixierung der Ergebnisse wurden auch in der Frühen Neuzeit noch praktiziert, ohne dass diese Daten in Karten übertragen wurden. Beispiele sind etwa das „Register van gemeten lande“ für die Domänen des Herzogs von Kleve, 1543 angelegt von dem Landmesser Johann Potgieter und in der Folge weiter ergänzt und fortgeführt,497 oder auch die im 16. und 17. Jahrhundert für das Kurfürstentum Köln angefertigten „descriptiones bonorum“, die mit Blick auf die Steuerverwaltung die Güter der kurfürstlichen Tafel sowie von Domkapitel, Geistlichkeit, Adel und Nichtadeligen mit Angabe ihrer Größe auflisten.498 Zumindest für die letzte dieser Güterbeschreibungen von 1669/70 ist gesichert, dass sie auf der Grundlage von geometrischen Vermessungen erstellt wurde,499 für die vorhergehenden ist dies aufgrund der Spezifierung der Flächen in ­Morgen o. ä. ebenfalls anzunehmen.500 Ein Übergang von der ausschließlich auf Zahlen basierenden Dokumentation von Messergebnissen zu deren Visualisierung lässt sich ebenfalls am Niederrhein im Zusammenhang der regelmäßig stattfindenden Deichschauen feststellen.501 Vermessungen der dortigen Deiche sind seit dem 14. Jahrhundert belegt, um die Beiträge zum Unterhalt der Deiche, die von Grundbesitzern und Pächtern zu leisten waren, den sich ständig wandelnden Verhältnissen des Flusslaufes anzupassen; hierzu dienten auch Flussbefahrungen, die spätestens seit dem 16. Jahrhundert ebenfalls regelmäßig durchgeführt wurden.502 Im Zusammenhang der Fehlens von Karten im Zusammenhang mit Güteraufzeichnungen eher unwahrscheinlich, vgl. hierzu oben Anm. 415. 496 *Kastner 1988, S. 31. 497 „Register van gemeten lande ind paelingen van lijff ind andern guedern gehoerende int lant­ rent meisterampt“, Duisburg, LAV NRW R, Kleve-Mark, Akt. 3985; hierzu knapp Aymans 1994, S. 55. 498 Vgl. *Oediger (Bearb.) 1970, S. 83f. 499 Duisburg, LAV NRW R, Kurköln II, 1116a; ebd., 1127; ebd., 1131; ebd., 1132; ebd., 1154; ebd., 1135; ebd., 1137. Vgl. hierzu *Binterim/Mooren 1893, S. 407–425, mit einem Auszug betr. den Besitz des Domkapitels; Fabricius 1965, S. 53f. Die kurkölnischen Vermessungsaktivitäten führten 1660 auf jülich-bergischer Seite dazu, dass sämtliche Ämtergrenzen und insb. die zum kurkölnischen Territorium aufgenommen und kartiert werden sollten. Entsprechende Unterlagen und Karten sind allerdings nicht erhalten, Wisplinghoff 1984, S. 173. 500 Vgl. etwa das Deskriptionsbuch von 1599, Duisburg, LAV NRW R, Kurköln II, 5353; ebd., 3937; Teiledition bei *Binterim/Mooren 1893, S. 34–153. 501 Vgl. Aymans 1994, S. 55; Aymans 1995, S. 197f. 502 Aymans 1995, S. 199f. Die regelmäßige „befaerunge ind besichtigung des Rynstroems und etlyker warde in dem furstendomb van Cleve“ belegen die diesbezüglichen kleve-märkischen

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Vermessungen entstanden zahlreiche Deichrollen, also Listen der Parzellen mit Angaben zu Längenangaben und berechneten Flächen, Grundstücksnamen, Eigentümern, Pächtern usw.503 Seit dem späten 16. Jahrhundert wurden diese Daten auch kartographisch umgesetzt, wobei nicht die Ausarbeitung topographisch exakter Karten intendiert war, sondern eine Visualisierung des Zahlenwerks als Grundlage von Flächenberechnungen.504 Die frühesten Kartenskizzen dieser Art stammen von Heinrich von Senheim und entstanden im Rahmen der Wallacher Deichschau von 1580 (Abb. 12).505 Es handelt sich um Skizzen, die die ungefähre Gestalt der einzelnen Parzellen zeichnerisch wiedergeben, nicht aber das umgebende Gelände, wie etwa Straßen und Wege. Denn tatsächlich vermessen wurden nur die Parzellen selbst, die übrigen Landschaftsmerkmale werden in den Skizzen lediglich der Orientierung halber in knappen schriftlichen Notizen erwähnt.506 Die Karten dienten also nicht der Geländedarstellung, sondern

Strombefahrungsprotokolle von 1531, 1540, 1547–1562, 1553, 1560, 1564–1566, 1570–1574, Duisburg, LAV NRW R, Kleve-Mark, Akt. 917–925, das Zitat ebd., 922, fol. 1r. Es handelt sich um verbale Zustandsbeschreibungen in der Reihenfolge der besichtigten Orte, wobei keine Vermessungen vorgenommen, sondern lediglich nach Augenschein geurteilt wurde. Das Protokollbuch von 1570–1574 enthält auch drei Situationsskizzen, ebd., 925, fol. 1v, 31r, 37v, was einen Wandel in der Beschreibungspraxis andeutet. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch die fast sechs Meter breite „Geographische contrafactur“ der Uferbefestigung zwischen Poll und Deutz von 1583, die im Zuge der Bemühungen des Kölner Rates um die Sicherung des Flussbettes angefertigt wurde und sowohl der Zustandsbeschreibung als auch der Planung weiterer Arbeiten dienen sollte, Köln, HASt, Best. 7100 (Plankammer), 3/367; vgl. Kleinertz (Bearb.) 1977, S. 37f. mit Abb. 503 In diesen Zusammenhang gehört etwa das von 1499 bis 1600 geführte „everingboeken“ für das flandrische Tiefland an der Scheldemündung, Aymans 1995, S. 198. 504 Kartenskizzen und Augenscheine von Deichen ohne vermessungstechnische Grundlage sind freilich schon früher nachzuweisen, vgl. etwa die Karte eines Teils des Spaarndammer Deiches in Nordholland, die einem Prozess um die Zuständigkeit bei der Deichpflege von 1457 entstammt, Krogt 2008, S. 33 mit Abb. Die Niederlande waren aufgrund ihrer geographischen Situation im Deichbau und der diesbezüglichen Vermessungs- und Kartierungstechnik führend. Bereits im 12. Jahrhundert entwickelten sich mit den ‚waterschappen‘ Institutionen, die für die Erhaltung der Deiche und das Wassermanagement zuständig waren. Seit ca. 1400 beschäftigten die ‚waterschappen‘ Feldmesser. Im 15. Jahrhundert sind Kartierungen noch selten, seit den 1520er Jahren aber immer häufiger, Koeman/Egmond 2007, S. 1263–1268. 505 Duisburg, LAV NRW R, RW Karten 4540; vgl. Aymans 1994 mit Abb. S. 58; Aymans 1995 mit Abb. S. 202. 506 Aymans 1995, S. 57, 59; Aymans 1995, S. 201.

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Abb. 12: Senheim, Heinrich von: Kartenskizze der Wallacher Deichschau, 1580, Federzeichnung, 31 x 21,5 cm (Duisburg, LAV NRW R, RW Karten 4540, S. 118 [fol. 62r]).

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der Dokumentation von Vermes­sungsergebnissen.507 Maßstäbliche Karten des Geländes finden sich erst im 1731 bis 1736 angelegten Klevischen Kataster.508 Neben diesen herrschaftlichen Vermessungen des territorialen Binnenraums finden sich zumindest im späteren Mittelalter auch Beispiele für die Übertragung der bekannten Vermessungsmethoden auf Landesgrenzen. So erwähnt Karp, dass bei der Teilung des Bistums Samland zwischen dem Deutschen Orden und dem Bischof 1257/58 zunächst der Berg Königsberg aufgeteilt wurde. Die Vermessung erfolgte mit Seilen, wobei die Länge eines Seiles bezeichnenderweise zehn „virgae“ betrug.509 Es wurde also das Maß benutzt, in dem vor Ort auch Hufen gemessen wurden, was auf eine direkte Übertragung der im privatrechtlichen Bereich gebräuchlichen Verfahren auf herrschaftliche Grenzziehungen schließen lässt. Eine elaboriertere Form der Grenzvermessung ist für 1374 wiederum für das Deutschordensgebiet nachgewiesen. Ein Schiedsspruch verfügte, dass sich Vertreter des Ordens und des Bistums Ermland im nächsten Winter, wenn die Seen zugefroren seien, treffen sollten, um eine geradlinige Grenzfestsetzung zu bewerkstelligen. Hierfür sollte ein Drehbaum, also ein Feldmessinstrument auf einem hölzernen Drehfuß mit einer daran montierten Stange, benutzt werden („ad transeundum secundum dyametrum seu directam lineam“ bzw. in der deutschen Fassung „zcu gehin noch eyme dreboum vnde [adir] eyner gerichten linien“). Das Ergebnis der Bemühungen war eine schnurgerade Grenzlinie von immerhin 78 Kilometern.510 4.4 Zwischenfazit Auch wenn die in diesem Kapitel diskutierten Karten und Vermessungsmethoden ein im Mittelalter nicht nur vorhandenes, sondern spätestens seit dem 14. Jahrhundert deutlich zunehmendes Raum- und Territorialbewusstsein bezeugen, stellt die 507 Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf ein bislang nicht beachtetes Deichschaubuch von 1586 und eine Kopie mit Ergänzungen in Rees, StadtA, Abt.  XIII, Nr. 1; ebd., Nr. 1a. Die Karten im Original skizzieren die Gestalt der nummerierten Parzellen, vermerken deren Fläche und machen Angaben zu Besitzern und Pächtern. Einen genaueren Eindruck von der räumlichen Situation vermitteln die Karten in der Kopie. Ich danke Tina Oostendorp (Rees) für den Hinweis auf die Deichschaubücher und die Bereitstellung von diesbezüglichem Material. 508 Vgl. hierzu unten Kap. V.1 („Landesvermessungen als Instrument staatlicher Verwaltung“). 509 Karp 1972, S. 14f.; vgl. auch Jäger 1982, S. 26. 510 Karp 1972, S. 13f. Ein solcher Drehbaum wird schon 1285 in einer Kulmer Urkunde betr. das Gut Morzyn als Vermessungsinstrument erwähnt und begegnet auch im 14. Jahrhundert häufiger.

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kartographische Beschreibung von Herrschaftsräumen und Grenzen gegenüber den zuvor diskutierten Verfahren in dieser Zeit ein nachgeordnetes Phänomen dar. Dennoch ist die Bedeutung von Karten zur Beschreibung und Markierung von Grenzen auch für das Mittelalter zu betonen, nicht zuletzt gegenüber der Forschung, die bis in die jüngste Zeit die Absenz politischer Grenzen auf mittelalterlichen Karten postulierte. Wojciech Iwańczak etwa konstatiert noch 2006: „Political borders seem – at least in the principle – to be characteristic of modern times as the cartographers of the Middle Ages had to tackle entirely different problems.“511 Diese Aussage ist sicherlich für die kleinmaßstäbigen Weltkarten nicht falsch, allerdings übersieht der Autor die oben diskutierten Regionalkarten. Sie sind in Bezug auf die Frage nach Grenzen im Mittelalter erst seit einigen Jahren stärker in den Fokus gerückt, auch wenn eine der grundlegenden Arbeiten hierzu, von François de Dainville, bereits aus dem Jahr 1970 stammt. Für das von ihm untersuchte südöstliche Frankreich stellt der Autor fest, dass der Hauptzweck der Karten spätestens seit dem 15. Jahrhundert sei, „de discuter et d’arrêter des limites à tous les rang“.512 Folglich kann auch die Idee der räumlich-territorialen Herrschaft den kartenproduzierenden Fürsten nicht völlig fremd gewesen sein. Anna-Dorothee von den Brincken erwähnt Dainvilles Einsichten in ihrem grundlegenden quellenkundlichen Überblick zur europäischen Kartographie des Mittelalters von 1988 zwar beiläufig, lässt sich dadurch aber nicht in ihrer generellen Auffassung beirren, dass es „bis in den Ausgang des Mittelalters keinerlei Einzeichnung politischer Grenzen in Karten“ gegeben habe.513 Überhaupt hätten den Karten „keine Tendenzen“ innegewohnt, sie böten „gar keine politischen Aussagen“.514 Mit dieser offensichtlich einseitigen Zuspitzung rettet von den Brincken ihre These, dass während des gesamten Mittelalters der Grundsatz aufrechterhalten wurde, Veränderungen an Karten seien zu vermeiden („ne varietur pictura“), dienten die kartographischen Darstellungen doch dazu, den 511 Iwańczak 2006, S. 672. 512 Dainville 1970, S. 121: „Ces documents cartographiques manifestent les abus, empiètements, usurpations, par lesquels les juridictions seigneuriales de tous ordres ou les agissements des officiers royaux avaient cherché à étendre leur ressort, attestent la localisation ancienne des bornes, des arbres, des croix détruits. Ils expriment aussi l’effort pour sortir de l’imprécision par le soin qu’ils ont de préciser l’appartenance des lieux à tel ou tel comté, province […] et de jalonner une carte ou le terrain de bornes, de croix de repères, de le cerner par une rivière ou un chemin. Ce travail de jalonnement et de délimitation tend, à l’évidence, vers la frontière linéaire. Les mentions ‘extra’, ‘juxta’, ‘intra debati’, ‘limitrophus’, épinglées aux vignettes, traduisent le recherche d’une exacte localisation de la limite.“ 513 Brincken 1988, S. 32; die Erwähnung der Arbeit von Dainville ebd., S. 75. 514 Brincken 1988, S. 69.

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(unwandelbaren) ‚ordo‘ der Welt zu erschließen und damit letztlich Gott zu verherrlichen.515 „Nicht Ebenbildlichkeit mit der Wirklichkeit ist hier das Ziel, sondern Beziehung von Einzelheiten zueinander in einem Rahmen, also der ordo der ‚loca, in quibus res gestae sunt‘.“516 Einen diesbezüglichen Wandel sieht die Autorin erst mit der Ptolemäus-Renaissance und den Entdeckungen des (späten) 15. Jahrhunderts gekommen, die eine Hinwendung zur wirklichkeitsgetreuen Detaildarstellung eingeleitet hätten.517 Was für die in der Argumentation von den Brinckens zentralen ‚mappae mundi‘ grundsätzlich richtig sein mag, trifft für die mittelalterliche Regionalkartographie keineswegs zu. In ihr zeigt sich vielmehr eine völlig andere Auffassung von Kartographie, nämlich der Versuch, die tatsächlichen geographischen und topographischen Gegebenheiten zum Zwecke des praktischen Gebrauchs festzuhalten, und dies, wie wir gesehen haben, in verschiedenen Teilen Europas bereits lange vor dem 15. Jahrhundert.518 Zentrales Thema dieser Art von Karten ist die Visualisierung, Konkretisierung und Bestimmung von Grenzverläufen, und zwar vor allem zwischen Territorien und territorialen Verwaltungseinheiten. Die Entwicklung dieser Art von anwendungsbezogener Kartographie setzt bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in England und Italien ein, findet sich im 14. Jahrhundert in den Niederlanden und in Frankreich, im 15. Jahrhundert in Burgund und an dessen Ende auch im Reich. In dieser Tradition stehend wurden Karten in der Frühen Neuzeit zu einem immer wichtigeren Instrument der Beschreibung und Markierung von Grenzen.519

5. Fazit: Die Immaterialität vormoderner Grenzen In einem vergleichsweise frühen und viel zitierten Aufsatz zur „Grenzidee des lateinischen Mittelalters“ hat Hans Werner Nicklis 1992 in Rückgriff auf Helmolts Thesen zu Grenzsaum und Grenzlinie und in absurder Verklärung eines ‚natürlichen‘ Grenzverständnisses im frühen Mittelalter eine zunehmende Rationalisierung und Materialisierung territorialer Grenzen seit dem 11. und 12. Jahrhundert 515 Brincken 1988, S. 45, 75, 96. 516 Brincken 1988, S. 97. 517 Brincken 1988, S. 98f. 518 Ähnlich wie in der Kartographie finden sich aufgrund der Widersprüche zwischen antiker Überlieferung und zeitgenössischer politischer Realität auch in der Geographie seit dem 13. Jahrhundert zunehmend Ansätze zu einer Aktualisierung des Wissens, vgl. die Beispiele bei Gautier Dalché 1996, S. 100–103; außerdem Bouloux 2011, insb. S. 239–244. 519 Vgl. unten Kap. III.3.2 („Karten als Instrument von Herrschaft und Verwaltung“).

Fazit: Die Immaterialität vormoderner Grenzen

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konstatiert: Der „warme ‚Wagireini’“ (Grenzsaum) habe sich zu einer „kühlen Linie“ entwickelt. Die steigende Zahl künstlicher Grenzzeichen seit dieser Zeit zeige an, „daß die alte naturräumliche Selbstevidenz ragender Bäume und murmelnder Bäche einer neuen Signifikanz von Interessensphären weichen mußte.“520 Schlimmer noch als hölzerne seien eiserne Grenzpfähle gewesen, denn „im Grenzpfahl pulsierte noch das Herz der hölzernen Eiche; ein Eisenpfahl gießt die moderne Idee der Grenze in kaltes Erz.“521 Insbesondere im Osten des Reiches erkennt Nicklis im 13. Jahrhundert „ein krebsartiges Wuchern künstlicher Grenzzeichen“ und eine Betonung des „rationalen, akuten, ja diskriminierenden Aspekt[s] einer Grenzlinie“.522 Im 14. Jahrhundert konstatiert er für die geistlichen, fürstlichen und städtischen Zentren einen „fanatischen Wettlauf um die Verstaatung von Herrschaft als Hürdenlauf über Schlagbäume, Grenzpfähle und Grenzkreuze“; im 15. Jahrhundert gehe schließlich mit ersten durch Schloss und Schlüssel versehenen Schlagbäumen „die mittelalterliche Grenzidee in einem letzten symbolischen Paukenschlag“ unter. Die Grenze erscheint bei Nicklis nun als eiserner Vorhang, als eine „Linie mit punktuellen Öffnungen.“523 Wie aus der in den vorangegangenen Kapiteln aufgestellten Phänomenologie vormoderner Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen hervorgeht, ist diese Sichtweise nicht haltbar. Im Gegenteil verstellt sie den Blick auf das eigentliche Charakteristikum vormoderner Grenzen, nämlich ihre Immaterialität. Sowohl im Mittelalter als auch in der Frühen Neuzeit bildete die materielle Markierung im Feld nur ein Verfahren der Grenzziehung unter mehreren. Deren Ergebnis war mitnichten eine undurchlässige Grenzlinie, sondern vielmehr eine punktuelle Kennzeichnung des verbal beschriebenen, symbolisch markierten und gelegentlich kartographisch erfassten, insgesamt also abstrakt gedachten Grenzverlaufs. Die Materialität von Grenzen im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit war also vergleichsweise gering. Ihre Faktizität wurde daher, wie wir gesehen haben, umso vehementer mit anderen Mitteln behauptet und verteidigt.524 Das Verhältnis von mangelnder Materialität vormoderner Territorialgrenzen bei gleichzeitiger Faktizität sei ergänzend anhand verschiedener Beispiele verdeutlicht. 520 Nicklis 1992, S. 12f. 521 Nicklis 1992, S. 24. 522 Nicklis 1992, S. 19. 523 Nicklis 1992, S. 25f. 524 In ähnlicher Weise konstatieren dies Bauer/Rahn 1997, S. 8, haben dabei aber nicht nur territoriale Grenzen im Blick, sondern gehen von einem weiten Grenzbegriff aus: „Die Unsichtbarkeit der Grenze erfordert ihre ästhetische Verfeinerung oder vielmehr Vergröberung. Um wirksam werden zu können, muß die Linie besetzt werden: im Raum durch Zeichenensembles, Rituale, Bilder und Bauten, im Kopf durch verschiedene Einbildungen und Verhaltenslehren.“

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Vormoderne Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen

Dabei geht es zum einen um die Wahrnehmung von Grenzen, wie sie uns in frühneuzeitlichen Reiseberichten entgegentritt, und zum anderen um den Umgang mit Grenzen seitens der lokalen Bevölkerung, wie sie ebenfalls in Quellen dieser Zeit greifbar ist. Axel Gotthard hat anhand einer Vielzahl von Reiseberichten herausgearbeitet, dass territoriale Grenzen in der Wahrnehmung frühneuzeitlicher Reisender kaum eine Rolle spielten.525 Als eine der wenigen Ausnahmen nennt er Lupold von Wedel, der zwischen 1561 und 1606 auf Kriegszügen und Reisen Europa durchquerte. In seinem Bericht verweist er gelegentlich auf Grenzen: So notiert er etwa im Juni 1580: „1 Meile van disser Statt, da ich herkummen [Lyon] ist eine steinerne Seule aufgerichtt, dasilbest endet sich Zoffoi [Savoyen] und fenget Frankrich an“. Von seinen Erlebnissen im September 1591 schreibt er: „Es fleust hisilbest die Mase [Maas], daran mir uns gelagert und schedet Frankrich und Luthringen“.526 Grenzen waren für Reisende nach Gotthards Befund nicht erwähnenswert, Grenzüberschreitungen stellten keinen wesentlichen Einschnitt auf ihrem Weg dar, was aufgrund der herausgearbeiteten Spezifika vormoderner Grenzen auch nicht verwunderlich ist. Vielmehr konstatiert der Autor eine gleichsam punktuelle Raumwahrnehmung in den Reiseberichten: „Wir finden in ihnen eher Punkte als Flächen, stoßen auf kleine urbane Rauminseln, keine Landschaften, auch keinen homogenen Raumcontainer namens ‚Nationalstaat‘.“527 Eine Veränderung scheint sich hier erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts anzudeuten, insbesondere was die Grenze zu Frankreich angeht, die – so die These Axel Kuhns – im Lichte der Französischen Revolution vielfach als Epochengrenze 525 Gotthard 2007, S. 101–110; vgl. auch Gotthard 2005, S. 44–48; Gotthard 2009, S. 313–315; in diesem Sinne auch Schmale 1998a, S. 62–66; Stauber 1998, S. 110f.; Stauber 2001, S. 112–115; Füssel 2011; sowie für spätmittelalterliche Pilgerberichte Schröder 2008, S. 230–233. In diesem Zusammenhang ist allerdings auf eine kurze Bemerkung im Pilgerbericht Bernhards von Breydenbach von 1486 hinzuweisen, der im Hinblick auf den Geleitschutz Grenzen erwähnt: „vmb wegen mee sicherheyt haben wir geleit gebrucht wo vnd wie verr eß vns notturfftig was besunder an enden wo nuwe herschafften oder lantschafften an vingen“, *Breydenbach 2010, S. 55; im lateinischen Text fehlt diese Passage, *Breydenbach 1486, fol. 8r. Nicht behandelt wird das Thema der Grenzwahrnehmung erstaunlicherweise in Betteridge (Hg.) 2007; Muller 2012. 526 Zit. nach Gotthard 2007, S. 102. 527 Gotthard 2009, S. 315; vgl. auch Gotthard 2007, S. 142f. Die punktuelle Konstituierung von geographischen Räumen in Reiseberichten konstatiert in diskursgeschichtlicher Perspektive auch Landwehr 2008, S. 130f. Wir finden Vergleichbares auch in Landesbeschreibungen und im Verwaltungsschriftgut bis an das Ende der Frühen Neuzeit; die These von Foucault 1994b, S. 753, dass bereits im 17. Jahrhundert die Ausdehnung („l’étendue“) an die Stelle der Lokalisierung („localisation“) getreten sei, ist dementsprechend zumindest für die Praxis zu modifizieren; vgl. hierzu unten Kap. III.2 („Landesbeschreibung und Staatenkunde“).

Fazit: Die Immaterialität vormoderner Grenzen

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zwischen Ancien Régime und neuer Zeit wahrgenommen wurde.528 Bei genauerem Zusehen zeigen sich aber auch in den Berichten über den Grenzübergang von Deutschland in das revolutionäre Frankreich die alten Wahrnehmungsmuster, die letztlich auf die weitgehende Immaterialität der Staats- bzw. Territorialgrenzen dieser Zeit verweisen. Die von Kuhn angeführten Reiseberichte sprechen zwar vielfach von einem Hochgefühl beim Grenzübertritt und konstruieren deutliche Unterschiede zwischen dem Raum diesseits und dem jenseits der Grenze. Wie in anderen Reiseberichten der Frühen Neuzeit wird die eigentliche Grenzlinie aber in den seltensten Fällen erwähnt und der konkrete Grenzübertritt erst realisiert, wenn der Reisende bereits auf der anderen Seite angekommen ist. In diesem Sinne traditionell liest sich etwa Frederik Sneedorfs Beschreibung seines Grenzübertritts zwischen Genf und Lyon bei Fort l’Écluse: Drei Wochen hatte ich mich beinah in Genf aufgehalten, als ich es eines Morgens früh verließ und mich schon nach Verlauf von zwei Stunden in Versoix auf französischem Grund und Boden fand. Hier ward mein Koffer ziemlich genau durchsucht, worauf ich einen Beweisschein erhielt, um ohne weiteres Visitieren frei durch ganz Frankreich gehen zu können. Hier zeigte ich auch meinen Paß.529

Die Grenze selbst wird also gar nicht wahrgenommen, sie stellte offensichtlich auch in dieser Zeit noch kein markantes Hindernis dar, zumal alle Grenzformalitäten weiterhin im Hinterland, in der nächsten Ortschaft landeinwärts, zu erledigen waren. Ganz ähnlich berichtet Joachim Heinrich Campe in seinen zwischen Oktober 1789 und Februar 1790 erschienenen „Briefen aus Paris“. Zwar wird erwähnt, dass er und sein Weggefährte Wilhelm von Humboldt nach der Reise über Aachen, Lüttich, Brüssel und Mons Anfang August 1789 „endlich hinter Quevrain die Grenze des frei gewordenen Galliens“ erreicht hätten. Auf dieser Grenze geschieht dann aber – nichts. Die Veränderungen werden erst auf der folgenden Wegstrecke deutlich, als wir hier auf einmal an den Hüten und Mützen aller, welche uns begegneten – Bürger und Bauern, Greise und Knaben, Priester und Bettler –, das Symbol der glücklich errungenen Freiheit, die französische Kokarde, und die frohen, auf ihren nunmehrigen Vorzug vor anderen Völkern stolzen Gesichter, welche darunter hervorglänzten, erblickten.530

528 Kuhn 1998. 529 Zit. nach Kuhn 1998, S. 51. 530 Zit. nach Kuhn 1998, S. 54f.

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Vormoderne Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen

Die Grenzformalitäten erledigten Campe und Humboldt erst weit hinter der Grenze, nämlich am Stadttor von Valenciennes bzw. im dortigen Hôtel de Ville. Auch die von süddeutschen Reisenden zum Symbol des Grenzübergangs stilisierte Rheinbrücke zwischen Kehl und Straßburg stellte in der Wahrnehmung der Reisenden keinen Grenzübergang im modernen Sinne eines Kontrollpunktes dar: Der dänisch-deutsche Schriftsteller Jens Baggesen „sang und tanzte“ beim Gang über die Brücke und fühlte sich „mit dem ersten Schritt jenseits der deutschen Grenze […] in einer völlig neuen Welt“, erwähnt aber keinerlei materielle Grenzmarkierungen.531 Und der Anfang 1791 von der Stuttgarter Carlsschule fliehende Joseph Anton Koch erinnerte sich 1839 wehmütig an seinen Grenzübergang, bei dem er sich angeblich „in der ersten Freiheit und Freude“ noch auf der Rheinbrücke seinen an der Schule vorgeschriebenen Haarzopf abschnitt und sich damit von den Fesseln des Ancien Régime befreite.532 Tatsächlich tat er dies wohl erst im Anschluss an eine Rede im Straßburger Jakobinerclub – hinter der Grenze. Kochs Stilisierung der Rheingrenze zum symbolischen Ort der (Selbst-)Befreiung fand also erst in einer Zeit statt, als sich diese Grenze durch die Einrichtung von Grenzposten, Zollhäuschen, Schlagbäumen und ähnlichem materialisiert hatte.533 Eine dezidierte Wahrnehmung territorialer Grenzen durch Reisende entwickelte sich allmählich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der diskursiven Konstruktion von ‚Nation‘.534 Die Wahrnehmungen der deutsch-französischen ‚Epochengrenze‘ während der Revolutionsjahre waren allenfalls Vorboten dieser Entwicklung. Während frühneuzeitliche Reiseberichte vor allem die Nichtwahrnehmung bzw. Nichtwahrnehmbarkeit territorialer Grenzen durch die Reisenden veranschaulichen, verdeutlicht der Umgang der lokal ansässigen Bevölkerung mit territorialen Grenzen die Bedeutung und Faktizität derselben jenseits ihrer Materialität: In einem Weistum für das bei Mainz gelegene Dorf Weisenau vom 7. Februar 1634 wird die komplexe Herrschaftssituation dieses Ortes erläutert.535 Das Dorf sei „drei herrisch“ und unterstehe dem Kurfürstentum Mainz, der Grafschaft Isenburg 531 Zit. nach Kuhn 1998, S. 52. Vgl. auch die diesbezüglichen Beispiele aus vorrevolutionärer Zeit bei Struck 2007, S. 86–89. Einer der Reisenden, Johann Friedrich Carl Grimm, der Leibarzt des Herzogs von Sachsen-Gotha, erwähnt 1773 an der Brücke immerhin ein Zollhaus und eine französische Wache, ebd., S. 86. 532 Zit. nach Kuhn 1998, S. 52. 533 Vgl. zur Verlagerung von Hoheitsrechten an die Außengrenzen oben Kap. II.2.6 („Zwischenfazit“). 534 Vgl. hierzu Struck 2007; knapp auch Gotthard 2007, S. 154f.; in übergreifender Perspektive zum „Wahrnehmungsmuster“ Grenze bei französischen Reisenden Schmale 2001. 535 *Schmitt (Bearb.) 1996, S. 340–346, Nr. 59, hier S. 341–343, die folgenden Zitate ebd.

Fazit: Die Immaterialität vormoderner Grenzen

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und dem Stift St. Viktor in Weisenau, „welche theil also vertheilt, das ein jede obrigkeit weis, wie weit sich sein territorium erstreck, welche underthanen, heuser, gärt(en) und anders Mentzisch, Ysenburgisch und muntthätisch sind“, also zur Immunität des Viktorstifts gehörten. Die Grenzen waren bereits in früheren Weistümern beschrieben worden, eine knappe Zusammenfassung wird auch in diesem Stück gegeben. Zumindest für die Obrigkeiten waren die Verhältnisse also aufgrund der schriftlichen Beschreibungen klar. Dass der Verlauf der Grenzen auch den Untertanen bewusst war, zeigt der angefügte Bericht über einen in Isenburg wohnhaften Juden, der aufgrund einer nicht näher genannten Straftat vom Mainzer Schultheißen gefangengesetzt werden sollte. Der Jude habe „aber in seinem hien und her reissen Ysenburgische obrigkeit dermaissen observirt, das er, der schulthess, nicht ahn ihn komm(en) können“ bis er sich eines Tages auf einer Straße aufgehalten hätte, deren eine Seite zu Isenburg und die andere zu Mainz gehörte.536 Der Schultheiß habe jemanden zu ihm geschickt, „so mit ihme jued(en) geschärtzt und ihnen uber die strass(en) gestoss(en), daruff er also mit list gegrieffen und gefengklich angenom(men) worden.“ Die Territorialgrenze zwischen Mainz und Isenburg war also, obschon sie nur auf dem Papier existierte, auch im Handlungsvollzug vor Ort präsent. Sie schützte den genannten Juden vor Strafverfolgung. Wie an der peniblen Vermeidung eines Grenzübertritts ablesbar ist, war ihm das auch durchaus bewusst.537 Ähnliche Beispiele für das Alltagswissen der Menschen vor Ort über die territorialen Grenzen finden sich auch anderswo: Nach einem Diebstahl im Juni 1591 versuchte der Täter über die Grenze zwischen dem zum Nürnberger Territorium gehörigen Pflegamt Hersbruck und der Herrschaft Rothenberg zu fliehen, wurde aber von den Dorfleuten auf der Grenze überwältigt und in das nürnbergische Reichenschwand zurückgebracht, wo sich die Straftat ereignet hatte.538 Da bei der 536 Dass eine Landstraße die territoriale Grenze bildete, war nicht ungewöhnlich. *Oettinger 1670, S. 338, führt sie im Kapitel zu den „natürlichen Gräntzen“ auf und schreibt: „Die Landstrassen aber an den Gräntzen gehören dem Gleitsherrn und der die hohe Regalia hat mit der hohen Maleficischen Obrigkeit allein zu. So aber zweyer Herrschafften hohe Obrigkeiten und Gleit durch ein Landstrassen unterscheiden werden, so ist sie jeder zum halben Theil zuständig, es hätte dann die eine Herrschafft solche Gerechtigkeit allein hergebracht.“ 537 Zur Grenze als Chance für die Bevölkerung vgl. auch Ulbrich 1993; Duhamelle 2007, S. 39–42; Buchberger 2007; Bretschneider 2014, S. 113–117. Zur Entwicklung grenz­ überschreitender Strafverfolgung in der Frühen Neuzeit vgl. Härter 2011; Härter 2017. Das Problem ist freilich älter, vgl. die Hinweise zur Karolingerzeit bei Smith 1995, S. 178. 538 Vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1996, S. 37–39. Zum rechtshistorisch kaum erforschten Problem der Nacheile vgl. knapp Härter 2011, S. 46f.; sowie ausführlicher das Fallbeispiel des Kurfürstentums Mainz bei Härter 2005, Bd. 2, S. 1046–1062. Umfängliche Belege für die

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Vormoderne Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen

Gefangennahme der Körper des Täters zwar diesseits der Grenze auf Nürnberger Territorium, der Kopf aber schon jenseits der Grenze gelegen hatte, forderten die Rothenberger die Auslieferung des Diebs. Denn eine Nacheile über die territoriale Grenze war nicht legitim und wurde dementsprechend von den Nachbarn nicht akzeptiert.539 Die Grenze hätte dem Dieb also durchaus Schutz geboten. In eine ganz ähnliche Richtung deutet ein niederösterreichisches Weistum aus dem frühen 16. Jahrhundert, das einem Straftäter sogar dann vorübergehenden Schutz gewährte, wenn er auf der Flucht einen Hut oder ein anderes persönliches Stück auf die andere Seite der Grenze warf.540 Hingegen war die grenzüberschreitende Strafverfolgung zwischen Kärnten und Salzburg erlaubt, jedoch nur zwei bis drei Schritte über die Landesgrenze hinaus.541 Das Problem der Nacheile stellte sich auch bei der Verfolgung von Deserteuren. Um die Flucht von Soldaten über die Grenze in das Herzogtum Mecklenburg zu verhindern, etablierte die preußische Armee im 18. Jahrhundert ein System, um bei einem Deserteuralarm zügig die in Relevanz des Themas im territorialstaatlichen Handeln liefern die frühneuzeitlichen Policeyordnungen, vgl. *Härter/Stolleis (Hg.) 1995–2017, s. v. Nacheile. 539 Vgl. auch den sich 1598 ereignenden Fall der Nacheile durch die Rothenberger auf Nürnberger Territorium, der von der Reichsstadt als Verletzung des eigenen Hoheitsgebietes verstanden wurde und mit der Auslieferung der Straftäter an Nürnberg endete, *Fleischmann (Bearb.) 1996, S. 41. Entsprechende Probleme ergaben sich auch durch die seit dem 17. Jahrhundert regelmäßig gegen Vaganten durchgeführten Streifen, bei denen immer wieder Landesgrenzen berührt oder überschritten wurden. Um Konflikten vorzubeugen, schloss der Fränkische Reichskreis 1714 kategorisch aus, dass sich hieraus ein Präjudiz ergebe, Heller 2011, S. 423. Entsprechende Übereinkünfte gab es im 18. Jahrhundert auch in anderen Regionen, vgl. etwa für Rheinland-Westfalen *Scotti 1826, Bd. 4, S. 2521, Nr. 2666. Konflikte wurden dadurch freilich nicht ausgeschlossen, vgl. etwa die kurpfälzischen Beschwerden von 1792/93, dass einer Patrouille auf der bayreuthischen Seite der Grenze Weggeld abgefordert und darauf hingewiesen worden sei, dass die nächste durch den Ort kommende Patrouille festgenommen werde. Der Konflikt ergab sich daraus, dass „die zu sicherheit der gränzen beorderten churfürstlichen cavallerie-patrouillen, so auf der seite des herzogthums [Pfalz-]Sulzbach beij hohem wasser durch das bayreuthische ort Hohenstatt ziehen müssen“, Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Ansbacher Archivalien 7100. 540 „Ob sich das begäb das ainer ainen andern erschlüeg und wurt flichtig, und ob er kam niderhalb des Grieslein zu dem prunlein das da fleust durch den zaun, und ob er wurf sein frei zaichen uber das prunlein, so hiet er die freihait unzt an den dritten tag“ (Freiheit und Gerechtigkeit zu Schambach, Anfang 16. Jh.); zit. nach Kocher 2005, S. 3, Anm. 10. 541 „[…] und ob die herschaft ein ublthäter hat und entgien(g) in auf den Thawren … und im nacheilet, und begriff in ein(er) drei schritt von der höch hinab, hat des die herschaft von Valkhenstein fueg und recht, und obs des von Saltzburg richter ainem nacheile(n)t herüber auf alle höch kämen, so mag des von Saltzburg richter auch heruber greifen zwen schritt, nit mer“ (Kärnten, 1514); zit. nach Erben 1922, S. 49.

Fazit: Die Immaterialität vormoderner Grenzen

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das benachbarte Territorium führenden Landstraßen mit Wachen zu besetzen und so den Grenzübertritt zu verhindern.542 Die von Gotthard konstatierte Nichtwahrnehmung von Territorialgrenzen durch Reisende dürfte nicht zuletzt daher rühren, dass sie einerseits nicht immer augenfällig waren und der Grenzübertritt andererseits keine unmittelbare rechtliche oder praktische Bedeutung für das Reisen hatte, zumal die diesbezüglichen Formalitäten erst im Inland erledigt werden mussten.543 Sehr genau notierten die Reisenden dagegen, zu welchem Territorium ein besuchter Ort gehörte.544 Sie waren also nicht unsensibel gegenüber der territorialen Gliederung des von ihnen durchwanderten Raumes, nahmen Herrschaft aber weniger von den Grenzen und einer damit abstrakt umrissenen Fläche her wahr als vielmehr punktuell von den für ihr Itinerar relevanten (Herrschafts-)Orten. Grenzen oder Grenzübergänge waren für sie keine beschreibbaren Punkte auf dem Weg, sie konnten es aufgrund ihrer weitgehenden Immaterialität auch gar nicht sein.545 Für die Menschen, die an der Grenze lebten, stellte sich die Situation offensichtlich völlig anders dar. Sie waren mit der Grenze aufgewachsen, kannten deren Verlauf von Grenzbereitungen oder durch mündliche Tradierung und wussten um die rechtliche Bedeutung der Grenze für ihren Alltag.546 Anders als den Reisenden war ihnen die Faktizität der Grenzen trotz deren weitgehender Immaterialität durchaus bewusst. 542 Winter 2006, S. 152f. 543 Bezeichnend ist etwa die kurkölnische Pestordnung von 1606, die verlangt, dass „die Wanderer und Reisenden […] an den Pforten der Ortschaften eidlich abgefragt werden [sollen], ob sie aus inficirten oder pestfreien Orten oder Häusern kommen, um im erstern Falle zurückgewiesen werden“, *Scotti 1830/31, Bd. I/1, S. 212–214, Nr. 44, hier S. 213; oder auch die klevische Verordnung von 1749, dass „die das Land durchziehenden Pack-Juden und andre mit keinem Paß versehene Vagabunden […] an den Stadtthoren genau examiniert und ihr Gepäck visitirt werden“ solle, *Scotti 1826, Bd. 2, S. 1366, Nr. 1547. 544 Gotthard 2009, S. 317. 545 Dies ist gegen Gotthard 2007, S. 143, zu betonen, der glaubt, dass die Grenzlinien in ihrem „Verlauf unproblematisch und so ziemlich jedermann bekannt“ gewesen seien, „aber nicht zu den vorrangig registrierten Kategorien gehört“ hätten. 546 Vgl. diesbezüglich auch die Beispiele bei Marchal 1996b, S. 250; Fuchs 1998, S. 435–440; Fuchs 2002, S. 106f. In Zeugenaussagen vor Gericht begegnet auch die umgekehrte Situation, dass nämlich Zeugen gerade keine Aussage über den Verlauf von Grenzen und die Position von Grenzsteinen machen können, was freilich nicht unbedingt auf Ignoranz zurückzuführen sein muss, sondern auch der Tatsache geschuldet sein könnte, dass die Zeugen „die juristischen Geplänkel der hohen Herrschaften lästig fanden und sich nicht den Mund verbrennen wollten“, Gotthard 2007, S. 64f., das Zitat S. 65; vgl. auch Fuchs 2002, S. 96f., dort S. 108 auch der wichtige, auf einem frühen fränkischen Beispiel basierende Hinweis, „dass eine ex­treme Streulage von Herrschaftsrechten sich dahingehend auswirkte, dass Vorstellungen von Amtsbezirken wie auch von Amts- und Territorialgrenzen nur sehr unvollkommen vorhanden waren.“

III. Wissenschaftliche Innovation und räumliche Herrschaftsrepräsentation in der Frühen Neuzeit

Die ostentative Zurschaustellung angeeigneten Raums stellt […] die Form par excellence der ostentativen Zurschaustellung von Macht dar. Pierre Bourdieu1

Die vier bereits im Mittelalter bekannten Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen wurden auch in der Frühen Neuzeit komplementär zueinander benutzt. In dieser Hinsicht ist von einer vormodernen Kontinuität auszugehen. Dies ist insofern erstaunlich, als die technischen Innovationen seit dem 16. Jahrhundert eine immer präzisere Vermessung und kartographische Darstellung von Grenzen ermöglichten, die die Karte eigentlich gegenüber anderen Formen der Grenzbeschreibung und -markierung hätte privilegieren müssen. Dies war allerdings erst längerfristig, nämlich im 18. Jahrhundert der Fall.2 Im Folgenden soll daher zunächst das Verhältnis von wissenschaftlicher Innovation und herrschaftlicher Raumbildung im 16. und 17. Jahrhundert diskutiert werden. Dabei geht es eingangs um Innovationen in Vermessungswesen und Instrumentenbau, sodann um das neue literarisch-wissenschaftliche Genre der Landesbeschreibung und die akademische Diszplin Statistik bzw. Staatenkunde und schließlich um die Kartographie als zentralem Innovationsbereich raumbezogenen Denkens und politischen Handelns. Insgesamt stellen diese Innovationen neue bzw. verfeinerte Techniken zur Herstellung von Evidenz, also „der sichtbaren, anschaulichen und unhintergehbaren Gewißheit des Sachverhalts“, dar.3 Die Forschung hat diesbezüglich an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert einen Paradigmenwechsel ausgemacht: Während eine solche Evidenz bis in das 16. Jahrhundert vor allem von der antiken Tradition gespeist worden sei, der Verweis auf die Klassiker also ausgereicht habe, um Evidenz zu erzeugen, sei nun an deren Stelle die Empirie, das aus der unmittelbaren Anschauung gewonnene Wissen, getreten.4 Ohne bestreiten zu wollen, dass der Sammlung von Daten in Form von Messungen, Beschreibungen und Visualisierungen in der frühneuzeitlichen Wissenschaftskultur eine immer wichtigere 1 2 3 4

Bourdieu 1991, S. 26. Vgl. unten Kap. V („Grenzkarten als Argument. Herrschaft und Raum im 18. Jahrhundert“). Wimböck/Leonhard/Friedrich 2007, S. 10. So dezidiert Wimböck/Leonhard/Friedrich 2007, S. 11.

Vermessungswesen und Instrumentenbau

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Rolle zukam, ist mit Blick auf die staatliche Verwaltung und das Problem der Grenzziehung eine Differenzierung notwendig. Gerade im Bereich der Beschreibung und Markierung von Grenzen spielte die Empirie von jeher eine entscheidende Rolle: Grenzen wurden anhand beobachtbarer Merkmale beschrieben, im Feld markiert und seit dem 15. Jahrhundert auch kartographisch fixiert. Hier ist für das 16. und 17. Jahrhundert nicht von einem Paradigmenwechsel, sondern eher von einer Evolution, einer Verfeinerung der Techniken auszugehen.

1. Vermessungswesen und Instrumentenbau Ein zentrales Innovationsfeld, das den Prozess herrschaftlicher Raumbildung in der Frühen Neuzeit erheblich beeinflusste und in vielerlei Hinsicht auch fundierte, bilden Wissenschaft und Technik. Grundlegende Erkenntnisse in den Bereichen der Mathematik, Physik und Astronomie und damit zusammenhängend erhebliche Fortschritte im Instrumentenbau ermöglichten eine immer präzisere Vermessung des Raumes, die in der Folge nicht nur wissenschaftlich und ökonomisch, sondern auch politisch nutzbar war. Im Folgenden können diese hochkomplexen Aspekte der frühneuzeitlichen Wissenschaftsgeschichte nicht im Einzelnen dargelegt werden, es sollen aber zumindest die Grundzüge der Entwicklung des Vermessungswesens skizziert sowie die wichtigsten technischen Erfindungen genannt werden, da diese Innovationen die Grundlage für die zunehmende Integration der Kartographie in das seit dem Mittelalter bestehende System der Beschreibung und Markierung von Grenzen bildeten. Die Kartographie selbst wird weiter unten in einem eigenen Abschnitt bezüglich ihres Innovationspotentials für die herrschaftliche Raumbildung diskutiert. Die Feldmesskunst hat eine antike Tradition: Die römischen Agrimensoren verfügten sowohl technisch als auch mathematisch über ein brauchbares Instrumentarium zur Flächenvermessung und -berechnung.5 Eingesetzt wurde dieses Wissen vor allem zur Vermessung von Fluren sowie beim Bau von Straßen, Städten und Militärlagern. Dabei wurden sowohl materielle Markierungen im Feld in Form von Grenzsteinen gesetzt als auch Karten angefertigt.6 Das Thema wurde zeitgenössisch in einer vergleichsweise umfangreichen Fachliteratur diskutiert, 5 Vgl. zusammenfassend Burian 1998; Folkerts 2001. 6 Vgl. Dilke 1967, S. 19f., 22–24, Abb. Taf. 6f., 8f., der sich mit den Illustrationen zweier Agrimensoren-Handschriften des 6./7. und 9. Jahrhundert befasst. Das Textcorpus ist als Edition greifbar bei *Campbell (Hg.) 2000; zur Praxis der materiellen Markierung und der Kartierung von Grenzen in den Texten vgl. ebd., S.  XIVf., 468–471.

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Wissenschaftliche Innovation und räumliche Herrschaftsrepräsentation

die schon im 5. Jahrhundert in einem Corpus zusammengefasst und im weiteren Verlauf des Frühmittelalters durch andere geometrische Schriften ergänzt wurde. Die so entstandenen Kompendien dienten allerdings nicht mehr der praktischen Anleitung von Feldmessern, sondern dem geometrischen Unterricht im Quadrivium, wenngleich in der Praxis durchaus weiterhin Feldmessungen mit vereinfachten Verfahren nachweisbar sind.7 Obwohl durch Übersetzungen aus dem Arabischen neue mathematische Erkenntnisse verfügbar waren, prägte das ‚Corpus agrimensorum‘ die Lehr- und Rechenbücher bis in das 16. Jahrhundert, und noch Humanisten wie der in Köln tätige Jean Matal setzten sich – freilich auf einer theoretischen Ebene – intensiv damit auseinander.8 Ungleich wichtiger für die Entwicklung der Vermessungspraxis und der hierauf basierenden Kartographie waren im 16. Jahrhundert die Arbeiten eines Gemma Reinersz. Frisius, der mit seinem 1533 im „Libellus de locorum describendorum ratione“ veröffentlichten Verfahren der einfachen Triangulation die Grundlagen der modernen Vermessung legte.9 Innovativ war hierbei zum einen die Verbindung von Winkel- und Kompassmessung und zum anderen die Art und Weise der Bestimmung eines Punktes durch Kombination zweier Winkelmessungen.10 Ausgangspunkt der Vermessung nach Frisius ist ein Basisdreieck, dessen Schenkellängen bekannt sind und das auf dem Zeichenblatt konstruiert wird.11 Für jeden Eckpunkt des Dreiecks werden die Meridiane mit einem Kompass bestimmt und in die Zeichnung eingetragen. Als Beispiel konstruiert Frisius ein Basisdreieck mit den Städten Antwerpen, Brüssel und Mechelen. Der Landmesser solle nun in Antwerpen den höchsten Punkt, den Turm der Liebfrauenkirche, besteigen und von hier aus mit einem Quadranten alle sichtbaren Türme der Umgebung anvisieren, die Winkelabweichung zum Meridian bestimmen und die Visierlinien in der Zeichnung festhalten. Die gleichen Türme müssten anschließend von Brüssel  7 Szabó 1997 mit Beispielen aus Italien; sowie jetzt ausführlich Lungo 2004, S. 17–182, der der Überlieferung des Corpus für die Praxis allerdings einen höheren Stellenwert einräumt; für den deutschsprachigen Raum vgl. oben Kap. II.4.3 („Vermessungswesen“).   8 Zu Matals Agrimensoren-Studien vgl. Heuser 2003, S. 256–259; zur weiteren Diskussion im 17. Jahrhundert Scattola 1997, S. 50–54.  9 *Frisius 1533, fol. 57r–66r; zu Frisius vgl. in jüngerer Zeit Hallyn 2008. Einer von Frisius’ bedeutendsten Schülern war der später im Rheinland tätige Gerhard Mercator, der die Methode dort auch etablierte, Kirmse 1962, S. 93f. 10 Ein Polarkoordinatenverfahren, also die Geländeaufnahme durch Winkelmessung von nur einem Ort, war 1528 bereits von Sebastian Münster beschrieben worden, Bönisch u. a. 1990, S. 15f.; Dolz 1994, S. 185f. Zu erwähnen sind darüber hinaus auch andere Vorläufer Frisius’ in der praktischen Geometrie, insb. Johannes Stöffler und Peter Apian; vgl. den Überblick zum Vermessungswesen von Lindgren 2007, insb. S. 479–489. 11 Vgl. zum Verfahren Kirmse 1957, S. 18–20; Haasbroek 1968, S. 11–14.

Vermessungswesen und Instrumentenbau

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aus anvisiert und die Ergebnisse in der Karte vermerkt werden. Die Schnittpunkte der Visierlinien von Antwerpen und Brüssel markierten jeweils die genaue Lage der anvisierten Türme. Nun konnte der Landmesser die neu lokalisierten Orte besuchen und von hier aus wiederum Türme in der Umgebung anvisieren, um so nach und nach mittels eines Dreiecksnetzes das Land zu vermessen. In der Zeichnung sollten die tatsächlich besuchten Punkte (‚stationes‘) und die lediglich durch Anvisierung bestimmten Orte (‚loca‘) durch unterschiedliche Kreissymbole gekennzeichnet werden. Zwar konnten Orte, die nicht von einem Kirchturm als Punkte anzuvisieren waren, mittels dieses Verfahrens nicht vermessungstechnisch korrekt erfasst werden. Das durch die Dreiecksmessungen entstandene Raster von ‚stationes‘ und ‚loca‘ bot aber eine in Vermessung und Kartographie so zuvor nicht dagewesene Genauigkeit. Frisius’ Verfahren beruht auf der zeichnerisch konstruierten Geometrie von Dreiecken. Das eigentliche Triangulationsverfahren, das 1605 zum ersten Mal von Willebrord Snel (Snellius) van Royen angewandt und 1617 publiziert wurde, nutzt dagegen trigonometrische Berechnungen, um ausgehend von der Vermessung einer Basis und der zugehörigen Basiswinkel ein Dreiecksnetz zu konstruieren und Festpunkte für die weitere Vermessung zu lokalisieren.12 Die erste großflächige Vermessung nach diesem Prinzip erfolgte bekanntlich erst im 18. Jahrhundert in Frankreich.13 Bereits unmittelbar nach dem Regierungsantritt Ludwigs XIV. im Jahre 1661 hatte sein Finanzminister Jean-Baptiste Colbert die Provinzen aufgefordert, eine Bestandsaufnahme der ökonomischen Ressourcen des Königreiches zu unternehmen. Dieses dezentrale Projekt in Form einer klassischen Landesbeschreibung scheiterte jedoch.14 Die 1666 neugegründete Académie des Sciences bekam daher den Auftrag, Frankreich systematisch zu vermessen und auf diese Weise auch die benötigten Daten verfügbar zu machen. Tatsächlich wurden unter der Ägide der Akademie seit 1668 erste trigonometrische Messungen mit dem Ziel einer vollständigen Landesaufnahme durchgeführt. Bereits in dieser ersten Phase war ein Mitglied der Familie Cassini, die das Projekt über vier Generationen 12 Vgl. detailliert zum Verfahren Haasbroek 1968, S. 59–115; knapp auch Behr 1985, S. 23; Betsch 1997, S. 143–146. 13 Vgl. zum Folgenden zusammenfassend Weigl 1990, S. 155–173, 240f.; außerdem jüngst Fieseler 2013, S. 37–40; sowie jetzt ausführlich Pelletier 2013. 14 Eine Neuauflage des Projekts erfolgte 1697 durch Herzog Paul de Beauvillier. Das „Mémoire envoyé à tous les intendants par Monsieur le duc de Beauvillier pour y répondre article par article, et servir d’instruction à Monseigneur le duc de Bourgogne“ wurde 1727 für den Druck bearbeitet, vgl. *Rassem/Stagl (Hg.) 1994, S. 331–337, mit Abdruck des „Mémoire“; zu Landesbeschreibung und Statistik in Frankreich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts außerdem Hoock 1980.

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Wissenschaftliche Innovation und räumliche Herrschaftsrepräsentation

verfolgen sollte, an den Arbeiten beteiligt.15 Die Landesvermessung wurde mit zahlreichen Unterbrechungen bis 1718 fortgeführt, 1730 wieder aufgenommen und bis 1744 schließlich zu einem Abschluss gebracht. Die Triangulation hatte ein Netz von 40.000 Dreiecken über das Land gelegt, deren Eckpunkte seit 1750 als Festpunkte für die Kartierung des gesamten Landes dienten. Das Ergebnis erschien zwischen 1756 und 1815 als Kartenwerk mit 182 Blättern im Maßstab 1:86.400. Die Karten zeigen auch die westlichen Teile des Reiches, wobei den politischen Grenzen notwendigerweise besondere Aufmerksamkeit geschuldet wird. Neben der Weiterentwicklung der mathematischen Grundlagen waren technische Innovationen für die zunehmende Genauigkeit von Vermessungen entscheidend. Denn das Triangulationsverfahren verringerte zwar die herkömmlichen Fehler bei der Streckenmessung, indem nur noch eine Basis vermessen werden musste und die übrigen Entfernungen hieraus errechnet wurden. Zugleich bedurfte die Triangulation aber exakter Winkelmessungen, für die die entsprechenden Präzisionsinstrumente seit dem 16. Jahrhundert entwickelt oder vorhandene verbessert und weiterentwickelt wurden.16 Einfache Hilfsmittel zur direkten Streckenmessung waren Messstangen, -ketten oder -seile, etwas elaboriertere und insbesondere bei größeren Entfernungen handhabbarere Instrumente waren die im 16. Jahrhundert entwickelten Schrittzähler, Messräder oder Wagenwegmesser. Die indirekte Streckenmessung wie auch die Winkelmessung erfolgte mithilfe von Astrolabium, Geometrischem Quadrat, Quadrant und Jakobsstab, die jeweils ältere Erfindungen darstellten und in der Frühen Neuzeit vervollkommnet wurden. In diesem Zusammenhang ist auch der Kompass (Bussole) zu nennen, der in Europa bereits seit dem 12. Jahrhundert bekannt war und nun mit einer Messscheibe zu dem für die Winkelmessung gebrauchten Bussoleninstrument verbunden wurde. Wie wir bereits im Zusammenhang der von Gemma Frisius entwickelten einfachen Triangulation gesehen haben, war die Verbindung von Kompass- und Winkelmessung nicht zuletzt für die Anfertigung von Karten wichtig. Geradezu revolutionär wirkte in diesem Zusammenhang die Erfindung des Messtisches, dessen Gebrauch erstmals 1619 von Daniel Schwentner beschrieben 15 Sie werden in der Forschung als Cassini I–IV bezeichnet: Giovanni Domenico Cassini (1625– 1712), Jacques Cassini (1677–1756), César François Cassini de Thury (1714–1784) und Jean Dominique Comte de Cassini (1748–1845). 16 Vgl. zu den im Folgenden genannten Vermessungsinstrumenten die zum Teil reich bebilderten Überblicke von Wolff 1988, S. 83–95; Lindgren 1989; Bönisch u. a. 1990, S. 18–36; Dolz 1994, S. 187–194; Lindgren 2007, S. 489–500; sowie ausführlich Wunderlich 1977 und neuerdings das mehrbändige Handbuch von Kern 2010, das allein aufgrund seines Umfangs beeindruckend, aber von seiner Anlage her (unpräzise Kapitelüberschriften, kein Register, keine Fußnoten) eher zum Schmökern als zum gezielten Nachschlagen geeignet ist.

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wurde. Seine Erfindung geht vermutlich auf Frisius zurück, wurde von Schwentner jedoch seinem Lehrer Johannes Prätorius zugeschrieben. Der Messtisch ermöglichte die graphische Bestimmung von Geländepunkten auf dem Messtischblatt direkt vor Ort. Das freilich wichtigste und bis heute in der Geodäsie verwendete Instrument war der Theodolit, der sowohl Lage- als auch Höhenmessung erlaubt und sich seit dem 17. Jahrhundert durchsetzte. Bei allen Fortschritten in der Vermessungstechnik und im Instrumentenbau ist festzustellen, dass sich die Praxis der Landmesser im 16. und auch häufig noch im 17. Jahrhundert auf geometrische Verfahren beschränkte: „the practice lagged far behind the theory“.17 Die Landmesser bedienten sich häufig nur der einfachsten Instrumente wie Messstangen und -seile, gegebenenfalls ergänzt durch Geräte zur Winkelmessung. Mit diesen führten sie Kettenaufnahmen, also Vermessungen von einem Punkt zum nächsten, durch. Komplexere Mess- und Rechenverfahren wurden nicht angewandt: „Zwar gab es schon Visiereinrichtungen, Kompaß, Winkelscheiben. Die Mehrzahl der praktischen Meßtechniker aber bediente sich dieser Geräte noch lange nicht.“18 Insbesondere die mangelhafte Genauigkeit bei der astronomischen Ortsbestimmung resultierte noch bis an das Ende des 18. Jahrhunderts in Abweichungen von mehreren Kilometern.19 Der Hiatus zwischen den mathematisch-technischen Möglichkeiten der Zeit und der tatsächlichen Vermessungspraxis zeigt sich exemplarisch an einem Nürnberger Lehrbuch, dem „Methodus geometrica“ von Paul Pfinzing d. Ä. von 1598.20 Es handelt sich bei diesem Werk um eine praktische Anweisung zur Vermessung und Kartierung, die aus Pfinzings eigener praktischer Tätigkeit in diesem Bereich abgeleitet war.21 Erläutert und mit zahlreichen Abbildungen illustriert werden sowohl die Geländeaufnahme im Feld als auch die Kartenerstellung am Zeichentisch sowie die verschiedenen hierzu benötigten bzw. verfügbaren Instrumente.22 Pfinzing kombiniert Streckenmessung und Winkelbestimmung. Für erstere verwendet er nicht Stangen oder Seile, sondern immerhin Schrittzähler, für letztere einen von ihm konstruierten Marschkompass, mit dem er den nächsten Punkt anvisieren und den Winkel bestimmten konnte. Die Vermessung orientiert sich bei diesem 17 Lindgren 2007, S. 508. 18 Behr 1985, S. 28; vgl. auch Harvey 1980, S. 162; Bönisch u. a. 1990, S. 19; Scharfe 1993, S. 202–207. 19 Behr 1985, S. 29. 20 *Pfinzing 1598. 21 Vgl. zu Pfinzings kartographischen Arbeiten im Nürnberger Raum unten Kap. III.3.2.1 („Landesaufnahmen“). 22 Vgl. hierzu auch Gagel/Schnelbögl 1957, S. 18–28; Fleischmann 1994, S. 73–82; außerdem die Abb. auf dem Cover des vorliegenden Bandes.

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Verfahren notwendigerweise an Wegen und Straßen, markante Punkte im Gelände werden von verschiedenen Standpunkten aus mit der Bussole eingemessen. Anwendungsbezogene Traktate zum Vermessungswesen, den entsprechenden Instrumenten und deren Gebrauch erschienen seit dem 16. Jahrhundert in dichter Folge.23 Eine Spezialisierung erfuhr diese Form der Handbuchliteratur im 17. Jahrhundert mit den konkreten Anweisungen zur Vermessung bzw. Bestimmung von Grenzen.24 Besonders hervorzuheben ist hier der bereits mehrfach erwähnte „Tractatus de jure et controversiis limitum“ von Johann Oettinger aus dem Jahre 1642, der in zwei umfänglichen Kapiteln die Vermessung von Grenzen beschreibt, dabei aber im Gegensatz zu seinen theoretischen Ausführungen nicht auf territoriale Grenzen eingeht.25 Mit sechs Auflagen avancierte das Buch zum Standardwerk und wurde erst 1723 von Johann Jodocus Becks „Tractatus de jure limitum“ abgelöst.26 Letzterer schöpfte freilich massiv aus dem Oettinger’schen Werk27 wie auch der vielfältigen (staats-)rechtlichen Literatur zum Thema.28 Während der erste Teil des Buches das ganze Spektrum juristisch relevanter Fragen bezüglich privatrechtlicher, aber immer wieder auch territorialer Grenzen diskutiert,29 ist der zweite Teil noch stärker auf die Arbeit der Feldmesser vor Ort abgestellt. Neben einem Anhang mit Dokumenten aus der Feldmesserpraxis und einer praktischen Anleitung zur Feldmesskunst, wie sie sich auch bei Oettinger findet, bringt Beck noch eine anwendungsorientierte Anweisung zum Kartenzeichnen. Auch hier werden territoriale Grenzen nicht explizit erwähnt, wenngleich die Verfahren natürlich

23 Vgl. für das 16. und frühe 17. Jahrhundert die Titelübersicht bei Bönisch u. a. 1990, S. 14. 24 Vgl. neben den im Folgenden diskutierten Standardwerken von Oettinger, Beck und Hock u. a. *Ertel 1694; *Krebs 1700; *Polack 1734; *Roppelt 1775; *Voch 1780. 25 *Oettinger 1670, zur Vermessung von Grenzen S. 261–275 (Buch 1, Kap. 14): „Von den unterschiedlichen Messen, die man im Feld gebraucht und wie die ligende Güter mit ihren Seiten und Anstössen zu beschreiben sind“; S. 275–304 (Buch 1, Kap. 15): „Von der rechten und künstlichen Messung der Felder und den Irrthumen, welche von den gemeinen Feldmessern begangen werden“. Zum Inhalt des Werks insg. vgl. Oehme 1982, S. 45–73, 103–120; zum Grenzbegriff Oettingers Scattola 1997, S. 58–61. 26 *Beck 1723. 27 In dieser Arbeit wird deshalb darauf verzichtet, bei allen Verweisen auf Oettinger die Parallelstellen bei Beck zu vermerken. 28 Vgl. Oehme 1982, S. 45–50. Im Anhang von *Beck 1723, 2. Buch, S. 115–154, findet sich „Herrn Ahashveri Fritschi sehr nützlicher und in das Teutsche übersetzter Tractat: Von FluhrRecht“. Zur frühneuzeitlichen juristischen Literatur über Grenzen vgl. Scattola 1997, S. 54–69; die einschlägigen Titel auch bei *Moser 1977, S. 10f. 29 Vgl. etwa betr. grenzüberschreitende Strafverfolgung *Beck 1723, 1. Buch, S. 152–167 (Kap. 19): „Allerhand practicable Collectanea von Gränzen und Markungen in sich haltend“.

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übertragbar waren.30 Ausführliche Erläuterungen zur Vermessung auch und vor allem von Landesgrenzen finden sich allerdings am Ende des 18. Jahrhunderts in Johann Jakob Hocks „Abhandlung von Versteinungen, Beschreibungen, Verzeichnungen und Beziehungen der Gränzen“ von 1789. Der Autor möchte zeigen, wie im Falle alle Gränzsteine auf der ganzen Gränze bis auf zwei am Anfang und am Ende einer Linie, verlohren gegangen, und auch kein Grundriß vorhanden wäre, nach einer auf die von mir gezeigte Art entworfenen Gränzenbeschreibung die Plätze aller fehlenden Steine untrüglich, und unwidersprechlich mit mathematischer Gewißheit ausfindig gemacht werden können, und dadurch die Gränzen gegen alle künftige Streitigkeiten gesichert werden.31

Als Grundlage dient hierbei eine zuvor von den Grenzanrainern einvernehmlich durchgeführte, exakte Vermessung der Grenze, deren Ergebnisse dokumentiert und gegebenenfalls kartiert wurden und dann jederzeit zur Rekonstruktion der Grenzverhältnisse herangezogen werden konnten.32 In den Zusammenhang von Innovationen in der Vermessungstechnik gehört schließlich auch das Bergbauwesen bzw. die hierfür grundlegende Markscheidung als Abgrenzung der Grubenfelder,33 die nicht nur privatwirtschaftliche Relevanz hatte, sondern bei grenznahem oder grenzübergreifendem Bergbau durchaus ein Politikum sein konnte.34 Als frühes Beispiel sei auf die ‚Salzirrungen‘ zwischen der Fürstpropstei Berchtesgaden und dem Bistum Salzburg verwiesen.35 Berchtesgaden gestattete Salzburg bereits 1271 den grenzüberschreitenden Salzabbau in der Saline Hallein am Dürrnberg. 1309 wurde diesbezüglich präzisiert, dass Salzburg berechtigt sei, mit einem Stollen von 60 Klafter Länge auf Berchtesgadener Gebiet vorzustoßen und hierfür – unabhängig vom Erfolg, also dem Auffinden von Salz – 40 Pfund Salzburger Pfennig zu zahlen hätte. Mittelfristig 30 *Beck 1723, 2. Buch, S. 7–28 (Kap. 2): „Von der Art und Weiß, die Felder geometrice zu messen“; ebd., S. 29–44 (Kap. 3): „Von der Land-Theilung“; S. 45–60 (Kap. 4): „Von der Grundlegung oder Grundriß“. 31 *Hock 1789, S. 8f. 32 Vgl. zu den von Hock beschriebenen Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen unten Kap. V.4 („Fazit: Karten als Leitmedium der Raumbeschreibung“). 33 Vgl. als Überblicke Bönisch u. a. 1990, S. 28–34; Bartels/Steffens 2008. 34 Vgl. zur Frage des „Staatsgebietes im Erdinneren“ mit Schwerpunkt auf dem 19. und 20. Jahrhundert Khan 2004, S. 642–652. 35 Vgl. Khan 2004, S. 645f.; detailliert für das Mittelalter auch Palme 2003. Weniger an grenz­ überschreitendem Bergbau als solchem als an den hierdurch erzwungenen Veränderungen des herrschaftsrechtlichen Gefüges entzündeten sich die Streitigkeiten im vorderösterreichischen Bergbaurevier des Lebertals in den mittleren Vogesen, Westermann 2003.

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führte diese Übereinkunft zu langwierigen Auseinandersetzungen, die erst 1627 vor dem Reichshofrat zugunsten Salzburgs entschieden wurden, da das Fürstbistum „solches Saltz-Bawen und Graben von villen Jahren hero besessen und hergebracht“.36 Die jeweiligen Rechtsansprüche in dem Streit wurden mittels Karten untermauert.37 Während das oberirdische Abstecken der Felder mit den Methoden der regulären Vermessung bewerkstelligt werden konnte, stellte die untertägige Grubenvermessung eine besondere Herausforderung dar. Theoretische Arbeiten zu diesem Thema liegen seit dem 16. Jahrhundert vor.38 Den Anfang machte um 1500 Ulrich Rülein von Calw mit seinem „Nützlich Bergbüchlein“, in dem erste Hinweise auf die entsprechenden Techniken gegeben wurden.39 Analog zu den Entwicklungen im Vermessungswesen insgesamt machte auch die Markscheidung in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die entscheidenden Fortschritte. Dies wird unmittelbar nach der Jahrhundertmitte mit dem Werk Georg Agricolas deutlich, der sich im fünften Buch seines Lehrwerks „De re metallica libri XII“ von 1556 ausführlich und sehr differenziert der Vermessungskunst unter Tage widmet.40 Substrat der Grenzvermessungen im Bergbau waren nicht verbale Beschreibungen, sondern 36 Zit. nach Khan 2004, S. 646. 37 Khan 1996, S. 9, Anm. 44.; vgl. auch Becker 1985, S. 11. Vgl. auch die Streitigkeiten zwischen der Grafschaft Hartenstein und Kursachsen um die Bergbaugrenze am Fichtelberg bei Oberwiesental 1529–1534 sowie die Auseinandersetzungen zwischen Braunschweig-Wolfenbüttel und Braunschweig-Grubenhagen um den Abbau silberhaltiger Bleierze im Raum Zellerfeld und Clausthal in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in deren Zusammenhang ebenfalls Karten angefertigt wurden, Bönisch u. a. 1990, S. 137–140 mit Abb.; 142f., Abb. S. 141. Zwischen dem kurkölnischen Herzogtum Westfalen und dem Fürstentum Nassau-Siegen brach 1709 ein Streit um die Ausbeutung der Kupfervorkommen unter dem auf der Grenze gelegenen Kupferberg bei Rahrbach aus. Auch in diesem Zusammenhang wurden Karten angefertigt, Timpte 1961, S. 53–60. Zu den Grenzkonflikten des Herzogtums Westfalen mit seinen Nachbarn wegen Bergbaus vgl. jetzt in breiter zeitlicher Perspektive Reininghaus/Köhne 2008, S. 69–75. 38 Vgl. zu den einzelnen Werken Slotta/Bartels (Hg.) 1990, S. 144–168. 39 *Pieper (Hg.) 1955, S. 88–91, 124–126. 40 *Agricola 1977, S. 98–119; zur oberirdischen Absteckung und Vermessung der Grubenfelder vgl. ebd., S. 60–66. Vgl. in der Folge auch *Mathesius 1562; *Reinhold 1574. Neben dieser gedruckten Spezialliteratur findet sich zeitgleich eine Reihe teilweise aufwändig illustrierter Handschriften, die mehr oder weniger ausführlich auch auf vermessungstechnische Fragen eingehen, was einmal mehr die Bedeutung des Themas in den Bergbauregionen dieser Zeit unterstreicht. Zu nennen sind u. a. das „Schwazer Bergbuch“ von 1554/56, *Bartels/ Bingener/Slotta (Hg.) 2006; zur Vermessungstechnik Bd. 1, S. 53–64; Bd. 2, S. 311–315, 475–479; Abraham Schnitzers „Bergbuch“ von 1575, Irtenkauf 1984; und Martin Sturtz’ „Speculum Metallorum“ von 1575, Slotta/Bartels (Hg.) 1990, S. 146–152 mit Abb.

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zunächst materielle Markierungen im Feld – sowohl unter als auch über Tage – und seit dem 16. Jahrhundert zusätzlich Karten.41 Unabhängig von der Form und Ausdehnung des Grubenfeldes verliefen die Grenzen, wenn man den Ausführungen Agricolas folgt, „senkrecht in die ewige Teufe“.42 Der jeweilige Besitzer hatte demnach Anrecht auf alle Teile von Flözen, die in diesem Feld lagen, ebenso auf alle Gänge in eben diesem Feld. Die Markierung der Grubenfelder erfolgte mittels Grenzsteinen, gegebenenfalls zur besseren Sichtbarkeit ergänzt durch Pfähle aus Eichen- oder Kiefernholz.43 Unter Tage wurden die Grenzen durch in das Gestein gemeißelte Marken bezeichnet. Diese Markierungen wurden ebenso wie die Grenzsteinsetzungen über Tage in Anwesenheit von zwei Geschworenen, des Bergverwalters und des Steigers der jeweiligen Grube, ausgeführt.44 Die genannten Vermessungsinstrumente und geodätischen Rechenverfahren lieferten das Datenmaterial für die seit dem 16. Jahrhundert immer exaktere Kartierung der Welt – im großen wie im kleinen Maßstab. Hinzu kam die Erfindung des Kupferstichs im späten 15. Jahrhundert, die eine sehr viel präzisere graphische Wiedergabe im Druck ermöglichte als der Holzschnitt, sich in der Kartographie aber erst allmählich seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts durchsetzte.45 Als Medium der Raumbeschreibung blieben allerdings neben der materiellen und symbolischen Markierung weiterhin verbale Deskriptionen wichtig, wobei auch hier eine zunehmende Präzisierung der empirischen Grundlagen erkennbar wird, wie das folgende Kapitel zeigt.

41 Vgl. den Überblick von Bartels 2009; außerdem die Grubenrisse und Karten aus dem Oberharzer Erzbergbaurevier seit dem frühen 17. Jahrhundert bei Slotta/Bartels (Hg.) 1990, S. 248–281; für das 16. Jahrhundert sind entsprechende Darstellungen belegt, aber nicht überliefert, ebd., S. 248. 42 *Agricola 1977, S. 64. 43 *Agricola 1977, S. 66. Der Autor verweist in diesem Zusammenhang auf den Brauch, Ackerflächen auf eben diese Weise zu bezeichnen, nicht aber auf territoriale Grenzziehungen: „Daß voreinst auf die gleiche Weise die Äcker durch Grenzsteine oder Grenzpfähle bezeichnet worden sind, das bezeugen nicht nur die Bücher, die ‚Über die Grenzen der Äcker’ geschrieben worden sind, sondern auch Stellen bei Dichtern.“ 44 *Agricola 1977, S. 117–119. 45 In Flandern wurde die Technik bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts eingesetzt, in anderen Teilen des Reiches finden sich – parallel zu Kupferstichkarten – auch im frühen 17. Jahrhundert noch in Holz geschnittene kartographische Werke, Meurer 2007, S. 1243f.

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2. Landesbeschreibung und Staatenkunde Neben die aus der Antike bekannte und seit dem Spätmittelalter zu neuer Entfaltung kommende politische Theorie, die in der Geschichte der Entstehung moderner Staatswesen eine zentrale Rolle spielt,46 trat seit dem 15. und 16. Jahrhundert gleichsam komplementär die empirische Staaten- oder Landeskunde, für die es freilich ebenfalls antike Vorläufer gab.47 Ihr ging es nicht um die abstrakte Diskussion theoretischer Prinzipien, sondern um die Registrierung des Ist-Zustands der sogenannten ‚Singularien‘. Die europäischen Staaten erlangten auf diese Weise längerfristig einen hohen Grad an „Selbstinformation“, der als Grundlage für Verwaltung und Besteuerung genutzt werden konnte.48 Dieses Wissen über das Land fand folgerichtig auch in der fürstlichen Erziehung Berücksichtigung, wenngleich in der frühen Ratgeberliteratur meist nur sehr allgemeine Kenntnisse in Geographie empfohlen wurden und Autoren wie Erasmus von Rotterdam, die auch entsprechendes Wissen über das eigene Land in den Kanon aufnahmen, eine Ausnahme blieben.49 „Eine programmatisch durchdachte Landeserfassung wurde erst ab der Mitte des 17. Jahrhunderts gefordert, wobei sich die hier formulierten Vorschläge nun bereits auf Vorbilder aus der Regierungspraxis stützen konnten.“50 Eine Selbstverständlichkeit bildete geographisch-landeskundliches Wissen dann in der Prinzenerziehung des 18. Jahrhunderts, wie Anton Friedrich Büsching in seiner „Neuen Erdbeschreibung“ von 1754 formuliert: Ein Regent muß seine eigene und fremde, sonderlich die benachbarten Länder, notwendig kennen, und je besser er sie kennet, je vorteilhafter ists für ihn. Keiner kann ein Staatsmann 46 Vgl. nur Reinhard 2000, S. 100–124. 47 Vgl. zum Folgenden allg. *Rassem/Stagl (Hg.) 1994, S. 1–37; knapp zusammenfassend auch Reinhardt 2000, S. 314f.; zu Einzelaspekten und einzelnen Werken der Frühzeit grundlegend Strauss 1959; Helmrath 2005; vgl. außerdem Rassem/Stagl (Hg.) 1980; Harder (Hg.) 1983. Vgl. darüber hinaus jüngst mit umwelthistorischem Akzent die große Studie von Knoll 2013, der Topographien als „Repräsentationen sozionaturaler Schauplätze“ versteht (S. 92). 48 *Rassem/Stagl (Hg.) 1994, S. 29. 49 Vgl. die Zusammenstellung der entsprechenden Belege aus der Ratgeberliteratur des 16. und frühen 17. Jahrhunderts (Erasmus von Rotterdam, 1516; Niccolò Machiavelli, 1517/31; Thomas Elyot, 1531; Konrad Heresbach, 1592; Georg Engelhard Löhneyß, 1622 usw.) bei Friedrich 2008, S. 210. 50 Friedrich 2008, S. 210; vgl. auch die Hinweise bei Stannek 2001, S. 36–38, zur Vorbereitung der Bildungsreisen von Prinzen durch Wandkarten, Lektüre von Zeitschriften und Länderbeschreibungen sowie systematisches Exzerpieren.

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ohne die Erdbeschreibung werden. Wie soll einer die Stärke und Schwäche der Länder seines Landesherrn, und derer Regenten, mit welchen der seinige in Verbindung stehet, kennen lernen, wenn er keine geographisch-politische Bücher hat? Diese gehören also unter die notwendigsten in seiner Bibliothek.51

Das hervorstechende Merkmal der frühneuzeitlichen Landesbeschreibungen ist die positivistisch anmutende Konzentration auf die Fakten, die nach bestimmten Ordnungskriterien sortiert wiedergegeben werden. Kommentare und Bewertungen, geschweige denn eine wissenschaftliche Analyse bzw. Integration der Daten fehlen.52 Diese additive Vorgehensweise erinnert nicht unbedingt formal, aber sicherlich konzeptionell an die Aufschreibsysteme, die bereits von den mittelalterlichen Verwaltungen zum internen Gebrauch entwickelt wurden. Zu denken ist hier zunächst an die lange Tradition klösterlicher Urbare.53 Seit dem 13. Jahrhundert ist dann in den Territorien des Reiches eine Zunahme der schriftlichen Erfassung und Ordnung von Herrschaft, insbesondere von Besitztiteln und Rechten, zu beobachten. Sie wurden in Rollen und Amtsbüchern festgehalten, wobei vielfach die administrative Gliederung des Raumes als Ordnungsprinzip diente, das heißt, Herrschaftstitel nach Ämtern und Ortschaften bzw. Siedlungen katalogisiert wurden.54 Der Raum selbst, also seine geographische Lage, topographische Beschaffenheit, seine Grenzen usw., wurde auf diese Weise nicht erfasst. Diese Inventarisierung von Herrschaft wurde in den folgenden Jahrhunderten immer weiter verfeinert, wobei der Kanon der Amtsbücher inhaltlich durch neue Materien erweitert und der Zugriff auf die gesammelten Daten durch Register und Inhaltsverzeichnisse vereinfacht wurde. Die administrative Umsetzung von Herrschaft wurde durch die Inventarisierung immer besser gewährleistet. Allerdings spiegelt sich in ihr weniger ein

51 *Rassem/Stagl (Hg.) 1994, S. 432. Zu den ‚geographisch-politischen‘ Büchern zählten seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auch kartenkundliche Werke, vgl. knapp hierzu Horst 2008, S. 313f. Teilweise fokussieren diese auf einzelne Regionen und Territorien, gehören also unmittelbar in den Zusammenhang der Staats- oder Landesbeschreibungen, wie etwa die *Hauber 1724 beigegebene „Historische[n] Nachricht von denen Land-Charten deß Schwäbischen Craißes, deß Hertzogthums Würtemberg, wie auch andern in Schwaben gelegenen Herrschafften“. Zur Bedeutung (historisch-)geographischen Wissens für die Prinzenerziehung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts vgl. Kollbach 2009, S. 300–315, insb. S. 308, 311, 314. 52 *Rassem/Stagl (Hg.) 1994, S. 21. 53 Vgl. oben Kap. I.2 („Elemente vormoderner [Flächen-]Herrschaft“). 54 Zu Amtsbüchern allg. vgl. Patze 1970/71, S. 27–36; Pätzold 1998.

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flächendeckender als vielmehr ein punktueller Zugriff auf den Raum.55 Das Phänomen einer lediglich punktuellen Raumwahrnehmung in der Frühen Neuzeit wurde oben bereits im Zusammenhang vormoderner Reisebeschreibungen thematisiert.56 Beide Befunde widersprechen einer Dichotomie der Raumwahrnehmung in Mittelalter und Früher Neuzeit, wie sie etwa Michel Foucault behauptet hat: Im Mittelalter sei Raum demzufolge ein „ensemble hiérarchisé des lieux“, ein „espace de localisation“ gewesen. Erst mit Galileo Galilei habe sich dieser Raum geöffnet und an die Stelle der Lokalisierung sei die Ausdehnung getreten, „l’étendue se substitue à la localisation“.57 Foucault ist, was den Epochenbruch durch Galilei angeht, offensichtlich zu optimistisch: Auch wenn neuere Tendenzen in die administrativen Prozesse und insbesondere in die Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen Eingang fanden, blieben die Wahrnehmung und die administrative Verwaltung des Raumes durch den frühneuzeitlichen Menschen vielfach doch – im Foucault’schen Sinne – ‚mittelalterlich‘. Durch die punktuelle Inventarisierung von Herrschaft konnten freilich nebeneinander am selben Ort bestehende Herrschaftsansprüche problemlos vermittelt werden. Ein Territorium als Staatsgebiet ließ sich aus den verschiedenen Herrschaftspunkten aber nicht oder nur bedingt, nämlich unter Ausblendung der weißen Flecken im Herrschaftsraum, zusammenfügen.58 Eine weitere in unserem Zusammenhang wichtige Eigenart der frühneuzeitlichen Staatsbeschreibungen ist laut Mohammed Rassem und Justin Stagl die „Gleichsetzung bzw. die bewußte Vermischung der Unterschiede zwischen geographischen Räumen und Staatsgebilden. Geographische und politische Namen werden verwendet, als ob sie zur selben Kategorie gehörten.“59 Diese kategoriale 55 Vgl. hierzu auf der Grundlage von venezianischem Quellenmaterial dezidiert Landwehr 2003, insb. S. 174–179; Landwehr 2007, S. 66f. und passim. 56 Vgl. oben Kap. II.5 („Fazit: Die Immaterialität vormoderner Grenzen“). 57 Foucault 1994b, S. 753: „On pourrait dire, pour retracer très grossièrement cette histoire de l’espace, qu’il était au Moyen Âge un ensemble hiérarchisé de lieux […]. C’était toute cette hiérarchie, cette opposition, cet encroisement de lieux qui constituait ce qu’on pourrait appeler très grossièrement l’espace médiéval: espace de localisation. Cet espace de localisation s’est ouvert avec Galilée […]; de telle sorte que le lieu du Moyen Âge s’y trouvait en quelque sorte dissous, le lieu d’une chose n’était plus qu’un point dans son mouvement […]. Autrement dit, à partir de Galilée, à partir du XVIIe siècle, l’étendue se substitue à la localisation.“ 58 Es lassen sich freilich schon früh Beispiele aufzeigen, die den Hiatus zwischen punktueller Inventarisation und flächendeckender Visualisierung zu überbrücken versuchen, indem sie beides verbinden. So zeigt etwa ein undatiertes Blatt aus dem 16. Jahrhundert auf der Vorderseite eine Karte des kursächsischen Amts Zörbig und listet auf der Rückseite Orte, Untertanen, Liegenschaften und Einkünfte auf, Bönisch u. a. 1990, S. 173, Abb. Taf. 21. 59 *Rassem/Stagl (Hg.) 1994, S. 20.

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Vermischung von Ländern und Regionen findet sich freilich nicht nur in frühneuzeitlichen Staatsbeschreibungen. Vielmehr verweist sie auf eine gewisse Sprachlosigkeit des Mittelalters bezüglich der Bezeichnung politischer Räume: Lässt sich bis in das 12. Jahrhundert keine feststehende Terminologie zur abstrakten Kennzeichnung derselben – etwa ‚terra‘, ‚lant‘ oder ‚territorium‘ – feststellen,60 ist darüber hinaus auffällig, dass auch die konkreten Herrschaftsräume nur selten genauer bezeichnet werden. Noch der spätmittelalterliche Sprachgebrauch kennt die Namen der Fürstentümer als Raumbezeichnungen kaum.61 Unter den ‚deutschen Landen‘, die das Reich ausmachen, werden in der Regel nicht politische Einheiten subsumiert, sondern Regionen oder Landschaften in der Tradition der alten Stammesgebiete und Marken. So nennt der Franziskaner Bartholomaeus Anglicus um 1240 „Brabantia, Belgica, Bohemia, Burgundia, Franconia, Flandria, Frisia, Karinthia, Lotharingia, Missena, Ollandia, Rinchovia, Recia, Saxonia, Sclavia, Suevia, Thuringia, Westvalia.” In einer Urkunde König Sigismunds von Luxemburg von 1422 werden „Swaben, Beyern, Franken, am Reyn, in Elsass, in der Wederawe, in Hessen, Doryngen, Sachsen, Westfalen, Myssen, Bravant, Holland, Seeland, Gulch, Gelre“ als „deutsche Lande“ genannt. Neben Regionen und Landschaften begegnen hier immerhin auch namengebende fürstliche Herrschaften, also eine Nomenklatur, die im Laufe des Jahrhunderts bestimmend wurde. Noch bei der Einteilung des Reiches in Steuerbezirke im Jahre 1427 sprach man jedoch von „den landen Sachsen, Meißen, Türingen und Hessen“, vom „Land zu Beyern“ usw. und verstand hierunter Landschaften und nicht Territorien. Die Herrschaftsverhältnisse wurden lediglich personal bestimmt, indem zum Beispiel von den bayerischen Herzögen gesagt wird, dass sie „in Beyern geseßen sint“. Herrschaft war in dieser Perspektive also nicht unmittelbar mit einem Raum verbunden, sondern spielte sich lediglich innerhalb desselben, also, um die moderne raumsoziologische Terminologie noch einmal aufzugreifen, gleichsam in einem Container ab. Die im frühen 16. Jahrhundert errichteten Reichskreise lassen diese landschaftliche Gliederung zumindest noch erahnen, erhielten doch auf dem Augsburger Reichstag des Jahres 1500 Franken, Bayern und das „Landt zu Schwaben“ je einen eigenen Reichskreis. Die übrigen Kreise – der oberrheinische, der niederrheinisch-westfälische und der niedersächsische Kreis – waren Neuschöpfungen, die 1512 um den österreichischen, den burgundischen, den kurrheinischen und den obersächsischen Kreis ergänzt

60 Vgl. oben Kap. I.1 („Mittelalterliche Herrschaft zwischen Land, Staat und Territorium“). 61 Vgl. zum Folgenden Schubert 2006, S. 1–3; die Zitate ebd., S. 1f.; vgl. auch Schubert 2001, S. 51f.

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wurden.62 Bei der Definition der Kreismitglieder griff man, ganz im Gegensatz zu den vagen landschaftlichen Umschreibungen des 15. Jahrhunderts, auf die Fürstentümer als raumdefinierende Elemente zurück.63 Gleichwohl findet sich auch in späterer Zeit noch ein geradezu selbstverständlicher Rekurs auf ganz unterschiedliche Raumbegriffe: Frühneuzeitliche Reiseberichte verweisen zwar bereits im 16. Jahrhundert häufig auf territoriale Zusammenhänge, um besuchte Lokalitäten zu verorten, nicht selten rekurrieren sie allerdings auch auf Landschaften, um Großräume kenntlich zu machen.64 In ähnlicher Weise spricht der Kölner Ratsherr Hermann Weinsberg in seinem Gedenkbuch davon, dass er neben seiner Heimatstadt auch über Ereignisse in „Dutzlant, Saxen, Hessen, Gelre, Gulich, Swaben, Franken und derglichen“ berichten wolle.65 Wie in der oben genannten Urkunde Sigismunds stehen hier also regionale bzw. landschaftliche Bezeichnungen neben solchen politischer Entitäten. Diese Tradition der landschaftlichen Verortung war offensichtlich längerfristig wirkmächtig und wurde nicht unmittelbar vom Territorialstaat als identitätsstiftender Instanz abgelöst. Vor diesem Hintergrund ist die Unbestimmtheit der Landesbeschreibungen des 15. und des 16. Jahrhunderts hinsichtlich des regionalen respektive territorialen Bezugsrahmens verständlich. Es handelt sich weniger um einen Konstruktionsoder gar „Geburtsfehler“ dieser Textgattung, wie Rassem und Stagl behaupten,66 als vielmehr um die Übernahme von Konventionen bei der Raumbezeichnung, die eben noch nicht ausschließlich auf den politischen Raum fixiert waren, wie es für die Neuzeit üblich ist. Vielmehr standen auch in der Nomenklatur die Herrschaft im Raum (Region) und die Herrschaft über den Raum (Territorium) 62 Zur Geschichte der Reichskreise vgl. ausführlich Dotzauer 1998; zur Kreiseinteilung S. 36–40 und passim; die jüngere Diskussion bei Wüst/Müller (Hg.) 2011. 63 Eine solche Verknüpfung von Landschaft und Territorium findet sich interessanterweise schon früher bei einem auswärtigen Beobachter, nämlich in der „Descriptio provinciarum Alamanorum“ (1479) des päpstlichen Kollektors für den europäischen Norden und späteren Bischof von Kammin, Marinus de Fregeno. Der Autor benutzt die älteren Landschaftsbezeichnungen (Österreich, Bayern, Schwaben, Franken, Westfalen, Rheinland usw.) als vertraute geographische Ordnungsprinzipien und weist ihnen die jeweiligen Territorien und Städte zu, Schneidmüller 2005, S. 395f. 64 Vgl. Gotthard 2007, S. 93–100, insb. S. 99f.: „Aufzeichnungen des 16. Jahrhunderts […] prunken geradezu mit Territorialnamen, viele fügen sie jedem durchreisten Flecken hinzu, oder sie sagen in ermüdender Gründlichkeit, welchem Fürsten bzw. welcher Dynastie die allfälligen Ortschaften gehörten.“ „Selbst ausländische Reisende renommieren mit entsprechenden Kenntnissen. […] Irrtümer kommen vor, aber sporadisch. Grundsätzlich waren unsere Autoren mit der vormodernen Herrschaftstopographie vertraut.“ 65 *Weinsberg 2000, Bd. 1, S. 7. 66 *Rassem/Stagl (Hg.) 1994, S. 20.

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unvermittelt nebeneinander. Es ist dementsprechend auch nicht verwunderlich, dass sich in den Beschreibungen keine oder doch nur sehr vage Angaben zu den Grenzen finden. So nennt etwa Aeneas Silvius Piccolomini in seiner „Historia Bohemica“ von 1458 lediglich die Nachbarn und die entsprechenden Himmelsrichtungen, um die Lage Böhmens zu charakterisieren.67 Im Sinne eines Grenzsaums wird darüber hinaus auf den umgebenden Wald verwiesen.68 Die Elbe habe ursprünglich die Grenze zwischen Germanien und Sarmatien gebildet, „jedoch in unserem Zeitalter reicht Germanien weiter, schließt nicht nur die Elbe ein, sondern auch die Oder, die durch Schlesien fließt, ja sogar die Weichsel, den preußischen Fluß.“69 In den fast zeitgleich erschienenen Schriften „Germania“ und „Europa“ werden nach diesem Muster die Grenzen des antiken Germaniens mit Flüssen bezeichnet, die zeitgenössischen Grenzen Deutschlands aber mit dem Verweis auf Sprache, Sitten und Kultur.70 Auch Konrad Celtis, dessen Projekt einer „Germania illustrata“ eine Schlüsselrolle „als Impulsgeber für den nationalen, aber eben auch für den regionalen Diskurs einer ganzen Generation deutscher Humanisten“ gespielt hat,71 rekurriert in seinen geographischen Beschreibungen Deutschlands auf natürliche Grenzen, zumal Flussgrenzen, die mit der politischen Realität des Reiches um 1500 freilich nichts zu tun hatten. Bekanntlich wurde das landeskundliche Großprojekt des ‚Erzhumanisten‘ nicht realisiert. Die von Celtis als Vorstudien bezeichneten topographischen Schriften „Norimberga“ von 1495/1502 und „Germania generalis“ von 1500/02 sowie die Elegiensammlung „Quatuor libri Amorum secundum quatuor latera Germanie“ von 1502 lassen jedoch die Intention der „Germania illustrata“ und deren konzeptionelles Design erkennen.72 Die Grenzen bzw. ‚Flan67 „Bohemia in solo barbarico trans Danubium sita, Germaniae portio est: Aquilonis flatibus tota ferme exposita. Cuius ad orientem vergens latus Moravi obtinent et Sclesitarum natio, Septentrionem iidem Sclesite ac Saxones, qui et Misnenses et Turingi appellantur. Ad occidentem Iudicum terra est Baioariorumque regio. Meridionalem plagam tum Baioarii, tum Australies habent, qui ripas utrasque Danubii accolunt, nec alia Bohemie quam Theutonum terra coniungitur“, *Piccolomini 2005, S. 18–20, dort auch diese und die folgenden Übersetzungen. Das Werk erschien 1475 unter dem Papstnamen Pius II. im Druck. Zur Bedeutung Piccolominis für die deutschen Humanisten vgl. Helmrath 2005, S. 365–367. 68 „Silva universam claudit, quam veteres Herciniam vocavere, cuius et Graeci scriptores et Latini meminerunt“, *Piccolomini 2005, S. 20. 69 „[…] plerique Germanie terminum Sarmatieque quondam dixere. Sed nostra etate Oderam fluvium, qui Sclesiam intersecat, et ipsam Viscelam, Prutenorum amnem, Germania pretergressa Albim in alveo continet“, *Piccolomini 2005, S. 20f. 70 Vgl. Müller 2001, S. 254f.; *Piccolomini 2005, S. 0231. 71 Helmrath 2005, S. 335. 72 Zur „Germania illustrata“ und Celtis’ Deutschlandkonzeption insg. vgl. grundlegend Müller

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ken‘ Deutschlands werden in den ‚Amores‘ bereits im Titel evoziert, und Titelblatt und Vorrede konkretisieren diese geographische Konzeption: Ersteres zeigt ein Kranzgebinde mit Schriftfeldern, die zur Kennzeichnung der Ausdehnung Germaniens zum einen die vier Himmelsrichtungen, zum anderen aber Weichsel, Donau, Rhein und Ostsee sowie diesen zugeordnet die Städte Krakau, Regensburg, Mainz und Lübeck nennen.73 In entsprechender Weise lässt sich Celtis in der Vorrede von Apoll, dem Vater der Dichter, auffordern, die vier Grenzen seines Vaterlandes („patriae fines quattuor“) zu besingen: „die [Grenze], welche die schwellende Weichsel von den Landen des Ostens trennt, die Südflanke, welche die mächtige Donau beherrscht. Der Rhein dagegen ist die Grenze nach Westen und den nördlichen Teil beherrscht das Volk an der Ostsee.“74 Eben diese Grenzen werden auch in der „Germania generalis“ wieder thematisiert.75 Territoriale Grenzen kommen in beiden Texten hingegen nicht vor, das Innere Deutschlands wird – in Opposition zur barbarischen Ödnis Germaniens bei dem römischen Historiker Publius Cornelius Tacitus – als Städtelandschaft charakterisiert.76 Nun könnte man annehmen, dass der Verweis auf natürliche Begrenzungen und die damit einhergehende Unbestimmtheit hinsichtlich territorialer Grenzziehungen, wie wir sie bei Piccolomini und Celtis beobachten konnten, ein Charakteristikum der frühen Landesbeschreibungen darstellt und auf eine tatsächliche Unbestimmtheit der Grenzen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zurückzuführen ist.77 Denn natürlich waren die territorialen Verhältnisse in dieser 2001; Robert 2003, insb. S. 174–187, 345–439; außerdem Strauss 1959, S. 19–28 und passim; knapp u. a. auch *Meurer (Bearb.) 2001, S. 40–44; Helmrath 2005, S. 334–337. 73 *Celtis 1502, Titelblatt; genauer dargestellt werden die Grenzflüsse bzw. das Grenzmeer auf den jeweils am Beginn der vier Bücher gedruckten Holzschnitten, ebd.; vgl. Robert 2003, Abb. S. 175, 252; Hess/Eser (Hg.) 2012, Abb. S. 65f., 75. 74 „Turgidus Eois quam claudit Vistula ab oris, sed latus austrinum maximus Hister habet, Rhenus ab occiduis limes sed dicitur oris et boreae partem gens Codonea tenet“, zit. nach Robert 2003, S. 361, dort auch die Übersetzung. 75 Vgl. Edition und Übersetzung bei Müller 2001, S. 96–101; sowie Kommentar und Diskussion ebd., S. 133–150, 366–370. 76 Robert 2003, S. 403. Exemplarisch ausgeführt ist dieser Aspekt der „Germania illustrata“ in der „Norimberga“, *Celtis 2000; vgl. zu der Schrift allg. Müller 2001, S. 294–302. Der Fokus auf Nürnberg als Zentrum deutscher Kultur erklärt vermutlich, dass lediglich die Mauern als Grenzen des Gemeinwesens erwähnt werden, nicht aber die (Fluss-)Grenzen des reichsstädtischen Territoriums. 77 Erwähnenswert ist allerdings, dass Piccolomini das Werk zunächst als „Historia Bohemorum“ am Ende aber als „Historia Bohemica“ betitelte, das Interesse sich also von den Menschen auf den Raum im Sinne des „regnum Bohemiae“ verlagerte, *Piccolomini 2005, S. 0226; vgl. auch ebd., S. 0186–0188.

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Zeit nicht überall endgültig geklärt, die territorialen Herrschaftsräume mussten vielfach noch politisch und juristisch sowie performativ und deskriptiv konstituiert werden, auch wenn – wie wir gesehen haben – territoriale Grenzen bereits während des Mittelalters zunehmend beschrieben und markiert wurden. Es wäre also zu erwarten, dass bei weiterer Klärung der territorialen Verhältnisse im Laufe des 16. Jahrhunderts auch die Landesbeschreibungen diesen Aspekt detaillierter erörterten. Erstaunlicherweise trifft dies aber nicht zu. So kommen etwa in Sebastian Münsters vielfach neu aufgelegter „Cosmographia universalis“ von 1544, für die der Autor seit 1528 Informationen von Gewährsleuten in der humanistischen Gelehrtenwelt, aber auch von verschiedenen Städten und Landesherren erhalten hatte, territoriale Grenzen nicht vor. Angegeben werden vielmehr natürliche Grenzen von Regionen, wie Flüsse und Gebirge, oder lediglich die benachbarten Landschaften und ihre Bewohner.78 Gleiches gilt für die chorographischen Werke anderer Humanisten, etwa Albert Krantz,79 Johannes Cuspinian,80 Bartholomäus Sthenus81 oder Johannes Cochläus.82 Eine entsprechende Fixierung auf natürli78 *Münster 1544; vgl. ausführlich zum Werk McLean 2007; eine eindrucksvolle Auflistung zumindest eines Teils der Gewährsleute ebd., S. 159–161; zur Behandlung von Grenzen ebd., S. 222; Iwańczak 2009, S. 64. 79 Die Grenzen der ‚Germania‘ etwa werden mit dem Rhein und der Donau angegeben, nach Osten gilt die Verbreitung der deutschen Sprache als Abgrenzung zu den slawischen Ländern; vgl. Andermann 2002, S. 287; Bollbuck 2006, S. 96f. 80 In seiner „Austriae Regionis Descriptio“ von 1553 orientiert der Autor die Grenzen Österreichs an den Flüssen Raab, Rabnitz, Donau und Inn, Strauss 1959, S. 84. 81 In seiner „Descriptio totius Silesiae et civitatis Regiae Vratislaviensis“ von 1512/13 heißt es: „Certiores limites, quibus a finibus discernatur non satis nobiles habet, praeter silvas et montes; nam flumina nusquam perpetuo separant, ideoque non paucis locis confusi sunt, maxime sicubi extrema quaedam oppida in finitimorum ditionem principum concesserunt, ut Sagana, Glocium, Crosna”, *Kunisch (Hg.) 1836, S. 6. 82 Cochläus zählt in dem Abschnitt seines Werks mit dem Titel „Germanie fines“ die benachbarten Landschaften oder Reiche sowie begrenzende Meere auf: „Clauditur a meridie Italia et Dalmatia, ab oriente Hungaria et Polonia, a septentrione Mari Baltheo Magnoque Oceano, ab occidente vero Gallia Marique Britannico“, *Cochläus 1960, S. 64, 66. Mit einer ähnlichen Mischung aus naturräumlichen, landschaftlichen und recht vagen territorialen Angaben bezeichnet er die Lage von einzelnen Regionen und Territorien, vgl. etwa ebd., S. 98, zu Bayern: „Terminatur ab oriente Austria, a meridie Alpibus, ab occasu Vindelicia, a septentrione Bohemia“; ebd., S. 104, zu Schwaben: „Habet ab oriente Bavaros, a meridie Alpes, ab occidente Rhenum, a septentrione Franconiam“; ebd., S. 108, zur Pfalzgrafschaft bei Rhein: „Terminatur ab occidente Rheno, a septentrione Franconia“; ebd., S. 112, zu Böhmen: „Sylva Hercynia tamquam nativo muro undique cingitur“; ebd., S. 142, zu Franken: „Franconia a meridie Suevis iungitur, ab ortu Bohemis et Noricis, a septentrione Turingis, ab occasu Rheno et Hassie“; ebd., S. 152, zu Brabant: „Contigua ad occasum quidem Flandrie, ad austrum Gallie, ad ortum Gelrie, ab aquilonem vero Holandie“; ebd., S. 154, zu Geldern:

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che Grenzen von Regionen und Territorien findet sich in Humanistenkreisen schließlich sogar noch gegen Ende des 16. Jahrhunderts: Der 1587 von Heinrich Rantzau vorgelegte „Methodus describendi regiones, urbes et arces“, der einen Katalog von fast 200 Fragen zu den unterschiedlichsten Aspekten – von der astronomischen Ortsbestimmung bis hin zu kulturellen, lokalpolitischen und regionalgeschichtlichen Details – enthält, fragt zwar unter den „Chorographica“ (Landesbeschreibung) nach dem Durchmesser des Gebietes in Meilen sowie nach Umfang und Ausdehnung und unter den „Topographica“ (Ortsbeschreibung) nach „magnitudo, longitudo, latitudo geometrica, ambitus“.83 Hinsichtlich der Grenzen werden aber auch hier lediglich natürliche Begrenzungen wie Flüsse, Berge und Wälder erwähnt.84 Die Gründe für die Nichtbeachtung territorialer Grenzen müssen andere sein als deren vermeintliches Nichtvorhandensein bzw. deren noch nicht abschließende Ausformung. Tatsächlich stehen die Landesbeschreibungen in einer nicht-staatlichen Tradition. Sie wurden in aller Regel nicht von den Fürsten in Auftrag gegeben, sondern waren Ergebnis humanistischer Gelehrsamkeit, die sich aus der Rezeption entsprechender literarischer Formen der Antike speiste.85 Tacitus benennt in seiner „Germania“ – gleichsam dem Urtext deutscher Landesbeschreibungen – mit Ausnahme des Ostens, wo er neben Bergen auch die dort siedelnden Sarmaten und Daker anspricht, ausschließlich natürliche Grenzen.86 Andere antike Autoren, etwa Pomponius Mela oder Ptolemäus, variieren zwar die Grenzverläufe insbesondere im Süden und Osten, verfolgen aber gleichfalls ein Schema natürlicher Grenzen.87 Die humanistischen Landesbeschreibungen schließen sich hier an, denn sie unternehmen den Versuch, das antike geographische und

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„Ad Rhenum Brabantie contermina est Gelria“; ebd., S. 160, zum Elsaß: „Terminatur itaque ab occasu Lotharingia, a meridie Helvetia, ab ortu autem Rheno“. Zu Cochläus‘ Behandlung von Grenzen vgl. auch knapp Meyer 2009, S. 308. „Distantia miliarium plagalis, directionalis“; „amplitudo Regionis. collata ad alias, quam longa, lata, ambitus, circuitus“; „magnitudo, longitudo, latitudo geometrica, ambitus“, *Rassem/ Stagl (Hg.) 1994, S. 161. „Termini seu fines quibus regionibus, fluminibus, montibus, silvis limitetur, circumscribatur, separetur“, *Rassem/Stagl (Hg.) 1994, S. 161. Ganz ähnlich geht in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auch noch David Chytraeus vor, vgl. Bollbuck 2006, S. 260–263. Vgl. grundlegend zur humanistischen Landesbeschreibung Strauss 1959; Helmrath 2005; mit Blick auf die Grenze zwischen Italia und Germania Stauber 2001, S. 64–88. „Germania omnis a Gallis Raetisque et Pannoniis Rheno et Danuvio fluminibus, a Sarmatis Dacisque mutuo metu aut montibus separatur; cetera Oceanus ambit, latos sinus et insularum inmensa spatia complectens, nuper cognitis quibusdam gentibus ac regibus, quos bellum aperuit“, zit. nach Andermann 2002, S. 287; vgl. auch Müller 2001, S. 360f. Müller 2001, S. 361–365.

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chorographische Wissen mit den Ergebnissen eigener Anschauung zu verbinden und historiographisch in eine Kontinuität einzuordnen.88 Die Beschreibung der bis in die Antike zurückreichenden und in der Gegenwart weiterhin präsenten regionalen Formationen mit ihren naturräumlichen Grenzen anstelle der spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Territorien mit aktuellen politischen Grenzen erscheint in dieser Perspektive fast zwingend. Und selbst wenn einzelne Humanisten in fürstlichen Diensten standen, ist die prinzipielle Offenheit ihrer Diskurse über Land und Region gegenüber möglichen fürstlichen Interessen zu betonen: Die im Fokus der Landesbeschreibungen stehenden Regionen respektive Länder seien, so Klaus Graf, „keine naturräumlichen Einheiten, sondern Traditionstatbestände, deren historisch begründete Bedeutung und Geltung nicht zur Disposition von Machthabern steht.“89 Dementsprechend waren schon die Bezugspunkte des spätmittelalterlichen Landesbewusstseins nicht ausschließlich dynastisch-herrschaftlicher Natur, wenngleich die Fürsten als Propagatoren eines engen identitätsstiftenden Zusammenhangs zwischen Dynastie und Land sicherlich nicht zu vernachlässigen sind.90 Die auf das Land bezogene spätmittelalterliche Geschichtsschreibung, in der sich das Landesbewusstsein vor allem artikulierte,91 griff aber selbstverständlich auch auf den jeweiligen regionalen Stammesmythos und die damit zusammenhängenden räumlichen Formationen zurück.92 Bei stärker dynastisch fixiertem Landesbewussein, wie es etwa in der bayerischen Chronistik greifbar wird, weitete sich spätestens im Humanismus 88 Vgl. Strauss 1959, S. 29–44; Helmrath 2005, S. 346f.; sehr treffend formuliert Arnold 1983, S. 96f.: „Hier geht es um die Erklärung der Vergangenheit eines gegenwärtigen Gebietes mit der Intention, historisch bedeutsame Vorgänge des Altertums mit ihm zu verbinden und gleichzeitig eine Entwicklungslinie bis zum jüngeren geschilderten historischen Ereignis oder gar bis zur eigenen Gegenwart zu ziehen.“ 89 Graf 1992, S. 163; vgl. auch Helmrath 2005, S. 345f. 90 Zum spätmittelalterlichen Landesbewusstsein vgl. insb. die übergreifenden wie auch regional spezifizierenden Beiträge bei Werner (Hg.) 2005; in jüngerer Zeit u. a. für Franken Petersohn 2008, S. 187–329; für Bayern Dicker 2009. Auf von einzelnen Dynastien längerfristig geprägte Herrschaftsräume als Grundlage für das Landesbewusstsein hat insb. Jean-Marie Moeglin immer wieder hingewiesen, vgl. u. a. Moeglin 2005. 91 Zur Geschichte der vormodernen Landesgeschichtsschreibung vgl. neben der in Anm. 90 genannten Literatur übergreifend Gerlich 1986, S. 3–42; für die Zeit des Humanismus Brendle u. a. (Hg.) 2001. 92 Dies betont Schneidmüller 2005, S. 407: „Landesbewußtsein machte sich zwar durchaus auch an neuen dynastisch geprägten Herrschaftsgebilden fest. Im Kerngebiet des Reiches […] kristallisierten sich Identitäten jedoch eher an jenen Ländern und Völkern, die Formierung und Ethnogenese der frühmittelalterlichen Wanderzeit und – wohl entscheidender – dem Zerfall des fränkischen Großreiches verdankten.“

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der Fokus wieder regional, indem die Geschichtsschreiber nicht mehr den Herrschaftsbereich der Wittelsbacher als Raum zugrundelegten, sondern Bayern in seinen geographischen und ethnographischen Grenzen definierten.93 Den Humanismus allerdings einseitig auf die Abkehr von einem dynastisch geprägten spätmittelalterlichen Landesbewusstsein festzulegen, würde der Sache nicht gerecht, denn auch im Humanismus waren dynastische Tendenzen in der Historiographie und Chorographie durchaus noch relevant, wenn vielleicht auch weniger prägend als zuvor.94 Umgekehrt bedeutete der Fokus der spätmittelalterlichen Landesgeschichtsschreibung auf bestimmte Dynastien nicht unbedingt eine Orientierung an festgefügten territorialen Einheiten.95 So änderten etwa die verschiedenen bayerischen Landesteilungen des 15. Jahrhunderts nichts an der grundsätzlich gesamtbayerischen Ausrichtung der Chronistik, die Historiographen konstruierten für die neugegründeten Teilherzogtümer keine (Teil-)Identitäten.96 Die Wahrnehmung Bayerns als Einheit wurde durch die politischen Veränderungen der Gegenwart also nicht tangiert, was sich nicht zuletzt aus der gentilen Tradition des Landes und seiner Bewohner erklärt. Eine entsprechende Feststellung lässt sich für den Südwesten des Reiches machen, wo das Herzogtum Schwaben bereits 1268 unterging, aber jenseits der aktuellen politischen Veränderungen als Bezugsgröße für das spätmittelalterliche Landesbewusstsein erhalten blieb.97 Auch in Westfalen bildeten nicht die verschiedenen Territorien, sondern vor allem die Region als solche den Anker für ein Landesbewusstsein, während Großräume ohne gentile Tradition, wie das Rheinland, kein Landesbewusstsein ausprägten.98

93 Dicker 2009, S. 321–323, 422. 94 Vgl. Helmrath 2005, S. 345f. 95 Sicherlich eine Ausnahme bildet in diesem Zusammenhang Peter von Dusburgs „Chronicon terrae Prussiae“ von 1326, das zur „Beschreibung (und Legitimation) des landesherrschaftlichen Istzustands“ (Helmrath 2005, S. 369) aus der Perspektive des Deutschen Ordens auch eine vergleichsweise differenzierte Grenzbeschreibung lieferte: „Terra Prussie pro terminis suis, infra quos constituta est, habet Wiselam, mare salsum, Memelam, terram Russie, ducatum Masovie et ducatum Dobrinensem“, zit. nach Arnold 1983, S. 80. Zur Anpassung dieser Grenzbeschreibung im Humanismus vgl. ebd., S. 82f. 96 Dicker 2009, S. 237–275, insb. S. 270–275; zusammenfassend auch S. 420. 97 Mertens 2005, S. 103–117; vgl. bereits Graf 1992, insb. S. 139–157. 98 Vgl. für Westfalen Johanek 2005; neben dem Westfalenbewusstsein gab es hier auch ein territorialbezogenes Landesbewusstsein, das allerdings weniger ausgeprägt war, ebd., S. 291. Stattdessen propagierte der Kölner Erzbischof den Gentilnamen für seine aus dem Dukat abgeleitete Herrschaft – das Herzogtum Westfalen – und erhob damit einen Anspruch auf die gesamte Region, der sich zwar territorialpolitisch nicht realisieren ließ, ihm aber immerhin eine führende Rolle bei der Gestaltung des Landfriedens und die Aufsicht über das Femegericht in

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Weder die spätmittelalterliche Historiographie noch die humanistischen Landesbeschreibungen des 15. und 16. Jahrhunderts bemühten sich um exakte Beschreibungen territorialer Grenzen. Erstere erscheint zwar insofern politisiert, als sie vielfach dynastisch orientiert war. Die konkrete räumliche Gestalt eines Landes spielte dabei aber eine untergeordnete Rolle. Die Landesbeschreibungen der Humanisten waren dagegen sehr wohl räumlich orientiert, fokussierten aber weniger auf Territorien als auf Landschaften, waren also vor allem Regionaltopographien. Einen Beitrag zur Konstruktion räumlicher Herrschaft und der entsprechenden Identitätsstiftung leistete die Gattung Landesbeschreibung erst als sie – vereinzelt seit dem späten 16. und fast flächendeckend im 17. und 18. Jahrhundert – im staatlichen Auftrag erfolgte.99 Eine interessante Übergangsform stellt die „Synopsis descriptionis totius Hassiae“ von Wilhelm Dilich aus dem Jahre 1591 dar.100 Der Autor stand später, wie wir noch im Zusammenhang der frühen kartographischen Landesaufnahmen ausführen werden, tatsächlich im landgräflichen Dienst. Das Manuskript seiner Landesbeschreibung dedizierte er zwar dem Fürsten, hatte es aber nicht in dessen Auftrag, sondern lediglich auf seine Anregung hin erstellt. Und er nahm auch nicht nur den engeren territorialen Rahmen der Landgrafschaft in den Blick, sondern legte eine Beschreibung ‚ganz Hessens‘ vor.101 Das Werk steht damit gleichsam zwischen den aus wissenschaftlich-humanistischem Interesse und unabhängig von fürstlichen Anforderungen angefertigten Landesbeschreibungen auf der einen Westfalen eintrug, ebd., S. 292. Vgl. für das Rheinland Hirschmann 2005. Für beide Räume fehlen humanistische Landesbeschreibungen, Helmrath 2005, S. 365, Anm. 113.  99 In Südeuropa setzten die im obrigkeitlichen Auftrag durchgeführten Landesbeschreibungen früher ein. In Venedig gab es schon 1268 einen Erlass, der die heimischen Gesandten dazu verpflichtete, nach ihrer Rückkehr über die bereisten Länder Bericht zu erstatten. Die sog. ‚relazioni‘ wurden nach einem bestimmten Merkmalskatalog verfasst, der u. a. die geographische Situation des Landes, zentrale Orte, regionale Eigenheiten und wirtschaftliche Aspekte umfasste; vgl. insg. Toscani 1980; ein Schema der Relationen bei Stagl 1980, S. 160. König Philipp  II. von Spanien ließ 1577 und 1578 den Zustand seiner Länder durch Fragebögen erheben. Die Bemühungen um eine einheitliche Landesbeschreibung erstreckten sich auch auf die Kolonien, *Rassem/Stagl (Hg.) 1994, S. 132f.; ebd., S. 133–156, die dem gedruckten Fragenkatalog von 1577 folgende Beschreibung von Cuenca (Equador). Parallel zu der Erhebung wurden in Übersee Karten der betreffenden Regionen in Auftrag gegeben. Interessanterweise wurden diese zumeist von indigenen Malern entsprechend der eigenen Tradition der Kartenherstellung gezeichnet, so dass sie den zeitgenössischen Intentionen europäischer Landesbeschreibung und -kartierung kaum entsprechen konnten, Dünne 2008, S. 57–60. 100 Vgl. Faksimile und Edition bei *Dilich 2012. 101 Dementsprechend weist er den Landgraf darauf hin, dass „videbis enim hic in uno quasi fasciculo urbes olim tibi subservientes oppidaque hic potentiae olim tuae et imperio tuo concessura contemplaberis“, *Dilich 2012, S. 92.

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und den im Auftrag und für die konkreten Bedürfnisse eines Herrschers erarbeiteten Deskriptionen auf der anderen Seite. Dies zeigt sich nicht zuletzt in der Beschreibung der regionalen respektive territorialen Grenzen: Während Dilich bei der Ausdehnung der gesamten Region reichlich vage bleibt, indem er Hessen nur grob zwischen Thüringen, Westfalen, dem Rhein, Franken und Braunschweig einordnet,102 wird er bezüglich der Landesteile Ober- und Niederhessen präziser. Als deren Grenzen nennt er einerseits Flüsse und Gebirge, andererseits verweist er aber auf ausgewählte territoriale Grenzen bzw. die angrenzenden Fürstentümer. So werden für Oberhessen die Grenzen der Pfalz und für Niederhessen das Herzogtum Braunschweig als Begrenzung erwähnt.103 Im Anschluss an die Gebietsumschreibung folgen Beschreibungen der Städte des jeweiligen Landesteils, wobei der Autor mit Zwischenbemerkungen eine Wanderung von Ort zu Ort suggeriert. Während das Land als solches also – um die Terminologie von de Certeau noch einmal aufzugreifen – im Sinne einer ‚Karte‘ gegliedert und geordnet wird, präsentiert Dilich die Städte in Form einer ‚Wegstrecke‘.104 Die landesherrlich beauftragten Landesbeschreibungen des 17. und 18. Jahrhunderts zielten auf eine flächendeckende Erfassung des Landes. Genannt seien nur vom Beginn dieser Periode die „Salbücher“ des Fürstbistums Würzburg von 1593–1597,105 die „16-Punkte-Berichte“ für die Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach von 1608–1723106 oder das „Landbuch“ für das Herzogtum Württemberg von 102 „Sitaque nostra […] in Austrum Hassia exporrecta includitur ab uno latere Thuringia et ab altero Westphalia et Rheno. A tergo Francis plus in longitudinem quam latitudinem patet. Fronte spectat Brunsvicenses“, *Dilich 2012, S. 92. 103 „Initium ergo Hassiacae nationis est trans Rhenum a S. Goarino cum suis subjectis oppidis. Inde transiliens fluvium per Dioecesin Moguntinensem usque ad Francofortum pertingit; abinde vero ad sinistram pervenit ad confinia Palatinatus et ejus partem, quam vulgo Montanam viam vocant“, *Dilich 2012, S. 94; „Forma igitur hujusmodi est, ut maxime in gyrum et circularem ambitum flectatur. Et illud certissime constat, eam cujusdam sibi coni imaginem induxisse. Nam cum ab amplitudine tanquam a latissima quadam basi ejus partis aditus, quae superior est, incipiat, deducitur tamen paulatim et ad extrema usque protenditur, ubi ducatus Brunsvicensis“, ebd., S. 116. 104 Zu de Certeau vgl. oben Kap. II.1 („Verbale Beschreibungen“). 105 Merz 1997; eine Edition des zugrundeliegenden Fragenkatalogs ebd., S. 658–666. Die räumliche Komponente von Herrschaft spielt hier an verschiedenen Stellen eine Rolle: Gefragt wird nach der „sachliche[n] und räumliche[n] Kompetenz des Landgerichts des Herzogtums Franken“ (S. 659), „wie die grenitzen [des Geleitsbezirks] heißen“ (S. 660) und – hinsichtlich der Gemarkungen – „ob des dorffs marckung gegen alle anstossenden, verraint unnd versteint“ seien (S. 664). 106 Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, 16-Punkte-Berichte 1–54; vgl. Herding 1938, S. 35f.; Merz 1997, S. 657f.; Edition des zugrundeliegenden Fragenkatalogs ebd., S. 666–668. In herrschaftsräumlicher Hinsicht wird nach den Fraisch- und Wildbanngrenzen und deren

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Johann Oettinger von 1623, das Ruthardt Oehme als „ein landeskundlich-statistisches Nachschlagewerk für die herzogliche Verwaltung“ charakterisiert107 – eine sicherlich für viele Landesbeschreibungen territorialherrschaftlicher Provenienz zutreffende Umschreibung.108 Landesbeschreibungen dieser Art lehnen sich in ihrer Gliederung in der Regel an die bestehenden Verwaltungseinheiten an, skizzieren Umfang und Grenzen des Territoriums und seiner Teile, Verwaltungsstrukturen, Kirchenorganisation, Besitztitel und Rechte des Fürsten sowie die allgemeinen Rechtsverhältnisse, sie benennen Siedlungen, Burgen und Städte, machen Angaben zu Wirtschaft, Infrastruktur und Bodenschätzen und gegebenenfalls auch zu Geographie, Geschichte und Brauchtum.109 Um die entsprechenden Daten zu erheben, wurden dieselben Praktiken angewandt wie bei der Ermittlung von Grenzverläufen, nämlich die Sichtung vorhandenen Materials, die Befragung von Zeugen und die Inaugenscheinnahme vor Ort.110 Sie finden sich auch bei Theoretikern wie Gottfried Wilhelm Leibniz, der in seinem „Entwurf gewisser Staatstafeln“ von 1680/85 vorschlägt, „1) sich bereits habender Scripturen geordnet [zu] bedienen, 2) erfahrene Leute über nicht angemerkte Dinge [zu] vernehmen, 3) in rem praesentem zur Inquisition und Besichtigung [zu] kommen“. Einschränkend merkt er allerdings an, dass „bei geschwind fürfallenden Begebenheiten […] die Beschaffenheit des Landes nicht ab ovo untersucht werden“ könne,111 was freilich für die Notwendigkeit einer sorgfältigen und längerfristigen Anlage von ‚Staatstafeln‘ spricht. Auch wenn nicht in jeder Landesbeschreibung der genannte Themenkatalog vollständig abgearbeitet wird, ergeben die Angaben doch ein vielschichtiges Bild des jeweiligen Landes. Die territoriale Integration dieser unterschiedlichen Aspekte folgt aus der übergreifenden Ordnung der Landesbeschreibungen nach Ämtern. Auf diese Weise wird eine flächenmäßige Erstreckung der Herrschaft suggeriert, die in der Praxis aufgrund der Rechte fremder Fürsten und anderer reichsunmittelbarer Herrschaftsträger kaum je bestand. Zwar werden diese Rechte oder auch konkurrierende Ansprüche durchaus in den Landesbeschreibungen erwähnt. Innerhalb dieses Rahmens wirken sie jedoch – durchaus im Sinne des jeweiliger ordnungsgemäßer Versteinung sowie nach den Geleitsgrenzen gefragt. Darüber hinaus soll über eventuelle Streitigkeiten beim Steinsetzen in den einzelnen Ämtern berichtet werden. 107 Vgl. Oehme 1982, S. 38–43, das Zitat S. 38; zu den Inhalten im Detail ebd., S. 73–102. 108 Vgl. über die genannten Beispiele hinaus die Aufzählung bei Merz 1997, S. 651f.; außerdem für die Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach Herding 1938. 109 Vgl. allg. Friedrich 2008, S. 303f. 110 Vgl. zur Praxis der Datenerhebung für die Landesbeschreibungen den Überblick von Friedrich 2008, S. 313–319. Zu den Verfahren bei der Ermittlung von Grenzverläufen vgl. oben Kap. II.3.1 („Versteinungen und Umgänge“). 111 Zit. nach Rassem 1980, S. 19.

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auftraggebenden Landesherrn – wie Fremdkörper.112 Signifikant sind in diesem Zusammenhang auch die Konflikte zwischen Landesherr und landsässigem Adel, die sich bei der Erstellung einer Landesbeschreibung entwickeln konnten, wie das Beispiel der 1696 von Michael Wening angeregten und zwischen 1701 und 1726 in vier Bänden gedruckten „Historico topographica descriptio Bavariae“ zeigt.113 Offiziell unterstützten die Landstände zwar das Projekt. Aber bei der Datenerhebung stieß der Autor auf zahlreiche Widerstände seitens des Adels und verschiedener Klöster, die ihm die zugesagte Unterstützung bei der künstlerischen Aufnahme der topographischen Schauplätze verweigerten, Fragebögen nicht oder nur mit Verzögerung beantworteten und auch die von den Landständen bewilligte finanzielle Beteiligung an den Arbeiten nicht zahlten. Diese Widerstände sind offensichtlicher Ausdruck der Befürchtung, dass mit der Landesbeschreibung – etwa durch Fehler oder die bewusste Manipulation von Daten – bestehende Rechte und Privilegien in Frage gestellt oder sogar Präjudizien geschaffen werden könnten. In der Vorrede des Werks wurde daher schließlich die salvatorische Klausel eingefügt, dass mit der ‚Descriptio‘ „niemanden das mündiste Recht eingeraumbt noch auch im Gegenstand ichtwas praejudicirt seyn, sondern jedwedern sein Jus unbekränckt verbleiben solle.“114 Frühneuzeitliche Landesbeschreibungen waren grundsätzlich für den internen Verwaltungsgebrauch bestimmt. Dementsprechend waren sie vielfach auf Zuwachs angelegt, das heißt so strukturiert, „damit man allezeit noch weß weiters hinzusetzen oder verzaichnen könne“.115 Aus der Zweckbestimmung der Landesbeschreibungen als interne Verwaltungsinstrumente ergab sich zudem ihr in der Regel nicht öffentlicher Charakter. Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zu den humanistischen Landesbeschreibungen, die ja auf eine größere Öffentlichkeit zielten und dementsprechend auch im Druck verbreitet wurden.116 Die fürstlich initiierten Landesbeschreibungen unterlagen dagegen – wie übrigens auch das betreffende Kartenmaterial – der Geheimhaltung.117 Dennoch entdeckten auch die Fürsten die Möglichkeiten gedruckter Landesbeschreibungen als Medien der 112 Vgl. etwa die Beispiele bei Knoll 2013, S. 390f. 113 Vgl. zum Folgenden Knoll 2013, S. 389–396; außerdem Knoll 2008. 114 Zit. nach Knoll 2013, S. 390. 115 So der Fragenkatalog des 16-Punkte-Berichts des Fürstentums Brandenburg-Ansbach von 1608, zit. nach Merz 1997, S. 668; vgl. auch ebd., S. 654, außerdem die Beispiele für eine Fortschreibung bzw. Aktualisierung von Landesbeschreibungen bei Friedrich 2008, S. 324. 116 So auch Friedrich 2008, S. 313. 117 In der Geheimhaltung von Informationen zur staatlichen Ordnung sieht Münkler 2009, S. 46–49, ein Kennzeichen der Frühen Neuzeit – im Gegensatz zur Sichtbarmachung der Ordnung im Mittelalter – und verweist in diesem Zusammenhang explizit auf Landesbeschreibungen

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Herrschaftsrepräsentation.118 Als Beispiel sei auf die Topographie des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg von Matthaeus Merian d. Ä. und Martin Zeiler verwiesen, die 1654 im Rahmen von Merians „Topographia Germaniae“ im Druck erschien.119 Zwar ging das Werk auf die verlegerische Initiative Merians zurück, die Welfenherzöge und ihre Adminstrationen zogen das Projekt aber sehr schnell an sich: Herzog August  II. von Braunschweig-Wolfenbüttel „organisierte einen Redaktionsprozess, der von genauer Anleitung der Informationserhebung, sorgfältiger Textrevision, teilweise durch den Herzog persönlich, und von Geheimhaltung des Materials bis zur Übergabe an den Verlag geprägt war.“120 Die fürstliche Kontrolle diente zum einen dazu, herrschaftsrechtliche Konflikte insbesondere zwischen den Welfenherzögen nach außen zu verschleiern und es diesbezüglich nach innen zu keinem Präjudiz kommen zu lassen. Zum anderen konnte der landsässige Adel in der Landesbeschreibung marginalisiert werden, indem die von den Geschlechtern bereitgestellten Informationen auf ein Minimum gekürzt und redaktionell an die fürstlichen Vorgaben angepasst wurden. Besonders aussagekräftig ist hier das Beispiel der von Minnigerode und ihrer Herrlichkeit Wollershausen: Die von Hans von Minnigerode eingereichte Beschreibung umfasste 15 Blatt. Für den Druck wurde sie auf eine drittel Seite gekürzt,121 was der Bearbeiter mit der Bemerkung rechtfertigte, dass „diese so außführliche weitleufige beschreibung des Minnigerodeschen geschlechtß auch ihrer dorfschafften und herlichkeiten […] wider die intention undt mehr ein Minnigerodesches verneuertes Chronicon [sei], alß zur Topographia gehörig, darumb nicht zu gebrauchen“.122 In theoretischer Hinsicht ist der wichtigste Gewährsmann für die neue, auf das einzelne Territorium gerichtete Form der Landesbeschreibung der im Dienst von Ernst I. von Sachsen-Gotha stehende Veit Ludwig von Seckendorff. Sein 1656 erstmals erschienener „Teutscher Fürsten-Staat“ war aus der Verwaltungspraxis des reformorientierten Fürstentums Gotha geschöpft: Was im Ratskollegium „praktisch zu ermitteln und zu regeln war, nämlich die herrschaftliche Durchdringung und Organisation eines kleinen Staates, wird im ‚Fürsten-Staat‘ abstrahiert und systematisiert“.123 Seit der dritten Auflage von 1665 um verschiedene Ergänzungen („Additiones“) vermehrt, wurde das Werk bis 1754 achtmal neu aufgelegt, und Statistik. Für die Geheimhaltung von Karten vgl. die Beispiele unten in Kap.  III.3.2.1 („Landesaufnahmen“). 118 Dies betont Knoll 2013, S. 385f.; das Folgende nach ebd., S. 387–389. 119 *Merian/Zeiler 1654; vgl. hierzu auch Disselkamp 2014. 120 Knoll 2013, S. 387. 121 *Merian/Zeiler 1654, S. 213. 122 Zit. nach Knoll 2013, S. 388f. 123 Zum Praxisbezug des Werks vgl. Laube 2012, S. 176–178, das Zitat S. 177.

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was dessen großen Erfolg bezeugt.124 Für Seckendorff liegen Sinn und Zweck der Staatsbeschreibung vor allem in der Nutzung als umfassendes Nachschlagewerk über alle das Territorium betreffenden Materien durch die „landes=obrigkeit, und dero bediente“. Seine Ausführungen sollen in diesem Sinne als „unverfänglich modell oder art“ dienen, wonach die „äußerliche und materialische“ sowie die politische Beschreibung der inneren Zustände erfolgen könne.125 Hinsichtlich der Angaben zur Lage und Begrenzung der Territorien geht Seckendorff weit über das hinaus, was in früheren Fragenkatalogen und Beschreibungen geboten wurde, und fordert – ganz offensichtlich in Abgrenzung zu diesen: Bey der gelegenheit oder situation ist nicht allein kürzlich anzuzeigen, wo es in Teutschland, und in welche namhafften gegend und kreys desselben es liege, wie hoch der polus oder nordstern allda stehe, und wie es mit der tags- und nachts-länge daselbst bewand sey, davon in den cosmographien und land-charten nachricht zu finden, sondern auch, wie es begränzet seye, wie die fürstenthümer und benachbarten landschafften heissen, daran es allenthalben stösset, und mit welchen örtern des fürstenthums solche angräntzung geschehe.126

Auf der Ebene der Ämter seien die entsprechenden Angaben ebenfalls zu erheben und in die Beschreibung aufzunehmen.127 Die Amtsgrenzen sollten jedoch in einem gesonderten „special-gräntz-verzeichniß“ als Beilage angegeben werden, „denn wo die erzehlung der reine und steine in diese beschreibung käme, wird sie zu groß und verdrießlich“. Auch Landwehren oder Landgräben wären in diesem Zusammenhang zu erwähnen.128 Um die vielfältigen Aspekte der Landes- bzw. Amtsbeschreibungen anschaulich darzustellen, schlägt von Seckendorff vor, „eine ausführliche gründliche land-tafel“ anzufertigen, da die gedruckten Karten „mehrentheils mangelhafft, falsch und irrig, oder je gar zu general“ seien. Auf der Grundlage der nach von Seckendorffs Anleitung gearbeiteten Beschreibungen von Land und Ämtern könnten in die Karte nicht nur zahlreiche Details zur physischen Beschaffenheit und zu Verkehrswegen eingetragen werden, sondern insbesondere „auch die 124 *Rassem/Stagl (Hg.) 1994, S. 296. 125 *Seckendorff 1972, S. 4f. Ganz ähnlich definiert auch Leibniz in seinem „Entwurf gewisser Staatstafeln“ von 1680/85 den Zweck von Landesbeschreibungen: Sie böten „eine schriftliche kurze Verfassung des Kerns aller zu einer Landesregierung gehörigen Nachrichtungen, so ein gewisses Land insonderheit betreffen … dass der hohe Landesherr alles darin leicht finden, was er bei jeder Begebenheit zu betrachten“, zit. nach Rassem 1980, S. 18. 126 *Seckendorff 1972, S. 7. 127 *Seckendorff 1972, Additiones, S. 33f. 128 *Seckendorff 1972, Additiones, S. 39.

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special-marckung, mit was für flüssen, steinen, und andern gräntz-zeichen das land an die fremde gräntzet“.129 Von Seckendorff meint hier offensichtlich eine handgezeichnete Karte größeren Maßstabs, die ergänzend zur verbalen Landesbeschreibung für den internen Gebrauch der Verwaltung hergestellt werden sollte. Er erfindet damit nichts Neues, sondern propagiert – wie andere Zeitgenossen – eine bekannte, als sinnvoll erachtete Verwaltungspraxis, die sich aber noch nicht überall durchgesetzt hatte.130 Im Fürstentum Gotha, wo seit spätestens 1641 detaillierte Amtsbeschreibungen angefertigt wurden, waren Karten und Risse als Bestandteil derselben seit den 1660er Jahren üblich, wie es auch von Seckendorff in seinem „Fürstenstaat“ fordert.131 Dass Karten größeren Maßstabs in der territorialen Verwaltung schon vor von Seckendorffs Schrift intensiv benutzt wurden, ist etwa für Nürnberg bezeugt: Vom Pflegamt Velden liegt eine 120 x 123 cm große, 1611 von Hieronymus Braun gezeichnete Karte vor. Neben zahlreichen anderen Details zeigt sie zwölf mit Buchstaben bezeichnete Grenzsteine und eine mit Gold gehöhte Grenzlinie, die in einem ausführlichen Text beschrieben werden (Taf. 8).132 Diese Karte wurde offenbar bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts benutzt, denn im Herbst 1768 wandte sich der Veldener Pfleger mit der Bitte um eine neue Karte an die Stadt. Die alte sei „durch die länge der zeit […] dergestalt abgenuzet, daß die auf 129 *Seckendorff 1972, S. 7f. 130 Etwa zeitgleich empfahl auch Sir William Petty in seiner „Method of Enquiring into the State of any Country“ die Nutzung von Karten als Grundlage der Landeserfassung: „Get the best map of the country”, *Rassem/Stagl (Hg.) 1994, S. 289. Auch in Frankreich lassen sich entsprechende Bestrebungen zur Ergänzung und Illustration von Landesbeschreibungen durch Karten nachweisen: In seinem „Lettre sur la manière de faire les statistiques“ vom 09.05.1698 rät der Festungsbaumeister Sebastien Le Prestre de Vauban dem Verantwortlichen für die Festungen bei Calais und in dem von Frankreich neu erworbenen Westflandern mit Dünkirchen und Ypern, Jean-Antémor Hue de Caligny: „La première chose qu’il faudrait donc ajouter est une carte du pays qu’il faudrait prendre sur la moins mauvaise des plus récentes qu’en ont été gravées, et y marquer par les lignes ponctuées toutes les divisions de pays dont il est parlé dans le mémoire, qu’il faudrait toute enluminer de différentes couleurs, comme on fait d’ordinaire à toutes les autres cartes“. „Nous pourrions, par les suites, y joindre les plans des places fortifiées réduits sur l’échelle commune que nous nous sommes faite, même des principaux lieux. En passant en ce pays-là, j’en demanderai aux ingénieurs de chaque place pour les joindre au mémoire qui pourra devenir une rareté singulière si vous voulez bien vous attacher à sa perfection“, *Rassem/Stagl (Hg.) 1994, S. 339–349, hier S. 342f. 131 *Seckendorff 1972, Additiones, S. 34; vgl. Klinger 2002, S. 101f. 132 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 642; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 146f., Nr. 118; Fleischmann 2000a, S. 314f. mit Abb. Eine auf 32 x 32 cm verkleinerte, vereinfachte Darstellung von 1613 in Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 643; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 146f., Nr. 118.

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derselben angezeigte fraiß gränzen nicht wohl mehr zu erkennen sind.“133 In der Nürnberger Stadtverwaltung war die Karte zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht mehr bekannt,134 man übersandte stattdessen die in Kupfer gestochene Karte des Nürnberger Landgebiets von Christoph Scheurer von 1691/92, die freilich aufgrund der geringeren Größe (50 x 59 cm) und des kleineren Maßstabs für die Verwaltungszwecke eines Amtes wenig brauchbar war und daher abgelehnt wurde (Taf. 9).135 Das Pflegamt Velden schickte daraufhin die abgenutzte Karte mit der Bitte um Kopie ein. Tatsächlich wurde sie dann bis März 1769 abgezeichnet. Da aber verschiedene Details der Fraischgrenze im Original „unleserlich“ waren, musste die Grenze unter Hinzuziehung von ortskundigen Zeugen bereitet und „in der copie locis congruis mit bleijweiß“ eingezeichnet werden, um sie schließlich in Nürnberg von einem Kartenzeichner ins Reine übertragen zu lassen. Am 16. Juni 1769 erhielt das Pflegamt Velden eine „nunmehr völlig gefertigte zu mehrer conservation in einen rahmen mit glas gefasste copie der veralteten dortigen fraißcharte“.136 Der Hinweis auf die Rahmung zeigt, dass sie für eine Hängung an der Wand, vermutlich in einer der Amtsstuben, und damit als stetiges Referenzwerk für Verwaltungszwecke gedacht war.137 Trotz der Konzentration der jüngeren Staatsbeschreibungen auf bestimmte Territorien – im Gegensatz zu den stärker landschaftlich ausgerichteten des 15. und 16. Jahrhunderts – änderte sich ihre Form nicht. Sie blieben weiterhin der 133 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Landpflegamt Velden, S I L 458, Nr. 19; die folgenden Zitate ebd. 134 Sie ist allerdings in stark verkleinerter Form in einem Pergamentlibell mit dem Titel „Abriß deß stättleins und ambts Velden, 1613“ in den städtischen Akten überliefert, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, D-Laden, Akt. 4901; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 146f., Nr. 118. Das Libell enthält auch die ausführliche Grenzbeschreibung. 135 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 247 (Federzeichnungen von Scheurer); ebd., 257 (Druck); vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 208, Nr. 213; außerdem Schnelbögl 1966, S. 126–130 mit Abb. (Ausschnitte); Schnelbögl 1976 mit Abb.; Fleischmann 2000a, S. 318f. mit Abb.; Schiermeier 2006, S. 94f. mit Abb. Zu der Karte gehörte ein gedrucktes Register aller Orte, die durch ein Buchstabenraster auf der Karte lokalisiert werden konnten, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Druckschriften 457. 136 Die Karte ist erhalten in Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 647; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 146f., Nr. 118. 137 Bereits für die Wildbannkarte von Etzlaub von 1516/19 ist nachweisbar, dass sie „unten im gewelb der Cantzley hangend“ aufbewahrt wurde, Nürnberg, GNM, Graphische Sammlung, La 1217; vgl. *Wittmann 1941, S. 3. Auch für die Rottenburger Pürschgerichtskarte von David Rötlin aus dem Jahre 1564 ist belegt, dass sie im 18. Jahrhundert in einer Amtsstube, der Achtzehner-Stube, aufgehängt war, Hecht 1987, S. 11. Gleiches ist für einen Teil der Karten der kursächsischen Landesaufnahme von Matthias Öder und Balthasar Zimmermann anzunehmen, Bönisch 2002, S. 18.

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statistischen Methode, im Sinne einer Aufzählung einzelner Daten und Fakten, treu. Auch für sie galt dementsprechend noch, was Hermann Conring in der Einleitung zu seinem „Examen rerumpublicarum potiorum totius orbis“ von 1660 andeutet, dass nämlich erschöpfende Kenntnis („plenam notitiam“) nur durch Aufzählung („enarratio“) zu erreichen sei.138 Als Materien der Staatenkunde nennt er zunächst im Anschluss an Aristoteles Steuern und Einkünfte, Krieg und Frieden, den Schutz des Landes, Export und Import sowie die Gesetze. Die Staatenkunde sei damit aber noch nicht erschöpft, wenngleich die meisten jüngeren Autoren ausschließlich über diese Themen handelten. Vielmehr sei mit ‚Staat‘ die Gesellschaft insgesamt, der „integrum corpus civilis societatis“ gemeint,139 woraus sich für Conring die übrigen Materien der Staatsbeschreibung ergeben, etwa Bevölkerung, Natur und Geistesart der Menschen, Vermögen und Besitz, Beschaffenheit und Erträge des Landes, Wirtschaft, Regierungsform und Verfassung usw.140 Nicht zuletzt nennt er auch die Grenzen als Materie der Staatenkunde und behandelt diese dementsprechend auch in den verschiedenen Länderkapiteln – zumeist mit Verweis auf natürliche Grenzen und benachbarte Territorien.141 Foucault hat das Ergebnis derartiger Wissensakkumulation treffend charakterisiert: „C’est donc un savoir qui pourra, qui devra procéder par entassement infini de confirmations s’appelant les unes et les autres. […] La seule forme de liaison possible entre les éléments du savoir, c’est l’addition. De là les immenses colonnes, de là leur monotonie.“142 Noch im 18. Jahrhundert finden wir im Bereich der Lan138 Das Werk stellt eine aus Hörermitschriften rekonstruierte Vorlesung dar, die Conring im November 1660 angekündigt und über mehrere Jahre gehalten hat. Hierin breitet er materialreich eine „ennarationem nempe omnium rerumpublicarum, praeter Germaniam“ aus, skizziert zuvor allerdings in methodischer Hinsicht, „quid ad plenam notitiam singularis cujusque reipublicae requiratur atque unde illa sit petenda“, *Conring 1970, Bd. 4, S. 47–520, hier S. 48; vgl. Stagl 1980, S. 143. Die Einleitung mit Übersetzung findet sich auch bei *Rassem/Stagl (Hg.) 1994, S. 227–267. 139 *Conring 1970, Bd. 4, S. 50. 140 *Conring 1970, Bd. 4, S. 50–53. 141 *Conring 1970, Bd. 4, S. 51: „Deinde quoque hoc observandum est, quemadmodum singulae regiones sese habeant respectu finium, an faciles habeant adpulsus, & quinam cum illa possint communicare & quales sint, qui communicare possint.“ Die Territorien des Reiches kommen in der Vorlesung nur mit wenigen Beispielen vor, vgl. zu deren Grenzen u. a. für das Herzogtum Geldern ebd., S. 280; für das Erzherzogtum Österreich ebd., S. 293f., für das Herzogtum Bayern ebd., S. 303. Ausführlich hatte sich Conring mit den Grenzen des Reiches bereits in seiner Schrift „De finibus imperii Germanici libri duo, quibus iura finium a primo Imperii exordio ad haec nostra usque tempora propugnantur” von 1654 beschäftigt, *Conring 1970, Bd. 1, S. 114–463; vgl. hierzu Scattola 2003, S. 40–59. 142 Foucault 1966, S. 45.

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desbeschreibung solche barocken Gebäude des Wissens. Besondere Blüten trieb die statistische Methode in der Apodemik, also der Ratgeberliteratur zur Kunst des Reisens, die seit dem 16. Jahrhundert immer aufwändigere Fragebögen und Schemata zur Sammlung von Daten und Fakten über ferne Welten entwickelt hatte.143 Ein frühes Beispiel ist Hieronymus Turlers „De peregrinatione et agro neapolitano“ von 1574. In der Schrift werden fünf Kategorien zur Beschreibung von Ländern benannt, die durchaus den in fürstlichen Landesbeschreibungen thematisierten Aspekten entsprechen: „nomen (antike und moderne Namen), figura (Gestalt und Lage), capacitas (Umfang und Grenzen), iurisdictio (Herrschaftsordnung und Verfassungsform sowie deren Gebrauch und Missbrauch), situs (Naturmerkwürdigkeiten und Produkte der Region, Städte, Sehenswürdigkeiten)“.144 In der Spätzeit der Gattung weitete sich dieser Fragenkatalog bis ins Unendliche: Leopold Berchtolds „Essay to direct and extend the inquiries of patriotic travellers” von 1789 hält in 37 Sektionen über 1.000 Fragen für den Reisenden vor, die wohl kaum zu bewältigen gewesen sein dürften.145 Das Ende der Staats- und Landesbeschreibungen kam mit der Französischen Revolution: Um 1800 zeichnete sich ein Wandel von der statischen zu einer dynamischen Politikbetrachtung ab, das Modell der faktischen Staatsbeschreibung hatte sich damit überlebt.146 Mit Blick auf neue Formen der Beschreibung von Ländern und Territorien ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung, dass der behandelte (Herrschafts-)Raum im beginnenden Zeitalter der Nationalstaaten klar definiert war und sich nicht mehr in zahllose Herrschaftsrechte und Besitztümer teilte wie – trotz aller Bemühungen um exakte Grenzziehungen – vielfach noch in der Vormoderne. Diese detailliert aufzuzählen, erübrigte sich, denn der Staat ließ sich nicht mehr als Summe vieler Einzelteile beschreiben, sondern nur aus einer übergreifenden räumlichen Logik heraus, die alles, was innerhalb der Staatsgrenzen lag, dem Staat zuordnete. Den Überblick im Datendickicht ermöglichten aber bereits im 18. Jahrhundert andere Formen der Wissensaufbereitung, nämlich Karten und Tabellen. Letztere wurden zunächst in die Beschreibungen 143 Vgl. hierzu nur Stagl 1980. 144 Stagl 1980, S. 131. 145 Die deutsche Übersetzung erschien 1791 unter dem Titel „Anweisung für Reisende, nebst einer systematischen Sammlung zweckmäßiger und nützlicher Fragen“, Stagl 1980, S. 137. 146 *Rassem/Stagl (Hg.) 1994, S. 30. Ein ganz ähnlicher epistemischer Wandel, den Wolf Lepenies als „Temporalisierung der Taxonomie“ bezeichnet, lässt sich übrigens auch im Bereich der Naturgeschichte feststellen: Die bislang nebeneinander in umfangreichen Klassifikationssystemen ausgebreiteten Fakten zur Tier- und Pflanzenwelt, wie etwa die von Carl von Linné erstellten zoologischen und botanischen Verzeichnisse, wurden nunmehr in Zeitreihen gebracht und damit dynamisch aufeinander bezogen, Lepenies 1978, S. 101.

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eingefügt, bildeten aber zunehmend auch eine eigenständige Form der Datenaufbereitung, um den Herrschaftsraum zahlenmäßig darzustellen.147 Darüber hinaus wurden den Landesbeschreibungen auch Karten beigefügt bzw. umgekehrt kartographische Landesaufnahmen durch Beschreibungen ergänzt148 und schließlich entwickelten sich die Karten auf der Grundlage von exakten Vermessungen zu einer eigenständigen Form der ‚Landesbeschreibung‘.149

3. Kartographie 3.1 Die Regionalisierung der Kartographie in der Frühen Neuzeit Die Geschichte der frühneuzeitlichen Kartographie beginnt mit Claudius Ptolemäus, dem griechischen Mathematiker aus Alexandria, dessen „Γεωγραφική Ὑφήγησις“ („Geographike Hyphegesis“) im späten 14. Jahrhundert nach Westeuropa gelangte.150 Die Schrift stellt eine Anleitung zur Erstellung von Karten dar und umfasst neben einem Theorieteil einen Katalog mit Längen- und Breitenangaben von 6.345 topographischen Orten der damals bekannten Welt sowie 1.404 Völker- und Landschaftsbezeichnungen ohne Koordinaten und schließlich einen Atlas mit Karten und zugehörigen Begleittexten.151 Die „Geographia“ war um 1300 in Konstantinopel von dem Philologen Maximos Planudes wiederentdeckt worden. Anhaltspunkte für die Rezeption im Westen liefern eine auf Ptolemäus basierende Karte auf einem Fresko von Giusto de’ Menabuoi im Tambour des Baptisteriums von Padua von 1376/78 sowie die erste lateinische Übersetzung, 147 Frühe Beispiele stammen bereits aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, etwa aus Hessen oder der Oberpfalz, Friedrich 2008, S. 304f.; vgl. außerdem für den Südwesten im weiteren 16. Jahrhundert Schaab 1967, insb. S. 91–94, 103f.; für das 18. Jahrhundert Segelken 2010, S. 98–107. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entwickelte sich die Statistik von einem darstellenden Rechts- und Verwaltungsdokument zu einem Instrument der politischen Planung, vgl. Behrisch 2004; Behrisch 2016; insg. auch Behrisch (Hg.) 2006. 148 Vgl. unten Kap. III.3.2.1 („Landesaufnahmen“). 149 Vgl. hierzu unten Kap. V.1 („Landesvermessungen als Instrument staatlicher Verwaltung“). 150 Zur Geschichte der Kartographie in der Frühen Neuzeit vgl. ausführlich Woodward (Hg.) 2007; dort für das Reich den magistralen Überblick von Meurer 2007, insb. S. 1189–1245; grundlegend auch über die titelgebende kursächsische Kartographie hinaus Bönisch u. a. 1990, insb. S. 37–105; außerdem als knappe Überblicke Harvey 1980, S. 153–185; Scharfe 1993; Vogel 2006. Zur Ptolemäus-Rezeption vgl. ausführlich Gautier Dalché 2007; Gautier Dalché 2009; außerdem *Ptolemaios 2006–2009, Bd. 3, S. 382–401 (Florian Mittenhuber, Thomas Klöti). 151 Vgl. die Edition *Ptolemaios 2006–2009.

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die der byzantinische Gelehrte Manuel Chrysoloras um 1400 anhand einer kurz zuvor nach Florenz mitgebrachten, griechischen Handschrift der „Geographia“ begonnen hatte und die bis 1406 von seinem Schüler Jacobus Angelus abgeschlossen wurde.152 Von der schnellen Verbreitung in der europäischen Gelehrtenwelt der Renaissance zeugen über 80 erhaltene lateinische Handschriften.153 Die ersten Druckausgaben des lateinischen Textes erschienen 1475 in Vicenza, 1477 in Bologna, 1478 und 1490 in Rom sowie 1482 und 1486 in Ulm als erste Ausgaben nördlich der Alpen.154 In Florenz wurde 1482 eine italienische, in Nürnberg ca. 1493155 eine deutsche Epitome verlegt. Von den 53 erhaltenen griechischen Handschriften enthalten lediglich 16 auch Karten.156 Der klassische Kartensatz, nach dem das Werk von Ptolemäus konzipiert wurde, umfasst eine Weltkarte und 26 Länderkarten. Es gibt aber auch eine Gruppe von Handschriften, die neben der Weltkarte 64 Länderkarten enthalten.157 Von den 86 erhaltenen lateinischen Handschriften ist dagegen fast die Hälfte mit dem klassischen Kartensatz versehen. Hinzu kommen vielfach die sogenannten ‚tabulae novae‘ oder ‚tabulae modernae‘, die auf der Grundlage neuer geographischer Kenntnisse erstellt worden waren und das antike Wissen der ‚tabulae antiquae‘ ergänzten.158 Von den Wiegendrucken enthalten bis auf die Editio princeps von 1475 und den „Deutschen Ptolemäus“ von 1493 alle Ausgaben Karten. Zumeist handelt es sich um das Set von 27 antiken Karten, die Ausgaben Ulm 1482 und 1486 sowie Florenz 1482 enthalten zudem fünf bzw. vier ‚tabulae modernae‘.159 Im Gegensatz zu späteren Atlanten machten die Karten in den neuzeitlichen 152 Vgl. ausführlich zur Textüberlieferung *Ptolemaios 2006–2009, Bd. 3, S. 320–335 (Alfred Stückelberger) sowie die Liste der griechischen Handschriften ebd., S. 12–20 (Renate Burri). 153 Vgl. die Liste der lateinischen Handschriften in *Ptolemaios 2006–2009, Bd. 3, S. 360–364 (Klaus Geus). 154 Vgl. zu den einzelnen Ausgaben *Ptolemaios 2006–2009, Bd. 3, S. 365–381 (Doris Oltrogge). 155 *Ptolemaeus 1493; vgl. auch das Faksimile bei *Fischer (Hg.) 1910. Im Gegensatz zu den griechischen und lateinischen Ptolemäus-Ausgaben finden sich hier nicht Koordinatenlisten, sondern Beschreibungen der Erdteile und Länder, wobei u. a. auch Grenzen in Form von Gebirgen, Flüssen, Meeren usw. angegeben werden. Es handelt sich dabei freilich nicht um zeitgenössische Territorialgrenzen, sondern um Grenzen nach antikem Raumverständnis. Bei Ptolemäus scheidet der Rhein „Gallia“ und „Germania“, dementsprechend heißt es im deutschen Ptolemäus: „Yn dysem franckreich ist eyn gegenhaytt Reynland genant dorin coln leit vnd ander vil namhafftiger stett“, *Ptolemaeus 1493, [S. 37]. 156 Zu den Karten bei Ptolemäus und deren Überlieferung vgl. *Ptolemaios 2006–2009, Bd. 3, S. 34–108 (Florian Mittenhuber); außerdem ausführlich Mittenhuber 2009. 157 *Ptolemaios 2006–2009, Bd. 3, S. 34. 158 *Ptolemaios 2006–2009, Bd. 3, S. 41f. 159 Vgl. die Angaben zur Ausstattung in *Ptolemaios 2006–2009, Bd. 3, S. 367–373.

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Ptolemäus-Ausgaben nur einen Bruchteil aus, den Schwerpunkt bildete wie im antiken Vorbild der Textteil. Die alten und neuen Karten wurden in der Regel vermischt, so dass das vielfach überholte Wissen der Antike gleichrangig mit den neuen geographischen Erkenntnissen präsentiert wurde. Erst Martin Waldseemüller trennte in der Straßburger Ausgabe von 1513 die 27 Karten nach Ptolemäus von den nunmehr 20 ‚tabulae modernae‘ und fasste sie zu einem eigenständigen Teil zusammen.160 Mit dieser Trennung war eine wesentliche Weiche für die künftigen Ptolemäus-Ausgaben gestellt: Ohne die antik-christliche Tradition und deren geozentrisches Weltbild unmittelbar zu entsorgen, konnten neue geographische und kosmographische Erkenntnisse in gebündelter Form in den Atlas einfließen. Sebastian Münster gab schließlich 1540 in Basel eine Ptolemäus-Ausgabe heraus, deren moderner Teil einen Vorabdruck seiner 1544 erscheinenden und weit umfangreicheren „Cosmographia universalis“ darstellte.161 Der ursprüngliche Ptolemäus-Atlas wurde in letzterer nicht mehr abgedruckt, geboten wurde dagegen eine Enzyklopädie des historisch-geographischen Wissens der Zeit.162 Die Ptolemäus-Renaissance provozierte einen Bruch in der kartographischen Raumkonstruktion der Europäer. Nicht mehr die von christlich-theologischen Vorstellungen geprägte Darstellung des Heilsgeschehens und der Oikumene, wie sie den mittelalterlichen ‚mappae mundi‘ eignet, stand nunmehr im Mittelpunkt. Vielmehr eröffneten die Wiederaneignung des antiken Wissens und dessen Aktualisierung mit Blick auf die modernen Verhältnisse den Weg zu einer auf empirischer Wahrnehmung und geometrischer Abstraktion basierenden Kartographie. In diesem Zusammenhang lässt sich eine für die Kartographie der Frühen Neuzeit charakteristische und geradezu notwendige Regionalisierung feststellen, wie sie bereits in den Länderkarten des Ptolemäus-Atlas angelegt war. Zwar blieb die Darstellung der ganzen Welt in Form von Karten und Globen weiterhin eine wichtige Aufgabe und Herausforderung, sie speiste sich allerdings aus der Regio­nalkartographie, denn nur auf der Ebene von Räumen kleiner und mittlerer Größe konnten verlässliche Daten erhoben werden, die dann vorzugsweise in großmaßstäbigen Regional- und Territorialkarten Verwendung fanden. Diese ‚kartographische Revolution‘ korrespondierte mit unterschiedlichen, seit dem 15. Jahrhundert virulent werdenden Faktoren – dem Humanismus mit seinem Interesse für Geographie und Landesbeschreibung, einer innovativen Naturwissenschaft und Technik mit immer präziseren Methoden und Instrumenten 160 *Ptolemaeus/Waldseemüller 1513. 161 *Ptolemaeus/Münster 1540; *Münster 1544. 162 Vgl. zum Werk insg. McLean 2007; außerdem oben Kap. III.2 („Landesbeschreibung und Staatenkunde“).

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zur Vermessung von Himmel und Erde, der Veränderung der Sehgewohnheiten durch die Entwicklung von Zentralperspektive und Landschaftsmalerei in der Kunst, dem Buchdruck als neuer Form der Verbreitung von Texten und Bildern sowie schließlich einem immer stärker räumlich definierten Herrschaftsgefüge im Reich und in Europa.163 Der sich hier andeutende Beginn eines geographischen bzw. geopolitischen Zeitalters führte zu einer Explosion der Kartenproduktion: Waren zwischen 1400 und 1472 einige tausend Karten im Umlauf, ist für das letzte Viertel des 15. Jahrhunderts eine Gesamtzahl von etwa 56.000 anzunehmen, im 16. Jahrhundert gehen die Schätzwerte in die Millionen.164 Nicht nur die Quantität und die Qualität der Kartenproduktion nahmen mit den beschriebenen Veränderungen seit dem 15. Jahrhundert enorm zu. Es vervielfachte sich auch die thematische Vielfalt der kartographischen Darstellungen, weil immer mehr raumbezogene Fragen mit Karten visualisiert wurden, wie wir bereits oben mit Bezug auf die kartographische Markierung von Grenzen gesehen haben.165 Als direktes Erbe des Ptolemäus sind Weltkarten und Länderkarten anzusehen, die in Form von Einzelkarten und Atlanten sowie Globen, aber auch als Illustrationen in Chroniken vermarktet wurden.166 In unserem Zusammenhang sind hier die ‚Germania‘-Karten von besonderem Interesse, die das Reich bzw. den mitteleuropäischen Raum abbilden.167 Peter H. Meurer hat bis 1650 insgesamt 130 solcher Karten in etwa 270 Varianten nachgewiesen und den Großteil derselben auf nur sieben Archetypen zurückführen können. Diese lassen sich als „grundlegend neuerarbeitete Originale“ charakterisieren, alle anderen Karten leiten sich in der einen oder anderen Form von diesen ab.168 Auf den Umstand, dass seit den Ptolemäus-Bearbeitungen des Nicolaus 163 Die Problematik des Terminus ‚kartographische Revolution‘ ist bekannt, „since it simplifies too much a longer process of cartographic ‚evolution‘“, Lilley 2012, S. 97. Zur Betonung eines sich im 16. Jahrhundert bahnbrechenden Bündels an Neuerungen scheint er mir aber dennoch angemessen. 164 Woodward 2007, S. 11. Laut Behr 1985, S. 23, erschienen in Europa vom 16. Jahrhundert bis 1795 ca. 18.000 Landkarten im Druck, davon etwa 10% als Originalkarten, die übrigen als Nachstiche. Einen deutlichen Hinweis auf den schnellen Anstieg der Kartenproduktion gibt auch die Zahl der bei Ortelius genannten Kartenautoren. In der Erstausgabe des „Theatrum orbis terrarum“ von 1570 werden im „Catalogus auctorum tabularum geographicarum“ 87 Namen gelistet, in der Ausgabe von 1601 sind es bereits 183; Meurer 1991, S. 1; vgl. auch Faksimile und Übersicht ebd., S. 63–67, 68–78. 165 Vgl. oben Kap. II.4.2 („Frühe Regionalkarten“). 166 Zu den frühen gedruckten Weltkarten vgl. ausführlich das Repertorium von Shirley 1983; zu Globen Pülhorn/Laub (Hg.) 1992; zu Atlanten Meurer 1988; Meurer 1991. 167 Vgl. ausführlich *Meurer (Bearb.) 2001; außerdem *Meurer (Hg.) 1984b; Zögner 1996. 168 *Meurer (Bearb.) 2001, S. V. Unterscheiden lassen sich danach Karten des Cusanus- (1455– 1460), Etzlaub- (1500/01), Zell- (um 1544), Stella-Ortelius- (1560/70), Sgrooten- (1566),

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Germanus in den ‚tabulae modernae‘ immer wieder auch aktuelle politische Grenzen verzeichnet sind, wurde bereits oben hingewiesen.169 In den hier interessierenden ‚Germania‘-Karten außerhalb von Ptolemäus-Ausgaben finden sich bis an das Ende des 16. Jahrhunderts allerdings keinerlei Hinweise auf Grenzen. Als bekanntere Beispiele zu nennen wären etwa die auf Nicolaus Cusanus zurückgehende Karte von ca. 1455–1460, die lediglich in Bearbeitungen von Heinrich Martellus von ca. 1490 und Nicolaus Germanus ebenfalls aus dem späten 15. Jahrhundert erhalten ist,170 die Deutschlandkarte Hieronymus Münzers in der Schedelschen Weltchronik von 1493,171 die Romweg- und die Landstraßenkarte von Erhard Etzlaub von ca. 1500 bzw. 1501 (Abb. 5),172 die „Landtafel Teutscher Nation“ auf dem Sonneninstrument von Sebastian Münster von 1525,173 die Landtafel von „Tütschland“ aus der Schweizer Chronik Johannes Stumpfs von 1547,174 die „Gemeine Landtaffel des Deutschen Landes“ Tilemann Stellas von 1560175 oder die Germania-Rundkarte des Matthias Quad von 1595.176 Anstelle von Grenzlinien finden sich auf den Deutschlandkarten gelegentlich Territorialbezeichnungen und Wappen, letzteres etwa auf der Germania-Wandkarte von Christoph Pyramius von 1542,177 der genannten Karte von Mercator-Hondius- (1585) und Mercator-Blaeu-Typus (1590), benannt jeweils nach den Autoren der archetypischen Karten. 169 Vgl. oben Kap. II.4.1 („Mittelalterliche Universalkartographie“). 170 Martellus, Henricus: Cusanus-Karte, ca. 1490 (Chantilly, Musée Condé, MS. 698/483, fol. 127v–128r); Germanus, Nicolaus: Cusanus-Karte (Eichstätt-Karte 1491), Basel: Andreas Cratander 1530; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 71–106, Abb. Taf. 1,2; 1,3. 171 Münzer, Hieronymus: Germania-Karte, Nürnberg: Anton Koberger 1493; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 107–111, Abb. Taf. 1,5. Vgl. hierzu zuletzt Wawrik 2010, insb. S. 521–530. 172 Etzlaub, Erhard: Romweg-Karte, Nürnberg: Jörg Glogkendon um 1500; Etzlaub, Erhard: Landstraßen-Karte, Nürnberg: Jörg Glogkendon 1501; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 143–145, 148–150, Abb. Taf. 2,1; 2,3. Das Flächenkolorit bezeichnet hier im Gegensatz zur Annahme von Lindgren 1987, S. 56; Lindgren 1997, S. 32, keine Territorien, sondern Sprachräume (Niederländisch, Französisch, Italienisch, Polnisch, Ungarisch usw.), das deutschsprachige Gebiet ist nicht koloriert. 173 Münster, Sebastian: Landtafel Teütscher nation, Oppenheim: Jakob Köbel 1525; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 183–189, Abb. Taf. 2,9. 174 Die Karte wurde ebenso wie die elf übrigen Karten der Chronik nur ein Jahr später separat gedruckt, Stumpf, Johannes/Vogtherr, Heinrich d. Ä.: Germania, Tütschland, Zürich: Christoph Froschauer 1548; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 198–202, Abb. Taf. 2,12. 175 Stella, Tilemann: Die gemeine Landtaffel des Deutschen Landes, Wittenberg: Johannes Crato 1560; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 298–301, 307–309, Abb. Taf. 5,1. 176 Quad, Matthias: Germania-Karte, Köln: Johann Bussemacher 1595; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 325f., Abb. Taf. 5,4. 177 Pyramius, Christoph: Germania-Karte, Antwerpen: Jan Liefrinck (?) 1542; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 278–282, Abb. Taf. 4,1.

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Stumpf, der Germania-Karte Heinrich Zells von 1560178 oder der dritten Ausgabe der Germania-Wandkarte von Christian Sgrooten von 1688.179 Die früheren Ausgaben Sgrootens von 1566 und 1601 weisen dieses Moment noch nicht auf.180 Grenzlinien begegnen in den Germania-Karten erst seit dem Ende des 16. Jahrhunderts.181 Zu unterscheiden sind hier die entsprechenden Signaturen auf der Druckplatte selbst, das heißt die vom Kartenautor in Kupfer gestochenen Linien, und die nach dem Druck im Zuge der Kolorierung der Karten ergänzten Grenzen. So zeigen etwa die Germania-Karten Gerhard Mercators von 1585 und Cornelius de Jodes von 1593 im Druckbild einen grenzenlosen mitteleuropäischen Raum, der erst durch die farbige Eintragung der Reichsgrenzen und der Grenzen benachbarter Länder politisch strukturiert wurde.182 Inwieweit die Kartenautoren dies intendiert hatten, ist nicht eindeutig zu bestimmen, denn bis in das frühe 17. Jahrhundert wurden entsprechende Karten grundsätzlich als Schwarz-WeißDruck verkauft, die Kolorierung erfolgte anschließend durch den Besitzer bzw. in dessen Auftrag. Professionielle Illuministen im Dienst einer Offizin sind erstmals nach 1618 bei Willem Janszoon Blaeu nachweisbar.183 Im 18. Jahrhundert wurden den Kupferstichkarten teilweise spezielle Anleitungen zur Illumination 178 Zell, Heinrich: Ein newe und eygentliche Beschreibung des Teutschen Lands […], o. O. 1560; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 239–241, Abb. Taf. 3,1. Als weitere Karten des Zell-Typus mit Wappen sind u. a. zu nennen Lily, George: Nova Germaniae descriptio, Rom: Michele Tramezzino 1553; vgl. ebd., S. 250, Abb. Taf. 3,6; Gastaldi, Giacomo: Nova & verissima totius Germaniae descriptio, Venedig: Matteo Pagano ca. 1555; vgl. ebd., S. 242, Abb. Taf. 3,2. 179 Sgrooten, Christian: Carte generalle d’Allemagne divisée en ses roiaumes principautez duchez et autres seigneuries, Paris: Gérard Jollain 1688; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S.  347f., Abb. Taf. 6,3. Die Karte enthält auch Territorialbezeichnungen sowie vereinzelt Grenzlinien. 180 Sgrooten, Christian: Nova totius Germaniae, clarissimae et dulcissimae nostrae patriae descriptio, Antwerpen: Hieronymus Cock 1566; Sgrooten, Christian: Germania-Karte, Paris: Paul de la Houve 1601; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 344–347, Abb. Taf. 6,1; 6,2. 181 Laut *Meurer (Bearb.) 2001, S. 345, sind bereits in Sgrootens Germania-Karte von 1566 im Westen des Reiches „dünne Punktlinien als Territorialgrenzen eingetragen, ohne dass daraus aber ein System oder gar eine Darstellung der Reichsgrenzen herauszulesen wäre.“ Genauer dargestellt sind dagegen die Reichsgrenzen bei Hogenberg, Frans: Germania-Karte, Köln: Frans Hogenberg 1576; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 349f., Abb. Taf. 6,4, was für den Sgrooten-Typus aber singulär zu sein scheint. 182 Mercator, Gerhard: Germaniae tabulae geographicae, Duisburg: Gerhard Mercator 1585; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 380f., Abb. Taf. 7,1; sowie die kolorierten Exemplare bei Zögner 1996, S. 17, Abb. 18; Horst 2012, S. 220f.; Jode, Cornelius de: Germania totius nostrae Europae celeberrimae regionis, descriptio singularis, Antwerpen: Witwe und Erben Gerard de Jode 1593; *Meurer (Bearb.) 2001, S. 351–353, Abb. Taf. 6,5; sowie das kolorierte Exemplar bei Zögner 1996, S. 16, Abb. 17. 183 Behr 1985, S. 23; Horst 2012, S. 109, 112.

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beigefügt, um die Territorien entsprechend zu kolorieren.184 Bereits auf der Germania-Wandkarte Rumold Mercators von 1590 finden sich aber schon im Druck die Territorialgrenzen der deutschen Fürstentümer und damit implizit auch die Reichsgrenzen detailliert als gepunktete Linien dargestellt.185 Diesem Vorbild folgen in den Jahrzehnten darauf alle Karten des Mercator-Blaeu-Typus,186 auch die Karten des Mercator-Hondius-Typus weisen nach 1600 Grenzlinien auf.187 Kolorierte Exemplare zeichnen diese vorgegebenen Linien dann farbig nach (Taf. 10).188 Die Zeit nach 1650 ist insgesamt aufgrund der Vielfalt des verlegten Kartenmaterials kaum zu überblicken, es ist aber davon auszugehen, dass die Darstellung der territorialen Grenzen auf Karten des Reiches im 17. und 18. Jahrhundert zum Standard gehörte. Die übergreifende Entwicklung hat James R. Akerman anhand der gedruckten Atlanten der Frühen Neuzeit aufgezeigt. Demnach stellen nur 45% der Karten im „Theatrum orbis terrarum“ von Abraham Ortelius von 1570 die territorialen Grenzen in den gezeigten Regionen dar, im Mercator-Hondius-Atlas von 1616 sind es 184 Akerman 1995, S. 144, mit Verweis auf Le Rouge, George Louis: Receuil contenant des cartes nouvelles, Paris 1742–1748. 185 Mercator, Rumold: Germania-Karte, Duisburg: Mercator 1590; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 416–419, 422–425, Abb. Taf. 8,1. Meurer betont mit Verweis auf die Titelkartusche, in der als Kartenausschnitt der deutschsprachige Raum und benachbarte Länder genannt werden, das „völlig unpolitische Konzept“ der Karte (S. 416). Auch wenn aber hinsichtlich der Grenzen bestimmte Bereiche nur unvollständig dargestellt oder vielleicht auch bewusst ausgeklammert sind (Grenze zwischen dem zum Reich gehörigen Herzogtum Holstein und dem Königreich Dänemark, Grenze zwischen der zum Reich gehörigen Freigrafschaft Burgund und Frankreich, Territorialverhältnisse in Lothringen), was ja durchaus auch als eine politische Aussage bewertet werden könnte, ist in jedem Fall bemerkenswert, dass hier erstmals in einer Germania-Karte die Territorialverhältnisse des Reiches mithilfe von Grenzlinien dargestellt werden. Auch spätere Auflagen dieser Karte, etwa Mercator, Rumold: Germania-Karte, Amsterdam: Hendricus Hondius 1632; vgl. ebd., S. 429, Abb. Taf. 8,2, oder Mercator, Rumold: Germania-Karte, Amsterdam: Nicolaes I Visscher 1660; vgl. ebd., S. 431, Abb. Taf. 8,3, zeigen entsprechende Grenzlinien. 186 Vgl. etwa Blaeu, Willem Janszoon: Germania-Karte, Amsterdam: Willem Janszoon Blaeu 1612; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 451–454, Abb. Taf. 8,19; oder Kaerius, Petrus: Germania-Karte, Amsterdam: François van den Hoeye 1630; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 450, Abb. Taf. 8,15. 187 Vgl. etwa Langren, Hendrik Floris van: Germania-Karte, Amsterdam um 1600; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 393, Abb. Taf. 7,4; Visscher, Claes Janszoon: Germania-Karte, Amsterdam: Claes Janszoon Visscher 1621; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 408f., Abb. Taf. 7,11. 188 Vgl. etwa die kolorierten Exemplare von Cloppenburg, Jan Everetszoon: Germaniae nova ac accurata descriptio, Amsterdam: Jan Cloppenburg 1630, und Janssonius, Joannes: Nova Germaniae Descriptio, Amsterdam: Joannes Janssonius 1616, bei Zögner 1996, S. 19, Abb. 25–26.

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immerhin 62%, im Atlas von Joan Blaeu von 1644 bereits 79% und schließlich bei Nicolas Sanson d. Ä. im Jahre 1658 98%.189 Letzterer verwendet sogar konsequent ein System der Abstufung von Grenzlinien entsprechend ihrer (staats-)rechtlichen Bedeutung, also Reichsgrenzen, Territorialgrenzen, Amtsgrenzen, Gemarkungsgrenzen usw.190 Parallel dazu wird auch die Benennung der politischen Entitäten auf den Atlas-Karten immer systematischer, bis im 18. Jahrhundert unterschiedliche Buchstabengrößen die verschiedenen Hierarchieebenen verdeutlichen. „In sum, over the course of the sixteenth, seventeenth, and eigteenth centuries, atlas maps became increasingly sensitive to political territoriality. We see this first in the consistent interest in the precise definition to regional boundaries in atlases published from the mid-seventeenth century onwards.”191 Die Ergebnisse von Akerman dürfen freilich nicht isoliert betrachtet werden. Das Fehlen von Grenzen in den frühen gedruckten Karten und Atlanten verweist nicht, wie der Autor annimmt, auf eine „fundamentally different conception of sovereignty“.192 Vielmehr hatten sich Karten zunächst noch nicht als das adäquate Medium für die Darstellung von Grenzen etabliert. Die Zahlen von Akerman illustrieren allerdings sehr schön die lange Übergangsphase, in der Karten zunehmend in das überkommene System der Beschreibung und Markierung von Grenzen integriert wurden. Diese Entwicklung setzte im Spätmittelalter ein und erfuhr sicherlich im 16. Jahrhundert durch die ‚kartographische Revolution‘ einen Schub. Ein wirklicher Durchbruch der Nutzung von Karten in diesem Zusammenhang ist aber wohl erst in die Zeit um 1600 zu datieren.193 Seit der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert traten neben die Darstellung der ‚Germania‘ zunehmend Karten einzelner deutscher Regionen.194 Meurer rechnet für das Reich bis 1650 mit etwa 120 Kartierungen von geographischen Regionen oder Territorien, die in der Folge auch den zahlreichen Germania-Karten als Material dienten.195 Ebenso wie diese waren auch die frühen Regionalkartierungen nicht obrigkeitlich initiiert, sondern stammten von humanistisch gebildeten Gelehrten, die im Rahmen ihrer geographischen Studien die ersten Karten von 189 Akerman 1995, S. 141. Vgl. zu den Atlanten von Mercator-Hondius und Blaeu *Krogt (Hg.) 1997–2012, Bd. 1–2; sowie den Überblick von Koeman u. a. 2007, S. 1324–1330. 190 Akerman 1995, S. 141. 191 Akerman 1995, S. 144. 192 Akerman 1995, S. 141. 193 Vgl. hierzu unten Kap. IV.1 („Die Integration der Kartographie in das mittelalterliche System der Beschreibung und Markierung von Grenzen“). 194 Vgl. die Zusammenstellungen bei Bönisch u. a. 1990, S. 283–301; *Meurer (Bearb.) 2001, S. 50–56; Brunner 2006, S. 73–75; Horst 2008, S. 358f.; Kupčik 2011, S. 82–86. 195 *Meurer (Bearb.) 2001, S. 50.

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Abb. 13: Waldseemüller, Martin: Lotharingia – Vastum Regnum, Straßburg: Johann Schott 1513, kolorierter Holzschnitt, 42,9 x 28,8 cm (Saarbrücken, Landesarchiv des Saarlandes, K Hellwig 528).

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Räumen mittlerer Größe schufen, in Druck gaben und auf dem freien Markt vertrieben.196 Frühe Beispiele dieser Art sind die Karte des Rheingebietes von Basel bis Oberwesel und die Karte Lothringens und des Westrichs von Martin Waldseemüller in der Straßburger Ptolemäus-Ausgabe von 1513 (Abb. 13),197 die Karte Siebenbürgens von Johannes Honter von 1532,198 die Frankenkarte von Sebastian Rotenhan von 1533199 und die Karte des Ostseeraums von Cornelis Anthoniszoon von 1543.200 Entsprechend ihrer regionalen Ausrichtung weisen diese Karten keine Territorialgrenzen auf. Stattdessen finden sich vor allem Landschafts-, gelegentlich aber auch Territorialbezeichnungen. Regionalkarten der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, wie etwa die Rheinlaufkarte Caspar Vopels von 1555, zeigen dagegen durchaus Grenzlinien. Wichtigstes Element von Vopel zur Kennzeichnung territorialer Zugehörigkeiten sind die Namen der Territorien sowie die entsprechenden Wappen (Abb. 14).201 Darüber hinaus markiert er aber in manchen Regionen, insbesondere am Niederrhein, auch die Territorialgrenzen, wenngleich nicht immer ganz konsequent. 196 Vgl. Stercken 2011, S. 44. 197 Waldseemüller, Martin: Tabula nova particularis provincie Rheni Superioris, Straßburg: Johann Schott 1513; Waldseemüller, Martin: Lotharingia – Vastum Regnum, Straßburg: Johann Schott 1513; vgl. Hellwig 1977, S. 199–201 mit Abb. 3; Köhl 1993 mit Abb., die auf die politische Konnotation der Karte hinweisen: Sie suggeriert eine geographische Einheit des Herzogtums Lothringen mit dem Westrich, einer zusammengesetzten Region entlang der Saar, wie sie dem späten Herzog René II. von Lothringen auch als politische Einflusssphäre – in Konkurrenz zum Bistum Metz – vorschwebte. Dieser Eindruck wird in der Karte einerseits durch die topographische Gestaltung und andererseits durch die Zusammenschau der Wappen Lothringens und eines so nicht exisitierenden „Vastum regnum“ im oberen Teil sowie verschiedener Grafschaften und Herrschaften der Region im Rahmen erweckt. Vgl. außerdem die Abb. bei *Linsmayer (Hg.) 2010, S. 90. 198 Honterus, Johannes: Chorographia Transylvaniae Sybembürgen, Basel 1532; vgl. Meschendörfer/Mittelstrass (Bearb.) 1996, S. 17–49 mit Abb.; Kretsch­­­mer/Dörflinger/Wawrik 2004, S. 15; Török 2007, S. 1828–1831 mit Abb. 199 Rotenhan, Sebastian: Das Francken Landt Chorographi Franciae Orientalis, Ingolstadt: Peter Apian 1533; vgl. Brod 1959, Abb. Taf. XII; Wolff (Hg.) 1989, S. 52f. mit Abb. 200 Die Editio princeps ist nicht erhalten, vgl. aber die zeitgenössische Kopie von Tramezzino, Michele: Descriptio septentrionalium regionum, Venedig 1562; vgl. Lang 1986, Abb. 126f.; die zweite Auflage der Karte von Antoniszoon erschien um 1550, die dritte, von der immerhin ein Exemplar erhalten ist, ca. 1560: Antoniszoon, Cornelis: Caerte van oostland, Amsterdam: Arnold Nicolai o. J.; vgl. Lang 1986, insb. S. 25–44 mit Abb. Im Gegensatz zur ersten zeigt diese dritte Auflage mit kleinen Schraffuren markierte Grenzlinien zwischen Norwegen und Schweden nördlich des Vänern und zwischen Schweden und Dänemark südlich davon. 201 Vopel, Caspar: Recens et Germana bicornis ac vividi Rheni omnium Germaniae amnium celeberrimi descriptio, additis fluminib, electorum provinciis, ducat, comita, oppi, et castris praecipuis, Köln 1555; vgl. *Vopel 1982; außerdem zu Vopel Koch 1937; Köster 2002.

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Abb. 14: Vopel, Caspar: Recens et Germana bicornis ac vividi Rheni omnium Germaniae amnium celeberrimi descriptio, additis fluminib, electorum provinciis, ducat, comita, oppi, et castris praecipuis, Köln 1555, kolorierter Kupferstich, 41 x 197 cm, Ausschnitt (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek).

So weisen etwa die Herzogtümer Kleve und Berg gepunktete Grenzlinien auf, gleiches gilt für das Herzogtum Geldern, nicht aber für das zu den Vereinigten Herzogtümern gehörige Jülich oder das Kurfürstentum Köln. Die Rheinlaufkarte von Matthias Quad von 1604, bei der sich der Autor laut Peter H. Meurer „fast sklavisch genau an die Vorlage“ gehalten habe, zeigt dagegen auch für diese Territorien die Grenzen an, Wappen fehlen auf der Karte dagegen vollständig.202 Quad brachte also durchaus Veränderungen bzw. Ergänzungen in die Karte ein.203

202 Quad, Matthias: Recens et Germana (olim bicornis, hodie vero tricornis) Rheni omnium Germaniae amnium celeberrimi descriptio, additis fluminibus, electorum provinciis ducat. comitat. oppid. et castris praecipuis, Köln: Johann Bussemacher 1604; vgl. *Meurer (Hg.) 1984a, S. 24 (Zitat), Abb. Taf. 6. 203 Vgl. dagegen *Meurer (Hg.) 1984a, S. 24: „Ergänzungen bringt Quad nicht ein, obwohl ihm hierzu in großem Umfang neueres Kartenmaterial zur Verfügung gestanden hätte.“

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Abb. 15: Türst, Konrad: Karte der Eidgenossenschaft, 1595/97, kolorierte Federzeichnung, 42 x 56 cm (Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Z XI 307).

Parallel zu der regionalen lässt sich im Reich schon früh die Entwicklung einer territorialen Kartographie feststellen. Auch diese war zunächst jedoch nicht herrschaftlicher Natur. So stammen die ersten Darstellungen der Eidgenossenschaft aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts „von politisch gut vernetzten, vielseitig interessierten Gelehrten“, nämlich von Albrecht von Bonstetten, einem Mönch des Klosters Einsiedeln, und dem Zürcher Arzt Konrad Türst, „die mit ihren Landesbeschreibungen bei wichtigen Potentaten für das neue politische System der Eidgenossenschaft warben.“204 Trotz der Zeitgenossenschaft könnten ihre kartographischen Entwürfe unterschiedlicher kaum sein. Denn während Türst eine Regionalkarte in ptolemäischer Tradition einschließlich eines Gradnetzes – allerdings ohne Grenzlinien – entwirft, die 1513 auch tatsächlich als „tabula moderna“ in die Straßburger Ptolemäus-Ausgabe aufgenommen wurde (Abb. 15),205 transponiert von Bonstetten die jüngere 204 Stercken 2011, S. 44; vgl. auch Stercken 2008, S. 295, 298. 205 Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Z  XI 307; vgl. Stercken 2008 mit Abb. S. 290–292; Mertens 2012, S. 145–150 mit Abb.; Ruch 2015, S. 123–166.

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Idee einer Regionalkarte in die überkommene Form der Karte im T-O-Schema.206 Insgesamt finden sich in seiner „Beschreibung der Schweiz“ vier Karten (Abb. 16): Die erste zeigt Atlas, der den Sternenhimmel bewegt und dessen Körpermitte die Erde als Weltmitte darstellt. Die zweite ist eine gesüdete T-O-Karte mit den Erdteilen Asien, Europa und Afrika. Die dritte variiert diesen Kartentypus, indem sie im Europateil eine Bergkette als Symbol für die Eidgenossenschaft in die Mitte setzt und südlich davon „Ytalia“, nördlich „Alemannia“ und „Gallia“ bezeichnet, letztere separiert durch die Flüsse Rhein und Limmat. Die vierte Karte schließlich zeigt im selben Kreisrund wiederum die Bergkette, nunmehr umrandet von einer roten Kreislinie, von der vier Linien in die vier Himmelsrichtungen gehen, sowie entsprechend ihrer Lage die Namen der acht Orte, also die Kantone der Schweiz. Mit der topographischen Genauigkeit von Türsts Regionalkarte ist diese Darstellung natürlich nicht zu vergleichen, bei aller Schematisierung zeigt sie aber die territoriale Integrität der Eidgenossenschaft sehr viel deutlicher. Bei Türst lässt sich diese erst bei genauerem Hinsehen erahnen, etwa aufgrund der Hervorhebung der Namen der eidgenössischen Städte- und Länderorte, bestimmter Landmarken und der Angabe angrenzender antiker Völker.207 Auch Erhard Etzlaubs Karte der Nürnberger Umgebung von 1492, die als „älteste gedruckte Spezialkarte“ gilt,208 entstand im Gegensatz zu seinen späteren Arbeiten in dieser Region nicht im Auftrag der Stadt, sondern war für den freien Markt bestimmt (Abb. 17).209 Als Hilfsmittel zur Kalkulation von Entfernungen zeigt sie 100 Städte und Ortschaften in einem Umkreis von ca. 120 Kilometern um die mit dem Stadtwappen gekennzeichnete Reichsstadt, die wie das Heilige Jerusalem auf mittelalterlichen ‚mappae mundi‘ im Zentrum der Karte figuriert. Neben den Ortschaften werden das Netz der Flussläufe sowie erstmals in einer gedruckten Karte auch die territorialen Grenzen – mit einer gepunkteten Linie – markiert.210 Buchstabenabkürzungen bei den Städten („r“ für Reichsstadt, „b“ für 206 Paris, BNF, Lat. 5656, fol. 5r–v, 6r, 8r; vgl. Harvey 1980, Abb. S. 151f.; Stercken 2008 mit Abb. S. 280–285; Mertens 2012, S. 145–150 mit Abb. 207 Stercken 2008, S. 289. 208 Schnelbögl 1970, S. 222. 209 Etzlaub, Erhard: Nürnberger Umgebungskarte, Nürnberg: Jörg Glogkendon 1492; vgl. Schnelbögl 1970, S. 222f.; Miedema 1996, S. 104–106 mit Abb.; Schiermeier 2006, S. 60f. mit Abb. 210 Die Konvention der Grenzmarkierung mit einer gepunkteten Linie findet sich schon auf den Trier-Koblenzer Fragmenten und bei Nicolaus Germanus, vgl. oben Kap.  II.4.1 („Mittelalterliche Universalkartographie“), von dem Etzlaub sie laut Gautier Dalché 1996, S. 106, übernommen hat. Im kolorierten Exemplar der Etzlaub-Karte in München, BSB, das Hartmann Schedel gehörte und in dessen Handexemplar der Weltchronik eingeklebt ist, wurden

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Abb. 16: Bonstetten, Albrecht von: Beschreibung der Schweiz, 1479 (Paris, BNF, Lat. 5656, fol. 5r–v, 6r, 8r).

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Bischofsstadt, „mg“ für Markgrafschaft) vertiefen diese herrschaftsräumliche Komponente der Karte. Diese Sensibilität für territorialpolitische Zusammenhänge zeigt sich auch in der Kennzeichnung einzelner Territorien durch Flächenkolorit in einer späteren Auflage von Etzlaubs um 1500 erstmals erschienener Romwegkarte. Dass diese Kolorierung jedoch tatsächlich „in genialer Erstmaligkeit“ auf Etzlaub selbst zurückzuführen ist,211 wäre angesichts der gängigen Praxis, dass Kartenautoren ihre Drucke nicht selbst illuminierten, noch zu erweisen. Eine territoriale Raumauffassung findet sich auch in der 1518 im Druck erschienenen Karte Böhmens von Nicolaus Claudianus (Mikulas Kulha), die wie Etzlaubs Romwegkarte und eine ältere historiographische Tradition die Grenzen des Königreichs mit den umgebenden Wäldern identifiziert (Taf. 11).212 Interessant ist der Zusammenhang, in dem diese Karte erscheint: Sie bildet das untere Drittel eines Einblattdrucks, auf dem die Rechtsordnung des Königreichs Böhmen mit Wappen, bildlichen Szenen und Texten erläutert wird. Visualisiert sind unter anderem die Rechts- und Besitztitel des böhmischen Königs, die personelle Besetzung der Landesgerichte und die für die Bewahrung der öffentlichen Ordnung zuständigen Vertreter des hohen und niederen Adels sowie der königlichen Städte. Der Druck erfolgte wohl nach dem Abschluss des St.-Wenzel-Vertrags 1517, der einen jahrelangen Streit zwischen Adel und Städten beendete, und kann daher gleichsam als „Apotheose der wiederhergestellten Rechtsordnung“ des Königreichs angesehen werden.213 Diese neue Rechtsordnung wird durch die beigefügte Karte unmittelbar auf den Raum bezogen – und zwar nicht lediglich im Sinne eines Behälter-Raums, „wo diese neue Rechtsordnung realisiert werden soll“, wie Mirjam Bohatcová schreibt.214 Vielmehr führt die Karte eine Einheit des Territoriums vor Augen, die durch die additive Reihung der Herrschaftsträger in Form von Wappen und die abstrakte Verbindung derselben durch die Erörterung der Gerichtsverhältnisse im oberen Teil des Einblattdrucks nicht geleistet werden kann. Die durch eine Krone symbolisierten königlichen und die durch diese Linien bei der Handkolorierung rot nachgezeichnet, *Schedel 1493, fol. 331r; vgl. Schiermeier 2006, Abb. S. 61. 211 So Schnelbögl 1970, S. 223, mit Verweis auf Herbert Krüger (Zitat). Zu den Romwegkarten vgl. jüngst noch einmal Miedema 1996, S. 106–115. 212 Claudianus, Nicolaus: Karte von Böhmen, Nürnberg: Hieronymus Höltzel 1518; vgl. Bohatcová 1975, Abb. S. 108; Harvey 1980, S. 24. Vgl. zur Darstellung der Grenzen Böhmens in Historiographie und Kartographie auch oben Kap. II.4.1 („Mittelalterliche Universalkartographie“). 213 Bohatcová 1975, S. 110. 214 „Und die Karte Böhmens versinnbildlicht eben jenes Gebiet, wo diese neue Rechtsordnung realisiert werden soll“, Bohatcová 1975, S. 110.

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Abb. 17: Etzlaub, Erhard: Nürnberger Umgebungskarte, Nürnberg: Jörg Glogkendon 1492, kolorierter Holzschnitt, 39 x 27 cm (München, BSB, Rar. 287, fol. 331r).

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ein Schild symbolisierten adligen Städte werden ebenso wie Burgen, Schlösser, Festungen und Klöster, Straßen, Flüsse und Wälder durch einen dichten, ringförmigen Grenzwald zu einer untrennbaren Einheit zusammengeschlossen, die selbst konfessionelle Unterschiede der Gegenwart – utraquistische Städte sind mit einem Kelch, römisch-katholische mit einem Schlüssel markiert215 – überlagert. Dagegen visualisiert die erste, 1523 gedruckte Karte des Herzogtums Bayern das Territorium entsprechend der antiken Raumgliederung (Taf. 12),216 was insofern plausibel ist, als ihr Schöpfer, Johann Turmair (genannt Aventinus), sie zur Illustration seines im herzoglichen Auftrag verfassten und ein Jahr zuvor gedruckten „Bayerischen Chronikon“ anfertigte.217 Neben den zeitgenössischen Siedlungen zeigt sie auch verlassene feste Orte und Städte, nennt die antiken Regionsbezeichnungen („Narca“, „Noricum“, „Vindelicia“ usw.) und markiert deren Grenzen durch Flussläufe und Gebirge, was in dem im Krieg verlorenen Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek noch durch Flächenkolorit unterstrichen wurde. Ober- und Niederbayern werden im Holzschnitt durch eine gestrichelte Grenzlinie abgetrennt. In einem Beiblatt werden die antiken Bezeichnungen und die bei Ptolemäus und im „itinerarium Antonini“ erwähnten Ortschaften ausführlich erläutert.218 Das zeitgenössische Herzogtum gewinnt durch diese historische Perspektivierung eine gleichsam altehrwürdige Legitimität. Der Bezug zur Gegenwart wird durch das bayerische Wappen auf der Karte selbst und die Wappen der bayerischen Städte in der Rahmung derselben verdeutlicht. 215 Eine solche kartographische Darstellung der konfessionellen Verhältnisse ist auch im weiteren Verlauf von Reformation und Konfessionalisierung eher selten, Delano-Smith 2007, S. 565. 216 Aventinus, Johannes: Obern vnd Nidern Bayrn bey den alten im Latein vnd Kriechischen Vindelicia etc., Landshut: Johann Weyssenburg 1523; vgl. das Faksimile und die ausführliche Beschreibung der Karte bei Hartmann (Hg.) 1899; außerdem Wolff 1988, S. 32–36 mit Abb. Eine zweite, gegenüber dem Original leicht veränderte Karte wurde 1533 dediziert und 1535, also nach dem Tode Aventinus’, in Landshut bei Georg Apian gedruckt, Hartmann (Hg.) 1899, S. 6. Zur Darstellung der antiken Topographie in süddeutschen und insb. bayerischen Karten und Landesbeschreibungen des 16. Jahrhunderts vgl. Ott 2002, S. 248–259. 217 *Aventinus 1522. Zu Leben und Werk Aventinus’ vgl. ausführlich Strauss 1963, der die Karte S. 108f. allerdings nur am Rande erwähnt. Gewisse Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen mit Aventinus’ Landtafel weist eine auf eine Tischplatte gemalte „mappa über das baier land und anstüssenden erter des baierischen lands“ aus der Werkstatt Hans Wertingers von 1531 aus. Allerdings umfasst sie einen größeren Ausschnitt und ist hinsichtlich der Topographie genauer und detaillierter, so dass die gelegentlich vermutete Abhängigkeit beider Karten von ein und derselben Vorlage nicht plausibel ist; Rudder 1960; hierzu Wolff 1988, S. 36f., Abb. S. 38. Grenzlinien und Wappen fehlen auf dieser Regionalkarte vollständig. 218 Faksimile des Beiblatts bei Hartmann (Hg.) 1899, dort S. 1–3 auch eine Übertragung ins Neuhochdeutsche.

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Ohne hier auf Details eingehen zu können, seien in der Reihe der frühen gedruckten Territorialkarten außerdem genannt die Karte der Schweiz von Aegidius Tschudi von 1538,219 die Karte der Grafschaft Flandern von Gerhard Mercator von ca. 1540,220 die Karte der Oberpfalz von Erhard Reich von 1540,221 die Karte des Erzherzogtums Österreich ob der Enns von Augustin Hirschvogel von 1542,222 die Prussia-Karte Heinrich Zells von 1542,223 die anonyme Karte Schlesiens in Sebastian Münsters Kosmographie von 1544,224 die nur in Fragmenten erhaltene „Austriae Chorographia“ von Wolfgang Lazius von 1545,225 die Karte 219 Die Editio princeps ist nicht erhalten, älteste Ausgabe: Tschudi, Aegidius: Nova Rhaetiae atque totius Helvetiae descriptio, Basel: Erben Isengrin 1561; vgl. Balmer 1973. Die Karte zeigt eine gepunktete Landesgrenze, ebd., S. 16. 220 Mercator, Gerhard: Vlanderen exactissima, Löwen: Gerhard Mercator, um 1540; vgl. Kirmse 1957 mit Abb.; Gucht 1994, Abb. S. 285f.; Koeman/Egmond 2007, S. 1261– 1263 mit Abb. Die Karte zeigt eine Binnendifferenzierung durch gepunktete Grenzlinien; vgl. hierzu unten Kap. IV.3 („Regionale Differenzierungen“). 221 Reich, Erhard: Die pfaltz in Baeyrn in grundt gelegt sambt Iren anstossenden Lendern, Nürnberg: Christoph Zell 1540; vgl. Wolff 1988, S. 52, Abb. S. 51. In der Kartusche am unteren Rand heißt es, dass dargestellt sei, „wie das gelegen vnnd was es in einem Circell fur anstossent der Landt herrschafften Stet flecken“ gebe. Der territoriale Fokus ist also deutlich, auch wenn die Territorien und ihre Grenzen im Holzschnitt selbst nicht markiert sind. Dies erfolgte erst mit der Kolorierung, Nürnberg, GNM, Graphische Sammlung, La 39. 222 Die Editio princeps Nürnberg: Johann Weigel 1542 ist nicht erhalten, älteste Ausgabe: Hirschvogel, Augustin: Beschreibung des Erczherszogtumb Oesterreich ober Enns, Antwerpen: Gerhard de Jode 1583; vgl. Dörflinger/Wagner/Wawrik 1977, S. 66, Abb. S. 67; Kretschmer/Dörflinger/Wawrik 2004, S. 67, Abb. S. 66. Im Nachstich sind die Grenzen durch Kolorierung gekennzeichnet, was freilich nichts über das Original aussagt. Allerdings hat Hirschvogel in seiner 1549 in Sigmund von Herbersteins „Rerum Moscovitiarum Commentarii” erschienenen Russland-Karte die Grenzen zwischen dem moskowitischen, dem polnisch-litauischen und dem tartarischen Reich mit gepunkteten Linien gekennzeichnet, vgl. ebd., S. 61, Abb. S. 60. 223 Zell, Heinrich: Prussia-Karte, Nürnberg: Christoph Zell 1542; vgl. Jäger 1982, S. 44–46 mit Abb. 224 Anonym: Slesiae descriptio, Basel: Heinrich Petri 1544; vgl. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 53. Als Grenzen figurieren hier die umgebenden und deutlich hervorgehobenen Bergketten, zudem werden benachbarte Territorien mit ihren Namen benannt. 225 Vgl. zu Lazius’ kartographischem Werk Svatek 2008, dort auch die ältere Literatur; zu den Fragmenten von 1545 ebd., S. 9, 13, 22. Eine ebenfalls 1545 datierte „Charta Chorographia“ mit zwei Manuskriptkarten für Nieder- und Oberösterreich ist verschollen. Parallel zu diesen Arbeiten entstand die „Interpretatio chorographia utriusque Austriae“, eine handschriftliche Landesbeschreibung von Nieder- und Oberösterreich, die in Lazius’ umfangreiche historische Forschungen einzuordnen ist, ebd., S. 6–8. Handelt es sich bei den genannten Karten und der Landesbeschreibung um getrennte Werke, sind in Lazius’ Hauptwerk, den „Typi chorographici provinciarum Austriae“ von 1561, Kartographie und Landesbeschreibung integriert, *Lazius

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der Eidgenossenschaft von Johannes Stumpf von 1548226 und die anonyme Doppelkarte Vorder- und Niederösterreichs von 1540/50.227 Die Liste ließe sich in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts weiter verlängern.228 Viele dieser Karten fanden in originaler oder überarbeiteter Form Eingang in Münsters „Cosmographia“ von 1544,229 dann aber vor allem in das „Theatrum orbis terrarum“ von Abraham Ortelius von 1570230 und Gerhard Mercators „Atlas“ von 1595231 sowie in zahlreiche ‚Atlantes maiores‘ und ‚minores‘ des späten 16. und des 17. Jahrhunderts, 1972. Das Werk zeigt die habsburgischen Territorien in elf Einzelkarten, denen jeweils eine summarische Beschreibung vorweg und eine ausführliche historische Darstellung mit Informationen zur Topographie hintan gestellt ist. Die Karten werden jeweils vom österreichischen Doppeladler gehalten, zwischen den beiden Köpfen finden sich das Wappen der dargestellten Region, auf den Schwingen jene der benachbarten Gebiete. In verschiedenen ‚Typi‘-Ausgaben sind die habsburgischen Territorien zudem gelb koloriert, so dass der ohnehin durch Adler und Wappen gegebene territorial-räumliche Zusammenhang noch deutlicher wird. Eine verbale Beschreibung erfährt diese Inszenierung des österreichischen Herrschaftsgebiets in den beigefügten historisch-landeskundlichen Texten, Svatek 2008, S. 10, 15, 29f.; vgl. auch Dörflinger/Wagner/Wawrik 1977, S. 60f., 72–75 mit Abb. Die „Austria Chorographia“ von 1563, eine Karte Nieder- und Oberösterreichs, wurde erst 1620 posthum gedruckt, Svatek 2008, S. 10, 17; sowie ausführlich Svatek 2010. Im Gegensatz zu den Karten der ‚Typi‘ zeigt sie gepunktete Grenzlinien, ebd., S. 498f. 226 Stumpf, Johannes: Die gantz Eydgnoschafft, Zürich: Christoph Froschauer 1548. Die Einheit der Eidgenossenschaft wird durch eine gepunktete Grenzlinie gekennzeichnet, Wappen weisen die Kantone und benachbarte Fürstentümer aus; *Stumpf 1975, Blatt 4; vgl. Lindgren 1997, S. 34, Abb. S. 44f. (Ausgabe 1562). 227 Kretschmer/Dörflinger/Wawrik 2004, S. 31, Abb. S. 30. 228 Vgl. die Zusammenstellungen bei Bönisch u. a. 1990, S. 283–301; *Meurer (Bearb.) 2001, S. 50–56; Brunner 2006, S. 73–75; Horst 2008, S. 358f.; Kupčik 2011, S. 82–86. 229 Die „Cosmographia“ erschien zwischen 1544 und 1628 in über 40, immer wieder erweiterten Auflagen, die Qualität der beigegebenen Karten entsprach nicht immer dem aktuellen Stand der Kartographie, Wolff 1988, S. 67, 69. 230 *Ortelius 1964; vgl. auch *Ortelius 2006; ausführlich zum Werk Meurer 1991; Broecke/Krogt/Meurer (Hg.) 1998. 231 *Mercator 1595; Faksimile des Berliner Exemplars bei Horst 2012, S. 170–383. Der Atlas wurde posthum herausgegeben. Mercator selbst hatte 1585 einen ersten Teil mit 16 Karten für Frankreich („Galliae tabulae geographicae“), neun für die Niederlande („Belgii Inferioris geographicae tabulae“) und 26 für Deutschland einschließlich Böhmens, Mährens, Österreichs, Polens, Schlesiens und Ungarns („Germaniae tabulae geographicae“), einen zweiten Teil 1589 mit Karten für Italien, den Balkan und Griechenland („Italiae, Sclavonicae, et Graeciae tabulae geographicae“) zum Druck gebracht. Der Atlas von 1595 enthält zusätzlich eine Welt- und vier Kontinentkarten sowie 29 Regionalkarten zu den Britischen Inseln, Skandinavien und Osteuropa. Zum Atlasprojekt vgl. u. a. *Meurer (Bearb.) 2001, S. 358–362 sowie S. 372f. die Übersicht zu den Regionalkarten der Germania bei Mercator und ihren Quellen; außerdem jüngst ausführlich Horst 2012, S. 101–165.

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was ihnen längerfristig eine prägende Wirkung für die Raumvorstellungen der Mitteleuropäer sicherte.232 Im Gegensatz zu den oben diskutierten Regionalkarten zeigen die Territorialkarten aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts Grenzen, Ausnahmen bilden Zells Prussia-Karte233 und die anonyme Doppelkarte von Nieder- und Oberösterreich.234 Wie die Regionalkarten wurden auch die Territorialkarten dieser Zeit nicht in herrschaftlichem Auftrag erstellt, sondern resultierten aus der Initiative geographisch interessierter Humanistenkreise oder auch einem ökonomischen Interesse auf dem wachsenden Markt für gedrucktes Kartenmaterial. Dass territoriale Grenzen auf diesen Karten weder in der Frühzeit noch in späteren Jahrhunderten topographisch exakt markiert wurden, versteht sich angesichts des Maßstabs der Karten, aber auch angesichts der in der Regel privaten Inititative zu ihrer Erstellung fast von selbst. Darüber hinaus muss gerade bei der kommerziellen Kartographie damit gerechnet werden, dass ohnehin nicht topographische Genauigkeit, sondern handwerkliche Qualität bei der Kartenproduktion im Vordergrund stand. So schreibt Johann Georg Krünitz noch Ende des 18. Jahrhunderts, dass die niederländischen Karten zwar „überaus fein und schön gestochen“ seien, es ihnen aber an „Accuratesse“ fehle.235 Für unseren Zusammenhang ist freilich ‚Accuratesse‘ nicht das entscheidene Kriterium. Wichtiger ist die Tatsache, dass bereits die gedruckten Territorialkarten der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts 232 Zu nennen wären etwa die Atlaswerke von Gerard de Jode, Jodocus Hondius, Willem Janszoon Blaeu, der Visscherschen Offizin (Claes Janszoon Visscher d. J., Nicolaes Janszoon Visscher I., Nicolaes Visscher II.), Johannes Jansson d. Ä., Joan Blaeu, Nicolas Sanson, Frederik de Wit oder Justus Danckerts. Zur niederländischen Atlaskartographie vgl. das ausführliche Repertorium von *Krogt (Hg.) 1997–2012; sowie den Überblick von Koeman u. a. 2007, S. 1318–1341; außerdem zur Atlaskartographie der Frühen Neuzeit Meurer 1988; Meurer 1991; Wolff (Hg.) 1995; sowie als knappen Überblick Kupčik 2011, S. 93–100, 102f., 105–107. 233 Grenzlinien finden sich auf Prussia-Karten erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, vgl. etwa die auf Zell zurückgehende Karte in Ortelius’ „Theatrum Orbis Terrarum“ von 1570, *Ortelius 1964, fol. 22; vgl. Jäger 1982, Abb. S. 49; Meurer 1991, S. 271f., oder Henneberger, Caspar: Prussiae, das ist des Landes zu Preussen, welchs das herrlichste theil ist Sarmatiae Europae, eigentliche und warhafftige Beschreibung, Königsberg: Georg Osterberger 1576, vgl. Jäger 1982, Abb. S. 56. 234 Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auch auf Münster, Sebastian: Die Loblich und wyt berümpt Stat Basel mit umbligender Landtschafft nach warer Geographischer art, Basel 1538. Die Karte zeigt keinerlei Grenzlinien, sondern markiert die städtische Herrschaft im Umland lediglich durch eine Wappenleiste im Rahmen mit den zur Stadt gehörigen Orten und Vogteien. Auch der zugehörige Kommentar beinhaltet keine politische Einordnung des Stadt-Land-Verhältnisses, Stercken 2004, S. 231, Abb. S. 230. 235 Zit. nach Behr 1985, S. 23.

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Grenzlinien zeigen, Territorien also schon am Beginn der neuzeitlichen Kartographie nicht ohne Grenzen gedacht wurden. Wie schon die Etzlaub-Karte der Umgebung von Nürnberg von 1492 verdeutlicht, wurde im Druck von Anfang an eine durchbrochene Linie als Standardsignatur für Grenzen verwandt, und diese Konvention hielt sich auch über das 16. Jahrhundert hinaus.236 Catherine Delano-Smith hat festgestellt, dass zwischen 1550 und 1640 gedruckte Karten zu etwa zwei Dritteln Darstellungen von Grenzen beinhalten.237 Angesichts des sehr langen Betrachtungszeitraums, der zumal quantitativ wie auch qualitativ durch eine rasante Entwicklung der Kartographie geprägt war, ist die genannte Zahl freilich nicht besonders aussagekräftig. Bei genauerem Zusehen zeigt sich denn auch, dass gedruckte Karten bereits seit etwa 1570 fast ausnahmslos Grenzen verzeichnen; im 17. Jahrhundert dürfte dies endgültig die Regel gewesen sein.238 Gleichwohl bedienten sich verschiedene Kartenstecher weiterhin auch älterer Darstellungsformen. Besonders auffällig ist dies im Atlaswerk des westfälischen Kartographen Johannes Gigas für das Erzbistum Köln und die angrenzenden Gebiete von 1620,239 in dessen Karten die Territorien nicht nur mit Grenzlinien umrissen und mit Territorialbezeichnungen versehen, sondern zusätzlich mit Wappen gekennzeichnet sind. Diese Darstellungsweise wurde auch in späteren Nachdrucken und Bearbeitungen beibehalten.240 236 Delano-Smith 2007, S. 555; vgl. auch die Beispiele ebd., S. 556; allg. zur Gestaltung von Grenzen auf Karten Dainville 1964, S. 271–273; Stercken 2011, S. 47f. 237 Delano-Smith 2007, S. 555. 238 Dies ergibt die Auswertung der bei *Scharfe (Hg.) 1978/88 verzeichneten Karten. Als gedruckte Territorialkarte mit Darstellung von Grenzlinien aus dem dritten Viertel des 16. Jahrhunderts ist etwa Murer, Jos: Karte des Zürcher Gebiets, 1566, zu nennen. Dass die Darstellung einer Grenzlinie in dieser Zeit „ein noch ungewöhnliches kartographisches Element“ darstellt, wie Stercken 2004, S. 227, schreibt, ist angesichts der Beispiele aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, aber auch der allgemeinen Tendenz seit 1570 zumindest zu relativieren. 239 Vgl. das Faksimile *Gigas 2012, dort auch Transkriptionen der zugehörigen Beschreibungen, die allerdings keine Hinweise auf die Grenzen enthalten; vgl. zu den Karten auch *Scharfe (Hg.) 1978/88, Nr. 83–85, 89, 92, 93, 96, 97. 240 Vgl. u. a. Gigas, Johannes: Monasteriensis Episcopatus, Amsterdam: Jan Janszoon Janssonius d. Ä. vor 1630 (*Scharfe [Hg.] 1978/88, Nr. 86); Gigas, Johannes: Monasteriensis Episcopatus, Amsterdam: Willem Janszoon Blaeu 1635 (*Scharfe [Hg.] 1978/88, Nr. 87); Gigas, Johannes: Monasteriensis Episcopatus, Amsterdam: Gerard Valck u. Peter Schenck d. Ä. vor 1700 (*Scharfe [Hg.] 1978/88, Nr. 88); Gigas, Johannes: Episcopatus Paderbornensis descriptio nova, Amsterdam: Hendrik de Hondt d. J. um 1630 (*Scharfe [Hg.] 1978/88, Nr. 90); Gigas, Johannes: Paderbornensis Episcopatus Descriptio Nova, Amsterdam: Willem Janszoon Blaeu um 1635 (*Scharfe [Hg.] 1978/88, Nr. 91; Abb. in Behr/Heyen [Hg.] 1985, S. 24); Gigas, Johannes: Westphalia Ducatus, Amsterdam: Willem Janszoon Blaeu 1635 (*Scharfe [Hg.] 1978/88, Nr. 94).

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Eine vergleichbare Parallelität der Darstellungsmodi lässt sich auch in der im folgenden Kapitel zu behandelnden Manuskriptkartographie, also bei handschriftlichen Karten aus der Rechts- und Verwaltungspraxis feststellen. Auch hier finden sich bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts – wie ja schon in den spätmittelalterlichen Kartenskizzen und Augenscheinen – Beispiele für die Darstellung territorialer Grenzen. Wie der genauere Blick etwa auf das baye­rische Material zeigt, ist deren Zahl allerdings recht gering.241 Seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und insbesondere seit den 1570er Jahren nehmen die Belege deutlich zu.242 Aber auch hier hält sich verschiedentlich die Konvention, territoriale Zuständigkeiten mit Wappen zu markieren.243 Auffällig ist, dass diese Praxis 241 Der diesbezüglich einschlägige und sicherlich repräsentative Bestand in München, BayHStA, enthält nach dem maßgeblichen Repertorium von *Krausen (Bearb.) 1973 und dem ergänzenden Katalog von Horst 2009 lediglich zehn Karten mit entsprechenden Darstellungen, vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 1f., Nr. 4 (1514); ebd., S. 3, Nr. 5–6 (1517); ebd., S. 4, Nr. 7 (1524); ebd., S. 4, Nr. 8 (1528); ebd., S. 6f., Nr. 17–18 (1544); ebd., S. 9, Nr. 27 (Mitte des 16. Jh.); vgl. mit teilweise abweichenden Datierungen Horst 2009, Bd. 2, S. 388f., Nr. 40 mit Abb. (1515); ebd., S. 468f., Nr. 75 mit Abb. (1528); ebd., S. 292f., Nr. 1 mit Abb. (um 1530); ebd., S. 390–393, Nr. 41 mit Abb. (1544). Nicht bei Krausen erwähnt sind die Karten bei ebd., S. 384–387, Nr. 39 mit Abb. (1513); ebd., S. 476f., Nr. 79 (1539). Eine vergleichbar geringe Zahl findet sich in anderen Regionen des Reiches: Für Karlsruhe, Generallandesarchiv, vermerkt Schwarzmaier 1986, S. 179f., Nr. 18 (1540); ebd., S. 180 (1548), je zwei Karten. 242 Vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 9, Nr. 26 (Mitte des 16. Jh.); ebd., S. 9, Nr. 27 (Mitte des 16. Jh.); ebd., S. 9, Nr. 28 (nach 1550); ebd., S. 12, Nr. 37 (1555); ebd., S. 17, Nr. 53 (1564); ebd., S. 17, Nr. 54 (1564); ebd., S. 17f., Nr. 56 (1565); ebd., S. 18, Nr. 60 (1567); ebd., S. 19, Nr. 61 (1567); ebd., S. 20, Nr. 66 (1568); ebd., S. 24, Nr. 76 (ca. 1570); ebd., S. 24f., Nr. 79 (ca. 1570); ebd., S. 25, Nr. 80 (ca. 1570); ebd., S. 25, Nr. 81 (ca. 1571); ebd., S. 27, Nr. 89 (1573); ebd., S. 27, Nr. 90 (1573); ebd., S. 28, Nr. 92 (nach 1573); ebd., S. 30, Nr. 100 (1574); ebd., S. 31, Nr. 101 (1574); ebd., S. 33, Nr. 108 (1576); ebd., S. 37, Nr. 119 (1578); ebd., S. 39, Nr. 127 (1579?); ebd., S. 39, Nr. 128 (1580); ebd., S. 40, Nr. 129 (1580); ebd., S. 40, Nr. 130 (1580); ebd., S. 41f., Nr. 135 (1581); ebd., S. 43, Nr. 139 (1581); ebd., S. 43, Nr. 140 (1581); ebd., S. 43, Nr. 141 (1581); ebd., S. 50f., Nr. 165 (1588); ebd., S. 51, Nr. 166 (1589); ebd., S. 53, Nr. 172 (1589); ebd., S. 58f., Nr. 191 (1593); ebd., S. 61, Nr. 198 (1594); ebd., S. 61, Nr. 199 (1595); ebd., S. 63, Nr. 205 (1596); ebd., S. 64, Nr. 208 (1596) usw. Ein Teil der genannten Karten ist detailliert beschrieben und abgebildet bei Horst 2009, Bd. 2. 243 Vgl. nur die Beispiele bei *Krausen (Bearb.) 1973, S. 2f., Nr. 4b (ca. 1515); ebd., S. 30, Nr. 100 (1574); ebd., S. 39, Nr. 126 (1579); ebd., S. 39, Nr. 127 (1579?); ebd., S. 41, Nr. 134 (1581); ebd., S. 41f., Nr. 135 (1581); ebd., S. 43, Nr. 139 (1581); ebd., S. 43f., Nr. 141 (1581); ebd., S. 53, Nr. 172 (1589); ebd., S. 78, Nr. 263 (2. Hälfte 16. Jh.); ebd., S. 105, Nr. 325 (ca. 1600); ebd., S. 117, Nr. 372 (ca. 1600); ebd., S. 119, Nr. 378 (1602); ebd., S. 120, Nr. 381 (1602); ebd., S. 121f., Nr. 386 (1603); ebd., S. 127, Nr. 404 (1607); ebd., S. 128, Nr. 409 (1608); ebd., S. 130, Nr. 413 (1609); ebd., S. 139, Nr. 447 (ca. 1610); ebd., S. 156, Nr. 501 (1620); ebd., S. 163, Nr. 526 (vor 1623); ebd., S. 164, Nr. 529 (vor 1623); ebd., S. 165, Nr. 532 (vor 1623); ebd., S. 166f., Nr. 538 (nach 1623); ebd., S. 167, Nr. 540 (1624); ebd., S. 167f., Nr. 541 (1624);

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in unserem bayerischen Beispiel ebenfalls seit den 1570er Jahren eine besondere Intensität erreicht. Dies deutet darauf hin, dass sich in dieser Zeit nicht nur ein besonderes Bedürfnis nach territorialer Repräsentation in Karten entfaltete, sondern dass die ausschließliche Darstellung der abstrakten Grenzlinie hierfür noch nicht unbedingt als ausreichend angesehen wurde. Durch den Rückgriff auf Wappen als Markierungselemente von Territorien wurde eine Kontinuität zu bisherigen Darstellungskonventionen sowohl auf Karten als auch bei materiellen Markierungen von Herrschaftsräumen und ihren Grenzen geschaffen. Die geometrische Abstraktion der kartierten Grenze wurde mit der Sinnbildhaftigkeit der heraldisch markierten Semiosphäre verknüpft. Besonders auffällig sind in diesem Zusammenhang Karten mit Wappen unmittelbar an oder auf der Grenze, die auf die Wappensteine im Feld verweisen.244 Insgesamt zeigt sich hier einmal mehr die im 16. und 17. Jahrhundert erfolgende Integration der Kartographie in das mittelalterliche System der Beschreibung und Markierung von Grenzen. Mittelfristig wurden die Wappen freilich aus dem geometrischen Kartenfeld in die Rahmenleisten und Kartuschen verdrängt, sanken damit aber nicht zu dekorativem Beiwerk herab, sondern spielten weiterhin eine zentrale Rolle bei der symbolischen Konstruktion von territorialer Staatlichkeit.245 3.2 Karten als Instrument von Herrschaft und Verwaltung Get the best map of the country. Sir William Petty246

Seitens der Territorien wurden die neuartigen kartographischen Möglichkeiten zur Visualisierung räumlicher Gegebenheiten erst seit der zweiten Hälfte des ebd., S. 172, Nr. 557 (1626); ebd., S. 175, Nr. 565 (1628); ebd., S. 176f., Nr. 571 (1629); ebd., S. 177, Nr. 572 (1629); ebd., S. 179f., Nr. 580 (ca. 1630); ebd., S. 180f., Nr. 582 (1631); ebd., S. 208, Nr. 684 (1. Hälfte 17. Jh.); ebd., S. 229, Nr. 759 (1. Hälfte 17. Jh.); ebd., S. 242f., Nr. 801 (1. Hälfte 17. Jh.). Ein Teil der genannten Karten ist detailliert beschrieben und abgebildet bei Horst 2009, Bd. 2. Vgl. für den Südwesten des Reiches Schwarzmaier 1986, S. 173, Nr. 7 (1604); ebd., S. 176f., Nr. 14 (ca. 1590). 244 Vgl. u. a. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 105, Nr. 325 (ca. 1600); ebd., S. 117, Nr. 372 (ca. 1600); ebd., S. 130, Nr. 413 (1609); ebd., S. 164, Nr. 529 (vor 1623); ebd., S. 179f., Nr. 580 (ca. 1630), Abb. Taf. 15. Zu Grenzsteinen mit Wappen und deren symbolischer Konnotation vgl. oben Kap. II.2.3 („Grenzpfähle, -steine und -säulen“). 245 Vgl. hierzu Heck 2002, S. 261–273; Petto 2009. 246 Petty, Sir William: The Method of Enquiring into the State of any Country, o. O. o. J. [17. Jh.], zit. nach *Rassem/Stagl (Hg.) 1994, S. 289.

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16. Jahrhunderts intensiver genutzt. Der freie Markt war hier also dem staatlich-administrativen Bereich weit voraus, der Karten erst allmählich in das oben analysierte System der Beschreibung und Markierung von Grenzen bzw. Herrschaftsräumen integrierte.247 Und es dauerte noch einmal Jahrhunderte, bis in dieser Hinsicht ausschließlich auf das Instrument der Karte zurückgegriffen wurde. Bevor diese Entwicklungen in späteren Kapiteln mit Blick auf die Praxis territorialer Grenzziehungen diskutiert werden,248 geht es im Folgenden zunächst um den allgemeinen Gebrauch von Karten als Instrument von Herrschaft und Verwaltung, freilich immer mit Blick auf die spezifische Darstellungsform von Räumen und ihren Grenzen. Am prominentesten sind in diesem Zusammenhang sicherlich die Aufnahmen ganzer Territorien oder einzelner Ämter in Form von Regional- respektive Territorialkarten oder Landtafeln. Bereits aus dem Spätmittelalter bekannt sind darüber hinaus großmaßstäbige Darstellungen kleinerer Räume, die in differenzierterer Form als Grundstücks-, Flur- und Gemarkungskarten begegnen. Eine dritte Form der herrschaftlichen Kartographie stellen Augenscheine dar, die nun allmählich im Rahmen von Gerichtsprozessen, insbesondere vor dem Reichskammergericht, Verwendung fanden. 3.2.1 Landesaufnahmen Bevor wir uns näher mit den herrschaftlichen Landesaufnahmen der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in den Herzogtümern Bayern und Württemberg, dem Kurfürstentum Sachsen, der Landgrafschaft Hessen und der Reichsstadt Nürnberg beschäftigen, sei auf die seltenen Beispiele herrschaftlicher Kartographie der ersten Jahrhunderthälfte hingewiesen, die nur teilweise einen Territorialisierungs-, in jedem Fall aber einen technologischen Vorsprung der betreffenden Regionen bezeichnen. Allen voran ist hier die Reichsstadt Nürnberg zu nennen, die eine zentrale Stellung in der Geschichte der Kartographie im deutschsprachigen Raum einnimmt und die die entsprechenden Möglichkeiten schon früh in den territorialpolitischen Auseinandersetzungen mit den Markgrafen von Brandenburg-Ansbach zu nutzen wusste.249 Bereits in den 1430er Jahren hatte der Rat begonnen, die Besitztitel der Stadt und ihrer Bürger auf dem Lande schriftlich in Listenform zu verzeichnen, eine Praxis, die sich im Umfeld des Ersten Markgrafenkrieges 1449/50 247 Vgl. oben Kap. II („Vormoderne Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen“). 248 Vgl. unten Kap. IV („Grenzziehungen im 16. und 17. Jahrhundert“) und V („Grenzkarten als Argument. Herrschaft und Raum im 18. Jahrhundert“). 249 Vgl. zum Folgenden auch Rutz 2018c.

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und auch darüber hinaus fortsetzte.250 Erstaunlich umfassend ist die tabellarische Zusammenstellung, mit der die Stadt 1504, also unmittelbar im Vorfeld des Bayerischen Erbfolgekrieges, ihr Umland und die darin befindlichen Ortschaften dokumentieren ließ. Unter größter Geheimhaltung wurde mit Blick auf die bevorstehenden Auseinandersetzungen die Umgebung der Stadt in einem Radius von ca. 60 Kilometern ausgekundschaftet, wobei nicht nur alle Städte, Ortschaften und Siedlungen mit ihrer herrschaftlichen Zugehörigkeit erfasst, sondern auch alle strategisch und verkehrstechnisch wichtigen Punkte, also Wehranlagen, Lauerplätze, Straßen, Brücken, Furten usw., verzeichnet wurden.251 Genannt werden also markante Punkte im Nürnberger Umland. Grenzen bzw. Räume kommen in dieser Aufzählung nicht vor. Allerdings erinnert die Form der Beschreibung durchaus an vormoderne Grenzbeschreibungen, denn die Aufnahme erfolgte von Punkt zu Punkt entlang bestimmter Wegstrecken, etwa Flussläufen, Tälern, Straßen usw.252 Ein gutes Jahrzehnt später gab die Stadt die erste kartographische Aufnahme des Gebietes bei dem oben erwähnten Erhard Etzlaub in Auftrag. Dieser hatte bereits 1507 im städtischen Auftrag eine Karte der von Nürnberg käuflich erworbenen Herrschaft Hauseck angefertigt und hierfür deren Grundbesitzungen, Wälder,

250 Am bekanntesten ist sicher das „Register der hellt vnnd furt vmb Bambergk und Nürnberg“ aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, eine nach den Nürnberger Hauptmannschaften gegliederte Aufstellung der Hälte sowie der Furten, Brücken und Stege im Umland der Reichsstadt. Das Register wurde später von der markgräflichen Seite erbeutet und ist aus der Hand Götz von Berlichingens überliefert; vgl. die Edition von *Hofmann (Hg.) 1957; für die früheren Erhebungen ebd., S. 13, sowie ausführlich Dannenbauer 1928, S. 155–168. 251 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Amts- und Standbücher 124; vgl. die Edition von *Schnelbögl/ Hofmann (Hg.) 1952; außerdem Schnelbögl 1970, S. 216; Fleischmann 2000a, S. 304f. Hinzuweisen ist im Zusammenhang der frühen Nürnberger Territorialbeschreibungen auch auf die Aufnahmen der sog. Pfaffenpfründen im Landalmosenamt aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, Nürnberg, StadtA, D 17 (Landalmosenamt), 564–570, vgl. hierzu detailliert Hofmann 1951. 252 Vgl. die Hinweise zur Anlage der Quelle bei *Schnelbögl/Hofmann (Hg.) 1952, S.  XIVf. Einem anderen Ordnungsprinzip folgt die von Bonifatius Nöttele verfasste „Topographia der stätt, märckht, dörffer, weyler, höff, mühlen, wassern, holtzwachs und flüss in- und außerhalb dem nürbergischen territorio, mit ihren güettern, mannschafften, fraißzircks, hohen- und niedergerichtsbarkeit, sambt allen aigenschafften, pfarr und gemein rechten“ von 1557–1583, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Hs. 324. Auch sie verfährt additiv, ordnet aber nicht entlang von Wegstrecken, sondern in Form eines alphabetischen Katalogs. Eine neue Qualität der Beschreibung erlangen schließlich die Fraischbeschreibungen und Versteinungsprotokolle der 1560er Jahre, die auch Grenzbeschreibungen beinhalten und damit die territorial-räumliche Beschaffenheit abbilden, *Schnelbögl/Hofmann (Hg.) 1952, S.  XX.

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Ackerland, Wiesen und Weiher als „geschworen messer der stat“ aufgenommen.253 1516 erarbeitete er nun ebenfalls im Auftrag des Rates eine Karte des Territoriums der Reichsstadt, die allerdings nur in einer Kopie aus dem Jahre 1600 überliefert ist.254 Sie hing „unten im gewelb der cantzley“ und diente „fürnemlich darumb die wiltzirk zu der stat Lauff, zu der stat Altorff und zu dem sloß Reicheneck, auch dem sloss Haynburg gehorig, darauß zu vernemen“, hatte also eindeutig administrative Zwecke. Die Grenzen der genannten Wildbannbezirke waren mit weißen Linien bezeichnet.255 Auf der Grundlage der älteren fertigte Etzlaub 1519 in Zusammenarbeit mit dem Maler Michel Graf eine weitere Karte des Nürnberger Landgebiets, die für das Landpflegamt, also die seit 1513 für die Verwaltung des Territoriums zuständige Stelle, bestimmt war.256 Zwischen 1539 und 1541 fertigte der für seine Globen bekannte Astronom und Kartograph Johann Schöner im Auftrag des Rates eine überarbeitete Version dieser „Charta der Landschaft und Gezirken“ von Etzlaub, was das Bemühen der Nürnberger Verwaltung um aktuelles Kartenmaterial verdeutlicht.257 Ebenfalls für administrative Zwecke vorgesehen war eine 1516 geschaffene Waldkarte Nürnbergs, die wohl wie die Wildbannkarte Etzlaub zuzuschreiben ist (Taf. 13).258 Sie entstand zeitlich parallel zur erneuerten Waldordnung, die die Nutzung der Forste durch die Forstberechtigten regelte, und visualisierte die verschiedenen Abschnitte des Waldes, die sogenannten Huten, deren Grenzen259 und den jeweiligen Baumbestand (Holzarten, Altersaufbau usw.). 253 Die Karte ist nicht erhalten; vgl. Schnelbögl 1962, S. 217f., das Zitat S. 217; Schnelbögl 1970, S. 224f.; Harvey 1987, S. 497. 254 Nürnberg, GNM, Graphische Sammlung, La 1622 (als Dauerleihgabe im Stadtmuseum Fembohaus); vgl. Schnelbögl 1959; Schnelbögl 1970, Abb. 3 (Ausschnitt). 255 So der Vermerk auf der Rückseite von Nürnberg, GNM, Graphische Sammlung, La 1217; vgl. *Wittmann 1941, S. 3. 256 Nürnberg, GNM, Graphische Sammlung, La 1217; vgl. *Wittmann 1941, S. 3, Abb. Taf. 12; Schnelbögl 1959; Schnelbögl 1970, S. 224 und Abb. 2 (Ausschnitt); Schiermeier 2006, S. 64f. mit Abb. Die Tätigkeit von Etzlaub für die Stadt würdigte der Nürnberger Schreib- und Rechenmeister Johann Neudörfer in seinen „Nachrichten von den Künstlern und Werkleuten daselbst“ von 1547 mit den Worten: „Was aber meine Herren, ein erber Rath, an fliessendem Wasser, Weg, Steg, Städt, Märkt, Dörfer, Weiler, Wälde, fraissliche Obrigkeit, und andere Herrlichkeit, um und bei ihrer Stadt haben, das machet er ihnen in die Landpflegstube, in schöne Karten und Tafeln“, zit. nach Schnelbögl 1970, S. 222. 257 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Alter Bestand 418(10); vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 66, Nr. 14; außerdem Schnelbögl 1962, S. 219; Schnelbögl 1966, S. 9. 258 Nürnberg, GNM, Graphische Sammlung, S.P. 10419; vgl. Ortegel 1970; Schnelbögl 1970, S. 224; Schiermeier 2006, S. 62f. mit Abb. 259 Vgl. schon das Grenzbegangsprotokoll von 1482, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Nürnberger Waldämter, Amts- und Standbücher 74.

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Inwieweit die Karte in den Auseinandersetzungen mit Brandenburg-Ansbach um die Waldordnung von 1516 Verwendung fand, wie August Ortegel vermutet, ist unklar.260 Dass sie zumindest verwaltungsintern genutzt wurde, zeigen erhebliche Korrekturen im Bereich der Ungelstettener Hut.261 Gegen Ende des Jahrhunderts schuf Paul Pfinzing d. Ä. auf der Grundlage eigener Vermessungen eine neue Karte der Reichswälder „zu guter Nachrichtung, wie es allenthalben auf berührten Wäldern beschaffen […], dieweil dann solchs eine hohe Notdurft“. Die Etzlaub-Karte diente ihm dabei als typologisches Vorbild.262 Es ist davon auszugehen, dass die Karten, ähnlich wie die bereits behandelten Landesbeschreibungen fürstlicher Provenienz, ausschließlich für den internen Gebrauch gedacht waren und ihr Inhalt geheim gehalten wurde.263 Diese Geheimhaltung bezog sich auch auf verwandte Formen der Raumbeschreibung: Hans Baier fertigte 1540 wohl auf eigene Initiative ein Modell der Stadt in gefasstem Holz, das erste seiner Art in Deutschland.264 Der Rat kaufte das Modell, verlangte aber von dem Künstler, „das er dergeleichen nit mehr machen wol, wie er dann solches dem bürgermeister angelobt hat“. Ein Jahr später erhielt Baier noch einmal Geld vom Rat, nunmehr für eine Vorzeichnung des Modells – und wieder verbunden mit der Auflage, „dergleichen nit mehr weder zu schnitzen noch zu malen“.265 Dies deutet darauf hin, dass die Struktur des städtischen Herrschaftsraumes und insbesondere die auf dem Modell gut erkennbaren Festungswerke als Arkanwissen verstanden wurden, dessen Visualisierung – in Form eines Modells, aber auch in Form von Karten und Plänen – keinesfalls in fremde Hände gelangen durfte. Neben Nürnberg sind für die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts vor allem die Niederlande als Vorreiter der territorialen Herrschaftskartographie im Reich zu nennen.266 Im Auftrag Kaiser Karls V. erstellte Jacob van Deventer in den 1530er und 1540er Jahren auf der Grundlage eigener Vermessungen Karten von Brabant (1536), Holland und Utrecht (1542), Gelderland (1543), Friesland, Groningen, 260 Ortegel 1970, S. 233. 261 Ortegel 1970, S. 239f. 262 *Pfinzing-Atlas 1994, S. 12f.; vgl. Fleischmann 1994, S. 42, dort auch das Zitat. 263 Vgl. oben Kap. III.2 („Landesbeschreibung und Staatenkunde“). 264 München, Bayerisches Nationalmuseum, Modell 7; vgl. Schnelbögl 1966, S. 75 mit Abb.; Schiermeier 2006, S. 66f. mit Abb.; die Angaben bei Snyder 2007, S. 287f., sind fehlerhaft. Ein weiteres Modell wurde 1616–1618 von Hans Wilhelm Beheim, nunmehr im Auftrag des Rates, geschnitzt, Nürnberg, Stadtmuseum Fembohaus; vgl. Schiermeier 2006, S. 84f. mit Abb. 265 Zit. nach Schiermeier 2006, S. 66. 266 Vgl. übergreifend zur ‚offiziellen‘ niederländischen Kartographie im 16. und 17. Jahrhundert Koeman/Egmond 2007.

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Overijssel und Drenthe (1545) sowie Zeeland (1547). Von diesen in Holzschnitt bzw. Kuperstich ausgeführten Karten haben sich lediglich Kopien aus den Jahren zwischen 1556 und 1560 erhalten. Sie zeigen sowohl Grenzlinien als auch Flächenkolorit für die verschiedenen Territorien.267 Eine Ergänzung fanden diese Karten durch die von Deventer seit 1559 im Auftrag König Philipps II. von Spanien vorgenommene Vermessung der wichtigsten Städte im spanisch-habsburgischen Herrschaftsgebiet und deren Kartierung in Form von strategisch nutzbaren Stadt­ umgebungskarten.268 Während die Territorialkarten im Druck verbreitet wurden und im 16. Jahrhundert in privaten Haushalten als Wanddekoration nachweisbar sind,269 handelt es sich bei den Städtekarten um Unikate. Seit den späten 1550er Jahren und verstärkt seit 1568 arbeitete schließlich Christian Sgrooten im königlichen Auftrag an einer „beschryvongh Coninclycke Majesteyts steden vnd landen und oeren Limiten und grenzen“.270 Die vielfach auf der Grundlage eigener Vermessungen entstandenen Karten umfassen die Niederlande und die östlich angrenzenden Regionen sowie weitere Teile des Reiches. Sie waren nicht für den Druck bestimmt, sondern gingen in die zwei monumentalen Manuskriptatlanten des Kartographen, den „Atlas Bruxellensis“ von 1573 und den „Atlas Madritensis“ von 1592, ein.271 „Mit diesem Kartenwerk hatte der spanische Hof ein zu dieser Zeit einzigartiges Arbeitsinstrument für militärische und politische Planungen zur Verfügung.“272 Der Brüsseler Atlas enthält neben 267 Vgl. die Faksimileausgabe von *Koeman (Hg.) 1994; außerdem Koeman/Egmond 2007, S. 1256–1260 mit Abb. Zu Deventer allg. vgl. Hoff 1953, dort auch die archivalischen Quellen. 268 Zwei von ursprünglich drei Bänden mit insg. 213 Karten sind erhalten, Madrid, Biblioteca Nacional, Manuscritos Reserve 200, 207. Vgl. die Faksimileausgabe von *Koeman u. a. (Hg.) 1992–2001; außerdem Koeman/Egmond 2007, S. 1273–1275; sowie jüngst den Forschungsbericht von Vanniewenhuyze 2012. 269 Koeman/Egmond 2007, S. 1258. 270 So der Statthalter der Niederlande Fernando Álvarez de Toledo, Herzog von Alba, in einem Brief an Bürgermeister, Schöffen und Rat der Stadt Kalkar vom 08.09.1568, zit. nach *Meurer (Bearb.) 2007, S. 287, Nr. 6a. Ähnlich wird in einem Geleitbrief Albas für Sgrooten vom 18.06.1571 festgehalten, dass er beauftragt sei, eine „beschrivongh van etlick landen, stroimen und wateren“ anzufertigen, ebd., S. 287, Nr. 6d. Bereits in einem königlichen Geleitbrief vom 24.07.1561 heißt es, Sgrooten sei beauftragt, „te visiteren ende bescryven eenige van dese onse landen van herwertsover, mitgaders die omliggende landen vlecken ende dorpen“, ebd., S.  286f., Nr. 4, hier S. 287. 271 Brüssel, Bibliothèque Royale, Ms 21596; Madrid, Biblioteca Nacional, Vitrina 9, Nr. 1; vgl. die Faksimileausgaben von *Mortensen/Lang (Hg.) 1959; *Meurer (Bearb.) 2007, dort auch ausführlich zu Leben und Werk Sgrootens sowie ebd., S. 284–294, die einschlägigen Quellen; knapp außerdem Koeman/Egmond 2007, S. 1275–1277. 272 *Meurer (Bearb.) 2007, S. 30.

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einer Germania- und einer Nordwesteuropakarte 36 Karten des Reichsgebiets mit Schwerpunkt auf den Niederlanden und der angrenzenden Gebiete, darüber hinaus aber auch eine Karte des Herzogtums Bayern, der Oberpfalz mit dem Hochstift Eichstätt und des Erzherzogtums Österreich. Im Madrider Atlas finden sich auch Karten des Vorderen Orients sowie Frankreichs, der Britischen Inseln, Nord- und Osteuropas. Für das Reichsgebiet liefert der Atlas 33 Karten, auf den niederländisch-niederrheinischen Raum entfallen zehn (Taf. 14). Diese Regionalkarten sind nicht lediglich Übernahmen aus dem Vorgängeratlas, sondern basieren auf weiteren intensiven Kartierungsreisen, die Sgrooten nach der Fertigstellung des Brüsseler Atlas unternommen hat. Neben eigenen Vermessungen nutzte er auch die geographischen Kenntnisse von Ortskundigen; insbesondere für Gegenden, die er selbst nicht bereiste, zog er Itinerare sowie bereits vorhandene Karten heran.273 Wie schon aus dem Auftrag deutlich hervorgeht, werden die territoriale Gliederung des Reiches und die entsprechenden Grenzen bei Sgrooten sehr deutlich herausgearbeitet. Die Territorien sind nicht nur namentlich bezeichnet, sondern werden auch durch Flächenkolorit unterschieden und durch gepunktete Linien abgegrenzt. Dass der Verlauf der Grenzen dabei nicht immer exakt angegeben wird,274 ist nicht verwunderlich, da Sgrooten sicherlich keinen Einblick in die Archive der Reichsstände und die dort lagernden verbalen Grenzbeschreibungen gehabt hat. Allerdings führten gerade diese Ungenauigkeiten seitens der spanisch-niederländischen Regierung zu wiederholter Kritik an seinen Arbeiten.275 Nürnberg und die Niederlande stellen hinsichtlich der herrschaftlich-administrativen Nutzung der Kartographie bereits im frühen 16. Jahrhundert eine Ausnahme dar. Von wenigen anderen Beispielen abgesehen, die in einem späteren Kapitel im Zusammenhang mit der Praxis der Grenzziehung in der Frühen Neuzeit diskutiert werden sollen,276 nutzten die meisten Fürsten und landesherrlichen Verwaltungen die neuen kartographischen Möglichkeiten erst allmählich seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Und auch hier sind regionale Unterschiede hinsichtlich des Zeitpunkts und der Intensität des Kartengebrauchs festzustellen. Ein Gradmesser ist die obrigkeitlich initiierte Landesaufnahme, also die Vermessung und Kartierung eines Territoriums in Form von detaillierten Kartenwerken 273 Zur Arbeitsweise Sgrootens vgl. *Mortensen/Lang (Hg.) 1959, S. 15–17; detailliert zu den Vermessungen sowie den Quellen Sgrootens *Meurer (Bearb.) 2007, S. 94, 190f. und passim. 274 Vgl. die Beispiele bei *Meurer (Bearb.) 2007, u. a. S. 125, 129, 133, 259. 275 *Mortensen/Lang (Hg.) 1959, S. 73; vgl. auch ebd., S. 37, 57. 276 Vgl. unten Kap. IV.2 („Tradition vs. Innovation. Widerstände gegen den Gebrauch von Karten“).

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(Landtafeln, Atlanten o. ä.) der einzelnen Ämter und Bezirke.277 Hierbei handelt es sich „um bildhafte, relativ großmaßstäbige gemischtperspektivische Karten, die Gelände, Siedlungen und Wälder im Aufriß oder aus Schrägsicht in naturnaher oder sogar naturgetreuer Form wiedergeben. Lediglich Gewässernetz, Grenzen und allenfalls Wege sind im Grundriß dargestellt.“278 Die erste Arbeit dieser Art im deutschsprachigen Raum waren die bayerischen Landtafeln, die der Mathematiker, Astronom und Geograph Philipp Apian im Auftrag Herzog Albrechts V. von Bayern ausführte (Taf. 15).279 Die Anregung zu einer Landesaufnahme hatte der Fürst von Herzog Christoph von Württemberg erhalten, der ihm 1554 bei einer Zusammenkunft in Heidelberg eine „beschreibung und mappa“ seines Fürstentums zeigte, die allerdings nicht überliefert ist. Apian, der die Karte im Auftrag Albrechts inspizierte, stellte fest, dass sie „nur eine abkonterfeiung und nicht nach kosmographischer art und weise gemacht“ sei.280 Die bayerischen Landtafeln basieren hingegen auf Vermessungen, die Apian von 1556 bis 1561 durchführte. 1563 war ein koloriertes Exemplar für die Münchener Hofbibliothek fertiggestellt, eine verkleinerte Version erschien 1568 im Druck.281 Die bayerischen Landtafeln zeigen besonders detailliert das Gewässernetz sowie Orte und Siedlungen, jedoch keine Straßen. Außerdem werden landschaftliche Formationen wie Moore und Sümpfe, Wälder, Gebirge usw. dargestellt und vielfach mit den jeweiligen Namen bezeichnet. Wichtig ist in unserem Zusammenhang die detaillierte Darstellung der Grenzen des Herzogtums. Die innerbayerischen Grenzen, also die der Gerichtsbezirke, markiert Apian mit einer gepunkteten Linie und setzt sie zudem mit Flächenkolorit farblich voneinander ab. Auf der Überblickskarte markiert er die verschiedenen Territorien und Herrschaften mit breiten farbigen Linien und setzt zudem wiederum Flächenkolorit zur Unterscheidung ein. Auf den Einzelkarten fehlen die farbigen Grenzlinien, hier bilden die aneinanderstoßenden Farbflächen der Territorien die Grenzlinien, 277 Vgl. zusammenfassend Zögner 1990, S. 267–269; Seng 2003, S. 44–54; Stercken 2011, S. 44–46. 278 Wolff 1988, S. 76. 279 Vgl. ausführlich Wolff (Hg.) 1989; sowie jüngst Vermessung Bayerns 2013; außerdem Wolff 1988, S. 40–52. 280 Zit. nach Stochdorph 1989, S. 125; möglicherweise geht der Einblatt-Holzschnitt „Abconterfectur des löblichen fürstenthumbs Wirtenberg“, der die Veduten württembergischer Städte und Orte in einer kartenähnlichen Anordnung zeigt, auf die genannte „mappa“ zurück, ebd. S. 125–127 mit Abb. 281 Das handgezeichnete Original wurde aufgrund des schlechten Zustands 1782 verbrannt; vgl. aber *Apian 1568; vollständige Abb. der Landtafeln bei Wolff (Hg.) 1989, S. 77–99; einzelne Tafeln auch bei Wolff 1988, S. 42–46.

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visuell unterstützt durch die jeweiligen Wappen. Gelegentlich findet sich auch ein Grenzbaum mit Wappenschild eingezeichnet.282 Die Fokussierung auf Bayern verdeutlichen neben Titel, Inschriften und Wappenkartusche der Kartenausschnitt, der das Herzogtum vollständig, die angrenzenden Territorien aber nur ausschnitthaft am Rande zeigt, sowie die in der Rahmung der Überblickskarte angeordneten Wappen der bayerischen Städte. Mit Blick auf die hier vertretene These, dass die frühneuzeitliche Kartographie die früheren Formen der Beschreibung und Markierung von Grenzen bzw. Räumen nicht verdrängte, sondern in das diesbezügliche mittelalterliche System integriert wurde, ist bemerkenswert, dass Apian im Anschluss an seine Kartierungsarbeiten bis zu seinem Tod an einer verbalen Landesbeschreibung arbeitete. Die fertiggestellten Aufzeichnungen für diese „Declaratio tabulae sive descriptionis Bavariae“ umfassen eingehende geographische Beschreibungen der vier Rentamtsbezirke München, Landshut, Burghausen und Straubing, in die zumindest anfänglich auch die Koordinaten sämtlicher in den Landtafeln vorkommender Orte aufgenommen wurden.283 Selbst ein kartographisches Großprojekt von der Qualität der bayerischen Landtafeln wurde also – vom Autor selbst, aber sicherlich auch von den betreffenden Fürsten – nur bedingt als autonomes Produkt angesehen, sondern konzeptionell mit einem Text verbunden, der einerseits an die herkömmliche Form der Landesbeschreibung und andererseits an die ptolemäischen Ortslisten anknüpfte. Laut Susanne Friedrich kann ein solcher „Medienverbund“ als geradezu typisch für die frühneuzeitlichen Landeserfassungen angesehen werden, die häufiger Karten, Beschreibungen und Tabellen kombinierten bzw. gleichwertig nebeneinanderstellten.284 Bemerkenswert ist dabei einmal mehr, dass das vergleichsweise junge Medium der Karte die anderen Formen der Darstellung, insbesondere die verbale Beschreibung, nicht verdrängte. 282 So an der bayerisch-böhmischen Grenze bei Furth im Wald auf Landtafel Nr. 7, vgl. Wolff (Hg.) 1989, Abb. S. 82; sowie als Vorlage hierfür eine vereinfachte Kopie des berühmten Grenzvisiers von 1514 in München, BSB, Cod. icon. 142; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 12, Nr. 37; Wolff (Hg.) 1989, Abb. S. 143. 283 Vgl. die Edition von *Oefele (Bearb.) 1880. 284 Friedrich 2008, insb. S. 303–305, das Zitat S. 306. Die Verbindung von Text und Bild sowie gegebenenfalls Karten ist auch ein Charakteristikum frühneuzeitlicher topographischer Werke, Knoll 2013, S. 22–24 und passim. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Hinweis von Akerman 1995, S. 138, „that the vast majority of early printed maps reached their readers from inside books. Although these book maps could be – and frequently were – self-explanatory, fifteenth- and sixteenth-century Europeans encountered them and grappled with them as parts of larger wholes: accounts of the voyages of discovery, astronomical and cosmographical texts, histories and universal chronologies, books of islands, and patriotic chorographies.” Zur Intermedialität in der Frühen Neuzeit allg. vgl. Emich 2008.

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Weiterführende Ansätze zur flächendeckenden Kartierung eines Territoriums finden sich in der Folge auch im bereits erwähnten Herzogtum Württemberg.285 Allerdings stellt das 1574/75 von Heinrich Schweickher fertiggestellte Werk – ein Atlas mit kolorierten Federzeichnungen mit einer Überblickstafel und 50 Einzelkarten der Ämter – keine Landesaufnahme im Apian’schen Sinne dar, denn die Kartierung basierte nicht auf Messungen und verzichtete weitgehend auf topographische Einzelheiten.286 Intensivere Vermessungs- und Kartierungsarbeiten führte Georg Gadner durch, der seit 1558 im herzoglichen Dienst mit Forst- und Jagdsachen sowie Bergwerksangelegenheiten betraut war und sich in diesem Zusammenhang immer wieder auch mit Grenzstreitigkeiten zu befassen hatte.287 Auf dieser Grundlage erstellte er sukzessive eine Übersichtskarte des Herzogtums, gleichsam eine Collage seiner zahlreichen Einzelarbeiten in unterschiedlichen Teilen des Territoriums, die er schließlich auch zweimal riss. 1585 erfolgte der herzogliche Auftrag, sämtliche Forste des württembergischen Territoriums zu verzeichnen. Als Ergebnis legte Gadner 1596 einen Atlas mit 20 Karten der Forstbezirke und einer Übersichtskarte, die „Chorographia. Beschreybung des löblichen Fürstentums Wirtenberg“, vor (Taf. 16).288 Die Karten basierten allerdings nicht auf Vermessungen, sondern lediglich auf Peilungen und Entfernungsbestimmungen. Ergänzend bezog Gadner auch mündliche Auskünfte von Einheimischen ein. Die Grenzen der Forste werden als goldene, die der Ämter als rot gepunktete Linien markiert, zudem werden die angrenzenden Forste mit Wappen besitzrechtlich zugeordnet.289 Anders als in Bayern wurde das Werk nicht im Druck herausgegeben, sondern war nur für den internen Gebrauch bestimmt. Eva-Maria Seng vermutet, dass hierbei die repräsentative Funktion des Werks als Ausweis der Herzogsgewalt weitaus entscheidender gewesen sein dürfte als der tatsächliche Gebrauch in der 285 Vgl. den Überblick von Oehme 1961, S. 33–47. 286 Stuttgart, WLB, Cod. hist. 4° 102; vgl. auch das Faksimile von *Schweickher 1979. 287 Vgl. ausführlich Bull-Reichenmiller (Bearb.) 1996, S. 28–89; speziell zu den auf den Karten eingetragenen Grenzzeichen vgl. Müller 1940a. 288 Stuttgart, Landesarchiv Baden-Württemberg – Hauptstaatsarchiv, N 3, Nr. 1; vgl. das Faksimile *Chorographia 1996; außerdem die Abb. bei Seng 2003, S. 35 (Stuttgarter Amt und Forst). Vgl. Bull-Reichenmiller (Bearb.) 1996, S. 90–104, 107–123. 289 So auf der Karte des „Stutgarder vorst sambt dem gantzen Stutgarder ambt“ von 1589, wo es in der Legende heißt: „Ich hab den Stuetgarder vorstbezirckh mit seinem begriff, gelegenhait und wie er mit andern anstossenden vörsten gräntzet, auf dise tauel beschriben. Weil sich aber das Stutgarter ambt in fünff vorste erstreckt, so hab ich es mit allen darinn gelegnen flecken, weylern, höuen, fürnämen gültzen und flissen auch verzaichnet. Derwegen ist diser underschid zü mercken: Was mit gold umbrissen, das ist vorst. Was aber mit roten puncten umbzaichnet, das gehört zum gantzen ambt“, *Chorographia 1996, Blatt 14.

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Forstverwaltung.290 Dagegen spricht freilich, dass die Karten gerade nicht publiziert wurden, was ihnen in dieser Hinsicht doch eine größere Wirkung beschert hätte.291 Zu fragen wäre auch, warum Gadner zu repräsentativen Zwecken die Forste in den Mittelpunkt hätte stellen sollen und nicht stattdessen eine vollständige topographische Landesaufnahme auf Basis der Ämter erarbeitete, die ja durchaus in den Karten figurieren. Sengs Hinweis, dass sich die Forste aufgrund ihrer räumlichen und rechtlichen Geschlossenheit eher für die Demonstration räumlicher Herrschaft eigneten als die Ämter, „die unterschiedlich groß waren, damals noch keine fest umrissenen Bezirke und geographischen Grenzen hatten und durch zahlreiche Überschneidungen auch in rechtlicher Hinsicht gekennzeichnet waren“, kann nicht wirklich überzeugen.292 Denn zum einen waren die württembergischen Ämter zu diesem Zeitpunkt entgegen Sengs Hypothese durchaus von der Landesherrschaft organisierte räumliche Einheiten, auch wenn es – wie überall – Unklarheiten und Überlappungen hinsichtlich Herrschaftsrechten und Zuständigkeiten gab.293 Zum anderen hätte gerade die Darstellung des Territoriums in einer repräsentativen Karte die Möglichkeit geboten, über diese Details hinwegzugehen und eine absolute territoriale Einheit zu suggerieren. Wir kennen ein solches Verfahren von anderen Landesaufnahmen, etwa von Johannes Mellingers Atlas des Fürstentums Lüneburg, der „die bereits in Flächen denkende, auf einheitliche Verwaltungseinheiten ausgerichtete Oberheit der fürstlichen Kammerverwaltung“ vorstellt, indem Binnendifferenzierungen vermieden und verpfändete Hoheitsrechte und Landesteile, adliges Eigengut und adlige Gerichtshoheit nicht gezeigt werden.294 Dieses Bild bietet übrigens auch Gadners Übersichtskarte des Herzogtums Württemberg, die 1585 in der ersten Lieferung von Gerhard Mercators „Atlas“ publiziert wurde.295 Die Spezialisierung der Karten in der „Chorographia“ spricht dagegen gerade für ihre Benutzung 290 Seng 2003, S. 47. 291 Immerhin dienten sie als Grundlage für die entsprechenden Gemälde im Stuttgarter Neuen Lusthaus; vgl. unten Kap. III.3.3 („Karten als herrschaftliches Repräsentationsmittel“). 292 Seng 2003, S. 47; vgl. ähnlich bereits Kiess 1958, S. 131f.; außerdem *Chorographia 1996, Erläuterungen, S. 1. 293 Grube 1975, S. 3f., 10–14. 294 Neitzert 2001, S. 45; für die Details zum Atlas vgl. unten Anm. 383. 295 Vgl. Horst 2012, S. 131, Abb. S. 236f.; außerdem Bull-Reichenmiller (Bearb.) 1996, S. 106. Die erste Übersichtskarte Gadners, die weniger auf eigenen Arbeiten als auf der ältesten Karte des Herzogtums von 1558 beruhte, veröffentlichte bereits Abraham Ortelius in seinem „Theatrum Orbis Terrarum“ von 1570, *Ortelius 1964, fol. 30; vgl. Meurer 1991, S. 96f., Abb. der Vorlage S. 291; außerdem Oehme 1961, S. 38; Bull-Reichenmiller (Bearb.) 1996, S. 105; Seng 2003, S. 47.

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in der Verwaltung, man denke nur an die oben erwähnten Karten Etzlaubs für Nürnberg, die ja ebenfalls bestimmte Verwaltungsmaterien visualisieren und entsprechend genutzt wurden. Hierzu passt, dass Gadners Forst-Atlas um 1600 durch ein ebenfalls in herzoglichem Auftrag erstelltes „Seehbuch“ ergänzt wurde. Jakob Ramminger kartierte hierin auf der Grundlage von Vermessungen sämtliche württembergische Seen und ihre unmittelbare Umgebung.296 Gadners „Chorographia“ wurde nach seinem Tod um Karten der durch Kauf und Tausch an Württemberg gelangten Ämter und Besitzungen erweitert.297 Das kontinuierliche Interesse der herzoglichen Administration an aktuellem Kartenmaterial führte zwischen 1624 und 1635 zu einer auf neuer vermessungstechnischer Grundlage basierenden, vollständigen Neuaufnahme des Herzogtums durch Wilhelm Schickhardt, eines Neffen des bereits erwähnten Heinrich Schickhardt. Sein Kartenwerk „Topographia Wirtembergiae XIII tabulis adornata“ ist bis auf ein Blatt nicht mehr erhalten.298 Die württembergischen Forste wurden zwischen 1680 und 1688 durch Andreas Kieser neu vermessen und mit präziser Angabe der Waldgrenzen in 280 Blättern kartiert. Parallel dazu erfolgte die Anlage umfangreicher Forstlagerbücher, die unter anderem Angaben über die Grenzsteine enthalten.299 Aufbauend auf Kiesers Arbeiten sammelte M. Johann Majer in den folgenden zwei Jahrzehnten weiteres Material und publizierte 1710 eine große Übersichtskarte des Herzogtums Württemberg, die neben den württembergischen Forsten und Ämtern auch die Grenzen des Territoriums zeigt und bis an das Ende des Jahrhunderts als beste Karte Württembergs galt.300 296 Stuttgart, WLB, Cod. hist. fol. 261; vgl. Oehme 1961, S. 40. 297 Der Lagerbuchrenovator Johann Oettinger fertigte zwischen 1609 und 1612 fünf Karten verschiedener Forste und Ämter; bereits 1608 hatte er den Liebenzeller Forst in Form einer Probearbeit kartiert; Stuttgart, Landesarchiv Baden-Württemberg – Hauptstaatsarchiv, N 3, Nr. 1, fol. 25r–29r; *Chorographia 1996, Blatt 23–27; vgl. detailliert Oehme 1982, S. 6–22, Abb. Beilage; Bull-Reichenmiller (Bearb.) 1996, S. 102f., 114–118. Wie Gadner markiert Oettinger Forstgrenzen mit goldenen, andere Besitz- und Hoheitsbezirke mit rot gepunkteten Linien. Sofern die Grenzen nicht Flüssen und Bächen folgen, werden sie zudem mit Grenzsteinen und anderen Zeichen kenntlich gemacht; vgl. hierzu auch Müller 1940a, S. 109f.; Oehme 1982, S. 72f. Eine Karte der Grafschaft Mömpelgard von 1616, die ebenfalls Gadners Werk beigefügt wurde, geht auf Aufnahmen des späteren herzoglichen Landbaumeisters Heinrich Schickhardt zwischen 1600 und 1608 zurück. Sie zeigt gepunktete und zudem mit breiter Farbschraffur markierte Territorialgrenzen, Stuttgart, Landesarchiv Baden-Württemberg – Hauptstaatsarchiv, N 3, Nr. 1, fol. 30r; *Chorographia 1996, Blatt 28; vgl. Oehme 1961, S. 37, 41; Bull-Reichenmiller (Bearb.) 1996, S. 104, 118–120. 298 Oehme 1961, S. 42f., Abb. Karte 15 299 Oehme 1961, S. 43f., Abb. Karte 30. 300 Oehme 1961, S. 44–46.

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Neben Bayern und Württemberg ist auch das Kurfürstentum Sachsen als einer der Vorreiter bei der kartographischen Territorialaufnahme zu nennen.301 Bereits in den 1530er Jahren hatte der aus Leisning stammende Ingolstädter Mathematikprofessor Peter Apian einen diesbezüglichen Vorstoß unternommen. Der Plan zur Erstellung einer Landkarte beider Sachsen scheiterte aber an den Bedenken Kurfürst Johann Friedrichs I., ein solches Werk könne aufgrund der damit offenbarten Landesstruktur „künftigs nachtheils unseres ansehens und ermessens vorursachung geben“.302 Diese Äußerung zeigt sehr deutlich, dass eine herrschaftliche Nutzung der Kartographie in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Reich noch in keiner Weise gebräuchlich war und betont den Ausnahmecharakter der oben genannten Beispiele für diese Zeit. Offenbar wurden in Sachsen die Möglichkeiten einer Kartierung für die Verwaltung und Regierung noch gar nicht erkannt, während die Nachteile einer solchen Visualisierung, die „das vermögen unser beyderseits Landschaft an Steten und Ritterschaften als ein Manregister offenbart“, betont wurden, sei dieses Wissen doch bislang nicht einmal den sächsischen Räten zugänglich gewesen. Intensiver wurde der Plan einer Kartierung des Territoriums von Kurfürst August verfolgt, der seit ca. 1570 sogar selbst als Landmesser und Kartograph in Erscheinung trat.303 Überliefert sind fünf Karten der kurfürstlichen Waldungen bei Sayda, Annaburg, Linda und Torgau von ca. 1575, die auf den Messpunkten der ebenfalls in dieser Zeit entstandenen Forstzeichenbücher Georg Öders d. J. bzw. seines gleichnamigen Sohnes basieren.304 Diese enthalten umgangreiche Mess­ punkte- und Richtungsverzeichnisse, die auf die Aufnahme der kurfürstlichen Wälder und die Markierung von Grenzen und Wegen mit einem aufwändigen Zeichensystem zurückgehen.305 Sie wurden als Prachtbände in der Schatzkammer verwahrt und demonstrierten in repräsentativer Ausstattung den gleichsam messbaren Herrschaftsanspruch des Fürsten über Forste und Jagd. Daneben liegt aber auch ein Feldexemplar vor, das die konkrete Nutzung im Gelände belegt. Wie 301 Vgl. ausführlich zur kursächsischen Kartographie Bönisch u. a. 1990; außerdem Dolz/Fritz (Hg.) 2010; sowie die betreffenden Beiträge in Baumgärtner (Hg.) 2014. 302 Brief Johann Friedrichs I. an Herzog Georg von Sachsen vom 21.10.1532; zit. nach Dolz/Fritz (Hg.) 2010, S. 19, das folgende Zitat ebd.; vgl. auch Bönisch u. a. 1990, S. 207. 303 Vgl. jetzt ausführlich Dolz/Fritz (Hg.) 2010; Dolz 2014; Wiegand 2014, S. 115–119. 304 Dresden, Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv, 12884 Karten und Risse, Schr. 6, F. 77, Nr. 1–5; vgl. Dolz/Fritz (Hg.) 2010, S. 32–34 mit Abb. Die überzeugende Zuschreibung der Forstzeichenbücher an Sohn Georg erfolgte erst jüngst durch Reichert 2014, S.  171–173, 175–178. 305 Dresden, Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv, 12884 Karten und Risse, Forstzeichenbücher, Nr. 1–58; vgl. Dolz/Fritz (Hg.) 2010, S. 29–31, 41f., Abb. S. 29f.

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die genannten Karten sind auch 27 Waldrisse mit den Forstzeichenbüchern in Verbindung zu bringen, die sehr deutlich die Grenzen der verschiedenen Waldungen durch eine exakt vermessene Linie anzeigen.306 Den Abschluss der kartographischen Bemühungen Augusts bildeten 1586 die 16 „Land-Täffelein“, die zusammengenommen das gesamte Kurfürstentum mit Ortschaften und Städten, Flüssen, Bergen und Wäldern kartographisch erfassen.307 Bereits zuvor hatte der Kurfürst professionelle Mitarbeiter mit der Erstellung von Karten beauftragt, so zunächst 1557 den Leipziger Mathematikprofessor Johann Humelius, der bereits 1555 Vermessungsarbeiten in den Ämtern Belzig, Hohnstein, Mühlberg, Pirna, Schweinitz und Seyda durchgeführt hatte und nun eine systematische Karte der landesherrlichen Forste erarbeiten sollte.308 Humelius vollendete mindestens neun Karten, ohne das Projekt bis zu seinem Tod abschließen zu können.309 Im Anschluss übernahmen die beiden Markscheider Georg Öder d. J. und sein gleichnamiger Sohn die weitere Vermessung und Kartierung der kurfürstlichen Forste und legten neben den bereits genannten Forstzeichenbüchern zahlreiche diesbezügliche Risse vor.310 Parallel zu der Kartierung von Forsten und Jagden verfolgte August von Sachsen die Kartierung des gesamten Kurfürstentums, mit der er in den 1560er Jahren den Theologen Hiob Magdeburg beauftragte. Schon 1560 hatte dieser eine kleine Karte der Mark Meißen in Holz geschnitten.311 Bei dem 1566 fertiggestellten Kartenaquarell mit dem Titel „Duringische und meisnische landtaffel“ handelt es sich um eine repräsentative Übersichtskarte des Kurfürstentums mit Flussnetz, Wald- und Gebirgesignaturen sowie über 500 Orten und Städten (Taf. 17).312 Grenzen zu den benachbarten Fürstentümern sind nicht eingezeichnet, werden aber durch eine hellere Schattierung und eine geringere kartographische Gestaltung der Nachbarterritorien suggeriert. 306 Dresden, Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv, 12884 Karten und Risse, Schr. 1, F. 18, Nr. 12; vgl. Dolz/Fritz (Hg.) 2010, S. 34–41, Abb. S. 36. Zu weiteren kartographischen Arbeiten des Kurfürsten vgl. ebd. 307 Dresden, SLUB, Mscr. Dresd. K 339; vgl. Bönisch u. a. 1990, S. 228f.; Dolz/Fritz (Hg.) 2010, S. 56–58 mit Abb. 308 Woitkowitz 2008, S. 81–87; Dolz/Fritz (Hg.) 2010, S. 25–28. 309 Erhalten sind sieben Karten: Dresden, Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv, 12884 Karten und Risse, Schr. 6, F. 77, Nr. 6–11, 14; vgl. Dolz/Fritz (Hg.) 2010, Abb. S. 28; *Syndram/Minning (Hg.) 2010/12, Bd. 1, Abb. 33f. 310 Bönisch 2002, S. 8. Zur genaueren Differenzierung der Biographien und Arbeiten der beiden Kartographen vgl. jetzt Reichert 2014. 311 Die Karte ist lediglich in einem Exemplar erhalten; vgl. Bönisch u. a. 1990, S. 211–214 mit Abb.; Dolz/Fritz (Hg.) 2010, S. 20, Abb. S. 21. 312 Dresden, SLUB, Kartensammlung A 13534; vgl. Bönisch u. a. 1990, S. 214–217; Dolz/Fritz (Hg.) 2010, S. 20–25 mit Abb.

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Umrahmt wird die Karte von 23 Fürstenporträts auf der linken und ebenso vielen Bildnissen der Fürstinnen auf der rechten Seite. Der Herrschaftsraum wird so unmittelbar auf die Dynastie bezogen und gleichsam genealogisch begrenzt. Im Gegensatz zu den oben genannten Waldkarten basierte die ‚Landtafel‘ nicht auf Vermessungen, gleiches gilt für verschiedene gedruckte Übersichtskarten Sachsens kleineren Formats, deren Publikation vom Kurfürsten – trotz anfänglicher Bedenken hinsichtlich der Geheimhaltung – unterstützt wurde.313 Eine vollständige, vermessungsbasierte Kartierung Sachsens wurde unter Kurfürst August allerdings nicht erreicht, erst sein Nachfolger Christian I. initiierte eine große Landesaufnahme und beauftragte damit Matthias Öder, den Sohn Georgs d. J., der die Aufgabe bis zu seinem Tod 1614 verfolgte. Seit etwa 1595 wurde er dabei von seinem Neffen Balthasar Zimmermann unterstützt, der die Arbeiten auch nach Öders Tod fortführte. Insgesamt umfasst das Werk über 600 handgezeichnete Blätter und bildet weite Teile des Kurfürstentums Sachsens ab.314 „In seiner Erstreckung, Größe und Genauigkeit wird das Öder-Zimmermann’sche Kartenwerk von keiner anderen territorialen Landesaufnahme seiner Zeit erreicht.“315 Wie in Württemberg war das Kartenwerk nicht für die Öffentlichkeit, sondern für den internen Gebrauch bestimmt. Im Vordergrund stand die Dokumentation der Besitzgrenzen, das heißt die Abgrenzung von landesherrlichem und adligem Besitz. Ebenfalls von Zimmermann stammt schließlich die repräsentative Übersichtskarte mit dem Titel „Neue geographische land-charta oder general-mappa“ von 1632.316 Sie visualisiert die Territorien der Wettiner und grenzt diese deutlich mit farbigen, im Verlauf jedoch ungenauen Linien von ihren Nachbarn ab, eine Kartusche zählt diese „grenz-nachbarn“ einzeln auf, darüber hinaus verdeutlichen Wappen die territoriale Zugehörigkeiten.

313 Zu nennen sind v. a. Criginger, Johann: Bohemiae, Misniae, Turingiae et collateralium regionum tabula, 1568; die Karte ist nicht erhalten, fand aber Eingang in Ortelius’ „Theatrum Orbis Terrarum“ von 1570, *Ortelius 1964, fol. 23; vgl. Bönisch u. a. 1990, S. 219–221; Meurer 1991, S. 132f.; Dolz/Fritz (Hg.) 2010, S. 25; sowie Scultetus, Bartholomäus: Landtaffel der Marggraffthümer Meissen und Lausitz, Görlitz 1568; vgl. Bönisch u. a. 1990, S. 217–219; Dolz/Fritz (Hg.) 2010, S. 25, Abb. S. 24. 314 Dresden, Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv, 12884 Karten und Risse, Schr. R, F. 1; vgl. ausführlich Bönisch 2002, der die unterschiedlichen Überlieferungsserien (Ur-Öder und Öder-Zimmermann) detailliert aufschlüsselt; außerdem Dolz/Fritz (Hg.) 2010, S. 73–78; Wiegand 2014. 315 Dolz/Fritz (Hg.) 2010, S. 76. 316 Dresden, Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv, 12884 Karten und Risse, Schr. 2, F. 31d, Nr. 6; vgl. Dolz/Fritz (Hg.) 2010, S. 76–78 mit Abb.

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Eine längere Evolution der territorialen Landesaufnahme lässt sich auch in der Landgrafschaft Hessen feststellen. Die erste Karte des noch ungeteilten Landes, basierend auf Angaben des Marburger Professors Johannes Dryander, findet sich in Münsters „Cosmographia“, in der Ausgabe von 1550, und in verbesserter Form bei Ortelius 1579.317 Seit 1568 sind für die Landgrafschaft Hessen-Kassel verschiedene Landmesser im Dienst Landgraf Wilhelms  IV . greifbar, inwieweit diese allerdings eine systematische Landesaufnahme vorgenommen haben, ist unklar. Immerhin erhielt Heinz Markgraf bei seiner Bestallung 1581 den Auftrag, „die lantschafften Hassiae nach der gegebenen forma und praescription lantgrave Wilhelms eygenen handen vorzunehmen und zu verfertigen“. Erhalten ist von seinen Vermessungs- und Kartierungsarbeiten aber nur wenig.318 Vielfältigeres Material liegt von Joist Moers vor, der bereits 1572 eine Karte der Grafschaft Waldeck in Holz geschnitten hatte und als landgräflicher Landmesser seit den 1580er Jahren verschiedene Ämter- und Spezialkarten erstellte.319 Den Auftrag, „das ganz furstenthumb abzureissen“, also eine vollständige Landesaufnahme Hessen-Kassels anzufertigen, erhielt 1585 Arnold Mercator, der kurz zuvor bereits die Niedergrafschaft Katzenelnbogen sowie das hessische Samthospital Gronau kartiert hatte.320 Nach seinem Tod übernahm sein Sohn Johannes die Arbeiten, die allerdings nicht abgeschlossen wurden. Überliefert ist lediglich eine 1592 fertiggestellte Karte des Niederfürstentums.321 Unter Landgraf Moritz dem Gelehrten wurden die Vermessungsarbeiten seit 1607 schließlich systematisch von dem oben im Zusammenhang der humanistischen Landesbeschreibungen erwähnten Historiker und Geographen Wilhelm Dilich fortgeführt und erhielten in den Landtafeln der hessischen Ämter eine zeitgemäße kartographische Form.322 Der Fürst selbst hatte das Konzept für die 317 *Münster 1968, S. LCCCXXXVIII; vgl. Wolff/Engel 1988, S. 6; Stercken 2011, S. 44; die ebd., S. 45 abgebildete Karte ist der Nachstich der Ortelius-Karte von Matthias Quad, erschienen in *Quad 1608; vgl. hierzu Meurer 1988, S. 202–205, 222f. 318 Stengel 1960, S. 493, das Zitat ebd.; Schäfer 1979, S. 132f., Kartenverzeichnis S. 155. 319 Stengel 1960, S. 494f.; Schäfer 1979 mit Kartenverzeichnis S. 151–155; vgl. außerdem Engel 1982 speziell zu Moers’ Karte des Flusslaufs der Fulda von ca. 1597. 320 Letztere gehört zum Gronauer Salbuch, einem über tausend Seiten starken Folioband, der den Besitz des Hospitals dokumentiert, Köster 1951, 17f., 186. 321 Vgl. insg. Köster 1951, das Zitat S. 181; außerdem Schäfer 1979, S. 164–169; Meurer 1994, S. 378, 382f. Nachforschungen in den landgräflichen Reposituren nach weiteren Karten, insb. für Oberhessen, blieben bereits 1604 ergebnislos, so dass vermutet wurde, dass Mercator zwar den Auftrag erhalten habe, „er sey aber daruber verstorben“, *Stengel (Hg.) 1927, S. 22, Nr. 1. 322 Die Originale befinden sich im Wesentlichen in Kassel, Universitätsbibliothek – Landesbi­ bliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel sowie in Marburg, Hessisches StA. Vgl. das Faksimile *Baumgärtner/Stercken/Halle (Hg.) 2011, hierzu auch Baumgärtner

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Kartierung seiner vergleichsweise weit verstreuten Herrschaftsgebiete entworfen und insgesamt 174 Landtafeln (drei Generaltafeln, acht Tafeln der Quartiere, das heißt der einzelnen Landesteile, 58 Ämterkarten und ca. 105 Spezialkarten einzelner Orte) vorgesehen.323 In diesen Dimensionen konnte das Projekt allerdings nicht realisiert werden, auch wenn Dilich mehr als zehn Jahre daran arbeitete. Überliefert sind insgesamt 66 Karten, Pläne und Aufrisse. Insbesondere die ersten, zwischen 1607 und 1609 durchgeführten Kartierungen Dilichs dokumentieren den genuin politischen Charakter der Landesaufnahme. Vermessen und kartiert wurden zunächst nämlich die exponierten und umstrittenen Erwerbungen Hessen-Kassels im Rhein-Main-Gebiet, namentlich die Grafschaft Katzenelnbogen sowie verschiedene Exklaven und Erwerbungen links und rechts des Rheins.324 Im Einzelnen handelt es sich um die Ämter Reichenberg und Rheinfels mit St. Goarshausen sowie das Amt Rheinfels mit der linksrheinischen Vogtei Pfalzfeld, Schloss Rheinfels als landgräfliche Hauptfestung am Rhein, die benachbarten Burgen Katz und Reichenberg, die Dorfschaft Hollnich im Hunsrück, Stadt und Pfandschaft Rhens, den Bezirk der Stadt Braubach mit Marksburg und Schloss Philippsburg, Schloss Hohenstein, die sogenannten fünfzehn Dörfer (Langenschwalbach) sowie schließlich die Herrschaft Eppstein und das Gericht Liederbach.325 Der übrige hessische Raum wurde in den folgenden Jahren – nicht zuletzt aufgrund massiver Differenzen zwischen dem Landesherrn und seinem Kartographen – nur teilweise erfasst. Schwerpunkte bildeten die Gerichte Wallenstein, Neuenstein und Jesberg, die Grafschaft Ziegenhain und das Amt Melsungen. Zumindest teilweise wurden also auch hier Grenzgebiete kartiert.326 Die Grenzen selbst werden bei Dilich – sofern es sich nicht um Bach- oder Flussläufe handelt – als gepunktete Linien dargestellt und vielfach um die vor Ort vorfindlichen Zeichen ergänzt, etwa Grenzsteine, Grenzbäume oder auch Grenzhaufen. 2014; zuvor bereits *Stengel (Hg.) 1927, dort auch eine Edition der zugehörigen Quellen; handlicher Wiederabdruck des Textteils bei Stengel 1960. Dilich war ab 1626 in kursächsischen Diensten tätig, zuständig allerdings nicht für die Kartierung des Landes, sondern für das Bau- und Fortifikationswesen. In diesem Rahmen fertigte er Grund- und Perspektivrisse sowie topographische Aufnahmen der sächsischen Städte an. 323 Eine genaue Übersicht bei Stengel 1960, S. 501–503. 324 Baumgärtner 2011, S. 16f. Zur Territorialgeschichte der Landgrafschaft und der einzelnen Landesteile vgl. zusammenfassend Demandt 1972, insb. S. 169–314. 325 *Baumgärtner/Stercken/Halle (Hg.) 2011, S. 82–157, Nr. 1–38. 326 Baumgärtner 2011, S. 19f.; vgl. im Einzelnen *Baumgärtner/Stercken/Halle (Hg.) 2011, S. 158–200, Nr. 39–59. Zumindest hingewiesen sei auf die von Dilich zwischen 1618 und 1625 zumeist im Zusammenhang von Besitzstreitigkeiten durchgeführten Kartierungen im Auftrag verschiedener Adliger und der hessischen Ritterschaft, Baumgärtner 2011, S. 21–23.

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Angrenzende Gebiete sind in der Regel nicht koloriert, Waldflächen jenseits der Grenze erscheinen in einem helleren Farbton. Ganz offensichtlich sollten mit der Dilich’schen Landesaufnahme territoriale Ansprüche Hessen-Kassels untermauert werden. Das gilt etwa für die nach dem Aussterben des Hauses Hessen-Rheinfels 1583 an Hessen-Kassel übergegangene Grafschaft Katzenelnbogen,327 das ebenfalls aus der rheinfelsischen Erbmasse stammende Braubach, das sich Landgraf Moritz 1602 durch Tausch sicherte (Taf. 18),328 die Herrschaft Eppstein, die nach dem Aussterben des Hauses Hessen-Marburg 1604 an Hessen-Kassel fiel,329 oder auch die zur Grafschaft Katzenelnbogen gehörige Dorfschaft Hollnich im Hunsrück, in deren Herrschaft sich Hessen mit den Grafen von Sponheim teilte.330 Die Prätention territorialen Besitzes erfolgte, wie bei den Landesaufnahmen anderer Fürsten auch, auf zweierlei Weise: zum einen mit dem detaillierten Kartenwerk, das verwaltungsintern nutzbar und zugleich so repräsentativ war, dass eine Präsentation vor anderen Fürsten, etwa in der Kasseler Kunstkammer, durchaus probabel erscheint. Zum anderen war aber schon die Vermessung selbst ein symbolischer Akt zur territorial-räumlichen Konstruktion, der möglicherweise den Raumkonstruktionen respektive Rechtsauffassungen der benachbarten Fürsten widersprach. Und genauso wurden Dilichs Aktivitäten auch tatsächlich wahrgenommen: Im Frühjahr 1609 wurde er auf dem Rückweg von der ursprünglich zur Braunschweig-Lüneburgischen Grafschaft Diepholz gehörigen und 1585 an Hessen gelangten Amtsvogtei Auburg von den Diepholzer Amtleuten wegen der von den Benachbarten nicht genehmigten Grenzvermessung festgenommen. Vor seiner Freilassung musste der Kartograph schriftlich gegenüber Herzog Ernst II. von Braunschweig-Lüneburg erklären, daß all dasjenige, waß dieser wegen von mihr in unndt uf denen zwischen Cöllenberg unndt dem dorff Rodemühlen unnd des orts gelegenen bergen unndt sonsten im ampt Diepholtt unndt auff desselben graentzen attentiret unndt vorgenommen hohermeltem fursten zu keinem schimpff oder verkleinerung, viele weniger zu verschmelerung des hauses unndt ampts Diepholtz habender hohe recht unnd gerechtigkeitt geschehen noch dasselbe zu einigem praejudiz, nachtheill unndt abbruch in oder ausserhalb rechtenß angezogen werden solle.331

327 Baumgärtner 2011, S. 16. 328 *Baumgärtner/Stercken/Halle (Hg.) 2011, S. 118f. 329 *Baumgärtner/Stercken/Halle (Hg.) 2011, S. 150–155. 330 *Baumgärtner/Stercken/Halle (Hg.) 2011, S. 114f.; auf der betreffenden Karte heißt es: „Grundt und boden dieser dorffschaft ist hessisch, die inwohner aber castlhaunische leibeigene“, ebd., S. 115. 331 Revers Dilichs für den Herzog vom 13.03.1609, abgedruckt bei *Stengel (Hg.) 1927, S. 22,

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Bis auf eine Kartenskizze liegen keine Vermessungsunterlagen für das Amt Auburg vor.332 Edmund E. Stengel und in der Folge auch Ingrid Baumgärtner vermuten, dass Dilich die entsprechenden Unterlagen bei seiner Festnahme abgenommen worden seien.333 Es ist aber auch denkbar, dass man in Kassel ohnehin von der Kartierung Auburgs Abstand nahm, um die angespannten Beziehungen zu Braunschweig-Lüneburg nicht weiter zu belasten. Gar nicht erst ausgeführt wurden 1616 Dilichs Pläne zur Vermessung der Herrschaft Plesse, einer weiteren hessischen Exklave im Braunschweiger Territorium. Der zuständige Amtmann erkundigte sich noch vor der Ankunft des Kartographen, ob er für die Grenzbegehungen und -vermessungen eine Erlaubnis des Nachbarn einholen solle oder ob man darauf verzichte. Hintergrund war ein Schiedsspruch zu einer neuen Grenzziehung in einem strittigen Gehölz, der von hessischer Seite nicht anerkannt wurde. Eine Vermessung der älteren, von Hessen behaupteten Grenzen hätte notwendigerweise auf fremdem bzw. strittigem Hoheitsgebiet stattgefunden.334 Kurz vor dem Beginn der Arbeiten an den Landtafeln publizierte Dilich bezeichnenderweise eine „Hessische Chronica“ (1605), die neben einem historischen Abriss der Geschichte Hessens eine ausführliche geographische und topographische Beschreibung des Landes beinhaltet.335 Ziel des im landgräflichen Auftrag verfassten Werks war die Rechtfertigung der expansiven Territorialpolitik Hessen-Kassels nach dem Tod Ludwigs IV. von Hessen-Marburg und dem Aussterben der gleichnamigen Linie. Die diesbezüglichen Erbansprüche sollten mit einer historischen Grundlegung gegenüber dem ebenfalls erbberechtigten Hessen-Darmstadt verteidigt werden. Zwei Überblickskarten zeigen Hessen in germanischer und gegenwärtiger Zeit, die territoriale Einheit wird lediglich durch eine genauere Ausformung der topographischen Beschaffenheit des hessischen Raumes sowie die Bezeichnung umliegender Regionen bzw. Territorien suggeriert.336 Gleiches gilt für die Karten Ober- und Niederhessens, bei denen Nr. 3; vgl. auch den Bericht von Dilich an den Landgrafen nach der Freilassung vom März 1609, ebd., Nr. 4; hierzu auch Baumgärtner 2011, S. 18f. 332 *Stengel (Hg.) 1927, S. 11, Abb. S. 18. 333 *Stengel (Hg.) 1927, S. 11; Baumgärtner 2011, S. 19. 334 Vgl. das Schreiben des Amtmanns Barthold Wintherst an Kanzler und Räte in Kassel vom 22.09.1616, abgedruckt bei *Stengel (Hg.) 1927, S. 23, Nr. 10. 335 *Dilich 1961; vgl. hierzu neben dem ausführlichen Nachwort des Herausgebers ebd. auch Kümmel 1996, S. 89–92; Menk 2003; Baumgärtner 2011, S. 13–16; Michalsky 2011a, S. 63–66. Eine wichtige Grundlage für das Werk bildete die im Zusammenhang der humanistischen Landesbeschreibungen bereits diskutierte „Synopsis descriptionis totius Hassiae“ von 1591, vgl. oben Kap. III.2 („Landesbeschreibung und Staatenkunde“). 336 *Dilich 1961, Teil 1, jeweils nach S. 12, 16. Auch in der topographischen Beschreibung sind

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zusätzlich mit Wappen gearbeitet wird. Von der Landgrafschaft beanspruchte Gebiete, wie die Abtei Hersfeld oder die Grafschaft Waldeck, sind zwar graphisch vollständig in das hessische Gebiet integriert, aber zumindest bei genauerem Hinsehen aufgrund von gepunkteten Grenzlinien als eigenständig erkennbar.337 Detailkarten mit ebensolchen Grenzlinien fokussieren schließlich genau diese strittigen Gebiete.338 Damit war ein erster konzeptioneller Schritt gemacht, das hessische Territorium nicht lediglich kartographisch zu fixieren, sondern mit Karten territoriale Ansprüche zu dokumentieren, auch wenn die Strategie, territoriale Expansion mit publizistischen Mitteln zu betreiben respektive zu unterstützen, letztlich nicht aufging.339 Zugleich zeigt sich einmal mehr der enge Zusammenhang zwischen verbaler und kartographischer Beschreibung bzw. Markierung territorialer Grenzen und Herrschaftsräume. Dilichs Landtafeln sollten die in der Chronik begonnene Visualisierung des Territoriums fortsetzen und präzisieren. die Grenzen nur vage angegeben, suggerieren aber eine in der Realität nicht vorhandene territoriale Einheit des hessischen Raumes: „Von der Situation vnd gelegenheit des Hessenlandes zu vnsern zeiten. In dieser zeit aber liget Hessen fast in mitten Teutschlandes/ vnd hebt sich an seine lenge von Mittagswarts jenseid des Mains gegen der Pfaltz/ endet sich aber an der Weser/ vnnd Braunschwigischen und Paderbornischen grentze gegen Mitternacht. Uff der rechten seiten nacher auffgang der Sonnen ligt das Thüringerland sambt angrentzendem Francken- und zur lincken oder gegen Abendt der Rhein/ das Trierische/ Cölnische/ Bergische gebiete und endlich auch ein antheil Westphalen“, ebd., S. 14f. 337 *Dilich 1961, Teil 1, jeweils nach S. 32, 112. 338 Neben der Abtei Hersfeld sind im Detail dargestellt die Grafschaft Katzenelnbogen, die Grafschaft Nassau, Rheingau, Wetterau und die Umgegend von Frankfurt, *Dilich 1961, Teil 1, jeweils nach S. 36, 40, 52, 56, 74, 112. 339 Die Argumentation der Hessischen Chronik blieb nicht unwidersprochen, vgl. hierzu ausführlich Menk 2003, insb. S. 171–184. Die Mitglieder des Wetterauer Grafenvereins, deren territoriale Existenz von Dilichs Schrift massiv in Frage gestellt wurde, stellten 1606 fest, „zu waß Praejuditz und Nachtheill die jüngst zu Cassell getruckte und publicirte Hessische Chronic denen sämbtlichen wohlgebornen etc. unsern gnedigen Herren der Wetterauischen Correspondentz gereichen thue“, denn die „gantze Wetterau, sambt dorin und dorumben gelegenen Graff- und Herrschafften, Fürstlichen Stifften, freyhen Reichs Städten und Communen“ sei hier einfach „in das Fürtentumb Hessen […] gestzogen“ und damit „also consequenter der Hessischen Landtsfürstlichen Obrigkeitt undderwürffig gemacht“, zit. nach ebd., S. 172f. Dem Angriff wurde wiederum publizistisch begegnet, indem man den Heidelberger Staatsrechtler und Historiker Marquard Freher beauftragte, eine Gegenschrift zu verfassen. Sie wurde 1608 unter dem Pseudonym Weyrich Wettermann auß der Wetterau in Frankfurt a. M. gedruckt und entlarvte das Dilich’sche Werk nicht nur als wissenschaftlich unsauber gearbeitet, sondern auch als in hohem Maße politisch motiviert, *Freher 1608; vgl. Menk 2003, S. 176f. Frehers insg. recht knappe Schrift enthält nur eine Karte, die freilich Hessen sehr deutlich mit einer doppelt gepunkteten Linie von der Wetterau abgrenzt, *Freher 1608, nach dem Widmungsteil; vgl. Menk 2003, Abb. S. 177.

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Einen Rückverweis auf die historiographischen Teile der Chronik und damit die historische Legitimation der Landesherrschaft bilden die in den Landtafeln mit Signaturen eingetragenen und auf den Kartenblättern als Miniaturen abgebildeten historischen Denkmäler.340 Angesichts dieser Verschränkung von Bild und Text, Chronik und Kartenwerk stellen auch die hessischen Landtafeln, wie schon für die territorialen Landesaufnahmen in anderen Regionen bemerkt, keine autonome Repräsentation des betreffenden Herrschaftsraumes dar, sondern fügen sich in das aus unterschiedlichen Komponenten bestehende System der Beschreibung und Markierung von territorialen Grenzen ein.341 Eingangs wurde bereits die herausragende Stellung der Reichsstadt Nürnberg in der Kartographie im deutschsprachigen Raum und bei der Nutzung von Karten in der Verwaltung erwähnt. Entsprechend seiner Vorreiterrolle ließ auch dieser Reichsstand sein Territorium in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts kartieren.342 Hervorzuheben ist hier die große Fraisch- und Waldkarte, die der Nürnberger Rat 1562/63 bei Jörg (Georg) Nöttelein in Auftrag gab, um sie zusammen mit einem Stadtgrundriss und einer Ansicht der Nürnberger Burg im Streit mit dem Markgrafen von Brandenburg-Ansbach dem Reichskammergericht vorzulegen (Taf. 19).343 Eine Federzeichnung und einen Holzschnitt des Gebietes hatte Nöttelein bereits vor 1552 bzw. 1559 angefertigt,344 umfangreiche Vermessungsarbeiten nahm er 1561 unter Mithilfe von 14 Förstern vor, die „mit Jörgen Notelein uf den walde Sebaldi gangen, alsdo er den abgemeßen hat“.345 Die Karte zeigt keine Grenzlinien, allerdings inszeniert Nöttelein die drei Flüsse Schwabach, Rednitz und Schwarzach durch ihre prominente Darstellung als Grenz­markierungen des 340 Vgl. zu den abgebildeten Denkmälern Baumgärtner 2011, S. 25–28; Michalsky 2011a, S. 68–70. 341 Hierauf verweist nicht zuletzt die Tatsache, dass Dilich für seine Arbeiten auch Akten mit Grenzbetreffen sowie Grenzbeschreibungen auswertete, Stengel 1960, S. 522f. Dass auch die verbale Beschreibung im Zeitalter Dilichs noch nicht ausgedient hatte, zeigen beispielhaft die Grenzbeschreibungen, die 1612 und 1613 im Auftrag des Landgrafen für verschiedene Ämter und Gerichte erstellt wurden. Unklar ist, ob Dilich parallel dazu Vermessungen und Kartierungen angefertigt hat, ebd., S. 509, Anm. 97. 342 Vgl. zum Folgenden auch Rutz 2018c. 343 Nöttelein, Georg: Große Wald- und Fraischkarte, 1562/63; vgl. Schnelbögl 1960, S. 291–295; Schnelbögl 1966, S. 92, Abb. S. 93f.; Wolff 1988, S. 58–60 mit Abb. (Ausschnitt); Fleischmann 2000a, S. 306f. mit Abb.; Schiermeier 2006, S. 72f. mit Abb.; das dem Reichskammergericht vorgelegte Exemplar befindet sich in München, BayHStA, Plansammlung 10720; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 16, Nr. 51, Abb. Taf. 3. 344 Schnelbögl 1960, S. 291; Schnelbögl 1966, S. 90, Abb. S. 88f.; Wolff 1988, S. 58, Abb. S. 59; Fleischmann 2000a, S. 306; Schiermeier 2006, S. 72. 345 Zit. nach Schnelbögl 1960, S. 292.

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Nürnberger Territoriums. Dieser Arbeit waren unter anderem Karten der Pflegämter Heideck (1544)346 und Lichtenau (1557)347 vorausgegangen. Beide markieren sehr deutlich die Grenzlinien in Rot, die Lichtenauer Karten nummerieren zudem die Grenzmarkierungen und enthalten verschiedene diesbezügliche Bemerkungen. Auf den Heidecker Karten weist Nöttelein eigens darauf hin, dass er die umstrittene Grenze gegen Eichstätt „nach beschehener besichtigung gemacht“ bzw. sein Vater Niklas sie „ungefehrlich“ gezeichnet habe.348 Die Karten Nötteleins wurden bis in das 18. Jahrhundert als Vorbild und Vorlage genutzt, nicht zuletzt von dem zweiten großen Nürnberger Kartographen des späten 16. Jahrhunderts, Paul Pfinzing d. Ä., der bereits als Autor eines anschaulichen Handbuchs zur Vermessungstechnik erwähnt wurde.349 Bekannt ist der Meister insbesondere durch seinen „Atlas“ von 1594, eine Sammlung von 34 handgezeichneten Karten und Plänen vor allem der Stadt Nürnberg und ihres Territoriums sowie zugehörigen Erläuterungen.350 Pfinzing hatte die Karten seit 1585 in unterschiedlichen Zusammenhängen erstellt, im Atlas dokumentierte er seine Arbeit in einer repräsentativen Auswahl von maßstäblichen Verkleinerungen, die er bis 1598 weiter ergänzte. In den Besitz des Rates gelangte der Band erst Ende 1600 zusammen mit dem Nachlass Pfinzings und wurde zunächst in der Losungsstube und dann in der oberen Regimentsstube des Rathauses aufbewahrt. In letzterer präsentierte der Rat in der Art einer Kunst- und Wunderkammer unter anderem auch Albrecht Dürers „Vier Apostel“, Veit Stoß’ „Drachenleuchter“ und den bereits erwähnten Behaim-Globus.351 Während ein Teil der Karten aus privatem Anlass, etwa zur Dokumentation des pfinzingschen 346 Überliefert sind Entwurf und Reinzeichnung, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 730–731; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 67, Nr. 15; außerdem Schnelbögl 1960, S. 297 mit Abb. 4. 347 Überliefert sind ein Entwurf sowie zwei Reinzeichnungen, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 680–681; München, BayHStA, Plansammlung 8157; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 75f., Nr. 26/1–2; außerdem Schnelbögl 1960, S. 290f. 348 Zit. nach Schnelbögl 1960, S. 297; vgl. auch *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 67. 349 Vgl. oben Kap. III.1 („Vermessungswesen und Instrumentenbau“). 350 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 230; vgl. auch das Faksimile *Pfinzing-Atlas 1994; ausführlich hierzu Fleischmann 1994; außerdem Schnelbögl 1966, S. 100, Abb. S. 102f., 106f.; Wolff 1988, S. 60–62 mit Abb.; Schiermeier 2006, S. 78f. mit Abb.; zu Pfinzings Werk insg. vgl. Gagel/Schnelbögl 1957. 351 Vgl. hierzu Fleischmann 1994, S. 19, 32f. Dagegen vermuten Gagel/Schnelbögl 1957, S. 6, dass Pfinzing seinen Atlas bereits 1594 der Stadt geschenkt hat. Eine Nachfolge fand das Atlasprojekt im „Kleinen Pfinzing-Atlas“, der um 1620 von Paul Pfinzing d. J. zusammengestellt wurde, Nürnberg, Stadtbibliothek, Nor. K. 176; vgl. *Tiggesbäumker 1988, S. 25f., Nr. 48, Abb. Taf. 12–14.

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Stammsitzes Henfenfeld352 oder der in familiärem Besitz befindlichen Saigerhütte bei Ludwigsstadt,353 gefertigt wurde, gehen viele Karten auf die amtliche Tätigkeit Pfinzings in der Nürnberger Stadtverwaltung zurück. So schuf er eine Reihe von Augenscheinen, etwa der Weiher des Dutzendteiches (1590),354 des Laufes der Pegnitz durch Nürnberg bis Fürth (1592)355 oder der Jagdübergriffe durch das brandenburg-ansbachische Amt Schönberg (1592). Letzteren legte die Stadt im Rechtsstreit mit den Markgrafen dem Reichskammergericht vor.356 Besonders wichtig für die kartographische Repräsentation der Stadt in den Auseinandersetzungen mit Brandenburg-Ansbach waren überdies die zwischen 1592 und 1598 erstellten Karten der Nürnberger Landwehr (Abb. 21),357 der Pflegämter Lichtenau (1592)358 und Hersbruck (1595) (Taf. 20)359 sowie die Karte des nürnbergischen Territoriums von 1594.360 Den Karten liegen teilweise ältere Darstellungen zugrunde; für die genannte „Landtaffel des Nürmbergischen Territorium“ etwa verweist Pfinzing selbst darauf, dass sie „auß einer großen Taffel verjüngt worden“ sei.361 Es handelt sich dabei um Nötteleins Wald- und Fraischkarte von 1563.362 Allerdings ergänzte Pfinzing die Karte insofern, als er das von der Reichsstadt beanspruchte Territorium sehr deutlich durch unterschiedliches Flächenkolorit von dem der Markgrafen von 352 *Pfinzing-Atlas 1994, S. 51, 53; vgl. Gagel/Schnelbögl 1957, Abb. im Anhang; Fleischmann 1994, S. 70f. 353 *Pfinzing-Atlas 1994, S. 6, 45; vgl. Gagel/Schnelbögl 1957, Abb. im Anhang; Fleischmann 1994, S. 39, 66f. 354 *Pfinzing-Atlas 1994, S. 29; vgl. Fleischmann 1994, S. 53f. 355 *Pfinzing-Atlas 1994, S.  27; vgl. Gagel/Schnelbögl 1957, Abb. im An­hang; Fleischmann 1994, S. 51–53. 356 *Pfinzing-Atlas 1994, S. 55; vgl. Fleischmann 1994, S. 72. 357 *Pfinzing-Atlas 1994, S. 19, 23f.; vgl. Gagel/Schnelbögl 1957, S. 12f., Abb. im Anhang; Fleischmann 1994, S. 47–50. 358 *Pfinzing-Atlas 1994, S. 33; vgl. Schnelbögl 1955 mit Edition der zugehörigen Grenzbeschreibung S. 10–12, Abb. im Anhang; Gagel/Schnelbögl 1957, S. 13f., Abb. im Anhang; Fleischmann 1994, S. 54–58 mit Abb. 359 *Pfinzing-Atlas 1994, S. 16f.; vgl. Gagel/Schnelbögl 1957, S. 15–17; Fleischmann 1994, S. 45–47. Vgl. auch die separate Handzeichnung von Pfinzing in Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 683; außerdem die Karte der Pflegämter Gräfenberg und Hersbruck (um 1594), *Pfinzing-Atlas 1994, S. 43; Fleischmann 1994, S. 66. 360 *Pfinzing-Atlas 1994, S. 5; vgl. auch die inhaltsgleiche Karte von 1595, ebd., S. 3, mit Kennzeichnung der Orte, in denen Nürnberg die Hochgerichtsbarkeit inne hatte, in roten Großbuchstaben; vgl. insg. Fleischmann 1994, S. 37–39. 361 *Pfinzing-Atlas 1994, S. 5. 362 Fleischmann 1994, S. 38; vgl. dagegen Gagel/Schnelbögl 1957, S. 7–9, die Nötteleins Karte als Vorbild ausdrücklich verwerfen.

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Brandenburg-Ansbach abgrenzte. Dieselbe Karte nahm sich Pfinzing auch zum Vorbild, als er 1593 die zwischen Nürnberg und Brandenburg-Ansbach strittigen Vogelherde in den Reichswäldern im Anschluss an eine Begehung kartierte und das Nürnberger Territorium in der Karte mit rotem Grenzkolorit vom ansbachischen abgrenzte.363 „Eine solche Darstellung entsprach freilich nicht der differenzierten Wirklichkeit, in der verschiedene Rechte konkurrierten und sich überlagerten.“364 Gleichwohl dokumentiert sie einen territorial-räumlichen Anspruch der Reichsstadt, der mithilfe von Karten für die eigene Verwaltung, gegenüber dem Gegner oder auch beim Reichskammergericht visualisiert wurde. Neben der Übernahme und gegebenenfalls ‚Verjüngung‘ existierender Karten führte der Kartograph auch eigene Vermessungen durch. Ergebnis dieser Arbeiten war unter anderem die Karte des Pflegamts Lichtenau, das bereits Nöttelein 1557 vermessen und kartiert hatte und dessen Grenzen 1561 zum letzten Mal umritten worden waren.365 Pfinzing wurde 1590 beauftragt, begleitet vom Pfleger und „einem oder zwey der eltisten, so doch noch wissenschafft tragen“, das Pflegamt „in der still und gehaimb auff papier“ zu bringen.366 1592 legte er eine Karte samt verbaler Grenzbeschreibung vor.367 Mit unterschiedlichem Flächenkolorit sowie einer gepunkteten Linie werden die Herrschaftsbereiche deutlich voneinander abgegrenzt, zudem sind die 32 Grenzzeichen nummeriert und in der Beschreibung einzeln erläutert. Daneben werden in einer „Beschreibung der gantzen Landtschafft“ die ebenfalls nummerierten Täler und Wiesengründe sowie die herrschaftlichen Verhältnisse in den Ortschaften erläutert. Den Höhepunkt von Pfinzings Schaffen bildete schließlich die Karte des Pflegamts Hersbruck (Taf. 20). Im Anschluss an die dreitägige Grenzbegehung im Herbst 1594 vermaß und kartierte Pfinzing das Pflegamt und legte dem Rat schließlich im Dezember des folgenden Jahres eine ca. 162 x 146 cm große, handgezeichnete Inselkarte auf 12 Blättern vor.368 Wie in der Lichtenauer Karte werden die angrenzenden Nürnberger Ämter und anderen Territorien in dieser Landesaufnahme durch unterschiedliches Flächenkolorit und eine Grenze in Form einer gestrichelten Linie 363 *Pfinzing-Atlas 1994, S. 9; vgl. Gagel/Schnelbögl 1957, S. 9–11; Fleischmann 1994, S. 40–42. 364 Fleischmann 1994, S. 38. 365 Vgl. Schnelbögl 1955; Fleischmann 1994, S. 54f., 58. 366 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Verlässe der Herren Älteren 12, fol. 57r. 367 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 683; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 96, Nr. 62; die Grenzbeschreibung in Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 178. 368 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 480; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 120f., Nr. 71/1; Faksimile und Kommentar bei *Fleischmann (Bearb.) 1996; vgl. auch Fleischmann 2000a, S. 312 mit Abb.

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geschieden. Mit Nummern bezeichnet werden 114 Grenzzeichen, die wiederum mit einer zugehörigen Grenzbeschreibung korrespondieren.369 Darüber hinaus arbeitet der Kartograph mit Wappen, um die einzelnen Territorien herrschaftlich zuzuordnen. Die innerhalb des Amtes liegenden Dorfherrschaften verschiedener Familien, unter anderem der Pfinzing in Henfenfeld, werden mit deren Wappen gekennzeichnet, aber bezeichnenderweise nicht mit einer Grenzlinie im Sinne einer Territorialgrenze markiert. Dass der so bezeichnete Herrschaftsraum den offiziellen Anspruch des Rates wiedergibt, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass dieser die Karte 1596 für den Verwaltungsgebrauch verkleinern und auf sechs Blättern drucken ließ.370 Eine zweite Radierung der Karte erfolgte Mitte des 17. Jahrhunderts und wurde bis in das 18. Jahrhundert mehrfach nachgedruckt.371 Gleiches gilt übrigens für die Lichtenauer Karte, die in vier radierten Blättern vervielfältigt wurde und so auch in den Pfinzing-Atlas einging.372 Die genannten Landesaufnahmen in Bayern, Württemberg, Sachsen, Hessen und Nürnberg stellen herausragende Beispiele einer sich seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bahnbrechenden Entwicklung der Kartierung territorialer Herrschaftsräume dar. Die Beispiele ließen sich durchaus vermehren, wenngleich nicht überall vollständige Landesaufnahmen bewerkstelligt wurden: Von 1557 bis 1560 kartierte Tilemann Stella die Grafschaft Mansfeld373 sowie 1564 die 369 Sie findet sich in einem separaten Libell, das auch eine Blattschnittübersicht enthält: „Beschreibung der Herspruckischen grenitz nach der newen landtaffel, so anno 1595 durch herrn Paulus Pfintzing gefertigt, was die numeri allenthalben bedeutten und wie solche grenitz inn seinem gantzen circuitu verraint und verstaint ist“, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, D-Laden, Akt. 4902; ein weiteres Exemplar ebd., 4905; vgl. auch die Abschriften der Grenzbeschreibung ebd., 1371; ebd., 4903; sowie frühere Versionen ebd., 4904; außerdem Faksimile und Kommentar bei *Fleischmann (Bearb.) 1996; zur Blattschnittübersicht und der entsprechendenden Nummerierung der Kartenblätter ebd., S. 47f. 370 Vgl. etwa Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 487; Faksimile und Kommentar bei *Fleischmann (Bearb.) 1996; kolorierte Fassungen finden sich im *Pfinzing-Atlas 1994, S. 16f., und in Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, D-Laden, Akt. 4905; vgl. auch Gagel/Schnelbögl 1957, Abb. im Anhang. Zum Gebrauch in der Verwaltung vgl. unten Kap. IV.1 („Die Integration der Kartographie in das mittelalterliche System der Beschreibung und Markierung von Grenzen“). 371 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 482; ebd., 484–488; ebd., 490–495; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1996, S. 49. Vgl. außerdem die handschriftlichen Kopien der Hersbrucker Karte aus dem 18. Jahrhundert in Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 393; ebd., 500/1–2; ebd., 546; ebd., 535; ebd., 535a; ebd. 547; ebd., 504; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 120, Nr. 71/1 372 *Pfinzing-Atlas 1994, S. 33; *Fleischmann (Bearb.) 1996, S. 48, 54. 373 Stella, Tilemann: Mansfeldici Comitatus typus chorographicus […], Eisleben oder Weimar:

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Ämter Zweibrücken und Kirkel des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken.374 Eine in den 1570er Jahren projektierte Karte des Herzogtums Mecklenburg, die die von dem Kartographen bereits 1552 ohne herzoglichen Auftrag erstellte Überblicksdarstellung ersetzen sollte, wurde nicht realisiert, wenngleich Stella von 1564 bis 1582 als herzoglicher Rat für Grenzangelegenheiten zuständig war und in diesem Zusammenhang zahlreiche Vermessungs- und Kartierungsarbeiten durchführte.375 Arnold Mercator fertigte zwischen 1559 und 1567 im Auftrag des Trierer Erzbischofs Johann VI. von der Leyen eine zweiteilige Karte des Erzstifts an.376 Im Auftrag Herzog Julius’ zu Braunschweig und Lüneburg, Fürst von Braunschweig-Wolfenbüttel, schuf Gottfried Mascop im Jahre 1574 einen Ämter-Atlas des „gannz furstenthumb Braunschweig“.377 Unmittelbar im Anschluss erarbeitete er von 1575 bis 1577 für den Mainzer Erzbischof Daniel Brendel von Homburg einen Atlas der linksrheinischen (rheinhessischen) Ämter Bingen, Olm und Algesheim.378 Von 1570 stammt eine, vermutlich im Auftrag des Landesherrn erstellte Karte des westlichen Teils des Fürstentums Pfalz-Neuburg, die durch ein „register dieser mappa“ sowie eine Landesbeschreibung ergänzt wird.379 Heinrich Schweickher begann 1579, wenige Wochen vor seinem Tod, im Auftrag Graf Wolfgangs von Hohenlohe-Neuenstein mit der Kartierung der Ämter der Grafschaft Hohenlohe, konnte das Projekt aber nicht mehr abschließen.380 1588 fertigte Daniel Frese für Graf Adolf  XIV . von Holstein-Schauenburg die sogenannte Pinneberger Landtafel, eine 4,5 x 5 m große Karte des Schauenburger Anteils von Holstein, die entsprechend dem gräflichen Auftrag „alle Grentze vnd Schiedestein“ zeigt.381 Bereits 1579 versuchte Johannes Mellinger 1571; *Scharfe (Hg.) 1978/88, Nr. 59; vgl. Bönisch u. a. 1990, S. 237– 241, Abb. S. 238. 374 Vgl. das Faksimile von *Oehme/Zögner 1989. 375 Vgl. Cordshagen 1990; Rudert 2000. 376 Die Karte des oberen Erzstifts ist im Original erhalten (Koblenz, Landeshauptarchiv, Best. 702, Nr. 2a), die des unteren dagegen lediglich in einer Kopie von Person, Nicolas: Karte des Unterstifts Trier, Mainz 1689; vgl. Hartmann 1979 mit Abb.; Hellwig 1985, S. 22–25; Meurer 1994, S. 372f.; Woodward (Hg.) 2007, Bd. 2, Abb. Taf. 46. 377 Das Original ist verloren, vgl. aber eine Kopie des 16. Jahrhunderts in Hildesheim, StadtA, Best. 950, Nr. 187; Faksimile bei *Ohainski/Reitemeier (Hg.) 2012. 378 Würzburg, StA, Mainzer Risse und Pläne, Wandgestell 10; vgl. Kneib 1992/93 mit Abb. und Edition der die Karten begleitenden Texte; außerdem *Meurer (Bearb.) 2001, S. 272f. mit Abb.; *Ohainski/Reitemeier (Hg.) 2012, S. 26–28 mit Abb. 379 München, BayHStA, Plansammlung 4269; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 23, Nr. 73. 380 *Schweickher 1979, Einführung, S. 20–23 mit Abb. 381 Vgl. Witt 1982, S. 34 (Zitat), 38f., Abb. S. 35f. Die Inschrift der Karte enthält in lateinischen Distichen ein deutliches Plädoyer für exakte Grenzziehungen, wie sie die Karte auch markiert: „Daher ist nichts besser, als daß […] die Städte und Bauernhäuser, die Morgen Landes und

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Pfalzgraf Philipp Ludwig für die Aufnahme des Fürstentums Pfalz-Neuburg einen geeigneten Kartographen zu finden und ließ einzelne Ämter kartieren, aber erst Christoph Vogel und Matthäus Stang erarbeiteten zwischen 1597 und 1605 für jedes Amt eine Übersichtskarte, ein Kartenlibell mit vergrößerten Teilkarten und schließlich eine Amtsbeschreibung, die mit dem Kartenwerk korrespondiert.382 Um die Jahrhundertwende erarbeitete auch Johannes Mellinger seinen Atlas des Fürstentums Lüneburg.383 Entsprechende Projekte der kartographischen Landesbeschreibung wurden auch noch im weiteren Verlauf des 17. Jahrhunderts realisiert.384 Gemeinsam ist diesen Werken, dass sie von den jeweiligen Landesherren initiiert und von professionellen Kartenmachern realisiert wurden. Ausgangspunkt war in der Regel eine Vermessung der betreffenden Region, auf deren Grundlage eine Übersichtskarte und mehrere großmaßstäbliche Karten der einzelnen Ämter, Bezirke, Forste usw. erarbeitet werden konnten.385 Die Darstellung der territorialen Grenzen war dabei selbstverständlich, in der Regel finden sich (gepunktete) Grenzlinien, teilweise auch Grenzsteine (Zweibrücken, Kurmainz, Schauenburg, Pfalz-Neuburg). Die Landesaufnahmen waren für den internen Verwaltungsgebrauch und gegebenenfalls repräsentative Zwecke bestimmt und wurden nicht gedruckt, im Gegenteil: Die Fürsten erlegten den Kartographen häufig strenge Geheimhaltung auf, wie das Beispiel des Kurmainzer Kartographen Mascop zeigt, der bei seiner Bestallung 1575 angehalten wurde, „was er auch also im augenschein zu buch oder mappen

die Felder getrennt werden, damit jedem der ihm gehörige Besitz feststeht, der nicht etwa in schwankenden Streit gezogen werden darf.“ Gleichwohl erscheint die Reichsstadt Hamburg so in das holsteinische Territorium eingebettet, „daß die Karte gleichsam eine natürliche Zugehörigkeit der Stadt zu den Holsteinern, oder doch zumindest ihre Abhängigkeit von dem sie umgebenden Hinterland suggeriert“, Heck 2002, S. 264f., das Quellenzitat ebd., S. 263. 382 Vgl. die Edition von Frank/Paulus (Hg.) 2015; außerdem *Wittmann 1942, S. 10f., Abb. Taf. 27/28, 27a/28a; Scherl 1960; Wolff 1988, S. 63; Leidel (Bearb.) 2006, S. 178–184; Friedrich 2008, S. 306–308. 383 Das Original ist verloren, es existieren aber eine Reihe von Kopien aus dem 17. Jahrhundert, die früheste von 1687 in Hannover, NLA, Kartenabteilung, Mappe 36; Faksimile bei *Aufgebauer u. a. (Hg.) 2001. 384 Vgl. etwa die „Newe Landesbeschreibung“ für Schleswig-Holstein von Caspar Danckwerth und Johannes Mejer von 1652, Witt 1982, S. 82–92 mit Abb.; weitere Beispiele bei Meurer 2007, S. 1240f. 385 Teilweise mündeten die Landesaufnahmen lediglich in einer Übersichtskarte, die aber vielfach auch die territorialen Binnengrenzen der Ämter zeigte, so etwa Stellas Mecklenburgkarte, Cordshagen 1990, S. 15, oder Mercators Kurtrierkarte, Recker 2003, S. 70; Meurer 2007, S. 1227.

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bringen oder sonst in unserm ertzstifft in geheimbnus finden oder erfarn wurdet, das sol er biß in die gruben verschweigen“.386 Neben der Geheimhaltung der „mappen“ wird hier auch die Geheimhaltung des „augenschein[s] zu buch“, also der verbalen Beschreibung, eingefordert. Dies ist kein Zufall, denn wie wir bereits oben bei den ausführlicher diskutierten Landesaufnahmen gesehen haben, bildeten Beschreibungen und Karten in der Regel einen Medienverbund. Dieses Phänomen lässt sich auch bei Mascop beobachten, der in seinem Ämter-Atlas für Kurmainz nicht nur Karten der Gemarkungen der Amtsorte mit ihren Grenzen, sondern auch dazugehörige Beschreibungen präsentiert, die mit Nummern auf die in der Karte gezeigten Grenzmarkierungen verweisen.387 Auch das von dem Kartographen in den frühen 1570er Jahren geplante Werk einer Beschreibung aller deutschen Länder mit dem Titel „Aquila Romani Imperii“ war nicht als reine kartographische Arbeit angelegt, sondern sollte vor allem Textmaterial bieten.388 In der Vogel’schen Landesaufnahme Pfalz-Neuburgs waren die Karten den Amtsbeschreibungen lediglich als Anhang beigefügt, was die Hierarchie von verbaler und kartographischer Beschreibung verdeutlicht.389 Auch Stella verbindet in seiner Zweibrücker Landesaufnahme Karten und eine verbale Ämterbeschreibung.390 Seine verschiedenen Arbeiten zur mecklenburgischen Grenze beinhalten ebenfalls eine Kombination aus verbalen Grenzbeschreibungen und Karten.391 „Für Stella waren seine größeren Kartenwerke nichts Selbständiges. Er wollte sie alle durch Beschreibungen kommentieren.“392 Und er propagierte diese Vorgehensweise auch in seinen theoretischen Abhandlungen:393 1566 veröffentlichte er einen „Methodus, quae in Chorographica et Historica totius Germaniae descriptione observabitur“,394 aus demselben Jahr stammt die Handschrift „Ein kurtze und wolgegrundte anleitung, form und weis, wie man ein jedes Landt, pflege, Ampt oder Vogtey oder sonsten ein ort Landts nach rechten Geometrischen art in eine wohlgefaßte beschreibung und einen wahrhafftigen augenschein 386 Zit. nach Kneib 1992/93, S. 213; der vollständige Bestallungsbrief ebd., S. 212f. 387 Vgl. Karten und verbale Beschreibungen bei Kneib 1992/93, S. 234–268, sowie die Inhaltsübersicht ebd., S. 225f. 388 Vgl. ausführlich zum Projekt Butt 2012, zum geplanten Anteil der Karten S. 38f. 389 Scherl 1960, S. 95. 390 *Oehme/Zögner 1989, S. 46. Für die Ämterbeschreibung vgl. München, BayHStA, Kasten blau 387/2. 391 Vgl. etwa für die Fischland-Karte von 1578 ausführlich Rudert 2000. 392 Cordshagen 1990, S. 16. 393 Vgl. zum Folgenden Cordshagen 1990, S. 14–16. 394 Stella, Tilemann: Methodus quae in chorographica et historica totius Germaniae descriptione observabitur, Rostock: Jacobus Transylvanus 1546 [i. e. 1566].

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bringen soll“.395 Im „Methodus“ spricht sich Stella nicht nur für die Darstellung territorialer Grenzen auf der von ihm projektierten Deutschlandkarte aus; diese sollte auch von zehn Textbänden begleitet werden, was den Stellenwert verbaler Beschreibungen im geographischen Diskurs der Zeit noch einmal unterstreicht. Wie bereits der Titel deutlich macht, verlangt Stella auch in der „Anleitung“ neben Karten verbale Beschreibungen. Darüber hinaus gibt er Hinweise zur praktischen Vermessung und Kartierung: Der Vermesser solle mit seiner Arbeit jeweils an der Landesgrenze anfangen und diese von Grenzmarkierung zu Grenzmarkierung mit allen Krümmungen vermessen und aufzeichnen, danach müsse er ins Innere des Territoriums voranschreiten, Berge und Täler, Seen usw. vermessen. 3.2.2 Grundstücks-, Flur- und Gemarkungskarten Neben den Landesaufnahmen, die auf eine flächendeckende Kartierung eines Territoriums oder zumindest größerer Teile desselben zielten, wurden auch Karten kleinerer Räume, wie Grundstücke, Fluren oder Gemarkungen, für Verwaltungszwecke angefertigt. Hierbei handelt es sich nicht um Streitkarten, also kartographische Visualisierungen von strittigen Orten und Gebieten, die bei Gericht Verwendung fanden.396 Vielmehr wurden die Karten von fürstlichen Grundherren, Adligen und Klöstern zu administrativen Zwecken in Auftrag gegeben. Sie enthalten in der Regel Angaben zu den Grenzen sowie zu Besitz- und Nutzungsverhältnissen. Erstere wurden zuvor mit genau dem Set an beschreibenden und markierenden Verfahren gezogen, das wir für die Territorialgrenzen seit dem Mittelalter herausgearbeitet haben.397 Mit Blick auf die Angabe von Besitz- und Nutzungsrechten stehen die Grundstücks-, Flur- und Gemarkungskarten in der Kontinuität der seit dem Mittelalter bekannten Urbare, die seit dem Ende des 16. Jahrhunderts „nach und nach durch kartographische Abbildungen ergänzt bzw. ersetzt“ wurden,398 wenngleich die übrigen Verfahren der Beschreibung und Markierung – genau wie bei der Abgrenzung territorialer Entitäten – bis in das 18. Jahrhundert von Bedeutung blieben.399 395 Staatsarchiv Schwerin, Altes Archiv, Landesgrenzakten 685, diesbezügliche Forschungen fehlen. 396 Vgl. unten Kap. III.3.2.3 („Karten vor Gericht“). 397 Vgl. oben Kap. II („Vormoderne Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen“), dort auch knappe Hinweise zu den Wechselbeziehungen zwischen lokalen und territorialen Verfahren der Grenzziehung. 398 Recker 2003, S. 75. Zu den mittelalterlichen Urbaren vgl. oben Kap. I.2 („Elemente vormoderner [Flächen-]Herrschaft“). 399 Vgl. Reinhardt 2000, S. 315f.; Kain 2007, S. 712, 716, die freilich die Parallele zu den

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Frühe Beispiele stammen aus England, wo Christopher Saxton in den 1580er Jahren den Grundbesitz des St. Thomas-Hospitals in Kent und Essex vermaß, sowie aus dem elisabethanischen Irland, wo bei der Kolonisation der ‚Munster Plantation‘ Ende des 16. Jahrhunderts mit Karten experimentiert wurde.400 Im Reich sind die ersten parzellengenauen Kartierungen im 17. Jahrhundert nachweisbar, größere Verbreitung erlangte das Verfahren allerdings erst im 18. Jahrhundert.401 Theoretisch vorformuliert wurde es freilich bereits von von Seckendorff, der das traditionale Verfahren der Auflistung der Besitzer mit entsprechenden Angaben zu ihren Feldern nicht für sinnvoll hält, sondern bei der Anlage von Sal- und Flurbüchern für eine Aufnahme nach Grundstücken auf der Grundlage von Vermessung und Kartierung plädiert und hierfür durch „einen guten freund“ detaillierte Vorschläge machen lässt:402 Als „endzweck und ertrag“ der Flur- und Grundstücks­aufnahmen werden die Verwendung in Steuerfragen, vor Gericht, in der territorialen Verwaltung und nicht zuletzt als Grundlage zur Anfertigung von Amts- und Landesbeschreibungen genannt, die wiederum in Form von Karten und verbalen Beschreibungen verfasst werden sollten.403 In die Amtsbeschreibungen könnten nicht allein die amts, sondern auch ieder stadt und dorffes gräntzen, und steine mit leichter mühe eingetragen, die grundrisse von den herrschafts gebäuden, güthern, gassen der städte,

territorialen Grenzziehungen nicht sehen. 400 Kain 2007, S. 708f.; vgl. auch die knappen Hinweise bei Reinhardt 2000, S. 315f. 401 Recker 2003, S. 75; vgl. nur die Beispiele für Rheinland-Westfalen bei Becker 1985, S. 10f.; Sagebiel 1985; Schütte 1985. 402 „Es gehet aber der vorschlag in gemein und hauptsächlich dahin, man solle die fluhr oder marckung nach ihrer natürlichen unveränderlichen gelegenheit und nach acker- und ruthen-maß, nicht aber nach blosser ordnung der personen oder nahmen der innwohner und besitzer beschreiben, auch die acker oder morgen alle mit einem gewissen numero in der beschreibung bemercken, und, wo müglich, einen grund-riß verfertigen, welches denn, zumal in feldern und planitie, so leicht ist, dass kein schulmeister, dorffschreiber, oder ein schultes, der lesens, schreibens und rechnens etwas erfahren, dergleichen riß nicht sollte machen können, wo nur der vortheil gezeiget wird“, *Seckendorff 1972, Additiones, S. 49. In der später ergänzten, ausführlichen Ausarbeitung dieses Vorschlags, betont der anonyme Autor, der oben genannte ‚gute Freund’, dass die Vermessung und Kartierung unbedingt durch „einen der mathematischen wissenschafften gelehrten und dabey in andern geübten auch der oeconomie einigermaßen erfahrnen mann, auf dessen fundamentaler wissenschafft man sich zu verlassen habe, denn sonst nur zeit, kosten und arbeit vor die lange weile angewendet und nichts weiter damit gewonnen wird, als dass man aus einer kleinen unrichtigkeit eine noch grössere verwirrung machet“, ebd., S. 51. Vgl. insg. zur Anlage von Sal- und Flurbüchern ebd., S. 44–72. 403 *Seckendorff 1972, Additiones, S. 68–72, das Zitat S. 68.

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und andern merckwürdigkeiten mehr beygefüget, und hat man so denn an solcher beschreibung ein buch, worauf man sich allenthalben sicher verlassen, und alle unrichtigkeit verhüthen oder abthun kann.

Gleiches gelte für die darauf aufbauenden Landesbeschreibungen.404 Interessant sind die Grundstücks-, Flur- und Gemarkungskarten sowie komplementäre verbale Beschreibungen in unserem Zusammenhang, weil privatrechtliche Grundstücks- und Nutzungsgerechtigkeiten durchaus mit Herrschaftsgrenzen zusammenfallen und Kartierungen auf lokaler Ebene somit herrschaftsrechtliche Bedeutung haben konnten. Diese spezifische Konstellation führte etwa im märkischen Kirchspiel Schwelm an der Grenze zwischen dem Herzogtum Berg und der Grafschaft Mark in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dazu, dass bei privatrechtlichen Streitigkeiten über den Verkauf und die Vergrößerung von Grundstücken, das Fällen von Bäumen oder die Nutzung und besitzrechtliche Beanspruchung eines ‚Busches‘ immer auch der Landesherr involviert wurde.405 Denn aufgrund der Lage der betreffenden Streitobjekte unmittelbar an bzw. auf der Territorialgrenze wurde diese bei jeder ‚Violation‘ der Grundstücksgrenzen ebenfalls in Frage gestellt.406 In den betreffenden Fällen wurden allerdings keine Karten erstellt. Ein Beispiel dafür ist hingegen der Streit um die Ortsflurgrenze zwischen Wackersleben und Söllingen, der sich 1585 zu einem Konflikt zwischen dem Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel und dem Erzstift Magdeburg ausweitete und in dem beide Seiten schließlich entsprechende Karten produzierten.407

404 *Seckendorff 1972, Additiones, S. 71f. Vgl. auch oben Kap.  III.2 („Landesbeschreibung und Staatenkunde“). 405 Duisburg, LAV NRW R, Kleve-Mark, Akt. 2329–2332. 406 Nicht weniger konflikthaft dürften freilich solche Fälle gewesen sein, in denen, wie im Gartower Grenzrezess zwischen dem Kurfürstentum Brandenburg und dem Herzogtum Braunschweig-Lüneburg von 1699, bei der territorialen Grenzziehung keinerlei Rücksicht auf Grundstücksgrenzen genommen und stattdessen eine möglichst gerade Linie gezogen wurde, Puffahrt 2004, S. 11. Vgl. auch die in das 18. Jahrhundert datierenden Akten zu grenzübergreifenden Grundstücken zwischen dem Herzogtum Jülich und dem Kurfürstentum Köln, Bonn, StadtA, Ku 14/7. 407 Bönisch u. a. 1990, S. 126, Abb. S. 124f.; zusammenfassend ebd., S. 173, 186. Die braunschweigisch-magdeburgische Grenze bildete später „die Staatsgrenze zwischen der DDR und der BRD“, wie der Autor ebd., S. 126, noch kurz vor dem Ende der deutschen Teilung bemerkt. Mittlerweile verläuft dort die Grenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt – ein schönes Beispiel für die Beständigkeit mancher Grenzen über die vielfältigen Umbrüche der Jahrhunderte hinweg.

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3.2.3 Karten vor Gericht Nicht selten erfolgten Kartierungen kleinräumiger Verhältnisse im Rahmen von rechtlichen Auseinandersetzungen.408 Ein solcher Gebrauch von Karten in Ge­richts­prozessen wurde bereits bei der Diskussion der mittelalterlichen Regionalkartographie thematisiert.409 Wie wir gesehen haben, wurden neben der Visualisierung von Lageverhältnissen von Grundstücken, Fluren und Gemarkungen schon im 15. Jahrhundert auch territoriale Verhältnisse in ‚Augenschein‘ genommen und kartographisch dargestellt. Und auch die kartographische Überlieferung des frühen 16. Jahrhunderts und der folgenden Jahrzehnte wird ohne Zweifel von Karten dominiert, die im Zuge von privaten und landesherrlichen Besitz- und Grenzstreitigkeiten entstanden sind.410 Eine erhebliche Ausweitung dieser Praxis ergab sich im Reich durch die Tätigkeit des 1495 gegründeten und seit 1527 mit festem Sitz in Speyer arbeitenden Reichskammergerichts.411 Zu dessen „vornehmsten Aufgaben gehörte von Anfang an die Schlichtung territorialer Streitfälle“,412 also die Verrechtlichung von im Spätmittelalter vielfach durch Fehden ausgetragenen Auseinandersetzungen zwischen lokalen und regionalen Herrschaftsträgern um territoriale Gerechtsame und räumliche Herrschaft, die durch den ebenfalls auf dem Wormser Reichstag von 1495 verabschiedeten Ewigen Landfrieden ein für alle mal unterbunden werden sollten. Zugleich diente das Reichskammergericht als Appellationsinstanz für die Untertanen der Reichsstände, die hier gegen ihre Obrigkeiten klagen konnten, wenn sie bei den territorialen Gerichten kein Gehör gefunden hatten oder sich gegen deren Rechtsprechung wehren wollten. Neben Einzelklagen gegen Eingriffe der Obrigkeiten in persönliche Rechte und Privilegien wurde eine Vielzahl von Kollektivklagen eingereicht, die zum einen Steuern und Abgaben betrafen, zum anderen aber raumgebundene Rechte von Gemeinden, etwa bezüglich Wald- und Weidenutzung, Jagd oder Fischerei. Hier wie auch in den territorialen Streitigkeiten kamen seit der Gründung des Reichskammergerichts Karten zum Einsatz, die entweder von den Prozessparteien in Auftrag gegeben und den bei Gericht eingereichten Schriftsätzen beigelegt oder auf Veranlassung des Gerichts selbst bzw. der von ihm bestellten Kommissare im 408 Zum Quellenwert von Altkarten für die rechtsgeschichtliche Forschung vgl. Becker 1985. 409 Vgl. oben Kap. II.4.2 („Frühe Regionalkarten“). 410 Vgl. die Beispiele bei Leidel 2003, S. 86f. 411 Hellwig 1992, S. 811, spricht vom Reichskammergericht „als Ausgangs- und Zielpunkt dieser kartographischen Aktivitäten.“ Zum Reichskammergericht allg. vgl. den Überblick von Ortlieb 2009b. 412 Willoweit 1975, S. 9.

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Rahmen von Ortsbegehungen angefertigt wurden.413 Ziel solcher Karten war es, das Gericht „über einen selektiven, räumlichen oder zumindest räumlich zu verortenden Tatbestand zu informieren.“414 Im Falle von Prätentionskarten, also den von einer Prozesspartei zur Untermauerung des eigenen Rechtsanspruchs vorgebrachten Darstellungen,415 ging es bei dieser Information auch um Überzeugungsarbeit in eigener Sache. Dabei musste die Karte nicht zwangsläufig mit vor Ort vorhandenen Grenzmarkierungen korrelieren. Vielmehr waren Prätentionskarten häufig Syntheseleistungen ohne Spacings, um noch einmal die raumsoziologische Terminologie Löws aufzugreifen.416

413 Systematische Forschungen fehlen, vgl. erste diesbezügliche Ansätze bei Taddey 1980; Hellwig 1992; Recker 2001; Neumann 2002; Recker 2004a; Recker 2004b; für Bayern Horst 2009, Bd. 1, S. 35–61; für Südwestdeutschland Schwarzmaier 1986; außerdem die Fallbeispiele bei Prange 1963; Witt 1982, S. 24–34; Vollet 1990; Vollet 1991; Weber 2002, S. 227–233; Hermel/Meister/Recker 2004; Jendorff 2011, S. 17–21. Der Band von Battenberg/Schildt (Hg.) 2010 enthält zwar ein Kapitel zur „Erfassung des Raumes durch das Reichskammergericht“ (S. 295–399), behandelt aber nicht die konkrete Erfassung räumlicher Verhältnisse vor Ort, sondern die Reichweite des Gerichts und Wechselwirkungen zwischen Gericht und Territorien; vgl. hierzu auch Jahns 2010. Die Verwendung von Karten in Prozessen vor dem Reichshofrat wurde in der Forschung im Gegensatz zur Praxis des Reichskammergerichts noch nicht thematisiert, scheint aber ebenfalls praktiziert worden zu sein. Erste Hinweise ergeben sich aus den bislang vorliegenden Bänden des Aktenrepertoriums, *Sellert (Hg.) 2009–2016, Bd. I/1, S. 422–426, Nr. 791, hier S. 426 (1603); ebd., Bd.  II/1, S. 176–185, Nr. 211, hier S. 184 (5 Karten, undat.); ebd., S. 204f., Nr. 238 (1665); ebd., S. 221–236, Nr. 263, hier S. 235 (undat.); ebd., Bd.  II/2, S. 356f., Nr. 449, hier S. 357 (1595/1596); ebd., Bd.  II/3, S. 36f., Nr. 15, hier S. 36 (1627); ebd., S. 48–69, Nr. 22; ebd., S. 111, Nr. 97 (8 Karten und Pläne, 1620–1626); ebd., S. 116, Nr. 111 (4 Karten und Pläne, 1661); ebd., S. 123, Nr. 127, hier S. 124 (5 Karten und Pläne, 1619–1625); ebd., S. 201f., Nr. 249 (2 Karten, 1696); ebd., S. 380f., Nr. 594, hier S. 381 (1623); ebd., S. 457–460, Nr. 723, hier S. 459f. (2 Karten, 1696); ebd., S. 499–509, Nr. 805, hier S. 504 (5 Karten und Pläne, 1624– 1631); ebd., S. 655f., Nr. 1069, hier S. 656 (undat.). Zum Reichshofrat allg. vgl. den Überblick von Ortlieb 2009a; zu Prozessen um Territorialkonflikte Westphal 2005; Ehrenpreis 2006, S. 245–263; Ullmann 2006, passim; Ullmann 2010. 414 Recker 2001, S. 176. Der lothringische Kriegsrat und Festungsbaumeister Jean L’Hoste schreibt 1629, dass Richter häufig nach einer Anfertigung von Karten nach dem Augenschein verlangen würden, um bei Streitigkeiten eine Entscheidungshilfe zu haben, L’Hoste, Jean: Sommaire de la sphere artificielle, et de l’usage d’icelle, Nancy: Jean L’Hoste 1629, S. 129, zit. nach Kain 2007, S. 706. 415 Vgl. zur Definition Timpte 1961, S. 6f., sowie die vorwiegend aus dem 18. Jahrhundert stammenden Beispiele ebd., S. 12–39. 416 Vgl. hierzu oben Einleitung 1.1 („Elemente einer Raumsoziologie in historischer Perspektive“).

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Die älteste Prozesskarte datiert bereits in das Jahr 1496, also in die unmittelbare Gründungszeit des Gerichts.417 Auch für die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts sind verschiedene Karten aus Prozessakten bekannt.418 Eine Übersicht über den gesamten, aufgrund der im 19. Jahrhundert erfolgten Aufteilung der Akten in zahlreichen Archiven lagernden Kartenbestand des Reichskammergerichts ist allerdings ein dringendes Desiderat der rechts- und kartographiehistorischen Forschung.419 Dementsprechend sind Aussagen zur Intensität der Kartennutzung gerade für die Frühzeit kaum möglich. Spätestens seit der Mitte des 16. Jahrhunderts scheint es aber üblich gewesen zu sein, bei Prozessen um Grenz- und Besitzstreitigkeiten die Besichtigung der strittigen Örtlichkeiten nicht nur verbal in einem Protokoll, sondern auch kartographisch-landschaftsmalerisch in einem ‚Augenschein‘ festzuhalten.420 Wenngleich die Forschung noch bis in jüngere Zeit behauptete, dass der gerichtliche Kartengebrauch in der Mitte des 17. Jahrhunderts 417 Es handelt sich um die bereits oben Kap. II.4.2 („Frühe Regionalkarten“) erwähnte Karte der Pfuhler Au bei Ulm von 1496, Stuttgart, Landesarchiv Baden-Württemberg – Hauptstaatsarchiv, C 3 Bü 3336; vgl. Scheurmann (Hg.) 1994, S. 286, Abb. S. 259. 418 Die Überlieferung setzt in den 1520er Jahren ein: Streit um Grenzsteinsetzung bei Velden an der Pegnitz zwischen der Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach und der Reichsstadt Nürnberg (1524), München, BayHStA, Plansammlung 10291; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 4, Nr. 7; Abwehr einer Klage gegen den Bau des Alster-Beste-Kanals zwischen Hamburg und Lübeck (1528), Prange 1963, S. 15–17; Witt 1982, S. 18, Abb. S. 19; Hillmann 1999, S. 449f., Abb. S. 443. Die Karte betr. Grenzstreit um Liegenschaften auf der Klüpfelsau am Rhein nahe Speyer, die u. a. von Behr/Heyen (Hg.) 1985, S. 126, 282 mit Abb., auf 1525 datiert wird, stammt erst von 1574, Warmbrunn 2007, S. 162. Für die 1530er und 1540er Jahre vgl. u. a. München, BayHStA, Plansammlung 10328; ebd., 10405; ebd., 9972; ebd., 2603; ebd., 2601; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 5, Nr. 13 (1540); ebd., S. 5f., Nr. 14 (1540); ebd., S. 6, Nr. 15 (1540); ebd., S. 7, Nr. 21 (1549); ebd., S. 7f., Nr. 22 (1549); Horst 2009, Bd. 1, S. 49–51; Bd. 2, S. 396f. mit Abb.; Streit um Liegenschaften bei Eger (1540), Just 1931, S. 3–5. 419 Die entscheidende Grundlage einer solchen Übersicht ist die in den betreffenden Archiven betriebene Verzeichnung im Rahmen des „Inventars der Akten des Reichskammergerichts“, die gerade in den letzten zwei Jahrzehnten große Fortschritte gemacht hat, vgl. etwa für Duisburg, LAV NRW R *Altmann u. a. (Bearb.) 1988–2003; für Köln, HASt *Kordes/Nippert/Jacob (Bearb.) 1998–2015; für München, BayHStA *Gebhardt u. a. (Bearb.) 1994–2015. In den Prozessakten werden zahlreiche Karten genannt, so dass hier bei entsprechender Datenaufbereitung zeitliche Konjunkturen und thematische Schwerpunkte der Kartennutzung ablesbar wären. Aufgrund der archivischen Konvention, Karten und Pläne in einem gesonderten Bestand zusammenzufassen, wurden die Karten jedoch vielfach aus den Akten entfernt, im schlimmsten, leider aber häufigen Falle ohne die Provenienz zu vermerken. Die Zusammenführung von Akten und Karten dürfte im Einzelfall also schwierig sein. Vgl. hierzu auch Taddey 1980, Sp. 397; Schwarzmaier 1986, S. 164–166; Hellwig 1992, S. 813f.; Recker 2001, S. 166f. 420 Schwarzmaier 1986, S. 184; Scheurmann (Hg.) 1994, S. 286.

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stark zurückging bzw. vollständig zum Erliegen kam,421 ist davon auszugehen, dass Karten in Reichskammergerichtsprozessen bis in das frühe 19. Jahrhundert eine bedeutende Rolle spielten und insbesondere das 18. Jahrhundert eine Hochphase der Kartennutzung darstellte.422 Nicht immer wurden die Karten eigens für einen bestimmten Prozess angefertigt, sondern man verwandte gelegentlich auch bereits vorhandene Karten in beglaubigter Kopie oder verlagskartographische Werke.423 Eine schriftliche Verfahrensgrundlage erhielt der Kartengebrauch am Reichskammergericht erstaunlicherweise erst Mitte des 17. Jahrhunderts. Zumindest in den Reichskammergerichtsordnungen von 1495 bis 1555 wird die Anfertigung von Karten noch nicht erwähnt, im Vordergrund stehen hingegen Zeugen- und Urkundenbeweise. Auch der ‚Augenschein‘ als Ortsbegehung durch Sachverständige wird nur am Rande behandelt.424 Wer dabei als Sachverständiger auftrat, wird nicht deutlich. Die überlieferten Karten lassen aber den Schluss zu, dass darunter auch Maler oder entsprechend versierte Amtleute gewesen sein müssen.425 Das Konzept für eine revidierte Reichskammergerichtsordnung von 1613, die nicht vom Reichstag verabschiedet, aber wohl in der Praxis angewandt wurde, bringt dann tatsächlich unter den Eiden für die in Prozessen heranzuziehenden Sachverständigen auch einen eigenen Malereid.426 Die Praxis der Vereidigung lässt sich 421 Vgl. u. a. Schwarzmaier 1986, S. 184f.; Vollet 1990, S. 25f. 422 So die Einschätzung von Recker 2001, S. 167f., aufgrund der bis dahin veröffentlichten Bände des „Inventars der Akten des Reichskammergerichts“. Vgl. auch das vorläufige Ergebnis von Neumann 2002, S. 167, für die Akten in Stuttgart, Landesarchiv Baden-Württemberg – Hauptstaatsarchiv, das zeigt, dass vor 1634 nur in einem Prozent der Prozesse Karten verwendet wurden, danach aber in über fünf Prozent. Für die Karten in München, BayHStA, RKG, stellt Horst 2009, Bd. 1, S. 36, fest, dass 45% auf das 16., 26% auf das 17. und 29% in das 18. Jahrhundert zu datieren sind. Allerdings setzt er diese Zahlen nicht mit der Gesamtzahl der Prozesse in Beziehung, so dass weiterführende Aussagen zur quantitativen Entwicklung des Kartengebrauchs nicht möglich sind. 423 Recker 2004a, S. 15f.; Horst 2009, Bd. 1, S. 36, 46, jeweils mit entsprechenden Beispielen. 424 Vgl. grundlegend Dick 1981, S. 171–173; außerdem Hellwig 1992, S. 817f.; Recker 2001, S. 179f. 425 So auch Hellwig 1992, S. 818. 426 „Der Mahler Eyd Daß ihr in dieser Sachen, darum ihr erfordert, so viel ihr aus Erfahrung euerer Kunst erlernet, und mit eueren leiblichen Sinnen erkünden möget, niemand zu Lieb noch zu Leid, weder um Neid, Haß, Mied, Gunst oder Gaab, sondern allein der Gerechtigkeit zu Förderung, gegenwärtig Contrafactur, wie ihr sie erfindet, oder diejenige Orth, so in berührter Sachen streitig und specificirt, wie dieselbe beschaffen, euch vorgetragen und befunden werden, abmahlen wollet, ohn alle Gefährde“, zit. nach Hellwig 1992, S. 818; vgl. auch Recker 2001, S. 180; Recker 2004a, S. 10. Die Vereidigung von Malern vor Gericht wurde auch schon im 16. Jahrhundert praktiziert, vgl. etwa Bolland 1974, S. 18f. (1568); Warmbrunn 2007, S. 161, 171f. (1573/74, 1594); Hermel/Meister/Recker 2004, S. 183f. (1578).

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freilich schon früher feststellen. Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass häufig Maler aus Territorien, die nicht am Prozess beteiligt waren, hinzugezogen wurden, um Parteilichkeit zu vermeiden.427 Genauere Bestimmungen zum Kartengebrauch vor Gericht machte erst der Jüngste Reichsabschied vom 17. Mai 1654, in dem der Kameralprozess einmal mehr reformiert wurde: „Wann es um Gräntzen, Weydgäng, Jagen und andere dergleichen Jura und Gerechtsamkeiten zu thun, und den Augenschein einzunehmen vonnöthen, solle zu des Richters besserer Information eine jede Parthey einen richtigen Abriß zu produciren schuldig seyn.“428 Vorgeschrieben wurde damit lediglich die Vorlage von Karten seitens der Prozessparteien, die erwähnte Anfertigung von Karten seitens des Gerichts selbst bleibt unerwähnt. Um dieselbe Zeit fand der Gebrauch von Karten vor Gericht auch Eingang in die juristischen Lehrbücher: Oettinger hebt in seinem schon mehrfach zitierten „Tractatus“ von 1642 ausdrücklich hervor, dass „in actione finium regundorum oder im Gerichtl. Process die Marckung zu entscheiden, nicht nur die Augenschein einzunehmen, sondern zu besserer Nachricht und eigentlicher Belernung deß Richters der strittige Platz zu entwerffen und abzumahlen und durch einen erfahrnen Mahler in ein glaubwirdigen Abriß zu bringen“ sei. Dabei sollten die Grenzsteine exakt verzeichnet, die angrenzenden Orte benannt, das Gebiet so dargestellt werden, „daß es mit dem wahren situ punctlich übereinstimme und demselben allerdings gemäß seye“.429 In ganz ähnlicher Weise äußert sich 1723 auch Beck in seinem ebenfalls bereits erwähnten „Tractatus“.430 Inwieweit der Kartengebrauch am Reichskammergericht auf die territoriale Gerichtspraxis einwirkte, ist noch unklar. Insbesondere seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts liegen allerdings verschiedentlich Beispiele vor, die eine entsprechende Kartennutzung auf lokaler und regionaler Ebene belegen.431 427 Vollet 1990, insb. S. 33. 428 *Buschmann (Hg.) 1994, Bd. 2, S. 180–273, Nr. 14, hier S. 206. 429 *Oettinger 1670, S. 416; vgl. auch Recker 2001, S. 175. 430 *Beck 1723, 1. Buch, S. 40–43, 113. 431 Vgl. für Rheinland-Westfalen die Beispiele bei Recker 2004a, S. 12–14, 43. Es handelt sich um Karten, die im Original oder in Kopie mit den entsprechenden Vorakten an das Reichskammergericht gelangten, wenn der Prozess dort letztinstanzlich verhandelt wurde. Ein weiteres Beispiel aus diesem Raum findet sich bei *Weinsberg 2000, Bd. 3, S. 91, der für 1581 berichtet, dass er zusammen mit anderen Verordneten des Kölner Rates die Höfe Komar und Klettenberg besucht habe, um zu untersuchen, „wie weit sich die herligkeit, mark, gerichtszwang, sweit uff der Wierstrassen“ erstrecke. „Und befant sich, das der halbe hoff mit dem lusthaus under Effern uff dem gulischn boden lach, die ander halfscheit und halfenshaus uff dem stat-colnischen boden der Wierstrassen. Und was diess in eim pergamenen breif alles mit farben angestrichen. Und solt ein rait hievan relation geschehen.“ Die Karte ist erhalten in

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Die Nutzung von Karten insbesondere vor dem Reichskammergericht ist aufgrund der Vielzahl der dort verhandelten territorialen Grenzstreitigkeiten in unserem Zusammenhang von großem Interesse. Das neue Medium wurde hier von Beginn an als Hilfsmittel genutzt. Die Praxis des Reichskammergerichts fügt sich damit in eine spätmittelalterliche Kontinuität, die mit Bartolo da Sassoferrato in Italien begann und über Frankreich und Burgund ins Reich wirkte.432 Dabei verdrängte die Karte jedoch keineswegs andere Beweismittel wie Urkunden oder Zeugen, ja, es ist nicht einmal wahrscheinlich, dass Karten zunächst überhaupt Beweiskraft vor Gericht zugesprochen wurde.433 Die auffällige Absenz von Regelungen zum Kartengebrauch beim Reichskammergericht vor 1654 scheint hierfür symptomatisch. Und auch der Umstand, dass das Gericht häufig nicht selbst bei der Einbringung von Karten in das Prozessgeschehen initiativ wurde, sondern erst bei Vorliegen einer Prätentionskarte auch von der Gegenseite eine entsprechende Darstellung einforderte oder aber zur Objektivierung des Verfahrens selbst einen Maler als Sachverständigen beauftragte,434 spricht eher für eine Nutzung von Karten als Informations- und weniger als Beweismittel. Laut Thomas Horst, der sich ausführlich mit der bayerischen Überlieferung auseinandergesetzt hat, dienten sie „als Illustration zu einem vor Gericht verhandelten Streitfall“.435 Ganz in diesem Sinne deuten auch andere jüngere Forschungen darauf hin, dass Karten im 16. und 17. Jahrhundert nur selten als Beweis eines Rechtstitels anerkannt wurden und sich diesbezüglich erst im 18. Jahrhundert eine veränderte Auffassung durchsetzte.436 Bei Moser heißt es 1769 ganz selbstverständlich: „Der Beweis, wie weit sich die Köln, HASt, Best. 7100 (Plankammer), 1/581. Auslöser der Besichtigung war, dass der Besitzer des Hofes sein Testament nicht bei der Stadt Köln, sondern bei Schultheiß und Schöffen des kurkölnischen Gerichts Brühl hinterlegt hatte. Dementsprechend beanspruchte Kurköln nach seinem Tod 1579 das Recht der Testamentsvollstreckung. Auf diese Weise wäre ein Präjudiz geschaffen worden, denn der Hof lag im Burgbann der Stadt Köln und damit außerhalb der Verfügungsgewalt des Kurfürstentums. Aus dem Streit entwickelte sich ein bis in das 18. Jahrhundert andauernder Konflikt um den Burgbann, den die Stadt letztlich verlor, vgl. Köln, HASt, Best. 56 (Köln contra Köln), 291–296; hierzu Breuer 1921, insb. S. 30–41; Kleinertz (Bearb.) 1977, S. 44f.; Recker 2003, S. 119–121. Ein Beispiel für den Südwesten des Reiches bringt Schwarzmaier 1986, S. 169f., Nr. 3a–g (1576). 432 Vgl. oben Kap. II.4.2 („Frühe Regionalkarten“). 433 Dies ausdrücklich gegen die ältere Literatur, etwa Schwarzmaier 1986, S. 184, der einer Karte vor Gericht den „Charakter einer Urkunde“ unterstellt; Bönisch u. a. 1990, S. 188. 434 So die Beobachtung von Hellwig 1992, S. 826. 435 Horst 2009, Bd. 1, S. 199. 436 Recker 1997, S. 144; Recker 2001, S. 180f.; Recker 2003, S. 117; vgl. aber auch schon Behr 1985, S. 28; Fleischmann 1994, S. 13. Als Beispiel für die Anerkennung einer Karte als Beweismittel vor Gericht vgl. für das 16. Jahrhundert Bolland 1974, S. 16f. (1568).

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Landes-Gränzen erstrecken oder nicht, kan, nach Beschaffenheit der Umstände durch Urkunden, Riss, Gränz- und Gränz-Zugs-Beschreibungen, Zeugen, einen Augenschein und dabey vorgehende Untersuchung derer Gränz-Zeichen, u.s.w. geschehen“.437 Bis dahin blieben verbale Beschreibungen und Zeugenaussagen die weithin bevorzugte Grundlage juristischer Argumentation, auch wenn die Konfliktparteien sich recht häufig „explizt auf die Karten als einen ihrer Ansicht nach rechtsgültigen Beweis beziehen“.438 Dies zeigt nicht zuletzt die Gegenprobe, also der Blick auf gütlich zustande gekommene Grenzen: Während die schriftliche Ausarbeitung des Grenzverlaufs in Form einer verbalen Beschreibung in der Frühen Neuzeit selbstverständlicher Bestandteil nachbarlicher Verträge war, figurierten Karten allenfalls als illustrative Beilage. Sogenannte Vertragskarten, also ausgefertigte Rechtsdokumente, kommen in größerer Zahl erst seit dem 18. und vor allem dem 19. Jahrhundert vor.439 3.3 Karten als herrschaftliches Repräsentationsmittel Karten im Besitz von Herrschern sind bereits für das Mittelalter belegt, sie symbolisierten irdische Macht und demonstrierten zugleich einen entsprechenden Anspruch.440 In der Frühen Neuzeit lässt sich diese Funktion von Karten als herrschaftliches Repräsentationsmittel in zunehmendem Maße feststellen. Ganz abgesehen von den häufigen Darstellungen von Karten und Globen in der Malerei insbesondere des 18. Jahrhunderts441 sowie der Verwendung kartographischer Elemente im Kunsthandwerk442 bildeten Karten als augenfällige Insignien von 437 *Moser 1977, S. 28. 438 Recker 2004a, S. 39. 439 Vgl. unten Kap. V.2 („Grenzkarten als Rechtsdokumente und Bestandteil von Verträgen“). 440 Vgl. oben Kap. II.4.1 („Mittelalterliche Universalkartographie“). 441 Vgl. unten Kap. V („Grenzkarten als Argument. Herrschaft und Raum im 18. Jahrhundert“). 442 Systematische Forschungen fehlen, hinzuweisen ist immerhin auf Schramm 1958 zu Sphaira, Globus und Reichsapfel als Herrschaftszeichen, hier u. a. Schwedischer Reichsapfel als Globus, 1561, ebd., Taf. 61, Abb. 121a. Als weitere Beispiele vgl. silbernes Handwaschbecken mit eingravierter ‚mappa mundi‘, vor 1519, Sander-Berke 1997, S. 74; Tischplatte mit gemalter Karte des Herzogtums Bayern, 1531, Wolff 1988, S. 36f., Abb. S. 38; Karte des westlichen Mittelmeerraums als Auftakt der Tapisserienfolge zum Kriegszug Karls V. gegen Tunis von Jan Cornelisz. Vermeyen, 1549–1555, Kagan/Schmidt 2007, S. 671; planetarische Uhr von Philipp Imser mit Landkarte Europas, 1554–1559, Kümmel 1996, S. 131, Abb. S. 132; Astroblabium mit Erdkarte von Michael Coignet, 1572, ebd., S. 131; Panzerkragen Erzherzog Albrechts VII. von Österreich, Regent der Niederlande, mit der Schlacht von Ostende, ca. 1604, Welzel 2000; Tischplatten mit geätzten Karten des Herzogtums Württemberg bzw. der Landgrafschaft Hessen-Kassel von Andreas Pleninger, 1604/05, Kümmel 1996,

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räumlicher Herrschaft einen festen Bestandteil von Raumausstattungen. Neben der schlichten Hängung von Wandkarten in privaten und repräsentativen Räumen443 fallen hier insbesondere die ikonographisch komplexen, in hohem Maße symbolisch aufgeladenen Programme der Kunst- und Wunderkammern ins Auge. Solche Sammlungsarrangements entstanden im Reich seit der Mitte des 16. Jahrhunderts, etwa in Kassel um 1550, Dresden 1560, Ambras (Tirol) um 1560, München nach 1560, Berlin und Stuttgart um 1565 oder Prag nach 1576.444 Sie waren keine Kuriositätenkabinette, sondern spiegelten die kosmische Ordnung des Universums und dienten dementsprechend der Selbstdarstellung eines Fürsten, der ja ein nicht unbedeutender Teil dieser Ordnung war.445 Neben diesem universellen Herrschaftsanspruch und in engem Konnex damit repräsentierten die Sammlungen universales und dementsprechend herrschaftliches Wissen und nicht zuletzt fürstlichen Reichtum.446 Karten stellten in diesen Ensembles zugleich Sammlungsobjekte und einen Teil der Raumausstattung dar. Das wohl bekannteste Beispiel hierfür ist die Guardaroba Nuova im Florentiner Palazzo Vecchio, die von 1559 bis 1562 im Auftrag des florentinischen Herzogs Cosimo I. Medici eingerichtet wurde.447 Die Türen der dort zur Aufbewahrung der Kostbarkeiten aufgestellten S. 107–132, Abb. S. 109, 112, 117, 129; Radmantel Johann Georgs I. von Sachsen mit den „sächsischen wildtnüßen, seefarten, ackerbaw, menschen und thieren“ als Panorama in Kavaliers­ perspektive, 1611, Dolz/Fritz (Hg.) 2010, S. 79, Abb. S. 80; Römerglas mit eingravierter Rheinlaufkarte Caspar Vopels (1555), Niederlande, frühes 17. Jahrhundert, McNab 2001, S. 46 mit Abb. Das früheste Beispiel ist das Siegel Kaiser Friedrichs II. für Sizilien von 1226 mit einer kartographischen Darstellung der Straße von Messina mit Teilen des italienischen Festlands und Siziliens, Schlumberger/Chalandon/Blanchet 1942, S. 22, Nr. 50, Abb. Taf. 1, Nr. 4. Nicht überzeugend ist es, die Stadtsiegel von Boppard (um 1230), Deutz (um 1230) und Siegburg (1285) als „local maps“ zu bezeichnen, Harvey 2010, S. 128f. 443 So ist etwa im Rathaus von Luzern im 18. Jahrhundert eine in Öl gemalte Karte des städtischen Herrschaftsgebietes belegt. Das Gemälde basierte auf der 1611–1613 im Auftrag des Rates von Hans Heinrich Wägmann angefertigten Karte, die vom Kartographen selbst in Öl reproduziert worden war; Horat/Klöti 1986, S. 47–100, hier S. 50f.; vgl. auch Stercken 2004, S. 236. Vgl. für die Frühe Neuzeit außerdem die Beispiele bei Fiorani 2007, S. 805f., 813f. 444 Die Datierungen nach *Roth 2000, S. 19f. Zu den frühneuzeitlichen Kunst- und Wunderkammern insg. vgl. immer noch Schlosser 1978. 445 Vgl. Seng 2003, S. 19, 22. 446 Zu Kunstkammern als Räumen des Wissens vgl. allg. Schramm/Schwarte/Lazardig (Hg.) 2003. 447 Vgl. ausführlich und mit zahlreichen Abb. Cecchi/Pacetti (Hg.) 2008; außerdem Liebenwein 1977, S. 154f.; Seng 2003, S. 22–25; Fiorani 2005, S. 17–137; Fiorani 2007, S. 818–820; Rosen 2015. Ein weiteres bekanntes Beispiel findet sich im Ostflügel der Terza Loggia im Vatikan, der Kartenzyklus wurde von Papst Gregor  XIII. in Auftrag gegeben und 1581 fertiggestellt; vgl. die ausführliche Dokumentation von Gambi (Hg.) 1994;

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Wandschränke sind mit Karten aller bekannten Länder der Erde bemalt, die Decke zeigte ursprünglich 48 Sternkonstellationen. Ein Himmels- und ein Erdglobus sowie eine astronomische Uhr vervollständigten dieses kosmographische Ensemble, an dem der Fürst laut dem an der Ausstattung beteiligten Giorgio Vasari alle Dinge des Himmels und der Erde zusammenbringen wollte, um sie vermessen und untersuchen zu können.448 Einen sinnfälligen Bezug zwischen Herrschaft und Wissen stellten die Büsten antiker Herrscher und Porträts illustrer Männer her. In der ebenfalls im Palazzo Vechio befindlichen Sala di Cosimo I. wird dieser Bezug ganz konkret auf den Medici übertragen. Dieser figuriert als sachkundiger Bauherr und Stadtplaner, der nicht zuletzt durch die Konstruktion von Befestigungsanlagen seine Herrschaft über die Toskana fundiert. Veduten toskanischer Städte mit ihren Mauern ergänzen dieses Bild. Die kartographische Visualisierung der Welt in der Galleria und das von den Sammlungsstücken in den Schränken dahinter symbolisierte Weltwissen werden in der Sala gleichsam in ihrer praktischen Relevanz für die Territorialherrschaft der Medici dargestellt. Eine ähnliche Verbindung von raumbezogenem Wissen und territorialer Herrschaft findet sich in Kunstkammern nördlich der Alpen, etwa der nach 1560 von Herzog Albrecht V. von Bayern in der Münchener Residenz eingerichteten Sammlung.449 Insbesondere der südwestliche Eckraum mit den Druckstöcken der berühmten Landtafeln Philipp Apians sowie der Wappen der bayerischen Ortschaften und Adelsgeschlechter,450 den Modellen der Rentamtsstädte München, Landshut, Burghausen und Straubing, also der Herrschaftszentren des Territoriums, sowie der Landesfestung Ingolstadt451 und schließlich den astronomischen und geodätischen Instrumenten452 erinnert in seiner Inszenierung der im göttliaußerdem Fiorani 2005, S. 141–252; Fiorani 2007, S. 816–818. Als Überblick zu gemalten Kartenzyklen in Italien vgl. Fiorani 2007. Für das Reich ist in diesem Zusammenhang auf die Landkartengalerie der Salzburger Residenz hinzuweisen, die ca. 1609/10–1612 unter Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau installiert wurde. Die Seccomalereien zeigen sechs zeitgenössische Länderkarten (Spanien, Gallien, Germanien, Italien, Sizilien, Britische Inseln, Ungarn, Osmanisches Reich), ergänzt um Städteansichten der jeweiligen Regionen sowie zwei historische Karten (Reich Alexanders des Großen und Imperium Romanum), Roemer 2009; Roemer 2010; Roemer 2011. 448 „[…] per mettere insieme una volta queste cose del cielo e della terra giustissime e senza errori, e da poterle misurare e vedere“, zit. nach Liebenwein 1977, S. 241, Anm. 195. 449 Vgl. ausführlich Sauerländer (Hg.) 2008 mit einem Katalog der Kunstgegenstände, außerdem das Inventar von 1598, *Fickler 2004. 450 Sauerländer (Hg.) 2008, Bd. 2, S. 608–610, Nr. 1969/70. Vgl. zu Apians Landesaufnahme oben Kap. III.3.2.1 („Landesaufnahmen“). 451 Sauerländer (Hg.) 2008, Bd. 2, S. 603–607, Nr. 1960, 1962–1965. 452 Sauerländer (Hg.) 2008, Bd. 2, S. 564–574, Nr. 1798–1838a; S. 582–593, Nr. 1878–1928;

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chen Universum verankerten, territorial-räumlichen Herrschaft an das Florentiner Vorbild.453 Der Fokus auf Bayern setzte sich in anderen Teilen der Sammlung fort, wo sich als Bavarica etwa Bodenfunde aus römischer Zeit, Mineralien und Metalle, aber auch anatomische Missbildungen und materielle Relikte wundersamer Ereignisse aus der Region finden. Darüber hinaus spielten Objekte mit Bezug zur Person des Fürsten und seiner Familie bzw. Dynastie eine zentrale Rolle, etwa Porträts, Memorabilien, Kleidungsstücke und Waffen.454 Bis auf Peter Weiners Nachstich der Apian’schen Landtafeln von 1579 und einen Tisch mit einer gemalten Bayernkarte auf der Platte finden sich allerdings keine Karten mit territorialem Bezug.455 Diese wurden in der Hofbibliothek aufbewahrt, so zum Beispiel die aus 40 Blättern bestehende, ca. 30m2 messende Bayernkarte Philipp Apians.456 Schließlich war auch das Antiquarium, die Antikenhalle der Residenz, durch die in den Stichkappen des Gewölbes befindlichen Ansichten von 102 Städten in die Inszenierung des bayerischen Territoriums integriert.457 Maßgeblich beeinflusst wurde die Konzeption der Münchener Kunstkammer von dem niederländischen Arzt Samuel von Quiccheberg, der in seinen späten Jahren an der Betreuung und Neuordnung der herzoglichen Sammlungen beteiligt war.458 Es ist anzunehmen, dass die 1565 veröffentlichte Abhandlung „Inscriptiones vel tituli theatri amplissimi“, in der Quiccheberg eine idealtypische Ordnung für S. 1060, Nr. 3395f. Die Zahl der geodätischen Instrumente war vergleichsweise gering, ebd., S. 565; vgl. insg. auch Seelig 2008, S. 41f. 453 Seelig 2008, S. 81, vermutet aufgrund des Florenzbesuchs Prinz Ferdinands von Bayern 1565 und der 1572 von Florenz nach München übersandten Exotika einen direkten Einfluss, verweist aber auch auf die Möglichkeit paralleler Entwicklungen. Zur Repräsentation des bayerischen Territoriums in der Kunstkammer vgl. auch Ghermani 2005, die die Gründung derselben als Manifestation fürstlicher Landeshoheit mit den Auseinandersetzungen zwischen Albrecht V. von Bayern und dem protestantischen Adel seines Territoriums in den 1550er und 1560er Jahren in Verbindung zu bringen versucht, was letztlich nicht überzeugt; vgl. außerdem Pilaski Kaliardos 2013, S. 26–35. 454 Seelig 2008, S. 30–32. 455 Sauerländer (Hg.) 2008, Bd. 1, S. 25, Nr. 81; Bd. 2, S. 1048, Nr. 3370. Vgl. zu den übrigen Karten und Globen in der Kunstkammer ebd., Bd. 1, S. 24, Nr. 80; S. 52, Nr. 135; S. 54, Nr. 141; S. 63, Nr. 169; ebd., Nr. 171; Bd. 2, S. 571, Nr. 1822; S. 573, Nr. 1838; S. 583, Nr. 1884; S. 843, Nr. 2834; S. 1000, Nr. 3236; S. 1001, Nr. 3241; S. 1001f., Nr. 3242; S. 1002, Nr. 3243; S. 1055, Nr. 3383. 456 Sauerländer (Hg.) 2008, Bd. 2, S. 608. Der Kartenbestand der Münchener Hofbibliothek ist in einem Katalog von 1577 erfasst, vgl. die Edition bei Hartig 1917, S. 352–356. Der Autor vermutet, dass die Karten über den Fenstern und Bücherregalen angebracht waren, ebd., S.  55. Zu Karten in frühneuzeitlichen Bibliotheken allg. vgl. Tolias 2007. 457 Seng 2003, Abb. S. 31f. 458 *Roth 2000, S. 11.

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ein „theatrum sapientiae“ entwirft, in engem Bezug zur Münchener Sammlung entstanden ist.459 Dementsprechend finden sich verschiedene Hinweise auf die oben diskutierte territorial-dynastische Ausrichtung einer fürstlichen Sammlung bzw. von Teilen derselben. Interessant ist in diesem Zusammenhang insbesondere die erste der fünf vorgesehenen Abteilungen, die der Repräsentation des Herrschers und seiner Familie sowie des eigenen Territoriums dienen sollte. Ihr zugeordnet sind unter anderem Stammbäume460 und Porträts,461 genannt werden außerdem Karten, darunter eine besonders große und auffällige des eigenen Territoriums,462 wie sie in München mit der Bayernkarte Apians in der Hofbibliothek vorlag. Erwähnt werden auch Abbildungen von Städten, insbesondere der Hauptstädte des Fürsten,463 sowie Modelle von Häusern, Burgen, Kirchen und anderen Gebäuden,464 die ebenfalls zur „optischen Repräsentation des herzoglichen Territoriums“ beitrugen.465 In der vierten Abteilung werden darüber hinaus auch Messinstrumente zur Verwendung zu Lande und zu Wasser aufgeführt,466 in der fünften schließlich Wappen, Waffen und andere Fundstücke, die die territoriale Gliederung des Reiches und die Herrschaftsverhältnisse in den Territorien illustrieren.467 459 *Quiccheberg 1565; Edition, Übersetzung und Kommentar bei *Roth 2000; vgl. auch Schlosser 1978, S. 118–120; Seelig 2008, S. 27–30. 460 „Genalogia fundatoris theatri: quae gentis suae universae, et affinitatis propinquioris certo ordine continet enumerationem. Ei accedunt etiam affinium principaliorum, & consobri­ norum à fundatore honoratorum, arbores peculiares, huic principali servientes“, *Roth 2000, S. 40. 461 „Effigies fundatoris theatri, diversarum aetatum: tum et eius parentum, cognatorum, & quandoque antecessorum in officiis, quotquot praecipui in ea familia vel antecedente gubernatione fuerunt: quorum saltem effigies conquiri potuerunt: partim pectore tenus, partim integrae staturae“, *Roth 2000, S. 40. 462 „Geographicae tabulae: quae & mappae vulgo dicuntur: eaeque universales, & particulares: marinae et chorographicae etc. Item principaliter regionis vel territorii ipsius fundatoris theatri, tabula prae communibus quaedam illustrior, sumptuosior, et magis ampla“, *Roth 2000, S. 42. 463 „Urbes pictae: in Europa, Imperio, Italia, Gallia, Hispania & aliis, tàm Christiani, quàm exteri orbis regionibus illustres. Item fundatoris theatri archipoles, aut aliae inter reliquas celebriores, aut demum eae urbes vel etiam domus, quas dominus earum voluit honorare“, *Roth 2000, S. 42. 464 „Aedificiorum exempla ex arte fabrili: ut domorum, arcium, templorum, urbium, castrorum, munitionum, ex asserculis, chartis, pinnulisque combinata: ac coloribus forte ornata“, *Roth 2000, S. 44. 465 Seelig 2008, S. 30. 466 „Instrumenta mathematica: ut astrolabia, sphaerae, cylindri, quadrantes, horologia, baculi geometrici & alia ad dimetiendum, terra marique, bello & pace usurpanda“, *Roth 2000, S. 62. 467 „Insignia nobilium familiarum: tûm et arma et spolia picta ad certas regiones, ac classes

Kartographie

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Auch andere Kunst- und Wunderkammern im Reich beherbergten Karten und Objekte mit territorialem Bezug, so etwa die Sammlung Erzherzog Ferdinands II., Graf von Tirol, auf Schloss Ambras, in der unter anderem Landkarten aufbewahrt wurden,468 die Kunstkammer Landgraf Moritz’ von Hessen-Kassel, für die Andreas Pleninger eine Tischplatte mit Astrolabium, Kalender und Karte des Territoriums sowie einem komplexen herrschaftsbezogenen Bildprogramm anfertigte,469 oder auch die Dresdener Kunstkammer Kurfürst Augusts von Sachsen, die mit ihrem großen Bestand an wissenschaftlichen Instrumenten zur Landvermessung und Kartierung sogar schwerpunktmäßig auf die Repräsentation des Territoriums ausgerichtet war.470 Nach dem Inventar von 1587 bildete die „reiß cammer und kleines gemache“ mit geodätischen Instrumenten und den aus den Landesvermessungen unter dem Kurfürsten hervorgegangenen Karten das Zentrum der Kunstkammer.471 Die Herzöge von Bayern und Sachsen standen interessanterweise in engem Kontakt und tauschten Objekte für ihre Kunstkammern aus.472 Für das territoriale Repräsentationsbedürfnis der Reichsstädte ist abschließend noch einmal auf die obere Regimentsstube des Nürnberger Rathauses und den dort aufbewahrten Nachlass Paul Pfinzings d. Ä. zu verweisen.473 Wie wir bereits für die Münchener Residenz festgestellt haben, wurden neben den Kunst- und Wunderkammern seit dem 16. Jahrhundert auch andere Repräsentationsräume zur Inszenierung von territorialer Herrschaft genutzt. Ein herausragendes Beispiel ist das Neue Lusthaus in Stuttgart, das von 1583 bis 1593 unter Herzog Ludwig von Württemberg errichtet wurde.474 Ursprünglich war officiorum pertinentium: ut procerum imperii universorum, munia imperii haereditaria sustinentium, ut certorum ordinum aut partium ad aliquod regnum, ducatum, episcopatum tanquam insita membra relatorum“, *Roth 2000, S. 74. An anderer Stelle geht Quiccheberg erneut auf das Sammeln von Familienwappen für einzelne Territorien ein und nennt jüngere Beispiele für Wappentafeln u. ä., *Roth 2000, S. 146, 148. 468 Schlosser 1978, S. 112. 469 Kümmel 1996, S. 107–132. 470 Vgl. jetzt ausführlich die Edition der Inventare von 1587, 1619, 1640 und 1741 von *Syndram/Minning (Hg.) 2010/12, Bd. 1–4; *Marx/Plassmeyer (Hg.) 2014; zu Geschichte und Zusammensetzung der Kunstkammer auch Dolz/Fritz (Hg.) 2010, S. 16–18; sowie ausführlich *Syndram/Minning (Hg.) 2010/12, Bd. 5. 471 *Syndram/Minning (Hg.) 2010/12, Bd. 1, fol. 1r–78v; zu den Karten ebd., fol. 73v: „5 ufgezogene holtzmappen als die seidische, lindische, annaburgische und rochische heide. Hat herzogk Augustus zu Sachßen etc. seliger, selbsten gemachet.“ Vgl. insg. Dolz 2012; Wiegand 2012, S. 422–429. 472 Seelig 2008, S. 77. 473 Vgl. oben Kap. III.3.2.1 („Landesaufnahmen“). 474 Vgl. ausführlich Seng 2003, S. 32–38.

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Wissenschaftliche Innovation und räumliche Herrschaftsrepräsentation

geplant, das Tonnengewölbe des großen Saals im Obergeschoss vollständig mit einer Topographie des Herzogtums auszumalen, was sich aber aufgrund der Notwendigkeit einer perspektivischen Darstellung nicht realisieren ließ. Stattdessen wurden Karten der württembergischen Forste und Ämter auf die Wandpfeiler gemalt.475 Die Grundlage hierfür bildete die kurz zuvor fertiggestellte Landesaufnahme von Georg Gadner.476 Hinzu kamen Ansichten der jeweiligen Städte und – am Übergang zur Decke – 48 Porträts württembergischer Räte. Ein Deckenfries zeigte Jagdszenen vor dem Hintergrund der württembergischen Forste, darüber Darstellungen des Himmels und schließlich im Mittelbild der Decke 24 Porträts der berühmtesten lutherischen Theologen des Landes.477 Auch diese Inszenierung verband also wiederum die irdische Herrschaft in der Fläche mit der universalen Ordnung des Himmels. Das zentrale Element der Inszenierung bildete wie schon in München die kartographische Landesaufnahme, die aufgrund ihrer Genauigkeit und Aktualität ein hervorragendes Sinnbild für den räumlichen Herrschaftsanspruch des Fürsten darstellte.

4. Fazit: Die Verwissenschaftlichung territorialer Grenzziehungen Im 16. Jahrhundert wurden die Grundlagen für eine exakte Beschreibung des Raumes gelegt. Neue Vermessungsmethoden und die entsprechenden technischen Instrumente sowie die hieraus resultierenden Entwicklungen in der Kartographie ermöglichten spätestens seit der zweiten Hälfte des Jahrhunderts eine immer präzisere Darstellung und Visualisierung geographischer, topographischer und nicht zuletzt territorial-räumlicher Gegebenheiten. Bei einem genaueren Blick auf die Formen und Verwendungszwecke von Karten in dieser Zeit zeichnet sich die große Bedeutung ab, welche die Kartographie im Rahmen von Herrschaft und Verwaltung spielen konnte. Sie diente in Form von Landes- und Ämteraufnahmen zu Verwaltungs- und Repräsentationszwecken und in Form von kleinräumigen Darstellungen als Hilfsmittel für den administrativen und juridischen Gebrauch. 475 Seng 2003, Abb. S. 34 u. 37. 476 Vgl. hierzu oben Kap.  III.3.2.1 („Landesaufnahmen“). Auch in Dresden griff man bei der Erweiterung und Neuausstattung des Riesensaals im Schloss auf die Arbeiten eines Geographen zurück. Der zuvor in Hessen tätige Wilhelm Dilich war seit 1625 in sächsischen Diensten und hatte hier u. a. Grund- und Perspektivrisse der Städte mit Beschreibungen angefertigt. Diese integrierte er nun in die 1650 fertiggestellte Ausmalung: Die Decke zeigte 16 Ansichten sächsischer Städte, weitere fanden sich an Ost- und Westwand sowie in den Scheiteln der Fensterbögen, Seng 2003, S. 38–42 mit Abb. 477 Seng 2003, Abb. S. 34.

Fazit: Die Verwissenschaftlichung territorialer Grenzziehungen

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Daneben entwickelte sich ein immer größerer Markt für gedrucktes Kartenmaterial, der allerdings nur selten mit den Bedürfnissen der herrschaftsbezogenen Kartographie konvergierte, denn die seitens der Landesherren initiierten Kartierungen unterlagen in der Regel strenger Geheimhaltung. Gleiches gilt für die seitens der Administrationen erstellten verbalen Landesbeschreibungen, die ebenfalls ausschließlich für verwaltungsinterne Zwecke bestimmt waren und nicht – wie die Regionaltopographien humanistischer Gelehrter – zum Druck gelangten. Grenzen wurden in allen genannten Beschreibungs- und Darstellungsformen thematisiert, sie waren sowohl in der durch technische Innovation beförderten Kartographie als auch in der zunehmend verwissenschaftlichten Landesbeschreibung und Statistik zentral. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zeitlich und hinsichtlich der Entstehungskontexte zu differenzieren: In den frühen, humanistischen Landesbeschreibungen spielen territoriale Grenzen aufgrund des vor allem regionaltopographischen Fokus keine Rolle. In der Nachfolge antiker Autoren werden dagegen die naturräumlichen Grenzen von Regionen benannt oder benachbarte Völker zur Lokalisierung angeführt. Erst die in fürstlichem Auftrag entstandenen Landesbeschreibungen des 17. und 18. Jahrhunderts bezeichnen die Grenzen genauer, zielten sie doch auf die umfassende Inventarisierung der jeweiligen Territorien, was selbstverständlich auch deren genaue Ausdehnung beinhaltete. In der Kartographie bietet sich ein ähnliches Bild: Die gedruckten Regionalkarten der Frühzeit, die in der Regel nicht im obrigkeitlichen Auftrag, sondern wie die Landesbeschreibungen von humanistisch gebildeten Autoren selbständig erarbeitet wurden, behandeln die herrschaftsräumlichen Verhältnisse der dargestellten Regionen nicht. Dies änderte sich erst im Laufe der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Gleiches gilt für die gedruckten Germania-Karten, die Grenzen – sowohl die territorialen als auch die des Reiches – erst seit dem späten 16. Jahrhundert in ihre Darstellungskonventionen aufnehmen. Die meisten gedruckten Territorialkarten zeigen hingegen bereits in der Frühzeit – seit Etzlaubs Karte der Umgebung von Nürnberg von 1492 – die Grenzen der dargestellten räumlichen Einheiten, obwohl sie wie die Regional- und die Germania-Karten für den freien Markt geschaffen wurden. Die Visualisierung politischer Räume in gedruckten Kartenwerken entsprang also zunächst nicht einer herrschaftlichen Intention. Der freie Markt war diesbezüglich vielmehr dem staatlich-administrativen Bereich voraus. Die territorialen Obrigkeiten initiierten bis auf wenige Ausnahmen erst seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts kartographische Landesaufnahmen. Diese enthalten in der Regel sehr genaue Angaben zu den territorialen Außenund Binnengrenzen. Nürnberg und die Niederlande können hier im Reich als Vorreiter gelten. Dort wurden bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts entsprechende Kartenwerke realisiert. Es folgten Bayern, Württemberg, Sachsen und

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Wissenschaftliche Innovation und räumliche Herrschaftsrepräsentation

Hessen sowie eine Reihe kleinerer und größerer Territorien, aber bei weitem nicht alle Reichsstände. Auch die im Rahmen des situationsbezogenen Verwaltungs- und Rechtshandelns entstandene Manuskriptkartographie liefert für die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts gelegentlich Beispiele für die Kartierung territorialer Grenzen. Hier fand also eine aus dem Spätmittelalter bekannte Praxis ihre Fortsetzung. Eine Ausweitung derselben erfolgte aber erst in der zweiten Jahrhunderthälfte, insbesondere seit den 1570er Jahren, wobei ältere Markierungskonventionen, wie die Angabe territorialer Zuständigkeiten durch Wappen, weiter genutzt wurden. Auch wenn verbale Landesbeschreibungen und Karten in den vorangehenden Kapiteln separat behandelt wurden, um die unterschiedlichen Innovationsstränge deutlich zu machen, sollten die vielfältigen Bezugs- und Berührungspunkte deutlich geworden sein. Es ist nicht möglich, die Karte gegenüber der verbalen Beschreibung als neues Medium zu profilieren, das mit seiner Bildgewalt dem Wort im Laufe des 16. Jahrhunderts den Rang abgelaufen hätte. Vielmehr hat sich an zahlreichen Beispielen gezeigt, dass Karte und Beschreibung im 16. Jahrhundert eine Einheit bildeten: Kartographische Landesaufnahmen wurden häufig von verbalen Beschreibungen begleitet, sei es in unmittelbarer Gegenüberstellung, formal getrennter, aber zeitlich paralleler Produktion oder auch als aufeinanderfolgende Arbeiten ein und desselben Spezialisten. Grundstücks-, Flur- und Gemarkungskarten waren eingebunden in einen verbal beschreibenden Kontext, sie rekurrierten auf entsprechende Amtsbücher und ergänzten diese. Schließlich standen auch Karten vor Gericht nicht für sich, sondern wurden ergänzend zu verbalen Beschreibungen und Zeugenaussagen als Hilfsmittel zur Visualisierung der betreffenden Örtlichkeiten benutzt. Insgesamt besaßen die wissenschaftlichen Innovationen des 16. Jahrhunderts enormes Potenzial für die räumliche Herrschaftsrepräsentation in der Frühen Neuzeit, war doch auf ihrer Grundlage erstmals die exakte Vermessung und Kartierung territorialer Entitäten und ihrer Grenzen möglich. Folgerichtig kam Karten für die Beschreibung des Raums im Allgemeinen und die Markierung von Grenzen im Besonderen quantitativ wie qualitativ in diesem Jahrhundert eine wichtigere Rolle zu als noch im späten Mittelalter, in dem lediglich die ersten Ansätze zu einer kartographischen Visualisierung lokaler und regionaler Räume greifbar sind. Die Gründe für das angesichts der technischen Möglichkeiten gleichwohl recht späte Einsetzen von Grenzkartierungen in vielen Territorien des Reiches sind im folgenden Teil der Arbeit ebenso zu untersuchen wie der auffällige Befund, dass das neue Medium die übrigen Verfahren der Beschreibung und Markierung von Grenzen nicht verdrängte, sondern vielmehr in einen Dialog mit ihnen eintrat.

Tafeln

Taf. 1: Karte des Stromspaltungsgebietes der Elbe mit Hamburg und Harburg, um 1555, kolorierte Federzeichnung, 38,7 x 107,2 cm (Hamburg, Museum für Hamburgische Geschichte, Inv.-Nr. EB 1913,613).

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Tafeln

Taf. 2: Lorich, Melchior: Hamburger Elbkarte, 1568, kolorierte Federzeichnung, 109 x 1215 cm, Ausschnitt (Hamburg, StA, Sign.: 720-1/1_126-05 = 1568.1).

Tafeln

331

Taf. 3: Appel, Melchior: Karte der Grenze zwischen der Reichsstadt Frankfurt und der Grafschaft Hanau, 1575, aquarellierte Federzeichnung, 60 x 100 cm (Marburg, Hessisches StA, Karten P II, 14867).

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Tafeln

Taf. 4: Ter Borch, Gerard: Einzug des niederländischen Gesandten Adriaen Pauw in Münster, um 1646, Öl auf Leinwand, 100,5 x 161,5 cm (Münster, Stadtmuseum, Inv.-Nr. GE-0358-2).

Rechte Seite: Taf. 5: Europakarte im Liber Floridus von Lambert von St. Omer, um 1120 (Gent, Universiteitsbibliotheek, Ms. 92, f. 241r).

Tafeln

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Tafeln

Taf. 6: Augenscheinkarte des Gebiets um Prühl bei Oberscheinfeld, 1581, kolorierte Federzeichnung, 59 x 85 cm (München, BayHStA, Plansammlung 9983).

Tafeln

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Taf. 7: Augenscheinkarte der Grenze zwischen den bayerischen Pfleggerichten Schärding und Ried und dem Land ob der Enns, 1594, kolorierte Federzeichnung, 14 x 42 cm (München, BayHStA, Plansammlung 905 B).

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Tafeln

Taf. 8: Braun, Hieronymus: Karte des Pflegamts Velden, 1611, kolorierte Federzeichnung, 120 x 123 cm (Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 642).

Tafeln

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Taf. 9: Scheurer, Christoph: Nürnberger Landgebiet, Nürnberg: Johann Baptist Homann 1692, kolorierter Kupferstich, 50 x 59 cm (Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 257).

338

Tafeln

Taf. 10: Janssonius, Joannes: Nova Germaniae Descriptio, Amsterdam: Joannes Janssonius 1616, kolorierter Kupferstich, 42 x 55 cm (Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Kart. 28419).

Tafeln

Taf. 11: Claudianus, Nikolaus: Böhmen-Karte, Nürnberg: Hieronymus Höltzel 1518, kolorierter Holzschnitt, 137 x 64,5 cm ­(Litoměřice/Leitmeritz, Státní oblastní archiv, Biskupské sbírky Litoměřice, ohne Signatur).

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340

Tafeln

Taf. 12: Aventinus, Johannes: Obern vnd Nidern Bayrn bey den alten im Latein vnd Kriechischen Vindelicia etc., Landshut: Johann Weyssenburg 1523, kolorierter Holzschnitt, 32 x 40 cm (Kriegsverlust, hier Faksimile von 1899).

Tafeln

341

Taf. 13: Etzlaub, Erhard: Nürnberger Waldplan, 1516, Gouache auf Pergament, 69 x 59 cm (Nürnberg, GNM, Graphische Sammlung, S.P. 10419).

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Tafeln

Taf. 14: Sgrooten, Christian: Ducatus Geldriae et Cliviae cum comitatu Zutphaniae, olim Batavorum et Sicambrorum sedes (Atlas Bruxellensis, Nr. 15), 1573, aquarellierte Federzeichnung, 52,8 x 56,2 cm (Brüssel, Bibliothèque Royale, Ms 21.596 D).

Tafeln

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Taf. 15: Apian, Philipp: Übersichtskarte mit Blatteinteilung zu den ‚Bairischen Landtaflen‘, Ingolstadt 1568, kolorierter Holzschnitt, 38,9 x 54,4 cm (München, BSB, Hbks/ F15 b).

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Tafeln

Taf. 16: Gadner, Georg: Stutgarder vorst sambt dem gantzen Stutgarder ambt, 1589, kolorierte Federzeichnung, 53,5 x 40,5 cm (Stuttgart, Landesarchiv Baden-Württemberg – Hauptstaatsarchiv, N 3, Nr. 1).

Tafeln

Taf. 17: Magdeburg, Hiob: Duringische und Meisnische landtaffel, 1566, kolorierte Aquarellzeichnung, 119 x 151 cm (Dresden, SLUB, Kartensammlung A 13534).

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Tafeln

Taf. 18: Dilich, Wilhelm: Bezirk der Stadt Braubach, um 1608/09, kolorierte Federzeichnung, 30,7 x 43,2 cm (Kassel, Universitätsbibliothek – Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel, 2° Ms. Hass. 679, Bl. 36).

Tafeln

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Taf. 19: Nöttelein, Georg: Große Wald- und Fraischkarte, 1562/63, kolorierter Kupferstich, 61,5 x 64,5 cm (Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 244).

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Tafeln

Taf. 20: Pfinzing, Paul: Karte des Pflegamts Hersbruck, 1596, kolorierte Federzeichnung, 162 x 146 cm (Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 480).

IV. Grenzziehungen im 16. und 17. Jahrhundert

Im vorangehenden Teil der Arbeit wurden unterschiedliche Bereiche wissenschaftlicher Innovation mit Blick auf ihre Bedeutung für die herrschaftliche Raumbildung zu Beginn der Frühen Neuzeit erörtert. Vor diesem Hintergrund ist nun die Praxis territorialer Grenzziehungen im 16. und 17. Jahrhundert zu untersuchen. Es fragt sich, ob und inwieweit in dieser Zeit die traditionalen, seit dem Mittelalter praktizierten Formen der herrschaftlichen Grenzbeschreibung und -markierung aufgrund technischer Fortschritte von neuen Verfahren abgelöst wurden bzw. wie sich das Neben- und Miteinander von alten und neuen Formen gestaltete. Die gängige Forschungsmeinung postuliert eine enge Verbindung zwischen der Entstehung des frühmodernen Staates mit seinen territorialen Grenzen und der Entwicklung der Kartographie. So schreibt etwa Hans-Joachim Behr: Die flächenhafte Entwicklung zum Territorialstaat, welche die mittelalterliche Lehnverfassung durch neuzeitliche Staatsorganisation ersetzte, bewirkte von der Mitte des 16. Jahrhunderts ab eine erste Blüte der Regionalkartographie in Deutschland. Im flächenstaatlichen Denken spielten Grenzen eine ganz andere Rolle als im Personenverband des Lehnstaates. Die Fürsten verlangten nach zumindest grober kartographischer Fixierung der Grenzen und des Herrschaftsbereichs ihrer Souveränität, den es durch Einschmelzung der verschiedenen Besitztitel zu gestalten und auszufüllen galt. Der neue Staat bedurfte der Landmesser und Kartographen.1

Ganz ähnlich heißt es bei Fritz Hellwig: „Der Flächenstaat bedurfte der Landmesser, um aus der unübersichtlichen Gemengelage in Grenzräumen eindeutige Grenzen zu entwickeln und zu fixieren.“2 Und Gabriele Recker meint: „Die neue Herrschaftsform, die in erster Linie nicht mehr auf einem Personenverband beruhte, sondern sich territorial abgrenzte, verlangte zumindest in den größeren Herrschaftsgebieten in zunehmendem Maße nach geographischen Übersichten über die betreffenden Regionen“.3 Dem sich im 16. Jahrhundert endgültig ausbildenden Territorialstaat kommt in dieser Argumentation eine entscheidende Rolle für 1 2 3

Behr 1985, S. 24. Hellwig 1985, S. 22. Recker 2003, S. 69; vgl. bereits Recker 2001, S. 179: „Die Herausbildung sowie Festigung der Territorialstaaten [führte] zu einem verstärkten Bedürfnis nach eindeutiger territorialer Abgrenzung und damit einhergehend zu vermehrten Konflikten um genau diese Grenzfragen – Anlaß genug für die Erstellung zahlreicher Prozeß- und Vertragskarten.“ Vgl. außerdem in europäischer Perspektive Kagan/Schmidt 2007, S. 662: „States and state mapping arose

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Grenzziehungen im 16. und 17. Jahrhundert

die Entwicklung der Kartographie zu, er verlangt geradezu nach Karten, um seine neue Form und Verfasstheit als Flächenstaat zu visualisieren. In diesem Sinne fragt Hansmartin Schwarzmaier sogar, ob nicht vielleicht die Technik der Kartographie überhaupt erst erfunden wurde, „weil man die Karte für die Fixierung territorialer Rechte brauchte?“4 Karten hätten somit lediglich die Funktion von Abbildern territorialer Gegebenheiten, die für administrative oder juristische Zwecke genutzt werden konnten. Eine Rückwirkung dieser Abbilder auf das Abgebildete, also das Territorium in seiner räumlichen Verfasstheit, oder sogar eine originär raumkonstituierende Wirkung von Karten wird hingegen nicht mitgedacht. Genau umgekehrt argumentieren jüngere, kulturwissenschaftlich geprägte Autoren, wenn sie nicht den frühneuzeitlichen Territorialstaat als Katalysator für die ‚kartographische Revolution‘ des 16. Jahrhunderts herausarbeiten, sondern die Entwicklung der Kartographie als zentralen Impuls für die Entstehung der neuzeitlichen Idee von räumlicher Herrschaft ansehen: „As lands were surveyed and mapped“, wie Michael Biggs postuliert, „they were reshaped into a territory: a homogenous and uniform space, demarcated by linear boundaries. The old dynastic realm was transformed into a distinctly new shape, the territorial state. This spatial rationalization was modeled on the map.”5 Die Karte ging in dieser Perspektive der Territorialisierung voraus, sie erst machte ein neues, räumliches Herrschaftsdenken möglich.6 In elaborierterer Form ausgearbeitet findet sich dieser Gedanke bei Jörg Dünne, der „die Entwicklung einer territorialen Konzeption von Räumlichkeit in der Frühen Neuzeit […] als Korrelat einer bestimmten medialen Praxis“ versteht, „die Raum mittels Karten in doppelter Weise operationalisiert: einerseits als vermessener Raum der Macht, andererseits aber auch

4 5

6

in conjunction with shifts in state government, especially newly developing notions of the space of realm and rule.“ Schwarzmaier 1986, S. 186. Biggs 1999, S. 385. Der Autor ist sich dabei durchaus der Abkehr von älteren Positionen und der Herausforderung, die eine solche bedeutet, bewusst: „It is easy to say ‚the state mapped its territory‘, implying that a preexisting entity increased the quantity of its knowledge. It is much harder to say that, through the process of mapping, a new kind of territory and hence a new kind of state came into being”, ebd., S. 399. Auf die Spitze getrieben wird dieser Gedankengang in der vor wenigen Jahren erschienenen Enzyklopädie der Neuzeit, deren Autoren nun nicht mehr nur die Notwendigkeit von Karten für die Ausbildung des frühmodernen Flächenstaates betonen, sondern die genauere Kenntnis von Herrschaftsgrenzen als solche an das Vorhandensein von entsprechenden Karten knüpfen: „Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts konnten zudem Fürsten und sonstige Herrscher die Ausdehnung ihrer Herrschaften gar nicht genau kennen; denn es gab keine Landkarten, welche die Wirklichkeit exakt genug wiedergegeben hätten, um mit deren Hilfe den Verlauf einer Grenze genau rekonstruieren zu können“, Akashi/Stauber 2006, Sp. 1115.

Grenzziehungen im 16. und 17. Jahrhundert

351

als ikonisch bzw. symbolisch kodierter Raum des Wissens und der Imagination.“7 Medien wie die Kartographie seien mithin „nicht nur Werkzeuge, sondern selbst Weisen der Welterzeugung.“8 Diese Argumentation deckt sich mit unserem in der Einleitung entwickelten konstruktivistischen Ansatz,9 greift allerdings aufgrund ihrer sowohl epochalen als auch medialen Beschränkung zu kurz. Es dürfte in den bisherigen Kapiteln deutlich geworden sein, dass ein territoriales Herrschaftsverständnis und mithin die Territorien mit ihren Grenzen nicht erst in der Frühen Neuzeit entstanden sind.10 Die epochale Trennung eines vorräumlichen Mittelalters von einer territorialisierten Frühen Neuzeit kann dementsprechend nicht aufrecht erhalten werden, weshalb die sich im 15. Jahrhundert entwickelnde Regional- und Territorialkartographie auch nicht als ursächlich für das frühneuzeitliche Modell territorialer Staatlichkeit zu vereinnahmen ist. Eine diesbezüglich katalytische Wirkung ist der Kartographie sicherlich nicht abzusprechen, wenngleich der Prozess in seiner medialen Dimension noch differenzierter zu betrachten ist. Denn Vermessung und Kartierung waren ja nicht das erste und einzige Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Herrschaftsräumen und ihren Grenzen. Vielmehr konnten wir mit verbaler Beschreibung sowie materieller und symbolischer Markierung bereits im Mittelalter entsprechende Verfahren identifizieren, die zudem auch lange nach der Regionalisierung der Kartographie im 15. und 16. Jahrhundert in herrschaftsräumlichen Zusammenhängen relevant blieben.11 Mit Blick auf die Bedeutung der Kartographie für die Territorialisierung ergibt sich bei genauerem Zusehen zumindest für das 16. Jahrhundert eine auffällige Diskrepanz zwischen den technischen Möglichkeiten zur kartographischen Visualisierung von Herrschaftsräumen und deren tatsächlicher Nutzung als Instrument territorialer Politik. Selbstverständlich ermöglichte die Entwicklung von Messtechnik und Kartographie in dieser Zeit erstmals die Erstellung exakter Karten. Das längst vorhandene Bewusstsein von linearen Grenzen, wie es den verschiedenen Verfahren zur Grenzbeschreibung und -markierung bereits im Mittelalter inhärent ist, konnte nun also auch visuell umgesetzt werden.12 Gleichwohl wurden die neuen   7 Vgl. zu diesem Ansatz Dünne 2008, das Zitat S. 50; außerdem die detaillierte Durchführung bei Dünne 2011.  8 Dünne 2008, S. 52.   9 Vgl. ausführlich oben Einleitung 1.1 („Elemente einer Raumsoziologie in historischer Perspektive“). 10 Vgl. oben Kap. I („Grenzenlose Herrschaft? Herrschaft und Raum im Mittelalter“). 11 Vgl. oben Kap. II („Vormoderne Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen“). 12 Vgl. oben Kap. III („Wissenschaftliche Innovation und räumliche Herrschaftsrepräsentation in der Frühen Neuzeit“).

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Grenzziehungen im 16. und 17. Jahrhundert

technischen Möglichkeiten nicht von allen Landesherren des 16. Jahrhunderts gleichermaßen aufgegriffen. Zugleich behielten die überkommenen Verfahren eine herausragende Bedeutung, und zwar bis in das 18. Jahrhundert. Diese Zusammenhänge werden im Folgenden analysiert, wobei zunächst die Integration der Kartographie in das mittelalterliche System zur Beschreibung und Markierung von Grenzen aufgezeigt und ein diesbezüglich idealtypischer Verlauf skizziert wird. Konkrete Widerstände gegen den Gebrauch von Karten seitens der landesherrlichen Administrationen, die im zweiten Kapitel behandelt werden, verweisen auf die Notwendigkeit einer regionalen Differenzierung, denn die Integration von Karten in das überkommene System lässt sich zwar im Reich insgesamt feststellen, folgte aber durchaus unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Die Gründe hierfür sind in einem dritten Kapitel zu diskutieren.

1. Die Integration der Kartographie in das mittelalterliche System der Beschreibung und Markierung von Grenzen Die in einem früheren Kapitel identifizierten und ausführlich analysierten Verfahren wurden nicht ausschließlich zur Beschreibung und Markierung von Grenzen verwandt. Vielmehr lassen sie sich ganz allgemein als vormoderne Verfahren der herrschaftlichen Raumkonstruktion bezeichnen: Herrschaftliche Landesbeschreibungen hielten die Topographie eines Territoriums fest und listeten Ortschaften, Herrschaftsrechte und Besitzungen auf. Im Sinne einer materiellen Markierung kennzeichneten Wappen nicht nur Grenzsteine, sondern auch zentrale Orte der Herrschaft, wie etwa Stadttore und Burgen, aber auch Grablegen und Kirchenräume, und legten so ein Netz dynastischer Zeichen über das jeweilige Territorium. Schließlich wurden Herrschaftsräume nicht nur an den Grenzen durch symbolische Handlungen markiert, sondern auch an den verschiedenen Herrschaftsmittelpunkten im Landesinneren, etwa Burgen, Schlössern, Zollstellen oder auch Gerichtsstätten. Gemeinsames Kennzeichen der benannten Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Herrschaftsräumen und ihren Grenzen ist ihr punktueller Charakter. Sehr konkret bezeichnen sie Herrschaftspunkte, die in der Summe ein Territorium ausmachen. Die Räume zwischen den Punkten bleiben dabei jedoch vage und werden nur gelegentlich durch Wegstrecken – wie etwa die symbolische Begehung von Grenzen und ihre verbale Beschreibung – überbrückt. Diese Lücke, nämlich die Darstellung der flächigen Erstreckung von Herrschaftsräumen, vermochten die seit dem Spätmittelalter aufkommenden und seit dem 16. Jahrhundert zunehmend etablierten Karten zu schließen.

Die Integration der Kartographie

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Das neue Medium verdrängte die überkommenen Verfahren allerdings nicht. Verbale Beschreibungen sowie materielle und symbolische Markierungen im Feld blieben bis in das 18. Jahrhundert für die Konstruktion von herrschaftlichen Räumen und territorialen Grenzen relevant. Nicht ungewöhnlich ist etwa das Beispiel der kurkölnischen Unterherrschaft Kendenich, deren Grenzverlauf 1566, 1661 und 1780 gerichtlich festgestellt und in Form von verbalen Beschreibungen festgehalten wurde.13 Eine kartographische Darstellung erfolgte aber erst im Zusammenhang mit dem letzten Umgang, dessen Protokoll als Grundlage für zwei Grundrisspläne „der im Ertzt-Stift Cölln gelegenen Herrlichkeit Kentenich“ diente.14 Anlass des Umgangs von 1661 war eine Grenzverletzung seitens des benachbarten Dorfes Fischenich an der Landwehr, die an dieser Stelle seit dem 12. oder 13. Jahrhundert auch die Grenze zwischen dem Kurfürstentum Köln und dem Herzogtum Jülich markierte.15 Die Fischenicher hatten 1566 ihre Dorfgrenze hinter die Landwehr auf Kendenicher Territorium verlegt und die Grundstücke hier neu vermessen lassen, die neue Grenze war vorläufig mit Stöcken abgesteckt worden. Der Einspruch der Kendenicher gegen dieses einseitige Vorgehen wurde nicht beachtet, woraufhin sie am 16. November 1661 einen Limitengang durchführten, zu dem „gesambte Untersaßen dero Herrlichkeit Kendenich“ einberufen wurden.16 Diese Zuziehung aller Untertanen erklärt sich aus der Konfliktsituation und stellt eine erhebliche Ausweitung des normalen Verfahrens dar.17 Mit der großen Zahl von Menschen wollte man vermutlich möglichen Abwehrmaßnahmen der Fischenicher entgegentreten und zugleich die symbolische Markierung des eigenen Territoriums als augenfällige, öffentliche Demonstration gestalten. Grundlage des Umgangs war die Grenzbeschreibung des Weistums von 1566, bestätigt wurde der Grenzverlauf von den ältesten Dorfbewohnern, die schon mehrfach entsprechende Begehungen mitgemacht hatten. Als künftige Zeugen wurden mehrere kleine Jungen mitgeführt. Die vorläufig gesetzten Grenzstöcke wurden entfernt und stattdessen die alte Grenze mit Zeichen an Bäumen versehen. Den Fischenichern, die sich zum Protest gegen das Vorgehen der Kendenicher am „Prinzipalstein“ versammelt hatten, erläuterte man die eigene Rechtsauffassung, ließ sich aber nicht von der Wiederherstellung der alten Grenze abbringen. Die Ende des 18. Jahrhunderts 13 Die verbalen Beschreibungen liegen vollständig gedruckt vor bei Klug 1973, S. 75–79; außerdem *Aubin (Hg.) 1996, S. 147–149 (1555); Zerlett 1960, S. 149–154 (1661, 1780). Vgl. Klug 1973, insb. S. 22–27; knapp zusammenfassend Becker 1985, S. 11. 14 Klug 1973, Abb. im Anhang 5. 15 Vgl. zum Folgenden Zerlett 1960, S. 144f.; Klug 1973, S. 25f. 16 Zit. nach Klug 1973, S. 76. 17 Vgl. hierzu oben Kap. II.3.1 („Versteinungen und Umgänge“).

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Grenzziehungen im 16. und 17. Jahrhundert

aufgenommenen Grundrisse stehen mit diesen älteren Auseinandersetzungen nicht in Zusammenhang, sondern dienten insbesondere der genauen Protokollierung des Grundbesitzes und der Flurstücke.18 Für die Darstellung der Grenzen der Herrschaft wurde allerdings auf das Limitenprotokoll von 1661 zurückgegriffen und auf Veränderungen der Grenzzeichen, etwa fehlende Steine oder Bäume, hingewiesen. Sowohl die verbalen Beschreibungen als auch die materiellen Markierungen des Herrschaftsraums hatten demnach ihre Bedeutung noch nicht eingebüßt. Der Rückbezug auf das Protokoll von 1661 bekräftigte zudem die damals erfolgte symbolische Markierung der Grenze in Form eines Umgangs. Solche Rückbezüge auf die anderen Verfahren der Beschreibung und Markierung von Grenzen können in der Frühen Neuzeit als gängige Praxis bezeichnet werden.19 Ganz offensichtlich spielte die Kartierung der betreffenden Grenze im genannten Fall zunächst keine Rolle, bewirkte die kartograpische Revolution des 16. Jahrhunderts keine Veränderung der territorial-räumlichen Herrschaftspraxis. Wie bereits erwähnt, ist dies kein Einzelfall. Neben noch zu diskutierenden Beispielen aus dem Reich20 ist in diesem Zusammenhang auch auf entsprechende Befunde für andere europäische Regionen zu verweisen: So erfolgte die Beschreibung und Markierung von Herrschaftsräumen in Ligurien bis in das 17. Jahrhundert 18 Vgl. zum Folgenden Klug 1973, S. 27; zu der Karte außerdem Recker 2003, S. 136–138, 353–355, Abb. S. 453–455. 19 Vgl. etwa die Karte der Reichsstadt Donauwörth von 1593, die die Grenzen entsprechend dem kaiserlichen Privileg von 1415 und den Rezessen von 1553, 1566 und 1583 in vier verschiedenen Farben wiedergibt, *Krausen (Bearb.) 1973, S. 58f., Nr. 191; die Karte der „Landtgränitzen“ zwischen dem kurbayerischen Gericht Ammergau und der fürstbischöflich freisingischen Grafschaft Werdenfels von vor 1628 gemäß dem Vertrag von 1554, *Krausen (Bearb.) 1973, S. 163f., Nr. 528; oder die Karte des rothenbergischen Fraischbezirks mit nummerierten Grenzsteinen von ca. 1634/40 auf der Grundlage des 1540 zwischen Kurpfalz und der Reichsstadt Nürnberg geschlossenen Vertrags, *Krausen (Bearb.) 1973, S. 241, Nr. 797. Vgl. außerdem Scherl 1960, S. 90, 94f., der auf die Nutzung von Grenzbereitungsprotokollen bei der kurpfälzischen Landesaufnahme um 1600 hinweist; desgleichen Stengel 1960, S. 552f., für die seit 1607 durchgeführte Landesaufnahme der Landgrafschaft Hessen, für die Dilich auch die betreffenden Akten mit Grenzbeschreibungen heranzog. Vgl. für das 18. Jahrhundert u. a. die Karte der zwischen Brandenburg-Ansbach und der Deutschordenskommende Virnsberg strittigen Fraisch- und Jagdgrenze von ca. 1720 mit Darstellung der „brandenburgische[n] landestheilung nach dem recess de anno 1541“, Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Karten und Pläne 424; außerdem den Prozess um die Frage der Reichsunmittelbarkeit der Herrschaft Schönau bzw. deren Integration in die jülichsche Unterherrschaft Heyden, bei dem 1771 eine Karte der Herrschaft vorgelegt wurde, die sich auf die vertragliche Grenzregulierung von 1523 bezieht, Duisburg, LAV NRW R, RKG, M 1100/2879. 20 Vgl. unten Kap. IV.2 („Tradition vs. Innovation. Widerstände gegen den Gebrauch von Karten“).

Die Integration der Kartographie

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ausschließlich in Form verbaler Beschreibungen auf der Grundlage von Grenz­ umgängen.21 Für den Stadtstaat Savona wurde 1536 eine verbale Beschreibung der Grenzen erstellt und darüber hinaus verfügt, dass künftige Grenzstreitigkeiten auf dieser Grundlage zu regulieren seien. Auch die jährlichen Inspektionen der territorialen Grenzen der Republik Genua wurden in Form verbaler Beschreibungen festgehalten. Erst 1643 erfolgte die Anordnung, dass die Grenzen auch kartiert werden sollten. Dass Grenzbegehungen in dieser Region auch im 17. Jahrhundert mit Zeugen durchgeführt wurden, „even as late as 1656, when the use of maps was already widespread“,22 kann nur verwundern, wenn der Gebrauch von Karten losgelöst von anderen Formen der Beschreibung und Markierung von Grenzen interpretiert wird. Und selbst in Frankreich, wo bereits seit dem 15. Jahrhundert lokal begrenzte Grenzabschnitte auch kartographisch erfasst wurden, hielt man die Grenzen in ihrer Gesamtheit bis in das frühe 17. Jahrhundert nur in verbalen Beschreibungen fest. Eine ergänzende kartographische Fixierung erfolgte erstmals bei den diesbezüglichen Verhandlungen mit den spanischen Niederlanden seit 1602, unter anderem durch den königlichen Topographen Claude Chastillon.23 Noch für das späte 17. Jahrhundert stellt Nordman allerdings fest, que la preuve visuelle est encore, dans ces années, secondaire. Les plans ne s’étendent pas à l’intégralité de la frontière, ne représentent que quelques difficultés locales. Ils ne se substituent pas aux autres argumentations lors des batailles verbales des salles de conférence. Lorsque les cartes et les documents écrits sont en contradiction, ce sont ces derniers qui permettent de trancher.24

Gleichwohl lassen sich auch Gegenbeispiele anführen, die den umgekehrten Fall, also die Verwendung von Karten bei Grenzziehungen bereits im 16. Jahrhundert illustrieren. Der Befund kann also nicht apodiktisch lauten, die Kartographie sei in der Frühen Neuzeit als Verfahren bei Grenzziehungen bis in das 17. oder sogar 18. Jahrhundert hinein irrelevant gewesen. Vielmehr muss es darum gehen, den Stellenwert von Karten im überkommenen System der Beschreibung und Markierung von Grenzen im Zeitverlauf zu analysieren. Die These lautet, dass Karten erst nach und nach in dieses traditionale System integriert wurden, zunächst zur Illustration, dann als komplementärer Teil und schließlich als Leitmedium. Vom 21 Vgl. für die folgenden italienischen Beispiele Quaini 2007, S. 857f. Dass in den meisten italie­ nischen Staaten eine substantielle Kartenüberlieferung erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts einsetzt, konstatiert bereits Marino 1992; vgl. ergänzend zum Kartengebrauch in Venedig Landwehr 2007, S. 166–179. 22 Quaini 2007, S. 858, Anm. 23. 23 Vgl. ausführlich Buisseret 1984 mit Abb. 24 Nordman 1998, S. 282.

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Grenzziehungen im 16. und 17. Jahrhundert

16. bis zum 18. Jahrhundert verschob sich damit die Autorität bei der Beschreibung und Markierung von Grenzen sukzessive von der verbalen Beschreibung sowie der materiellen und symbolischen Markierung im Feld hin zur Karte. Freilich lassen sich die einzelnen Phasen nicht säuberlich voneinander trennen, aufzuzeigen ist vielmehr eine Tendenz bzw. idealtypische Entwicklung. In manchen Regionen des Reiches begegnen Grenzkarten bereits im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts.25 Auffällig ist allerdings, dass sie in dieser Zeit noch mehr oder weniger separiert neben den anderen Beschreibungs- und Markierungsverfahren stehen. Die verbalen Beschreibungen der Grenzen nennen zwar vorhandene Grenzsteine, nehmen aber keinen Bezug auf die Karten. Diese wiederum verweisen in ihrer Anlage nicht auf die Beschreibungen und zeigen unter Umständen nicht einmal die Lage von Grenzsteinen, also die materiellen Markierungen im Feld, an. Ein typisches Beispiel hierfür ist eine Karte des Nürnberger Pflegamts Velden von Hieronymus Rudolf aus dem Jahre 1524 (Abb. 18).26 Die Karte liefert nur eine sehr grobe Orientierung im Raum, angedeutet durch den Flusslauf der Pegnitz und die Lokalisierung der mit Namen bezeichneten Orte. Die eingezeichnete doppelte Linie bezeichnet die Grenze der Veldener Fraisch, die im hier bezeichneten Gebiet zwischen der Reichsstadt Nürnberg und dem pfalz-neuburgischen Amt Sulzbach strittig war. Die Grenzlinie orientiert sich an den eingezeichneten Ortschaften. Grenzsteine oder andere Grenzzeichen sind nicht vermerkt, obwohl sie in einer in derselben Akte befindlichen, ca. acht Jahre zuvor entstandenen Beschreibung des Fraischbezirks genau benannt werden.27

25 Die folgenden Ausführungen rekurrieren v. a. auf Beispiele aus Bayern und Franken; vgl. in diesem Zusammenhang auch Rutz 2018a; Rutz 2018c. Überblicke für die kartographische Entwicklung in Bayern bieten Wolff 1988; Leidel (Bearb.) 2006; Horst 2009; für Franken vgl. Bonacker 1959; Schnelbögl 1966; Vollet 1977; Tiggesbäumker (Hg.) 1984; Tiggesbäumker (Hg.) 1986; Vollet 1988; Schiermeier 2006. Eine weitere regionale Differenzierung erfolgt in Kap. IV.3 („Regionale Differenzierungen“). 26 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 660; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 59, Nr. 3; Abb. Taf. 1. 27 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Landpflegamt Velden, S I L 451, Nr. 44. Vgl. auch die Grenzbeschreibung im Vertrag zwischen Nürnberg und Kurpfalz von 1523, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Mandate Ib/4. Ein entsprechendes Beispiel für die fehlende Verknüpfung von Beschreibung und Karte findet sich noch einige Jahrzehnte später in Westfalen: In den Akten zu den Grenzstreitigkeiten zwischen der Grafschaft Mark und dem Vest Recklinghausen aus den frühen 1560er Jahren befinden sich zwar zwei diesbezügliche Kartenskizzen, die Akten selbst nehmen hierauf aber keinerlei Bezug, Münster, LAV NRW W, Kleve-Märkische Regierung, Landessachen 326; vgl. Timpte 1961, S. 46f.

Die Integration der Kartographie

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Abb. 18: Rudolf, Hieronymus: Kartenskizze des Veldener Fraischbezirks, 1524, Federzeichnung, 45 x 44 cm (Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 660).

Andere Karten dieser Zeit verzeichnen zwar einzelne Punkte auf der Grenzlinie, markieren diese aber nicht mit den tatsächlich im Feld vorhandenen Steinen, sondern nutzen andere Zeichen, wie etwa die Karte des brandenburg-ansbachischen Amtes Stauff von ca. 1537, die auf der Grenze neben einem Stein, einem Markbaum und einem Steinkreuz verschiedene Fähnchen mit den Landeswappen zeigt und auf dieses Weise territoriale Bezirke absteckt.28 Wappenfähnchen zeigt auch eine Karte des eichstättischen Oberamtes Wahrberg aus dem ersten Drittel des 28 Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Karten und Pläne 270; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 62f., Nr. 9; außerdem *Wittmann 1942, S. 6f., Abb. Taf. 21/22.

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Grenzziehungen im 16. und 17. Jahrhundert

16. Jahrhunderts. Sie treten hier in Verbindung mit einem überdimensionierten Grenzstein auf, der beide Ufer der Altmühl miteinander verbindet und mit seinen Wappenseiten sowie den Wappenfähnchen das eine Ufer dem Hochstift und das andere dem Markgraftum Brandenburg-Ansbach zuweist.29 Solche Karten dienten zwar der Visualisierung unterschiedlicher Herrschaftsräume und deuten im Gegensatz zu den oben angeführten Kartenskizzen auch bereits die Möglichkeit einer realen Markierung der Grenze im Feld an. Die abgebildeten Grenzzeichen sind in ihrer Gestalt aber fiktiv und weisen vermutlich auch hinsichtlich ihrer Lokalisierung nur einen ungefähren Bezug zum tatsächlichen Standort der Grenzsteine auf. Darüber hinaus gibt es auch aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts Karten, die Grenzmarkierungen in Form von regulären Grenzsteinen zeigen. Sie sind allerdings gleichfalls nicht sehr zahlreich.30 Seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts werden die Bezüge der Karten zu den traditionalen Formen der Grenzmarkierung und -beschreibung zunehmend enger. Karten verzeichnen nun in der Regel die vorhandenen Grenzsteine, verweisen also auf die materiellen Markierungen im Feld und geben so ein anschauliches Bild der tatsächlich vorgefundenen Situation (Abb. 19).31 Solcherart Verweise auf die materiellen Markierungen von Grenzen passen durchaus in die Logik kartographischer Repräsentationen von Wirklichkeit, denn es werden auf Karten ja ebenso Orte, Wälder, Flüsse und andere Substrate der materiellen Welt als topographische bzw. geographische Referenzpunkte abgebildet. Demgegenüber irritieren, zumindest auf den ersten Blick, die gelegentlich zu findenden Hinweise auf die Akte symbolischer Markierung im Feld, die in kleinen Szenen bildlich

29 Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Karten und Pläne 400; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 62, Nr. 8; außerdem *Wittmann 1942, S. 6, Abb. Taf. 20. 30 Von den zehn für Bayern nachgewiesenen Karten mit Grenzdarstellungen (vgl. oben Kap. III.3.1 [„Die Regionalisierung der Kartographie in der Frühen Neuzeit“], hier Anm. 241) zeigt lediglich eine auch Grenzsteine, *Krausen (Bearb.) 1973, S. 4, Nr. 7 (1524). Vgl. als weitere Beispiele für Franken die Karte des Amtes Altdorf von Hieronymus Rudolf von 1524, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 370; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 60, Nr. 4; außerdem *Wittmann 1952, S. 14, Abb. Taf. 39; Schnelbögl 1966, S. 64f. mit Abb.; sowie für das Rheinland die Karte der Deutschordensherrschaft Elsen bei Grevenbroich von Anton Woensam von ca. 1536, Koblenz, Landeshauptarchiv, Best. 703, Nr. 9557; vgl. Behr/Heyen (Hg.) 1985, Abb. S. 243. 31 Vgl. nur die Karte der strittigen Wildbanngrenze zwischen dem Fürstentum Brandenburg-Ansbach und der Reichsstadt Rothenburg, um 1600, Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Karten und Pläne 522; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 134, Nr. 96/2. Die Grenzlinie ist hier mit 33 nummerierten Steinen bezeichnet, die ein „R“ für Rothenburg und ein „B“ für Brandenburg zeigen.

Die Integration der Kartographie

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Abb. 19: Karte der strittigen Wildbanngrenze zwischen dem Fürstentum Brandenburg-Ansbach und der Reichsstadt Rothenburg, um 1600, kolorierte Federzeichnung, 57 x 164 cm, Ausschnitt (Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Karten und Pläne 522).

dargestellt werden.32 So zeigt etwa ein Augenschein der Gegend um Prühl bei Oberscheinfeld im Steigerwald von 1581 an mehreren Stellen eine Gruppe von Amtspersonen beim Umgang bzw. Umritt der Gemarkungsgrenzen (Taf. 6).33 Zwischen Graf Heinrich II. zu Castell und Graf Johann von Schwarzenberg war es zu Streitigkeiten um den Schaftrieb gekommen, die vor dem Reichskammergericht 32 Neben den folgenden Beispielen sei in diesem Zusammenhang auf eine Karte des Gebietes zwischen Halbammer und Halblech hingewiesen, die im Zusammenhang eines Streites zwischen den Klöstern Ettal und Rottenbuch wegen Holzschlags 1574 entstanden ist. Sie stellt die Augenscheinnahme nicht szenisch dar, markiert aber den Weg, den die Konfliktparteien dabei genommen haben, mit einer roten Linie, München, BayHStA, Plansammlung 2670; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 29, Nr. 95. Vergleichbares findet sich auch auf einer Karte Paul Pfinzings, die 1593 anlässlich von Streitigkeiten zwischen Brandenburg-Ansbach und Nürnberg wegen der Vogelherde in den Nürnberger Reichswäldern entstanden ist, Gagel/Schnelbögl 1957, S. 10; Fleischmann 1994, S. 40; vgl. auch *Pfinzing-Atlas 1994, S. 10. 33 München, BayHStA, Plansammlung 9983; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 44, Nr. 142; ausführlich Leidel (Bearb.) 2006, S. 96–104 mit Abb.; außerdem Horst 2009, Bd. 1, S. 117f., Abb. S. 228.

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Grenzziehungen im 16. und 17. Jahrhundert

ausgetragen wurden.34 Der Schwarzenberger wollte zum Zeugenverhör vor Ort einen Landschaftsmaler bestellen lassen, Graf Heinrich war strikt dagegen – auch im späten 16. Jahrhundert waren Karten also bei der Klärung räumlicher Sachverhalte noch keine Selbstverständlichkeit,35 sondern deren Einsatz ein zusätzlicher Streitpunkt. Der Kommissar des Reichskammergerichts unterstützte allerdings die Bestellung eines Malers, da er sich nicht in der Lage sah, die Situation vor Ort „mit wortenn zu beschreiben“, so dass er sich „kein beßernn und fuglicherenn wege“ denken konnte, als „daß solche ort durch einenn mahlernn abgerißen unnd gemahlet würdenn und sonderlichen auch darumb, weilen solches abmahlenn und reißenn inn allweg fur eine beschreibung zu achtenn unndt zu haltenn“ sei.36 Auf einer Karte des Gebietes zwischen Bischofsheim an der Rhön und Wüstensachsen von 1584 ist neben der Augenscheinnahme auch die Marksteinsetzung in Szene gesetzt.37 Landmesser mit Messstäben finden sich auf einer Karte des westlichen Grenzbereichs der Grafschaft Diepholz vom Ende des 16. Jahrhunderts,38 desgleichen auf der zeitgenössischen Darstellung der Grenze des zwischen Diepholz und der Landgrafschaft Hessen-Kassel strittigen Amtes Auburg.39 Ein Augenschein der Grenze zwischen der Grafschaft Ravensberg, der Stadt Herford und der Grafschaft Lippe von 1600 zeigt neben den Amtleuten (berittene Herforder Ratsherren mit Spießträgern als Schutzwache) auch deutlich erkennbar Landmesser mit ihren Messstäben sowie ortskundige Bauern.40 Eine im Zuge der von 1612 bis 1614 andauernden Streitigkeiten um eine Pferdeweide zwischen den Gemeinden Eching, Inning und Kletthan entstandene Karte zeigt ebenfalls eine teilweise berittene Augenscheinkommission.41 Einen mittelalterlichen Vorläufer dieser Form der Visualisierung symbolischer Grenzmarkierung haben wir bereits im Zusammenhang der frühen kartographischen Darstellungen von Grenzen kennengelernt: Die Skizze im „Liber fundatorum“ des Stifts Zwettl von 1326/29

34 München, BayHStA, RKG 1328; vgl. *Gebhardt u. a. (Bearb.) 1994–2015, Bd. 6, S. 70, Nr. 1912. 35 So auch die Einschätzung von Recker 2001, S. 177. 36 Zit. nach Leidel (Bearb.) 2006, S. 98. 37 München, BayHStA, Plansammlung 10778; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 46f., Nr. 152; Horst 2009, Bd. 1, S. 117. 38 Hannover, NLA, Kartenabteilung 11 a/32 pm. 39 Hannover, NLA, Kartenabteilung 11 a/33 pm. 40 Detmold, Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abt. Lippe, D 73, Tit. 5, Nr. 1003; vgl. Behr/Heyen (Hg.) 1985, Abb. S. 246. 41 Landshut, StA, Gericht Erding und Dorfen A 1518; vgl. Horst 2009, Bd. 2, S. 394f. mit Abb.

Die Integration der Kartographie

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zeigt den Stifter Hadamar I. und den ersten Abt Hermann bei der gemeinsamen Grenzbereitung des Gründungsgutes.42 In den genannten Karten verbinden sich zwei Verfahren der Grenzbeschreibung und -markierung, die aus heutiger Perspektive diametral entgegengesetzte Prinzipien der Wahrheitsfindung bzw. des Beweises verkörpern: zum einen die auf ritualisierter Wiederholung beruhende performative Handlung und zum anderen die auf empirischer Beobachtung beruhende Kartographie. In der Frühen Neuzeit schlossen sich diese Prinzipien jedoch nicht gegenseitig aus. Vielmehr verweisen die betreffenden Karten mit der Darstellung symbolischer Handlungen auf den komplementären Charakter der verschiedenen Formen der Beschreibung und Markierung von Grenzen. In diesem Zusammenhang sei auf einen Augenschein von 1615 hingewiesen, der im Zuge eines Reichskammergerichtsprozesses zwischen dem Fürstbistum Münster und der Grafschaft Bentheim angefertigt wurde und neben vielen anderen prozessrelevanten Details auch die Grenzbereitung einer Kommission zu Pferde zeigt. Die Karte wurde 1721 zusammen mit den zugehörigen Protokollen kopiert, um in den fortdauernden Streitigkeiten wiederum vor dem Reichskammergericht verwendet zu werden.43 Die ältere kartographische Form mit dem impliziten Verweis auf den symbolischen Umgang sowie das diesbezügliche Protokoll waren also auch im 18. Jahrhundert noch relevant. Nicht nur in der Frühphase der Kartographie bedeutete der Rekurs auf die traditionalen Mittel der Grenzziehung also eine zusätzliche Legitimation, wie ja auch die verbalen Beschreibungen durch ihre Berufung auf erfolgte Umgänge und umgekehrt die Mitführung älterer Protokolle bei Grenzbereitungen die Legitimität des jeweiligen Verfahrens stärkten. Eine ganz ähnliche Verschränkung unterschiedlicher Formen der Grenzbestimmung hat Uwe Israel für das Oberitalien des späten 12. Jahrhunderts festgestellt: Mit großer Selbstverständlichkeit verweisen hier Zeugenaussagen und Protokolle als diskursive Verfahren der Beweisfindung auf die rituelle Praxis des Zweikampfes als Mittel der Grenzfindung und affirmieren damit diese durch die Einführung des inquisitorischen Verfahrens vermeintlich überlebte Praxis: „Von dem Bewusstsein eines Fortschritts weg vom irrationalen Ritual hin zur rationalen Rechtsfindung ist an dieser Stelle nichts zu spüren.“44 Auch in unserem Fall geht es nicht um die Ablösung traditionaler von vermeintlich modernen Verfahren, also eine gleichsam teleologische Entwicklung zu einer immer größeren Rationalität. Vielmehr zeugt die Darstellung von Umgängen 42 Zwettl, Stiftsarchiv, Hs. 2/1, fol. 12r; vgl. Kleine 2009, S. 247f. mit Abb.; vgl. hierzu bereits oben Kap. II.4.2 („Frühe Regionalkarten“). 43 Münster, LAV NRW W, Karten A 87; vgl. Recker 2004a, S. 20–24 mit Abb. 44 Israel 2008, S. 146.

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Grenzziehungen im 16. und 17. Jahrhundert

ebenso wie die Einzeichnung von Grenzsteinen in Karten von dem Bemühen, mit dem neuen Verfahren eng an die herkömmlichen anzuschließen und auf diese Weise das mittelalterliche System der Markierung und Beschreibung von Grenzen zu ergänzen – und eben nicht zu ersetzen. Neben der Abbildung von materiellen und symbolischen Formen der Markierung von Grenzen auf Karten bedeutet aber vor allem die enge Verknüpfung von kartographischer Darstellung und verbaler Beschreibung eine neue Qualität bei der Konstruktion von Grenzen. Einen frühen Versuch einer solchen Verbindung stellt der Abriss der Herrschaft Burgrain aus dem Jahre 1528 dar (Abb. 20): Im oberen Drittel des Blattes findet sich eine Beschreibung des Grenzverlaufs der zum Hochstift Freising gehörigen Enklave, die unteren zwei Drittel nimmt eine Inselkarte des betreffenden Gebietes in Vogelschau ein.45 Die Karte hat noch weitgehend illustrative Funktion, der genaue Grenzverlauf lässt sich aus ihr nicht ableiten. Vielmehr ist sie ohne die Beschreibung mehr oder weniger unbrauchbar, während die verbale Beschreibung auch separat ‚funktioniert‘.46 Eine engere Verklammerung von Karte und Beschreibung findet sich erst seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Bereits im Kapitel zu den territorialen Landesaufnahmen dieser Zeit in Bayern, Württemberg, Sachsen, Hessen und Nürnberg haben wir festgestellt, dass diese häufig als Verbund unterschiedlicher Medien konzipiert waren, innerhalb dessen Karten, geographische und topographische Beschreibungen, historische Chroniken und gegebenenfalls Amtsbücher aufeinander verweisen und sich ergänzen.47 Vergleichbares findet sich auf der Ebene der verbalen und kartographischen Grenzbeschreibung. Die betreffenden Karten beziehen sich mit nummerierten oder mit Buchstaben versehenen Zeichen auf die entsprechenden Passagen der zugehörigen verbalen Beschreibung und umgekehrt. Die Beschreibung erläutert somit die Karte, wie auch umgekehrt die Karte die Beschreibung konkretisiert.48 So findet sich im Pfinzing-Atlas eine 45 München, BayHStA, Plansammlung 9430a; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 4, Nr. 8; Horst 2009, Bd. 2, S. 468f. mit Abb., dort auch eine Transkription der Grenzbeschreibung. 46 Ein spätes Beispiel für den Primat der Schrift ist eine Karte der Gegend um Oberstein von Christoph Tielmann Stella, die 1605 anlässlich eines Rechtsstreits zwischen dem Herrn zu Oberstein, Graf Philipp Franz von Falkenstein, und den Grafen von Eberstein um ein Viertel des sog. Idarbanns angefertigt wurde. Die strittigen Herrschaftsverhältnisse sind aus der Karte selbst nicht ablesbar, sondern werden in der Legende und in ausführlichen Textpassagen im Kartenausschnitt erläutert, Koblenz, Landeshauptarchiv, Best. 702, Nr. 8567; vgl. Behr/Heyen (Hg.) 1985, S. 250f. mit Abb. 47 Vgl. oben Kap. III.3.2.1 („Landesaufnahmen“). 48 Ein singuläres Beispiel für die frühere Zeit findet sich im Böddeker Kopiar von 1483; vgl. oben Kap. II.4.2 („Frühe Regionalkarten“).

Die Integration der Kartographie

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Abb. 20: Karte der Herrschaft Burgrain, 1529, Federzeichnung, 42 x 31,5 cm (München, BayHStA, Plansammlung 9430a).

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Grenzziehungen im 16. und 17. Jahrhundert

Abb. 21: Pfinzing, Paulus: Karte der Nürnberger Landwehr (nördliche Hälfte) aus dem Pfinzing-Atlas, ca. 1594 (Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 230, S. 23f.).

zweigeteilte Darstellung der Nürnberger Landwehr, die mit einer goldfarben gepunkteten Linie gekennzeichnet ist und insgesamt 18 nummerierte Grenzpunkte aufweist (Abb. 21).49 Diese um 1594 zu datierende Karte korrespondiert mit einer im Atlas wiedergegebenen verbalen Beschreibung der Landwehr aus dem Jahre 1577, die im Rahmen einer vom Rat angeordneten Inspektion angefertigt worden war.50 In der ursprünglichen Fassung steht der Text für sich, ohne Bezug zu einer Karte. Der Text als solcher ist in 18 nummerierte Absätze gegliedert, die jeweils nacheinander die Grenzabschnitte beschreiben. Pfinzing übernimmt für seine Karte diese Unterteilung und setzt die jeweilige Ziffer an den Beginn des betreffenden Grenzabschnittes, so dass der Benutzer seines Atlas’ problemlos Karten- und Textlektüre verbinden kann. Neben der Beschreibung von 1577 wird im Atlas auch die erste, 1470 von Endres Tucher in seinem Baumeisterbuch niedergelegte Beschreibung der Landwehr wiedergegeben.51 Die beiden Texte sind in zwei Spalten nebeneinander gesetzt, um einen unmittelbaren Vergleich sowie 49 *Pfinzing-Atlas 1994, S. 19, 23f.; vgl. Gagel/Schnelbögl 1957, S. 12f., Abb. im Anhang; Fleischmann 1994, S. 47–50. 50 Nürnberg, StadtA, B 1/II (Bauamt, Akt.), 1679; ebd., 1675 (Abschrift von 1578); vgl. auch Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, B-Laden, S I L 206/6. 51 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Amts- und Standbücher 323; vgl. die Edition des Baumeisterbuches von *Lexer (Hg.) 1862, hier S. 210–216 („Von der lantwer umb die stat“); zum Baumeisterbuch auch knapp Fleischmann 2000a, S. 132.

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Abb. 22: Beschreibungen der Nürnberger Landwehr von 1470 und 1577 aus dem Pfinzing-­ Atlas (Nürnberg, StA, Rst Nürnberg, Karten und Pläne 230, S. 18).

den Abgleich mit der gegenüberliegenden Karte zu ermöglichen (Abb. 22).52 Pfinzing scheint, so ist aus dieser Bild-Text-Komposition zu folgern, ein großes Interesse an der engen Verknüpfung von Karte und verbaler Beschreibung gehabt zu haben. Diese Innovation wird umso deutlicher, wenn man Pfinzings Arbeit mit der Karte vergleicht, die unmittelbar im Anschluss an die Anfertigung der verbalen Beschreibung der Landwehr von 1577 erstellt wurde. Es handelt sich um einen im Auftrag des Rates von Paulus Reinhard in Feder ausgeführten und kolorierten Rundprospekt.53 Dieser zeichnet zwar deutlich die Landwehr entsprechend der verbalen Beschreibung nach, korrespondiert aber mangels Nummerierung oder Litterierung nicht explizit mit dem Text. Hinzu kommt eine getrennte Aufbewahrung:

52 *Pfinzing-Atlas 1994, S. 18; vgl. Fleischmann 1994, S. 48. 53 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 202; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 84f., Nr. 42. Die Karte wurde zwischen 1577 und 1581 von dem Formschneider Stefan Gansöder in Holz geschnitten und in kleiner Auflage gedruckt, Fleischmann 2000a, S. 36f. mit Abb.; Schiermeier 2006, S. 76f. mit Abb. Vgl. insg. Timann 1987 mit Abb., dort auch zum Folgenden.

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Grenzziehungen im 16. und 17. Jahrhundert

Während die verbale Beschreibung von 1577 in den zugehörigen Akten abgelegt wurde, war der Plan in der Kriegsstube aufgehängt. Ein zweites Beispiel stammt ebenfalls aus Nürnberg: In dem oben bereits ewähnten „Geometrischen Abriß deß Stättleins und Ampts Velden“ von Hieronymus Braun aus dem frühen 17. Jahrhundert sind die Grenzsteine mit den Buchstaben A bis M bezeichnet. Die zugehörige verbale Beschreibung erläutert detailliert den Verlauf der Grenze und verweist dabei auf die vorhandenen zwölf Grenzsteine und deren Buchstabenbezeichnung in der Karte. Bild und Text stellen somit eine Einheit dar, die Karte ist nicht mehr bloße Illustration, sondern komplementärer Teil der Beschreibung. Interessant sind die unterschiedlichen Überlieferungsformen dieses ‚Abrisses‘: Die erste Version wurde von Braun 1611 auf einem Blatt von 120 x 123 cm angefertigt (Taf. 8).54 Es handelt sich dabei um eine kunstvoll kolorierte Federzeichnung, in der die Grenze mit einer mit Gold gehöhten Linie markiert ist und die Grenzsteine mit den benannten Buchstaben bezeichnet sind. Oben links in der von der Karte nicht gefüllten Ecke findet sich die zugehörige verbale Beschreibung der Grenze. Für eine regelmäßige Benutzung in der Verwaltung war das Ensemble von Karte und Beschreibung nicht geeignet. Dafür ist die Beschreibung zu klein und marginal, außerdem treten die litterierten Grenzsteine gegenüber der naturalistischen Darstellung des Geländes bis zur Unkenntlichkeit zurück. Vielmehr hat der „Geometrische Abriß“ repräsentativen Charakter und lässt sich sehr gut als Wandkarte im Veldener Landpflegamt oder im Nürnberger Rathaus vorstellen, wie es in dieser Zeit auch für andere Karten belegt ist.55 Für das alltägliche Verwaltungshandeln fertigte Braun 1613 eine verkleinerte, leicht vereinfachte Karte auf Pergament an.56 In dasselbe Jahr datiert ein Pergamentlibell, das neben einer weiteren verkleinerten Karte auch die ausführliche Grenzbeschreibung mit dem beschriebenen Buchstabensystem

54 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 642; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 146f., Nr. 118; Fleischmann 2000a, S. 314f. mit Abb. 55 Vgl. die Beispiele oben in Kap. III.2 („Landesbeschreibung und Staatenkunde“). Die Verbindung von Karte und Beschreibung auf einem gemeinsamen Träger scheint allerdings vergleichsweise selten; vgl. als weiteres Beispiel den Abriss des Niedergerichtsbezirks des adeligen Gutes Neutann von Daniel Beich um 1670; München, BayHStA, Plansammlung 207; vgl. Leidel (Bearb.) 2006, S. 185–188 mit Abb. Die Karte auf diesem repräsentativen, wohl als Probestück angefertigten Werk nimmt nur ca. ein Drittel der Fläche ein. Der Gesamteindruck wird von der verbalen Beschreibung dominiert, die mit Nummern auf die entsprechenden Grenzsteine in der Karte verweist. 56 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 643; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 146f., Nr. 118; außerdem *Wittmann 1952, S. 13, Abb. Taf. 37.

Die Integration der Kartographie

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enthält und ein handliches, durch einen festen Einband geschütztes Arbeitsinstrument darstellte.57 Derartige Libelli, in denen Karte und verbale Beschreibung zusammengebunden wurden, sind vergleichsweise selten, lassen sich in Franken und Bayern aber mehrfach nachweisen. Zu nennen ist ergänzend etwa ein Büchlein mit Ansichten der Grenze zwischen den bayerischen Pfleggerichten Schärding und Ried sowie dem Land ob der Enns von 1594, das im Zusammenhang von Auseinandersetzungen zwischen dem Herzogtum Bayern und dem Fürstentum Österreich ob der Enns angefertigt wurde (Taf. 7).58 Die Grenze ist hier in insgesamt 35 Augenscheine zerlegt, die jeweils in etwa dem Gesichtsfeld, also dem bei geradeaus gerichtetem Blick wahrnehmbaren Bereich entsprechen. Die mit Buchstaben auf der Karte gekennzeichneten Markierungen und Objekte werden in einer Legende im unteren Teil jedes Blattes erläutert.59 Solche Hilfsmittel deuten auf eine hinsichtlich der Raum­erfassung recht elaborierte Verwaltung in den betreffenden Territorien, denn sie eigneten sich hervorragend zum Gebrauch vor Ort und das heißt zur regelmäßigen Überprüfung und Bestätigung der bestehenden Grenzlinien. Einen Beleg für eine solche Praxis bietet die Überlieferungsgeschichte der bereits erwähnten Pfinzing-Karte des Pflegamts Hersbruck (Taf. 20).60 Sie besteht aus zwölf handgezeichneten Blättern und misst ca. 160 x 150 cm. Ein separates Libell enthält die verbale Grenzbeschreibung, in der wie in der Karte die 114 Grenzzeichen mit Nummern bezeichnet sind, sowie eine Blattschnittübersicht. Um den Gebrauch dieser Hilfsmittel und insbesondere der Karte im Feld zu vereinfachen, wurde 1596 eine auf sechs Blätter verkleinerte Version der Pflegamtskarte im Druck aufgelegt. Sie wird in der Korrespondenz zwischen dem Pfleger in Hersbruck und dem Landpflegamt mehrfach mit dem Hinweis erwähnt, dass sie „zur Fraißbereitung benötigt wirdt“.61 Die symbolische Markierung der Grenze wurde demnach 57 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, D-Laden, Akt. 4901. 58 München, BayHStA, Plansammlung 905 B; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 61, Nr. 198; Leidel (Bearb.) 2006, S. 125–128, Abb. S. 126. 59 Vgl. ganz ähnlich auch die Karte der schwedisch-russischen Grenze von 1595, bei der die Einzelblätter zu einer Art Leporello zusammengeklebt sind, Stockholm, Riksarkivet, Gränsk., Sv (F) – R komm. 1595–1596, Nr. 1–8; hierzu Katajala 2011, S. 79f. mit Abb. Eine solche Form der kartographischen Darstellung mit Legende, allerdings beschränkt auf eine Einzelkarte, findet sich noch 1721 auf einem Augenschein der Grenze zwischen dem Herzogtum Westfalen und der Grafschaft Nassau-Siegen auf der Rahrbacher Höhe bei Olpe, Münster, LAV NRW W, Karten A, 22019; vgl. Behr/Heyen (Hg.) 1985, S. 262, Abb. 212. 60 Vgl. oben Kap. III.3.2.1 („Landesaufnahmen“); dort auch detaillierte Nachweise zu Quellen und Literatur. 61 Zit. nach *Fleischmann (Bearb.) 1996, S. 44. In anderem Zusammenhang wird 1611 da­rauf hingewiesen, dass eine noch zu erstellende Karte des Pflegamts Lauf sogleich in Kupfer gestochen

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also nicht mehr nur auf der Grundlage der vorhandenen verbalen Beschreibung und der materiellen Markierungen im Feld durchgeführt, sondern man bediente sich beim Umritt auch einer Karte als Hilfsmittel. Dementsprechend sind die einzelnen Blätter der Karte schon von den Zeitgenossen auf Pappe aufgezogen und – so vermutet Peter Fleischmann – mit heute nicht mehr erhaltenem, elastischem Leinengewebe an den Längskanten verbunden worden, um so eine leicht handhabbare Faltkarte zu erhalten.62 Die schlechte Überlieferungslage entsprechender Dokumente dürfte nicht zuletzt aus dieser Gebrauchspraxis resultieren. Häufiger vorhanden sind dagegen Karten und verbale Beschreibungen, die zwar mit einem Nummern- oder Buchstabensystem zur Bezeichnung von Grenzsteinen und Grenzabschnitten aufeinander Bezug nehmen, aber keine buchbinderische Einheit bilden, sondern separat bzw. im Zusammenhang der betreffenden Akten aufbewahrt wurden.63 Dies ist sicherlich dem Format der Karten geschuldet, verweist aber auch auf die Verwendung des betreffenden Materials in der Verwaltung bzw. vor Gericht und also am Schreibtisch und nicht im Gelände.64 Das Verfahren der Nummerierung oder Litterierung wurde vielfach auch zur Kennzeichnung (prozess-)relevanter Objekte in Karten angewandt, wobei die Erläuterungen in der Regel in den Akten, werden solle, „dieweilen diese mappen der aempter leichtlich verlegt oder verlohren oder sonsten schadthafff werden khönnen, unndt hernach alle angewandte mühe unndt verhoffen vergeblich“, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Landpflegamt, Manuale 83, fol. 69v. 62 *Fleischmann (Bearb.) 1996, S. 48. 63 Vgl. die Beispiele für Bayern bei *Krausen (Bearb.) 1973, S. 32, Nr. 105 (1575); ebd., S. 55f., Nr. 181 (1591); ebd., S. 59, Nr. 192 (1593); ebd., S. 98, Nr. 301 (ca. 1600); ebd., S. 99, Nr. 302 (ca. 1600); ebd., S. 111, Nr. 349 (ca. 1600); ebd., S. 138, Nr. 443 (ca. 1610); ebd., S. 140, Nr. 451 (1611); ebd., S. 142, Nr. 457 (1612); ebd., S. 151, Nr. 484 (1616); ebd., S. 153, Nr. 491 (1618); ebd., S. 176, Nr. 571 (1629); ebd., S. 177, Nr. 572 (1629); ebd., S. 181, Nr. 584 (nach 1631); ebd., S. 181f., Nr. 585 (vor 1632); ebd., S. 196f., Nr. 641 (1644); ebd., S. 211f., Nr. 697 (1. Hälfte 17. Jh.); ebd., S. 215, Nr. 707 (1. Hälfte 17. Jh.); ebd., S. 215f., Nr. 709 (1. Hälfte 17. Jh.); ebd., S. 217, Nr. 712 (1. Hälfte 17. Jh.); ebd., S. 218, Nr. 716 (1. Hälfte 17. Jh.); ebd., S. 223, Nr. 736 (1. Hälfte 17. Jh.); ebd., S. 224, Nr. 737 (1. Hälfte 17. Jh.); ebd., S. 233, Nr. 773 (1. Hälfte 17. Jh.); ebd., S. 237, Nr. 785 (1590/1656); ebd., S. 241, Nr. 797 (ca. 1634/40). Ein Teil der genannten Karten ist detailliert beschrieben und abgebildet bei Horst 2009, Bd. 2. Die Erläuterung der Linienführung auf einer Karte in einer verbalen Beschreibung statt der Grenzsteine erwähnt Schwarzmaier 1986, S. 172, für 1576. 64 Vgl. in diesem Zusammenhang etwa den Hinweis von Bolland 1974, S. 20, dass die bereits erwähnte Karte der Elbe bei Hamburg von Melchior Lorich von 1568 von den Lübecker Kommissaren „sonderlich vorwart, unter unsern … pitziren vorsigelt“ an das Reichskammergericht versandt wurde. Offenbar machte das Format der Karte ein Zusammenbinden mit dem Rotulus, der die sonstigen Beweismittel enthielt und ebenfalls nach Speyer versandt wurde, unmöglich.

Die Integration der Kartographie

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gelegentlich aber auch als Legende auf der Karte gegeben wurden. So zeigt die Augenscheinkarte zum Reichskammergerichtsprozess der Reichsstadt Frankfurt gegen die Grafen von Hanau von 1575 verschiedene Zwischenfälle an, die sich im Vorfeld der Grenzmarkierung im strittigen Gebiet ergeben hatten (Taf. 3).65 Die betreffenden Orte sind nummeriert und mit einer kurzen Erläuterung versehen („beij diesem aichenstumpff ist Adam Crafft gegriffen worden“, „hie ist der todt cörper außgegraben worden“ usw.). Wann sich die Ereignisse zugetragen haben sowie Details zu den Vorgängen finden sich allerdings nur in den Akten. Die Karte ‚funktionierte‘ also nur im Zusammenspiel mit dem Schriftgut und den dort abgelegten verbalen Beschreibungen.66 Solche Legenden sind auch auf Grenzkarten zu finden,67 scheinen sich aber längerfristig ebensowenig durchgesetzt zu haben wie die teilweise begegnenden Erläuterungen zu Grenzsteinen und Grenzverlauf, die unmittelbar in den Kartenausschnitt eingetragen oder auf kleinen Zetteln an die entsprechenden Stellen geklebt sind.68 Vielmehr etablierte sich die komplementäre Beschreibung der Grenze in verbaler und kartographischer Form auf separaten Beschreibstoffen, was sicherlich nicht zuletzt dem Umfang mancher verbaler Beschreibung und dem begrenzten Platz auf Karten geschuldet war. Die Beispiele zeigen die enge Verschränkung von materieller Markierung, verbaler Beschreibung und Kartographie bei der Konstruktion von Grenzen, wie sie 65 Marburg, Hessisches StA, Karten P II, Nr. 14867; vgl. Scheurmann (Hg.) 1994, S. 286f., Abb. S. 260. 66 Vgl. als weitere Beispiele für das 16. Jahrhundert *Krausen (Bearb.) 1973, S. 9, Nr. 29 (1551); ebd., S. 26, Nr. 86 (nach 1572); ebd., S. 28, Nr. 93 (1574); ebd., S. 32, Nr. 106 (1575); ebd., S. 33, Nr. 109 (1576); ebd., S. 34, Nr. 114 (1577); ebd., S. 40, Nr. 132 (ca. 1580); ebd., S. 47, Nr. 155 (1584); ebd., S. 51, Nr. 167 (1589); ebd., S. 52, Nr. 170 (1589); ebd., S. 53f., Nr. 175 (1590); ebd., S. 54, Nr. 176 (1590); ebd., S. 54, Nr. 177 (ca. 1590); ebd., S. 55, Nr. 179 (nach 1590); ebd., S. 55, Nr. 180 (1591); ebd., S. 56, Nr. 182 (1591); ebd., S. 56f., Nr. 184 (1592); ebd., S. 59, Nr. 193 (1593); ebd., S. 61, Nr. 198 (1594); ebd., S. 62, Nr. 201 (1595); ebd., S. 65, Nr. 211 (1597); ebd., S. 67f., Nr. 220 (1599); ebd., S. 68, Nr. 222 (1599); ebd., S. 69, Nr. 225 (2. Hälfte 16. Jh.); ebd., S. 71, Nr. 233 (2. Hälfte 16. Jh.); ebd., S. 75f., Nr. 251 (2. Hälfte 16. Jh.); ebd., S. 79, Nr. 264 (2. Hälfte 16. Jh.); ebd., S. 236, Nr. 780 (1573/ca. 1700). Ein Teil der genannten Karten ist detailliert beschrieben und abgebildet bei Horst 2009, Bd. 2. Für das 17. Jahrhundert ließen sich die Beispiele beliebig vermehren. 67 Vgl. die Beispiele bei *Krausen (Bearb.) 1973, S. 140, Nr. 451 (1611); ebd., S. 218, Nr. 716 (1. Hälfte 17. Jh.); ebd., S. 228, Nr. 752 (1. Hälfte 17. Jh.); ebd., S. 237, Nr. 785 (1590/1656), die in der Karte nummerierte Grenzsteine zeigen, welche am Kartenrand entweder in Form einer Legende oder einer Grenzbeschreibung erläutert werden. Eine Erläuterung der Grenzlinie am Kartenrand ohne Hinweis auf Grenzsteine findet sich ebd., S. 63, Nr. 205 (1596). 68 Vgl. als Beispiele bei *Krausen (Bearb.) 1973, S. 40, Nr. 130 (1580); Horst 2009, Bd. 2, S. 490f., Nr. 85 (um 1620); außerdem Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Karten und Pläne 522 (um 1600); vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 134, Nr. 96/2.

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seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur Regel wurde. Karten dienten dabei nicht allein der Illustration, sondern bildeten einen komplementären Teil zu den übrigen Verfahren der Markierung und Beschreibung. Dementsprechend wurde es bei Grenzziehungen üblich, verbale Beschreibung, Kartierung und materielle Markierung als zusammengehörigen Vorgang zu begreifen. Diese Praxis lässt sich auch noch im 18. Jahrhundert nachweisen, wie beispielhaft der Hauptrezess zwischen Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Bayreuth zeigt, der am 7. Februar 1753 zwischen den beiden fränkischen Linien der Hohenzollern zur Ausräumung verschiedener Territorialstreitigkeiten geschlossen wurde:69 Um künftige Unstimmigkeiten über die fraischliche Obrigkeit zu vermeiden, sollte eine gemeinsame Kommission den genauen Grenzverlauf klären, darnach zu beständiger beruhigung über oben bemeldte gränz und obrigkeits berichtigung durch eine hochfürstliche deputation nach der gefertigten distincten und deutlichen beschreibung […] auf gemeinsame kosten ein accurater riß […] gemachet, dann, wo es der benachbarten halben thunlich und ohnanstössig gewesen, die vermarck- oder versteinung bewerckstelliget

werden. In der Praxis wurde im Anschluss eine veränderte Reihenfolge gewählt, indem zunächst Beschreibung und Versteinung erfolgten und erst auf dieser Grundlage ein Riss angefertigt wurde. Im Mai und Juni 1753 begab sich die gemeinsame Kommission ins Feld, um die Grenze neu zu versteinen, wobei jeweils ein „Fraischversteinungs protocoll“ mit Datum, Unterschriften und Siegeln verfertigt wurde, das neben der genauen Beschreibung der vorgenommenen Grenzbereitung die Lage der 156 Grenzsteine verzeichnet. In derselben Art und Weise wurde hinsichtlich der Abgrenzung der Jagdbezirke verfahren. Die beiden Versteinungskampagnen nahmen gute drei Wochen in Anspruch. An der Feldbegehung waren jeweils neun bis zehn Deputierte (Fraisch) bzw. acht bis elf Deputierte ( Jagd) sowie zusätzliche Personen beteiligt und es wurden insgesamt fast 300 Steine gesetzt bzw. begutachtet. Dieser erhebliche personelle und zeitliche sowie nicht zuletzt materielle Aufwand zeigt eindrucksvoll die Bedeutung der Grenzziehung als solcher, aber auch die der Verfahren der verbalen Beschreibung und materiellen Markierung noch in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Auf dieser Grundlage wurde eine Serie von sechs durch Unterschriften beglaubigten Karten angefertigt, von denen eine die Fraischgrenzen mit den im Protokoll angegebenen, nummerierten

69 Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Generalrepertorium, Brüderliche Differentien und Verträge 252 [unfol.]; die folgenden Zitate ebd.; vgl. auch ebd., Druckschriften 93–94.

Tradition vs. Innovation

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Grenzsteinen zeigt70 und die anderen fünf als Beilagen zum „Jagensvergleichsplan“ konzipiert sind.71 Mit der Unterfertigung der Karten erhielten diese Urkundencharakter und erlangten so einen den verbalen Beschreibungen gleichrangigen Status, was in den Jahrhunderten zuvor nicht der Fall gewesen war. Vielmehr wurde bei Grenzstreitigkeiten auf ältere Beschreibungen rekurriert und vor Gericht darauf verwiesen, Grenzbereitungsprotokolle und Grenzverträge wurden mit Datum, Unterschrift und Siegel beurkundet, während Karten zwar offiziell von vereidigten Landmessern angefertigt, aber nicht als eigenständige Rechtsdokumente begriffen wurden. Wie im letzten Teil der Arbeit zu zeigen sein wird, etablierten sich Karten demgegenüber im Laufe des 18. Jahrhunderts als Leitmedium im Diskurs um Grenzen.72 Hierzu gehörte neben der Entwicklung von rechtlich bindenden Vertragskarten auch die Gerichtspraxis, die immer stärker auf Karten rekurrierte und ihnen nunmehr Beweiskraft zuschrieb. Darüber hinaus wurden Karten nun sehr bewusst bei Auseinandersetzungen als herrschaftspolitisches Instrument eingesetzt, um eigene Ansprüche deutlich zu machen. Mit Karten konnten die eigenen Raumvorstellungen nicht nur propagiert werden. Vielmehr erlangten die postulierten Grenzen durch die visuelle Umsetzung im Kartenbild und deren europaweite Verbreitung eine Aura von Faktizität, die die gegnerische Seite am sinnvollsten mit eigenen Karten – Gegenbildern, Gegenkarten – konterte. Die Konstruktion von Grenzen verlagerte sich damit vollständig auf die kartographische, also gleichsam virtuelle Ebene.

2. Tradition vs. Innovation. Widerstände gegen den Gebrauch von Karten Der vorgestellte idealtypische Verlauf der sukzessiven Integration von Karten in das traditionale System der Beschreibung und Markierung von Grenzen wurde auf der Grundlage einer intensiven Untersuchung der fränkischen und bayerischen Manuskriptkartographie entwickelt. Für die betreffenden Territorien ließen sich zahlreiche weitere Beispiele anführen. Auf andere Regionen des Reiches ist dieser Befund jedoch nicht ohne Weiteres zu übertragen. Zwar lässt sich die aufgezeigte Entwicklung hier ebenfalls nachvollziehen. Sie setzte jedoch später ein und war 70 Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Karten und Pläne 444; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 374f., Nr. 477/1. 71 Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Karten und Pläne 435–436; ebd., 438; ebd., 440; ebd., 442; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 375–377, Nr. 477/2–6. 72 Vgl. unten Kap. V („Grenzkarten als Argument. Herrschaft und Raum im 18. Jahrhundert“).

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Grenzziehungen im 16. und 17. Jahrhundert

von Widerständen gegen das neue Medium der Karte geprägt, die im Folgenden näher behandelt werden sollen. Ein treffendes Beispiel sind die Bemühungen zur Ausräumung von Gebietsstreitigkeiten zwischen den Vereinigten Herzogtümern Jülich-Kleve-Berg und dem Kurfürstentum Köln in der Mitte des 16. Jahrhunderts. Die Auseinandersetzungen und gewaltsamen Konflikte zwischen den beiden niederrheinischen Mächten reichen in das Mittelalter zurück.73 Erste Grenzvergleiche zur Klärung der teilweise verworrenen Verhältnisse wurden im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts zwischen Herzog Johann  III. und Kurfürst-Erzbischof Hermann von Wied geschlossen, zwischen deren Nachfolgern, Wilhelm V. und Adolf III. von Schaumburg, wurden weitere Grenzabschnitte bereinigt.74 Unklar blieben weiterhin verschiedene Stellen des Grenzverlaufs zwischen der Grafschaft Mark und den östlich anschließenden Ämtern des kurkölnischen Herzogtums Westfalen.75 1551 strengte Adolf diesbezüglich einen Prozess vor dem Reichskammergericht an. Die Verhandlungen dauerten bis 1559 und endeten mit der Einwilligung Kurkölns zu einer außergerichtlichen Beilegung durch einen gütlichen Vergleich.76 Der nunmehrige Kurfürst-Erzbischof Gebhard von Mansfeld und Herzog Wilhelm verständigten sich am 13. Dezember 1559 darauf, in die umstrittenen Gebiete Kommissionen zu entsenden, die die Grenzen besichtigen, ältere Grenzprotokolle überprüfen, Zeugen vernehmen und eine vorläufige Vereinbarung über den Grenzverlauf treffen sollten.77 Der Rezess sah bemerkenswerterweise die Möglichkeit vor, sogenannte Landmaler bei dieser Arbeit heranzuziehen. Welche Rolle die anzufertigenden „affreissungen“ bei der Festlegung der Grenzen spielen sollten, wurde allerdings nicht

73 Vgl. nur die diesbezügliche Aktenüberlieferung in Duisburg, LAV NRW R, und Münster, LAV NRW W; hierzu *Oediger (Bearb.) 1957, S. 84, 114f., 244; *Oediger (Bearb.) 1970, S. 57f.; *Kloosterhuis (Bearb.) 1985, S. 46–81; *Müller (Bearb.) 2006, S. 22–31. 74 Kirmse 1962, S. 98. 75 Vgl. hierzu Kirmse 1962, S. 97–103, dort auch ein Teil der folgenden Zitate aus den mittlerweile neu signierten Akten in Duisburg, LAV NRW R, Kleve-Mark, Akt. 2586–2590; ebd., 2652–2654; ebd., Kurköln II, 4384–4385; sowie Münster, LAV NRW W, Kleve-Märkische Regierung, Landessachen 323–326; ebd. 613; ebd., 817; ebd., 910; ebd. 1152. Einzelne Aktenstücke sind gedruckt bei *Aders (Bearb.) 1951, S. 201f., Nr. 312; ebd., S. 206–208, Nr. 323; ebd., S. 223f., Nr. 339; ebd., S. 228f., Nr. 346; ebd., S. 229–232, Nr. 347; ebd., S. 232–235, Nr. 349; vgl. auch Frisch 1937, S. 36–43; Engels 1948. 76 Kirmse 1962, S. 98. Der Prozess konnte weder in Duisburg, LAV NRW R, RKG, noch in Münster, LAV NRW W, RKG, nachgewiesen werden. 77 Der Rezess wird erwähnt in Münster, LAV NRW W, Kleve-Märkische Regierung, Landessachen 613, fol. 9r.

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bestimmt.78 Für die herzogliche Seite wurde mit dieser Aufgabe Gerhard Mercator betraut, der im Sommer 1560 zusammen mit den örtlichen Beamten die Grenzen besichtigte und entsprechende Beschreibungen und Karten anfertigte.79 Die kurkölnische Seite war hinsichtlich der kartographischen Expertise unterlegen. Zu einem ersten Treffen der Unterhändler im Juli 1561 brachte sie – laut der gegnerischen Partei – „einen jungen, ungeschickten mäler [mit], der der geographyen gantz unerfahren“ sei, und konnte keine kartographischen Aufnahmen vorweisen.80 Auf kurkölnischer Seite wurde man sich der Unzulänglichkeiten angesichts der Vorarbeiten Mercators unmittelbar bewusst: „Ich besorge auch“, berichtete der kurkölnische Rat und Unterhändler Johann Averdunk nach dem ersten Verhandlungstag nach Bonn, dass „wir sein mit unserem maler ubel, ubel versehen, dan ehr disser dinge unerfaren, und wir konnens ime auch nit berichten. Doch moissen sehen, wie wir im thun in progressum“.81 Vorschläge der klevischen Unterhändler, auf der Grundlage der Mercator’schen Karten einen Vergleich zu schließen, diese gegebenenfalls zuvor von dem kurkölnischen Maler korrigieren oder auch von den beiden eine neuerliche kartographische Darstellung der Grenzen erstellen zu lassen, trafen nicht auf Zustimmung.82 Um den eigenen Verhandlungserfolg 78 Zit. nach Kirmse 1962, S. 98f. Situationsskizzen mit Angabe von Grenzmarkierungen und Landmarken waren auf klevischer Seite schon 1555 angefertigt worden, Münster, LAV NRW W, Kleve-Märkische Regierung, Landessachen 324, fol. 198r, 199r. Die Hinzuziehung von Malern bei der gemeinsamen Grenzbereitung ist in Italien bereits im 15. Jahrhundert belegt. So schickten etwa Siena und Florenz 1487 im Zusammenhang von Grenzstreitigkeiten zwei Juristen und zwei Maler an ihre gemeinsame Grenze zwischen Chanciano und Montepulciano, um „disegnare il loco lite“. 1493 wurde der „modello“ erneut mit den Gegebenheiten vor Ort abgeglichen; zit. nach Gautier Dalché 1996, S. 110, 112. 79 Die Karten sind bis auf eine kopierte Skizze nicht mehr vorhanden, Münster, LAV NRW W, Karten, A 21226; vgl. Kirmse 1962, S. 99f. Erstmals als Landmesser nachweisbar ist Mercator 1542 und 1543 als er in Flandern Ländereien vermaß, die zwischen den Äbten von St. Peter und St. Bavo in Gent strittig waren, Kirmse 1957, S. 21. 80 Münster, LAV NRW W, Kleve-Märkische Regierung, Landessachen 325, fol. 19, zit. nach Kirmse 1962, S. 101, Anm. 40. Ein Protokoll des Treffens findet sich in Duisburg, LAV NRW R, Kleve-Mark, Akt. 2590, fol. 147r–150r, im Anschluss folgen Zeugenaufnahmen; für die kurkölnische Seite vgl. ebd., Kurköln II, 4384, fol. 20r–21v, 26r–v. 81 Duisburg, LAV NRW R, Kurköln  II, 4384, fol. 26r. Zu Averdunk vgl. Heuser 2002/03, Teil 1, S. 297, 305–308. 82 Beispiele für Verhandlungen auf der Grundlage von Karten, die einseitig eingebracht worden waren, finden sich in späterer Zeit durchaus: So diente etwa im Streit um die Fraischgrenze zwischen dem nürnbergischen Pflegamt Betzenstein und den bambergischen Ämtern Pottenstein und Leienfels 1602/03 eine im Auftrag des Hochstifts Bamberg gefertigte Karte als Verhandlungsgrundlage, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 592; in ein weiteres Exemplar wurde der Grenzverlauf farbig eingezeichnet, wobei rote Punkte bereits bestehende

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nicht zu gefährden, lehnten die Kurkölner stattdessen kartographisches Material rundweg als Grundlage einer Verständigung ab. Begründet wurde dies mit dem Hinweis, dass „ihnen der Nuyssische affschiedt“, also die Übereinkunft von 1559, „sulchs nit uferlegte“, sondern vielmehr „uff der gethainer besichtigung zu ferner verhoer und erkundigungh geschritten würdt“, man also in althergebrachter Art und Weise durch Augenschein und Zeugenverhör zu einem Grenzvergleich finde.83 Die herzogliche Seite verzichtete tatsächlich auf die Nutzung der Karten, stellte den Kurkölnern jedoch Kopien zur Verfügung, in die Mercator den Grenzverlauf noch nicht eingezeichnet hatte. Es kam in der Folge allerdings nicht zu einer verbindlichen gemeinsamen Zeichnung. Am 24. Juli 1561 berichtete der herzogliche Sekretär Adolf Cloß, „dat geine greintzen noch ter tit alhier durch die beide maler aufgesat worden synt“.84 Die Gelegenheit, einen Grenzvertrag auf der Grundlage exakter Kartierungen des Grenzverlaufs zu schließen bzw. bereits die Diskussion über den angestrebten Grenzverlauf anhand von Karten vorzunehmen, wurde in diesem Fall also nicht genutzt. Probierte die herzogliche Seite in dieser Sache neue technische Möglichkeiten aus, scheint man diese in Kurköln kaum in Erwägung gezogen haben – ansonsten hätte man ebenfalls vorab Karten anfertigen lassen können. Vielleicht mangelte es an einem geeigneten Kartographen. Dass man aber auch zu den Verhandlungen nur einen unqualifizierten Tapetenmaler mitbrachte, zeigt deutlich, dass man in Kurköln in dieser Zeit weder Karten noch vor Ort aufgenommenen Skizzen besondere Bedeutung bei der Bestimmung, Festlegung und vertraglichen Absicherung von Grenzen beimaß.85 und schwarze Buchstaben noch zu setzende Grenzsteine entsprechend dem Begehungsprotokoll vom 07.09.1603 markieren, ebd., 595; die zugehörige Grenzbeschreibung ebd., D-Laden, Akt. 650; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 137, Nr. 102. Typischer ist allerdings die Ablehnung von einseitig eingebrachten Karten und die Anforderung unabhängiger Maler: So wurde etwa beim Streit zwischen der Reichsstadt Nürnberg und dem Fürstentum Brandenburg-Ansbach um die Vogelherde bei Nürnberg im Jahre 1593 unter Leitung eines Reichskammergerichtskommissars eine Begehung veranstaltet. Die Nürnberger überreichten bei dieser Gelegenheit den Ansbachern „zu beßerer information“ eine Karte Paul Pfinzings, die sofort als „ein privat gemähl“ abgelehnt wurde. Stattdessen wurde „ein abris durch einen erfahrenen und unparteijhischen beaidigten mahler“ gefordert „oder aber ein solches gar eingestelt werden solt“. Die Weigerung der Ansbacher führte dazu, dass die Begehung zunächst ohne Karte weitergeführt wurde. Erst bei einem zweiten Ortstermin 1594 wurde ein unabhängiger Feldmesser hinzugezogen, um eine Karte anzufertigen, *Pfinzing-Atlas 1994, S. 10. 83 Duisburg, LAV NRW R, Kleve-Mark, Akt. 2590, fol. 148r. 84 Münster, LAV NRW W, Kleve-Märkische Regierung, Landessachen 325, fol. 32ff., zit. nach Kirmse 1962, S. 102. 85 In einer Randbemerkung im kleve-märkischen Protokoll des Treffens heißt es: „Nota das die

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Im Streit mit Kurköln um die Grenze zwischen der Grafschaft Mark und dem Herzogtum Westfalen setzte aber auch die herzogliche Seite nicht konsequent auf den einmal eingeschlagenen Weg. Laut Rolf Kirmse war die Initiative zur Einbeziehung von Landmalern in die Grenzverhandlungen vom klevischen Geheimen Rat Johann Louwermann, einem Förderer Mercators, ausgegangen.86 Der Herzog selbst wies nun seine Räte zum Einlenken an, ohne auf dem technischen Vorsprung und der diesbezüglichen Kompetenz des klevischen Kartographen zu beharren: „so liegt unß ock nyt hart an, off dye Colnischen eynen ongeschaffen maler by sich genomd, och myt unßern meister Gerhardo Mercatore nyt verglycken wellen, dan wy des unßern eijn gueth begnuegen dragen“.87 Der schließlich 1561 geschlossene Grenzvertrag beruhte auf den herkömmlichen Verfahren der Beschreibung und Markierung von Grenzen, nämlich der verbalen Beschreibung sowie der materiellen und symbolischen Markierung im Feld.88 Mercator ist daher in dieser Grenzangelegenheit nicht weiter tätig geworden; auch hat er in der Folge kein größeres Kartenwerk in Form einer Landesaufnahme Jülich-KleveBergs ausgeführt. Kirmse hat deshalb dem klevischen Herzog eine „im Kern noch konservative Auffassung“89 attestiert, was denn doch als ein zu harsches Urteil erscheint. Denn immerhin beauftragte er Mercators Sohn Arnold seit den 1570er Jahren regelmäßig mit Kartierungsarbeiten.90 Dieser fertigte unter anderem 1575 eine Karte des bergischen Amtes Windeck für einen Prozess gegen die Grafen von Sayn-Wittgenstein um die Herrschaft Homburg,91 um 1580 sehen wir ihn bei Cölnischen geinen geographum, dan allein einen mäler von Brüssell mitbracht, der patronen zu den tapeten lehren mochte“, Duisburg, LAV NRW R, Kleve-Mark, Akt. 2590, fol. 149v. 86 Kirmse 1962, S. 99. Zu Louwermann vgl. Oppenhoff 1911, S. 132; die häufige Mitwirkung der Geheimen Räte in klevischen Grenzregulierungskommissionen erwähnt Schottmüller 1897, S. 33. 87 Münster, LAV NRW W, Kleve-Märkische Regierung, Landessachen 325, fol. 46, zit. nach Kirmse 1962, S. 103. 88 Für den Grenzabschnitt zwischen Schwarzenberg und Attendorn vgl. die von Juli bis September 1561 durch den herzoglichen Amtmann zu Unna, Dietrich van der Recke, und die kurkölnischen Beamten Cordt Kettler und Philipp van Dörde erarbeitete Grenzbeschreibung in Münster, LAV NRW W, Kleve-Märkische Regierung, Landessachen 817, fol. 124r–126r. Der schließlich zustande gekommene Grenzvertrag vom 03.10.1561, der die Übereinkünfte in traditioneller Form beschreibend protokolliert und keine Karten beinhaltet, findet sich in ebd., 613, fol. 8v–20v; vgl. auch ebd., 817, fol. 121r–122v (Auszug). Offensichtlich gingen die Streitigkeiten auch nach 1561 weiter, vgl. die bis 1759 reichenden Akten in ebd., 326–330. 89 Kirmse 1962, S. 103. 90 Vgl. zum Folgenden Kirmse 1962, S. 107–109; Meurer 1994, S. 377f. 91 Duisburg, LAV NRW R, RW Karten 5671; die diesbezüglichen Prozessakten ebd., RKG, G 862/2861; vgl. Vollmer 1952 mit Abb.

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Vermessungen in Born und Sittard im Herzogtum Jülich, 1581 zeichnete er für den Streit des Herzogs als Graf von Ravensberg mit dem Fürstbischof von Minden eine Karte der Wesergrenze92 und 1583 arbeitete er an einer Karte des jülichschen Amtes Wehrmeisterei. Dass darüber hinaus kein größerer Wurf in Form einer Landesaufnahme in Angriff genommen wurde, dürfte nicht zuletzt der krisenhaften Entwicklung der klevischen Dynastie und der Vereinigten Herzogtümer seit 1575 geschuldet gewesen sein. Der Tod des ältesten Sohnes Wilhelms V., Karl Friedrich, die zunehmende Gebrechlichkeit des Herzogs und die Geisteskrankheit seines ihm nachfolgenden Sohnes Johann Wilhelm ließen vor dem Hintergrund der konfessionellen Auseinandersetzungen und Kriegsereignisse in der Region für eine konzentrierte Territorialpolitik augenscheinlich wenig Raum.93 Gerhard Mercator erarbeitete in den folgenden Jahrzehnten seine berühmt gewordenen Karten der Britischen Inseln (1564), Europas (1554, 1572), der Welt (1569), Frankreichs, der Niederlande und Deutschlands (1585) sowie Italiens, des Balkans und Griechenlands (1589).94 Diese Darstellungen basierten ausschließlich auf bereits vorhandenen Karten und Messergebnissen sowie anderem Material, etwa Reisebeschreibungen. Nur noch einmal erledigte er selbst Vermessungsarbeiten für eine Karte, und zwar kurz nach dem oben analysierten Auftrag in Westfalen: 1564 vermaß er für Herzog Karl III. das Herzogtum Lothringen und fertigte eine Karte und Beschreibung.95 Die Kartenaufnahme kann als symbolischer Akt der Herrschaftsaneignung des jungen Fürsten interpretiert werden, der erst 1559 die Mündigkeit erreicht hatte. Das Herzogtum befand sich in einer machtpolitisch prekären Lage zwischen Frankreich und dem Reich:96 Die Unabhängigkeit vom Reich und seinen Organen, insbesondere den obersten Gerichten, war 1542 im Vertrag von Nürnberg anerkannt worden, Lothringen stand aber weiterhin unter dem Schutz von Kaiser und Reich und zahlte zwei Drittel der den Kurfürsten auferlegten Abgaben. Zudem gab es kleinere Herrschaften innerhalb der Grenzen des Herzogtums, die weiterhin lehensabhängig vom Reich waren. Solche 92 Vgl. Behr/Heyen (Hg.) 1985, S. 245, Abb. S. 243. 93 Vgl. zuletzt Groten/Looz-Corswarem/Reininghaus (Hg.) 2011. 94 Zu Mercator und seinem Werk vgl. jüngst Schneider/Brakensiek (Hg.) 2015; außerdem den ausführlichen Überblick von Horst 2012, S. 45–99; sowie die zahlreichen Sammelbände, die im Zusammenhang mit Mercators 400. Geburtstag publiziert wurden, u. a. Löffler/ Tromnau (Red.) 1994; Nave (Hg.) 1994; Hantsche (Hg.) 1994; Scharfe (Hg.) 1996; Vermij (Hg.) 1997. 95 Vgl. hierzu ausführlich Auerbach 1898; Hellwig 1999; außerdem Kirmse 1962, S. 104f.; Hellwig 1977, S. 208–211, 220–223. 96 Vgl. zu den politischen Verhältnissen in Lothringen im 16. Jahrhundert Coudert 1984; Mohr 1986, S. 119–283; zusammenfassend Hellwig 1999, S. 226f.

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Abhängigkeiten bestanden auch gegenüber Frankreich, das sich zudem mit der Besetzung der Fürstbistümer Metz, Toul und Verdun im Jahre 1552 Herrschaftspositionen jenseits seiner Ostgrenze verschafft hatte. Die Bistümer hatten seit Ende des 15. Jahrhunderts quasi Sekundogenituren des Hauses Lothringen gebildet, wurden nun aber aufgrund ihrer räumlichen Einbettung in das Herzogtum zu einer Bedrohung.97 Die Souveränität Lothringens musste dementsprechend beim Regierungsantritt Karls an oberster Stelle auf der außenpolitischen Agenda stehen. Hellwig vermutet, dass die Anregung zur Kartierung des Herzogtums von Kardinal Antoine Perrenot de Granvelle gekommen sei, dem wichtigsten Berater des Kaisers wie auch König Philipps II. von Spanien, der ein enger Vertrauter der Mutter Karls, Herzogin Christina von Lothringen, sowie ein Förderer Mercators war.98 Diese Vermutung ist insofern erwägenswert, da sowohl Spanien als auch die habsburgischen Erblande hinsichtlich der Nutzung kartographischer Möglichkeiten zur Repräsentation und Administration von Herrschaft erheblich weiter fortgeschritten waren als die meisten Territorien des Reiches.99 Die 1564 begonnene Lothringen-Karte wurde von Mercator nicht fertig gestellt, sondern zunächst von seinem Sohn Bartholomäus weiter bearbeitet.100 Letztlich verschwand sie aber in den herzoglichen Archiven und kam nicht zum Druck. Grund hierfür waren offensichtlich Auseinandersetzungen zwischen Mercator und dem verantwortlichen Beamten der herzoglichen Rechnungskammer, Thierry Alix, der mit Inhalt und Gestaltung der Karte nicht einverstanden war.101 Neben die topographische Landesaufnahme Mercators sollten nach dem Willen von Alix zwei Kartuschen mit einer von ihm in 35 Distichen verfassten Hymne auf Lothringen sowie einer summarischen Beschreibung des Herzogtums treten.102 Darüber hinaus  97 Vgl. zur französischen Politik in den Trois-Évêchés nach 1552 Petry 2006.  98 Hellwig 1999, S. 228; Mercator widmete ihm seine Europakarte von 1554, Kirmse 1962, S. 110. In der Arbeit von Banz 2000 wird die Förderung Mercators nicht erwähnt, sie behandelt ausschließlich die Kunstpatronage Granvelles.  99 Vgl. für Spanien Parker 1992; Buisseret 2007a; außerdem für die hinsichtlich der Entwicklung in Spanien zentrale Kolonialkartographie Buisseret 2007b; für Österreich ist insb. auf die Nutzung von Karten im Zuge der Errichtung der Militärgrenze seit den 1520er Jahren zu verweisen, vgl. unten Kap.  IV .3 („Regionale Differenzierungen“); vgl. außerdem Vann 1992 sowie die Überblicke von Dörflinger/Wagner/Wawrik 1977; Kretschmer/Dörflinger/Wawrik 2004. 100 Meurer 1994, S. 378; Hellwig 1999, S. 220. 101 Auerbach 1898, S. 325–327; Hellwig 1999, S. 220f.; zu Alix vgl. ebd., S. 229–235. 102 Vgl. die Edition der Texte bei *Alix 1870, S. 31–33, 134–136; vgl. hierzu seine Erläuterungen von 1594, ebd. S. 10. Dass auch die der ‚Descriptions‘ beigegebene Ortsliste nach Alix’ Vorstellungen auf der Karte figurieren sollte, wie Hellwig 1999, S. 221, schreibt, geht aus den Quellen nicht hervor. Mehr oder weniger umfängliche Textzusätze mit Lobsprüchen und

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müssen aber auch grundsätzliche konzeptionelle Differenzen bestanden haben, die aus den vorhandenen Quellen nur indirekt hervorgehen. Der entscheidende Hinweis ergibt sich aus den von Alix 1594 veröffentlichten „Descriptions particulières des Duché de Lorraine“. Alix reagierte hiermit auf eine nicht autorisierte Veröffentlichung der Lothringen-Karte im Gallia-Band des Atlaswerkes von Mercator im Jahre 1585, die ohne Anpassung an die aktuellen Grenzverhältnisse und hier vor allem die territorialen Vergrößerungen der jüngeren Zeit (insb. Grafschaft Bitsch), gedruckt worden war.103 Wichtiger ist in unserem Zusammenhang der Vorwurf gegenüber Mercators Karte, dass „grand nombre de monastères, prieurez, chasteaux, bourgs et villages n’y avoient esté rapportez“. Alix lieferte nun im Rahmen seiner ‚Descriptions‘ eine vollständige Liste dieser Orte, wobei er unterschied zwischen „ceulx qui sont du domaine de Vostre Altesse d’avec ceulx du clergé et des fiedvez et vassaulx.“ Dabei handelt es sich um immerhin 2.290 Orte, von denen auf der Mercator-Karte nur ein Bruchteil abgebildet worden war.104 Auch wenn ein solches Verzeichnis für die Verwaltung des frühneuzeitlichen Territoriums aufgrund der sich überlagernden und häufig strittigen Herrschaftsrechte immanent wichtig erscheint, war dieser Ansatz mit Mercators Idee kartographischer Darstellung von Herrschaftsräumen nicht kompatibel. Denn dieser bildete den „Lotharingia Ducatus“ als topographisch exakt bestimmte, räumlich zusammenhängende Einheit ab und nicht als Netz von (punktuellen) Herrschaftsrechten. Ganz selbstverständlich stellte er dabei die von Frankreich besetzten Bistümer Metz und Toul als Teil des Herzogtums dar,105 was den herzoglichen Herrschaftsanspruch über den gesamten lothringischen Raum verdeutlicht und den politisch-propagandistischen Zweck der Karte unterstreicht. In der Lothringen-Karte des Atlaswerkes von 1585 ist für den nördlichen Teil gegen Luxemburg und Trier die Grenze in Form einer gepunkteten Linie eingetragen. Diesbezüglich konnte Mercator auf die Kurtrier-Karte seines Sohnes Arnold von 1567 zurückgreifen.106 Die übrigen Grenzen wurden lediglich durch unterschiedliche Farb-

Informationen zu Geschichte und Beschaffenheit des abgebildeten Landes sind auf Karten des 16. Jahrhunderts nicht ungewöhnlich und gehen auf mittelalterliche Vorbilder zurück, Stercken 2004, S. 229. 103 Vgl. hierzu Widmung und Vorwort in *Alix 1870, S. 7–11; die folgenden Zitate ebd., S. 9f. 104 Vgl. die Liste bei *Alix 1870, S. 35–116. 105 So zumindest auf der 1585 erschienenen Karte im Atlas, die auf der Karte von 1564 basierte, vgl. Hellwig 1999, Abb. S. 246f.; Horst 2012, Abb. S. 186–189. Zur Frage der Abhängigkeit der beiden Karten vgl. Hellwig 1999, S. 223, 237. 106 Hellwig 1999, S. 225f.; zur Kurtrier-Karte Arnolds vgl. Kap. III.3.2.1 („Landesaufnahmen“) und IV.3 („Regionale Differenzierungen“).

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gebung der Territorien angedeutet, wie es vermutlich bereits in der Karte von 1564 der Fall gewesen war. Mit den Entwürfen von Mercator und Alix trafen zwei sehr unterschiedliche Konzepte der Repräsentation von Herrschaft aufeinander. Während Mercator eine topographische Landesaufnahme nach dem aktuellen Stand von Vermessungstechnik und Kartographie erarbeitet hatte, bevorzugte Alix die traditionale Form der verbalen Landesbeschreibung. Ging es bei Mercator um die Visualisierung eines Herrschaftsraumes, zielte Alix auf die Registrierung einzelner Herrschaftstitel: „Mercator s’attache à l’image topographique; Thierry Alix se préoccupait de la statistique administrative.“107 Zu diesem Ansatz passen Alix’ spätere Arbeiten, insbesondere das „Cartulaire de Lorraine“, ein Kopiar der Urkunden über herzogliche Rechts- und Besitztitel in 90 Bänden, sowie der „Recueil de plusieurs titres touchant la nature et qualité des fiedz du duché de Lorraine“ mit einem Register aller lothringischen Vasallen.108 Auch die Grenzinspektionen, die Alix in den 1580er Jahren vornahm (Vogesengrenze, Grafschaft Bitsch, Grafschaft Saarbrücken), sind vermutlich nur in Form von Beschreibungen, nicht aber in Karten dokumentiert worden.109 Die einzige bekannte, von Alix angefertigte Karte zeigt einmal mehr seinen traditionalen Zugang zu diesem Medium: Es handelt sich um die Darstellung des „Grand Pâturage des Hautes Chaumes“, eine Panoramakarte der Grenzzone in den südlichen Hochvogesen im Stile der Augenschein-Karten, wie sie im 16. Jahrhundert für forensische Zwecke erstellt wurden.110 Die Darstellung beruht auf dem Augenschein bzw. entsprechenden Skizzen und Beschreibungen, die Alix vorlagen, nicht aber auf exakten Messungen. Die Darstellungsform hat malerisch-illustrierenden, nicht empirischen Charakter. Der ‚Fall‘ Mercator wiederholte sich in den 1570er Jahren, was die traditionale Haltung Alix’ einmal mehr bestätigt: Der flämische Mathematiker und Festungsbaumeister Jan van Schilde (Scillius) wurde von Herzog Karl beauftragt, die 1572 erworbene Grafschaft Bitsch sowie die gesamte Ostgrenze des Herzogtums und 107 Auerbach 1898, S. 327. 108 Lepage 1857, S. 127–134; Hellwig 1999, S. 233f. In diesem Zusammenhang zu erwähnen ist eine Karte Lothringens, die um 1590 bei Johann Bussemacher in Köln gedruckt wurde. Sie besticht v. a. durch die Vielzahl von Wappen, mit denen sie ein eher auf Lehnsbindungen, denn auf herrschaftsräumlichen Prinzipien basierendes Bild der Region zeichnet, passt also zu den statistischen Bemühungen von Alix. Ein engerer Zusammenhang ist allerdings nicht nachweisbar, Hellwig 1977, S. 223f.; Hellwig 1999, S. 238–241. 109 Hellwig 1999, S. 229. Für die Grafschaft Bitsch vgl. das Begehungsprotokoll von 1577 in *Alix 1870, S. 148–161. 110 Boyé 1900, S. 319–350; Hellwig 1999, S. 230, Abb. S. 245. Zur forensischen Kartographie des 16. Jahrhunderts vgl. oben Kap. III.3.2.3 („Karten vor Gericht“).

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die nach Lothringen führenden Zugangsstraßen kartographisch aufzunehmen.111 Die Karte war 1574 fertig, aber wiederum scheint Alix Kritik und Einwände gehabt zu haben, die Karte verschwand im herzoglichen Archiv und gelangte nicht zum Druck. Sie ist nicht erhalten, aber aufgrund anderer Arbeiten van Schildes ist zu vermuten, dass auch sein nüchtern naturwissenschaftliches Verständnis einer Landesaufnahme nicht mit dem von Alix übereinstimmte.112 Dieser machte sich nun interessanterweise 1577 auf, um die Karte zu ergänzen und legte schließlich eine detaillierte Beschreibung – keine Karte! – der Grafschaft Bitsch vor.113 Wie bei den Grenzauseinandersetzungen zwischen Kurköln und Jülich-Berg zeigt sich auch im Fall Lothringen die Persistenz überkommener Methoden der Herrschaftsrepräsentation und die Zurückhaltung gegenüber neuen Techniken und Möglichkeiten, die nicht unmittelbar als probates Mittel zur Darstellung räumlich-territorialer Herrschaft erkannt wurden. Im Falle Lothringens kamen die Widerstände von der landesherrlichen Administration, obwohl diese selbst die Kartierungen in Auftrag gegeben hatte. Dieser Widerspruch lässt sich insofern auflösen, als offenbar nicht grundsätzlich Bedenken gegen kartographische Darstellungen bestanden, dabei aber eher an die ‚augenscheinliche‘ Illustration von Sachverhalten in Verbindung mit verbalen Beschreibungen gedacht wurde. Dass die modernen Kartographen auf derartige Beschreibungen verzichteten und sich mit einer vermessungstechnisch exakten Darstellung von Topographie und Grenzen begnügten, mithin ein ganz anderes Verständnis von Landesbeschreibung hatten und hierzu eine neuartige, nüchterne Darstellungsform wählten, löste die Konflikte aus und führte letztlich zum Rückzug der landesherrlichen Verwaltung auf vertrautes Terrain, die verbalen Landes- und Grenzbeschreibungen. Eine Kombination der Verfahren, wie sie anderswo vielfach praktiziert wurde, scheint demgegenüber nicht erwogen worden zu sein. Es wäre freilich anachronistisch, diese Haltung als innovations- oder modernisierungsfeindlich abzutun. Zu berücksichtigen ist vielmehr, dass sich die vormodernen Sehgewohnheiten erst allmählich vom Augenschein zum Grundriss verschoben und dieser Prozess zwar mit der Ptolemäus-Renaissance begonnen hatte, am Ende des 16. Jahrhunderts aber noch lange nicht abgeschlossen war, wie etwa der Kartengebrauch bei Gericht zeigt.114 Die Übergangsphase in der Wahrnehmung lässt 111 Vgl. zum Folgenden Auerbach 1898, S. 329–333; Hellwig 1977, S. 210f.; Hellwig 1999, S. 231–233; zur Grenzsituation der Pays de Bitche außerdem Schirmann 2008. 112 Vgl. etwa die Karten des Bistums Trier und des Bistums Lüttich im Atlas von Gerard de Jode von 1578, Meurer 1991, S. 231, 340, Abb. 59; Hellwig 1999, S. 224f.; *Linsmayer (Hg.) 2010, Abb. S. 96; detailliert zur Trier-Karte Meurer 1997. 113 Der Text ist abgedruckt bei *Alix 1870, S. 139–170. 114 Vgl. Kap. II.4.2 („Frühe Regionalkarten“) und III.3.2.3 („Karten vor Gericht“).

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sich darüber hinaus in der zeichnerischen Darstellung von Festungsarchitekturen zeigen: Im Laufe des 16. Jahrhunderts erfolgte in der Konzeption von Wehrbauten ein Wandel vom Aufriss zum Grundriss. Die Bauten waren in ihrer funktionalen Struktur nicht mehr von den Fassaden her verständlich, sondern nurmehr aus der Vogelschau.115 Dementsprechend wurde diese Perspektive fortan bei der Visualisierung von Städten mit ihren Mauer- und Festungswerken bevorzugt.116 Die Parallelität der Sehweisen auch noch am Ende des 16. Jahrhunderts zeigt sich gleichwohl in so zentralen Kunstwerken wie den Italien-Fresken der Galleria delle carte geografiche im Vatikan von 1581: Während Landschaft und kleinere Orte in der Vertikale erscheinen, sind größere Städte und Festungsbauwerke aus Kavaliersoder Vogelperspektive wiedergegeben, gelegentlich finden sich darüber hinaus am Rande des Landschaftspanoramas noch detaillierte Festungspläne. „So wechselt der Kartograph innerhalb seines Kartenbildes je nach Sujet vom Aufrißbild zum Grundrißbild.“117 Entsprechendes lässt sich für die konkrete Bauplanung aufzeigen: Noch 1589 rät Daniel Specklin in seiner „Architectura von Vestungen“ dazu, ergänzend zu Karten und Plänen auch architektonische Modelle anzufertigen: Weil aber etwann Potentaten und andere Herren sich nicht allwegen auß den grundrissen, noch auffgerißenen Perspectiven berichten koennen, so will im Bawen ein hohe notturfft sein, das man solches Holzwerck auffrichte, da dann alle groesse, hoehe, breite, dicke, boeschungen an Bolwercken, Waehl, Mauren, Streichen, Brustwehren, Graeben, Laeuffen und alles nach dem jungen Maßstab auffzogen und fuer augen gestelt werden kan, wei es gebawen werden soll, darnach man sich zurichten.118

Trotz der technologischen Fortschritte seit dem frühen 16. Jahrhundert konnte also auch an dessen Ende „das Vermögen, mathematische Schaubilder und Pläne zu verstehen, nicht vorausgesetzt werden“.119

115 Vgl. Moos 1974, S. 192f., 203f. „Die Formen der neuen Festungen und Burgen werden, verglichen mit ihren mittelalterlichen Vorgängern, unübersichtlich; ja, es ist vielfach unmöglich, in Anbetracht eines modernen Wehrbaus eine präzise Form überhaupt zu erkennen. Man muß auf die Grundrisse zurückgreifen, sie allein machen die funktionellen und formalen Determinanten der neuen Wehranlagen sichtbar. Vollends in Anbetracht von Wehranlagen des späten 16. Jahrhunderts“, ebd., S. 192. 116 Zu Stadtbildern in Form von Ansichten und Plänen vgl. das umfangreiche Handbuch von Behringer/Roeck 1999. 117 Moos 1974, S. 204, Abb. S. 178 (Zitat); Seng 2003, S. 25, Abb. 8–10. 118 Zit. nach Snyder 2007, S. 288. 119 Snyder 2007, S. 288. Das „topograpische Prinzip“, also die Darstellung von Wissen in einer

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In Lothringen wurde ein neuerliches Projekt zur kartographischen Raumbeschreibung erst nach Alix’ Tod 1594 in Angriff genommen: Unter dem Nachfolger Karls III., seinem Sohn Heinrich II., fertigte der herzogliche Geometer und Kartograph Jean L’Hoste zwischen 1612 und 1614 eine Karte der mit Kurtrier strittigen Grenzzone im Gebiet der unteren Saar an.120 Desgleichen zeigen sich in Kurköln im späteren 16. Jahrhundert gewisse Ansätze zu einem veränderten, nunmehr konstruktiven Verhältnis zur Kartographie, wenngleich der Befund insgesamt ambivalent ausfällt: Von 1579 datiert eine Karte des Bischofssondern, eines kurfürstlichen Waldes bei Bottrop, die im Zuge eines Reichskammergerichtsprozesses zwischen Kurköln und den Grafen von Schaumburg um das Eigentumsrecht an diesem Wald entstanden ist.121 Vorausgegangen war der Kartierung eine Begehung des Waldes und insbesondere seiner Grenzen, bei der unter Hinzuziehung von Zeugen eine verbale Beschreibung angefertigt wurde.122 Die Begehung wurde von Johann Averdunk geleitet, der uns bereits als kurkölnischer Rat bei der Grenzziehung zwischen der Grafschaft Mark und dem Herzogtum Westfalen in den frühen 1560er Jahren begegnet ist. Und Averdunk beauftragte nun Arnold Mercator, den Sohn des damals für die kleve-märkische Seite tätigen Kartographen, zusätzlich zu der verbalen Beschreibung eine Karte des Bischofssondern anzufertigen. Allerdings scheint es sich um einen Einzelfall zu handeln, denn Kurköln trat im 16. Jahrhundert ansonsten nicht mit Karten vor dem Reichskammergericht auf, wie eine Durchsicht des entsprechenden Düsseldorfer bzw. Duisburger Repertoriums ergibt.123 Bei Grenzstreitigkeiten mit der Grafschaft Waldeck in den 1570er und 1580er Jahren etwa fertigte Joist Moers verschiedene Karten für die gräfliche Seite an. Auf kurfürstlicher Seite gab es dagegen keine entsprechenden Hilfsmittel.124 Vor diesem Hintergrund ist zu vermuten, dass der „Augenschein in sachenn Collnn v Collnn“ aus dem Jahre 1590, der sich sowohl in der reichsstädtischen wie der kurfürstlichen Überlieferung findet, vom Kölner Magistrat und nicht von der landesherrlichen Administration beauftragt und in den betreffenden Reichskammergerichtsprozess eingebracht worden ist.125

zweidimensionalen Ebene, begegnet um 1600 in zahlreichen Wissensbereichen, Schäffner 1997. Inwieweit diese Neuerungen unmittelbar verstanden wurden, erläutert der Autor nicht. 120 Nancy, Archives départementales de Meurthe-et-Moselle, B 938, Nr. 1; vgl. Hellwig 1999, S. 235; außerdem Hellwig 1977, S. 227 mit Abb. 19. 121 Vgl. ausführlich Schetter 1959 mit Abb. 122 Schetter 1959, S. 100–103. 123 *Altmann u. a. (Bearb.) 1988–2003. 124 Vgl. Schäfer 1979, S. 146, 156–162, zu den Karten von Moers. 125 Duisburg, LAV NRW R, RW Karten 2514; Köln, HASt, Best. 7100 (Plankammer), 1/577; die

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Auch eine Landesaufnahme wurde in Kurköln nicht realisiert. Die auf umfangreicheren Vermessungen basierende Karte von Cornelius Adgerus von 1583 wurde nicht vom Landesherrn in Auftrag gegeben, sondern war ein kommerzielles Projekt des Kartenautors und seines Verlegers, Frans Hogenberg.126 In diese Zeit fällt allerdings ein weiteres Beispiel für die Nutzung von Karten seitens des Kurfürstentums: In das Jahr 1597 datiert das Markenbuch des westfälischen Wildbanns, das ansatzweise die oben beschriebene Verschränkung der verschiedenen Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen zeigt.127 Es enthält nicht nur verbale Grenzbeschreibungen, sondern auch ein „Verzeichnus der marckhen und irer zeichen“, in dem die vor Ort an Bäumen und Steinen angebrachten Grenzzeichen zeichnerisch wiedergegeben werden (Abb. 23).128 Verbale Beschreibung und materielle Markierung im Feld werden so sehr anschaulich miteinander verknüpft. Darüber hinaus ist dem Markenbuch eine Karte des „westphälischen Wildtbans so im jahr 1585 […] umbritten und verzeichnet worden“, beigelegt.129 Die Karte zeigt den Arnsberger und den angrenzenden Osterwald, die zusammen den landesherrlichen Wildbann bildeten, und setzt diesen farbig sowie mit einer gepunkteten Linie gegenüber dem Umland ab. Sie enthält allerdings keine Verweise auf das Markenbuch, wie auch umgekehrt der Text nicht auf das Bild verweist.130 Die beschriebenen Widerstände in Kurköln und Lothringen gegen den Gebrauch von Karten sind sicherlich keine Einzelfälle.131 Freilich gab es in dieser diesbezüglichen Prozessakten ebd., Best. 310 (RKG), C 44–46; vgl. *Kordes/Nippert/Jacob (Bearb.) 1998–2015, Bd. 1, S. 349–354, Nr. 295–297; vgl. Recker 1997, insb. S. 145–147. 126 Adgerus, Cornelius: Coloniensis Dioecesis Typus, Köln: Frans Hogenberg 1583; vgl. Meurer 1984, hier S. 135 zur Frage der Auftraggeberschaft, Abb. S. 129; Meurer 1988, S. 38f. mit Abb. 127 Arnsberg, Schloss Höllinghofen, Bibliothek der Freiherren von Boeselager; vgl. die Edition bei Conrad 2007, S. 28–58. Zur Verschränkung der Verfahren vgl. oben Kap.  IV.1 („Die Integration der Kartographie in das mittelalterliche System der Beschreibung und Markierung von Grenzen“). 128 Conrad 2007, S. 53–56 sowie Abb. S. 22; vgl. hierzu ebd., S. 24. 129 Zit. nach Conrad 2007, S. 57; Abb. und Umzeichnung der Karte ebd. nach S. 32. Die Annahme des Autors ebd., S. 27, dass die Karte auf Grenzbegehungen der Zeit Kurfürst Hermanns IV. von Hessen zurückgehe, ist nicht nachvollziehbar, denn auf der Rückseite der Karte wird lediglich darauf hingewiesen, dass die vier Männer, die den Wildbann umritten und verzeichnet haben, „alle von alters in uber 80 jahr und bei Erzbischof Herman von Hessen seligen gedechtnis de anno 1509 in dienst gangen“, ebd., S. 57. 130 Der Hinweis im Markenbuch, dass „eine carte zu machen bevohlen“ worden sei, ist ein späterer Zusatz, zit. nach Conrad 2007, S. 49. Zum Arnsberger Wald vgl. auch Günther 1994. 131 Vgl. als weiteres Beispiel die 1566 im Druck erschienene Karte des Zürcher Gebietes von Jos Murer; Stercken 2004 mit Abb., die folgenden Zitate ebd., S. 227, 238. Es handelt sich um eine repräsentative Darstellung des städtischen Herrschaftsgebietes, die „als Ausweis eines

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Zeit aber auch der Kartographie aufgeschlossene Landesherren und fürstliche Administrationen, wie sich bereits im Konflikt zwischen Kurköln und Kleve für die herzogliche Seite gezeigt hat. Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang noch einmal auf die Landesaufnahmen zu verweisen, die in verschiedenen Territorien bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts und von einer Reihe anderer in dessen zweiter Hälfte realisiert oder zumindest angestoßen wurden.132 Als besonders intensiv lässt sich der administrative Gebrauch der Kartographie in der Reichsstadt Nürnberg charakterisieren. Aber auch für das Herzogtum Bayern finden sich hierfür schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts verschiedene Beispiele, das früheste aus dem Jahre 1513: Im Auftrag Herzog Wilhelms IV. zogen bayerische Beamte in Ettal Erkundigungen wegen möglicher Beeinträchtigungen des Klosters durch die Herrschaft Schwangau ein und fügten ihrem Bericht einen Augenschein der Gebirge und Grenzen um Ettal bei, „damit sich Ewr gnad aus den schriftlichen underrichten dest bas habe ze richten“, sich also besser orientieren könnten.133 Diese Form der Illustration räumlicher Sachverhalte wurde in der Folge im Herzogtum zur Regel, wie Gerhard Leidel mit einigen weiteren Beispielen aus der ersten und vor allem aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nachweisen kann: Abrisse des Augenscheins und Grenzkarten wurden bei Beratungen des eigenen Vorgehens ebenso verwendet, wie man sie bei Verhandlungen mit der Gegenpartei produzierte, Obmann und Schiedsleuten bei gütlichen Ausgleichsversuchen übergab oder den Gerichten, insbesondere dem Reichskammergericht, bei rechtlichem Austrag einreichte.134

Im Bereich der Grenzkartographie ist in diesem Zusammenhang vor allem auf die seit dem späten Mittelalter andauernden Auseinandersetzungen um die besonderen Bewusstseins für die eigene Herrschaft als räumlich geschlossenes und auf die Hauptstadt orientiertes System“ gelten kann. Allerdings handelte Murer nicht im Auftrag der Stadt, sondern arbeitete auf eigene Rechnung. Auch wurde seine Karte in der Folge weder als politisches Instrument eingesetzt noch zu Verwaltungszwecken im Archiv aufbewahrt, was umso erstaunlicher ist, als Murer in der Zürcher Gesellschaft gut vernetzt war und einen gewissen politischen Einfluss hatte. Die Stadtregierung wusste zu diesem Zeitpunkt mit einer Kartierung von Herrschaft offensichtlich noch nicht allzuviel anzufangen, eine solche war „noch kein integraler Bestandteil des politischen Zeichensystems und Mittel herrschaftlicher Kontrolle.“ 132 Vgl. oben Kap. III.3.2.1 („Landesaufnahmen“). 133 München, BayHStA, Plansammlung 20141; vgl. Leidel 1989, S. 177 (Zitat); Leidel 2005, S. 267, Abb. S. 281; Leidel (Bearb.) 2006, S. 69–71 mit Abb.; Horst 2009, Bd. 2, S. 384– 387 mit Abb. 134 Leidel 1989, S. 178; die Belege ebd., S. 177f.

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Abb. 23: Markenbuch des westfälischen Wildbanns, 1597, fol. 96v–97r (Arnsberg, Schloss Höllinghofen, Bibliothek der Freiherren von Boeselager).

bayerisch-böhmische Grenze einzugehen, bei denen bayerischerseits immer wieder Karten herangezogen und in die Verhandlungen eingebracht wurden.135 Bereits 1514 fanden die Streitigkeiten mit dem sogenannten „Visier“, einer aquarellierten Federzeichnung des Grenzgebietes von Furth im Wald bis zum Arber, einen ersten kartographischen Niederschlag.136 Der über vier Meter lange Augenschein wurde von den beiden bayerischen Herzögen Wilhelm  IV . und Ludwig X. in Auftrag gegeben, die sich ein genaues Bild über den Verlauf der Grenze machen wollten („damit wir, wo von den sachen furan gered solt werden, dest bas davon

135 Länger andauernde Grenzkonflikte bestanden des Weiteren mit der Grafschaft Tirol und dem Fürstentum Österreich ob der Enns; vgl. zur diesbezüglichen Kartenproduktion Leidel (Bearb.) 2006, passim; zu den frühesten Grenzkarten in diesem Zusammenhang vgl. oben Kap. II.4.2 („Frühe Regionalkarten“); zu den Streitigkeiten allg. Khan 2004, S. 167–183. 136 München, BayHStA, Plansammlung 1427; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 1f., Nr. 4, Abb. Taf. 1; hierzu Pfeiffer 1966; Wolff 1988, S. 76f., Abb. S. 72f., 75 (Ausschnitte); Leidel 1989, S. 174f., 177. Zur Geschichte der böhmisch-bayerischen Grenze in der Frühen Neuzeit allg. vgl. Ziegler 1998; Khan 2004, S. 275–282; zu den diesbezüglichen Grenzverhandlungen und insb. der kartographischen Produktion Leidel (Bearb.) 2006, S. 147–177.

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ratslagen mogen“).137 Die Grenze ist hier als rote Linie in ein Landschaftspanorama eingezeichnet, teilweise verdeckt von davor liegenden Erhebungen im Gelände. Spezifika des Verlaufs und zu den Rechten des bayerischen Herzogs finden sich an den entsprechenden Stellen der Karte eingetragen. Einige Jahrzehnte später, im Jahre 1555, plante man, dem Kaiser anhand von vier Abrissen zu zeigen, welche territorialen Verluste das Herzogtum im Grenzraum durch die böhmischen Ansprüche erleide, setzte dies aber nicht um. Die Karten wurden dann 1557 bei Grenzverhandlungen in Regensburg verwendet.138 In dasselbe Jahr datiert die erste Vermessung der bayerisch-böhmischen Grenze durch den herzoglichen Zeug- und Baumeister Jörg Stern.139 Die beiden Exemplare der Karte sind nicht erhalten, überliefert sind aber die zugehörigen Erläuterungen und ein Gutachten, in dem der Kartograph seine Arbeitsweise erläutert. Die Karte sollte demnach nicht nur die bayerischen, sondern auch die böhmischen Ansprüche durch die Einzeichnung zweier verschiedenfarbiger Grenzlinien festhalten. Die Konfliktparteien wurden gebeten, ihm die jeweiligen Grenzzeichen zu weisen, die mit Merkpfählen markiert und in ein Protokoll aufgenommen wurden, um sie später mit entsprechender Nummerierung in die Karte einzutragen. 1558 fertigte Stern ein drittes Exemplar als Grundlage für Verhandlungen auf dem kommenden Reichstag an und erwartete, dass Kaiser und Fürsten die neue Grenze auf der Karte „mit ainer dintten durchziechen“ würden.140 Eine weitere Karte der Grenze datiert in das Jahr 1569, aufgenommen im Rahmen eines Streits um ein Eisenbergwerk von Michael Eresinger.141 Bei Verhandlungen an der Grenze im Jahre 1571 schlugen die bayerischen Räte vor, „ainen gewissen abriß oder Chartel“ aufzulegen, „falls es den Böhmen vielleicht aus leiblichem Unvermögen oder wegen der großen Wildnis beschwerlich sei, sich auf den Augenschein zu begeben“, wie Leidel die Quelle paraphrasiert.142 Mit Blick auf einen Grenztag im Jahre 1579 wurde empfohlen, „des augenscheins chartten durch geschworne mathematicos [darüber: geometras] machen [zu] lassen“.143 Sterns Karte von 1557 wurde aufgrund von Nachmessungen als untauglich befunden, sie enthielte mancherlei „fell und irrung“, so dass 137 Zit. nach Leidel 1989, S. 177. 138 Leidel 1989, S. 178; die betreffenden Karten in Amberg, StA, Plansammlung 193–195; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 10f., Nr. 32–34. 139 Vgl. zum Folgenden Leidel 1989, S. 170; Leidel 2005, S. 268; Leidel (Bearb.) 2006, S. 122–125. 140 Leidel 1989, S. 178. 141 München, BayHStA, Plansammlung 1916a–b; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 21, Nr. 68; Leidel 1989, S. 174f., Abb. S. 172. 142 Leidel 1989, S. 178. 143 Zit. nach Leidel 1989, S. 170.

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sich die Räte „auf berurte mappa gar nit verlassen dorfen“.144 Eine Neuaufnahme der Grenze erfolgte im Sommer des folgenden Jahres durch den Markscheider Lienhart Khutt, der dabei von dem Maler Joachim Österl unterstützt wurde. Die fertige Karte wurde 1582 im Feld durch deputierte Räte überprüft, die wiederum messtechnische Unstimmigkeiten feststellten und entsprechende Revisionen anmahnten.145 Neben den verschiedenen Beispielen für die Nutzung von Karten bei Grenzziehungen verdeutlichen gerade die genannten Nachmessungen und das Dringen auf Korrekturen den hohen Stellenwert, der der Kartographie seitens der herzoglichen bayerischen Administration im 16. Jahrhundert beigemessen wurde. Offensichtlich lag hier ein völlig anderes Verständnis der Möglichkeiten des neuen Mediums vor als in Kurköln und Lothringen. Die Beispiele für Widerstände gegen den Gebrauch von Karten zur Klärung von Grenzstreitigkeiten auf der einen und umgekehrt für die frühzeitige Nutzung von Karten in solchen Auseinandersetzungen auf der anderen Seite zeigen eine bemerkenswerte Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen. Grundsätzlich lässt sich zwar der oben aufgezeigte idealtypische Verlauf der Integration kartographischer Methoden in das mittelalterliche System der Beschreibung und Markierung von Grenzen für alle Territorien des Reiches aufzeigen. Dieser Prozess verlief allerdings in unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Die Ursachen hierfür, die insbesondere mit dem unterschiedlichen Territorialisierungsgrad und aktuellen Territorialisierungszwängen bzw. -bedürfnissen, aber auch mit der Vertrautheit mit dem Medium Karte sowie dem Vorhandensein geeigneter Kartographen zu tun haben dürften, sollen im folgenden Abschnitt diskutiert werden.

3. Regionale Differenzierungen In seinem magistralen Überblick zur Geschichte der Kartographie im deutschsprachigen Raum von 2007 stellt Peter H. Meurer fest, dass diese kurz nach der Mitte des 16. Jahrhunderts in eine neue, von drei Faktoren bestimmte Phase eingetreten sei: Die zunehmende Territorialisierung, das hiermit zusammenhängende Bedürfnis nach genauerer, fiskalisch, rechtlich und militärisch nutzbarer Information über den Raum sowie die Verfügbarkeit von ausgebildeten Landmessern 144 Zit. nach Leidel 1989, S. 170. 145 Leidel 1989, S. 172, 174; Leidel (Bearb.) 2006, S. 150–157; die betreffende Karte in München, BayHStA, Plansammlung 1903a; vgl. *Krausen (Bearb.) 1973, S. 42, Nr. 137. Von Österl stammt auch ein Augenschein des betreffenden Grenzabschnitts von 1581, ebd., S. 42, Nr. 136; vgl. Leidel (Bearb.) 2006, S. 147–149 mit Abb.

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und Kartographen hätten die Durchführung der ersten Landesaufnahmen in verschiedenen Territorien des Reiches ermöglicht, „although not all regional rulers recognized the value of accurate maps and data for the purposes of their administrations. In other territories the collection of statistical and descriptive data in noncartographic form was considered sufficient.”146 Diese Beobachtung trifft sich mit unserem Befund, wird von Meurer allerdings nicht weiter diskutiert. Immerhin gibt er jedoch mit dem Verweis auf die Territorialisierung und das Informationsbedürfnis der betreffenden Herrschaften sowie das strukturelle Moment der Verfügbarkeit von entsprechend geschulten Experten Anregungen für weiterführende Überlegungen in vergleichender regionaler Perspektive. Zunächst sei auf das Verhältnis von Territorialisierungsgrad und Kartengebrauch eingegangen: Karten scheinen besonders dort früh eingesetzt worden zu sein, wo aufgrund äußerer oder innerer struktureller Faktoren ein spezifischer Bedarf bestand. Dies war zum einen der Fall, wenn die territorialen Verhältnisse in einer Region ungeklärt oder umstritten waren, und zum anderen, wenn ein Territorium bereits konsolidiert war und auf dieser Grundlage eine aktive territorialstaatliche Politik verfolgte. Es ist hier insbesondere an die in der Arbeit immer wieder diskutierten Territorien in Franken auf der einen sowie das Herzogtum Bayern auf der anderen Seite zu denken. In beiden Fällen ergänzte die Kartographie die überkommenen Verfahren herrschaftlicher Raumbildung und Grenzziehung, auch wenn die betreffenden Territorien mit Blick auf ihren Territorialisierungsgrad die jeweils entgegengesetzten Enden eines idealtypischen Spektrums bildeten. Demgegenüber scheinen Territorien, die sich in diesem Spektrum irgendwo in der Mitte fanden, die Innovationen der Kartographie zunächst nicht benötigt zu haben. Gemeint sind hier solche Reichsstände, die bereits einen weitgehend unangefochtenen territorialen Konsolidierungsgrad aufwiesen, aber darüber hinaus keine intensiveren territorialstaatlichen Ziele verfolgten, also gleichsam saturiert waren. Für letztere steht unter den von uns analysierten Beispielen das geistliche Kurfürstentum Köln, das im Konflikt mit dem Herzogtum Kleve in den 1560er Jahren den Einsatz kartographischer Mittel bei der Klärung von Grenzstreitigkeiten vehement ablehnte.147 Wie für den Niederrhein insgesamt gilt auch für Kurköln, dass die territoriale Konsolidierung im Wesentlichen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts abgeschlossen war.148 Das Territorium blieb in seiner 146 Meurer 2007, S. 1221. 147 Vgl. oben Kap. IV.2 („Tradition vs. Innovation. Widerstände gegen den Gebrauch von Karten“). 148 Janssen 1984, S. 8, stellt schon für die Mitte des 14. Jahrhunderts fest, dass die niederrheinisch-westfälischen Territorien „alle einen ungefähr gleichen Grad der ‚Staatlichkeit’ erreicht

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äußeren Gestalt fortan unverändert, auch wenn manche Grenzlinie insbesondere im 16. Jahrhundert noch konkretisiert wurde.149 Da die diesbezüglichen Auseinandersetzungen eher geringfügiger Art waren, bestand offensichtlich kein Bedarf an neuen Formen der Beschreibung und Markierung herrschaftlicher Räume. Vielmehr reichten die überkommenen Verfahren völlig aus, um den Status quo zu behaupten und kleinere Unstimmigkeiten zu beseitigen.150 Zur skizzierten regionalen bzw. territorialen Differenzierung passt, dass die Zahl der im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen für das Rheinland überlieferten Karten verglichen mit Franken und Bayern sehr gering ist. Laut Erich Wisplinghoff entfallen von den ca. 3.000 Karten vor 1816 nur 30 auf das 16. und 100 auf das 17. Jahrhundert.151 Dagegen verzeichnet Krausen im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München sowie in den Staatsarchiven Amberg und Neuburg an der Donau knapp 300 Karten des 16. Jahrhunderts, ohne hier wie im Folgenden die ebenfalls inventarisierten Kopien und Zweitausfertigungen zu berücksichtigen. Nimmt man die im Repertorium auf „ca. 1600“ datierten Karten hinzu, sind es fast 380. Insgesamt listet Krausen bis 1650 etwa 800 Karten; auch der Bestand

haben, insofern sie administrativ nach dem Flächen- und Amtsprinzip durchstrukturiert sind. Es sind – das eine mehr, das andere weniger – nicht mehr nur ‚beherrschte’, sondern auch schon verwaltete Länder.“ Vgl. ausführlich zur niederrheinischen Territorialentwicklung Janssen 2000, insb. S. 127–156. Zur Territorialentwicklung Kurkölns im Spätmittelalter vgl. insb. Picot 1977. Die Autorin diskutiert sehr detailliert die territorialen Auseinandersetzungen zwischen Köln und seinen Nachbarn (Lösung von Pfandschaften, Erwerb, Krieg, Eingliederung von Herrschaften etc.), ebd., S. 92–249. Grenzen werden dabei nicht eigens thematisiert, aber als wichtige Voraussetzung zur Minimierung von Streitigkeiten angesehen, ebd., S. 150. 149 Vgl. Janssen 2008, S. 17f. 150 Mit dem Argument fehlender Notwendigkeit argumentiert auch Tewes 2002, S. 42–45, um die Absenz von Karten in der Verwaltung der päpstlichen Kurie im Spätmittelalter zu erklären: Zur Veranschaulichung und Systematisierung des eigenen Zuständigkeitsbereiches verwendete man seit dem 12. Jahrhundert geographisch geordnete Listen. „Von dem Gedanken aber, Diözesen mit ihren Grenzen kartographisch zu erfassen, war man noch weit entfernt. Denn hierfür gab es keine Notwendigkeit“, weil die Grenzen nicht strittig waren, ebd., S. 44. Demgegenüber gab es durchaus Konflikte um die Grenzen des Kirchenstaates, „doch trotz genauer Kenntnis und Definitionen der Grenzen scheint die Kurie keine Anfertigung entsprechender Karten angeordnet zu haben“, ebd., S. 45. Es ist zu vermuten, dass es genau andersherum war: Gerade wegen der genauen Kenntnis und Definition der Grenzen bestand keine Notwendigkeit zusätzlich zu den traditionalen Verfahren auch noch die Kartographie zu bemühen. 151 Wisplinghoff 1984, S. 177. Eine intensivere Aufarbeitung des Bestandes in Form eines konzisen Repertoriums wie auch weiterführende Forschungen zur (Manuskript-)Kartographie sind ein dringendes Desiderat der rheinischen Landesgeschichte.

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des 17. Jahrhunderts übersteigt also denjenigen in Duisburg um ein Vielfaches.152 Für Franken lässt sich ein ähnliches Bild zeichnen: Für das 16. Jahrhundert weisen die Repertorien von Fleischmann für das Staatsarchiv Nürnberg 81 und von Winkler für das Staatsarchiv Bamberg 36 Karten aus, nimmt man die mit „um 1600“ bezeichneten Einträge hinzu, sind es 100 bzw. 46. Für das 17. Jahrhundert finden sich 133 bzw. 100 Karten.153 Hinzu kommen wie bei Krausen zeitgenössische Kopien, Zweitausfertigungen sowie vorgängige Skizzen, die hier nicht berücksichtigt wurden. Im Nürnberger Repertorium werden zudem zusammengehörige Stücke, etwa die 33 Kartenblätter des Pfinzing-Atlas’, unter einer Nummer aufgeführt. Die genannten Zahlen wären also erheblich nach oben zu korrigieren, die Diskrepanz zum Rheinland ist aber auch so bereits mehr als deutlich. Die Zahlenverhältnisse spiegeln sich auch in der unterschiedlichen Nutzung von Karten in Prozessen vor dem Reichskammergericht, also der Institution, die die Kartographie seit ihrem Bestehen als Informationsmittel nutzte und diese Praxis – so wäre zu vermuten – auch in den betreffenden Regionen und Territorien verankerte.154 Im Rheinland zeigt sich allerdings ein anderes Bild, denn obwohl die Region im 16. Jahrhundert bei der Zahl der Prozesse einen Spitzenplatz im Reich einnahm,155 wurden Karten von den dortigen Landesherren nur vergleichsweise selten in das Prozessgeschehen eingebracht: In den in Duisburg für das Rheinland überlieferten Reichskammergerichtsakten werden Karten als Informationsund Beweismittel nur in 43 von 6.838 Prozessen, also nur in etwa einem halben Prozent der Fälle, erwähnt.156 Dabei fallen über die Hälfte der Prozesse, nämlich 24, in das 18., zehn in das 17. und neun in das 16. Jahrhundert. Insgesamt werden in den genannten Prozessen 60 Karten angeführt, davon 34 im Zusammenhang der Prozesse des 18. und 13 für das 17. Jahrhundert. Auch in den neun Prozessen des 16. Jahrhunderts begegnen 13 Karten, davon allerdings fünf in einem einzigen.157 Im Gegensatz dazu werden in immerhin vier Prozent der im Bayerischen Hauptstaatsarchiv aufbewahrten Prozessakten des Reichskammergerichts Karten 152 Vgl. *Krausen (Bearb.) 1973. 153 Vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998; *Winkler (Bearb.) 2005. 154 Vgl. oben Kap. III.3.2.3 („Karten vor Gericht“). 155 Gabel 1990, S. 144. 156 Die Datenerhebung erfolgte anhand des Repertoriums von *Altmann u. a. (Bearb.) 1988– 2003. Eine entsprechende Auswertung für den Bestand in Koblenz, Landeshauptarchiv, ist nicht möglich, da das Repertorium von *Looz-Corswarem/Scheidt (Bearb.) 1957 die Akten nur rudimentär verzeichnet und keine Beweismittel auflistet. 157 Duisburg, LAV NRW R, RKG, B 1644/5228; zwei der Karten jetzt ebd., RW Karten 6489; ebd., 6494. Es handelt sich um einen Prozess der kurkölnischen Stadt Bonn gegen das Dorf Kessenich, die Karten wurden von den kaiserlichen Kommissaren in Auftrag gegeben.

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erwähnt.158 Von den insgesamt 210 überlieferten Gerichtskarten entfallen 95 auf das 16. Jahrhundert. Etwas über die Hälfte (55%) betreffen Franken; im 17. Jahrhundert sind es 76% der Karten, im 18. Jahrhundert sogar 84%, was die bis an das Ende des Alten Reiches andauernden Schwierigkeiten der räumlichen Herrschaftsbildung in dieser Region eindrücklich zeigt, während das territorial konsolidierte Herzogtum Bayern lediglich 10 Karten (4,7%) zum Gesamtbestand beisteuert.159 Das beschriebene quantitative Gefälle zwischen dem Rheinland und den beiden anderen Untersuchungsregionen hinsichtlich der Karten in den landesherrlichen Archiven ist sicherlich nicht allein auf Überlieferungslücken zurückzuführen, wie Wisplinghoff vermutet.160 Vielmehr dürften die von uns angeführten strukturellen Gründe hierfür eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Betrachtet man den Duisburger Kartenbestand genauer, fällt auf, dass das Herzogtum Kleve mit ca. 650 Karten vor 1816 die reichste Überlieferung hat, gefolgt von den Herzogtümern Jülich und Berg mit ca. 120 bzw. 350 Karten, die aufgrund der Personalunion unter klevischer wie auch pfalz-neuburgischer Herrschaft durchaus addiert werden können, während Kurköln lediglich 200 Karten aufweist.161 Die Zahlenverhältnisse sind zum Teil der Tatsache geschuldet, dass Kleve und Berg mit dem Klevischen Kataster bzw. der Ploennies’schen Landesaufnahme große Kartenkonvolute produziert haben. Aber auch abzüglich der betreffenden Arbeiten bleibt ein deutlicher Abstand insbesondere zwischen Kleve und Kurköln bestehen.162 Im Gegensatz zum Kurfürstentum sind die Vereinigten Herzogtümer und insbesondere Kleve auch unter den Karten des 16. Jahrhunderts mit einer ganzen Reihe von Arbeiten vertreten,163 was zu dem Versuch passt, die neue Technik in den 1560er Jahren in 158 Vgl. zum Folgenden die Angaben bei Horst 2009, S. 35–37, 43–47. 159 Auch die Gesamtzahl der Prozesse spiegelt die territorialen Verhältnisse, betreffen doch fast die Hälfte der Münchener Prozessakten den Fränkischen Reichskreis, herausragend u. a. die brandenburgischen Markgraftümer und mit fast 500 Klagen die Reichsstadt Nürnberg. Demgegenüber traten die bayerischen Herzöge in den ca. 13.500 Prozessen nur in 41 Fällen als Kläger oder Beklagte auf, Horst 2009, S. 47f. 160 Wisplinghoff 1984, S. 168, meint, „daß nur noch wenige Trümmer vorhanden sind, die sich zudem sehr ungleichmäßig über das Land verteilen. Von den Gründen ist hier nicht im einzelnen zu sprechen. Bestimmt liegt es nicht daran, daß der Niederrhein auf diesem Gebiet rückständig gewesen ist.“ 161 Wisplinghoff 1984, S. 177. 162 Nicht verwunderlich ist bei diesem quantitativen Gefälle, dass auch die Zahl der durch ihre kartographischen Arbeiten bekannten Geometer im Kurfürstentum erheblich geringer ist als in Kleve, Wisplinghoff 1984, S. 171. 163 Vgl. u. a. Duisburg, LAV NRW R, RW Karten 4651 (ca. 1580); ebd., 2593 (1595); außerdem die noch in den Akten befndlichen Karten ebd., Jülich-Berg  II, 90 (1550); ebd., Kleve-Mark, Akt. 739 (1548); ebd., 740 (1548, 1567); ebd., 2337 (1570); ebd., 2656 (1550); sowie

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der Auseinandersetzung mit dem geistlichen Nachbarn um die Grenze zwischen der Grafschaft Mark und dem Herzogtum Westfalen einzusetzen. Die Übertragung kartographischer Aufgaben mit territorialem Fokus an Arnold Mercator seit den 1570er Jahren zeigt ein darüber hinaus anhaltendes Interesse an dem neuen Medium, auch wenn die Krise des klevischen Herzogshauses in der Folge eine weiterführende Entwicklung verhinderte. Gerade Krisen konnten allerdings auch zur Intensivierung des Kartengebrauchs führen, um die (bedrohten) Grenzen eines Territoriums zu markieren, dasselbe administrativ zu erschließen und damit der Landesherrschaft unterzuordnen. Die Krise hatte in diesen Fällen eine katalytische Funktion für die Entwicklung der Kartographie in dem betreffenden Raum. Von den von uns näher untersuchten Regionen wäre hier Franken zu nennen, wo die vielfache Überlappung territorialer Gerechtsamen zu fortlaufenden Streitigkeiten über die territorialen Grenzen bzw. ganz allgemein die Frage der Landeshoheit führte. Diese latente Krisensituation, in der sich die ‚territoria non clausa‘ vielfach bis an das Ende des Alten Reiches befanden, provozierte eine rege kartographische Produktion, wie die oben genannten Zahlen zu den Kartenbeständen verschiedener Archive zeigen. Prominentes Beispiel ist die Reichsstadt Nürnberg, in der die administrative Nutzung von Karten bereits in den 1510er Jahren einsetzte und sich intensiv über das gesamte 16. Jahrhundert verfolgen lässt.164 Ein solcher ‚Zwang zur Karte‘ aufgrund der Bedrohung des territorialen Bestandes lässt sich frühzeitig auch für die Habsburgermonarchie an ihrer östlichen und südöstlichen Peripherie aufzeigen: Die Errichtung der österreichischen Militärgrenze, die seit den 1520er Jahren als Verteidigungswerk zur Türkenabwehr in Ungarn und auf dem Balkan diente, wurde von Beginn an von Landmessern und Kartographen begleitet: „Concrete local geographical information became important for the headquarters in Vienna. To be able to make spatial decisions, existing military maps, views, and sketches were collected and new ones made in large quantity.“165 Ebenso wie die Bemühungen die Prozesskarten ebd., RKG, B 821/3187 (1592); ebd., C 776/1741, die Karte jetzt in ebd., RW Karten 5673 (1544); ebd., RKG, D 372/1042, die Karte jetzt in ebd., RW Karten 7988 (o. D.); ebd., RKG, G 862/2861, die Karte jetzt in ebd., RW Karten 5671 (1575); ebd., RKG, M 291/620 (o. D.); ebd., N 246/792 (o. D.), die Karte jetzt in ebd., RW Karten 6496; ebd., RKG, R 96/188 (1562). 164 Vgl. oben Kap. III.3.2.1 („Landesaufnahmen“). 165 Török 2007, S. 1842; zur frühen Kartographie der Militärgrenze vgl. ebd., S. 1842–1851; Pállfy 2011; außerdem Kretschmer/Dörflinger/Wawrik 2004, S. 16f.; sowie die Beispiele für das 17. und 18. Jahrhundert ebd., S. 22, 75f., 152f. mit Abb. Zur österreichischen Militärgrenze allg. vgl. grundlegend Amstadt 1969; außerdem in jüngerer Zeit O’Reilly 2006; Peacock (Hg.) 2009; Spannenberger/Varga (Hg.) 2014.

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um die Landes- und Reichsdefension erheblich zur inneren Konsolidierung der Erbländer beitrugen,166 dürfte sich mittelfristig auch die kartographische Bewältigung der Grenzverteidigung auf den Kartengebrauch der österreichischen Verwaltung insgesamt ausgewirkt haben.167 In diesem Zusammenhang ist auch das Herzogtum Bayern zu nennen, das frühzeitig einen hohen Territorialisierungsgrad aufzuweisen hatte und darüber hinaus auch im 16. Jahrhundert sehr konsequent die Territorialisierung vorantrieb, und zwar nicht zuletzt mit Karten, wie die frühen Landesaufnahmen von Aventin und Apian zeigen.168 Darüber hinaus spielte aber auch für Bayern eine ‚Krise‘ eine wichtige Rolle für die frühzeitige und intensive Nutzung der Kartographie, nämlich der im vorangegangenen Kapitel diskutierte, langwierige Grenzstreit mit Böhmen.169 Neben der latenten Bedrohung des territorialen Bestandes konnten auch akute Krisen zur Kartenproduktion anregen. Ein Beispiel ist das Herzogtum Lothringen, das – wie wir gesehen haben – genau zu dem Zeitpunkt eine Landesaufnahme unternahm, als das Territorium in einer kritischen Phase seiner Entwicklung stand, nämlich der Regierungsübernahme durch den noch jungen Herzog Karl III. im Jahre 1559.170 Auch wenn sich am Ende die kartographische Repräsentation nicht gegen die von der herzoglichen Administration weiterhin bevorzugten traditionalen Formen der Landesbeschreibung durchsetzen konnte, ist doch bemerkenswert, dass in diesem offenbar konservativen Milieu überhaupt eine Landesaufnahme durch Mercator und später van Schilde erwogen und realisiert wurde. Der außenpolitische Druck dürfte eine wesentliche Rolle bei dieser Hinwendung zu neuen Formen der territorialen Raumrepräsentation gespielt haben. Eine solche lässt sich auch für das benachbarte Kurfürstentum Trier feststellen, das in dieser Zeit allerdings aus innenpolitischen Gründen einen Territorialisierungsschub erfuhr. Auslöser einer verstärkten administrativen Durchdringung und räumlichen Aneigung des Herrschaftsraumes in den 1560er Jahren waren das Vordringen der Reformation im Erzstift und die Bestrebungen der wichtigsten 166 Vgl. v. a. Schulze 1973b am Beispiel Innerösterreichs im 16. Jahrhundert. 167 Diesbezügliche Studien fehlen, in der vorhandenen Literatur zur österreichischen Kartographie wird diese Frage, soweit ersichtlich, nicht thematisiert. Török 2007, S. 1851, weist immerhin darauf hin, dass „the effect of that huge cartographic laboratory, the Habsburg-Ottoman border zone and the eastern borderlands, on the development of all-European cartography is only one of the subjects that need further, cooperative, and international research”. 168 Vgl. oben Kap. III.3.2.1 („Landesaufnahmen“). 169 Vgl. oben Kap. IV.2 („Tradition vs. Innovation. Widerstände gegen den Gebrauch von Karten“). 170 Vgl. oben Kap. IV.2 („Tradition vs. Innovation. Widerstände gegen den Gebrauch von Karten“).

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Grenzziehungen im 16. und 17. Jahrhundert

Städte des Territoriums, Trier und Koblenz, nach Reichsunmittelbarkeit.171 Die erste von Kurfürst Johann VI. von der Leyen initiierte Maßnahme war die Anlage eines ‚Feuerbuches‘, die bis 1563 realisiert wurde.172 Bei der Einziehung der 1556 bewilligten vierjährigen Landsteuer hatte sich gezeigt, dass hierfür eine verlässliche Datengrundlage fehlte. Die kurtrierischen Ämter wurden aufgefordert, einen Fragenkatalog zu beantworten, in dem es nicht nur um die Zahl der Feuerstellen ging, sondern auch darum, wer in den betreffenden Dörfern und Städten die Hoheit, Grundgerechtigkeit und Eigenschaft der Leute habe, wer außer dem Erzstift dort noch Grundgericht und Gericht besitze, wie viele Eigenleute anderer Herrschaften dort lebten usw.173 Feuerstättenzählungen dieser Art hatte es in Kurtrier seit dem 15. Jahrhundert gegeben, bereits 1498 und 1548 lassen sich Vorläufer entsprechender Amtsbücher feststellen, und auch im 17. und 18. Jahrhundert griff die kur­ trierische Verwaltung auf dieses Instrument zurück.174 Neben dem unmittelbaren fiskalischen Zweck dienten sie der Inventarisierung der Herrschaftsverhältnisse im Territorium sowie zum Sammeln von „Beweise[n] für angewandte kurtrierische Landeshoheit.“175 Ergänzt wurde dieses Inventar durch eine zweiteilige Karte, die 1567 von Arnold Mercator vorgelegt wurde.176 Er war 1559 mit der Vermessung und Kartierung des Kurstaates beaufragt worden und realisierte bereits 1560/61 eine „Mappa geographica“ der Westeifel, die sich mit dem 1558 in den Kurstaat eingegliederten Gebiet der Reichsabtei Prüm deckt, also unmittelbar nach der Besitzergreifung als kartographische Aneignung angefertigt wurde.177 Schließlich folgte als dritte Maßnahme 1569/70 unter Johanns Nachfolger Kurfürst Jakob von Eltz eine Visitation des Bistums.178 Insgesamt können wir bei der herrschaftlichen Aneignung des Raums in Kurtrier eine Kombination traditionaler und neuartiger Verfahren konstatieren. Hinsichtlich des Einsatzes kartographischer Mittel trat das geistliche Kurfürstentum in der Folge allerdings nicht besonders hervor, vielmehr wurden sogar die Landesvermessungen des frühen und die im 171 So dezidiert Hartmann 1979, S. 95f.; vgl. übergreifend Voltmer 2010. 172 Vgl. die Edition von *Brommer 2003. 173 *Brommer 2003, S. 7f. 174 *Brommer 2003, S. 8f., mit den entsprechenden Quellenhinweisen. 175 Voltmer 2010, S. 52. 176 Die Darstellung des oberen Erzstifts ist im Original erhalten, die des unteren lediglich in einer Kopie, Koblenz, Landeshauptarchiv, Best. 702, Nr. 2a; vgl. Hartmann 1979 mit Abb.; Hellwig 1985, S. 22–25; Meurer 1994, S. 372f.; Woodward (Hg.) 2007, Bd. 2, Abb. Taf. 46. 177 Das Original ist nicht erhalten, die Kopie in Trier, StadtA, Kt 3/44, stammt von 1761; vgl. Meurer 1994, S. 372; Recker 2003, S. 71. 178 Hartmann 1979, S. 96.

Regionale Differenzierungen

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späten 18. Jahrhundert realisierten Amtsbeschreibungen noch ausschließlich in verbaler Form dokumentiert.179 Nach dem bisher Gesagten spielten die Territorialisierung und der in den verschiedenen Regionen des Reiches unterschiedliche Territorialisierungsgrad eine entscheidende Rolle bei der administrativen Nutzung des im 16. Jahrhundert noch vergleichsweise neuen Mediums Karte. Während territoriale Krisen den frühzeitigen Einsatz kartographischer Mittel durch die landesherrlichen Verwaltungen beförderten, zeigten sich Widerstände gegen den Gebrauch von Karten gerade dort, wo aufgrund einer gewissen territorialen Saturiertheit keine Notwendigkeit bestand, mit neuen Verfahren den weitgehend unumstrittenen Territorialraum zu beschreiben und zu markieren. Neben der Krise ist aber auch die territoriale Blüte bzw. der Anspruch einer weiterführenden territorialstaatlichen Politik als Movens bei der frühzeitigen administrativen Nutzung von Karten und der kartographischen Repräsentation von Herrschaft in Rechnung zu stellen. Abgesehen von dem bereits genannten Herzogtum Bayern wären hier auch andere größere Territorien zu nennen, die frühzeitig Landesaufnahmen realisierten und ihren Herrschaftsraum flächendeckend kartierten, wie etwa das Herzogtum Württemberg oder das Kurfürstentum Sachsen.180 Die Verfügbarkeit geeigneter Kartographen zur Realisierung größerer Kartierungsprojekte sowie zum Einsatz in akuten territorial- und grenzpolitischen Fragen spielte in diesem Zusammenhang sicherlich eine wichtige Rolle, wie Meurer konstatiert: „The qualifications and availability of such suitable specialists often determined whether a topographic survey would be undertaken in a German territory.“181 In Städten und Territorien mit einer frühzeitig ausgebildeten kartographischen Kultur, also vor Ort ansässigen Kosmographen, Kartenmachern, Geometern, Holzschneidern und Kupferstechern sowie Druckerverlegern, wie wir sie etwa in der Reichsstadt Nürnberg im 15. und 16. Jahrhundert vorfinden, konnten die Obrigkeiten auf zahlreiche Kräfte zurückgreifen, um die entsprechenden Bedürfnisse der Verwaltung zu befriedigen.182 Und gerade in der Frühzeit dürften die Anregungen bezüglich der Verwendung von Karten, die aus dem kommerziellen Sektor in die politischen Kreise gelangten, nicht zu unterschätzen sein. Gleichwohl erscheint die Verfügbarkeit geeigneter Kartographen eher 179 Vgl. unten Kap. V.1 („Landesvermessungen als Instrument staatlicher Verwaltung“). 180 Vgl. oben Kap. III.3.2.1 („Landesaufnahmen“). 181 Vgl. Meurer 2007, S. 1222; vgl. auch Biggs 1999, S. 382. 182 Das Nürnberger Milieu wurde kürzlich noch einmal anschaulich von Iwańczak 2009 beschrieben. Auf die produktive Konkurrenz in Nürnberg und in Franken in dieser Zeit verweist auch *Wittmann 1952, S. 8.

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ein notwendiger, denn ein hinreichender Faktor für regionale und territoriale Unterschiede bei der Verwendung von Karten im 16. Jahrhundert zu sein. Denn die Reichsstände mussten nicht zwingend auf autochthone Kräfte zurückgreifen, sondern konnten für diese Aufräge auch Experten von außen anwerben. Die weitgestreute Tätigkeit der Mercator-Familie und insbesondere Arnold Mercators ist hierfür ein sehr anschaulicher Beleg. Zudem konnte mit der dauerhaften Anstellung von Kartographen eine solche Expertise längerfristig ins Land geholt und so unter Umständen eine neue geographisch-kartographische Tradition begründet werden, wofür wiederum die Familie Mercator als Beispiel dienen kann, ebenso aber auch die buchstäblich über Generationen geführten Bemühungen um eine vollständige Landesaufnahme in Sachsen und anderswo.183 Das Angebot geeigneter Kartographen entwickelte sich somit auch in Wechselwirkung mit der Nachfrage seitens der landesherrlichen Administrationen. Dabei galt es auch, die einmal angeworbenen Kartographen zu halten und begonnene Projekte zu Ende zu führen. Immer wieder ist hingegen im 16., aber auch noch im 17. Jahrhundert festzustellen, dass Landesaufnahmen begonnen wurden, der federführende Kartograph die Arbeiten aber vorzeitig einstellte und weiterzog. Die genauen Gründe hierfür wären jeweils im Einzelfall zu überprüfen.184 Das strukturelle Problem ist aber offenkundig: Die Projekte wurden vielfach von Einzelpersonen durchgeführt und nicht von einer Institution, die die Kontinuität der Arbeit auch unabhängig von den individuellen Karrieren und Lebenswegen der beteiligten Mitarbeiter garantierte.185 Da entsprechende Strukturen nicht existierten, lag es an den Landesherren selbst oder entsprechend interessierten Mitarbeitern, die Landesaufnahmen und die Erstellung weiterer Karten voranzutreiben. „In general, the execution and quality of a topographic survey depended on the degree to which the particular authorities were personally

183 Vgl. oben Kap. III.3.2.1 („Landesaufnahmen“). 184 Vgl. Meurer 2007, S. 1222f., mit Verweis auf Mascops Arbeiten in Braunschweig-Wolfenbüttel und Kurmainz. Vollständige Landesaufnahmen wurden in der Folge erst mit erheblichem zeitlichen Abstand realisiert, nämlich 1630 mit der Karte von Braunschweig von Caspar Dauthendey bzw. 1680 mit dem Mainzer Ämter-Atlas von Nicolas Person; vgl. hierzu auch oben Kap. III.3.2.1 („Landesaufnahmen“); ergänzend zu Dauthendey Hellwig 1986. 185 Dies betont nachdrücklich auch Biggs 1999, S. 382: „Since each project was entirely in the hands of one individual, if he could not finish, then it languished.“ Das Problem bestand auch noch im 17. und 18. Jahrhundert, und nicht nur im Reich: „Zur exakten Vermessung eines ganzen Landes bedurfte es nicht einzelner Männer, sondern staatlich geförderter und finanzierter Organisationen, wie der wissenschaftlichen Akademien, militärischer Ingenieurskorps oder der Vermessungsbehörden“, Fieseler 2013, S. 60; vgl. auch ebd., S. 332f.

Fazit: Karten als Illustration und komplementäres Beschreibungsverfahren

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involved. When German rulers recognized the value and benefits of cartography and became open-minded patrons, excellent work was possible.”186

4. Fazit: Karten als Illustration und komplementäres Beschreibungsverfahren Die Verschränkung von Text und Karte, wie wir sie anhand der bei Grenzziehungen des im 16. und frühen 17. Jahrhundert angewandten Verfahrens beschrieben haben, ist ein Erbe der Kosmographien der Renaissance. In dieser Frühphase der Geographie war es selbstverständlich, verbale Beschreibungen der Erde und kartographische Visualisierungen in einem Buch zu vereinen.187 Die (humanistischen) Landesbeschreibungen des 16. und 17. Jahrhunderts griffen diese Form der medialen Synthese auf und verbanden häufig verbale Beschreibungen mit Karten und anderen Illustrationen, wie auch umgekehrt die territorialfürstlich initiierten Landesaufnahmen dieser Zeit flächendeckende Kartierungen mit umfangreichen Beschreibungen kombinierten.188 Dabei verschob sich der Stellenwert der Karten allmählich von der bloßen Illustration zum komplementären Beschreibungsverfahren, gelegentlich nahm die Karte auch bereits eine zentrale, die verbale Beschreibung sogar überragende Stellung ein. Exemplarisch lässt sich dies an der Entwicklung der pommerschen Landesbeschreibungen aufzeigen: In der Urschrift der „Pomerania“ von Thomas Kantzow von ca. 1541/42 finden sich neben der verbalen Landesbeschreibung auch zwei handgezeichnete Pommernkarten. Der Autor selbst erwähnt an einer Stelle seines Textes, er habe ein „Contrafei“, also eine bildliche Darstellung des Landes eingefügt, „damit man aber, was wir zuvor von Gelegenheit des Landes und itzt von den Wassern gesagt, desser besser vorstehe und es vor Augen sehe“.189 Überdeutlich wird hier die Funktion der frühen Kartographie, die in der Beschreibung erörterten Sachverhalte zu illustrieren.190 Knapp 100 Jahre später verhält es sich in der im Auftrag Herzog Philipps II. erstellten „descriptio“ Pommerns von Eilhard Lubin von 1617/18 genau umgekehrt: Neben der großen Pommernkarte verfasste 186 Meurer 2007, S. 1223. 187 Vgl. bereits oben Kap. III.3.1 („Die Regionalisierung der Kartographie in der Frühen Neuzeit“) zu den Atlanten in der Nachfolge des Ptolemäus; außerdem ausführlich zum medialen Spek­ trum der frühneuzeitlichen Kosmographie Vogel 2006; Cosgrove 2007, insb. S. 76–98. 188 Vgl. oben Kap.  III.2 („Landesbeschreibung und Staatenkunde“) und III.3.2.1 („Landesaufnahmen“). 189 Zit. nach Schmidt 1983, S. 71. 190 Vgl. Schmidt 1983, S. 67f.

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Grenzziehungen im 16. und 17. Jahrhundert

der Kartograph eine umfängliche verbale Landesbeschreibung in deutscher Sprache. Ein lateinischer Auszug derselben figuriert auf der Karte selbst, wobei diese nicht den Text „illustriert“, sondern der Text vielmehr die Karte „erläutert“. „Auch sie ist eine ‚descriptio‘, eine ‚Landesbeschreibung‘, und zwar die ins Bild gesetzte.“191 Ein entsprechender Verbund unterschiedlicher Beschreibungen mit einer ähnlichen medialen Komplementarität ist auch im Werk Kaspar Hennebergers am Ende des 16. Jahrhunderts greifbar: Der Pfarrer legte 1576 eine Karte Preußens mit dem Titel „Prussiae, das ist des Landes zu Preußen […] Eigentliche und warhafftige Beschreibung“ vor. 1584 folgte ein historiographischer Abriss zu den Deutschordensmeistern sowie die „Kurtze und warhafftige Beschreibung des Landes zu Preussen“, in der insbesondere die heidnische Vorzeit des Landes thematisiert und mit einer (historischen) Karte illustriert wurde. 1595 schließlich veröffentliche Henneberger die „Erclerung der preussischen grössern Landtaffel oder Mappen“, die zusammen mit der neu aufgelegten Karte erschien.192 Dieses letzte Buch diente, wie bereits der Titel aussagt, unmittelbar der ‚Erklärung‘ der Karte, bezog aber zugleich Informationen aus den beiden Arbeiten von 1584 mit ein, die auf diese Weise ebenfalls der Karte zugeordnet wurden. Wir haben es ganz offensichtlich mit medialen Entwicklungen zu tun, die sich in unterschiedlichen Kontexten – Wissenschaft, Publizistik, Politik, Recht – vollzogen und bei denen Wege erprobt wurden, unterschiedliche Verfahren der Beschreibung und Markierung von politischen Räumen und ihren Grenzen miteinander in Beziehung zu setzen. Insbesondere ging es dabei um die Verschränkung von Text und Bild bzw. Karte. Wie die Beispiele für den Widerstand gegen den Gebrauch von Karten in verschiedenen landesherrlichen Administrationen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gezeigt haben, war diese Einbeziehung von Karten im politischen und administrativen Bereich keine zwangsläufige Entwicklung. Denn obwohl die Innovationen im Vermessungswesen und in der Kartographie seit dem 16. Jahrhundert erstmals die Erstellung exakter Karten von Räumen kleiner und mittlerer Größe ermöglichten, erfolgte die Integration der Kartographie in das mittelalterliche System der Beschreibung und Markierung von Herrschaftsräumen und ihren Grenzen in den Territorien des Reiches in unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Die Gründe hierfür liegen im variierenden Territorialisierungsgrad, wobei insbesondere Krisen – außenpolitischer wie innenpolitischer Art – als Katalysator der Entwicklung identifiziert werden können. In manchen Territorien setzte der Prozess der medialen Integration bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein. In der zweiten Jahrhunderthälfte 191 Schmidt 1983, S. 71. 192 Vgl. hierzu Jäger 1982, S. 48–54 mit Abb.; Arnold 1983, S. 106–111.

Fazit: Karten als Illustration und komplementäres Beschreibungsverfahren

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begegnen einerseits die benannten Widerstände, andererseits wurde aber in dieser Zeit in vielen größeren und kleineren Territorien mit dem neuen Medium der Kartographie experimentiert. Spätestens um 1600 können Karten – neben den anderen Verfahren – als gängiges Instrument territorialstaatlicher Politik und Verwaltung angesehen werden.

V. Grenzkarten als Argument. Herrschaft und Raum im 18. Jahrhundert

La carte est plus intéressante que le territoire. Michel Houellebecq1

Der selbstverständliche Anspruch auf räumliche Herrschaft und deren Durchsetzung ist im 18. Jahrhundert unübersehbar. Hiervon zeugen nicht zuletzt neue Formen der räumlichen Herrschaftsrepräsentation, die das Prinzip der Raumbeherrschung in den Mittelpunkt stellen: etwa die Schlossarchitektur, die im Inneren endlose Raumfluchten zur Organisation des höfischen Zeremoniells schuf und im Außenbereich den zentralen Herrschaftsort mit Blickachsen in die räumliche Topographie des Territoriums eingliederte,2 die Gartenkunst, die im Barock einen nach außen begrenzten und im Inneren bis in den letzten Winkel geordneten Raum konstruierte und damit die territorialpolitischen Ansprüche und Fähigkeiten des Fürsten versinnbildlichte,3 oder die Jagd, für deren Durchführung gerade im 18. Jahrhundert massive Eingriffe in die Landschaft vorgenommen wurden und die damit ebenfalls auf eine ordnende, die Fläche durchdringende und strukturierende Territorialherrschaft verwies.4 Für die in dieser Zeit beliebten Parforcejagden etwa mussten riesige Flächen bereitgestellt und abgezäunt werden, in die Wälder wurden netzförmig Schneisen geschlagen, um den Jägern den schnellen Ritt zu ermöglichen, Jagdschlösser wurden an zentralen Punkten dieser Wegenetze errichtet usw. Aber auch die großen Infrastrukturprojekte der Zeit – Chaussee- und Kanalbau – gehören hierher, da sie das Territorium in der Fläche erschlossen und die bestehenden Herrschaftspunkte (Ortschaften, Burgen und Schlösser, Zollstationen, Richtstätten usw.) zu einem Netz verknüpften.5 Auf 1 2 3 4

5

Houellebecq 2012, S. 80. Vgl. beispielhaft das kurfürstliche Schloss in Bonn, Satzinger (Hg.) 2007. Vgl. für Frankreich die wegweisende Studie von Mukerji 1997. Vgl. für das Kurfürstentum Bayern Knoll 2004, insb. S. 370–378 („Domestikation der Natur als Medium absolutistischen Machtanspruchs“); außerdem Allmann 1989 für die Pfalz; Ernst 2000 für Kurtrier, die die Jagd in den Gesamtzusammenhang der herrschaftlichen Waldnutzung stellen. Schon im Spätmittelalter war die Jagd freilich ein „Beherrschungsins­ trument des unbebauten Raumes“, den der Fürst jagend in Besitz nahm, Morsel 1997, S.  284. Vgl. zur Entwicklung des Straßensystems als Maßnahme herrschaftlicher Raumerschließung für Sachsen Gränitz 2009. Neben der Anlage der Straßen ist auch die policeyliche Regulierung dieses Ortes für die Raumkonstitution von Bedeutung. Laut Iseli 2009, S. 70–74,

Grenzkarten als Argument

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allen genannten Ebenen räumlicher Herrschaftsrepräsentation – Schloss, Garten, Wildpark, Territorium – bestimmten die großen, geraden Linien und die sich daraus ergebenden weiten Perspektiven und Sichtachsen das Bild.6 Wie die territorialen Grenzen basierten die raumgestaltenden Projekte der Zeit auf Vermessungen und wurden in Karten bzw. Grundrissen festgehalten.7 Letzteren kommt damit eine Scharnierfunktion zwischen den unterschiedlichen raumbezogenen Verfahren dieser Epoche zu. Die planerische Finesse des herrschaftsräumlichen Systems war im Feld zu erahnen, aber nur Grundriss und Karte – als Symbole des planvollen Staates – lieferten ein genaues Bild des vom Fürsten geordneten, verwalteten und beherrschten Territoriums. Wenig verwunderlich ist denn auch, dass sich im 18. Jahrhundert auf zahlreichen Herrscherporträts Karten finden, die ganz offensichtlich die Funktion haben, auf den Herrschaftsraum, das Territorium des dargestellten Fürsten bzw. entsprechende Ansprüche zu verweisen.8 In der Regel weist der Dargestellte in repräsentativer Geste auf die Karte oder legt demonstrativ seine Hand darauf.9 Vorläufer dieses Typus sind die schon im 16. und 17. Jahrhundert begegnenden Herrscherporträts mit Globus und entsprechender besitzergreifender Geste.10 Im Gegensatz zu den

  6   7  8   9

10

regulierten die Policeymaßnahmen der Obrigkeiten den öffentlichen Raum nicht nur, sondern konstituierten ihn als solchen erst durch die gemeinwohlorientierten Vorschriften zu Sicherheit, Sauberkeit, freiem Durchgang usw. Vgl. zu den territorialpolitischen Implikationen des Kanalbaus für Frankreich Mukerji 2009. Mit Henri Lefebvre können die genannten Herrschaftsräume als ‚Isotopien‘ bezeichnet werden, „analoge, miteinander vergleichbare Räume, Orte des Gleichen oder gleiche Orte“; vgl. Lefebvre 1974, S. 190, 422f.; hierzu Schmid 2005, S. 277 (Zitat). Vgl. nur die Beispiele bei Behr/Heyen (Hg.) 1985, S. 176–184. Neuheuser 1985, S. 58–61; Harley 2001b, S. 71–73. Entsprechende Darstellungen finden sich schon für König Ludwig  XIV. von Frankreich: Berühmt ist das Gemälde „Le Roi donne ses ordres pour attaquer en même temps quatre des plus fortes places de la Hollande“ von Charles Le Brun von 1672 (Versailles, Galerie des Glaces), auf dem der König – unterstützt von Amor und Minerva – auf eine Karte der Niederlande zeigt. Am Boden liegen aufgerollte Festungspläne von Wesel, Büderich, Orsoy und Rheinberg, Harley 2001b, S. 73; Pelletier 2013, S. 47f. mit Abb. Vgl. auch die weiteren Beispiele bei Ziegler 2010, Abb. S. 17, 162, der auf Karten als Medium der Bildpropaganda allerdings nicht eingeht. Ein Beispiel aus dem Reich ist die Darstellung Kaiser Maximilians I., der mit seinem Zepter auf eine Karte der Reichskreise zeigt. Sie findet sich als Vorblatt in der nach den Reichskreisen gegliederten „Geographie von gantz Teutschland“ von *Tromsdorff 1711. Vgl. etwa das sog. Armada-Porträt Königin Elisabeths I. von England von George Gower in Woburn Abbey (Bedforshire), das die Königin nach dem Sieg über die spanische Armada 1588 mit der Hand auf einem Globus zeigt, Schramm 1958, Taf. 59b, Abb. 119a; Horst 2012, Abb. S. 142, oder Anthonis van Dycks Porträt des Thomas Howard, dem 21. Grafen

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Grenzkarten als Argument

Fürsten werden nachgeordnete Staatsbeamte eher beim Studium von Karten als Teil ihrer täglichen Arbeit gezeigt.11 Darstellungen von Karten als Symbol räumlichen Herrschaftsanspruchs finden sich in der Kunst bereits im 17. Jahrhundert, allerdings deutlich seltener und zudem eher in allegorischer Verwendung. So zeigt etwa ein Kupferstich aus der „Bavaria sancta“ von Matthaeus Rader von 1615 eine Karte des Herzogtums Bayern, die vom Erzengel Michael und den Schutzengeln der vier bayerischen Rentamtsstädte der Gottesmutter mit Kind präsentiert und von letzterem gesegnet wird.12 Als Insignien von Ruhm und Herrschaft einzelner Fürsten begegnen Karten darüber hinaus auf kommemorativen Darstellungen, etwa dem Kupferstich Johann Ulrich Krauß’ von 1701 mit der Darstellung eines Triumphbogens zu Ehren des 1698 verstorbenen Kurfürsten Ernst August von Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover). Verschiedene Karten figurieren hier neben Veduten, Wappen und szenischen Darstellungen.13 Die in unserem Zusammenhang freilich entscheidende Entwicklung des 18. Jahrhunderts ist in der Durchführung von Landesvermessungen zu sehen, die auf eine lückenlose Kartierung der territorialen Topographie zielten. Sie waren das neue Instrument staatlicher Verwaltung par excellence. Zudem wurde Karten nunmehr der Status von Rechtsdokumenten zuerkannt, sie wurden vor Gericht als Beweismittel genutzt und als Vertragskarten rechtlich bindende Teile von Verträgen. Neben der administrativen und juridischen Aufwertung wurde Karten im 18. Jahrhundert auch in politischer Hinsicht eine neue Rolle zugewiesen, indem Grenzstreitigkeiten mit diesem Medium in der publizistischen Öffentlichkeit ausgetragen wurden. Im System der Verfahren zur Beschreibung und Markierung von Grenzen bildeten Karten nun nicht mehr nur einen illustrativen oder komplementären Teil, sondern wurden zum Leitmedium, hinter dem andere Formen der Grenzbeschreibung zurücktraten bzw. ihrerseits illustrative respektive komplementäre Funktion einnahmen.

von Arundel, und seiner Frau Alathea Talbot von ca. 1635; der Graf zeigt auf einem Globus Madagaskar, dessen koloniale Entdeckung er mitverantwortete, Harley 2001b, S. 72 mit Abb. Als mittelalterlicher Vorläufer sei auf die Darstellung Kaiser Augustus‘ mit Erdkugel im T-Schema im „Liber Floridus“ des Lambert von St. Omer von ca. 1120 verwiesen, Schramm 1958, Taf. 35, Abb. 73a. 11 Neuheuser 1985, S. 60. 12 Glaser (Hg.) 1980, Bd. 2/2, S. 270f. mit Abb. 13 Neuheuser 1985, Abb. S. 63.

Landesvermessungen als Instrument staatlicher Verwaltung

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1. Landesvermessungen als Instrument staatlicher Verwaltung Die systematischen Vermessungen und Kartierungen des 18. Jahrhunderts sind ein Verwaltungsprodukt. Sie dienten der fiskalischen, wirtschaftlichen und adminis­ trativen Beherrschung des territorialen Raumes.14 Grundsätzlich zu unterscheiden sind topographische Landesaufnahmen und Katasterkarten. Während erstere die Oberfläche eines Territoriums mit Relief, Gewässern, Bodennutzung und Bewuchs sowie Ortschaften, Verkehrswegen und Grenzen wiedergeben, stellen letztere den Grundbesitz dar, wie er in den zugehörigen Steuerregistern (Katastern) für die steuerpflichtigen Personen und Objekte verzeichnet ist.15 In der Praxis vermischten sich freilich die beiden Formen. Insbesondere bei der Erarbeitung von Katasterkarten lag es nahe, zugleich auch topographische Gegebenheiten aufzunehmen.16 Umgekehrt bildeten manche Projekte der topographischen Landesaufnahme, wie etwa die unten noch zu behandelnde Ploennies’sche Landesaufnahme des Herzogtums Berg, die Grundlage für die eigentliche Katastrierung. Bei Löw haben wir gesehen, dass die Chancen, die eigenen Raumvorstellungen durchzusetzen, desto höher sind, je größer der Zugang zu sozialen Gütern ist, die durch Spacing und Syntheseleistung platziert und miteinander verknüpft werden können.17 Dieser Zugang ist nicht zuletzt abhängig vom Wissen des jeweiligen Akteurs. Auf die Generierung eines solchen Herrschaftswissens über den Raum zielten letztlich die Landeserfassungsprojekte der Zeit: Die gewonnenen Erkenntnisse wurden von den modernisierten landesherrlichen Verwaltungen des Absolutismus ihren Zwecken nutzbar gemacht. Deren zunehmende Intensität und Rationalität, ihre Bestrebungen zum Ausbau der Landesverteidigung, zur Sicherung und Vermehrung der 14 So dezidiert auch Fieseler 2013, S. 13, 337 (Zitat), der sich explizit gegen die ältere Forschungsmeinung stellt, das im 18. Jahrhundert gestiegene Interesse an einer systematischen Landeserfassung sei v. a. auf militärische Bedürfnisse der Landesherren zurückzuführen: „Die Kartenwerke sollten den Landesherren und Regierungen eine Übersicht über ihr Land geben und als Grundlage für administrative und wirtschaftspolitische Maßnahmen und den infrastrukturellen Ausbau des Landes dienen.“ Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Diskussion der Kameralisten über den territorialen Raum, hierzu umfassend Garner 2005. 15 Vgl. als Überblick über die europäischen und kolonialen Katasterprojekte des 17. bis 19. Jahrhunderts Kain/Baigent 1992 mit jeweils eigenen Kapiteln zu den Niederlanden, Deutschland und den habsburgischen Ländern; außerdem knapp zusammenfassend Kain 2007, S. 710–712; Hess 2016. Vgl. darüber hinaus die grundlegenden Forschungsergebnisse der jüngeren Zeit bei Mannori (Hg.) 2001 für Westeuropa im 18. Jahrhundert; Stein 2004 für das Alte Reich; Bourillon/Rigaudière/Touzery (Hg.) 2006–2008 für Europa insg. 16 Stein 2004, S. 177. 17 Vgl. oben Einleitung 1.1 („Elemente einer Raumsoziologie in historischer Perspektive“).

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Grenzkarten als Argument

Finanzen, zur Förderung der Landeskultur wie überhaupt der Wirtschaftspolitik des merkantilen Staates führten im 17./18. Jahrhundert zur Ausweitung des Vermessungs- und Kartenwesens.18

Neben Bestrebungen zur „Selbstinformation“, also zur näheren Kenntnis des Landes zwecks verbesserter Verwaltung und Herrschaftsausübung,19 handelte es sich bei den Projekten um Maßnahmen zur herrschaftlichen Raumkonstitution, also zur Absteckung und Aneignung des eigenen Territoriums. Dass die Landesvermessungen tatsächlich als Versuche der herrschaftlichen Raumkonstitution verstanden wurden, zeigen die massiven Konflikte, die sich in diesem Zusammenhang zwischen landesherrlicher Administration und Ständen ergaben. Denn insbesondere der Adel konnte kein Interesse an einer parzellengenauen Beschreibung und Kartierung seiner Güter im Sinne eines Katasters haben, da dies in den meisten Fällen wohl zu einer Erhöhung der Steuerschuld geführt hätte.20 Aber auch in der Bevölkerung gab es gelegentlich Widerstände gegen die Vermessungen.21 Darüber hinaus ist für den Zusammenhang der Aneigung und Absteckung des territorialen Herrschaftsraums bezeichnend, dass neu erworbene oder eroberte Gebiete häufig unmittelbar nach dem Anfall kartographisch aufgenommen wurden. Ein prominentes Beispiel hierfür ist Schlesien, das noch unter österreichischer Ägide seit 1722 vermessen und kartiert worden war.22 Ein Teil der Originalaufnahmen des Landes wurde 1741 preußische Kriegsbeute und bis 1744 von dem oberschlesischen Forstmeister Johann Georg Rehdantz für eine Generalkarte verwertet, die zum ersten Mal die aus dem Ersten Schlesischen Krieg (1740– 1742) resultierende Grenze zwischen Preußisch- und Österreichisch-Schlesien 18 Behr 1985, S. 32. 19 *Rassem/Stagl (Hg.) 1994, S. 29. 20 Vgl. als Beispiel die weiter unten behandelten Landesaufnahmen im Herzogtum Kleve und im Kurfürstentum Bayern. 21 So setzten die Einwohner des Hofes Pronsfeld, einem Kondominium des Herrn von St. Vith, des Klosters Niederprüm, des Kurfürsten von Trier als Herrn von Hartelstein und den Gemeinherren von Neuerburg, der Aufnahme der Grenzen durch einen luxemburgischen Ingenieurleutnant im Jahre 1773 „thätlichen Widerstand“ entgegen, Fabricius 1965, S. 594. 22 Vgl. zum Folgenden Lindner 2003, S. 418–423. Die administrative Aneignung eroberter Gebiete in Form von verbalen Beschreibungen lässt sich freilich schon in früheren Jahrhunderten feststellen: Ein Beispiel ist die Grafschaft Lingen, die 1548 im Schmalkaldischen Krieg von Kaiser Karl V. konfisziert, für das Herzogtum Geldern einbehalten und 1597 von den Generalstaaten erobert wurde. Bei der habsburgischen Inbesitznahme erfolgte eine verbale Beschreibung der fürstlichen Domäne in Form eines Einkünfteverzeichnisses. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts, 1603–1605 und 1616–1619, wurde für die Grafschaft unter oranischer Herrschaft ein auf Vermessung beruhendes Kataster, allerdings ohne zugehörige Katasterkarten erstellt, Stein 2004, S. 157f.

Landesvermessungen als Instrument staatlicher Verwaltung

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zeigt. Dabei blieb es aber nicht, vielmehr wurde 1746/47, also nur zwei Jahre nach der Fertigstellung der Rehdantz’schen Karten, unter der Leitung Carl Friedrich von Wredes, erneut eine Landesaufnahme Schlesiens begonnen und bis 1753 abgeschlossen. Weitere Landesaufnahmen folgten, ergänzten die bisherigen Arbeiten oder ersetzten sie entsprechend der technischen Fortschritte. Die kartographische Konstruktion des Raumes wurde auf diese Weise fortlaufend aktualisiert. Freilich hatte es bereits im 16. Jahrhundert in verschiedenen Territorien Projekte zur kartographischen ‚Landesbeschreibung‘ gegeben, und auch im Laufe des 17. Jahrhunderts wurden entsprechende Werke von den Fürsten initiiert.23 Sie beruhten vielfach auf (einfachen) Vermessungen und zeigten die Topographie des Territoriums und seiner Ämter, genügten aber den jüngeren Anforderungen insofern nicht mehr, als sie nicht genau und detailliert genug waren. Bereits von Seckendorff hatte in seinem „Fürsten-Staat“ geklagt, dass „nicht fast eine eintzige land-carte der provincien in Teutschland vorhanden [sei], welche nicht mit vielen, ja schier unzehlichen mängeln angefüllet wäre“.24 Dementsprechend sollten die Regenten verlässliche Karten „nicht durch stümper, sondern durch fleißige und darzu geschickte leute, auch nicht in der stube und hinter den ofen sondern in re praesenti, auf dem lande, wie sichs gebühret“, erstellen lassen, „und sollte man gleich etliche Jahre damit zubringen, denn es wäre doch endlich besser einmahl und langsam, als niemaln etwas rechtes zu machen.“25 Als Sinn und Zweck solcher Kartierungen bezeichnet von Seckendorff, sich jederzeit „bey allerhand fürfallenden geschäfften“ informieren zu können, und zwar unabhängig von der nur selten 23 Vgl. oben Kap.  III.3.2.1 („Landesaufnahmen“); ergänzend ist auf die im späten 17. Jahrhundert von den Niederlanden in der Grafschaft Ostfriesland und von Schweden in Vorpommern angestoßenen Katasterprojekte hinzuweisen, die auch Kartierungen beinhalteten, Stein 2004, S. 158f., 164–166. Für die pommersche Landesaufnahme wurden die Dörfer, Dorfgemarkungen sowie Grundstücke und Häuser der größeren Städte vermessen und beschrieben. Die Überlieferung umfasst ca. 30.000 Seiten verbaler Beschreibung und 1.000 Karten, vgl. das Projekt SVEA-Pommern. Karten und Texte der Schwedischen Landesaufnahme von Pommern 1692–1709. Eine GIS-gestützte Auswahledition des ersten deutschen Katasters im Internet (URL: www.svea-pommern.de [25.07.2017]). 24 *Seckendorff 1972, Additiones, S. 16f.; vgl. auch die Präzisierung ebd.: „Nicht nur allein wegen der Situation, und deren künfftigen einrichtung nach dem Polo, denn dieselben irrthümer mercket nicht ein ieder, es entspringet auch daher wenig schaden; Sondern in andern handgreiflichen Stücken, daß viel örter ausgelassen, dörffer für städte, und städte für dörffer angeschrieben, auch gantz ungeschickte Nahmen, wie sie etwan der gemeine mann nach seiner bäurischen art, ausspricht oder sonst gantz falsch und undeutlich, (der über-bezeichneten flüsse, gebürge und wälder, welche mehrentheils nur nach phantasey hinein gemahlet werden, zu geschweigen,) darein gesetzet und zu befinden.“ 25 *Seckendorff 1972, Additiones, S. 17.

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vorhandenen Möglichkeit der Ortsbesichtigung. An erster Stelle nennt er dabei Grenzfragen.26 Die Weiterentwicklung von Vermessungstechnik und Kartographie ermöglichte hier ein neues Niveau. Erfasst und visualisiert werden konnten nunmehr auch die Details der Fluren – technisch möglich und landesherrlich erwünscht war eine (parzellen-)genaue Kartierung des territorialen Raumes. Es ist hier nicht der Ort, die zahlreichen Landesaufnahmen des 18. Jahrhunderts zu nennen, geschweige denn ausführlicher zu behandeln.27 Hingewiesen sei lediglich auf die zentralen Projekte in Rheinland-Westfalen, Franken und Bayern: Im Rheinland, das in den Jahrhunderten zuvor keine intensiven Kartierungsbemühungen von fürstlicher Seite aufzuweisen hat, sind bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts verschiedene Vermessungs- und Kartierungsprojekte angestoßen worden:28 Das früheste und wichtigste Beispiel ist die „Topographia Ducatus Montani“, eine Landesbeschreibung und Kartierung des Herzogtums Berg und seiner Ämter von Erich Philipp Ploennies, die zwischen 1708 und 1715 erarbeitet wurde, aber nicht zum Druck gelangte (Abb. 24).29 Die weiterfüh26 *Seckendorff 1972, Additiones, S. 18f.: „Daraus können sie in kriegs- und friedens-zeiten bey allerhand fürfallenden geschäfften, da man von gräntzen, von durchzügen, von zusammenschlagung, theilung oder auswechselung dieser oder jener örter, zu geistlicher oder weltlicher gerichtsbarkeit oder anstalt, von strassen, schiffarthen, zöllen und geleiten, von durchführung der gefangenen, von jagten und fischereyen, auch von etlichen umständen in handel und wandel redet und rathschlaget, sich leichtlich und ehe informiren, als durch vieler Jahre erfahrung, welche nicht einem ieden begegnet, wie denn wohl an grossen höfen und in Regierungen und Cantzeleyen leute sitzen, welche von oberzehlten dingen votiren und statuiren, und doch keine gelegenheit gehabt haben, des landes und des situs kundig zu werden, dieweil man nicht einen ieden im reisen und verschicken, an alle orte brauchen, oder ihn im lande spatziren führen kann, die werden denn offt durch einen referenten, der sich auf den augenschein gründet, und etwan passioniret ist, oder in den tag hinein ohne gnugsamen grund, redet, und sein votum vertheidiget, übel verleitet und hintergangen.“ 27 Vgl. jetzt ausführlich zum Nordwesten des Reiches (Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel, Kurfürstentum Hannover, Herzogtum Oldenburg, Fürstbistum Osnabrück) Fieseler 2013; hier S. 33–84 auch ein Überblick zu den Kartierungsprojekten verschiedener europäischer Länder (Königreiche Frankreich, Dänemark, Schweden) und Territorien des Reiches (Österreich, Brandenburg-Preußen, Kurfürstentum Bayern, Kurpfalz, Markgrafschaft BadenDurlach); vgl. außerdem die allg. Überblicke von Zögner 1990 mit tabellarischer Übersicht S. 278f.; Lindner 2003; Kupčik 2011, S. 115–130. 28 Vgl. übergreifend Güthling 1938; Kleinn 1964/65; Behr 1985, S. 32–38. Hingewiesen sei ergänzend für den Mittelrhein auf den Ämter-Atlas („Novae Archiepiscopatus Moguntini tabulae“) des Kurmainzer Kartographen und Kupferstechers Nicolas Person von 1680, Würzburg, StA, Mainzer Risse und Pläne, Wandgestell 1; vgl. Häuser 1964; Hellwig 1985, S. 40f. 29 Duisburg, LAV NRW R, RW Karten 3500; das Faksimile *Ploennies 1988 enthält neben den Karten auch die zugehörige Landesbeschreibung; vgl. ausführlich Dietz 1996, S. 163–191; außerdem Hellwig 1991.

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Abb. 24: Ploennies, Erich Philipp: Überblickskarte aus der Topographia Ducatus Montani, 1715, Federzeichnung, 45 x 35,5 cm (Duisburg, LAV NRW R, RW Karten 3500 , Bl. 28).

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rende Kartierung des zum selben Herrschaftsverbund gehörigen Herzogtums Jülich wurde 1716 nach der Bearbeitung von fünf Ämtern abgebrochen.30 Grund hierfür war vermutlich die Konzeption des Projektes selbst, das nicht Endprodukt, sondern – abgesehen von dessen repräsentativem und politisch wie administrativ informativem Charakter31 – „eine bewußt nach geographischen Gesichtspunkten begonnene Vorarbeit für eine von den Ämter- und Stadtbediensteten auf ihrer Grundlage später anzufertigende Katastrierung“ sein sollte.32 Der Abschluss der Arbeiten zum Zwecke der Effektivierung des Steuersystems hätte also erhebliche Folgekosten verursacht, was nach dem Tod Herzog Johann Wilhelms II. innerhalb der Ministerialbürokratie nicht mehr vermittelbar war.33 Ploennies ging daher im Anschluss als Geograph und Baudirektor in das Fürstentum Nassau-Siegen und erstellte dort zwischen 1717 und 1725 eine Generalkarte der vier Ämter sowie Gemarkungskarten, die allerdings nur für das Amt Krombach vollständig fertiggestellt wurden.34 Laut Burkhard Dietz wurde mit der Vermessung Nassau-Siegens die exakte Kartographie im Nordwesten des Reiches eingeleitet, während die bergische Landesaufnahme „durch ihre besonderen wirtschaftlichen und staatenkundlich-repräsentativen Merkmale […] ein eigentümliches Bindeglied zwischen der vormodernen Topographie – von der sie sich bereits gelöst hatte – und der wissenschaftlich fundierten Kartographie“ darstellte.35 Gleichwohl wurde sie erst gegen Ende des Jahrhunderts durch die zwischen 1790 und 1792 veröffentlichte Karte des Herzogtums Berg von Carl Friedrich Wiebeking abgelöst.36 Als zweite herausragende Landesaufnahme des 18. Jahrhunderts im Rheinland ist das Klevische Kataster zu nennen, das von 1731 bis 1736 mit dem Ziel einer Katasterreform im Herzogtum erstellt wurde (Abb. 25).37 Die Vermessun30 Zu weiteren Ansätzen zur Vermessung und Kartierung von Jülich und Berg im 18. Jahrhundert vgl. Güthling 1938, S. 296–306; Wisplinghoff 1984, S. 174f. 31 Vgl. hierzu die Widmung und den „Vorbericht an den Leßer“, *Ploennies 1988, S. 12–24; außerdem Dietz 1996, S. 172–176, 181–191. 32 Dietz 1996, S. 178. 33 Dietz 1996, S. 179f. Vgl. zur Bedeutung von Landesvermessungen für die Steuerverwaltung am jülich-bergischen Beispiel Croon 1929, S. 163–189; Wagner 1977, S. 46–49. 34 Güthling 1950, mit Auflistung der Karten und erhaltenen Akten S. 21–37; Dietz 1996, S. 209–221, Abb. S. 215, 218. Detaillierte Karten von Nassau und der Wetterau hatte 1702 und 1710 bereits der nassauische Rat Johann Jakob Stetter vorgelegt, Hellwig 1985, S. 41, 70, Abb. S. 115. 35 Dietz 1996, S. 242. 36 Güthling 1938, S. 306–313; Schmidt 1973, S. 19f.; Dietz 1996, S. 244; Schwarz 2005, S. 78f., 135 mit Abb. 37 Ketter 1929; Hövelmann/Steinbring (Hg.) 1984, insb. S. 185–201; Aymans 1986. Die diesbezüglichen Quellen sind teilweise ediert bei *Schmoller/Stolze (Bearb.) 1910/12,

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Abb. 25: Klevisches Kataster, Amt Emmerich, Emmericher Eiland, Bl. 1: Rheinfront der Stadt Emmerich im Grundriss, Schanze Orange, 1738, kolorierte Federzeichnung, 63 x 96 cm (Duisburg, LAV NRW R, Kleve, Kataster 5, Bl. 1).

gen erfolgten, wie Gerhard Aymans eruiert hat, auf der Grundlage von Triangulationen und nicht, wie ansonsten noch allgemein üblich, auf der Grundlage herkömmlicher Vermessungsverfahren.38 Allerdings konnte dabei nicht auf ein geschlossenes Dreiecksnetz zurückgegriffen werden. Vielmehr orientierten sich die preußischen Offiziere vermutlich an markanten Punkten im Gelände, etwa Kirchtürmen. Zwar wurden die Vermessungen zu großen Teilen abgeschlossen Bd. 5/1, S. 221–226, Nr. 115, hier insb. S. 226; ebd., S. 386–388, Nr. 225; ebd., Bd. 5/2, S. 175– 184, Nr. 116; ebd., S. 259f., Nr. 166; ebd., S. 374–376, Nr. 211. Die Karten sind v. a. überliefert in Duisburg, LAV NRW R, Kleve, Kataster 1–152, aber auch in zahlreichen kleineren Archiven, u. a. im Gemeindearchiv Schermbeck, *Neuheuser (Bearb.) 2008, S. 23–212, Nr. 1–163. 38 Neben dem Befund der Karten verweist Aymans 1986, S. 17, auf einen Brief des Chefs des Magdeburger Ingenieurs-Corps Oberst Gerhard Cornelius von Walrave an den Präsidenten der Kriegs- und Domänenkammer in Kleve Friedrich Wilhelm von Borcke vom 25.04.1731 in Duisburg, LAV NRW R, Kleve, Kammer 1202, in dem Walrave darauf hinweist, dass es „tres necessair“ sei, dass die Landmesser „travaillent sur une echelle ou mesure égale, sur le pied de la Prusse et point du tout sur l’encien ‚landt meßer Kunst‘, qui faillit extremement mais de la maniere dont j’ayeu l’honneur de vous en faire la description, tout vas dans la dernière acuratesse, et on mesures que par triangles“.

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und in über 1.500 Karten mit zugehörigen Registern dokumentiert. Die steuerliche Abschätzung der Grundstücke scheiterte jedoch an der von der klevischen Regierung gegen die Berliner Zentrale mitgetragenen Opposition der Landstände. Bereits 1718 bis 1720 hatte im Kurfürstentum Trier eine entsprechende Vermessung stattgefunden. Eine Kartierung wurde nicht realisiert, war aber wohl auch gar nicht geplant.39 Noch 1783 ordnete Kurfürst Clemens Wenzeslaus die Anfertigung von Amtsbeschreibungen an, die unter anderem die Ämtergrenzen beschreiben und alle Grenz- und Hoheitsirrungen aufführen sollten, aber keine Karten beinhalteten. Die Beschreibungen wurden zwischen 1784 und 1790 fertiggestellt.40 In Kurköln hat es bis zum Ende der kurfürstlichen Zeit keinerlei systematische Landesaufnahme gegeben.41 Dagegen realisierte der Deutsche Orden unter anderem für seine Herrschaft Elsen bereits von 1759 bis 1761 eine vollständige kartographische Aufnahme in Form eines Besitz-Atlasses.42 Auch für die Reichsstädte Köln und Aachen wurden 1752 mit dem Plan von Johann Valentin Reinhardt und 1772 dem Plan von Heinrich Coupzoo (Copso) genaue, vermessungsbasierte Karten realisiert, im Falle Aachens auch für das städtische Territorium.43 Eine flächendeckende kartographische Aufnahme der Rheinlande erfolgte erst in Folge der Besetzung durch das revolutionäre Frankreich und der 39 Stein 2004, S. 176. 40 *Brommer 2008; vgl. bereits den Hinweis bei Fabricius 1965, S. 108f. 41 Wisplinghoff 1984, S. 176f. Hierfür fehlte freilich auch das Personal. Während etwa in Jülich-Berg seit dem Ende des 17. Jahrhunderts ein Generallandmesser nachweisbar ist, der u. a. für die Zulassung von Geometern zuständig war, hat es diese Position in Kurköln nicht gegeben. Erst 1763 erkundigte man sich in den Nachbarterritorien, wie dort bezüglich der Prüfung der Kandidaten verfahren wurde, ebd., S. 172. 42 Schulte 2000. Vergleichbare, wenn auch weniger umfangreiche Atlaswerke wurden zur selben Zeit für die Kommende Muffendorf, das Rittergut Haus Traar/Krefeld, die Kommende Waldbreitbach, den Rittersitz Morsbroich und die Ordensherrschaft Hermühlheim erstellt. Kartenautoren waren jeweils Mitglieder der Familie Ehmans, ebd., S. 35f. Für den Besitzatlas der Kommende Muffendorf vgl. Kleinertz (Bearb.) 1977, S. 57 mit Abb.; für Hermülheim ebd., S. 57f. mit Abb.; sowie Recker 2003, S. 76–82, 312–317, 429–431, Abb. S. 426f. 43 Die Kölner Karte wurde ca. 1750 vom Rat in Auftrag gegeben; die Handzeichnung stammt bereits von 1751, *Krudewig 1902, S. 60, Nr. 306f.; vgl. ausführlich Kroeffges 1925 mit Abb.; außerdem Kleinertz (Bearb.) 1977, S. 11f.; Behr/Heyen (Hg.) 1985, Abb. S. 115. Die Aachener Karte wurde 1772 von den regierenden Bürgermeistern in Auftrag gegeben; ergänzend fertigte Coupzoo eine „Neuere Anzeig deren Grenz- und Marksteinen, wie selbige im Jahr 1772 sich befunden und auf der Landkarte entworfen sind“, Savelsberg 1901, S. 291; Hollatz 1978, S. 6, 28–30. Die Rolle der Karte als Leitmedium der Raumbeschreibung ist in dieser Titelei expliziert. Die älteste Karte des Aachener Reiches stammt von dem „schilder vnd conterfeiter der stadt Aach“ Cornelis Janson Fries und datiert in das Jahr 1569, Savelsberg 1901, das Zitat S. 293.

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Integration in den französischen Staat seit 1794 bzw. 1801:44 Unmittelbar nach dem Frieden von Lunéville nahm das „Bureau topographique“ unter Leitung von Jean Joseph Tranchot seine Arbeit auf und erstellte bis 1814 topographische Karten der vier linksrheinischen Departements. Von 1815 bis 1829 wurde das Werk durch den preußischen Geodäten Philipp Friedrich Carl Ferdinand von Müffling fortgeführt und auch für die rechtsrheinischen Teile der preußischen Rheinprovinz realisiert. Im Gegensatz zum Rheinland setzt die Kartierung der westfälischen Territorien erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein.45 Herausgehoben sei die Entwicklung im Fürstbistum Osnabrück, das aufgrund seiner Bindung an Kurhannover schließlich eine vollständige Landesaufnahme erfuhr.46 Für die Erstellung eines neuen Katasters wurden zunächst von 1720 bis 1724 alle Grundstücke nach einheitlichem Standard vermessen. Auf entsprechende Karten verzichtete die Landesregierung jedoch aus Kostengründen und weil sie offenbar der Meinung war, dass für die intendierten fiskalischen Zwecke eine Dokumentation in Form von Grundstücksregistern völlig ausreichend sei. Kartierungsprojekte wurden erst in den 1760er Jahren in Angriff genommen: Zum einen regte der seit 1764 als Regierungsreferendar tätige Justus Möser eine Vermessung der landesherrlichen Wälder an, zum anderen begannen 1766 und 1767 zwei hannoversche Offiziere, Georg Wilhelm von dem Bussche und Franz Christian von Benoit, das Territorium insgesamt zu kartieren. Diese Initiative mündete 1774 in die Publikation einer repräsentativen Gesamtkarte des Fürstbistums,47 die Möser zwar als eine „vortreffliche Charte“ rühmt und die von der Landesregierung sowohl zur Selbstdarstellung als auch zu Verwaltungszwecken an zahlreiche Stellen verteilt wurde.48 Zugleich wurde aber darauf hingewiesen, dass die Karte nicht offiziell in Auftrag gegeben worden sei und „also auch besonders in Ansehung der Grentzen […] nicht agnosciret werde“.49 Neben der Generalkarte hatten von dem Bussche und Benoit auch eine topographische Karte mit 19 Blättern erstellt, die sich offensichtlich besser für Verwaltungszwecke eignete und insbesondere bei Grenzstreitigkeiten

44 *Kartenaufnahme der Rheinlande 1965–1987; vgl. hierzu ausführlich Schmidt 1973. 45 Vgl. übergreifend Kleinn 1964/65; Behr 1985, S. 32–38. 46 Vgl. zum Folgenden ausführlich Fieseler 2013, S. 193–228; zuvor bereits Prinz 1948/50, Teil 1, S. 281–302 sowie Teil 2. 47 Fieseler 2013, Abb. 10. 48 Zit. nach Fieseler 2013, S. 203; detaillierte Hinweise zu den verteilten Exemplaren ebd., S. 203f. 49 So das Begleitschreiben, mit dem den Ämtern die Karte 1775 zugesandt wurde, zit. nach Fieseler 2013, S. 204.

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herangezogen wurde:50 Die „obwaltenden vielen Grenzirrungen und desfalls oft nöthige Local-Untersuchungen haben bisher“, wie es in einem Regierungsschreiben vom November 1776 heißt, „beynahe bey jedem Vorfall, die Absendung eines Feldmessers, um richtige Plans von den streitigen Gegenden aufzunehmen, erfordert, und solchergestalt der Stifts-Casse mehrmahls neue Unkosten zugezogen“. Durch die Möglichkeit der Konsultation verlässlichen Kartenmaterials sei dies nun nicht mehr notwendig.51 Auf Betreiben Mösers wurde schließlich von 1784 bis 1790 unter der Leitung des Ingenieurkapitäns Johann Wilhelm Du Plat eine landesherrliche Kartierung des Fürstbistums durchgeführt. Das Ergebnis war ein 476 Blätter umfassendes Kartenwerk, das zusammen mit den Vermessungs- und Schatzregistern ein vollständiges Kataster des Fürstbistums darstellt.52 Seit 1796 wurde Westfalen insgesamt durch den preußischen Generalmajor Karl Ludwig von Lecoq vermessen. Dabei wurde das entworfene Triangulationsnetz im Norden an die bereits vorhandenen Netze in Oldenburg, Ostfriesland und Bremen, im Süden an das der Grafschaft Mark und im Westen an das französische Netz der Cassini-Karten angeschlossen. Die so erarbeitete Karte reicht weit über die Region Westfalen hinaus und deckt den gesamten Nordwesten des Reiches bis an die Nordsee ab. Sie wurde nach Abschluss der Vermessungsarbeiten zwischen 1805 und 1813 in 22 Blättern publiziert.53 Ähnlich wie im Rheinland zeigen sich im territorial zersplitterten Franken bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts vereinzelt Bemühungen um flächendeckende Landesaufnahmen. Herausragend ist hier die Landesaufnahme des Markgraftums Brandenburg-Ansbach durch Johann Georg Vetter.54 Bereits 1710 machte der Feldmesser und spätere Ingenieurleutnant seinem Landesherrn 50 London, British Library, Maps K.Top. 91.67.1 (topographische Karte); ebd., 91.68 (Generalkarte); vgl. Fieseler 2013, Abb. 9. 51 Zit. nach Fieseler 2013, S. 205. 52 Osnabrück, NLA, Karten 100, Nr. 1 H; vgl. das Faksimile von *Wrede 1955–1972, jüngst fortgeführt von *Delbanco 2012; vgl. insg. Fieseler 2013, S. 206–226, Abb. 12. 53 *Lecoq 1805–1813; vgl. Schmidt 1973, S. 20–25; Lindner 2003, S. 425; Fieseler 2013, S. 58f. 54 Vgl. zum Folgenden ausführlich Hauck 1953; zusammenfassend Wolff 1988, S. 98–102 mit Abb. (Ausschnitt); *Baier 1995, S. 6–8 mit Abb.; Hierl-Deronco 2001, S. 235–239. Als Vorläufer im 17. Jahrhundert seien die erste Landesaufnahme in 20 Blatt durch den Schwabacher Feldmesser Moritz Stieber von 1617 sowie die Aufnahme von zwölf der 15 ansbachischen Oberämter durch Georg Conrad Jung von 1676–1678 und 1684/85 genannt; vgl. für die Stieber’sche Aufnahme *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 156–161, Nr. 130, Abb. Taf. 7; hierzu Fleischmann 1990/91, S. 155f.; für die Aufnahme von Jung *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 197–206, Nr. 196–207, 209, Abb. Taf. 11; hierzu ausführlich Fleischmann 1990/91 mit Kartenverzeichnis S. 163–176.

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Markgraf Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach den Vorschlag einer Kartierung und Beschreibung des Territoriums. Der Vorschlag wurde bereitwillig aufgenommen, so dass Vetter und sein Bruder Johann Ludwig die Landesaufnahme bis 1718 im Wesentlichen abschließen konnten.55 Die Beschreibungen wurden allerdings 1719 zu großen Teilen in einem Feuer vernichtet. Erhalten blieb der Band für das Oberamt Cadolzburg mit fünf Karten von 171056 sowie eine Reihe zwischen 1710 und 1714 auf Seide gemalter Oberamtskarten mit beigegebenen Statistiken (Abb. 28).57 Vetter konnte gleichwohl 1719 eine gedruckte Version seiner bereits 1717 im Entwurf fertiggestellten Übersichtskarte des Territoriums vorlegen (Abb. 27).58 Das Projekt der Ämterbeschreibungen wurde 1723 wieder aufgegriffen.59 Die erste Reinschrift der „Topographie oder Beschreibung des Burggraffthums Nürnberg unterhalb Gebürgs“ für den Markgrafen in vier voluminösen Bänden mit jeweils mehreren hundert Blatt und insgesamt 39 Karten datiert von 1732. Es folgten verschiedene Kopien für den Hofrat, das fürstliche Archiv sowie die Oberämter.60 Sie enthalten für jedes Oberamt eine allgemeine Beschreibung sowie eine Karte, eine detaillierte „territorial- oder fraisch-gräntz beschreibung“ 55 In der Bestallungsurkunde vom 03.02.1710 heißt es, dass er als markgräflicher Landmesser „vornemlich alle dero ober- und andere ämbter nach demjenigen modell, welches er über das oberamt Crailsheim zu obhöchst ernannt seiner hochfürstlichen durchlaucht vergnügen projectiret und deroselben exhibiret, auf das schleunigste, jedoch nicht in kleinen, sondern in form der großen landcharten in grund legen“ solle, Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Ansbacher Archivalien 6622. 56 Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Ämterbeschreibungen 13; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 227f., Nr. 250. 57 Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Karten und Pläne 20; ebd., 255; ebd., 88; ebd., 242; ebd., 360; ebd., 26; ebd., 210; ebd., 227–228; ebd., 278; ebd., 202; ebd., 350; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 227, 229–237, Nr. 249, 251, 254, 256–259, 262–264, 266f., Abb. Taf. 13. Die nach Herrschaftsträgern aufgeschlüsselten Statistiken finden sich jeweils im Rollstab am unteren Ende der Karten und enthalten „die Summa aller in diesem Oberamt sich befindlichen herrschaftlichen und anderen Schlösser, Häuser, Klöster, Kirchen, Pfarreien, Schuhlen, Rathäuser, Mühlen, Bürger und Untertanen“, zit. nach Hauck 1953, S. 305; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, Abb. Taf. 14. 58 Die Karte wird unten in Kap. V.3 („Streit um Grenzen – Streit um Karten“) eine zentrale Rolle spielen. 59 Vgl. das Dekret vom 22.03.1723 „für ingenier lieutnant Vettern die wiederholende landes und ämbter beschreibung betr.“, Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Ansbacher Archivalien 6622. 60 Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Ämterbeschreibungen 69a/1–4; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 293–304, Nr. 353–356; vgl. außerdem die Kopie von 1740/41 in Nürnberg, StA, Historischer Verein für Mittelfranken, Hs. 1/1; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 329–339, Nr. 395–398.

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des Oberamts, entsprechende Grenzbeschreibungen der einzelnen Ämter mit Karten sowie eine Beschreibung der in dem jeweiligen Amt gelegenen Städte, Dörfer, Weiler, Höfe und Mühlen. Insbesondere auf der Ebene der Oberämter und Ämter dürften die Beschreibungen zentrale Bedeutung gehabt haben, wurde doch verfügt, dass sie „in der Ober-Amts-Registratur wohl verwahret, jedem Beamten über das ihm anvertraute Amt ein vollständiges Extract mitgetheilet, solche genau eingesehen, untersuchet und nach Befinden Supplirt und verbessert, auch worinnen diese Zusäze und Emendationes bestehen, hinkünftig Bericht erstattet werden solle“.61 Der konkrete Nutzen und Gebrauch zeigt sich nicht zuletzt in der weiteren Bearbeitung der Vetter’schen Beschreibungen in der Verwaltung, so etwa in einem 1743 angefertigten „Extract aus der hauptmann vetterischen landes-beschreibung“, das alle Orte in den ansbachischen Oberämtern samt „die darinnen sich befindende diesseitige und außwärtige unterthanen“ verzeichnet und damit einem spezifischen Informationsbedarf in handlicher Form Rechnung trägt.62 Parallel zur Vetter’schen Landesaufnahme beauftragte der Markgraf 1716 den Feldmesser Johann Georg Hoffmann mit der Anlage von Waldbüchern, in denen die Jagdrechte und der Waldbesitz des Fürstentums verbal beschrieben und kartographiert werden sollten.63 Die Arbeiten, die mit der Versteinung bzw. Renovierung der betreffenden Grenzen einhergingen, begannen im Frühjahr 1717 und wurden bis 1755 abgeschlossen. Das Ergebnis waren neun Folianten mit gut 10.000 beschriebenen Pergamentseiten und 67 Karten der einzelnen Wildfuhren, die im genannten Zeitraum sukzessive fertiggestellt wurden.64 Darüber hinaus erarbeiteten die Ingenieure Johann Georg Roeger und Johann Christoph Friedrich Roeger von 1733 bis 1749 für das Oberamt Uffenheim detaillierte Karten mit umfassenden Lagerbüchern, die „in der Anlage und in der Qualität“ die vorgenannten Arbeiten „um einiges“ übertreffen und vermutlich gerade deswegen zu kostspielig waren, um selbst für ein Oberamt fertiggestellt zu werden.65

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Zit. nach Hauck 1953, S. 312. Nürnberg, StA, Veraltete Repertorien 433. Vgl. die bei Schuhmann 1972, S. 82f., referierte Instruktion vom 24.05.1717. Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Generalrepertorium, Akt. 326a/1–9; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 256–261, Nr. 304/1–20; ebd., S. 273–276, Nr. 325/1–12; ebd., S. 286–288, Nr. 344/1–7; ebd., S. 307–309, Nr. 363/1–7; ebd., S. 325f., Nr. 389/1–3; ebd., S. 341–343, Nr. 403/1–3; ebd., S. 346f., Nr. 411/1–3; ebd., S. 349–351, Nr. 416/1–6; ebd., S. 379–381, Nr. 480/1–6; außerdem Schuhmann 1972. Die von Hoffmann erstellten Konzepte der Waldbücher enthalten keine Karten, Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Generalrepertorium, Akt., 326; vgl. Schuhmann 1972, S. 89. 65 Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Karten und Pläne 305–307, 309f., 313–319; vgl.

Landesvermessungen als Instrument staatlicher Verwaltung

415

Neben der Vetter’schen Landesaufnahme für Brandenburg-Ansbach sind für Franken die kartographischen Aktivitäten im ebenfalls von einer Nebenlinie der Hohenzollern regierten Markgraftum Brandenburg- bzw. Kulmbach-Bayreuth zu erwähnen.66 Nach einer ersten, unvollständig gebliebenen Landesaufnahme in den 1660er Jahren durch den markgräflichen Baumeister Martin Frank wurden im Laufe des 18. Jahrhunderts drei diesbezügliche Anläufe unternommen: Zunächst zwischen ca. 1716 bis 1722 – teilweise im Austausch mit Vetter – durch den Ingenieurbaumeister Johann Georg Dülp, dann zwischen 1743 und 1754 durch Ingenieurhauptmann Johann Adam Riedinger und schließlich 1780 bis 1793 durch Johann Friedrich Carl Hoffmann und Johann Christoph Stierlein.67 Letztere nahmen das Fürstentum auf der Grundlage des Dreiecksnetzes auf, das César François Cassini de Thury 1761 für Bayreuth erstellt hatte.68 Auch im Würzburger Hochstift wurde am Ende des Jahrhunderts, zwischen 1788 und 1790, eine Landesaufnahme durchgeführt und 1791 in einer geheimen Kabinettskarte niedergelegt.69 Für das Hochstift Bamberg ist auf die Karten und den Ämter-Atlas von Johann Baptist Roppelt aus den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts zu verweisen. 1801 trat der Bamberger Mathematikprofessor mit einer historisch-geographischen Beschreibung des Hochstifts samt in Kupfer gestochener Karte hervor.70 Von der Reichsstadt Nürnberg hingegen, die schon im frühen 16. Jahrhundert mit der administrativen Nutzung von Karten begonnen hatte und die auch im 18. Jahrhundert noch ein Zentrum der Verlagskartographie im Reich war, wurde bis an das Ende der reichsstädtischen Zeit keine Landesaufnahme realisiert.71 In Bayern schließlich wurden unmittelbar nach dem Regierungsantritt des reformabsolutistischen Kurfürsten Maximilian III. Joseph zwei umfangreichere

66 67 68 69 70 71

*Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 306f., 310–313, 327f., 345, 352f., 358f., Nr. 361, 365f., 369, 372, 391f., 409, 419f., 430f.; Abb. Taf. 19; Fleischmann 2003 mit Abb. Vgl. ausführlich Vollet 1977 mit zahlreichen Abb.; außerdem Wolff 1988, S. 96–98, Abb. S. 101, 105; Lindner 2003, S. 413f. Vollet 1977, S. 28–45, 80–97, 133–143 mit Angaben zu Überlieferung und Aufbewahrungsorten; zur Zusammenarbeit zwischen Dülp und Vetter ebd., S. 35. Vollet 1977, S. 104f. Die „Militairische Karte des Fürstentums Bayreuth oberhalb Gebirgs“ besteht aus 60 handgezeichneten Einzelblättern, Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Kartenabteilung, M 7468. Würzburg, StA, Würzburger Risse und Pläne I/1; vgl. Hofmann 1956 mit Kartenbeilage; Wolff 1988, S. 107f. mit Abb. Vollet 1988, S. 204, Abb. S. 205. Neben dem Fehlen einer kartographischen Landesaufnahme ist bemerkenswert, dass Nürnberg nach vielversprechenden Ansätzen im 15. und 16. Jahrhundert auch im Bereich der Statistik kaum mehr Aktivitäten entfaltete, Seiderer 1997, S. 332f.

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Grenzkarten als Argument

Vermessungsprojekte geplant.72 Das erste zielte 1745 auf eine Katastervermessung, um das Steuersystem auf eine neue Grundlage zu stellen, das zweite sollte 1752 der Verbesserung des maroden Straßensystems dienen. Aus Kostengründen wurde aber das Katasterprojekt vollständig eingestellt und das Straßenprojekt nur in einer abgespeckten Version realisiert, indem sukzessive Karten von einzelnen Straßenzügen angefertigt und zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Gesamtkarte zusammengefügt werden sollten. Ein dritter Versuch wurde schließlich von der 1759 gegründeten Kurbayerischen Akademie der Wissenschaften unternommen, die zwischen 1761 und 1776 in mehreren Anläufen eine allgemeine Landesvermessung probierte, aber letztlich nicht fertigstellte. Immerhin publizierten die Akademiemitglieder zum Thema und berichteten auch regelmäßig der fürstlichen Regierung. Der Plan einer universellen Kartierung wurde schließlich 1776 von der kurbayerischen Administration und hier insbesondere von dem Generalbau­ direktor Joseph Aloys von Hofstetten und dem Landgeometer und Hofkammerrat Adrian von Riedl aufgegriffen, letztlich aber nicht als staatliche Initiative durchgeführt, da der Kurfürst keine Mittel zur Verfügung stellte. Stattdessen nahm Riedl das Projekt privat in die Hand und erwirkte 1785 ein Druckprivileg für eine verkleinerte Karte, um die Kosten zu decken. Die Veröffentlichung scheiterte allerdings am Widerstand der Stände, die „nicht daran interessiert [waren], dass dem Landesherrn zu viele Informationen über die Grundstücksgrößen und den darauf liegenden Steuerabgaben zukamen“.73 Zwar wurden 1788 schließlich doch landesherrliche Mittel für das Kartierungsprojekt genehmigt und Riedl mit der Durchführung beauftragt. Aufgrund seines Wechsels in das Amt des Generalbaudirektors 1790 konnte das Werk allerdings nicht mehr realisiert werden. Erst auf französische Initiative hin wurde im zwischenzeitlich besetzten Bayern eine zentrale Behörde zur Neuvermessung des Landes eingerichtet, die von 1801 bis 1806 eine „Carte de la Bavière“ in 17 Blättern aufnahm.74 Auch wenn am Ende des 18. Jahrhunderts nicht von einer flächendeckenden Vermessung und Kartierung der Territorien des Reiches die Rede sein kann, zeigt der Überblick sehr eindrucksvoll die Bemühungen verschiedener landesherrlicher Administrationen, die technischen Möglichkeiten der Zeit für herrschaftliche Zwecke zu nutzen.75 Widerstände kamen von den regionalen Eliten, die finanzi72 Vgl. zum Folgenden ausführlich Schlögl 2002; sowie zusammenfassend Fieseler 2013, S. 63–66. 73 Fieseler 2013, S. 65. 74 Wolff 1988, S. 165, 168, Abb. S. 169; Lindner 2003, S. 414f. 75 Neben verwaltungsimmanenten Aspekten für diese Entwicklung verweist Fieseler 2013, S. 341, darauf, dass sich aus dem kartographischen Diskurs von Ingenieuren, Kartographen und Verwaltungsbeamten gegen Ende des 18. Jahrhunderts gleichsam ein „Zwang zum Kartieren“

Grenzkarten als Rechtsdokumente und Bestandteil von Verträgen

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elle Nachteile befürchteten, sollten die Landesherren allzu genau die Topographie ihrer Länder kennen. Mit Blick auf das vormoderne System der Beschreibung und Markierung von Räumen und ihren Grenzen zeigt sich, dass Vermessung und Kartierung bei den Landesaufnahmen des 18. Jahrhunderts die zentralen Verfahren darstellten, auch wenn teilweise noch ergänzend verbale Beschreibungen angefertigt wurden.

2. Grenzkarten als Rechtsdokumente und Bestandteil von Verträgen Karten spielten seit dem Spätmittelalter in juristischen Auseinandersetzungen eine zunehmend wichtigere Rolle. Die entsprechenden rechtstheoretischen Grundlagen wurden seit Bartolo da Sassoferrato diskutiert.76 Auch in der Praxis des Reichskammergerichts sind Karten seit dem späten 15. Jahrhundert durchgängig belegt. Den Status von Rechtsdokumenten im Sinne gerichtlicher Beweismittel erlangten sie jedoch, wie wir bereits erörtert haben, erst im 18. Jahrhundert.77 D­arüber hinaus wurden sie seit dieser Zeit als sogenannte Vertragskarten in Verträge aufgenommen und erhielten damit eine rechtlich bindende Wirkung. Grenzverträge hat es freilich schon früher gegeben, sie waren seit dem späten Mittelalter ein Instrument der Konfliktbeilegung und Fixierung von Grenzen, auch wenn die Zahl der gütlichen Abkommen über Grenzen nach 1648 exponentiell anstieg.78 ergab, durch den sich „in Regierungen und Verwaltungen die Vorstellung von der Notwendigkeit einer Vermessung und Kartierung des Staatsgebietes endgültig durchsetzte.“ 76 Vgl. oben Kap. II.4.2 („Frühe Regionalkarten“). 77 Vgl. oben Kap. III.3.2.3 („Karten vor Gericht“); und ergänzend IV.3 („Regionale Differenzierungen“). 78 Vgl. für die Zeit nach 1648 die zahlreichen Beispiele bei *Parry (Hg.) 1969–1986. Im 18. Jahrhundert wurden laut Duhamelle 2013, Abs. 36, vermehrt gütliche Abkommen über Grenzen geschlossen, „mit dem Ziel, der Verteilung der Gerichtsrechte eine größere Klarheit zu verleihen und die Grenzen linearer werden zu lassen“; vgl. auch Akashi/Stauber 2006, Sp. 115. Grenzverträge früherer Epochen werden in dieser Perspektive vollständig vernachlässigt; vgl. nur die Beispiele bei *Du Mont (Bearb.) 1726–1731, Bd. 1, Teil 2, S. 46f. (1319); ebd., S. 343 (1358); ebd., Bd. 3, Teil 1, S. 241–243 (1456); ebd., Bd. 3, Teil 2, S. 5f. (1477); ebd., Bd. 4, Teil 2, S. 215f. (1541); ebd., S. 324f. (1547); ebd., Bd. 4, Teil 3, S. 103–106 (1551); außerdem aus der Vielzahl archivischer Belege Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Mandate Ib/4 (1523); ebd., Päpstliche und fürstliche Privilegien 518 (1524); vgl. hierzu ebd., D-Laden, Akt. 1667; ebd., Fst. Brandenburg-Ansbach, Verträge mit benachbarten Reichsständen, Pfalz 16 (1525); ebd., Eichstätt 25 (1537); ebd., Hochstift Eichstätt, Literalien 124, Teil 2, fol. 1r–6v (1537); vgl. ebd., 134/17, fol. 119v–130v (1537); Münster, LAV NRW W, Kleve-Märkische Regierung, Landessachen 613 (1561 bzw. 1573). Auch in der theoretischen Literatur des 17. Jahrhunderts wird der Grenzvertrag als eine Möglichkeit der Ausräumung von Grenzstreitigkeiten behandelt,

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Grenzkarten als Argument

Hinsichtlich der Bedeutung von Karten als Bestandteil von Verträgen ist zwischen vertragsnahen Karten und Vertragskarten zu unterscheiden. Vertragsnahe Karten sind solche, die die Grundlage einer vertraglichen Einigung bilden, aus einer vertraglichen Einigung resultieren oder auch selbst Gegenstand eines Vertrages sind.79 Im ersten Fall stützen sich die Vertragsunterhändler bei ihrer Arbeit maßgeblich auf Kartenmaterial, im zweiten werden Karten auf der Grundlage eines Vertrags erstellt, sind also „Ausdruck der nachvertraglichen Praxis im Rahmen der Vertragsauslegung“,80 und im dritten regelt ein Vertrag etwa den Verbleib und die Aufbewahrung von Karten, die Standardisierung der kartographischen Darstellung oder die Anfertigung und die Verwendung von Karten zur Beilegung von Konflikten. „Trotz des möglicherweise entscheidenden Einflusses, die die Aussage einer bestimmten Karte damit auf den materiellen Inhalt eines konkreten Vertrages ausüben kann, fehlt es in allen genannten Fällen an der formalen Verklammerung von Karte und anderen Dokumenten zu einem Vertragsganzen.“81 Solche vertragsnahen Karten begegnen seit dem späten Mittelalter und wurden in den vorangegangenen Kapiteln in ihrer illustrativen bzw. komplementären Funktion zu den übrigen Verfahren der Beschreibung und Markierung von Grenzen vorgestellt. Vertragskarten hingegen sind solche Karten, die mit „dem textuellen ‚Vertragsrest‘ zu einer vertraglichen Einheit“ verschmelzen, sie sind dem Vertrag inkorporiert und entfalten die gleiche bindende Wirkung wie seine verbalen Bestandteile.82

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vgl. etwa *Oettinger 1670, S. 405–414 (Buch 2, Kap. 5): „Wie durch gütliche Verträg die strittige Gräntzen zu erörtern und von den Untergängern durch die Steinsatzungen zu vergleichen seyn“. Noch *Moser 1977, S. 14–17, verweist ganz selbstverständlich auch auf Verträge des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit bis 1648. Vgl. zur Definition Khan 1996, S. 24–36; dort auch die folgende Differenzierung. Timpte 1961, S. 9, spricht in diesem Zusammenhang von „Vertragsergänzungskarte“, die er als Vertragskarte definiert, „die sich auf ein Vertragswerk bezieht, indem sie dessen Ergebnisse kartographisch darstellt, ohne aber notwendiger, d. h. im Wortlaut des Vertrages vorgeschriebener Bestandteil desselben zu sein.“ Eine ansatzweise Differenzierung im Khan’schen Sinne ergibt sich aus den Beispielen ebd., S. 124–130. Khan 1996, S. 29. Khan 1996, S. 36. Vgl. zur Definition Khan 1996, S. 36–39, das Zitat S. 36. An anderer Stelle erörtert der Autor die unterschiedlichen Funktionen, die Vertragskarten in einem Vertragsgefüge zugeschrieben werden. Hierbei unterscheidet er die ‚Alleinregelungsfunktion‘, die einer Karte zukommt, „wenn nur in ihr der materielle Konsens hinsichtlich eines bestimmten vertraglichen Regelungsgegenstandes verkörpert ist“, die eher seltene ‚Nichtregelungs- oder Illustrationsfunktion‘ sowie schließlich die ‚Mitregelungsfunktion‘, bei der sowohl die Karten als auch die Textaussage eines Vertrags den materiellen Konsens der Vertragsparteien wiedergeben. Vielfach sind

Grenzkarten als Rechtsdokumente und Bestandteil von Verträgen

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Abb. 26: Hofmann, Johann Georg: Karte des Wahrberger Fraisch- und Jagdbezirks, 1737, kolorierte Federzeichnung, 40 x 61,3 cm (Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Karten und Pläne 408).

Helmut Timpte spricht in diesem Zusammenhang von „Vertragsurkundenkarte“. Damit bezeichnet er eine Karte, die entweder als solche eine Vertragsurkunde darstellt, beurkundet durch Siegel und Unterschrift beider Vertragspartner, das heißt die Stelle eines Vertragswerkes einnimt, oder mit einem solchen zusammen eine Quelleneinheit bildet. […] Jede Vertragsurkundenkarte kann wie eine Vertragsurkunde nur zweiseitig ausgestellt werden und muss wie diese von beiden Vertragspartnern bzw. deren Beauftragten beurkundet sein. Die Vertragsurkundenkarte hat dieselbe Rechtsqualität wie eine Urkunde.83

Vertragskarten freilich multifunktional und erfüllen innerhalb eines Vertragsganzen unterschiedliche Zwecke, Khan 1996, S. 133–144, das Zitat S. 133. Abgesehen von einigen historischen Beispielen zur Einführung, befasst sich der Autor in seiner grundlegenden Studie mit der Vertragskarte im gegenwärtigen Völkerrecht. 83 Timpte 1961, S. 10; vgl. auch die Beispiele für das 18. Jahrhundert ebd., S. 131–153. Den eigenständigen Charakter von Vertragskarten betont bereits *Moser 1977, S. 17: „Zuweilen lässet man es bloß bey solchen Rissen bewenden; zuweilen aber errichtet man doch darneben auch noch einen ausdrücklichen Vertrag, und beziehet sich darinn auf die Gränz-Charte.“

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Grenzkarten als Argument

Als frühestes Beispiel gilt die „carte figurative“ im Vertrag zwischen dem Kaiser, der Republik der Niederlande, Großbritannien und Spanien über die flandrische Grenze vom 22. Dezember 1718, „qui en a été formée & signée de part & d’autre“.84 Eine der vielen Vertragskarten aus unserem engeren Untersuchungsraum ist die des eichstättischen Oberamts Wahrberg von 1737, die von Beamten sowohl des Hochstifts Eichstätt wie auch des benachbarten Fürstentums Brandenburg-Ansbach unterzeichnet wurde (Abb. 26).85 Sie erhielt durch diese Unterfertigung Urkundencharakter und war damit auch ohne weitere Schriftsätze rechtsverbindlich. Als weiteres Beispiel aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts sei der Altonaische Grenzvergleich von 1740 vorgestellt, mit dem die bereits 1607 festgelegte Grenze zwischen der Reichsstadt Hamburg und dem dänischen Altona festgeschrieben wurde. Der Vertrag enthält eine Beschreibung des Grenzverlaufs und der Grenzmarkierungen, aber auch „eine generale accurate Carte von der Gränze, nach den in diesem Vergleiche angeführten Distanzen, und bezeichneten Gränz-Mahlen“, die „von beiden Theilen unterschrieben, diesem Recess angehefftet worden“ ist.86 Die Karte hat in diesem Zusammenhang die Funktion eines Leitmediums, denn sie dient nicht lediglich der Illustration der verbalen Beschreibung. Vielmehr gibt 84 *Parry (Hg.) 1969–1986, Bd. 30, S. 485–503, hier S. 489; vgl. Khan 1996, S. 42. 85 Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Karten und Pläne 408; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 314f., Nr. 374, Abb. Taf. 16; vgl. den zugehörigen Vertrag in Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Verträge mit benachbarten Reichsständen, Eichstätt 66. Vgl. in diesem Zusammenhang auch *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 312–316, Nr. 370, 372f., 375f. Als weitere Beispiele vgl. u. a. Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Karten und Pläne 279 (1722); die Karte war ursprünglich mit einer Siegelschnur eingebunden in ebd., Oberamtsakten 1182; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 261, Nr. 305; Nürnberg, StA, Herrschaft Pappenheim, Urkunden 5314 (1731); vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 288f., Nr. 345; Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Verträge mit benachbarten Reichsständen, Deutscher Orden 66 (1735); vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 309f., Nr. 364; Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Karten und Pläne 411 (1738); die zugehörigen Akten ebd., Archivakten 1361; ebd., Verträge mit benachbarten Reichsständen, Eichstätt 68; ebd., 71; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 317, Nr. 378; Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Karten und Pläne 470 (1740); der dazugehörige Vertrag ebd., Verträge mit benachbarten Reichsständen, Hohenlohe 56; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 324, Nr. 386; Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Karten und Pläne 435–436; ebd., 438; ebd., 440; ebd., 442; ebd., 444 (1753); die zugehörigen Verträge ebd., Generalrepertorium, Brüderliche Differentien und Verträge 252; ebd., Druckschriften 93–94; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 374–377, Nr. 477; Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Karten und Pläne 473 (1803); vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 468, Nr. 641; vgl. auch oben Kap. IV.1 („Die Integration der Kartographie in das mittelalterliche System der Beschreibung und Markierung von Grenzen“). 86 *Altonaischer Gräntz-Vergleich 1744, S. 15.; die Karte ebd., nach S. 48.

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letztere immer wieder die Karte als zentrale Referenz an, um bestimmte, kaum adäquat zu verbalisierende Sachverhalte festzuhalten, etwa wenn ein Grenzbach „nach dem Abrisse von Lit. B bis C und von hier bis D. ferner continuiret“ oder wenn ein Teich „in der Distanz zwischen Lit. D. und E. nach dem Abrisse“ bezeichnet werden soll.87 Gleichwohl ist die verbale Beschreibung nicht überflüssig, enthält sie doch zusätzliche Informationen, die in der Karte nicht dargestellt werden können oder das Kartenbild unnötig überladen würden, etwa zu markanten Stellen im Gelände, zu den Besitzern von Häusern und Parzellen oder auch die Angabe, dass ein im Grenzbach stehender Stein „bey höchstem Wasser, über demselben hervor rage, und zu aller Zeit vollkommen gesehen werden könne“.88 Vertragskarten lassen sich vermehrt seit Mitte des 18. Jahrhunderts nachweisen.89 Vor diesem Säkulum ist die Einbeziehung von Karten in völkerrechtliche Verträge nur vereinzelt festzustellen, etwa im Vertrag von Saragossa zwischen Spanien und Portugal vom 22. April 1529, der zur Präzisierung des Vertrags von Tordesillas (1494) eine östliche Demarkationslinie zwischen den beiden Einfluss­ zonen im Pazifik festlegt. Diese sollte in eine Karte „eingetragen werden, und alsdann sollen die genannten Herrscher, Kaiser und Könige sie unterzeichnen und mit ihren Siegeln versehen, und ein jeder soll eine Karte erhalten.“90 Auch für das 17. Jahrhundert gibt es verschiedene Beispiele, insgesamt scheinen Vertragskarten in dieser Zeit allerdings eine Ausnahme gewesen zu sein.91 Gleiches gilt für die den Grenzverträgen und Vertragskarten des 18. Jahrhunderts häufig vorausgehenden Differenzkarten, die die unterschiedlichen Ansprüche der Streitparteien mit verschiedenfarbigen Grenzlinien festhielten. Wenn sie nicht einseitig, sondern als gemeinsames Werk der Unterhändler angefertigt wurden,

87 *Altonaischer Gräntz-Vergleich 1744, S. 7f. 88 *Altonaischer Gräntz-Vergleich 1744, S. 6. 89 Vgl. bereits die oben Kap. IV.1 („Die Integration der Kartographie in das mittelalterliche System der Beschreibung und Markierung von Grenzen“) erwähnten Vertragskarten betr. Fraisch und Jagd im Hauptrezess zwischen Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Bayreuth von 1753; außerdem die Beispiele bei *Parry (Hg.) 1969–1986, u. a. Bd. 38, S. 457–491 (Grenzvertrag in den Amerikas zwischen Spanien und Portugal, 1750), zur Karte S. 481; ebd., Bd. 41, S. 401–472 (Grenzvertrag zwischen Frankreich und Sardinien, 1760), zur Karte S. 429; ebd., Bd. 46, S. 165–172 (Grenzvertrag zwischen Österreich-Ungarn und Polen, 1776), zur Karte S. 169; vgl. insg. Khan 1996, S. 42f.; mit weiteren Beispielen Recker 2003, S. 134–140. 90 Zit. nach Khan 1996, S. 45. 91 Khan 1996, S. 45f., nennt lediglich den Vertrag zwischen Dänemark und Schweden über die Seegrenze zwischen Norwegen und Schweden vom 26.10.1661 sowie den Brüsseler Vertrag zur Festlegung der Grenze zwischen der Niederländischen Republik und den spanischen Niederlanden vom 20.09.1664.

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Grenzkarten als Argument

waren sie „häufig der erste Schritt zur Beilegung von Grenzdifferenzen und zu vertraglichen Grenzvereinbarungen“.92 Dass Karten abgesehen von wenigen Ausnahmen erst im 18. Jahrhundert zunehmend in Verträge inkorporiert wurden, hat laut Daniel-Erasmus Khan zwei Gründe: Zum einen sei in dieser Zeit eine „verstärkte Durchdringung des gesamten von der Zentralgewalt beanspruchten Territoriums mit staatlicher Herrschaft“ zu beobachten – und zwar „getragen von der absolutistischen Staats­idee“. Dies habe sich nicht zuletzt in der nun zu einem Abschluss gelangenden „Verdrängung von ‚Grenzmarken‘ und territorial verschränkten Grenzzonen durch Lineargrenzen im modernen Sinne“ sowie der flächendeckenden Kartierung des Staatsgebietes geäußert.93 Zum anderen führt der Autor die in diesem Jahrhundert realisierten Fortschritte in der Technik der Kartenherstellung als Grund an: „Das Vertrauen in die Eignung des Mediums Karte als Träger rechtsverbindlicher Aussagen – insbesondere hinsichtlich des territorialen Besitzstandes – wurde durch die hierdurch erzielten Verbesserungen in der Präzision der kartographischen Geländedarstellung wesentlich erhöht.“94 Vor dem Hintergrund unserer Untersuchungen sind beide Argumente nicht stichhaltig, denn die von Khan beschriebenen Prozesse hatten eine spätmittelalterlich-frühneuzeitliche (Vor-)Geschichte. Weder die Ziehung linearer Grenzen noch die systematische Kartierung von Territorien waren Phänomene, die erst im 18. Jahrhundert auftraten, und umgekehrt finden sich auch noch in diesem Säkulum zahlreiche unklare Grenzverhältnisse und sich überlappende Jurisdiktionen 92 Zur Definition vgl. Timpte 1961, S. 7f., das Zitat S. 8; zahlreiche Beispiele v. a. für das 18. Jahrhundert ebd., S. 40–123. Vgl. auch die Beispiele für konkurrierende Grenzverläufe auf Karten des 16. und 17. Jahrhunderts bei *Krausen (Bearb.) 1973, S. 58f., Nr. 191 (1593); ebd., S. 64, Nr. 208 (1596); ebd., S. 75f., Nr. 251 (2. Hälfte 16. Jh.); ebd., S. 123, Nr. 390 (1604); ebd., S. 126, Nr. 401 (1607); ebd., S. 140, Nr. 451 (1611); ebd., S. 142, Nr. 455 (1612); ebd., S. 143, Nr. 460 (1613); ebd., S. 147, Nr. 471 (1615); ebd., S. 174, Nr. 564 (1613–1628); ebd., S. 238, Nr. 789 (1604); außerdem *Baumgärtner/Stercken/Halle (Hg.) 2011, S. 178f. (1610–1620); Recker 2004a, S. 12f. (1683); sowie für das 18. Jahrhundert bei *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 236, Nr. 265 (1713); ebd., S. 243, Nr. 280 (1717); ebd., S. 243f., Nr. 280 (1717); ebd., S. 251f., Nr. 294/1–2 (um 1720); ebd., S. 253, Nr. 299 (1721) etc. 93 Khan 1996, S. 43. Vgl. auch ebd., S. 47, wo ergänzend noch das Argument des Übergangs vom Personenverbandsstaat zum territorialen Flächenstaat bemüht wird, der noch das 16. und 17. Jahrhundert geprägt habe. 94 Khan 1996, S. 43f. Vgl. zur Bedeutung des technologischen Fortschritts auch Recker 2003, S. 134, Anm. 799, die behauptet, dass Vertragskarten nur dann „ein ebenbürtiger Urkundencharakter zukommen“ könne, wenn sie „topographisch so exakt sind, daß mit ihrer Hilfe die schriftlich festgehaltenen Verhältnisse in der Kulturlandschaft eindeutig wiederzuerkennen sind.“

Grenzkarten als Rechtsdokumente und Bestandteil von Verträgen

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sowie Territorien, die keine vollständige Landesaufnahme zustande brachten. Das Erklärungsmuster ‚Absolutismus‘ wird diesen Ambivalenzen der Vormoderne nicht gerecht, sondern orientiert sich – wissenschaftsgeschichtlich durchaus nachvollziehbar – an wenigen herausragenden Beispielen, insbesondere Brandenburg-Preußen, und ist dementsprechend zu Recht in den letzten Jahren massiv in die Kritik geraten.95 Und auch die technologischen Grundlagen für eine präzise Vermessung und Kartographie waren vor dem 18. Jahrhundert durchaus gegeben. Zumindest für das Kupferstichverfahren, das im Bereich der gedruckten Karten gegenüber dem Holzschnitt erhebliche Vorteile bot, räumt auch Khan dies ein, obwohl Druckverfahren für die Vertragskarten der Frühen Neuzeit im Grunde keine Rolle spielten.96 Hinzuweisen wäre stattdessen auf die seit dem 16. Jahrhundert erzielten Fortschritte im Vermessungswesen aufgrund der Innovationen im Bereich des Instrumentenbaus und der Vermessungsmethoden.97 Die technischen Möglichkeiten waren also vorhanden, und sie wurden – bei aller Zögerlichkeit, die wir in der Frühphase der Kartographie in verschiedenen Territorien festgestellt haben – auch durchaus genutzt, um Karten als Illustration und komplementären Teil im System der Beschreibung und Markierung von Grenzen einzusetzen. Der letzte Schritt allerdings, die Etablierung als Leitmedium, erfolgte erst im 18. Jahrhundert. Diese späte Anerkennung der Rechtsverbindlichkeit von Karten verweist einmal mehr auf die verfahrenstechnischen Kontinuitäten bei der Bestimmung und Markierung von Grenzen in der Vormoderne sowie ganz grundsätzlich auf die ‚longue durée‘ bei der Implementation technischer Innovationen in Staat und Gesellschaft der Vormoderne. Der endgültige Durchbruch der Vertragskarte erfolgte im 19. Jahrhundert. Katalysator der Entwicklung war die Aneignung von Kolonien durch die europäischen Mächte und die gegenseitige Abgrenzung von Interessensphären.98 Während in Europa und Amerika weiterhin auch verbale Grenzbeschreibungen in der am Hamburger Beispiel explizierten Form eine Rolle spielten und spielen, wurde in den Verträgen für die Kolonien häufig auf sie verzichtet und ausschließlich auf kartographische Grenzziehungen rekurriert. Dieses Verfahren ermöglichte es, in der Vogelschau größere und zu großen Teilen unbekannte Gebiete anschaulich zu machen und eindeutig voneinander zu scheiden, ohne Rücksicht auf die gewachsenen ethnischen, wirtschaftlichen, kulturellen und religiösen Strukturen vor Ort. 95 Vgl. knapp zusammenfassend Rutz 2018b. 96 Khan 1996, S. 44. Der Autor scheint diesem Aspekt deshalb Bedeutung beizumessen, weil im modernen Völkerrecht eine Publikationspflicht für Vertragskarten besteht, ebd., S. 112–120. 97 Vgl. oben Kap. III.1 („Vermessungswesen und Instrumentenbau“). 98 Vgl. zum Folgenden Khan 1996, S. 48f.; außerdem S. 134–140.

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3. Streit um Grenzen – Streit um Karten Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung der Karte als Medium der administrativen Landeserfassung, juristischen Beweisführung und territorial-nachbarlichen Vertragsschließung musste der Kartographie im 18. Jahrhundert eine Schlüsselrolle bei Grenzziehungen und in Grenzauseinandersetzungen zukommen. Je mehr die Karte zum Leitmedium im System der Beschreibung und Markierung von Grenzen avancierte, desto größere Autorität kam den Kartenbildern zu.99 Die Einsicht von Roland Barthes, „l’image est, certes, plus impérative que l’écriture, elle impose la signification d’un coup, sans l’analyser, sans la disperser“,100 lässt sich ohne weiteres auf das Kalkül der Landesherren unserer Epoche übertragen, mit dem sie die Karte nunmehr in Grenzstreitigkeiten einzusetzen wussten. Durch Manipulation von Karteninhalten konnten Fakten geschaffen werden, die auf die territorial-räumliche Situation vor Ort zurückwirkten: „Putting the state on the map meant knowing and imagining it as real – and, so, making it a reality.”101 Solche kartographischen Imaginationen hatte es freilich schon früher gegeben. Sie finden sich in den sogenannten Prätentionskarten, die vor Gericht von einer Partei zur Visualisierung der eigenen Herrschaftsansprüche vorgebracht wurden.102 Dabei handelt es sich aber um handgezeichnete und nur im engen Rahmen eines Prozesses verwendete Karten, die letztlich wenig Öffentlichkeit fanden. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde das Medium des Kartendrucks von fürstlicher Seite  99 Vgl. zur Autorität von Bildern in der Frühen Neuzeit übergreifend Wimböck 2004, insb. S. 12–14. 100 Barthes 1957, S. 217. 101 Biggs 1999, S. 399. Vgl. allg. auch Schlögel 2003, S. 249: „Macht findet im Raum statt. Die Territorialisierung von Macht wird auf Karten abgebildet […]. Karten bilden Macht ab. Kartenwissen ist sogar selbst Macht. Wer Karten hat, weiß mehr über die Organisation eines Raumes. Der Kartentisch ist fast so etwas wie ein Insignium der Macht. Er gehört zum Interieur der Mächtigen. Auf ihm ergeht sich die Imagination der Macht auf noch mehr Macht, manchmal auch die Phantasie der Machtlosen.“ 102 Vgl. zur Definition Timpte 1961, S. 6f.; beispielhaft sei auf das Herzogtum Bayern verwiesen: Karten von bayerischer Seite zeigen seit 1600 die Hochgerichtsgrenze des Landgerichts Schongau als Landesgrenze des Herzogtums, obwohl Niedergericht, Ortsherrschaft und damit auch wichtige Herrschaftsrechte nicht zu Bayern, sondern zum Hochstift Augsburg gehörten. Dies zeigt laut Fried 1994, S. 68, den Anspruch Bayerns, aufgrund hoher Gerichtsrechte auch die Landeshoheit durchzusetzen. Eine endgültige Regelung erfolgte erst 1785. Vgl. außerdem die Karte des Schultheißenamt Neumarkt, die im Zusammenhang von konfessionell motivierten Streitigkeiten vor dem Reichskammergericht zwischen dem lutherischen Neumarkt und der katholischen Kurpfalz in den 1580er Jahren entstanden und in einer Kopie von Paul Pfinzing von 1590/91 überliefert ist. Die Grenze wird hier in der ungewöhnlichen Form einer Kette dargestellt; vgl. ausführlich Fleischmann 1996; außerdem Fleischmann 1994, S. 60–64.

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dagegen kaum, und wenn dann nur sehr zurückhaltend, genutzt.103 Bezeichnend ist etwa die im Auftrag von Graf Wilhelm Ludwig von Nassau-Saarbrücken von Heinrich Dors angefertigte und von David Custodis in Augsburg gestochene Karte der Grafschaft Saarwerden.104 Nach dem Aussterben der älteren Linie Nassau-Saarbrücken 1574 hatten deren Erben, die Linie Nassau-Weilburg, in der Grafschaft die Reformation eingeführt, weshalb sie vom Herzogtum Lothringen als erledigtes Lehen eingezogen wurde. Erst nach dem Reichskammergerichtsurteil von 1629 wurde die Grafschaft restituiert, allerdings verkleinert um die Dörfer Bockenheim und Saarwerden sowie das dortige Schloss, die bei Lothringen verblieben.105 Die Karte muss in den folgenden Jahren entstanden sein, denn sie zeigt die neuen territorialen Verhältnisse, bleibt aber hinsichtlich des territorialen Anspruchs insofern erstaunlich zurückhaltend, als eine Kartusche darauf hinweist, dass man mit dieser Darstellung, „weder sich selbsten noch jemand anders 103 In der Literatur begegnen gelegentlich Hinweise auf den landesherrlichen Einfluss auf gedruckte Karten, denen aber noch genauer nachzugehen wäre. Denn für ein abschließendes Urteil reicht der kartenimmanente Befund hinsichtlich tatsächlicher oder prätendierter Grenzen in Verbindung mit territorialpolitischen Plausibilitäten kaum aus. So nehmen etwa Brandt/Hengst 2007, S. 23f., an, dass die erste kartographische Darstellung des Paderborner Bistums, die „Paderbornensis Episcopatus descriptio nova“ von Johannes Gigas von 1620, vom Kölner Kurfürsten und Paderborner Fürstbischof Ferdinand I. von Bayern veranlasst oder zumindest gutgeheißen worden sei. Insb. mit Blick auf die Fürstabtei Corvey, deren Territorium bei Gigas nicht gegenüber Paderborn abgegrenzt erscheint, manifestiere sich in der Karte „handfeste Kölner Kirchen- und Territorialpolitik“; vgl. *Gigas 2012. Für eine weitere Gigas-Karte, die Darstellung des Osnabrücker Bistums (Osnabrugensis Episcopatus, Amsterdam: Hendrik de Hondt d. J. 1628), ist belegt, dass sie vom Domkapitel positiv aufgenommen wurde, „es soll aber berurte Landtaffel zuvorderst in fürstlicher Cantzlei in presentia etlicher Landtkundiger wegen der streitigen StiftsGrentze mit Fleiß examinirt werden“, zit. nach Prinz 1948/50, Teil 1, S. 271. Laut Prinz konnte es dabei lediglich darum gehen, „die Grenzorte diesseits und jenseits der im übrigen nur ungefähr richtungstreuen Grenzlinie zu prüfen, um zu vermeiden, daß ganze Kirchspiele territorial falsch eingeordnet wurden“, ebd. Gigas hatte seit 1618 versucht, einen offiziellen Auftrag für die Erstellung der Karte zu erhalten, war aber immer wieder hingehalten worden. Ob er am Ende die Karte tatsächlich im Auftrag des Fürstbischofs oder des Domkapitels erarbeitet hat, ist unklar. Immerhin erhielt er schließlich ein Honorar, ebd., S. 267–271. Einen politischen Hintergrund vermutet Kirmse 1957, S. 26–42, auch bei der Erstellung von Mercators Flandernkarte von 1540, wobei allerdings kein landesherrlicher, sondern ein städtischer Auftraggeber angenommen wird. Der Autor bringt die Karte mit dem Genter Aufstand in Verbindung und sieht darin den Versuch der dortigen Kaufleute, dem Kaiser eine neue Ordnung Flanderns zu unterbreiten, die zugleich die Stadt Gent schonen sollte. Vgl. entsprechend Gucht 1994, S. 292–294 mit Abb.; Krogt 1994, S. 86, Horst 2012, S. 55–57 mit Abb. 104 Dors, Heinrich: Karte der Grafschaft Saarwerden, Augsburg: David Custodis nach 1629; vgl. Hellwig 1977, S. 226f. 105 Köbler 2007, S. 590.

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im geringsten präjudiziert, sondern allein die situation und beschaffenheit der Grafschaft etwas für augen [hat] stellen wollen“.106 Um durch Karten territorial-räumliche Fakten zu schaffen und ihre suggestive Wirkung zur Steigerung der eigenen territorial-räumlichen Herrschaft zu entfalten, musste das zuvor als Arkanum gehütete Herrschaftswissen nach außen kommuniziert, mussten die von den Fürsten imaginierten Raumbilder als gedruckte Karten europa- oder zumindest reichsweit verbreitet werden. Eine entsprechend offensive Kartenpolitik kann für Frankreich bereits im Zuge der Reunionen unter Ludwig XIV. vermutet werden. Als Beispiel sei auf den um 1680 von Gérard Jollain in Paris ausgeführten Nachdruck der Lothringen-Karte Johann Bussemachers von ca. 1591 verwiesen, der keine Grenzlinien zeigt, sondern wie die Vorlage die Herrschaftsgebiete verbal bezeichnet und mit Wappen markiert.107 Besonders prominent treten die Wappen der Herzogtümer Bar und Lothringen hervor, etwas kleiner das der Markgrafschaft Pont-à-Mousson. Daneben figurieren 56 kleine Wappen von Herrschaften aller Art – von Burgen, Schlössern, Städten, Grafschaften sowie kleineren Herrschaften. Lothringen war von 1632 bis 1659 und dann wieder von 1679 bis 1697 französisch besetzt. Im Zuge der Besetzung erfolgte eine Vermessung des Landes, 1670 wurde zudem das herzogliche Archiv erbeutet und im Anschluss ausgewertet, um die französischen Reunionsforderungen zu stützen.108 Dass Jollain in dieser Zeit eine veraltete Karte nachdruckte, lässt Hellwig annehmen, dass es gerade die Wappen waren, die Bussemachers Karte für den französischen Diskurs interessant machten: „Mit ihrer Illustration der zahlreichen und verworrenen Lehensverhältnisse in Lothringen konnte sie durchaus willkommen sein zur Zeit der Reunionspolitik, als die Rekonstruktion der Lehensabhängigkeiten im Herzogtum und in den [lothringischen] Bistümern entscheidende Argumente zu liefern hatte.“109 Denn die französische Reunionspolitik basierte nicht auf einer territorialen Logik, die ein bestimmtes Gebiet für das Königreich reklamierte, sondern argumentierte mit Lehen, die dem Königreich wieder zuzuführen seien. Eine Regionalkarte mit den Wappen potentieller Lehnsleute unterstützte diese 106 Hellwig 1977, S. 226. 107 Bussemacher, Johann: Lothringenkarte (1591), Paris: Gérard Jollain um 1680. Vgl. zum Folgenden Hellwig 1999, S. 242f., Abb. S. 254; zur Karte von Bussemacher ebd., S. 238–241, Abb. S. 252f. 108 Hellwig 1999, S. 242. Zur französischen Reunionspolitik in Lothringen vgl. ausführlich Kaufmann 1899; Piquet-Marchal 1969; detailliert zur Ereignisgeschichte Mohr 1986, Bd. 4, S. 284–393; zur administrativen Bewältigung der zweiten Besetzung und insb. der Auseinandersetzung mit der lokalen Bevölkerung, den regionalen Eliten und der Kirche jetzt McCluskey 2013; zu den Forschungsperspektiven vgl. knapp auch Laux 2015, S. 154–158. 109 Hellwig 1999, S. 243.

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Argumentation vielleicht besser als eine auf politischen Räumen basierende Territorialkarte mit entsprechenden Grenzlinien. Ob und gegebenenfalls welchen Anteil die französische Administration an dem Druck hatte, wäre freilich noch ebenso genauer zu untersuchen, wie die politischen Hintergründe der französischen Kartenproduktion zu den Reunionsgebieten insgesamt.110 Eine eindeutige Politik mit Karten, wie sie für das 18. Jahrhundert als typisch einzustufen ist, prägte dagegen einen Konflikt zwischen dem Markgraftum Brandenburg-Ansbach und der Reichsstadt Nürnberg, der hier exemplarisch analysiert werden soll.111 Hintergrund war ein seit dem späten Mittelalter andauernder Streit über die Landeshoheit im Umkreis der Stadt.112 Während die Reichsstadt auch außerhalb ihrer Mauern weiträumig Herrschaftsrechte geltend machte und mit dem Nürnberger Landgebiet ein reichsstädtisches Territorium beanspruchte, wurde dieser Anspruch von den Markgrafen vehement bestritten und demgegenüber die eigene Landeshoheit bis an die Stadtmauern behauptet.113 In den Auseinandersetzungen spielten unterschiedliche bzw. sich im Verlauf der Zeit auch wandelnde Auffassungen darüber eine Rolle, auf welche Rechte sich die Landeshoheit gründe. Ansprüche leiteten beide Streitparteien nicht zuletzt aus dem Burggraftum Nürnberg ab, mit dem die Zollern 1273 belehnt worden waren. 1427 verkaufte Burggraf Friedrich VI ., der zu diesem Zeitpunkt als Markgraf Friedrich I. bereits erster Kurfürst von Brandenburg war, die Burg sowie das zugehörige Amt und Gericht an die Reichsstadt.114 Bei Brandenburg-Ansbach 110 Entsprechende Untersuchungen wären auch für die Karten einzelner Reichsstände durchzuführen, diesbezügliche Hinweise in der Literatur basieren in der Regel auf Vermutungen. Vgl. insg. die Kartenauswahl in *Linsmayer (Hg.) 2010, S. 156–164. 111 Vgl. für das Folgende bereits Rutz 2014. 112 Vgl. zur territorialen Entwicklung Brandenburg-Ansbachs zusammenfassend Kraus (Hg.) 1997, S. 579–600, 756–772; außerdem Foerster 1975, insb. S. 186–197; Schuhmann 1980, S. 321–326; Seyboth 1985, S. 102–340; Schuh 1995; Endres 1996; für Nürnberg immer noch grundlegend Dannenbauer 1928; außerdem Hofmann 1954, S. 21–44; Wüllner 1970, S. 10–20; Knefelkamp 1986; Leiser 1990, S. 27–44; zusammenfassend Kraus (Hg.) 1997, S. 667–672. Zahlreiche Hinweise auf die Auseinandersetzungen zwischen Nürnberg und Brandenburg finden sich in den Annalen von *Müllner 1972–2003 aus dem frühen 17. Jahrhundert; zur Darstellung des Konflikts in der politischen Dichtung des 15. und 16. Jahrhunderts vgl. Meyer 2009, S. 208–233, 349–363. 113 Zu Grenz- und Territorialkonflikten kam es seitens der Beteiligten auch mit anderen Benachbarten, vgl. Rumpel 1953; Kunstmann 1974/75; Staudenmaier 2011; sowie Jehle 2016, S. 37f., mit Blick auf die Auseinandersetzungen Brandenburg-Ansbachs mit verschiedenen Reichsstädten. 114 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Päpstliche und fürstliche Privilegien 198; der Urkundentext ist abgedruckt bei Koch 1950, S. 172; vgl. auch Fleischmann 2000a, S. 64.

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verblieben die geistlichen und weltlichen Lehen, das Landgericht des Burggraftums, der Wildbann und das Geleit außerhalb der Stadt, auf die in den späteren Streitigkeiten ebenso rekurriert wurde wie auf den bei den Markgrafen verbliebenen, aber weitgehend inhaltsleer gewordenen Burggrafentitel. Darüber hinaus wurden der Stadt in einem zweiten Akt die markgräflichen Rechte an den beiden Reichswäldern Sebald und Lorenz verkauft, ausgenommen waren Wildbann, Lehen und Geleit sowie die Waldrechte der brandenburgischen Untertanen.115 Neben den im Zusammenhang mit dem Burggraftum Nürnberg stehenden Rechten und B ­ esitzungen konnten beide Seiten zahlreiche ältere und jüngere Privilegien sowie im Laufe der Zeit getätigte Erwerbungen von Grundbesitz und Herrschaftssprengeln geltend machen. Insgesamt erwuchs hieraus ein kaum zu entwirrendes Geflecht von Herrschaftsrechten, das letztlich eine klare territorial-­ räumliche Trennung der Einflusssphären im Nürnberger Umland unmöglich machte.116 So führten denn auch die verschiedenen Prozesse vor dem Reichskammergericht zu keiner für beide Seiten akzeptablen Lösung:117 1526 strengten die Markgrafen Kasimir und Georg der Fromme den sogenannten possessorischen Fraischprozess an, in dem sie die alleinige Ausübung der Hochgerichtsbarkeit außerhalb der Stadtmauern einklagten.118 Tatsächlich erging 1583 ein diesbezügliches Urteil, das bei Diebstahl, Raub, Meineid und Notzucht in 38 Orten den ansbachischen Richtern die Gerichtkompetenz zusprach. Ausgenommen hiervon wurden lediglich zwei Orte im Pflegamt Altdorf, wo Nürnberg die Fraisch ausüben durfte. Parallel zu diesem hatten die Markgrafen 1526 drei weitere Prozesse initiiert: den nicht entschiedenen Geleitsprozess, mit dem der Reichsstadt das 115 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Päpstliche und fürstliche Privilegien 199; der Urkundentext ist abgedruckt bei Koch 1950, S. 166–171. 116 Dies betrifft v. a. den von der Reichstadt als Alte Landschaft bezeichneten Teil ihres Territoriums, also das Gebiet zwischen den drei Grenzwassern (Erlanger Schwabach, Rednitz und Schwarzach). Die Neue Landschaft war 1504/05 von Nürnberg im Zuge des Landshuter Erbfolgekrieges erworben worden und in Pflegämtern mit klar definierten Grenzen organisiert (u. a. Altdorf, Betzenstein, Hersbruck und Lauf ), in denen die Stadt mit wenigen Ausnahmen unumstritten die Landeshoheit ausübte; vgl. die in Anm. 112 genannte Literatur. 117 Vgl. ausführlich zum Folgenden die ungedruckte Dissertation von Koch 1950; in diesem Zusammenhang auch die für die Rezeption wichtige Rezension von Schultheiss 1954; außerdem zu den Reichskammergerichtsprozessen die in Anm. 112 genannte Literatur sowie knapp zusammenfassend Fleischmann 1994, S. 37f.; Fleischmann 2000b, S. 370f. 118 Vgl. die Prozessakten in München, BayHStA, RKG 1239; hierzu *Gebhardt u. a. (Bearb.) 1994–2015, Bd. 4, S. 156–164, Nr. 1546; vgl. auch die Sammlung der von den Prozessparteien eingebrachten Schriftsätze in Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 14; hierin auch verschiedene gedruckte Karten und diesbezügliche Erläuterungen, vgl. jetzt ebd., Karten und Pläne 11b; ebd., 267 II.

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Geleitsrecht auf verschiedenen Straßen im Umland bestritten werden sollte, den ebenfalls unentschiedenen Neugebäudeprozess wegen des Neubaus von Befestigungen außerhalb der Stadtmauern sowie den 1559 von Nürnberg verlorenen Jagdprozess, in dem den Markgrafen die hohe Jagd in den beiden Reichswäldern Sebald und Lorenz zugesprochen wurde. Eine Revi­sionsklage gegen das Urteil von 1583 blieb erfolglos,119 weshalb Nürnberg 1591 nun seinerseits einen Prozess, den petitorischen Fraischprozess, anstrengte, in dem die Stadt den Ansbachern die fraischliche Obrigkeit im Landgebiet absprach. Auch dieser Prozess wurde nicht mit einem Urteil beendet. Da letztlich nicht entschieden werden konnte, auf welcher Grundlage die Landeshoheit im Nürnberger Umland beruhte und wer sie inne hatte, kam der konkreten Herrschaftspraxis eine außerordentliche Rolle zu. Es zeigt sich hier ein typisches Muster des Austrags frühneuzeitlicher Hoheitsstreitigkeiten: Beide Seiten versuchten, in dem beanspruchten Gebiet Hoheitsrechte wie Hoch­ gerichtsbarkeit, Geleit, Jagd usw. auszuüben, um auf diese Weise symbolisch und materiell ihren Rechtsanspruch zu untermauern und Präzedenzfälle zu schaffen, während die jeweils andere Seite diesen ‚Anmaßungen‘ vehement widersprach und den vermeintlichen oder tatsächlichen Übergriff aktenkundig machte. Da­rüber hinaus konnte versucht werden, die Ausübung der Hoheitsrechte gewaltsam zu verhindern oder der anderen Seite schlicht zuvorzukommen. Hingegen wurde das Gewährenlassen der Gegenseite bei der nächsten Gelegenheit zum Anlass genommen, erneut in entsprechender Weise zu handeln und damit ein weiteres Mal die eigene Rechtsposition in der Praxis zu demonstrieren. Um ihre jeweiligen Ansprüche aufrechtzuerhalten, waren also beide Parteien gezwungen, ständig zu agieren bzw. zu reagieren, so dass der Konflikt immer wieder neue Nahrung erhielt.120 119 Vgl. hierzu die im Druck erschienenen Gravamina und Schriftsätze in Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Druckschriften 351: Gravamina in angestellter Revision sachen Burgermeister und Raths der Statt Nürmberg als gewesenen Beklagten contra den Durchleuchtigten Hochgebornen Fürsten und Herrn, Herrn Georg Friderichen Marggrafen zu Brandenburg ec. als gewesnen Cläger. Das Possessorium der strittigen hohen Fraißlichen Obrigkeit im Nürmbergischen Territorio betreffend, Speyer 08.06.1585; sowie ebd., 350: Copia Etlicher Brieflicher Urkunden und Beylagen, auf welche sich in den übergebnen Gravaminibus inn angestellter Revision sachen Burgermeister und Raths der Stadt Nürmberg als gewesene Beklagte contra den Duchleutigten Hochgebornen Fürsten und Herrn, Herrn Georg Friderichen Marggraven zu Brandenburg etc. als gewesenen Cleger, referirt und gezogen wird. Die hohe Fraißliche Obrigkeit im Nürmbergischen Territorio betreffend, Speyer 08.06.1585. 120 Vgl. nur die umfangreichen Sammlungen von Gebrechen, Irrungen oder Freveln in der Überlieferung der fränkischen Terriorien, mit denen versucht wurde, die Vielzahl von Einzelvorkommnissen kompakt zusammenzustellen und als Referenz nutzbar zu halten, etwa Nürnberg, StA,

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Dieses Verfahren wird auch in der staatstheoretischen Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts, namentlich bei von Seckendorff und in der Folge bei Moser empfohlen: Der Fürst behaupte seine Landeshoheit, indem er die Grenzen jährlich bereiten lasse, „auch auf der benachbarten thun und lassen bey den grentzen gute achtung geben, und darüber allenthalben schrifftliche nachricht und urkund auffrichten lässet, darwider niemand verstattet, daß er seine fremde botmäßigkeit über die grentzen erstrecken, land und leute daraus, und zu seinem gehorsam ziehen, oder sonst über die grentze mit seiner macht rücken möge.“ Sollte dies dennoch geschehen, „wird es alsobald schrifftlich oder mündlich, durch abgeschickte widersprochen, und abstellung des widrigen beginnens begehret, und da es nichts verfienge, auf frischer that mit ziemender macht darwider gehandelt“. Sofern man hierzu aus Schwäche nicht in der Lage sei oder falls der Schaden solcher Auseinandersetzungen für die eigenen Leute größer als der Nutzen wäre, müsse man vor Gericht gehen.121 Diese Latenz von Auseinandersetzungen dauerte in vielen Territorien bis an das Ende des Alten Reiches an, lässt sich also dem in jüngerer Zeit diskutierten Phänomen der Nichtentscheidung von Konflikten als Strukturmerkmal des frühneuzeitlichen Staates zuordnen.122 Stollberg-Rilinger hat diesbezüglich postuliert, dass die Transposition solcher Auseinandersetzungen auf die symbolische Ebene zu ihrer Entschärfung beigetragen und ein längerfristiges Mit- bzw. Nebeneinander der Konfliktparteien ermöglicht habe.123 Dies dürfte in unserem ZusamFst. Brandenburg-Ansbach, Differenzen mit Benachbarten, Eichstätter Bücher 5; ebd., 8–10 (Konflikte wegen Fraisch, Wildbann etc., 1520er und 1530er Jahre); oder ebd., Rst. Nürnberg, Nürnberger Archivalien 509 (Grenz- und Territorialstreitigkeiten des Pflegamts Hersbruck seit dem 16. Jahrhundert, zusammengestellt 1781). Teilweise wurden auch Darstellungen der Konflikte im Druck veröffentlicht, um so der eigenen Rechtsinterpretation Vorschub zu leisten, vgl. etwa ebd., Fst. Brandenburg-Ansbach, Differenzen mit Benachbarten, Nürnberger Bücher 43; ebd., 45 (1681). In diesen Zusammenhang gehören auch die zahlreichen Grenzstreitigkeiten, etwa wegen der einseitigen Setzung von Grenzsteinen als materieller Markierung des beanspruchten Herrschaftraums, vgl. z. B. ebd., Rst. Nürnberg, Nürnberger Archivalien 801, betr. diesbezügliche Streitigkeiten zwischen der Reichsstadt Nürnberg und dem Fürstentum Brandenburg-Bayreuth in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Als weitere Beispiele für die Permanenz von Grenz- und Territorialkonflikten vgl. für das Kurfürstentum Trier Weber 2011b, S. 155–244; für die Grenze zwischen dem Fürstbistum Münster und dem Herzogtum Geldern Terhalle 2008, passim; sowie für die Reichsstadt Schwäbisch Hall Oelze 2011. Zum beschriebenen Muster territorialer Konfliktführung vgl. ebd., S. 262–264. 121 *Seckendorff 1972, S. 116 (Teil 2, Kap. 7, § 6); vgl. auch die entsprechenden Anmerkungen von *Moser 1977, S. 22–25. 122 Vgl. in anderem Zusammenhang hierzu Schmidt 2007. 123 Stollberg-Rilinger 2010, S. 25f.

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menhang insofern zutreffen, als die über Jahrhunderte schwelenden Hoheits- und Grenz­konflikte in der Regel nicht zu kriegerischen Auseinandersetzungen führten. Dass diese Gefahr gleichwohl bestand, zeigen die mahnenden Worte von einschlägigen Autoren wie Beck, der „die Ruhe derer Völker in denen Gränzen derer Königreich und Länder“ begründet sieht, „aus deren Turbation und Veränderung oder Zernichtung unter denen Benachbarten grosser Streit und Zwistigkeiten und daraus Mord, Todtschlag und andere Gewaltthätigkeiten leichtlich entstehen können.“124 Auch wenn die Auseinandersetzungen nicht derartig eskalierten, waren die Kosten der andauernden Grenzirrungen hoch, und zwar sowohl für die Amtleute vor Ort, die sich längerfristig mit den Prätentionen der Benachbarten herumzuschlagen hatten, als auch für die Bevölkerung, die in den Grenzkonflikten immer wieder zwischen die ‚Fronten‘ geriet.125

124 *Beck 1723, 1. Buch, S. 120. Die Beobachtung, dass sich nachbarliche Konflikte häufig an Grenzfragen entzünden, Frieden also nicht zuletzt von territorialer Integrität abhängt, findet sich bereits bei *Oettinger 1670, Vorrede: „Es bezeugt die tägliche Erfahrung, daß von Anbeginn her biß auf heutigen Tag bey allen Regimentern und Völckern, im Politischen und gemeinen Wesen zwischen den Benachbarten so wol hohen als niedern Stands-Personen keine mehrere Stritt- und Weitläuffigkeiten entstanden, darauß verbitterlichere Unfreundschafft und grösserer Widerwill und Unnachbarschafft erfolgt als in Auffrichtung, Handhab- und Fortsetzung der an einander stossenden Land-Gräntzen und Feldmarckungen.“ Nach einem kurzen Exkurs in die Antike fährt er fort: „Was für merckliche Unrichtigkeiten eben in dieser Materi noch heutigs Tags im gantzen Römischen Reich fürfallen, bedarff nicht viel Außführens, man erfährts in allen Chur- und Fürstenthumen, Graff- und Herrschafften, Gebieten, Städten, Dörffern und Gerichten, bevorab mit den strittigen Gleits-Gränzen, darob man offtermalen von den Wort-Gezäncken zu den Wehren greifft, Feindliche Thätlichkeiten und wol gar grausame Todtschläg begehret. Darauß unschwer abzunehmen, daß an beständiger Erhaltung und richtiger Unterscheidung der ordentlichen Gräntzen und Marcken […] ein namhaffts und weit mehrers gelegen weder von vielen, theils auch Rechtsgelehrten selbsten jetziger Zeit dafür gehalten werden will.“ Noch ein Jahrhundert später schreibt *Hock 1789, S. 9, dass über Grenzstreitigkeiten „nicht nur unter Landesherren und Gemeinden öfters die schwersten und kostspieligsten Prozesse, sondern schon blutige landesverderbliche Streitigkeiten entstanden, und die Landesherren selbst in Gefahr gekommen [sind], mit dem Striche Landes alle landesherrliche Hoheitsrechte darüber zu verlieren.“ 125 Die bei Heise 1998, S. 172f., wiedergegebene Episode aus dem frühen 18. Jahrhundert über eine Mühle im Grenzraum zwischen den Kurfürstentümern Sachsen und Brandenburg ist beileibe kein Einzelfall: Der Müller Hans Eckhard wurde zunächst von sächsischer Seite arrestiert, weil er mit dem Hinweis, er sei preußischer Untertan, die Zahlung von Steuern verweigerte. Um den brandenburgischen Anspruch auf Mühle und Müller zu verteidigen, forderte nun auch diese Seite Steuern ein und konfiszierte, da sich Eckhard wiederum weigerte zu zahlen und stattdessen in Dresden um Hilfe bat, Güter im Wert von acht Talern. Nach dieser Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen den kurfürstlichen Nachbarn einigten sich

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Im frühen 18. Jahrhundert erreichten die Auseinandersetzungen zwischen Nürnberg und Brandenburg-Ansbach eine neue Qualität, indem die markgräfliche Seite den Konflikt mit Vermessungstechnik und Kartographie weiterführte.126 Von den markgräflichen Plänen hörten die Nürnberger erstmals im April 1710: Das ganze land, es seye brandenburgisch oder nürmbergisch, [sollte] durch darzu bestellte feldmesser abgemessen werden […], damit man eigentlich wissen können, wieviel ein jeder unterthan an ackern und feldern besitze, und so dann wegen einquartirung der völcker sich desto besser darnach richten, auch vielem streitt und klagen der unterthanen zuvorkommen und verhütten könte.127

Diesbezügliche Erkundigungen führten zunächst noch zu keinem Ergebnis.128 Am 14. Juni kam schließlich ein markgräflicher Beamter mit zwei Bedienten an das Tiergärtnertor, begehrte auf Nachfrage aber keinen Einlass, „mögte aber wohl jemand haben, den er herein schicken und berichten lassen könte, daß sein gnädigster fürst und herr die feldmessung seines territorij vornehmen wolte, worinnen dann auch die äusseren schanzen mit begriffen wären“.129 Der Beginn der Vermessungsarbeiten wurde den Nürnbergern also nicht schriftlich und auf offiziellem Wege kommuniziert, sondern mündlich und eher beiläufig mitgeteilt, wobei sehr deutlich gemacht wurde, dass die ansbachische Landesaufnahme bis an die Mauern der Stadt vorgenommen werden sollte. Nachfragen bei den städtischen Wachleuten ergaben zunächst kein genaues Bild davon, ob tatsächlich schon Vermessungen stattgefunden hatten, dokumentieren aber die Anwesenheit markgräflicher Amtleute im unmittelbaren Umfeld der Stadt.130 Die Wachleute wurden folglich zu erhöhter Aufmerksamkeit angehalten, „ob nicht von brandenburgischer seits des feldabmessens annoch vorgenommen und bewerckstelligt werden wolle“.131 Ende Juni verdichteten sich die Hinweise; Nachforschungen ergaben, „daß ein gewißer junger mensch […], sich angegeben habe, einen entwurff beide Seiten darauf, es beim Status quo, also der unbestimmten Jurisdiktion über die Mühle im Grenzraum, zu belassen. Vgl. auch die Beispiele bei Eckhardt 1984, S. 80. 126 Vgl. zum Folgenden Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319 [unfol., die Stücke sind rückseitig nummeriert]; erste Hinweise auf die Auseinandersetzungen mit Aktenauszügen finden sich bei *Wittmann 1952, S. 8–11; vgl. in der Folge knapp Hauck 1953, S. 304f.; Tiggesbäumker (Hg.) 1984, S. 47; Hierl-Deronco 2001, S. 236f. 127 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 36. 128 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 37–38. 129 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 40. 130 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 41–43. 131 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 43.

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deß fürstenthums Onolzbach und zwar eines jeden fraisch- oder amptsbezirkes besonder, in einem dergestaltigen compendio zuverfertigen, daß deß herren marggrafen hochfürstl. durchl. solchen bequemlich beij sich im rock führen könnte“.132 Dieser Unbekannte befragte die Bewohner hinsichtlich der Zahl der Häuser, Höfe und Feuerplätze sowie der pfarrkirchlichen und herrschaftlichen Zugehörigkeit. Außerdem führte er Messungen durch, etwa in Braunsbach, das er „durch 2 beij sich gehabter knaben […] der länge nach mit einem seil, so etliche eiserne ketten glied gehabt, abmessen lassen und seije darauf mit vermelden daß er dergleichen aller orthen herum thun müße wieder fort und auf sack zugeritten.“133 Entsprechende Aktivitäten wurden auch in den folgenden Monaten und noch im folgenden Jahr immer wieder beobachtet,134 wobei es teilweise zu Konflikten zwischen den markgräflichen Amtleuten und den befragten Bewohnern kam, die aufgrund ihrer reichsstädtischen Loyalität die Aussage verweigerten.135 Die Nürnberger Behörden registrierten diese Vorgänge,136 befragten die Förster über die andauernden Vermessungsaktivitäten,137 konfiszierten Messinstrumente138 und protestierten im Juni 1711 gegen die Übergriffe mit Verweis auf frühere Fraischbereitungen durch die Stadt und gelegentliche Gegenbereitungen Brandenburg-Ansbachs.139 In der Folge plante Nürnberg eine eigene Grenzbereitung, wobei auch eine neue Karte erstellt werden sollte. In diesem Zusammenhang wären auch frühere Karten miteinander zu vergleichen, „ob sie gleichstimmig oder wie 132 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 45. 133 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 46. 134 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 47–49, 53, 57, 60–61, 63, 65, 67, 110–111, 113, 115. Zu den „attentata“ zählten die Nürnberger Behörden in diesem Zusammenhang auch, dass Markgräfliche immer wieder reichsstädtische Posten durchbrachen, ebd., Nr. 50–51, 55. 135 So zeigte etwa Andreas Rupprecht aus Nerrath bei Wendelstein am 17.10.1710 beim Landalmosenamt an, er habe bei der erfolgten Befragung geantwortet, „daß er als ein Nürnbergischer unterthan niemand anders als seiner ordentlichen herrschafft zu gehorsamen verbunden, mithin denen gethane fragen kein genügen thun könnte“, woraufhin ihm mit Arrest gedroht worden sei, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 48. Eine Wirtin wehrte sich erfolgreich dagegen, dass die Feldmesser, „die ketten gar durch das wirtshauß“ ziehen wollten, woraufhin die Vermessung „nur außen auf der straße biß an das hauß und von solchem inwendig an durch den hof, wie obgedacht ferner festgemachet worden“, ebd., Nr. 63. 136 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 51–54. 137 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 56. 138 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 52, 54; ähnlich auch noch ein Jahrzehnt später, ebd., Nr. 121. 139 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 58. Verwiesen wird auf die Fraischbereitungen von 1620, 1678, 1680 „und vorhero öffters“. 1678 hätten die Markgräflichen „einen gegen straiff verrichtet, und beederseits auf der brücken zum stein zusammen gestoßen weren“.

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sie zu conciliiren seijn“.140 Unterdessen gingen die markgräflichen Vermessungsarbeiten und damit mehr oder weniger zusammenhängende Fraischbereitungen und -konflikte weiter, desgleichen die Versuche Nürnbergs, Informationen über die Vorfälle einzuholen und zu einer angemessenen Reaktion gegenüber dem Nachbarn zu finden.141 Dabei wurden auch durchaus handgreifliche Maßnahmen ergriffen, wie etwa im September 1711, als man die „wehren“ instruierte, „daß, wann die brandenburgischen zu einem thor hinein kämen, sie die andere thor zuschliessen, von pferdten dieselbe absteigen und mit wohlempfindlichen schlägen abfertigen sollten.“142 Zwei Jahre später wollte man aber doch besser „alle thätlichkeit so viel möglich […] verhüten, äußersten fallß aber die anmaßliche fraisch-bereutter wann sie nicht ruhe geben solten per modum legitimae defensionis zu repelliren oder einen davon in arrest behalten.“143 Mit Blick auf die Bedeutung der Kartographie für die territorialen Grenzziehungen des 18. Jahrhunderts sind die Auseinandersetzungen seit 1719 besonders aufschlussreich, denn in diesem Jahr legte Johann Georg Vetter seine Karte Brandenburg-Ansbachs im Druck vor, die die Reichswälder im Norden der Stadt sowie die der Stadt zugehörigen Lehen der böhmischen Krone einschließt, auf der vor allem aber das Territorium des Fürstentums selbst bis an die Nürnberger Stadtmauern ausgedehnt erscheint (Abb. 27).144 Grundlage dieser Karte waren offensichtlich die geschilderten Vermessungsarbeiten von 1710 und 1711 und die in diesem Zusammenhang erstellten Oberamtsbeschreibungen, von denen, wie bereits oben erwähnt, lediglich der Band für das Oberamt Cadolzburg das Feuer von 1719 überstand (Abb. 28).145 Dieser enthält bereits eine kartographische Aufnahme, auf der die Fraischgrenze des Amtes bis an den Stadtgraben von Nürnberg 140 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 59. 141 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 66, 68, 78, 86, 88, 89, 116; Fraischbereitung zwischen Oberrieden und Altdorf ebd., Nr. 69–70; Fraischbereitung in der Vorstadt Wöhrd ebd., Nr. 71–104; erneute Fraischbereitungen im Jahre 1713 ebd., Nr. 95–115. 142 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 92; vgl. auch ebd., Nr. 96. 143 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 107. 144 Vgl. ausführlich zu der Karte *Baier 1995. Vetter wollte die Karte ursprünglich beim Nürnberger Kartenverlag Homann drucken lassen, was der Rat aber 1717 ablehnte, Fleischmann 2000b, S. 369, Anm. 19. Allerdings dürfte der Stadt zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Bri­ sanz der Kartendarstellung bekannt gewesen sein. Zur Vereinfachung der Benutzung der Vetter’schen Karte erschien 1735 ein alphabetisches Ortsverzeichnis, in dem nicht nur die Lage des jeweiligen Ortes auf der Karte, sondern auch die jurisdiktionelle Zugehörigkeit angegeben ist. Aufgeführt werden ferner alle in der Karte eingezeichneten Flüsse und Bäche, *Vetter 1735. Zu Vetter vgl. ausführlich Hauck 1953; außerdem in jüngerer Zeit Hierl-Deronco 2001, S. 233–248. 145 Vgl. oben Kap. V.1 („Landesvermessungen als Instrument staatlicher Verwaltung“).

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Abb. 27: Vetter, Johann Georg: Tabula Geographica Nova exhibens partem infra montanam Burggraviatus Norimbergensis sive Principatum Onolsbacensem cum terris limita­neis accurate delineatam, Augsburg 1719, Kupferstich, 152 x 159 cm, Ausschnitt (Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Karten und Pläne 8).

reicht,146 und auch die zugehörige Grenzbeschreibung geht explizit davon aus, dass „der statt Nürenberg jurisdiction […] niemahlen weiter als an ihre ringmauer gehet“.147 Interessanterweise findet sich in der Beschreibung aber auch 146 Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Ämterbeschreibungen 13, zwischen S. 8 und 9; vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 227f., Nr. 250/1. 147 Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Ämterbeschreibungen 13, S. 10.

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eine genaue Aufschlüsselung der Untertanen in den verschiedenen Orten nach ihren jeweiligen Herrschaften.148 Brandenburg-Ansbach definierte also auf der einen Seite eine eindeutige Grenze entsprechend der Fraisch und beanspruchte damit einen geschlossenen räumlichen Herrschaftsbereich. Auf der anderen Seite wurden fremde Rechte innerhalb dieses Gebietes aber durchaus gebilligt. Durch die ortsweise und personenbezogene Aufschlüsselung in der Amtsbeschreibung werden sie allerdings als lediglich punktuelle Herrschaftsrechte kenntlich gemacht, die dem an der Fraisch orientierten territorialen Anspruch untergeordnet sind. Die Empörung bei den reichsstädtischen Behörden und im Nürnberger Magistrat, dem die Vetter’sche Karte spätestens im Mai 1720 bekannt wurde,149 war notwendigerweise groß: Der unmittelbar informierte reichsstädtische Gesandte am Wiener Hof Walther schrieb noch im selben Monat, er habe sich „nicht genugsam verwundern können, daß man brandenburgischer seits das ertraumbte burggravthum“ – an anderer Stelle nennt er es ein „brandenburgisches utopia“ –, „welches bishero ein hirngespinst verblieben und noch ist, durch eine selbst fingirte mappam vor augen zulegen keine scheu träget.“150 Bei den Beratungen über eine angemessene Reaktion sprach man von „einer angewohnten zwangs und unerfindlichen arrogantz“ der Ansbacher, die mit der Karte „der erbarn welt etwas idealisches [darüber: ein wiedriges] vorzumachen, so von der wahrheit und der evidentia rein ganz und gar engegnet ist, und sich in ein pures figmentum selbsten verkehrt und zersteubet, was seitens deß hochfürstlichen haußes kein bedenk noch anstand genommen worden seij“.151 Im Oktober 1720 wurde ein Protestschreiben an Brandenburg-Ansbach gerichtet, in dem die Nürnberger Position

148 Vgl. etwa für Dombach: „Ein weijler darinnen sind 1 hochfürstl. anspachischer unterthan, 3 closter langenzennische welche die steuer ins closter Langenzenn, die gült und zinß aber in den spittal nach Anspach geben, und 9 nürnbergische als 5 reichallmosische, 1 weltzerischer und 3 eberlische hindersassen, woe von die auf der mittag-seithen des bächleins wohnende, nacher Zirrendorff, die andere aber so auff der mitternächtigen seiten wohnen nach Fürth gepfarret sind, und ist der zehenden gleichfalls also vertheilt, daß der so auff der mittags seiten des bächleins gesammlet wirdt der pfarr Zirrendorff, der aber jenseits erhoben wirdt, der domprobsteij und denen herren zu Nürnberg gehöret, die dorff und gemeins herrschafft wie auch der hirtten stab gehört ins closter Langenzenn, und ins allmoßen nach Nürnberg, ist aber zwischen diesen und dem casten ambt Cadoltzburg im streith, die vogteij und hochfraischliche obrigkeit aber gehört ohn streidig ins vogtambt zu besagtem Cadoltzburg“, Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Ämterbeschreibungen 13, S. 57. 149 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 117. 150 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 119. 151 So der Entwurf des Protestschreibens vom 11.07.1720, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 125.

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Abb. 28: Vetter, Johann Georg: Abriss des Hochfürstlich Brandenburg Onolzbachischen Oberambts Cadolzburg, 1711, Pinsel-/Federzeichnung, 47,8 x 58 cm, Ausschnitt (Kopie im sog. ‚Hofratsexemplar‘ von 1740, Nürnberg, StA, Historischer Verein für Mittelfranken, Karten und Pläne 18).

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deutlich zum Ausdruck gebracht wurde.152 Eine Zurückweisung der „zusammen gerafften grund und bodenloßen suppositis und figmentis“ und „der unleugbaren evidentiae rei et facti diametraliter engegen lauffenden grundfalschen verwesung“ erfolgte von markgräflicher Seite im November. Dabei wurde auch der eigene Standpunkt über das „chijmerische territorium noribergense“ bekräftigt, dass nämlich „die stadt […] überall kein territorium, kein regal, keine superiorität, ja nicht eines fußes breits landes hätte“.153 Dem Nürnberger Protestschreiben waren neben internen Konsultationen auch diplomatische Aktivitäten in Wien sowie Nachfragen bei den übrigen Nachbarn Brandenburg-Ansbachs vorausgegangen. Es handelte sich dabei um das Fürstbistum Bamberg, den Deutschen Orden und die Reichsritterschaft, die durch die Vetter’sche Karte ebenfalls in ihrem territorialen Bestand berührt waren.154 Das Reich glaubte man eventuell einbeziehen zu können, „weilen sogar die reichs-wälder, auch die der cron Böhmen zu lehen gehende orthe mit in die onolzbachische jurisdiction gezogen worden“.155 Parallel wurde intern das weitere Vorgehen diskutiert: Man sah die Gefahr, dass die Karte Fakten schaffen und in späteren Auseinandersetzungen als ‚Beweis‘ herangezogen werden könnte.156 Dementsprechend sollten, wie der vom Landpflegamt mit der Sache beauftragte Dr. Hoffmann schrieb, zumindest den Nürnberger Druckern und Buchhändlern Nachdruck und Vertrieb der Vetter’schen Karte verboten werden.157 Auch schlug er vor, nicht ­farbig markierte Exemplare der Karte zu erwerben und darin das Nürnberger Gebiet „nach seiner wahren beschaffenheit und wahrheit zu illuminiren“, um diese Gegenkarte 152 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 129; vgl. auch ebd., Nr. 124–125; 127–128. 153 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 130. 154 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 117. Die Haltung der Nachbarn blieb allerdings zunächst unklar, ebd., Nr. 125; ebd., Nr. 133. Im März 1722 bat der Landkomtur des Deutschen Ordens um eine Kopie des Protestschreibens, „um sich deren beij hiernechts gleichmäßiger dahin abzulaßen beschloßener protestation bedienen und so dann conjunctim wider sothane ungeziemend ein höchstpraejudicirlich land carthe allerhöchsten orthen agiren zu können“, ebd., Nr. 135. Daraufhin wurden gemeinsame Konsultationen erwogen; v. a. sollte beim nächsten Kreistag „beij anderen herren benachbarten und hochfürstlichen ständen […] dero dißhalb führende gedanken vernommen und allenfalls sich mit ihnen über den modum sich wieder alles praejudiz zu vernehmen“; ebd., Nr. 136; ebd., 138 (Zitat); ebd., Nr. 139a. 155 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 117. 156 Bereits im Mai 1720 wies der Gesandte Walther darauf hin, dass „durch wiedrige impressiones, welches durch die brandenburgische tabell in ermanglung der dißeitigen carten beij einem herrn referenten leichtlich geschehen könte, kein praejudiz erwachsen möchte“, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 120; vgl. auch ebd., Nr. 122. 157 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 125; die folgenden Zitate ebd.

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beim Reichskammergericht und beim Reichshofrat mit Blick auf künftige Auseinandersetzungen zu hinterlegen. Von einer Klage vor den Reichsgerichten riet er allerdings ab. Noch besser als eine eigene Illumination der Vetter’schen Karte sei es freilich, selbst eine Karte zu publizieren oder zumindest die ältere Scheurer’sche Karte des nürnbergischen Gebietes von 1691/92 zu überarbeiten und erneut in Druck zu geben (Taf. 9).158 Hierzu müsste eine bereits 1711 angedachte „grenz-bereuthung deß nürnbergischen craißes“ durchgeführt werden, die sowohl das Gebiet innerhalb der drei Grenzwasser als auch die Pflegämter Altdorf und Lauff umfasse. Damit werde – und dies betrifft nun wieder die symbolische Funktion solcher Umgänge – „ipso facto hierdurch der gegenseitigen anmaßung und zwang auch in actus publicus entgegen gestellet und exerciret […], welches man in künfftigen zeiten je und allzeit zu allegiren haben wird.“159 Der Vorschlag, eine Gegenkarte anzufertigen, fand in Ratskreisen durchaus Zustimmung. Bereits im Ratsverlass vom Mai 1720 war erwogen worden, „auß verschiedenen nürnbergischen particular land-charten eine vollständige und 158 Die Karte des Nürnberger Landgebiets von Christoph Scheurer gilt als die erste Karte des Nürnberger Umlands, die vom Rat zur Veröffentlichung in Form eines Kupferstichs freigegeben wurde; Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Karten und Pläne 247 (Federzeichnungen von Scheurer); ebd., 257 (Druck); vgl. *Fleischmann (Bearb.) 1998, S. 208, Nr. 213; außerdem Schnelbögl 1966, S. 126–130 mit Abb. (Ausschnitte); Schnelbögl 1976 mit Abb.; Fleischmann 2000a, S. 318f. mit Abb.; Schiermeier 2006, S. 94f. mit Abb. Zu der Karte gehörte ein gedrucktes Register aller Orte, die durch ein Buchstabenraster auf der Karte lokalisiert werden konnten, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Druckschriften 457; vgl. auch das verbesserte *Register 1731. Wohl um Streitigkeiten zu vermeiden, verzichtete man auf die Darstellung territorialer Grenzen und kennzeichnete lediglich einzelne Orte mit Wappen. In kolorierten Exemplaren finden sich jedoch durchaus eingezeichnete Grenzen und mit Flächenkolorit gekennzeichnete Territorien, Fleischmann 2000a, S. 318; Schiermeier 2006, S. 94. Auch die zugrundliegende Zeichnung enthält keine Grenzlinien, mit roten Kreissignaturen markiert sind aber Orte, in denen nürnbergische Bauern sesshaft waren, Schnelbögl 1966, S. 126. Auf der gedruckten Karte finden sich ebenfalls Kreissignaturen, die bei der Kolorierung entsprechend ausgefüllt werden konnten, Fleischmann 2000a, S. 318. 159 Diese Position wird 1723 noch einmal in einem Bedenken der Ratskonsulenten wiederholt, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 142: „[…] gestalten nicht allein durch dergleichen visitation derer fraiß und territorial grentzen ein actus publicus exerciret und damit die dißeitig fraißliche obrigkeit um hiesige stadt, absonderlich in denen nicht aberkannten orten publice behaubtet und gehandhabt, sondern auch zugleich dem hochfürstl. hauß Brandenburg ihre praetendirte universalitas meri imperii et teritorii rings um Nürnberg interrumpiret in specie aber der neuen sehr praejudicirlich onolzbachischen landcharten ipso facto per ejusdem modi actum publicam contradiciret wird, daß man in vorfallenden processen sich solcherleij actuum publicorum gar wol bedienen kann; und dergleichen nutzen hat dann auch solche grenz visitation auf denen hl. pflegambten“.

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accurate verfassen und in truck bringen“ zu lassen.160 Auch der nürnbergische Gesandte in Wien hatte bereits in seiner ersten Stellungnahme im selben Monat gefragt, „ob nicht das nürnbergische gebieth aus dem Janson und Ortelio wieder neu auf zu legen“ sei, um dem brandenburgischen „scarteque“, also der schlechten, elenden Publikation, entgegenzutreten.161 In seiner Stellungnahme zu Hoffmanns Entwurf des Nürnberger Protestschreibens griff der Ratskonsulent Wölckern im August 1720 dessen Idee einer neugearbeiteten Karte auf: Er halte es für den convenabelsten und besten wiederspruch, wenn man hiesigen ortes, eine propter nitorem et sculpturae elegantiam dem publico gefällige landcarte je ehender je besser zusammen­ trüge und herausgäbe, dieselbe allenthalten nach denen hiesigen principis einrichtete und den titul mit einer solchen invention von wohlgezeichneten bildern bezierte, die dem kaiserlichen hoff flattierten, mithin dem ganzen werck allerhöchster orten gunst, ansehen und approbation zuweegen brächte.162

Auch Hoffmann wiederholte seinen Vorschlag einer neu anzufertigenden Gegenkarte gelegentlich.163 Schließlich kamen die Ratskonsulenten im März 1722 zu dem Schluss, dass unbedingt eine Fraischbereitung durchzuführen sei. Auf dieser Grundlage planten sie, die Scheurer’sche Karte „in etwas größern format, mit beobachtung ein oder andern dabeij noch dienlich findenden umständt, bringen und stechen, sodann nach hiesigen principiis sauber und behörig illuminiren zulaßen; auch ein und anders zur sache dienlichs auszierung und bildnußen beij zutragen“.164 Diesem Vorschlag schloss sich der Rat unmittelbar an.165 Als proble­ matisch stellte sich nun allerdings heraus, dass die letzte Fraischbereitung um 1680, also vor vier Jahrzehnten stattgefunden hatte. Die Beamten auf dem Lande wüssten nach einem Bedenken der Ratskonsulenten von 1723 häufig nicht einmal mehr, „wie weit ihr ambts district sich erstrecke, und was für dorfschafften darinn sich befinden und wo sie gelegen.“166 Was den Verlauf der Grenze anbetrifft, sei 160 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 117. 161 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 120; den Rückgriff auf Ortelius und Jansson sowie Blaeu empfiehlt noch im Dezember 1720 auch ein Informant am Ansbacher Hof, ebd., Nr. 132. 162 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 125. 163 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 129; ebd., Nr. 131. 164 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 138a. 165 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 139a. 166 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 142; die folgenden Zitate ebd.; vgl. zur Diskussion um die geplante Fraischbereitung auch ebd., 138b–141. Zur Fraischbereitung von 1680 vgl. ebd., Nr. 16a–c, außerdem die vorbereitenden Akten ebd., insb. Nr. 9–10, 12–15;

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„fast niemand mehr vorhanden und im leben […], der eine anweisung thun kann, derer man doch ohnumgänglich nöthig hat, weilen nicht aller orten marcksteine sind, diese auch öffters in sehr weiter distanz von einander stehen.“ Man müsse also auf alte Karten und Beschreibungen zurückgreifen, „damit sie zu aller zeit gleichstimmig erfunden werden, um beij ereigneten strittigkeiten damit die dis­ seitige possession umso beßer zubeweisen.“ Trotz der zweifellos richtigen Einschätzung der Situation und der diskutierten Handlungsoptionen sowie der Aufforderung an die Landpflegämter, Grenzbereitungen durchzuführen,167 passierte am Ende nichts. Hingegen erschien 1733 eine von dem brandenburg-ansbachischen Hofrat Johann Heinrich von Falkenstein verfasste Schrift mit dem Titel „Deliciae topogeographicae Noribergenses“.168 Anonym gedruckt, handelt es sich zwar nicht um eine offizielle ansbachische Verlautbarung. Inhaltlich folgt sie allerdings der markgräflichen Linie und bestreitet vehement die Landeshoheit Nürnbergs außerhalb der Stadtmauern. Zum besseren Verständnis enthält der Band illustrierende Karten, die nach älteren Vorlagen, nämlich „von Seiten Nürnberg von langen Jahren hero geheim gehaltenen Land-Charten“ radiert und entsprechend der brandenburg-ansbachischen Ansprüche angepasst sind.169 So sind etwa im Stadtplan von Nürnberg unmittelbar außerhalb des Neuen, des Lauffer, des Frauen- und des Spittlertors brandenburgische Wappen mit dem Motto „Non ultra moenia licet“ („Nicht über die Mauer hinaus erlaubt“) platziert (Abb. 29). Die Wald- und Fraischkarte wurde teilweise mit dem von der Vorlage übernommenen Titel „Nürnbergischer Bezirk“ gedruckt, in manchen Ausgaben findet sich aber auch die politisch unverblümtere Bezeichnung „Abtruck des vermeintlichen Nürnbergischen Bezircks“.170 In der Karte des Pflegamts Hersbruck sind die für die Identifizierung der territorialen Zuständigkeiten wichtigen Wappen entsprechend der markgräflichen Vorstellungen geändert sowie zu den anschließenden Auseinandersetzungen mit Brandenburg-Ansbach, ebd., Nr. 17, 22–35. 167 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 145–147. 168 *Deliciae topo-geographicae 1733; vgl. zum Folgenden ausführlich Schuhmann 1959; außerdem *Fleischmann (Bearb.) 1996, S. 49–54. 169 *Deliciae topo-geographicae 1733, Widmung. Es handelt sich um eine Karte der Stadt Nürnberg (Vorlage: Hans Bien, 1628–1632), eine Karte des Nürnberger Landgebiets (Vorlage: Christoph Scheurer/Johann Baptist Homann, 1692), die nürnbergische Wald- und Fraischkarte (Vorlage: Georg Nöttelein, 1563), eine Karte der nürnbergischen Pflegämter Hersbruck, Reicheneck, Engelthal und Hohenstein sowie eine Karte des Pflegamts Lichtenau (Vorlagen: Paul Pfinzing, 1592 und 1596); zu Bien vgl. Fleischmann (Bearb.) 1991, insb. S. 95–117 mit Abb.; zu den übrigen Karten oben Kap. III.3.2.1 („Landesaufnahmen“). 170 Zit. nach Schuhmann 1959, S. 488.

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und in der ehemaligen Titelkartusche erläutert, außerdem wurde die Grenze des ansbachischen Vogtamts Schönberg auf Kosten des Nürnberger Pflegamts Altdorf erweitert.171 Auch die Karte des Pflegamts Lichtenau war „nach denen marggräflichen principii“ eingerichtet, wie der Vergleich mit der ursprünglichen Karte sowie früheren Bereitungsprotokollen und verbalen Beschreibungen durch den dortigen Pfleger ergab, insbesondere werde die Fraisch­grenze mitten durch Weltendorff geführt, obwohl das gesamte Dorf in der zu Nürnberg gehörigen Lichtenauer Fraisch liege.172 Ganz im Sinne solcher ansbachischer Korrekturen an den Nürnberger Karten heißt es in der Widmung, das Büchlein stelle der Reichsstadt Merckwürdigkeiten, besonders aber das in Derselben führende Regiment, wie auch die Ihnen angehörige in unterschiedlichen benachbarten Chur-Fürsten, Fürsten und Ständen Territorio liegende Schlösser, Städte, Märckte, Weyler, Höfe, Güter, Wirths-Häuser, Mühlen, Schmidten und Unterthanen vor, und säubern dieselben von allen Nürnbergischen intendirten Anmassungen.173

Sehr deutlich klingt hier die territorialpolitische Haltung Brandenburg-Ansbachs an, die der Reichsstadt zwar durchaus Besitz und Grundherrschaft außerhalb ihrer Mauern zugestand, diese aber innerhalb der benachbarten Territorien verortete und nicht etwa in einem Nürnberger Landgebiet. Die Korrekturen, die das Büchlein vorzunehmen vorgab, bezogen sich freilich nicht allein auf die genannten Karten, sondern auch auf den Kern der ‚Deliciae‘, nämlich eine verbale Beschreibung Nürnbergs und seiner Umgebung, die im Wesentlichen auf den Annalen des Nürnberger Ratsschreibers Johannes Müllner beruhte.174 Während der Erstdruck in Nürnberg, in dem zum Markgraftum gehörigen Heilsbronner Hof erfolgte, wurden die Druckplatten der Karten nach der ersten Auflage an den Augsburger Verleger Matthäus Seutter verkauft und von 171 *Fleischmann (Bearb.) 1996, S. 53. 172 Vgl. den diesbezüglichen Briefwechsel zwischen dem Landpflegamt und dem Pflegamt Lichtenau, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 148–152, das Zitat ebd., Nr. 152. Diese ansbachische Anmaßung findet sich bereits in der Vetter’schen Karte, vgl. Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 120. 173 *Deliciae topo-geographicae 1733, Widmung. 174 „Von diesen [den ‚Deliciae‘] versichern wir, daß wir dieselbe dem ehemalsgewesenen Nürnbergischen Raths-Schreiber Müller [!] aus seinen Annalibus abgeborget, allein aber dasjenige, was er mit allzu grosser Neigung und Vortheiligkeit vor seine Geburts-Stadt geschrieben, geändert, und mithin die pure Warheit geschrieben, die unsere eintzige Absicht ist“, *Deliciae topo-geographicae 1733, Vorrede. Die Annalen liegen als Edition vor, *Müllner 1972–2003.

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Abb. 29: Stadtplan von Nürnberg nach Hans Bien, kolorierter Kupferstich, in: *Deliciae topo-geographicae 1733 (Nürnberg, GNM, Bibliothek, 4° v. Praun 97).

diesem weiterverwendet. Die Karten erlangten auf diese Weise ein publizistisches Eigenleben, unabhängig von ihren ursprünglichen Auftraggebern. Dies entsprach freilich der Intention des Markgrafen und seiner Mitarbeiter, den eigenen territorialen Ansprüchen mittels der Kartographie eine europaweite Öffentlichkeit und – aufgrund der Suggestivkraft des Kartenbildes – zugleich eine Faktizität jenseits der juristischen Details zu verschaffen. Der Nürnberger Rat nahm das „infame Impressum“ selbstverständlich wahr, entschied sich allerdings gegen eine Entgegnung, da „diese piece nur ein abgeschriebenes und zusammengestoppeltes Werk aus denen Annalibus und Relationibus Mülleri, außerdem nur eine injurieuse und gegenseits von denen Regierungen niemals approbirte, noch selbsten agnoscirte Schrift“ sei.175 Die publizistische Wirkung von Schrift und Karten und insbesondere ihre raumbildende Kraft jenseits offizieller Verlautbarungen und Übereinkünfte wurden also offenbar völlig unterschätzt. Die Diskussion um eine Kartierung des eigenen territorialen Anspruchs wurde von der Reichsstadt erst 1743 und 1744 wieder aufgenommen. Auslöser waren 175 Zit. nach Schuhmann 1959, S. 505. Eine in den Nürnberger Akten überlieferte, freilich ungedruckte „Censura censurae oder gründliche Widerlegung einiger von dem Verfaßer der Deliciarum Topographicae Norimbergensis in der Vorrede gemachten Anmerkungen“ datiert erst von 1761, ebd.

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nicht grundsätzliche politische Überlegungen, sondern ein strittiger Fraischfall mit Brandenburg-Ansbach, im Zuge dessen noch einmal der Vorschlag gemacht wurde, die Vetter’sche Karte in einer auf der Grundlage von älteren Grenzbeschreibungen und Karten korrigierten Version nachstechen und drucken zu lassen.176 Wie die Gutachten der verschiedenen Ratskonsulenten zeigen, waren die Bedenken gegenüber dieser Idee allerdings weiterhin zu groß:177 Es bestünde Verwechselungsgefahr mit der ursprünglichen Karte; eine Kopie mache den Anschein, gegen die ansbachische Gebietsanmaßung nur halbherzig vorzugehen; Konflikte mit den anderen Nachbarn wären vorprogrammiert, da deren Territorien auf der Vetter’schen Karte ebenfalls falsch dargestellt seien, in der Nürnberger Version aber nicht berichtigt werden könnten usw.178 Am schwerwiegendsten war schließlich der Einwand, den der Ratskonsulent Wölckern am Ende der Debatte einbrachte und der jeder Kartierung eines Herrschaftsraumes in dieser Region die Grundlage entzog: Zwar sei nichts dagegen einzuwenden, „sein eigenes, durch göttliche und kaijserliche gnade hergebrachtes, theils uraltes land und gebiet selbsten ediren zu laßen“ und mit Blick auf die Vetter’sche Karte „man billig solchem realiter durch eine gegen-charte zu wiedersprechen haben mögte.“179 Allerdings sei Franken und also auch das Nürnberger Gebiet „ein vermischtes Land“, und es müsse auch entsprechend dem bisherigen Standpunkt der Reichsstadt „davor ständig behauptet werden“. Wie aber solle man „eine zulängliche geographische charte darob machen, da in einem orth fast immer drei und mehrherrische unterthanen beijsammen wohnen?“ Der Ratskonsulent macht hier noch einmal die Auffassung von Landesherrschaft als Summe punktueller Rechte geltend, die mit der von Brandenburg-Ansbach vertretenen räumlichen, an einem einheitlichen Territorium mit klar definierten Grenzen orientierten Definition nicht kompatibel war und mittelfristig auch keine Chance hatte. So scheiterten die Bemühungen Nürnbergs um eine Gegenkarte nicht zuletzt an seiner traditionalen Auffassung von Herrschaft. Es verlor den Streit um die kartographische Deutungshoheit hinsichtlich des Nürnberger Landgebiets, weil es sich nicht konsequent genug auf die 176 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 153–154. 177 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 156–161. 178 Ganz ähnliche Argumente tauchen andernorts übrigens schon im 16. Jahrhundert in der theoretischen Diskussion um Grundstückskarten auf: So differenziert Worsop, Edward: A Discoverie of Sundrie Errours and Faults Daily Commited by Landmeaters, Ignorant of Arithmeticke and Geometrie, London: Gregorie Seton 1582, hinsichtlich des Nutzens von Karten und konstatiert, dass genau gearbeitete Grundstückskarten vorsorglich gegen künftige Ansprüche verwendet werden könnten, schlechte Karten dagegen keine Hilfe seien, sondern eher eine neue Quelle für Rechtsstreitigkeiten, Kain 2007, S. 709. 179 Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 319, Nr. 159.

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Abb. 30: Cnopf, Matthäus Ferdinand: Mappa Geographica Territorii Sacri Romani Imperii Liberae Civitatis Norimbergensis, Nürnberg: Homanns Erben 1764, Kupferstich, (Nürnberg, StadtA, A 4/IV Nr. 159).

neue Art und Weise einließ, mit der im 18. Jahrhundert um territoriale Herrschaft gestritten wurde, nämlich durch die Veröffentlichung suggestiver Herrschaftsbilder in Form von Karten.180 Eine Fortsetzung fand der Kartenstreit zwischen Brandenburg-Ansbach und Nürnberg in den 1760er Jahren, ausgelöst durch die 1763 und 1764 bei Homanns Erben in Nürnberg gedruckten Karten des Markgraftums 180 Auf eine entsprechende Funktion des ‚Beiwerks‘ der Karten, also etwa Kartuschen oder Frontispize von Atlanten kann hier nur hingewiesen werden, vgl. Petto 2009, S. 246: „Contextualizing the images from map cartouches and atlas frontispices reveals the powerful persuasive nature of these designs. The mapmakers, map sellers, map publishers in this presentation, produced works for the crown, the ministers, and ecclesiastics that through their design elements imposed power over the land and confirmed or legitimized their jurisdictional, martial, and even divinely ordained control over territory.“

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Brandenburg-Kulmbach/Unterland, des Markgraftums Brandenburg-Ansbach und des Nürnberger Gebiets, letztere mit genauer Angabe der verschiedenen Fraischbezirke, Grenzen und territorialer Zugehörigkeit (Abb. 30).181 Die Publikation erfolgte ohne Kenntnis des Nürnberger Magistrats, was angesichts seines bisherigen Agierens nicht weiter verwunderlich ist. Denn er betrieb weder eine offene noch eine verdeckte, also über Mittelsmänner oder anonym lancierte Veröffentlichungen gesteuerte Politik mit Karten. Anders als Nürnberg im Falle der ‚Deliciae‘ wehrte sich Brandenburg-Ansbach vehement gegen die Karten, ohne Rücksicht darauf, dass sie keine offizielle Publikation der Reichsstadt darstellten. Autor der Karten war Matthäus Ferdinand Cnopf, der zwar ein untergeordneter reichsstädtischer Beamter war, in dieser Sache aber ohne offiziellen Auftrag arbeitete.182 Anfang Oktober 1764 wurden von Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Bayreuth Protestschreiben an den Rat gerichtet, im November folgte ein Brief des beim Fränkischen und Schwäbischen Kreis akkreditierten Ministers des preußischen Königs und im Dezember eine Erinnerung aus Ansbach an das Protestschreiben vom Oktober, verbunden mit der Drohung, dass man auch andere Maßnahmen ergreifen könne. Tatsächlich erschien um die Jahreswende „zur Belehrung des Publikums“ eine pseudonyme Streitschrift mit dem Titel „Historische und rechtliche Beleuchtung der Knopfischen Landcharte von Nürnberg“. Sie stammte von dem ansbachischen Geheimen Hof-, Regierungs- und Justizrat Karl Wilhelm Schnitzlein.183 Anfang Februar 1765 wurde parallel in den Erlanger Gelehrten Anzeigen, der Leipziger Zeitung sowie der Hamburger Staats- und Gelehrten-Zeitung ein Verriss der 181 Cnopf, Matthäus Ferdinand: Principatus Brandenburgico-Culmbacensis vel Baruthini Tabula Geographica quoad partem inferiorem, Nürnberg: Homanns Erben 1763; ders.: Mappa Geographica exhibens Principatum Brandenburgico Onolsbacensem, Nürnberg: Homanns Erben 1763; ders.: Mappa Geographica Territorii Sacri Romani Imperii Liberae Civitatis Norimbergensis, Nürnberg: Homanns Erben 1764. Vgl. zum Folgenden ausführlich Fleischmann 2000b, dort auch die entsprechenden Abb.; knapp zusammenfassend Schnelbögl 1966, S. 134f. mit Abb.; Schiermeier 2006, S. 104f. mit Abb.; zur Geschichte des Verlags Homann umfassend Heinz/Diefenbacher/Bach-Damaskinos (Hg.) 2002. 182 Im Auftrag des Nürnberger Rates bearbeitete er zur selben Zeit allerdings eine Karte, die die „Hochfürstlich Brandenburg-Culm- und Onolzbachischen rings um die Reichs Stadt Nürnberg angelegten, theils berechtigten alten, aber widerrechtlich erhöheten, theils gar unberechtigten neuen, auch gleicher Weise immer steigender Zoll-Staette“ zeigen sollte, zit. nach Fleischmann 2000b, S. 365. 183 Zit. nach Fleischmann 2000b, S. 362. Eine zweite, vermehrte Auflage der ‚Beleuchtung‘ erschien 1774, ebd., S. 368; im selben Jahr kommentierte auch die zweite Auflage der „Deliciae“ noch einmal die Cnopf ’schen Karten, deren Verfasser „die Welt mit falschen Nachrichten zu hintergehen sich erkühnet“ hätte, zit. nach Schuhmann 1959, S. 501.

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Cnopf ’schen Karten publiziert und im September 1766 in der Bayreuther Zeitung noch einmal auf die Fehlerhaftigkeit derselben hingewiesen.184 Im selben Jahr war bereits eine gegenüber der ‚Beleuchtung‘ noch umfangreichere, nunmehr durch die Angabe der Druckorte Bayreuth und Ansbach auch eindeutig zuzuordnende Publikation veröffentlicht und auf dem Regensburger Reichstag an die Gesandten verteilt worden.185 Der Streit sollte also dort weitergeführt werden, wo er begonnen hatte, nämlich im Medium des Druckes. Wie die unterschiedlichen Publikationsformen und Publikationsorte zeigen, wurde dabei von ansbachischer Seite systematisch die politische und die gelehrte Öffentlichkeit des Reiches wie der engeren Region angesprochen. Eine neue Gegenkarte war in dieser publizistischen Offensive insofern nicht nötig, als die Vetter’sche Aufnahme von 1719 weiterhin aktuell war und die ansbachische Position eindeutig wiedergab. Bereits im Januar 1765 beugte sich der Nürnberger Rat dem brandenburgischen Druck und erließ ein Verkaufsverbot für die drei Cnopf ’schen Karten. In der sich anschließenden Diskussion über das weitere Verfahren bemerkte der Autor selbst, dass der Begriff „Territorium“ auf die fränkischen Verhältnisse im Grunde nicht anwendbar sei und dementsprechend aus dem Titel der Nürnberger Karte entfernt werden müsse. Diese Position wurde von dem Abgesandten der Stadt am Reichskammergericht, Gustav Georg König von Königsthal, geteilt, der stattdessen die Bezeichnung „Nürnberger Obrigkeit und Gebiet“ vorschlug und für eine genaue Differenzierung der strittigen Orte im Kartenbild entsprechend der Ergebnisse der früheren Reichskammergerichtsprozesse plädierte.186 In eben dieser Weise wurde in der Folge verfahren: Cnopf revidierte seine Nürnberger Karte und legte sie im Mai 1766 dem Rat vor, der sie nach Rücksprache mit von Königsthal und verschiedenen kleineren Änderungen im Dezember zusammen mit den beiden anderen Cnopf ’schen Karten zum Druck freigab. Die Nürnberger Karte wurde anonym und mit verändertem Titel publiziert und zeigt mit unterschiedlichen Kreissignaturen und Farben den rechtlichen Status der strittigen 184 Die genauen bibliographischen Angaben bei Fleischmann 2000b, S. 372f. 185 Der Titel lautet „Gründliche Anzeige wie fälschlich, zum gesuchten Nachtheile der Gerechtsamen der Hochfürstlichen Häuser Brandenburg in Francken und zu vermeyntlichen Gunsten der Reichsstadt Nürnberg, in den im Jahre 1764 an diesem Orte im Homännischen Verlag herausgekommenen, von einem Namens Knopf verfaßten, das Gebiete höchstgedachter Häuser und der gemeldeten Stadt betreffenden dreyen Landcharten, die deßfallsigen Gränzen bemercket sind, auch wie sehr solche Bestimmung und die, den gedachten Land-Charten beygefügten Anmerckungen, demjenigen, was die Geschichte und die von den höchsten Reichsgerichten gefälleten Urtheile besagen, mithin der Wahrheit, zuwider laufen“, zit. nach Fleischmann 2000b, S. 368. 186 Zit. nach Fleischmann 2000b, S. 373; dort auch die Angaben zur Differenzierung.

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Orte entsprechend der Reichskammergerichtsurteile von 1583 und 1587 an. „Fast alle der in den beiden Reichswäldern rund um Nürnberg gelegenen Orte waren entsprechend dem schwebenden streitigen Verfahren markiert, so daß ein präzises Abbild der verwickelten staatsrechtlichen Verhältnisse der ‚Obrigkeit und (des) Gebiets‘ gegeben war.“187 Ob diese ‚Präzision‘ in der gegebenen Situation allerdings besonders sinnvoll war, um etwaige territoriale Ansprüche Nürnbergs zu verteidigen, ist fraglich. Denn letztlich zog sich die Stadt damit wieder auf ein punktuelles Herrschaftsverständnis im Sinne eines ‚territorium non clausum‘ zurück, während Brandenburg-Ansbach bereits mit der Vetter’schen Karte ein Territorium beansprucht hatte, das bis an die Mauern Nürnbergs reichte. Die Cnopf ’sche Darstellung des Nürnberger Territoriums markierte einen ebensolchen Anspruch, aber wie schon in den Auseinandersetzungen um die Vetter’sche Karte war die Stadt auch fast ein halbes Jahrhundert später nicht bereit oder in der Lage, die raumkonstituierenden Möglichkeiten der Kartographie für sich zu nutzen und entsprechende Bilder zu produzieren. Der Nürnberger Ratskonsu­ lent Winkler scheint diese Problematik durchaus gesehen zu haben, plädierte er doch – erfolglos – gegen ein Einlenken gegenüber Brandenburg-Ansbach, weil dieses letztlich bedeute, „es gebe kein nürnbergisches sondern nur ein brandenburgisches Territorium“.188 Insgesamt zeigt das Nürnberger Beispiel eindrücklich die Verlagerung eines Konflikts um Herrschaftsrechte und Machträume und damit der Konstruktion von Grenzen auf die visuell-mediale Ebene. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen stand nicht mehr die Frage, wo die Grenzen eines Territoriums konkret im Feld verliefen, sondern wer das suggestivste Raumbild entwerfen und damit die Deutungshoheit im politischen Diskurs erlangen konnte.189 Die überkommenen Formen der Beschreibung und Markierung von Grenzen traten dabei zurück hinter das Medium der Karte. Gestritten wurde über Syntheseleistungen und nicht über Spacings. Diese neue Qualität im System der Beschreibung und Markierung von Grenzen wurde durch die politische Aneignung gedruckter Karten erreicht. Waren die von den Fürsten in Auftrag gegebenen Kartenwerke zuvor meist strenger Geheimhaltung unterworfen,190 wurde einer europäischen Öffent187 Fleischmann 2000b, S. 374. 188 Fleischmann 2000b, S. 374. 189 Eine Verschiebung politischer Auseinandersetzungen auf die diskursive Ebene lässt sich in der Frühen Neuzeit auch anhand des Streits um politische Begrifflichkeiten feststellen, vgl. grundlegend Seresse 2005; außerdem Seresse (Hg.) 2009. 190 Vgl. die Beispiele oben Kap. III.3.2.1 („Landesaufnahmen“). Eine plakative Begründung hierfür liefert ein für den Nürnberger Rat 1641 erstelltes Gutachten, wo es zur Frage der Veröffentlichung von Karten heißt: „Zu Frieds Zeithen seind außführliche Mappen nützlich und guth

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lichkeit nun mit dem fürstlich gesteuerten Druck von Karten der eigene territoriale Herrschaftsanspruch vor Augen geführt. Die Exaktheit der topographischen Darstellung suggerierte eine ebensolche Exaktheit der repräsentierten politischen Verhältnisse, die freilich so nicht gegeben war, in der Praxis – also im Gebrauch der Karten in den Verwaltungen, in der Politik und beim Militär – aber dazu führen musste bzw. sollte, dass sich ein bestimmtes Bild der territorialen Ausdehnung des kartierten Territoriums durchsetzte.191 Zugleich konnten die Karten in künftigen Rechtsstreitigkeiten als Beweismaterial verwendet werden, sie schafften im besten Falle – wie ja auch die Nürnberger befüchteten – ein Präjudiz.192 in Kriegsleuften aber schedlich“, zit. nach Schiermeier 2006, S. 18. In der staatsrechtlichen Literatur gab es freilich zeitgleich gewichtige Stimmen, die genau diesem Argument widersprachen: „Etliche haben vermeynet, es sey dergleichen beschreibung schädlich, weil in kriegszeiten die feinde, und deren quartiermeister, sich gar eigentlich darnach richten können. Es scheinet aber nicht, daß dieses bedencken erheblich sey, denn die land-carten, die man allbereit hat, so schlecht sie auch seyn, können einen feind, der überhaupt handelt, und nach einem kleinen ab- und zugang nicht fraget, schon gnugsam dienen; Er findet auch, wenn er der lande mächtig wird, soviel er zu seinem zweck bedarff, durch allerhand Mittel, gnugsame Nachricht. Derowegen dienen die accuraten und eigentlichen land-carten nicht einem feind, denn er muß sich auf den augenschein, und nicht allein auf brieffe gründen“, *Seckendorff 1972, Additiones, S. 18. Ganz ähnlich argumentiert ein Jahrhundert später Anton Friedrich Büsching in seiner „Neuen Erdbeschreibung“ von 1754: „Ja, sagt man, die Staatsbeschreibungen und Charten von den Ländern sind Verräter derselben; sie verschaffen den Staatsministern u. Generalen von den feindlichen Ländern eine Kenntniß, die diesen sehr nachteilig ist. Dis Vorgeben hat nur alsdenn einigen Schein, wenn die Beschreibungen gar zu genau und umständlich sind, es fällt aber überhaupt weg: denn es ist durch ein geographisch-politisches Buch niemals ein Land erobert worden; sondern zu Eroberungen und Vertheidigungen der Länder gehöret Macht und Klugheit; obgleich eine richtige geographische Kenntniß der anzugreifenden Länder für den angreifenden Theil nützlich ist. Hat sich der Feind eines Landes bemächtiget, so wird er von demselben Abgaben zu erpressen, und sein Vermögen kennen zu lernen wissen, wenn er gleich keine gedruckte Bücher in Händen hat, darinnen es genau beschrieben worden“, *Rassem/Stagl (Hg.) 1994, S. 432. 191 Die Bedeutung von Karten für das Militär in dieser Zeit zeigt die Einschätzung des österreichischen Generalquartiermeisters Feldmarschall-Leutnant Moritz Graf Lacy nach dem Frieden von Hubertusburg von 1763: „Wie unumgänglich nothwendig es dem Militari seye, von denjenigen Landen, in welchen Krieg geführet wird, genaue Kenntnis zu haben, hievon hat uns der lezte Krieg hinlängliche Proben gegeben. […] Dasjenige, was wir dermalen kennen, haben wir durch Landcharten, Plans und Beschreibungen, die uns vom Feinde in die Hände gefallen, erhalten“, zit. nach Kretschmer/Dörflinger/Wawrik 2004, S. 77f. 192 Zur Verwendung von gedrucktem Kartenmaterial vor dem Reichskammergericht im 18. Jahrhundert vgl. Recker 2004a, S. 15f. Die Autorin verweist auf den von Timpte 1961, S. 99–110, ausführlich referierten Kartenstreit zwischen der Reichsabtei Corvey und dem Fürstbistum Paderborn um die Jurisdiktion im Dorf Jakobsberg in den Jahren 1755 bis 1779, bei dem eine Kopie der Paderborn/Corvey-Karte von Johannes Gigas (1620) sowie entsprechende Karten

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Zur weiteren Unterstützung des Arguments sei auf einen zweiten „bellum cartographicum“ des 18. Jahrhunderts hingewiesen, nämlich die Auseinandersetzungen zwischen dem Kurfürstentum Sachsen und der Grafschaft Schönburg in den 1750er und frühen 1760er Jahren, die deutlich machen, „wie die Schönburger mit Hilfe der großen Kartenverlage ihrer Zeit […] politische Ansprüche zu bekräftigen suchten“.193 Dieser Kartenstreit spielte sich ebenfalls vor dem Hintergrund eines jahrhundertalten Territorialkonflikts ab, in dem die Grafen versucht hatten, aus ihren Besitzungen eine eigene Landesherrschaft zu formen. Ein Teil ihrer Herrschaften (Wechselburg, Rochsburg, Penig und Remse) waren kursächsische Lehen, andere (Glauchau, Lichtenstein, Meerane, Waldenburg und Hartenstein) waren bzw. beanspruchten den Status als Reichsafterlehen, für die teilweise der König von Böhmen, teilweise der Kurfürst von Sachsen als Zwischenlehnsherr fungierte.194 Die Ambitionen der Grafen schienen mit dem schönburgisch-kursächsischen Rezess von 1740, in dem sie die Oberhoheit der Wettiner anerkannten, beendet. Lediglich in den nunmehr als Rezessherrschaften bezeichneten Reichsafterlehen Glauchau, Lichtenstein, Waldenburg und Hartenstein konnten sie künftig gewisse landesherrliche Rechte ausüben. Konfliktpotential ergab sich aber weiterhin aus der im Jahre 1700 erlangten, aber auf kein bestimmtes Territorium bezogenen Reichsgrafenwürde der Schönburger und der sich daraus ergebenden Reichs- und Reichskreisstandschaft, die vom genannten Rezess explizit ausgenommen waren. Insbesondere Graf Albrecht Christian Ernst von Schönburg-Hinterglauchau versuchte seit Mitte der 1750er Jahre, die Übereinkunft mit den Wettinern unter anderem durch die Schaffung territorial-räumlicher Präjudizien mittelfristig auszuhebeln. So ließ er etwa 1757 die Glauchauer Herrschaftsgrenzen mit „Gränz-Säulen mit dem Kayserlichen Adler, Schönburgischem Wappen und mit gäntzlicher Hinweglaßung des Chur-Sächsischen Wappens“ markieren.195 In diesen Zusammenhang gehört auch die Manipulation von Karten, zu deren Zweck er gezielt Einfluss auf die Kartenverlage von Peter Schenk II. in Amsterdam und Homanns Erben in Nürnberg nahm. aus den Verlagshäusern Seutter, Hondius und Homann vorgelegt und zur Unterstützung der eigenen Rechtsposition genutzt wurden. Vgl. als weiteres Beispiel den Streit zwischen dem Kurfürstentum Köln und der Reichsstadt Köln um verschiedene Frachtfragen von 1791/92, bei dem der Reinhard-Plan von 1752 vorgelegt wurde, Duisburg, LAV NRW R, RKG, C 492/1290; die Karte jetzt ebd., RW Karten 6492. 193 So Wiegand 2007, S. 124, der den Sachverhalt detailliert aufgearbeitet hat. Vgl. zum Folgenden ebd. mit Abb.; die Begriffsschöpfung „bellum cartographicum“ ebd., S. 162. 194 Zu den verworrenen Lehnsverhältnissen und der territorialpolitischen Situation vgl. Wiegand 2007, S. 146. 195 Zit. nach Wiegand 2007, S. 149.

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Schenk hatte 1752 mit kursächsischem Druckprivileg eine „akkurate geographische Delineation“ der schönburgischen Herrschaften publiziert, die nun in schneller Folge modifiziert und – ohne Wissen und Zustimmung der Dresdener Behörden – in drei weiteren Versionen auf den Markt gebracht wurde.196 Die Karten gehörten teilweise zum großen „Atlas Saxonicus Novus“, den das Verlagshaus seit 1752 herausbrachte und in den folgenden Jahren mehrfach neu auflegte, teilweise wurden sie separat vertrieben.197 Die Veränderungen betreffen sowohl die Titulatur als auch die graphische Gestaltung und suggerieren eine aufgrund des Rezesses von 1740 so nicht gegebene Eigenständigkeit der Grafschaft Schönburg von Kursachsen. So werden unter anderem die Herrschaften Glauchau, Waldenburg und Lichtenstein als „Reichsherrschaften“ und „böhmische Reichsafterlehen“ und die Grafschaft Hartenstein als „Reichsgrafschaft“ bezeichnet und die in gräflichem Besitz befindliche kursächsische Grundherrschaft Oelsnitz graphisch in die schönburgische Herrschaft inkorporiert. Die Zugehörigkeit der schönburgischen Besitzungen zum kursächsischen Erzgebirgskreis und zum kursächsischen Amt Zwickau wird in der Titulatur unterdrückt und stattdessen auf die Zugehörigkeit zum Obersächsischen Reichskreis hingewiesen.198 1760 erschien bei Schenk schließlich eine neue Karte der schönburgischen Herrschaft, die nunmehr nur die reichsherrschaftlichen Anteile derselben zeigte.199 Der doppelköpfige Reichs­ adler mit dem schönburgischen Wappen vor der Brust und der böhmische Löwe illustrieren den Reichsbezug, im Titel wird wiederum die Zugehörigkeit zum Obersächsischen Reichskreis betont. Auf die genannten Karten scheint die kursächsische Administration erst aufmerksam geworden zu sein, als 1760 in Nürnberg bei Homanns Erben eine Karte des „Comitatus Schoenburgensis“ von Johann Paul Trenckmann publiziert wurde, die durch ein eingefügtes „Avertissement“ deutlich als Produkt der schönburgischen Grafen kenntlich gemacht war.200 Die Bekanntmachung, die auch in verschiedenen deutschen Zeitungen gedruckt und kommentiert wurde,201 verwies 196 Schenk, Peter: Akkurate geographische Delineation derer gräflich schönburgischen Ämter oder Herrschaften, Amsterdam: Peter Schenk 1752; vgl. Wiegand 2007, S. 139–141 mit Abb. 197 Zum „Atlas Saxonicus Novus“ vgl. Wiegand 2007, S. 125–137. 198 Zit. nach Wiegand 2007, S. 139. 199 Schenk, Peter: Akkurater geographischer Entwurf hochgräflich schönburgischen reichsherrschaftlichen Gebiets, Amsterdam: Peter Schenk, 2. Fassung, Oktober 1760; vgl. Wiegand 2007, S. 141f. mit Abb. 200 Trenckmann, Johann Paul: Comitatus Schoenburgensis, Nürnberg: Homanns Erben 1760, vgl. Wiegand 2007, S. 137–139 mit Abb. 201 Vgl. die Nachweise bei Wiegand 2007, S. 137, Anm. 43; zum Folgenden *Göttingische Anzeigen 1760, 129. Stück (27.10.1760), S. 1005–1112, hier S. 1108–1111.

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auf die Fehlerhaftigkeit der Schenk’schen Karten in Bezug auf die „gräfl. schönburgisch. Graf- und Herrschaften selbst, als andern, wo diese angränzen, und mit vorkommen“, sowie die hinsichtlich Reichsstandschaft und den sich daraus ergebenden Gerechtsamen „sehr präjudicirliche[n] Irrthümer“.202 Wenngleich Schenk dieselben soweit möglich verbessert habe, seien die Fehler mittlerweile vielfach weiter verbreitet worden, so dass die Grafen explizit festhalten wollen, daß diese ohne die geringste Mitwissenschaft oder Angebung des gräflichen Hauses zum Vorschein gekommen, man auch an diesem nicht den geringsten Antheil nimt, vielmehr diesem hierdurch widerspricht, und sich sowohl seiner wohlhergebrachten Reichsstandschaft und Gerechsamen in diesen Reichs-After-Lehns Graf- und Herrschaften, welche von anderen angegebenen Erfindungen nicht geschwächt werden können, hierdurch prospiciret, als auch gegen alle widrige Auslegungen, welche durch vorbenannte Landcharten und Nachrichten, darwider gemacht werden könten oder wolten, protestando und solenniter verwahret haben wolle.203

Die Homann’sche Karte konnte damit „als gleichsam autorisierte schönburgische Topografie“ gelten, was bei der kursächsischen Administration angesichts der Bestimmungen des Rezesses von 1740 zu erheblichen Irritationen führen musste.204 Die kursächsische Zensur begann dementsprechend in der Angelegenheit zu ermitteln, wobei deutlich wurde, dass auch die Schenk’schen Karten als Manipulationsobjekte der Schönburger Grafen anzusehen waren und Graf Albrecht zudem erfolgreich auf den Augsburger Verleger Matthäus Seutter eingewirkt hatte, seine Nachstiche der Schenk’schen Karten entsprechend zu modifizieren und 1759 in geänderter Form erneut zu publizieren.205 Wir sehen hier auf der schönburgischen Seite einen fürstlichen Akteur, der das Medium der gedruckten Karte geradezu virtuos für seine territorialpolitischen Zwecke zu nutzen wusste, indem er die betreffenden Verlage zu Modifikationen an bereits vorhandenen Karten oder auch zu neuen Darstellungen bewegte und auf diese Weise ein mit seinen herrschaftlichen Ansprüchen korrespondierendes Bild des eigenen Territoriums auf dem europäischen Markt verbreitete. Intendiert war, so ist zu vermuten, einerseits die Beeinflussung der öffentlichen Meinung im Sinne der angemaßten Rangerhöhung und – vielleicht noch wichtiger – die 202 *Göttingische Anzeigen 1760, S. 1109. 203 *Göttingische Anzeigen 1760, S. 1109f. 204 Wiegand 2007, S. 138f. 205 Seutter, Matthäus: Dynastiae comitatus Schoenburgici, Augsburg: Matthäus Seutter 1759; vgl. Wiegand 2007, S. 152. Zu den Nachforschungen der kursächsischen Zensurbehörde vgl. im Einzelnen ebd., S. 139–151; detailliert zu den Kontakten Graf Albrechts zu den verschiedenen Verlagshäusern und Kartenmachern ebd., S. 151–162.

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Schaffung von Präjudizien in Form kartographischer Darstellungen, die mittelfristig als ‚Beweis‘ in juristischen Auseinandersetzungen hätten verwendet werden können. Auf kursächsischer Seite scheint dieses Wissen um die Macht der Karten aber ebenfalls vorhanden gewesen zu sein, was die akribischen Nachforschungen der Zensurbehörde erklärt. Dass man letztlich nur gegen Schenk und Trenckmann, und auch hier eher halbherzig, vorging,206 deutet darauf hin, dass man den schwelenden Konflikt mit den Grafen, der 1777 schließlich doch mit Waffengewalt ausgefochten wurde, nicht eskalieren lassen wollte. Überdies hatte man durch die Beschlagnahmung des Briefwechsels Schenks mit Graf Albrecht207 wohl genügend Beweismaterial an der Hand, um die manipulierten Karten in künftigen Rechtsstreitigkeiten als Prätentionskarten der Schönburger zu entlarven. ‚Kartenkriege‘ dürften im 18. Jahrhundert vielerorts im Reich stattgefunden haben. Denn der Zugang zu kartographischem Wissen sowie den entsprechenden Druck- und Distributionsmöglichkeiten war (fast) überall gegeben und die Sehgewohnheiten hatten sich durch die weite Verbreitung der kommerziellen Kartographie seit dem 16. Jahrhundert an die Abstraktion des Grundrisses angepasst. Auch der rechtliche Status der Kartographie hatte sich gewandelt. Damit waren die gedruckten Prätentionskarten nicht nur suggestive Bilder für eine europäische Öffentlichkeit, die von der Faktizität des auf den Karten Dargestellten überzeugt wurde, sondern sie konnten über kurz oder lang auch als Beweismittel in territorialen Rechtsstreitigkeiten eingeführt werden.

4. Fazit: Karten als Leitmedium der Raumbeschreibung Trotz der geschilderten Entwicklungen, die Karten im 18. Jahrhundert zum Leitmedium der Raumbeschreibung werden ließen, wurden bei konkreten Grenzziehungen weiterhin auch die anderen Verfahren eingesetzt. So blieben materielle und symbolische Markierungen im Feld in Gebrauch und behaupten ihre Bedeutung bei Grenzziehungen teilweise bis heute. Offenbar bedurfte und bedarf die vermessene und kartierte Grenze der physisch erfahrbaren Konkretisierung, also einer dauerhaft materiellen und/oder temporär symbolischen Markierung vor Ort. Desgleichen hatte sich trotz der vermessungstechnisch und kartographisch immer elaborierteren Verfahren auch die verbale Beschreibung nicht überlebt, sondern begegnet weiterhin in den Grenzverträgen des 18. Jahrhunderts, wenn auch in einer gegenüber den diesbezüglichen Karten nachgeordneten Position. 206 Wiegand 2007, S. 150, 163f. 207 Wiegand 2007, S. 151.

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Grenzkarten als Argument

Die neue Gewichtung innerhalb des vormodernen Systems zur Beschreibung und Markierung von Grenzen lässt sich zusammenfassend anhand von Johann Jakob Hocks „Abhandlung von Versteinungen, Beschreibungen, Verzeichnungen und Beziehungen der Gränzen“ von 1789 aufzeigen. Um einvernehmlich errichtete Grenzen dauerhaft zu erhalten und gegebenenfalls zu rekonstruieren, schlägt der Autor eine Kombination der Verfahren vor. Der materiellen Markierung im Feld spricht er eine hohe Bedeutung für den alltäglichen Umgang mit Grenzen zu und erörtert im Detail, wie und wo die Steine und andere Grenzzeichen zu setzen seien.208 Die symbolische Markierung im Feld, namentlich der gemeinsame Umgang der Grenzanrainer, diene der Erinnerung und der Kontrolle der Grenzsteine.209 Allerdings stellten die materiellen Markierungen im Feld keine hinreichenden Mittel dar, um Grenzstreitigkeiten zu verhindern. Vielmehr könne „nur durch Gränzbeschreibungen und Grundrisse […] sowohl die Aechtheit eines unbewappneten, von seinen Beilagen entblößten Steines, als auch die Verrückung eines mit seinen Unterlagen anderstwohin versetzten, und selbst der Platz, wo ein ausgerissener Gränzstein gestanden, mit mathematischer Gewißheit unwidersprechlich dargethan werden.“210 Grenzsteine allein machen also noch keine Grenze, sie bedürfen vielmehr der Grundlegung und Dokumentation in Beschreibungen und Karten, wie ja auch in Löws Modell jedes Spacing einer Syntheseleistung bedarf. Unter ‚Gränzbeschreibung‘ versteht Hock interessanterweise nicht mehr die bekannte Form der Narration von Wegstrecken zwischen den Grenzsteinen. Vielmehr meint er geometrische Beschreibungen, also die Auflistung und Erläuterung exakter Vermessungsergebnisse.211 Mithilfe der Angaben zu Streckenlängen und Winkeln in der ‚Beschreibung‘ bzw. deren graphischer Umsetzung in einer Karte könnten „die Gränzen mit mathematischer Gewißheit, mit Leichtigkeit unwidersprechlich abgestecket werden“, auch wenn die Grenzsteine „verrücket, ja ganz verlohren wären.“212 Hierfür bedarf es laut Hock keiner Karten, „weil in einer solchen Gränzbeschreibung das Maaß aller Linien und Winkel so deutlich beschrieben ist, als es auf der Gränzkarte gezeichnet werden kann.“213 Da bei der Vermessung aber ohnehin Skizzen angefertigt würden und eine Übertragung der 208 *Hock 1789, S. 11–36. 209 *Hock 1789, S. 78–81. 210 *Hock 1789, S. 34. 211 Vgl. die ausführlichen Erläuterungen zu den Fehlern herkömmlicher Vermessungs- und Beschreibungsverfahren sowie zur geometrischen Vermessung von Grenzen, *Hock 1789, S. 37–54. 212 *Hock 1789, S. 36. Für eine solche Berechnung sind freilich eindeutig definierte Anfangsund Endpunkte der Linie in Form zweier Steine notwendig. 213 *Hock 1789, S. 66; zu Grenzkarten insg. vgl. ebd., S. 66–78. Gleiches gilt übrigens auch für das Verhältnis von frühneuzeitlichen Katastern und Katasterkarten, Stein 2004, S. 176.

Fazit: Karten als Leitmedium der Raumbeschreibung

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Linien und Winkel in eine Karte ohne Schwierigkeiten möglich sei, solle man sie gleichwohl erstellen. An einem anderen Ort gelagert, könnte die Karte zu Rate gezogen werden, wenn die Beschreibung etwa durch Feuer verloren ginge, „weil beide Beweisurkunden [!] in allen beschriebenen und gezeichneten Linien- und Winkelmaaßen vollkommen übereinstimmen, und nicht als ein Instrumentum referens und relatum abgefasset werden“.214 Hock setzt also offensichtlich einen technischen Standard bei Vermessungstechnik und Kartographie voraus, der eine getreue Abbildung der Messungen im kartographischen Medium und umgekehrt die Extraktion von Messdaten aus der Karte ermöglicht. Bild und Text sind damit austauschbar, sie stellen denselben Sachverhalt lediglich in unterschiedlichen Medien dar, was bei der Verwendung herkömmlicher verbaler Beschreibungen nicht der Fall gewesen war. Für unseren Zusammenhang ist wichtig, dass der Autor Vermessung und Kartierung die entscheidende Rolle bei der Beschreibung und Markierung von Grenzen zuweist. Nur auf dieser Grundlage werde die Eindeutigkeit von Grenzziehungen, aber auch deren Nachhaltigkeit im Sinne längerfristig verfügbarer Informationen gewährleistet. Materielle und symbolische Markierungen im Feld allein können dies nicht leisten, auch wenn sie im Ensemble der Verfahren weiterhin eine Rolle spielen. Verbale Beschreibungen im herkömmlichen Sinne werden von Hock hingegen nicht behandelt, sie werden vollständig von geometrischen Beschreibungen abgelöst. Dies fand allerdings in der Praxis des 18. Jahrhunderts, aber auch der der Neuzeit keine Entsprechung. Von einer generellen Ablösung der gleichsam ‚mittelalterlichen‘ Verfahren durch die im Laufe der Frühen Neuzeit immer weiter an Präzision gewinnende kartographische Beschreibung des Raums kann also auch am Ende des Alten Reiches keine Rede sein.

214 *Hock 1789, S. 77.

Schlussbetrachtung: Zur Periodisierung des herrschaftlichen Zugriffs auf den Raum in der Vormoderne

Territoriale Grenzen im Heiligen Römischen Reich werden in unserer Studie als Indikatoren eines räumlichen Herrschaftsverständnisses interpretiert. Die ‚Beschreibung des Raums‘ in Form von verbalen Grenzbeschreibungen, materiellen und symbolischen Grenzmarkierungen sowie kartographischen Visualisierungen verweist in dieser Perspektive auf eine vorgängige Vorstellung bzw. ein Bewusstsein von der räumlichen Qualität von Herrschaft, die die Beschreibung determinierte. Grundlage für diese Interpretation ist die geschichtswissenschaftliche Adaption des Raummodells von Martina Löw, das Raum als „eine relationale (An)Ordnung von Lebewesen und sozialen Gütern“ versteht,1 also gleichermaßen die Handlungs- und die Ordnungsdimension bei der Konstruktion von Raum durch unterschiedliche Akteure in den Blick nimmt. Die Konstruktion von Raum erfolgt im Löw’schen Modell durch die reziproken Prozesse des Spacing und der Syntheseleistung, also der punktuellen Markierung auf der einen und der synthetisierenden Vorstellung eines einheitlichen und kontinuierlichen Raumes auf der anderen Seite. Die genannten Verfahren der Beschreibung und Markierung von Grenzen lassen sich seit dem frühen Mittelalter nachweisen. Eine Ausnahme bildet die Kartographie, die erst später entsteht und in territorialen Zusammenhängen relevant wird. In ihrem Zusammenspiel bildeten die Verfahren ein System, das bis an das Ende des Alten Reiches, ja sogar darüber hinaus bei Grenzziehungen Bestand hatte. Wie unsere Ausführungen gezeigt haben, stellt sich mit diesem Befund die Frage nach der Periodisierung des herrschaftlichen Zugriffs auf Raum neu, eignen sich die herkömmlichen Interpetationsmodelle doch kaum zu einer konsistenten, epochenübergreifenden Erklärung der benannten Kontinuitäten. Vielmehr zeichnen sie sich durch die Postulierung von Epochenbrüchen um 1250, um 1500 und um 1700 aus, die jeweils mit einem radikalen Wandel in der Herrschaftskonzeption bzw. in der Verfügbarkeit und Anwendung technischer und administrativer Verfahren zur Erfassung des Raums in Verbindung gebracht werden. Der Epochenbruch „um 1250“ bezeichnet in der Literatur nach Theodor Mayer den Wandel vom Personenverbandsstaat zum institutionellen Flächenstaat. Diesem in der Geschichtswissenschaft bis heute wirkmächtigen Paradigma zufolge war Herrschaft im frühen und hohen Mittelalter vornehmlich personenbezogen, 1

Löw 2001, S. 154.

Schlussbetrachtung

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während sich beginnend im Hochmittelalter und dann vor allem seit dem Spätmittelalter flächenbezogene Herrschaften ausbildeten. In dieses Epochenschema wird auch der etymologische Befund eingebettet, dass der Terminus ‚Grenze‘ im Deutschen tatsächlich erst im 13. Jahrhundert aufkommt, und zwar im Umfeld des Deutschen Ordens, der in dieser Zeit sein Territorium im ostdeutschen Siedlungsgebiet buchstäblich absteckte und mit Grenzen versah. Frühere Hinweise auf Grenzen werden bei dieser Interpretation konsequent vernachlässigt. Die Untersuchung der frühmittelalterlichen Raumverhältnisse erweist dagegen die Ausbildung eines differenzierten Grenzsystems bereits in der Karolingerzeit, das nicht nur aus den Grenzmarken, sondern auch aus Grenzen auf der Ebene der Grafschaften, Herzogtümer und Reiche bestand. Der Befund wird durch die Untersuchung der verschiedenen Verfahren der Beschreibung und Markierung von Grenzen gestützt. Der privatrechtliche Bereich scheint bei der Entwicklung dieser Verfahren vorangegangen zu sein, wenngleich frühzeitig auch schon Belege für die Verwendung im ‚staatlichen‘ Bereich vorliegen und somit von einer verfahrenstechnischen Kontinuität bei den Grenzziehungen in der ‚longue durée‘des Alten Reiches auszugehen ist. Gleichwohl bildeten die politischen Grenzen der Karolingerzeit nicht die Grundlage der spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Territorialgrenzen. Vielmehr ist für das 11. und 12. Jahrhundert von einer Verwischung der alten und in der Folge von der Bildung neuer Grenzen auszugehen. Die Erforschung des Übergangsprozesses von der früh- und hochmittelalterlichen Raumstruktur zu einer auf den vielfältigen Einzelgerechtsamen der künftigen Landesherren basierenden territorialen Grenzordnung des Spätmittelalters kann als eines der großen Desiderata der mittelalterlichen Landesgeschichte bezeichnet werden. Festzuhalten ist eine Zweistufigkeit der Grenzentwicklung, bei der dem 12. Jahrhundert als Umbruchphase eine zentrale Rolle zukommt. Neben der Neubildung von Grenzen sind diese Veränderungen unter anderem im Aufkommen einer neuen Begrifflichkeit (terra, territorium) und in der Verwendung von Zeichen (Wappen) zur Kennzeichnung von politischen Entitäten greifbar. Nicht zuletzt entsteht in dieser Zeit ein neues Interesse an der Erklärung der physischen Welt, wie sich nicht nur im Bereich von Philosophie, Wissenschaft und Literatur zeigt, sondern auch im Rahmen der Beschreibung von Verwaltungs- und Jurisdiktionsbereichen.2 In diesen Zusammenhang lässt sich auch die Entstehung der für die Grenzziehungen des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit wichtigen Kartographie im 12. und 13. Jahrhunderts einordnen. War die ursprüngliche Diskussion und Anwendung von Mayers Paradigma auf die Periodisierung der mittelalterlichen Geschichte beschränkt, wird die 2

Vgl. hierzu ausführlich Gautier Dalché 1998.

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Schlussbetrachtung

Dichotomie von Personenverbandsstaat und institutionellem Flächenstaat mittlerweile auch genutzt, um fundamentale Unterschiede zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit zu kennzeichnen. Damit verschiebt sich auch die Diskussion um die Entstehung von Grenzen in Richtung des Epochenbruchs um 1500. Das Mittelalter gilt in dieser Perspektive als Zeit grenzenloser, weil personenbezogener Herrschaft, während die Frühe Neuzeit als Vorläufer moderner Entwicklungen für den ‚begrenzten‘ Territorialstaat vereinnahmt wird. Grenzen gehören in dieser Perspektive selbstverständlich zur Zeit nach 1500. Übersehen wird dabei, dass sowohl das Mittelalter als auch die Frühe Neuzeit die Dualität von personenbezogener und flächenmäßiger Herrschaft kannten, ein radikaler Wandel von der einen zur anderen Herrschaftsform also nicht konstatiert werden kann. Dieser ist eher in die Zeit nach 1800 zu datieren, denn das Ende des Alten Reiches machte den Weg frei für eine großflächige Bereinigung von Rechtsverhältnissen und territorialen Zuständigkeiten, so dass die deutschen Staaten im 19. Jahrhundert tatsächlich über klar definierte Gebiete verfügten, deren Grenzen die Reichweite des staatlichen Zugriffs determinierten. Der Epochenbruch „um 1500“ wird allerdings nicht nur über den Wandel der Herrschaftsformen und die damit zusammenhängende Entstehung von Grenzen definiert, sondern auch mit Blick auf technische Innovationen, die diesen Wandel raumtechnisch unterstützten oder sogar provozierten. Konkret geht es dabei um die Kartographie, der in der Diskussion um die Entstehung räumlicher Herrschaft eine zentrale Rolle zugeschrieben wird. Angesichts der Tatsache, dass schon vor dem Aufkommen kartographischer Techniken Herrschaftsräume bestanden und mit verbalen, materiellen und symbolischen Verfahren beschrieben und markiert wurden, ist die diesbezügliche Bedeutung der Kartographie allerdings zu relativieren. Räumliches Herrschaftsdenken war nicht abhängig von der Möglichkeit der Visualisierung politischer Entitäten, wenngleich sich hieraus zahlreiche Chancen für die landesherrliche Verwaltung und Politik ergaben. Die Kartographie entfaltete im Laufe der Frühen Neuzeit ihr volles Potential als Medium der Raumbeschreibung. Dabei verdrängte sie jedoch nicht die überkommenen Verfahren, sondern wurde in das bestehende System der Beschreibung und Markierung von Grenzen integriert. Zumindest im 16. Jahrhundert bestanden auf Seiten mancher landesherrlicher Administrationen durchaus Widerstände gegen den Gebrauch von Karten, während in anderen bereits in der ersten Hälfte des Jahrhunderts mit dem Medium experimentiert wurde. Eine Reihe kleinerer und größerer Territorien zog in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nach, so dass die Kartographie um 1600 als Verfahren der Beschreibung und Markierung etabliert war. Diese sehr unterschiedliche Chronologie bei der Einführung kartographischer Verfahren ist vor allem auf den variierenden Territorialisierungsgrad im Reich

Schlussbetrachtung

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zurückzuführen, wobei den territorialen Bestand gefährdende Krisen als Katalysator für die Nutzung von Karten angesehen werden können. Darüber hinaus wurden die kartographischen Möglichkeiten dort frühzeitig eingesetzt, wo insgesamt eine forcierte Territorialpolitik zu beobachten ist und das Medium als eine willkommene Ergänzung zu den anderen Verfahren erkannt wurde. Widerstände gegen den Gebrauch von Karten lassen sich in Territorien feststellen, die bereits einen gewissen Konsolidierungsgrad erreicht hatten, aber keine weiterführenden territorialpolitischen Ambitionen verfolgten. Hier scheint es keine Notwendigkeit für die Einführung eines neuen Verfahrens gegeben zu haben; die bestehenden Grenzkonflikte waren mit den herkömmlichen Möglichkeiten ohne Weiteres zu lösen. Eine solche Zurückhaltung bei der Nutzung technischer Neuerungen wird in der jüngeren Wirtschaftswissenschaft mit dem Dilemma der disruptiven Innovation erklärt:3 Diese Innovationen haben anfangs Leistungsnachteile, so dass etablierte Unternehmen an den herkömmlichen Produkten festhalten und die Neuheiten von jungen Firmen zunächst für Nischenmärkte hergestellt werden. Die Verbesserungen erweisen sich in der Folge aber als so einschneidend, dass die alten Technologien mitunter vollständig verdrängt werden, was dazu führt, dass die jungen Firmen den etablierten den Rang ablaufen und letztere unter Umständen bankrott gehen. Mit Blick auf die Nutzung von Karten seitens der landesherrlichen Administrationen waren die Konsequenzen vielleicht nicht so dramatisch, zumal die älteren Verfahren weiterhin eine wichtige Rolle spielten. Gleichwohl zeigt sich ein ähnliches Muster, denn die fehlende Notwendigkeit, die neuen Möglichkeiten zu erproben, führte dazu, dass Territorien wie Kurköln die Innovation der Kartographie auch längerfristig kaum nutzten und somit den technologischen Anschluss verpassten. Im Laufe des 18. Jahrhunderts entwickelte sich die Kartographie zum Leitmedium der Beschreibung und Markierung von territorialen Räumen und ihren Grenzen. Die übrigen Verfahren wurden damit aber nicht verdrängt, sondern spielten weiterhin bei allen Grenzziehungen eine Rolle. Diese Kontinuität bis an das Ende des 18. Jahrhunderts ist nicht zuletzt mit Blick auf die jüngere Diskussion in der Geschichtswissenschaft zu betonen, die „um 1700“ einen weiteren Epochenbruch postuliert: Am venezianischen Quellenmaterial hat Achim Landwehr die These entwickelt, dass an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert bei Grenzbestimmungen das Prinzip des ‚Grenzen finden‘ von dem des ‚Grenzen machen‘ abgelöst worden sei.4 In seiner großen Studie zur „Erschaffung Venedigs“ 3 Vgl. Christensen/Matzler/Eichen 2011. 4 Vgl. Landwehr 2007, insb. S. 90–166; zusammenfassend Landwehr 2003; Landwehr 2006.

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Schlussbetrachtung

beschreibt der Autor zutreffend die spätmittelalterlich-frühneuzeitliche Praxis von landesherrlichen Grenzkommissonen, den Grenzverlauf auf der Grundlage von älteren Unterlagen in den herrschaftlichen Archiven sowie lokalen Zeugenaussagen und Begehungen vor Ort zu rekonstruieren. Die hierbei leitende Überzeugung war, dass die Grenze schon immer vorhanden gewesen sei, da sie auf alten Rechtstiteln beruhte, und dementsprechend – falls sie denn in Vergessenheit geraten sein sollte – in den alten Dokumenten, im Gedächtnis der Anwohner oder auch anhand von noch im Feld vorhandenen Markierungen und Zeichen wiederaufgefunden werden könnte.5 Seit dem späten 17. Jahrhundert ist laut Landwehr diese auf die Vergangenheit, das alte Herkommen rekurrierende Praxis zunehmend von einer rationalen, „von allem historischen Ballast befreit[en]“ Form der Grenzziehung abgelöst worden, dem ‚Grenzen machen‘.6 Damit sei eine zunehmende Abstrahierung der Grenzsituation von den lokalen Gegebenheiten und eine Verschiebung der Perspektive von den jeweiligen Grenzabschnitten zu der einen, kontinuierlichen Grenze des Territoriums einhergegangen.7 Zeugen vor Ort, die zuvor eine entscheidende Rolle bei der Grenzfindung gespielt hatten, seien durch Landmesser ersetzt worden, die nun erstmals bei Grenzkonflikten tätig wurden.8 Die von ihnen erstellten Karten interpretiert Landwehr ebenfalls als Ausdruck einer Rationalisierung des Grenzziehungsverfahrens.9 Grenzlinien seien überhaupt erst in dieser Zeit auf Karten zu finden, frühere von der Forschung angeführte Beispiele werden als Einzelfälle qualifiziert, „die sich tatsächlich erst um 1700 zu einem Trend verdichteten.“10 Dass Vermessung und Kartierung bei Grenzziehungen bereits vor dem 18. Jahrhundert eine Rolle spielten, dürfte nach unseren Ausführungen nicht mehr in Frage stehen. Ein Wandel in der von den landesherrlichen Administrationen gepflegten Praxis ist in diesem Zusammenhang nicht um 1700, sondern bereits ein Jahrhundert früher, also um 1600 zu beobachten.11 Denn während die Möglichkeiten der Kar 5  6   7   8

Landwehr 2007, S. 90–130. Landwehr 2007, S. 192; vgl. insg. ebd., S. 131–166. Vgl. in diesem Sinne bereits die Überlegungen von Heise 1998 zu Sachsen. So dezidiert Landwehr 2007, S. 138, 150; zur Rolle der Zeugen und der lokalen Bevölkerung ebd., S. 99–110, 160–166; zur neuen Bedeutung der Landmesser ebd., S. 135–150.  9 Landwehr 2007, S. 167–192. 10 Landwehr 2007, S. 187. 11 Zu dieser Zäsur passt eine berühmte Szene der englischen Literatur: In William Shakespeares Drama „Henry IV“ von 1596/97 teilen Hotspur, Mortimer und Glendower das Königreich England unter Zuhilfenahme einer Karte auf: „Come, here’s the map: shall we divide our right according to our threefold order ta’en?“ (Teil 1, 3. Akt, 1. Szene). Die folgende Diskussion bezieht sich v. a. auf die ‚natürlichen‘ Grenzen der jeweiligen Reiche. Mit Blick auf die

Schlussbetrachtung

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tographie im 16. Jahrhundert von vielen Landesherren nur zögerlich aufgegriffen wurden und dagegen verbale Beschreibungen und materielle sowie symbolische Markierungen ihre vorherrschende Bedeutung behielten, zeichnet sich seit der zweiten Hälfte des Säkulums eine zunehmende Integration des Mediums Karte in das mittelalterliche System der Beschreibung und Markierung von Grenzen ab. Dieser Wandel ist allerdings nicht als radikaler Paradigmenwechsel zu charakterisieren, sondern vollzog sich in einer kontinuierlichen Verlagerung der Autorität hin zur Kartographie, die im 18. Jahrhundert tatsächlich zu einem Leitmedium bei der Beschreibung und Markierung von Territorien und ihren Grenzen avancierte. Gleichwohl behielten die herkömmlichen Verfahren und damit das von Landwehr treffend als ‚Grenzen finden‘ charakterisierte Prinzip durchaus ihre Bedeutung. Ein Beispiel unter vielen ist die 1785 im Fürstbistum Osnabrück erlassene Instruktion für Landvermesser, die als Grundlage für die oben behandelte Du Plat’sche Vermessung des Territoriums erstellt wurde.12 Hierin heißt es, dass die Vermessung von Territorialgrenzen rechtzeitig der Regierung zu melden sei, damit diese den zuständigen Landmessern die im landesherrlichen Archiv vorhandenen Grenzbeschreibungen zukommen lassen könne. Neben diesem Rückgriff auf verbale Beschreibungen, mit denen die Grenzen ‚gefunden‘ wurden, sollte auch lokales Wissen in den kartographischen Prozess eingebracht werden und zu diesem Zweck der jeweilige Vogt bei der Vermessung anwesend sein. Auch die Kartierung von Grenzen im 18. Jahrhundert setzte also nicht völlig neu an und arbeitete ausschließlich auf der Grundlage abstrakt-geometrischer und damit vermeintlich rationaler Parameter, sondern suchte in den Akten und im Feld nach einer bereits vorhandenen vertrags- oder gewohnheitsrechtlichen Fundierung.13 In gleicher Weise visualisierten auch die von uns angeführten Karten, mit denen im 18. Jahrhundert sehr bewusst Machtpolitik betrieben wurde, nicht willkürliche historische Situation, also die Zeit König Heinrichs IV., ist die Szene anachronistisch, sie passt aber durchaus in Shakespeares Zeit. Vgl. zur englischen Kartographie bis 1650 Barber 2007. 12 Vgl. zum Folgenden Fieseler 2013, S. 216. 13 Entgegen Landwehr 2007, S. 48–50, 126, ist zu betonen, dass dies auch bei den Grenzziehungen der Neuzeit und der Gegenwart der Fall ist und die historische Legitimation territorialer Ansprüche eine zentrale Grundlage der Lösung von Grenzstreitigkeiten darstellt. Dass es gerade im 19. und 20. Jahrhundert auch Beispiele für Grenzziehungen gibt, die gleichsam mit einem Federstrich auf der Karte erfolgten, soll damit nicht verleugnet werden. Sie stellen aber zumindest in Europa lediglich Ausnahmen dar. So kommt etwa Khan 2004, S. 660, bei seiner umfassenden rechtshistorischen Analyse der deutschen Außengrenzen zu dem Befund, dass für ihren Verlauf in der langen Perspektive von 1648 bis in die Gegenwart nicht Diskontinuitäten und Brüche die Regel sind, sondern dass „das Rechtsregime vielmehr ganz im Gegenteil durch ein erstaunlich hohes Maß an rechtshistorischer Kontinuität und Stabilität gekennzeichnet“ ist.

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Schlussbetrachtung

territoriale Ambitionen, sondern spiegelten ältere Rechts- und Hoheitsansprüche. Die Karten stellten damit also lediglich eine Fortsetzung der bekannten territorialen Auseinandersetzungen mit anderen Mitteln dar. Die landesherrlichen Verwaltungen trugen der Notwendigkeit, bei Grenzziehungen fortlaufend auf ältere Belege in verbaler, materieller oder kartographischer Form zurückgreifen, also ‚Grenzen suchen‘ zu müssen, insofern Rechnung, als sie seit dem 16. Jahrhundert bestrebt waren, das entsprechende Material zu systematisieren und in handlichen Kompendien zusammenzustellen.14 Diese Bemühungen lassen sich etwa an der Überlieferung des Herzogtums Kleve aufzeigen: Aus dem 16. Jahrhundert liegen Abschriften von Verträgen des 14. und 15. Jahrhunderts mit den Benachbarten vor, die die Grenzen insbesondere mit Kurköln genauer beschreiben und in einer Kladde zusammengebunden als handliches Arbeitsmittel dienen konnten.15 In die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts datiert eine zweibändige „Kurtze beschreibung des herzogthums Cleve und der graffschafft Marck […], sampt allen darin vorhandenen hoheitssachen, wie auß denen registern zu ersehen sein wird, in zwey bänden“. Sie wurde unter Rückgriff auf die entsprechenden Unterlagen von dem Archivar und Protokollführer der klevischen Regierung, Adolf Wüsthaus, also einem Mann mit Zugriff auf das landesherrliche Archiv, zusammengestellt.16 Nach bloßer Abschrift und kumulierender Beschreibung im 16. und 17. Jahrhundert wurde das Material schließlich 1766 in der „General designation derer mit fremden territoriis annoch obschwebenden grentz irrungen und streitigkeiten“ in Listenform aufbereitet. Vermerkt 14 Vgl. neben dem folgenden Beispiel aus dem Rheinland für Franken die Zusammenstellung der Grenz- und Territorialstreitigkeiten des Pflegamts Hersbruck seit dem 16. Jahrhundert von 1781, Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Nürnberger Archivalien 509. Das Amtsbuch enthält zunächst die Generalia, hier u. a. die Fraischbereitungen von 1538, 1596, 1622, 1629, 1650, 1680, 1706, 1722 und 1729. Im Anschluss werden für die jeweiligen Grenzabschnitte die betreffenden Urkunden, Grenzbeschreibungen, Konflikte, Bemerkungen etc. in chronologischer Ordnung angeführt. Für das Fürstbistum Eichstätt sind aus dem 18. Jahrhundert „Extracte aus denen hochfürstlich eichstedtischen saal-, steuer- und zinnß-büchern, die zwischen hiesigen hochstifft und t. o. [dem Deutschen Orden] unterthanen Joseph Staudacher strittige limit, felder und waldung betreffend“ überliefert, die bis in das 15. Jahrhundert zurückreichen, ebd., Hochstift Eichstätt, Eichstätter Archivalien 2375. Als Beispiel für Westfalen sei auf das Fürstbistum Münster verwiesen: Der Geheime Rat forderte 1770, das Landesarchiv durch Stücke aus dem domkapitularischen und dem Hofkammerarchiv zu ergänzen, um bestimmte Grenzstreitigkeiten beurteilen zu können. Für das Verzeichnis der Grenzakten wurde ein prächtiger Foliant angelegt, aber nur ansatzweise bearbeitet, Kohl (Bearb.) 1999–2004, Bd. 1, S. 47. Zu entsprechenden „essais de synthèse“ in Westeuropa vgl. Dubois 1999, S. 281–284. 15 Duisburg, LAV NRW R, Kleve-Mark, Akt. 2507. 16 Duisburg, LAV NRW R, Hs. E III 1–2; zu Wüsthaus vgl. Oediger (Bearb.) 1972, S. 260.

Schlussbetrachtung

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werden in diesem Referenzwerk die Namen der Ämter und Herrlichkeiten, die mit fremden Territorien Streitigkeiten hatten, die Streitgegenstände, bisherige Maßnahmen und der jeweilige Stand der Dinge.17 Solche Systematisierungen waren grundsätzlicher Natur und ermöglichten einen raschen Überblick.18 Aber auch in aktuellen Streitfällen bemühte man sich um entsprechende Hilfsmittel, wie die Materialsammlung im Zusammenhang der Auseinandersetzung des Herzogtums mit Kurköln wegen der Grenzziehung in der Herscheider Mark von ca. 1750 zeigt. Hierfür wurden die zur Verfügung stehenden Akten durchgesehen und exzerpiert. Das Ergebnis war eine – in diesem Fall viel benutzte – Akte mit allen wichtigen Informationen zu den eigenen Besitzständen seit dem frühen 16. Jahrhundert.19 Auch in sonstigen Akten des 18. Jahrhunderts sind die Belege für die ‚Suche‘ nach Grenzen Legion, dazu gehört auch der Rückgriff auf älteres Kartenmaterial und dessen Aktualisierung.20 Für die territorialen Grenzziehungen der Vormoderne und damit die Beschreibung des Raums im Heiligen Römischen Reich ist von einer Kontinuität der Verfahren auszugehen, die sich in einem langen Bogen von ca. 800 bis 1800 erstreckt. 17 Duisburg, LAV NRW R, Kleve-Mark, Akt. 1089, fol. 4r–26r. Entsprechende Tabellen wurden auch für innerterritoriale Konfliktherde erstellt, vgl. etwa die „tabellarische designation deren beij denen clevischen städten westseits Rheins oberwärts obschwebenden grentz streitigkeiten“, ebd., Xanten Kreisregistratur 895. 18 Ein Reflex dieser Praxis findet sich im 18. Jahrhundert in der Prinzenerziehung, vgl. etwa die von Johann Sigmund Strebel entworfende „Anleitung zur nöthigen kenntnuß von der wahren und archivmäßigen beschaffenheit des hochlöblichen fürstenthums Brandenburg-Onolzbach oder burggrafthums Nürnberg unterhalb gebürgs zum gebrauch des durchlauchtigsten erb-prinzen“ von 1751, in der der brandenburg-ansbachische Archivar die komplizierten Jurisdiktionsverhältnisse des Territoriums in ihrer historischen Entwicklung erläutert, Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Historika 327. 19 Münster, LAV NRW W, Kleve-Märkische Regierung, Landessachen 817. 20 So wird etwa bei den bayerisch-böhmischen Verhandlungen zur Vorbereitung des Grenzvertrags von 1764 immer wieder auf ältere Akten und Karten verwiesen, München, BayHStA, Auswärtige Staaten Literalien, Böhmen 145, fol. 64r, 135r–v, 185r, 336r–v etc. In den Lichtenauer Fraisch-Akten von 1728–1744 in Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Differentialakten 185, finden sich zahlreiche Verweise auf die Akten des 16. und 17. Jahrhunderts, u. a. ebd., Nr. 25–26, 29–30, 33–35; dokumentiert werden die seit 1537 erfolgten Fraischbereitungen (1550, 1561, 1592, 1606, 1636, 1638, 1642, 1643, 1654, 1671, 1681, 1697, 1719); herangezogen werden zudem die Pfinzing-Karte von 1592, ebd., Nr. 149, 157; sowie die Nöttelein-Karte von 1557, ebd., Nr. 152; vgl. diesbezüglich auch die vereinfachte Kopie der Nöttelein-Karte mit Hervorhebung der 22 Fraischsäulen anlässlich der Fraischbereitung von 1743, ebd., Karten und Pläne 729; vgl. *Fleischmann (Hg.) 1998, S.  75, Nr. 26/1. Vgl. als weitere Beispiele u. a. Nürnberg, StA, Fst. Brandenburg-Ansbach, Archivakten 1361; ebd., Rst. Nürnberg, Nürnberger Archivalien 817; außerdem Timpte 1961, S. 94f.; Recker 2004a, S. 20–24, 32–35.

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Schlussbetrachtung

Veränderungen ergaben sich durch die Integration der Kartographie in das System der Beschreibung und Markierung von Grenzen seit dem Spätmittelalter und die am Ende dieses Prozesses stehende Etablierung von Karten als Leitmedien im Diskurs um Grenzen im 18. Jahrhundert. Damit einher gingen keine epochalen Brüche im medialen Sinne, denn die übrigen Beschreibungsverfahren blieben weiterhin in Gebrauch. Auch hinsichtlich der damit verbundenen Herrschaftskonzeptionen ist von einer Kontinuität auszugehen, denn die Entstehung der Kartographie war nicht Ausdruck eines neuen flächenbezogenen Herrschaftsverständnisses. Dieses hatte es vielmehr zuvor bereits gegeben. Es kann – neben der bis an das Ende des Alten Reiches gleichermaßen relevanten personenbezogenen Komponente – als Grundkonstante vormoderner Herrschaft angesehen werden.

Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Abkürzungen und Siglen AHVN Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein Akt. Akten Bayerisches Hauptstaatsarchiv BayHStA BDLG Blätter für deutsche Landesgeschichte Best. Bestand BNF Bibliothèque nationale de France BSB Bayerische Staatsbibliothek DJb Düsseldorfer Jahrbuch. Beiträge zur Geschichte des Niederrheins DNP Der Neue Pauly DRW Deutsches Rechtswörterbuch DWB Deutsches Wörterbuch Enzyklopädie der Neuzeit EdN Fst. Fürstentum GNM Germanisches Nationalmuseum GWU Geschichte in Wissenschaft und Unterricht HASt[K] Historisches Archiv der Stadt [Köln] Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte HessJbLG HRG Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte Hs. Handschrift(en) HZ Historische Zeitschrift Jahrbuch des Historischen Vereins für Mittelfranken JbHVMfr Jahrbuch für Regionalgeschichte JbRG Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte JbwdtLG JfL Jahrbuch für fränkische Landesforschung JKGV Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins LAV NRW R Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abt. Rheinland LAV NRW W Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abt. Westfalen Lexikon des Mittelalters LexMA MfrJbB Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst MGH Monumenta Germaniae Historica MHVPf Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz MIÖG Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln MittStAK MVGN Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg ND Nachdruck

466 N. F. NLA

Quellen- und Literaturverzeichnis

Neue Folge Niedersächsisches Landesarchiv OGQuF Osnabrücker Geschichtsquellen und Forschungen PGRhGK Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde QFHG Quellen und Forschungen zur Höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich REK Regesten der Erzbischöfe von Köln RGA Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RhVjbll Rheinische Vierteljahrsblätter RKG Reichskammergericht RST Reformationsgeschichtliche Studien und Texte Rst. Reichsstadt RWZV Rheinisch-Westfälische Zeitschrift für Volkskunde SHLGL Schriften des Hessischen Landesamtes für geschichtliche Landeskunde SIGLH Schriften des Instituts für geschichtliche Landeskunde von Hessen und Nassau SLUB Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek SRBLG Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte StA Staatsarchiv StadtA Stadtarchiv s. v. sub verbum UB Urkundenbuch ULB Universitäts- und Landesbibliothek VD 16 Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des 16. Jahrhunderts VHKH Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen VHKW Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen VIHL Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen VKSLG Veröffentlichungen der Kommission für Saarländische Landesgeschichte und Volksforschung VMPIG Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte VSWG Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte VuF Vorträge und Forschungen WF Westfälische Forschungen WLB Württembergische Landesbibliothek WMU Wörterbuch der mittelhochdeutschen Urkundensprache ZAGV Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins ZBGV Zeitschrift des bergischen Geschichtsvereins ZBLG Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte ZGO Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins ZHF Zeitschrift für Historische Forschung ZRG GA Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung ZWLG Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte

Quellen

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2. Quellen 2.1 Ungedruckte Quellen

Auf die Verzeichnung sämtlicher in der Arbeit zitierter Einzelquellen wurde verzichtet. Aufgeführt sind lediglich die zitierten Archivbestände, sofern sie im Original oder als Digitalisat benutzt wurden. Zitate aus handschriftlichen Quellen werden mit Ausnahme von Satzanfängen und Eigennamen klein geschrieben, erfolgen ansonsten aber buchstabengetreu. Abkürzungen wurden in der Regel aufgelöst, die Interpunktion dem heutigen Gebrauch angepasst. Bonn, Stadtarchiv Kurfürstliche Zeit (Ku) Duisburg, Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abt. Rheinland Handschriften Jülich-Berg II Kleve, Kammer Kleve, Kataster Kleve-Mark, Akten Kurköln II Oranien-Moers, Akten Regierung Moers Reichskammergericht RW Karten Xanten Kreisregistratur Hannover, Niedersächsisches Landesarchiv Kartenabteilung Köln, Historisches Archiv der Stadt Best. 56 (Köln contra Köln) Best. 103 (Columba) Best. 310 (Reichskammergericht) Best. 7100 (Plankammer) München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv Auswärtige Staaten Literalien, Böhmen Plansammlung Reichskammergericht Münster, Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abt. Westfalen Karten A Kleve-Märkische Regierung, Landessachen Reichskammergericht Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum Graphische Sammlung

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Nürnberg, Staatsarchiv Fürstentum Brandenburg-Ansbach Ämterbeschreibungen Ansbacher Archivalien Archivakten Differenzen mit Benachbarten, Eichstätter Bücher Differenzen mit Benachbarten, Nürnberger Bücher Druckschriften Generalrepertorium, Akten Generalrepertorium, Brüderliche Differentien und Verträge Historika Karten und Pläne Oberamtsakten Verträge mit benachbarten Reichsständen, Deutscher Orden Verträge mit benachbarten Reichsständen, Eichstätt Verträge mit benachbarten Reichsständen, Hohenlohe Verträge mit benachbarten Reichsständen, Pfalz 16-Punkte-Berichte Herrschaft Pappenheim, Urkunden Historischer Verein für Mittelfranken, Handschriften Hochstift Eichstätt Eichstätter Archivalien Literalien Reichsstadt Nürnberg Amts- und Standbücher B-Laden, Akten D-Laden, Akten Differentialakten Druckschriften Handschriften Karten und Pläne Landpflegamt, Manuale Landpflegamt Velden Mandate Nürnberger Archivalien Nürnberger Waldämter, Amts- und Standbücher Päpstliche und fürstliche Privilegien Verlässe der Älteren Herren Veraltete Repertorien Nürnberg, Stadtarchiv B 1/II (Bauamt, Akten) D 17 (Landalmosenamt)

Quellen

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Paderborn, Erzbistumsarchiv Handschriften Rees, Stadtarchiv Abteilung XIII Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek Handschriften Über die genannten Archivbestände hinaus werden in der Arbeit zahlreiche Manuskriptkarten mit ihren Aufbewahrungsorten und Signaturen zitiert, die nicht im Original oder als Digitalisat eingesehen wurden, sondern als Faksimiles oder in Form von Abbildungen in gedruckten Publikationen. Die entsprechenden bibliographischen Angaben finden sich in den Fußnoten. Genannt seien hier zur Übersicht lediglich die Aufbewahrungsorte: Amberg, Staatsarchiv Arnsberg, Schloss Höllinghofen, Bibliothek der Freiherren von Boeselager Asti, Archivio storico del comune Barcelona, Museu Maritim Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Bologna, Biblioteca Universitaria Brescia, Archivio Storico Civico Brüssel, Archives Générales du Royaume Brüssel, Bibliothèque Royale Cambridge, Corpus Christi College Cambridge, Trinity College Chantilly, Musée Condé Den Haag, Nationaal Archief Detmold, Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abt. Lippe Dijon, Archives départementales de la Côte d’Or Dresden, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek Dresden, Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv Florenz, Archivio di Stato Florenz, Biblioteca Marucelliana Florenz, Biblioteca Nazionale Centrale Gent, Rijksarchief Gent, Universiteitsbibliotheek Genua, Biblioteca Universitaria Genua, Civico Museo Navale Villa Doria Grenoble, Archives départementales de l’Isère Hamburg, Museum für Hamburgische Geschichte Hamburg, Staatsarchiv Hereford, Kathedrale

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Hildesheim, Stadtarchiv Karlsruhe, Generallandesarchiv Kassel, Universitätsbibliothek – Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel Koblenz, Landeshauptarchiv Krakau, Biblioteka Czartoryskich Landshut, Staatsarchiv Lille, Archives départementales du Nord London, British Library Loughlinstown, Library of Sir Johan Galvin Madrid, Biblioteca Nacional Marburg, Hessisches Staatsarchiv Modena, Biblioteca Estense e Universitaria München, Bayerische Staatsbibliothek Nancy, Archives départementales de Meurthe-et-Moselle Nancy, Bibliothèque municipale Norwich, Norfolk Record Office Nürnberg, Stadtbibliothek Osnabrück, Niedersächsisches Landesarchiv Oxford, Bodleian Library Paris, Archives nationales Paris, Archives de l’Université de Paris Paris, Bibliothèque nationale de France Parma, Biblioteca Palatina Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana Rom, Biblioteca Nazionale Centrale Vittorio Emanuele II. Rom, Società Geografica Italiana Stockholm, Riksarkivet Straßburg, Archives départementales du Bas-Rhin Stratford upon Avon, Shakespeare Birthplace Trust Records Office Stuttgart, Landesarchiv Baden-Württemberg – Hauptstaatsarchiv Trier, Stadtarchiv Trier, Stadtbibliothek Turin, Archivio di Stato Turin, Biblioteca Nazionale Wien, Österreichische Nationalbibliothek Wiesbaden, Hessisches Hauptstaatsarchiv Würzburg, Staatsarchiv Zürich, Zentralbibliothek Zwettl, Stiftsarchiv

Quellen

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2.2 Gedruckte Quellen und Repertorien

Mit Ausnahme der Quelleneditionen und Urkundenbücher zur Geschichte des Mittelalters, die mit den gängigen Siglen zitiert werden, ergeben sich die in den Fußnoten verwendeten Kurztitel aus den in Kapitälchen gesetzten Autoren- bzw. Herausgebernamen und dem jeweiligen Erscheinungsjahr. Im Unterschied zur Sekundärliteratur sind gedruckte Quellen jeweils mit einem Asterisk (*) gekennzeichnet und dadurch in den Fußnoten leicht zu identifizieren. Bei vor 1800 erschienenen Drucken ist das benutzte Exemplar in [ ] nachgewiesen. *Aders, Günter: Quellen zur Geschichte der Stadt Bergneustadt und des alten Amtes Neustadt von 1109 bis 1630 (ZBGV 71), Neustadt a. d. Aisch 1951. –/Richtering, Helmut (Bearb.): Gerichte des Alten Reiches (Das Staatsarchiv Münster und seine Bestände 2), 3 Bde., Münster 1966–1973. *Agricola, Georg: Zwölf Bücher vom Berg- und Hüttenwesen, in denen die Ämter, Ins­ trumente, Maschinen und alle Dinge, die zum Berg- und Hüttenwesen gehören, nicht nur aufs deutlichste beschrieben, sondern auch durch Abbildungen, die am gehörigen Orte eingefügt sind, unter Angabe der lateinischen und deutschen Bezeichnungen aufs klarste vor Augen gestellt werden, sowie sein Buch von den Lebewesen unter Tage, übers. u. bearb. v. Carl Schiffner, Düsseldorf 41977. *Alix, Thierry: Descriptions particulières des duché de Lorraine, comtez et seigneuries en dépendantes, et notamment du comté de Bitche, hg. v. Henri Lepage u. Alexandre de Bonneval (Recueil de documents sur l’histoire de Lorraine 15), Nancy 1870. *Altmann, Hugo u. a. (Bearb.): Reichskammergericht (Das Hauptstaatsarchiv Düsseldorf und seine Bestände 9), 10 Bde., Siegburg 1988–2003. *[Altonaischer Gräntz-Vergleich] Zwischen Ihro Königl. Majestät zu Dännemarck, Norwegen, etc. etc. und der Stadt Hamburg errichteter Altonaischer Gräntz-Vergleich, d. d. 17 Nov. 1740. Nebst dem dazu gehörigen Executions-Recessu, d. d. 11 Jun. 1744. und den über beide ausgewechselten Ratifications-Instrumentis, o. O. 1744. [Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek: HH 9138/4] *Apian, Philipp: Bairische Landtaflen XXIIII. Darinnen das Hochloeblich Furstenthumb Obern unnd Nidern Bayrn sambt der Obern Pfaltz, Ertz unnd Stifft Saltzburg, Eichstet unnd andern mehrern anstossenden Herschafften, Holzschnitt in 24 Teilen auf 22 Bll., Ingolstadt: Philipp Apian 1568. (VD 16, A 3114) [München, BSB: Hbks/F 15b] *Aubin, Hermann (Hg.): Die Weistümer der Rheinprovinz, 2. Abt.: Die Weistümer des Kurfürstentums Köln (PGRhGK 18), Bd. 1: Amt Hülchrath, Bonn 1913; Bd. 2: Amt Brühl, Bonn 1914, ND Düsseldorf 1996. *Aufgebauer, Peter u. a. (Hg.): Johannes Mellinger. Atlas des Fürstentums Lüneburg um 1600 (VIHL 41), Bielefeld 2001. *Aventinus, Johannes: Bayrischer Chronicon im Latein nun verfertigt vnd in Syben Puecher getailt ein kurtzer auszug […], Nürnberg: Friedrich Peypus 1522. (VD 16, T 2322) [München, BSB: Rar. 148 Beibd. 4] *Bacon, Francis: Meditationes Sacrae, in: Spedding, James/Ellis, Robert Leslie/Heath, Douglas Denon (Hg.): The Works of Francis Bacon, Bd. 14, Boston 1864, S. 67–80.

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unterschiedlichen Gattungen, mannigfaltigen Nutzen, noch habenden Fehlern, und nöthigen Verbesserungen, mit denen dahin gehörigen Schrifften; als auch von denen Land-Charten eines jeden Landes insonderheit, deren Güte und Vorzüge, und wie selbige am füglichsten können gebraucht und illuminirt werden. Und nebst einer Historischen Nachricht von denen Land-Charten deß Schwäbischen Craißes, deß Herzogthums Würtemberg, wie auch andern in Schwaben gelegenen Herrschafften, Ulm: Daniel Bartholomäi 1724. [Halle, ULB: Oa 1500 (1)] *Hilliger, Benno (Hg.): Die Urbare von S. Pantaleon in Köln (PGRhGK 20,1), Bonn 1902. *Hock, Johann Jakob: Abhandlung von Versteinungen, Beschreibungen, Verzeichnungen und Beziehungen der Gränzen zum Gebrauch eines Beamten und Geometers nach angewandten rechtlichen und mathematischen Grundsätzen, Mainz: Universitätsbuchhandlung 1789. [München, Deutsches Museum, Bibliothek: 3000/1903 A 748] *Hofmann, Hanns Hubert (Hg.): Des Götz von Berlichingen Register der Hälte und Furten um Nürnberg. Ein Beitrag zur spätmittelalterlichen Verkehrsgeographie des Nürnberger Umlandes, Kallmünz 1957. *Ilgen, Theodor: Quellen zur inneren Geschichte der rheinischen Territorien. Herzogtum Kleve 1: Ämter und Gerichte. Entstehung der Ämterverfassung und Entwicklung des Gerichtswesens vom 12. bis ins 16. Jahrhundert (PGRhGK 38), Bd. 2, Bonn 1921/25. *Janssen, Johannes (Hg.): Die Münsterischen Chroniken von Röchell, Stevermann und Corfey (Die Geschichtsquellen des Bisthums Münster 3), Münster 1856. *Kartenaufnahme der Rheinlande durch Tranchot und Fhr. von Müffling 1803–1820. Topographische Aufnahme rheinischer Gebiete durch französische Ingenieurgeographen unter Tranchot 1803–13 und durch preußische Offiziere unter Frh. v. Müffling 1816–20 mit Ergänzungsblättern 1826–28 (PGRhGK 12, Abt. 2 N. F.), Düsseldorf 1965–1987. *Kastner, Dieter: Die Gocher Landrolle. Ein Landerschließungsprojekt des 14. Jahrhunderts (Schriftenreihe des Kreises Kleve 6), Kleve 1988. *Kerssenbrock, Hermann von: Narrative of the Anabaptist Madness. The Overthrow of Münster, the Famous Metropolis of Westphalia, übers. u. eingel. v. Christopher S. Mackay (Studies in the History of Christian Traditions 132), 2 Bde., Leiden/Boston 2007. *Keutgen, Friedrich (Hg.): Urkunden zur städtischen Verfassungsgeschichte (Ausgewählte Urkunden zur deutschen Verfassungsgeschichte 1), Berlin 1901. *Kisch, Guido: Die Kulmer Handfeste. Text, rechtshistorische und textkritische Untersuchungen nebst Studien zur Kulmer Handfeste, dem Elbinger Privilegium von 1246 und einem Beitrag zur Geschichte des Begriffes „ius teutonicum“, „Deutsches Recht“ im Deutsch­ordensgebiet (Forschungen und Quellen zur Rechts- und Sozialgeschichte des Deutschordenslandes 2), Sigmaringen 1978. *Kisky, Wilhelm: Die Akten der Abteilung „Köln contra Köln“ (Verhältnis der Stadt zum Erzbischof ), in: MittStAK 34 (1912), S. 11–186. *Kloosterhuis, Jürgen (Bearb.): Kleve-Märkische Regierung. Landessachen, 2 Bde. (Veröffentlichungen der staatlichen Archive des Landes Nordrhein-Westfalen F/1), Münster 1985. *Koeman, Cornelis (Hg.): Gewestkaarten van de Nederlanden door Jacob van Deventer,

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2.3 Gedruckte Karten

Verzeichnet werden die in der Arbeit herangezogenen gedruckten Einzelkarten, unabhängig davon, ob sie im Original oder als analoge bzw. digitale Reprographie benutzt wurden. Gedruckte Atlanten sind im Quellen- und Literaturverzeichnis unter 2.2 („Gedruckte Quellen und Repertorien“) verzeichnet. Adgerus, Cornelius: Coloniensis Dioecesis Typus, Köln: Frans Hogenberg 1583. Anonym: Slesiae descriptio, Basel: Heinrich Petri 1544. Antoniszoon, Cornelis: Caerte van Oostland, Amsterdam: Arnold Nicolai o. J. Aventinus, Johannes: Obern vnd Nidern Bayrn bey den alten im Latein vnd Kriechischen Vindelicia etc., Landshut: Johann Weyssenburg 1523. Blaeu, Willem Janszoon: Germania-Karte, Amsterdam: Willem Janszoon Blaeu 1612. Bussemacher, Johann: Lothringenkarte (1591), Paris: Gérard Jollain um 1680. Claudianus, Nicolaus: Karte von Böhmen, Nürnberg: Hieronymus Höltzel 1518. Cloppenburg, Jan Everetszoon: Germaniae nova ac accurata descriptio, Amsterdam: Jan Cloppenburg 1630. Cnopf, Matthäus Ferdinand: Principatus Brandenburgico-Culmbacensis vel Baruthini Tabula Geographica quoad partem inferiorem, Nürnberg: Homanns Erben 1763. – Mappa Geographica exhibens Principatum Brandenburgico Onolsbacensem, Nürnberg: Homanns Erben 1763. – Mappa Geographica Territorii Sacri Romani Imperii Liberae Civitatis Norimbergensis, Nürnberg: Homanns Erben 1764.

Quellen

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Quellen- und Literaturverzeichnis

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Literatur

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3. Literatur Die in den Fußnoten verwendeten Kurztitel ergeben sich aus den in Kapitälchen gesetzten Autoren- bzw. Herausgebernamen und dem jeweiligen Erscheinungsjahr. Die in den Fußnoten mit einem Asterisk (*) gekennzeichneten gedruckten Quellen und archivischen Repertorien sind im Quellen- und Literaturverzeichnis 2.2 („Gedruckte Quellen und Repertorien“) nachgewiesen. Abulafia, David/Berend, Nora (Hg.): Medieval Frontiers. Concepts and Practices, Aldershot 2002. Achnitz, Wolfgang (Hg.): Wappen als Zeichen. Mittelalterliche Heraldik aus kommunikations- und zeichentheoretischer Perspektive (Das Mittelalter. Perspektiven mediävistischer Forschung 11/2), Berlin 2006. Adelsgruber, Paulus/Cohen, Laurie/Kuzmany, Börries: Getrennt und doch verbunden. Grenzstädte zwischen Österreich und Russland 1772–1918, Wien/Köln/Weimar 2011. Akashi, Kinji/Stauber, Reinhard: Art. ‚Grenze‘, in: EdN, Bd. 4 (2006), Sp. 1105–1116. Akerman, James R.: The Structuring of Political Territory in Early Printed Atlases, in: Imago Mundi 47 (1995), S. 138–154. Albrecht, Stephan (Hg.): Stadtgestalt und Öffentlichkeit. Die Entstehung politischer Räume in der Stadt der Vormoderne, Köln/Weimar/Wien 2010. Alegria, Maria Fernanda u. a.: Portugese Cartography in the Renaissance, in: Woodward (Hg.) 2007, Bd. 1, S. 975–1068. Alliès, Paul: L’invention du territoire, Grenoble 1980. Allmann, Joachim: Der Wald in der frühen Neuzeit. Eine mentalitäts- und sozialgeschichtliche Untersuchung am Beispiel des Pfälzer Raumes 1500–1800 (Schriften zur Wirtschaftsund Sozialgeschichte 36), Berlin 1989. Althammer, Beate: Grenzregime. Mobilität, Freizügigkeit und die Ausweisung von Fremden im 19. Jahrhundert, in: WF 65 (2015), S. 17–35. Althoff, Gerd: Zur Bedeutung symbolischer Kommunikation für das Verständnis des Mittelalters, in: Frühmittelalterliche Studien 31 (1997), S. 370–389. – Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat, Stuttgart u. a. 22005. –/Siep, Ludwig: Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur französischen Revolution. Der neue Münsteraner Sonderforschungsbereich 496, in: Frühmittelalterliche Studien 34 (2000), S. 393–412. Amstadt, Jakob: Die k. k. Militärgrenze 1522–1881 (mit einer Gesamtbibliographie), 2 Bde., Diss. Würzburg 1969. Ancel, Jacques: Géographie des frontières, Paris 31938.

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Literatur

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Abbildungsnachweis

Abb. 1: Fuchs 1980, S. 225 Abb. 2: Simmerding 1996, S. 105 Abb. 3: Voltmer 2002, S. 510 Abb. 4: Foto: © Rheinisches Bildarchiv Köln, Nr. rba_d035934 Abb. 5: Wolff 1988, S. 27 Abb. 6: Dainville 1970, S. 119f. Abb. 7: Gautier Dalché 1996, S. 111 Abb. 8–10, 20: München, BayHStA Abb. 11: Paderborn, Erzbistumsarchiv Abb. 12, 24–25: Duisburg, LAV NRW R Abb. 13: *Linsmayer (Hg.) 2010, S. 90 Abb. 14: *Vopel 1982 Abb. 15: Stercken 2008, S. 290 Abb. 16: Mertens 2012, S. 146 Abb. 17: Welten des Wissens 2014, S. 75 Abb. 18–19, 21–22, 26–28: Nürnberg, StA Abb. 23: Conrad 2007, S. 22 Abb. 29: Nürnberg, GNM Abb. 30: Nürnberg, StadtA Taf. 1: Hamburg, Museum für Hamburgische Geschichte/Stiftung Historische Museen Hamburg Taf. 2: Hamburg, StA Taf. 3: Marburg, Hessisches StA Taf. 4: Münster, Stadtmuseum, Foto: Tomasz Samek Taf. 5: Gent, Universiteitsbibliotheek Taf. 6–7: München, BayHStA Taf. 8–9, 19–20: Nürnberg, StA Taf. 10: Zögner 1996, S. 26 Taf. 11: Litoměřice/Leitmeritz, Státní oblastní archiv, Biskupské sbírky Litoměřice Taf. 12, 15: Wolff 1988, S. 34, 43 Taf. 13: Nürnberg, GNM Taf. 14: Brüssel, Bibliothèque Royale Taf. 16: Stuttgart, Landesarchiv Baden-Württemberg – Hauptstaatsarchiv Taf. 17: Dresden, SLUB / Deutsche Fotothek, Foto: Regine Richter Taf. 18: Kassel, Universitätsbibliothek – Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel

Danksagung

Die Arbeit wurde im Oktober 2014 von der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität als Habilitationsschrift angenommen und für den Druck um die jüngere Literatur ergänzt. Den am Habilitationsverfahren beteiligten Gutachterinnen und Gutachtern – Matthias Becher, Manfred Groten, Christine Roll, Winfried Schenk und Günther Schulz – sei für ihre Unterstützung und ihr Engagement sehr herzlich gedankt, ebenso den weiteren Mitgliedern der Kommission, Dominik Geppert, Georg Satzinger, Winfried Schmitz, Joachim Scholtyseck und Claudia Wich-Reif. Dieser Dank gilt ganz besonders meinem Mentor Manfred Groten, der mir am Lehrstuhl alle Freiheiten gab und mir zugleich immer mit geschichtswissenschaftlicher Expertise und methodischem Sachverstand zur Seite stand. Zu danken habe ich darüber hinaus einer Reihe von Kolleginnen und Kollegen, die mir in unterschiedlicher Weise als Gesprächspartner weitergeholfen, den Weg durch Quellen und Archive, Literatur und Methodenprobleme erleichtert sowie die Arbeit durch ihr Interesse und ihren Zuspruch befördert haben, insbesondere Thomas P. Becker, Helmut Demattio, Stefan Ehrenpreis, Thomas Eser, Werner Freitag, Michael Herkenhoff, Wilhelm Janssen, Michael Kaiser, Achim Landwehr, Maximilian Lanzinner, Stephan Laux, Gerhard Leidel, Marlene Nikolay-Panter, Alheydis Plassmann, Frank Pohle, Felicitas Schmieder, Gerhard Rechter (†), Arnd Reitemeier, Michael Rohrschneider, Michael Rothmann und Tobias Wulf. Ein besonderer Dank geht an Stephan Kraft für über ein Jahrzehnt des freundschaftlichen interdisziplinären Austauschs. Einzelne Thesen und Aspekte des Buches konnte ich bei Tagungen und Kolloquien in Aachen, Bamberg, Berlin, Bielefeld, Erlangen, Essen, Hannover, Marburg und Trier sowie mehrfach in Bonn und Tübingen vorstellen, wofür ich den Organisatoren sehr dankbar bin. Eine besondere Freude war es, das Thema mit meinen japanischen Freunden Hideto Hiramatsu, Yuki Ikari, Shuhei Inoue und Hideyuki Takatsu sowie ihren Studenten am Zentrum für Deutschland- und Europastudien der Universität Tokio zu diskutieren. Für die Einladung danke ich Yuichi Morii, Yoko Akiyama und Hideto Hiramatsu. Zu danken habe ich auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der besuchten Archive und Bibliotheken für ihre Hilfe und Unterstützung. Die Bibliothek des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg war neben Bonn mein regelmäßiger Arbeitsort, wo mir jede erdenkliche Hilfe zuteil wurde. Insbesondere sei Martina Pfahler gedankt, die mir über Jahre jeden Anschaffungswunsch erfüllte.

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Danksagung

Nicht zuletzt gilt mein Dank den studentischen Hilfskräften der Abteilung für Rheinische Landesgeschichte des Bonner Instituts für Geschichtswissenschaft für die nimmermüde Unterstützung meiner Forschungen sowie meiner Schwiegermutter Petra Hirschfelder für die Korrektur des Manuskripts. Gert Melville und Gerd Schwerhoff haben die Arbeit dankenswerterweise in die renommierte Reihe „Norm und Struktur. Forschungen zum sozialen Wandel in Mittelalter und Früher Neuzeit“ aufgenommen. Dorothee Rheker-Wunsch, Lena Krämer-Eis und Michael Rauscher betreuten das Buch sehr engagiert und professionell seitens des Böhlau Verlags, wofür ich herzlich danken möchte. Schließlich gilt mein Dank dem Bonner Sonderforschungsbereich 1167 „Macht und Herrschaft. Vormoderne Konfigurationen in transkultureller Perspektive“, dem Landschaftsverband Rheinland, dem Verein für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande und der Oestreich-Stiftung, die den Druck mit namhaften Zuschüssen ermöglicht haben. Gewidmet sei das Buch meiner geliebten Frau, der Kunsthistorikerin Dagmar Hirschfelder, der ich nicht zuletzt meinen persönlichen ‚pictorial turn‘ verdanke. Bonn/Heidelberg im Herbst 2017

Register

Orte Das Register umfasst Namen von Orten, Städten, Territorien, Regionen und Landschaften sowie Gewässern und Landschaftsformen. Vormoderne territoriale Einheiten werden mit dem entsprechenden Begriff, etwa Kurfürstentum, Bistum, Grafschaft, Amt usw., genauer bezeichnet. Desgleichen werden geographische bzw. naturräumliche Namen mit Hinweisen wie Bach, Fluss, Berg, Gebirge usw. erläutert. Namen von Regionen und Orten stehen hingegen ohne Zusatz. Nicht aufgenommen wurden Flurnamen sowie nicht eindeutig zu identifizierende Ortsnamen. Aachen, Reichsstadt 112, 162, 175, 225, 410 Aardenburg 199 Acquapendente 174 Afrika 22, 128, 192f., 273 Akotin 110 Alemannien 90f., 188, 244 Algesheim, Amt 308 Allgäu 146 Alpen (Gebirge) 48, 189, 247, 262, 322 Alpgau 90 Alster-Beste-Kanal 316 Altdorf 286, 434 Altdorf, Pflegamt 161, 358, 428, 442 Althof, Landgericht 122 Altmühl (Fluss) 358 Altona 420f. Amboise 168 Ambras 321, 325 Amerika 22, 36, 192f., 251, 421, 423 Ammergau, Gericht 354 Amsterdam 128, 450 Andalusien 44 Andelot 168 Andernach 112, 169 Andrimont, Herrschaft 179 Angermund, Amt 102 Anhalt, Fürstentum 73 Annaburg 295, 325 Ansbach 447 Antwerpen 232f. Apulien 188

Aquitanien 188 Aragon, Königreich 187 Arber (Berg) 385 Argengau 90 Arnsberg, Grafschaft 125, 139, 383 Asien 186, 192f., 273 Asti 194 Attendorn 375 Auburg, Amt 300f., 360 Auerbach, Amt 110 Augsburg, Hochstift 166, 424 Augsburg, Reichsstadt 82, 243, 425, 442, 445 Austrasien 168 Baden, Markgrafschaft 73, 127 Baden-Durlach, Markgrafschaft 406 Badenweiler 77 Balkan 279, 376, 392 Balzers 76 Bamberg 170, 285 Bamberg, Hochstift 129, 213, 166, 373, 415, 438 Bar, Herzogtum 426 Bärstadt 173 Basel 152, 162, 169f., 209f., 263, 270 Basel, Hochstift 127, 152, 166, 209 Basses-Alpes 127 Battenberg 112 Bayerischer Reichskreis 243 Bayern 12, 32, 40, 51f., 56, 72, 89f., 106f., 188, 203, 208, 211, 243–245, 247, 249f., 282, 315, 356, 358, 368, 389–391, 406

564 Bayern, Herzogtum/Kurfürstentum 32, 44f., 64, 68, 73, 91f., 95f., 116, 120f., 123, 148, 173, 195, 204f., 209, 213, 254, 259, 277, 284, 289–292, 295, 307, 320, 322f., 327, 354, 362, 367, 384–386, 388, 391, 393, 395, 400, 402, 404, 406, 415f., 424, 463 Bayern-Ingolstadt, Herzogtum 128 Bayern-Landshut, Herzogtum 203f. Bayreuth 447 Beilstein 159 Beinheim 161 Belgien 39 Belzig, Amt 296 Benevento 77 Bentheim, Grafschaft 361 Berchtesgaden, Fürstpropstei 237f. Berg, Herzogtum 39, 72, 102, 108, 126, 138, 141, 143f., 147, 158, 164, 271, 302, 313, 375, 391, 403, 406, 408, 410 Bergen 103 Berisborn 159 Berlin 42, 321, 410 Bernkastel 135 Betzenstein, Pflegamt 373, 428 Biberach 162 Bidassoa (Fluss) 172 Billerbeck 174 Bingen 160 Bingen, Amt 308 Birresborn 159 Birs (Fluss) 77 Birten, Gericht 107 Bischofsheim 112 Bischofsheim an der Rhön 360 Bischofssondern (Wald) 382 Bischofszell 175 Bitsch, Grafschaft 109, 378–380 Blankenheim, Grafschaft 159 Blankenrode 140 Bobr/Biebrza (Fluss) 110 Bockenheim 425 Böddeken 161, 207, 209, 362 Bodensee (See) 90 Boechoute 199 Böfingen 215 Böhmen 82, 107, 109, 166, 243, 245, 247, 279, 291 Böhmen, Königreich 32, 45, 79, 87, 109, 120f., 175, 177, 188f., 191, 243, 246, 275, 385f., 393, 463

Register Bologna 262 Bonn 38, 122, 152, 167f., 373, 390, 400 Boppard 321 Borken 141 Born 376 Bottrop 382 Bozen 146 Brabant, Herzogtum 73, 112, 124, 211f., 243, 247, 287 Brakel 141 Brandenburg, Kurfürstentum 71, 73, 166, 313, 406, 423, 431f. Brandenburg-Ansbach, Markgraftum 103, 114, 156, 177, 252f., 284, 287, 303, 305f., 316, 354, 357–359, 370, 374, 391, 412–415, 420f., 427– 449, 463 Brandenburg-Bayreuth, Markgraftum 228, 370, 391, 415, 421, 430, 446 Braubach 299f. Brauenau, Pfleggericht 173 Braunaubach (Fluss) 109 Braunschweig-Grubenhagen, Fürstentum 238 Braunschweig-Harburg, Fürstentum 134 Braunschweig-Lüneburg, Herzogtum/ Fürstentum 73, 124, 135, 139, 166, 252, 255, 293, 300–302, 308f., 313 Braunschweig-Lüneburg (Hannover), Kurfürstentum 406 Braunschweig-Wolfenbüttel, Fürstentum 238, 313, 396, 406 Bremen, Reichsstadt 412 Brescia 195, 201 Breslau 247 Brilon 125 Britische Inseln 119, 194, 279, 289, 322, 376 Brühl 319 Brüssel 225, 232f., 375, 421 Buchen 112 Büderich 401 Burgau, Markgrafschaft 128, 204–206 Burghaslach, Zentgericht 68 Burghausen, Rentamt 291, 322 Burgrain, Herrschaft 362 Burgund 188, 243 Burgund, Freigrafschaft 33, 267 Burgund, Herzogtum 196, 201f., 215, 222, 319 Burgund, Königreich 91, 168, 170 Burgundischer Reichskreis 243

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Orte Bütgenbach 112 Butzweiler 70 Byzantinisches Reich 195 Cadolzburg, Oberamt 413, 434–436 Calais 257 Canterbury 196 Castell, Grafschaft 68 Chanciano 373 Chieti, Bistum 124 China 146, 186 Choyna (Fluss) 110 Clausthal 238 Clerf 107 Coburg 121 Corvey, Fürstabtei 140, 166, 425, 449 Crailsheim, Oberamt 413 Crossen 247 Cuenca (Equador) 251 Dackau 100 Dakien 248 Dalmatien 247 Dänemark, Königreich 169, 186, 267, 270, 406, 420f. Danewerk 146 Danziger Bucht 202 Dargun 80 Dauphiné 201 Delvenau (Fluss) 86 Demmin 80 Deutsches Reich 36f., 39f., 98, 146 Deutschland / deutschsprachiger Raum 25, 40, 43, 60, 82f., 88, 106, 127, 152, 192, 196, 199, 202, 211, 232, 265, 267, 284, 287, 290, 303, 313, 387 Deutschordensland 27, 44, 80f., 84, 87f., 97, 101, 109f., 113, 120, 157, 188, 202f., 216, 220, 250, 280, 398, 457 Deutz 76, 125, 218, 321 Diepholz, Amt 300 Diepholz, Grafschaft 300, 360 Diez, Grafschaft 77 Dijle (Fluss) 94 Diois, Grafschaft 201 Dirksland 211 Dnepr (Fluss) 123 Doberan 81 Dobrin, Fürstentum 250

Dombach 436 Donau (Fluss) 245–247 Donauwörth, Reichsstadt 354 Dorsten, Amt 124f. Dortmund, Reichsstadt 141 Dransdorf 122 Drau (Fluss) 122 Dreiborn 159 Drenthe 288 Dresden 175, 196, 321, 325f., 431f. Dritte Welt 41 Drolshagen 143 Drôme (Fluss) 201 Duisburg-Kaiserswerth, Grafschaft 102 Dünkirchen 257 Düsseldorf 131 Dutzendteich (Teich) 305 Eching 360 Echt 112 Efferen 121 Egelsbach (Bach) 70 Eger 109, 121, 123, 316 Eichelberg 122 Eichsfeld 144, 162 Eichstätt, Hochstift 107, 127f., 289, 304, 357f., 420, 462 Eifel (Gebirge) 394 Einsiedeln 272 Elbe (Fluss) 86, 109, 118, 123, 133f., 137, 175, 245, 368 Elbing 81 Elsass 49, 160f., 243, 248 Elsen, Herrschaft 358, 410 Engelthal, Pflegamt 441 England, Königreich 48, 89, 169, 193f., 196, 199, 222, 312, 460f. Eppstein, Herrschaft 112, 299f. Erl 213 Ermland, Bistum 110, 220 Essex 312 Etrurien 188 Ettal 359, 384 Etteln 161 Europa 20, 22, 33, 36, 42f., 46, 55, 74, 83, 86f., 89, 107, 128, 170, 186, 188f., 192f., 196, 199, 212, 215, 222, 224, 234, 251, 261, 264, 266, 273, 279, 289, 320, 324, 376f., 403, 423, 461f.

566 Eygues (Fluss) 201 Falkenstein, Herrschaft 112, 228 Felsenberg, Amt 75 Fichtelberg (Berg) 209, 238 Fischenich 353 Fischland 310 Flandern 188, 199, 218, 239, 243, 247 Flandern, Grafschaft 73, 197, 212, 257, 278, 373, 420, 425 Florenz 174, 185, 195, 262, 321–323, 373 Flossenbürg 121 Flurbach (Bach) 70 Fort l‘Écluse 225 Franchimont, Markgrafschaft 179 Franken 12, 32, 39, 51f., 56, 63, 68, 72, 74, 91, 93, 107, 145, 188, 210, 229, 243f., 247, 249, 252, 270, 302, 356, 358, 388–392, 395, 406, 412, 462 Frankfurt am Main, Reichsstadt 112, 141f., 174f., 178, 252, 302, 369 Fränkische Saale (Fluss) 112 Fränkischer Reichskreis 228, 243, 391, 446 Fränkisches Reich 91, 100, 118, 168 Frankreich 39, 41, 146, 247f., 262, 273 Frankreich, Königreich 33, 39, 41f., 48, 72, 119, 123f., 140, 147f., 157, 169–172, 174, 187f., 196, 201f., 215, 221f., 224–226, 233f., 257, 267, 279, 289, 319, 322, 324, 355, 376–378, 400f., 406, 410–412, 421, 426f. Franzien 169 Freising 106 Freising, Hochstift 23, 354, 362 Friedberg 112 Friesland 64, 243, 287 Frohnenbruch 125 Fulda (Fluss) 298 Fulda, Fürstabtei 128 Fürth 305, 436 Furth im Wald 121, 291, 385 Füssen 175 Füssenich 125 Galizien 46, 166 Gallien 187, 262 Gap, Grafschaft 201 Geertruidenberg 200, 211 Geich 125

Register Geldern, Herzogtum 20, 72, 125, 136, 138, 188, 216, 243f., 247f., 259, 271, 287, 404, 430 Gelnhausen 112 Gemünden am Main 112 Genf 202, 225 Genf, Hochstift 202 Gent 200, 373, 425 Genua, Republik 355 Gerhardstein 159 Germanien 245f., 262 Geroda 112 Geroldseck, Herrschaft 153 Geseke 138, 161 Ginsberg, Amt 125 Glanegg, Landgericht 122 Glarus 76 Glatz 247 Glauchau, Herrschaft 450f. Goch 216 Gooiland 212 Goslar 141 Gotha, Fürstentum 255, 257 Grafenau 121 Graisbach, Grafschaft 121 Granada, Königreich 187 Graubünden 76 Grevenbroich 358 Griechenland 279, 376 Grieth 152 Gronau 298 Groningen 287 Großbritannien, Königreich 420 Großes Wittfelder Fließ (Bealde) (Fluss) 120 Habach (Fluss) 204f. Hagenau 82 Haiger 112 Hainburg 286 Halbammer (Fluss) 359 Halblech (Fluss) 359 Halle an der Saale 162 Hallein am Dürrnberg 237 Hamburg, Reichsstadt 133f., 309, 316, 368, 420f., 423, 446 Hamersleben 123 Hanau, Grafschaft 112, 178, 369 Harburg 134 Harsewinkel 141

567

Orte Hartenfels 112 Hartenstein, Grafschaft 238, 450f. Hartmannshof 177 Harz (Gebirge) 118, 239 Hautes-Alpes 127 Havelberg, Hochstift 71 Hegau 90 Heideck, Pflegamt 114, 213, 304 Heidelberg 290 Heiliges Römisches Reich 10, 19, 32, 36, 48, 58f., 72f., 79, 85f., 88, 122–124, 139f., 145, 157f., 166, 170f., 174, 176, 188, 201f., 211, 215, 222f., 225f., 239, 244–249, 255f., 259, 261, 264–267, 273, 279, 282f., 288f., 295, 302, 310, 312, 319, 322, 324, 327, 349, 356, 376, 396, 401, 403, 405f., 408, 412, 431, 458f., 463 Heimbach 125 Heinsberg, Herrschaft 138 Helmstedt 140 Helpenstein, Herrschaft 124 Henfenfeld 305, 307 Herford 360 Hermühlheim, Herrschaft 410 Herrnskretschen 175 Hersbruck, Pflegamt 157f., 227, 305–307, 367f., 428, 441, 462 Herscheid 463 Hersfeld, Fürstabtei 302 Herstal 169 Herzogstein 138 Hessen 40, 90, 93, 243, 247, 251f. Hessen, Landgrafschaft 73, 75, 108, 173, 243f., 261, 284, 298, 301–303, 307, 326, 328, 362 Hessen-Darmstadt, Landgrafschaft 301 Hessen-Kassel, Landgrafschaft 158, 166, 298–303, 320, 326, 354, 360 Heuilly 215 Heyden, Unterherrschaft 354 Hilden 147 Hiltrop 180 Hirschbach (Fluss) 111 Hirschberg, Grafschaft 121 Hof 162 Hohenlohe, Grafschaft 178, 308 Hohenstein 299 Hohenstein, Pflegamt 441 Hohnstein, Amt 296 Holland 211, 243, 247

Holland, Grafschaft 73, 200, 211f., 218, 287 Hollnich 299f. Holstein, Herzogtum 267 Holstein-Schauenburg, Grafschaft 308f. Homberg 112 Homburg, Herrschaft 375 Honau 199 Hönnepel 152 Honte (Westerschelde) (Fluss) 211 Hornbecker Mühlenbach (Fluss) 86 Horstmar, Amt 174 Hubertusburg 449 Hunsrück (Gebirge) 299f. Iberische Halbinsel 36 Ijssel (Fluss) 94 Ijzendijke 200 Indien 192f. Ingolstadt 295, 322 Inn (Fluss) 213, 247 Inning 360 Irland, Königreich 312 Isenburg, Grafschaft 159, 226f. Issum 112 Istrien 188 Italien 77f., 108, 120, 124, 146, 158, 188, 194, 196, 200, 202, 222, 232, 247f., 273, 279, 319, 321f., 324, 355, 361, 373, 376, 381 Ivois-sur-Chiers 171 Jakobsberg 449 Jerusalem 273 Jesberg, Gericht 299 Jülich, Herzogtum 108, 121f., 131, 138, 142, 145, 159, 164, 166, 172, 243f., 271, 313, 353f., 376, 391, 408, 410 Jülich-Kleve-Berg, Vereinigte Herzogtümer 372–376, 380, 391 Kalk 125 Kalkar 288 Kall 159 Kammin, Hochstift 120 Kamp 103 Kampanien 188 Kanarische Inseln 187 Kärnten, Herzogtum 82, 109, 122, 228, 243 Kassel 300–302, 321

568 Kastanitzerbach (Fluss) 109 Kastellaun 300 Kastilien, Königreich 187, 192f. Katz 299 Katzenelnbogen, Grafschaft 77, 112, 138, 298– 300, 302 Kaub 127, 137 Kehl 226 Kempen 113, 175 Kempen, Amt 113, 126, 136, 141, 143 Kempten am Rhein 160 Kendenich, Unterherrschaft 162, 353 Kent 312 Kessenich 390 Kill (Fluss) 70 Kinzig (Fluss) 93 Kirburg 159 Kirchenstaat 174, 389 Kirchhain 112 Kirkel, Amt 308 Kirnstein 213 Kleinasien 192f. Klettenberg 318 Klettgau 90 Kletthan 360 Kleve, Grafschaft/Herzogtum 20, 39, 72, 103f., 107, 125f., 131, 138, 141, 148, 152, 160, 166, 188, 217, 220, 229, 271, 384, 388, 391, 404, 408–410, 462f. Klosterneuburg 187 Klüpfelsau 316 Kobern, Amt 173 Koblenz 169, 394 Kogelnberg 124 Köln, Erzstift und Kurfürstentum 19f., 45, 72f., 103f., 107f., 112f., 115, 121f., 124–127, 136, 138, 140f., 143f., 147, 152, 159, 162, 164–166, 172, 216f., 229, 250, 271, 281, 302, 313, 319, 353, 372– 375, 380, 382–384, 387–391, 410, 450, 459, 463 Köln, Reichsstadt 106, 112, 162–165, 175, 215f., 218, 244, 262, 318f., 379, 382, 410, 450 Komar 318 Königsberg 220 Konstantinopel 261 Konstanz 187 Konstanz, Hochstift 166 Korea 173 Krakau 246

Register Krefeld 143, 410 Kremsmünster 152 Kreuzberg 102 Kroatien 82 Krombach, Amt 408 Kronberg, Herrschaft 127 Kulm 81 Kulm, Bistum 27, 113 Kulmer Land 203, 220 Kupprichhausen 112 Kurrheinischer Reichskreis 243 La Rouillé 124 Laach 112 Lahn (Fluss) 93 Lahnstein 112 Laibstadt 103 Lainsitz (Fluss) 109 Landshut 277, 322 Landshut, Rentamt 291 Landskron, Landgericht 122 Langenschwalbach 299 Langenzenn 436 Laon, Bistum 123 Lauf 286 Lauf, Pflegamt 158, 367f., 428 Lebertal 237 Lebus, Hochstift 71 Lechenich 172 Lechenich, Amt 172 Leienfels, Amt 373 Leipzig 123, 197, 296, 446 Lemgo 141 Lichtenau, Amt 75 Lichtenau, Pflegamt 108, 304–307, 441f. Lichtenstein, Herrschaft 450f. Liechtenstein, Fürstentum 76 Liederbach, Gericht 299 Limes (römisch) 93 Linda 295, 325 Lingen, Grafschaft 404 Linn, Amt 126 Linzgau, Grafschaft 90f. Lippe (Fluss) 179f. Lippe, Grafschaft 166, 360 Litauen, Großfürstentum 113, 167, 278 Loire (Fluss) 168 Lombardei 195

569

Orte London 184, 191 Lorch 77, 127 Lotharii regnum / Lotharingien 90f., 169 Lothringen 30, 94, 169, 243, 248, 267, 270 Lothringen, Herzogtum 145, 224, 270, 376–380, 382f., 387, 393, 425f. Lübeck, Reichsstadt 140, 161, 192, 246, 316, 368 Lüdermünd 128 Ludwigsstadt 305 Lunéville 411 Lüttich 225 Lüttich, Bistum 380 Lüttich, Hochstift 179 Luxemburg, Grafschaft 45, 64, 107, 138 Luzern 321 Lyckfluss (Fluss) 110 Lyon 224f. Maas (Fluss) 94, 112, 124, 169, 171, 200, 224 Madagaskar 402 Magdeburg, Erzbistum 123 Magdeburg, Erzstift 313 Mähren 245, 279 Mähren, Markgrafschaft 87, 176 Maienfeld 76 Main (Fluss) 93, 302 Mainz 82, 94, 160, 226, 246 Mainz, Erzstift und Kurfürstentum 77, 108, 112, 127, 129, 138, 143f., 147f., 162, 166, 173, 226f., 252, 309f., 396, 406 Makedonien, Königreich 322 Mannheim 160 Mansfeld, Grafschaft 307 Marburg 298 Marienburg 203 Marienfeld 145 Marienstatt 159 Mark, Grafschaft 139, 158, 313, 356, 372–375, 382, 392, 412, 462f. Markenbach (Fluss) 70 Marksburg 299 Masowien, Herzogtum 88, 110, 250 Mattsee, Pfleggericht 173 Mauretanien 187 Maurine (Fluss) 162 Maursmünster 196 Maxilly 215 Mayen 135

Mechelen 232 Mecklenburg 64 Mecklenburg, Herzogtum 51, 161f., 228, 308f. Meerane, Herrschaft 450 Meersen 94, 169 Meißen, Bistum 109 Meißen, Markgrafschaft 243, 245, 296 Melissant 211 Melsungen, Amt 299 Memel (Fluss) 250 Menden 45 Menninghausen 141 Merlau 112 Merseburg, Hochstift 71, 123 Meßdorf 122 Messina 321 Mesungen, Amt 75 Metz, Hochstift 270, 377f. Minden 77, 162 Minden, Hochstift 376 Mittelmeer 320 Mittelrhein 39, 64, 73, 160, 406 Mittlerer Osten 22 Moers, Grafschaft 19f., 143f. Mömpelgard, Grafschaft 294 Mons 225 Montabaur 112 Monteperti 185 Montepulciano 373 Montfort 112 Morsbroich 410 Mosel (Fluss) 70, 169 Moskau, Großfürstentum 176, 278 Mouzon 171 Mouzon (Fluss) 168 Muffendorf 410 Mühlberg, Amt 296 Mühlhausen, Reichsstadt 143f. Mulde (Fluss) 109 München 128, 196, 290, 321–325 München, Rentamt 291 Münster 179f. Münster, Hochstift 138f., 141f., 145, 178–180, 361, 430, 462 Münstereifel 112 Münsterland 141 Nahe (Fluss) 93

570 Nassau-Siegen, Grafschaft/Fürstentum 238, 302, 367, 408 Naumburg, Hochstift 71 Navarra, Königreich 187 Neckar (Fluss) 112 Neckarsteinach 112 Nette (Fluss) 112 Neuburg an der Donau 121 Neuenburg 77 Neuenrade 139 Neuenstein, Gericht 299 Neuerburg 404 Neumarkt, Schultheißenamt 424 Neunhoffen 109 Neuss 172 Neustadt, Amt 143, 158 Neutann 366 Niederaudorf 213 Niederbayern, Herzogtum 44f. Niederlande 39, 196, 199, 211, 216, 218, 222, 243, 279, 376, 403 Niederlande, Republik 145, 179, 401, 405, 420f. Niederlande (spanisch/österreichisch) 48, 140, 287–289, 327, 355, 420f. Niederprüm 404 Niederrhein 23, 39, 64, 152, 217, 289, 388f., 391 Niederrheinisch-Westfälischer Reichskreis 243 Niedersachsen 135, 313 Niedersächsischer Reichskreis 243 Nisan, Gau 109 Njemen (Fluss) 173 Nordkirchen 180 Nordrhein-Westfalen 21 Nordsee 134, 247, 412 Normandie 188 Normandie, Herzogtum 76, 169 Nörvenich, Amt 172 Norwegen, Königreich 270, 421 Nottuln 174 Nürburg 112 Nürnberg, Reichsstadt 40, 82, 107f., 110f., 114, 156–159, 161, 175, 177, 192, 197, 227f., 235, 246, 257f., 262, 273, 281, 284–287, 289, 294, 303– 307, 316, 325, 327, 354, 356, 359, 362, 364–367, 373f., 384, 391f., 395, 415, 427–451, 463 Oberbayern, Herzogtum 44f. Oberndorf, Herrschaft 128

Register Oberpfalz, Pfalzgrafschaft 107, 121, 213, 216, 261, 278, 289 Oberrhein 39, 74, 119, 174, 199, 315 Oberrheinischer Reichskreis 243 Oberrieden 434 Obersächsischer Reichskreis 243 Oberstein 362 Oberwalluf 160 Oberwesel 137, 270 Oberwiesenthal 209, 238 Oder (Fluss) 109, 125, 245 Oedt 125 Oedt, Amt 126 Oelsnitz 451 Ohm (Fluss) 112 Oldenburg 412 Oldenburg, Herzogtum 406 Olm, Amt 308 Oostburg 200 Orsoy 401 Orzec (Fluss) 110 Osmanisches Reich 45, 322 Osnabrück 141 Osnabrück, Hochstift 138, 141, 145, 406, 411f., 425, 461 Ossa (Fluss) 123 Ostende 320 Österreich ob der Enns (Oberösterreich), Fürstentum 213, 278, 280, 367, 385 Österreich unter der Enns (Niederösterreich), Fürstentum 278–280 Österreich, Herzogtum/Erzherzogtum 44–46, 64, 109, 121, 123, 146, 148, 166f., 176f., 204, 213, 244f., 247, 259, 279, 289, 377, 392f., 403f., 406 Österreichischer Reichskreis 243 Ostfränkisches Reich 98, 169f. Ostfriesland, Grafschaft 405, 412 Ostsee 86, 202, 246f. Ostseeraum 270 Overflakkee 211 Overijssel 288 Paderborn, Hochstift 126, 138, 140, 145, 166, 178, 302, 425, 449 Padua 200, 261 Paffrath 211 Palästina 188 Pannonien 248

571

Orte Paris 147, 197, 200, 426 Parthe (Fluss) 123 Passau, Hochstift 121 Pavia 78 Pegnitz (Fluss) 212, 305, 316, 356 Penig, Herrschaft 450 Pfalz, Kurfürstentum 23, 71, 73, 97, 110f., 120f., 127, 129, 137f., 160, 162, 243, 252, 302, 354, 356, 400, 406, 424 Pfalzfels, Vogtei 299 Pfalzgrafenstein 137 Pfalz-Neuburg, Fürstentum 103, 121, 213, 308–310 Pfalz-Sulzbach, Pfalzgrafschaft 228 Pfalz-Veldenz, Grafschaft 135 Pfalz-Zweibrücken, Herzogtum 39, 308 Pfuhl 215, 316 Philippsburg 161, 299 Piacenza 78 Pingsheim 172 Pinneberg 308 Pirna, Amt 296 Pisa (Fluss) 110 Plech 110 Plesse, Herrschaft 301 Poet 127 Polch 173 Polen, Herzogtum/Königreich 44, 123, 148, 166f., 176, 188, 202f., 247, 278f., 421 Poll 125, 218 Pomesanien, Bistum 109 Pommerellen, Herzogtum 80f. Pommern, Herzogtum 80, 87, 133, 188, 203, 397f., 405 Pont-à-Mousson, Markgrafschaft 426 Poppelsdorf 122 Portugal, Königreich 128, 140, 187, 192f., 421 Potsdam 147 Pottenstein, Amt 373 Prag 175, 321 Pressburg 202 Preußen, Herzogtum/Königreich 116f., 120, 148, 404, 409, 446 Preußen, s. u. Deutschordensland Provence 145 Prühl bei Oberscheinfeld 213, 359 Prüm 159 Prüm, Reichsabtei 394 Pründl (Fluss) 205

Putten 212 Pyrenäen (Gebirge) 42, 172, 188f. Quatre-Vaux 170 Quevrain 225 Quinta (Fluss) 70 Raab (Fluss) 247 Rahrbach 238 Rain am Lech 128 Rätien 243, 248 Rattenberg, Landgericht 204f. Ratzeburg 141 Ratzeburg, Hochstift 161f. Ravensberg, Grafschaft 131, 360, 376 Reckenberg, Amt 141 Recklinghausen, Amt 125 Recklinghausen, Vest 124, 356 Rednitz (Fluss) 303, 428 Rees 103, 220 Regensburg, Reichsstadt 162, 175, 246, 386 Reichenberg 299 Reichenberg, Amt 299 Reicheneck 286 Reicheneck, Pflegamt 158, 441 Reichenschwand 227 Remse, Herrschaft 450 Rennenberg 115 Rheda, Herrschaft 141 Rhein (Fluss) 76f., 90, 93f., 103, 109, 112, 125, 137, 160, 163, 167–169, 174, 188f., 199, 217, 226, 246f., 252, 262, 270, 299, 302, 316, 321, 463 Rheinbach, Amt 73 Rheinberg 45, 401 Rheinfels 299 Rheinfels, Amt 299 Rheingau 90, 138, 243, 302 Rheinhessen 308 Rheinland 12, 19, 32, 39, 51f., 54, 56, 64, 72–74, 94, 106–108, 141, 147, 228, 244, 250f., 262, 312, 318, 358, 389–391, 406, 408, 410–412, 462 Rhein-Main-Gebiet 93, 299 Rhens 299 Rhône (Fluss) 94 Ried, Pfleggericht 213, 367 Riegelstein 110 Riehen 152, 209 Rietberg, Grafschaft 166

572 Rimini 88 Ripuarien 170 Rochlitz 109 Rochsburg, Herrschaft 450 Rodemühlen 300 Rognon (Fluss) 168 Rolshoven 125 Rom 124, 174, 203, 262, 275, 321, 381 Römisches Reich 75, 184, 186, 322 Rothenberg, Herrschaft 127, 227f., 354 Rothenburg, Reichsstadt 112, 141f., 358 Rötteln, Herrschaft 77 Röttenbach 213 Rottenberg 205 Rottenbuch 359 Rottenburg 258 Rottweil, Reichsstadt 213 Ruhr (Fluss) 170 Rüsselsheim am Main 127 Russland 186, 250, 278 Russland, Zarenreich/Kaiserreich 46, 148, 167, 367 Saale (Fluss) 118, 123, 270, 382 Saarbrücken, Grafschaft 39, 379 Saarland 30, 39 Saar-Mosel-Raum 96 Saarwerden 425 Saarwerden, Grafschaft 425 Sabina 188 Sachsen 86, 91, 93, 95, 99, 118, 137, 186, 188, 243–245 Sachsen, Herzogtum/Kurfürstentum 35, 68, 71, 73, 129, 175, 195, 209, 238, 242, 258, 261, 284, 295–297, 299, 307, 326f., 362, 395f., 400, 431, 450–453 Sachsen-Anhalt 313 Sachsen-Coburg, Herzogtum 121 Sachsen-Meiningen, Herzogtum 121 Sagan 247 Salzburg 322 Salzburg, Hochstift 128, 139, 173, 228, 237f. Samland, Hochstift 81, 220 Saône (Fluss) 94, 168, 215 Saragossa 421 Sardinien 421 Sarmatien 192f., 245, 248 Sassynsee (See) 110

Register Sauer (Fluss) 70 Sauerburg 138 Savona 355 Savoyen, Herzogtum 201f., 224 Sayda 295, 325 Sayn 159 Sayn-Wittgenstein, Grafschaft 375 Schambach 228 Schandau 175 Schärding, Pfleggericht 213, 367 Schaumburg, Grafschaft 382 Schelde (Fluss) 94, 211, 218 Schildeck 112 Schlesien 39, 243, 245 Schlesien, Herzogtum 82, 87, 127, 176, 188, 278f., 404f. Schleswig 146 Schleswig-Holstein 146, 309 Schliengen 77 Schlitz, Grafschaft 128 Schlüchtern 112 Schmalenthal 109 Schönau, Herrschaft 354 Schönberg, Amt 305, 442 Schönburg, Grafschaft 450–453 Schongau, Landgericht 424 Schönstadt 112 Schottland, Königreich 193f. Schussengau 90 Schwabach 177 Schwabach (Fluss) 303, 428 Schwaben 12, 188, 241, 243f., 247 Schwaben, Herzogtum 60, 250 Schwäbisch Hall, Reichsstadt 19, 131, 141f., 174, 430 Schwäbischer Reichskreis 241, 243, 446 Schwarzach (Fluss) 303, 428 Schwarzbach (Fluss) 93 Schwarzenberg 375 Schwarzenegg 90 Schwarzkopf (Berg) 161 Schwaz 238 Schweden, Königreich 270, 320, 367, 405f., 421 Schweinitz, Amt 296 Schweiz, Eidgenossenschaft 76, 248, 272f., 278f. Schwelm 313 Schwentine (Fluss) 86 Schwerin 51

573

Orte Seitenbach (Bach) 205 Selz 160 Seyda, Amt 296 Shouldham (Norfolk) 196 Siebenbürgen 270 Siegburg 321 Siegen, Amt 125 Siena 184f., 195, 373 Silbersdorf 81 Sindelsberg 196 Sinn (Fluss) 112 Sisgau, Landgrafschaft 77 Sisteron 127 Sittard 376 Sizilien 77, 321f. Skandinavien 187, 279 Skythien 192f. Slowenien 82 Soisson, Bistum 123 Söllingen 313 Sommelsdijk 211 Sorau, Herrschaft 216 Soulac (Médoc) 194 Spaarndam 218 Spangenberg, Amt 75 Spanien, Königreich 42, 46, 89, 140, 172, 187, 322, 324, 377, 420f. Speyer 94, 160, 177, 314, 316, 368 Speyer, Hochstift 71 Spoleto 77 Sponheim, Grafschaft 300 St. Gallen 90, 119 St. Goar 106, 252 St. Goarshausen 299 St. Vieth 404 Starkenburg, Amt 147 Stauff, Amt 357 Steiermark, Herzogtum 64, 82, 109, 122 Steigerwald 359 Stepenitz (Fluss) 162 Steuerberg 122 Stocksee 86 Straßburg 82, 170, 197, 226, 263, 270, 272, 322 Straubing, Rentamt 291 Stuttgart 226, 293, 321, 325f. Stuttgart, Amt 292 Süder-Beste (Fluss) 86 Sulzbach, Amt 356

Talmay 215 Tanworth-in-Arden (Warwickshire) 196 Tauber (Fluss) 112 Theiß (Fluss) 123 Thorn 81 Thurgau, Landgrafschaft 90f., 166 Thüringen 118, 243, 245, 247, 252, 302 Tiefenau 109 Tilsit 172 Tirol, Grafschaft 204–206, 213, 385 Tordesillas 421 Torgau 295 Toskana, Großherzogtum 48, 322 Toul 170 Toul, Hochstift 171, 377f. Trautenau 158 Trient 146 Trier 394 Trier, Bistum 380 Trier, Erzstift und Kurfürstentum 70, 73, 108, 135–138, 159, 173, 302, 308, 378, 382, 393–395, 400, 404, 410 Trierer Gebiet 39 Tunis 320 Uedem 112 Uerdingen, Amt 126 Uffenheim, Oberamt 414 Ulm, Reichsstadt 175, 215, 262, 316 Umbrien 188 Ungarn, Königreich 79, 82, 139, 247, 279, 322, 392, 421 Unna 375 Unstrut (Fluss) 118 Uri 76 Utrecht, Hochstift 212, 287 Val d’Aran 187 Valencia, Bistum 187 Valenciennes 226 Valentinois, Grafschaft 201 Vallée de Château Dauphin 214f. Vänern (See) 270 Vaucouleurs 171 Velden 316, 366f. Velden, Pflegamt 110, 257f., 356, 366f. Venaissin, Grafschaft 33

574 Venedig, Republik 48, 157, 161, 195, 200, 242, 251, 355, 459f. Verdun 94 Verdun, Hochstift 377 Versoix 225 Vicenza 262 Viehhofen 110 Villach 122 Vingst 125 Vinnbrück 125 Vinxtbach (Fluss) 94 Virneburg, Grafschaft 136 Virnsberg 354 Vlodrop 112 Vogesen (Gebirge) 237, 379 Voorne 212 Vorderer Orient 289 Vorderösterreich 237, 279 Wackersleben 313 Wahrberg, Oberamt 357, 420 Waldbreitbach 410 Waldeck 138 Waldeck, Grafschaft 125, 140, 166, 298, 302, 382 Waldenburg, Amt 125 Waldenburg, Herrschaft 450f. Waldmünchen 121 Wales 45, 194 Wallenstein, Gericht 299 Walluf 77 Walluf (Fluss) 93 Wantzenau 199 Warendorf 142 Wassermungenau 177 Wechselburg, Herrschaft 450 Weeze 216 Wegeringhausen 143 Wehrmeisterei, Amt 376 Weichsel (Fluss) 245f., 250 Weilnau, Herrschaft 112 Weisenau 226f. Weiße Elster (Fluss) 123 Weißenhorn, Landgericht 204–206, 209 Werdenfels, Grafschaft 23, 354 Werl 45, 144 Wernberg 122 Wertheim 112 Weschnitz (Fluss) 93

Register Wesel 175, 401 Weser (Fluss) 124, 166, 302, 376 Westfalen 32, 38, 51f., 56, 72f., 107, 135, 141f., 147, 188, 207f., 211, 228, 243f., 250–252, 302, 312, 318, 356, 388f., 406, 411f., 462 Westfalen, Herzogtum 76, 124, 126, 138, 159, 161, 166, 238, 250, 367, 372–376, 382f., 392 Westfränkisches Reich 98, 169f. Westgotisches Reich 168, 187 Westhoven 125f. Westrich 270 Wetterau 243, 302, 408 Wetzlar 112 Wewelsburg 207 Wied, Grafschaft 159 Wien 176, 196, 202, 392, 436, 438 Wiesbach (Fluss) 70 Wieting 122 Wildmore (Lincolnshire) 197, 199 Wiltingen 159 Wincenta (Fluss) 110 Winchester 184f. Windeck, Amt 158, 375 Wissel 103, 152 Wisselward 152 Wöhrd 434 Wolbeck 179 Wolfenbüttel 196 Wollershausen 255 Wormley (Hertfordshire) 199 Worms 82, 94, 169, 314 Worms, Hochstift 71 Württemberg, Herzogtum 69f., 73, 153, 161, 213, 241, 252f., 284, 290, 292–295, 297, 307, 320, 326f., 362, 395 Würzburg 106, 162 Würzburg, Hochstift 73, 178, 252, 415 Wüstensachsen 360 Wutach (Fluss) 90 Xanten 45, 112, 126 Ypern 257 Zeeland 199f., 243, 288 Zellerfeld 238 Ziegenhain, Grafschaft 299 Ziller (Fluss) 204f.

575

Personen Zingsheim 159 Zirndorf 436 Zörbig, Amt 242 Zülpich 125

Zürich 383f. Zweibrücken 309f. Zweibrücken, Amt 308 Zwettl 208, 360

Personen Das Register umfasst alle Personennamen sowie nach Möglichkeit Lebensdaten bzw. Regierungsjahre der Genannten. Angehörige des Hochadels und des Grafenstandes werden unter ihren Vornamen aufgeführt, desgleichen vor 1500 geborene Personen, die lediglich über einen Herkunftsnamen verfügen. Alle übrigen Personen finden sich unter dem Nachnamen. Adam von Bremen († vor 1085) 86 Adgerus, Cornelius (ca. 1520–ca. 1595) 383 Adolf II., Graf/Herzog von Kleve (reg. 1394/1417–1448) 126 Adolf III. von Schaumburg, Kurfürst-Erzbischof von Köln (reg. 1547–1556) 372 Adolf XIV., Graf von Holstein-Schauenburg (reg. 1581–1601) 308 Agricola, Georg (1494–1555) 238f. Alarich, König der Westgoten (reg. 484–507) 168 Alba, Fernando Álvarez de Toledo y Pimentel, Herzog von (Statthalter der Niederlande 1567–1573) 288 Albert von Stade († nach 1156) 124 Albrecht I. von Habsburg, röm.-dt. König (reg. 1298–1308) 124, 170 Albrecht I., Graf von Löwenstein (reg. 1283– 1304) 108f. Albrecht IV., Herzog von Bayern-München (reg. 1465–1505) 205f. Albrecht V., Herzog von Bayern (reg. 1550–1579) 290, 322f. Albrecht VII., Erzherzog von Österreich (Statthalter der Niederlande 1595–1621) 320 Albrecht Christian Ernst, Graf von SchönburgHinterglauchau (1720–1799) 450, 453 Alexander I., Kaiser von Russland (reg. 1801– 1825) 172f. Alexander III. (der Große), König von Makedonien (reg. 336–323 v. Chr.) 322 Alix, Thierry (†1594) 377–380, 382

Angelus, Jacobus (ca. 1360–1410/11) 262 Anthoniszoon, Cornelis (ca. 1505–1553) 270 Apian, Georg 277 Apian, Peter (1495–1552) 232, 295 Apian, Philipp (1531–1589) 290f., 322–324, 393 Appel, Melchior 178 Aristoteles (384–322 v. Chr.) 259 Arnault de Zwolle, Henri (ca. 1400–1466) 201f. August, Kurfürst von Sachsen (reg. 1553–1586) 295–297, 325 August II., Herzog von BraunschweigWolfenbüttel (reg. 1635–1666) 255 Augustus, röm. Kaiser (reg. 27 v.–14 n. Chr.) 184, 402 Aventinus, Johannes ( Johann Georg Turmair) (1477–1534) 277, 393 Averdunk, Johann (1519–1594) 373, 382 Bacon, Francis (1561–1626) 26 Baggesen, Jens (1764–1826) 226 Baier, Hans (tätig um 1540) 287 Balduin von Luxemburg, Kurfürst-Erzbischof von Trier (reg. 1308–1354) 175 Bartholomaeus Anglicus (ca. 1180–nach 1250) 243 Bartolo da Sassoferrato (1314–1357) 197–199, 319, 417 Beauvillier, Paul de (1648–1714) 233 Beck, Johann Jodocus (1684–1744) 117, 236f., 318, 431 Behaim, Martin (1459–1507) 192, 304 Beheim, Hans Wilhelm (1570–1619) 287

576 Beich, Daniel (†1700) 366 Benoit, Franz Christian von (1729–1812) 411 Berchtold, Leopold (1759–1809) 260 Berlichingen, Götz von (ca. 1480–1562) 285 Bernhard von Raesfelt, Fürstbischof von Münster (reg. 1557–1566) 179 Besserer, Wilhelm (1539–1601) 160f. Bien, Hans (1591–1632) 441 Bilichilde, Königin von Austrasien (†610) 168 Blaeu, Joan (1596–1673) 164, 268, 280, 440 Blaeu, Willem Janszoon (1571–1638) 265–267, 280 Bletzer, Ulrich 160 Bolesław I. Chrobry, Herzog/König von Polen (reg. 992–1025) 123 Bonstetten, Albrecht von (1442/43–ca. 1504) 272f. Borcke, Friedrich Wilhelm von (1693–1769) 409 Boutillier, Jean (ca. 1340–nach 1417) 197 Braun, Hieronymus (1566–1620) 257f., 366f. Breydenbach, Bernhard von (ca. 1440–1497) 224 Brunichild, Regentin von Burgund (reg. 598/99–613) 168 Büsching, Anton Friedrich (1724–1793) 240f., 449 Bussche, Georg Wilhelm von dem (1726–1794) 411 Bussemacher, Johann (†1613) 379, 426 Campe, Joachim Heinrich (1746–1818) 225f. Cassini, Familie 233, 412 Cassini de Thury, César François (1714–1784) 234, 415 Cassini, Giovanni Domenico (1625–1712) 234 Cassini, Jacques (1677–1756) 234 Cassini, Jean Dominique Comte de (1748–1845) 234 Castiglione, Baldessare (1478–1529) 213 Celtis, Konrad (1459–1508) 245f. Chadaloh I., Alaholfinger (†819) 90 Chastillon, Claude (1559/60–1616) 355 Childebert II., fränk. König (reg. 575–596) 168 Chlodwig I., fränk. König (reg. 482–511) 168 Christian I., Kurfürst von Sachsen (reg. 1586– 1591) 297 Christina, Herzogin von Lothringen (reg. 1545– 1559) 377

Register Christoph, Herzog von Württemberg (reg. 1550–1568) 290 Chrysoloras, Manuel (ca. 1350–1415) 262 Chytraeus, David (1530–1600) 248 Claudianus, Nicolaus (Mikulas Kulha) (†1521) 275, 277 Clavus, Claudius (*1388) 187 Clemens August von Bayern, KurfürstErzbischof von Köln, Fürstbischof von Münster und Paderborn (reg. 1719/23–1761) 178f. Clemens Wenzeslaus, Kurfürst-Erzbischof von Trier (reg. 1768–1803) 410 Cloß, Adolf 374 Cnopf, Matthäus Ferdinand (1715–1771) 445– 448 Cochläus, Johannes (1479–1552) 247 Coignet, Michael 320 Colbert, Jean-Baptiste (1619–1683) 233 Conring, Hermann (1606–1681) 259 Cosmas von Prag (1045–1125) 189 Coupzoo (Copso), Heinrich 410 Cusanus, Nicolaus (1401–1464) 264f. Cuspinian, Johannes (1473–1529) 247 Custodis, David 425 Danckerts, Justus (1635–1701) 280 Danckwerth, Caspar 309 Daniel Brendel von Homburg, KurfürstErzbischof von Mainz (reg. 1555–1582) 308 Dauthendey, Caspar (ca. 1588–1640) 396 Deventer, Jacob van (ca. 1505–1575) 287f. Dietrich III./V., Graf von Kleve (reg. 1173–1193) 103f. Dietrich VII./IX., Graf von Kleve (reg. 1310– 1347) 107 Dietrich Adolf von der Recke, Fürstbischof von Paderborn (reg. 1650–1661) 166 Dilich, Wilhelm (1571/72–1650) 158, 251f., 298– 303, 326, 354 Dondi, Jacobo (1293–1359) 200 Dörde, Philipp van 375 Dors, Heinrich (nach 1590–nach 1651) 425 Dryander, Johannes (1500–1560) 298 Du Plat, Johann Wilhelm (1735–1806) 412, 461 Dülp, Johann Georg (1684–1722) 415 Dürer, Albrecht (1471–1528) 304 Dyck, Anthonis van (1599–1641) 401

Personen Eberstein, Grafen von 362 Edward I., König von England (reg. 1272–1307) 193f. Ehmans, Familie 410 Einhard (ca. 770–840) 118 Elisabeth I., Königin von England (reg. 1558– 1603) 401 Elyot, Thomas (ca. 1490–1546) 213f., 240 Erasmus von Rotterdam (1466/69–1536) 240 Eresinger, Michael 386 Ernst von Bayern, Kurfürst-Erzbischof von Köln (reg. 1583–1612) 138, 161 Ernst I., Herzog von Sachsen-Gotha (reg. 1640– 1675) 255 Ernst II., Herzog von Braunschweig-Lüneburg (reg. 1592–1611) 300 Ernst August von Braunschweig-Lüneburg, Kurfürst von Hannover (reg. 1692–1698) 402 Etzlaub, Erhard (ca. 1460–1532) 258, 264f., 273, 275, 281, 285–287, 294, 327 Falkenstein, Johann Heinrich (1682–1760) 441 Falkenstein, Philipp Franz von, Herr zu Oberstein 362 Fer, Nicolas de (1646–1720) 137 Ferdinand, Prinz von Bayern (1550–1608) 323 Ferdinand I. von Bayern, Kurfürst-Erzbischof von Köln, Fürstbischof von Paderborn (1612/18–1650) 425 Ferdinand I., röm.-dt. König/Kaiser (reg. 1531/58–1564) 177 Ferdinand II., Erzherzog, Graf von Tirol (reg. 1564–1595) 325 Frank, Martin (†1666) 415 Franz von Waldeck, Fürstbischof von Münster (reg. 1532–1553) 179 Freher, Marquard (1565–1614) 302 Frese, Daniel (1540–1611) 308 Friedrich, Herzog von Böhmen (reg. 1172–1173, 1178–1189) 109, 123 Friedrich I. (Barbarossa), röm.-dt. König/Kaiser (reg. 1152/1155–1190) 109, 123, 171 Friedrich I., Herzog von Württemberg (reg. 1593–1608) 161 Friedrich I., Kurfürst von Brandenburg (reg. 1415–1440) 427 Friedrich II., Herzog von Österreich und Steiermark (reg. 1230–1246) 139

577 Friedrich II., König von Preußen (reg. 1740– 1786) 148 Friedrich II., röm.-dt. König/Kaiser (reg. 1211/20–1250) 60, 88, 321 Friedrich III. (der Weise), Kurfürst von Sachsen (reg. 1486–1525) 129 Friedrich III. von Saarwerden, Erzbischof von Köln (reg. 1370–1414) 125f., 139, 143f., 172 Friedrich III., röm.-dt. König/Kaiser (reg. 1440/52–1493) 174f. Friedrich VI., Burggraf von Nürnberg (reg. 1397–1427) 427 Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg (reg. 1640–1688) 177 Fries, Cornelis Janson 410 Frisius, Gemma Reinersz. (1508–1555) 232–235 Gadner, Georg (1522–1605) 161, 292f., 326 Galilei, Galileo (1564–1642) 242 Gallus Anonymus († nach 1116) 123 Gansöder, Stefan (†1583) 365 Gaschin, Graf 176 Gebhard von Mansfeld, Kurfürst-Erzbischof von Köln (reg. 1560–1562) 372 Georg, Herzog von Bayern-Landshut (reg. 1479–1503) 205f. Georg, Herzog von Sachsen (reg. 1500–1539) 295 Georg (der Fromme), Markgraf von Brandenburg-Ansbach (reg. 1515–1543) 428 Georg Friedrich, Markgraf von BrandenburgAnsbach (reg. 1543–1603) 161 Georg III. Schenk von Limpurg, Fürstbischof von Bamberg (reg. 1505–1522) 129 Germanus, Nicolaus (um 1410–um 1490) 187, 264f., 273 Geyr, Ferdinand Joseph Balthasar Freiherr von, Herr von Andrimont (1709–1784) 178f. Gigas, Johannes (1582–1637) 281, 425, 449 Glareanus, Henricus (1488–1563) 193 Gower, George (ca. 1540–1596) 401 Graf, Michel (†1560) 286 Granvelle, Antoine Perrenot de (1517–1586) 377 Gregor IX., Papst (reg. 1227–1241) 88 Gregor XIII., Papst (reg. 1572–1585) 321 Grimm, Johann Friedrich Carl 226 Gronsfeld, Graf 175 Guntram, fränk. König (reg. 561–592) 168

578 Hadamar I., Kuenringer 208, 361 Haro, Luis de (1598–1661) 172 Heidenreich von Oer 125 Heinrich von Herford (ca. 1300–1370) 76 Heinrich von Mainz 186 Heinrich von Valois (Henryk Walezy), König von Polen (reg. 1573–1574) 178 Heinrich I., Graf von Sponheim (reg. 1266– 1289) 108f. Heinrich I., Herzog von Schlesien (reg. 1201– 1238) 127 Heinrich I., ostfränk. König (reg. 919–936) 167f., 170 Heinrich II. von Virneburg, Erzbischof von Köln (reg. 1304–1332) 115 Heinrich II., Bischof von Regensburg (reg. 1277–1296) 116 Heinrich II., Graf zu Castell (1525–1595) 213, 359f. Heinrich II., Herzog von Lothringen (1608– 1624) 382 Heinrich II., röm.-dt. König/Kaiser (reg. 1002/1014–1024) 165, 170 Heinrich III. (der Löwe), Herzog von Sachsen (reg. 1142–1180) 76 Heinrich III., König von England (reg. 1216/27– 1272) 191 Heinrich III., König von Frankreich (reg. 1574– 1589) 178 Heinrich III., röm.-dt. König/Kaiser (reg. 1039/46–1056) 79, 95 Heinrich IV., König von England (1399–1413) 460f. Heinrich (VII.), röm.-dt. König (reg. 1220– 1242) 60 Heinrich XIII., Herzog von Niederbayern (reg. 1253–1290) 45, 116 Helmerich von Rechenberg 81 Henneberger, Kaspar (1529–1600) 398 Herberstein, Sigmund von (1486–1566) 278 Heresbach, Konrad (1496–1576) 240 Hermann, Abt des Stifts Zwettl 208, 361 Hermann von Wied, Kurfürst-Erzbischof von Köln (reg. 1515–1547) 372 Hermann II., Bischof von Münster (reg. 1174– 1203) 145 Hermann IV. von Hessen, Kurfürst-Erzbischof von Köln (reg. 1480–1508) 383

Register Hirschvogel, Augustin (1503–1553) 278 Hock, Johann Jacob 236f., 454f. Hoffmann, Dr. 438, 440 Hoffmann, Johann Friedrich Carl (1733–1793) 415 Hoffmann, Johann Georg (1686–1762) 414 Hofstetten, Joseph Aloys von (1736–1796) 416 Hogenberg, Frans (1535–1590) 383 Homann, Familie 445, 447, 450–452 Homann, Johann Baptist (1664–1724) 434, 441 Hondius, Jodocus (1563–1611) 265, 267, 280, 450 Honorius III., Papst (reg. 1216–1227) 88 Honter, Johannes (1498–1549) 270 Howard, Thomas, Graf von Arundel (1585– 1646) 401f. Hue de Caligny, Jean-Antémor 257 Humboldt, Wilhelm von (1767–1835) 225f. Humelius, Johann (1518–1562) 296 Imser, Philipp 320 Isidor von Sevilla (ca. 560–636) 116, 187 Jakob von Eltz, Kurfürst-Erzbischof von Trier (1567–1581) 394 Jan van Nassau, Herr von Standhazen 211 Jansson, Johannes d. Ä. (um 1588–1664) 280, 440 Jode, Cornelius de (1568–1600) 266 Jode, Gerard de (1509–1591) 280, 380 Johann von Kleve 125 Johann von Reifferscheid 124–126 Johann, Graf von Schwarzenberg (1525–1588) 213, 359 Johann (der Beständige), Herzog von Sachsen (reg. 1525–1532) 129 Johann der Blinde, Graf von Luxemburg (reg. 1313–1346) 138 Johann III., Herzog von Jülich-Kleve-Berg (reg. 1521–1539) 372 Johann VI. von der Leyen, Kurfürst-Erzbischof von Trier (reg. 1556–1567) 308, 394 Johann Friedrich I., Kurfürst von Sachsen (reg. 1532–1547) 295 Johann Georg I., Kurfürst von Sachsen (reg. 1611–1656) 175, 321 Johann Sigismund, Kurfürst von Brandenburg (reg. 1608–1619) 131

579

Personen Johann Wilhelm, Herzog von Jülich-Kleve-Berg (reg. 1592–1609) 131, 376 Johann Wilhelm, Kurfürst von der Pfalz (reg. 1690–1716) 177 Johann Wilhelm II., Herzog von Jülich-Berg (reg. 1679–1716) 408 Jollain, Gerhard (†1683) 426 Joseph II., röm.-dt. Kaiser (reg. 1765–1790) 166 Julius, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, Fürst von Braunschweig-Wolfenbüttel (reg. 1568–1589) 308 Jung, Georg Conrad (1612–1691) 412 Kantzow, Thomas (ca. 1505–1542) 397 Karl der Große, fränk. König/Kaiser (reg. 768/800–814) 77, 118, 184 Karl der Kühne, Herzog von Burgund (reg. 1467–1477) 211 Karl II. (der Kahle), westfränk. König/Kaiser (reg. 843–877) 168f. Karl III. (der Einfältige), westfränk. König (reg. 893/98–923) 167f. Karl III., Herzog von Lothringen (reg. 1545/59– 1608) 376f., 379, 382, 393 Karl IV., röm.-dt. König/Kaiser (reg. 1346/55– 1378) 107, 216 Karl V., röm.-dt. König/Kaiser (reg. 1519/30– 1556) 287, 320, 404 Karl VII., König von Frankreich (reg. 1422– 1461) 214 Karl Friedrich, Erbprinz von Jülich-Kleve-Berg (1555–1575) 376 Kasimir I., Herzog von Pommern (reg. 1155/56– 1180) 80 Kasimir II., Herzog von Pommern (reg. 1187– 1219) 80 Kasimir, Markgraf von Brandenburg-Kulmbach (reg. 1515–1527) 428 Kerssenbrock, Hermann von (1519–1585) 179 Kettler, Cordt 375 Khutt, Lienhart 387 Kieser, Andreas (vor 1620–ca. 1688) 294 Koch, Joseph Anton (1768–1839) 226 König von Königsthal, Gustav Georg (1717– 1771) 447 Konrad I., Herzog von Masowien (reg. 1199– 1247) 88

Konrad II., röm.-dt. König/Kaiser (reg. 1024/27–1039) 165, 170 Krantz, Albert (1448–1517) 247 Krauß, Johann Ulrich (1655–1719) 402 Krünitz, Johann Georg (1728–1796) 280 L’Hoste, Jean (ca. 1586–1631) 315, 382 Lacy, Moritz Graf 449 Lambert von St. Omer (ca. 1060–1125) 184, 188, 402 Lazius, Wolfgang (1514–1565) 278 Le Brun, Charles (1619–1690) 401 Lecoq, Karl Ludwig von (1754–1829) 412 Leibniz, Gottfried Wilhelm (1646–1716) 253, 256 Leopold V., Herzog von Österreich (reg. 1177– 1194) 109, 123 Linné, Carl von (1707–1778) 260 Löhneyß, Georg Engelhard 240 Lorenzetti, Ambrogio (ca. 1290–1348) 185 Lorich (Lorch/Lorck), Melchior (1526/27–nach 1583) 134, 368 Lothar I., König des Lotharii Regnum (reg. 843–855) 94, 168f. Louwermann, Johann (1557–1590) 375 Lubin, Eilhard (1565–1621) 133, 397 Ludwig, Herzog von Württemberg (reg. 1568– 1593) 325 Ludwig I. (der Fromme), fränk. König/Kaiser (reg. 813/14–840) 106, 168 Ludwig I., Markgraf von Saluzzo (reg. 1416– 1475) 213 Ludwig II. (der Deutsche), ostfränk. König (reg. 843–876) 94, 168f. Ludwig II., Kurfürst von der Pfalz, Herzog von Oberbayern (reg. 1253/55–1294) 45, 116 Ludwig III., Kurfürst von der Pfalz (reg. 1410– 1436) 97 Ludwig IV., Landgraf von Hessen-Marburg (reg. 1567–1604) 301 Ludwig VII., König von Frankreich (reg. 1131/37–1180) 171 Ludwig IX., Herzog von Bayern-Landshut (reg. 1450–1479) 205 Ludwig X., Herzog von Bayern (reg. 1514–1545) 385f. Ludwig XIV., König von Frankreich (reg. 1643/61–1715) 172, 233, 401, 426

580 Ludwig XVI., König von Frankreich (reg. 1774– 1793) 174 Luther, Martin (1483–1546) 82 Machiavelli, Niccolò (1469–1527) 240 Magdeburg, Hiob (1518–1595) 296 Majer, Johann M. (1641–1712) 294 Maria Antonia, Erzherzogin von Österreich (1755–1793) 174 Marinus de Fregeno, Bischof von Kammin (†1482) 244 Markgraf, Hans 298 Martellus, Heinrich (tätig 1480–1496) 265 Martini, Simone (1284–1344) 185 Mascop, Gottfried (ca. 1540–nach 1577) 308– 310, 396 Matal, Jean (ca. 1515–1597) 232 Matthaeus Parisiensis (ca. 1200–1259) 188 Matthias, röm.-dt. König/Kaiser (reg. 1612– 1619) 175, 177f. Maura da Carignano, Giovanni 191 Maximilian I., röm.-dt. König/Kaiser (reg. 1486/1508–1519) 177, 401 Maximilian II., röm.-dt. König/Kaiser (reg. 1564–1576) 175, 177 Maximilian III. Joseph, Kurfürst von Bayern (reg. 1745–1777) 415f. Maximilian Franz von Österreich, KurfürstErzbischof von Köln, Fürstbischof von Münster (reg. 1784–1801) 180 Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels, Kurfürst-Erzbischof von Köln, Fürstbischof von Münster (reg. 1761/62–1784) 180 Mazarin, Jules (1602–1661) 172 Mechtild, Herzogin von Geldern (reg. 1371– 1379) 172 Medici, Cosimo I., Herzog von Florenz (reg. 1537–1574) 321f. Mejer, Johannes 309 Mela, Pomponius (tätig 43–44 n. Chr.) 248 Mellinger, Johannes (ca. 1538–1603) 293, 309 Menabuoi, Giusto de’ (ca. 1320–1391) 261 Mercator, Familie 396 Mercator, Arnold (1537–1587) 298, 308, 375, 378, 382, 392, 394, 396 Mercator, Bartholomäus (1540–1568) 377 Mercator, Gerhard (1512–1594) 232, 265–268, 278f., 293, 373, 375–379, 393, 425

Register Mercator, Johannes (ca. 1562–1595) 298 Mercator, Rumold (1545/50–1599) 265, 267 Merian, Matthaeus d. Ä. (1593–1650) 255 Minnigerode, Hans von 255 Minorita, Paolino (ca. 1270–1344) 210 Moers, Joist (um 1540–1625) 158, 298, 382 Moritz (der Gelehrte), Landgraf von HessenKassel (reg. 1592–1627) 298, 300, 325 Moser, Johann Jacob (1701–1785) 9f., 319 Möser, Justus (1720–1794) 411f. Müffling, Philipp Friedrich Carl Ferdinand von (1775–1851) 411 Müllner, Johannes (1565–1634) 442f. Münster, Sebastian (1488–1552) 232, 247, 263, 265, 278f., 298 Münzer, Hieronymus (1437–1508) 265 Murer, Jos (1530–1580) 383f. Napoleon I., franz. Kaiser (reg. 1804–1814) 172f. Neudörfer, Johann (1497–1563) 286 Nichodoxus 184 Nöttele, Bonifatius (*ca. 1538) 285 Nöttelein, Jörg (Georg) (ca. 1525–1567) 303–305, 441, 463 Nöttelein, Niklas 304 Öder, Georg d. J. (um 1511/12–1581) 295–297 Öder, Georg d. J. (ca. 1535–1587) 295f. Öder, Matthias (†1614) 258, 297 Oettinger, Johann (1577–1633) 128, 133–135, 139, 152–156, 158, 236, 252f., 294, 318 Ortelius, Abraham (1527–1598) 264f., 267, 279f., 293, 297f., 440 Österl, Joachim 213, 387 Otto III., röm.-dt. König/Kaiser (reg. 983/996– 1002) 109 Otto VI., Pfalzgraf von Bayern (reg. 1056–1080) 107 Ottokar I., König von Böhmen (reg. 1198–1230) 123f. Paulus Diaconus (ca. 725/30–797/99) 77 Pauw, Adriaen (1585–1653) 179 Person, Nicolas (vor 1648–1710) 396, 406 Peter von Dusburg 250 Petri, Adam (1454–1527) 82 Petrus von Eboli (ca. 1160–ca. 1220) 184 Petty, Sir William (1623–1687) 257

Personen Pfinzing, Paul d. Ä. (1554–1599) 235f., 287, 304– 307, 325, 359, 362, 364f., 367, 374, 390, 424, 441, 463 Pfinzing, Paul d. J. (1588–1631) 304 Philipp von Heinsberg, Erzbischof von Köln (reg. 1167–1191) 103f. Philipp (der Gute), Herzog von Burgund (reg. 1419–1467) 201 Philipp II., Herzog von Pommern (reg. 1606– 1618) 133, 397 Philipp II., König von Spanien (reg. 1556–1598) 251, 288, 377 Philipp IV., König von Frankreich (reg. 1285– 1314) 124, 170f. Philipp IV., König von Spanien (reg. 1621–1665) 172 Philipp Ludwig, Herzog von Pfalz-Neuburg (reg. 1569–1614) 131 Piccolomini, Aeneas Silvius (1405–1464) 191, 245f. Pisato, Giovanni 195 Pius II., Papst (reg. 1458–1464) 245 Plantagenet, Familie 194 Planudes, Maximos (ca. 1260–1310) 261 Pleninger, Andreas (1555–1607) 320, 325 Plinius d. Ä. (23/24–79 n. Chr.) 187 Ploennies, Erich Philipp (1672–1751) 391, 403, 406, 408 Policlitus 184 Poppo von Babenberg, Erzbischof von Trier (reg. 1016–1047) 70 Potgieter, Johann 217 Prätorius, Johannes (1537–1616) 235 Ptolemäus, Claudius (ca. 100–170 n. Chr.) 186–188, 191, 193, 222, 248, 261–265, 270, 272, 277, 397 Pyramius, Christoph (ca. 1500–1562) 265 Quad, Matthias (1557–1613) 265, 271, 298 Quiccheberg, Samuel von (1529–1567) 323, 325 Rader, Matthaeus (1561–1634) 402 Ramminger, Jakob (1535–nach 1596) 294 Rantzau, Heinrich (1526–1598) 248 Recke, Dietrich van der 375 Rehdantz, Johann Georg (†1695) 404f. Reich, Erhard (†1553) 278

581 Reinald II., Herzog von Geldern (1326/39–1343) 216 Reinhard, Paulus (†1586) 365 Reinhardt, Johann Valentin (1712–1769) 410, 450 Rembrandt Harmensz. van Rijn (1606–1669) 128 René II., Herzog von Lothringen (reg. 1473– 1508) 270 Richard von Cornwall (1209–1272) 188, 191 Riedinger, Johann Adam (1680–1756) 415 Riedl, Adrian von (1746–1809) 416 Ringmann, Matthias (1481/82–1511) 192 Robert I., westfränk. König (reg. 922–923) 170 Röchell, Melchior (†1606) 179 Roeger, Johann Christoph Friedrich 414 Roeger, Johann Georg 414 Rohr, Julius Bernhard von (1688–1742) 180 Roppelt, Johann Baptist (1744–1814) 415 Rotenhan, Sebastian (1478–1532) 270 Rötlin, David (tätig 1561–1580) 213, 258 Rudolf von Fulda (vor 800–865) 118 Rudolf von Habsburg, röm.-dt. König (reg. 1273–1291) 165 Rudolf III., König von Burgund (reg. 993–1032) 170 Rudolf, Hieronymus (†1536) 356, 358 Rülein von Calw, Ulrich (1465–1523) 238 Ruprecht von Berg, Bischof von Paderborn (1390–1394) 126 Salentin von Sayn 125 Sandt, H. 136 Sanson, Nicolas d. Ä. (1600–1667) 268, 280 Saxton, Christopher (ca. 1540–ca. 1610) 312 Schedel, Hartmann (1440–1514) 265, 273 Schenk, Peter II. (1693–1775) 450–453 Scheurer, Christoph (†1717) 258, 439–441 Schickhardt, Heinrich (1558–1635) 161, 294 Schickhardt, Wilhelm (1592–1636) 294 Schilde (Scillius), Jan van (1533–1586) 379, 393 Schnitzer, Abraham (1540–ca. 1602) 238 Schnitzlein, Karl Wilhelm (1719–1785) 446 Schöner, Johann (1477–1547) 286 Schweikher, Heinrich (1526–1579) 292, 308 Schwentner, Daniel (1585–1636) 234f. Seckendorff, Veit Ludwig von (1626–1692) 255– 257, 312f., 405f., 430

582 Senheim, Heinrich von 218 Seutter, Matthäus (1678–1757) 442f., 450, 452 Sgrooten, Christian (ca. 1525–1603) 264–266, 288f. Shakespeare, William (1564–1616) 460f. Sigismund von Luxemburg, röm.-dt. König (reg. 1419–1437) 243f. Sigmund, Erzherzog von Österreich, Graf von Tirol (reg. 1439–1496) 205f. Sneedorf, Frederik (1760–1792) 225 Snel (Snellius) van Royen, Willebrord (1591– 1626) 233 Specklin, Daniel (1536–1589) 381 Stang, Matthäus (ca. 1560–nach 1620) 309 Stella, Christoph Tielmann (1570–1615) 362 Stella, Tilemann (1525–1589) 264f., 307–311 Stern, Jörg (†1565) 386 Sthenus, Bartholomäus (ca. 1477–ca. 1520) 247 Stieber, Moritz 412 Stierlein, Johann Christoph (1759–1827) 415 Stöffler, Johannes (1452–1531) 232 Stoß, Veit (ca. 1445/50–1533) 304 Strebel, Johann Sigmund (1700–1764) 463 Stumpf, Johannes (1500–ca. 1578) 265f., 279 Sturtz, Martin 238 Swantopolk, Herzog von Pomerellen (reg. 1227– 1266) 80f. Tacitus, Publius Cornelius (58–ca. 120 n. Chr.) 246, 248 Talbot, Alathea 402 Tassilo III., Herzog von Bayern (reg. 848–888) 152 ter Borch, Gerard (1617–1681) 179 Theodocus 184 Theodulf, Bischof von Orléans (reg. 798–813) 184 Theudebert II., fränk. König (reg. 596–612) 168 Theuderich II., fränk. König (reg. 596–613) 168 Tiergard, Johann 203 Tranchot, Jean Joseph (1752–1815) 411 Trenckmann, Johann Paul 451 Tschudi, Aegidius (1505–1572) 278 Tucher, Endres (1423–1507) 364 Turler, Hieronymus (†1602) 260 Türst, Konrad (ca. 1455–ca. 1503) 272f. Vasari, Giorgio (1511–1574) 322

Register Vauban, Sébastian Le Prestre de (1633–1707) 140, 257 Vermeyen, Jan Cornelisz. 320 Vesconte, Pietro 186, 191 Vetter, Johann Georg (1681–1745) 412–415, 434–442, 444 Vetter, Johann Ludwig 413 Visscher, Claes Janszoon d. J. (1587–1652) 280 Visscher, Nicolaes Janszoon I. (1618–1679) 280 Visscher, Nicolaes Janszoon II. (1649–1702) 280 Vogel, Christoph (1554–1608) 309f. Vopel, Caspar (um 1511–1561) 270f. Wägmann, Hans Heinrich (1557–vor 1628) 321 Waldseemüller, Martin (ca. 1470–1518) 192, 263, 270 Walrave, Gerhard Cornelius von (1692–1773) 409 Walther 436 Wedel, Lupold von (1544–1615) 224 Weerdelieven, Johann 216 Weiner, Peter (†1583) 323 Weinsberg, Hermann (1518–1597) 244 Wenig, Michael (1645–1718) 254 Wennemar von Fürstenberg 139 Wertinger, Hans (ca. 1465–1533) 277 Wichfried, Erzbischof von Köln (reg. 924–953) 106 Wiebeking, Carl Friedrich (1762–1842) 408 Wilhelm I., Herzog von Berg (reg. 1380–1408) 126 Wilhelm I. von Jülich, Herzog von Geldern (reg. 1371/77–1402) 125 Wilhelm IV., Herzog von Bayern (reg. 1508– 1550) 384–386 Wilhelm IV., Landgraf von Hessen-Kassel (reg. 1568–1592) 298 Wilhelm V., Herzog von Bayern (reg. 1579–1597) 178 Wilhelm V., Herzog von Jülich-Kleve-Berg (reg. 1539–1592) 372, 376 Wilhelm Friedrich, Markgraf von BrandenburgAnsbach (reg. 1703–1723) 413 Wilhelm Ludwig, Graf von Nassau-Saarbrücken (1627–1640) 425 Winkler 448 Wintherst, Barthold 301 Wipo (vor 1000–nach 1047) 165

583

Personen Wit, Frederik de (1630–1706) 280 Woensam, Anton (1492/1500–1541) 358 Wölckern 440, 444 Wolf Dietrich von Raitenau, Fürsterzbischof von Salzburg (reg. 1587–1612) 322 Wolff, Thomas († ca. 1535) 82 Wolfgang, Graf von Hohenlohe-Neuenstein (reg. 1568–1610) 308

Wrede, Carl Friedrich von (1702–1766) 405 Wüsthaus, Adolf 462 Zacharias, Papst (reg. 741–752) 184 Zeiler, Martin (1589–1661) 255 Zell, Heinrich (†1564) 264–266, 278, 280 Ziegler, Wilhelm (ca. 1480–nach 1544) 142 Zimmermann, Balthasar (1570–1634) 258, 297