Die Reichskreise im Dreißigjährigen Krieg: Kriegsfinanzierung und Bündnispolitik im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation 9783110558739, 9783110556193

German history has viewed the Thirty Years War as an epoch of decline and collapse of all political order. However, this

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Die Reichskreise im Dreißigjährigen Krieg: Kriegsfinanzierung und Bündnispolitik im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation
 9783110558739, 9783110556193

Table of contents :
Inhalt
Danksagung
Die Reichskreise im 17. Jahrhundert
Einführung
Teil I: Reichskreise als partielles Reichstagssurrogat? Reichskreise im Dienst der Kriegsfinanzierung von Kaiser und Reich
I. Normative und institutionelle Grundlagen des Reichssteuerwesens zu Beginn des 17. Jahrhunderts
II. Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne auf Basis der Reichskreisverfassung, 1608–1648
Fazit: Reichskreise als partielles Reichstagssurrogat?
Teil II: Reichskreise als Basis und Bündnispartner militärischer Bünde
I. Reichskreise und konfessionelle Bünde, 1608–1635
II. Die Kreisverfassung als Basis überkonfessioneller Reichsarmeen und Kreisassoziationen nach dem Prager Frieden, 1635–1648
Ausblick: Die Reichskreise und der Westfälische Frieden
Zusammenfassung
Verzeichnis der verwendeten Siglen und Abkürzungen
Anhang
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
Quellen- und Literaturverzeichnis
Personenregister
Ortsregister

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Fabian Schulze Die Reichskreise im Dreißigjährigen Krieg

bibliothek altes Reich

Herausgegeben von Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal

Band 23

Fabian Schulze

Die Reichskreise im Dreißigjährigen Krieg

Kriegsfinanzierung und Bündnispolitik im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation

Gedruckt mit Unterstützung der Gerda Henckel Stiftung, Düsseldorf.

ISBN 978-3-11-055619-3 e-ISBN (PDF) 978-3-11-055873-9 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-055646-9 ISSN 2190-2038 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliographic information published by the Deutsche Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Umschlagabbildung: Koebel, Jacob: Wapen. Des heyligen Römischen Reichs Teutscher nation, der Churfürsten Fürsten Grauen Freihen Rittern, auch der merer theil Stett [...]. Mit einer erclerung [...] wie ein jedes wapen gefärbt oder gemalt werden sol. Frankfurt am Main 1545 [VD16 K 1623], Bild Nr. 11 (Schwaben). Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Inhalt Danksagung

XI

Die Reichskreise im 17. Jahrhundert Einführung

1

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Institutionelle und normative Grundlagen: Die Reichskreise im Verfassungsgefüge des Heiligen Römischen Reiches um 1600 24  Grundzüge der verfassungsrechtlichen Entwicklung 24 der Reichskreisverfassung bis 1618  Grundlegende Kreisinstitutionen und ihre Ausdifferenzierung in den 30 einzelnen Reichskreisen bis 1618 . Kreisausschreibende Fürsten und Kreisdirektoren 30 . Kreisobristen und Kreiskriegsräte 34 37 . Kreistage . Münzprobationstage 40

Teil I: Reichskreise als partielles Reichstagssurrogat? Reichskreise im Dienst der Kriegsfinanzierung von Kaiser und Reich I   

II  . .

Normative und institutionelle Grundlagen des Reichssteuerwesens zu Beginn des 17. Jahrhunderts 49 Normative Voraussetzungen: Steuerpolitische Entscheidungsfindung im Reich und die Entwicklung der Wormser Matrikel bis 1618 49 Der Augsburger und Leipziger Reichspfennigmeister und der Reichsfiskal in Speyer 55 Reichskreise und Reichs- und Kreissteuern bis zum Ende des „Langen Türkenkriegs“ 64 Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne auf Basis der Reichskreisverfassung, 1608 – 1648 72 Die politische Blockade des Reiches nach dem Türkenkrieg 72 Die beiden gescheiterten Reichstage von 1608 und 1613 und die Kontributionsfrage 72 Die Reichskreisverfassung und die Kompositionstagsidee 77

VI

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Inhalt

Zacharias Geizkofler und die Reichskreispläne unter Kaiser Matthias 82 von 1613 – 1619 Die Umsetzung des Geizkoflerplans 91 Zwischenfazit 98 Die Kreishilfebewilligungen der 1620er Jahre 99 99 Türkenhilfen während des Böhmisch-Pfälzischen Kriegs Türkenhilfen zwischen dem „Regensburger Fürstentag“ bis zum Auftreten Wallensteins 104 Die Kreistage Schwabens und Frankens von 1624 108 Die weiteren finanziellen Erfolge kaiserlicher Reichskreispolitik zur 113 Mitte der 1620er Jahre Exkurs: Fiskalische Prozesse vor dem Reichskammergericht als Folge von Kreistagsbewilligungen am Beispiel des Schwäbischen 116 Reichskreises Der Fortgang der Kreishilfen bis zum Auftreten Wallensteins 128 Zwischenfazit 135 136 Wallenstein und die Ausschaltung des Reichsfinanzsystems Wallenstein als Herausforderer des Reichsherkommens 136 Der Kurfürstentag von Regensburg 1630 und die „Chiffre“ Wallenstein 140 Reichskreisbewilligungen als Ersatz des Wallensteinschen 147 Kontributionssystems Zwischenfazit 156 Die reichsweiten Kreistage von 1631 und der geplante Reichskrieg 158 gegen Schweden Die Umsetzung des Reichskreisplans: Der Plan des Kaisers 158 Der Praxistest: Der bayerische Kreistag vom Januar 1631 161 Das Nachspiel des Landshuter Kreistags und die Mission des Reichshofrats Wolkenstein 164 Die Wankelmütigkeit kurbayerischer Kreispolitik und der Fortgang der Heeresreformpläne 169 Die Blockade der rheinischen Reichskreise 177 Die „geharnischten“ Kreistage von 1631 im Schwäbischen und Fränkischen Reichskreis 179 Zwischenfazit 187 Die Reichskreise und die Finanzierung der Reichsarmee in Folge des Prager Friedens 188 Restauration oder Revolutionierung des Reichsfinanzwesens? Die Finanzierung der Reichsarmada in Folge des Prager Friedens und des Regensburger Kurfürstentags von 1636/37 191

Inhalt

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Fazit:

VII

Zum Ertrag der Reichssteuerbewilligungen des Prager Friedens und des Regensburger Kurfürstentags in den sächsischen 204 Reichskreisen Die Umsetzung der Reichssteuerbewilligungen in Folge des Prager Friedens in den oberdeutschen Reichskreisen 218 225 Zwischenfazit Die Rückkehr zu den Kreisbewilligungen und die reichsweiten Kreistage von 1638 zur Finanzierung der Reichsarmada 226 Das kurfürstliche Gutachten von 1638 227 Der obersächsische Kreiskonvent vom November 1638 232 237 Der Fortgang der reichsweiten Kreistage bis 1639 Zum Ertrag der Reichshilfen von 1638 250 Zwischenfazit 254 Die Reichskreise und der Zusammenbruch des Reichsfinanzwesens 255 in der letzten Kriegsphase Der Regensburger Reichstag als Höhepunkt und Peripetie 256 der Restaurierungsbemühungen im Reichsfinanzwesen Nochmals eine Reichshilfe ohne Reichstag: Die reichsweiten Kreistage von 1642 und das erneute Ende reichsständischer Mitbestimmung 262 Reichskreise als Militärbezirke ohne Mitbestimmung in den letzten 270 Kriegsjahren Zwischenfazit 275 Reichskreise als partielles Reichstagssurrogat?

277

Teil II: Reichskreise als Basis und Bündnispartner militärischer Bünde I  . .

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Reichskreise und konfessionelle Bünde, 1608 – 1635 289 Konkurrenz oder Symbiose? Zum Verhältnis von Union und Liga zur Reichskreisverfassung 289 Die Gründung von Union und Liga als Herausforderung der Reichsexekutive 290 Symbiose? Das Verhältnis von Union und Liga zu Kreisdefensionsprojekten bis zum Ende des Böhmisch-Pfälzischen Krieges 300 Konkurrenz? Der Kaiser im Wettstreit mit Union und Liga um die finanziellen Ressourcen der oberdeutschen Reichskreise 324

VIII

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Inhalt

Zwischenfazit 333 335 Die niedersächsische Kreisdefension von 1618 – 1629 Neutralität und „Conjunction“. Die Bemühungen des Niedersächsischen Reichskreises um ein Reichskreisbündnis zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs 336 Der Weg in den Krieg: Die Restitutionsproblematik im Niedersächsischen Reichskreis und der „Coup“ König Christians 345 IV. Getrennte Wege: Von den gescheiterten Bündnisgesuchen an den Obersächsischen Reichskreis bis zum militärischen 358 Zusammenbruch Zwischenfazit 365 Die Reichskreise, Kursachsen und der Leipziger Bund 366 Die Reaktion Kursachsens und des Obersächsischen Reichskreises 367 auf das Restitutionsedikt Die Konventsankündigung und vertrauenserhaltende 372 Maßnahmen Der Leipziger Konvent und die Begründung des „Leipziger Bundes“ 380 Zur Umsetzung der Leipziger Beschlüsse in den einzelnen 391 Reichskreisen und dem Ende des Bundes Zwischenfazit 401 „Schwedenkreistage“ und Heilbronner Bund. Die Reichskreise 403 in der „Schwedenzeit“, 1631 – 1635 Besatzungsherrschaft und Selbstbehauptungsversuche: Gustav Adolf und der Fränkische, Schwäbische und Niedersächsische Reichskreis 404 „Allgemeiner Evangelischer Convent“ oder süddeutscher Sonderbund? Schweden und Kursachsen im Wettstreit und die protestantischen Reichskreisorganisationen nach dem Tod Gustav Adolfs 423 Phantomkreise und neue Bündnisse. Die oberdeutschen Reichskreise und der Heilbronner Konvent 428 Neue Kreisinstitutionen und alte Kreisverfassung im Widerspruch. Die konfliktträchtige institutionelle Ausgestaltung des Heilbronner Bundes auf Reichskreisebene 439 Die beiden sächsischen Reichskreise und das Ende des Heilbronner Bundes 445 Zwischenfazit 451

Inhalt

II  .

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IX

Die Kreisverfassung als Basis überkonfessioneller Reichsarmeen und 453 Kreisassoziationen nach dem Prager Frieden, 1635 – 1648 Von den kurkölnischen Kreisassoziationsprojekten zur Kreisarmee am Niederrhein, 1642 – 1648 454 Die langsame Entfremdung der niederrheinisch-westfälischen Kreisstände von der Heeresreform des Prager Friedens, 1635 – 455 1641 Der Kölner Kreistag von 1642/43 als Wendepunkt niederrheinischwestfälischer Kreispolitik und das Projekt einer rheinischen 464 Kreisassoziation Die Kreisassoziationsverhandlungen mit dem Kurrheinischen und 470 dem Oberrheinischen Reichskreis im Jahr 1643 Vom kurkölnisch-pfalz-neuburgischen Machtkampf um eine 478 Kreisdefension bis zur Intervention des Kaisers Ende 1643 Die Niederrheinisch-Westfälische Kreisarmee als Teil der Reichsarmeen bis zum Westfälischen Frieden 484 490 Zwischenfazit Reichskreisassoziationsprojekte in den oberdeutschen Reichskreisen 1642 – 1645 491 Die Herausforderungen kurbayerischer Bündnispolitik nach 1635 (oder 493 der langsame Abschied Kurbayerns vom Prager Frieden) Die oberdeutschen Reichskreise und die Donauwörther Konferenz von 1643 497 Vom Scheitern der Kreisassoziationspläne bis zur Vervaux504 Mission Zwischenfazit 511

Ausblick: Die Reichskreise und der Westfälische Frieden 513  Die Reichskreise im Kampf um Frieden und das ius suffragii der Reichsstände. Zur Entsendung von Reichskreisgesandtschaften zum Westfälischen Friedenskongress 514  Die Exekution des Westfälischen Friedens durch die Reichskreise 526 . Demobilisierung und Satisfaktion. Die Reichskreise und die Frage der „satisfactio militum“ 528 . Zur Aushandlung und Organisation von Abrüstungsmaßnahmen nach Kriegsende. Das Beispiel des Bayerischen Reichskreises 536 Zusammenfassung 548 Kriegsfinanzierung

548

X

Inhalt

Bündnispolitik 553 Forschungsdesiderate

557

Verzeichnis der verwendeten Siglen und Abkürzungen Anhang

561

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Quellen- und Literaturverzeichnis Personenregister Ortsregister

613

608

566 567

560

Danksagung Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2016 von der Historisch-Philologischen Fakultät der Universität Augsburg als Dissertation angenommen. Sie wurde für die Drucklegung nur noch geringfügig überarbeitet. Während der Arbeit an dieser Studie habe ich von zahlreichen Seiten Rat und Unterstützung erhalten. Ein besonderer Dank gilt meinen beiden akademischen Lehrern Prof. Dr. Lothar Schilling und Prof. Dr. Johannes Burkhardt. Sie haben nicht nur die Entstehung dieser Studie stets mit großem Interesse und Engagement begleitet, sondern auch meine weitere wissenschaftliche Profilierung mittels Lehraufträgen am Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit und durch eine Tätigkeit am Institut für Europäische Kulturgeschichte in Augsburg maßgeblich gefördert. Auch all den zahlreichen Studierenden und Wissenschaftlern möchte ich danken, die mir durch Diskussionen im Rahmen meiner Lehrtätigkeit oder bei Workshops, Forschungsoberseminaren und Tagungen im In- und Ausland wichtige Anregungen geliefert haben. Dies gilt freilich ebenso für die Mitarbeiter der diversen Archive, die ich im Lauf der Entstehung dieser Arbeit in den Jahren 2012 bis 2016 besucht habe. Ferner bin ich der Gerda-Henkel-Stiftung zu großem Dank verpflichtet, die meine Forschungen durch die Gewährung eines Promotionsstipendiums und eines Druckkostenzuschusses großzügig unterstützt hat und damit so manch längere Archivreise erst ermöglichte. Vor allem aber möchte ich mich bei meinen Freunden und meiner Familie bedanken. Sie haben dafür gesorgt, dass mein Leben während der Arbeit an der Dissertation nicht ausschließlich am Schreibtisch und Computer stattfand und haben mir großen emotionalen Rückhalt gegeben. Darüber hinaus hat sich mein Vater als ausgesprochen engagierter und kompetenter Korrekturleser ausgezeichnet. Mein größter Dank gilt jedoch meiner Frau Lisa. Obwohl sie oftmals hinter der Arbeit zurückstehen musste, hat sie mein Projekt stets mit Verständnis und großer Geduld begleitet und schreckte im Juni 2016 auch nicht davor zurück, meinen kurz vor Abgabe dieser Arbeit erfolgten Heiratsantrag anzunehmen. Augsburg, im Dezember 2017

https://doi.org/10.1515/9783110558739-001

Fabian Schulze

Die Reichskreise im 17. Jahrhundert¹

 Die farbig gefüllten Flächen stellen das Reich mit seinen Reichskreisen im 17. Jahrhundert dar. In dieser Darstellung ebenfalls farbig herausgehoben, aber in die Reichskreisstruktur nicht einbezogen, sind die Länder der Krone Böhmen und die Eidgenossenschaft. Lothringen ist formal dem Oberrheinischen Kreis zugehörig, steht der Kreisorganisation aber meist fern. Die Karte basiert auf Matthäus Seutter: Postarum seu Cursorum Publicorum diverticula et mansiones per Germaniam et Confin. Provincias. Augsburg, zwischen 1707 und 1727, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, eigene Bearbeitung. https://doi.org/10.1515/9783110558739-002

Einführung Zur Thematik Der Dreißigjährige Krieg gilt in der historischen Erinnerungskultur im deutschsprachigen Raum bis heute gemeinhin als Epoche, in der die in Mitteleuropa bestehende politische Ordnung tiefgreifend wie nie zuvor erschüttert wurde – mit der Folge, dass vielerlei tradierte institutionelle Strukturen auf verschiedenen Ebenen an den Rand der Auflösung gerieten.² Die Verfassungsordnung des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation mit ihren maßgeblich im 16. Jahrhundert aufgebauten Reichsinstitutionen schien dem wenig entgegensetzen zu können, da sie selbst schon lange vor dem Kriegsausbruch von 1618 von diversen Krisenphänomenen erfasst worden war. Zwar ist die moderne deutsche Historiographie mittlerweile von der bis weit in das 20. Jahrhundert dominierenden Sichtweise abgerückt, wonach das Alte Reich mit dem Dreißigjährigen Krieg als relevante politische Ordnung zu existieren aufgehört und nach dem Westfälischen Frieden nur noch als loser Verband souveräner Einzelstaaten fortbestanden hätte.³ Zu einer grundlegenden Neubewertung der Bedeutung der Reichsverfassung und der Reichsinstitutionen während der Kriegsjahre 1618 bis 1648 ist es indes nicht gekommen. Vielmehr überwiegt auch in der modernen Geschichtsforschung zumeist noch die Ansicht, das

 Zur Rezeptionsgeschichte des Dreißigjährigen Kriegs und des Westfälischen Friedens im deutschsprachigen Raum vgl. Bernd Schönemann: Zur Rezeption des Dreißigjährigen Krieges in Literatur und Schule vom Kaiserreich bis zum Nationalsozialismus (Eichstätter Universitätsreden / Katholische Universität Eichstätt, 104). Wolnzach 2000; Eberhard Mannack: Die Rezeption des Dreißigjährigen Krieges und des Westfälischen Friedens in der deutschen Literatur des 18. bis 20. Jahrhunderts, in: 1648 – Krieg und Frieden in Europa.Textbd. II: Kunst und Kultur, hrsg. v. Klaus Bußmann/Heinz Schilling (Kunstausstellung des Europarates, 26). Münster 1998, S. 385 – 391.  Vgl. in diesem Zusammenhang vor allem Johannes Burkhardt: Das größte Friedenswerk der Neuzeit. Der Westfälische Frieden in neuer Perspektive, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 49 (1998), S. 592– 612; ferner ders.: Der Westfälische Friede und die Legende von der landesherrlichen Souveränität, in: Landes- und Reichsgeschichte. Festschrift für Hansgeorg Molitor zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Jörg Engelbrecht/Stephan Laux (Studien zur Regionalgeschichte, Bd. 18). Bielefeld 2004, S. 199 – 220; Bernd Schönemann: Die Rezeption des Westfälischen Friedens durch die deutsche Geschichtswissenschaft, in: Der Westfälische Friede. Diplomatie, politische Zäsur, kulturelles Umfeld, Rezeptionsgeschichte, hrsg. v. Heinz Duchhardt (Historische Zeitschrift. Beiheft, 26). München 1998, S. 805 – 825. https://doi.org/10.1515/9783110558739-003

Zur Thematik

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Reich als politische Korporation sei in Folge verschärfter konfessioneller Konflikte schon lange vor dem Kriegsausbruch 1618 faktisch handlungsunfähig geworden.⁴ Aber ist eine solche Einschätzung tatsächlich für alle politisch-institutionellen Einrichtungen der alten Reichsverfassung pauschal zutreffend? Spätestens seit einer ersten Studie von Ferdinand Magen aus dem Jahr 1982 ist der Nachweis erbracht, dass sich ein wesentlicher Bestandteil der frühneuzeitlichen Reichsorganisation, die Reichskreise, nicht ohne Weiteres in das vorherrschende Bild weitgehend paralysierter Reichsinstitutionen einfügen lässt.⁵ Wie aus den Ausführungen Magens bereits deutlich wird, scheinen diverse Reichskreise offenbar weit über den Kriegsbeginn 1618 hinweg ihre grundlegende Funktionsfähigkeit bewahrt zu haben, so dass ihre Kreisstände zu einer Vielzahl an Kreistagen zusammentreten konnten, um vor allem über finanz- und bündnispolitische Angelegenheiten zu beraten und gemeinsame Beschlüsse zu fassen. Wie zahlreich und politisch bedeutsam derartige Aktivitäten auf Basis der Kreisverfassung über den gesamten Verlauf des Krieges tatsächlich waren, ist allerdings bisher lediglich am Beispiel einzelner Reichskreise und auch dann oftmals nur in Ansätzen erforscht worden.⁶ Dies gilt erst recht für die im Vorfeld und während der einzelnen Kreistage erfolgten politischen Aushandlungs- und Abstimmungsprozesse zwischen den verschiedenen Kreisständen eines Reichskreises. Noch geringer ist unser Wissen über die bedeutsame Frage, inwieweit auf Kreisebene getroffene Beschlussfassungen inmitten des Krieges überhaupt umgesetzt werden konnten. Diese Forschungslücke erstaunt umso mehr, bedenkt man, dass die historische Forschung die Bedeutung der Reichskreise für die Funktionsweise und -fähigkeit des frühneuzeitlichen Reichsverbands mittlerweile durchaus erkannt hat. So spielen die Reichskreise in der seit Jahrzehnten immer wieder aufkommenden, kontrovers geführten Debatte um die „Modernität“ und Staatlichkeit des Alten Reiches eine ebenso bedeutende Rolle wie in der Diskussion um die Einschätzung

 Diese Sicht findet sich besonders akzentuiert in den Beiträgen von Gotthard, vgl. Axel Gotthard: Der deutsche Konfessionskrieg seit 1619 – ein Resultat gestörter politischer Kommunikation, in: HJb 122 (2002), S. 141– 172; ders.: Das Alte Reich. 1495 – 1806 (Geschichte kompakt: Frühe Neuzeit). 4., durchges. und bibliogr. erg. Aufl. Darmstadt 2009, S. 62– 85; ähnlich schon Martin Heckel: Deutschland im konfessionellen Zeitalter (Deutsche Geschichte, 5). Gottingen 1983, S. 96 – 99, 114– 121; Volker Press: Kriege und Krisen. Deutschland 1600 – 1715 (Neue deutsche Geschichte, Bd. 5). München 1991, S. 161– 194.  Vgl. für Folgendes den ersten und bisher singulären überblicksartigen Beitrag zur Thematik: Ferdinand Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges. Ein Überblick, in: ZHF 9 (1982), S. 409 – 460. Die Pionierarbeit Magens hat mich auf das Forschungsdesiderat einer Geschichte der Reichskreise im Dreißigjährigen Krieg aufmerksam gemacht.  Vgl. hierzu den folgenden Forschungsüberblick.

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Einführung

und Bewertung jener Transformationsprozesse, denen die Reichsverfassung im Lauf der Frühen Neuzeit unterlag.⁷ Von Forschern wie Georg Schmidt und Johannes Burkhardt werden die Reichskreise als wichtige Belege eines letztlich weitgehend funktionsfähigen, als föderal zu beschreibenden frühneuzeitlichen Staatsaufbaus interpretiert⁸, von Heinz Schilling als die „modernen“ Bestandteile eines lediglich „teilmodernisierten“ Reichssystems.⁹ Für den kulturalistisch ausgerichteten Forschungsansatz, wie er etwa durch die Arbeiten Barbara StollbergRilingers repräsentiert wird, spielen die Debatten um die „Staatlichkeit“ des Reiches freilich nur eine untergeordnete Rolle.¹⁰ Doch auch unter dem Aspekt einer „Kulturgeschichte des Politischen“ kann die Beschäftigung mit den auf Kreistagen praktizierten Repräsentations- und Aushandlungspraktiken erhellend sein.

 Grundlegend und die unterschiedlichen Tendenzen und Interpretationen in der jüngeren Forschung repräsentierend: Johannes Burkhardt: Europäischer Nachzügler oder institutioneller Vorreiter? Plädoyer für einen neuen Entwicklungsdiskurs zur konstruktiven Doppelstaatlichkeit des frühmodernen Reiches, in: Imperium Romanum, irregulare corpus, Teutscher Reichs-Staat. Das Alte Reich im Verständnis der Zeitgenossen und der Historiographie, hrsg. v. Matthias Schnettger (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abteilung Universalgeschichte. Beiheft, 57). Mainz 2002, S. 297– 316; Barbara Stollberg-Rilinger: Die zeremonielle Inszenierung des Reiches, oder: Was leistet der kulturalistische Ansatz für die Reichsverfassungsgeschichte?, in: Imperium Romanum, irregulare corpus, Teutscher Reichs-Staat (Anm. 7), S. 233 – 246; Georg Schmidt: Das frühneuzeitliche Reich. Komplementärer Staat und föderative Nation, in: HZ 273 (2001), S. 371– 399.  Vgl. ebd.; Burkhardt: Europäischer Nachzügler oder institutioneller Vorreiter? (Anm. 7); ders.: Wer hat Angst vor den Reichskreisen? Problemaufriss und Lösungsvorschlag, in: Reichskreise und Regionen im frühmodernen Europa. Horizonte und Grenzen im „spatial turn“, hrsg. v. Wolfgang Wüst/Michael Müller (Mainzer Studien zur neueren Geschichte, 29). Frankfurt am Main, New York 2011, S. 39 – 60.  Vgl. Heinz Schilling: Reichs-Staat und frühneuzeitliche Nation der Deutschen oder teilmodernisiertes Reichssystem. Überlegungen zu Charakter und Aktualität des Alten Reiches, in: HZ 272 (2001), S. 377– 395.  In den Arbeiten Barbara Stollberg-Rilingers fanden die Reichskreise bisher noch keine dezidierte Bewertung, wohl aber der Reichstag, dem Stollberg-Rilinger jeden Anspruch auf politische „Modernität“ oder gar Effektivität nach den Maßstäben einer heutigen Staatsinstitution abspricht. Dies dürfte im Sinne Stollberg-Rilingers auch für die Kreisorganisation des Reiches gelten, da auf den Kreistagen dieselben Verhandlungspraktiken zu konstatieren sind, die Stollberg-Rillinger im Blick auf den Reichstag als dezidiert vormoderne, noch ganz von den soziokulturellen Praktiken der frühneuzeitlichen Adelsgesellschaft geprägte Politikpraxis wertet. Vgl. Stollberg-Rilinger: Die zeremonielle Inszenierung des Reiches, oder: Was leistet der kulturalistische Ansatz für die Reichsverfassungsgeschichte? (Anm. 7); grundlegend auch dies.: Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches. München 2008.

Zum Stand der Reichs- und Reichskreisforschung

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Diese Studie setzt sich zwar nicht zum Ziel, diverse grundsätzliche Kontroversen zum Charakter des Reiches zu entscheiden, oder ihnen gar ein eigenes, neues Modell zur Seite zu stellen. Wohl aber soll sie als Grundlagenarbeit zur Geschichte der Reichskreise im Dreißigjährigen Krieg verstanden werden, die die politische Praxis auf Kreisebene und die dabei wirksamen diversen politisch-institutionellen Querverbindungen und Wechselwirkungen innerhalb des Reichsverbands herausarbeiten möchte, anhand derer wiederum gewisse Rückschlüsse auf die „Praxistauglichkeit“ der genannten Beschreibungsmodelle des Reiches und seiner politischen Funktionsweise vorgenommen werden können. Dabei kann an eine mittlerweile beeindruckend reichhaltige Forschungsliteratur zur Geschichte des Heiligen Römischen Reichs und an eine erst in jüngerer Zeit umfassender gewordene Anzahl an Publikationen zur Reichskreisthematik angeknüpft werden.

Zum Stand der Reichs- und Reichskreisforschung Die ersten „Pionierarbeiten“ zur wissenschaftlichen Erforschung der Geschichte einzelner Reichskreise nach dem Untergang des Alten Reiches wurden noch in wilhelminischer Zeit unternommen. So legte der Jurist Ernst Langwerth von Simmern 1896 eine größere monographische Abhandlung zur rechtsgeschichtlichen Entwicklung des Schwäbischen Kreises bis 1648 vor.¹¹ Fritz Hartung zog 1910 mit einer Arbeit zum Fränkischen Kreis im 16. Jahrhundert nach.¹² Ebenso bedeutende Beiträge lieferte Johannes Müller.¹³ Diesen ersten noch stark von positivistischer Detailforschung geprägten Ansätzen folgten bis zum Ende des Ersten Weltkriegs einige meist wenig umfängliche Dissertationen mit rechtshistorischer Fokussierung.¹⁴

 Ernst Langwerth von Simmern: Die Kreisverfassung Maximilians I. und der schwäbische Reichskreis in ihrer rechtsgeschichtlichen Entwicklung bis zum Jahre 1648. Heidelberg 1896.  Fritz Hartung: Geschichte des fränkischen Kreises. Darstellung und Akten (Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte, 1. Bd). Neudruck der Ausgabe Leipzig 1910. Aalen 1973.  Johannes Müller: Der Anteil der schwäbischen Kreistruppen an dem Türkenkrieg Kaiser Rudolfs II. von 1595 bis 1597, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg 28 (1901), S. 155 – 262; ders.: Die Entstehung der Reichsexekutionsordnung vom Jahre 1555, in: MIÖG 40 (1925), S. 234– 271.  Zu nennen wären Albert Neukirch: Der niedersächsische Kreis und die Kreisverfassung bis 1542 (Quellen und Darstellungen aus der Geschichte des Reformationsjahrhunderts, 10). Halle 1909; Wilhelm Jaeger: Der Niedersächsische Kreis und die Kreisverfassung vom Augsburger Religionsfrieden bis zum Jahre 1558. Diss. Halle-Wittenberg 1911; Josef Jäger: Der niedersächsische

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Einführung

Eine breitere Aufmerksamkeit der historischen Wissenschaften blieb dem Heiligen Römischen Reich zu Anfang des 20. Jahrhunderts allerdings verwehrt. Das Alte Reich erwies sich nur schwer integrierbar in die vorherrschenden teleologisch geprägten Geschichtsbilder und nationalen Narrativen der österreichischen und der preußisch-kleindeutschen Historiographie. Sofern die ihm eigenen Verfassungsstrukturen und frühmodernen Institutionen von Historikern überhaupt thematisiert wurden, so fielen die Urteile in der Regel stark abwertend aus, denn schließlich schien das Reich dem vorherrschenden Ideal eines starken Nationalstaats so gar nicht entsprochen zu haben. Die Reichskreise wurden sogar meist völlig außer Acht gelassen, die Arbeiten von Hartung, Langwerth von Simmern und Müller kaum rezipiert.¹⁵ Eine gewisse Ausnahme stellen immerhin drei kürzere Arbeiten zum Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis in den 1930er Jahren dar sowie eine Einzelstudie zum Niedersächsischen Kreis und ein Editionsunternehmen zum Burgundischen Kreis aus den Jahren des Zweiten Weltkriegs.¹⁶ Allerdings änderte sich der Blickwinkel auf das Alte Reich in den ersten Jahrzehnten der jungen Bundesrepublik grundlegend. Nach der Diskreditierung des preußischen Machtstaats schien das Heilige Römische Reich deutscher Nation willkommene Anknüpfungspunkte zur Betonung der nunmehr positiv be-

Kreis und die Kreisverfassung vom Jahre 1543 bis zur Augsburger Exekutionsordnung vom Jahre 1555. Diss. Halle-Wittenberg 1912; Otto Schaefer: Der niedersächsische Kreis und die Kreisverfassung von 1558 bis 1562 mit besonderer Berücksichtigung Braunschweig-Calenbergs, Braunschweig-Lüneburgs und Mühlhausens. Diss. Halle 1914; Benno Rode: Das Direktorium im westfälischen Kreise von 1522– 1609. Münster (Westf.) 1916; Eustach Schwend: Entwicklungsgeschichte der bayerischen Kreisverfassung von 1531 bis 1542. Diss. München 1919.  Vgl. allgemein die Themeneinführung von Wolfgang Wüst und Michael Müller: „Abschied von der Kreisvergessenheit“, in: Reichskreise und Regionen im frühmodernen Europa (Anm. 8), S. 11– 14. Vgl. ferner Hans-Christof Kraus: Die alten Reichskreise als Forschungsthema im Kaiserreich. Richard Festers Bemühungen um eine Geschichte der Reichskreisverfassung (1907/08), in: Studien zur politischen Kultur Alteuropas. Festschrift für Helmut Neuhaus zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Helmut Neuhaus/Axel Gotthard/Andreas Jakob/Thomas Nicklas (Historische Forschungen, Bd. 91). Berlin 2009, S. 51– 75.  Paul Casser: Der Niederrheinisch-Westfälische Reichskreis (1500 – 1806), in: Der Raum Westfalen, hrsg. v. Hermann Aubin (2). Berlin 1934, S. 35 – 67; Karl Haberecht: Geschichte des niederrheinisch-westfälischen Kreises in der Zeit der französischen Eroberungskriege (1667– 1697). Diss. Düsseldorf 1935; Kurt Arnold: Geschichte des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises in der Zeit des Spanischen Erbfolgekrieges (1698 – 1714). Diss. Düsseldorf 1937; Karl Häfner: Geschichte des niedersächsischen Kreises von der Augsburgischen Exekutionsordnung bis zum Abfall des Kaisers von der „gemäßigten Mittelpartei“ 1555 – 1569. Jena 1940; Lothar Gross (Hrsg.): Urkunden und Aktenstücke des Reichsarchivs Wien zur reichsrechtlichen Stellung des burgundischen Kreises, 3 Bde. Wien 1944– 1945.

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urteilten föderalistischen Traditionen der deutschen Geschichte zu bieten.¹⁷ Von Karl Otmar von Aretin bis Johannes Burkhardt und Barbara Stollberg-Rilinger beschäftigten sich fortan ganze Historikergenerationen mit der frühneuzeitlichen Geschichte des Reiches.¹⁸ Infolgedessen entstand zu den zentralen Reichsinstitutionen Kaisertum¹⁹, Kurfürsten²⁰ und Reichstag²¹ eine Vielzahl an Untersu-

 Ein Beispiel wäre Walter Fürnrohr: Der immerwährende Reichstag zu Regensburg. Das Parlament des alten Reiches. Zur 300-Jahrfeier seiner Eröffnung 1663. Regensburg 1963.  Unter den zahlreichen jüngeren Darstellungen zur frühneuzeitlichen Reichsgeschichte seien an dieser Stelle exemplarisch aufgeführt: Karl Otmar von Aretin: Das Alte Reich 1648 – 1806. Föderalistische oder hierarchische Ordnung (1648 – 1684). Stuttgart 1993 – 97; Johannes Burkhardt: Vollendung und Neuorientierung des frühmodernen Reiches. 1648 – 1763. Handbuch der deutschen Geschichte (11). 10., völlig neubearb. Aufl. Stuttgart 2006; Peter Claus Hartmann: Kulturgeschichte des Heiligen Römischen Reiches 1648 bis 1806. Verfassung, Religion und Kultur (Studien zu Politik und Verwaltung, Bd. 72). Wien 2001; Stollberg-Rilinger: Des Kaisers alte Kleider (Anm. 10). Unter den zahlreichen Überblicksdarstellungen weiterer Autoren wären unter anderem noch zu nennen: Gotthard: Das Alte Reich (Anm. 4); Klaus Herbers/Helmut Neuhaus: Das Heilige Römische Reich. Ein Überblick (UTB, 3298). Köln 2010; Georg Schmidt: Geschichte des alten Reiches. Staat und Nation in der Frühen Neuzeit 1495 – 1806. München 1999; Joachim Whaley: Germany and the Holy Roman Empire (Oxford history of early modern Europe), 2 Bde. Oxford 2012; Peter H. Wilson: The Holy Roman Empire, 1495 – 1806 (Studies in European history). New York, Houndmills, Hampshire 1999.  Als grundlegend zur Neubewertung des Kaisertums zu erachten ist Volker Press: Die kaiserliche Stellung im Reich zwischen 1648 und 1740.Versuch einer Neubewertung, in: Das Alte Reich. Ausgewählte Aufsätze, hrsg. v. Volker Press/Stephanie Blankenhorn/Johannes Kunisch (Historische Forschungen, Bd. 59). Berlin 1997, S. 189 – 221, Erstveröffentlichung 1993 in: Georg Schmidt (Hrsg.): Stände und Gesellschaft im Alten Reich (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abteilung Universalgeschichte. Beiheft, 29). Stuttgart 1989, S. 51– 80. Aus konfessionspolitischer Sicht interessant ist Heinz Duchhardt: Protestantisches Kaisertum und Altes Reich. Die Diskussion über die Konfession des Kaisers in Politik, Publizistik und Staatsrecht (Beiträge zur Sozial- und Verfassungsgeschichte des Alten Reiches, Nr. 1). Wiesbaden 1977; unter den größeren jüngeren monographischen Arbeiten zu nennen wären vor allem Anton Schindling/ Walter Ziegler: Die Kaiser der Neuzeit, 1519 – 1918. Heiliges Römisches Reich, Österreich, Deutschland. München 1990; Jutta Schumann: Die andere Sonne. Kaiserbild und Medienstrategien im Zeitalter Leopolds I. (Colloquia Augustana, Bd. 17). Berlin 2003; Thomas Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession. Politik und Ordnungsvorstellungen Ferdinands II. im Dreißigjährigen Krieg (Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte, n. F., Heft 25). Paderborn 2011.  Winfried Becker: Der Kurfürstenrat. Grundzüge seiner Entwicklung in der Reichsverfassung und seine Stellung auf dem Westfälischen Friedenskongress (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e.V., 5). Münster 1973; Axel Gotthard: Säulen des Reiches. Die Kurfürsten im frühneuzeitlichen Reichsverband (Historische Studien, Bd. 457/1, 457/2). 1. Aufl. Husum 1999; Helmut Neuhaus: Die rheinischen Kurfürsten, der kurrheinische Kreis und das Reich im 16. Jahrhundert, in: RhVjbll 48 (1984), S. 138 – 160; Winfried Dotzauer: Der kurrheinische Kreis

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chungen mit verfassungs- bis kulturgeschichtlicher Perspektive. Am intensivsten schritt die Erforschung der Reichsgerichtsbarkeit voran. Seit den 1960er Jahren entwickelte sich eine vielfältige Forschungslandschaft, in der vor allem die „Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung“ und das „Netzwerk Reichsgerichtsbarkeit“ wichtige Impulse setzten. Dies führte zu einer mittlerweile äußerst beeindruckenden Anzahl an Publikationen zum Reichskammergericht²² und, mit

in der Verfassung des Alten Reiches, in: Nassauische Annalen. Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung 98 (1987), S. 61– 104.  Friedrich H. Schubert: Die deutschen Reichstage in der Staatslehre der frühen Neuzeit (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 7). Göttingen 1966; Anton Schindling: Die Anfänge des Immerwährenden Reichstags zu Regensburg. Ständevertretung und Staatskunst nach dem Westfälischen Frieden (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abteilung Universalgeschichte, 143). Mainz 1991; den aktuellen Forschungsstand repräsentieren Susanne Friedrich: Drehscheibe Regensburg. Das Informations- und Kommunikationssystem des Immerwährenden Reichstags um 1700 (Colloquia Augustana, Bd. 23). Berlin 2007; Michael Rohrschneider: Österreich und der Immerwährende Reichstag. Studien zur Klientelpolitik und Parteibildung (1745 – 1763) (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 89). Göttingen 2014; wichtige jüngere Beiträge enthalten auch die beiden Sammelbände Maximilian Lanzinner/Arno Strohmeyer (Hrsg.): Der Reichstag 1486 – 1613. Kommunikation – Wahrnehmung – Öffentlichkeiten (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 73). Göttingen 2006; Harriet Rudolph/Astrid von Schlachta/Christian König (Hrsg.): Reichsstadt – Reich – Europa. Aktuelle Perspektiven auf den Immerwährenden Reichstag zu Regensburg (1663 – 1806). Regensburg 2015.  Grundlegende Arbeiten zum Reichskammergericht und zum Reichshofrat verfassten Jürgen Weitzel, Bernhard Diestelkamp und Wolfgang Sellert, ihnen folgten unter anderem Sigrid Jahns, Siegrid Westphal, Annette Baumann, Stephan Ehrenpreis, Sabine Ullmann und Stephan Wendehorst. Viele Beiträge erschienen dabei in der Reihe „Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich (QFHG)“. Von den jüngeren Werken zum Reichskammergericht kann an dieser Stelle nur eine Auswahl genannt werden: Jürgen Weitzel: Der Kampf um die Appellation ans Reichskammergericht. Zur politischen Geschichte der Rechtsmittel in Deutschland (QFHG, 4). Köln, Wien 1976; Bernhard Diestelkamp: Das Reichskammergericht im Rechtsleben des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, 1). Wetzlar 1985; Ingrid Scheurmann (Hrsg.): Frieden durch Recht. Das Reichskammergericht von 1495 bis 1806. Mainz 1994; Bernhard Diestelkamp (Hrsg.): Die Politische Funktion des Reichskammergerichts (QFHG, 24). Köln 1993; Anette Baumann: Die Gesellschaft der Frühen Neuzeit im Spiegel der Reichskammergerichtsprozesse. Eine sozialgeschichtliche Untersuchung zum 17. und 18. Jahrhundert (QFHG, 36). Köln 2001; dies.: Die Prokuratoren am Reichskammergericht in Speyer und Wetzlar. Stand der Forschungen und Forschungsdesiderate, in: Reichspersonal. Funktionsträger für Kaiser und Reich, hrsg. v. Anette Baumann/Peter Oestmann/Stephan Wendehorst/Siegrid Westphal (QFHG, 46). Köln 2003, S. 179 – 198; Bernhard Diestelkamp (Hrsg.): Der Reichskammergericht : Der Weg zu einer Gründung und die ersten Jahrzehnte seines Wirkens (1451– 1527) (QFHG, 45). Köln 2003; Sigrid Jahns: Das Reichskammergericht und seine Richter. Verfassung und Sozialstruktur eines höchsten Gerichts im alten Reich

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leichter zeitlicher Verzögerung, auch zum Reichshofrat.²³ Im Vergleich dazu fanden die Reichskreise in der Reichsforschung lange eher wenig Beachtung. Einer der Gründe hierfür dürfte die als durchaus „sperrig“ zu bezeichnende Zwischenstellung der Kreise im Verfassungsgefüge des Alten Reiches gewesen sein: Als supraterritoriale Organisationen wurden sie von Seiten der Landeshistoriker eher als Bestandteil der übergeordneten Reichsgeschichte angesehen und fielen damit nur partiell in das traditionelle landesgeschichtliche Forschungsfeld. Die meisten auf den deutschen „Gesamtstaat“ fokussierten historiographischen Darstellungen verzichteten hingegen auf die Darstellung der Reichskreisgeschichte, da sie sich in der Beschreibung des frühneuzeitlichen Reiches letztlich immer noch an den Kriterien des Nationalstaates des 19. und 20. Jahrhunderts orientierten, in dem es nur einen zweistufigen Staatsaufbau geben konnte – eine Reichs- und eine Länderebene. In ein solches Modell fügten sich die Reichskreise aber nur schwerlich ein.²⁴ Erst gegen Ende der 1960er legten Anton Karl Mally und ihm wenige Jahre später folgend Bernhard Sicken, Heinz-Günther Borck und Adolf Laufs Mono-

(QFHG, 26). Köln 2003 – 2011; Anette Baumann/Peter Oestmann/Stephan Wendehorst/Siegrid Westphal (Hrsg.): Reichspersonal. Funktionsträger für Kaiser und Reich (QFHG, 46). Köln 2003; jüngst erschien Alexander Denzler/Ellen Franke/Britta Schneider (Hrsg.): Prozessakten, Parteien, Partikularinteressen. Höchstgerichtsbarkeit in der Mitte Europas vom 15. bis 19. Jahrhundert. Berlin 2015.  Wolfgang Sellert: Über die Zuständigkeitsabgrenzung von Reichshofrat und Reichskammergericht insbesondere in Strafsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte N. F., 4). Aalen 1965; Wolfgang Sellert (Hrsg.): Reichshofrat und Reichskammergericht. Ein Konkurrenzverhältnis (QFHG, Bd. 34). Köln 1999, Stefan Ehrenpreis: Kaiserliche Gerichtsbarkeit und Konfessionskonflikt. Der Reichshofrat unter Rudolf II. 1576 – 1612 (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 72). Göttingen 2006; jüngst erschien Thomas Dorfner: Mittler zwischen Haupt und Gliedern. Die Reichshofratsagenten und ihre Rolle im Verfahren (1658 – 1740) (Verhandeln, Verfahren, Entscheiden. Historische Perspektiven, 2). Münster 2015.  Zwei frühe Versuche einer Neubewertung stellen dar: Gustav Adolf Süß: Geschichte des Oberrheinischen Kreises und der Kreisassoziationen (1697– 1714), in: ZGO 103 (1955), S. 317– 425 und Hanns Hubert Hofmann: Reichskreis und Kreisassoziation. Prolegomena zu einer Geschichte des fränkischen Kreises, zugleich als Beitrag zur Phänomenologie des deutschen Föderalismus, in: ZBLG 25 (1962), S. 377– 413. Auch heute noch finden sich breit rezipierte Darstellungen zur frühneuzeitlichen deutschen Geschichte, die die neuere Reichsforschung gar nicht oder kaum zur Kenntnis nehmen, so etwa Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Vom Feudalismus des Alten Reiches bis zur Defensiven Modernisierung der Reformära 1700 – 1815 (1), 5 Bde. München 2008, zum Alten Reich insbesondere S. 44– 58. Wehler erwähnt dabei die Reichskreise mit keinem Wort.

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graphien zum Österreichischen bzw. Fränkischen und Schwäbischen Kreis vor²⁵ und leiteten damit eine Phase neuer, quellengesättigter Untersuchungen zu süddeutschen Reichskreisen ein.²⁶ Mit dem von Karl Otmar von Aretin herausgegebenen Sammelband „Der Kurfürst von Mainz und die Kreisassoziationen“ von 1975 widmete sich dann erstmals ein ganzer Sammelband der Reichskreisthematik im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert.²⁷ Zur Bedeutung der Reichskreise für den Reichsverband im 16. Jahrhundert lieferten seit den späten 1970er Jahren einige bedeutsame Einzelstudien von Winfried Schulze, Helmut Neuhaus und Alfred Luttenberger weitere wichtige Erkenntnisse, auch wenn sich die entsprechenden Arbeiten den Kreisen nur in einzelnen Unterkapiteln widmen.²⁸ Ebenso erwähnenswert sind zwei Dissertationen zum Niederrheinisch-Westfälischen Kreis.²⁹

 Anton Karl Mally: Der österreichische Kreis in der Exekutionsordnung des römisch-deutschen Reiches (Wiener Dissertationen aus dem Gebiete der Geschichte, 8). Wien 1967; Bernhard Sicken: Der fränkische Reichskreis. Seine Ämter und Einrichtungen im 18. Jahrhundert (Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte, Fotodruckreihe, 1). Würzburg 1970; HeinzGünther Borck: Der Schwäbische Reichskreis im Zeitalter der französischen Revolutionskriege 1792– 1806 (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in BadenWürttemberg, Reihe B, 61). Stuttgart 1970; Adolf Laufs: Der Schwäbische Kreis. Studien über Einungswesen und Reichsverfassung im deutschen Südwesten zu Beginn der Neuzeit (Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte, n. F., Bd. 16). Aalen 1971.  Peter-Christoph Storm: Der Schwäbische Kreis als Feldherr. Untersuchungen zur Wehrverfassung des Schwäbischen Reichskreises in der Zeit von 1648 – 1732 (Schriften zur Verfassungsgeschichte, Bd. 21). Berlin 1974; Rüdiger Conrad: Der Bayerische Reichskreis im 16. Jahrhundert. Die Entwicklung seiner Verfassung von 1530 – 1580. Diss. jur. Köln 1974; James Allen Vann: The Swabian Kreis. Institutional Growth in the Holy Roman Empire, 1648 – 1715. Brüssel 1975.  Karl Otmar von Aretin (Hrsg.): Der Kurfürst von Mainz und die Kreisassoziationen. Zur verfassungsmäßigen Stellung der Reichskreise nach dem Westfälischen Frieden (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz Abteilung Universalgeschichte: Beiheft, 2). Wiesbaden 1975.  Winfried Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert. Studien zu den politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen einer äußeren Bedrohung. München 1978; Helmut Neuhaus: Reichsständische Repräsentationsformen im 16. Jahrhundert. Reichstag, Reichskreistag, Reichsdeputationstag (Schriften zur Verfassungsgeschichte, Bd. 33). Berlin 1982; Albrecht Pius Luttenberger: Kurfürsten, Kaiser und Reich. Politische Führung und Friedenssicherung unter Ferdinand I. und Maximilian II. (Beiträge zur Sozial- und Verfassungsgeschichte des Alten Reiches, Nr. 12). Mainz 1994.  Andreas Schneider: Der Niederrheinisch-Westfälische Kreis im 16. Jahrhundert. Geschichte, Struktur und Funktion eines Verfassungsorgans des Alten Reiches. Düsseldorf 1985; Hubert Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg. Der niederrheinisch-westfälische Reichskreis 1635 – 1650 (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 16). Münster 1990.

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Auf diesen verschiedenen Vorarbeiten aufbauend konnte dann Winfried Dotzauer 1989 eine erste Überblicksdarstellung mit kurzen Abrissen zur Geschichte aller zehn Reichskreise veröffentlichen, die 1998 mit leichten Modifikationen neu aufgelegt wurde.³⁰ Die Rezeption der Reichskreisforschung in historischen Handbüchern und Grundlagenwerken zur frühneuzeitlichen Reichsgeschichte ließ jedoch lange Zeit auf sich warten, weshalb Johannes Burkhardt der universitären Forschung und Lehre in Deutschland noch im Jahr 2000 eine gewisse „Kreisvergessenheit“ bescheinigte.³¹ Allerdings dürfte diese Vergessenheit mittlerweile endgültig ihr Ende gefunden haben: Bereits im Zuge des nach der Wiedervereinigung und den Maastrichtverträgen erneut in der deutschen Geschichtswissenschaft erwachten Interesses an historischen Vorbildern für supraterritoriale bzw. föderalistische politische Ordnungen rückten die Reichskreise in den Fokus einiger Forscher.³² Dem folgte ein von Wolfgang Wüst herausgegebener Sammelband³³

 Winfried Dotzauer: Die deutschen Reichskreise in der Verfassung des Alten Reiches und ihr Eigenleben (1500 – 1806). Darmstadt 1989; ders.: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806). Geschichte und Aktenedition. Stuttgart 1998.  Vgl. die einleitenden Bemerkungen in: Wolfgang Wüst/Doris Pfister (Hrsg.): Reichskreis und Territorium. Die Herrschaft über der Herrschaft? Supraterritoriale Tendenzen in Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft: Ein Vergleich süddeutscher Reichskreise (Augsburger Beiträge zur Landesgeschichte Bayerisch-Schwabens, 7). Stuttgart 2000, S. 1– 23, hier insbesondere S. 3 – 7. Ein Beleg für Burkhardts These wäre beispielsweise die bis Ende der 1990er Jahre nachgedruckte 9. Auflage des „Gebhardt“, in der die Reichskreise nur auf wenigen Seiten Erwähnung finden, vgl. Herbert Grundmann: Von der Reformation bis zum Ende des Absolutismus (Handbuch der deutschen Geschichte, 2). 9., neubearb. Aufl. Stuttgart 1970, hier S. 367– 372.  Der Vergleich zwischen Beratungsformen des Alten Reiches und modernem Parlamentarismus spielt auch bei jüngeren Arbeiten noch eine Rolle, vgl. Peter Claus Hartmann: Die Kreistage des Heiligen Römischen Reichs – eine Vorform des Parlamentarismus? Das Beispiel des Bayerischen Reichskreises (1521– 1793), in: ZHF 19 (1992), S. 29 – 47; Wolfgang Wüst: Nutzlose Debatten? – Europäische Vorbilder? Die Konvente der süddeutschen Reichskreise als vormoderne Parlamente, in: Bayern und Europa. Festschrift für Peter Claus Hartmann zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Konrad Amann. Frankfurt am Main 2005, S. 225 – 243; ders.: Parlamentarischer Aufbruch in Europa? Die Konvente süddeutscher Reichskreise als ein Regionenmodell, in: BlldtLG 141/142 (2005/2006), S. 577– 602; Michael Müller: Die Beziehungen zwischen dem Schwäbischen und den rheinischen Reichskreisen im 18. Jahrhundert – ein historisches Modell des Föderalismus im deutschen Südwesten, in: Grenzüberschreitungen. Die Außenbeziehungen Schwabens in Mittelalter und Neuzeit, hrsg. v. Wolfgang Wüst. Augsburg 2008, S. 431– 446; Burkhardt: Wer hat Angst vor den Reichskreisen? (Anm. 8). Vgl. hierzu auch den Debattenüberblick bei Horst Carl: „Schwerfälligen Andenkens“ oder „das Recht, interessant zu sein“? Das Alte Reich in der neueren Forschungsliteratur, in: ZHF 37 (2010), S. 73 – 97.  Vgl. Wüst/Pfister (Hrsg.): Reichskreis und Territorium (Anm. 31); eine gewisse thematische Vorarbeit zum Sammelband von Wüst und Pfister lieferte Peter Claus Hartmann (Hrsg.): Regionen

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ebenso wie eine Reihe von größeren Monographien zur politischen Geschichte einzelner Reichskreise oder zur Militärgeschichte mehrerer Kreise. Die wichtigsten Arbeiten der 1990er Jahre legten Udo Gittel und Peter Claus Hartmann vor³⁴, nach der Jahrtausendwende folgten Max Plassmann und Thomas Nicklas.³⁵ Nicola Humphreys wählte für ihre Arbeit zum Fränkischen Kreis zuletzt eine kommunikationsgeschichtliche Perspektive.³⁶ Ebenso traten neue Quelleneditionen hinzu.³⁷ Ein 2011 erschienener Tagungsband mit dem Titel „Reichskreise und Regionen im frühmodernen Europa – Horizonte und Grenzen im spatial turn“ ist nur der vorläufige Höhepunkt einer sich in den letzten Jahren rasant intensivierenden wissenschaftlichen Beschäftigung mit den Reichskreisen.³⁸ Hier zeigt sich, wie ergiebig die Erforschung der Reichskreise sowohl unter politik- und diplomatiegeschichtlichen, rechtshistorischen, wie auch militär- und konfliktgeschichtlichen Fragestellungen sein kann. Der letztgenannte Sammelband demonstriert ebenso, welche breite Rezeption ihre Ergebnisse mittlerweile in der nationalen wie internationalen Forschung finden. Allerdings beschränken sich die meisten jüngeren Untersuchungen auf einen einzelnen Reichskreis und oftmals auch nur ein bestimmtes Tätigkeitsfeld.³⁹ Er-

in der frühen Neuzeit. Reichskreise im deutschen Raum, Provinzen in Frankreich, Regionen unter polnischer Oberhoheit: ein Vergleich ihrer Strukturen, Funktionen und ihrer Bedeutung (ZHF Beiheft, 17). Berlin 1994.  Udo Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen. XXXV, Quellen und Untersuchungen zur allgemeinen Geschichte Niedersachsens in der Neuzeit, Bd. 14). Hannover 1996; Peter Claus Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803). Strukturen, Geschichte und Bedeutung im Rahmen der Kreisverfassung und der allgemeinen institutionellen Entwicklung des Heiligen Römischen Reiches (Schriften zur Verfassungsgeschichte, Bd. 52). Berlin 1997.  Thomas Nicklas: Macht oder Recht. Frühneuzeitliche Politik im Obersächsischen Reichskreis. Stuttgart 2002; Max Plassmann: Krieg und Defension am Oberrhein. Die vorderen Reichskreise und Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden (1693 – 1706) (Historische Forschungen, Bd. 66). Berlin 2000.  Nicola Humphreys: Der Fränkische Kreistag 1650 – 1740 in kommunikationsgeschichtlicher Perspektive (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte. Reihe 2, Forschungen zur Geschichte des fränkischen Reichskreises, Bd. 3). Würzburg 2011.  Wolfgang Wüst (Hrsg.): Die „gute“ Policey im Reichskreis. Zur frühmodernen Normensetzung in den Kernregionen des Alten Reiches, 7 Bde. Berlin, Erlangen 2001– 2015.  Wüst/Müller (Hrsg.): Reichskreise und Regionen im frühmodernen Europa (Anm. 15).  Nur die monographischen Arbeiten von Hartmann (Bayerischer Kreis) und Nicklas (Obersächsischer Kreis) verfolgen den Anspruch, die gesamte politische Geschichte ihres jeweiligen Reichskreises überblicksartig darzustellen. Alle anderen Arbeiten zu einzelnen Reichskreisen fokussieren sich auf eine Teiltätigkeit mit einem Untersuchungszeitraum von wenigen Jahrzehnten.

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staunlicherweise blieben die beiden Auflagen der Überblicksdarstellung Dotzauers bis heute die einzigen monographischen Arbeiten, die sich den Reichskreisen als integralem politischem Gesamtsystem näherten und die wichtigsten bis dahin erzielten Ergebnisse der Detailforschungen zu allen zehn Kreisen in einem Werk zu integrieren versuchten. Nur auf diesem Weg ist es aber möglich, die Bedeutung der Reichskreise für die Funktionsfähigkeit des gesamten Reichsverbandes jenseits ihrer jeweiligen regionalhistorischen Relevanz angemessen nachvollziehen zu können.⁴⁰ Dotzauers ansonsten verdienstvolles Werk weist jedoch noch etliche Undifferenziertheiten auf, was allerdings bei seinem Überblickscharakter und dem denkbar weit gefassten Untersuchungszeitraum von 1383 bis 1806 kaum Wunder nimmt.⁴¹ Zum Themenkreis „Reichskreise und Dreißigjähriger Krieg“ liegen bisher nur verhältnismäßig wenige Forschungsarbeiten vor, da sich die meisten Untersuchungen zur Reichskreisthematik weitgehend auf das 16. Jahrhundert oder auf die Zeitspanne von 1648 bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts fokussieren. Derweil ist die Bedeutung des Kreiswesens für das Reich gerade in diesen Krisenjahrzehnten, wie bereits zum Eingang dieser Studie erwähnt, spätestens mit dem Aufsatz „Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges. Ein Überblick“⁴² von Ferdinand Magen entdeckt und als Desiderat der Reichskreisforschung allgemein erkannt worden.⁴³ Freilich bietet der Beitrag Magens nur einen

 Einen auf die ersten zwanzig Jahre des Immerwährenden Reichstags fokussierten Blick zum Zusammenspiel mehrerer Reichskreise mit dem Reichstag auf dem Gebiet des Münzwesens und der Sicherheitspolitik bietet Fabian Schulze: Reziprokes Agenda Setting? Kooperationsformen zwischen Kreistagen und Immerwährendem Reichstag auf den Gebieten des Münzwesens und der „securitas publica“, in: Reichsstadt – Reich – Europa. Aktuelle Perspektiven auf den Immerwährenden Reichstag zu Regensburg (1663 – 1806), hrsg. v. Harriet Rudolph/Astrid von Schlachta/ Christian König. Regensburg 2015, S. 153 – 177.  So sind Dotzauer alleine für die Dauer des Dreißigjährigen Krieges eine Vielzahl stattgefundener Kreistage gar nicht bekannt. An dieser Stelle sei nur beispielhaft auf die obersächsischen Kreis- und Münzprobationstage der Jahre 1618, 1624, 1626 und 1629 verwiesen, die Dotzauer nicht auflistet, vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 610, wohl aber Nicklas: Macht oder Recht (Anm. 35), S. 379 – 382.  Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5).  Vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 386 Anm. 489; vgl. zuletzt auch Peter Claus Hartmann: Die Reichskreise im Rahmen der Verfassung des Alten Reiches – Entstehung, Funktionen und Leistungen, in: Reichskreise und Regionen im frühmodernen Europa (Anm. 8), S. 61– 72, hier 68. Hartmann moniert an dieser Stelle an Dotzauers Darstellung, die Bedeutung der Reichskreise im Dreißigjährigen Krieg verkannt zu haben. Aber auch Dotzauer hat sein Urteil diesbezüglich in der zweiten, modifizierten Auflage seines Buches von 1998 grundlegend revidiert.

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Einführung

ersten Überblick und fußt verständlicherweise noch auf einer dürftigen Quellenund Literaturbasis. Außer einigen kurzen Ausführungen bei Dotzauer finden sich nur in wenigen Detailstudien zu einzelnen Reichskreisen längere Abschnitte zur Zeitspanne des Dreißigjährigen Krieges. Als erster widmete Langwerth von Simmern in seiner „Pionierarbeit“ zum Schwäbischen Reichskreis der Zeitspanne von 1618 – 1648 ein eigenes Kapitel.⁴⁴ Dann berücksichtigte erst wieder Joachim Foerster in einer umfangreichen Abhandlung zur Reichspolitik des Kurfürsten Ferdinand von Köln wichtige Aspekte der Geschichte eines Reichskreises im Dreißigjährigen Krieg, in diesem Fall des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises.⁴⁵ An diese Arbeit konnte Hubert Salm mit seiner Dissertation zur Armeefinanzierung im Niederrheinisch-Westfälischen Kreis von 1990 anknüpfen.⁴⁶ Aus den 1990er Jahren sind des Weiteren die Arbeiten von Udo Gittel und Peter Claus Hartmann zum Niedersächsischen und Bayerischen Kreis zu erwähnen, die die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts in jeweils eigenen Kapiteln abhandeln⁴⁷, gefolgt von Thomas Nicklas mit seiner Habilitationsschrift zum Obersächsischen Kreis im 16. und 17. Jahrhundert aus dem Jahr 2002.⁴⁸ Zur Geschichte des Schwäbischen Reichskreises in der letzten Kriegsphase legte Neuburger 2011 eine umfangreiche Arbeit vor.⁴⁹ Erwähnenswert ist auch ein kurzer Aufsatz Markus Nadlers zum Bayerischen Reichskreis in Kriegszeiten.⁵⁰ Zudem kann noch auf mehrere jüngst erschienene Beiträge vom Autor dieser Studie verwiesen werden, die sich der Münzpolitik der oberdeutschen Reichskreise in der Kipper- und Wipperzeit, dem Reichs- und Kreissteuerwesen und zwei reichskreisbasierten Bündnisprojekten

 Vgl. Langwerth von Simmern: Die Kreisverfassung Maximilians I. und der schwäbische Reichskreis in ihrer rechtsgeschichtlichen Entwicklung bis zum Jahre 1648 (Anm. 11), S. 347– 370.  Joachim Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln. Die Politik seiner Stifter in den Jahren 1634– 1650 (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 6). Münster 1976.  Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29). Allerdings beschränken Salm und Foerster ihre Untersuchungen ausschließlich auf die Zeit zwischen Prager Frieden und Westfälischem Frieden.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), hier vor allem S. 136 – 171; Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 375 – 400.  Vgl. Nicklas: Macht oder Recht (Anm. 35), S. 197– 242.  Andreas Neuburger: Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung im Schwäbischen Reichskreis. Württemberg und die katholischen Reichsstände im Südwesten vom Prager Frieden bis zum Westfälischen Frieden (1635 – 1651) (Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg: Reihe B, Forschungen, Bd. 181). Stuttgart 2011.  Markus Nadler: Der Bayerische Reichskreis im europäischen Konflikt des Dreißigjährigen Krieges, in: Reichskreise und Regionen im frühmodernen Europa (Anm. 8), S. 303 – 316.

Zum Stand der Reichs- und Reichskreisforschung

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im Dreißigjährigen Krieg widmen.⁵¹ Unveröffentlicht geblieben ist indessen eine außergewöhnlich umfangreiche zweibändige Magisterarbeit Nicola Schümanns (jetzt Humphreys), die die fränkischen Kreistage von 1618 – 1648 untersucht.⁵² Abschließend sei noch auf zahlreiche landes- oder militärgeschichtlich ausgerichtete Arbeiten hingewiesen, die sich dem Kriegsgeschehen in einem bestimmten Reichskreis widmen, aber keinen Fokus auf die Kreisinstitutionen selbst legen und somit an dieser Stelle keiner weiteren Ausführungen bedürfen.⁵³

 Fabian Schulze: Die Rolle der oberdeutschen Reichskreise und der Reichsgerichte bei der Bekämpfung der Kipper- und Wipperkrise 1618 – 1626, in: Prozessakten, Parteien, Partikularinteressen. Höchstgerichtsbarkeit in der Mitte Europas vom 15. bis 19. Jahrhundert, hrsg. v. Alexander Denzler/Ellen Franke/Britta Schneider. Berlin 2015, S. 67– 86; ders.: Silent leges inter arma? Zur Rolle reichsrechtlicher Normen und Verfahrensweisen bei Türkensteuerforderungen im Dreißigjährigen Krieg, in: Was das Reich zusammenhielt. Deutungsansätze und integrative Elemente, hrsg. v. Britta Schneider/Alexander Denzler/Ellen Franke. Köln [u. a.] 2017, S. 125 – 147; ders.: Bayern und Böhmen im Dreißigjährigen Krieg. Zwei föderale Bündnisprojekte im Vergleich, in: Tschechien und Bayern. Gegenüberstellungen und Vergleiche. Konferenzband des Collegium Carolinum, des Historický ústav AV ČR und des Hauses der Bayerischen Geschichte zur BayerischTschechischen Landesausstellung 2016/2017 in Prag und Nürnberg, hrsg. v. Milan Hlavačka/Robert Luft/Ulrike Lunow. München 2016, S. 77– 98; ders.: Der Leipziger Bund von 1631. Zur Rolle der Reichskreise im Selbstbehauptungskampf der protestantischen Reichsstände, in: Dynamik durch Gewalt? Der Dreißigjährige Krieg (1618 – 1648) als Faktor der Wandlungsprozesse des 17. Jahrhunderts (im Druck), hrsg. v. Michael Rohrschneider/Anuschka Tischer.  Die Magisterarbeit lag mir zur Einsicht vor, existiert jedoch nur in Form von zwei Belegexemplaren. Bd. 2 stellt eine Edition der in der Arbeit zitierten Kreisabschiede und Notizen von Kreistagsgesandten dar, vgl. Nicola Schümann: Der Fränkische Kreistag im Dreißigjährigen Krieg. Ein Reichsorgan in der Krise? (unveröffentlichte Magisterarbeit), 2 Bde. Erlangen 2002.  Hierzu zählen beispielsweise Beiträge von Johann Gustav Droysen: Die niedersächsischen Kreisstände während des schwedisch-deutschen Krieges 1631 und 1632, in: Zeitschrift für preußische Geschichte und Landeskunde 8 (1871), S. 362– 383; Helmut Weigel: Franken im Dreißigjährigen Kriege.Versuch einer Überschau von Nürnberg aus. Teil 1 (1618 – 1632) und 2 (1632– 1648), in: ZBLG 5 (1932), S. 1– 50; 193 – 218; im weiteren Sinne wären an dieser Stelle unter anderem auch Dietz, Gotthard und Zizelmann zu nennen, in deren Arbeiten einige fränkische bzw. schwäbische Kreistage thematisiert werden, vgl. Heinrich Dietz: Die Politik des Hochstifts Bamberg am Ende des Dreißigjährigen Krieges. Zugl. Diss. Würzburg 1967 (Historischer Verein für die Pflege der Geschichte des Ehemaligen Fürstbistums Bamberg / Beiheft, 4). Bamberg 1968; Axel Gotthard: Konfession und Staatsräson. Die Außenpolitik Württembergs unter Herzog Johann Friedrich (1608 – 1628) (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in BadenWürttemberg, 126). Stuttgart 1992; Stefan Zizelmann: Um Land und Konfession. Die Außen- und Reichspolitik Württembergs (1628 – 1638) (Europäische Hochschulschriften. Reihe III, Geschichte und ihre Hilfswissenschaften/Publications universitaires européennes. Série III, Histoire, sciences auxiliaires de l’histoire/European university studies. Series III, History and allied studies, vol. 941). Frankfurt am Main, New York 2002.

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Einführung

Zu Fragestellung und Methodik Es ist freilich kein Zufall, dass sich die meisten monographischen Abhandlungen zur Reichskreisgeschichte meist auf einen einzelnen Reichskreis oder eine bestimmte Thematik beschränken. Die Mannigfaltigkeit der auf Kreistagen verhandelten Beratungsthemen und die Vielzahl der auf Kreisebene aktiven politischen Akteure stellt jeden Erforscher der Reichskreisgeschichte vor die Herausforderung, seine Untersuchung thematisch und chronologisch klar einzugrenzen.⁵⁴ Wird eine solche Fokussierung nicht vorgenommen, wie im Fall der Gesamtdarstellungen Dotzauers, besteht die Gefahr, ein in seinem Umfang kaum mehr rezipierbares Werk vorzulegen. Dotzauer versuchte dem entgegenzusteuern, indem er sich in seinen Arbeiten weitgehend auf die Referierung der aus seiner Sicht bedeutendsten Beschlüsse einzelner Kreisabschiede beschränkte.⁵⁵ Die politischen Aushandlungsprozesse und Absprachen vor, während und nach einem Kreistag werden bei einer solchen Darstellungsweise jedoch weitgehend außen vor gelassen. Dabei lässt sich erst durch sie erkennen, wie Entscheidungsprozesse innerhalb eines Reichskreises abliefen, welche politischen Implikationen einzelne Kreisstände mit ihrer Kreispolitik verbanden und ob bestimmte Kreistagsbeschlüsse überhaupt umgesetzt werden konnten. Außerdem müssen in diesem Zusammenhang ebenfalls stets die Wechselwirkungen zwischen Reichs-, Kreisund Territorialebene bedacht und adäquat dargestellt werden. Daher galt es für diese Studie, eine Fragestellung zu entwickeln und eine thematische Untergliederung zu wählen, anhand derer die bedeutendsten Tätigkeitsfelder der Reichskreise während des Dreißigjährigen Kriegs untersucht werden können und der Komplexität und Vielgestaltigkeit der Kreisverfassung des Reiches Rechnung zu tragen, ohne den Rahmen einer akademischen Qualifikationsarbeit zu sprengen. Für beides lieferte ein schon vor mehreren Jahrzehnten von Peter-Christoph Storm in die Forschungsdiskussion eingebrachtes Modell zur Beschreibung des verfassungsrechtlichen und politischen Charakters der Reichskreise eine entscheidende Anregung. Verschiedene ältere, teils divergierende rechtsgeschichtliche Forschungsmeinungen subsumierend, beschreibt Storm die Reichskreise als

 Ebenso kann in jeder historiographischen Abhandlung stets nur eine kleine Auswahl der im Kreistagsplenum abgegebenen und im Kreistagsprotokoll vermerkten Wortmeldungen und Beschlussfassungen wiedergegeben werden, was selbstredend auch für die meist ausgesprochen zahlreichen im Rahmen eines Kreistags entstandenen Instruktionsschreiben, Gesandtenberichte und sonstige Briefwechsel gilt.  Vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise in der Verfassung des Alten Reiches und ihr Eigenleben (1500 – 1806) (Anm. 30); Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30).

Zu Fragestellung und Methodik

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„Reichsprovinzen und Selbstverwaltungskörperschaften“.⁵⁶ Diese Modellvorstellung ist in jüngerer Zeit mehrfach aufgegriffen und akzentuiert worden. So spricht Max Plassmann in Bezug auf den Schwäbischen Reichskreis von einer Mischung aus „Reichsprovinz und Ständebund“, während Johannes Burkhardt die Reichskreise als „Einspringdienst zur Sicherung der Reichs- und Landesgewalt“ beschreibt.⁵⁷ Angelehnt an die Überlegungen Storms, Plassmanns und Burkhardts scheint es daher angebracht, die Tätigkeit von Reichskreisen auf zwei Ebenen zu untersuchen: Einerseits soll ihre Bedeutung für den Kaiser und den gesamten Reichsverband gewürdigt werden, andererseits soll nicht aus dem Blick verloren werden, dass vor allem aus Sicht der Kreisstände auch den bündischen Elementen der Reichskreisverfassung hohe Relevanz zukam.⁵⁸ Daher wurde für diese Studie eine zweiteilige Fragestellung gewählt, die sich auch im inhaltlichen Aufbau widerspiegelt. Im ersten von zwei Hauptteilen soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit Reichskreise im Vorfeld und während des Dreißigjährigen Kriegs in den Dienst der Kriegsfinanzierung von Kaiser und Reich gestellt werden konnten. In diesem Zusammenhang wird zudem zu beantworten sein, inwiefern die Reichskreise dabei, um mit Burkhardt zu sprechen, als „Einspringdienst“ zur Ersetzung des Reichstags fungierten, dem die Bewilligung von Steuermitteln zur Unterstützung des Kaisers und zur Kriegsführung im Namen des Reiches herkömmlicherweise zustand.⁵⁹ Da die Kriegsfinanzierung freilich nur eine von vielen poli-

 Vgl. Storm: Der Schwäbische Kreis als Feldherr (Anm. 26), S. 64– 70. Vgl. hierzu auch die Ausführungen bei Heinz Mohnhaupt: Die verfassungsrechtliche Einordnung der Reichskreise in die Reichsorganisation, in: Der Kurfürst von Mainz und die Kreisassoziationen. Zur verfassungsmässigen Stellung der Reichskreise nach dem Westfälischen Frieden, hrsg.v. Karl Otmar von Aretin (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz Abteilung Universalgeschichte: Beiheft, 2). Wiesbaden 1975, S. 1– 30.  Vgl. Max Plassmann: Zwischen Reichsprovinz und Ständebund. Der Schwäbische Reichskreis als Handlungsrahmen mindermächtiger Stände, in: ZGO 151 (2003), S. 199 – 235; ders.: Indirekt kaiserlich? Die Kriegführung und -finanzierung von Reichskreisen und Assoziationen (1648 – 1740), in: Kriegführung und Staatsfinanzen. Die Habsburgermonarchie und das Heilige Römische Reich vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Ende des habsburgischen Kaisertums 1740, hrsg. v. Peter Rauscher (Geschichte in der Epoche Karls V., Bd. 10). Münster 2010, S. 515 – 542; Burkhardt: Wer hat Angst vor den Reichskreisen? (Anm. 8), S. 59.  Vgl. grundlegend zur Thematik und Begrifflichkeit Reinhart Koselleck: Art. Bund, Bündnis, Föderalismus, Bundesstaat, in: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politischsozialen Sprache in Deutschland, hrsg. v. Otto Brunner/Werner Conze/Reinhart Koselleck. Stuttgart 1972, S. 582– 671.  Vgl. Kap. I.1., „Normative Voraussetzungen: Steuerpolitische Entscheidungsfindung im Reich und die Entwicklung der Wormser Matrikel bis 1618“.

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tischen Aufgaben des Reichstags darstellte, die diesem im Verfassungsgefüge des Alten Reichs zustanden, wurde dieses Kapitel mit „Reichskreise als partielles Reichstagssurrogat? Reichskreise im Dienst der Kriegsfinanzierung von Kaiser und Reich“ überschrieben. Es folgt einem chronologischen Aufbau, beginnend in der Spätphase der Regentschaft Kaiser Rudolfs II., in dem der Reichstag seine Funktionsfähigkeit verlor, und endet mit dem Westfälischen Friedenskongress. Der zweite Hauptteil der Studie, „Reichskreise als Basis und Bündnispartner militärischer Bünde“, widmet sich der Bedeutung der Reichskreisverfassung als Basis von Bündnisbestrebungen auf Ebene einzelner Reichskreise. Dabei wird auch auf das Verhältnis von Reichskreisen und konfessionellen Partikularbünden eingegangen. Es folgt ebenfalls einem chronologischen Aufbau, beginnend wieder mit den Krisenjahren von 1607/08, endend im Jahr des Westfälischen Friedens. Der Prager Frieden von 1635 dient dabei zur Zweiteilung des Kapitels, da vor diesem reichsinternen Friedensschluss konfessionellen Kriterien bei militärischen Bündnissen mit Reichskreisbeteiligung eine herausragende Bedeutung zukam, nach 1635 hingegen nicht mehr. Abgeschlossen wird diese Studie mit einem kurzen Ausblick, in dem auf die Bedeutung des Reichskreiswesens während des Westfälischen Friedenskongresses und der Exekution der Friedensbestimmungen eingegangen wird.

Quellengrundlage „Von der Teutschen Crays=Verfassung lässet sich nicht gar gut schreiben, weil es öffters an hinlänglichen Nachrichten ermangelt. Man siehet es auch mehrmalen nicht gerne, daß etwas davon herauskomme.“⁶⁰ Auch wenn diese Klage von Johann Jacob Moser aus dem Jahr 1773 für den heutigen, an der Reichskreisgeschichte interessierten Historiker nicht mehr unbedingt zutreffend ist, so entbehrte sie seinerzeit nicht einer gewissen Berechtigung: Im Gegensatz zu den Reichstagsbeschlüssen wurden die meisten Kreistagsabschiede nicht veröffentlicht, sondern wanderten zumeist im Original oder in Form von Abschriften alsbald in die Archive der einzelnen Kreisstände. Allerdings entstanden an den Höfen einiger Kreisausschreiber und Kreisdirektoren schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts zentrale Kreisarchive, in denen die originalen Kreisabschiede gesammelt wurden. Auf deren Basis fertigten Reichspublizisten im 18. Jahrhundert einige zum Teil

 Zitat nach Johann Jakob Moser: Von der Teutschen Crays-Verfassung. Nach denen ReichsGesezen und dem Reichs-Herkommen, wie auch aus den Teutschen Staats-Rechts-Lehrern, und eigener Erfahrung (Neues teutsches Staatsrecht, 10). Frankfurt am Main, Leipzig 1773, S. 1.

Quellengrundlage

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umfangreiche Editionen zu den Abschieden verschiedener Reichskreise an.⁶¹ Friedrich Carl von Moser unternahm ab 1747 den ehrgeizigen Versuch, die Abschiede sämtlicher Reichskreise zu publizieren, brach sein Unternehmen aber nach drei Bänden, die Quellen bis in das Jahr 1599 enthalten, ab.⁶² Dafür legte er nur wenige Jahre später umfangreiche Sammlungen sämtlicher ihm zugänglicher Kreisabschiede des Fränkischen und des Obersächsischen Reichskreises vor.⁶³ Die meisten bayerischen Kreistagsabschiede wurden 1764 von Johann Georg von Lori herausgegeben.⁶⁴ In einem weiteren Werk edierte Lori wichtige Dokumente zur Tätigkeit der oberdeutschen Reichskreise im Münzwesen.⁶⁵ Für andere Reichskreise finden sich reichhaltige Quellen im „Teutschen Reichs Münz-Archiv“ von Johann Christoph Hirsch.⁶⁶ In den großen Editionswerken von Moser und Lori finden sich gelegentlich auch über den Text der Kreisabschiede hinaus Gesuche einzelner Kreisstände an das Kreisdirektorium oder den Kreistag, verschiedene vom Kreistagsplenum veranlasste Schreiben und Korrespondenzen sowie Berichte von Kreisdeputationen und Kostenanschläge für Kreistruppen. Eine bestimmte Systematik in der Auswahl dieser zusätzlich edierten Dokumente ist aber weder bei Moser noch bei Lori zu erkennen und ihre Werke können auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit der Kreisabschiede erheben. Insbesondere in Loris Ausgaben sind gelegentliche Ungenauigkeiten nicht ausgeschlossen.⁶⁷ In der Textwiedergabe der Kreisabschiede dürften die Ausgaben des 18. Jahrhunderts aber durchaus ver-

 Vgl. hierzu die Auflistung bei Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 16 – 22, S. 501 f.  Vgl. Friedrich Carl von Moser: Sammlung des Heil. Römischen Reichs sämtlicher Crays-Abschiede und anderer Schlüsse. Nebst vilen darzu gehörigen Beylagen, auch mit Summarien, Marginalien und Anmerckungen versehen und grossen Theils erstmals an das Licht gestellt, 3 Bde. Leipzig 1747– 1748.  Vgl. Friedrich Carl von Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748. Nürnberg 1752; Friedrich Carl von Moser: Des hochloeblichen OberSaechsischen Crayses Abschide. Aus Archiven erstmals an das Licht gestellt, von Friderich Carl Moser. Jena 1752.  Vgl. Johann Georg von Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts. München 1764.  Vgl. Johann Georg von Lori: Der Sammlung des baierischen Münzrechts zweyter Band, von 1564 bis 1664. München 1768.  Vgl. Johann Christoph Hirsch: Des Teutschen Reichs Münz-Archiv. Bestehend in einer Sammlung Kayserl. und Reichs-Münz-Gesetze, Ordnungen, Privilegien über das Münz-Recht […] nebst zuverlässigen Nachrichten, vom Teutschen Münz-Wesen überhaupt, in ältern, mittlern und neuern Zeiten, aus Archiven und Original-Actis Publicis in chronologischer Ordnung, dem Publico zum Besten, zusammen getragen, und mit einem Real-Indice versehen, 8 Bde. Nürnberg 1756 – 1768.  Vgl. Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 30.

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lässlich sein.⁶⁸ Der Erkenntnisgewinn bei einer primären Fokussierung auf die Kreisabschiede ist allerdings begrenzt. Zur Erforschung des eigentlichen Verhandlungsgeschehens auf Kreisversammlungen und der unterschiedlichen politischen Ambitionen und Interessenslagen der verschiedenen Kreisstände müssen auch Gesandtenberichte, Denkschriften und Ratsprotokolle in die Untersuchung einbezogen werden. Daneben kommen Instruktionsschreiben an Kreistagsgesandte eine besondere Bedeutung zu. Diese Quellen sind allerdings nur zum kleinen Teil veröffentlicht⁶⁹. In einigen Fällen fanden einzelne Aktenstücke auch Eingang in frühneuzeitliche Editionswerke. Zu nennen wären hier insbesondere die „Acta Publica“ von Michael Caspar Lundorp und das „Teutsche Reichs Archiv“ von Johann Christian Lünig.⁷⁰ In der wortgetreuen Wiedergabe mancher Dokumente nicht immer verlässlich, aber teilweise dennoch hilfreich sind auch die diversen Bände des „Theatrum Europaeum“.⁷¹ Speziell zum Niedersächsischen Reichskreis ertragreich sind noch die anonym publizierten „Dennemarckische Acta“ bzw. „Dennemarckischen und Nider-Sachsischen Creysses Acta“⁷² Dabei muss allerdings bedacht

 Ich habe dazu Mosers Edition zum Obersächsischen Reichskreis stichpunktartig mit Archivmaterial aus Dresden verglichen: SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 07873/3. Abschriften der im Obersächsischen Kreis von 1577 gehaltenen Kreistage, 1577– 1665.  Zum Thema Reichskreise und Westfälischer Friedenskongress finden sich verschiedene Informationen in dem Editionswerk von Gabriele Greindl/Gerhard Immler (Hrsg.): Die diplomatische Korrespondenz Kurbayerns zum Westfälischen Friedenskongress. Bd. 2: Die diplomatische Korrespondenz Kurfürst Maximilians I. von Bayern mit seinen Gesandten in Münster und Osnabrück, Teilbd. 1, Dezember 1644-Juli 1645 (Quellen zur neueren Geschichte Bayerns, 1/2,1). München 2009; grundsätzlich zu konsultieren sind auch „Acta Pacis Westphalicae“, vgl. Braubach, Max / Repgen, Konrad (Hrsg.): Acta Pacis Westphalicae. In drei Serien, 40 Bd. Münster 1962– 2008. Bei Fritz Hartung (wie Anm. 15) findet sich ein umfangreicher Editionsteil zum Fränkischen Kreis im 16. Jahrhundert, bei Adolf Laufs (wie Anm. 17) eine Reihe an Dokumenten zum Schwäbischen Kreis. Nicola Schümann edierte etliche Quellen zum Fränkischen Kreistag im Dreißigjährigen Krieg (wie Anm. 34).  Zu den diversen Bänden Lünigs vgl. Konrad Repgen: Über Lünigs „Teutsches Reichs-Archiv“ (1710 – 1722): Aufbau und Zitiermöglichkeiten, in: Forschungen und Quellen zur Geschichte des Dreissigjährigen Krieges, hrsg. v. Konrad Repgen (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 12). Münster 1981, S. 240 – 285.  Zur Kritik am Quellenwert des „Theatrums“ vgl. die Ausführungen bei Hermann Bingel: Das Theatrum Europaeum. Ein Beitrag zur Publizistik des 17. und 18. Jahrhunderts. Neudruck der Ausgabe 1909. Schaan/Liechtenstein 1982.  Vgl. Dennemarckische Acta. Das ist/ Außführliche Beschreibung/ Handlung und Deduction aller vnd jeder Sachen Propositionen, Exceptionen, Replicen, Bericht/ Gegenbericht vnnd Resolutionen, auch gewechßleter Schrifften/ welche sich von anfang deß noch schwebenden Nidersächsischen Kriegswesens/ zwischen der Kay. May. vnd dero Hochansehenden Kriegs Generalen vnd Obersten Graff Thilli/ vnd Herzog von Friedlandt/ so dann der Königl. Mayest. in

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werden, dass vor allem bei den zum Teil noch während des Kriegs vorgelegten Editionswerken durchaus propagandistische Absichten verfolgt werden konnten. Unabhängig davon sind umfangreiche Archivrecherchen zu jedem einzelnen Reichskreis aber für jede eingehende Forschungsarbeit zu den Reichskreisen immer noch unerlässlich.⁷³ Für diese Studie wurden folgende Archive und Archivbestände konsultiert⁷⁴: Zum Bayerischen Reichskreis: Die wichtigste geschlossene Überlieferung zu diesem Reichskreis findet sich im Hauptstaatsarchiv München. Besonders erwähnenswert ist der Bestand „Bayrische Crays-Acta“, eine zeitgenössische Aktensammlung des Kurbayerischen Äußeren Archivs, das die verschiedensten Korrespondenzen Maximilians von Bayern in seiner Funktion als Kreisausschreiber des Bayerischen Reichskreises chronologisch geordnet enthält. Hierin finden sich auch sämtliche Kreistagsabschiede im Original oder in Abschriften, kaiserliche Mandate mit Bezug auf das Reichskreiswesen und Korrespondenzen anderer Kur- und Reichsfürsten, die diese in ihren Funktionen als Kreisausschreibende Fürsten verfasst hatten und die ihren Weg zum bayerischen Kurfürsten fanden. Sämtliche Akten dieses Bestands aus den Jahren 1618 bis 1648/50 konnten für diese Studie gesichtet werden.⁷⁵ Zum Fränkischen Reichskreis: Den bedeutendsten Quellenbestand zum Fränkischen Kreis verwahrt das Bayerische Staatsarchiv Bamberg. Hier konnten neben der Überlieferung des schon im 18. Jahrhundert angelegten Fränkischen Kreisarchivs auch die Reichskreismaterie enthaltenden Bestände des „Geheimen Archivs Bayreuth“ sowie des „Geheimen Hausarchivs Plassenburg“ der Markgrafschaft Kulmbach und der „Geheimen Kanzlei“ des Hochstifts Bamberg eingesehen werden. Im Bayerischen Staatsarchiv Nürnberg wurden ergänzend Bestände der Kreisakten der Reichsstadt Nürnberg und der Markgrafschaft Ansbach konsultiert, im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien einige Kreisakten der Grafschaft Rieneck.

Dennenmarck/ Hispanien/ vnd des Nidersächsischen Kreisses / Fürsten vnd Ständt/ biß auff dato verlauffen. o.O. 1626; Ander Theil der Dennemarckischen und Nider-Sachsischen Creysses Acta. Das ist/ Handlung und Deduction aller vnd jeder Sachen vnd Handel/ welche sich auff den vnderschiedlichen/ zwischen der Keys. Majest./ König in Dennemarck/ Nidersachsischen Creyß/ vnd den Churfurstl: Interponenten Chur Sachsen vnd Brandenburg/ gehaltenen Compositions Tagen vnd Conventen, sonderlich das jetzige Kriegswesen betreffend/ zugetragen/ vnd biß dato verlauffen. o.O. 1626.  Grundlegende Informationen zu Quelleneditionen und zur archivalischen Überlieferungssituation diverser Kreisakten bietet Dotzauer jeweils im Anschluss an seine Einzelkapitel zu den verschiedenen Reichskreisen, vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30).  Vgl. für Folgendes das Archivalienverzeichnis im Quellen- und Literaturverzeichnis.  Es handelt sich um die Signaturen BayHStA, Kurbayern Ä. A. 3612– 3620.

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Zum Schwäbischen Reichskreis: Für diesen Reichskreis wurden hauptsächlich die Bestände aus dem ehemaligen Schwäbischen Kreisarchiv im Hauptstaatsarchiv Stuttgart herangezogen, ergänzt durch die Überlieferung des württembergischen Kreisausschreibeamts und der Kreiskanzlei.⁷⁶ Zusätzlich wurden einige Kreisakten der Reichsstadt Augsburg im Stadtarchiv Augsburg eingesehen, ferner einige Bestände des in Ludwigsburg aufbewahrten ehemaligen Familienarchivs Geizkofler. Zum Obersächsischen Reichskreis: Hierfür wurden diverse Kreisakten Kursachsens und der Grafschaft Barby eingesehen, die im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden liegen. Es handelt sich dabei um die mit Abstand umfangreichste archivalische Überlieferung zum Obersächsischen Reichskreis. Neben umfangreichen Beständen aus dem Kursächsischen Geheimen Rat wurden auch die Personennachlässe der in Leipzig tätigen Reichspfennigmeister untersucht.⁷⁷ Zum Niedersächsischen Reichskreis: Archivalisches Material zum Niedersächsischen Reichskreis wurde vor allem im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden und im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien eingesehen. Von besonderer Bedeutung waren dabei die Bestände jener Reichspfennigmeister, deren Zuständigkeitsbereich sich auf den Ober- und Niedersächsischen Reichskreis erstreckte. Zum Kurrheinischen Reichskreis: Hierzu wurden die kurrheinischen Kreisakten im Mainzer Reichserzkanzlerarchiv im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv eingesehen. Neben den Akten des kurmainzischen Direktoriums des Kurrheinischen Kreises fanden sich auch umfangreiche Bestände kurkölnischer Provenienz. Zum Oberrheinischen Reichskreis: Zum Oberrheinischen Kreis fanden sich bedeutende Quellen im ehemaligen Familienarchiv Geizkofler im Staatsarchiv Ludwigsburg, in den kurrheinischen Kreisakten im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien sowie im Hofkammerarchiv Wien im Sonderbestand „Reichsakten“. Zum Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis: Neben Quellenmaterial aus den „Reichsakten“ des Hofkammerarchivs Wien fanden sich vor allem im Zusammenhang mit den kurrheinischen Kreisakten diverse Kommunikationsschreiben niederrheinisch-westfälischer Kreistage. Zum Österreichischen und Burgundischen Reichskreis: Die beiden habsburgisch dominierten Kreise Burgund und Österreich sind weitgehend mit der For-

 Bernhard Theil: Die Überlieferung des Schwäbischen Reichskreises in den staatlichen Archiven Baden-Württembergs, in: Reichskreis und Territorium (Anm. 31). S. 123 – 138.  Vgl. Kap. I.2., „Der Augsburger und Leipziger Reichspfennigmeister und der Reichsfiskal in Speyer“.

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schungsliteratur abzudecken gewesen, sie entfalteten kein institutionelles Eigenleben während des Dreißigjährigen Kriegs.⁷⁸ Darüber hinaus wurden im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien und im Hofkammerarchiv Wien diverse einschlägige Bestände zur kaiserlichen Reichspolitik während des Dreißigjährigen Kriegs sowie zur Reichskreispolitik des Kurmainzer Reichserzkanzlers und zur Tätigkeit der Reichspfennigmeister gesichtet. Dabei fanden sich in den Reichstagsakten des Reichserzkanzlerarchivs umfangreiche Korrespondenzen zwischen einzelnen Kreistagen oder Kreisausschreibenden Fürsten und Berichte von Reichskreisgesandtschaften.⁷⁹ Ähnlich vielfältiges Quellenmaterial boten auch die Wiener Reichstagsakten aus kaiserlicher Provenienz, d. h. großteils aus der Reichs(vize)kanzlei. Vor allem für das Reichsfinanzwesen und den finanziellen Ertrag verschiedener Reichskreishilfen waren der Sonderbestand „Reichsakten“ sowie die Zahlamtsbücher der Jahre 1618 bis 1648 des Wiener Hofkammerarchivs von Relevanz.⁸⁰

 Verwiesen sei auf Mally: Der österreichische Kreis in der Exekutionsordnung des römischdeutschen Reiches (Anm. 25); Gross (Hrsg.): Urkunden und Aktenstücke des Reichsarchivs Wien zur reichsrechtlichen Stellung des burgundischen Kreises (Anm. 16). Zum Burgundischen Reichskreis ist zuletzt erschienen: Yves Huybrechts: Eine gute Gelegenheit für Integration. Der Burgundische Reichskreis auf dem Reichstag zu Speyer 1570, in: Speyer als Hauptstadt des Reiches. Politik und Justiz zwischen Reich und Territorium im 16. und 17. Jahrhundert, hrsg. v. Anette Baumann/Joachim Kemper (bibliothek altes Reich, Bd. 20). Berlin 2016, S. 46 – 67.  Ein wichtiges Findmittel stellt dar: Editha Bucher/Rudolf Schatz: Inventar des Mainzer Reichserzkanzler-Archivs im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien. Aufgrund des Verzeichnisses von Wilhelm Klemm, hrsg. von Editha Bucher (Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz, 54). Koblenz 1990.  Vgl. hierzu Friedrich Walter: Inventar des Wiener Hofkammerarchivs (Publikationen des österreichischen Staatsarchivs, II. Serie: Inventare österreichischer Archive, Nr. VII.). Wien 1951; Christian Sapper: Die Zahlamtsbücher im Hofkammerarchiv 1542– 1825, in: MÖStA 35 (1982), S. 404– 455. Die in den Hofzahlamtsbüchern nachweisbaren Reichssteuererträge werden in einer Tabelle im Anhang dieser Studie gesondert aufgelistet.

Institutionelle und normative Grundlagen: Die Reichskreise im Verfassungsgefüge des Heiligen Römischen Reiches um 1600 Zu Anfang soll eine kurze Einführung in jene institutionellen und normativen Grundlagen gegeben werden, auf denen die Kreisverfassung zu Beginn des 17. Jahrhunderts ruhte. Dazu wird nach einem Abriss der verfassungsrechtlichen Ausdifferenzierung der Kreisverfassung vom 16. Jahrhundert bis unmittelbar vor Beginn des Dreißigjährigen Kriegs auch auf die bedeutendsten Kreisinstitutionen und Kreisämter eingegangen. Dabei wird ebenso auf einige institutionelle Besonderheiten hingewiesen, die sich nur in einzelnen Reichskreisen ausbildeten.

1 Grundzüge der verfassungsrechtlichen Entwicklung der Reichskreisverfassung bis 1618 In ihrer Gründungsphase um 1500 unter Kaiser Maximilian I. dienten die Reichskreise zuerst als Wahlbezirke für reichsständische Vertreter am Reichsregiment und zur Nominierung von Reichskammergerichtsassessoren. Im Verlauf der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts erfolgte dann eine erhebliche Aufwertung der Kreisverfassung des Reiches, in dem auf Beschluss mehrerer Reichstage den sechs, nach 1512 zehn Reichskreisen Aufgaben im Bereich der Landfriedenswahrung, der Exekution von Reichskammergerichtsurteilen, der Reichsverteidigung, dem Reichssteuerwesen und zuletzt auch der Münzaufsicht aufgetragen wurden.⁸¹ Die Ausdifferenzierung der Kompetenzen der Reichskreise war jedoch nicht etwa das Ergebnis einer stetigen, von einer bestimmten politischen Kraft gesteuerten Entwicklung. Vielmehr durchlief die Kreisorganisation des Reiches in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts mehrfach Phasen weitgehender Inaktivität, ehe sie auf Initiative des Kaisers, des Reichsregiments oder einflussreicher Reichsstände wieder reaktiviert und mit neuen Aufgaben betraut wurde. Dabei

 Auf die diesbezüglichen reichsrechtlichen Detailregelungen und institutionellen Entwicklungen auf Kreisebene muss an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden, hierzu sei auf die detaillierten Ausführungen vor den entsprechenden Kapiteln dieser Studie verwiesen. Die Grundzüge der verfassungsrechtlichen Entwicklung der Reichskreise zu Beginn des 16. Jahrhunderts zeichnen nach: Mohnhaupt: Die verfassungsrechtliche Einordnung der Reichskreise in die Reichsorganisation (Anm. 56), hier S. 6 – 9; Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 51– 58. https://doi.org/10.1515/9783110558739-004

1 Grundzüge der verfassungsrechtlichen Entwicklung der Reichskreisverfassung

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waren es oft kriegerische Ereignisse innerhalb und außerhalb des Reiches, die eine Ausdifferenzierung der Kreisverfassung nach sich zogen. Eine besondere Bedeutung kam dabei der aggressiven militärischen Expansion des Osmanischen Reiches zu, das im Lauf des 16. Jahrhunderts mehrfach bis in die kaiserlichen Erblande vorstieß. Ab 1530 wurden per Reichstagsbeschluss zur Verteidigung der Reichsgrenzen und grenznaher ungarischer Festungen auch die Reichskreise herangezogen, was innerhalb der Kreise wiederum den Auf- und Ausbau militärischer und administrativer Strukturen maßgeblich beförderte.⁸² Ein Einsatz der Kreisorganisationen in Diensten der Reichsverteidigung musste jedoch stets von Feldzug zu Feldzug von einer Reichsversammlung neu beschlossen werden und erfolgte bis in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges in erster Linie nur im „Türkenkrieg“, während Kreistruppen gegen christliche Potentaten, wie etwa den König von Frankreich, mit wenigen Ausnahmen nicht aufgeboten wurden.⁸³ Eine Monopolisierung der Reichsverteidigung auf die Reichskreise fand also nicht statt. Stattdessen setzte Kaiser Karl V. in seinen zahlreichen Kriegen mit Frankreich auf die Unterstützung einzelner Reichsfürsten. Zeitweise verfolgte der Kaiser sogar Pläne zu einer Neugestaltung des Reiches auf bündischer Grundlage, ohne dass die Kreisverfassung dabei eine größere Rolle gespielt hätte.⁸⁴ Auch in Landfriedensangelegenheiten kamen Reichskreise nur dann zum Einsatz, wenn dies vom Reichsoberhaupt und einer ausreichend großen Anzahl von Reichsständen ausdrücklich gewünscht wurde. Die Niederschlagung des „Täuferreichs“ von Münster 1534/35 war solch ein Fall.⁸⁵ Doch noch zur Mitte des

 Vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise in der Verfassung des Alten Reiches und ihr Eigenleben (1500 – 1806) (Anm. 30), S. 15 – 17; Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 42 f. Vgl. zur Thematik ferner Kap. I.4, „Reichskreise und Reichs- und Kreissteuern bis zum Ende des ‚Langen Türkenkriegsʻ“ dieser Studie.  Der Einsatz von Kreisaufgeboten des Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreises zum Schutz seiner Grenzterritorien zu den aufständischen niederländischen Ständen im späten 16. Jahrhundert bildete eine gewisse Ausnahme. Allerdings stellt sich in diesem Fall die berechtigte Frage, inwieweit die zu jener Zeit erst am Anfang ihres Staatsbildungsprozesses befindlichen Generalstaaten aus Sicht des Reiches überhaupt als „Ausland“ gelten konnten. Vgl. Johannes Arndt: Das Heilige Römische Reich und die Niederlande 1566 bis 1648. Politisch-konfessionelle Verflechtung und Publizistik im Achtzigjährigen Krieg (Münstersche historische Forschungen, Bd. 13). Köln 1998, hier S. 71– 96, S. 119 – 124; vgl. ferner zum Staatsbildungsprozess der Niederlande im Zusammenhang mit dem Dreißigjährigen Krieg Johannes Burkhardt: Der Dreißigjährige Krieg (Edition Suhrkamp, 1542 = n. F., Bd. 542). Frankfurt am Main 1992, S. 64– 74.  Vgl. zur Thematik Volker Press: Die Bundespläne Karls V. und die Reichsverfassung, in: Das Römisch-Deutsche Reich im politischen System Karls V., hrsg. v. Heinrich Lutz/Elisabeth MüllerLuckner (Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien, 1). München 1982, S. 55 – 106.  Zum Einsatz mehrerer Reichskreise zur Bekämpfung der westfälischen Täuferbewegung vgl. Neuhaus: Reichsständische Repräsentationsformen im 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 46 – 59.

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Institutionelle und normative Grundlagen

16. Jahrhunderts gab es kein detailliertes reichsrechtliches Regelwerk zur Ahndung von Landfriedensbrüchen, wofür nicht zuletzt der Kaiser selbst verantwortlich zeichnete, der den Schutz des „Ewigen Landfriedens“ im Reich nach wie vor zu seinen Prärogativen zählte – selbst dann, wenn er jahrelang gar nicht persönlich im Reich zugegen war.⁸⁶ Erst die nachhaltige Schwächung Karls V. in Folge des Fürstenaufstands von 1552 und seine Unfähigkeit, eine Reihe schwerer Landfriedensbrüche des mit ihm verbündeten fränkischen Markgrafen Albrecht Alkibiades von Kulmbach zu ahnden, brachten eine grundlegende Reformierung der Landfriedenswahrung unter Einbeziehung der Reichskreise in Gang.⁸⁷ Die entscheidende Initiative auf Reichsebene ging diesmal aus naheliegenden Gründen auch nicht mehr vom Kaiser aus, sondern von reichsständischer Seite. In einer konfessionsübergreifenden Einigkeit wurde nach Möglichkeiten gesucht, wie die Exekution des Ewigen Landfriedens im Reich auch ohne das Reichsoberhaupt sichergestellt werden konnte. Dazu wurde auf Betreiben Kurmainz’ 1554 ein „Reichskreistag“, ein Kongress mit Vertretern aller Reichskreise, nach Frankfurt berufen, der eine entsprechende Beschlussvorlage für den nächsten Reichstag ausarbeitete und über den sich die bedeutendsten Stände des Reichs bereits in ihrem späteren Abstimmungsverhalten auf der Reichsversammlung abstimmen konnten.⁸⁸ Als eine solche im folgenden Jahr in Augsburg zusammentrat, wurden die Ergebnisse des Reichskreistags als „Reichsexekutionsordnung“ dann auch mit einer großen konfessionsübergreifenden Mehrheit in den drei Kurien des Reichstags verabschiedet und nach zähen Verhandlungen mit König Ferdinand auch von kaiser-

 Vgl. Christine Roll: Die „kaiserlosen Zeiten“ im Reich. Zu einigen Aspekten der Reichsregierung Karls V. absente imperatore, in: Karl V. 1500 – 1558. Neue Perspektiven seiner Herrschaft in Europa und Ü bersee, hrsg. v. Alfred Kohler (Zentraleuropa-Studien, 6). Wien 2002, S. 263 – 291.  Zum Fürstenaufstand vgl. zuletzt die Beiträge in Martina Fuchs/Robert Rebitsch (Hrsg.): Fürstenaufstand 1552. Der Anfang vom Ende einer universalistischen Herrschaftskonzeption (Geschichte in der Epoche Karls des V., 10). Münster, Westf. 2010; zum letzten Jahrzehnt der Herrschaft Karls V. Heinrich Lutz: Christianitas afflicta. Europa, das Reich und die päpstliche Politik im Niedergang der Hegemonie Kaiser Karls V. (1552– 1556). Göttingen 1964.  Vgl. Neuhaus: Reichsständische Repräsentationsformen im 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 202– 264. Die Versammlungsform eines „Reichskreistags“ wurde vermutlich gewählt, da sich fast sämtliche Reichsstände auf dem Konvent zumindest indirekt durch die Kreisgesandtschaften repräsentiert fühlen konnten. Der organisatorische Aufwand eines Reichskreistags war zudem deutlich geringer als der eines Reichstags. Die Beschlüsse des Reichskreistags von 1554 lehnten sich dann stark an einen Vorschlag Württembergs an, den dieses im Namen des Schwäbischen Reichskreises in die Beratungen eingebracht hatte, vgl. Laufs: Der Schwäbische Kreis (Anm. 25), S. 271– 296.

1 Grundzüge der verfassungsrechtlichen Entwicklung der Reichskreisverfassung

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licher Seite anerkannt.⁸⁹ Der Kerngedanke der neuen Landfriedensordnung beruhte nach Johann Adam Kopp darauf, „daß wann ein Crayß oder Stand gegen den Land-Frieden bedränget, oder überzogen würde, solches die übrige Craysse, als eine Beleidigung der allgemeinen Ruhe und Sicherheit, folglich als ihre eigene Sache und Angelegenheit ansehen, und dem bedrängeten Crayß oder Stand […] zu Hülffe kommen sollten“.⁹⁰ Damit war eine Einbindung des Kaisers in die Landfriedenswahrung nicht mehr notwendig und zugleich die Grundlage für eine künftige engere Kooperation zwischen einzelnen Reichskreisen gelegt. Die Detailregelungen der Reichsexekutionsordnung müssen an dieser Stelle nicht ausführlich dargestellt werden.⁹¹ Wichtig bleibt jedoch zu betonen, dass die Neuregelung des Landfriedens von 1555 der Kreisverfassung des Reiches einen immensen Entwicklungsschub brachte und die verfassungsmäßigen Kompetenzen der Reichskreise in der Reichsexekutive deutlich aufwertete.⁹² Nach Winfried Dotzauer spricht sogar vieles dafür, „den Reichskreisen erst seit diesem Jahr eine individuelle Ausbildung im Verständnis von Körperschaften, Korporationen oder Hoheitsträgern zuzusprechen.“⁹³ Tatsächlich hatten die meisten Reichskreise vor 1555 über keine beständigen Einrichtungen verfügt und ihre Kreisämter nur temporär zur Erfüllung einer konkreten Aufgabe besetzt. Unter diesem Aspekt brachte die Reichsexekutionsordnung der Kreisverfassung einen entscheidenden Entwicklungsimpuls: Die Reichsexekutionsordnung konnte nur dann auf die Dauer erfolgreich im Reich implementiert werden, wenn in den einzelnen Kreisen die dazu nötigen Institutionen und Ämter fortan kontinuierlich besetzt und arbeitsfähig gehalten wurden. Da von reichsständischer Seite ein lebhaftes Eigeninteresse an einem langfristigen Bestand der 1555 aufgerichteten  Vgl. Heinz Angermeier: Die Reichsreform 1410 – 1555. Die Staatsproblematik in Deutschland zwischen Mittelalter und Gegenwart. München 1984, S. 317 f.; Mohnhaupt: Die verfassungsrechtliche Einordnung der Reichskreise in die Reichsorganisation (Anm. 56), hier insbesondere S. 9; ferner zur Reichsexekutionsordnung Viktor Ernst: Die Entstehung der Exekutionsordnung von 1555, in: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte N. F. 10 (1901), S. 1– 110; Alfred Kohler: Die Sicherung des Landfriedens im Reich. Das Ringen um eine Exekutionsordnung des Landfriedens 1554/55, in: MIÖG 24 (1971), S. 140 – 168.  Zitat nach Johann Adam Kopp: Gründliche Abhandlung von der Association derer vordern Reichs-Craysse. Frankfurt am Main 1739, S. 56 f.  Auf die Bedeutung der Reichsexekutionsordnung für die Entwicklung des reichsständischen Bündniswesens und die Ausdifferenzierung der militärischen Kompetenzen der Reichskreise wird in Kap. 2.2, „Kreisobristen und Kreiskriegsräte“ und zum Eingang des 2. Hauptkapitels „Reichskreise als Basis und Bündnispartner militärischer Bünde“ näher eingegangen.  Vgl. Angermeier: Die Reichsreform 1410 – 1555 (Anm. 89), S. 317 f.; Mohnhaupt: Die verfassungsrechtliche Einordnung der Reichskreise in die Reichsorganisation (Anm. 56), hier insbesondere S. 9.  Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 45.

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Institutionelle und normative Grundlagen

Ordnung im Reich genauso bestand, wie an einer tatsächlich funktionstüchtigen Landfriedenssicherung, konnten die Neuerungen in den meisten Reichskreisen auch erfolgreich eingeführt werden. Freilich führten ungeklärte administrative Arbeitsabläufe, verschiedene Rangstreitigkeiten und bisweilen auch finanzielle Probleme in manchen Reichskreisen zu teilweise längeren Verzögerungen in der praktischen Umsetzung der Beschlüsse von 1555.⁹⁴ Nur in den beiden völlig von Habsburg dominierten Kreisen Burgund und Österreich unterblieb die Ausbildung eigener Reichskreisinstitutionen, da hier das Herrscherhaus alle den Kreisen zustehenden Kompetenzen bereits auf sich vereinte.⁹⁵ Das Gegenbild boten wiederum der Schwäbische und der Fränkische Kreis, die schon mindestens ein Jahrzehnt vor Erlass der Reichsexekutionsordnung dauerhaft arbeitsfähige Kreisorganisationen ausgebildet hatten, in denen sich nach 1555 ein noch regeres institutionelles Eigenleben entwickelte.⁹⁶ In Schwaben verabschiedete ein Kreistag 1563 sogar eine eigene „Kreisverfassung“, die die verschiedensten Rechte und Pflichten des Reichskreises und seiner Amtsträger gegenüber dem Reich und den einzelnen schwäbischen Kreisständen und alle auf Reichstagen und Kreistagen diesbezüglich erlassenen Regelungen festhielt.⁹⁷ Der Fränkische Reichskreis demonstrierte seine Funktionstüchtigkeit und organisatorische Fortentwicklung in jenen Jahren unter anderem durch den Erlass einer „Kreispoliceyordnung“ und etablierte mit den beiden Nachbarkreisen Bayern und Schwa-

 So benötigte die Umsetzung im Bayerischen Reichskreis etwa fünf Jahre, vgl. Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 312– 319.  Völlig bedeutungslos blieb die Kreisverfassung aber selbst in den beiden habsburgischen Reichskreisen nicht, vgl. dazu allgemein Mally: Der österreichische Kreis in der Exekutionsordnung des römisch-deutschen Reiches (Anm. 25).  Für die Frühphase der institutionellen Entwicklung des Schwäbischen und Fränkischen Kreises vgl. Laufs: Der Schwäbische Kreis (Anm. 25), S. 213 – 270; Langwerth von Simmern: Die Kreisverfassung Maximilians I. und der schwäbische Reichskreis in ihrer rechtsgeschichtlichen Entwicklung bis zum Jahre 1648 (Anm. 11), S. 62– 140; Bernhard Ebneth/Rudolf Endres: Der Fränkische Reichskreis im 16. und 17. Jahrhundert, in: Regionen in der frühen Neuzeit. Reichskreise im deutschen Raum, Provinzen in Frankreich, Regionen unter polnischer Oberhoheit: ein Vergleich ihrer Strukturen, Funktionen und ihrer Bedeutung, hrsg. v. Peter Claus Hartmann (ZHF Beiheft, 17). Berlin 1994, S. 41– 59, hier S. 41– 45, sowie allgemein die auf die Jahre 1521 bis 1559 fokussierte Arbeit von Hartung: Geschichte des fränkischen Kreises (Anm. 12).  Die schwäbische Kreisverfassung von 1563 ist ediert bei Moser: Sammlung des Heil. Römischen Reichs sämtlicher Crays-Abschiede und anderer Schlüsse (Anm. 62), Bd. 1, S. 173 – 299. Zu ihrem Entstehungsprozess und ihrem Inhalt vgl. Laufs: Der Schwäbische Kreis (Anm. 25), S. 325 – 348.

1 Grundzüge der verfassungsrechtlichen Entwicklung der Reichskreisverfassung

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ben eine enge und kontinuierliche Kooperation im Münzwesen mit gemeinsam ausgerichteten Münzprobationstagen.⁹⁸ Dieser fortgesetzte institutionengestützte Ausbau einzelner Kreisorganisationen erhielt zwischen 1559 und 1571 noch bedeutende Impulse von der Reichsebene. Von besonderer Bedeutung für die weitere Entwicklung der Reichskreise waren dabei insbesondere der Erlass der Reichsmünzordnung von 1559 und ihre späteren Modifikationen, die die Kompetenzen der Reichskreise im Münzwesen nochmals entscheidend erweiterten, sowie mehrere Novellierungen der Reichsexekutionsordnung in den Jahren 1564 bis 1567 und 1570/71, die die militärischen Ämter der Kreise aufwerteten und deren Exekutivbefugnisse stärkten.⁹⁹ Nach 1571 verlor die verfassungsrechtliche Ausdifferenzierung der Kreisverfassung des Reiches jedoch an Dynamik.Weitergehende Pläne des kaiserlichen Rats Lazarus von Schwendi, die eine erneute Umgestaltung der Kreisverfassung zugunsten einer festen Einbindung der Reichskreise in eine neue Reichsverteidigungsorganisation mit zentralistischen Elementen vorgesehen hatten, konnten gegen reichsständischen Widerstand nicht mehr verwirklicht werden.¹⁰⁰ Das vorläufige Ende der lange Jahre dynamischen Fortentwicklung der Kreisverfassung war wohl nur zum Teil den gegen Ende des 16. Jahrhunderts zunehmenden konfessionellen Spannungen im Reich geschuldet. Sicherlich spielte in einigen Reichskreisen auch ein latentes Autonomiestreben von reichsfürstlicher Seite eine gewichtige Rolle. Viele Reichsstände zeigten auf Reichs- und Kreistagen so lange ein Interesse an der Fortentwicklung der Kreisorganisation, wie sich diese zur Sicherung und Steigerung ihrer eigenen Landesgewalt als dienlich erwies. Eine ihre „Libertät“ gefährdende „Herrschaft über der Herrschaft“ wollten sie jedoch nicht etablieren helfen, wodurch den weiteren Entwicklungsmöglichkeiten der Reichskreise wiederum gewisse Grenzen gesetzt waren.¹⁰¹

 Vgl. Schulze: Die Rolle der oberdeutschen Reichskreise und der Reichsgerichte bei der Bekämpfung der Kipper- und Wipperkrise 1618 – 1626 (Anm. 51), S. 104 f.  Vgl. Maximilian Lanzinner: Friedenssicherung und politische Einheit des Reiches unter Kaiser Maximilian II. (1564– 1576) (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 45). Göttingen 1993, hier insbesondere S. 233 – 237, 343 – 350, 426 – 429; ders.: Friedenssicherung und Zentralisierung der Reichsgewalt. Ein Reformversuch auf dem Reichstag von Speyer 1570, in: ZHF 12 (1985), S. 287– 310.  Vgl. Lanzinner: Friedenssicherung und politische Einheit des Reiches unter Kaiser Maximilian II. (1564– 1576) (Anm. 99), S. 294– 372; Roman Schnur: Lazarus Schwendi (1522– 1583). Ein unerledigtes Thema der historischen Forschung, in: ZHF 14 (1987), S. 27– 46.  Vgl. Lanzinner: Friedenssicherung und politische Einheit des Reiches unter Kaiser Maximilian II. (1564– 1576) (Anm. 99), S. 514– 516; Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 47 f. Ein Sammelband von Wolfgang Wüst widmete sich der Reichskreisthematik bereits ausdrücklich unter der Leitfrage „Reichskreis und Territorium. Die Herrschaft über

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Institutionelle und normative Grundlagen

2 Grundlegende Kreisinstitutionen und ihre Ausdifferenzierung in den einzelnen Reichskreisen bis 1618 Um die reichsgesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben erfüllen zu können, bedurfte es einer institutionellen Ausgestaltung der Kreisorganisation innerhalb der einzelnen Reichskreise. Diese Institutionalisierungsprozesse brachten im Laufe des 16. Jahrhunderts verschiedene Ämter und Einrichtungen hervor, die im Folgenden vorgestellt werden sollen. In ihren Aufgaben deckten die Kreisämter administrative Funktionen (Kreisausschreiber, Kreisdirektoren), militärische Zuständigkeiten (Kreisobrist, Kriegsräte) sowie finanz- und münzpolitische Tätigkeiten (Kreiskassen und Kreiseinnehmer, Münzwardeine) ab. Ein kurzer Überblick kann an dieser Stelle genügen, für Details wird auf die entsprechenden Grundlagenwerke verwiesen.¹⁰²

2.1 Kreisausschreibende Fürsten und Kreisdirektoren Das wichtigste Amt zur Sicherstellung der Funktionstüchtigkeit eines Reichskreises war das des Kreisausschreibenden Fürsten.¹⁰³ Die Kreisausschreibenden Fürsten beriefen Kreistage ein, legten deren vorläufige Tagesordnung fest und übernahmen den gesamten Schriftverkehr, der in Kreisangelegenheiten abseits von Kreistagen anfiel. Dazu gehörte auch die Sammlung verschiedenster kreispolitisch relevanter Anliegen der Kreisstände ihres jeweiligen Reichskreises, um diese auf dem nächsten Kreistag verhandeln zu lassen. Zugleich repräsentierten die Kreisausschreiber ihren Reichskreis auch gegenüber Auswärtigen, etwa kreisfremden Reichsständen, dem Kaiser oder anderen Reichskreisen, für die sie als erste Ansprechpartner in Kreisangelegenheiten fungierten. Teilweise wurden derartige Korrespondenzbeziehungen auch im Rahmen der Reichsexekutionsordnung fest vorgeschrieben. Ebenso fiel die Publikation von Reichstagsbeschlüssen und kaiserlichen Mandaten gegenüber den

der Herrschaft?“. Der Band enthält allerdings keinen gesonderten Beitrag zur verfassungsrechtlichen Entwicklung der Reichskreise im späten 16. Jahrhundert: Wüst/Pfister (Hrsg.): Reichskreis und Territorium (Anm. 31).  Immer noch in seiner Detailfülle bis heute unübertroffen Moser: Von der Teutschen CraysVerfassung (Anm. 60), hier insbesondere S. 164– 253. Aus der jüngeren Forschungsliteratur grundlegend Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), hier zur allgemeinen institutionellen Entwicklung der Reichskreise insbesondere S. 33 – 50.  Vgl. Moser: Von der Teutschen Crays-Verfassung (Anm. 60), S. 171– 244; Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 46 – 48.

2 Grundlegende Kreisinstitutionen und ihre Ausdifferenzierung

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Ständen eines jeden Reichskreises unter die Amtspflichten der Kreisausschreibenden Fürsten. Daneben entwickelte sich zwischen einigen Reichskreisen eine beständige, fest institutionalisierte „Korrespondenz“ über Reichs- und Kreisangelegenheiten auf Ebene der Kreisausschreibenden Fürsten. Dazu gehörte etwa der Austausch von Kreistagsabschieden inklusive ihrer Beilagen und Kopien verschiedener Korrespondenzen von reichs- und kreispolitischer Relevanz. In Kriegszeiten traten oft auch Benachrichtigungen über Heeresbewegungen, Einquartierungen und andere für die öffentliche Sicherheit im Reich und den jeweiligen Kreisen bedeutsame Vorgänge hinzu. Ein besonders intensiver kreisübergreifender Informationsfluss auf der Ebene Kreisausschreibender Fürsten lässt sich vor allem für den Fränkischen und Schwäbischen Reichskreis konstatieren.¹⁰⁴ In gewissen Abschnitten des Dreißigjährigen Krieges stellte sich jedoch auch zwischen dem Fränkischen und Obersächsischen, dem Obersächsischen und Niedersächsischen, sowie dem Niederrheinisch-Westfälischen und Kurrheinischen Reichskreis ein ausgesprochen reger Informationsaustausch ein.¹⁰⁵ In den sechs „älteren“ Kreisen – also jenen Reichskreisen, deren Errichtung bereits der Augsburger Reichsabschied des Jahres 1500 beschlossen hatte – übten stets ein geistlicher und ein weltlicher Reichsfürst das Kreisausschreibeamt gemeinsam aus, wobei es sich in der Regel um die jeweils ranghöchsten und einflussreichsten Fürsten ihres Standes innerhalb des Reichskreises handelte. Die Ämter wurden so bereits während der Herrschaft Kaiser Karls V. gewohnheitsrechtlich fest mit bestimmten Kreisständen verbunden und damit zumindest in weltlichen Territorien faktisch erblich.¹⁰⁶ Die fortschreitende Konfessionalisierung führte schließlich in vier der sechs alten Reichskreise zu einer paritätischen Verteilung der Kreisausschreibeämter, da sich in der Mehrzahl der weltlichen Reichsfürstentümer protestantische Bekenntnisse durchsetzten, während sich in vielen geistlichen Territorien letztlich doch die katholische Konfessionalisie-

 Zeitweise tauschten die Kreisausschreibenden Fürstenhöfe von Bamberg, Kulmbach, Stuttgart und Meersburg in etwa wöchentlich Nachrichten in Reichs- und Kreisangelegenheiten aus. Beispiele biete u. a. HStASt: C 9 Bü. 218, Beilagen A, B, C, Markgraf Christian von Kulmbach an Herzog Johann Friedrich von Württemberg, Plassenburg, 10. Mai 1623 (alter Stil), unfol; HStASt: C 9 Bü. 223, Nr. 6, Markgraf Christian von Kulmbach an Herzog Julius Friedrich von Württemberg, Bayreuth, 22 .April (alter Stil), unfol.; vgl. ferner Moser: Von der Teutschen Crays-Verfassung (Anm. 60), S. 283 – 285.  Vgl. hierzu die Beispiele in den Kapiteln I.2.3 „Getrennte Wege: Von den gescheiterten Bündnisgesuchen an den Obersächsischen Reichskreis bis zum militärischen Zusammenbruch“ sowie II.1.3 „Die Kreisassoziationsverhandlungen mit dem Kurrheinischen und dem Oberrheinischen Reichskreis im Jahr 1643“ im zweiten Hauptkapitel dieser Studie.  Vgl. ebd., S. 184– 187.

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Institutionelle und normative Grundlagen

rung behaupten konnte.¹⁰⁷ Nur im Bayerischen Kreis blieben beide Kreisausschreiber katholisch, während dem Niedersächsischen Kreis nach der Reformation im Erzstift Magdeburg zwei Lutheraner vorstanden.¹⁰⁸ In den vier „jüngeren“ Reichskreisen, die erst 1512 eingerichtet wurden, konzentrierte sich das Kreisausschreibeamt nur auf einen Reichsfürsten. Dies betraf den Obersächsischen, den Kurrheinischen, den Österreichischen und den Burgundischen Kreis.¹⁰⁹ Nicht gleichzusetzen mit dem Kreisausschreibeamt war das Amt des Kreisdirektors, auch wenn ein Kreisdirektor stets auch das Amt eines Kreisausschreibenden Fürsten innehatte.¹¹⁰ Mit dem Kreisdirektorium verbanden sich der Vorsitz und die organisatorische Leitung der Kreistage, wozu in erster Linie die Verlesung der Proposition, die Moderation der Umfragen und die Erstellung der Beschlussvorlagen gehörten.¹¹¹ In der Praxis relevant wurde die Unterscheidung zwischen dem Kreisausschreibe- und dem Kreisdirektorenamt freilich nur in den „älteren“ sechs Reichskreisen mit ihren jeweils zwei Kreisausschreibenden Fürsten. In den meisten dieser Kreise gab das Direktorium und die mit ihm ver-

 Dies war der Fall in Franken, Schwaben, dem Oberrhein und Niederrhein-Westfalen. Für die Zeit des Dreißigjährigen Krieges entfiel das Kreisausschreibeamt in den vier aufgeführten Kreisen auf folgende Kreisstände: 1. Bischof von Bamberg und Markgraf von Kulmbach-Bayreuth im Fränkischen Kreis. 2. Bischof von Konstanz und Herzog von Württemberg im Schwäbischen Kreis. 3. Bischof von Worms und Kurfürst von der Pfalz als Pfalzgraf von Simmern bzw. Sponheim im Oberrheinischen Kreis. 4. Kurfürst von Köln als Bischof von Münster und Herzog von Pfalz-Neuburg als „possedierender Fürst“ des Herzogtums Jülich-Berg.  Für die Zeit des Dreißigjährigen Krieges entfiel das Kreisausschreibeamt in diesen beiden Reichskreisen auf folgende Kreisstände: 1. Erzbischof von Salzburg und Herzog bzw. Kurfürst von Bayern im Bayerischen Reichskreis. 2. Erzbischof bzw. Administrator von Magdeburg und Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, ab 1635 Braunschweig-Celle im Niedersächsischen Kreis.  Im Kurrheinischen Kreis wurde das Amt von Kurmainz bekleidet, im Obersächsischen von Kursachsen. Im Burgundischen Kreis und im Österreichischen Kreis hatte das Amt im Dreißigjährigen Krieg kaum praktische Bedeutung, vgl. grundsätzlich Anton Karl Mally: Der Österreichische Reichskreis. Seine Bedeutung für die habsburgischen Erbländer, für Brixen, Trient und die anderen Kreismitstände, in: Reichskreis und Territorium (Anm. 31), S. 313 – 334.  Johann Jakob Moser war sich im späten 18. Jahrhundert über die eindeutige Trennung des Kreisausschreibeamts vom Kreisdirektorium bereits nicht mehr sicher. Für das 16. und frühe 17. Jahrhundert ist die Unterscheidung aber noch eindeutig gegeben. Vgl. Moser: Von der Teutschen Crays-Verfassung (Anm. 60), S. 187 f.; zur reichsrechtlichen Situation im 16./17. Jahrhundert und den von Mosers Interpretation abweichenden Forschungsmeinungen Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 85.  Vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 43 f.; Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 85.

2 Grundlegende Kreisinstitutionen und ihre Ausdifferenzierung

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bundenen Rechte immer wieder Anlass für langanhaltende Dispute, die teilweise noch im 18. Jahrhundert zu Neuregelungen der Direktorialrechte in einzelnen Reichskreisen führten.¹¹² In der Epoche des Dreißigjährigen Kriegs beeinträchtigten derlei Streitigkeiten die Funktionalität der Kreisausschreibe- und Direktorialämter in den meisten Reichskreisen aber nur in wenigen Fällen. In Franken konnte der Bamberger Bischof das Direktorenamt dauerhaft an sich ziehen, in Schwaben der Herzog von Württemberg, am Oberrhein der Bischof von Worms.¹¹³ Im Niedersächsischen Reichskreis beanspruchte Magdeburg ein entsprechendes Vorrecht auf den niedersächsischen Kreistagen bis zum Westfälischen Frieden.¹¹⁴ Im Bayerischen Kreis wurde hingegen noch im 16. Jahrhundert eine Alternation des Direktoriums zwischen Salzburg und dem Herzogtum Bayern von Kreistag zu Kreistag festgelegt, die auch während des Dreißigjährigen Kriegs beachtet wurde.¹¹⁵ Nur im Niederrheinisch-Westfälischen Kreis blieben die Direktorialrechte in der gesamten ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts umstritten, da sie in Zusammenhang mit der jahrzehntelang reichsrechtlich offen gehaltenen Erbfolgefrage für Jülich-Kleve-Berg standen.¹¹⁶ Dies führte während des Dreißigjährigen Kriegs zeitweise zu der paradoxen Situation, dass der Bischof von Münster als alleiniger von allen niederrheinisch-westfälischen Kreisständen anerkannter Kreisausschreiber die Stellung eines Kreisdirektors wahrnehmen konnte, obwohl sich die bedeutendsten administrativen Einrichtungen der niederrheinisch-westfälischen Kreisorganisation noch in Düsseldorf, der alten Re-

 Die Direktorialrechte im Niedersächsischen Kreis wurden zuletzt 1714 zwischen Brandenburg-Preußen (für Magdeburg) und Hannover (Braunschweig-Calenberg) umfassend neu geregelt, vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 45 f.  Vgl. allgemein Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 83; ausführlicher Sicken: Der fränkische Reichskreis (Anm. 25), hier u. a. S. 179 – 225; Vgl. zu späteren Direktorialstreitigkeiten Bambergs mit den fränkischen Markgrafen ders.: Leitungsfunktionen des Fränkischen Kreises im Aufklärungszeitalter. Zwischen Standesvorzug und Sachkompetenz, in: Reichskreis und Territorium (Anm. 31), S. 251– 278, hier S. 254– 261. Zur Kreisämterverteilung im Schwäbischen Kreis vgl. vor allem Storm: Der Schwäbische Kreis als Feldherr (Anm. 26), S. 154– 164, 177– 182; zur Situation im Oberrheinischen Kreis Konrad Amann: Der Oberrheinische Kreis im Wandel, in: Reichskreis und Territorium (Anm. 31), S. 335 – 350, hier S. 338 f.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren ˈFriedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 37.  Vgl. Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 84– 88.  Vgl. zum Kreisausschreibeamt im Niederrheinisch-Westfälischen Kreis allgemein Schneider: Der Niederrheinisch-Westfälische Kreis im 16. Jahrhundert (Anm. 29), S. 85 – 89, zu den Folgen der offenen Erbfolge für die Kreisämter Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 163 f.; Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 76 f.

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sidenzstadt von Jülich-Berg, befanden.¹¹⁷ Dazu gehörten die Kreiskanzlei und das Kreisarchiv. Diese beiden Kreisinstitutionen existierten mit Ausnahme Österreichs und Burgunds auch in allen anderen Reichskreisen und waren üblicherweise am Hof des Kreisdirektors angesiedelt.¹¹⁸ Im Bayerischen Reichskreis mit seinem alternierenden Direktorium zwischen (Kur‐)Bayern und dem Erzstift Salzburg nahmen stets abwechselnd bayerische oder salzburgische Hofbedienstete Kreiskanzleidienste wahr, wodurch sowohl in München als auch in Salzburg Kreisarchive entstanden.¹¹⁹ Daneben bestand noch als weitere dauerhaft besetzte Institution eines jeden Reichskreises eine von Kreiseinnehmern geführte Kreiskasse, die Kreissteuern und gelegentlich auch Reichssteuern entgegennahm. Sie befand sich in den meisten Reichskreisen allerdings nicht am Hof eines Kreisausschreibers oder Kreisdirektors, sondern in einer der für den Geldhandel in dem jeweiligen Reichskreis bedeutsamsten Städte. So etablierten sich Kreiskassen unter anderem in Nürnberg, Ulm, Regensburg, Frankfurt am Main, Leipzig, Braunschweig und Köln, vorübergehend auch in München und Worms.¹²⁰ Am wichtigsten Finanzplatz des Reiches zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs, der Reichsstadt Augsburg, befand sich hingegen keine Kreis-, wohl aber eine Reichskasse.¹²¹ Auf die ebenfalls großteils fernab der Höfe der Kreisausschreibenden Fürsten tätigen Kreisbediensteten mit Tätigkeiten in der Münzaufsicht wird noch gesondert einzugehen sein.¹²²

2.2 Kreisobristen und Kreiskriegsräte Neben den „zivilen“, primär administrativen Kreisämtern entwickelte sich schon im frühen 16. Jahrhundert auch ein militärisches Führungsamt. Seit 1521 gab es das Amt eines „Kreishauptmanns“, der ab der Mitte des 16. Jahrhunderts ohne Mitwirkung des Kaisers von den Kreisständen eines jeden Reichskreises auf Le-

 Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 163.  Vgl. Moser: Von der Teutschen Crays-Verfassung (Anm. 60), S. 244– 253.  Vgl. Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 206 f.  Vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 48. Im Bayerischen Kreis wurde die Kreiskasse im Lauf des späteren 17. Jahrhunderts dauerhaft nach München verlagert, vgl. Moser: Von der Teutschen Crays-Verfassung (Anm. 60), S. 250.  Vgl. Kap. I.2, „Der Augsburger und Leipziger Reichspfennigmeister und der Reichsfiskal in Speyer“.  Vgl. Kap. 2.4, „Münzprobationstage“.

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benszeit gewählt wurde.¹²³ Dem Amtsinhaber stand der militärische Oberbefehl über alle militärischen Kräfte zu, die von einem Reichskreis etwa zur Landfriedenswahrung in Dienst gestellt wurden. Ferner oblag dem Kreishauptmann die Exekution von Reichsgesetzen und die Vollstreckung von Reichskammergerichtsurteilen. Für beides bedurfte es nicht selten eines gewissen militärischen Drohpotenzials. In der Reichsexekutionsordnung von 1555 wurden die militärischen Kompetenzen der Reichskreise und der Kreishauptmänner, die nun erstmals „Kreisobristen“ tituliert wurden, gesammelt aufgezählt und teilweise ausgeweitet. Damit zeichneten die Reichskreise und mit ihnen die Kreisobristen fortan auch unabhängig vom Kaiser für die Landfriedenswahrung im Reich verantwortlich. Zudem mussten Söldnerwerbungen und Heeresdurchzüge innerhalb eines Reichskreises von nun an stets dem Kreisobristen gemeldet werden, der für die Sicherheit der übrigen Kreisstände Sorge zu tragen hatte.¹²⁴ Um dem Kreisobristen eine gewisse Kontroll- und Beratungsinstanz zur Seite zu stellen, sah die Reichsexekutionsordnung auch die Ernennung eines „Nachgeordneten“ als Stellvertreter des Kreisobristen vor. Ebenso sollten in jedem Reichskreis meist vier „Zugeordnete“ oder „Kriegsräte“ gewählt werden, „mit denen der Craysoberste, oder dessen Nachgeordneter, in allen wichtigen Vorfallenheiten communiciren muß, und darinn nicht anderst, als nach ihrem Gutbefinden, verfahren kan“.¹²⁵ Die Absprachen zwischen Kreisobristen und den Nach- und Zugeordneten erfolgten meist auf dem schriftlichen Weg, in größeren militärischen Bedrohungsfällen auch über gemeinsame Tagungen, den sogenannten „Kreiskriegsräten“ oder „Zugeordnetentagen“.¹²⁶ In der politisch-militärischen Praxis trafen Kreisobristen allerdings oftmals ihre Entscheidungen ohne die vorherige Konsultation von Nach- und Zugeord-

 Vgl. für Folgendes Moser: Von der Teutschen Crays-Verfassung (Anm. 60); Moser: Von der Teutschen Crays-Verfassung (Anm. 60), S. 452– 454; Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 48 – 50; Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 88 – 90; Storm: Der Schwäbische Kreis als Feldherr (Anm. 26), S. 154– 158.  Zu den diversen Rechten und Amtspflichten der Kreisobristen vgl. §§ 56 – 79 der Reichsexekutionsordnung von 1555. Die Regelungen finden sich in Auszügen ediert bei Hanns Hubert Hofmann (Hrsg.): Quellen zum Verfassungsorganismus des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation 1495 – 1815 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte der Neuzeit, 13). Darmstadt 1976, S. 113 – 116.  So die Formulierung bei Moser: Von der Teutschen Crays-Verfassung (Anm. 60), S. 453; vgl. ferner Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 59; Schneider: Der Niederrheinisch-Westfälische Kreis im 16. Jahrhundert (Anm. 29), S. 170 f.  Vgl. Sicken: Der fränkische Reichskreis (Anm. 25), S. 237– 240; Schneider: Der Niederrheinisch-Westfälische Kreis im 16. Jahrhundert (Anm. 29), S. 257.

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neten, insbesondere in Kriegsfällen.¹²⁷ Diese Gefahr bestand vor allem in denjenigen Reichskreisen, in denen besonders hochrangige und mächtige Kreisstände in das Kreisobristenamt gelangten, was ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in immer mehr Kreisen der Fall war. Dies galt auch für die Epoche des Dreißigjährigen Kriegs. So bekleidete etwa im Bayerischen Reichskreis Herzog, später Kurfürst Maximilian von Bayern das Kreisobristenamt, im Obersächsischen Reichskreis Kurfürst Johann Georg von Sachsen¹²⁸ und im Fränkischen Kreis der Markgraf Christian von Kulmbach.¹²⁹ In allen drei Fällen handelte es sich jeweils um den militärisch potentesten Kreisstand. Allen drei Fürsten war auch gemein, dass sie die gesamte Dauer des Kriegs von 1618 bis 1648 ihr Kreisobristenamt ausübten und das militärische Geschehen in ihren jeweiligen Reichskreisen somit über drei Jahrzehnte prägen konnten. Dagegen wurden die Kreisobristenämter im Österreichischen und Burgundischen Kreis prinzipiell nicht besetzt. In den drei rheinischen Reichskreisen blieben die Kreisobristenstellen in Folge konfessioneller Konflikte und Erbstreitigkeiten während des gesamten Kriegs ebenfalls vakant. Im Falle des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises nahmen allerdings zeitweise Kreisgeneräle die Tätigkeit eines Kreisobristen wahr.¹³⁰ Im Schwäbischen und Niedersächsischen Reichskreis blieben die Kreisobristenämter während des Kriegs in Folge von Rücktritt oder Tod des Amtsinhabers zeitweise ebenfalls unbesetzt.¹³¹

 Vgl. Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 89.  Die Wahl Johann Georgs zum Kreisobristen wurde 1612 auf einem Münzprobationstag in Frankfurt an der Oder vorgenommen, die Vereidigung fand 1615 ebenfalls auf einem Münzprobationstag statt, vgl. Moser: Des hochloeblichen Ober-Saechsischen Crayses Abschide (Anm. 63), S. 177 f., S. 190.  Christian von Kulmbach ließ seine Wahl zum fränkischen Kreisobristen 1606 mit mehreren Gedenkmünzen feiern. Die Münzen werden beschrieben bei Johann Christoph Hirsch: Kurze Beleuchtung des Ursprungs und der Beschaffenheit des Creys-Obristen-Amts insgemein, und des Fränkischen insonderheit. Ansbach 1766, S. 35 f. Beispiele für spätere Gedenkmünzenprägungen fränkischer Kreisobristen aus dem 18. Jahrhundert bietet Rudolf Endres: Der Fränkische Reichskreis (Hefte zur bayerischen Geschichte und Kultur, Bd. 29). Augsburg 2003, S. 13.  Vgl. Kap. II.1.5, „Die Niederrheinisch-Westfälische Kreisarmee als Teil der Reichsarmeen bis zum Westfälischen Frieden“ im zweiten Hauptkapitel dieser Arbeit.  Vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 174; Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53) S. 365 – 369; Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 339 f.

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2.3 Kreistage Von herausragender Bedeutung für die Funktionsfähigkeit eines Reichskreises waren die Kreistage.¹³² Moser definiert sie wie folgt: „Ein Craystag, Craysconvent, oder Craysversammlung, ist eine Zusammenkunfft derer in einem Crays Siz und Stimme habender Stände, um sich mit einander über die gemeinschafftliche Angelegenheiten des Crayses zu besprechen, und einen Schluß darinn zu fassen.“¹³³ Die Kreistage waren in ihrer Organisation dem Reichstag in vielerlei Hinsicht nachgebaut. Es handelte sich um Gesandtenkongresse, persönlich anwesende Fürsten und Stände waren im 17. Jahrhundert schon die Ausnahme.¹³⁴ Wie Mosers Definition bereits hervorhebt, konnte der Kreistag von jedem in dem jeweiligen Reichskreis über die Kreisstandschaft verfügenden Stand beschickt werden, wobei die meisten Kreisstände auch die Reichsstandschaft besaßen. Die Anzahl der Kreisstände variierte zwischen den Reichskreisen sehr stark, angefangen vom Burgundischen Kreis mit nur einem einzigen Stand, über den Bayerischen und Fränkischen Kreis mit 18 und 24 Kreisständen bis hin zum „vielherrigen“ Schwäbischen Kreis mit etwa 100 Mitgliedern im 17. Jahrhundert.¹³⁵ In Folge diverser Kriegsereignisse veränderte sich die Mitgliederstruktur mancher Reichskreise allerdings in der Epoche des Dreißigjährigen Kriegs zeitweise dramatisch,

 Grundlegende Definitionen über die Zusammensetzung und das Aufgabenprofil von Kreistagen finden sich mittlerweile in fast jeder neueren Abhandlung zur frühneuzeitlichen Reichsgeschichte. Besonders ausführlich ist Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 41– 45; konzise Aretin: Das Alte Reich 1648 – 1806 (Anm. 18), hier Bd. 1, Föderalistische oder hierarchische Ordnung 1648 – 1684, S. 152 f.; Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 90 – 92. An Detailgenauigkeit unübertroffen bleibt jedoch Moser:Von der Teutschen Crays-Verfassung (Anm. 60), S. 303 – 427.  Zitat nach ebd., S. 306.  Aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs lassen sich allerdings etliche Fälle nachweisen, in denen kreisständische Fürsten und Stände bei Kreistagen oder Münzprobationstagen persönlich anwesend waren, ihre Stimmen im Kreistagsplenum aber von Gesandten führen ließen. Besonders oft kam dies im Niedersächsischen Kreis vor, insbesondere im für diesen Reichskreis entscheidenden Kriegsjahr 1625, vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 148. Vgl. ferner die Ausführung in Kap. „(I.) 2.1 Neutralität und „Conjunction“. Die Bemühungen des Niedersächsischen Reichskreises um ein Reichskreisbündnis zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs“ im zweiten Hauptkapitel dieser Arbeit.  Die Zahlenangaben gemäß Aretin: Das Alte Reich 1648 – 1806 (Anm. 18), hier Bd. 1, Föderalistische oder hierarchische Ordnung 1648 – 1684, S. 152 f. Ausführlich zur Mitgliederstruktur und Mitgliederentwicklung eines jeden Reichskreises: Moser:Von der Teutschen Crays-Verfassung (Anm. 60), S. 57– 167.

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um sich dann gegen Ende des Krieges wieder meist den Verhältnissen der Vorkriegszeit anzunähern.¹³⁶ An den meisten Kreistagen etablierte sich eine Bänkeunterteilung, die aber nur bedingt mit jenen drei Kurien verglichen werden kann, die der Reichstag kannte. So teilten sich die bayerischen Kreisstände in zwei Bänke, eine weltliche und eine geistliche Bank, während im Fränkischen, Oberrheinischen und Niederrheinisch-Westfälischen Kreis vier Bänke existierten, im Schwäbischen gar fünf. Keine Untergliederung kannten wiederum neben den beiden habsburgischen Kreisen auch der Ober- und Niedersächsische Kreis und der Kurrhein.¹³⁷ Von Bedeutung war die Bänkestruktur vor allem dann, wenn einzelne Themen am Kreistag vor der eigentlichen Abstimmung im Plenum zuerst nach Bänken getrennt beraten wurden, was allerdings eher selten der Fall war. Wann eigene Beratungen nach Bänken oder den Bänken nachgebildeten Ausschüssen vorgenommen wurden, war letztlich stets eine Geschäftsordnungsfrage und konnte von Kreistag zu Kreistag variieren.¹³⁸ Der Regelfall waren jedoch meist Abstimmungen direkt im Plenum, in dem alle Kreisstände vertreten waren und in dem die Bänkeordnung nur eine untergeordnete Rolle spielte.¹³⁹ Im Gegensatz zum Reichstag besaß jeder Kreisstand eine Virilstimme, d. h. eine vollwertige Stimme, die in der Umfrage im Plenum gleich viel galt, unabhängig davon, welchen Rang und welches Territorium der einzelne Kreisstand besaß oder welcher Bank er zugeordnet war.¹⁴⁰ Zum Ende einer Umfrage wurde durch das Kreistagsdirektorium stets ein „Conclusum“ formuliert, ein Beschluss, der die Mehrheitsmeinung im Kreistag widerzuspiegeln hatte und in den späteren Kreisabschied eingefügt wurde.¹⁴¹ Der Kreisabschied selbst bildete das Schluss Tiefgreifende nichtkriegsbedingte Veränderungen erfuhr der Obersächsische Reichskreis. In ihm mussten zwischen 1618 und 1648 in Folge des Aussterbens der beiden Linien der Herzöge von Pommern sowie den Herzögen von Coburg-Eisenach gleich drei Kreistagsstimmen im Fürstenrang neu verteilt werden.  Der Fränkische Kreis war untergliedert in zwei Fürstenbänke (geistlich/weltlich), eine Grafen- und Herrenbank sowie eine Reichsstädtebank; vgl. Sicken: Der fränkische Reichskreis (Anm. 25), S. 27 f. Eine ähnliche Untergliederung kannte auch der Schwäbische Reichskreis, in dem den Prälaten noch eine fünfte Bank zuerkannt wurde, vgl. Storm: Der Schwäbische Kreis als Feldherr (Anm. 26), S. 148 – 150. Zur Bänkegliederung der übrigen Kreise vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 42; Moser:Von der Teutschen Crays-Verfassung (Anm. 60), S. 355 f.  Vgl. Storm: Der Schwäbische Kreis als Feldherr (Anm. 26), S. 129; Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 91 f.  Am Bayerischen Reichskreis äußerte sich die Bankeinteilung darin, dass in der Umfrage im Plenum stets ein geistlicher und ein weltlicher Kreisstand im Wechsel votierten, vgl. ebd., S. 249.  Vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 42.  Vgl. Moser: Von der Teutschen Crays-Verfassung (Anm. 60), S. 378 – 384.

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dokument eines Kreistags, das die gesammelten Beschlüsse der Versammlung enthielt und von allen Kreistagsgesandten unterzeichnet wurde.¹⁴² Wann und wie oft ein Kreistag überhaupt stattfand und welche Themen auf ihm beraten wurden, stand wiederum im Ermessen der Kreisausschreibenden Fürsten.¹⁴³ Die Beratungsgegenstände der Kreistage konnten ein sehr umfangreiches Spektrum enthalten. Peter Claus Hartmann hat sie, aufbauend auf Moser, wie folgt zusammengefasst: „Streitsachen einzelner Stände, Religion, spezielle Kreisangelegenheiten, Wahlen, Vorbereitung von Reichstagen, Vollziehung der Reichstagsbeschlüsse, Sicherheitsfragen des Reiches, Matrikularsachen, Reichssteuern, Reichskammergerichtsangelegenheiten, Beschwerden gegen die Reichsgerichte, Wahrnehmung von Garantien für Verträge und Vergleiche, Beziehungen zu anderen Staaten und Kreisen u. a.“¹⁴⁴

In dringenden Fällen, wie etwa in Krisenzeiten, beriefen Kreisausschreibende Fürsten oftmals keine allgemeinen Kreistage ein, sondern nur kleinere Kreisversammlungen, die schneller und einfacher zu organisieren waren als allgemeine Kreistage. Im Fränkischen Reichskreis etablierte sich die Bezeichnung „Engerer Konvent“, im Schwäbischen Reichskreis wurde daneben noch der Begriff „Ausschusstag“ gebräuchlich, während im Bayerischen Reichskreis meist von „Kreisadjunktentag“ die Rede war.¹⁴⁵ Die Teilnehmerzahl derartiger Versammlungen konnte variieren. Im Schwäbischen und Fränkischen Reichskreis wurde es allerdings üblich, dass zumindest die Vorsitzenden einer jeden Bank Vertreter entsandten.¹⁴⁶ Ob die Beschlüsse, die auf derartigen Konventen gefasst wurden, eine ähnliche Verbindlichkeit für den ganzen Reichskreis beanspruchen durften wie ein Kreisabschied eines allgemeinen Kreistags, war jedoch des Öfteren umstritten. Daher folgten „engeren Konventen“ oder „Kreisadjunktentagen“ nicht selten nach kurzer Zeit allgemeine Kreistage, um die Beschlüsse des vorangegangenen kleineren Konvents nochmals im Namen aller Kreisstände zu bestäti-

 Vgl. ebd., S. 405 – 415.  So heißt es bei Moser: „Die Bewegursachen, welche die Crays-Ausschreibende Fürsten zu Ansetzung eines Craystages veranlassen können, lassen sich auch unter keine gewisse genauere Regel bringen“, ebd., S. 315.  Zitat nach Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 205; vgl. ferner Moser: Von der Teutschen Crays-Verfassung (Anm. 60), S. 427– 443.  Vgl. ebd. S. 419 – 422.  Zur „Ordinarideputation“ des Schwäbischen Reichskreises und den „engeren Kreistagen“ dieses Kreises vgl. Storm: Der Schwäbische Kreis als Feldherr (Anm. 26), S. 141– 147. Zu anderen Reichskreisen vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 44 f.

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gen.¹⁴⁷ Darüber hinaus kam es im Schwäbischen Reichskreis in Folge einer seit Mitte des 16. Jahrhunderts bestehenden Untergliederung des Kreisgebiets in Kreisviertel gelegentlich dazu, dass sich auch nur die Kreisstände eines einzelnen Viertels zu einem Konvent zusammenfanden und Beschlüsse fassten. Diese konnten dann freilich nur Gültigkeit innerhalb des jeweiligen Kreisviertels beanspruchen.¹⁴⁸

2.4 Münzprobationstage Eine besondere Form von Kreistagen stellten die Münzprobationstage dar, die im Gegensatz zu allgemeinen Kreistagen in den meisten Reichskreisen in einem festen Turnus abgehalten wurden. Dies ging auf die Bestimmungen der Reichsmünzordnung von 1559 zurück, die den Reichskreisen die Aufsicht über das Münzwesen ihrer Kreisstände aufgetragen hatte.¹⁴⁹ Die Reichsmünzordnung enthielt eine Reihe an Regelungen zur Normierung sämtlicher im Reich geprägter und im Umlauf befindlicher Münzsorten und sah vor, dass in allen Reichskreisen nach Möglichkeit halbjährlich, mindestens aber einmal im Jahr sogenannte Münzprobationstage (zeitgenössisch oft nur „Probationstage“ genannt) abgehalten wurden, um die Einhaltung der Reichsmünzordnung zu überwachen und Verstöße zu ahnden.¹⁵⁰

 Vgl. Storm: Der Schwäbische Kreis als Feldherr (Anm. 26), S. 142 f.; Langwerth von Simmern: Die Kreisverfassung Maximilians I. und der schwäbische Reichskreis in ihrer rechtsgeschichtlichen Entwicklung bis zum Jahre 1648 (Anm. 11), S. 366.  Die Grenzen der schwäbischen Viertel orientierten sich wie folgt: Augsburger Viertel: zwischen Donau, Lech und Iller; Konstanzer Viertel: zwischen Iller, Bodensee/Rhein und Donau; Württembergisches Viertel: Zwischen Neckar, Donau und der Grenze zum Fränkischen Kreis; Badisches Viertel: zwischen Rhein, Neckar und dem Oberrheinischen Kreis. Die dementsprechenden Kreistagsbeschlüsse sind ediert bei Langwerth von Simmern, Kreisverfassung, S. 159 – 162. Zur Genese und politischen Bedeutung der Kreisviertel für die schwäbische Kreisorganisation vgl. Storm: Der Schwäbische Kreis als Feldherr (Anm. 26), S. 150 – 153.  Zu den Regelungen des Augsburger Reichsabschieds von 1559 zum Münzwesen vgl. Thomas Christmann: Das Bemühen von Kaiser und Reich um die Vereinheitlichung des Münzwesens. Zugleich ein Beitrag zum Rechtsetzungsverfahren im Heiligen Römischen Reich nach dem Westfälischen Frieden (Schriften zur Rechtsgeschichte, Heft 41). Berlin 1988, S. 67– 73.  Die Teilnahme an Probationstagen wurde für jeden das Münzprivileg wahrnehmenden Kreisstand zur Pflicht erklärt, nach dreimaligem Fehlen sollte ein Entzug des Münzrechts gegenüber dem entsprechenden Kreisstand möglich sein (§ 8 der Probationsordnung von 1559). Dafür wurde Abgeordnete zu Probationstagen stets freies Geleit zugesichert, selbst wenn ihre Herren mit dem den Probationstag ausrichtenden Stand in einem Konflikt stünden (§ 159 der Probationsordnung von 1559).

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Zu diesem Zweck hatte jeder Reichskreis auf Kosten seiner Mitglieder einen eigenen „Generalwardein“ in Dienst zu nehmen, dessen Aufgabe darin bestand, sämtliche Münzprägestätten in seinem Reichskreis durch regelmäßige Visitationsreisen zu überwachen und Münzproben einzusammeln. Die Gewichts- und Feingehaltsbestimmung dieser Münzen wurde dann nach einer fest vorgeschriebenen Prozedur auf den Münzprobationstagen vorgenommen und Arbeits- und Untersuchungsberichte des Generalwardeins den Kreisständen publik gemacht.¹⁵¹ Den Probationstagen stand es danach zu, für minderwertig befundene Münzsorten oder Fälschungen in Form von im ganzen Reichskreis öffentlich auszuhängenden Münzedikten zu verrufen und damit für ungültig zu erklären. Daneben konnten sie Wechselkurstabellen ausarbeiten, die mit ihrer Veröffentlichung Gültigkeit im gesamten Kreisgebiet beanspruchen durften.¹⁵² Ein Probationstag diente somit einerseits der kreisweiten Koordination münzpolitischer Maßnahmen, stellte andererseits aber auch jenes Forum dar, auf dem sämtliche Münzproduzenten des Kreises unter Leitung des Generalwardeins voreinander Rechenschaft abzulegen hatten. Nach 1559 setzte sich zudem die Regel durch, wonach alle Münzmeister und Wardeine im Dienst eines Kreisstands noch vor Beginn ihrer Tätigkeit einen Probationstag zu besuchen hatten, um sich dort dem Generalwardein und den Abgesandten der Kreisstände vorzustellen und einen Eid auf den Reichskreis und die Reichsmünzordnung abzulegen.¹⁵³

 Zur Tätigkeit eines Kreiswardeins/Generalwardeins vgl. Konrad Schneider: „Auss des Kauffmanns Säckel“ – Der oberrheinische Kreiswardein Wolf Krämer und seine Kommentare zum Geldwesen der Jahre 1605 – 1620, in: Der Wormsgau 19 (2000), S. 38 – 61. Interessante Einblicke bietet auch das aus dem frühen 18. Jahrhundert stammende Werk von Christian Carl Schindler: Der geheimde Münz Guardein und Berg Probierer/ Welcher zeiget und an Tag giebt alle geheime Hand=Griffe/ So bißhero sind verschwiegen und zurückgehalten worden. Frankfurt am Main 1705. Laut Probationsordnung von 1559 musste jedem Münzmeister, der die Tätigkeit ordnungsgemäß erlernt haben sollte, ein Wardein zur Seite gestellt werden, der ihn und seine Prägungen zu überwachen hatte. Münzmeister und Wardein hatten eine Eidesleistung auf ihren jeweiligen Reichskreis und die Reichsmünzordnung abzulegen (§§ 14 und 16 der Probationsordnung von 1559). Die dem Augsburger Reichsabschied inkorporierte Probationsordnung ist ediert bei Hirsch: Des Teutschen Reichs Münz-Archiv (Anm. 66), Bd. 1, S. 405 f.  Vgl. Konrad Schneider: Reichskreise und europäisierter Geldumlauf, in: Reichskreise und Regionen im frühmodernen Europa (Anm. 8), S. 283 – 301, hier 288.  Ein Beispiel bietet SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 09803/ 4. Anderes Buch, Münzsachen, „Des Müntzmeisters Eÿd“, fol. 27v.: „Ihr sollet gereden und geloben, Daß Ihr des Heiligen Reichs vnd dieses Ober Sächsischen Craißes Münz=Ordnung, so viel euch dieselbe berüret, fest vnd ernst halten, auch von euern gnedigsten und gnedigen herrn nicht weichen noch abscheiden wollet, es seÿen dann zuuron alle wergk, so ihr gemünzet habt, vf den gemeinen Probationstägen probirt, vnndt Ir mit gutem willen vonn eurerer herrschafft gevrlaubet, vnnd euerer gethanen Pflicht erlediget werdet“.

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Institutionelle und normative Grundlagen

Weitere Vereinheitlichungsbestrebungen auf Reichs- und Reichsdeputationstagen von 1566, 1570 und 1571 brachten noch weitergehende reichsrechtliche Festlegungen zum Münzwesen. So sollte es ab 1571 in jedem Reichskreis nur noch vier Münzprägestätten geben, in denen alle Kreisstände mit Münzregal ihre Prägungen vorzunehmen hatten, um die wechselseitige Kontrolle noch zu erhöhen.¹⁵⁴ Zum „Reformpaket“ von 1570/1 gehörte auch die Festschreibung einer Korrespondenzpflicht zwischen diversen Reichskreisen zur kreisübergreifenden Abstimmung münzpolitischer Maßnahmen, die entweder auf dem schriftlichen Weg oder über gemeinsame Probationstage mehrerer Reichskreise wahrgenommen werden sollte.¹⁵⁵ Hierzu wurde das Reich in drei regelrechte Währungszonen eingeteilt. Die erste derartige Kooperationszone bildeten die Reichskreise am Rhein, die zweite die beiden sächsischen Kreise und die dritte die Kreise Bayern, Schwaben, Franken und Österreich.¹⁵⁶ Zu diesem Zeitpunkt hatten Franken, Bayern und Schwaben die ersten gemeinsamen Probationstage aber schon längst hinter sich, denn Deputationen der drei Kreise waren bereits seit 1564 mehrfach in Nördlingen zusammengetreten.¹⁵⁷ Von nun an wechselten sich die Tagungsorte Nürnberg, Regensburg und Augsburg ab, nomineller Ausschreiber und Direktor dieser gemeinsamen oberdeutschen Probationstage wurde der Bamberger Bischof.¹⁵⁸ Österreich wurde über die Korrespondenz der drei Kreise mit dem Kaiser zwar indirekt beteiligt, aktiv nahmen österreichische Vertreter jedoch in der Re-

 Ausnahmen sollten nur noch für die Stände gelten, die über eigene Silber- oder Goldbergwerke verfügten, vgl. Schneider: Reichskreise und europäisierter Geldumlauf (Anm. 152), S. 285 – 287.  Zu den entsprechenden Regelungen des Frankfurter Deputationsabschieds von 1571, hier insbesondere § 28, vgl. Hans-Wolfgang Bergerhausen: „Exclusis Westphalen et Burgundt“. Zum Kampf um die Durchsetzung der Reichsmünzordnung von 1559, in: ZHF 20 (1993), S. 189 – 203, hier S. 199; Ernst Joachim von Beust: Sciagraphia Juris Monetandi in Sacro Imperio RomanoGermanico oder Entwurf von der Müntz-Gerechtigkeit im Heil. Römisch-Teutschen Reich. Leipzig 1745, S. 250 f. Vgl. zur Thematik ferner Lanzinner: Friedenssicherung und Zentralisierung der Reichsgewalt. Ein Reformversuch auf dem Reichstag von Speyer 1570 (Anm. 99).  Vgl. Beust: Sciagraphia Juris Monetandi in Sacro Imperio Romano-Germanico oder Entwurf von der Müntz-Gerechtigkeit im Heil. Römisch-Teutschen Reich (Anm. 155), S. 250 f.; Hirsch: Des Teutschen Reichs Münz-Archiv (Anm. 66), Bd. 1,Vorrede § 32. Zur Etablierung der Kooperation der rheinischen Reichskreise Konrad Schneider: Das Münzwesen in den Territorien des Westerwaldes, des Taunus und des Lahngebietes und die Münzpolitik des Oberrheinischen Reichskreises im 17. Jahrhundert. Urbar b. Koblenz 1977, S. 73 f.  Der Probationstagsabschied ist ediert bei Lori: Der Sammlung des baierischen Münzrechts zweyter Band,von 1564 bis 1664 (Anm. 65), S. 1– 5.Vgl. zudem Hirsch: Des Teutschen Reichs MünzArchiv (Anm. 66), Vorrede § 33; Laufs: Der Schwäbische Kreis (Anm. 25), S. 442– 458.  Vgl. Johann Jacob Moser: Compendium iuris publici Regni moderni germanici. Tübingen 1731, S. 294.

2 Grundlegende Kreisinstitutionen und ihre Ausdifferenzierung

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gel nicht teil.¹⁵⁹ In den beiden anderen „Währungszonen“ des Reiches blieb die kreisübergreifende Kooperation im Münzwesen meist ebenfalls auf den Austausch von Münzprobationstagsabschieden und Münzpatenten beschränkt.¹⁶⁰ Münzprobationstage wurden allerdings nicht nur von Münzmeistern und Wardeinen besucht, sondern auch von mit umfangreichen Vollmachten ausgestatteten mehrköpfigen, hochrangig besetzten diplomatischen Gesandtschaften der einzelnen Kreisstände. Infolgedessen standen Münzprobationstage oft allgemeinen Kreistagen in der Vielgestaltigkeit des verhandelten Themenspektrums kaum nach. Zumindest ist dies mein Befund für den Obersächsischen Reichskreis, auf dessen Probationstagen in den 1620er Jahren neben Münzangelegenheiten auch über die Besetzung von Kreisämtern¹⁶¹, die Erhebung von Kreissteuern, die Aufstellung von Kreisarmeen, die Wahrnehmung von Bündnisangeboten des dänischen Königs und des Kaisers sowie über die Reaktion der protestantischen Stände des Reiches auf das Restitutionsedikt debattiert wurde. Auf diese Tätigkeiten, die zum Teil sehr weitreichende reichspolitische Entscheidungen so bedeutender Reichsstände wie Kursachsen und Kurbrandenburg nach sich zogen, finden sich nur marginale Verweise in der bisherigen Forschung.¹⁶² Daher wird an

 Vgl. Christmann: Das Bemühen von Kaiser und Reich um die Vereinheitlichung des Münzwesens (Anm. 149), S. 87 f. Seit 1524 wurde in Österreich ein Achtel Gulden mehr aus der Kölner Mark Silber geprägt, als andernorts im Reich üblich. Österreich sonderte sich endgültig von den drei oberdeutschen Kreisen 1573 ab, vgl. Johann Newald: Das österreichische Münzwesen unter den Kaisern Maximilian II., Rudolf II. und Mathias. Wien 1885, S. 25 f.  Vgl. Schneider: Reichskreise und europäisierter Geldumlauf (Anm. 152), S. 287 f, vgl. grundlegend zur Thematik auch Bergerhausen: „Exclusis Westphalen et Burgundt“. Zum Kampf um die Durchsetzung der Reichsmünzordnung von 1559 (Anm. 155); Thomas Christmann: Die Reichsmünzordnungen und deren Umsetzung durch die Reichskreise, in: Währungsunionen. Beiträge zur Geschichte überregionaler Münz- und Geldpolitik, hrsg. v. Reiner Cunz (Numismatische Studien, 15). Hamburg, Regenstauf 2002, S. 197– 219.  Beispiele wären die Wahl Kurfürst Johann Georgs von Sachsen zum Kreisobristen am 4./14. Mai 1612, Johann Philipps von Sachsen-Altenburg zum Zugeordneten am 5./15. Februar 1620 oder Herzog Bogislaws von Pommern ebenfalls zum Zugeordneten am 2./12. Mai 1626, vgl. Moser: Des hochloeblichen Ober-Saechsischen Crayses Abschide (Anm. 63), S. 177 f., 225, 314. Die Entgegennahme der Amtseide erfolgte oft auf weiteren Münzprobationstagen, so etwa die Vereidigung Kurfürst Johann Georgs durch kurbrandenburgische Kreistagsgesandte auf dem Münzprobationstag von Frankfurt an der Oder Anfang Mai 1615, vgl. ebd., S. 190.  Bei Nicklas: Macht oder Recht (Anm. 35), S. 264 findet sich zwar ein kurzer Kommentar, der die politische Bedeutung der obersächsischen Münzprobationstage anspricht, aber keine Details nennt. Wuttkes Ausführungen beschränken sich vollständig auf die Münzpolitik, vgl. Robert Wuttke: Die Probationsregister des obersächsischen Kreises, in: NZ 29 (1897), S. 237– 302.

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Institutionelle und normative Grundlagen

gegebener Stelle dieser Studie auf einige der besonders bedeutsamen Münzprobationstage im Obersächsischen Reichskreis gesondert einzugehen sein.¹⁶³ In den drei oberdeutschen Reichskreisen Bayern, Franken und Schwaben sowie in den rheinischen Kreisen scheinen die Münzprobationstage hingegen keine derartige reichspolitische Bedeutung entwickelt zu haben, mutmaßlich, da sich die Kreisstände zumindest in den drei oberdeutschen Reichskreisen sehr viel regelmäßiger zu allgemeinen Kreistagen trafen, als dies im Obersächsischen Reichskreis der Fall war.¹⁶⁴ Außerdem muss bedacht werden, dass die gemeinsamen Probationstage der drei oberdeutschen Reichskreise in der Regel nur von Deputationen der drei Kreise besucht wurden, während die obersächsischen Probationstage in ihrer Teilnehmerzahl regulären Kreistagen in nichts nachstanden.¹⁶⁵

 Vgl. hierzu Kap. I.2.3, „Getrennte Wege: Von den gescheiterten Bündnisgesuchen an den Obersächsischen Reichskreis bis zum militärischen Zusammenbruch“ und I.3.1, „Die Reaktion Kursachsens und des Obersächsischen Reichskreises auf das Restitutionsedikt“ im zweiten Hauptkapitel dieser Arbeit.  Des Weiteren dürften viele süddeutsche und rheinische Reichsstände die zwischen 1608/09 und 1621 beziehungsweise 1635 häufig tagenden Konvente von Union und Liga zu Absprachen in reichs- und kreispolitisch bedeutsamen Themen genutzt haben.  Vgl. zu diesem in der Forschung oftmals übersehenen bedeutsamen Unterschied zwischen den gemeinsamen Probationstagen der oberdeutschen Reichskreise und den Münzprobationstagen auf Ebene einzelner Reichskreise Schulze: Die Rolle der oberdeutschen Reichskreise und der Reichsgerichte bei der Bekämpfung der Kipper- und Wipperkrise 1618 – 1626 (Anm. 51), S. 104 f.

Teil I: Reichskreise als partielles Reichstagssurrogat? Reichskreise im Dienst der Kriegsfinanzierung von Kaiser und Reich

Sofern man die Reichskreise als „Reichsprovinzen und Ständebünde“ beschreiben möchte, wie dies bei Storm und Plassmann der Fall ist, befasst sich der folgende erste Hauptteil dieser Studie mit einem Tätigkeitsbereich der Reichskreise, der grundsätzlich eher dem Aufgabenprofil einer „Reichsprovinz“, denn jenem eines Ständebundes zugeordnet werden dürfte¹⁶⁶: Die Bereitstellung von Steuermitteln zur Kriegsfinanzierung von Kaiser und Reich. Träfe das Bild einer „Reichsprovinz“ in diesem Fall allerdings vollständig zu, so müsste sich ein klares Subordinationsverhältnis der Reichskreise zu wenigstens einer der beiden höchsten Institutionen des Reiches, dem Reichstag und dem Kaisertum, feststellen lassen. Zumindest für einige Abschnitte des Dreißigjährigen Kriegs trifft dies durchaus zu, wenn auch primär in Hinblick auf den Kaiser, nicht den Reichstag, der zwischen 1618 und 1648 nur einmal einberufen wurde. Wie an dieser Stelle allerdings schon vorab zu konstatieren ist, stand den Reichskreisen während des Dreißigjährigen Kriegs zeitweise weit mehr zu, als nur die Vorgaben von Zentralinstitutionen des Reichs zu erfüllen. So wurden nach 1618 Steuerforderungen des Kaisers durch Reichskreise nicht nur exekutiert, sondern mehrfach auf Kreistagen überhaupt erst entgegengenommen, verhandelt, abgewiesen oder bewilligt. Fungierten die Reichskreise hier als „Einspringdienst“ zugunsten des Reichs, wie Burkhardt es ihnen zutraut?¹⁶⁷ Wenn dem so wäre, bestand dann für die Reichsstände über die Reichskreise wenigstens teilweise die Möglichkeit, die ihnen gemäß der Reichsverfassung und des Reichsherkommens zustehenden Partizipationsrechte in Reichsangelegenheiten wahrzunehmen? Aus Sicht des Kaisers ließe sich wiederum die Frage stellen, ob ihm über die Reichskreise die Einwerbung von Reichshilfen in einem ähnlichen oder gar höheren Umfang möglich war, als wenn er seine Forderungen von einem regulären Reichstag hätte verhandeln lassen. Diesen Fragen gilt es in den folgenden Ausführungen zur Kriegsfinanzierung über Reichskreise eingehender nachzugehen. Dabei wird wie folgt vorgegangen: Nach einem kurzen Abriss zu den normativen und institutionellen Grundlagen des Reichssteuerwesens im frühen 17. Jahrhundert steigt die Untersuchung in der Spätphase der Regentschaft Kaiser Rudolfs II. ein, beginnend mit dessen Versuchen, die Kreisverfassung des Reichs erstmals im großen Stil zur Einwerbung von Reichssteuern zu nutzen. In chronologischer Folge wird dann der gesamte Dreißigjährige Krieg unter dem Aspekt der kaiserlichen Kriegsfinanzierung über  Vgl. grundlegend Plassmann: Zwischen Reichsprovinz und Ständebund. Der Schwäbische Reichskreis als Handlungsrahmen mindermächtiger Stände (Anm. 57); ders.: Indirekt kaiserlich? Die Kriegführung und -finanzierung von Reichskreisen und Assoziationen (1648 – 1740) (Anm. 57); Storm: Der Schwäbische Kreis als Feldherr (Anm. 26), S. 64– 70.  Vgl. Burkhardt: Wer hat Angst vor den Reichskreisen? (Anm. 8), S. 59.

Reichskreise analysiert. Dabei soll stets herausgearbeitet werden, wie kaiserliche Steuergesuche begründet und von den einzelnen Reichskreisen und ihren Kreisständen aufgenommen wurden, unter welchen politischen und militärischen Rahmenbedingungen Bewilligungen zustande kamen und ob die entsprechenden Beschlüsse tatsächlich umgesetzt wurden. Von hohem Interesse ist dabei ebenso die Frage, wann die Heranziehung der Reichskreise zur Kriegsfinanzierung auch von einzelnen Reichsständen, insbesondere den Kurfürsten, befürwortet oder gar initiiert wurde. Den Kreistagen der Jahre 1631, 1638 und 1642, mittels derer die Finanzierung der Kriegsführung des Kaisers respektive des Reiches in vollem Umfang für jeweils ein Kriegsjahr bewilligt werden sollte, wird ein besonderer Fokus gelten.

I Normative und institutionelle Grundlagen des Reichssteuerwesens zu Beginn des 17. Jahrhunderts Zunächst bedarf einer Klärung, welche Formen der Kontributions- bzw. Steuererhebung zugunsten des Reiches sich bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges etablieren konnten und auf welchen normativen und institutionellen Grundlagen dies geschah.¹⁶⁸ Ferner gilt es, einen kurzen Blick auf den „Langen Türkenkrieg“ an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert zu werfen, in dem die Reichskreise erstmals ohne ausdrücklichen Beschluss eines Reichstags in umfangreicher Weise zur Kriegsfinanzierung des Reichs herangezogen wurden.

1 Normative Voraussetzungen: Steuerpolitische Entscheidungsfindung im Reich und die Entwicklung der Wormser Matrikel bis 1618 Johann Jakob Moser kannte nur einen Weg der legitimen Steuererhebung im Namen des Reiches: „Reichs=Steuern, oder Reichs=Anlagen, seyend Gelder, welche von denen gesammten Ständen des Reichs auf allgemeinen Reichs=Versammlungen bewilliget und von dem Kayser gutgeheissen werden, um solche zu dem von dem Kayser und Reich jedesmal bestimmten Zweck zu verwenden.“¹⁶⁹ Moser betonte ferner: „Wir haben keine beständige Reichs=Steuern, das ist, solche Anlagen, welche ohne eine Bewilligung immerfort von Zeit zu Zeit durch die Reichs=Stände erlegt werden müßten; ausgenommen die Cammer=Ziler“.¹⁷⁰  Die Begriffe „Steuer“ und „Kontribution“ wurden zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges meist synonym verwendet. Wurde die Abgabe aufgrund eines Reichstagsbeschlusses erhoben, wird sie in den Quellen zumeist als „Reichssteuer“, „Reichshilfe“ oder „Reichskontribution“ tituliert. Bildete ein Reichskreisbeschluss die Grundlage der Abgabenerhebung, ist zumeist von „Kreissteuer“, „Kreishilfe“ oder „Kreiskontribution“ die Rede. Handelte es sich dabei im Speziellen um eine Steuer zur Finanzierung eines Kriegszugs gegen die Osmanen, so treten zusätzlich zu den angeführten Begriffen noch die Bezeichnungen „Türkensteuer“ oder „Türkenhilfe“ hinzu. Ich werde die entsprechenden Begriffe ebenfalls synonym gebrauchen, wie es auch in der Literatur Usus ist, vgl. etwa Winfried Schulze: Türkensteuern, in: HRG, Bd. 5, Sp. 391– 394.  Johann Jacob Moser: Von denen teutschen Reichs=Tags=Geschäften. Nach denen Reichs=Gesezen vnd dem Reichs=Herkommen, wie auch aus denen Teutschen Staats=Rechts=Lehrern, vnd eigener Erfahrung (Neues teutsches Staatsrecht, 6). Frankfurt am Main 1768, S. 1336.  Ebd., S. 1336 f. Die erwähnten Kammerzieler dienten zur Finanzierung des Reichskammergerichts und sollten von jedem Reichsstand in Form einer je Stand fest definierten Pauschale https://doi.org/10.1515/9783110558739-005

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I Normative und institutionelle Grundlagen des Reichssteuerwesens

Mosers Definition aus dem 18. Jahrhundert kann schon für die fiskalischen Verhältnisse im Reich in der ersten Hälfte der Frühen Neuzeit Gültigkeit beanspruchen. Tatsächlich hatte sich der Reichstag bereits in seiner Konstituierungsphase im 15. Jahrhundert das exklusive Recht der Reichssteuerbewilligung gesichert und damit seine Stellung als wichtigste zentrale Institution des Reiches maßgeblich gestärkt.¹⁷¹ Auch die diversen weiteren Schritte zur Verfestigung des Reichsverbands auf transpersonal-institutioneller Ebene erfolgten meist in Folge von kaiserlichen Steuerforderungen an den Reichstag, auf die sich dieser nach Zusicherung gewisser Reformen und der Beseitigung diverser Gravamina einließ.¹⁷² Allerdings war die grundlegende Frage, wer im Reich überhaupt als reichssteuerpflichtig erachtet wurde, relativ lange offen geblieben. Eine Möglichkeit bestand darin, Reichssteuern direkt von den Untertanen der Reichsstände zu erheben, oder die Besteuerung der Untertanenschaft den Reichsständen und deren Landständen zu überlassen, dann aber Reichssteuerforderungen gegenüber den Reichsständen selbst geltend zu machen. Für beide Formen der Reichssteuererhebung finden sich schon zu Beginn der Frühen Neuzeit Beispiele. So sah der „Gemeine Pfennig“, den der Wormser Reichstag von 1495 auf Betrei-

halbjährlich entrichtet werden. Sie brachten allerdings keine hohen Beträge ein. Im 16. Jahrhundert dürften es etwa 15.000 fl. jährlich gewesen sein, vgl. Maximilian Lanzinner: Der Gemeine Pfennig, eine richtungsweisende Steuerform? Zur Entwicklung des Reichssteuersystems 1422 bis 1608, in: Das „Blut des Staatskörpers“. Forschungen zur Finanzgeschichte der Frühen Neuzeit, hrsg. v. Peter Rauscher/Andrea Serles/Thomas Winkelbauer (Historische Zeitschrift. Beiheft, n. F., Bd. 56). München 2012, S. 261– 318, hier S. 263. Vgl. zu den Kammerzielern ferner Peter Schmid: Reichssteuern, Reichsfinanzen und Reichsgewalt in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in: Säkulare Aspekte der Reformationszeit, hrsg. v. Heinz Angermeier (Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien, 5). München 1983, S. 153– 216, hier S. 157 f.  Vgl. Lothar Schilling: Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation um die Mitte des 15. Jahrhunderts, in: Jahrbuch des Historischen Vereins Dillingen an der Donau 113 (2012), S. 17– 52, hier S. 26 – 28, 49 f.; Johannes Burkhardt: Das Reformationsjahrhundert. Deutsche Geschichte zwischen Medienrevolution und Institutionenbildung 1517– 1617. Stuttgart 2002, S. 180, zur Konstituierung des Reichstags im späten 15. Jahrhundert S. 189 f.; Eberhard Isenmann: Reichsfinanzen und Reichssteuern im 15. Jahrhundert, in: ZHF 7 (1980), S. 1– 76, 129 – 218. Grundlegend: Peter Moraw: Von offener Verfassung zu gestalteter Verdichtung: Das Reich im späten Mittelalter 1250 bis 1490 (Propyläen Geschichte Deutschlands, 3) 1985; Angermeier: Die Reichsreform 1410 – 1555 (Anm. 89).  Vgl. Schilling: Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation um die Mitte des 15. Jahrhunderts (Anm. 171), S. 50 f.; vgl. für den Zusammenhang von Staatsbildungsprozessen und ständischem Streben nach Herrschaftspartizipation Gerhard Oestreich: Ständetum und Staatsbildung in Deutschland, in: Geist und Gestalt des frühmodernen Staates. Ausgewählte Aufsätze, hrsg. v. Gerhard Oestreich. Berlin 1969, S. 277– 289.

1 Normative Voraussetzungen: Steuerpolitische Entscheidungsfindung im Reich

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ben Maximilians I. bewilligte, eine direkte Besteuerung aller Reichsuntertanen ab dem 15. Lebensjahr vor, mit einer Staffelung der Steuerbelastung nach individueller Vermögenshöhe. Als kontinuierliche Reichssteuer konnte sich diese Form einer Kopf- und Vermögenssteuer jedoch nicht durchsetzen. Der „Gemeine Pfennig“ wurde zwar noch bis Ende des 16. Jahrhunderts mehrfach von weiteren Reichstagen genehmigt, aber stets nur über einen befristeten Zeitraum.¹⁷³ Stattdessen favorisierte der Reichstag im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts zunehmend eine Form der Reichssteuererhebung, die dem Reich keine direkte Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen seiner Untertanen mehr gestattete, wohl aber gegenüber den Reichsständen. Dazu bedurfte es allerdings zuerst einer genaueren Festlegung, wem im Reich überhaupt der Status der Reichsunmittelbarkeit zuerkannt werden sollte.¹⁷⁴ Erst in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts war der Konsolidierungs- und Hierarchisierungsprozess innerhalb der ständischen Ordnung des Reiches soweit fortgeschritten, dass sich ein bestimmtes Verzeichnis aller für reichsunmittelbar und damit reichssteuerpflichtig erachteten Stände etablieren konnte, das bei den meisten Reichsständen auf dauerhafte Akzeptanz stieß: Die Wormser Matrikel von 1521. Sie war anlässlich der Kaiserkrönungspläne des jungen Karls V. entstanden und sollte die Beiträge eines jeden Reichsstands an einem Romzugsheer von 4 000 Reitern und 20 000 Fußsoldaten für die Dauer eines Monats festlegen, weshalb der einfache Matrikularanschlag fortan unter dem Namen „Römermonat“ firmierte. ¹⁷⁵ Über die Lückenhaftigkeit und die grundsätzlichen Mängel jenes „ad hoc Verzeichnis“ (Winfried Schulze) von 1521 ist schon ausreichend geschrieben worden, was an dieser Stelle nicht im Detail wiederholt werden muss.¹⁷⁶ Das  Zu den Versuchen der Einführung einer kontinuierlichen Reichssteuer ab 1495 vgl. Peter Schmid: Der Gemeine Pfennig von 1495. Vorgeschichte und Entstehung, verfassungsgeschichtliche, politische und finanzielle Bedeutung (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 34). Göttingen 1989; Martina Schattkowsky: Gemeiner Pfennig, in: Lesebuch Altes Reich, hrsg. v. Stephan Wendehorst/Siegrid Westphal (Bibliothek altes Reich, 1). München 2006, S. 189 – 197; zuletzt auch Lanzinner: Der Gemeine Pfennig, eine richtungsweisende Steuerform? Zur Entwicklung des Reichssteuersystems 1422 bis 1608 (Anm. 170).  Vgl. zu diesem Aspekt Winfried Schulze: Reichskammergericht und Reichsfinanzverfassung im 16. und 17. Jahrhundert (Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, 6). Wetzlar 1989, S. 9 – 13.  Vgl. Winfried Schulze/Thomas Ott: Wormser Matrikel, Reichsmatrikel, in: HRG, Bd. 5, Sp. 1530 – 1536.  Grundlegend: Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 337– 348, Zitat S. 339; Horst Rabe: Reichsbund und Interim. Die Verfassungs- und Religionspolitik Karls V. und der Reichstag von Augsburg 1547/1548. Köln, Wien 1971, S. 332– 351; In der älteren Literatur wurde zum Teil noch die Meinung vertreten, die Wormser Matrikel wären das „Produkt sorgfältiger

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I Normative und institutionelle Grundlagen des Reichssteuerwesens

Matrikularsystem von 1521 blieb jedoch dauerhaft in Gebrauch, wobei die Matrikelliste selbst im Verlauf des 16. Jahrhunderts noch starken Veränderungen unterlag. Die ursprüngliche Wormser Matrikel hatte das Simplum eines Römermonats mit 127 074 fl. angesetzt.¹⁷⁷ Doch schon zwischen 1545 und 1577 wurde sie im Rahmen mehrerer Reichs- oder Reichsdeputationstage erheblich modifiziert und geänderten politischen und wirtschaftlichen Realitäten angepasst. Ferner wurden von Anfang an vorhandene Fehleinträge eliminiert, so dass sich die Reichsmatrikel an der Wende zum 17. Jahrhundert von jener des Jahres 1521 immens unterschied.¹⁷⁸ Daher wurde es in den mit Reichssteuern befassten Einrichtungen am Kaiserhof bald üblich, Ertragsschätzungen mit einer sogenannten „fiskalischen Matrikel“ oder „Realmatrikel“ vorzunehmen, einer stets aktualisierten, „realistischen“ Version der Wormser Matrikel.¹⁷⁹ So ergab sich für das Jahr 1607 folgende Rechnung, die sich auch mit anderen Auflistungen zu Beginn des 17. Jahrhunderts aus dem kaiserlichen Umfeld deckt¹⁸⁰: Von einem (leicht gerundeten) Nominalwert der ursprünglichen Wormser Matrikel von 128 000 fl. wurden 31 660 fl. für nicht existierende Reichsstände und weitere 15 871 fl. für seit 1521 dem Reich verlorengegangene, eximierte und zahlungsunfähige Stände abgezogen. Zusätzlich aus der Matrikel gestrichen wurden die Länder der Krone Böhmen und die österreichischen und burgundischen Besitzungen der Habsburger, die mit 7 200 fl., 4 748 fl. und 3 656 fl. zu Buche geschlagen waren. Grund hierfür war der Umstand, dass diese Territorien ihre Steuerleistungen ohne die Zwischen-

und genauer Ermittlungen und Nachprüfungen“ von Finanzexperten im Umfeld des Reichstags gewesen, vgl. Johannes Sieber: Zur Geschichte des Reichsmatrikelwesens im ausgehenden Mittelalter. 1422– 1521. Diss. phil. Leipzig 1910, S. 37. Angesichts einiger bei Rabe und Schulze aufgeführter „Phantomeinträge“ in den Wormser Matrikeln, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf schlichte Doppelnennungen und Schreibfehler rückführbar sind, darf die Position Siebers als überholt gelten.  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 341.  Bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges kam es zu sechs Reichsversammlungen, die sich dezidiert Matrikelmoderationen widmeten (1545, 1551, 1557, 1567, 1571, 1577), vgl. ebd., S. 338; zu den Moderationsverhandlungen in den 1540er Jahren vor allem Rabe: Reichsbund und Interim (Anm. 176), S. 332– 351.  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 338. Zur Tätigkeit Geizkoflers vgl. zuletzt Alexander Sigelen: Zacharias Geizkofler (1560 – 1617) – Fürstendienst und Familienpolitik. Eine biographische Fallstudie zur politischen Kultur im Heiligen Römischen Reich um 1600 (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, 171). Stuttgart 2008; Winfried Schulze: Die Erträge der Reichssteuern zwischen 1576 und 1606, in: JbGMOD 27 (1978), S. 169 – 185, insbesondere S. 177– 180.  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 338 – 344. Vgl. zu den folgenden Ausführungen und Zahlenangaben ferner Schulze: Die Erträge der Reichssteuern zwischen 1576 und 1606 (Anm. 179), S. 177 f.

1 Normative Voraussetzungen: Steuerpolitische Entscheidungsfindung im Reich

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schaltung von Reichsinstitutionen direkt an das Reichsoberhaupt entrichteten, da ihr Landesherr in der Regel zugleich das Kaiseramt bekleidete. Am Ende rechnete der Kaiserhof noch mit einem möglichen Reichssteuerertrag von 64 864 fl. je Römermonat.¹⁸¹ Diese „Realmatrikel“ änderte sich bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges nicht mehr nennenswert, obwohl in den ersten beiden Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts noch einige weitere reichsunmittelbare Territorien mittels Erbgang (Jülich-Kleve-Berg, 1610/14), militärischer Besetzung (Donauwörth 1607) oder Kauf (Mindelheim 1616¹⁸²) ihre Eigenständigkeit verloren.¹⁸³ Allerdings übernahmen in diesen Fällen die neuen Landesherren auch die bisherigen Reichs- und Kreisanschläge ihrer Erwerbungen. Auch Donauwörth wurde keineswegs umgehend in das bayerische Herzogtum und damit den Bayerischen Reichskreis integriert, wie es noch Dotzauer darstellt, sondern blieb zumindest unter Maximilian von Bayern noch in einer Verbindung zum Schwäbischen Kreis und nahm seine Reichs- und Kreissteuerverpflichtungen offenbar nach wie vor wahr.¹⁸⁴ Größere Matrikelmoderationen erbrachte erst wieder der Regensburger Reichstag von 1640/41.¹⁸⁵

 Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 343.  Der Erwerb Mindelheims wurde zwar durch einen Kaufvertrag legitimiert, erfolgte jedoch unter Zuhilfenahme militärischer Zwangsmittel von bayerischer Seite, vgl. Wilhelm Liebhart: Bayerische Interessen im Schwäbischen Reichskreis, in: Reichskreis und Territorium (Anm. 31), S. 197– 210, S. 205 f.  Zum Erbfall Jülich-Kleve-Berg vgl. zuletzt die Beiträge in Manfred Groten (Hrsg.): Der JülichKlevische Erbstreit 1609. Seine Voraussetzungen und Folgen (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde: Vorträge, 36). Düsseldorf 2011, insbes. Winfried Schulze: Der JülichKlevische Erbfolgestreit als deutscher und europäischer Konflikt, in: Der Jülich-Klevische Erbstreit 1609. Seine Voraussetzungen und Folgen, hrsg. v. Manfred Groten (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde:Vorträge, 36). Düsseldorf 2011, S. 1– 26. Zur Integration des im Rahmen einer Reichsexekution besetzten Donauwörths in das Herzogtum Bayern Maximilian Lanzinner: Donauwörth. Der bayerische Griff nach der Reichsstadt 1607/1608, in: Schauplätze der Geschichte in Bayern, hrsg.v. Alois Schmid/Katharina Weigand. München 2003, S. 216 – 230. Zum ebenfalls mit militärischen Maßnahmen forcierten bayerischen Erwerb Mindelheims Friedrich Zoepfl: Geschichte der Stadt Mindelheim in Schwaben. München 1948, hier insbes. S. 62 f. Zum Verhältnis Donauwörths und Mindelheims zum Schwäbischen Reichskreis nach ihrer Inbesitznahme durch Bayern vgl. auch Liebhart: Bayerische Interessen im Schwäbischen Reichskreis (Anm. 182), hier insbesondere S. 205 f.  Vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise in der Verfassung des Alten Reiches und ihr Eigenleben (1500 – 1806) (Anm. 30), S. 206. Für die fortgesetzte Reichssteuerzahlung für Mindelheim und Donauwörth auch in bayerischer Zeit finden sich dutzende Belege in BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3734. Mindelheimer Kreisakten 1622– 1654; BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3736. Herrschaft Mindelheim 1624– 1649, sowie in HStASt: C 9 Bü. 222, hier v. a. Nr. 30, Donauwörth an Konstanz und Württemberg, 6. April 1630.

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I Normative und institutionelle Grundlagen des Reichssteuerwesens

Abschließend gilt zu bemerken, dass auch in den Reichskreisen bzw. den Reichskreisinstitutionen zumeist mit pragmatischen „Realmatrikeln“ gerechnet wurde, die weitgehend an die aktuellen politischen Gegebenheiten und Besitzstände in den einzelnen Reichskreisen angepasst waren.¹⁸⁶ Sofern eine neue Kreisbewilligung auf die einzelnen Kreisstände umgelegt werden musste, wurde im Regelfall auf den bei der jeweils letzten Bewilligung gebräuchlichen Verteilungsschlüssel zurückgegriffen.¹⁸⁷ Dabei fand die Wormser Matrikel in ihrer ursprünglichen Gestalt von 1521 höchstens noch subsidiär Verwendung. Gelegentlich wurde auch noch Matrikellisten aus dem „Langen Türkenkrieg“ eine solche Referenzfunktion zugebilligt.¹⁸⁸

 Die Veränderungen der Reichsmatrikel im Lauf des Dreißigjährigen Krieges lassen sich in anschaulicher Weise aus einer 1652 vom Reichspfennigmeister Hubert Bleymann erstellten und nach Reichskreisen geordneten Auflistung der Reichsstände nachvollziehen: OeStA FHKA: SUS RA 90.1.13. „Reichs Matricul de Anno 1613 vnd Nürnbergische Repartition“, fol. 1223r–1247v. Ich ediere das Dokument in Auszügen im Anhang dieser Arbeit. Im Standardwerk zum Regensburger Reichstag von Kathrin Bierther: Der Regensburger Reichstag von 1640/1641 (Regensburger historische Forschungen, Bd. 1). Kallmünz/Opf. 1971 finden die Matrikelverhandlungen keine Erwähnung und sind auch an anderer Stelle bis heute nirgends zusammenhängend dargestellt.  Gelegentlich finden sich jedoch kommentierte Versionen, in denen dann die Anschläge von 1521 den aktuell üblichen Quoten gegenübergestellt werden, so z. B. für den Obersächsischen und Niedersächsischen Reichskreis für das Jahr 1642 in SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10502/18. „120 Monate einfacher Römerzug, dabei befindlich, welchergestalt von Römisch Kaiserlicher Majestät, sowohl Kurfürstlicher Durchlaucht zu Sachsen, die ober- und niedersächsischen Kreisstände zur Beschaffung solcher allgemeinen Reichsanlagen in die Legstadt Leipzig durch offene Patente und Schreiben erinnert worden […],“ (1635 – 1642).  Ein bayerischer Kreisabschied von 1631 nimmt ausdrücklich Bezug auf diese Praxis, vgl. Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 281. Vgl. hierzu auch ein Memorial kaiserlicher Kommissare an den bayerischen Kreistag vom 16. Januar 1631, BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615, unfol. nach fol. 64.  Ein Beispiel von 1631 aus dem Bayerischen Reichskreis findet sich in BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3614. „Baÿr: Craÿß Acta De Ao: 1629: 1631: et 1632“, fol. 37– 40. Im Fall einer schwäbischen Kreishilfe von 1624 bediente sich auch das Reichskammergericht entsprechender Vergleichslisten aus dem „Langen Türkenkrieg“, vgl. ders.: Reichskammergericht 5672/1, unfol., nach Q 115.

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2 Der Augsburger und Leipziger Reichspfennigmeister und der Reichsfiskal in Speyer Ebenfalls von erheblicher Bedeutung für die Funktionalität des Reichssteuerwesens im 16. und 17. Jahrhundert war die Schaffung eigener dauerhaft besetzter Reichsämter zur Einziehung und Verwaltung bewilligter Reichssteuern.¹⁸⁹ Noch in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden mit jeder neuen Steuerbewilligung eines Reichstags neue Kommissare zur Überwachung der Einzahlungen bestellt.¹⁹⁰ Die Anzahl der Legstädte, also jener Orte, die zur Entgegennahme von Reichssteuerzahlungen benannt worden waren, variierte ebenfalls mehrfach.¹⁹¹ Zwischen 1542 und 1544 sowie 1552 übernahmen die Reichskreise mit ihren jeweiligen Kreiseinnehmern und Kreiskassen den Einzug von Reichssteuern, die mittels des Gemeinen Pfennigs erhoben wurden.¹⁹² Nachdem sich letztgenannte Besteuerungsart jedoch nicht dauerhaft durchsetzen konnte, wurde das Reichssteuerwesen 1557 nochmals reorganisiert. Fortan wurden wieder mit wenigen Ausnahmen Reichssteuern in Form von Matrikularbeiträgen der einzelnen Reichsstände entrichtet, die ihre Einzahlungen in fünf über das Reich verteilte Legstädte entrichten konnten: Augsburg, Nürnberg, Regensburg, Frankfurt am Main und Leipzig. Die jeweiligen Städte waren mit Ausnahme

 Prägnante Informationen zur Reichssteuerthematik bietet Schulze: Reichskammergericht und Reichsfinanzverfassung im 16. und 17. Jahrhundert (Anm. 174). Eine kultur- und sozialgeschichtliche Fokussierung bietet Rachel Renault: La permanence de l’extraordinaire. Fiscalité d’Empire, constructions du pouvoir et interactions sociales dans les principautés, comtés et seigneuries de Reuss, Schönburg et Schwarzburg, du milieu du XVIIe siècle à la fin du XVIIIe siècle. Diss. phil Paris 2014.  Einen Überblick der Entwicklung seit dem 15. Jahrhundert bietet Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 310 – 328.  Augsburg und Frankfurt am Main wurden besonders oft zu Legstädten erklärt, gefolgt von Nürnberg und Regensburg. Leipzig trat in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts dazu, vgl. ebd., S. 311 f.; Jörg Ludwig: Die Rolle Leipzigs in der Finanzverwaltung des Alten Reiches bis zum Beginn des 30jährigen Krieges (1557– 1618), in: Leipziger Kalender 1997 (1997), S. 91– 113.  Vgl. Hartung: Geschichte des fränkischen Kreises (Anm. 12), S. 191 f. Zumindest im Obersächsischen Reichskreis scheinen die Kreisinstitutionen für den Einzug von Türkensteuern in den 1540er Jahren noch keine Rolle gespielt zu haben, jedenfalls finden sie in den Ausführungen Ernst Müllers keine Erwähnung. Dies änderte sich jedoch spätestens ab dem Jahr 1552, in dem die Tätigkeit eines Obereinnehmers des Obersächsischen Reichskreises in Leipzig nachweisbar wird, vgl. Ernst Müller: Türkensteuer und Landsteuer im ernestinischen Sachsen von 1485 bis 1572. Diss. phil. Jena 1951, S. 50 – 66, 69 f.

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Augsburgs bereits Sitz von Kreiskassen, deren Kassenmeister fortan in der Regel als Kreis- und Reichssteuereinnehmer gleichermaßen fungierten.¹⁹³ Zudem avancierten Augsburg und Leipzig zu permanenten Amtssitzen eines Reichspfennigmeisters. Deren jeweilige Amtsinhaber arbeiteten fortan als „Kassenwarte“ des Reiches und nahmen im Rahmen ihrer Hauptaufgabe, der Verwaltung von Reichssteuerbewilligungen, eine Vermittler- und Koordinationsstellung zwischen den Reichsständen, den Legstädten, dem Kaiserhof und privaten Geldgebern ein.¹⁹⁴ Von Winfried Schulze wurden die beiden Reichspfennigmeisterämter als institutionelle Spitzen einer „Reichsfinanzverwaltung“ beschrieben, die wiederum „ein bestimmtes Eigengewicht als Zentralbehörde des Reiches entfalten konnte“.¹⁹⁵ Dieser Interpretation ist jüngst von Alexander Sigelen widersprochen worden, der dagegen den kommissarischen Charakter des Reichspfennigmeisteramtes betont, das jeweils nur für temporäre Aufgaben vorgesehen worden sei.¹⁹⁶ Festzuhalten bleibt allerdings, dass seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts beide Reichspfennigmeisterämter dauerhaft besetzt blieben und über feste Amtssitze verfügten.¹⁹⁷ Die Wahl von Augsburg und Leipzig als ständige Sitze von Reichspfennigmeistereien erfolgte nach politischen, geographischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Für die Reichsstadt Augsburg waren die beiden letztgenannten Kriterien ausschlaggebend gewesen. Die Stadt am Lech war im Lauf des 16. Jahrhunderts zum wichtigsten Finanzzentrum des Reiches aufgestiegen und beherbergte neben den Fuggern, Welsern und Ilsung noch eine Reihe weiterer Handelsund Bankiersfamilien von europäischem Rang.¹⁹⁸ Auf diese finanzwirtschaftliche  Für Leipzig beispielsweise zu entnehmen aus dem Einnahmeverzeichnis „Der Legstadt Leipzigk Deputirte Einnehmer der Reichs vnndt Kreÿßsteuern“, SächsHStA Dresden: 13480 Personennachlass Hans von Ponickau, Nr. 7, fol. 19r.  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 310 – 336. Zum normativen und institutionellen Rahmen des Reichspfennigmeisteramts zuletzt auch Sigelen: Zacharias Geizkofler (1560 – 1617) – Fürstendienst und Familienpolitik (Anm. 179), S. 119 – 138.  Zitate nach Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 305.  Vgl. Sigelen: Zacharias Geizkofler (1560 – 1617) – Fürstendienst und Familienpolitik (Anm. 179), S. 121.  Vgl. Peter Rauscher: Reichssachen. Die finanziellen Beziehungen zwischen Kaiser und Heiligem Römischen Reich (1600 – 1740), in: Das „Blut des Staatskörpers“. Forschungen zur Finanzgeschichte der Frühen Neuzeit, hrsg. v. Peter Rauscher/Andrea Serles/Thomas Winkelbauer (Historische Zeitschrift. Beiheft, n. F., Bd. 56). München 2012, S. 319 – 354, hier vor allem S. 325 – 350.  Zur Entwicklung Augsburgs zum süddeutschen Finanzzentrum vgl. u. a. Regina Dauser/ Magnus Ulrich Ferber: Die Fugger und Welser. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart (Ein Augsbuch, 10). 1. Aufl. Augsburg 2010; Mark Häberlein: Die Fugger. Geschichte einer Augsburger Familie (1367– 1650). Stuttgart 2006.

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Infrastruktur war das Reichspfennigmeisteramt insbesondere zur Vorfinanzierung von Reichs- und Kreissteuern, zum Umtausch verschiedener Münzsorten und zur Einlösung von Wechseln angewiesen.¹⁹⁹ Daher erkoren Kaiser und Reichstag auch für mehrere Jahrzehnte zumeist Reichspfennigmeister, die aus den Familien Ilsung oder Welser entstammten.²⁰⁰ Die familiäre Herkunft der Reichspfennigmeister verschaffte diesen nicht nur die entsprechenden Kontakte innerhalb der europäischen Finanzwirtschaft, die für eine erfolgreiche Amtsführung unerlässlich waren, sondern garantierte ihnen zugleich eine gewisse persönliche Kreditwürdigkeit, die sie zugunsten ihres Amtes einsetzen konnten. Oftmals wurden sie vom Kaiser auch ausdrücklich um private Kreditgewährung ersucht.²⁰¹ In (geld‐)wirtschaftlicher Hinsicht bot Leipzig mit seinen regelmäßigen Messen ebenso gute Voraussetzungen für die Ansiedlung eines weiteren Reichspfennigmeisteramts für den nord- und mitteldeutschen Raum.²⁰² Zudem gaben sich die landesfürstlichen Herren Leipzigs, die sächsischen Kurfürsten, in der

 Bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts waren die Fugger die größten Kreditgeber des Reichspfennigmeisteramtes. Zum Forschungsstand vgl. Johannes Burkhardt: Einleitung: Das Fuggerjubiläum und die neue Reichsforschung – Impulse und Resultate auf sechs Begegnungsfeldern, in: Die Fugger und das Reich. Eine neue Forschungsperspektive zum 500jährigen Jubiläum der ersten Fuggerherrschaft Kirchberg-Weißenhorn, hrsg. v. Johannes Burkhardt (Studien zur Fuggergeschichte, 41). Augsburg 2008, S. 1– 12.Vgl. ferner die Beiträge in diesem Band von Mark Häberlein: Jakob Fugger und die Kaiserwahl Karls V. 1519 (Anm. 199), S. 65 – 82; Alexander Sigelen: …durch die mittel der herren Fugger und meiner befreundten. Die Fugger und Reichspfennigmeister Zacharias Geizkofler (Anm. 199), S. 83 – 112.  Zu nennen wären etwa die Reichspfennigmeister Georg, Maximilian und Johannes Achilles Ilsung, die das Augsburger Reichspfennigmeisteramt von 1566 bis 1589 bekleideten. Von 1604 bis 1609 hatte Matthäus Welser das Amt inne, vgl. Martina Schattkowsky: Zwischen Rittergut, Residenz und Reich. Die Lebenswelt des kursächsischen Adligen Christoph von Loß auf Schleinitz (1574– 1620) (Schriften zur sächsischen Geschichte und Volkskunde, 20). Leipzig 2007, S. 389.  Kaiser Rudolf II. verlangte beispielsweise vom Reichspfennigmeister Zacharias Geizkofler die private Vorfinanzierung einer Armee von 5.000 Mann für den Türkenkrieg, vgl. StAL: B 90 Bü. 154, Kaiser Rudolf II. an Zacharias Geizkofler, Prag, 28. Juli 1598 (Kopie). Der Amtsnachfolger Geizkoflers, Matthäus Welser, nahm im Lauf seiner Amtszeit von 1604 und 1609 Kredite für den Kaiser und das Reichspfennigmeisteramt von rund 650.000 fl. auf, wobei er für rund 450.000 fl. als Privatperson bürgte, vgl. OeStA FHKA: SUS RA 90.1.11, „Augspurgische Verzeichnus meiner inn proprio vnd Ambst obligationen“, des Reichspfennigmeisters Matthäus Welser vom 23. November 1608 (Kopie), fol. 1218r–1219v. Zum Schicksal des Nachfolgers Welsers, Schmidt, siehe die folgenden Ausführungen in diesem Kapitel. Die Praxis privater Kreditvergaben des Reichspfennigmeisters an den Kaiser beleuchtet am Beispiel Geizkoflers Sigelen: Zacharias Geizkofler (1560 – 1617) – Fürstendienst und Familienpolitik (Anm. 179), S. 151– 174.  Vgl. Ludwig: Die Rolle Leipzigs in der Finanzverwaltung des Alten Reiches bis zum Beginn des 30jährigen Krieges (1557– 1618) (Anm. 191), S. 94 f.; Schattkowsky: Zwischen Rittergut, Residenz und Reich (Anm. 200), S. 386 f.

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zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zumeist dezidiert reichs- und kaisertreu und erwiesen sich als verlässliche Reichssteuerzahler, was für eine erfolgreiche Amtsführung der Reichspfennigmeister zweifellos sehr dienlich gewesen sein dürfte.²⁰³ Ob es in den ersten Jahrzehnten der Existenz der Reichspfennigmeistereien ein Subordinationsverhältnis des Leipziger Reichspfennigmeisters unter seinen Augsburger Amtskollegen gab, ist in der Forschung umstritten.²⁰⁴ Im Rahmen dieser Studie konnte jedenfalls für die Zeit des Dreißigjährigen Krieges eine derartige Abhängigkeit nicht nachgewiesen werden.²⁰⁵ Vielmehr muss von einer Gleichrangigkeit ausgegangen werden, die auf einer klaren geographischen Zuständigkeitsabgrenzung beruhte: Der Leipziger Reichspfennigmeister war ausschließlich für die Reichssteuererträge des Ober- und Niedersächsischen Reichskreises zuständig, während sich das Augsburger Amt für die oberdeutschen und rheinischen Reichskreise verantwortlich zeigte.²⁰⁶ Aufgrund dieses größeren Einzugsbereichs gingen in der Augsburger Reichskasse dann auch meist höhere Reichssteuerbeträge ein als in dem mitteldeutschen Pendant in Leipzig.²⁰⁷

 Vgl. Axel Gotthard: „Politice seint wir bapstisch“. Kursachsen und der deutsche Protestantismus im frühen 17. Jahrhundert, in: ZHF 20 (1993), S. 275 – 319; Johannes Burkhardt: Jenseits von Universalismus und Partikularismus. Die sächsische Reichspolitik und die deutsche Geschichte in der Reformationszeit, in: Glaube & Macht. Sachsen im Europa der Reformationszeit. 2. Sächsische Landesausstellung, Torgau, Schloss Hartenfels 2004, hrsg. v. Harald Marx. Dresden 2004, S. 40 – 51.Vgl. auch die Beiträge in Helmar Junghans (Hrsg.): Die sächsischen Kurfürsten während des Religionsfriedens von 1555 bis 1618. Symposium anläßlich des Abschlusses der Edition „Politische Korrespondenz des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen“ vom 15. bis 18. September 2005 in Leipzig (Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte, 31). Leipzig 2007. Zum kursächsischen Engagement bei der Eintreibung von Türkensteuern vgl. ferner auch Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 134 f.  Winfried Schulze geht noch von einem Subordinationsverhältnis aus, Martina Schattkowsky bestreitet dies, vgl. Schattkowsky: Zwischen Rittergut, Residenz und Reich (Anm. 200), S. 386; Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 314.  In der kaiserlichen Instruktion – faktisch der „Arbeitsvertrag“ – für den sächsischen Reichspfennigmeister Hans von Ponickau finden sich keine entsprechenden Anhaltspunkte, vgl. SächsHStA Dresden: 13480 Personennachlass Hans von Ponickau. Nr. 13, 1637: Schriftwechsel zur Ernennung des Hans v. Ponickau zum Reichspfennigmeister, „Instruction auf vnsernn vnndt des Reichs lieben getreuen, Hannsen von Ponickauu, als welchen wir, zu Vnserm, vnd des Heÿligen Reichs, Pfennigmeistern, beÿ deren Sächsischen Creißen Gnedigst fürgenommen“, Prag, 24. Juni 1637, fol. 6r – 12v.  Vgl. hierzu zuletzt ausführlicher Schattkowsky: Zwischen Rittergut, Residenz und Reich (Anm. 200), S. 384– 388.  Winfried Schulze errechnete für den Zeitraum 1576 bis 1606 einen Gesamtertrag sämtlicher Reichs- und Kreissteuern zur Osmanenabwehr von rund 30 Mio Gulden. Im vergleichbaren Zeitraum wurden nur rund 2 Mio. Gulden in die Leipziger Reichskasse einbezahlt. Vgl. Schulze: Reich

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Unter allen Reichspfennigmeistern sind bisher nur Zacharias Geizkofler und Christoph von Loß monographisch gewürdigt worden, die beide ihre Ämter während des „Langen Türkenkriegs“ bekleideten.²⁰⁸ Detaillierte Untersuchungen zu den Amtsinhabern während des Dreißigjährigen Krieges und ihrer Amtsführung sind noch ein Desiderat der Forschung. Das oberdeutsche bzw. Augsburger Reichspfennigmeisteramt bekleidete in der gesamten ersten Kriegshälfte Stephan Schmidt von Freihofen, der bereits von Kaiser Rudolf II. 1609 in das Amt berufen wurde. Er wurde nicht, wie Schattkowsky schreibt, 1616 seines Amtes enthoben, sondern hatte es bis zu seinem Tod 1631 inne.²⁰⁹ Zwar stellte Schmidt seit 1615 mindestens zwei Rücktrittsgesuche, doch diese wurden vom Kaiser stets zurückgewiesen – darunter auch ein bisher unbekanntes weiteres Rücktrittsgesuch Schmidts von 1621 gegenüber Kaiser Ferdinand II.²¹⁰ Hauptgrund für die Entlassungswünsche des Reichspfennigmeisters waren nicht nur die chronische Überschuldung des Reichspfennigmeisteramtes selbst²¹¹, sondern ausstehende Zahlungsverpflichtungen des Kaisers gegenüber dem Amtsinhaber „in proprio“, die sich zeitweise auf die immense Summe von 1,1 Mio. Gulden beliefen und Schmidt in den privaten finanziellen Ruin trieben.²¹²

und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 360 – 363; insbesondere S. 361; Ludwig: Die Rolle Leipzigs in der Finanzverwaltung des Alten Reiches bis zum Beginn des 30jährigen Krieges (1557– 1618) (Anm. 191), S. 110.  Vgl. Sigelen: Zacharias Geizkofler (1560 – 1617) – Fürstendienst und Familienpolitik (Anm. 179); Schattkowsky: Zwischen Rittergut, Residenz und Reich (Anm. 200).  Vgl. ebd., S. 427.  Die beiden ersten Rücktrittsgesuche vom 30. Dezember 1615 und vom 13. Februar 1616 finden sich unter OeStA FHKA: SUS RA 90 (Anm. 201).1.15, fol. 1266r – 1270v und fol. 1290r – 1294v; fol. 1326r – 1327v; eine weitere Bitte um Entlassung vom 5. Mai 1621 findet sich in OeStA FHKA: SUS RA 75.3, fol. 719r–720v. Tatsächlich wird Schmidt noch bis Anfang der 1630er Jahre in den „Hofzahlamtsbüchern“ der Hofkammer als amtierender und die Amtsgeschäfte aktiv führender Reichspfennigmeister erwähnt, vgl. OeStA FHKA: HZAB Nr. 78 (1631), „Empfang aus der Röm: Khaÿ: Maÿ: Reichspfenningmaister ambt zu Augspurg von Herrn Stephan Schmidt von Freÿhoffen, Reichspfenningmaister daselbst“, fol. 1r (=3*r).  1615 bezifferte Schmidt die Gesamtverschuldung des Augsburger Reichspfennigmeisteramtes mit 4 Mio. fl., vgl. Schattkowsky: Zwischen Rittergut, Residenz und Reich (Anm. 200), S. 427. Ob die von Schmidt als Privatperson dem Kaiser gewährten Kredite in dieser Summe enthalten sind, geht aus Schattkowskys Ausführungen nicht hervor.  Reichspfennigmeister Schmidt hatte dem neuen Kaiser Matthias 1612 einen privaten Kredit von 600.000 fl. gewährt, der durch künftige Reichssteuereinnahmen bedient werden sollte, die dann aber nicht einkamen. 1616 beliefen sich die Schulden des Kaisers bei Schmidt bereits auf 1.134.538 fl., vgl. fol. OeStA FHKA: SUS RA 90 (Anm. 201), fol. 1254r – 1256v; fol. 1326v. Nach dem Böhmischen Aufstand erhielt Schmidt einige konfiszierte Rebellengüter als Kompensation zugesprochen, darunter die mährische Burg Lukau (Lukov). Der Kaiserhof bediente die verbliebenen Restschulden gegenüber Schmidt und seinen Erben mit kleineren Beträgen noch bis 1639, dann

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Da die Rückzahlung der von Schmidt gewährten Kredite aus den künftigen Einnahmen des Reichspfennigmeisteramtes geleistet werden sollte, hätte seine Entlassung eine Neuregelung der Schuldenrückzahlung erfordert, an der der Kaiserhof keinerlei Interesse zeigte. Stattdessen wurde der faktisch bankrotte Reichspfennigmeister in seinem Amt belassen, aber Kontributionen aus dem Reich und den Reichskreisen insbesondere nach Kriegsbeginn von den Kaiserlichen teilweise offenbar ohne Wissen der Augsburger Reichspfennigmeisterei eingezogen.²¹³ Nichtsdestotrotz blieb das Augsburger Reichspfennigmeisteramt zumindest grundsätzlich weiterhin arbeitsfähig. Für die alltäglichen Amtsgeschäfte in Augsburg zeigte sich schließlich in der Regel auch nicht Schmidt persönlich zuständig, sondern ein Reichspfennigmeisteramtsverwalter, der während der oft langen Abwesenheit des offiziellen Amtsinhabers die Verwaltungsaufgaben des Amtes führte. In den ersten Jahren des Dreißigjährigen Krieges füllte Albrecht Beham (Behem) diese Funktion aus, der schon seit seiner Anstellung durch Zacharias Geizkofler 1595 in der Augsburger Reichspfennigmeisterei seinen Dienst verrichtete. Nach Behams Tod folgte Daniel Steffen von Cronstetten im Februar 1625 als neuer Reichspfennigmeisteramtsverwalter nach.²¹⁴ Dennoch stellte die immense Schuldenlast des eigentlichen Amtsinhabers Schmidt auch noch nach dessen Ableben die Wiederbesetzung des Amtes etliche Jahre in Frage: Nach Schmidts Tod beharrten dessen Erben und Gläubiger vehement auf einer Übernahme seiner Schulden durch den künftigen Reichspfennigmeister, was den vom Kaiser designierten Nachfolger Hans Adolf von Wolfstirn 1635 vom tatsächlichen Dienstantritt wurden die Zahlungen trotz immer noch ausstehender Ansprüche von ca. 500.000 fl. eingestellt, vgl. ebd., „Verzeichnus, was von Zeith des herrn Stephan Schmidts gewesen Ober Reichspfennigmaister, seine bedienung, von Aug: 1609 biß anhero 1639 sich auf ihme Schmidt, in denen hoffzahlambts Raittungen, befindet, wie hernach volgt“, fol. 1351r – 1352v. Zu den böhmisch-mährischen Besitzungen Schmidts aus Rebellengütern vgl. auch Tomáš Knoz: Die mährische Emigration nach 1620, in: Staatsmacht und Seelenheil. Gegenreformation und Geheimprotestantismus in der Habsburgermonarchie, hrsg. v. Rudolf Leeb/Susanne Claudine Pils/Thomas Winkelbauer (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Bd. 47). München 2007, S. 247– 262, hier 258 – 260.  Jedenfalls bezichtigte Schmidt anlässlich seines Rücktrittgesuchs von 1621 die Wiener Hofkammer gegenüber Kaiser Ferdinand II. der „nit Haltung Brieff vnnd Sigl“. Schmidt ging davon aus, dass die mit der kaiserlichen Haushaltsplanung betraute Wiener Hofbehörde „zu wider der Ordnung kheine Gefölle noch contributiones ins Ambt khommen läst, sondern dieselbe beÿ einem vnnd dem andern Standt des Reichs, wo man nur was von paarem geldt weiß, anderwerts ad partem erheben vnnd gehn Hoff führen läst“, OeStA FHKA: SUS RA 75.3 (Anm. 210), fol. 719r.  Zu Behem vgl. Sigelen: Zacharias Geizkofler (1560 – 1617) – Fürstendienst und Familienpolitik (Anm. 179), S. 125, zur Amtsübernahme durch Steffen vgl. BayHStA: Reichskammergericht 5672/1 (Anm. 188), Q4, unfol.

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letztlich Abstand nehmen ließ.²¹⁵ Das oberdeutsche Reichspfennigmeisteramt blieb schließlich ein ganzes Jahrzehnt unbesetzt, ehe es auf ausdrücklichen Wunsch der Reichsstände auf dem Regensburger Reichstag 1641 mit Hubert Bleymann wiederbesetzt wurde, der das Amt dann bis über den Westfälischen Frieden hinaus innehatte.²¹⁶ Den Leipziger Reichspfennigmeister stellte vom späten 16. Jahrhundert an die kursächsische Adelsfamilie der von Loß. Diese sah sich dank der Protektion des sächsischen Kurfürsten nicht so oft mit ruinösen Kreditwünschen des Kaisers konfrontiert wie dies bei Schmidt von Freihofen der Fall gewesen war.²¹⁷ In der ersten Hälfte des Dreißigjährigen Kriegs bekleidete Joachim von Loß das Reichspfennigmeisteramt bis zu seinem Tod 1633.²¹⁸ Danach blieb auch dieses Amt für einige Jahre verwaist, um dann in Folge des Prager Friedens auf Drängen des Kaisers im Juni 1637 durch den kursächsischen Diplomaten und Amtmann Hans von Ponickau wieder besetzt zu werden.²¹⁹ Nach dessen Tod im Jahr 1642 wurde Friedrich von Metzsch Nachfolger, der bis nach Ende des Krieges amtierte.²²⁰

 Vgl. OeStA HHStA Wien: RK Reichsakten in specie 74, Subfasz.2– 1 „Die ersetzung des Reichs Pfenningmaister Ambts betr.“, fol. 1– 15. Vgl. auch OeStA FHKA: SUS RA 86.1.12, fol. 1059v.  Zur Wiederbesetzung des Reichspfennigmeisteramts durch Hubert Bleymann, den Pfennigmeister der Jülicher Landstände, vgl. ebd., Kaiser Ferdinand II. an Hubert Bleymann, Regensburg, 2. Oktober 1641 (Konzept), fol. 994– 1065, insbesondere fol. 994r; ebd., Kaiser Ferdinand III. an Reichsvizekanzler Graf Kurtz, Regensburg, 2. Oktober 1641 (Konzept), fol. 995r. Zur Tätigkeit Bleymanns für die Jülicher Landstände seit 1631 und als pfalz-neuburgischer Agent in Köln vgl. Ulrike Tornow: Die Verwaltung der Jülich-Bergischen Landsteuern während der Regierungszeit des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm (1609 – 1653). Diss. phil. Bonn 1974, S. 59, 124– 129.  Zu den sächsischen Reichspfennigmeistern aus der Dynastie der von Loß vgl. Schattkowsky: Zwischen Rittergut, Residenz und Reich (Anm. 200), hier S. 373 – 432.  Joachim von Loß hatte bereits seinem Vater Christoph von Loß d. J. während dessen Amtszeit als Reichspfennigmeister assistiert, wie es schon sein Vater bei dessen Vater Christoph d. Ä. getan hatte. Vgl. ebd., S. 354, 390, 410 – 417. Zudem war er Oberaufseher der zu Teilen sequestrierten Herrschaft Mansfeld. Vgl. hierzu auch die Ausführungen seines Nachfolgers Ponickau in SächsHStA Dresden: 13480 Personennachlass Hans von Ponickau. Nr. 13: Schriftwechsel zur Ernennung des Hans von Ponickau zum Reichspfennigmeister 1637, Hans von Ponickau an Graf Maximilian von Trauttmansdorff, Dresden, 21./31. März 1637 (Konzept), fol. 2r – 3v.  Vgl. ebd., fol. 13r – 19r. Auf Wunsch Ponickaus datierte die Wiener Hofkammer seinen Amtsantritt rückwirkend auf den 1. Januar 1637, damit Ponikau bereits für das Jahr 1637 eine vollständige Jahresbesoldung erhalten konnte, vgl. SächsHStA Dresden: 13480 Personennachlass Hans von Ponickau (Anm. 205), fol. 11v.  Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10504/01 (unfol.), hier: Kurfürst Johann Georg an Metzsch als Reichspfennigmeister, Dresden, 22. September 1642. Metzsch war zuvor kursächsischer Prinzipalgesandter auf dem Nürnberger Kurfürstentag

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I Normative und institutionelle Grundlagen des Reichssteuerwesens

Komplementär zu den Reichspfennigmeistern etablierte sich der kaiserliche Fiskal (bzw. „Reichsfiskal“) am Ort des Reichskammergerichts, der mit den Reichspfennigmeistern in engen Korrespondenzbeziehungen stand und Säumnisse und Zahlungsverweigerungen von Reichssteuern juristisch zu ahnden hatte.²²¹ Die Rechte des Reichsfiskals waren in mehreren Reichsabschieden des 16. Jahrhunderts festgelegt worden.²²² In der Reichskammergerichtsordnung von 1555 und ihren späteren Überarbeitungen finden sich dann auch stets die „fiskalischen Sachen“ als eigene Klagekategorie aufgezählt.²²³ Zahlungsverweigerungen konnten demnach mit der Reichsacht geahndet werden, erst ab 1570 auch mit Strafgebühren.²²⁴ Erst vor dem Hintergrund der nachlassenden Leistungsfähigkeit des Reichskammergerichts infolge der konfessionellen Polarisierung im Reich unter Kaiser Rudolf II. nahm kurz vor der Wende zum 17. Jahrhundert auch am Reichshofrat ein kaiserlicher Fiskal seine Arbeit auf.²²⁵ Allerdings unterlagen fiskalische Pro-

von 1640 und auf dem Regensburger Reichstag von 1640/41, vgl. Bierther: Der Regensburger Reichstag von 1640/1641 (Anm. 185), S. 42, 117.  Die offizielle Bezeichnung des Amtsinhabers lautete „Reichskammergerichtsprokuratorfiskal“, gebräuchlicher waren jedoch die Kurzformen „(Reichs‐)Fiskal“ bzw. „kaiserlicher Fiskal“. Vgl. Schulze: Reichskammergericht und Reichsfinanzverfassung im 16. und 17. Jahrhundert (Anm. 174), S. 11. Zur Vorgeschichte des Fiskalenamts vom 13. Jahrhundert bis Kaiser Maximilian I. vgl. auch Ulrich Knolle: Studien zum Ursprung und zur Geschichte des Reichsfiskalats im 15. Jahrhundert. Jur. Diss. Freiburg. München 1965; Gernot Peter Obersteiner: Das Reichshoffiskalat 1596 bis 1806. Bausteine zu seiner Geschichte aus Wiener Archiven, in: Reichspersonal. Funktionsträger für Kaiser und Reich, hrsg. v. Anette Baumann/Peter Oestmann/Stephan Wendehorst/Siegrid Westphal (QFHG, 46). Köln 2003, S. 89 – 164, hier S. 89 – 95.  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 348 – 359; Schulze: Reichskammergericht und Reichsfinanzverfassung im 16. und 17. Jahrhundert (Anm. 174), S. 8 – 11.  Vgl. ebd., S. 8.  Der Reichsfiskal wird bereits im Reichsabschied von 1507 zu Eröffnung von Achtprozessen gegen Säumige der Kammerzieler ermächtigt. Die Nichtbezahlung der Türkenhilfe wurde erstmals im Reichabschied von 1542 als „schädlicher Ungehorsam“ als reichsachtwürdiges Vergehen eingestuft, vgl. Matthias Weber: Zur Bedeutung der Reichsacht in der Frühen Neuzeit, in: Neue Studien zur frühneuzeitlichen Reichsgeschichte, hrsg. v. Johannes Kunisch (ZHF Beiheft, 19). Berlin 1997, S. 55 – 90, hier S. 61 f., 81. Zum Amt des Reichsfiskals vgl. auch Schulze: Reichskammergericht und Reichsfinanzverfassung im 16. und 17. Jahrhundert (Anm. 174), S. 8 – 11; Rudolf Smend: Das Reichskammergericht. Erster Teil: Geschichte und Verfassung. Weimar 1911, S. 359 – 362.  Es gibt vereinzelte Hinweise auf einen Fiskal am Hof Kaiser Karls V. , allerdings muss das Amt im Anschluss für Jahrzehnte unbesetzt geblieben sein. Der erste reguläre Reichshoffiskal trat seinen Dienst erst 1596 an, vgl. Obersteiner: Das Reichshoffiskalat 1596 bis 1806 (Anm. 221),

2 Der Augsburger und Leipziger Reichspfennigmeister und der Reichsfiskal in Speyer

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zesse aufgrund nicht gezahlter Reichssteuern gemäß den Bestimmungen der Reichskammergerichtsordnung weiterhin ausdrücklich in erster Instanz der Zuständigkeit des Reichskammergerichts.²²⁶ Inwieweit es dabei in der Praxis blieb, ist keineswegs sicher zu sagen: Für die Ahndung von Zahlungsrückständen von Kammerzielern scheint sich die exklusive Zuständigkeit des Reichskammergerichts noch durch das ganze 17. Jahrhundert hindurch gehalten zu haben, nicht aber in den Fällen, in denen Reichsstände Reichstagsbewilligungen zur Türkenabwehr schuldig blieben.²²⁷ Schon gegen Ende des Jahrhunderts scheinen Prozesse um „Türkensteuern“ schon weitgehend in die Zuständigkeit des Reichshofrats übergegangen zu sein.²²⁸ Für die Zeit des Dreißigjährigen Krieges liegen bisher noch keine Untersuchungen zur Verteilung der Klagetätigkeit der Reichsgerichte in Reichssteuersachen vor; es finden sich jedoch Indizien, dass Klagen über Reichssteuerrückstände noch von Kaiser und Reichsständen primär als vor das Reichskammergericht gehörig erachtet wurden.²²⁹ Eine Weisungsbefugnis des Reichspfennigmeisters gegenüber dem Speyrer Reichsfiskal, wie sie Winfried Schulze zu erkennen glaubt²³⁰, dürfte eher die Ausnahme gewesen sein bzw. sich auf jene Fälle beschränkt haben, in denen der Reichspfennigmeister noch vor dem Fiskal über Vergleiche zwischen Schuldnern und dem Kaiserhof informiert war und diese Nachrichten nach Speyer weiterleitete.²³¹

S. 96. Zum Reichshofrat unter Kaiser Rudolf II. vgl. allgemein Ehrenpreis: Kaiserliche Gerichtsbarkeit und Konfessionskonflikt (Anm. 23).  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 353.  Vgl. Obersteiner: Das Reichshoffiskalat 1596 bis 1806 (Anm. 221), S. 108.  Der Staatsrechtler und Reichspublizist Johann Christoph von Uffenbach zählte zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Einklagung von Türkensteuern schon zu den ausschließlichen Zuständigkeiten des Reichshofrats, vgl. Uffenbach, Johann Christoph von: Tractatus Singularis Et Methodicus De Excelsissimo Consilio Caesareo-Imperiali Aulico.Wien 1700, S. 38 f.Vgl. zur Thematik auch Obersteiner: Das Reichshoffiskalat 1596 bis 1806 (Anm. 221), S. 108.  Unter den von Obersteiner aufgeführten häufigsten Klagekategorien des Reichshoffiskals werden Reichssteuerprozesse nicht erwähnt. Gemäß seiner kursorischen Zählung der fiskalischen Prozessakten aus den Beständen des Reichshofrats sind weniger als 20 Reichshofratsprozesse mit Reichssteuerthematik überliefert, vgl. ebd., S. 109. Die Auswertungen Obersteiners wurden jedoch nur anhand eines Findbuchs vorgenommen. Angesichts des derzeitigen bescheidenen Erschließungsstands der Reichshofratsakten haben diese Zahlenangaben nur eine begrenzte Aussagekraft.Vgl. zur Thematik auch: Schulze: Silent leges inter arma? Zur Rolle reichsrechtlicher Normen und Verfahrensweisen bei Türkensteuerforderungen im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 51).  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 333. In Anlehnung an W. Schulze auch Obersteiner: Das Reichshoffiskalat 1596 bis 1806 (Anm. 221), S. 97.  Das von Winfried Schulze angeführte Beispiel aus der Tätigkeit des Reichspfennigmeisters Geizkofler ist eher als Informationsvermittlung zu verstehen. Die kaiserlichen Instruktionen zum

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3 Reichskreise und Reichs- und Kreissteuern bis zum Ende des „Langen Türkenkriegs“ Den Reichskreisen kamen im Reichssteuerwesen, wie es sich bis zum Beginn der Regentschaft Kaiser Rudolfs II. ausgeprägt hatte, in erster Linie exekutive Funktionen zu. Sofern die am Reichstag verabschiedeten Römermonate zugunsten des Kaisers nicht in Form von Geld, sondern als Truppenhilfen entrichtet werden mussten, war es an den Reichskreisen, die Beiträge ihrer Kreisstände zu koordinieren und zu größeren, einsatzfähigen Kontingenten zusammenzustellen. Dies war erstmals 1530 für einen Feldzug Karls V. gegen die Osmanen der Fall.²³² Ab 1541 wurden die Reichskreise dann für mehrere Jahre immer wieder von diversen Reichstagen zur Truppenstellung oder zur Organisation von Geldhilfen für den Türkenkrieg in Ungarn angehalten.²³³ Für die Entwicklung der Kreistage waren dies wichtige Impulse, schließlich führte die Notwendigkeit zur Koordination von Türkenkriegskontingenten in manchen Reichskreisen überhaupt erst dazu, dass Kreistage einberufen wurden und sich kreisständische Beratungsformen fest institutionalisieren konnten.²³⁴

Amtsantritt Geizkoflers lassen keine Überordnung bzw. Weisungsbefugnis gegenüber dem Reichsfiskal erkennen. Zu den normativen Rahmenbedingungen des Reichspfennigmeisteramtes unter Geizkofler vgl. Sigelen: Zacharias Geizkofler (1560 – 1617) – Fürstendienst und Familienpolitik (Anm. 179), S. 117– 125. Auch in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges scheint sich daran nichts geändert zu haben, wie die kaiserliche Instruktion zum Amtsantritt des Reichspfennigmeisters Hans von Ponickau aus dem Jahr 1637 nahelegt, vgl. SächsHStA Dresden: 13480 Personennachlass Hans von Ponickau (Anm. 218), fol. 6r – 12v, „Instruction auf vnsernn vnndt des Reichs lieben getreuen, Hannsen von Ponickauu, als welchen wir, zu Vnserm, vnd des Heÿligen Reichs, Pfennigmeistern, beÿ deren Sächsischen Creißen Gnedigst fürgenommen“, Prag, 24. Juni 1637.  Vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 54 f.; Langwerth von Simmern: Die Kreisverfassung Maximilians I. und der schwäbische Reichskreis in ihrer rechtsgeschichtlichen Entwicklung bis zum Jahre 1648 (Anm. 11), S 143; Laufs: Der Schwäbische Kreis (Anm. 25), S. 156 – 161.  Vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 56 f.; Laufs: Der Schwäbische Kreis (Anm. 25), S. 166 – 213. Zur Bedeutung der Osmanen als einigendes Feindbild und Impetus für Reichssteuerbewilligungen der Reichsstände vgl. grundlegend Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28); Martin Wrede: Das Reich und seine Feinde. Politische Feindbilder in der reichspatriotischen Publizistik zwischen Westfälischem Frieden und Siebenjährigem Krieg (Beiträge zur Sozial- und Verfassungsgeschichte des Alten Reiches, Nr. 15). Mainz 2004, S. 66 f., 72– 80, 110 – 118; Almut Höfert: Den Feind beschreiben. „Türkengefahr“ und europäisches Wissen über das Osmanische Reich 1450 – 1600 (Campus Historische Studien, Bd. 35). Frankfurt am Main, New York 2003.  Vgl. hierzu Mohnhaupt: Die verfassungsrechtliche Einordnung der Reichskreise in die Reichsorganisation (Anm. 56), S. 8. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 192 f. Als wichtigste Arbeiten zur „Frühphase“ der Reichskreise vor 1555 können

3 Reichskreise und Reichs- und Kreissteuern des „Langen Türkenkriegs“

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Die Höhe der Türkenhilfen war indes lange kein eigentliches Beratungsthema auf den Kreistagen, da das Recht zur Reichssteuerbewilligung – wie schon Moser konstatiert – Sache des Reichstags war. Wenn auf Kreisebene Steuern bewilligt wurden, handelte es sich um Kreissteuern, die nur zur Deckung diverser Ausgaben des Reichskreises bestimmt waren, nicht aber für Kaiser und Reich.²³⁵ So wurde es auch bis weit in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts hinein gehalten. Nur indirekt spielten die Reichskreise schon im letzten Drittel des Jahrhunderts in Steuerfragen eine Rolle: Unter den Nachfolgern Kaiser Karls V. wurde es am Reichstag üblich, zur Beschleunigung der Entscheidungsfindung einzelne Tagesordnungspunkte nicht mehr direkt im Plenum, sondern in Ausschüssen (Deputationen) beraten zu lassen.²³⁶ Auch Türkenhilfeforderungen des Kaisers wurden vor allem seit Beginn der Regentschaft Rudolfs II. zuallererst in Ausschüssen des Reichstags beraten, deren Ergebnisse zwar noch vom Reichstagsplenum angenommen werden mussten, von diesem aber in der Regel weitgehend übernommen wurden.²³⁷ Die Zusammensetzung der Ausschüsse erfolgte wiederum in Rückgriff auf die Kurfürsten und die Reichskreise, wodurch sich gewisse Analogien zur Besetzungspraxis anderer Reichsinstitutionen wie dem Reichskammergericht oder dem Reichsregiment zu Beginn des 16. Jahrhunderts ergaben.²³⁸ Indes gab es mehrere Reichstage, in denen nicht nur die sechs „älteren“ Reichskreise unter Hinzuziehung der Kurfürsten die Deputation für Türkenhilfen beschickten, sondern Vertreter sämtlicher zehn Kreise.²³⁹ Letztere Variante wurde vor allem von habsburgischer Seite bevorzugt, schließlich ermöglichte sie dem Kaiserhaus über den gelten: Hartung: Geschichte des fränkischen Kreises (Anm. 12); Laufs: Der Schwäbische Kreis (Anm. 25), hier S. 156 – 270.  Vgl. Moser: Von der Teutschen Crays-Verfassung (Anm. 60), S. 438, 775 – 772.  Vgl. Helmut Neuhaus: Reichstag und Supplikationsausschuss. Ein Beitrag zur Reichsverfassungsgeschichte der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts (Schriften zur Verfassungsgeschichte, Bd. 24). Berlin 1977, insbesondere S. 29 – 74; Gerhard Oestreich: Zur parlamentarischen Arbeitsweise der deutschen Reichstage unter Karl V. (1519 – 1556). Kuriensystem und Ausschußbildung, in: MÖStA 25 (1972), S. 217– 243. Auch im berühmten „Traktat über den Reichstag“ wird das Ausschusswesen thematisiert, vgl. Karl Rauch (Hrsg.): Traktat über den Reichstag im 16. Jahrhundert. Eine offiziöse Darstellung aus der Kurmainzischen Kanzlei (Quellen und Studien zur Verfassungsgeschichte des Deutschen Reiches in Mittelalter und Neuzeit, 1,1). Weimar 1905, S. 75.  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 119 – 122.  Vgl. Neuhaus: Die rheinischen Kurfürsten, der kurrheinische Kreis und das Reich im 16. Jahrhundert (Anm. 20), hier S. 143; eine vergleichende Betrachtung der Besetzungspraxis von Reichskammergerichtsassessoren und Reichsregimentsräten durch Reichskreise und Kurfürsten bietet Christine Roll: Das zweite Reichsregiment, 1521– 1530 (Forschungen zur deutschen Rechtsgeschichte, 15. Bd). Köln 1996, S. 81– 85.  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 118 f.

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Burgundischen und Österreichischen Reichskreis die Entsendung eigener Teilnehmer in den Türkensteuerausschuss, was ansonsten nicht der Fall war.²⁴⁰ Allerdings stieß eine habsburgische Präsenz in der Türkensteuerdeputation auch immer wieder auf Kritik von Seiten der Reichsstände, denn schließlich war der Kaiser selbst der direkte Nutznießer etwaiger Türkenhilfen und somit Partei.²⁴¹ Letztlich konnte sich bis in die Epoche des Dreißigjährigen Krieges keine der beiden Ausschussvarianten gegenüber der anderen endgültig durchsetzen. Seinen Zweck erfüllte der Türkensteuerausschuss des Reichstags aus kaiserlicher Sicht in den meisten Fällen durchaus: Während die Türkensteuerbewilligungen des Reichstags unter Kaiser Ferdinand I. selten mehr als 20 Römermonate umfassten, stiegen sie unter Rudolf II. erheblich an und erlangten während des „Langen Türkenkriegs“ ihre Höchststände, mit der höchsten Einzelbewilligung über 86 Römermonate im Jahr 1603.²⁴² Insgesamt erreichten die vom Reich aufgebrachten Steuern zur Unterstützung der Habsburger in Ungarn im Lauf des 16. und frühen 17. Jahrhunderts Summen, die auch in Zeiten ohne akute militärische Bedrohungslage zur Deckung über eines Drittels der Gesamtkosten der habsburgischen Grenzsicherung in Ungarn ausreichten, in Kriegszeiten sogar noch zu deutlich mehr. Die finanziell oder militärisch entrichteten Hilfen des Reiches trugen somit wesentlich zum Schutz der habsburgischen Erblande bei.²⁴³

 Vgl. ebd., S. 119. Zur reichspolitischen Bedeutung des Österreichischen Reichskreises für das Haus Habsburg im Rahmen reichsständischer Versammlungen vgl. auch Mally: Der Österreichische Reichskreis (Anm. 109), hier insbesondere S. 318, ferner Winfried Schulze: Das Haus Österreich auf den Reichstagen des späten 16. Jahrhunderts, in: Österreich in Geschichte und Literatur 16 (1972), S. 121– 131, hier S. 122, 124.  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 119, 122.  1576 wurden 60 Römermonate bewilligt, 1582 40 Römermonate, 1594 80 Römermonate, 1598 60 Römermonate, 1603 86 Römermonate. Vgl. den Überblick bei Schulze: Die Erträge der Reichssteuern zwischen 1576 und 1606 (Anm. 179), S. 180, 182 f. Zu den Türkenhilfen unter Kaiser Ferdinand I. vgl. allgemein Peter Rauscher: Kaiser und Reich. Die Reichstürkenhilfen von Ferdinand I. bis zum Beginn des Langen Türkenkriegs (1548 – 1593), in: Finanzen und Herrschaft. Materielle Grundlagen fürstlicher Politik in den habsburgischen Ländern und im Heiligen Römischen Reich im 16. Jahrhundert, hrsg. v. Friedrich Edelmayer/Maximilian Lanzinner/Peter Rauscher (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Bd. 38). Wien 2003, S. 45 – 83.  Vgl. Géza Pálffy: Der Preis für die Verteidigung der Habsburgermonarchie. Türkenabwehr in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in: Finanzen und Herrschaft. Materielle Grundlagen fürstlicher Politik in den habsburgischen Ländern und im Heiligen Römischen Reich im 16. Jahrhundert, hrsg. v. Friedrich Edelmayer/Maximilian Lanzinner/Peter Rauscher (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Bd. 38). Wien 2003, S. 20 – 44, hier vor allem S. 33, 43; vgl. auch Rauscher: Kaiser und Reich. Die Reichstürkenhilfen von Ferdinand I. bis zum Beginn des Langen Türkenkriegs (1548 – 1593) (Anm. 242), hier S. 82; ders.:

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Freilich gedachte der Kaiserhof auf den steten Zufluss an Türkensteuern aus dem Reich auch dann nicht zu verzichten, als sich die konfessionellen Gegensätze unter den Reichsständen ab den 1580er Jahren wieder langsam zu verhärten begannen und die Kompromiss- und Beschlussfindung am Reichstag zunehmend erschwert wurde.²⁴⁴ Dies galt erst recht ab 1592, als sich die Auseinandersetzungen Habsburgs mit den Osmanen wieder zu einem offenen Krieg auswuchsen, der zum „Langen Türkenkrieg“ werden und erst 1606 sein Ende finden sollte.²⁴⁵ Zwar kamen während des Krieges immerhin drei Reichstage zustande, die erste dieser Reichsversammlungen trat jedoch erst 1594 zusammen.²⁴⁶ Dennoch rief Kaiser Rudolf II. das Reich schon unmittelbar nach Beginn der Kampfhandlungen mit den Osmanen dazu auf, ihm finanzielle und militärische Unterstützungsleistungen zu gewähren. Er tat dies, indem er seine Forderungen über Kommissare vor verschiedenen Kreistagen vortragen ließ – ein bis dahin nie da gewesener Schritt.²⁴⁷ Seit Winfried Schulze gilt als ausgemacht, dass es Reichspfennigmeister Zacharias Geizkofler war, der Kaiser Rudolf II. als erster in diversen Gutachten zur Finanzierung des neuen Türkenkriegs dazu geraten hatte, eine Einwilligung der Reichsstände zu neuen Türkensteuern in reichstagslosen Zeiten auch über Kreistage zu versuchen.²⁴⁸ Dabei gelang es dem Kaiser, durch intensive diplomatische Bemühungen noch vor Einberufung der ersten Kreistage die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg für sein Vorhaben zu gewinnen, die sich in Erwartung eines osmanischen Vorstoßes über Böhmen und Schlesien

Zwischen Krieg und Frieden. Kaiserliche Finanzkrise und Friedenspolitik im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs (1612– 1615), in: Frieden und Friedenssicherung in der Frühen Neuzeit. Das Heilige Römische Reich und Europa; Festschrift für Maximilian Lanzinner, hrsg. v. Guido Braun/ Arno Strohmeyer (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 36). Münster 2013, S. 349 – 386, 352 f.  Vgl. Gotthard: Der deutsche Konfessionskrieg seit 1619 – ein Resultat gestörter politischer Kommunikation (Anm. 4); Zur Problematik der Anerkennung von Reichsabschieden insbesondere unter den protestantischen Reichsständen um 1600 vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 223 – 238. Zur Auswirkung der Blockade des Reichstags auf das Reichssteueraufkommen Rauscher: Zwischen Krieg und Frieden. Kaiserliche Finanzkrise und Friedenspolitik im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs (1612– 1615) (Anm. 243), hier S. 353.  Vgl. Jan Paul Niederkorn: Die europäischen Mächte und der „Lange Türkenkrieg“ Kaiser Rudolfs II. (1593 – 1606) (Archiv für österreichische Geschichte, Bd. 135). Wien 1993; Gustav Beyerle: The Compromise at Zsitvatorok, in: Archivum Ottomanicum 6 (1980), S. 5 – 53.  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 79.  Vgl. Winfried Schulze: Reichstage und Reichssteuern im späten 16. Jahrhundert, in: ZHF 2 (1975), S. 43 – 58. Vgl. allgemein auch Niederkorn: Die europäischen Mächte und der „Lange Türkenkrieg“ Kaiser Rudolfs II. (1593 – 1606) (Anm. 245).  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 196, 204.

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selbst bedroht sahen und das kaiserliche Steueranliegen unterstützten.²⁴⁹ So war es auch kein Zufall, dass der von Kursachsen und Kurbrandenburg dominierte Obersächsische Reichskreis der erste unter allen Reichskreisen war, der dem Kaiser im Rahmen eines Münzprobationstags im Oktober 1592 eine Steuerbewilligung von immerhin 100 000 Rtl. zur Türkenabwehr zukommen ließ.²⁵⁰ Mit Hilfe dieses „Schrittmacherdienstes“ des Obersächsischen Reichskreises ließen sich nun auch alle anderen Reichskreise auf Steuerbewilligungen ein.²⁵¹ Bis 1606 wiederholten sich derartige Steuerbewilligungen über verschiedene Reichskreise noch mehrfach.²⁵² Allerdings taten sich die kaiserlichen Kommissare auf allen von ihnen zur Kontributionseinwerbung besuchten Kreistagen schwer, Argumente zu finden, warum das Vorgehen des Kaisers mit dem Reichsrecht und dem Reichsherkommen vereinbar wäre. Teilweise sollten die Kreisstände ihre Bewilligungen lediglich als „Überbrückungshilfe“ für den Kaiser und Vorschuss auf die nächste Reichstagsbewilligung erachten.²⁵³ Mehrfach wurde auch am Kaiserhof erwogen, eine Pflicht der Reichskreise zur Hilfegewährung ohne vorherigen Reichstagsbeschluss alleine mit der Reichsexekutionsordnung zu begründen.²⁵⁴

 Des Weiteren erhofften sich Kurbrandenburg und Kursachsen kaiserliche Unterstützung im sich anbahnenden Erbfall von Jülich-Kleve und ein Entgegenkommen des Kaisers im Straßburger Kapitelstreit, vgl. Nicklas: Macht oder Recht (Anm. 35), S. 141. Zu den weiteren Motiven Kursachsens zur fortdauernden Unterstützung des Kaisers im Langen Türkenkrieg vgl. ebd., S. 145 f.  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 195 f; Nicklas: Macht oder Recht (Anm. 35) S. 139 – 141.  Vgl. Alfred Hugo Loebl: Eine außerordentliche Reichshilfe und ihre Ergebnisse in reichstagsloser Zeit, in: Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften 153 (1906), S. 1– 128, hier insbesondere S. 85 – 89; Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 196 f.; Müller: Der Anteil der schwäbischen Kreistruppen an dem Türkenkrieg Kaiser Rudolfs II. von 1595 bis 1597 (Anm. 13); Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 63 f.  Allein aus dem Obersächsischen Reichskreis erhielt Kaiser Rudolf II. in folgenden weiteren Jahren Bewilligungen, die jeweils einen Gegenwert von 100.000 Rtl. besaßen: eine weitere Geldhife 1593, im Anschluss eine besoldete Kreistruppe bis 1597, weitere Geldhilfen in den Jahren 1601, 1602, 1605 und 1606, vgl. Nicklas: Macht oder Recht (Anm. 35), S. 141– 151.  Vgl. dazu StAL: B 90 Bü. 57, Kaiser Rudolf II. an die Kreisausschreibenden Fürsten des Schwäbischen Reichskreises, Prag, 21. Februar 1602 (Kopie).  Vgl. StAL: B 90 Bü. 294„Summarische Verzeichnus, waß außerhalb der Regenspurgischen Reichsbewilligung für fernere extraordinari Türggenhilffe, in Teutschlandt, vnd beÿ des Reichs Craißen gesucht werden sollen.“ Undat. [1594], o.O. Das Gutachten wird im Onlinefindbuch des Ludwigsburger Staatsarchivs fälschlicherweise auf 1597 datiert.

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Auch Zacharias Geizkofler, der mutmaßliche „Erfinder“ der Kreishilfen, beteiligte sich an diesen Überlegungen durch Beisteuerung diverser Gutachten.²⁵⁵ Nach seiner Interpretation stand Österreich als einem der zehn Kreise des Reiches im Falle einer direkten Bedrohung eine Hilfsleistung aller übrigen Kreise – nicht nur der „nächstgesessen“ Nachbarkreise – zu, da die Reichsexekutionsordnung von 1555 in existenziellen Bedrohungssituationen eine umfassende Beistandspflicht zwischen allen Reichskreisen festschreibe.²⁵⁶ Auf diese Interpretation der Reichsexekutionsordnung gestützt, entwickelte er sogar den Plan, die bis dahin von den einzelnen Kreisen nur für jeweils eine Feldzugsaison bewilligten Truppenhilfen²⁵⁷ „vff ein beharrlichen (!) wesen“ umzustellen, da eine kontinuierlich von den Reichskreisen unterhaltene Armee in Ungarn letztlich „mitt wenigern Verlust vnd ausgaben“ verbunden sei, als dies bei der bisherigen Kriegsführung der Fall war.²⁵⁸ An einen miles perpetuus circuli, wie sie der Frän-

 Eines der aufschlussreichsten Gutachten Geizkoflers zur Heranziehung der Reichskreise während des Langen Türkenkrieges ist der „Discurs umb ein hilffserhandlung beÿ den stennden des Reichs“; StAL: B 90 Bü. 300, undat. Das an Kaiser Rudolf II. adressierte Gutachten wird laut Findmittel des Archivs auf 1602 datiert. Es dürfte jedoch wahrscheinlicher erst im Jahr 1606 entstanden sein, da Geizkofler darin von einem seit nunmehr 14 Jahren andauernden Türkenkrieg spricht.  „Der Buchstaben der Executionis Ordtnung in gegenwertigen fall ist lauter vndt clar […] Die handt vnd schuldige Kreißhülff gebotten, vnd eben itziger Zeitt, do die nott am höchten, des feindt Vorhaben vnd macht, keine Reichs Versammlung, lang[er] Verzug oder disputat leiden will, sondern vndt dieweil offenbar, dz Ihr Mtt. derselben Königreich vnd Erblandt solchen mechtigen feindt zu schwach, den Erbfeinden gegen Osterreich thur vnd thor albereit eröfnet, vermög der Reichs Abschiede vnd Executions Ordtnung, dem Österreichischen Kreiß uergönnt, vnd zugelassen, nit allein dreÿ oder 5. sondern auch alle zehen Kreiß, wofern die gefahr darnach geschaffen, zuerfordern, inmassen des Erbfeindts macht vnd gewalt nit allein Ihr Mtt. derselben Erblandt, sondern gemeines Vatterlandts Teutscher Nation, mit feuer, Schwerden vnd in andern thetliche weg zuuertilgen vnd anzugreiffen vermeint vnd angesehen.“ ebd.  „Vndt obwohl die Vnordtnung vndt Vnderhaltung deß Krigsvolck an reuter vndt knechten, ins feldt bedes der Reich vndt Kreißhülff den mehrern theil, mit den an vndt abzug sich iherlich vff 5 Monat lang erstreckt gehabt,[.] So haben sich doch die Ihre Mtt. solcher hülff, jherlich nicht wohl vber einanderthalb oder zweÿ Monat zum lengsten gebrauchen können, [.] Ehe man gemustert, hinab ins feldt kommen vndt gelagert, ist den Soldaten widerumb abgedancket, der abzug genommen vndt also die meiste Zeit ohne frucht verloffen, die Soldaten matt vndt kranck worden, der meiste hauff gestorben, dagegen die vollige Bezahlung, einen Weg alß den Andern fortgangen, vnder Ihrer Mtt. den Kreißstenden noch auch den gemeinen Krigsman, der Leib vndt leben gewagt vnd verlohren, solche ausgaben zu gutten kommen.“ ebd.  Vgl. ebd. Geizkofler führt weiter aus, dass für den Fall, dass eine beharrliche Kreishilfe erst einmal beschlossen sei, könne man auch die Offiziere und Soldaten kontinuierlicher bezahlen und zugleich leichter neue Rekruten finden, die aufgrund dieser Sicherheit „sich mitt viel einen geringen werben vnd bestellen lassen werden“. Ein jeder Kreis solle gemäß seines Anschlags seine

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I Normative und institutionelle Grundlagen des Reichssteuerwesens

kische und Schwäbische Reichskreis rund ein Jahrhundert später einrichteten, dürfte Geizkofler aber wahrscheinlich noch nicht gedacht haben.²⁵⁹ Vielmehr zielten seine Überlegungen auf eine nach militärischen und fiskalischen Aspekten effektivere Ausgestaltung der bisherigen Praxis der Geld- und Truppenhilfen durch Reichskreise ab.²⁶⁰ Mit dem Abschluss des Vertrages von Zsitvatorok mit den Osmanen von 1606 und dem darin besiegelten langfristigen Waffenstillstand erübrigten sich derartige Überlegungen allerdings. Zudem hatten sich im Reich schon bald gewichtige Stimmen erhoben, die in der Reichsexekutionsordnung keineswegs eine ausreichende Legitimationsgrundlage sahen, um die Reichskreise zur Türkenhilfe heranziehen zu können, oder die vor den Folgen eines solchen Hilfsgesuchs warnten. Dazu gehörte Herzog Maximilian von Bayern, der seinen Vorbehalten gegenüber einer auf der Reichsexekutionsordnung aufbauenden Reichshilfeforderung an die Reichskreise in einem Schreiben an den neuen Reichspfennigmeister Matthäus Welser 1604 deutlich Ausdruck verlieh.²⁶¹ In einem solchen Vorgehen, wie es Geizkofler vorschlug, sah der Bayernherzog die Gefahr, dass es „vast nur die vier Österreich am negst gesessenen Craiß treffen würde, dann die vbrige Reichscraiß lassen sich vernemen, es gehe sÿ der Niderlendische Krieg mehr als der Türgge an, derowegen der last allein ermelten vier Craißen, sambt dem Österreichischen auf den halß verbleiben thete“.²⁶² Stattdessen plädierte Herzog Maximilian für die Ausschreibung eines neuen Reichstags, der seiner Meinung nach den Wünschen des Kaisers nach einer erneuten Unterstützungsleistung des Reiches dienlicher sei. Es gelang dem Kaiser letztlich bis zum Ende des „Langen Türkenkriegs“ nicht, eine von reichsständischer Seite vollständig akzeptierte reichsrechtliche LegitiBeiträge leisten, die dann, je nach Gefahr, auch „in duplo, triplo, oder ein mehrers“ gesteigert werden sollten.  Zur Etablierung des „miles perpetuus circuli“ gegen Ende des 17. Jahrhunderts Storm: Der Schwäbische Kreis als Feldherr (Anm. 26), S. 84– 86, 91– 111.  „Auß solchen allen leichtlich zu schlissen, vff den fall Ihrer Mtt. ein beharrliche Kreißhulff bewilligt werden solt, daß mitt weniger mühe, geringen Vncosten in einem Jahr wider den Erbfeindt, ein mehrers verrichtet, dan man verloffener Zeit inner 5 oder mehr Jahren, mitt Verlust vieler ansehenlicher haubter, gemeiner Soldaten, vnd großer ausgaben, befinden vnd erfahren mögen.“ StAL: B 90 Bü. 300 (Anm. 255).  Welser berichtete Kaiser Rudolf II. vom Inhalt des Briefes. Aus diesem Schreiben Welsers an den Kaiser wird im Folgenden zitiert. Zuvor hatte Rudolf II. die Ausschreibung von Kreistagen im Reich mit Verweis „auf den landfrieden vnnd executionsordnung fundierten zuezugs der nechst benachbarten Craiß wider des Erbfeinds besorgten gewalltigen für vnd einbruch inn den Österreichischen Craiß“ von den Kreisausschreibenden Fürsten erbeten, vgl. OeStA FHKA: SUS RA 46.1.11, Reichspfennigmeister Matthäus Welser an Kaiser Rudolf II., Augsburg, 23. Dezember 1604, fol. 623r–623v, Zitat fol. 623r.  Zitat nach ebd., fol. 623r.

3 Reichskreise und Reichs- und Kreissteuern des „Langen Türkenkriegs“

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mation für sein Vorgehen in den Reichskreisen zu finden.²⁶³ Aus finanzieller Sicht gelohnt hatte sich die Anrufung der Reichskreise für den Kaiser jedoch allemal: Geizkofler, der die Geldhilfen der oberdeutschen Reichskreise vom Kriegsausbruch bis zum Jahr 1603 verwaltete, schätzte den Gesamtwert der Kreishilfen über die gesamte Dauer des Krieges auf rund zwölf Mio. Gulden, was in etwa auch derjenigen Summe entsprach, die die im gleichen Zeitraum abgehaltenen drei Reichstage von 1594, 1598 und 1603 bewilligt hatten.²⁶⁴ Winfried Schulze setzt den tatsächlichen Ertrag der Reichskreisbewilligungen zwar deutlich niedriger an, geht aber immer noch von sieben bis acht Mio. Gulden aus.²⁶⁵ Die Reichskreise hatten somit während des „Langen Türkenkriegs“ unter Beweis gestellt, dass sie durchaus in der Lage waren, den Reichstag als Instanz zur Steuerbewilligung im Reich zumindest vorübergehend substituieren zu können. Ob die Kreisstände Reichssteuerbewilligungen über Reichskreise aber auch nach dem „Langen Türkenkrieg“ akzeptieren würden, war keineswegs ausgemacht. Neue reichsrechtliche Regelungen, die den Reichskreisen ausdrücklich ein Steuerbewilligungsrecht zugesprochen hätten, wurden jedenfalls weder vor noch nach 1606 von einem Reichstag verabschiedet. Zumindest aber stellten die Kreishilfen aus den Jahren 1592 bis 1606 fortan zweifellos wichtige Referenzfälle dar, auf die sich auch künftige Kaiser berufen konnten, wollten sie den Versuch unternehmen, Reichssteuerbewilligungen außerhalb eines Reichstags einzuwerben. Freilich hingen die weiteren Erfolgschancen für neue Reichssteuerforderungen Kaiser Rudolfs II. und seiner Nachfolger im Kaiseramt nicht unwesentlich davon ab, ob sie den Reichsständen eine anhaltende Bedrohungssituation durch die Osmanen glaubhaft machen konnten. Doch in Folge des Waffenstillstands von 1606 kam es an der südöstlichen Reichsgrenze höchstens noch zu vereinzelten Scharmützeln, von einer allgemeinen Bedrohung des Reiches durch die Türken konnte kaum noch die Rede sein.²⁶⁶

 Vgl. Langwerth von Simmern: Die Kreisverfassung Maximilians I. und der schwäbische Reichskreis in ihrer rechtsgeschichtlichen Entwicklung bis zum Jahre 1648 (Anm. 11), S. 286.  Vgl. Johannes Müller: Zacharias Geizkofler. 1560 – 1617. Des Heiligen Römischen Reiches Pfennigmeister und Oberster Proviantmeister im Königreich Ungarn (Veröffentlichungen des Wiener Hofkammerarchivs, 3). Baden bei Wien 1938, S. 33, Anm. 32; ders.: Die Verdienste Zacharias Geizkoflers um die Beschaffung der Geldmittel für den Türkenkrieg Kaiser Rudolfs II. Innsbruck 1900, S. 269 f.  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), 361; Schulze: Reichstage und Reichssteuern im späten 16. Jahrhundert (Anm. 247), S. 45.  Vgl. Beyerle: The Compromise at Zsitvatorok (Anm. 245).

II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne auf Basis der Reichskreisverfassung, 1608 – 1648 Im Folgenden gilt es nun zu untersuchen, inwieweit es den Kaisern in den Jahren nach dem „Langen Türkenkrieg“, vor allem aber in der Epoche des Dreißigjährigen Kriegs dennoch gelang, das Reichsfinanzwesen über die Reichskreise – aber ohne Reichstage – zu ihren Gunsten einzuspannen. Nach dem Kriegsbeginn 1618 gilt es ferner in den Blick zu nehmen, welchen Stellenwert die Reichskreise in der Kriegsführung des Kaisers und seiner Verbündeten insgesamt einnahmen.

1 Die politische Blockade des Reiches nach dem Türkenkrieg 1.1 Die beiden gescheiterten Reichstage von 1608 und 1613 und die Kontributionsfrage Mit dem Ende der unmittelbaren „Türkengefahr“ fiel nicht nur ein wichtiges Argument für kaiserliche Steuerforderungen an das Reich fort, sondern zugleich auch ein wesentlicher Impetus zur konfessionsübergreifenden Rücksichtnahme und Kooperation unter den Reichsständen. Ohne die einigende Kraft eines gemeinsamen äußeren Feindes traten all jene konfessionspolitisch aufgeladenen Spannungen im Reich wieder offen zu Tage, die sich schon in den Jahren unmittelbar vor Ausbruch des Langen Türkenkriegs aufgebaut hatten. Ihren ersten Höhepunkt erreichte die konfessionelle Polarisierung des Reichsverbands dann in Folge der Ächtung der protestantischen Reichsstadt Donauwörth durch den Reichshofrat und der Exekution des Urteils 1607 durch den katholischen Bayernherzog. In den folgenden Ausführungen soll der Fokus allerdings weniger auf den einzelnen politisch und religiös motivierten Konflikten im Reich nach 1606 liegen, sondern vielmehr auf den Auswirkungen jener konfessionellen Spannungen auf das Reichssteuerwesen und die Reichskreise im Jahrzehnt unmittelbar vor Beginn des Dreißigjährigen Kriegs. Die Krise des Reichsverbandes in der Spätphase der Regentschaft Kaiser Rudolfs II. manifestierte sich bereits auf dem ersten Reichstag nach Ende des Langen Türkenkriegs auf eine drastische und bis dato in der frühneuzeitlichen Reichsgeschichte unerhörte Weise. Für die 1608 nach Regensburg ausgeschriebene Reichsversammlung erwies sich bereits die Einigung auf einen „modus procedendi“, die Festlegung der Rangfolge der Propositionspunkte, als unüberhttps://doi.org/10.1515/9783110558739-006

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windliches Problem²⁶⁷: Kaiser Rudolf II. hatte in Erwartung eines baldigen erneuten Konflikts mit dem Osmanischen Reich die Bewilligung einer erneuten Türkenhilfe vor allen anderen Themen verhandelt wissen wollen, was auf umgehenden Widerspruch einer großen Gruppe protestantischer Fürsten unter Führung der Kurpfalz gestoßen war. Diese beharrten auf der vorrangigen Beratung über die in ihren Augen untragbaren Missstände an den höchsten Reichsgerichten, denen sie im Streit um die Auslegung des Augsburger Religionsfriedens und der Ächtung Donauwörths eine parteiische Rechtsprechung zu Gunsten der Katholiken vorwarfen.²⁶⁸ Eine neue Türkensteuer konnte in ihren Augen im besten Fall nach der Abstellung ihrer Gravamina erfolgen, nicht vorher, denn andernfalls fürchteten sie, dass „nach erlangter contribution die andern puncten unerortert“ gelassen werden könnten.²⁶⁹ Nachdem sich die katholische Reichstagsmehrheit auf eine entsprechende Umstellung der Tagesordnung nicht einlassen wollte, reisten die protestantischen Vertreter kurzerhand vom Reichstag ab, woraufhin die gesamte Versammlung ohne Reichsabschied auseinanderging. Der demonstrative Boykott der Reichsversammlung durch die protestantischen Fürsten geschah nicht nur aus Protest über die Tagesordnung, sondern auch aus Sorge vor einer politischen Marginalisierung protestantischer Interessen in einer Institution, in der Katholiken stets über die Stimmenmehrheit verfügten und mit dem Kaiser, dem Reichserzkanzler und einer Mehrheit im Kurkolleg auch in hierarchischer Hinsicht dominierten.²⁷⁰ Doch die reichsweite Akzeptanz dieser wichtigsten Reichsinstitution mit ihren tradierten Entscheidungsfindungsprozessen war durch die Eskalation von 1608 zumindest von Seiten der protestantischen Opposition unter Führung von Kurpfalz grundsätzlich in Frage gestellt. Dies galt erst recht für die bis dahin übliche Praxis der Reichssteuerbewilligung nach dem Mehrheitsprinzip.²⁷¹

 Zum Reichstag von 1608 vgl. Moriz Ritter (Hrsg.): Die Gründung der Union. 1598 – 1608 (Briefe und Acten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges in den Zeiten des vorwaltenden Einflusses der Wittelsbacher, 1). München 1870, S. 621– 664 (Nr. 529); Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 116 – 118; Axel Gotthard: Der Augsburger Religionsfrieden (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte, Bd. 148). Münster 2004, S. 461– 471.  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 116 f.  So die Wortmeldung der kurpfälzischen Reichstagsgesandtschaft nach Verlesung der kaiserlichen Proposition, zitiert nach ebd., S. 118.  Vgl. hierzu allgemein Gotthard: Der deutsche Konfessionskrieg seit 1619 – ein Resultat gestörter politischer Kommunikation (Anm. 4), pointiert ebenfalls Gotthard: Das Alte Reich (Anm. 4), S. 78 – 82.  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 155 – 178.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

Am Kaiserhof versuchte man in dieser Situation zumindest in finanzieller Hinsicht noch zu retten, was zu retten war, und entsandte schon kurz nach dem Abbruch des Reichstags Gesandte an ausgewählte Reichsstände, um von diesen auch ohne Reichsabschied zumindest einen Vorschuss auf eine künftige Reichshilfebewilligung zu erlangen.²⁷² Von Erfolg gekrönt scheint diese Initiative aber nicht gewesen zu sein.²⁷³ Auch die Entmachtung Kaiser Rudolfs II. durch seinen Bruder Matthias, der Rudolf nach dessen Tod 1612 in der Kaiserwürde folgte, änderte vorerst wenig an der Frontstellung der Konfessionsparteien im Reich. Dennoch versuchte der neue Kaiser gleich bei seinem ersten (und letztlich dann auch einzigen) Reichstag eine finanzielle Hilfe des Reichs zu erlangen. Doch auch Matthias konnte keines der zentralen Probleme im Reich vor Beginn des Reichstags einer Lösung näher bringen, auch nicht die Frage einer Restitution Donauwörths. Stattdessen vergiftete die fortdauernde Besetzung der Reichsstadt durch Bayern auch auf dem Reichstag von 1613 das Gesprächsklima zwischen den Konfessionsparteien, was in Verbindung mit den Dauerkonflikten im Zusammenhang mit der Auslegung wesentlicher Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens diese Reichsversammlung ebenfalls faktisch beschlussunfähig machte. Im Gegensatz zu 1608 kam es 1613 immerhin zu einem Reichsabschied, der dem Kaiser eine einmalige Reichshilfe von 30 Römermonaten zusicherte.²⁷⁴ Der Kontributionsbe-

 Vgl. StAL, B 90 Bü 331, Resolution auf die Proposition des kaiserlichen Kommissars Marx Konrad Rehlinger, Ulm, 12. September 1609. Die kaiserliche Forderung zielte auf „Leistung einer mitleidenlichen fünffvndzwainzig Monatlichen hilff“. Bereits in der letzten Verhandlungsrunde am Reichstag von 1608 hatte der Kaiser seine ursprünglich viel höheren Unterstützungswünsche auf 25 Römermonate gesenkt, vgl. Peter Rauscher: Nach den Türkenreichstagen. Der Beitrag des Heiligen Römischen Reichs zur kaiserlichen Kriegführung im 17. und frühen 18. Jahrhundert, in: Kriegführung und Staatsfinanzen. Die Habsburgermonarchie und das Heilige Römische Reich vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Ende des habsburgischen Kaisertums 1740, hrsg. v. Peter Rauscher (Geschichte in der Epoche Karls V., Bd. 10). Münster 2010, S. 433 – 486, hier S. 436.  So wies etwa die noch im Langen Türkenkrieg zu großen finanziellen Zugeständnissen bereite Reichsstadt Ulm den kaiserlichen Kommissar Marx Konrad Rehlinger mit dem Hinweis ab, der Gesandte und der Kaiserhof wüssten sicherlich genau, „was die aigentliche Vrsachen des vnfruchtbar geendeten Reichstags gewesen, welche Ursachen aber der Zeit nit remouirt, oder abgelegt, sondern noch empor seÿen“. StAL: B 90 Bü. 331, unfol.  Zum Reichstag von 1613 vgl. Adam Haas: Der Reichstag von 1613. Diss. phil. Würzburg 1929; Peter Rauscher: Reiche Fürsten – armer Kaiser? Die finanziellen Grundlagen der Politik Habsburgs, Bayerns und Sachsens im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges, in: Plus ultra. Die Welt der Neuzeit. Festschrift für Alfred Kohler zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Friedrich Edelmayer. Münster 2008, S. 233 – 258, hier S. 255 f. und Rauscher: Zwischen Krieg und Frieden. Kaiserliche Finanzkrise und Friedenspolitik im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs (1612– 1615) (Anm. 243), S. 367– 371. Eine reiche Quellensammlung bietet: Anton Chroust: Der Reichstag von 1613 (Briefe und

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schluss wie der gesamte Reichsabschied wurden jedoch nur von den katholischen Reichstagsteilnehmern akzeptiert, während die protestantischen Reichsstände die Beschlussfähigkeit des Konvents grundsätzlich in Frage stellten und unter Protest den Tagungsort verließen, ohne den Reichsabschied unterzeichnet zu haben.²⁷⁵ Eine Revitalisierung des Reichstags als handlungsfähige, von allen Reichsständen anerkannte zentrale Reichsinstitution war nicht zustande gekommen, die institutionelle Blockade des Reiches hielt an. Für Kaiser Matthias war dies nicht nur eine politische Katastrophe, sondern auch eine finanzielle: Er hatte bereits im Vorfeld des Reichstags Kredite in Höhe von rund 880 000 fl. im Vorgriff auf die erwarteten Reichssteuerbewilligungen aufnehmen lassen, für deren Rückzahlung zu großen Teilen die Augsburger Reichspfennigmeisterei unter ihrem Amtsinhaber Stephan Schmidt gebürgt hatte, die nun ihre Schulden nicht mehr begleichen konnte und jede weitere Kreditwürdigkeit auf unabsehbare Zeit verlor.²⁷⁶ Auch die Wiener Hofkammer fürchtete fortan mehr denn je um ihre Zahlungsfähigkeit, da man in dieser kaiserlichen Hofbehörde ebenso fest mit einer Geldhilfe aus dem Reich gerechnet

Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges in den Zeiten des vorwaltenden Einflusses der Wittelsbacher, 11). München 1909.  Vgl. Haas: Der Reichstag von 1613 (Anm. 274), S. 77 f.; Rauscher: Zwischen Krieg und Frieden. Kaiserliche Finanzkrise und Friedenspolitik im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs (1612– 1615) (Anm. 243), S. 371; Der Reichstagsabschied ist ediert bei Johann Jacob Schmauß: Neue und vollständigere Sammlung der Reichsabschiede, welche von den Zeiten Kayser Conrads II. bis jetzo auf den teutschen Reichs-Tägen abgefasset worden […]. Reichsabschiede von dem Jahr 1495 bis 1551 inclusive, 4 Bde. Osnabrück Neudr. 1967, hier Teil 3, S. 521– 533, zur Reichssteuerbewilligung S. 523. Bei Chroust: Der Reichstag von 1613 (Anm. 274) findet sich weder die kaiserliche Proposition noch der Reichsabschied.  Zur privaten Kreditvergabe Schmidts vgl. die entsprechenden Anmerkungen in Kap. Kap. I.2, „Der Augsburger und Leipziger Reichspfennigmeister und der Reichsfiskal in Speyer“. Vgl. ferner Rauscher: Reiche Fürsten – armer Kaiser? Die finanziellen Grundlagen der Politik Habsburgs, Bayerns und Sachsens im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 274), S. 255. Die Gesamtverschuldung des Augsburger Reichspfennigmeisteramts betrug zu diesem Zeitpunkt rund 4,1 Mio fl., vgl. Rauscher: Zwischen Krieg und Frieden. Kaiserliche Finanzkrise und Friedenspolitik im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs (1612– 1615) (Anm. 243), S. 371. Zur Verschuldung der beiden Reichspfennigmeistereien und der privaten Kreditvergabe der Reichspfennigmeister an den Kaiser unmittelbar vor dem Dreißigjährigen Krieg vgl. ebenfalls Schattkowsky: Zwischen Rittergut, Residenz und Reich (Anm. 200), S. 425 – 427. Die Gesamthöhe der nach 1613 tatsächlich eingekommenen Reichssteuern aus den 30 Römermonaten des Regensburger Reichstags ist bisher unbekannt, vgl. Rauscher: Reiche Fürsten – armer Kaiser? Die finanziellen Grundlagen der Politik Habsburgs, Bayerns und Sachsens im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 274), S. 255, Anm. 101.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

hatte, deren tatsächlicher Ertrag sich jetzt jedoch als weitgehend unkalkulierbar erwies.²⁷⁷ Ähnlich wie nach dem vorangegangenen Reichstag von 1608 versuchten auch 1613 kurz nach Ende der Verhandlungen zu einzelnen Reichsständen entsandte kaiserliche Kommissare die Auszahlung der Reichshilfen zu beschleunigen oder im optimalen Fall sogar noch weitergehende finanzielle Zusagen zu erreichen.²⁷⁸ Zumindest im Schwäbischen und Fränkischen Reichskreis verbuchten sie sogar gewisse Erfolge.²⁷⁹ Es dürfte sich dabei jedoch nicht, wie bei Peter Rauscher zu lesen ist, um außerordentliche Reichshilfen des Schwäbischen und Fränkischen Reichskreises gehandelt haben, sondern vielmehr um Zahlungszusagen einzelner in den entsprechenden Reichskreisen ansässiger Reichs- bzw. Kreisstände.²⁸⁰ Doch auch diese Gelder blieben in ihrer Höhe weit von den Summen entfernt, die eine reguläre Reichstagsbewilligung reichsweit hätte einbringen können. Die Reichskreise mit ihren Kreiseinnehmern, die den Reichspfennigmeistern bei der

 Vgl. Rauscher: Zwischen Krieg und Frieden. Kaiserliche Finanzkrise und Friedenspolitik im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs (1612– 1615) (Anm. 243), S. 371. Kardinal Khlesl schien im Februar 1614 nur mit rund 50.000 fl. an Reichshilfen zu rechnen, vgl. ebd.; ferner Alfons Huber: Geschichte Österreichs. Fünfter Band. Von 1606 bis 1648. Gotha 1896, S. 69 Anm. 1.  Diese Praxis der Steuereinwerbung nach Reichstagen ist bisher völlig unerforscht. Eine entsprechende Mission des kaiserlichen Kommissars Matthias Arnoldin am Württembergischen Herzogshof wird erwähnt bei Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 171 f.  „Sonnsten hat der Schwabische Craiß 25 m. Fränkhisch 30 m., Etliche Grauen 6 m. fl. bewilliget“, Kardinal Khlesl an Hofkriegsratspräsident von Molart, Linz, 10. Mai 1614, ediert bei Joseph von Hammer-Purgstall (Hrsg.): Khlesl’s, des Cardinals, Directors des geheimen Cabinetes Kaiser Mathias, Leben. Mit der Sammlung von Khlesl’s Briefen, Staatsschreiben, Vorträgen, Gutachten, Decreten, Patenten, Denkzetteln und anderen Urkunden, beinahe tausend bis auf einige wenige bisher ungedruckt (3), 4 Bde. Wien 1850, Nr. 424, S. 97 f., Zitat 97. Eine kurze Erwähnung mit Hinweis auf Hammer-Purgstall bei Rauscher: Zwischen Krieg und Frieden. Kaiserliche Finanzkrise und Friedenspolitik im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs (1612– 1615) (Anm. 243), S. 371.  Vgl. die Formulierung bei ebd., S. 371 Anm. 63. Außerordentliche Reichs- bzw. Kreishilfen hätten nur Kreistage genehmigen können, für die sich weder in der Literatur noch im Lauf eigener Archivrecherchen Hinweise fanden.Wahrscheinlich waren jene Bewilligungen nicht das Ergebnis allgemeiner Kreistagsbeschlüsse, sondern erfolgten primär von Seiten der traditionellen habsburgischen Klientel in beiden Reichskreisen. Diese bestand in erster Linie aus Reichsstädten, Prälaten und Grafen, von denen etliche zuletzt 1611 Schutz- und Schirmverträge mit der Tiroler Linie des Hauses Habsburg erneuert hatten, vgl. Thomas Hölz: Krummstab und Schwert. Die Liga und die geistlichen Reichsstände Schwabens 1609 – 1635. Zugleich ein Beitrag zur strukturgeschichtlichen Erforschung des deutschen Südwestens in der Frühen Neuzeit (Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde, 31). Leinfeld-Echterdingen 2001, S. 261 f.

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Einbringung der Reichshilfen hätten zuarbeiten und monatlich über ihre Zahlungsstände berichten sollen, blieben weitgehend beschäftigungslos.²⁸¹

1.2 Die Reichskreisverfassung und die Kompositionstagsidee Noch Jahre nach Ende des Reichstags von 1613 bemühte sich Kaiser Matthias bei protestantischen Fürsten um die Akzeptanz des Regensburger Reichsabschieds und die damit verbundene Entrichtung von 30 Römermonaten.²⁸² Substantielle Erfolge konnte er aber nicht mehr erzielen. So wurde etwa einem noch 1616 in entsprechender Mission nach Heidelberg zu Kurfürst Friedrich V. entsandten kaiserlichen Kommissar beschieden, dass die Kurpfalz und die mit ihr in Verbindung stehenden Protestanten, die sogenannten „Korrespondierenden“, Mehrheitsentscheidungen des Reichstags nach wie vor für ungültig erachteten, „damit sie von dem andern theill durch die ohnlimitirte vnnd ohn vnderschied für gülttig gehaltene maiora vnnd was dahero sich weiter angesponnen, zu abbruch ihrer privilegien vnd freÿheiten nicht übereÿlet, vnnd in einer all zubeschwerliche servitut gebracht werden möchte[n].“²⁸³ Stattdessen forderte der Kurpfälzer die Einberufung eines paritätisch aus Katholiken und Protestanten besetzten Kompositionstags, auf dem das Mehrheitsprinzip außer Kraft gesetzt sein sollte. In einem auf diese Weise geschaffenen vertrauensvollen Gesprächsklima ohne Majorisierungsmöglichkeiten sollte nach Meinung des Kurfürsten dann auch weniger über kaiserliche Steuerforderungen, sondern vielmehr die Beseitigung der protestantischen Religionsgravamina verhandelt werden.²⁸⁴ Die Idee eines Kompositionstags als vertrauensbildende Maßnahme zwischen den Konfessionsparteien war nicht neu und zuletzt auch von wichtigen Beratern des Kaisers diskutiert worden, allen voran von Zacharias Geizkofler und

 Vgl. etwa die Rückmeldung der Reichsstadt Nürnberg als Hüterin der fränkischen Kreiskasse an den Kaiser, OeStA FHKA: SUS RA 76.1.5, Bürgermeister und Rat von Nürnberg an Kaiser Matthias, 7. September 1613, fol. 76r. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich nur 400 Rtl. aus einem Vorschuss der fränkischen Grafen auf die Reichstagsbewilligung in der Kreiskasse, vgl. ebd.  Ende des Jahres 1615 verhandelte der Reichshofrat Arnoldin diesbezüglich mit fränkischen Kreisständen, unter anderem dem Bamberger Bischof, vgl. OeStA FHKA: SUS RA 5.1.9, fol. 721r – 730v. Kleinere, vereinzelte Reichssteuerzahlungen mit Verweis auf die Reichsbewilligung von 1613 lassen sich noch 1618 nachweisen, so etwa eine Einzahlung in Höhe von 1.200 fl. durch den Grafen Wolfgang Ernst von Isenburg, ders.: HZAB Nr. 67 (1618), fol. 127r (139*r).  StAL: B 90 Bü. 332. Kurfürst Friedrich von der Pfalz an den Gesandten Kaiser Matthias’, Heidelberg, 23. Januar 1616; Abschrift, unfol.  Vgl. ebd.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

Kardinal Melchior Khlesl.²⁸⁵ Geizkoflers Meinung hatte beim Kaiser und vielen seiner Hofräte in reichspolitischen Fragen noch immer erhebliches Gewicht, obwohl er das Amt des Reichspfennigmeisters schon in der Endphase des Langen Türkenkriegs niedergelegt hatte.²⁸⁶ Doch auch als Reichspfennigmeister außer Dienst war es ihm gelungen, sein während seiner aktiven Amtszeit bis 1603 aufgebautes Informantennetzwerk an den wichtigsten Finanzplätzen des Reiches aufrechtzuerhalten und weiterhin persönliche Kontakte zu etlichen Führungspersönlichkeiten der Reichspolitik zu pflegen.²⁸⁷ Er unterhielt dabei nicht nur enge Verbindungen zur Wiener Hofburg, sondern auch zu verschiedenen protestantischen Fürstenhöfen, insbesondere nach Stuttgart und Neuburg.²⁸⁸ Diese vielfältigen Korrespondenzbeziehungen rissen selbst in Zeiten rasch zunehmender konfessioneller Spannungen innerhalb des Reichsverbandes zu keiner Seite  Vgl. Johannes Müller: Die Vermittlungspolitik Klesls von 1613 – 1616 im Lichte des gleichzeitig zwischen Klesl und Zacharias Geizkofler geführten Briefwechsels, in: MIÖG 5 (1903), S. 604– 690; Johann Rainer: Kardinal Melchior Khlesl (1552– 1630). Vom „Generalreformator“ zum „Ausgleichspolitiker“, in: Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 59 (1964), S. 14– 35; Sigelen: Zacharias Geizkofler (1560 – 1617) – Fürstendienst und Familienpolitik (Anm. 179), S. 233 – 247. Teile der Korrespondenz zwischen Geizkofler und Khlesl wurden nach Geizkoflers Tod veröffentlicht, vgl. etwa Zacharias Geizkofler: Bedencken/ Von dem Zustandt Teutscher Nation/ deß Hochwolgebornen Herren Zachariae Geitzlöflers von Gäilenbach/ Herrn zu Haunßheim/ StauffenMoß und Wesenburen/ Rittern deß güldenen Fluß/ weiland Käys. May. unnd deß Hausses Oesterreich geheimbten Raths und ReichsPfennigmeisters: Anno 1614. An Herrn Cardinalen Mesch Cleseln geschrieben. o.O. 1623.  Axel Gotthard geht noch davon aus, dass die Gutachten Geizkoflers am Kaiserhof kaum auf Resonanz gestoßen wären, vgl. Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 158. Dieses Urteil ist in seiner Pauschalität nicht mehr zu halten, wie zuletzt die Forschungen Sigelens und Rauschers aufgezeigt haben und es die folgenden Ausführungen dieser Arbeit weiter belegen. Zur umfangreichen beratenden und diplomatischen Tätigkeit Geizkoflers im Dienste des Hauses Österreich nach Abgabe des Reichspfennigmeisteramts Sigelen: Zacharias Geizkofler (1560 – 1617) – Fürstendienst und Familienpolitik (Anm. 179), S. 97– 201, zu seinen Gutachten im Rahmen der Versuche einer Finanzbehördenreform am Kaiserhof im Jahr 1614 vgl. Rauscher: Zwischen Krieg und Frieden. Kaiserliche Finanzkrise und Friedenspolitik im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs (1612– 1615) (Anm. 243), S. 379 – 382 sowie Sigelen: Zacharias Geizkofler (1560 – 1617) – Fürstendienst und Familienpolitik (Anm. 179), S. 183.  Geizkoflers Netzwerk von Agenten und Korrespondenten wurde zeitweise auch von den Fuggern zur Informationsbeschaffung für ihre „Fuggerzeitungen“ genutzt, vgl. ebd., S. 156 und Oswald Bauer: Zeitungen vor der Zeitung. Die Fuggerzeitungen (1568 – 1605) und das frühmoderne Nachrichtensystem (Colloquia Augustana). München 2011, S. 99 f. Zu den engen familiären wie geschäftlichen Kontakten Geizkoflers innerhalb der süddeutschen Hochfinanz vgl. auch allgemein Sigelen: …durch die mittel der herren Fugger und meiner befreundten (Anm. 199).  Zu Geizkoflers Verbindungen zum Herzog von Württemberg und dem Pfalzgrafen von Neuburg vgl. Sigelen: Zacharias Geizkofler (1560 – 1617) – Fürstendienst und Familienpolitik (Anm. 179), S. 202– 212.

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ab, denn der Protestant Geizkofler verstand es, trotz seiner fortdauernden Dienste für das Haus Habsburg nicht nur unter gemäßigten Lutheranern, sondern sogar unter den calvinistischen Führungspersönlichkeiten der Union als ein vertrauenswürdiger Gesprächspartner und möglicher Mittelsmann zum Kaiser zu gelten.²⁸⁹ Dies machte Geizkofler auch für Kardinal Melchior Khlesl, den Spiritus Rector der Reichspolitik Kaiser Matthias’, zum gefragten Gesprächspartner und Vermittler im Rahmen der von besagtem Kardinal seit der Regierungsübernahme durch Kaiser Matthias intensivierten Deeskalations- und Kompositionspolitik im Reich.²⁹⁰ Wie aufrichtig es der Kardinal mit seinen Ausgleichsbemühungen in den vielfältigen konfessionell aufgeladenen Konfliktkonstellationen im Reich allerdings tatsächlich meinte, wird bis heute in der Forschung kontrovers diskutiert.²⁹¹ Die Initiative zur Komposition nahm ihren Ursprung jedenfalls nicht in Wien, sondern fand ihre erste Konzeptualisierung und frühesten Befürworter nach derzeitigem Forschungsstand am lutherischen Herzogshof von Stuttgart, um dann bald im nicht allzu fernen Haunsheim von Zacharias Geizkofler aufgenommen zu werden.²⁹² Dieser erwies sich vor allem im Vorfeld des Regensburger Reichstags von 1613 als einer der kreativsten Vordenker eines politischen Ausgleichs zwischen den Konfessionsparteien.²⁹³ Als erster der Propagandisten der Kompositi-

 Geizkofler vermittelte beispielsweise 1615 direkte Gespräche zwischen Christian von Anhalt, dem politischen Anführer der Union, und Melchior Khlesl, dem wichtigsten Berater Kaiser Matthias’, vgl. ebd., S. 233 – 248, insbesondere S. 240 f. Zur Vermittlungstätigkeit Geizkoflers zwischen Württemberg und Habsburg vgl. Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 87– 90.  Vgl. Müller: Die Vermittlungspolitik Klesls von 1613 – 1616 im Lichte des gleichzeitig zwischen Klesl und Zacharias Geizkofler geführten Briefwechsels (Anm. 285). Es besteht kein Zweifel, dass die religionspolitische Gesprächsbereitschaft des Kardinals auch im Zusammenhang mit dem immensen Geldbedarf des Kaisers stand, wofür sich in der Korrespondenz Khlesls mit Zacharias Geizkofler vielfältige Hinweise finden, vgl. Sigelen: Zacharias Geizkofler (1560 – 1617) – Fürstendienst und Familienpolitik (Anm. 179), S. 233 – 247.  Überzeugt vom rein taktischen Charakter der Khleslschen Reichspolitik von 1613 – 1617 gibt sich Gotthard, Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 156 f., konzise nochmals referiert bei Gotthard: Das Alte Reich (Anm. 4), S. 79.  Vgl. Axel Gotthard: Norm und Kalkül. Über Württemberg, Baden und die Union von Auhausen, in: Union und Liga 1608/09. Konfessionelle Bündnisse im Reich – Weichenstellung zum Religionskrieg?, hrsg. v. Albrecht Ernst/Anton Schindling (Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg / B, 178). Stuttgart 2010, S. 29 – 61, hier insbesondere S. 42 Anm. 34, zur Korrespondenz des Württemberger Herzogs mit Zacharias Geizkofler über die Kompositionstagsidee Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 156 – 159.  Vgl. hierzu neben den Arbeiten von Sigelen auch Albrecht P. Luttenberger: Kaisertum und Ständetum im politischen Denken des Reichspfennigmeisters Zacharias Geizkofler, in: Reichs-

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onsidee stellte Geizkofler auch Überlegungen an, wie die Reichskreisverfassung zur Aufrechterhaltung der Gesprächsbereitschaft zwischen den Reichsständen genutzt und damit auch der politischen Handlungsfähigkeit des Reichs insgesamt dienstbar gemacht werden könnte: Als ihn Kaiser Matthias zur Vorbereitung des Regensburger Reichstags von 1613 um Rat für die Gestaltung der Proposition und die anschließenden Reichstagsverhandlungen bat, unterbreitete ihm Geizkofler den Vorschlag, bezüglich verschiedener zwischen den Konfessionsparteien strittiger Punkte eine „communication gegen den (!) craisen“ in Betracht zu ziehen.²⁹⁴ Darunter verstand der Altreichspfennigmeister die Überlegung, konfessionell aufgeladene Streitfragen zur Reichsjustiz oder zur Kontributionsbewilligung zuerst den einzelnen Reichskreisen vorzulegen, in denen paritätisch besetzte Expertenkommissionen regional tragfähige Lösungsansätze ausarbeiten sollten, deren Ergebnisse im Anschluss in einem wiederum von allen Reichskreisen gebildeten Reichstagsausschuss miteinander zu vergleichen wären. Damit sollte der Reichstag arbeitsfähig gehalten und zugleich auf das Erfahrungspotential der gemischtkonfessionellen Reichskreise im Westen und Süden des Reiches zurückgegriffen werden, in denen politische Kooperation in diversen gemischtkonfessionell besetzten Institutionen schon eine lange Tradition hatte, allen voran in Franken und Schwaben.²⁹⁵ Daneben schlug Geizkofler dem Kaiser vor, eine am Reichstag eingeworbene Türkenhilfe zur Auslösung des nach wie vor bayerisch besetzten Donauwörths zu verwenden, um auf diese Weise einen der großen Konfliktpunkte

ständische Libertät und habsburgisches Kaisertum, hrsg. v. Heinz Duchhardt/Matthias Schnettger (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Beiheft, 48). Mainz 1999, S. 81– 106, hier insbesondere S. 98 – 105.  Zitat nach Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 157. Geizkofler war einer von insgesamt drei Gutachtern, die der Kaiser neben seinen Hofbehörden um eine Stellungnahme zur Aufsetzung der kaiserlichen Reichstagsproposition bat. Neben Geizkofler waren dies noch Herzog Maximilian von Bayern und der Mainzer Reichserzkanzler, vgl. ebd.; ferner Luttenberger: Kaisertum und Ständetum im politischen Denken des Reichspfennigmeisters Zacharias Geizkofler (Anm. 293), S. 98.  Gotthard vermittelt an dieser Stelle einen falschen Eindruck, wenn er schreibt, dass „die Mehrzahl der Kreise im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs vollkommen handlungsunfähig war, allenfalls noch Partikularkonvente der protestantischen oder katholischen Kreisstände zustandekamen.“, Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 158. Eine derartige Inaktivität im zweiten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts kann (neben Österreich und Burgund) nur dem Kur- und Oberrheinischen Reichskreis attestiert werden, während die angesprochenen Partikularkonvente keineswegs allgemeine Kreistage ersetzten, vgl. hierzu Kap. I.1.2, „Symbiose? Das Verhältnis von Union und Liga zu Kreisdefensionsprojekten bis zum Ende des Böhmisch-Pfälzischen Krieges“ im zweiten Hauptkapitel dieser Arbeit.

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zwischen den Konfessionsparteien zu entschärfen und die künftige Bewilligungsbereitschaft der Protestanten zu sichern.²⁹⁶ Aber Geizkofler konnte sich mit seinen der Kompositionsidee verpflichteten Ratschlägen kein Gehör verschaffen:²⁹⁷ Im katholischen Lager stießen derartige Gedankenspiele überwiegend auf Misstrauen und Widerstand, allen voran bei Herzog Maximilian von Bayern, der nicht nur um den Besitz Donauwörths fürchtete, sondern auch aus grundsätzlichen Überlegungen nur schwerlich zu Kompromissen in der Reichstagsfrage bereit war. Nach katholischer Lesart war der protestantische Reichstagsboykott Ausdruck eines verwerflichen Ungehorsams gegenüber dem Kaiser und zugleich eine Missachtung der höchsten Reichsinstitution, was nicht auch noch mit der Einwilligung zu neuen paritätischen Beratungsformen auf Grundlage der Reichskreise oder im Rahmen eines Kompositionstags belohnt werden durfte.²⁹⁸ Stattdessen galt es für ihn, am Reichstag in seiner tradierten Form mitsamt dem für die katholische Seite vorteilhaften Mehrheitsprinzip festzuhalten.²⁹⁹ Bei den geistlichen Kurfürsten fand die Kompositionsidee ebenfalls wenig Unterstützung, zumal sich für sie die von Geizkofler wenig beachtete grundsätzliche Frage stellte, inwieweit der Verhandlungsmodus eines Kompositionstags mit dem kurfürstlichen Präeminenzanspruch zu vereinbaren war.³⁰⁰ Der Vorschlag Geizkoflers, die Reichskreisverfassung in die Entscheidungsfindung am Reichstag einzubeziehen, hätte auch dem dortigen Abstimmungsmodus ein für die Kurfürsten nur schwer hinnehmbares, ständische Rangunterschiede tendenziell egalisierendes Element hinzugefügt.³⁰¹

 Vgl. Zacharias Geizkofler: Bedencken wie der Reichstag fruchtbarlich anzustellen/ An Hochgedachte Röm Keys. Mayestet/etc. sub dato 15/25 Octob. Anno 1612. o.O. 1619 Vgl. hierzu auch Sigelen: Zacharias Geizkofler (1560 – 1617) – Fürstendienst und Familienpolitik (Anm. 179), S. 240, 244. Maximilian von Bayern hatte zuvor die Gesamtkosten seiner Reichsexekution auf 225.000 fl. beziffert, vgl. Liebhart: Bayerische Interessen im Schwäbischen Reichskreis (Anm. 182), S. 204.  Über seine dennoch bedeutende Rolle in den Verhandlungen des Regensburger Reichstags von 1613 Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 166 – 169.  Vgl. Dieter Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651. München 1998, S. 430 – 440; Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 298 – 301.  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 160 – 163, 166.  Vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 302, S. 704– 707.  Vgl. Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 158.

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1.3 Zacharias Geizkofler und die Reichskreispläne unter Kaiser Matthias von 1613 – 1619 In Folge der 1613 noch einmal in aller Offensichtlichkeit zu Tage getretenen Unfähigkeit der beiden Konfessionsparteien zum politischen Kompromiss setzte sich auch am Kaiserhof langsam die Erkenntnis durch, dass mit einer raschen Revitalisierung des Reichstags so bald nicht mehr zu rechnen war. Zwar zirkulierten an den Wiener Hofbehörden unmittelbar nach dem Ende der Reichsversammlung Pläne für eine erneute Reichstagsausschreibung, die dann aber im September 1615 auf unbestimmte Zeit vertagt wurden.³⁰² Der Reichstag hätte wiederum in erster Linie zur Einwerbung einer Türkensteuer dienen sollen, aber nachdem sich die Hohe Pforte noch im Jahr 1615 zu einer Verlängerung des seit 1606 geltenden Waffenstillstands um weitere 20 Jahre bereit erklärt hatte, schien eine Türkenhilfe des Reiches aus militärischen Gründen auch nicht mehr nötig.³⁰³ Allerdings verursachte die Unterhaltung der ungarischen Grenzfestungen selbst in Friedenszeiten hohe fortlaufende Kosten, die von der Habsburgerdynastie angesichts ihrer katastrophalen finanziellen Lage nur noch schwer zu schultern waren:³⁰⁴ Kaiser Matthias hatte von seinem Bruder und Amtsvorgänger Rudolf II. die immense Schuldenlast von geschätzten 30 Mio. fl. geerbt, die mit einer jährlichen Zinslast von rund 1,5 Mio. fl. zu bedienen war.³⁰⁵ Welche Jahreseinnahmen dem aus den Erblanden und den Königreichen Böhmen und Ungarn gegenüberstanden, war selbst den mit Finanzen befassten führenden Amtsträgern am Kaiserhof nur in Ausschnitten bekannt, die Erträge dürften aber nicht wesentlich über jenen der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts von rund

 Vgl. Rauscher: Zwischen Krieg und Frieden. Kaiserliche Finanzkrise und Friedenspolitik im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs (1612– 1615) (Anm. 243), S. 372.  Vgl. ebd., S. 377. Zu den entsprechenden Verhandlungen vgl. auch ausführlich Rudolf Neck: Österreichs Türkenpolitik unter Melchior Klesl. Diss. phil. Wien 1948, S. 132– 146.  Die Wiener Hofkammer rechnete in einem Gutachten aus dem Jahr 1607 mit Bau- und Unterhaltskosten für die ungarischen Grenzfestungen von rund 1,5 Mio. fl., vgl. Rauscher: Zwischen Krieg und Frieden. Kaiserliche Finanzkrise und Friedenspolitik im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs (1612– 1615) (Anm. 243), S. 368. Auf ähnliche Summen kommt auch Pálffy: Der Preis für die Verteidigung der Habsburgermonarchie (Anm. 243). Dies entsprach zugleich in etwa den Jahressteuereinnahmen Niederösterreichs (Österreich unter der Enns) zu Beginn des 17. Jahrhunderts.  Die genaue Summe der Schulden aus der Zeit Rudolfs II. war selbst am Kaiserhof nicht bekannt. Die Summe von 30 Mio. fl. ergibt sich aus einer Schätzung Kardinal Khlesls angesichts des Herrschaftsantritts Kaiser Matthias’, vgl. Rauscher: Zwischen Krieg und Frieden. Kaiserliche Finanzkrise und Friedenspolitik im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs (1612– 1615) (Anm. 243), S. 363, zur Zinslast unter Kaiser Matthias S. 381.

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2 Mio. fl. gelegen haben.³⁰⁶ Doch sogar auf diese Einnahmen besaß die Prager, später Wiener, Zentrale keinesfalls einen uneingeschränkten Zugriff, da in der Regel landständische Mitspracherechte zu berücksichtigen waren und die habsburgischen Nebenlinien in Tirol und Kärnten auch finanzpolitisch relativ autonom agierten.³⁰⁷ Zwar bemühten sich seit dem Regierungsantritt Kaiser Matthias’ verschiedene Amtsträger am Kaiserhof, darunter auch Kardinal Khlesl, intensiv um eine Reformierung der kaiserlichen Finanzverwaltung und eine Verbesserung der Einnahmesituation im Königreich Böhmen und den Erblanden, erzielten dabei aber kaum Erfolge.³⁰⁸ Selbst ein Generallandtag böhmischer, ungarischer und österreichischer Ständevertreter in Linz im August 1614 fand keine Lösungsansätze für die habsburgische Finanznot.³⁰⁹ So war es wenig verwunderlich, dass nach der Vertagung sämtlicher Reichstagspläne an der Hofburg weiterhin Überlegungen angestellt wurden, auf welchen alternativen Wegen der kaiserliche Fiskus auch ohne Abhaltung eines Reichstags an Geldmittel aus dem Reich gelangen könnte. Zumindest in diesem Punkt schienen die von Zacharias Geizkofler propagierten Reichskreispläne für den Kaiserhof

 Die Finanzen unter Kaiser Matthias sind noch ein Desiderat der Forschung. Erste Einblicke liefert ebd.; zu den mangelnden Kenntnissen des Kaiserhofs über das Gesamtbudget aller habsburgischen Länder ebd., S. 364. Zu den Erträgen der österreichischen Habsburger im 16. Jahrhundert vgl. Pálffy: Der Preis für die Verteidigung der Habsburgermonarchie (Anm. 243), hier insbesondere S. 43; vgl. auch Rauscher: Reiche Fürsten – armer Kaiser? Die finanziellen Grundlagen der Politik Habsburgs, Bayerns und Sachsens im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 274), S. 249 – 257.  Zur eigenständigen Politik der Linie Österreich-Tirol in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges vgl. Walther Ernst Heydendorff: Vorderösterreich im Dreißigjährigen Kriege. Der Verlust der Vorlande und die Versuche zu ihrer Rückgewinnung, in: MÖStA 12/13 (1959/60), S. 74– 142 (1959); 107– 194 (1960). Die langjährige politische Eigenständigkeit der Kärntener Linie spielte nach 1619 keine Rolle mehr, da ihr Oberhaupt, Ferdinand II., durch Erbgang abgesehen von Tirol und den Vorlanden alle übrigen deutschen Länder Habsburgs vereinte.  Dabei spielten auch Machtkämpfe innerhalb einzelner Hofbehörden eine erhebliche Rolle, unter anderem zwischen Khlesl und dem Reichsvizekanzler Hans Ludwig von Ulm, aber auch dem Präsidenten der Niederösterreichischen Kammer, Seifried Christoph Breuner, vgl. Rauscher: Zwischen Krieg und Frieden. Kaiserliche Finanzkrise und Friedenspolitik im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs (1612– 1615) (Anm. 243), S. 378 f. Rauscher: Reiche Fürsten – armer Kaiser? Die finanziellen Grundlagen der Politik Habsburgs, Bayerns und Sachsens im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 274), S. 254– 256.  Vgl. zuletzt Rauscher: Zwischen Krieg und Frieden. Kaiserliche Finanzkrise und Friedenspolitik im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs (1612– 1615) (Anm. 243), insbesondere S. 372– 377. Ausführlich, aber in seiner Interpretation der Linzer Versammlung als „österreichischer Reichstag“ überholt: Anton Gindely: Der österreichische Reichstag zu Linz im Jahre 1614, in: Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften 41 (1862), S. 230 – 254.

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nutzbare Anknüpfungspunkte zu bieten, weshalb der Altreichspfennigmeister im Lauf des Jahres 1615 erneut um eine gutachterliche Stellungnahme gebeten wurde.³¹⁰ Geizkofler kam diesem Wunsch nach und entwarf ein argumentatives und organisatorisches Konzept für eine geradezu revolutionäre Art der kaiserlichen Geldbeschaffung aus dem Reich, auf das nicht nur Kaiser Matthias, sondern auch noch sein Amtsnachfolger Ferdinand II. zurückgreifen sollte. Es skizzierte detailliert, wie Türkensteuern über Reichskreise ohne Reichstagsbeschluss und Türkenkrieg zu erlangen waren.³¹¹ In seinen Überlegungen ging Geizkofler weit über seine vielfältigen früheren Stellungnahmen zu Kreissteuerfragen aus der Zeit des Langen Türkenkriegs hinaus.³¹² Eine eingehende Schilderung und Analyse dieses zur praktischen Umsetzung kaiserlicher Reichskreispolitik und den dabei zugrundeliegenden finanziellen Absichten sehr aufschlussreichen Gutachtens scheint an dieser Stelle angebracht.³¹³ Die erste Hälfte des zweiteiligen Gutachtens widmete sich der grundsätzlichen Frage, „Ob man zur erlangung ainer hülf, sich der Craißtäge gebrauchen solle?“³¹⁴ Als wichtigste Voraussetzung für eine Aktivierung der Reichskreise galt

 Vgl. den entsprechenden Schriftverkehr Geizkoflers mit verschiedenen Personen aus der Wiener Hofkammer und dem Reichsvizekanzler Hans Ludwig von Ulm, StAL: B 90 Bü. 65; ders.: B 90 Bü. 38. Geizkofler sandte sein Gutachten offenbar zuerst an Kardinal Khlesl und erläuterte es kurze Zeit später Kaiser Matthias in einem persönlichen Brief, vgl. StAL: B 90 Bü. 65 (Anm. 310)., „Copia Schreibens an die Kaÿserliche Maÿestat de dato 12./22. Octobris Anno 1615“, Haunsheim, 12./ 22. Oktober 1615, unfol.  An dieser Stelle ist Luttenberger zu widersprechen, der annimmt, Geizkofler hätte sich „in späteren Jahren“ seiner gutachterlichen Tätigkeit für den Kaiserhof (gemeint ist die Zeit nach dem Langen Türkenkrieg) über Reichskreishilfen nur noch „durchweg zurückhaltend“ geäußert, vgl. Luttenberger: Kaisertum und Ständetum im politischen Denken des Reichspfennigmeisters Zacharias Geizkofler (Anm. 293), S. 95.  Zu nennen wären etwa das „Summarische Verzeichnus, waß außerhalb der Regenspurgischen Reichsbewilligung für fernere extraordinari Türggenhilffe, in Teutschlandt, vnd beÿ des Reichs Craißen gesucht werden sollen“ von 1594 oder 1597, StAL: B 90 Bü. 294 (Anm. 254), der „Discurs umb ein hilffserhandlung beÿ den stennden des Reichs“, undat., StAL: B 90 Bü. 300 (Anm. 255). Mehrere Hofkammergutachten ebenfalls zur Frage der Reichskreishilfen im Langen Türkenkrieg aus dem Jahr 1601 finden sich in StAL: B 90 Bü. 55.  Die Kopie des Gutachtens aus dem Geizkoflerschen Familienarchiv (heute im Staatsarchiv Ludwigsburg) ist undatiert. Aus der weiteren Korrespondenz Zacharias Geizkoflers mit seinem Sohn Ferdinand bezüglich der konkreten Umsetzung seiner Reichskreispläne ist zu entnehmen, dass das Gutachten definitiv vor Oktober 1615 verfasst worden sein muss. Vgl. hierzu StAL: B 90 Bü. 65 (Anm. 310), „Copia Kaÿ: Handtbrieuels, an Herzog zu Württemberg auf Ferdinand Geizkofler wegen des Craißtags“, Prag, 7. Oktober 1615 (Kop.), unfol.  Alle folgenden Zitate sind entnommen aus ebd., unfol.

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Geizkofler die Türkengefahr. Eine solche sah er für das Reich trotz des schon seit 1606 gültigen Waffenstillstands nach wie vor für gegeben, denn seiner Meinung nach konnte der fortdauernden Friedensbereitschaft und generellen Vertragstreue des Sultans gemäß historischer Erfahrungswerte kein Vertrauen geschenkt werden. Dementsprechend skandalös sei der derzeitige miserable Zustand der seit dem Waffenstillstand vernachlässigten Grenzfestungen in Ungarn. Die Baufälligkeit der Festungen könne man allerdings als Hauptargument für eine Geldforderung an das Reich heranziehen.³¹⁵ Warum eine solche Forderung an die Reichsstände recht und billig sei, begründete Geizkofler wie folgt: Kaiser Matthias sei aufgrund seiner ererbten Schuldenlast nicht in der Lage, die Grenzverteidigung des Reiches alleine zu stemmen. Die habsburgische Schuldenlast habe ihre Wurzeln wiederum im Langen Türkenkrieg, der seinerzeit von Kaiser Rudolf II. in erster Linie zur Verteidigung des Reiches geführt worden sei. Darüber hinaus habe das Haus Österreich seit Ende jenes Krieges ganz alleine „die weitschichtige Christliche grenizen, one ainige von dem Reich gehabte Assistenz ausser dessen, was Anno ’13 bewilligt worden ist, underhalten“, und zeitgleich noch „zue des Reichs wüchtigen geschefften vnd handlungen“ weitere hohe Ausgaben tätigen müssen. Dies rechtfertige zur Genüge, dass die Kurfürsten und Stände des Reiches nun „die Irer Kaÿ: Mtt: obligende Purde, vnd andere vmbstenndt, in gebürende acht nehmen, vnd derselbigen mit ainer sollichen bewilligung entgegen geen, dauon Sÿ obuermelte hochst nötige außgaben, zue wolfahrt vnd versechung der Christlichen vormaur, vnd ander des Reichs obligen verrichten, vnd darbei der Stendt danckhbarkhait im werckh spürn mögen.“ Geizkofler setzte bei seinen Ausführungen wie selbstverständlich voraus, dass die Türkenabwehr keine ausschließlich kaiserliche Aufgabe, sondern stets eine gemeinsame Pflicht von Kaiser und Reich im Dienste des Schutzes der ganzen Christenheit sei. Eine solche Annahme hatte im Reich freilich schon eine lange Tradition, die bis zu den ersten Türkenkriegen im 15. Jahrhundert zurückreichte und sämtlichen Reichsoberhäuptern seit Kaiser Friedrich III. immer wieder zur Rechtfertigung von Steuerforderungen gedient hatte.³¹⁶ Ebenso wenig neu

 Angesichts der Gefährlichkeit der Osmanen für alle Reichsstände stehe außer Frage, „d[a]z die erpaue: vnd versechung, der ganz zerfallnen, vnd abgeschlaifften Christlich[en] Grenizen ein eillende hülf vnd beisprung notwendig erfordere“.  Vgl. hierzu zuletzt Schilling: Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation um die Mitte des 15. Jahrhunderts (Anm. 171), S. 40 f., ferner Dietmar Heil: Zur Friedensproblematik auf den Reichstagen Kaiser Maximilians I. (1493 – 1519), in: Frieden und Friedenssicherung in der Frühen Neuzeit. Das Heilige Römische Reich und Europa; Festschrift für Maximilian Lanzinner, hrsg. v. Guido Braun/Arno Strohmeyer (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 36). Münster 2013, S. 35 – 78, hier S. 36 f., Lanzinner: Der Gemeine Pfennig,

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waren Forderungen nach einer Beteiligung der Reichsstände an den finanziellen Lasten des Kaisers im Rahmen seiner Amtsausübung als Reichsoberhaupt.³¹⁷ Doch in zwei wesentlichen, folgenreichen Punkten modifizierte das Geizkofler’sche Gutachten diese altbekannten Argumentationen: Erstens forderte es die finanzielle Solidarität des Reiches mit dem Reichsoberhaupt nicht nur im konkreten Verteidigungsfall ein, sondern gedachte, sie auch auf solche Aufwendungen des Kaisers auszudehnen, die über einen langen Friedenszeitraum erbracht worden waren. Letztlich wurde hier eine Steuerleistung verlangt, die auf einem lediglich hypothetischen und im Grunde perpetuierbaren Bedrohungsszenario fußte. Zweitens sollten diese Steuerbewilligungen nicht mehr über einen Reichstag, sondern über Kreistage eingeworben werden – eine Idee, die außer Geizkofler seit dem Langen Türkenkrieg niemand am Kaiserhof vorgebracht hatte.³¹⁸ Bis dahin war es frühneuzeitlichen Kaisern überhaupt nur in wenigen Fällen gelungen, während Friedenszeiten nennenswerte Türkensteuerbewilligungen zu erlangen; diese waren aber niemals auf Kreistagen verhandelt worden, sondern auf Reichstagen.³¹⁹ Türkenhilfen ohne tatsächlichen „Türkenkrieg“ über Kreistage einzufordern war ein Novum ohne Vergleichsbeispiele aus der frühneuzeitlichen Reichsgeschichte.³²⁰ So überrascht es nicht, dass Geizkofler seine weitere Argumentation kaum auf spezifische reichsrechtliche Normen bzw. Reichstagsentscheidungen stützte. Vielmehr berief er sich auf das Sprichwort „Not kennt kein Gebot“. So sollte den

eine richtungsweisende Steuerform? Zur Entwicklung des Reichssteuersystems 1422 bis 1608 (Anm. 170), S. 271.  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 306; Schulze: Reichskammergericht und Reichsfinanzverfassung im 16. und 17. Jahrhundert (Anm. 174), S. 10.  Die Wiener Hofkammer und der Hofkriegsrat hatten noch im Jahr 1613 Gutachten ausgearbeitet, die sich ebenfalls intensiv der Frage widmeten, ob die Aufwendungen für die ungarischen Grenzfestungen zum Anlass für eine beständige Steuerforderung an die Reichsstände gemacht werden könnten. Beide Gutachten waren jedoch noch für den folgenden Reichstag bestimmt und bezogen demnach die Reichskreise in ihre Überlegungen nicht ein, vgl. Rauscher: Zwischen Krieg und Frieden. Kaiserliche Finanzkrise und Friedenspolitik im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs (1612– 1615) (Anm. 243), S. 368 f.  Zu den Erträgen der „Kontinuierliche Hilfen“ oder „Reichsbauhilfen“ in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Friedenszeiten, vgl. Rauscher: Kaiser und Reich. Die Reichstürkenhilfen von Ferdinand I. bis zum Beginn des Langen Türkenkriegs (1548 – 1593) (Anm. 242), hier S. 58 – 82.  In diesem Punkt unterscheidet sich Geizkoflers Gutachten von verschiedenen anderen Vorschlägen aus dem Umfeld des Kaiserhofs zwischen 1613 und 1615, die ebenfalls Reichshilfen für die ungarische Grenze zum Thema hatten. Vgl. zu den entsprechenden Plänen Rauscher: Reichssachen. Die finanziellen Beziehungen zwischen Kaiser und Heiligem Römischen Reich (1600 – 1740) (Anm. 197), S. 328 f.

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Kreisständen ausdrücklich versichert werden, „wie gern“ die kaiserliche Majestät sie „noch lenger sonderlich mit disem modo verschonnt heten, bei des H: Röm: Reichs Craissen absonderlich hülf zusuchen“, alleine die „schweren allenthalben, auflaufenden vncosten“ würden dem Kaiser keine andere Wahl lassen, als das Reich nun über Kreistage um einen „guetherzigen vnd mitleidigen zueschuss“ zu bitten. Auf mögliche Forderungen nach einem Reichstag sollte mit der Beteuerung geantwortet werden, dass die Einberufung einer Reichsversammlung eine der akuten Gefahrenlage unangemessen lange Vorbereitungszeit benötigen würde, wofür der Kaiser aber keine Schuld trage.³²¹ Neben diesen doch eher allgemein gehaltenen Argumenten zur Notwendigkeit des kaiserlichen Steuerwunsches verlor Geizkofler nur wenige Worte über die konkrete Höhe der von den Reichskreisen einzufordernden Geldhilfe, und setzte sie pauschal mit 30 Römermonaten für jeden Kreis an. Die Gesamtsumme der geforderten Römermonate orientierte sich offenbar weniger an konkreten finanziellen Erfordernissen des kaiserlichen Haushalts oder an den tatsächlichen Bedürfnissen der ungarischen Grenzfestungen, zu denen man im gesamten Gutachten keinerlei detailliertere Ausführungen findet, als vielmehr an der Höhe der Türkensteuerforderung auf dem letzten Reichstag von ebenfalls 30 Römermonaten.³²² Auch in den anschließenden detaillierten Handlungsanweisungen zur Frage „wie diese hülf suechung zu fruchtberlich[em] Enndt zue incaminiern were“ rekurriert das Gutachten vor allem auf eigene Erfahrungswerte Geizkoflers in der Reichs- und Reichskreispolitik und die konkrete politische Praxis auf Kreistagen. So warnte Geizkofler mit Verweis auf das ihm in Kreissachen bekannte Herkommen den Kaiser nachdrücklich davor, die Ausschreibung der Kreistage direkt selbst vorzunehmen, und riet stattdessen zu einer engen Kooperation mit den Kreisausschreibenden Fürsten. Diese sollten in der Vorbereitungsphase der Kreistage stets um Rat gebeten werden und müssten zumindest formal die Ausschreibung übernehmen, damit man sich im Anschluss ihrer Unterstützung für

 „aber soliches zue effectuirn, wie Sÿ [ihre Majestät] gern wolten, bei Ir allein nit stünde, vnd noch mehr zeit darauf geen möchte, bis es in dz werckh gericht[et] werden khündte“.  Diesen Schluss legen mehrere Äußerungen in den vielfältigen Gutachten des kaiserlichen Hofkriegsrats und der Hofkammer zur Vorbereitung verschiedener Reichstagsprojekte seit 1606 nahe, in denen die Höhe der den Reichsständen prinzipiell zumutbaren Türkensteuerforderungen meist mit ca. 25 bis 30 Römermonaten angegeben werden, vgl. Rauscher: Zwischen Krieg und Frieden. Kaiserliche Finanzkrise und Friedenspolitik im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs (1612– 1615) (Anm. 243), S. 367– 369. Vgl. auch StAL: B 90 Bü. 331 (Anm. 273).

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eine erfolgreiche Durchführung der Konvente sicher sein könne.³²³ Im Gegenzug sei es dann nicht mehr nötig, die Kurfürsten in ihrer Gesamtheit als Kurkolleg noch zurate zu ziehen.³²⁴ Stattdessen sollten gezielt der Bischof von Speyer und Fürst Christian von Anhalt für die Sache des Kaisers gewonnen werden, denn beiden traute Geizkofler zu, das kaiserliche Vorhaben bei etlichen bedeutsamen Reichs- bzw. Kreisständen „nicht wenig præstiern“ zu können.³²⁵ Ersterer habe einen großen Einfluss auf die anderen geistlichen Fürsten, letzterer auf die Fürstenhäuser Kurpfalz, Brandenburg, Württemberg und Hessen sowie die Reichsstädte. Neben den Kreisausschreibenden Fürsten, Speyer und Anhalt sollten noch weitere einzelne vornehme Kreisstände schon im Vorfeld der Kreistage durch Gesandte oder auf dem schriftlichen Weg für den Kaiser gewonnen werden. Die seiner Meinung nach dafür prädestinierten Kreisstände hatte Geizkofler bereits im Rahmen eines anderen Gutachtens nach Reichskreisen geordnet aufgelistet, auf das er nun verwies.³²⁶ Des Weiteren riet er dazu, auf einige ausgewählte Kreistagsgesandte direkt an den Tagungsorten einzuwirken. Auf jedem Kreistag

 Diesen musste die eigentliche Ausschreibung überlassen werden, aber sie sollten zumindest vom Kaiser angehalten werden, die konkrete Höhe der anstehenden Steuerforderungen in ihre Ausschreiben zu inserieren. Dies war bis dahin unüblich gewesen, was aber oftmals zur Folge gehabt hatte, dass sich die Gesandten einzelner Kreisstände auf mangelnde Instruktionen aus Unwissenheit über die kaiserlichen Forderungen berufen konnten, was diesmal ausgeschlossen werden sollte.  Würde man bei den Kurfürsten nachfragen, „ob man es thuen solle, so werden die maissten disuadiern“. Der Hintergrund wäre deren Sorge um die Präeminenz des Kurkollegs. Da jedoch mehrere Kurfürsten auch in Reichskreisen Kreisausschreibeämter bekleideten, wären die wichtigsten Kurfürsten von der Durchführung des Reichskreisplans gar nicht exkludiert gewesen. Vor der Kurtranslation an Bayern hatten folgende Kurfürsten zugleich Kreisausschreibeämter inne: Kursachen für den Obersächsischen Kreis, Kurmainz für den Kurrheinischen Kreis, Kurpfalz für den Oberrheinischen Kreis und Kurköln im Niederrheinisch-Westfälischen Kreis (letzteres nur solange eine Personalunion mit dem Bistum Münster bestand).  Zur Rolle Christians von Anhalt als einer der Initiatoren und politischen Führer der Protestantischen Union vgl. Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 29 – 33; ders.: Die Union von Auhausen (1608 – 1621), in: 400 Jahre protestantische Union von Auhausen (1608 – 2008). Festschrift zur Gedenkwoche vom 10. bis 16. Mai 2008 in Auhausen, hrsg. v.Wolfgang Layh (Auhausen in Geschichte und Gegenwart. Auhausen 2008, S. 48 – 74, hier S. 51 f. Der angesprochene Bischof von Speyer war Philipp Christoph von Sötern, der aufgrund seiner guten Verbindungen in der Reichskirche später bis zum Kurfürsten von Trier aufsteigen sollte.  Besagtes Gutachten sei auf den 14. Dezember 1614 datiert gewesen. Es war jedoch bei meinen Recherchen im Familienarchiv der Geizkofler im Staatsarchiv Ludwigsburg nicht nachweisbar; Sigelen erwähnt es ebenfalls nicht, vgl. Sigelen: Zacharias Geizkofler (1560 – 1617) – Fürstendienst und Familienpolitik (Anm. 179).

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gäbe es immer einzelne besonders verdienstvolle Gesandte, die bei anderen Abgeordneten in besonderem Ansehen stünden.³²⁷ Um deren Wohlwollen für das kaiserliche Vorhaben zu sichern, sollte man diesen im Vorfeld oder während der Kreistagssessionen „mit etwas erkhanntnus, nach Discretion der Commissären, begegnen“. Auch die Abfolge der einzuberufenden Kreistage sollte keineswegs zufällig erfolgen, denn für einen reichsweiten finanziellen Erfolg maß Geizkofler der Vorbildfunktion einzelner kaisernaher Reichskreise eine besondere Bedeutung bei: „Darbei würdt man absonderlich darauf achtung geben müssen, d[a]z die conunet in den willigsten Craissen zum ersten gehalten werden, damit die andere zur nachuolg, umbsouil mehr anlass haben.“ Die Zahlungswilligkeit hing für Geizkofler in erster Linie von den konfessionellen Verhältnissen in den einzelnen Reichskreisen ab: „Vnd solle billich der Paÿrische der erste sein, als darinen ausser der Stat Regenspurg, Ortenburg: vnd Wolfstain, die andere Stenndt alle Catholisch seint“. Aufgrund noch andauernder Streitigkeiten zwischen der Tiroler Linie der Habsburger und Bayern im Salzhandel fürchtete Geizkofler jedoch um die momentane Zahlungswilligkeit des bayerischen Herzogs, von dessen Kreistagsvotum er wiederum die meisten geistlichen Stände des Bayerischen Reichskreises für abhängig erachtete. Deshalb sollte vorsichtshalber doch besser einem anderen Reichskreis der Vorzug gegeben werden. Zumindest unter konfessionellen Aspekten wäre dies der Schwäbische Reichskreis. Hier sah Geizkofler jedoch ein Grundproblem: „Im Schwebischen haben gleichwol, die Catholische die merere Stümen, Würtenberg aber, Paden: vnd die Reichs Stött, geben dem anschlag nach d[a]z meisste“. Ehe Württemberg, Baden und die Reichsstadt Ulm nicht für den kaiserlichen Steuerwunsch gewonnen seien, schrieb Geizkofler, „träg ich die fürsorge, es möchte one difficultet nit abgeen oder sich die Stenndt trennen wie zwar vor disem auch in andern Craisen geschechen ist.“ Daher gab der Altreichspfennigmeister einem anderen süddeutschen Reichskreis den Vorzug: „Mit meinem guetachten mechte der anfanng bei dem Frenckhischen gemacht werden, darinnen seint die Bischoff, Bamberg, Würzburg, Eichstött, vnd der Teütsche Maisster, desgleichen Sachsen weeggen der Grafschafft Hennenberg, Hochenloe, vnd andere Grafen vnd herren, die wol zugewinnen“. Als gewisse Unsicherheitsfaktoren innerhalb dieses Reichskreises verortete Geizkofler nur die beiden Markgraftümer Kulmbach und Ansbach. Deshalb riet er dazu,

 Es gäbe einzelne Gesandte, „deren Relationes in utramque partem, bei denn herrn vil gelten“. Geizkofler nennt in seinen Ausführungen zu den einzelnen Reichskreisen diesbezüglich konkrete Namen; vgl. hierzu die folgenden Anmerkungen.

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schon zu einem möglichst frühen Zeitpunkt wichtige Amts- und Funktionsträger im Umfeld Markgraf Christians von Kulmbach, des Kreisausschreibenden Fürsten und Kreisobristen des Fränkischen Reichskreises, über die Versprechung von Belohnungen für die kaiserliche Sache zu gewinnen.³²⁸ Von Markgraf Joachim Ernst von Ansbach erwartete Geizkofler zwar keine Unterstützung, aber angesichts einer dem Kaiser geneigten Kreistagsmehrheit auch keinen entschiedenen Widerstand. Eine besondere Rolle war noch der Reichsstadt Nürnberg zugedacht, zu der ein eigener kaiserlicher Kommissar entsandt werden sollte.³²⁹ Wenn man die Zustimmung Nürnbergs erst einmal gewonnen hätte, stünden die Chancen für positive Bewilligungen anderer Reichsstädte in anderen Reichskreisen gut, „denn die Stött thuen one einander nichts, vnd wan Nürnberg einwilliget, so zweiuel ich an Ulm nicht, denen alsdann die von Strassburg, vnd andere unierte oder correspondierende Stött, umbsouiel ehender volgen mechten.“ Geizkofler schloss sein Gutachten noch mit einer Auflistung personeller Vorschläge zur Besetzung der kaiserlichen Gesandtschaften für die einzelnen Reichskreise ab. In der Auflistung waren zumeist Personen genannt, die bereits Erfahrungen als kaiserliche Kommissare auf früheren Kreistagen gesammelt hatten, aber auch solche, die familiär in enger Beziehung zur Familie Geizkofler standen.³³⁰ Ebenso spekulierte der Gutachter darauf, dass seinem Sohn, Ferdinand Geizkofler, eine solche kaiserliche Kommission zum Herzog von Württemberg zur Vorbereitung eines schwäbischen Kreistags anvertraut würde, was dann wenig später auch tatsächlich geschah.³³¹ So dürfte auch der das Gutachten ab-

 Geizkofler dachte dabei in erster Linie an den Obristen Fuchs und den Kulmbacher Kanzler von Vorell. Über den Umfang der zu versprechenden Belohnungen für die beiden Kulmbacher Amtsträger machte er keine Angaben.  Der Gesandte sollte beim Nürnberger Stadtpatriziat in hohem Ansehen stehen. Hier dachte Geizkofler wahrscheinlich an seinen eigenen Schwager Konrad Rehlinger, den er auch ausdrücklich als kaiserlichen Kommissar für den Fränkischen Kreistag vorschlug.  Zur Bedeutung derartiger Patronage- und Klientelpolitik in Geizkoflers politischem und gesellschaftlichem Wirken vgl. ebd., insbesondere S. 467– 523.  Eine Bestätigung der Kommission für Ferdinand Geizkofler findet sich in StAL: B 90 Bü. 38 (Anm. 310), Reichsvizekanzler von Ulm an Zacharias Geizkofler, Prag, 14. November 1615, unfol. Zacharias Geizkofler ließ sich in den kommenden Monaten von seinem Sohn Ferdinand genauestens über seine Mission zum Herzog von Württemberg unterrichten und ließ ihm eine ausführliche Anweisung zukommen, wie er am Herzogshof und einem späteren Kreistag zu agieren hatte, vgl. StAL: B 90 Bü. 65 (Anm. 310), unfol. Subfaszikel, rückseitiger Vermerk: „Dieses soll mein son Ferdinand permitis permutandis proponieren“.

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schließende Appell Geizkoflers für eine angemessene Bezahlung der kaiserlichen Kommissare nicht ganz uneigennützig gewesen sein.³³² Grundsätzlich hatte Geizkofler in seinen Ausführungen keinen Zweifel daran gelassen, dass er in den Reichskreisen zumindest für die Türkensteuerakquirierung ein funktionales Äquivalent zum Reichstag erblickte. Ihre Instrumentalisierung zugunsten des Kaisers erachtete er trotz der konfessionellen Polarisierung des Reichsverbandes für erfolgversprechend, sofern die kaiserliche Diplomatie ausreichend auf die jeweiligen reichskreisspezifischen politischen und konfessionellen Besonderheiten Rücksicht nehmen und in der Abfolge der einzuberufenden Kreistage strategisch weitsichtig vorgehen würde.

1.4 Die Umsetzung des Geizkoflerplans Bei Kaiser Matthias stieß der Geizkofler’sche Vorschlag offensichtlich auf Zustimmung, denn noch im Herbst des Jahres 1615 begannen am Kaiserhof die diplomatischen Vorbereitungen für eine entsprechende Initiative auf Reichskreisebene, die sich bis hin zu organisatorischen Detailfragen und der Auswahl der Kommissare am Geizkoflergutachten orientierten. Dabei kam auch Ferdinand Geizkofler zum Zug, dem die von seinem Vater erhoffte diplomatische Mission zum Württemberger Herzog nach Stuttgart übertragen wurde. Allerdings sah sich der alte Geizkofler im Verlauf der Vorbereitungen noch einmal zu einer energischen Intervention am Kaiserhof genötigt: Nach Lektüre der ersten Version des kaiserlichen Instruktionsschreibens für seinen Sohn stellte er fest, dass die Hofburg die neue Türkensteuer den Kreisausschreibenden Fürsten ganz unverblümt als Ersatz einer Reichstagsbewilligung anzukündigen gedachte. Gemäß den kaiserlichen Vorstellungen sollten die Reichskreise die finanziellen Beschlüsse des Regensburger Reichstags von 1613 in ihren Kreisabschieden im Wortlaut wiederholen, was dann nicht wie eine Bekräftigung des alten Reichsabschieds gehandhabt werden sollte, sondern wie eine gänzlich neue Reichstagsbewilligung.³³³ Dies entsprach keineswegs der Konzeption Geizkoflers, der sich umgehend direkt an Kaiser Matthias wandte, um seinen Plan nochmals zu erläutern und eine Umformulierung der entsprechenden Schreiben an die Kreisausschreibenden  Geizkofler warnte davor, dass man womöglich nicht immer die qualifiziertesten Personen als kaiserliche Kommissare gewinnen könne, „wann den Commissarÿs nit die notwendige Zörungs Costen gegeben werden“, ebd.  Vgl. ebd., „Copia Kaÿ: Handtbrieuels, an Herzog zu Württemberg auf Ferdinand Geizkofler wegen des Craißtags“, Prag, 7. Oktober 1615, unfol.

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Fürsten zu erreichen. Er warnte inständig davor, die neue Türkensteuerinitiative mit einer Reichssteuerbewilligung eines Reichstags in Verbindung zu bringen, insbesondere nicht mit der so umstrittenen von 1613. ³³⁴ Seines Erachtens sprach jedoch auch das Herkommen gegen eine Gleichsetzung von Reichs- und Kreishilfen, denn er wisse sich „nicht zu erinnern, d[a]z vor disem der Reichshilfen halber, iemals ein Craistag seÿe gehalten worden.“³³⁵ Sobald die 1613 bewilligten 30 Römermonate von allen Reichsständen entrichtet worden seien, habe diese Bewilligung „ratione terminorum ihr endtschafft erreicht“ und könne durch eine erneute Bestätigung keinen neuen Geldforderungen gegenüber den Reichskreisen Legitimität verleihen.³³⁶ Tatsächlich verschwand die von Geizkofler kritisierte Formulierung daraufhin aus dem weiteren Schriftverkehr des Kaiserhofs mit den Kreisausschreibenden Fürsten. Allerdings war Kaiser Matthias nicht dazu bereit, zur Erhöhung der Erfolgschancen der laufenden Kreissteuerinitiative auf die Eintreibung der Reichshilfe von 1613 zu verzichten. Dies zeigte sich in Verhandlungen eines kaiserlichen Gesandten mit dem Kurfürsten von der Pfalz im Januar 1616, in deren Rahmen die Anerkennung der jüngsten Reichshilfe erwirkt und die grundsätzliche Verhandlungsbereitschaft Kurfürst Friedrichs in der Türkensteuerfrage ausgelotet werden sollte. Als Minimalziel der Gespräche erwartete Wien das kurpfälzische Einverständnis zur Ausschreibung eines Oberrheinischen Kreistags.³³⁷ Doch selbst die letztere Forderung stieß bei dem Kurfürsten auf Ablehnung, der nach äußerst kurzen Verhandlungen erklären ließ, er habe sich bereits selbst „umb vieler in dem Oberrheinischen Creis vnd andern benachbarten orthen vorgeloffener Mängel vnd gebrechlichkeit und dahero innerlicher obligenn willenn einer Craissversammlung anzustellen bemühet“, dabei aber keinen Erfolg gehabt. ³³⁸ Die finanziellen Mittel eines einzelnen Reichskreises seien sowieso „zu dem vorhabenden Werck wenig erklecklich“ und Türkensteuerforderungen wie alle anderen steuerpolitischen Anliegen des Kaisers gehörten grundsätzlich vor einen Reichs-

 Die folgenden Zitate sind entnommen aus ebd., „Copia Schreibens an die Kaÿserliche Maÿestat de dato 12./22. Octobris Anno 1615“, Haunsheim, 12./22. Oktober 1615, unfol.  Vgl. ebd., „Copia Schreibens an die Kaÿserliche Maÿestat de dato 12./22. Octobris Anno 1615“, Haunsheim, 12./22. Oktober 1615, unfol.  Des Weiteren mahnte er an, dass die neue Türkensteuerforderung auch tatsächlich gegenüber allen Reichskreisen unabhängig der in ihnen vorherrschenden Konfession erhoben werden sollte, damit niemand eine Ungleichbehandlung monieren könne.  Kurfürst Friedrich V. war mit seinen kurfürstlichen Territorien nicht nur im Kurrheinischen Reichskreis vertreten, sondern nahm neben dem Bischof von Worms auch das Amt eines Kreisausschreibenden Fürsten für den Oberrheinischen Reichskreis war. Die Antwort der Kurpfalz auf das kaiserliche Ersuchen findet sich als Abschrift in StAL: B 90 Bü. 332 (Anm. 283), unfol.  Vgl. ebd.

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tag, „weyl ohne daß die Creisordnungen im heÿligen Reich zu einem andern endt vornehmlich auffgerichtet vnnd angesehen“.³³⁹ Trotz dieses Rückschlags verfolgte man das Türkensteuerprojekt am Kaiserhof aber unbeirrt weiter, und wandte sich im nächsten Schritt, hier ebenfalls dem Geizkoflergutachten folgend, dem Fränkischen Reichskreis zu. Zumindest die Einberufung eines fränkischen Kreistags gestaltete sich problemlos und wurde umgehend von Markgraf Christian von Kulmbach und dem Bischof von Bamberg in die Wege geleitet, woraufhin Mitte März 1616 ein sowohl von protestantischen wie katholischen Kreisständen gut besuchter Kreistag in Nürnberg zusammentrat.³⁴⁰ Doch der nach Nürnberg entsandte kaiserliche Kommissar musste auch hier bald erkennen, dass sich die Verhandlungen nicht in die von kaiserlicher Seite gewünschte Richtung entwickelten.³⁴¹ Die fränkischen Kreisstände erklärten in ihrer Replik auf seine Geldforderung von 30 Römermonaten, die vom Kaiser intendierte Erneuerung der Grenzfestungen sei zwar ein löbliches Werk, das Vorhaben wäre aber alleine mit Hilfe des Fränkischen Reichskreises „zu keiner nuzbarlichen Ersprießlichkeit zu bringen, ehe zu vor alle Reichs=Crays insgemein zu durchgehender gleicher Hülffleistung vermöcht“ seien.³⁴² Zudem sollte dem Fränkische Reichskreis zuerst „bey den höhern Churfürstlichen Craysen Verweiß zuwachsen“, da man den beiden Reichskreisen mit inkorporierten Kurfürstentümern nicht „vorgreiffen, vnd Ihnen ein præjudicial conclusum machen solte“.³⁴³ Grundsätzlich sei auch eine Entscheidung der Kontributionsfrage über einen Reichstag einer „particular decision“ eines einzelnen Reichskreises vorzuziehen.³⁴⁴ Ergänzend setzte die protestantische Kreistagsmehrheit noch die Forderung nach einem Kompositionstag in den Kreisabschied, auf dem die fränkischen Kreisstände dann eher geneigt wären, den finanziellen Forderungen des Kaisers entgegen zu kommen. Letztlich hatte der Kreistag den kaiserlichen Unterstützungswünschen eine klare Absage erteilt. Selbst bei den katholischen Kreisständen fand das Türkensteuergesuch nicht ausreichend Rückhalt. Diese bemühten sich auch nicht um  Ebd.  Das Kreistagsausschreiben lautete auf den 11./21. März 1616, der Kreisabschied datiert auf den 15./25. März 1616 und ist ediert bei Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 130 – 135.  Als kaiserlicher Kommissar fungierte eine jener beiden Personen, die Geizkofler ausdrücklich für diese Aufgabe vorgeschlagen hatte. Dies war Johann Eustachius von Westernacht, Deutschordensritter und als Statthalter Mergentheims selbst im Fränkischen Reichskreis ansässig.  Vgl. ebd., S. 133.  Ebd., S. 133. Gemeint sein dürften der Kurrheinische und der Obersächsische Reichskreis.  Vgl. ebd., S. 133.

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einen Separatabschied ihrerseits zugunsten des Kaisers. Nachdem sich die fränkischen Kreisstände in ihrem Votum ausdrücklich des Arguments bedient hatten, den kurfürstlich dominierten Reichskreisen nicht vorgreifen zu wollen, und ein kurrheinischer Kreistag schon alleine aufgrund der Blockadehaltung der Kurpfalz wahrscheinlich nicht zustande kommen würde, mussten die letzten Hoffnungen des Kaisers auf einem Reichskreis liegen, zu dem sich Geizkofler bisher gar nicht detailliert geäußert hatte: dem Obersächsischen Reichskreis mit seinen immerhin zwei Kurfürstentümern. Im Mai 1616 stand ein Münzprobationstag dieses Kreises in Leipzig an, auf dem sich dem Kaiser nach den Fehlschlägen in Heidelberg und Nürnberg nochmals die Chance zu bieten schien, sein Steuergesuch einer großen Gruppe an Reichsständen vorbringen zu können. Dass in Leipzig offiziell nur ein Probationstag, kein allgemeiner Kreistag zusammentrat, war dabei kein Hindernis, denn schon die erste obersächsische Reichskreisbewilligung im Langen Türkenkrieg im Jahr 1592 war ebenfalls auf einem solchen Konvent in Leipzig beschlossen worden.³⁴⁵ Diesmal wurde der Leipziger Reichspfennigmeister Christoph von Loß mit der Vorbringung der kaiserlichen Wünsche betraut, der aber wie bereits in den Verhandlungen mit der Kurpfalz nicht nur die neue Türkensteuer im Sinne des Geizkoflerplans bewerben sollte, sondern zugleich auch noch die Bezahlung der 30 Regensburger Römermonate von 1613 einzufordern hatte.³⁴⁶ Auch diese Mission scheiterte kläglich: Einige wichtige Kreisstände hatten sich gar nicht erst mit eigenen Gesandten in Leipzig eingefunden, darunter Kurbrandenburg und die beiden Pommernherzöge, und es gelang dem Reichspfennigmeister nicht, das kursächsische Probationstagsdirektorium dazu zu überreden, die kaiserliche Türkensteuerforderung in die offizielle Tagesordnung der Versammlung aufzunehmen.³⁴⁷

 Vgl. zur Türkensteuerbewilligung des obersächsischen Probationstags von 1592 Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 195; Nicklas: Macht oder Recht (Anm. 35), S. 141 f. Die Bewilligung lautete über die stolze Summe von 100.000 Rtl. und wurde als Geldhilfe entrichtet. Auch die nächste Türkensteuerbewilligung über weitere 100.000 Rtl., diesmal als Truppenhilfe, wurde auf einem Probationstag beschlossen, vgl. ebd., S. 142.  Vgl. Rauscher: Reiche Fürsten – armer Kaiser? Die finanziellen Grundlagen der Politik Habsburgs, Bayerns und Sachsens im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 274), S. 256, Anm. 103.  Die Mission des Reichspfennigmeisters findet im Abschied keine Erwähnung. Zur Abwesenheit einiger Kreisstände vgl. die Vorrede des obersächsischen Münzprobationstagsabschieds von Leipzig, 1. Mai 1616, ediert bei Moser: Des hochloeblichen Ober-Saechsischen Crayses Abschide (Anm. 63), S. 194– 201, hier S. 195. Das Hauptthema des Konvents waren neue kurbrandenburgische Kippermünzstätten, die heftiger Kritik unterzogen wurden. Dies könnte eine weitere Erklärung für die Abwesenheit Kurbrandenburgs sein.

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Nach diesem erneuten Rückschlag setzte der Kaiser die Entsendung weiterer Kommissare zu Kreistagen oder Kreisausschreibenden Fürsten aus und unterließ sogar eine Beschickung des Bayerischen Reichskreises, obwohl dieser aufgrund seiner starken katholischen Prägung von Geizkofler zu den besonders kaisernahen Kreisen gezählt worden war.³⁴⁸ Weitere Steuerbewilligungen aus dem Reich erhielt das Reichsoberhaupt in den folgenden zwei Jahren nur noch von einzelnen kleineren Reichsständen, wie etwa den Wetterauer Grafen.³⁴⁹ Erst der Kriegsausbruch in Böhmen in Folge des Prager Fenstersturzes vom 23. Mai 1618 veranlasste den Kaiserhof zu einem neuen Versuch der Einwerbung größerer finanzieller Mittel aus dem Reich. Die Gelegenheit dazu boten mehrere Kreistage, die in den an Böhmen angrenzenden Reichskreisen Bayern und Franken durch ihre Kreisausschreibenden Fürsten einberufen worden waren.³⁵⁰ Kaiser Matthias ließ sowohl vor dem bayerischen wie dem fränkischen Kreistag eigens entsandte Kommissare für eine finanzielle Unterstützung der habsburgischen Sache in Böhmen werben, die zugleich noch die altbekannten Forderungen nach Geldmitteln für die ungarischen Grenzfestungen vorbrachten.³⁵¹ Die Verbindung beider an sich inhaltlich zusammenhangloser finanzieller Forderungen erfolgte dabei aus rein verhandlungstaktischen Gründen: Zum  Vgl. Hugo Altmann: Die Reichspolitik Maximilians I. von Bayern 1613 – 1618 (Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges in den Zeiten des vorwaltenden Einflusses der Wittelsbacher, 12). München 1978, S. 130 – 136.  Der Wetterauer Grafenverein genehmigte dem Reichsoberhaupt im April 1618 eine außerordentliche Hilfe von 20 Römermonaten, vgl. hierzu OeStA FHKA: SUS RA 46.1 (Anm. 261), Graf Wolfgang Ernst von Isenburg und Büdingen an Kaiser Matthias, Büdingen, 28. September 1618, fol. 707r–710v, hier 707r. Magen geht davon aus, dass die Bewilligung schon im Oktober 1617 erfolgt sei, vgl. Ferdinand Magen: Reichsgräfliche Politik in Franken. Zur Reichspolitik der Grafen von Hohenlohe am Vorabend und zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges (Forschungen aus Württembergisch Franken, Bd. 10). Schwäbisch Hall 1975, S. 171, Anm. 8.  Zumindest einer der bayerischen Kreistage war auch vom Reichsoberhaupt angeregt worden, ausgeschrieben wurde er aber von Salzburg und Bayern. Vgl. die Vorrede im bayerischen Kreisabschied von Landshut vom 10. Dezember 1618, ediert bei Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 248 – 260, hier S. 248.Von Beginn des Böhmischen Aufstands 1618 waren im Bayerischen Reichskreis bis September 1619 insgesamt 5 allgemeine Kreistage oder Kreisadjunktentage zusammengetreten, zumeist ohne vorherige Bitte des Kaisers. Der Tagungsort war immer Landshut. Die Kreisabschiede finden sich alle ediert bei Lori, vgl. ebd., S. 245 – 267.  Zu den bayerischen und fränkischen Kreistagen der Jahre 1618/1619 vgl. Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), hier S. 430 f., insbesondere Anmerkung 85 und 86. Zu den Beschlüssen des Fränkischen Kreistags von 1618 und 1619 Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 111. Die Proposition der kaiserlichen Kommissare vor dem bayerischen Kreistag in Landshut ist ediert bei Lori, vgl. Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 252– 255. Die erste Forderung der Kommissare lautete über 35 Römermonate.

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Zeitpunkt des bayerischen Kreistags in Landshut im Dezember 1618 war die weitere militärische und politische Entwicklung in Böhmen noch völlig offen. Neben einer militärischen Eskalation des Konflikts schien auch eine friedliche Verhandlungslösung noch keineswegs ausgeschlossen, zumal sich der Kurfürst von Sachsen seit Juni 1618 intensiv um eine Vermittlung zwischen den Aufständischen und dem Kaiser bemühte.³⁵² Auch von Seiten der Katholischen Liga, die sich noch in einer Phase der Restrukturierung befand, waren keine endgültigen Entscheidungen über ihre weitere Haltung in Bezug auf die böhmischen Unruhen gefallen.³⁵³ Im Oktober 1618 hatte Maximilian gegenüber Kaiser Matthias sogar seinen ausdrücklichen Unwillen bekundet, sich in einen militärischen Konflikt um Böhmen hineinziehen zu lassen.³⁵⁴ Diese Haltung teilten die allermeisten bayerischen Kreisstände, die nicht zuletzt aus Sorge vor Vergeltung von Seiten ihrer böhmischen Nachbarn davor zurückschreckten, sich in diesem frühen Stadium des Konflikts schon offen gegen die Aufständischen zu erklären. Sie lehnten daher die von den kaiserlichen Kommissaren auf dem Kreistag geforderte Geldhilfe gegen die böhmischen Stände mit dem Hinweis ab, für den Bayerischen Reichskreis stünde im Falle einer offenen Parteinahme die „Gefahr gleichsam vor der Thür“.³⁵⁵ An einem Sieg der protestantischen Ständeopposition über die ka Vgl. Frank Müller: Kursachsen und der Böhmische Aufstand 1618 – 1622 (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 23). Münster 1997, S. 148 – 218; Johannes Burkhardt: Friedensschlüsse auf Sächsisch. Pazifizierende Sprachleistungen eines deutschen Landesstaates in der ersten Hälfte der Frühen Neuzeit, in: Frieden übersetzen in der Vormoderne. Translationsleistungen in Diplomatie, Medien und Wissenschaft, hrsg. v. Heinz Duchhardt/Martin Espenhorst (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abteilung für Universalgeschichte, Beiheft 92). Göttingen 2012, S. 35 – 65, hier 47– 52.  Die Liga war nach 1613 in eine tiefe innere Krise geraten, nachdem die Tiroler Linie der Habsburger auf Drängen einiger schwäbischer Ligamitglieder neben Bayern und Kurmainz ein eigenes Direktorium im Militärbündnis erhielt. Maximilian lehnte diesen Schritt stets ab und gründete als Reaktion 1614 einen engeren Bund mit den fränkischen Bischöfen sowie dem Hochstift Augsburg und der Fürstprobstei Ellwangen und legte 1616 sein eigenes Ligadirektorium nieder. 1617 kam es zur Neugründung eines Oberländischen Direktoriums unter bayerischer Leitung, das jedoch erst 1619 wieder in eine engere Verbindung mit den rheinischen Mitgliedern der Liga trat, die auch fortan unter einem kurmainzischen Direktorium standen. Vgl. hierzu Franz Brendle: Kurmainz, Bayern und die Liga, in: Union und Liga 1608/09 (Anm. 292), S. 97– 116, hier vor allem S. 100 f.; Axel Gotthard: Protestantische „Union“ und Katholische „Liga“ – Subsidiäre Strukturelemente oder Alternativentwürfe?, in: Alternativen zur Reichsverfassung in der Frühen Neuzeit?, hrsg. v.Volker Press/Dieter Stievermann (Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien, 23). München 1995, S. 81– 112.  Vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 492.  Die entscheidende Stelle der Replik der Kreisstände auf den Vortrag der kaiserlichen Kommissare ist folgendermaßen formuliert: „[…] demnach aber dieser bairische Kreis des Königreichs Böhmen nächster Nachbar, darum auch der besorglichen androhenden Gefahr gleichsam vor der

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tholischen Habsburger zeigten sie sich jedoch ebenso wenig interessiert und fanden nun in der Türkensteuerforderung eine Möglichkeit, dem Kaiser eine Geldhilfe zukommen zu lassen, ohne sich bündnispolitisch eindeutig zu exponieren. Ein solches Abstimmungsverhalten hatten die kaiserlichen Kommissare am bayerischen Kreistag von Anfang an bedacht. Entsprechend reagierten sie auf die ablehnende Haltung der bayerischen Kreisstände in der böhmischen Frage mit der Erklärung, dass „ihr kaiserl. Majestät gar nicht principaliter wegen dieser böheimischen Unruhe, sondern vornämlich wegen der christlichen Grenzen und Erhaltung des türkischen Friedens die angedeute Geldhülfe gesucht. Da seye nun Fried oder Krieg, so werden ja die Herrn Räth und Botschafter das Universal-Interesse der Christenheit, und wie unmöglich ihrer kaiserl. Majestät seye, diese der christlichen Grenz Nothgebäu, Provision und Unterhaltung, länger allein zu tragen, und zu continuiren, mit treuherzigem Eifer bedenken.“³⁵⁶ Mit der Berufung auf die Sicherheit der Reichsgrenze gegen die Osmanen im vermeintlichen „Universal-Interesse der Christenheit“ war eine im Reichskreis konsensfähige und bündnispolitisch unverfängliche Rechtfertigung für eine Geldhilfe an den Kaiser gefunden. Mit Verweis auf diese Argumentation bewilligte der Kreistag per Mehrheitsbeschluss eine Geldhilfe von 12 Römermonaten, die offiziell nur für die ungarischen Grenzfestungen verwendet werden sollte. Ein späterer Rechenschaftsbericht über die tatsächliche Verwendung der Gelder wurde aber nicht verlangt.³⁵⁷ Nur eine kleine Gruppe von Kreisständen um das um seine Zahlungsfähigkeit besorgte Hochstift Freising und die protestantische Reichsstadt Regensburg hatte gegen den Beschluss gestimmt, musste sich jedoch schließlich der Kreistagsmehrheit beugen.³⁵⁸

Thür gesehen, auch unbewust, wessen die übrige des heilligen Reiches ersuchte Kreis, vor welche sammentlich dieses als ein hochwichtiges Werk gehörig, sich entschließen werden; so könnten allerhöchstermeldte kaiserl. Majestät hochvernünftig ermessen, daß dem bairischen Kreis sich bei disem Werk intereßirt zu machen nicht rathsam, thun- oder nützlich seye, und bitten hierauf die kaiserl. Majestät allerunterthänigist, Fürsten und Ständen des Kreises diesfalls allergnädigist entschuldiget zu halten.“ Ediert bei Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 255.  Ebd., S. 256.  Laut Kreisabschied erfolgte die Kreishilfe „einig und allein auf die unvermeydliche Abkommund Entblößung der ungarischen Grenzhäusser und Festungen, damit dieselbe wiederum restaurirt, aus der Baufälligkeit erhebt, und gegen vorberührten Erbfeind, als die rechte Vormauern des heiligen Reichs deutscher Nation, unsers geliebten Vaterlands, beständig und wohl versichert werden“. Die Zahlung solle auf 2 Termine (Lichtmess und Sankt Georgii) im Lauf des Jahres 1619 erfolgen, vgl. ebd., S. 249.  Ablehnend votierten noch die Landgrafschaft Leuchtenberg und die Reichsgrafschaft Ortenburg. Damit bestand die Kreistagsopposition in diesem Fall sowohl aus katholischen wie

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Trotz allem hatte die kaiserliche Reichskreisdiplomatie den ersten nennenswerten finanziellen Erfolg seit dem letzten Reichstag von 1613 erlangt, auf den man nun auch bei künftigen Verhandlungen mit anderen Reichskreisen verweisen wollte, um diese ebenfalls zu Zugeständnissen zu bewegen.³⁵⁹ Doch dazu kam es nicht mehr. Eine Gesandtschaft zu einem für den April 1619 ausgeschriebenen fränkischen Kreistag war bereits in Planung, als der Tod Kaiser Matthias’ alle weiteren diesbezüglichen Überlegungen vorerst hinfällig machte.³⁶⁰

Zwischenfazit Zacharias Geizkofler, der ursprüngliche Ideengeber und jahrzehntelange Verfechter der Reichskreishilfen, hatte diesen bescheidenen Erfolg der kaiserlichen Reichskreisdiplomatie nicht mehr erlebt, denn er war 1617 gestorben. Allerdings hatte ausgerechnet der Ausbruch eines Krieges mit konfessionellen Frontstellungen, den Geizkofler im Reich auf diversen Wegen jahrelange abzuwenden versucht hatte, den wohl entscheidenden Ausschlag dafür gegeben, dass erstmals nach dem Reichstag von 1613 wieder eine kaiserliche Türkensteuerforderung zumindest auf Reichskreisebene erfolgreich realisiert werden konnte. Die zwei Jahre zuvor in Friedenszeiten abgehaltenen Kreistage waren hingegen für die kaiserliche Seite völlige Fehlschläge gewesen. Die einst von Geizkofler mit Verweis auf den Langen Türkenkrieg entwickelte Argumentation vom Schutz der ungarischen Grenze als gemeinsamer Aufgabe des ganzen Reiches genügte in Zeiten des relativen Friedens mit dem Osmanischen Reich nach protestantischen Kreisständen, die allerdings aus unterschiedlichen Beweggründen ihre Zustimmung verweigert hatten: Freising betonte seine Schuldenlast und seinen seiner Meinung nach zu hohen Matrikularanschlag, während die Reichsstadt Regensburg verfassungsrechtliche Einwände vorbrachte und auf die Zuständigkeit des Reichstags für Verteidigungsfragen verwies, vgl. Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), S. 430, Anm. 85.  Die 12 Römermonate des Bayerischen Reichskreises hatten einen Geldwert von ca. 72.000 fl. und lagen bei vollständiger Bezahlung in etwa so hoch, wie jene Summen, die der Kaiserhof infolge des Regensburger Reichsabschieds von 1613 eingenommen hatte. Offenbar wurde die Bewilligung auch großteils entrichtet, selbst vom weitgehend protestantischen Regensburg, vgl. ebd., S. 430, Anm. 85 und Reinhard Rudolf Heinisch: Salzburg im Dreißigjährigen Krieg (Dissertationen der Universität Wien, 18). Wien 1968, S. 5 f.  Vgl. die Vorrede zum fränkischen Kreistagsabschied vom 8./18. April 1619, ediert bei Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 136; ferner Magen: Reichsgräfliche Politik in Franken (Anm. 349), S. 178 f., hier insbesondere Anm. 7. Zu den weitreichenden politischen Folgen des Todes Kaiser Matthias’, der auch ein Ende der kursächsischen Vermittlungsbemühungen nach sich zog, Müller: Kursachsen und der Böhmische Aufstand 1618 – 1622 (Anm. 352), S. 219 – 223.

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1606 nicht mehr, um im Reich bzw. einzelnen Reichskreisen zu nennenswerten Reichssteuerbewilligungen zu gelangen. Allerdings hatte es der Kaiser auch versäumt, den um eine Türkenhilfe gebetenen Kreisständen irgendeine nennenswerte Gegenleistung anzubieten – im Fall von protestantisch dominierten Reichskreisen etwa religionspolitische Zugeständnisse – um diesen einen Anreiz für die letztlich freiwilligen Steuerleistungen zu bieten. Stattdessen mussten die kaiserlichen Kommissare neben den neuen Türkensteuerforderungen sogar zumeist noch die vollständige Anerkennung und Bezahlung der Kontributionsbeschlüsse des letzten Regensburger Reichstags einfordern, was jedoch fundamental gegen die Rechtsauffassung der Mehrheit der protestantischen Reichsstände lief, die die Reichstagsbeschlüsse von 1613 für sich selbst als nicht verbindlich erachteten. Letztlich fielen protestantisch dominierte Reichskreise als potentielle Geldgeber aus, was in diesem Fall auch auf den Fränkischen Reichskreis zutraf. Zu katholischen Minderheitsvoten kam es indes nicht, selbst ein Herantreten des Kaisers an den weitgehend katholischen Bayerischen Reichskreis unterblieb. Die genauen Beweggründe hierfür müssen zwar an dieser Stelle offen bleiben, die katholische Reichstagsbewilligung von 1613 und die Bindung finanzieller Mittel durch die Liga sind jedoch naheliegende Erklärungen.³⁶¹ Nach den Fehlschlägen von 1616 fehlte der kaiserlichen Reichskreisdiplomatie schließlich das von Geizkofler als so bedeutsam eingestufte positive Vorbild eines einzelnen Reichskreises, der mit einer ersten Bewilligung als „Initialzündung“ für einen erfolgreichen Fortgang von Türkensteuerverhandlungen mit anderen Reichskreisen hätte dienen können. Mit dem Kriegsbeginn in Böhmen änderte sich dies zumindest im Fall des Bayerischen Reichskreises. Den bayerischen Kreisständen bot die Etikettierung ihrer Zahlungsbewilligung für den Kaiser als „Türkenhilfe“ die Möglichkeit, dem Reichsoberhaupt eine finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen, ohne sich offen gegen die böhmischen Aufständischen zu erklären.

2 Die Kreishilfebewilligungen der 1620er Jahre 2.1 Türkenhilfen während des Böhmisch-Pfälzischen Kriegs Freilich machte der Fortgang der Ereignisse im Krieg um Böhmen den meisten bayerischen Kreisständen die Beibehaltung einer auch nur formalen Neutralität

 Vgl. hierzu auch Kap. I.1.3, „Konkurrenz? Der Kaiser im Wettstreit mit Union und Liga um die finanziellen Ressourcen der oberdeutschen Reichskreise“ im zweiten Hauptkapitel dieser Studie.

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sehr bald unmöglich. Spätestens als sich Maximilian von Bayern und mit ihm die Katholische Liga zur militärischen Intervention auf Seiten des Kaisers entschlossen, waren die meisten süddeutschen katholischen Reichsstände aufgrund ihrer Ligamitgliedschaft Kriegspartei und mit ihren Beiträgen zum Ligaheer direkt an der Kriegsfinanzierung beteiligt.³⁶² Musterplätze und kostspielige Heeresdurchzüge sowie eigene Verteidigungsmaßnahmen traten für die meisten süddeutschen Reichsstände als weitere immense Kostenfaktoren hinzu, sodass zusätzliche freiwillige Reichskreishilfen für den Kaiser von ihrer Seite vorerst kaum mehr zu erwarten waren.³⁶³ Dies galt auch für den Obersächsischen Reichskreis, dessen bedeutendster Kreisstand, Kursachsen, 1620 ebenfalls zugunsten Habsburgs in die böhmischen Unruhen eingriff, dafür aber die Finanzkraft benachbarter obersächsischer Kreisstände für sich in Beschlag nahm.³⁶⁴ Die Reichskreise am Rhein waren wiederum seit Beginn der Kämpfe um die Kurpfalz und dem kurz darauf nach Ablauf eines mehrjährigen Waffenstillstands wieder offen ausgetragenen Niederländischen Unabhängigkeitskrieg selbst zu Kriegsschauplätzen geworden.³⁶⁵ Nennenswerte freiwillige Geldhilfen für den Kaiser waren somit auch aus dem Westen des Reiches für einige Zeit kaum mehr zu erwarten. Friedlich und

 Zur Verwicklung der Liga in den Böhmischen Krieg vgl. allgemein Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 489 – 538, zur vorangegangenen Rekonstituierung der Liga im Sinne Maximilians ebd., S. 495 – 503.  Diese Argumentation war auf bayerischen und fränkischen Kreisversammlungen der Jahre 1618/1619 von verschiedenen Kreisständen immer wieder vorgebracht worden. Vgl. zum Bayerischen Reichskreis Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 260 – 262, 268. Zum Fränkischen Reichskreis vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 111 f.  Zur militärischen Intervention Kursachsens im Böhmisch-Pfälzischen Krieg vgl. Müller: Kursachsen und der Böhmische Aufstand 1618 – 1622 (Anm. 352), S. 356 – 427; Johannes Burkhardt: Der Dreißigjährige Krieg. Einfluß der sächsischen Politik auf die deutsche Geschichte, in: Dresdner Hefte 56 (1998), S. 3 – 12. Zum obersächsischen Kreistag von Leipzig vom Januar 1620, auf dem sich Kursachsen als Kreisobrist des Obersächsischen Reichskreises von der Kreistagsmehrheit eine finanzielle Beteiligung an der Aufstellung eigener Truppen sicherte, vgl. Müller: Kursachsen und der Böhmische Aufstand 1618 – 1622 (Anm. 352), S. 290 f., 325 – 333; Nicklas: Macht oder Recht (Anm. 35), S. 198 – 208; Theodor Schulze: Die kursächsische Politik und der Böhmische Aufstand. Diss. Leipzig 1904, S. 36 – 42.  Zum Kriegsverlauf von 1618 bis 1623 vgl. Christoph Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg. Geschichte eines europäischen Konflikts. 2. Aufl. Stuttgart 2013, S. 35 – 49, zu den Auswirkungen auf den Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis S. 134– 138, zum Oberrheinischen Reichskreis und seiner anhaltenden politischen Blockade seit 1607 Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 228; Amann: Der Oberrheinische Kreis im Wandel (Anm. 113), hier S. 343.

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finanzkräftig blieb vorerst vor allem der Norden des Reiches mit dem Niedersächsischen Reichskreis. Diesem galten noch mitten im Krieg um die Kurpfalz die ersten Bemühungen Kaiser Ferdinands II., um die 1618 mit dem Tod seines Vorgängers im Kaiseramt eingestellten Türkensteuergesuche auf Reichskreisebene wieder aufzunehmen. Ein im Frühjahr 1621 in Lüneburg anberaumter niedersächsischer Kreistag bot dazu Gelegenheit. Tatsächlich verschlossen sich die versammelten Kreisstände dem Anliegen des Kaisers nicht grundsätzlich und boten eine Türkenhilfe von 12 Römermonaten an, womit die Bewilligungshöhe mit der bayerischen Kreishilfe von 1618 korrelierte. Doch der Kreisabschied knüpfte die Auszahlung der Gelder an äußerst weitreichende Bedingungen: Die Türkenhilfe sollte nur dann entrichtet werden, wenn Ferdinand II. die bisherige Neutralität des Niedersächsischen Reichskreises auch weiterhin akzeptierte, sich für eine Demobilisierung des ligistischen Kriegsvolks auf Reichsboden einsetzte und darüber hinaus gegenüber dem soeben erst geächteten Friedrich V. von der Pfalz³⁶⁶ seine kaiserliche „Milde“ walten lassen würde, worunter die niedersächsischen Kreisstände nichts anderes als die vollständige Restituierung der Kurpfalz verstanden. Vom Kurpfälzer erwarteten die Kreisstände im Gegenzug den Verzicht auf die Wenzelskrone und eine formale Unterwerfung unter den Kaiser.³⁶⁷ Welche Realisierungschancen die niedersächsischen Kreisstände ihrer Offerte tatsächlich einräumten, muss dahingestellt bleiben, denn der Krieg hatte sich für Kaiser Ferdinand II. seit der Schlacht am Weißen Berg äußerst günstig entwickelt, so dass eine vollständige militärische Niederlage seines kurpfälzischen Gegners zum Zeitpunkt des Kreisabschieds schon absehbar war.³⁶⁸ Eben-

 Der Kaiser hatte den Kurfürsten am 29. Januar 1621 in die Reichsacht erklärt. Die Achterklärung wurde auch in gedruckter Form in Umlauf gebracht: Copia, Kayserl. Aachts Erklerung, wider Pfaltzgraff Friderich Churfürst. Enthält außerdem: Copia, Kayserl. Aachts Erklerung, wider Hanß Georgen den Eltern, Marggraffen zu Brandenburg, Christian Fürsten von Anhalt, vnd Georg Friderichen Grafen zu Hohenloe,Wien 1621; vgl. zur Thematik grundlegend Weber: Zur Bedeutung der Reichsacht in der Frühen Neuzeit (Anm. 224), zur Ächtung Kurfürst Friedrichs V. S. 64 f.; Christoph Kampmann: Reichsrebellion und kaiserliche Acht. Politische Strafjustiz im Dreissigjährigen Krieg und das Verfahren gegen Wallenstein 1634 (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 21). Münster 1992, S. 32– 47, zur Ächtung Kurfürst Friedrichs V. S. 48 – 68.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 136 f.  Zum Kriegsverlauf um die Kurpfalz Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618 – 1648. Stuttgart 2009, S. 72; Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg. 3. Aufl. Göttingen 2004, S. 34 f.

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so standen die 12 Römermonate des Niedersächsischen Reichskreises, die bei vollständiger Ableistung nur etwa 100 000 fl.³⁶⁹ entsprochen hätten, in keinem Verhältnis zu den bisherigen Kriegskosten von Kaiser und Liga in Höhe von mehreren Millionen Gulden, für die die vermeintlich baldigen Kriegsgewinner im Falle eines Friedensschlusses eine Kompensation erwarteten.³⁷⁰ Das Türkensteuerangebot des Niedersächsischen Reichskreises mitsamt seinen Bedingungen kann deshalb kaum als umfassender Friedensplan zur Kriegsbeendigung im Reich interpretiert werden, wohl aber als Signal der Gesprächsbereitschaft und des Friedenswillens gegenüber dem Kaiser. In Relation zu den eingeforderten Gegenleistungen war die angebotene Summe zwar äußerst gering, doch erstmals seit dem Ende des Langen Türkenkriegs hatte eine größere Anzahl protestantischer Reichs- bzw. Kreisstände dem Reichsoberhaupt überhaupt eine konkrete Steuerzahlung offeriert, ohne die Einberufung eines Reichs- oder Kompositionstags zur Vorbedingung zu machen. Die kaiserliche Diplomatie knüpfte schon bald wieder an die offensichtlich vorhandene Gesprächsbereitschaft der niedersächsischen Kreisstände an und brachte im Frühjahr des folgenden Jahres eine weitere Geldforderung vor einen niedersächsischen Kreistag, die wieder mit „Kriegspraeparatoria des Türcken“ gerechtfertigt wurde.³⁷¹ Diesmal bewilligte die Kreisversammlung 14 Römermonate nach den schon 1621 genannten Konditionen, die wiederum als Vorschuss

 Die „Reichs Matricul de Anno 1613 vnd Nürnbergische Repartition“ setzt den einfachen Römermonat für den Niedersächsischen Reichskreis mit 8.624 fl. an, womit 12 Römermonate eine Gesamtsumme von 103.488 fl. ergäben. Die Reichsanschläge der Niedersächsischen Kreisstände finden sich in der genannten Reichsmatrikel unter OeStA FHKA: SUS RA 90.1.13 (Anm. 185), fol. 1241v – 1244r, ein summarisches Verzeichnis auf fol. 1243v – 1244r.Vgl. auch die entsprechende Tabelle im Anhang dieser Arbeit.  Alleine Maximilian von Bayern sollte dem Kaiser 1623 sein militärisches Engagement im Böhmisch-Pfälzischen Krieg mit 12 Mio. Gulden in Rechnung stellen, vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 603; zur Interessenslage aus kaiserlicher Sicht zuletzt auch Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 193 – 205. Zu den Kriegskosten der Liga allgemein vgl. auch Walter Goetz: Die Kriegskosten Bayerns und der Ligastände im 30jährigen Kriege, in: Forschungen zur Geschichte Bayerns 12 (1904), S. 109 – 125; Dieter Albrecht: Zur Finanzierung des Dreißigjährigen Krieges. Die Subsidien der Kurie für Kaiser und Liga 1618 – 1635, in: ZBLG 19 (1956), S. 534– 566.  Zum Kreistag von Braunschweig mit seinem Abschied vom 29. März 1622 vgl. Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), S. 435, Zitat nach Anm. 101; Arno Duch (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. Neue Folge 1.2 (Die Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618 – 1651). München, Wien 1970, S. 468 Anm. 2; Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 137 f., hier auch detailliertere Angaben über den weiteren Inhalt des Kreisabschieds vom 12. Juni 1622 (alter Stil).

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auf die nächste Reichstagsbewilligung gelten sollten.³⁷² Der Kreistagsbeschluss dürfte als Nachbesserung jenes etwas niedrigeren ersten Angebots von 1621 zu verstehen sein, auf das sich der Kaiser seinerzeit offensichtlich nicht eingelassen hatte.³⁷³ Dies tat er auch diesmal nicht, weshalb es auch nie zu einer Auszahlung der 14 Römermonate kam.³⁷⁴ Zudem hatte der niedersächsische Kreistag die Entscheidung zu einer Steuerofferte an den Kaiser keineswegs einstimmig gefällt, da einige Kreisstände eine finanzielle Unterstützung des Habsburgers auch unter dem formalen Titel einer Türkenhilfe als unvereinbar mit der bisherigen Neutralität des Reichskreises erachteten.³⁷⁵ Darüber hinaus sympathisierte der militärisch potenteste Kreisstand, König Christian IV. von Dänemark alias Herzog von Holstein, zunehmend mit antihabsburgischen Bestrebungen in England und den Generalstaaten und stand einer Annäherung des Reichskreises an das Reichsoberhaupt äußerst kritisch gegenüber.³⁷⁶ Dagegen hatten einige Inhaber säkularisierter Hochstifte für eine

 Vgl. Duch (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 371), S. 486, Anm. 2; Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), S. 435, hier insbesondere Anm. 101; ferner Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 137 f., hier auch detailliertere Angaben über den weiteren Inhalt des Kreisabschieds vom 12. Juni 1622 (alter Stil) und Julius Otto Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg. Bd. 1: Der niedersächsische Krieg 1621– 1623. Halle (Saale) 1872, S. 149.  In den von mir konsultierten Quellen und der Literatur ließen sich keine Hinweise auf eine Auszahlung der ersten Kreishilfe von 1621 finden; allerdings sind die Reichssteuerleistungen des Niedersächsischen Reichskreises nach wie vor ein Desiderat der Forschung. Bei Gittel finden sich lediglich einige Angaben zu den Türkensteuerleistungen des 16. Jahrhunderts, vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 99 – 112. Winfried Dotzauer und Ferdinand Magen sind nur die Bewilligung von 1622 bekannt, die 12 Römermonate von 1621 führt keiner der beiden Autoren an, vgl. Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), S. 435; Dotzauer: Die deutschen Reichskreise in der Verfassung des Alten Reiches und ihr Eigenleben (1500 – 1806) (Anm. 30), S. 319. Magen und Dotzauer verkennen jedoch den Angebotscharakter der Bewilligung und vermitteln den fälschlichen Eindruck, die Gelder seien tatsächlich entrichtet worden.  Dies geht aus dem Vorwort des niedersächsischen Kreisabschieds von Jüterbog von 1624 hervor, vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 109.Vgl. auch Opel: Der niedersächsischdänische Krieg (Anm. 372), S. 149.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 138.  Vgl. allgemein Klauspeter Reumann: Kirchenregiment und Großmachtpolitik. Das Eingreifen Christians IV. als Herzog von Holstein und König von Dänemark in den Dreißigjährigen Krieg, in: Der Westfälische Frieden 1648 und der deutsche Protestantismus, hrsg. v. Bernd Hey (Religion in

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kompromissorientierte Kreispolitik plädiert und ihr großes Interesse an einer fortdauernden Duldung des status quo im Niedersächsischen Reichskreis durch den Kaiser signalisiert, was in erster Linie in ihrem reichsrechtlich unsicheren Status begründet lag.³⁷⁷ Doch unabhängig von der tatsächlichen Auszahlung der angebotenen Türkenhilfe konnte die kaiserliche Diplomatie die beiden niedersächsischen Kreistage von 1621 und 1622 zumindest in einer Hinsicht als einen gewissen Erfolg verbuchen: Offensichtlich hatte der Siegeszug der katholischen Heere in Böhmen und am Rhein selbst bei den „kaiserfernen“ protestantischen Ständen des Niedersächsischen Reichskreises die Bereitschaft erhöht, sich zumindest wieder auf Reichskreisebene mit finanziellen Forderungen des Kaisers zu befassen und konkrete Angebote vorzulegen, ohne auf Einberufung eines Reichstags zu bestehen.

2.2 Türkenhilfen zwischen dem „Regensburger Fürstentag“ bis zum Auftreten Wallensteins Das war mehr, als der Kaiser wenig später zu Beginn des Jahres 1623 auf dem sog. „Regensburger Fürstentag“ erreichen konnte³⁷⁸: Die Versammlung wurde nur von einigen nach kaiserlichem Gutdünken ausgewählten und vorwiegend katholischen Reichsständen besucht und entsprach damit keiner der herkömmlichen

der Geschichte, Bd. 6). Bielefeld 1998, S. 41– 63, zu den antihabsburgischen Spitzen der dänischen Reichspolitik der frühen 1620er Jahre Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 372), S. 50 – 65, 144– 152.  Davon auszunehmen wäre freilich der Administrator des Hochstifts Halberstadt, Christian von Braunschweig, der sich als Söldnerführer im Dienst der Kurpfalz hervorgetan hatte. Neben Halberstadt befanden sich noch folgende Hochstifte im Niedersächsischen Reichskreis im Besitz protestantischer Administratoren: Die Erzstifte Magdeburg und Bremen, sowie die Hochstifte Lübeck, Ratzburg und Schwerin. Einzig das Hochstift Hildesheim verfügte noch über einen katholischen Bischof. Zum reichsrechtlich unsicheren Status der säkularisierten Hochstifte im Niedersächsischen Reichskreis vgl. Reumann: Das Eingreifen Christians IV. als Herzog von Holstein und König von Dänemark in den Dreißigjährigen Krieg (Anm. 376), hier S. 44– 46; zum Hochstift Halberstadt ausführlich auch Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 372), S. 276 – 284, hier insbesondere S. 277.  Zum Regensburger Fürstentag von 1622/23 vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 325 f.; Burkhardt: Der Dreißigjährige Krieg (Anm. 83), S. 93, Schubert: Die deutschen Reichstage in der Staatslehre der frühen Neuzeit (Anm. 21), S. 308. Wichtiges Quellenmaterial bietet außerdem Walter Goetz (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. Neue Folge 2.1 (Die Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618 – 1651). Leipzig 1907, S. 26 – 46 (Nr. 8).

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reichsständischen Versammlungsformen, sollte sich aber dennoch einer Tagesordnung widmen, die eines Reichstags würdig gewesen wäre.³⁷⁹ Neben so folgenreichen Beratungspunkten wie dem weiteren Schicksal des geächteten Pfälzer Kurfürsten ließ der Kaiser auch wieder seine Forderungen nach Türkensteuern zugunsten der ungarischen Festungen vorbringen.³⁸⁰ Doch obwohl die Regensburger Versammlung nur von solchen Kurfürsten und Fürsten beschickt worden war, die am Kaiserhof als Verbündete oder zumindest als kompromissbereit galten, konnte das Reichsoberhaupt keine Steuerbewilligungen erreichen. Vielmehr votierten die Anwesenden für eine Verschiebung aller Reichssteuerfragen auf den nächsten Reichstag.³⁸¹ Der Fürstentag ging letztlich vor allem aufgrund der zu Ende des Konvents vorgenommenen Belehnung Maximilians von Bayern mit der pfälzischen Kurwürde in die Geschichte ein, aber neue Geldmittel aus dem Reich erschloss er für Kaiser Ferdinand II. nicht. Als Alternative zum Reichstag war der „Fürstentag“ zumindest unter finanziellen Aspekten offenbar ungeeignet. Doch an eine reguläre Reichsversammlung war nach der reichsrechtlich hochproblematischen Kurtranslation an Bayern in absehbarer Zeit nicht zu denken, da die geradezu revolutionäre Umgestaltung des Kurkollegs zugunsten der katholischen Seite unter den Protestanten auf vehemente Ablehnung stieß und eine Arbeitsfähigkeit des Kurkollegs und damit auch des Reichstags auf absehbare Zeit kaum mehr gegeben schien.³⁸² Deshalb ging der Kaiserhof schon unmittelbar nach dem „Fürstentag“ wieder dazu über, seine Türkensteuergesuche auf die Reichskreisebene zu verlagern. Unter den zahlreichen noch andauernden kriegerischen Verwicklungen des Hauses Habsburg fand sich mittlerweile auch ein Konflikt, der zumindest aus Wiener Sicht einem offenen „Türkenkrieg“ glich und somit zum Anlass für neue Steuerforderungen an das Reich genommen werden konnte: Der Aufstand des Bethlen Gabor im Königreich Ungarn.³⁸³ Die anstehende Reichssteuerkampagne des Kaisers war von Anfang an darauf angelegt, innerhalb weniger Monate zumindest diejenigen Reichskreise zur Ab Zur Proposition des Fürstentags vgl. ebd., 26, Anm. 2; vgl. ferner Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 326.  Vgl. Goetz (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 378), S. 37; Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 326.  Vgl. Goetz (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 378), S. 37.  Vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 327– 355; Müller: Kursachsen und der Böhmische Aufstand 1618 – 1622 (Anm. 352), S. 469 – 475.  Vgl. Peter Broucek: Der Feldzug Gabriel Bethlens gegen Österreich 1623, in: Otto Friedrich Winter zum 75. Geburtstag, hrsg. v. Willibald Rosner/Otto Friedrich Winter (Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich, n.F., 59). [Wien] 1993, S. 7– 26.

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stattung von Türkenhilfen anzugehen, die dem Österreichischen Kreis bzw. den habsburgischen Erblanden am nächsten gelegen waren und schon im Langen Türkenkrieg den Großteil aller Reichshilfen aufgebracht hatten.³⁸⁴ Gegenüber den Kreisausschreibenden Fürsten begründete Ferdinand II. seinen Wunsch nach Einberufung von Kreistagen damit, dass seinem ungarischen Gegenspieler Bethlen Gabor mittlerweile ein „Türckische[r] Bassa“ mitsamt einer Armee aus Osmanen und Tartaren zu Hilfe gekommen sei. Dieses osmanisch-ungarische Heer würde nun einen Vorstoß „in miten des Heiligen Römischen Reichs Herz“ planen, wodurch „dann die Not vnd Gefahr, dem Heÿ[ligen] Reich, vnd fürnemblich den negst angranzenden Craißen, vnfelbarlich aufn Hals wachsen“ müsse.³⁸⁵ Schon alleine aufgrund der umfangreichen osmanischen Bündnishilfe zugunsten Bethlens sei der Konflikt „an sich selber, im grundt der warhait ein offener Türckhen Krieg“.³⁸⁶ Der Kaiser bat deshalb entweder um eine Geldhilfe oder, wie im Fall des zu diesem Zeitpunkt mit einer Kreisarmee „armierten“ Obersächsischen Reichskreises, um eine Truppenhilfe auf Kreiskosten von 1 000 Reitern und einem Regiment an Fußknechten.³⁸⁷ Doch die Türkenkriegsargumentation verfing nicht überall im Reich. Der Obersächsische Reichskreis, auf dessen halbjährlichem Münzprobationstag Anfang November in Leipzig das kaiserliche Türkenhilfegesuch erstmals von Kreisständen beraten wurde, erteilte Ferdinand II. eine klare Absage: Die versammelten obersächsischen Kreisstände erklärten dem Kaiser in ihrem Antwortschreiben unmissverständlich, dass sie die Kämpfe in Ungarn nicht als Türkenkrieg, sondern als lokale Adelsrevolte interpretierten. In solchen Fällen entspräche eine Parteinahme von reichsständischer Seite aber nicht dem Herkommen, weshalb

 Dies waren die Reichskreise Bayern, Schwaben, Franken, Nieder- und Obersachsen. Die wichtigste archivalische Überlieferung zu den folgenden Ausführungen findet sich in OeStA HHStA Wien: RK Reichsakten in genere Fz. 73; Subfasz. 1 bietet Unterlagen zu den fränkischen und schwäbischen Kreistagen der Jahre 1623 – 1626, Subfasz. 2 zu den ober- und niedersächsischen Kreistagen. Ebenfalls bedeutend ist die Überlieferung zu den beiden sächsischen Reichskreisen in OeStA HHStAWien: MEA Militaria 7 mit dem Innentitel „Was Vor Communicationes beschehen, vnd wegen einer gesuchten gelthulff bey den Sachsischen Crays Stenden vorgangen; Einquartirungen selbiger enden betr.“ Vgl. zur Thematik der „nächstgesessenen Kreise“ Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 212– 219.  Zitiert nach dem Exemplar für Maximilian von Bayern, Wien,30. Oktober 1623, OeStA HHStA Wien: MEA Militaria 7 (Anm. 384), fol. 298r–298v.  Ebd., fol. 298v.  Ebd., fol. 278r–279v. Auch von Maximilian von Bayern erhoffte sich Kaiser Ferdinand II. die Entsendung eines Detachements Ligatruppen. Ob diese auch als Kreistruppen firmieren sollten, muss offen bleiben. Ebd., fol. 298r–300v findet sich eine Kopie der Instruktion für die kaiserliche Gesandtschaft an Kurbayern, Wien, 30. Oktober 1623.

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die obersächsischen Kreisstände „sich hiebeuon inn des Vngarischen Kriegswesen nicht mischen, noch sich deßelben theilhafftig, oder es inen eigen machen wollen“.³⁸⁸ Ergänzend brachten sie noch hervor, dass ihnen keine Informationen darüber vorlägen, ob der Kaiser sein Anliegen tatsächlich auch anderen Reichskreisen vorzulegen gedenke, denn es dürfe nicht zu einer einseitigen Verteilung der finanziellen Lasten auf einige wenige Reichsstände oder Kreise kommen.³⁸⁹ Zudem äußerten die Kreisstände ihre Verstimmung über die fortdauernde Unterhaltung größerer kaiserlicher Kriegsvölker im Reich, die sich erst jüngst im Hessischen und damit an der Westgrenze des Obersächsischen Kreises einquartiert hätten. Sollte es zu Übergriffen auf das eigene Kreisgebiet kommen, so betonten sie, wüsste „man sich dißfalls zu versehen“.³⁹⁰ Die unverblümte Ablehnung des kaiserlichen Steuergesuchs in ungewöhnlich harschen Worten kam nicht von ungefähr. Die langjährigen guten Beziehungen zwischen Kursachsen und den Habsburgern waren in Folge der pfälzisch-bayerischen Kurtranslation in eine tiefe Krise geraten, die sich nun in einer Blockadehaltung des Obersächsischen Reichskreises gegenüber kaiserlichen Unterstützungswünschen manifestierte. Die Funktionsfähigkeit der Kreisverfassung im obersächsischen Raum hatte dies allerdings nicht beeinträchtigt. Die politischen Spannungen zwischen Wien und Dresden hatten sich kurzzeitig sogar belebend auf den Obersächsischen Reichskreis ausgewirkt, da Kursachsen und Kurbrandenburg nun zu einer engeren Kooperation untereinander fanden und den Reichskreis zur Basis gemeinsamer Aufrüstungs- und Verteidigungsanstrengungen nutzten.³⁹¹ Sie konnten im Lauf des Jahres 1623 die anderen obersächsischen Kreisstände für die Aufstellung einer beachtlichen Kreisarmee von 2 000 Reitern  Ebd., Kreistag des Obersächsischen Reichskreises an Kaiser Ferdinand II., Leipzig, 6. November 1623 (Kopie), fol. 279r.  „So hat mann auch noch zur Zeit keine nachrichtung, ob E. Keÿ. Mait. beÿ denen anderen Kreisen dergleichen gesucht, vnd was dieselben drauff gethan haben, oder nochmals zuthun gemeint sein mögen.“ Ebd., fol. 279r.  Ebd., fol. 279r. Die Formulierung steht auch in Bezug zu Vorkommnissen in den kursächsischen Teilen der fränkischen Grafschaft Henneberg, die im Lauf des Jahres 1623 von durchziehenden Ligatruppen in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Kurfürst Johann Georg hatte daraufhin Tilly sogar mit einer offenen Konfrontation zwischen der Ligaarmee und den Kreistruppen des Obersächsischen Kreises gedroht, sollte die Liga Henneberg und andere kursächsische Gebiete nicht künftig verschonen: „Dann im wiedrigen fall weder Ihr Keÿ. Maÿt: ihr noch andern vns verdenken werdet, das wir die abgenötigte defension fur die hand nehmen, vnd vnsere von Gott anbefohlene Vnderthanen wieder alle feindseligkeiten vnd gewalt schuzen vnd handhaben.“ Ebd., Kurfürst Johann Georg an General Tilly, Annaburg, 11. November 1623 (Kopie), fol. 279r.  Vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 100 – 112; Nicklas: Macht oder Recht (Anm. 35), S. 215 – 219.

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und 6 000 Mann Fußtruppen gewinnen, die der vom Reichskreis eingenommenen Neutralität gegenüber den verschiedenen Kriegsparteien Nachdruck verleihen sollte. Die dauerhafte Unterhaltung der Kreisarmee erwies sich jedoch als derart kostspielig, dass sich im November 1623 am Kreistag keine Mehrheit für eine verlängerte Anstellung der Söldner fand.³⁹² Anstatt Teile der Armee dem Kaiser für seinen Kampf gegen Bethlen Gabor zu überlassen, wurden die Kreistruppen per Kreistagsbeschluss umgehend und vollständig abgedankt.³⁹³

2.3 Die Kreistage Schwabens und Frankens von 1624 Die Entscheidung der obersächsischen Kreisstände zur Ablehnung des kaiserlichen Unterstützungsgesuchs stieß auf große Resonanz im Reich.³⁹⁴ Sollten sich die Stände weiterer Reichskreise die abwehrende Haltung der Obersachsen zu eigen machen, drohten die Kreishilfepläne Kaiser Ferdinands II. auf eine ähnlich unrühmliche und finanziell ertraglose Weise zu scheitern, wie jene seines Amtsvorgängers Matthias im Jahr 1616. Doch die politischen Zeitumstände und militärischen Kräfteverhältnisse im Reich hatten sich seither radikal gewandelt, was sich auf den nächsten Kreistagen sehr zu Gunsten des Kaisers und seiner Steuerwünsche auswirken sollte. Nach dem Fehlschlag im Obersächsischen Reichskreis konzentrierte sich die kaiserliche Reichskreisdiplomatie ganz auf die beiden süddeutschen Reichskreise Franken und Schwaben. In beiden Reichskreisen hatte sich der kaiserliche Einfluss seit dem Böhmisch-Pfälzischen Krieg massiv erhöht, denn nach der Auflö-

 Zu den unmittelbaren Auswirkungen auf den Obersächsischen Reichskreis im Jahr 1623 vgl. ebd., S. 215 – 219. Zur finanziellen Situation der Kreisstände vermerkte der Kreistagsabschied noch die Folgen der Kipper- und Wipperzeit: Über die Kosten zur Einquartierung der Kreistruppen hinaus habe „das ganze Landschedlichen Münzwesens dieselben fast ganz unndt gahr unndt dergestaldt verderbett, daß nichts mehr von Ihnen weder zu erheben oder an Steuern unndt andern Gesellen einzuebringen sein wolle“, zitiert nach Moser: Des hochloeblichen Ober-Saechsischen Crayses Abschide (Anm. 63), S. 281.  Der entsprechende Beschluss des Kreistagsabschieds findet sich bei ebd., S. 281 f. Zur Abdankung der Kreisarmee vgl. auch Nicklas: Macht oder Recht (Anm. 35), S. 219.  In der Korrespondenz des Mainzer Kurfürsten sind verschiedene Schreiben von bedeutenden Reichsfürsten erhalten, die sich mit dem obersächsischen Kreistagsabschied und seinen möglichen Folgen im Reich auseinandersetzen. So interpretierte beispielsweise der (lutherische) Landgraf von Hessen-Darmstadt den Kreistagsbeschluss als skandalösen Akt der Hilfsverweigerung und Untreue gegenüber dem Kaiser, während der (katholische) Kurfürst von Trier Verständnis für die Argumente der obersächsischen Kreisstände äußerte, vgl. ebd., fol. 321r – 326v; 355r – 356r.

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sung der protestantischen Union und der Besetzung der Kurpfalz befand sich spätestens seit 1623 der gesamte süddeutsche Raum unter militärischer Kontrolle katholischer Truppen. Diese bestanden zwar zu großen Teilen nicht aus kaiserlichen Immediatvölkern, sondern aus ligistischen Einheiten unter dem Befehl General Tillys, doch diese agierten wiederum offiziell im Auftrag des Kaisers³⁹⁵, weshalb sich verschiedenste von Tilly bedrängte süddeutsche protestantische Stände schutzsuchend direkt an Kaiser Ferdinand II. wandten.³⁹⁶ Viele Protestanten setzten zudem auf die Fürsprache des sächsischen Kurfürsten Johann Georg, der eine entsprechende Vermittlerrolle auch immer wieder wahrzunehmen versuchte. So setzte er sich beispielsweise im Oktober 1623 auf Bitten sämtlicher protestantischer Stände des Fränkischen Kreises beim Kaiser für geregeltere Heeresdurchzüge und einen möglichst raschen Abzug sämtlicher Ligatruppen aus dem fränkischen Kreisgebiet ein, wobei ihm die von habsburgischer Seite beschworene „Türkengefahr“ wiederum als Argument für ein baldiges Ende der kaiserlich-ligistischen Militärpräsenz in den oberdeutschen Reichskreisen diente. So begründete Johann Georg die Notwendigkeit eines Truppenabzugs der katholischen Mächte aus Franken und Schwaben damit, dass die dortige hohe Truppenkonzentration die Wirtschaftskraft der betroffenen Reichskreise zerstöre, die dann im Falle, „do der Erbfeind der Türcke das angefangene wesen (welches der Allerhöchste väterlich abwende) continuiren, vnd Eure Keÿ: Mait: diese vnd anderer Kreisse succurs eilends bedürffen sollte, als dann alle nervi entgangen sein, vnd Eurer Keÿ: Mait: gar inn nichts beÿspringen können.“³⁹⁷ Damit brachte der Kurfürst zumindest indirekt wieder die Möglichkeit von Türkenhilfen durch Reichskreise ins Spiel, obwohl er diese für „seinen“ Obersächsischen Kreis nur wenige Tage später in jeglicher Form ablehnen sollte. Doch es zeigte sich, dass die alleinige Andeutung möglicher künftiger Steueroder Truppenleistungen eines Reichskreises noch zu wenig war, um das Reichsoberhaupt zu einer Änderung seiner Kriegsführung zu bewegen. Jedenfalls sah

 Die Bedeutung dieses Aspekts zur Legitimierung des militärischen Engagements der Liga betont Michael Kaiser: Politik und Kriegführung. Maximilian von Bayern, Tilly und die Katholische Liga im Dreißigjährigen Krieg (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 28). Münster 1999, S. 236 – 249; ebenso Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 146 – 159. Zur Biographie und Kriegsführung Tillys vgl. zuletzt Marcus Junkelmann: Tilly. Der Katholische Feldherr. Regensburg 2011.  Vielfältige Beispiele finden sich in OeStA HHStA Wien: RK Reichsakten in genere Fz. 73 (Anm. 384), Subfasz. 1.  Ebd., Subfasz. 1, Kurfürst Johann Georg an Kaiser Ferdinand II., Zabeltiz 28. Oktober 1623, fol. 1r – 5v, Zitat fol. 4v.

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sich Markgraf Christian zwei Monate nach dem sächsischen Vermittlungsversuch gezwungen, in seiner Funktion als fränkischer Kreisobrist die Vorwürfe gegen Tilly und seine ligistischen Kriegsvölker dem Kaiser erneut vorzutragen.³⁹⁸ In seinem Antwortschreiben an den Markgrafen stellte Kaiser Ferdinand II. nun selbst eine unmissverständliche Verbindung zwischen einer Türkenhilfebewilligung des Fränkischen Reichskreises und einem Entgegenkommen in Fragen der Einquartierung des ligistischen und kaiserlichen Kriegsvolks her, allerdings ohne konkrete Versprechungen zu machen.³⁹⁹ Daraufhin berief der Kulmbacher zusammen mit dem Bamberger Bischof einen allgemeinen fränkischen Kreistag für den März 1624 nach Nürnberg ein und bat den Kaiser um die Entsendung von Kommissaren.⁴⁰⁰ Diese forderten von den versammelten Kreisständen mit dem schon seit Geizkoflers Zeiten bekannten Verweis auf die angeblich baufälligen und von „Rebellen, Turckhen vnd Tarttaren“ bedrohten ungarischen Grenzfestungen eine Geldhilfe ein.⁴⁰¹ Diesmal erkannte die Mehrheit der fränkischen Kreisstände die prinzipielle Berechtigung des kaiserlichen Anliegens an, wenngleich viele Kreistagsgesandten umgehend die „eüsserste vnvermögenheit“ ihrer Herren zur Leistung größerer Geldhilfen beteuerten. Doch letztlich ließ sich die Kreistagsmehrheit auf eine Bewilligung einer Geldhilfe von immerhin 10 Römermonaten ein, die auf eine künftige Reichshilfebewilligung des nächsten Reichstags angerechnet werden sollte. Im Gegenzug forderten sie die Verschonung des Kreisgebiets von Einquartierungen und Musterplätzen bis zur Auszahlung ihrer letzten Zahlungsrate, die erst im Jahr 1625 ihre Fälligkeit hatte. Bis dahin sollten auch Truppendurchzüge der Kaiserlichen oder der Liga durch das Kreisgebiet nur dann vorgenommen werden, wenn es „die höchste noth“ erfordern würde und sie streng nach den Vorgaben der Reichsexekutionsordnung erfolgten. Der Kreisabschied definierte allerdings nicht, wann eine entsprechende militärische Notlage als gegeben gelten sollte.

 Vgl. ebd., Subfasz. 1, Markgraf Christian von Kulmbach an Kaiser Ferdinand II., Plassenburg, 7. Dezember 1623, fol. 10r – 14r.  Vgl. ebd., Subfasz. 1, Kaiser Ferdinand II. an Markgraf Christian von Kulmbach (Konzept), Wien, 9. Januar 1624, fol. 15r – 16v. Inwieweit Ferdinand II. zu diesem Zeitpunkt überhaupt willens und fähig war, auf die Marschrouten und die Einquartierungspraxis des Ligagenerals Tilly größeren Einfluss zu nehmen, muss an dieser Stelle freilich dahingestellt bleiben.  Das Einladungsschreiben der beiden Kreisausschreibenden Fürsten datiert auf den 20./30. Januar 1624, vgl. ebd., Subfasz. 1, fol. 19r – 22v.  Zitat nach HStASt: C 9 Bü. 218 (Anm. 104), Nr. 30. Kommunikationsschreiben Markgraf Christians an Württemberg mitsamt dem fränkischen Kreisabschied vom 5./15. März 1624, o.O., undat., unfol.

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Ausgerechnet die vier bedeutendsten katholischen Stände des Reichskreises, die Hochstifte Bamberg, Würzburg und Eichstätt sowie Kurmainz für seine Grafschaft Rieneck erklärten offen, die finanziellen Beschlüsse des Kreisabschieds nicht mittragen zu wollen, da sie schon „eine geraume Zeit hero“ dem Kaiser mit weit größeren Aufwendungen gedient hätten.⁴⁰² Stattdessen kündigten sie eine separate Erklärung gegenüber dem Reichsoberhaupt an. Freilich wollte niemand in den Bischofsresidenzen von Bamberg, Würzburg oder Eichstätt die reservierte Haltung in der Türkensteuerfrage als Distanzierung vom Kaiser verstanden wissen. Dem Reichsoberhaupt gegenüber erklärten sie dann auch, dass ihre Art, dem Kaiser zu helfen, ihr Engagement im Rahmen der Liga sei, denn diese sei schließlich einzig und allein zum Wohl des Reiches und der katholischen Religion errichtet worden. Letztlich halte die Liga dem Kaiser im Reich den Rücken frei, was dieser mit einem Dispens von der fränkischen Kreishilfe belohnen sollte.⁴⁰³ Damit ergab sich in Franken die scheinbar paradoxe Situation, dass das Türkensteuergesuch des katholischen Kaisers größere Akzeptanz unter den Protestanten als unter den führenden katholischen Ständen des Kreises fand. Auch wenn die fränkischen Bischöfe ihre separate Erklärung nicht als Boykott des Kreisabschieds verstanden wissen wollten, so barg ihr Verhalten dennoch das Risiko eines folgenreichen Präzedenzfalls in sich: Erstmals hatte auch eine katholische Minderheit die Bindewirkung einer Mehrheitsentscheidung in einem Steuerbeschluss in Frage gestellt – wenn auch nur auf Kreis-, und nicht auf Reichsebene. Zudem schränkte die ablehnende Haltung der Bischöfe den tatsächlichen Ertrag der Steuerbewilligung erheblich ein. Doch trotz allem konnte die kaiserliche Seite den Kreisabschied auch als einen gewissen Erfolg verbuchen: Erstmals seit 1618 hatte wieder ein Reichskreis eine Türkensteuerbewilligung verabschiedet, ohne sie wie im Fall Niedersachsens an unannehmbare Konditionen zu knüpfen. Dass die Bewilligung von einem mehrheitlich protestantischen Reichskreis erfolgte, machte sie noch umso bemerkenswerter. Doch um die finanzielle Lage des Kaiserhofs merklich zu bessern, mussten noch viele und vor allem höhere Kreishilfen eingeworben werden. Nach dem positiven fränkischen Beispiel war man in Wien guter Hoffnung, nun auch aus dem traditionell „kaisernahen“ Schwäbischen Reichskreis mit seiner katholischen Kreistagsmehrheit und seinen vielen zur engeren habsburgischen Klientel

 Zitat nach ebd., unfol.  Vgl. Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 432 f. Zum Verhältnis von Reichskreisen und Liga vgl. ferner Hauptkap. I.1, „Konkurrenz oder Symbiose?“ dieser Arbeit.

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zählenden kleineren Kreisständen erfolgreich sein zu können.⁴⁰⁴ Die Hoffnungen stiegen noch weiter, nachdem sich der bei den katholischen Kreisständen Schwabens einflussreiche Augsburger Bischof Heinrich von Knöringen bereit erklärte, für den Kaiser auf einem für März 1624 nach Ulm anberaumten schwäbischen Kreistag als Kommissar zu fungieren.⁴⁰⁵ Die Kreistagsverhandlungen verliefen dann auch ganz im Sinne des Reichsoberhaupts, denn die schwäbischen Stände erkannten die Unruhen in Ungarn zumindest als Vorstufe eines möglichen Türkenkriegs an, dessen frühzeitige Niederschlagung auch im Interesse des Reiches sei.⁴⁰⁶ Mit ausdrücklicher Bezugnahme auf die Kreishilfen während des Langen Türkenkriegs wurde dem Kaiser eine Türkensteuer in Höhe von 20 Römermonaten zugesagt, die ein jeder Kreisstand in drei Raten bis Martini 1625 in die Kreiskasse nach Ulm abzuliefern hatte, um sie von dort wiederum zum Reichspfennigmeister nach Augsburg weiterzuleiten.⁴⁰⁷ Zwar wollten die schwäbischen Kreisstände ihre Zahlungsbereitschaft in erster Linie als Beweis ihrer Kaiser- und Reichstreue begriffen wissen, forderten zugleich jedoch bestimmte Gegenleistungen. Die bewilligten Gelder sollten nur dann entrichtet werden müssen, wenn der Reichskreis und seine Stände über die gesamte vereinbarte Zahlungsfrist mit Durchzügen, Einquartierungen und Musterplätzen verschont würden, so „wie dem Fränckhischen Creiß, bei kaum halber hülff verspruch geschehen“ und es bereits zu Zeiten des Langen Türkenkriegs bei einer Kreishilfebewilligung aus dem Jahr 1598 praktiziert worden sei.⁴⁰⁸ Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der niedrigeren Bewilligungshöhe des Fränkischen Kreises und der Ungewissheit über die Beteiligung anderer Reichskreise  Zu den hohen Türkenhilfen des Schwäbischen Reichskreises an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert vgl. Müller: Der Anteil der schwäbischen Kreistruppen an dem Türkenkrieg Kaiser Rudolfs II. von 1595 bis 1597 (Anm. 13); zu den Klientelbeziehungen kleinerer schwäbischer Kreisstände zu Habsburg mit Fokus auf die Prälaten vgl. Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 84, 87– 95.  Der Kreistag wurde auf den 8./18. März 1624 ausgeschrieben, der Abschied datiert auf den 17./ 27. März 1624. Die wichtigsten Dokumente finden sich in HStASt: C 9 Bü. 218 (Anm. 104). Zum Ulmer Kreistag von 1624 vgl. Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 431– 433; Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 402 f.  Laut Kreisabschied könne aus dem Aufstand Bethlen Gabors „ein Allgemeiner TurggenKrieg eruolgen vnndt so wohl den Vormauernn der Christenheitt alß allen Friedliebenden Stenden vndt Craisen im Rom: Reich große Gefahr entstehen“, BayHStA: Reichskammergericht 5672/1 (Anm. 188), Q3, Schwäbischer Kreisabschied von Ulm, 17./27. März 1624 (Kopie), unfol.  Vgl. HStASt: C 9 Bü. 218 (Anm. 104), Nr. 27 Beilage F, Duplik der Kreisstände an die kaiserlichen Kommissare (Kopie), unfol., und BayHStA: Reichskammergericht 5672/1 (Anm. 188), Q3, unfol. 27. März 1624.  Vgl. HStASt: C 9 Bü. 218 (Anm. 104), Nr. 27 Beilage F, Duplik der Kreisstände an die kaiserlichen Kommissare (Kopie), unfol.

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erinnerte der Kreistag in seinem Bewilligungsschreiben Ferdinand II. ausdrücklich daran, dass er „alls ein gerechter lobwürdigster Kaÿser, kein[en] standt vor dem andern vnhgleich beschweren“ sollte, weshalb sich die Kreisstände das Recht vorenthielten, ihre jetzige Zahlung auf eine künftige Reichstagsbewilligung aller Reichsstände anrechnen zu dürfen.⁴⁰⁹ Zuletzt artikulierten sie noch den allerdings wenig spezifischen Wunsch, „daß den vieljärigen hoch beschwerlichen Lanndtvogteÿlich vndt Landtgerichtlichen österreichischen grauaminibus durch guettliche vnpartheÿische Commissarios oder andere zuetragliche Weegg […] rath geschafft werden sollte“. ⁴¹⁰ Die Türkensteuerofferte des Reichskreises nahm mit diesen Forderungen den Charakter eines politischen Tauschgeschäftes an, mit dem sich die schwäbischen Kreisstände zumindest für die Dauer der vereinbarten Zahlungsfristen einen gewissen Schutz vor juristischen und vor allem militärischen Zumutungen Habsburgs zu erkaufen erhofften. Ob dieses Kalkül aufgehen konnte, hing im Wesentlichen von der weiteren Entwicklung des Kriegsgeschehens im Reich, dem Willen des Kaiserhofs und der tatsächlichen Erfüllung der von kreisständischer Seite gemachten Zahlungszusagen ab.

2.4 Die weiteren finanziellen Erfolge kaiserlicher Reichskreispolitik zur Mitte der 1620er Jahre Ermutigt von den Erfolgen in Franken und Schwaben trat Ferdinand II. nochmals an die beiden sächsischen Reichskreise heran, die erneut das Ziel von kaiserlichen Gesandtschaften wurden. Im Niedersächsischen Kreis trat zu deren Anhörung im Juni 1624 eigens ein Kreistag in Lüneburg zusammen, der den kaiserlichen Forderungen nun offener gegenüberstand als dies in den Jahren zuvor der Fall gewesen war.⁴¹¹ Dies lag jedoch kaum an einer geänderten Auffassung von der

 Vgl. ebd., Nr. 27 Beilage F, Duplik der Kreisstände an die kaiserlichen Kommissare (Kopie), unfol.  Zitat aus dem Kreisabschied, BayHStA: Reichskammergericht 5672/1 (Anm. 188), Q3, Schwäbischer Kreisabschied von Ulm, 17./27. März 1624 (Kopie), unfol. Zum Hofgericht Rottweil vgl. jüngst Ulrike Schillinger: Die Neue Rottweiler Hofgerichtsordnung von 1572, in: Prozessakten, Parteien, Partikularinteressen. Höchstgerichtsbarkeit in der Mitte Europas vom 15. bis 19. Jahrhundert, hrsg. v. Alexander Denzler/Ellen Franke/Britta Schneider. Berlin 2015, S. 55 – 69.  Vgl. hierzu die Unterlagen in OeStA HHStA Wien: RK Reichsakten in genere Fz. 73 (Anm. 384), zur Vorgeschichte der Ausschreibung vor allem Kaiser Ferdinand II. an die Kreisausschreibenden Fürsten des Niedersächsischen Kreises, Wien, 9. April 1624 (Kop.), fol. 264r – 271v. Ein ausführlicher Bericht vom Kreistag findet sich ebd., Bericht der beiden kaiserlichen Gesandten Otto Melander und Wolf Wilhelm von Lainingen vom Kreistag in Lüneburg, 15. Juni 1624, fol. 345r–362v.

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„Türkengefahr“ für das Reich von Seiten der Niedersächsischen Stände, sondern an den Heeren Tillys, die zur Verfolgung des Söldnerführers Mansfeld immer weiter in den Norden des Reiches vorgestoßen waren. Von den norddeutschen Reichs- bzw. Kreisständen wurden beide Armeen gleichermaßen als Bedrohung wahrgenommen⁴¹², was bereits im Vorjahr maßgeblich zu den Verstimmungen zwischen den beiden sächsischen Reichskreisen und dem Kaiser beigetragen hatte. Doch im Sommer 1624 wagten es die in Lüneburg versammelten niedersächsischen Kreisstände nicht mehr, die kaiserlichen Kommissare einfach mit leeren Händen zurück nach Wien zu schicken und bewilligten ihnen eine Türkenhilfe in Höhe von 14 Römermonaten, was rund 120 000 fl. entsprach.⁴¹³ Im Gegenzug erhofften sich die Kreisstände eine fortgesetzte Duldung ihrer Neutralität und knüpften die Auszahlung der Gelder an die künftige Verschonung ihres Reichskreises von Durchzügen und Einquartierungen.⁴¹⁴ Dementsprechend wollten sie ihre Bewilligung auch nicht als direkte Parteinahme zugunsten des Kaisers im laufenden Kriegsgeschehen verstanden wissen, und wiesen Forderungen der kaiserlichen Kommissare nach einer engeren Kooperation des Reichskreises mit Tilly vehement zurück.⁴¹⁵ Auch der Obersächsische Reichskreis sah sich kurze Zeit später mit ähnlichen Forderungen konfrontiert. Auf einem Kreistag in Jüterbog wurden die obersächsischen Kreisstände durch kaiserliche Kommissare zur aktiven Unterstützung des Kaisers gegen Mansfeld und zur Leistung einer Türkenhilfe in bar zugunsten der ungarischen Grenzfestungen angehalten.⁴¹⁶ Während der Kreistagsverhandlungen konnten sich die kaiserlichen Verhandlungsführer nun nicht nur auf das Vorbild der „geehrten Voreltern“ der obersächsischen Kreisstände aus der Zeit des Langen Türkenkriegs berufen, sondern mit Franken, Schwaben und Nieder-

 Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 146; Nicklas: Macht oder Recht (Anm. 35), S. 219.  Gemäß der Austellung der „Reichs Matricul de Anno 1613 vnd Nürnbergische Repartition“ wären es 120.736 fl., OeStA FHKA: SUS RA 90.1.13 (Anm. 185), hier zum Niedersächsischen Reichskreis fol. 1241v – 1244r; summarisches Verzeichnis auf fol. 1243v – 1244r.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 146 f. Vgl. hierzu auch Kap. I.2.1, „Neutralität und „Conjunction“. Die Bemühungen des Niedersächsischen Reichskreises um ein Reichskreisbündnis zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs“ im zweiten Hauptkapitel dieser Arbeit.  Vgl. ebd., S. 147.  Der Kreisabschied aus Jüterbog vom 7. August 1624 findet sich bei Moser: Des hochloeblichen Ober-Saechsischen Crayses Abschide (Anm. 63), S. 290 – 301. Ein Exemplar des Kreisabschieds für den Kaiser vom 5. August 1624 enthält OeStA HHStA Wien: RK Reichsakten in genere Fz. 73 (Anm. 384), fol. 476r – 485v.

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sachsen auf bereits drei andere Reichskreise verweisen, die entsprechende Kontributionszusagen „rümlich und ersprießlich“ geleistet hätten.⁴¹⁷ Die obersächsischen Kreisstände hielten in ihrer Replik weitgehend an ihren schon anlässlich der letzten Türkensteuerforderung im Jahr 1623 vorgebrachten massiven Vorbehalten fest und erinnerten nochmals ausdrücklich daran, dass das Mittel der Reichskreisbewilligungen früher nur praktiziert worden sei, „wann die Türkische Gefahr vor der Thüre gewesen und man sich dessen feindlichen Einbruchs in die christlichen Länder versehen müssen und man in der Eil zu einem gemeinen ReichsTage, dahin dergleiche Contributions-Puncte einig und allein gehörig, nicht gelangen können“.⁴¹⁸ Doch obwohl sie noch weitere prinzipielle Kritikpunkte am Vorgehen des Kaisers in den Reichskreisen formulierten und ihre Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Anliegens in den Kreisabschied aufnahmen⁴¹⁹, ließen sich die obersächsischen Kreisstände zur Demonstration ihres guten Willens und ihrer fortgesetzten Reichs- und Kaisertreue auf die Verhandlung besagter „Contributions-Puncte“ ein.⁴²⁰ Letztlich konnte die kaiserliche Gesandtschaft eine Zahlungszusage von zuerst 10, nach einer weiteren Verhandlungsrunde dann 12 Römermonaten im Wert von über 100 000 fl. erwirken, die nicht einmal auf eine künftige Reichskontribution angerechnet werden sollten.⁴²¹ Als Gegenleistung erbaten sich die (ausschließlich protestantischen) Kreisstände lediglich, dass sie „bey dem hochvergönten Religion- und Prophan-Friden beschüzet und dawider weder per directum noch indirectum benachtheiliget werden mögen.“⁴²² Im Ergebnis nahm der Jüterboger Kreistag damit einen für die kaiserliche Seite ausgesprochen erfolgreicheren Ausgang und stand in einem völligen Kontrast zum

 Beide Zitate gemäß der Instruktion für die beiden kaiserlichen Kommissare zum Obersächsischen Kreistag, Heinrich den Jüngeren von Reuß und Felix Rüdinger, ebd., o.O., 20. Juli 1624 (Konzept), fol. 458r – 469v, Zitat fol. 466v.  Zitat nach Moser: Des hochloeblichen Ober-Saechsischen Crayses Abschide (Anm. 63), S. 294.  Sie wiederholten u. a. ihre Befürchtung, dass „dadurch zwischen den Craysen und sämtlichen Crays-Ständen große Ungleichheit verursachet, indeme etliche wenig, etliche mehr, theils wohl nichts bewilligen, ja theils wohl ganz übersehen würden;“ zitiert nach ebd., S. 294.  Laut Kreisabschied seien die obersächsischen Kreisstände vor allem deshalb zahlungsbereit, damit „Ihre Kayserl. und Königl. Maj. daraus Deroselben unterthänigste Devotion und gehorsamen Willen im Werk ferner zu spüren und zu vermercken haben.“, vgl. ebd., S. 296.  12 Römermonate entsprachen gemäß der Auftellung der „Reichs Matricul de Anno 1613 vnd Nürnbergische Repartition“ 103.715 fl., OeStA FHKA: SUS RA 90.1.13 (Anm. 185), zum Obersächsischen Reichskreis fol. 1239v – 1241r; summarisches Verzeichnis auf fol. 1240v – 1241r. Die Gelder waren auf zwei Termine bis zum Neujahrsmarkt 1625 in die Leipziger Reichskasse zu entrichten, vgl. Moser: Des hochloeblichen Ober-Saechsischen Crayses Abschide (Anm. 63), S. 294– 296.  Zitat nach ebd., S. 295.

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vorangegangenen Kreistag von 1623, der noch die Verhandlung jeglicher finanzieller Forderungen des Kaisers rundweg abgelehnt hatte. Sicherlich hatte der seitdem erfolgte weitere Vormarsch der kaiserlichen und ligistischen Heere manche obersächsische Kreisstände von ihrer bisherigen Verweigerungshaltung gegenüber kaiserlichen Kreissteuerwünschen abrücken lassen. Doch auch andere politische Verhandlungen fernab der Reichskreisinstitutionen hatten den finanziellen Ambitionen der Kaiserlichen im Obersächsischen Reichskreis mittlerweile den Weg geebnet: Der bedeutendste obersächsische Kreisstand, Kurfürst Johann Georg von Sachsen, hatte sich im Juli 1624 nur wenige Wochen vor Eröffnung des Kreistags zu persönlichen Gesprächen mit dem Mainzer Kurfürsten und Reichserzkanzler Johann Schweikhard in Schleusingen getroffen, in deren Verlauf sich der Sachse zu einer Anerkennung der bayerischen Kurwürde auf Lebenszeit Maximilians hatte bewegen lassen.⁴²³ Diese erneute politische Annäherung Kursachsens an den Kaiser und seine Verbündeten schlug sich nun auch in einem den kaiserlichen Wünschen entgegenkommenden Kreistagsbeschluss nieder. Bezeichnenderweise hatten während des Kreistags nur die außerhalb der engeren sächsischen Einflusssphäre gelegenen beiden Pommernherzöge sowie Kurbrandenburg echten Widerstand gegen ein finanzielles Entgegenkommen in der Türkensteuerfrage erkennen lassen und erst angesichts klarer Abstimmungsverhältnisse die erste Bewilligung über 10 Römermonate mitgetragen. Sie verwahrten sich dann jedoch demonstrativ den Nachverhandlungswünschen der kaiserlichen Kommissare und verweigerten ihre Unterschrift unter die zweite, nun auf 12 Römermonate lautende Kreistagserklärung.⁴²⁴

2.5 Exkurs: Fiskalische Prozesse vor dem Reichskammergericht als Folge von Kreistagsbewilligungen am Beispiel des Schwäbischen Reichskreises Inwieweit die auf den verschiedenen Kreistagen des Jahres 1624 getroffenen Zahlungszusagen tatsächlich erfüllt wurden, ist bisher nur in Ansätzen erforscht.⁴²⁵ Dies überrascht kaum angesichts der Tatsache, dass die Reichs- und

 Die schriftliche Erklärung Johann Georgs datiert auf den 15. Juli 1624, vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 109, zur Schleusinger Konferenz ebd., S. 108 – 110.  Stattdessen kündigten Kurbrandenburg und Pommern eine separate schriftliche Erklärung gegenüber dem Kaiser an, vgl. Moser: Des hochloeblichen Ober-Saechsischen Crayses Abschide (Anm. 63), S. 297.  Eine Ausnahme bildet Rauscher: Nach den Türkenreichstagen. Der Beitrag des Heiligen Römischen Reichs zur kaiserlichen Kriegführung im 17. und frühen 18. Jahrhundert (Anm. 272), hier S. 444 f.

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Reichskreisforschung der praktischen Umsetzung von Steuerbeschlüssen durch die einzelnen Reichsstände bisher kaum Interesse entgegengebracht hat, einmal abgesehen von den Türkensteuern im 16. Jahrhundert.⁴²⁶ Dies gilt erst recht für Kreissteuern, die auch in den jüngsten Studien Peter Rauschers nur am Rande thematisiert werden.⁴²⁷ Auch diese Untersuchung kann sich nicht detailliert der konkreten Handhabung jedes einzelnen Kreisabschieds und Kreissteuerbeschlusses aus der Epoche des Dreißigjährigen Krieges widmen. Dennoch bietet es sich an dieser Stelle an, exemplarisch die Umsetzung einer einzelnen Reichskreisbewilligung aus der Mitte der 1620er Jahre zu untersuchen und die daraus resultierenden politischen und juristischen Folgen einer Steuerbewilligung für einen Reichskreis und seine Stände zu analysieren. Die Wahl fällt diesbezüglich auf den Schwäbischen Reichskreis mit seinem Steuerbeschluss über 20 Römermonate, da für diesen Fall eine besonders aussagekräftige Überlieferung vorliegt. Letzteres hat seine Ursache in einer Reihe fiskalischer Prozesse vor dem Reichskammergericht, die die Exekution des Ulmer Kreisabschieds von 1624 zum Gegenstand hatten und durch ihre Prozessakten detailreiche Einblicke in die Zahlungsmoral und die Zahlungspraktiken unterschiedlicher schwäbischer Kreisstände gewähren. Die ursprüngliche Zahlungszusage des Reichskreises vom 27. März 1624 sah eine Abstattung der 20 Römermonate in drei Raten vor. Noch im laufenden Jahr sollten acht Römermonate bis Jacobi (25. Juli) und sechs weitere auf Martini (11. November) bezahlt werden, eine Abschlussrate von sechs Römermonaten

 Zuletzt legte Rachel Renault eine bedeutende Arbeit zum Reichssteuerwesen im Obersächsischen Reichskreis im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert vor: Renault: La permanence de l’extraordinaire (Anm. 189). Zur Türkensteuerthematik im 16. und frühen 17. Jahrhundert sind neben den schon mehrfach angeführten Arbeiten von Johannes Müller, Peter Rauscher und Winfried Schulze noch zu nennen: Karl-Otto Bull: Türkensteuer und Bürgerzählung (Eine Veröffentlichung der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg). Stuttgart 2009; Michael Kruppe: Die Türkenhilfe der Reichsstädte Nordhausen und Mühlhausen in der Zeit von Maximilian I. bis Rudolf II. (1493 – 1612). Ein Beitrag zur Steuer- und Finanzgeschichte im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit 2013. http://ediss.uni-goettingen.de/bitstream/handle/ 11858/00-1735-0000-0001-BC32-B/dissertation%20kruppe.pdf?sequence=1 (letzter Zugriff 05.11. 2017); Thomas Heiler/Martin Herber: Das Türkensteuerregister der Fürstabtei Fulda von 1605 (Veröffentlichung des Fuldaer Geschichtsvereins, 64). Fulda 2004; Alfons Pausch: Türkensteuer im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Dokumente aus dem 16. Jahrhundert. Köln 1986; Müller: Türkensteuer und Landsteuer im ernestinischen Sachsen von 1485 bis 1572 (Anm. 192).  Einige (in Details der Reichskreisbewilligungen allerdings korrekturbedürftige) Ausführungen bietet Rauscher: Nach den Türkenreichstagen. Der Beitrag des Heiligen Römischen Reichs zur kaiserlichen Kriegführung im 17. und frühen 18. Jahrhundert (Anm. 272), hier S. 439 f., 443 – 445, 458.

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hatte ihre Fälligkeit an Martini 1625.⁴²⁸ Allerdings hatten etliche Teilnehmer des Ulmer Kreistags offensichtlich Bedenken, ob ihre Herrschaften zur Einhaltung der festgelegten Zahlungstermine überhaupt fähig waren und ließen vorsorglich bereits im Kreisabschied verschiedene Erklärungen anführen, weswegen sich die Bezahlung der zugesagten Gelder in dem einen oder anderen Fall verzögern könnte.⁴²⁹ Eine vollständige Zahlungsverweigerung wurde allerdings schon im Kreisabschied für unrechtmäßig erklärt, denn in Kontributionsfragen sollte „kein Craiß Standt vberhöht sein oder dessen verschont bleiben“. Um dies zu gewährleisten, wurde „der Kaÿ. Maÿ. die Execution wieder einen vndt anndern Saumbseligen Stanndt mit cammergerichtlichen Processen zuuerfahren allervnderthenigist vberlassen“.⁴³⁰ Die schwäbischen Kreisstände räumten damit dem Kaiser ausdrücklich die Möglichkeit einer Klage vor dem Reichskammergericht ein bzw. hielten ihn sogar ausdrücklich zu einer entsprechenden Prozessführung an, sollte sich ein Kreisstand der Zahlung verweigern und damit die steuerliche Gleichbehandlung der Kreisstände in Frage stellen. Dieser Befund ist von erheblicher rechtsgeschichtlicher Bedeutung, stellt er doch die bisherige Forschungsmeinung zur Einklagbarkeit von Kreissteuerbeschlüssen grundsätzlich in Frage: Seit den Forschungen Winfried Schulzes herrscht die bisher unwidersprochen gebliebene Annahme vor, das Reichskammergericht hätte nur solche Säumnisklagen verhandelt, denen Reichstagsbewil-

 Vgl. HStASt: C 9 Bü. 218 (Anm. 104), Nr. 27 Beilage F, Duplik der Kreisstände an die kaiserlichen Kommissare (Kopie), unfol., und BayHStA: Reichskammergericht 5672/1 (Anm. 188), Schwäbischer Kreisabschied von Ulm, 17./27. März 1624 (Kopie), Q3, unfol.  Der Kreisabschied betont, dass der Reichskreis und „dessen gehorsambe Stenndt beÿ vorigen Turggen Krieg gar starckhe [,] beÿ annderen Craißen vngewohnliche Contributiones geleistet“ hätten. Auch seien die Kreisstände seit Kriegsbeginn 1618 mehrfach mit Durchzügen und Einquartierungen belastet worden, und hätten zuletzt „selbsten ein defension in diesem Craiß […] anstellen mußen. Auf dessen Volcks Vnnderhallt Namhafftes zue dieses Craiß nach obliegender beschwerdt gegangen“. Zudem seien hohe Kosten „durch das höchst verderbliche Müntzwesen vndt daraus eruolgte vnertragliche Theuerung aller menschlichen Nahrung“ entstanden. Zitate gemäß ebd., Schwäbischer Kreisabschied von Ulm, 17./27. März 1624 (Kopie), Q3, unfol. Bei der angesprochenen Kreisdefension handelte es sich um eine Kreisarmee von rund 4.000 Mann, die 1622 für einige Monate zum Schutz des Reichskreises aufgestellt wurde, vgl. dazu Dotzauer: Die deutschen Reichskreise in der Verfassung des Alten Reiches und ihr Eigenleben (1500 – 1806) (Anm. 30), S. 221. Zur Münz- und Währungskrise im Schwäbischen Reichskreis zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges vgl. neuerdings Schulze: Die Rolle der oberdeutschen Reichskreise und der Reichsgerichte bei der Bekämpfung der Kipper- und Wipperkrise 1618 – 1626 (Anm. 51).  BayHStA: Reichskammergericht 5672/1 (Anm. 188), Schwäbischer Kreisabschied von Ulm, 17./27. März 1624 (Kopie), Q3, unfol. Zur Bedeutung des Kammergerichtlichen Prozesses zur Herstellung von „Gleichheit“ in Reichssteuerangelegenheiten vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28) S. 352.

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ligungen zu Grunde lagen, nicht aber Steuerbewilligungen von Reichskreisen.⁴³¹ Laut Schulze hätte unter anderem der freiwillige Charakter von Kreissteuern eine juristische Ahndung des Säumnisfalls mittels fiskalischer Prozesse unmöglich gemacht.⁴³² Aber offenbar teilten die schwäbischen Kreisstände des Jahres 1624 diese Sichtweise nicht. Ein Blick in das Kreistagsprotokoll verrät, dass die Klausel des Kreisabschieds zur Einklagbarkeit der Kreissteuern nicht etwa auf Betreiben der kaiserlichen Kommissare, sondern auf Wunsch einer konfessionsübergreifenden Kreistagsmehrheit ohne eine einzige Gegenstimme Eingang in das Conclusum fand.⁴³³ Dieses formulierte das Württemberger Kreistagsdirektorium wie folgt: „Maiora ging uf das herkommen, ist sowohl mit Inlieferung des gelts zur Craiß Caßa, seÿ kein Reichs, sondern Craiß hülff, als auch die seummige mit proceßen inlang anzuhalten seÿe indergleichen also gehalten“.⁴³⁴ Die Unterscheidung zwischen Reichs- und Kreissteuern spielte demnach lediglich bei der Auswahl des Einzahlungsortes noch eine Rolle, nicht aber für die Handhabung des Säumnisfalls. Die Einklagbarkeit von Kreissteuern wurde scheinbar als dem Herkommen gemäß empfunden. Wie ist dieser Befund aus dem Jahr 1624 zu erklären, der doch im völligen Widerspruch zur bisherigen Forschungsmeinung steht? Winfried Schulze kam zu seiner Einschätzung in Folge der Untersuchung eines abgebrochenen Reichskammergerichtsprozesses von 1597 aus der Zeit des Langen Türkenkriegs, der

 Vgl. ebd., S. 204 f., 220 f. In Schulzes Ausführungen zur fiskalischen Gerichtsbarkeit des Reiches (S. 348 – 360) spielen Kreissteuern keine Rolle und bleiben auch unerwähnt bei Schulze: Reichskammergericht und Reichsfinanzverfassung im 16. und 17. Jahrhundert (Anm. 174); vgl. auch Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 402.  Die Reichsexekutionsordnung von 1555 sah in § 97 ein Klagerecht des Kaisers bzw. des Reichsfiskals gegenüber den Ständen eines Reichskreises vor, wenn diese ihren Verpflichtungen aus der Reichsexekutionsordnung nicht nachkamen. Steuerbeschlüsse auf Kreisebene werden dabei jedoch nicht erwähnt, vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 221, Anm. 89. Vgl. ferner Luttenberger: Kaisertum und Ständetum im politischen Denken des Reichspfennigmeisters Zacharias Geizkofler (Anm. 293), S. 94.  Laut dem württembergischen Kreistagsprotokoll brachte der Konstanzer Gesandte als Erster den Vorschlag, den Kaiser dazu anzuhalten, im Säumnisfall „via juris zu processiren“. Im Gegensatz zu fast jeder anderen Detailfrage zu den Auszahlungsmodalitäten zog dieser Punkt keine längeren Diskussionen im Kreistagsplenum nach sich. Stattdessen wurde mehrmals der wenige Wochen zuvor erlassene fränkische Kreistagsabschied mit den darin definierten Auszahlungskonditionen als Vorbild genannt, vgl. HStASt: C 9 Bü. 218 (Anm. 104), Nr. 28, „Prothocollum beÿ vorgangenem Craißtag zue Vlm vom 8/18 Martÿ biß auff den 17/27 eiusdem Anno 1624“, mit eigener Foliierung, 63 Blatt. Das Konstanzer Zitat auf fol. 28r, die Diskussion über die Konditionen des fränkischen Kreisabschieds ab fol. 27r.  Ebd., Nr. 28, fol. 28v.

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einem Zahlungsrückstand aus einer der allerersten Türkensteuerbewilligungen eines Reichskreises gegolten hatte. Von reichsständischer Seite wurde dieser Prozess noch als ungebührliche Neuerung im Reichssteuerwesen empfunden und boykottiert.⁴³⁵ Der Reichsfiskal hatte mit seiner Klageerhebung seinerzeit tatsächlich prozessuales Neuland betreten, denn Kreissteuerbewilligungen waren bis dahin nie Thema vor den höchsten Reichsgerichten gewesen – es hatte bis dahin allerdings auch nie Kreishilfen ohne vorhergehenden Reichstagsbeschluss gegeben. Im Lauf des Langen Türkenkriegs änderte sich dies jedoch grundsätzlich, und bis zum Friedensschluss von 1606 wurden mehrfach Türkensteuern durch Reichskreise bewilligt, denen keine entsprechenden Reichstagsbeschlüsse folgten. In diesen Fällen wurden Kreissteuern faktisch zu einem Äquivalent von Reichssteuern.⁴³⁶ Es ist durchaus denkbar, dass diese jahrelang praktizierte Gleichsetzung der beiden Steuerarten im Lauf der Zeit auch der Akzeptanz ihrer juristischen Gleichbehandlung Vorschub leistete und in späteren Jahrzehnten, im vorliegenden Fall im Jahr 1624, von kreisständischer Seite schon als Herkommen erachtet wurde. Freilich könnte die ausdrückliche Betonung der Möglichkeit von fiskalischen Prozessen im Ulmer Kreisabschied auch den besonderen Gefährdungen geschuldet sein, denen sich die schwäbischen Kreisstände im Kriegsjahr 1624 ausgesetzt sahen: Nach Ende des Böhmisch-Pfälzischen Krieges befand sich der gesamte Süden des Reichs fest in der Hand ligistischer und habsburgischer Truppen, die theoretisch jederzeit zur Schuldeneintreibung mittels militärischer Exekution einsetzbar waren.⁴³⁷ Vor diesem Hintergrund könnte der Kreisabschied mit seinen Ausführungen zur gerichtlichen Schuldeneintreibung auch als Aufforderung an das Reichsoberhaupt zu verstehen sein, im Säumnisfall nicht allzu schnell zu gewaltsamen Maßnahmen zu greifen, sondern den friedlichen Rechtsweg einzuschlagen. Tatsächlich stellte die Zahlungsmoral der schwäbischen Kreisstände die Geduld des Kaisers bald auf die Probe, denn in den ersten Monaten nach dem Ulmer Kreistag wurde nur ein Bruchteil der zugesagten Gelder entrichtet. Infolgedessen erteilte Kaiser Ferdinand II. dem Reichsfiskal in Speyer die Weisung, zum Ablauf des zweiten im Kreisabschied festgelegten Zahlungstermins fiskalische

 Die entsprechende Klage des Reichsfiskals richtete sich gegen Markgraf Eduard Fortunat von Baden und stammt aus dem Jahr 1597, vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S 220 f.  Vgl. ebd., insbesondere S. 194– 212; vgl. auch Kap. I.4, „Reichskreise und Reichs- und Kreissteuern bis zum Ende des ‚Langen Türkenkriegsʻ“ dieser Studie.  Zur militärischen und politischen Situation des Jahres 1624 im süddeutschen Raum zuletzt Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 193 – 257.

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Prozesse gegen sämtliche säumigen schwäbischen Kreisstände in die Wege zu leiten.⁴³⁸ Das Vorladungsschreiben wurde den rund 50 betroffenen Ständen in gedruckter Form vom Reichskammergerichtsboten persönlich überbracht, der alleine für die förmliche Zustellung an alle Kreisstände über zweieinhalb Monate in dutzenden schwäbischen Rathäusern, Klöstern, Grafen- und Fürstenresidenzen vorstellig wurde.⁴³⁹ Konfessionelle Kriterien spielten bei der Klageerhebung scheinbar noch keine Rolle, denn unter den Vorgeladenen befanden sich eine Vielzahl katholischer Fürsten und Stände, die traditionell als kaisernah galten, darunter der Fürstbischof von Konstanz, fast alle mit kreisständischen Territorien begüterten Fugger, die Marschälle von Pappenheim, der Deutsche Orden und 16 Reichsprälaten. Sogar Kurfürst Maximilian von Bayern wurde nicht verschont und sah sich als Inhaber der Herrschaft Mindelheim und der Stadt Donauwörth mit einer Anklage konfrontiert.⁴⁴⁰ Jeder Kreisstand wurde im Vorladungsschreiben mit seinem Zahlungsrückstand konfrontiert und darauf hingewiesen, dass er als Stand des Schwäbischen Reichskreises im Rahmen des Ulmer Kreisabschieds den Krieg in Ungarn als einen „allgemeinen Türkenkrieg“ anerkannt habe, den der Kaiser nicht aus eigenem Interesse, sondern zur Verteidigung der Christenheit führe. Für solch einen Krieg dürfe das Reichsoberhaupt aber die Mithilfe des Reiches erwarten, weshalb die Ableistung der vom Reichskreis zugesagten Gelder für jeden Stand obligatorisch sei, selbst dann, wenn sie vom Kreistag als „freywillige mitleidenliche Hülffleistung“ verabschiedet worden sei.⁴⁴¹ Darüber hinaus sei an der prinzipiellen Rechtmäßigkeit der Anklage vor dem Reichskammergericht nicht zu zweifeln,

 Laut Zitationsschreiben wurde der Reichsfiskal Gerhard Ebersheim vom Kaiser dazu ermächtigt, unparteiisch „wieder alle Ständ vff einmal für alles gebührende process außzuziehen“, sofern sie mit ihren Zahlungen im Rückstand seien. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3734 (Anm. 184), fol. 126r.  Der Bote Hans Velt Billger fertigte nach Abschluss seiner Mission einen ausführlichen Reisebericht an. Demnach war die Reichsstadt Wimpfen sein erstes Ziel (17. März 1625), die weitere Reise verlief u. a. über Stuttgart (20. März), Augsburg (9. April), Immenstadt (7. Mai), Weingarten (13. Mai), Meersburg (15. Mai) bis nach Durlach (27. Mai). BayHStA: Reichskammergericht 5672/1 (Anm. 188) Q2 u. Q3, „Execution oder bottenrelation, welcher die process der in Martio Ao. 1624 zu Ulm bewilligte Crais Steuer halben insinuiert hatt“, o.O., 25. Juni 1625, unfol.  Vgl. ebd. Fasz. 3 (Q1), „Citatio ad poenam banni et privationis respectiuè“, Speyer, 18. November 1624, unfol.  Zitationsschreiben des ksl. Fiskals an die säumigen Stände des Schwäbischen Reichskreises, Speyer, 18. November 1624. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3734 (Anm. 184), fol. 127r.

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„weil die erforderte Iurisdiction auch aus obvermeldten Abschiedt notorie fundirt were.“⁴⁴² Als Klageziel wurde den Ständen der vollständige Privilegienentzug und die Verhängung der Reichsacht genannt. Das eigentliche Ziel der Anklage war jedoch freilich in erster Linie die Bezahlung der Ausstände, nicht die Ächtung der Angeklagten, was dem Vorladungsschreiben auch eindeutig zu entnehmen war:⁴⁴³ So verkündete es nicht nur die Eröffnung der fiskalischen Prozesse, sondern sollte ebenfalls ausdrücklich als eine Zahlungserinnerung verstanden werden. Es enthielt ferner die Androhung, dass jeder weitere verstrichene Zahlungstermin die eingeforderte Summe verdoppeln und eine erneute Vorladung zur Folge haben werde, damit „ganz schleunig procedirt werden möge.“⁴⁴⁴ Wie bereits die Monate in Anspruch nehmende Zustellung der ersten Zitation offenbarte, brachte der Anspruch auf einen schnellen Prozess, der zudem „wieder alle Ständ vff einmal“ geführt werden sollte, das Reichskammergericht an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Da allen Kreisständen derselbe Vorladungstermin Ende Juni 1625 genannt worden war, fanden sich am entsprechenden Tag die Prokuratoren⁴⁴⁵ derart vieler Kreisstände gleichzeitig am Reichskammergericht ein, dass ihre Anhörung volle zwei Tage benötigte.⁴⁴⁶ Zu diesem ersten Gerichtstermin legten bereits etliche Beklagte dem Reichsfiskal Einzahlungsquittungen vor, um eine zwischenzeitlich erfolgte Schuldentilgung nachzuweisen und eine umgehende Prozesseinstellung zu erreichen.⁴⁴⁷ In den Folgemonaten kam es

 Ebd., fol. 127r. Gemeint ist der Ulmer Kreisabschied vom März 1624.  Zur Bedeutung und Handhabung der Acht im Rahmen von fiskalischen Prozessen vgl. Weber: Zur Bedeutung der Reichsacht in der Frühen Neuzeit (Anm. 224), S. 81– 83.  BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3734 (Anm. 184), fol. 127r. Mehrere gedruckte Vorladungsschreiben finden sich auch in BayHStA: Reichskammergericht 5672/1 (Anm. 188), Fasz. 3 (Q1), „Citatio ad poenam banni et privationis respectiuè“, Speyer, 18. November 1624, unfol.  Zum Berufsstand der Prokuratoren als Anwälte und Verbindungspersonen einzelner Reichsstände am Reichskammergericht vgl. allgemein Anette Baumann: Advokaten und Prokuratoren. Anwälte am Reichskammergericht (1690 – 1806) (QFHG, 51). Köln 2006; Baumann: Die Prokuratoren am Reichskammergericht in Speyer und Wetzlar (Anm. 22).  Der Reichsfiskal war an der ersten Anhörung zugegen. Laut Aktenvermerk seien die Einzelprozesse unter „Præside Generoso Dno. Barone de Mulendonck, Dno. Stieber, Dno. Diether“ geführt worden. BayHStA: Reichskammergericht 5672/1 (Anm. 188), Fasz. Q1, Protocollum Judicale, unfol.  Die ersten Anhörungen fanden am 25. und 27. Juni statt, wobei rund 40 schwäbische Kreisstände ihre Prokuratoren entsandt hatten. Die entsprechenden Angaben finden sich im Zitationsprotokoll der Reichskammergerichtsakte, ebd., „Citationis in Puncto 20. Monatlich eilende Craißhilff in Anno 1624 den 17. Martÿ bewilligt zu Ulm“, unfol.

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noch mehrfach zu derartigen Sammelvorladungen, wobei die Anzahl der Beklagten jedoch stetig abnahm.⁴⁴⁸ Der Verlauf der einzelnen Prozesse ist von mir erst kürzlich an anderer Stelle ausführlich dargestellt worden, weshalb im Folgenden nur einige zentrale und aussagekräftige Befunde referiert werden müssen.⁴⁴⁹ Zu Beginn der fiskalischen Prozesse schien es, als würde Kaiser Ferdinand II. auf der vollständigen Abstattung der ihm im Kreisabschied zugesagten Gelder bestehen und als wäre er gewillt, gegen jeden säumigen schwäbischen Kreisstand unabhängig seines Standes und seiner Konfession gerichtlich vorzugehen. Wie bereits erwähnt, erhielt auch Kurfürst Maximilian eine Vorladung des Reichsfiskals, da der Bayer mit Mindelheim, Donauwörth und Schwangau über schwäbische Territorien verfügte.⁴⁵⁰ Ein daraufhin von Münchner Hofräten für ihren Kurfürsten verfasstes Gutachten bestätigte die Rechtmäßigkeit der Anklage⁴⁵¹, wies Maximilian aber zugleich darauf hin, dass er sich alternativ zur Abstattung der Kreissteuern immer noch direkt an den Kaiser wenden könnte, um mit Verweis auf die Verdienste Kurbayerns und der Liga um Erlass der Schulden zu bitten.⁴⁵² Der Kurfürst folgte diesem Vorschlag und beauftragte seinen Agenten in Wien mit der Aufnahme entsprechender Verhandlungen mit Ferdinand II.⁴⁵³ Parallel dazu sollte auch der kurbayerische Prokurator in Speyer aktiv werden und den Reichsfiskal von weiteren rechtlichen Schritten gegen Kurfürst Maximilian abhalten, zum wenigsten aber ein Moratorium von drei Monaten erreichen, um den diplomatischen Bemühungen des Kurfürsten Zeit zu verschaffen. Der Bayernherzog rechnete zu diesem Zeitpunkt bereits damit, dass sich der Kaiserhof

 Insgesamt fanden 18 derartige Vorladungstermine statt, zuletzt am 10. Januar 1629.  Vgl. Schulze: Silent leges inter arma? Zur Rolle reichsrechtlicher Normen und Verfahrensweisen bei Türkensteuerforderungen im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 51).  Der Reichsanschlag für Mindelheim und Donauwörth betrug für 20 Römermonate 4.240 fl. Die Kreisstandschaft und damit auch der Kreisanschlag Schwangaus waren seit seinem Anfall an Bayern im Jahr 1567 umstritten, vgl. Hans Frei/Wolfgang Zorn: Historischer Atlas von BayerischSchwaben I/9 (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft bei der Kommission für Bayerische Landesgeschichte). 2., neubearb. und erg. Aufl. Augsburg 1982, S. 339 f.  Das Gutachten der Hofräte erklärte ausdrücklich, dass „solcher geclagter ausstand […] an sich selbst richtig“ sei, zumal der Ulmer Kreisabschied von den bayerischen Vertretern am schwäbischen Kreistag mitgetragen worden sei. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3734 (Anm. 184), „Vnderthenigister Bericht über des kaÿserlichen Fiscals wider Ihre Churfrt. Drl. ausgezogene Camergerichtliche Citation“, München, 27. April 1625, fol. 127r – 130r, Zitat fol. 127v.  Vgl. ebd., „Vnderthenigister Bericht über des kaÿserlichen Fiscals wider Ihre Churfrt. Drl. ausgezogene Camergerichtliche Citation“, München, 27. April 1625, fol. 127r – 130r, Zitat fol. 127v.  Vgl. ebd., Kurfürst Maximilian an Dr. Esaias Leuker, München 12. Juni 1625 (Kopie), fol. 135r.

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zu keiner schnellen Entscheidung bequemen würde und somit aus den Verhandlungen „leichtlich etwas lengers“ werden könnte.⁴⁵⁴ Dennoch trieb der Fiskal den Prozess in den kommenden Monaten unbeeindruckt voran, was Maximilian im September 1625 zu der Äußerung gegenüber seinem Wiener Agenten veranlasste, er fühle sich vom Reichsfiskal schon „stettigs inquietirt vnd behelliget“.⁴⁵⁵ Der fiskalische Prozess vor dem Reichskammergericht zeigte also selbst gegenüber dem mächtigen Kurfürsten eine gewisse Wirkung: Die Anklage wurde am Münchner Hof keineswegs als Lappalie abgetan oder ignoriert, sondern als äußerst unangenehmes Ärgernis empfunden, das es unter Einschaltung verschiedenster in bayerischen Diensten stehender Personen von Speyer bis Wien aus der Welt zu schaffen galt. Letztlich führten diese Bemühungen zum Erfolg, denn im Oktober 1625 stellte die Wiener Hofkammer dem bayerischen Kurfürsten im Namen des Kaisers doch noch eine Quittung aus, die ihm die Leistung einer „Satisfaktion“ anstelle der Kreissteuern für Donauwörth und Mindelheim attestierte.⁴⁵⁶ Was genau unter der „Satisfaktion“ zu verstehen war, erläutert das Schreiben aus guten Gründen nicht, denn eine Geldzahlung Bayerns an den Kaiser hatte nicht stattgefunden. Es handelte sich also um nichts anderes als eine vollständige Zahlungsbefreiung. Das Original der besagten Quittung wurde sogleich an das Reichskammergericht geschickt, eine beglaubigte Abschrift an die Reichspfennigmeisterei nach Augsburg, woraufhin der Reichsfiskal im Dezember 1625 seine Klage offiziell zurückzog und damit den Prozess gegen den bayerischen Kurfürsten einstellen ließ.⁴⁵⁷ Allerdings scheinen derartige vollständige Erlässe der Kreissteuern eine Seltenheit gewesen zu sein. Unter den weltlichen Kreisständen Schwabens lässt sich zumindest aus den Reichskammergerichtsakten nur noch eine einzige wei-

 So Kurfürst Maximilian in einem Brief an den kurbayerischen Prokurator am Reichskammergericht, Dr. Johann Pistorius, BayHStA: Reichskammergericht 5672/1 (Anm. 188), Q4, Recepisse, Kurfürst Maximilians an Dr. Pistorius, München 12. Juni 1625, unfol.  Die Äußerung fiel in einem Brief Maximilians an seinen Wiener Agenten Dr. Esaias Leuker, BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3734 (Anm. 184), Kurfürst Maximilian an Dr. Leuker, o.O., 26. September 1625 (Kopie), fol. 140v.  Vg. ebd., Kaiser Ferdinand II. an Kurfürst Maximilian von Bayern, Neustadt, 16. Oktober 1625 (notariell beglaubigte Abschrift), fol. 144r–144v. Die Quittung galt für Mindelheim und Donauwörth. Das im ersten Zitationsschreiben des Reichskammergerichts ebenfalls noch aufgeführte Schwangau wurde nicht erwähnt.  Vgl. BayHStA: Reichskammergericht 5672/1 (Anm. 188), Fasz. I („SpPr“), „Citationis in Puncto 20. Monatlich eilende Craißhilff in Anno 1624 den 17. Martÿ bewilligt zu Ulm“, unfol. Vgl. auch BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3734 (Anm. 184), J. Beringer an Kurfürst Maximilian, Memorial und Erinnerung, München 23. Dezember 1625, fol. 153r – 154r. Zur Einstellung des Prozesses auch ebd., fol. 153r.

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tere vollumfängliche Zahlungsbefreiung belegen. Sie galt Johann von Hohenzollern-Sigmaringen, der erst 1623 zum Reichsfürsten erhoben worden war und dem Geheimen Rat Kurfürst Maximilians als Präsident vorstand.⁴⁵⁸ Auch wenn die genauen Umstände dieses Schuldenerlasses im Dunkeln bleiben, finden sich in den Hofzahlamtsbüchern der Wiener Hofkammer Hinweise, dass Kaiser Ferdinand II. den Fürsten lediglich zur Begleichung eigener Schulden gegenüber einem anderen schwäbischen Hohenzollern von der Kreissteuerzahlung entbunden hatte.⁴⁵⁹ Andere katholische Fürsten und Ligamitglieder mussten stattdessen ihre Kreissteuern auch tatsächlich entrichten. Zwar bemühten sich drei der vier geistlichen Fürsten des Schwäbischen Reichskreises auf Initiative des Augsburger Bischofs gemeinschaftlich ebenfalls um einen Erlass ihrer Kreisquote, hatten aber vermutlich keinen Erfolg.⁴⁶⁰ Zumindest einer von ihnen, der Fürstprobst von Ellwangen, fand sich kurze Zeit später mit einer Anklage des Reichsfiskals konfrontiert, in deren Folge Ellwangen mit seinen Zahlungen begann.⁴⁶¹ Selbst der Bischof von Konstanz, der hochrangigste aller schwäbischen Kreisstände, leitete nach einer Vorladung vor das Reichskammergericht die Abstattung seiner 20

 BayHStA: Reichskammergericht 5672/1 (Anm. 188), Q 109, Kaiser Ferdinand II. an Fürst Johann von Hohenzollern-Sigmaringen, Ödenburg, 2. Dezember 1625 (notariell beglaubigte Abschrift). Der Kaiser erklärte einen vollständigen Verzicht auf die vollen 20 Römermonate Sigmaringens, eine Gegenleistung wird nicht erwähnt. Die Biographie Johanns von HohenzollernSigmaringen ist ein Forschungsdesiderat. Erste Einblicke bietet Willi Eisele: Hohenzollern-, Johann Graf, seit 1623 Fürst zu, in: NDB, Bd. 9, S. 501 f.  Der Bruder Johanns von Sigmaringen, Kardinal Eitel Friedrich von Hohenzollern, wurde mehrfach zur Begleichung eigener finanzieller Forderungen an den Kaiser in Höhe von 16.000 fl. auf die schwäbischen Kreissteuereinnahmen verwiesen, insbesondere auf die Erträge von Hohenzollern-Sigmaringen und Hohenzollern-Hechingen, vgl. OeStA FHKA: HZAB Nr. 75 (1625 – 1629), fol. 10r (89*r); ders.: HZAB Nr. 77/1 (1630), fol. 3r, (77*r); vgl. ferner die entsprechende Tabelle im Anhang dieser Studie. Kardinal Eitel Friedrich war ein wichtiger Verbindungsmann des Kaisers und der Liga zur römischen Kurie und mit verschiedenen diplomatischen Missionen betraut, vgl. hier Michael-Frank Feldkamp: Eitel Friedrich, Graf von Hohenzollern-Sigmaringen, in: Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches, 1448 bis 1648. Ein biographisches Lexikon, hrsg. v. Erwin Gatz/Clemens Brodkorb. Berlin 1996, S. 149 f.  Der Augsburger band noch den Fürstabt von Kempten und den Fürstprobst von Ellwangen in seine Initiative ein und sandte ihnen einen entsprechenden Bittbrief an den Kaiser zur Unterschrift, den bis zum September 1624 auch noch die fränkischen Bischöfe von Eichstätt, Würzburg und Bamberg unterzeichneten, die selbst auf einen Erlass fränkischer Kreissteuern spekulierten, vgl. Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 432 f.  BayHStA: Reichskammergericht 5672/1 (Anm. 188), Fasz. I („SpPr“), „Citationis in Puncto 20. Monatlich eilende Craißhilff in Anno 1624 den 17. Martÿ bewilligt zu Ulm“, unfol.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

Römermonate in die Wege.⁴⁶² Die kleineren, für das Kreissteueraufkommen aber besonders bedeutsamen geistlichen Kreisstände wurden ebenso wenig geschont.⁴⁶³ Gegen einige der schwäbischen Prälaten ging der Reichsfiskal sogar besonders energisch und ausdauernd vor: Gegen niemanden prozessierte er so kontinuierlich und erwirkte so viele Vorladungen wie gegen den Abt von Weingarten. Der Prälat hatte zur Entschuldigung seiner Zahlungsrückstände wie viele andere Kreisstände nur die vielfältigen Belastungen seiner Untertanen aufgrund von Durchzügen vorzubringen, was den Reichsfiskal jedoch unbeeindruckt ließ.⁴⁶⁴ Der Prozess lief auch weiter, nachdem Weingarten im Sommer 1626 seine ersten Ratenzahlungen aufgenommen hatte, und wurde erst 1629 eingestellt.⁴⁶⁵ Für Zahlungsbefreiungen zugunsten protestantischer schwäbischer Kreisstände fanden sich in den untersuchten Kreis- und Reichskammergerichtsakten keinerlei Hinweise.Vielmehr ist davon auszugehen, dass fast alle protestantischen Kreisstände den steuerlichen Bestimmungen des Ulmer Kreisabschieds weitgehend nachkamen. Dabei lässt sich für den größten Reichssteuerzahler des Reichskreises, das Herzogtum Württemberg, sogar eine ausgesprochen gute Zahlungsmoral konstatieren. Württemberg begann seine Einzahlungen bereits im Februar 1625 mit einer Barzahlung von 25 592 fl. direkt an die Augsburger Reichspfennigmeisterei, schon einen Monat ehe dem Herzog die Eröffnung des fiskalischen Prozesses gegen ihn offiziell mitgeteilt wurde.⁴⁶⁶ Auch die meisten anderen protestantischen Kreisstände Schwabens dürften ihre Einzahlungen noch vor der Eröffnung der fiskalischen Prozesse begonnen haben, da sie dem

 Hinweise auf eine Ratenzahlung Konstanz’ über 14 Römermonate finden sich in ebd., Fasz. I („SpPr“), unfol. Zum Hochstift Konstanz im Dreißigjährigen Krieg und als Ligamitglied vgl. Stephanie Armer: Zwischen Religion und Politik: Fürstbischof Jakob Fugger (1604– 1626). Ein Reichsfürst am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges, in: Die Fugger und das Reich. Eine neue Forschungsperspektive zum 500jährigen Jubiläum der ersten Fuggerherrschaft Kirchberg-Weißenhorn, hrsg. v. Johannes Burkhardt (Studien zur Fuggergeschichte, 41). Augsburg 2008, S. 197– 228.  Der Reichs- und Kreisanschlag der schwäbischen Prälaten lag mit zusammengerechnet 1.188 fl. höher als der der vier geistlichen Fürsten, vgl. Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 131 f.  Die Untertanen Weingartens seien durch Kriegseinwirkungen „so starckh erschöpfft worden, daß es respirirens mehr dann wohl von nöthen hetten.“ BayHStA: Reichskammergericht 5672/1 (Anm. 188), Q. 110, Abt von Weingarten an den ksl. Fiskal, Weingarten, 17. Februar 1626, unfol.  Bis zum 6. Mai 1626 wurden 10 von 20 Römermonaten erlegt. Das Zitationsprotokoll der Reichskammergerichtsakte endet mit einem Vermerk vom 10. Januar 1629 mit einer letzten Vorladung Weingartens.  Vgl. ebd., Q8a, Quittung für Herzog Johann Friedrich von Württemberg, Augsburg, 10. Februar 1625 (Kopie). Zur vollständigen Abstattung der württembergischen Quote Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 403.

2 Die Kreishilfebewilligungen der 1620er Jahre

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Reichsfiskal schon zum ersten Vorladungstermin in Speyer entsprechende Quittungen vorlegen konnten und in den meisten Fällen noch im Lauf des Jahres 1625 eine Einstellung der gegen sie angestrengten Prozesse erreichen konnten.⁴⁶⁷ Unter den größeren protestantischen Kreissteuerzahlern im Schwäbischen Reichskreis blieb nur Baden-Durlach seine Quote dauerhaft schuldig.⁴⁶⁸ Markgraf Friedrich war allerdings aufgrund immenser Kriegsschulden und Schadensersatzforderungen seiner Verwandtschaft auch tatsächlich bankrott, weshalb der Kaiser 1627 eine Debitkommission unter Beteiligung Kurtriers und Württembergs initiierte, die die Zahlungsfähigkeit der Markgrafschaft wiederherstellen sollte.⁴⁶⁹ Zu diesem Zeitpunkt hatte jedoch die überwiegende Mehrheit der schwäbischen Kreisstände ihre Kreissteuern schon entrichtet oder sich auf eine andere Art mit dem Kaiserhof arrangiert, denn der Reichsfiskal ging im Februar 1627 noch von Restschulden von 40 542 fl. 40 kr. aus, die sich auf 23 Schuldner verteilten, wovon allerdings fast die Hälfte der Summe alleine auf Baden-Durlach entfiel.⁴⁷⁰ Demnach hatten die Stände des Schwäbischen Reichskreises ihre 20 Römermonate mit einem Gesamtwert von rund 200 000 fl. schon zu etwa 80 % entrichtet. Obwohl diese Zahlen letztlich keine definitiven Aussagen über die absolute Höhe der tatsächlich geflossenen Gelder zulassen, dürfte der Kaiser mit dem Gesamt-

 Verschiedene diesbezügliche Einzahlungsquittungen unter BayHStA: Reichskammergericht 5672/1 (Anm. 188), u. a. Q7–Q12.  Vgl. ebd., Q 111, „Restanten Außzug“, 12. Januar 1628. Die Auflistung bezieht sich auf den Schuldenstand vom 24. Februar 1627 und gibt die Restschuld Badens an den 20 Römermonaten von 1624 mit 9.040 fl. für die „Untere Markgrafschaft“ an, für die „Obere Markgrafschaft“ inklusive dem badischen Anteil an der Grafschaft Sponheim beträgt der Ausstand 8.320 fl. Die Ausstände aller schwäbischen Kreisstände an den 20 Römermonaten beliefen sich auf 40.542 fl. 40 kr., vgl. auch ebd., separiert aus Fasz. I, „Copia Mandati Executorialis ad poenam Dupli. Schwäbische Craÿßausschreibender Fürsten contra Restanten. Respiræ 21. November 1628“, unfol.  Vgl. ebd., Q 114. Gedrucktes Ernennungspatent Kaiser Ferdinands II. für Kurtrier und den Herzog von Württemberg zu kaiserlichen Kommissaren, Wien, 11. Juni 1627. Vgl. zur Thematik Susanne Herrmann: Die Durchführung von Schuldenverfahren im Rahmen kaiserlicher Debitkommissionen im 18. Jahrhundert am Beispiel des Debitwesens der Grafen Montfort, in: Reichshofrat und Reichskammergericht. Ein Konkurrenzverhältnis, hrsg. v. Wolfgang Sellert (QFHG, Bd. 34). Köln 1999, S. 111– 128; zur Tätigkeit Württembergs als kaiserlicher Kommissar vgl. allgemein Martin Fimpel: Reichsjustiz und Territorialstaat. Württemberg als Kommissar von Kaiser und Reich im Schwäbischen Kreis (1648 – 1806) (Frühneuzeit-Forschungen, Bd. 6). Tübingen 1999.  Vgl. BayHStA: Reichskammergericht 5672/1 (Anm. 188) Q 111: „Restanten Außzug“, 12. Januar 1628, referierter Schuldenstand aller schwäbischer Kreisstände vom 24. Februar 1627. In dieser Rechnung wurde der badische Anteil an der Grafschaft Sponheim zur schwäbischen Kreisquote dazugerechnet.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

erlös aus dem Reichskreis sicherlich weitgehend zufrieden gewesen sein.⁴⁷¹ Jedenfalls ist an dieser Stelle Axel Gotthard klar zu widersprechen, der davon ausgeht, dass außer dem Herzog von Württemberg kaum ein schwäbischer Kreisstand seine Raten an der Kreissteuer von 1624 bezahlt hätte.⁴⁷²

2.6 Der Fortgang der Kreishilfen bis zum Auftreten Wallensteins So überrascht auch nicht, dass Kaiser Ferdinand II. schon bald eine weitere Bewilligung des Schwäbischen Reichskreises einzuwerben gedachte. Die nächste kaiserliche Geldforderung an den Reichskreis erfolgte zur Mitte des Jahres 1626 und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem der Großteil der 20 Römermonate von 1624 gerade abbezahlt gewesen sein dürfte. Die zu den Kontributionsverhandlungen mit dem schwäbischen Kreistag Anfang Juli 1626 nach Ulm entsandten kaiserlichen Kommissare argumentierten nun erstmals nicht mehr in erster Linie mit der Türkengefahr, sondern begründeten ihre finanziellen Wünsche mit einer allgemeinen Beistandspflicht aller Kreisstände gegenüber dem Reichsoberhaupt, das in seinem Kampf mit seinen neuen Feinden im Niedersächsischen Reichskreis ein Anrecht auf Unterstützung aus dem Reich habe. Aber auch diesmal verzichteten die kaiserlichen Verhandlungsführer nicht gänzlich auf eine Türkenkriegsreminiszenz: Im Lauf ihrer Proposition vor dem Kreistag wiesen sie die Kreisstände auf die Möglichkeit hin, dass die Gegner Ferdinands II. im Angesicht einer Niederlage versucht sein könnten, „den Turckhen widerumb ins spiel zu bringen“, mit möglicherweise verheerenden Konsequenzen für das gesamte Reich.⁴⁷³ Diese Argumentation blieb von kreisständischer Seite ohne Widerspruch. Wie schon 1624 verweigerte sich der schwäbische Kreistag auch diesmal nicht den finanziellen Wünschen des Kaisers und versprach eine weitere Kreishilfe in Höhe von 20 Römermonaten nach dem Vorbild der vorangegangenen Bewilligung.⁴⁷⁴ Allerdings sah der Kreisabschied eine längere Ratenzahlung über insgesamt fünf

 Der Reichsfiskal scheint sich noch bis 1631 um die Eintreibung der Restschulden aus dem Schwäbischen Kreis bemüht zu haben, vgl. ebd., verschiedene Belege nach Q. 115 (unfol.).  Vgl. Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 403.  Die Proposition der kaiserlichen Kommissare vom 27. Juni 1626 findet sich in HStASt: C 9 Bü. 221, Nr. 66c, Beilage B, unfol.  Das Original des Bewilligungsschreibens des Kreistags findet sich unter OeStA HHStA Wien: RK Reichsakten in genere Fz. 73 (Anm. 384), fol. 192r – 198v, Schwäbischer Kreistag an Kaiser Ferdinand II., Ulm 28. Juni/8. Juli 1626. Ein Original des Kreisabschieds in HStASt: C 9 Bü. 563, Nr. 65. Zum Kreistag vgl. auch Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 432.

2 Die Kreishilfebewilligungen der 1620er Jahre

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Zahlungstermine bis in das Jahr 1630 vor. Für diesen Zeitraum sollte der Reichskreis wiederum von weiteren Geldforderungen und nach Möglichkeit auch von Durchzügen und Einquartierungen befreit bleiben.⁴⁷⁵ Die wichtigsten protestantischen Stände des Kreises hatten der Kontributionsleistung ebenfalls zugestimmt, allerdings nur, wie der württembergischen Instruktion zu entnehmen ist, um die „kais[erliche] Vngnad“ zu vermeiden.⁴⁷⁶ Von einer „freiwilligen“ Geldleistung des Schwäbischen Reichskreises konnte zu diesem Zeitpunkt schon längst keine Rede mehr sein. Unmittelbar im Vorfeld der Kontributionsverhandlungen des Kreistags waren nach und nach insgesamt 13 kaiserliche Regimenter unter Wallenstein in den Reichskreis eingerückt, die sich eigenmächtig und ohne Kautionsleistung in den Reichsstädten Heilbronn, Schwäbisch Hall, Dinkelsbühl und Bopfingen einquartierten.⁴⁷⁷ Dies war der Höhepunkt einer ganzen Reihe militärischer Unternehmungen, mit denen die kaiserliche Kriegsführung den Schwäbischen Reichskreis immer stärker unter Druck gesetzt hatte. 1625 waren bereits kleinere Einheiten der kaiserlichen Soldateska durch den Reichskreis gezogen, hatten ihre Marschrouten allerdings noch gemäß der Vorgaben der Reichsexekutionsordnung dem Herzog von Württemberg als schwäbischem Kreisobristen vorgemeldet und einer Delegation des Reichskreises Kautionsleistungen hinterlegt.⁴⁷⁸ Doch noch im selben Sommer wurde der Schwäbische Reichskreis ebenfalls mit einem Vorhaben Erzherzog Leopolds konfrontiert, der mit Einverständnis des Kaisers auf schwäbischem Gebiet neue Musterplätze einzurichten gedachte, um dort nach ersten Plänen 23 000, später immer noch rund 9 000 Söldner zu mustern, was zu umgehenden und vehementen Protesten eines schwäbischen Kreistags geführt hatte.⁴⁷⁹ Ab Juni 1626 setzten sich dann mit dem Einmarsch der 13 wallenstein’schen Regimenter mehrere tausend Mann bewaffnetes Kriegsvolk dauerhaft im Reichskreis fest, die ihre Quartiere in den von ihnen besetzten Reichsstädten zum Teil noch bis in das Frühjahr 1627 behielten.⁴⁸⁰ Einem Großteil der schwä-

 Vgl. OeStA HHStA Wien: RK Reichsakten in genere Fz. 73 (Anm. 384), fol. 192r–198v.  Zitiert gemäß der „Instruction zue dem Craißtag naher Ulm uff den 25. Junii 1626“, HStASt: C 9 Bü. 221 (Anm. 473), Nr. 52b, o.O., 21. Juni 1626, unfol.  Es handelte sich um Einheiten des wallensteinschen Obristen Herzog Franz Albrecht von Sachsen-Lauenburg, die zumindest nach Darstellung ihres Kommandeurs eigentlich für die Niederschlagung des oberösterreichischen Bauernaufstands bestimmt gewesen waren, vgl. Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53) S. 435 – 438.  Die Kautionsstellung von 1625 ist dokumentiert in HStASt: C 9 Bü. 221 (Anm. 473), Nr. 76, Günzburg, 4./14. August 1625, unfol.  Vgl. hierzu den Originalabschied des Ulmer Kreistags von 1625 in HStASt: C 9 Bü. 563 (Anm. 474), Nr. 64, Ulm, 21./31. Juli 1625, unfol.  Vgl. Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 438.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

bischen Kreisstände blieb zwar noch die direkte Besetzung durch kaiserliche Soldateska erspart, darunter auch Württemberg, das sich wieder geflissentlich bemühte, die zugesagten 20 Römermonate zu entrichten.⁴⁸¹ Doch den vier okkupierten und bald unter Nahrungsmangel leidenden Reichsstädten war damit nicht geholfen.⁴⁸² Für sie war das Kalkül, sich durch die Zahlung von Kreishilfen von weitergehenden Kriegsbelastungen freikaufen zu können, letztlich nicht aufgegangen. Ab der Mitte der 1620er Jahre teilten dieses Schicksal auch unzählige weitere Stände anderer Reichskreise, da Einquartierungen und Durchmärsche von Ligatruppen und vor allem auch der neuen gewaltigen kaiserlichen Immediatarmee Wallensteins nach Ausbruch des Niedersächsisch-Dänischen Krieges im ganzen Reich immens zunahmen. Welche finanziellen Kosten und materiellen Schäden dies für die betroffenen Kreisstände nach sich zog und in welch starkem Kontrast diese mit den bis dahin bewilligten Reichskreishilfen standen, soll an dieser Stelle anhand zweier Beispiele aus dem Fränkischen Reichskreis illustriert werden. Die erste Quelle stammt aus der Markgrafschaft Ansbach, die zweite aus der Reichsstadt Nürnberg. In Ansbach wurden im Sommer 1631 im Vorfeld eines fränkischen Kreistags sämtliche finanziellen Belastungen der Markgrafschaft eruiert, die seit 1624 durch Kreissteuerbewilligungen, außerordentliche Kontributionsleistungen und Heeresdurchzüge entstanden waren.

 Zum Schuldenstand der Schwäbischen Kreisstände in Folge der Bewilligung von 1626 vgl. „Copia Mandati Executorialis ad poenam Dupli. Schwäbische Craÿßausschreibender Fürsten contra Restanten. Respiræ 21. November 1628“, unfol., BayHStA: Reichskammergericht 5672/1 (Anm. 188), aus Faszikel I – II separiert ohne Nummer. Ende 1628 beliefen sich demnach die Zahlungsrückstände aller schwäbischen Kreisstände aus den Bewilligungen von 1624 und den bis dahin fälligen Raten von 8 Römermonaten aus der Bewilligung von 1626 auf insgesamt 69.860 fl. 44 kr. 7 d., vgl. ebd.  Vgl. Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 437.

2 Die Kreishilfebewilligungen der 1620er Jahre

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Tabelle 1: „Verzeichnus, was beÿ der Frl. Onolzbachischen Ober=Einnehmerreÿ außgelegt worden, sowoln Ihrer Keÿ: Meÿ: beÿ den Creÿßtägen verwilligten vnd sonsten daneben gereichten Contributionen, wie auch den vorgangenen Durchzügen vffgeloffenen Vncosten de Anno 1624 biß Aug. 1631“⁴⁸³   f.

für . Monat vfm Craißtag zu Nürnberg Anno  bewilligt

  f.

Anno  für Vncosten auf das durchgezogene Kriegs Volckh

  f.

Anno 

  f.

Anno 

  f.

Anno 

  f.

Anno 

  f.

Anno 

  f.

m Anno  ohne die wegen der fünf Monat hinderstelligen Rthaler Keÿ: Con15 tribution vnd den Vncosten vf das auß Italia widerkommen, vnd in Julio vnd Augusto durchzihend Keÿß: Volckh.

Summa   f. außer der Vnderthannen erlittenen Schäden.

Dem Verzeichnis der Ansbacher Steuereinnehmer nach musste die Markgrafschaft im Jahr 1624 lediglich 5 160 fl. an Kontributionskosten aufbringen, was exakt ihrem Anteil an den in jenem Jahr vom Fränkischen Reichskreis bewilligten zehn Römermonaten Türkenhilfe entsprach.⁴⁸⁴ Offenbar hatte der Kaiser in diesem Jahr auf Durchmärsche und Einquartierungen im Ansbacher Territorium verzichtet, so wie im fränkischen Kreisabschied gefordert. Ab 1625 war dies offenbar nicht mehr der Fall, und durchziehende Truppen, entweder ligistisches oder kaiserliches Kriegsvolk, verursachten Unkosten von 16 614 fl., also etwa in dreifacher Höhe der Kreissteuerzahlung des Vorjahrs. In den Folgejahren verursachten Durchzüge und Kontributionszahlungen noch weit höhere Kosten, mit einem Höchststand im Jahr 1628 von 104 665 fl. Insgesamt musste die Markgrafschaft Ansbach von 1625 bis 1630 fast 400 000 fl. aufbringen, ohne in dieser Zeit

 Tabelle gemäß dem „Verzeichnus, was beÿ der Frl. Onolzbachischen Ober=Einnehmerreÿ außgelegt worden, sowoln Ihrer Keÿ: Meÿ: beÿ den Creÿßtägen verwilligten vnd sonsten daneben gereichten Contributionen, wie auch den vorgangenen Durchzügen vffgeloffenen Vncosten de Anno 1624 biß Aug. 1631“, StAN: Markgraftum Brandenburg-Ansbach, Kreistagsakten 68, Nr. 251, fol. 768r.  Gemäß der Reichsmatrikel mussten beide fränkischen Markgrafschaften zusammen pro Römermonat 1.032 fl. aufbringen, vgl. OeStA FHKA: SUS RA 90.1.13 (Anm. 185), hier fol. 1224v. Der halbe Anteile an 10 Römermonaten entsprach demnach den gezahlten 5.160 fl.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

weitere Reichs- oder Kreissteuerbewilligungen eingegangen zu sein oder selbst aktiv am Krieg teilgenommen zu haben. Die materiellen und finanziellen Schäden der Untertanen waren in dieser Auflistung noch nicht einmal enthalten, müssen in Folge von Plünderungen aber immens gewesen sein.⁴⁸⁵ Die tatsächlichen Kriegsbelastungen der einfachen Bevölkerung, die die Abgaben ihrer Obrigkeiten an die kriegführenden Parteien am Ende zu finanzieren hatte, sind letztlich nicht seriös darstellbar, und können an dieser Stelle auch nicht weiter thematisiert werden. Die Ansbacher Kostenrechnung illustriert jedoch eindrucksvoll, welche verheerenden finanziellen Folgen die Kriegsentwicklung nach 1625 selbst für solche Reichsstände mit sich brachte, die weder aktiv Partei im laufenden Kriegsgeschehen ergriffen hatten, noch sich in geographischer Nähe zum eigentlichen Kriegsschauplatz befanden, der sich von 1625 bis 1631 in den Norden des Reiches verlagert hatte.⁴⁸⁶ Die zu entrichtenden Kreissteuern erwiesen sich dabei als geradezu vernachlässigbarer Kostenfaktor: Sie machen in dem entsprechenden Zeitraum im Falle der Markgrafschaft Ansbach nur 5 160 fl. oder 1,3 % der bilanzierten Kontributionsleistungen und Kriegsschäden in Höhe von 396 738 fl. aus. Auch für andere Stände des Fränkischen Reichskreises kann eine immense Diskrepanz zwischen den dem Kaiser bewilligten (Kreis‐)Steuerleistungen und den ab der Mitte der 1620er Jahre tatsächlich zu leistenden Aufwendungen nachgewiesen werden, was in direkten Zusammenhang mit dem Auftreten Wallensteins auf dem Kriegsschauplatz zu bringen ist. So wurde beispielsweise die Reichsstadt Nürnberg schon 1625 und damit unmittelbar nach Bezahlung der Türkensteuerbewilligung des Fränkischen Reichskreises vom Vorjahr durch Wallenstein zu der immensen Kontributionsleistung von 110 000 fl. gezwungen.⁴⁸⁷ Dies entsprach

 Neben dem Verzeichnis der Kreissteuer- und Kontributionsausgaben fertigte die Ansbacher Regierung auch Schadenslisten an, die plünderungsbedingte Verluste der Untertanen aufführten. Ein Beispiel wäre etwa das „Verzeichnus der abgenommenen Pferde“, StAN: Markgraftum Brandenburg-Ansbach, Kreistagsakten 68 (Anm. 483), Nr. 252, o.O., 30. Juli 1631 (nach einer Vorlage von 1628), fol. 770r.  Zur militärischen Entwicklung im Norden des Reiches ab 1625 an Ausführlichkeit wie Detailliertheit unübertroffen: Julius Otto Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg. Bd. 2: Der dänische Krieg 1624– 1626. Magdeburg 1878; ders.: Der niedersächsisch-dänische Krieg. Bd. 3: Der dänische Krieg 1627 bis zum Frieden von Lübeck (1629). Magdeburg 1894.  Wallenstein hatte mit der Einrichtung eines Musterplatzes für mehr als 4.000 Mann auf Nürnberger Gebiet gedroht, vgl. Weigel: Franken im Dreißigjährigen Kriege. Versuch einer Überschau von Nürnberg aus (Anm. 53), hier S. 16. Die tatsächliche Kontributionsleistung der Reichsstadt lag nicht bei 100.000 fl., wie Weigel schreibt, sondern bei 110.000 fl., vgl. OeStA HHStA Wien: RK Reichsakten in genere Fz. 73 (Anm. 384), Kaiserlicher Bescheid für die Stadt Nürnberg, Ödenburg 29. Oktober 1625 (Abschrift), fol. 69r–69v.

2 Die Kreishilfebewilligungen der 1620er Jahre

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umgerechnet mehr als 74 Römermonaten bzw. dem 7,4 fachen der freiwilligen Türkensteuer von 1624.⁴⁸⁸ Erst nach vehementen Protesten und der Absendung eines Gesandten nach Wien konnte die Reichsstadt immerhin von Kaiser Ferdinand II. die Zusicherung erhalten, die Hälfte der gezahlten Summe auf eine künftige Reichshilfe anrechnen zu dürfen, „damit gedachte Statt Nürnberg vorhöchstgenante Khay. May. gndste. affection vnd willfehrigkeit noch verner vnd abzunemen habe“.⁴⁸⁹ Freilich hatte dieser vermeintliche Gnadenbeweis des Kaisers für selbigen auf absehbare Zeit keinerlei praktische Konsequenz, denn zu einer Reichshilfebewilligung hätte es eines Reichstags bedurft, dessen Zustandekommen sich zu diesem Zeitpunkt noch lange nicht abzeichnete. Stattdessen sah sich die Reichsstadt wie auch der Großteil des Fränkischen Reichskreises in den folgenden Jahren beständig weiteren Kontributionsforderungen ausgesetzt. Ab 1626 musste der Reichskreis sogar noch ligistischer und kaiserlicher Soldateska Winterquartiere stellen.⁴⁹⁰ Die beiden hier gewählten Beispiele aus Franken illustrieren zur Genüge, wie sehr die Praxis der Kriegsführung ab der Mitte der 1620er Jahre mit einer Grundforderung sämtlicher Geldbewilligungen durch Reichskreise kollidierte, die die Auszahlung neuer Gelder stets mit der Forderung verbanden, von weiteren Kriegsbelastungen verschont zu werden. Wie ein Blick auf die Einnahmesituation des Augsburger Reichspfennigmeisters Stephan Schmidt verrät, wurden die Kreissteuerbewilligungen des Fränkischen und Schwäbischen Reichskreises aus den Jahren 1624 und 1626 dennoch weitgehend entrichtet:

 Der Reichsanschlag Nürnbergs lag bei 1.480 fl. pro Römermonat, vgl. OeStA FHKA: SUS RA 90.1.13 (Anm. 185), hier fol. 1224v.  Der Vorgang ist dokumentiert in OeStA HHStA Wien: RK Reichsakten in genere Fz. 73 (Anm. 384), Kaiserlicher Bescheid für die Stadt Nürnberg, Ödenburg, 29. Oktober 1625 (Abschrift), fol. 69r–69v.  Vgl. zur Thematik Weigel: Franken im Dreißigjährigen Kriege. Versuch einer Überschau von Nürnberg aus (Anm. 53), insbesondere S. 16 – 23.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

Tabelle 2: Die Einnahmen des Reichspfennigmeisters Stephan Schmidt von 1626 bis 1630 nach Peter Rauscher⁴⁹¹ Rechnungsjahr Fränkischer Reichskreis, Steuerbewilligung über  Römermonate von  (in fl., gerundet)

Schwäbischer Reichskreis, Steuerbewilligungen über  Römermonate von  und  (in fl., gerundet)

Gesamtertrag (in fl.)



 

  (Bewilligung )   (Bewilligung )

 





  (Bewilligung )   (Bewilligung )

 





 (Bewilligung )   (Bewilligung )

 





  (Bewilligung )   (Bewilligung )

 





  (Bewilligung )

 

Gesamtsumme:   fl.

Allerdings nahm das Augsburger Reichspfennigmeisteramt mangels weiterer Bewilligungen in den Jahren 1626 bis 1630 nur noch etwas mehr als 200 000 fl. von fränkischen und schwäbischen Kreisständen ein, aus anderen Reichskreisen kamen gar keine regulären Reichs- oder Kreissteuern mehr.⁴⁹² Das sächsische Reichspfennigmeisteramt in Leipzig verzeichnete nach 1624 ebenfalls rapide sinkende Einnahmen, denn nach Beginn des Niedersächsisch-Dänischen Krieges kamen auch aus dem Norden des Reiches keine weiteren Reichskreisbewilligungen mehr hinzu.⁴⁹³ Reichs- oder Kreishilfen spielten für die Finanzierung der kaiserlichen Kriegsführung vorerst nur noch eine marginale Rolle.

 Die Zahlenangaben sind entnommen bei Rauscher: Nach den Türkenreichstagen. Der Beitrag des Heiligen Römischen Reichs zur kaiserlichen Kriegführung im 17. und frühen 18. Jahrhundert (Anm. 272), S. 445, Tabelle 5.  Reichspfennigmeister Stephan Schmidt verzeichnete noch geringe zusätzliche Einnahmen von der Reichsritterschaft und der Frankfurter Judenschaft, zusammen etwa 50.000 fl., vgl. ebd., S. 445, Tabelle 5.  Die Wiener Hofkammer verbuchte in ihren „Hofzahlamtsbüchern“ für das Jahr 1624 noch 152.411 fl. 26 kr. an Einnahmen und Auszahlungsanordnungen an die Leipziger Reichskasse, zwischen 1625 und 1630 sind es insgesamt nur noch rund 100.000 fl. Vgl. hierzu die Tabelle „Die Einnahmen des Hofzahlamts aus den Reichspfennigmeisterämtern und den direkt an die Hofkammer entrichteten Reichs- und Kreissteuern, 1618 – 1648“ im Anhang dieser Arbeit.

2 Die Kreishilfebewilligungen der 1620er Jahre

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Zwischenfazit Wie sind die Kreissteuerbewilligungen im Reich der 1620er Jahre abschließend zu beurteilen? Inwieweit fungierten die Reichskreise in jenen Jahren in finanzieller Hinsicht tatsächlich als „Reichstagssurrogat“ und welche Chancen und Risiken ergaben sich daraus für die Fortentwicklung der Reichs- und Reichskreisverfassung? Winfried Schulze billigte den Reichskreishilfen während des Langen Türkenkrieges bis 1606 noch zu, dem institutionellen Eigenleben der Reichskreise einen bedeutenden Entwicklungsschub gebracht zu haben, ohne zugleich den Reichstag als zentrale Reichsinstitution in Frage zu stellen.⁴⁹⁴ Einen solchen Effekt möchte Udo Gittel für die Türkensteuerforderungen Kaiser Ferdinands II. in den 1620er Jahren nicht mehr ausmachen: Gestützt auf seine Untersuchungen zum Niedersächsischen Reichskreis kommt Gittel zu folgender Einschätzung: „Aus dem 1593 größtenteils noch aus einer Notsituation ergriffenen Mittel der Kreissonderhilfen war 1624 längst ein Testverfahren für die Durchsetzbarkeit einer Umgestaltung der Reichsverfassung geworden.“⁴⁹⁵ Die Kreissteuerbewilligungen der 1620er Jahre hätten einer Aushöhlung des ständischen Steuerbewilligungsrechts über den Reichstag Vorschub geleistet und eine Entwicklung in Gang gesetzt, an deren Ende „die Kreise zu bloßen administrativen Steuer- und Militärbezirken geworden wären.“⁴⁹⁶ Für diese Interpretation spricht zumindest der Umstand, dass es Kaiser Ferdinand II. im Jahr 1624 gleich in vier verschiedenen Reichskreisen gelungen war, Steuerbewilligungen im Umfang von insgesamt mehreren 100 000 Gulden zu erlangen, ohne einen Reichstag einberufen zu müssen. Noch Kaiser Matthias war mit einer vergleichbaren Initiative weitgehend gescheitert. Ebenso bemerkenswert und in der historischen Forschung bisher nicht erkannt worden ist der Umstand, dass es Ferdinand II. im Nachgang besagter Reichskreisbewilligungen gelang, die Reichsgerichtsbarkeit erfolgreich zur Einklagung von Zahlungsrückständen einzuspannen, was noch im 16. Jahrhundert nur für Reichs-, nicht aber für Kreissteuerbewilligungen möglich gewesen war. Hier deutete sich tatsächlich ein gewisser Wandel im Reichsherkommen an, zumindest in Bezug auf die juristische Handhabung von Kreisbewilligungen. Allerdings scheint es überzogen, mit Bezugnahme auf die Kreishilfen von 1624 von einem „Testverfahren für die Durchsetzbarkeit einer Umgestaltung der Reichsverfassung“ zu sprechen. In nur  Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 219 – 222.  Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 109.  Ebd., S. 109.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

einem einzigen Reichskreis, in Schwaben, konnte sich Ferdinand II. nach Auslaufen der ersten Türkensteuerbewilligung eine weitere Kreishilfe im Jahr 1626 sichern. In anderen Reichskreisen scheint er nicht einmal den Versuch dazu unternommen zu haben.⁴⁹⁷ Allerdings überzogen nach 1625 auch schon neue, in ihrer Größe bis dahin beispiellose Söldnerheere das Reich, deren Kommandeure fortan Zwangskontributionen von verschiedensten Reichs- und Kreisständen in immensem Umfang abpressten und weit höhere Kosten verursachten, als alle bisherigen Steuerbewilligungen durch Reichskreise. Eine kreisständische Mitbestimmung über Zahlungshöhen und -modalitäten, wie sie die Kreistage der Jahre 1624 und 1626 noch ermöglicht hatten, war nun nicht mehr gegeben. Wenn in den 1620er Jahren eine tatsächliche Umgestaltung der Reichsverfassung drohte, dann nicht in Folge der Kreishilfen, sondern der grundlegenden Änderung der kaiserlichen Heerespolitik, die diese neuen gewaltigen Söldnerheere ab etwa 1625 hervorgebracht hatte.

3 Wallenstein und die Ausschaltung des Reichsfinanzsystems 3.1 Wallenstein als Herausforderer des Reichsherkommens Der geradezu revolutionäre Wandel in der kaiserlichen Kriegsführung war untrennbar mit einem Namen verbunden: Albrecht Eusebius von Waldstein, besser bekannt als Wallenstein.⁴⁹⁸

 Rauscher berichtet von einem Gutachten des einflussreichen Präsidenten der Niederösterreichischen Kammer, Seifried Christoph von Breuner, das Anfang 1626 Kaiser Ferdinand II. die Einberufung von Kreistagen als letzten noch gangbaren Weg zur Einwerbung von Geldmitteln im Reich nahelegt, vgl. Rauscher: Reichssachen. Die finanziellen Beziehungen zwischen Kaiser und Heiligem Römischen Reich (1600 – 1740) (Anm. 197), S. 329. Mit Ausnahme der schwäbischen Reichskreisbewilligung von 1626 konnte ich jedoch keine Hinweise für weitere Kreissteuereinwerbungen oder entsprechende kaiserliche Initiativen zwischen 1626 und 1630 finden.  Vgl. hierzu konzise Christoph Kampmann: Albrecht von Wallenstein. Mythos und Geschichte eines Kriegsunternehmers, in: Der Dreißigjährige Krieg. Facetten einer folgenreichen Epoche, hrsg. v. Peter Claus Hartmann (Themen der Katholischen Akademie in Bayern). Regensburg 2010, S. 108 – 127. Zur Person und Biographie Wallensteins: Anton Gindely: Waldstein während seines ersten Generalats im Lichte der gleichzeitigen Quellen, 1625 – 1630. Neudr. der Originalausgabe von 1886. Wien 1972; Hellmut Diwald: Wallenstein. Eine Biographie (Ullstein Buch, Nr. 3120). Frankfurt/M. 1975. Grundlegend zur Thematik ebenfalls Fritz Redlich: The German Military Enterpriser and His Work Force: A Study in European Economic and Social History (VSWG Beihefte, 47/48), 2 Bde. Wiesbaden 1964.

3 Wallenstein und die Ausschaltung des Reichsfinanzsystems

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Der dank seiner bisherigen Kriegsdienste für das Haus Habsburg bereits zum Herzog von Friedland aufgestiegene Wallenstein hatte dem Kaiser im Januar 1625 aus eigener Initiative die Aufstellung und Vorfinanzierung eines neuen Heeres angeboten, das künftig unabhängig vom Ligaheer operieren sollte. Damit bot sich Kaiser Ferdinand II. erstmals seit Kriegsbeginn die Möglichkeit, seine bisherige militärische Abhängigkeit von seinen Verbündeten erheblich zu verringern und damit die seit 1618 andauernde „Phase der geborgten Dominanz“ (Brockmann), in welcher der Kaiser seine militärischen Erfolge vor allem dem Bayernherzog zu verdanken hatte, zu beenden.⁴⁹⁹ Im Gegenzug beanspruchte Wallenstein das Amt eines „Generalissimus“, womit der mit besonders weitreichenden Vollmachten versehene Oberbefehl über die kaiserliche Armee verbunden war.⁵⁰⁰ Nach Annahme seiner Offerte im April 1625 warb der Friedländer gezielt weitere kapitalkräftige „Kriegsunternehmer“ als Obristen an, die wiederum von ihrem Privatvermögen eigene Regimenter aufstellen ließen.⁵⁰¹ Den regulären Unterhalt der auf diese Weise in kurzer Zeit aufgestellten Söldnertruppen sollte dann der Kaiser selbst übernehmen, was Wallenstein auch vertraglich zugesichert wurde.⁵⁰² Inwieweit man am Kaiserhof an eine tatsächliche Realisierbarkeit einer solchen Finanzierungszusage glaubte, muss an dieser Stelle dahingestellt bleiben.⁵⁰³

 Vgl. Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19) S. 206; zur militärpolitischen Neuausrichtung Kaiser Ferdinands ab 1625 mit Hilfe Wallensteins ebd., S. 236 – 249, insbesondere S. 241, Anm. 186. Vgl. ferner auch Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 56 – 65 und ders.: Zweiter Mann im Staat oder Staat im Staat? Zur Stellung Wallensteins in der Administration Kaiser Ferdinands II., in: Der zweite Mann im Staat. Oberste Amtsträger und Favoriten im Umkreis der Reichsfürsten in der Frühen Neuzeit, hrsg. v. Michael Kaiser/Andreas Pečar (ZHF Beihefte, 32). Berlin 2003, S. 295 – 315.  Vgl. Gindely: Waldstein während seines ersten Generalats im Lichte der gleichzeitigen Quellen, 1625 – 1630 (Anm. 498), S. 44– 59.  Vgl. Redlich: The German Military Enterpriser and His Work Force: A Study in European Economic and Social History (Anm. 498), hier S. 171– 178, 271– 287, 295. Zu Parallelen bei der Aufstellung der Ligaarmee Kaiser: Politik und Kriegführung (Anm. 395), S. 63 – 65, zum finanziellen Engagement einzelner Obristen und den damit verbundenen Fragen der Kommandogewalt S. 65 – 71.  Vgl. Moriz Ritter: Das Kontributionssystem Wallensteins, in: Historische Zeitschrift 90 (1903), S. 193 – 249, hier S. 209 f.; Redlich: The German Military Enterpriser and His Work Force: A Study in European Economic and Social History (Anm. 498), hier S. 229 f.  Wallenstein drohte im Lauf des Jahres 1626 mehrfach mit Rücktritt von seinen Ämtern, sollte der Kaiser seinen finanziellen Zusagen nicht besser nachkommen, vgl. Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 58. Die heftigen Dispute Wallensteins mit dem Kaiserhof über Finanzfragen sind ein Indiz dafür, dass sich Wien tatsächlich nicht der finanziellen Folgen des wallensteinschen Heeresplans bewusst war und nicht zwingend schon von Anfang an den Aufbau eines „Kontributionssystems“ im Reich beabsichtigte; vgl. hierzu auch

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

Jedenfalls konnte Ferdinand II. seinen Verpflichtungen gegenüber der Armee angesichts seiner desolaten Finanzlage von Anfang an kaum nachkommen. Die zwischenzeitlich aus einigen Reichskreisen erhaltenen Bewilligungen vermochten daran wenig zu ändern, denn die Armee Wallensteins verschlang rasch gewaltige Unsummen – angeblich 8 Mio. Gulden innerhalb der ersten vier Jahre ihres Bestehens.⁵⁰⁴ Zur Entschädigung Wallensteins und anderer hoher Militärs konnte der Kaiser zwar auf die für ihn weitgehend kostenneutralen Mittel der Standeserhöhung und Übereignung konfiszierter Besitzungen von Kriegsgegnern zurückgreifen, der Unterhalt der gemeinen Soldaten war damit aber nicht gesichert.⁵⁰⁵ Vor diesem Hintergrund begannen der kaiserliche Generalissimus und seine Obristen vor allem ab 1626 eine rasch zunehmende Anzahl an Reichsterritorien unabhängig ihrer Bündniszugehörigkeit oder Konfession unter Einsatz von Drohungen oder gar offener militärischer Gewalt zu umfangreichen Abgaben zur Heeresfinanzierung heranzuziehen.⁵⁰⁶ Die umfangreichen Kontributionseinwerbungen ermöglichten wiederum einen raschen Ausbau der Armee, die schon 1627 eine Gesamtstärke von über 100 000 Mann überschritten haben dürfte.⁵⁰⁷ Wallenstein war keineswegs der erste Heerführer seit Ausbruch des Krieges, der auf Zwangskontributionen zum Unterhalt seiner Armee zurückgriff, allerdings professionalisierte und perfektionierte er die Organisation der Abgabeneintreibung auf eine Art und Weise, wie es sie bisher noch nicht gegeben hatte, was Moriz Ritter dazu veranlasste, von einem wallensteinschen „Kontributionssystem“ zu

Redlich: The German Military Enterpriser and His Work Force: A Study in European Economic and Social History (Anm. 498), S. 229.  Vgl. Michael Hochedlinger: „Onus militare“. Zum Problem der Kriegsfinanzierung in der frühneuzeitlichen Habsburgermonarchie 1500 – 1750, in: Kriegführung und Staatsfinanzen. Die Habsburgermonarchie und das Heilige Römische Reich vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Ende des habsburgischen Kaisertums 1740, hrsg. v. Peter Rauscher (Geschichte in der Epoche Karls V., Bd. 10). Münster 2010, S. 81– 136, hier 100.  Zur Entschädigungsproblematik vgl. Redlich: The German Military Enterpriser and His Work Force: A Study in European Economic and Social History (Anm. 498); Kampmann: Reichsrebellion und kaiserliche Acht (Anm. 366), S. 71– 98; Steffen Leins: Das Prager Münzkonsortium 1622/23. Ein Kapitalgeschäft im Dreißigjährigen Krieg am Rand der Katastrophe. Münster (Westf.) 2012, S. 31– 39, 111– 116; Zur Verleihung des Herzogtums Mecklenburg an Wallenstein als Siegeslohn und zur Kompensation finanzieller Forderungen vgl. Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 293 – 302; Heinrich Schnell: Mecklenburg zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges 1603 – 1658 (Mecklenburgische Geschichte in Einzeldarstellungen, 10). Berlin 1907, S. 52– 67.  Vgl. u. a. Kampmann: Reichsrebellion und kaiserliche Acht (Anm. 366), S. 78 f.  Vgl. Hochedlinger: „Onus militare“. Zum Problem der Kriegsfinanzierung in der frühneuzeitlichen Habsburgermonarchie 1500 – 1750 (Anm. 504), S. 100 f.

3 Wallenstein und die Ausschaltung des Reichsfinanzsystems

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sprechen.⁵⁰⁸ Bisher war es unter den Reichsständen lediglich üblich gewesen und im Reichsherkommen verankert, durchziehenden Söldnern das sogenannte „Servis“ zu gewähren, das in der kostenfreien Bereitstellung von Feuerholz, Salz und Quartieren bestanden hatte, nicht aber aus Bargeldzahlungen, geschweige denn der vollständigen Übernahme der Besoldung, die stets der eigentliche Kriegsherr zu tragen hatte.⁵⁰⁹ Die von Wallenstein praktizierte Kriegsfinanzierung, die letztendlich sämtliche materiellen und finanziellen Lasten des Truppenunterhalts den reichsständischen Territorien und ihren Untertanen aufbürdete, war dann doch ein Novum und entsprach in keiner Weise dem bisher in Kriegszeiten üblichen Vorgehen im Reich. Neben der Heeresfinanzierung verstieß auch die wallensteinsche Feldzugsplanung und Kriegsführung nur allzu oft gegen das Reichsrecht, das mit der Reichsexekutionsordnung von 1555 ein klares Prozedere zur Durchführung von Truppendurchzügen vorsah.⁵¹⁰ Zwar sind durchaus Fälle nachweisbar, in denen Wallenstein den Durchmarsch seiner Armee rechtzeitig einem zuständigen Kreisobristen anzeigte und für einen zügigen und disziplinierten Durchzug sorgte oder entstandene Schäden erstatten ließ.⁵¹¹ Aber angesichts einer überwältigenden Fülle von Vorwürfen verschiedener Reichsstände über rücksichtsloses Vor-

 Grundlegend zur Thematik Ritter: Das Kontributionssystem Wallensteins (Anm. 502); vgl. auch Kampmann: Albrecht von Wallenstein. Mythos und Geschichte eines Kriegsunternehmers (Anm. 498), insbesondere S. 117– 119. Tatsächlich hatte das Heer der Liga bereits seit 1623 Zwangskontributionen im größeren Stil in besetzten Gebieten eintreiben lassen, vgl. Kaiser: Politik und Kriegführung (Anm. 395), S. 121. Zur Plünderungspraxis in feindlichen Gebieten seit Kriegsbeginn Redlich: The German Military Enterpriser and His Work Force: A Study in European Economic and Social History (Anm. 498), S. 359 – 364.  Vgl. Kersten Krüger: Kriegsfinanzen und Reichsrecht im 16. und 17. Jahrhundert, in: Krieg und Frieden. Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, hrsg. v. Bernhard Kroener/Ralf Pröve. Paderborn 1996, S. 47– 57, insbesondere S. 56 f. Zum „Servis“ vgl. Redlich: The German Military Enterpriser and His Work Force: A Study in European Economic and Social History (Anm. 498), S. 219; Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 35, 58.  Exemplarisch sei an dieser Stelle auf den Abschied eines engeren Kreiskonvents des Fränkischen Reichskreises in Haßfurt vom 9./19. Juni 1627 verwiesen. Der Konvent befasste sich hauptsächlich mit entsprechenden Vorwürfen gegen kaiserliche Truppen, vgl. Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 177– 179.  Vgl. etwa HStASt: C 9 Bü. 221 (Anm. 473), Nr. 76, Quittung der Kriegsräte des Schwäbischen Reichskreises über die Entgegennahme von 700 Dukaten vom spanischen Offizier Giulio Cerarola für Durchmarschkosten, Günzburg, 4./14. August 1625.

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gehen der kaiserlichen Armee dürfte eigenmächtiges bis skrupelloses Vorgehen des Friedländers keine Seltenheit gewesen sein.⁵¹² Doch gerade ein solch eigenmächtiges Agieren, das militärstrategisches Kalkül über politische Rücksichtnahme stellte, widersprach dem Kerngedanken der Reichsexekutionsordnung und der Reichskreisverfassung, die eine weitreichende reichsständische Partizipation in zentralen Fragen militärischer Operationen im Reich vorschrieb. Die kaiserliche Kriegsführung stand somit auf reichsrechtlich tönernen Füßen.

3.2 Der Kurfürstentag von Regensburg 1630 und die „Chiffre“ Wallenstein Infolgedessen geriet die kaiserliche Kriegsführung nach der Mitte der 1620er Jahre unter den Reichsständen konfessionsübergreifend zunehmend in schwere Kritik, und sie strapazierte bald auch die Beziehungen zwischen dem Kaiser und seinen bisherigen Verbündeten im Reich. Dies galt auch für das Verhältnis Ferdinands II. zu den vier katholischen Kurfürsten. Diese forderten den Habsburger schon im April 1627 in einem gemeinsamen Schreiben dazu auf, Wallenstein trotz des laufenden Krieges gegen Dänemark im ganzen Reich Neuanwerbungen von Soldaten zu verbieten.⁵¹³ Sie warfen dem kaiserlichen Generalissimus vor, der katholischen Sache wenig Nutzen zu bringen, zugleich aber Unfrieden im ganzen Reich zu sähen und allerorts massive Schäden zu verursachen. Der Mainzer Kurfürst verstieg sich dabei sogar zu der Behauptung, sein Kurfürstentum müsse unter der Präsenz der wallensteinschen Soldateska leiden, wie es „meines Erzstiffts angehorige Vnderthanen nit ärger vom feind selbsten noch niemals zugestanden“.⁵¹⁴ Des Weiteren sei „beÿ den Obristen vnd officieren aller respect verlohren, dieselbe einen solchen bösen

 Vgl. hierzu grundlegend Gindely: Waldstein während seines ersten Generalats im Lichte der gleichzeitigen Quellen, 1625 – 1630 (Anm. 498), insbesondere S. 128 – 151; konzise unter anderem auch Kampmann: Reichsrebellion und kaiserliche Acht (Anm. 366), S. 108 – 115. Christoph Kampmann beschreibt Wallenstein als einen im Grunde eher unpolitischen Feldherren, der jedoch in geradezu eifersüchtiger Art und Weise darauf bedacht war, seine militärische Machtposition und Unabhängigkeit in militärischen Entscheidungen zu bewahren und auszubauen, was nicht nur gegenüber den Reichsständen, sondern auch dem Kaiser selbst galt. Vgl. Kampmann: Albrecht von Wallenstein. Mythos und Geschichte eines Kriegsunternehmers (Anm. 498), hier S. 115, 119.  Vgl. OeStA HHStA Wien: MEA Militaria 8, Subfasz. 3, Die vier katholischen Kurfürsten Georg Friedrich, Philipp Christoph, Ferdinand und Maximilian an Kaiser Ferdinand II., 20. April 1627 (Konzept), fol. 6r–9v.  Ebd., Subfasz. 3, fol. 7v–8r.

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eÿffer gegen die getreue vnd gehorsame Stende des Reichs vermecken lassen vnd dieselbe mehr als andere betrangen“.⁵¹⁵ Je länger die Truppen Wallensteins im Reich standen, desto mehr häuften sich derartige Anschuldigungen. Der Kaiser reagierte darauf immer wieder mit der Zusicherung, entsprechende Missstände baldigst abzustellen und seiner Armee diesbezügliche Anweisungen zu erteilen, aber an der Kriegsführung seines weitgehend autonom agierenden Generalissimus änderte sich letztlich wenig.⁵¹⁶ Doch sowohl die konfessionspolitische wie auch die militärische Entwicklung innerhalb des Reiches und die darüber hinausgehenden europaweiten Verwicklungen der Habsburger gestatteten es dem Kaiser nicht, auf die Unterstützung seiner bisherigen Verbündeten im Reich gänzlich zu verzichten. Mit dem Erlass des Restitutionsedikts im März 1629 schien Kaiser Ferdinand II. zwar einen Weg gefunden zu haben, seine militärische Vormacht im Reich in längerfristigen konfessionspolitischen und territorialen Gewinn umwandeln zu können, brachte damit aber selbst die gemäßigten, bisher kaisertreuen lutherischen Reichsstände gegen sich auf.⁵¹⁷ Die Exekution des Edikts war nur mit militärischen Zwangsmaßnahmen möglich, die wiederum ein hohes Risiko einer erneuten kriegerischen Eskalation im Reich mit sich brachten. Gleichzeitig drohte eine Verwicklung des Kaisers in die vielfältigen militärischen Unternehmungen seiner spanischen Verwandtschaft, die sowohl in den Niederlanden wie auch in Oberitalien Krieg führte. Dies alles führte maßgeblich dazu, dass sich in Wien trotz eines zwischenzeitlich erfolgten Friedensschlusses mit Dänemark am Ende der 1620er Jahre die Einschätzung durchsetzte, dass man auf die bisherigen Verbündeten im Reich, allen voran die Katholische Liga, keineswegs verzichten konnte. Wollte sich Ferdinand II. deren Unterstützung auch in den bevorstehenden möglicherweise militärischen Auseinandersetzungen mit

 Ebd., Subfasz. 3, fol. 9v.  Es sind dutzende kaiserliche Vertröstungsschreiben an von Wallenstein geplagte Reichsstände nachweisbar. Ein Beispiel wäre OeStA HHStA Wien: MEA Militaria 10, Subfasz. 1, Kaiser Ferdinand II. an Anselm Casimir von Mainz, Regensburg, 1. Juli 1630, fol. 3r – 3v. Ferdinand gab hierin sein Wort, dass bei Durchzügen die Reichskonstitutionen in Acht genommen würden. Durchzüge seien von ihm nur noch mit Marschkommissaren und bei Voranmeldung bei den entsprechenden Kreisobristen gestattet worden. Zur Bekräftigung der Verbindlichkeit seiner Erklärung setzte Ferdinand II. noch eigenhändig den Halbsatz „weilen hirmit mein Wortt vnd Versprechen gegen [die] Churfürsten vnd andern Catholischen Ständten interessiert“ unter das Dokument, Zitat fol. 3v (mit dem Randvermerk „Ir Kay: Mtt: von aigener handt“).  Zum Erlass des Restitutionsedikts zuletzt Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 359 – 388; vgl. allgemein auch Michael Frisch: Das Restitutionsedikt Kaiser Ferdinands II. vom 6. März 1629. Eine rechtsgeschichtliche Untersuchung (Jus ecclesiasticum, Bd. 44). Tübingen 1993. Eine Edition des Edikts findet sich ebd., S. 183 – 194.

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protestantischen Reichsständen im Zuge der Exekution des Restitutionsedikts sicher sein, konnte er die Beschwerden der politischen Führer der Liga nicht dauerhaft ignorieren.⁵¹⁸ So widersetzte er sich auch nicht, als die Ligafürsten unter Führung von Kurmainz und Kurbayern an ihn mit der Bitte herantraten, zur Beratung der drängendsten Probleme im Reich einen Kurfürstentag nach Regensburg auszuschreiben und sagte sogar seine persönliche Teilnahme zu.⁵¹⁹ Damit konnte im Juli 1630 eine der bedeutendsten politischen Versammlungen auf Reichsboden seit Beginn des Krieges zusammentreten.⁵²⁰ Neben dem Kaiser waren auch die katholischen Kurfürsten persönlich nach Regensburg gereist, nicht aber ihre protestantischen Standesgenossen aus Sachsen und Brandenburg. Die letztgenannten beiden Kurfürsten nahmen mit Verweis auf die fortdauernde Präsenz großer fremder Truppenkontingente entlang ihrer Landesgrenzen lediglich mit Gesandten an den Verhandlungen teil.⁵²¹ Die anlässlich der Eröffnung des Konvents verlesene kaiserliche Proposition ließ bereits klar erkennen, was sich der Kaiser von den Regensburger Beratungen im Ergebnis erhoffte: Das oberste Verhandlungsziel war die Sicherstellung der kurfürstlichen „Assistenz“ in allen fortwährenden militärischen Konflikten. Im Idealfall sollte zwar ein Universalfrieden geschlossen werden, wäre dies jedoch nicht zu erreichen, so die Proposition, sei „eine rechtschaffene coniunction und veranlessige einigung gegen alle eußere- und innerliche fridensstörer“ von Kaiser und Reich in allen andauernden und künftigen Auseinandersetzungen anzu-

 Zur relativ prekären Machtposition Kaiser Ferdinands II. im Vorfeld des Regensburger Kurfürstentags vgl. Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 389 f.  Zur Vorbereitung des Kurfürstentags vgl. Franz Brendle: Der Erzkanzler im Religionskrieg. Erzbischof Anselm Casimir Wambold von Umstadt, Kurmainz und das Reich 1629 – 1647 (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte, 155). Münster 2009, S. 125 – 128. Zum Entstehungsprozess der Proposition vgl. ferner Dieter Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. Neue Folge 2.5 (Die Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618 – 1651). Wien/München 1964, S. 367– 383 (Nr. 146 und 147).  Von der mittlerweile umfangreichen Literatur zum Regensburger Kurfürstentag von 1630 und dem dortigen Verhandlungsgeschehen seien an dieser Stelle genannt: Mit Fokus auf die Verhandlungsführung und politischen Ziele des Kaisers Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 389 – 446. Zu den Verhandlungen aus Sicht Maximilians von Bayern Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 733 – 760, mit Fokus auf den Einfluss der Ligapolitik Kaiser: Politik und Kriegführung (Anm. 395), S. 279 – 302. Zur Haltung der drei geistlichen Kurfürsten auf dem Kurfürstentag Brendle: Der Erzkanzler im Religionskrieg (Anm. 519), S. 125 – 200. Zum allgemeinen Charakter des Kurfürstentags konzise: Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 370 – 377, 716 – 719.  Vgl. ebd., S. 372. Vgl. auch Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 411. (Nr. 164).

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streben.⁵²² Letzteres zielte nicht nur auf ein größeres Engagement des Reiches im Mantuanischen Erbfolgekrieg ab. Ebenso sollten das Reich und seine Kurfürsten in der bereits absehbaren militärischen Auseinandersetzung des Kaisers mit Gustav II. Adolf von Schweden, dessen Angriffsvorbereitungen in Wien zu diesem Zeitpunkt schon längst bekannt waren, einen Beitrag leisten.⁵²³ Dazu benötigte Kaiser Ferdinand II. allerdings entsprechende Beschlüsse des Kurfürstentags, die künftigen kaiserlichen Unterstützungsforderungen an das Reich und seine Stände Legitimität verschafften. Von kurfürstlicher Seite wurde der Hauptzweck der Regensburger Verhandlungen allerdings völlig anders definiert. Schon vor Beginn des Konvents hatten sich die beiden einflussreichsten katholischen Mitglieder des Kurkollegs, Kurbayern und Kurmainz, in Geheimverhandlungen darauf verständigt, vor allen weiteren Zusagen an den Kaiser eine umgehende Abberufung Wallensteins zur Vorbedingung zu machen.⁵²⁴ Einen solchen Tagesordnungspunkt hatte die kaiserliche Proposition gar nicht aufgeführt. Hier war lediglich von einer möglichen Heeresreform die Rede, über die bezeichnenderweise auch erst als letzter Beratungspunkt gesprochen werden sollte – an einen grundlegenden „Systemwechsel“ (Dieter Albrecht)⁵²⁵ in der kaiserlichen Militärpolitik war nicht gedacht.⁵²⁶ Doch gerade darauf zielte die kurfürstliche Forderung nach Entlassung Wallen-

 Zur Proposition vom 3. Juli 1630 vgl. ebd., S. 437 f., Zitat 438.  Vgl. Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 390 – 392, 395. Zu den Hintergründen des schwedischen Kriegseintritts vgl. Johannes Burkhardt: Warum hat Gustav Adolf in den Dreißigjährigen Krieg eingegriffen? Der Schwedische Krieg 1630 – 1635, in: Der Dreißigjährige Krieg. Facetten einer folgenreichen Epoche, hrsg. v. Peter Claus Hartmann (Themen der Katholischen Akademie in Bayern). Regensburg 2010, S. 94– 106, zu den Invasionsplänen des Königs seit 1627 vor allem S. 98. Zum militärischen Geschehen von der Landung Gustav Adolfs bis zur Schlacht von Breitenfeld ausführlich Kaiser: Politik und Kriegführung (Anm. 395), S. 303 – 445.  Zu den Verhandlungen des kurbayerischen Gesandten Bartholomäus Richel mit Kurmainz Anfang Mai 1630 vgl. Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 369 – 373.  Vgl. Dieter Albrecht: Richelieu, Gustav Adolf und das Reich. München, Wien 1959, S. 31. Vgl. allgemein auch ders.: Der Regensburger Kurfürstentag 1630 und die Entlassung Wallensteins, in: Regensburg. Stadt der Reichstage. Vom Mittelalter zur Neuzeit, hrsg. v. Dieter Albrecht (Schriftenreihe der Universität Regensburg, 21). Regensburg 1994, S. 88 – 108.  Im Protokoll der kaiserlichen Räte vom Kurfürstentag wurde die Heeresthematik dann auch nicht unter den „Hauptt Puncta der Proposition“ vermerkt, denen die eigentliche Präferenz aller Gespräche gelten sollte.Vgl. Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 392 mit den Quellenverweisen in Anm. 419. Die kaiserliche Proposition aus insgesamt sechs Einzelpunkten vom 3. Juli 1630 ist in regestenhafter Form mit Einzelzitaten ediert bei Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 437 f.

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steins im Kern ab, denn die Person des Generalissimus war schon längst zu einer Chiffre für die gesamte kaiserliche Armee und das sie finanzierende Kontributionssystem geworden.⁵²⁷ Dementsprechend hatte die zuvor von kurfürstlicher Seite geäußerte heftige Kritik an Wallenstein in Wirklichkeit auch der gesamten kaiserlichen Kriegsführung und dem sie letzten Endes zu verantwortenden Kaiser gegolten, auch wenn direkte Vorwürfe an Ferdinand II. nicht offen geäußert wurden.⁵²⁸ Die Invasion schwedischer Truppen auf der Insel Usedom wenige Tage nach Beginn des Regensburger Kurfürstentags änderte an der Kritik der Kurfürsten am kaiserlichen Heer nichts. Der offene Kriegseintritt Schwedens und das sofortige offensive Vorgehen des schwedischen Heeres im Norden des Reiches führten lediglich dazu, dass jegliche Überlegungen zur Herbeiführung eines Universalfriedens auf dem Kurfürstentag gar nicht erst zur Sprache kamen, zumal noch weitgehende Unklarheit über die tatsächlichen Absichten des Schwedenkönigs herrschte. Stattdessen erhoben die katholischen Kurfürsten unter Führung Maximilians von Bayern die Wallensteinfrage und die mit ihr verbundene Heeresreform bereits ab der ersten Sitzung zur dominierenden Thematik der Versammlung.⁵²⁹ Dazu überreichten die Kurfürsten von Bayern und Mainz persönlich dem ebenfalls in Person anwesenden Kaiser unmittelbar nach Tagungsbeginn am 17. Juli eine entsprechende Erklärung.⁵³⁰ Das Schreiben begann mit einer ein-

 Vgl. Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 396 – 405. Zum vergleichbaren Phänomen im Zusammenhang mit Tilly als Chiffre für den Führungszirkel der Ligaarmee, Kaiser: Politik und Kriegführung (Anm. 395), S. 54, Anm. 193.  So betonte beispielsweise der Mainzer Kurfürst anlässlich der Übergabe einer Beschwerdeschrift an Kaiser Ferdinand II. ausdrücklich, man wolle keinesfalls das Reichsoberhaupt kritisieren, „sondern es seynd solche schwere Klagen gegen und wider dero Feld-Hauptmann, als welcher der Armaden commandiret und die unmittelbare direction dabei führet, gemeynet“, zitiert nach Brendle: Der Erzkanzler im Religionskrieg (Anm. 519), S. 152.  Vgl. Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 393, 405 – 423, zur Entscheidung der Kurfürsten in ihrer ersten Sitzung am 08. Juli 1630, die Heeresreform allen anderen Punkten der kaiserlichen Proposition vorzuziehen, vgl. Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 440 f.  Vgl. ebd., S. 455 – 459. Die kurfürstliche Erklärung auf die kaiserliche Proposition findet sich in Michael Caspar Lundorp: Der Römischen Kayserlichen Majestät Und Deß Heiligen Römischen Reichs Geist- und Weltlicher Stände, Chur- und Fürsten, Grafen, Herren und Städte Acta Publica Und Schrifftliche Handlungen, Außschreiben, Sendbrieff, Bericht, Unterricht […] so in Friedensund Kriegszeiten gegeneinander ergangen und gewechselt. Darinnen fürnemlich Was auff unterschiedlichen Reichs-, Wahl-, Churfürstlichen Collegial-, Deputations- und Creyß-Tägen wie auch andern Conventen und sonsten von Anno 1629. biß Anno 1641., sowol inn- als ausserhalb Teutschlands in Schrifften verhandelt worden zu befinden (4). 4. Aufl. Frankfurt am Main 1668,

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dringlichen Schilderung einer moralisch und sittlich verkommenen Welt, deren bisherige Ordnung aus den Fugen geraten sei, woran vor allem die kaiserliche Soldateska die Hauptschuld trage.⁵³¹ Die Kurfürsten selbst stilisierten sich als die Repräsentanten und Bewahrer einer älteren, besseren Ordnung mit einer klaren ständischen Hierarchie, in der die kurfürstliche Präeminenz ein wesentliches Strukturmerkmal sei und erst die Dignität des Kaiseramtes selbst begründe: „Die Hauptseulen/ und Ihrer Kays. Maj. fast vornemste Glieder/ von welchen die Kayserliche Dignität und Scepter Kayserlichen hocherhebten Stands und Gewalts herrührt/ die Churfürsten/ seynd fast alles Ansehens und Respects beraubt/ müssen sich des Kriegs Commendanten/ so ihnen Stands halben nicht zu vergleichen/ unterwerfen;“⁵³² Das Kurkolleg und das Reichsoberhaupt seien demnach eine Schicksalsgemeinschaft, die ohne die Wahrung von „hochheit, Ehr, praeeminenz, praecedenz“ der Kurfürsten scheitern müsse.⁵³³ Ein Zerfall der ständischen Ordnung sei nur zu verhindern, wenn der Geringschätzung des Herkommens⁵³⁴ und des alten (Reichs‐)Rechts durch die kaiserliche Armee wallensteinscher Prägung ein rasches Ende bereitet werde,

S. 52– 55. Vgl. auch Albrecht: Der Regensburger Kurfürstentag 1630 und die Entlassung Wallensteins (Anm. 525), S. 98 f.  „Einmal ist der Dienst und die Ehre Gottes fast allenthalben nicht nur aus der Kirchen/ sondern auch auß Augen und Hertzen der Leut/ dargegen Schand und Laster/ so bey den alten frommen Teutschen auch nicht bekannt gewesen/ haben überhand genommen;“ des Weiteren forderten die Kurfürsten zur „Abwendung derer auß dem leydigen Krieg erfolgender unfehlbarer Unordnung“ eine Lösung, die unbedingt „den Reichssatzungen gemäß erachtet werden möchte“. Schließlich sei man in „den elenden Zustand/ darinnen sich das Reich jetzund befindet/ […]vornehmlich durch üble Kriegsadministration gestürtzt worden“. Zitate nach Lundorp: Der Römischen Kayserlichen Majestät Und Deß Heiligen Römischen Reichs Geist- und Weltlicher Stände, Chur- und Fürsten, Grafen, Herren und Städte Acta Publica Und Schrifftliche Handlungen, Außschreiben, Sendbrieff, Bericht, Unterricht […] so in Friedens- und Kriegszeiten gegeneinander ergangen und gewechselt (Anm. 530), S. 53 f.  Zitat nach ebd., S. 53.  So die pointierte Formulierung in einem Kollegialschreiben der Kurfürsten an den Kaiser vom 19. Juli 1630, zitiert nach Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 371.Vgl. zur Thematik die weiteren Ausführungen bei ebd., S. 370 – 377, 711– 723.  Zur Berufung auf „altes Herkommen“ zur Rechtfertigung politischen Widerstands im 17. Jahrhundert vgl. Arno Strohmeyer: Konfessionskonflikt und Herrschaftsordnung. Widerstandsrecht bei den österreichischen Ständen (1550 – 1650) (Beiträge zur Sozial- und Verfassungsgeschichte des Alten Reiches, Nr. 16). Mainz 2006, S. 99 – 102, 184– 186, 302– 316, hier untersucht am Beispiel der österreichischen Landstände unter den Kaisern Rudolf II., Matthias und Ferdinand II.

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weshalb alle in dieser Hinsicht verfehlten Entwicklungen der letzten Jahre rückgängig zu machen seien.⁵³⁵ Als ersten Schritt zur Rückkehr zu geordneten Verhältnissen im Reich forderten die Kurfürsten die umgehende Ersetzung Wallensteins durch einen neuen kaiserlichen Oberbefehlshaber. Dieser müsste von Anfang an auf die Reichskonstitutionen vereidigt werden und auf seinen Feldzügen verpflichtet sein, „nicht eben alles absolutè zu disponiren und zu dominiren (weil solches im Reich nicht herkommen noch zulässig)“ und nach Möglichkeit stets mit allen Kurfürsten Rücksprache zu halten, wenigstens aber mit demjenigen, dessen Residenz dem jeweiligen Operationsgebiet am nächsten liege.⁵³⁶ Freilich ließ sich die kaiserliche Seite auf derart weitreichende Forderungen nicht umgehend ein, doch nach rund zweiwöchigen Diskussionen innerhalb des engsten Beraterkreises Ferdinands II. war die Mehrzahl der kaiserlichen Räte davon überzeugt, dass Wallenstein und seine Art der Kriegsfinanzierung keine Zukunft mehr haben konnten. In einem Gutachten für den Kaiser stellten sie die Stellung Habsburgs im Reich als hochgradig gefährdet dar, da die bisherige Kontributionspraxis der kaiserlichen Armee die Reichsstände konfessionsübergreifend gegen ihr eigentliches Oberhaupt aufwiegeln würde, so dass für die nahe Zukunft nicht einmal mehr eine „hochgefehrlichiste Coniunction, auch der Catholischen mit den Vncatholischen“ ausgeschlossen werden könne.⁵³⁷ Der Kaiser sei

 Im Lauf der Verhandlungen mit kaiserlichen Unterhändlern erklärten die Kurfürsten dann auch gegenüber dem Kaiser, ihre Beschwerden hätten „vielmehr und vornemlich auff diejenigen Excess und Unordnungen gezielet/ so bey der Direction und Außtheilung der Ordinantien/ so dann dem modo militiae sich häuffig befinden/ und das Heilige Römische Reich am härtesten drucken“, Zitat nach der bei Lundorp edierten Duplik der Kurfürsten vom 29. Juli 1631 auf die Replik des Kaisers vom 20. Juli, Lundorp: Der Römischen Kayserlichen Majestät Und Deß Heiligen Römischen Reichs Geist- und Weltlicher Stände, Chur- und Fürsten, Grafen, Herren und Städte Acta Publica Und Schrifftliche Handlungen, Außschreiben, Sendbrieff, Bericht, Unterricht […] so in Friedensund Kriegszeiten gegeneinander ergangen und gewechselt (Anm. 530), S. 61– 65, hier S. 62; vgl. hierzu auch Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 462– 471, insbesondere S. 469 Anm. 2.  Der Text der kurfürstlichen Erklärung auf die kaiserliche Proposition findet sich in Lundorp: Der Römischen Kayserlichen Majestät Und Deß Heiligen Römischen Reichs Geist- und Weltlicher Stände, Chur- und Fürsten, Grafen, Herren und Städte Acta Publica Und Schrifftliche Handlungen, Außschreiben, Sendbrieff, Bericht, Unterricht […] so in Friedens- und Kriegszeiten gegeneinander ergangen und gewechselt (Anm. 530), S. 52– 55, Zitat S. 55.  Der Verfasserkreis des Memorials ist nicht abschließend geklärt, im erhaltenen Protokoll der entscheidenden Konferenz des Kaisers mit seinen Räten vom 5. August ist lediglich von „Confidenten“ und Reichshofräten die Rede. Vgl. hierzu ausführlich Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 398, Anm. 437. Zitat nach ebd., S. 400.

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schlicht nicht in der Lage, sich länger gegen den „Consensus totius Corporis Romani Imperii“ zu behaupten.⁵³⁸ Ferdinand II. und sein Beraterkreis waren sich demnach während des Regensburger Kurfürstentags weitgehend im Klaren, wie prekär die Stellung Habsburgs im Reich trotz der zuletzt errungenen militärischen Siege immer noch war. Infolgedessen ließ sich der Kaiser im Lauf der weiteren Verhandlungen mit den Kurfürsten schließlich auf eine Entlassung Wallensteins und eine tiefgreifende Heeresreform ein, forderte im Gegenzug aber Finanzierungsvorschläge zum künftigen Unterhalt seiner Armee ein, um dem Angriff Gustav Adolfs entgegentreten zu können.⁵³⁹

3.3 Reichskreisbewilligungen als Ersatz des Wallensteinschen Kontributionssystems Wie eine „bessere Ordnung in personalibus & realibus“ des Kriegswesens im Reich im Konkreten aussehen sollte, war indes auch unter den Kurfürsten umstritten. Das Kurfürstenkolleg war in dieser Frage in zwei Lager gespalten, deren Zusammensetzung mit den konfessionellen Trennlinien korrelierte.⁵⁴⁰ Die protestantischen Kurfürsten Sachsens und Brandenburgs, die nur mit Gesandten am Kurfürstentag vertreten waren, verweigerten sich mit Verweis auf das Restitutionsedikt vorerst weiteren Gesprächen über eine finanzielle oder materielle Unterstützung eines kaiserlichen Heeres und forderten vor der Erteilung jeglicher Zugeständnisse die Einberufung eines Reichstags.⁵⁴¹ Eine solche Reichsversammlung musste dann aber ihrer Meinung nach neben einer Reichshilfe für den Kaiser zugleich die Religionsgravamina der Protestanten behandeln.⁵⁴² Dies war

 Zitat nach ebd., S. 400.  Der Kaiser teilte den (katholischen) Kurfürsten die tatsächliche Entlassung Wallensteins erst am 13. August mit. Die Gesandten der protestantischen Kurfürsten wurden sogar erst einige Tage später unterrichtet, vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 372.  So die Formulierung in der kurfürstlichen Replik auf die kaiserliche Proposition, zitiert nach Lundorp: Der Römischen Kayserlichen Majestät Und Deß Heiligen Römischen Reichs Geist- und Weltlicher Stände, Chur- und Fürsten, Grafen, Herren und Städte Acta Publica Und Schrifftliche Handlungen, Außschreiben, Sendbrieff, Bericht, Unterricht […] so in Friedens- und Kriegszeiten gegeneinander ergangen und gewechselt (Anm. 530), S. 54.  Vgl. Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 677 Anm. 2; Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 375 – 377.  Vgl. Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 466, 469, 677.

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jedoch wiederum eine Forderung, die weder unter den katholischen Kurfürsten noch beim Kaiser Anklang fand. Auf Seiten der katholischen Kurfürsten ersann man stattdessen eine „reichstagslose“ Alternative zur Bewilligung einer Reichshilfe zugunsten der kaiserlichen Truppen. Demnach sollte als erster Schritt die numerische Größe der kaiserlichen Armee genau festgelegt werden, um anschließend, „wann ja das Reich damit nicht verschont werden könte/ die Contributiones dannoch nicht/ wie bißhero nach Gefallen der Kriegs=Officirer/ von den Ständen mit Gewalt und Zwang gepresset/ sondern bey denselben durch Mittel gewöhnlichen Reichs=Creyß= oder anderer Versammlungen/ gütlich gesuchet und erhandelt/ mit dero Zuthun gleichmässig außgetheilt/ in Durchzügen/ Sammel= und Musterplätzen die Reichs Constitutiones observirt/ gebührende Cautiones geleistet/ und was auffgehet/ billichen leidenlichen Dingen nach erstattet“ werden.⁵⁴³ Mit diesen Forderungen ging der katholische Vorschlag in Bezug auf die kaiserliche Feldzugsführung nicht über die Bestimmungen der Reichsexekutionsordnung hinaus. In der Frage der Heeresfinanzierung betraten die Kurfürsten aber reichsrechtliches Neuland. Zwar forderten sie für den Fall, dass die Unterhaltung der kaiserlichen Armee durch das Reich unabwendbar sein sollte, noch immer ein Mitspracherecht der Reichsstände ein. Doch wie dieses reichsständische „ius suffragii“ in Reichssteuersachen ausgeübt werden sollte, wich deutlich vom Reichsherkommen ab: Die Einberufung eines Reichstags zur Reichshilfebeziehungsweise Reichssteuerbewilligung wurde nur noch als eine unter mehreren Möglichkeiten zur Einbeziehung der Reichsstände aufgeführt, gleichrangig mit Kreistagen oder anderen, nicht näher definierten reichsständischen Versammlungsformen. Wie die weiteren Verhandlungen des Kurfürstentags zeigten, hatten die Katholiken angesichts der auf einem Reichstag zu erwartenden konfessionellen Frontstellungen schon längst das Interesse an einer derartigen Versammlung verloren und die theoretische Möglichkeit eines Reichstags nur noch aus diplomatischer Rücksichtnahme auf Kursachsen und Kurbrandenburg erwähnt. Zwar erlaubt der derzeitige Forschungsstand keine detaillierten Aussagen darüber, welcher Kurfürst sich mit welcher Argumentationslinie zu den Vor- und Nachteilen von Reichs- und Kreistagen in den folgenden Verhandlungen äußerte, doch lässt sich zweifelsfrei konstatieren, dass die katholischen Tagungsteilnehmer im Fortgang des Kurfürstentags die Einberufung von Kreistagen vor allen anderen  Zitiert nach Lundorp: Der Römischen Kayserlichen Majestät Und Deß Heiligen Römischen Reichs Geist- und Weltlicher Stände, Chur- und Fürsten, Grafen, Herren und Städte Acta Publica Und Schrifftliche Handlungen, Außschreiben, Sendbrieff, Bericht, Unterricht […] so in Friedensund Kriegszeiten gegeneinander ergangen und gewechselt (Anm. 530), S. 54.

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reichsständischen Versammlungsformen präferierten und dies die kaiserlichen Verhandlungsführer auch wissen ließen.⁵⁴⁴ Auf kaiserlicher Seite war man davon allerdings anfangs wenig angetan und hegte Zweifel an der Realisierbarkeit und Praktikabilität des Vorschlags.⁵⁴⁵ Die Verhandlungsführer Kaiser Ferdinands II. brachten in ihrer Replik an die Kurfürsten insgesamt neun Einzelargumente gegen die Einberufung von Kreistagen zur Reichssteuerbewilligung vor, die im Folgenden referiert werden sollen⁵⁴⁶: Sie eröffneten ihre Ausführungen mit dem Hinweis, dass die kaiserliche Majestät sich zur Einwerbung von Türkenhilfen bereits selbst um die Reichskreise bemüht habe und auch jetzt „nochmaln nichts liebers sehen wolten/ als daß die Sach/ so wol vor diesem/ als auch anjetzo und hinfüro hin/ auff etwas erträglichere/ und den Ständen erschwinglichere Mittel gerichtet werden könte“. Allerdings stünden einer Kriegsfinanzierung über Reichskreise oder andere Reichsversammlungen seit einiger Zeit gewisse „difficultäten und Verhinderungen“ entgegen, weshalb der Kaiser zuletzt von solchen Versammlungen abgesehen habe. Ein Reichstag sei bekanntlich in so schweren Kriegszeiten kaum zu realisieren, was man schon im Langen Türkenkrieg erfahren habe. Auch während des laufenden Krieges habe man trotz großer Mühen „nur ein oder zween particular Convent“ auf Reichsebene zustande gebracht.⁵⁴⁷ Haupthindernis sei die reichsrechtlich vorgeschriebene lange Vorbereitungszeit eines Reichstags von sechs Monaten, was bei einer sich ständig ändernden Kriegslage impraktikabel sei. Komme dann doch ein solcher Konvent zustande, sei dennoch bekannt, dass „von den allgemeinen Reichsverwilligungen allemal vornehme restanten verbleiben/ so

 Vgl. Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 465 – 469.  Vgl. Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 396, zur Genese der kaiserlichen Replik ebd., Anm. 396. Zum weiteren Verhandlungsverlauf in der Reichskreisthematik S. 402, 415. Die gesamte kaiserliche Replik auf den kurfürstlichen Vorschlag ist ediert bei Lundorp: Der Römischen Kayserlichen Majestät Und Deß Heiligen Römischen Reichs Geist- und Weltlicher Stände, Chur- und Fürsten, Grafen, Herren und Städte Acta Publica Und Schrifftliche Handlungen, Außschreiben, Sendbrieff, Bericht, Unterricht […] so in Friedens- und Kriegszeiten gegeneinander ergangen und gewechselt (Anm. 530), S. 59 – 61. Vgl. auch Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 462 Anm. 1.  Die folgenden Zitate sind entnommen aus Lundorp: Der Römischen Kayserlichen Majestät Und Deß Heiligen Römischen Reichs Geist- und Weltlicher Stände, Chur- und Fürsten, Grafen, Herren und Städte Acta Publica Und Schrifftliche Handlungen, Außschreiben, Sendbrieff, Bericht, Unterricht […] so in Friedens- und Kriegszeiten gegeneinander ergangen und gewechselt (Anm. 530), S. 60.  Gemeint sein dürften der Fürstentag von Regensburg von 1623 und der Mühlhausener Kurfürstentag von 1627.

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erst nochmaln durch langwirige fiscalische process, und dazu bey guten Zeiten/ gantz unvollkommenlich eingebracht werden können“. Bei Reichskreisbewilligungen kämen nun besondere Problematiken hinzu: „Wie schwer ingleichem zu den Crais-Hülffen bißhero zu gelangen gewest/ ist dem gesampten hochlöblichen Churfürstl. Collegio nicht weniger am besten bekannt/ welcher gestalt nemlich ein Crais auff den andern zu sehen pflegt/ auch einer oder den andern in dergleichen Contributionsachen sich bißhero niemaln gar einlassen wollen.“ Zweitens sei absehbar, dass diejenigen Kreise, die bisher am meisten gelitten hätten – gemeint waren in diesem Fall Ober- und Niedersachsen – eine Zahlungsunfähigkeit vorschieben würden, „als zuvor ohne Noth und Ursachen offtmals beschehen“. Drittens seien Kreistagsbewilligungen nur schwer einzutreiben, „da zumal (wie solches die Erfahrenheit bezeuget) ein Crais und Stand vor dem andern befreyet und exemt seyn will;“⁵⁴⁸ Viertens müsse man als Folge der letztgenannten Hindernisse letztlich doch wieder Kontributionen durch militärische Exekutionen eintreiben. Damit würden wieder, fünftens, die bisher von reichsständischer Seite geklagten „inconvenientien“ einhergehen, und man hätte sogar „wegen erweckter Ungeduld bey der Soldatesca noch viel häuffiger sich zu besorgen“. Sechstens müsse man bedenken, sollten die Söldnerhaufen erst einmal in Rage geraten sein, so würden sie sicher keinen Unterschied mehr zwischen denjenigen Ständen machen, die tatsächlich eine Bestrafung verdient hätten, und den Unschuldigen. Gegenseitige Schuldzuweisungen unter den Ständen seien dann absehbar. Siebtens führe Soldmangel bei der Soldateska immer zu „allerhand defectiones“. Achtens würden die Offiziere der Armee, „welche bei dem vorigen modo [d. h. dem Wallensteinschen Kontributionssystem], ihres eigenen Nutzes [!] halben die Soldatesca bißhero auffgehalten/ desto ehender durch die Finger sehen“. Zuletzt sei noch grundsätzlich anzumerken, dass es dem kurfürstlichen Vorschlag noch an Ausführungsbestimmungen mangele, wie die angeregten „Privatversammlungen“⁵⁴⁹ „fruchtbarlich angestelt und zu wirklichem Effect gebracht werden“ sollen, „weil die reichskundige Erfahrung jederzeit mitgebracht/ wie schwerlich und langsam man dazu gelangen könne“.⁵⁵⁰ Doch die katholischen Kurfürsten ließen sich von dieser Argumentation nicht umstimmen, zumal die Ausführungen der Kaiserlichen keine alternativen Finanzierungsvorschläge zum herrschenden Kontributionssystem enthielten.

 Dies dürfte vermutlich eine Anspielung auf die zuletzt 1624 von den Ligaständen geforderte und im Fall Kurbayerns auch erfolgreich erhaltene Exemtion von den Türkenhilfen des Schwäbischen Reichskreises sein, vgl. Kap. II.2.5, „Exkurs: Fiskalische Prozesse vor dem Reichskammergericht als Folge von Kreistagsbewilligungen am Beispiel des Schwäbischen Reichskreises“.  Gemeint sind Kreistage.  Ebd., S. 61.

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So berechtigt die einzelnen Kritikpunkte an Reichs- und Kreishilfen auch sein mochten, sie vermittelten doch zugleich den Eindruck einer Apologie der wallensteinschen Kriegsfinanzierung, deren Akzeptanz im Reich aber dahin war. Auch von protestantischer Seite kamen keine weiteren Vorschläge, da Kursachsen und Kurbrandenburg nach wie vor am exklusiven Steuerbewilligungsrecht des Reichstags unbedingt festzuhalten gedachten.⁵⁵¹ Im Fortgang des Kurfürstentags führte dies allerdings dazu, dass die beiden Protestanten von den weiteren Verhandlungen faktisch ausgeschlossen wurden, denn Kaiser Ferdinand II. ließ sich trotz seiner Vorbehalte letzten Endes doch auf weitere Gespräche über eine Heeresreform auf Basis von Reichskreisbewilligungen ein. Die finanzielle Verweigerungshaltung der beiden Protestanten diente dem Kaiser und den vier katholischen Kurfürsten dabei wiederum als willkommener Vorwand, alle weiteren Gespräche zur Heeresreform nur noch in Partikularkonferenzen der katholischen Kurfürsten vorzunehmen.⁵⁵² Infolge des Ausschlusses Kursachsens und Kurbrandenburgs vom Verhandlungsgeschehen traten die innerkatholischen Konflikte nun umso offener zutage, allen voran während des wochenlangen diplomatischen Ringens um die künftige Besetzung des Generalats der kaiserlichen Armee.⁵⁵³ Den absoluten Höhepunkt erreichte der Machtkampf innerhalb des katholischen Lagers, als Maximilian von Bayern mit Unterstützung der drei geistlichen Kurfürsten seine eigene Kandidatur für das Amt als Nachfolger Wallensteins bekannt gab – ein „Vorstoß nach der absoluten militärischen Hegemonie“ (M. Kaiser) im Reich.⁵⁵⁴ Zu diesem für den Kaiser äußerst kritischen Zeitpunkt der Verhandlungen kamen dem Reichsoberhaupt die bisherigen Forderungen der katholischen Kurfürsten wiederum gelegen: Er ließ nun seinerseits Maximilian daran erinnern, sollte dieser das Generalat beanspruchen, dann müsse er sich selbstverständlich an die von ihm und den geistlichen Kurfürsten geforderten Auflagen und Einschränkungen in der Kommandogewalt halten. Gleiches gelte dann auch für die Heeresfinan-

 Die Instruktion des kursächsischen Gesandten schloss eine Zustimmung zu Kontributionsbewilligungen kategorisch aus. Reichssteuern zur Heeresfinanzierung dürften von den Reichsständen „auch in den gerechtesten und nöthigsten Kriegen“ nur auf freiwilliger Basis genehmigt und von einem Reichstag beschlossen werden, nicht aber „vermittelst Zusammenbeschreibung der Creyse“. Zitate nach Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 375 Anm. 447.  Die Verhandlungen über die Heeresreform zwischen kaiserlichen und kurfürstlichen Räten, zum Teil unter persönlicher Anwesenheit der Kurfürsten, des Königs von Ungarn (Ferdinand III.) und des Kaisers sind dokumentiert in Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 465 – 468, 522– 524, 528, 536 – 539, 550 – 555, 577– 579, 580 – 584, 591– 594; 610 f., 618 – 621, 624– 627, 633 – 640, 642– 665 (alles Nr. 170).  Vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 370 – 373.  Vgl. Kaiser: Politik und Kriegführung (Anm. 395), S. 286.

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zierung, die komplett auf Reichskreisbewilligungen umgestellt werden müsse – auch für die Ligaarmee, die ihren Unterhalt dann ebenso anteilig aus den Reichskreishilfen erhalten solle.⁵⁵⁵ Im weiteren Verhandlungsverlauf machten die Kaiserlichen Kurfürst Maximilian zudem deutlich, dass er als neuer Oberbefehlshaber aller katholischen Armeen im Reich auch dann seinen Soldaten zu einem Auskommen verhelfen müsse, wenn die Reichskreisbewilligungen nicht ausreichend Geld einbringen würden.⁵⁵⁶ Maximilian rückte daraufhin von seiner Kandidatur als Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee ab.⁵⁵⁷ Die Verantwortung für die Eintreibung von Zwangskontributionen für den Kaiser und seine Truppen wollte der Wittelsbacher dann doch nicht übernehmen, zumal ihm seine engsten Räte kurz zuvor in einem Gutachten nochmals eindringlich vor den schweren Konsequenzen gewarnt hatten, die militärische Exekutionen für den Zusammenhalt des Reiches haben müssten, insbesondere dann, wenn man eines Tages gezwungen sein sollte, auch gegen Kursachsen vorzugehen.⁵⁵⁸ Schließlich einigten sich die vier katholischen Kurfürsten mit Kaiser Ferdinand II. darauf, dass der schon mehrfach von Habsburg umworbene Tilly künftig in einer Doppelfunktion sowohl die kaiserliche Armee wie auch das Ligaheer als Oberbefehlshaber führen sollte.⁵⁵⁹ Eine Vereinigung der beiden Armeen, was nun militärisch durchaus sinnvoll gewesen wäre und zeitwillig vom Kaiser auch

 Dies ist die dritte von insgesamt fünf „Conditiones, uf welche der neu General zu bestellen“ vom 22. August 1630, die der Kaiser den katholischen Kurfürsten als Grundlage aller weiteren Verhandlungen in der Frage des kaiserlichen Generalats vorlegte. Sie sind in Ausschnitten ediert bei Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 522– 524.  Vgl. Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 415.  Vgl. Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 647. Vgl. hierzu auch Albrecht: Der Regensburger Kurfürstentag 1630 und die Entlassung Wallensteins (Anm. 525), S. 103; Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 416 f.  Sollte Maximilian selbst den Oberbefehl über die kaiserliche Armee übernehmen, so das Gutachten, würde er zum Unterhalt der Truppen unter Umständen auch das bisher zahlungsunwillige Kursachsen zu Kontributionen zwingen müssen, womit er jedoch zugleich den letzten Rest an konfessionsübergreifendem Zusammenhalt innerhalb des Kurkollegs zugrunde richten würde: „Da man wider Saxen exequiren und die Contributiones mit gewaldt eintreiben solte wollen, wurde daz Churfürstliche Collegium getrennt werden, auff dessen zusamenhaltung bisher noch alle hoffnung gestellt worden. […] Wie würdt ers [der sächsische Kurfürst, FS] auffnemen, wan die Catholische Churfürsten selbst wider ihne exequiren wöllen?“, zitiert nach Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 373. Vgl. auch Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 677 f.; zur Thematik ferner Kaiser: Politik und Kriegführung (Anm. 395), S. 285.  Vgl. ebd., S. 287– 290.

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gefordert wurde, fand wiederum unter den Kurfürsten keine Zustimmung.⁵⁶⁰ Dafür willigten diese in eine Angleichung der Heeresfinanzierung von Liga und kaiserlichem Heer ein, die nun beide ihren künftigen Unterhalt aus Reichskreisbewilligungen beziehen sollten.⁵⁶¹ Ferdinand II. wollte mit dieser Übereinkunft nicht nur die Stimmen der Ligafürsten für seine Steuerforderungen auf den künftigen Kreistagen sicherstellen. Die Kreisverfassung selbst war es, die eine Koppelung des Unterhalts der ligistischen Armee mit den Kreisbewilligungen nahelegte: Jeder Kurfürst und jedes Ligamitglied war immer auch Kreisstand in einem oder mehreren Reichskreisen und verpflichtet, künftige Kreissteuerbewilligungen an den Kaiser in gleicher Höhe zu entrichten wie seine protestantischen Mitkreisstände. Für eine Unterhaltung des Ligaheeres wären dann jedoch zusätzliche Zahlungen nötig gewesen, die sämtliche Ligamitglieder doppelt belastet hätten. Nur bei einer zuvor vereinbarten Aufteilung der Kreissteuereinnahmen zwischen Kaiser und Liga oder einer Anrechenbarkeit von Ligabeiträgen auf Kreistagsbewilligungen war Ligamitgliedern überhaupt die Möglichkeit eröffnet, sich mit Nachdruck auf den Kreistagen für eine hohe Bewilligung an den Kaiser einzusetzen, ohne mehrfache Zahlungsverpflichtungen einzugehen. Bereits Anfang Oktober 1630 war auch diese Problematik zwischen Deputierten des Kaisers und der katholischen Liga weitgehend geklärt worden, wobei auch die Ergebnisse einer Konferenz sachverständiger Militärs beider Seiten unter persönlicher Teilnahme Tillys einflossen. Zusätzlich wurde noch Rücksprache mit einer Versammlung der wichtigsten Ligafürsten gehalten, die Maximilian parallel zum Kurfürstentag nach Regensburg eingeladen hatte.⁵⁶² Abschließend wurden alle im Verlauf des Kurfürstentags zwischen beiden Parteien ausgehandelten Neuregelungen zur Heeresthematik in insgesamt 12 Einzelpunkten zusammengefasst, in denen auch konkrete Ausführungsbestimmungen und Vereinbarungen für die reichsweit einzuberufenden Kreistage festgehalten wurden.⁵⁶³ Sie seien im Folgenden kurz referiert:  Vgl. Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 636– 651; Kaiser: Politik und Kriegführung (Anm. 395) S. 284– 286, 290; Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 410 f.  Vgl. Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 626 – 628.  Der Ligatag ist dokumentiert bei ebd., S. 732– 751.  Die Vereinbarung ist gedruckt bei Hermann Hallwich: Briefe und Akten zur Geschichte Wallensteins 1630 – 1634. Band I (Fontes rerum Austriacarum : Abteilung 2, Diplomataria et acta, 63). Wien 1912, S. 139 – 141. Vgl. auch Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 627 Anm. 2. Die wichtigsten Verhandlungen zur Ausformulierung der einzelnen Bestimmungen hatten dabei folgende Räte geführt: Für die kaiserliche Seite

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1.

2.

3.

4.

II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

Alle zum Unterhalt der Armeen im Reich benötigten Finanzmittel sollten über Kreistagsbewilligungen eingeworben werden. Die dazu nötigen Kreistage mussten nach Möglichkeit noch während des laufenden Kurfürstentags ausgeschrieben und anschließend durch kaiserliche Kommissare beschickt werden. Reichskreise und einzelne Reichsstände, die nichts bewilligen würden, sowie säumige Zahler sollten von beiden katholischen Armeen mittels militärischer Exekution zur Zahlung gezwungen werden.⁵⁶⁴ Sofern unter dem Anschein einer „particular-defension“⁵⁶⁵ durch irgendeine dritte Partei Truppenrekrutierungen im Reich betrieben würden, müsste dies durch beide katholische Armeen auch mittels Gewaltanwendung verhindert werden.⁵⁶⁶ Die Gesamtstreitmacht von Kaiser und Liga sollte zusammen 60 000 Mann stark sein, zu deren Unterhalt auf ein Jahr 6 – 7 Mio. fl. benötigt würden.⁵⁶⁷

Trauttmansdorff, der Abt von Krems, Stralendorf, Nostiz, Questenberg, Gerhard und Arnoldin, auf Seiten der Kurfürsten waren dies die Räte Metternich, Wolkenstein, Gereon, Hohenegg, Herlb(erg) (?) und Richel.Vgl. Hallwich: Briefe und Akten zur Geschichte Wallensteins 1630 – 1634 (Anm. 563), S. 139 f.  „Imfahl ein oder ander Craiß oder Standt nichts verwilligen wolte, auf solchen fahl sollen beede Armaden (wann dieselb zumahl unter einer Direction unnd haubt sein werden) einander assistirn, die Widerwerttige zur gebüer compellirn, deßgleichen die moros oder saumbige Stänndt militari executione darzu anhaltten helffen.“, zitiert nach ebd., S. 140.  Darunter wurde auch eine Kreisdefension verstanden.  „Wann undter dem schein einer particular-defension neue Werbungen ohn Ihrer May. bewilligung vorgenummen werden sollen, sollen beede Armaden zusammensezen alle die Jenige, welche ausser Ihrer May. patenta werben oder mustern wollen, den Reichs constitutionibus nach aufschlagen und trennen.“ Zitiert nach ebd., S. 140. Dies dürfte auch eine Reaktion auf eine Bekanntmachung Kurfürst Johann Georgs von Sachsen gewesen sein, der dem Kaiser und später auch den katholischen Kurfürsten die Einberufung eines protestantischen Konvents ankündigte. Vgl. dazu Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 377, insbes. Anm. 456. Die kursächsische Erklärung vom 24. August 1630 (alter Stil) ist abgedruckt bei Lundorp: Der Römischen Kayserlichen Majestät Und Deß Heiligen Römischen Reichs Geist- und Weltlicher Stände, Chur- und Fürsten, Grafen, Herren und Städte Acta Publica Und Schrifftliche Handlungen, Außschreiben, Sendbrieff, Bericht, Unterricht […] so in Friedens- und Kriegszeiten gegeneinander ergangen und gewechselt (Anm. 530), S. 80 – 82. Die schriftliche Antwort Maximilians von Bayern an Johann Georg ist ediert bei Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 677 f. (Nr. 170). Vgl. hierzu auch Kap. I.3, „Die Reichskreise, Kursachsen und der Leipziger Bund“ im zweiten Hauptkapitel dieser Arbeit.  Die Heeresgrößen waren in der Kehlheimer Konferenz von kaiserlichen und ligistischen Militärexperten unter Leitung Tillys festgelegt worden. Die Kurfürsten hatten zu Beginn der Verhandlungen eine Gesamtheeresstärke von 50.000 Mann für ausreichend erachtet, die Kaiserlichen hatten auf 70 – 80.000 plädiert. Man einigte sich auf 60.000 Mann. Von diesen sollten

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Für die benötigte Summe müssten die Reichskreise 72 Römermonate oder acht monatliche Römermonate auf ein Jahr bewilligen.⁵⁶⁸ 6. Alle Reichsstände, die nicht Mitglieder der Liga seien, müssten dem Kaiser kontributionspflichtig werden.⁵⁶⁹ 7. In jedem Reichskreis sollte „ein mittelmessiger, doch wohl angesessener Standt“ mit dem Einzug der bewilligten Gelder betraut werden. Bei Zahlungsverweigerung müsste dieser Einnehmer „den General“, also Tilly, um Hilfe ersuchen.⁵⁷⁰ 8. Die Ligamitglieder hätten die bewilligten Summen ebenfalls zu zahlen, die Gelder dürften aber in der Ligakasse verbleiben, während der Reichspfennigmeister nur Quittungen erhalten sollte. 9. Alle übrigen Gelder wären der Reichskasse bzw. dem Reichspfennigmeister in bar zuzuführen. Die so erhaltenen Mittel dürften vom Kaiser ausschließlich zum Truppenunterhalt verwendet werden. 10. Die Soldaten der Liga, die nicht aus der Bundeskasse bezahlt werden könnten, sollten ihren Unterhalt ebenfalls aus der Reichskasse erhalten.⁵⁷¹

40.000 auf die Kaiserlichen entfallen, 20.000 auf die Liga. Dazu sollte die Ligaarmee, die zum Zeitpunkt des Kurfürstentags von Tilly auf 29.000 Mann geschätzt wurde, 9.000 Soldaten abdanken. Der Kaiser musste sein Heer ebenfalls etwas verkleinern, sofern er es mit seiner Italienarmee vereinigen sollte. Vgl. ebd., S. 624 f. Weitere Verhandlungsrunden im Lauf des Oktobers 1630 änderten an den absoluten Zahlen und dem Verhältnis von 2:1 zwischen Ligaheer und Kaiserlichen nichts mehr, vgl. Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 422, insb. Anm. 527.  Die Unterhändler beider Seiten konnten sich nicht auf eine abschließende Anzahl an Römermonaten einigen, weshalb diese scheinbar widersprüchliche Regelung getroffen wurde. Der Kaiser sollte schließlich 96 Römermonate verlangen, mindestens aber 72 erhalten. Peter Heinrich von Stralendorf, Reichsvizekanzler und Reichshofratsvizepräsident, resümierte in einer Konferenz mit Deputierten der katholischen Kurfürsten am 3. Oktober 1630 über die Berechnungsgrundlage der Vereinbarung gemäß dem bayerischen Sitzungsprotokoll: „Haben den überschlag auf 60 000 Mann machen lassen aus der matricul. Ein monat trifft 85 202 fl. auf die 8 crais, österreich- und burgundisch davon gezogen. 6 million tun 70 monat. Belauf monatlich ieden stand ungefer 6 einfache monat.“ als Randvermerk findet sich an dieser Stelle im Protokoll: „Etliche schlagen es auf 8 einfache Monat monatlich.“, vgl. Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 626 f.  „Alle unnd jede Stendt, welche in den Catholischen Bundt nit begriffen, sollen Ihr May. zu contribuiren schuldig sein.“, Zitat nach Hallwich: Briefe und Akten zur Geschichte Wallensteins 1630 – 1634 (Anm. 563), S. 140.  Mit dem „General“ war der gemeinsame Oberbefehlshaber beider Armeen gemeint, zu dem zum Ende des Kurfürstentags Tilly bestimmt wurde.  Vgl. ebd., S. 141.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

11. Die von der Reichskasse bezahlten Ligatruppen müssten im Bedarfsfall der kaiserlichen Armee zugeführt werden, würden sie nicht benötigt, verblieben sie der Liga. 12. Bis zum Eingang der Kreiskontributionen sollten die (kaiserlichen) Truppen mit Anleihen auf die Reichskasse unterhalten werden. Wären auf diese Weise keine Gelder einzuwerben, müssten vorübergehend die bisher üblichen Zwangskontributionen von den Reichsständen erhoben werden.⁵⁷² Zuvor war bereits festgelegt worden, dass der Österreichische und der Burgundische Reichskreis von den Kreiskontributionen ausgenommen würden, was mit den Ausgaben der Habsburger zur Verteidigung der Osmanengrenze zum Schutz des Reiches gerechtfertigt wurde.⁵⁷³ Weitere detaillierte Vereinbarungen zu den künftigen Kreistagen wurden nicht getroffen. Kurmainz war es darüber hinaus noch wichtig zu betonen, die Details der 12 Punkte seien „kein endtlicher, verbindlicher schluß“, und dementsprechend noch in Einzelheiten modifizierbar.⁵⁷⁴ Zu einem weiteren, ausführlicheren Beschluss kam es jedoch nicht mehr. Tatsächlich konnte der Kurfürstentag überhaupt kein offizielles Schlussdokument respektive einen Abschied im eigentlichen Sinne ausarbeiten, womit alle Beratungsergebnisse in ihrer Beschlussgültigkeit durchaus fraglich blieben.⁵⁷⁵ Auch die Vereinbarungen der Kurfürsten mit dem Kaiser über die kaiserlich-ligistische Heeresfinanzierung mittels Reichskreisbewilligungen trugen den Charakter einer Absichtserklärung und waren weit davon entfernt, als ein in Gänze ausgearbeitetes, in sich schlüssiges Heeresreformprogramm gelten zu können.

Zwischenfazit Auf den ersten Blick schienen die am Ende des Regensburger Kurfürstentags präsentierten Verhandlungsergebnisse durchaus vielversprechend: Der Kaiser  Es wurde ausdrücklich vermerkt, dass die Reichskasse, d. h. die Kasse des Augsburger Reichspfennigmeisters, nach Aussagen des kaiserlichen Kriegskommissars Ossa leer sei, wodurch momentan noch keine Anleihen ausgegeben werden könnten, vgl. ebd., S. 141.  Zitat nach Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519) S. 539.  Zitat nach ebd., S. 627.  Dazu könnte man auch die am Rande des Kurfürstentags geschlossene Friedensvereinbarung zwischen dem Kaiser und Frankreich zu Beendigung des Mantuanischen Krieges zählen, die von Richelieu nie ratifiziert wurde, vgl. allgemein Rudolf Keller: Die Friedensverhandlungen zwischen Frankreich und dem Kaiser auf dem Regensburger Kurfürstentag 1630. Bonn 1912 und neuerdings Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 427– 435.

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willigte in die Entlassung Wallensteins ein und stellte das baldige Ende militärisch erpresster Kontributionen im Reich in Aussicht, womit die Würde und Libertät der Fürsten wiederhergestellt werden sollte. Im Gegenzug sicherten die katholischen Kurfürsten dem Kaiser ihre tatkräftige Unterstützung bei der Einwerbung von Reichshilfen über Kreistage zu, mit denen dann sowohl das kaiserliche Heer als auch die Ligaarmee künftig unterhalten werden konnten. Doch waren die getroffenen Übereinkünfte tatsächlich dazu geeignet, die kaiserliche Heeresfinanzierung mit den Reichskonstitutionen und dem Reichsherkommen wieder in Einklang zu bringen und einen Beitrag zur inneren Befriedung des Reichs zu leisten? Bei genauerer Betrachtung der Art und Weise, wie das Regensburger Heeresreformprogramm zustande gekommen war und welche Maßnahmen zu dessen Durchsetzung geplant waren, muss die Antwort eindeutig negativ ausfallen. Anstatt auf eine Rückkehr zu den vor 1618 im Reich üblichen Verfahrensweisen der Reichshilfebewilligung lief das in Regensburg fast ausschließlich zwischen Vertretern des katholischen Lagers ausgehandelte Reformprogramm auf etwas ganz anderes hinaus: Es bezweckte in erster Linie eine Aufteilung der finanziellen Ressourcen des Reiches zwischen Kaiser und Liga, nicht aber eine Revitalisierung der Reichsorganisation in ihrer tradierten Gestalt. Die Kreisverfassung sollte dabei nunmehr Mittel zum Zweck sein und über die im 12-Punkte-Plan festgehaltenen Regelungen ganz im Sinne der katholischen Partei gehandhabt werden können. Die einzelnen Reichskreise glichen in diesem Modell „Reichsprovinzen“ zur Kontributionserhebung, an echte reichsständische Mitbestimmung über Kreisinstitutionen war keineswegs gedacht. Sogar die genaue Bewilligungshöhe war bereits im Vorhinein festgeschrieben worden – worüber sollten die Kreistage dann noch verhandeln? Den Reichskreisen verblieb somit bestenfalls ein fadenscheiniges Mitspracherecht über Detailfragen. Sollte eine Kreisbewilligung zu niedrig ausfallen, waren die katholischen Heere zur Eintreibung der restlichen benötigten Gelder ermächtigt. An den bisher im Säumnisfall üblichen und reichsrechtlich gebotenen Gang vor das Reichskammergericht war schon gar nicht mehr gedacht. Wenn ständische Partizipation in finanziellen wie militärischen Fragen noch stattfinden konnte, dann nur für Ligamitglieder. Sie sollten über die Einbehaltung ihrer Kreiskontributionen ihre bisherige militärische Unabhängigkeit weitgehend bewahren. Dem Kaiser verblieben somit die finanziellen Ressourcen der wenigen nichtligistischen katholischen und sämtlicher protestantischer Kreisstände. Dies war einer der großen Verhandlungserfolge der vier katholischen Kurfürsten, die in Regensburg kaum noch Standessolidarität mit ihren protestantischen Standesgenossen erkennen ließen und stattdessen ganz im Interesse der Liga agierten. Ihnen gelang es, dem Kaiser unter Rückgriff auf die Kreisverfassung ein Modell der Heeresfinanzierung anzubieten, das die an monarchisch-

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zentralistischen Vorstellungen orientierte Reichspolitik des Kaisers mit dem Anspruch der katholischen Kur- und Ligafürsten nach Bewahrung ihrer relativ unabhängigen politisch-militärischen Stellung vereinbarte und zugleich der Sicherung der Vormachtstellung der katholischen Heere im Reich dienlich erschien. Dieser Befund fügt sich gut zur Bewertung Axel Gotthards, der in der Regensburger Versammlung von 1630 weniger einen Kurfürstentag sehen möchte und stattdessen von einem verkappten Ligakonvent mit kaiserlicher Beteiligung spricht.⁵⁷⁶ In Bezug auf die Genese und das Resultat der Kontributions- und Heeresreformverhandlungen ist ihm durchaus beizupflichten. Vor diesem Hintergrund überrascht die strikte Opposition der protestantischen Kurfürsten gegen eine derartige katholische Vereinnahmung des Kurfürstentags keineswegs. Kursachsen und Kurbrandenburg hatten während den Regensburger Verhandlungen stets an der Prärogative eines Reichstags festgehalten und sich den aus den katholischen Partikularberatungen hervorgegangenen Beschlüssen nie angeschlossen. Somit musste ihre freiwillige Mithilfe bei der Umsetzung des Reichskreisplans mehr als zweifelhaft erscheinen. Auf katholischer Seite maß man einer gesicherten Heeresfinanzierung aber eine derart hohe Bedeutung zu, dass man schon in Regensburg die Bereitschaft erkennen ließ, künftig mit militärischer Gewalt gegen zahlungsunwillige Reichsstände vorzugehen – obwohl sich alle Beteiligten der verheerenden Konsequenzen eines solchen Vorgehens für den Frieden im Reich offenbar weitgehend im Klaren waren. Damit zeichneten der Kaiser und die katholischen Kurfürsten gleichermaßen verantwortlich für die kommende Entwicklung.

4 Die reichsweiten Kreistage von 1631 und der geplante Reichskrieg gegen Schweden 4.1 Die Umsetzung des Reichskreisplans: Der Plan des Kaisers Entsprechend den Vereinbarungen mit den katholischen Kurfürsten leitete Kaiser Ferdinand II. unmittelbar nach Ende des Kurfürstentags erste Schritte zur Umsetzung der beschlossenen Heeresreform ein. Den Anfang stellte eine kaiserliche Erklärung an sämtliche Reichskreise vom 9. November 1630 dar, mit der die Reichskreise und ihre Stände über die Ergebnisse der Regensburger Beratungen informiert und auf das weitere Vorgehen in der Kontributionsfrage vorbereitet werden sollten. Von den am Kurfürstentag ausgetragenen Zwistigkeiten innerhalb

 Vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 370 – 377.

4 Die reichsweiten Kreistage und der geplante Reichskrieg gegen Schweden

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des katholischen Lagers war darin freilich genauso wenig zu lesen, wie von der grundsätzlichen Ablehnung jeglicher Reichskreiskontributionen durch Kursachsen und Kurbrandenburg. Stattdessen ließ Ferdinand II. verlautbaren, dass er sich im Einvernehmen mit „dem gesambten Churfürstl. Collegio“ auf die baldige Abschaffung sämtlicher Zwangskontributionen geeinigt habe. Die neue Bedrohungslage im Reich infolge des schwedischen Kriegseintritts erfordere jedoch nach wie vor die Beibehaltung einer vom Reich finanzierten schlagkräftigen kaiserlichen Armee – zumindest bis man einen Generalfrieden erlangt habe. Daher beabsichtige er, „weil der zeit zu einem allgemainen Reichs Conuent schwärlich zu gelangen/die gehorsambe ReichsStänd/wie in dergleichen fählen herkommen/Mittels der Craißversamblungen/durch Unsere Commissarios/zu einer ergibigen mitleidenlicher durchgehender Contributions Hilff/zuersuchen“.⁵⁷⁷ Sobald die auf diese Art und Weise bewilligten Gelder flössen, sollten die militärischen Exekutionen umgehend eingestellt werden. Ein konkreter Zeitplan zur Einberufung der Kreistage wurde den Reichskreisen aber noch nicht mitgeteilt, was für die Kreisstände im Umkehrschluss bedeutete, dass sie in absehbarer Zeit noch keine Erleichterung ihrer Kriegslasten zu erwarten hatten. Tatsächlich sollte die Umsetzung der angekündigten diplomatischen Initiative auf Kreisebene noch sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, was seine Ursache primär in der Art und Weise haben sollte, wie der Kaiser den Reichskreisplan umzusetzen gedachte. Die entscheidenden Planungen hierzu waren bereits in der Endphase des Kurfürstentags geführt worden. Sie fanden ihren Abschluss auf einer Konferenz hoher habsburgischer Militärs unter persönlicher Anwesenheit Kaiser Ferdinands II. , König Ferdinands III. und des eigentlich schon entlassenen Wallensteins.⁵⁷⁸ Dabei wurde eine diplomatische Strategie ausgearbeitet, die aus verhandlungstaktischen Gründen bewusst auf die gleichzeitige Abhaltung mehrerer Kreistage im Reich verzichtete. Stattdessen sollte vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus den Türkenhilfeverhandlungen in den 1620er Jahren zuerst ein positiver Präzedenzfall geschaffen werden, indem ein einzelner besonders kaisertreuer Reichskreis durch die Bewilligung einer hohen Geldsumme den anderen Reichskreisen ein positives Exempel lieferte, auf das sich die kaiserliche Diplomatie in folgenden Verhandlungen mit anderen Reichskreisen berufen konnte.

 Vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), Kaiserliche Erklärung vom Kurfürstentag von Regensburg an alle Reichskreise, 9. November 1630, fol. 4r.  Die Beratungen vom 7./8. November 1630 sind dokumentiert in: Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 663. Teilnehmer der Konferenz waren auch die einflussreichen Räte Eggenberg, Meggau, Trauttmansdorff, Slawata, Thun, Werdenberg, Reck, Nostitz und Arnoldin, vgl. ebd., S. 663, Anm. 5.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

Angesichts der seit dem Restitutionsedikt spürbar beschleunigten konfessionellen Lagerbildung im ganzen Reich war die Zahl derjenigen Reichskreise, in denen der Kaiser noch mit sicheren Mehrheiten für sein Anliegen rechnen konnte, schon äußerst begrenzt. Vor diesem Hintergrund erachtete die habsburgische Militärkonferenz die Katholizität der Mitglieder eines Reichskreises als wichtigstes Kriterium zur Vorhersagbarkeit der Bewilligungsbereitschaft eines Kreistags⁵⁷⁹ und erkor den weitgehend katholischen und daher vermeintlich verlässlich bewilligungsbereiten Bayerischen Reichskreis zum Ziel einer ersten kaiserlichen Gesandtschaft.⁵⁸⁰ In einem zweiten Schritt sollte dann der ebenfalls mit einer katholischen Kreistagsmehrheit versehene Schwäbische Reichskreis herangezogen werden.⁵⁸¹ Die Abfolge der weiteren Kreistagsausschreibungen wurde noch nicht festgelegt, da man am Kaiserhof offenbar vor weiteren Schritten zuerst die Zahlungszusagen Bayerns und Schwabens abwarten wollte. Abgesehen vom Kurrheinischen Kreis⁵⁸² und den beiden habsburgischen Reichskreisen Österreich und Burgund gab es auch gar keine weiteren Reichskreise, die unangefochten katholisch dominiert waren und in denen die Kreisausschreibeämter oder die Stelle eines Kreisobristen ausschließlich in katholischer Hand waren. Für den Bayerischen Reichskreis traf dies aber unzweifelhaft zu, schließlich stand ihm Kurfürst Maximilian von Bayern als Kreisausschreiber und Kreisobrist vor. Allerdings war Maximilian an der Entscheidungsfindung über die Abfolge der einzuberufenden Reichskreise selbst nicht beteiligt und wurde erst im Anschluss an die Konferenz der Kaiserlichen informiert.⁵⁸³

 Vgl. hierzu auch die Ausführungen in Kap. II.4.3, „Das Nachspiel des Landshuter Kreistags und die Mission des Reichshofrats Wolkenstein“.  Vgl. hierzu auch das bereits am 16. Oktober 1630 ausgestellte Kreditiv für die kaiserlichen Gesandten zum bayerischen Kreistag, BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), fol. 435r – 436r. Die Entscheidung zur Wahl des Bayerischen Reichskreises als ersten zu beschickenden Kreis dürfte demnach bereits in Vorgesprächen zu der Militärkonferenz vom 7./8. November gefallen sein und wurde von dieser nur noch abschließend bestätigt.  Auf einen bayerischen sollte ein schwäbischer Kreistag folgen: „Conclusum: I. Beim bayerischen und folgends dem Schwäbischen Kreis den Anfang zu machen“, zitiert nach Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 663.  Im Kurrheinischen Kreis hatte Bayern seit der Ächtung des Kurfürsten von der Pfalz dessen Stimme auf kurrheinischen Kreistagen geführt, wodurch dieser Reichskreis faktisch auch ein „katholischer“ Reichskreis geworden war. Nachdem die vier dominierenden Mitglieder des Kreises – Kurmainz, Kurköln, Kurtrier und Kurbayern (Pfalz) jedoch allesamt zugleich Ligafürsten waren, hatte der Kaiser gemäß den jüngsten Regensburger Vereinbarungen von ihnen keine größeren Finanzmittel zu erwarten, wodurch der Kurrhein als mögliches Vorbild für andere Reichskreise ausschied.  Vgl. ebd., S. 664.

4 Die reichsweiten Kreistage und der geplante Reichskrieg gegen Schweden

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4.2 Der Praxistest: Der bayerische Kreistag vom Januar 1631 Maximilian von Bayern und Paris von Salzburg erhielten dann Ende November 1630 als Kreisausschreibende Fürsten die offizielle Aufforderung des Kaisers, einen bayerischen Kreistag bis zum Dreikönigsfest 1631 einzuberufen. Auf Wunsch des Reichsoberhaupts sollte den bayerischen Kreisständen schon im Ausschreiben klar gemacht werden, dass die anstehende Versammlung angesichts der schwedischen Invasion einzig und allein „zue würck: vnnd fürderlichen erlangung einer dergleichen eilenden: vnnd allerseits erträglichen Reichshülff“ dienen solle, weitere Themen seien nicht geplant.⁵⁸⁴ Zur Rechtfertigung seiner Forderung verwies Ferdinand II. nicht nur auf die jüngsten Vereinbarungen vom Regensburger Kurfürstentag, sondern berief sich auch auf die Leistungen der Reichskreise in den letzten Türkenkriegen, die man sich nun zum Vorbild nehmen müsse.⁵⁸⁵ Ebenso seien Kreishilfen das geeignete Mittel zur Disziplinierung der Soldateska, da sie eine regelmäßige Soldzahlung ermöglichen und somit der so oft von Ständen und Untertanen beanstandeten Disziplinlosigkeit der Truppen entgegenwirken würden.⁵⁸⁶ Die beiden Kreisausschreiber kamen der kaiserlichen Anfrage rasch nach, wodurch innerhalb der verhältnismäßig kurzen Frist von nur einem Monat ein gutbesuchter bayerischer Kreistag am 13. Januar 1631 in Landshut zusammentreten konnte.⁵⁸⁷ Nun sollte sich zeigen, ob die Regensburger Beschlüsse den bayerischen Kreisständen vermittelbar waren. Die Chancen auf einen Erfolg standen nicht schlecht, denn mit dem bayerischen Kurfürsten als einem der Urheber des Kreiskontributionsplans schien dem Kaiser bereits die Unterstützung des mächtigsten bayerischen Kreisstands sicher.

 Vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), Kaiser an Maximilian, Linz, 26. November 1630, fol. 19r–21v, Zitat fol. 19v.  „So haben Wir Vnns solchemnach nicht allein von selbsten erinnert, sondern ist Unns von dem gesampten Churfürstlichen Collegio wohlmainendt an die hand gegeben vnd eingerathen worden, daß zue würck: vnnd fürderlichen erlangung einer dergleichen eilenden: vnnd allerseits erträglichen Reichshülff, das vor diesen beÿ offenen Türckhen Kriegen, zue abwendung allgemeiner Reichs gefahr zue mehrmahlen nicht ohne sonderbahren effect vnnd ersprießlichkeit practicirte mittel der Craißtäg, beÿ gegenwerttigem Zuestandt im Reich widerumb vorgenohmen, vnd nuzlich gebraucht werden könne.“ Ebd., fol. 19v.  „Inmittels aber Vnsere Kaÿ: Armaden mit geringerer beschwehr der Stendten vnnd Vnderthanen vnnd besserer Ordnung vnnd Kriegs disciplin hieführo erhalten, auch hierzue eine ergäbige gelthülff zur handt bringen mögen.“ Ebd., fol. 19v.  Zwischen Kreistagsausschreiben und Beginn des Konvents lag nur ein Monat, im Normalfall nahm dies meist zwei Monate in Anspruch. Ein Original des Kreistagsausschreibens vom 14. Dezember 1630 (o.O.) findet sich in ebd., fol. 29 f.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

In der Tat instruierte der Kurfürst seine Gesandten zum Kreistag darauf, die kaiserlichen Kommissare grundsätzlich in ihrem Anliegen zu unterstützen und „zu würklicher bezaigung vnserer getreuisten devotion“ eine ansehnliche Geldhilfe zu bewilligen.⁵⁸⁸ Die Zusage sollte je nach Verhandlungsverlauf auf 48 bis 72 Römermonate lauten und in monatlichen Ratenzahlungen über ein Jahr hinweg ausgezahlt werden. Damit legte Maximilian die Regensburger Übereinkunft allerdings relativ frei aus, denn diese hatte eine Summe von 72 bis 96 Römermonaten vorgesehen. Auch in anderen Punkten wollte der Bayernherzog auf den anstehenden Kreistagsverhandlungen eigene Akzente setzen. So ließ er der Kreistagsproposition den weit interpretierbaren Zusatz einfügen, wonach der Kreiskonvent über eine Kontributionsleistung für alle gegen Schweden mobilisierten Truppen im Reich verhandeln werde, wobei er das Ligaheer ausdrücklich miteinschloss.⁵⁸⁹ Zudem sollte den Kaiserlichen noch zur Bedingung gemacht werden, dass sie sich im Falle einer Annahme der Kreishilfe künftig „mit allerhandt anderwertigen kriegspressuren“, d. h. Einquartierungen, Durchzügen und zusätzlichen Kontributionsforderungen zurückhalten müssten, insbesondere für den Fall, dass der Kaiser neue Truppen aus Italien ins Reich verlegen sollte.⁵⁹⁰ Doch mit diesen Forderungen erwies sich Kurbayern noch als der mit Abstand kaiserfreundlichste bayerische Kreisstand. Nach dem Vortrag der kaiserlichen Kommissare und dem Eröffnungsvotum durch die kurbayerischen Gesandten mit ihrem Appell für 48 bis 72 Römermonate bekundeten die Salzburger energischen Widerstand gegen eine Kreishilfe in dieser Größenordnung und bewiesen sich in der folgenden Umfrage als die eigentlichen Stimmführer der Kreistagsmehrheit. Ihr Vorschlag einer Kreishilfe von 20 Römermonaten für 1631 und einer weiteren, geringeren Zahlung unter Vorbehalt im Jahr 1632 wurde von fast allen kleineren Kreisständen übernommen⁵⁹¹ und fand trotz mehrfacher Nachverhandlungswünsche durch die kurbayerischen Gesandten und die kaiserlichen Kommissare

 Vgl. ebd., „Instruction“ Kurfürst Maximilians zum Kreistag von Landshut, München, 10. Januar 1630. Original fol. 53r – 57v; Konzept fol. 46r – 51v.  „Nemblich auf aine gemaine Craiscontribution zu nothwendiger vnderhaltung der beÿ erstgedachtem Regenspurgischen conuent zwischen Irer Kaÿ: M: vnd den Cathol: Curfürsten verglichnen = vnd nach gestalt ieziger = sonderlich wegen des Königs in Schweden feindtlichen einbruchs auf des Reichsboden, bedürftigen anzahl sowol Kaÿ: als des Cathol: bundts KhriegsVolckhs zihlen vnd gehen.“ ebd., fol. 54v.  Vgl. ebd., fol. 56r.  Ein gesiegeltes Original des Kreisabschieds findet sich unter ebd., fol. 90 – 100. Der Kreisabschied ist ediert bei Lori: Der Sammlung des baierischen Münzrechts zweyter Band, von 1564 bis 1664 (Anm. 65), S. 278 – 281.

4 Die reichsweiten Kreistage und der geplante Reichskrieg gegen Schweden

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Eingang in den Kreisabschied.⁵⁹² Pfalz-Neuburg lehnte sogar bis zuletzt mit Verweis auf mangelnde Instruktionen jede definitive Zahlungszusage ab.⁵⁹³ Stattdessen empfahl die Kreistagsmehrheit dem Kaiser, er solle sich doch erst einmal an Reichskreise wenden, die dem eigentlichen Kampfgeschehen näher gelegen und vermögender seien.⁵⁹⁴ Als eine Separation vom Reich wollte der Kreistag sein Votum aber nicht verstanden wissen. Vielmehr müsse der Kaiser darauf achten, dass alle Kreise gleichermaßen zur Hilfsleistung herangezogen würden. Dies diene „zu erhaltung der gleichhait, vnd damit die spesa aller orthen erträglicher“ seien.⁵⁹⁵ Die ihm von kaiserlicher Seite ursprünglich zugedachte positive Vorreiterrolle wollte der Bayerische Reichskreis in der Mehrheit seiner Mitglieder also nicht einnehmen. An dieser Haltung änderte sich auch nichts, als die kaiserlichen Kommissare noch einmal auf „das sonder in disen löbl: Craiß gestölte vertrauen“ hinwiesen und betonten, dass „dises werck, ja einmall nicht in das proprium comitum Jrer Maÿt:, sondern dem ganzen hl: Reich, vnd werentem vatterland, zu schuz vnd nuz angesehen“ sei. Ebenso wenig verfing der Hinweis, der Bayerische Reichskreis erfreue sich doch noch „Gott lob grosser integridet“ und könne demnach noch größere Lasten schultern. Selbst die Zusicherung des kaiserlichen Beistands in künftigen Gefahrensituationen bewog den Kreistag zu keiner höheren Zahlungszusage.⁵⁹⁶ Im letztgültigen Kreistagsbescheid wurden dem Reichsoberhaupt nur 20 Römermonate fest versprochen und 10 weitere unter Ratifikationsvorbehalt. Eine solche Hilfszusage hätte dem Kaiser bei vollständiger Bezahlung 189 870 fl. eingebracht und bewegte sich im Bereich der Türkenhilfebewilligungen einiger

 Vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), fol. 70r. Die erste und zweite Erklärung des Bayerischen Kreistags auf die kaiserliche Proposition bzw. die Forderung nach Nachverhandlungen ist ohne Paginierung eingeschoben zwischen fol. 64 und 65. Zu der entsprechenden Passage im Kreisabschied vgl. Lori: Der Sammlung des baierischen Münzrechts zweyter Band, von 1564 bis 1664 (Anm. 65), S. 279 f.  Das entsprechende Votum Pfalz-Neuburgs im Kreistagsprotokoll in BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), fol. 70r, zum Vermerk im Kreisabschied vgl. Lori: Der Sammlung des baierischen Münzrechts zweyter Band, von 1564 bis 1664 (Anm. 65), S. 279.  „vnd weillen dises Schwedische wesen, andern des hl: Röm: Reichs störckher vnd vermiglichern Khreisen, nehern alls disem gelegen, vnnd dahero in gleiche, in mehrer mitleidente zu ziehen sein werden“, Formulierung in der ersten Antwort des Kreistags an die kaiserlichen Kommissare, BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), o.O. undat (vermutlich 16. Januar), ohne Paginierung eingeschoben zwischen fol. 64 und 65.  Vgl. ebd.  Alle Zitate ebd., überschrieben mit „Vernere anbringen oder erwerung der Kaÿ: Commissarien auf dem Craißtag zue Landshut, 17. Jenner Ao 31“ (Abschrift), unfol.

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Reichskreise aus der Mitte der 1620er Jahre. Doch angesichts der sich rasch und dramatisch verschlechternden politischen und militärischen Situation des Jahres 1631 war dem Kaiser mit einer solchen Bewilligung kaum gedient, zumal der Bayerische Reichskreis nun in künftigen Verhandlungen mit anderen Reichskreisen keineswegs als positives Exempel herangezogen werden konnte. Die kleineren und mittleren bayerischen Kreisstände waren nicht einfach den Anforderungen der kaiserlichen Kommissare oder dem Votum Kurbayerns gefolgt, sondern hatten in Anlehnung an Salzburg eine auf eine gewisse Unabhängigkeit bedachte Position eingenommen. Das Mehrheitsvotum war Ausdruck ihrer Sorge, von den beiden katholischen Vormächten des Reiches für einen Kampf zur Kasse gebeten zu werden, der nicht derjenige der kleineren bayerischen Kreisstände war und sich noch weit fernab des Bayerischen Reichskreises zutrug. Offenbar nahmen die meisten bayerischen Kreisstände das Schwedische Heer noch nicht als direkte Bedrohung war. Diese Fehleinschätzung sollte sich noch rächen.

4.3 Das Nachspiel des Landshuter Kreistags und die Mission des Reichshofrats Wolkenstein Auf Seiten der Kaiserlichen traf der Landshuter Kreisabschied umgehend auf vehementen Protest. Die kaiserlichen Kommissare verweigerten noch in Landshut demonstrativ die Annahme der angebotenen Kreishilfe und sicherten lediglich zu, die Haltung des Bayerischen Kreises dem Kaiser referieren zu wollen, um diesem persönlich die Entscheidung über eine Annahme oder Ablehnung zu überlassen.⁵⁹⁷ Ferdinand II. entschied sich für Letzteres und entsandte Mitte Februar 1631 den Reichshofrat Georg Ulrich von Wolkenstein nach Salzburg und München, um von beiden Kreisausschreibern eine Erklärung für den Ausgang des Landshuter Kreistags einzufordern und über das weitere Vorgehen zu beraten.⁵⁹⁸ In seinen Vorträgen am Salzburger und Münchner Hof erhob Wolkenstein schwere Vorwürfe gegenüber Salzburg und Pfalz-Neuburg, die der Kaiser als die Hauptschuldigen an der geringen Kreishilfebewilligung identifiziert hatte⁵⁹⁹, und

 Vgl. Lori: Der Sammlung des baierischen Münzrechts zweyter Band, von 1564 bis 1664 (Anm. 65), S. 280.  Vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), Schreiben bzw. Kreditiv Kaiser Ferdinands II. für den zu Kurfürst Maximilian entsandten Reichshofrat Georg Ulrich von Wolkenstein, Wien, 17. Februar 1631, fol. 101r.  Erzbischof Paris gab daraufhin Wolkenstein eine Erklärung mit, in der die niedrige Bewilligungsbereitschaft des Erzstifts mit einer hohen Verschuldung des Domkapitels und rückläufigen

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erläuterte noch einmal, welche Gefahren der bayerische Kreisabschied für die gesamte kaiserliche Kriegsführung heraufbeschwören musste: Von den anderen Reichskreisen und ihren Ständen seien „die Maiste ohne daß der Religion halber zu disem werkh nit also genaigt“, zumal sie in der Vergangenheit schon durch Musterungs- und Sammelplätze, Einquartierungen und Durchzüge viel schwerer geschädigt worden seien als die bayerischen Kreisstände.⁶⁰⁰ Da nun der katholische Bayerische Reichskreis „ein unrühmbliches Exempel zue schädlichen nachfolg geben“, sei zu erwarten, dass die protestantischen Reichsstände „dahero ohne Zweifel vornemblich Vrsach vnd Anlaß erlangen werden, nicht allein weniger oder gar nichts zuuerwilligen vnd zu præstieren, sondern es würd auch an bösen fridthässigen subiectis befürdern, deren sich laider mehr als zuuil beÿ allen derselben Craissen befünden, nicht ermanglen, so jhre hoffnung darauf stellen, auch andere jres glaubens genossen einbilden werden, weil die Catholische selbsten, welche doch diser Krieg am allermaisten angeht, so wenig zu der sachen genaigt sich erzaigen, daß also diser vor kheinen Reichs Krieg zuachten, vnd jnen deswegen wohl erlaubt[,] entweder genzlich neuteral zu sein, oder auch woll gar auf die ander seiten zutretten.“⁶⁰¹ Nach dieser Sichtweise lag die Hauptproblematik des bayerischen Kreisabschieds weniger in der niedrigen Bewilligungshöhe an sich, als vielmehr seiner Symbolwirkung im Reich. In den Augen des Kaiserhofs demonstrierte er die Uneinigkeit und Unentschlossenheit des katholischen Lagers und musste somit aufwieglerische und separatistische Tendenzen unter den protestantischen Reichsständen massiv befördern. Damit geriet die gesamte kaiserliche Kriegslegitimation ins Wanken: Die Bemühungen zur Abwehr der schwedischen Invasion waren sowohl am Regensburger Kurfürstentag wie auch auf dem Landshuter Kreistag von kaiserlicher Seite als Kampf für die Integrität des Reiches deklariert worden, der wiederum die Mithilfe aller Reichsstände erfordere. In diesem Zusammenhang ist die explizite Verwendung des Wortes „Reichs Krieg“ in den Ausführungen Wolkensteins durchaus bemerkenswert. Auf dem Regensburger Kurfürstentag und dem Landshuter Kreistag war nirgendwo explizit von einem „Reichskrieg“ die Rede gewesen, wenngleich Schweden durchaus auf beiden Versammlungen des Öfteren als „Reichsfeind“ tituliert wurde.⁶⁰² Erst aus den

Einnahmen aus dem Bergbau und Salzhandel entschuldigt wurden, ebd., Erzbischof Paris an Kaiser Ferdinand II., Salzburg 28. Februar 1631 (Kopie), fol. 112– 115.  Vgl. ebd., fol. 109v.  BayHStA Kurbay Ä. A. 3615, Zitate fol. 109v–110r.  Bezüglich des Regensburger Kurfürstentags von 1630 komme ich zu diesem Ergebnis nach Durchsicht des edierten Materials in Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), sowie der Arbeiten von Brockmann, Gotthard und Kaiser. Zum

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Ausführungen des Reichshofrats Wolkenstein wird ersichtlich, dass Ferdinand II. die Einbindung der Reichskreise in seine Kriegsfinanzierung in besonderer Weise zur Legitimation seiner Kriegsführung zu nutzen beabsichtigt hatte: Nach der politischen Rückendeckung der Kurfürstenmehrheit in Regensburg 1630 sollten die Reichskreisbewilligungen wie ein zustimmendes Votum des übrigen Reiches zu den Kriegsanstrengungen des Kaisers interpretiert werden. Mit den Kreishilfebewilligungen als finanziellem und politischem Kapital hätte dann der für 1631 anstehende Feldzug gegen Schweden als „Reichskrieg“ geführt werden sollen, in dem sich der Kaiser als Verteidiger des gesamten Reiches hätte inszenieren können.⁶⁰³ Der Ausgang des Landshuter Kreistags hatte solchen Plänen vorerst einen Strich durch die Rechnung gemacht, nachdem der kaiserliche Standpunkt offensichtlich nicht einmal im katholischen Lager echten Rückhalt genoss. Auf den Kurfürsten von Bayern, der sich in Landshut noch als ein Fürsprecher des kaiserlichen Anliegens hervorgetan hatte, setzte der Wiener Hof jedoch weiterhin große Hoffnungen.⁶⁰⁴ Ob der Kaiser jedoch noch ein Vertrauen in die Bewilligungsbereitschaft eines weiteren bayerischen Kreistags hatte, muss bezweifelt werden, denn Wolkenstein sollte mit Maximilian auch die Möglichkeit einer Landshuter Kreistag von 1631 habe ich die einschlägigen Archivalien kurbayerischer Provenienz gesichtet, inklusive des Kreistagsprotokolls, BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), fol. 67– 85.  Ohne einen „Reichskrieg“ wäre auch die Verbindlichkeit zur Kriegsteilnahme aller Reichsstände nicht mehr gegeben,vgl. Moser:Von denen teutschen Reichs=Tags=Geschäften (Anm. 169), S. 737– 1130, hier vor allem S. 739. Moser weist darauf hin, dass die kaiserlichen Wahlkapitulationen bereits seit Karl V. die Führung von Reichskriegen gewissen Einschränkungen unterwerfen. Vor dem Westfälischen Frieden bedurfte ein Reichskrieg zumindest der Zustimmung der sechs Kurfürsten; vgl. ebd. S. 743 f. Zu Definitions- und Legitimationsproblematik von Reichskriegen im 16. und frühen 17. Jahrhundert vgl. ferner Helmut Neuhaus: Reichskreise und Reichskriege in der Frühen Neuzeit, in: Reichskreis und Territorium (Anm. 31), S. 71– 85, vor allem S. 77 f. Neuhaus geht an dieser Stelle jedoch nicht dezidiert auf die Reichskriegsproblematik in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges ein. Einen ausführlichen rechtsgeschichtlichen Überblick bietet ders.: „Reichskrieg“, in: HRG 4, hrsg. v. Adalbert Erler/Ekkehard Kaufmann. Berlin 1986, Sp. 687– 693. Einen kulturgeschichtlichen Zugang zur Reichskriegsthematik vor allem für die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts bietet: Johannes Burkhardt/Jutta Schumann: Reichskriege in der frühneuzeitlichen Bildpublizistik, in: Bilder des Reiches. Tagung in Kooperation mit der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft und der Professur für Geschichte der Frühen Neuzeit der Katholischen Universität Eichstätt im Schwäbischen Bildungszentrum Kloster Irsee vom 20. März bis 23. März 1994, hrsg. v. Rainer A. Müller (Irseer Schriften, 4). Sigmaringen 1997, S. 51– 95.  Wolkenstein betonte gleich zu Beginn seines Vortrags vor Maximilian, dem Kaiserhof sei sehr wohl bewusst, dass alle Verantwortung für die schlechten Kreistagsbeschlüsse bei Salzburg und Pfalz-Neuburg gesucht werden müsse. Vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), Georg Ulrich Freiherr von Wolkenstein an Kurfürst Maximilian, München, 5. März 1631, fol. 108r.

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Umgehung einer erneuten bayerischen Kreisversammlung erörtern und sich beim Kurfürsten erkundigen, „ob dieselbe [Kurfürst Maximilian] für nottwendig erachten, daß hierzu die gesambte Craiß Stendt abermahl an einen gewissen orth beschriben werden, oder aber beide Ausschreibende Chur: vnd fürsten alß Directoren dero hochnottwendige replicam von mir anhören, vnd sich darauf ercleren wöllen, Alß Jr Kaÿ: Mtt: dann gar nit zweiflen wolten, daß Sÿ der sachen seithero mehrers nachgedacht, vnd derentwegen von den andern Stenden hierzu genugsamben gewalt haben würden.“ ⁶⁰⁵ Der kaiserliche Gesandte ließ damit erkennen, dass Ferdinand II. in diesem Fall zu einer erstaunlich weitreichenden Interpretation der „Amtsgewalt“ von Kreisausschreibenden Fürsten gewillt war, sofern dies ihm eine höhere Kreishilfe einbringen würde: Er hielt es offenbar in der momentanen Situation für vertretbar, dass die beiden Kreisausschreibenden Fürsten den Landshuter Kreisabschied ohne die erneute Konsultierung eines Kreiskonvents abänderten. Auf welcher (reichs‐)rechtlichen Grundlage diese besonderen Rechte Kurbayerns und Salzburgs jedoch genau fundiert seien bzw. zu welchem Zeitpunkt die anderen Kreisstände die Kreisausschreibenden Fürsten zu einem solchen Vorgehen legitimiert haben sollten, war den Ausführungen des kaiserlichen Gesandten bezeichnenderweise nicht zu entnehmen. Allerdings führte Wolkenstein Kurfürst Maximilian auch eindringlich vor Augen, dass der Kaiser in Bezug auf seine Kriegsfinanzierung in keinem Fall dazu bereit war, auf Beiträge aus dem Reich zu verzichten. Ohne ausreichende Kreisbewilligungen würde sich das Reichsoberhaupt dazu gezwungen sehen, „aus ermanglung anderer Rettungsmittel, den vorigen dero Jrer [Majestät] ganz widrigen der vnumbgenglichen Nottwendigkeit halber aber gebrauchten modum der militarischen Anlagen, vnnd Executionen zugebrauchen“, obwohl der Kaiser mittlerweile „leider gar zuuill im werckh erfahren, mit was geringen der Stendt Vortl solcher gbraucht worden“.⁶⁰⁶ Dabei sei gerade dieses militärische Kontributionssystem auf Drängen der Kurfürsten und aufgrund von Beschwerden aus dem ganzen Reich gemäß den Beschlüssen des Regensburger Kurfürstentags „vermittelst besserer ordnung allerdings eingestelt“ worden, damit „ein besorgender Allgemeiner Aufstandt im Reich verhüttet werden möchte“.⁶⁰⁷ Sollte es nun aber zu einem solchen Aufbegehren im Reich kommen, könnten gerade diejenigen, die der Gefahr am weitesten entfernt und sicher schienen, in ihrer Arglosigkeit ein bevorzugtes Angriffsziel der Feinde werden. Daher benötige auch der Bayerische Reichskreis

 Ebd., fol. 109r.  Ebd., fol. 109 f.  Ebd., fol. 110r.

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den Schutz der kaiserlichen Armada.⁶⁰⁸ Deshalb müsse der Kurfürst in Erwägung der Not des Vaterlands auch den geringeren Ständen im Reich und im Reichskreis „ain Rüehmbliches Exempel“ sein, zumal der Feind schon tiefer im Reich stehe und mehr Zulauf erhalte als beim letzten großen Einbruch.⁶⁰⁹ Maximilian dürfe also nichts unternehmen, was dem Unterhalt der beiden katholischen Heere abträglich sein könnte. Der Bayernherzog gab ohne Zögern sein Einverständnis zur Ausschreibung eines neuen Kreistags, ging jedoch nicht weiter auf den Vorschlag ein, als Kreisausschreibender Fürst allein im Einvernehmen mit Salzburg dem Kaiser höhere Hilfsgelder im Namen des ganzen Bayerischen Reichskreises zu bewilligen.⁶¹⁰ Stattdessen garantierte er seine erneute Unterstützung kaiserlicher Geldforderungen auf dem nächsten Kreistag. Bis dahin mahnte Maximilian eine größtmögliche Zurückhaltung bei militärischen Kontributionserhebungen an und verwies auf die diesbezüglichen Debatten auf dem jüngsten Kurfürstentag. Seiner Meinung nach würden von einer derartigen Heeresfinanzierungspraxis letztlich nur die zu Exekutionszwecken in die entsprechenden Orte eingelegten Soldaten profitieren, nicht aber die im Feld vor dem Feind liegenden Truppen. Dagegen seien mit Einquartierungen belegte Gebiete für Steuererhebungen nicht mehr zu gebrauchen und die drangsalierte Bevölkerung könnte sogar zu einem Aufstand verleitet werden. Nur durch eine Rückkehr zu regulären Besteuerungsweisen könnten diese Gefahren umgangen werden – weshalb ein weiterer Kreistag unumgänglich sei.⁶¹¹ Noch stand der Bayernherzog fest hinter den in Regensburg ausgehandelten Vereinbarungen. Auch der Kaiser schien trotz gewisser Zweifel nach wie vor zu einer Reform seiner Heeresfinanzierung über Reichskreise bereit zu sein, allerdings nur, sofern sie sich als echte Alternative zu Zwangskontributionen erweisen sollte. Doch vorerst hatte der Misserfolg des Landshuter Kreistags alle bisherigen Planungen um viele Wochen zurückgeworfen. So war es den protestantischen Reichs- und Kreisständen unter Führung Kursachsens in der Zwischenzeit möglich geworden, eine ganz eigene Kreispolitik zu betreiben, die weitreichende Fakten schuf.

   

Vgl. ebd., fol. 110v. Gemeint ist der Dänisch-Niedersächsische Krieg. Vgl. ebd., Kurfürst Maximilian an Kaiser Ferdinand II., 06. März 1631 (Konzept), fol. 116 – 119. Vgl. ebd., fol. 119r.

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4.4 Die Wankelmütigkeit kurbayerischer Kreispolitik und der Fortgang der Heeresreformpläne Noch ehe der kaiserliche Kommissar seine Gespräche in München und Salzburg abgeschlossen hatte und dem Kaiser in Wien Bericht erstatten konnte, schienen sich die schlimmsten Befürchtungen der Katholiken über die Entwicklung im protestantischen Teil des Reiches tatsächlich zu bewahrheiten.⁶¹² Ende Februar hatten sich die wichtigsten protestantischen Reichsstände auf Einladung des sächsischen Kurfürsten in Leipzig zusammengefunden und Beratungen über den Aufbau einer eigenen Verteidigungsorganisation angestellt.⁶¹³ Der auf dieser Versammlung begründete „Leipziger Bund“ wurde von katholischer Seite nicht nur von Beginn an als potentieller militärischer Gegner angesehen, er bedrohte auch die Umsetzung der von katholischer Seite projektierten Heeresfinanzierung über Reichskreisbewilligungen. Nach den Regensburger Vereinbarungen sollte der Kaiser finanzielle Mittel nur von denjenigen Ständen erhalten, die keine Mitglieder der Liga waren, also vorwiegend Protestanten. Wie würden diese Stände auf künftige Kontributionsforderungen reagieren, sollten sie erst einmal selbst über größere eigene Truppenverbände verfügen? Am Kaiserhof erkannte man die Eigendynamik der konfessionellen Polarisierung im Reich durchaus und sorgte sich, dass sich das Zeitfenster für eine erfolgreiche Einwerbung reichsweiter Kreishilfen offensichtlich in Bälde schließen würde. Der Misserfolg des ersten bayerischen Kreistags musste möglichst rasch wettgemacht werden und auch die Ausschreibung von Kreistagen in anderen Teilen des Reiches duldete keinen weiteren Aufschub mehr. Dennoch sollte noch einmal der Bayerische Kreis den Anfang machen, wenn auch nur noch wenige Tage vor den übrigen Kreistagen. Bereits Ende März 1631, noch während die Protestanten in Leipzig tagten, erhielten die beiden bayerischen Kreistagsausschreiber eine entsprechende kaiserliche Aufforderung zur Einberufung eines neuen Kreistags.⁶¹⁴ Salzburg und Kurbayern setzten daraufhin den 18. Mai als Beginn des nächsten bayerischen

 Die Gesandteninstruktion ist datiert Wien, 17. Februar 1631, vgl. fol. 101r. Die Verhandlungen zwischen Wolkenstein und Maximilian in München fanden am 5. März 1631 statt, das Antwortschreiben Maximilians an den Kaiser datiert auf den 6. März, vgl. ebd., fol. 103r–104v.  Vgl. Kap. I.3., „Die Reichskreise, Kursachsen und der Leipziger Bund“ im zweiten Hauptkapitel dieser Arbeit.  Kaiser Ferdinand II. begründete sein Anliegen mit einer zunehmenden Gefahr für das „Katholische Wesen“ und mit der Übereinkunft des Regensburger Kurfürstentags, die nunmehr endlich in die Praxis umgesetzt werden müsse, vgl. Kaiser Ferdinand II. an Kurfürst Maximilian und Erzbischof Paris, Wien, 26. März 1631, ebd., fol. 125r – 126r.

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Kreiskonvents in Landshut fest.⁶¹⁵ In dem Monat zwischen Ausschreibung und Zusammentreten des Kreistags änderte sich die militärisch-politische Gesamtsituation im Reich jedoch erheblich: Der Leipziger Konvent der Protestanten war am 4. April 1631 zu Ende gegangen und hatte die Aufstellung einer umfassenden protestantischen Streitmacht beschlossen.⁶¹⁶ Dies war zwar noch keine Kriegserklärung an Kaiser und Liga, beunruhigte Kurfürst Maximilian aber offenbar derart, dass er eine radikale Wende seiner Politik im Bayerischen Reichskreis vornahm. Er entsandte seinen Vertrauten Johann Mändl nach Salzburg, um sich mit Erzbischof Paris über das Vorgehen auf dem anstehenden Kreistag abzusprechen.⁶¹⁷ Den Zwischenberichten des Gesandten ist zu entnehmen, dass Maximilian dem Erzbischof nun ausdrücklich die Verweigerung einer Geldbewilligung an den Kaiser nahe legte, um stattdessen eine eigene Armee des Bayerischen Reichskreises von 2 000 Mann zu Fuß und 300 bis 400 Reitern zum Schutz strategischer Orte an den Kreisgrenzen aufzustellen.⁶¹⁸ Der Salzburger zeigte sich zwar von der Idee angetan, hielt aber bereits eine deutlich kleinere Kreisarmee für ausreichend.⁶¹⁹ Mit Hinweis auf eine angeblich schlechte finanzielle Lage seines Erzbistums schlug Paris vor, die zuletzt bewilligte Geldhilfe an den Kaiser auf dem anstehenden Kreistag rückwirkend in eine Truppenhilfe umzuwandeln. Schließlich würde eine solche Kreisarmee auch zur Entlastung der Kaiserlichen dienen und könnte in die Truppen der Habsburger eingegliedert werden, wenn man sie nicht mehr unmittelbar im Bayerischen Reichskreis benötige.⁶²⁰

 Kopien des Kreisausschreibens finden sich ebd., fol. 149r – 150r.  Vgl. Kap. I.3.3, „Der Leipziger Konvent und die Begründung des ‚Leipziger Bundesʻ“ im zweiten Hauptkapitel dieser Arbeit, hier insbesondere Tabelle 7.  Zu Johann Freiherr von Mändl vgl. zuletzt Harro Raster: Johann Freiherr von Mändl (1588 – 1666). Aufstieg und Fall des kurbayerischen Hofkammerpräsidenten. Passau 2012.  Vgl. ebd., fol. 144 f. Zur Genese und Verwendung von Religionskriegsvokabular im reichsständischen Kontext im Vorfeld und während des Dreißigjährigen Krieges vgl. Bent Jörgensen: Konfessionelle Selbst- und Fremdbezeichnungen im 16. Jahrhundert (Colloquia Augustana). Berlin 2014, insbesondere S. 288 – 304. Vgl. ferner Johannes Burkhardt: Religionskrieg, in: Theologische Realenzyklopädie (TRE), S. 681– 687.  Der Erzbischof von Salzburg habe zwar die begrenzten finanziellen Mittel seines Erzbistums betont, zugleich aber auch erklärt, „daß sÿ die höchste gefahr vnnd nottwendigkheit dero defension zue genügen begriffen, vnnd zur E: Chur: Frtl: drl: gnädigsten Intention vnnd mainung gern beifallen (zumassen sÿ vorhero auch darauf gedacht hetten)“. Man könne dazu die zuletzt bewilligte Geldhilfe an den Kaiser in eine Truppenhilfe umwandeln, schließlich diene das dem Kaiser ebenso. Man denke daher an 1.000 – 1.200 Mann zu Fuß und 200 Reiter. vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), Bericht Mändls an Kurfürst Maximilian, Salzburg, 10. Mai 1631, fol. 144r– 146v, Zitat fol. 144v.  Vgl. ebd., fol. 144v.

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Ein solcher Schritt – die rückwirkende Umwandlung einer Kreiskontribution an den Kaiser zugunsten einer Kreisdefension – war ein bisher völlig unerhörter Vorgang ohne Beispiele in der Reichskreisgeschichte.⁶²¹ Ein schwerer Konflikt mit Kaiser Ferdinand II. war damit absehbar, denn eine Revision des Kreisabschieds vom Januar würde bedeuten, dass das Reichsoberhaupt nun überhaupt keine Geldhilfe aus dem Bayerischen Reichskreis mehr erhalten würde. Zudem war die einseitige Widerrufung einer schon vor Monaten gegebenen Zahlungszusage an sich schon ein Affront gegenüber dem Kaiser. Dies war Kurfürst Maximilian und Erzbischof Paris zweifellos bewusst, denn sie vereinbarten miteinander ein striktes Stillschweigen gegenüber dem Kaiser, der vorerst nichts über das salzburgisch-bayerische Kreisarmeeprojekt erfahren und erst auf dem Kreistag vor vollendete Tatsachen gestellt werden sollte. Bis dahin wollten sich Salzburg und Kurbayern auf ausschließlich informellen Wegen „in gehaim“ mit den wichtigsten anderen Fürsten des Bayerischen Kreises absprechen, um schon vor Beginn der Kreisversammlung eine sichere Mehrheit für ihren Plan zu organisieren.⁶²² Nachdem Erzbischof Paris unmittelbar vor Beginn des Kreistags vom Ligageneral Tilly einen in offenbar (absichtlich?) besonders dramatischen Worten verfassten militärischen Lagebericht erhalten hatte, willigte er auch in die Unterstützung der von Kurbayern geforderten höheren Truppenanzahl ein.⁶²³ Der kommende Kreistag war von Maximilian in seinem Sinne perfekt vorbereitet worden. Dieser trat schließlich Mitte Mai 1631 in Landshut zusammen, zu dem sich auch wieder kaiserliche Kommissare einfanden, denen der Bischof von Regens-

 Der Vorgang findet beiläufige Erwähnung bei Nadler: Der Bayerische Reichskreis im europäischen Konflikt des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 50), hier S. 311, 312 Anm. 32. Jedoch erkennt und würdigt Nadler die Beispiellosigkeit dieses Falls nicht. Hinweise für ein vergleichbares Vorgehen bei früheren Versammlungen waren in der Literatur (Dotzauer, Hartmann) nicht ausfindig zu machen.  „Was aber die notification dises Vorhabens belangt, erachten Jr hochfrt: drl: [= Erzbischof Paris, FS] nit rathsam zusein, annderen Craißstende etwas schrifftliches anzedeitten, weillen die Sachen gegen Jre Khaÿ: Maÿ: verleuft, vnnd nit verschwigen bleiben würde, sonder vorerst ainem vnfürgreifflich, E: Churfl: drl: khunden des Herrn Bischoffen zu Freising vnd Regenspurg fl. dl. dl. dl. hievon in gehaim andeittung thun lassen, dann Passau hette sich durch den herrn Administratorn, welcher diser Tägen alhie gewesen, erclert, daß sÿ sich mit dem Salzburgischen Voto vergleichen wollten, Vnd woferner es E: Churfl: drl: gndst beliebt, so khundte Ich in meinem hinausraisen den Canzler von Berchtesgaden auch dahin informieren, also daß man dergestalt die maiora vnnd vornembste vota, von welchen die annderen sich nit leichtlich absöndern, erlangt hette.“ BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), Bericht Mändls an Kurfürst Maximilian, Salzburg, 10. Mai 1631, fol. 145v–146r.  Vgl. ebd., fol. 148r (Post Scriptum).

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burg in Person vorstand.⁶²⁴ Diese gaben sich in ihrer schriftlich wie mündlich vorgebrachten Proposition größte Mühe, das Anliegen Kaiser Ferdinands II. diesmal zu einem Erfolg zu bringen, und appellierten angesichts einer klaren katholischen Kreistagsmehrheit vor allem an die innerkatholische Solidarität. In ihrem Vortrag konstruierten sie ein Schreckensszenario, wonach sich verschiedenste ausländische Mächte zu einem Offensivbündnis gegen die katholischen Stände des Reiches verschworen hätten. Demnach drohten dem Reich Angriffe von Seiten der Schweden, Niederländer, Engländer und Franzosen, die letztlich alle zulasten der katholischen Teile des Reiches gingen⁶²⁵: „Also daß dises grausame wetter zu besorgen nur maissten[s] die Catholische Cur-Fürsten vnd Stend betreffen, ja wol die Catholische Religion in ganzem Teutschland periclitirn oder gar zu grundt gehen mechte.“⁶²⁶ Dem Kaiser als dem Schutzherrn des Katholizismus und damit auch der katholischen bayerischen Kreisstände gebühre deshalb eine großzügige Unterstützung aus dem Bayerischen Reichskreis, die sich auf insgesamt 96 Römermonate, wenigsten aber 72 belaufen müsse, worauf die bewilligten 30 Römermonate vom Januar angerechnet werden könnten.⁶²⁷ In Folge der kurbayerischen Geheimdiplomatie im Vorfeld des Kreistags hatten die kaiserlichen Forderungen jedoch keinerlei Realisierungschancen. Stattdessen konnte Kurbayern den Kreistag ganz auf seine Seite ziehen und sich mit seiner Beurteilung der Gefahrenlage für den Bayerischen Reichskreis durchsetzen.⁶²⁸ Die kurbayerischen Gesandten ließen die versammelten Kreisstände wissen, dass sich die Zeitläufte nach Meinung Kurfürst Maximilians seit dem letzten Kreistag erheblich geändert hätten, und die eigentliche Gefahr für den  Den besten Einblick in den Ablauf des Kreistags und seine einzelnen Sitzungen bietet das „Protocollu[m], was auf deme nacher Landtshut auf den 18. Maÿ Ao 1631 ausgeschribnen Craißtag gehandelt vnd beschlossen worden“ ebd., fol. 243r–256v. Die beiden kaiserlichen Kommissare waren Bischof Albrecht von Regensburg und Sigmund von Mühlheim. Der Bischof war zugleich bayerischer Kreisstand, stimmte aber nicht persönlich für das Hochstift Regensburg ab, das durch eine eigene Kreistagsdelegation vertreten war.  Protokollauszug, 19. Mai, Vormittag (ante prandium), erste Sitzung: „Die gefahr sei nunmehr vil grösser, der Schwed habe nit allein Franckhfurt an der Oder erobert, sondern nähere sich täglich dem Königreich Böheim, vnd dessen incorporirten Landen, der mainung ainen aufstand bei den vnderthanen vnd einen zufahl von vilen Reichsstenden zuerwerken.“ Zudem stünden die Holländer mit Schweden im Bündnis. Auch der französische König, der gerade erst seine Verbindung mit Schweden erneuert habe, hege Angriffspläne. Außerdem seien englische Truppen schon gegen das Reich im Anmarsch. Vgl. ebd., fol. 243r.  Ebd., fol. 243v.  Vgl. ebd., fol. 244r.  Die folgenden Zitate sind der Instruktion für die kurbayerischen Kreistagsgesandten entnommen, München, 15. Mai 1631, ebd. fol. 175 – 182. Ein Entwurf der Instruktion findet sich ebd., fol. 165 – 174.

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Bayerischen Reichskreis nun nicht mehr vom Ausland ausginge, sondern den „herobigen Craissen“, aus denen in Folge der Gründung des Leipziger Bundes ein „starckhes Khriegsgeschraÿ“ zu vernehmen und großangelegte Söldneranwerbungen festzustellen seien.⁶²⁹ Darauf müsse man reagieren und sich selbst gegen Durchzüge und Einquartierungen fremder Heere sichern. Maximilian habe sich deshalb im Rahmen seiner Amtspflichten als Kreisobrist bereits mit Salzburg über entsprechende Gegenmaßnahmen „in nachbarlichem Vertrauen“ abgesprochen und eine Kreisverfassung für gut befunden. Da eine Kreisarmee „auch ihrer Maÿtt: vnnd dem gemainen wesen zu diensten geraicht“⁶³⁰, könne man dafür die schon bewilligten oder auf diesem Kreistag noch zusätzlich zu beschließenden Geldhilfen an den Kaiser umfunktionieren. Die kurbayerische Sicht fand erwartungsgemäß ihre Unterstützung durch Salzburg, Gegenstimmen durch kleinere Kreisstände blieben aus, obwohl einige von ihnen lediglich auf die Bewilligung einer Geldhilfe instruiert waren.⁶³¹ Nachdem jedoch außer Kurbayern, Salzburg und Pfalz-Neuburg alle übrigen Kreisstände üblicherweise ihre Beiträge zu einer Kreisdefension nicht in Truppen, sondern in Geldzahlungen leisteten, was Kurbayern ihnen auch diesmal ausdrücklich anbot⁶³², erklärten sich auch die anders instruierten kleineren Stände mit den kurbayerischen Plänen einverstanden.⁶³³ Selbst das bisher noch nicht in die Kreisdefensionspläne eingeweihte Pfalz-Neuburg, das dem Kaiser eigentlich 60 Römermonate in bar bewilligen wollte, ließ sich durch die beiden Meinungsführer des Kreises umstimmen.⁶³⁴ Nach Abschluss der Beratungen unter Ausschluss der kaiserlichen Kommissare wurde diesen der Beschluss mitgeteilt,  Vgl. ebd., fol. 175v–176r.  Ebd., fol. 176v.  Vgl. ebd. Die Vertreter der Reichsstadt Regensburg ließen sich noch während des Kreistags eiligst neue Instruktionen ihrer Dienstherren übermitteln. Nur die vier kleineren Kreisstände Leuchtenberg, Wolfstein, Ortenburg und Obermünster ließen in den Kreisabschied setzen, sie seien „in specie auf die Geldhülf instruiret gewest, und dahero aus solch ihren habenden Instructionen nicht schreiten wollen noch künten, sondern diesen per majora gemachten Schluß auf ein Nothhülff ad referendum genommen haben;“, Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 284.  Vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), fol. 178v.  So ließen etwa die Vertreter Passaus im Kreistagsprotokoll vermerken, dass sie zwar nur auf eine Geldhilfe in Höhe von 40 Römermonaten instruiert seien, „dieweil es aber in effect ains dings ist, wollen sie sich auf aine solche volckhhilfe einlassen, als vil 40 Monat belaufft.“ Zitiert gemäß dem Kreistagsprotokoll, 20 Mai ante prandium, fol. 244v.  Die Unterredung der Kurbayern mit den Pfalz-Neuburgern ist dokumentiert in einem Zwischenbericht der kurbayerischen Gesandten für Kurfürst Maximilian über sämtliche Separatverhandlungen am Rande des Kreistags, Landshut 19. Mai 1631, ebd., fol. 273. Weitere Zwischenberichte der kurbayerischen Gesandten vom 20. und 22. Mai finden sich ebd., fol. 279 – 281.

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der die Umwandlung der Geldzusage vom Januar in eine Kreisdefension zur Anwerbung und sechsmonatigen Besoldung einer Kreisarmee von 2 100 Fußsoldaten und 300 Reitern vorsah.⁶³⁵ Die umgehenden Nachverhandlungswünsche der Kaiserlichen führten nur zu dem Resultat, dass der Kreistag eine Aufstockung der Kreistruppe um weitere 300 Fußsoldaten versprach, was den Gegenwert von 35, statt wie bisher 30 Römermonaten entsprach.⁶³⁶ Zugleich wurde den kaiserlichen Kommissaren noch mitgeteilt, dass den Kreisständen „doppelt contribuiren […] die pure lauttere vnmögligkheit“ sei.⁶³⁷ Offenbar reagierten die kaiserlichen Kommissare nach der Übergabe der letzten Kreistagsresolution äußerst ungehalten und machten einzelnen Kreisständen schwere Vorwürfe⁶³⁸, doch es blieb bei der beschlossenen Kreisdefension.⁶³⁹ Am Kaiserhof rief die Nachricht von den Beschlüssen des Bayerischen Reichskreises ebenfalls umgehend Empörung hervor. Wie schon in Folge des vorangegangenen Landshuter Kreistags im Januar war Ferdinand II. auch diesmal keineswegs gewillt, eine Missachtung seiner Wünsche auf Kreisebene einfach hinzunehmen. Neben Protestschreiben nach München⁶⁴⁰ und Salzburg wandte sich der Kaiser nun auch an den Mainzer Kurfürsten Anselm Casimir, der seinen ganzen Einfluss als Reichserzkanzler und führendes Mitglied der Liga gegenüber den bayerischen Kreisständen geltend machen sollte, allen voran gegenüber dem Bayernherzog, um umgehend eine Revision des jüngsten bayerischen Kreisabschieds zu erreichen.⁶⁴¹ Ferdinand II. wies sowohl Maximilian wie auch Anselm Casimir nochmals auf die Unvereinbarkeit des Kreisabschieds mit den Be-

 Vgl. ebd., Erste schriftliche Erklärung des Kreistags, (Entwurf), fol. 27– 30.  Vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3614 (Anm. 188), fol. 33r.  Vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3614 (Anm. 188), fol. 34v.  Die Anschuldigungen fanden zwar in ihrem Wortlaut keinen Eingang in das kurbayerische Kreistagsprotokoll, veranlassten aber den Gesandten Salzburgs zu dem Ausspruch: „Haben der Erzstift bei disen vnwesen bishero vil spendiert, vnd dahero Ir Maÿ: nit Vrsach, jm zutroen.“ Zitat gemäß dem kurbayerischen Kreistagsprotokoll für die Kreistagssession vom 22. Mai 1631, BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), fol. 253v. Noch am letzten Tag des Kreistags brachten Salzburg und Pfalz-Neuburg den Antrag ein, die Kreistagsgesandten mögen sich noch einmal schriftlich gegen den anmaßenden Ton der Replik der Kaiserlichen vom Vortag erklären. Der Vorstoß fand jedoch keine Mehrheit. Vgl. ebd., fol. 255v.  Der Originalabschied des Kreistags von Landshut vom 25. Mai 1631 findet sich unter BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3614 (Anm. 188), fol. 261– 271. Eine Edition bietet Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 282– 288, der „Schluß der Stände, anstatt der Geldhülf Volk zu werben“ als §3 auf S. 284.  Vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), Kaiser Ferdinand II. an Kurfürst Maximilian, Wien, 4. Juni 1631, fol. 289r–290v.  Vgl. OeStA HHStA Wien: MEA Kreisakten in Genere 17, Kaiser Ferdinand II. an Kurfürst Anselm Casimir, Wien, 4. Juni, fol. 107r–108r.

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schlüssen des Regensburger Kurfürstentags hin und beschwor die verheerenden Konsequenzen, die „dieser ganz unverhoffte Schluß“⁶⁴² des Bayerischen Reichskreises im ganzen Reich nach sich ziehen würde, „dieweil disem Exempel die andere Craiß vnzweifenlich nachfolgen werden“.⁶⁴³ Beiden Kurfürsten führte der Kaiser vor Augen, dass alle bisherigen Reichskriegsplanungen gegen Schweden unmittelbar vor dem Scheitern standen: „Derohalber vnd dieweil Wir der gestalt den vorigen klagen der Militarischen Execution halber kheinen Rath nit wissen, Vns beÿ solcher beschaffenhait auch ohne des Reichs Zuthun vnd hülff einen Reichskrieg zuführen vnmüglich fallen will.“ ⁶⁴⁴ Der vom Kaiser diesmal als Hauptschuldiger ausgemachte Maximilian versuchte in seinem Antwortschreiben seine eigene Verantwortung für die Landshuter Beschlüsse auf die Gesamtheit des Bayerischen Reichskreises abzuwälzen und betonte zugleich die hehren Absichten der Kreisdefension, die schließlich nach einhelliger Meinung aller bayerischen Kreisstände „in effectu“ dem Kaiser diene „vnd in partem oder ringerung dero Kaiserlichen Kriegsverfassung geraiche“, da die Kreisarmee das bayerische Vorfeld der kaiserlichen Erblande schütze.⁶⁴⁵ Auf die Vereinbarkeit des Kreisabschieds mit den Beschlüssen des Regensburger Kurfürstentags ging Maximilian aber mit keinem Wort mehr ein. Doch zugleich ließ er dem Kaiser signalisieren, dass er gewillt wäre, den jüngsten Kreisabschied zugunsten einer Kompromisslösung nochmals zur Disposition zu stellen: Sollte sich der Kaiser tatsächlich in solchen finanziellen Problemen befinden, dass er unter allen Umständen auf eine Geldhilfe angewiesen sei, so würde sich Kurbayern gegenüber seinen Mitkreisständen für eine Rückkehr zum Kreistagsbeschluss vom Januar einsetzen, den man wieder in Kraft setzen könne, und dem Kaiser die darin vereinbarten Gelder doch noch auszahlen.⁶⁴⁶ An eine erneute Einberufung eines Kreistags hatte Maximilian dabei nicht gedacht, wodurch sein Vorschlag gewisse Ähnlichkeiten mit jenem des Kaisers vom April 1631 aufwies, der schon einmal Kurbayern und Salzburg das Recht

 BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), fol. 289v; wortgetreu identische Formulierung in OeStA HHStA Wien: MEA Kreisakten in Genere 17 (Anm. 641), fol. 107v.  „Sodann Vnns hierdurch, auch der besorgenden schädlichen consequenz willen, gleichsamb alle hoffnung abgeschnitten, zue vnderhaltung Vnserer Kaÿ: Armada, dieweil disem Exempel die andere Craiß vnzweifenlich nachfolgen werden, aus dem Reich ainige mittel zuerlangen;“ BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), fol. 289v.Vgl. auch OeStA HHStA Wien: MEA Kreisakten in Genere 17 (Anm. 641), fol. 107v.  BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), fol. 289v. Vgl. auch OeStA HHStA Wien: MEA Kreisakten in Genere 17 (Anm. 641), fol. 107v.  Vgl. das Antwortschreiben Kurfürst Maximilians an Kaiser Ferdinand II., München, 21. Juni 1631 (Konzept), BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), Zitate fol. 292r.  Vgl. ebd., fol. 292r.

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zubilligen wollte, als Kreisausschreibende Fürsten neue Kreishilfen im Namen des ganzen Reichskreises ohne einen Kreistag zu beschließen. Erzbischof Paris zeigte sich mit einem solchen Vorgehen einverstanden⁶⁴⁷, und versandte am 2. Juli 1631 gemeinsam mit Maximilian ein entsprechendes Rundschreiben an alle bayerischen Kreisstände, aus dem klar hervorging, was die beiden Fürsten zu ihrer erneuten Kehrtwende bewogen hatte:⁶⁴⁸ Kurbayern und Salzburg warnten ihre Mitkreisstände vor der „Kriegsbereittschaft“, von der die Protestanten des dem Bayerischen Reichskreis benachbarten Schwäbischen Kreises erfasst worden seien, gegen die der Kaiser schon eigene Rüstungen vorgenommen habe.⁶⁴⁹ In dieser Situation sei es dem Bayerischen Reichskreis dienlicher, seine eigene Kreisdefension zugunsten einer finanziellen Satisfaktion für den Kaiser aufzugeben, dessen Armee dafür den Schutz des Kreises besser übernehmen könne.⁶⁵⁰ Zwar wurden die Kreisstände noch aufgefordert, ihr Einverständnis zu einem solchen Vorgehen schriftlich zu erklären, aber eine echte Entscheidungsfreiheit war nicht mehr vorgesehen: Kurfürst Maximilian hatte bereits am Tag des Kreisausschreibens dem Kaiser die sichere Zustimmung des Bayerischen Reichskreises zu einer Geldhilfe von nunmehr sogar 40 Römermonaten verkündet.⁶⁵¹ Offensichtlich hatte sich in Salzburg und München doch noch die Einschätzung durchgesetzt, dass der militärische Nutzen einer verhältnismäßig kleinen bayerischen Kreisarmee es nicht wert war, in einer mittlerweile äußerst kritisch gewordenen militärischen Situation die bayerisch-habsburgischen Beziehungen und mit ihr den Zusammenhalt des gesamten katholischen Lagers im Reich weiter

 Vgl. ebd., Kurfürst Maximilian an Erzbischof Paris (Kommunikation einer Abschrift des kaiserlichen Schreibens mit einem neuen Vorschlag), München, 23. Juni 1631 (Konzept), fol. 293v. Antwortschreiben des Erzbischofs ebd., Salzburg, 28. Juni 1631, fol. 294r.  Vgl. ebd., Kreisausschreiben im Namen Kurbayerns und Salzburgs an alle bayerischen Kreisstände (Konzept), 2. Juli 1631, fol. 299r–303r. Durch die Einholung der Unterschrift des Salzburger Erzbischofs verzögerte sich der Versand der Schreiben bis zum 10. Juli, vgl. ebd., fol. 303r, 310r.  Vgl. ebd., fol. 299v.  Eine Satisfaktionsleistung sei auch deshalb angebracht, da der Kaiser den letzten Kreisabschied „etwas übel aufgenommen“ habe. Vgl. ebd., fol. 299r.  Er ließ sich jedoch die Möglichkeit offen, bereits geworbene Kreistruppen gegen Anrechnung der kaiserlichen Armee zu überstellen. Vgl. ebd., Kurfürst Maximilian an Kaiser Ferdinand II., München 2. Juli 1631 (Konzept),fol. 301r. Kurbayerische Räte hatten im Vorfeld der Zahlungszusage an den Kaiser den Ertrag von 40 Römermonaten des Reichskreises errechnet. Nach den geltenden Kreismatrikeln bestünde der Gegenwert aus 250.133 fl. 20 kr. Da Kurbayern, Salzburg und PfalzNeuburg ihren Anteil jedoch durch Truppenstellungen entrichten würden, müsse man ihre Quote abziehen. Nachdem auch von Freising, Passau, Leuchtenberg und Ortenburg keine raschen Zahlungen zu erwarten seien, könnten 40 Römermonate vorerst nur etwa 73.333 fl. 20 kr. an Bargeld einbringen. Vgl. ebd., fol. 297 f.

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einer Zerreißprobe auszusetzen. Dafür waren die beiden Kreisausschreibenden Fürsten auch bereit, bisher völlig ungewöhnliche Maßnahmen im Bayerischen Reichskreis zu ergreifen und Kreistagsbeschlüsse nach eigenem Gutdünken abzuändern.

4.5 Die Blockade der rheinischen Reichskreise Doch zu diesem Zeitpunkt hatte die Wankelmütigkeit des Bayerischen Reichskreises längst den ursprünglichen Heeresreformplänen von 1630 jede Realisierungschance genommen. Anstatt eine positive Vorreiterrolle einzunehmen, hatten die bayerischen Kreisstände ein Negativexempel abgegeben. Auch der zwischenzeitlich vom Kaiser um Rat und Hilfe ersuchte Mainzer Kurfürst Anselm Casimir erwies sich in dieser Situation als keine große Hilfe. Immerhin wandte sich der Mainzer auf kaiserlichen Wunsch noch unmittelbar nach dem zweiten Landshuter Kreistag in mahnenden Worten an Maximilian von Bayern, um von diesem die Einhaltung der Regensburger Beschlüsse einzufordern. Dabei erinnerte Anselm Casimir Maximilian daran, dass „das medium der Craißsteüer“ zur Heeresfinanzierung gar keine originäre Idee des Kaisers, sondern der Kurfürsten gewesen war.⁶⁵² Allerdings agierte Anselm Casimir als Landesfürst auf Reichskreisebene dann selbst keinesfalls so, wie es sich der Kaiser erhofft hatte. Der Kurfürst und Reichserzkanzler verfügte immerhin in zwei Reichskreisen über die Kreisstandschaft, im Fränkischen und Kurrheinischen. In ersterem Kreis war Anselm Casimir lediglich über die kleine Grafschaft Rieneck am Kreistag vertreten, im Kurrheinischen Kreis vereinigte er jedoch als Kurfürst von Mainz sowohl das alleinige Kreisausschreibeamt als auch das Kreisdirektorium auf sich.⁶⁵³ Demnach konnte im Kurrheinischen Kreis ohne den Mainzer nicht einmal ein Kreistag einberufen werden. Für den Kaiser wurde dies 1631 zu einem unüberwindlichen Problem: Als sich die Hofburg trotz der Misserfolge im Bayerischen Reichskreis im April 1631 daran machte, alle nicht ausschließlich protestantischen Reichskreise zu Kreistagen anzuhalten, zeigte sich der Mainzer völlig unkooperativ.⁶⁵⁴ Eigentlich hatte Ferdinand II. einen gemeinsamen Kreistag

 Anselm Casimir ermahnte Maximilian, dass man dem Kaiser „das medium der Craißsteüer letzmahl zu Regenspurg von dem samptlichen Collegio an handt gegeben“ habe. Er warnte Maximilian auch eindringlich davor, „daß die geschlossene Craißdefension eine starke Consequenz beÿ den protestirenden verursachen dörffte“. Ebd., fol. 304v.  Vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 259.  Zur Aufforderung des Kaisers an Kurmainz zur Ausschreibung eines kurrheinischen Kreistags vgl. OeStA HHStA Wien: MEA Kreisakten in Genere 17 (Anm. 641), Kaiser Ferdinand II. an

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des Kurrheinischen und Oberrheinischen Kreises projektiert, um auf diese Weise aus den beiden in ihrer Finanzkraft durch jahrelange spanische und bayerische Besatzungsherrschaft schon stark geschwächten Kreisen eine gemeinsame, von beiden Kreisen getragene Bewilligung zu erhalten. Als nun aber der Wormser Bischof als Kreisausschreibender Fürst sich an Anselm Casimir wandte, um die Modalitäten eines solchen gemeinsamen Kreistags abzusprechen und ein entsprechendes Ausschreiben aufzusetzen, ließ ihn der Mainzer nur wissen, dass sich schon ein Ligatag in Dinkelsbühl mit Fragen der Heeresfinanzierung zu beschäftigen gedenke, „also hat es damit [die Kreistagsausschreibung, FS] solchen eÿell nicht“.⁶⁵⁵ Nachdem der von Anselm Casimir angesprochene Ligatag dann beendet war, hatte sich die militärische Lage im Reich bereits so zugespitzt, dass an eine Einberufung eines Kreistags der beiden rheinischen Reichskreise nicht mehr zu denken war.⁶⁵⁶ Letztlich hatte Kurmainz selbst keinerlei Schritte für eine erfolgreiche Umsetzung des in Regensburg ersonnenen Reichskreisplans unternommen und stattdessen auf die Liga mit ihren Ligatagen gesetzt, nicht aber auf Kreistage. Auch im Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis ließ die Umsetzung der Beschlüsse des Regensburger Kurfürstentags längere Zeit auf sich warten. Der Reichskreis hatte neben verheerenden wirtschaftlichen und immer wieder auch kriegerischen Auswirkungen des Niederländischen Unabhängigkeitskriegs immer noch an den Folgen des Jülich-Klevischen Erbfolgestreits zu leiden, in dessen Folge manche Kreisämter jahrelang unbesetzt geblieben waren.⁶⁵⁷ Dass der Reichskreis nicht völlig arbeitsunfähig wurde, war vor allem dem noch intakten Kreisausschreibeamt des Münsteraner Bischofs zu verdanken, das für die gesamte Epoche des Dreißigjährigen Krieges von dem Wittelsbacher Ferdinand von Köln bekleidet wurde, der zugleich die Kölner Kurwürde inne hatte.⁶⁵⁸ Allerdings lehnte sich Kurfürst Ferdinand in reichspolitischen und militärischen Fragen eng an die Liga und Maximilian von Bayern an und hielt sich deshalb 1631 lange mit der Ausschreibung eines Kreistags im NiederrheinischKurfürst Anselm Casimir, Wien, 8. April 1631, fol. 29r – 32v. Zuvor hatte der Kurmainzer noch ein kaiserliches Patent aus Regensburg vom 9. November 1630 mit der Ankündigung von reichsweiten Kreistagen im Kurrheinischen Kreis publizieren lassen, eigene Schritte zur Ausschreibung eines Kreistags dann aber nicht mehr unternommen. Zur Publikation des Patents vgl. ebd., fol. 11r – 27v.  Ebd., fol. 40v.  Zum Ligatag von Dinkelsbühl vgl. Kaiser: Politik und Kriegführung (Anm. 395), S. 362– 372.  Vgl. hierzu auch die Ausführungen in Kap. II.1.1, „Die langsame Entfremdung der niederrheinisch-westfälischen Kreisstände von der Heeresreform des Prager Friedens, 1635 – 1641“ im zweiten Hauptkapitel dieser Arbeit.  Vgl. allgemein Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), zu den Kreisämtern Ferdinands im Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis insbesondere S. 3 f.

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Westfälischen Reichskreis zurück. Erst Ende August erhielten die niederrheinisch‐westfälischen Kreisstände von ihm die Einladung zu einem Kreistag in der Reichsstadt Köln, der für Mitte Oktober 1631 angesetzt wurde und neben der Wiederbesetzung vakanter Kreisämter auch die kaiserlichen Steuerwünsche beratschlagen sollte.⁶⁵⁹ Der Kreistag entwickelte sich dann zwar auf den ersten Blick zu einem großen Erfolg für die Kaiserlichen, denen die Kreisstände unter dem Eindruck der Schlacht von Breitenfeld und in den Reichskreis einrückender kaiserlicher Soldateska volle 72 Römermonate bewilligten, doch umgesetzt werden konnte der Beschluss kaum mehr. Infolge der dramatischen Kriegsentwicklung im Reich hielten viele Kreisstände ihre Zahlungen zurück oder erklärten sich aufgrund von Einquartierungen oder erbrachten Versorgungsleistungen für die zahlreichen Festungsgarnisonen im Reichskreis für zahlungsunfähig. So fanden nur wenige Tausend Gulden in den folgenden Wochen und Monaten nach dem Kreistagsbeschluss tatsächlich ihren Weg in die niederrheinisch-westfälische Kreiskasse.⁶⁶⁰

4.6 Die „geharnischten“ Kreistage von 1631 im Schwäbischen und Fränkischen Reichskreis Selbst in den traditionell „kaisernahen“ süd- bzw. südwestdeutschen Reichskreisen, dem Schwäbischen und dem Fränkischen Reichskreis, wurden dem Kaiser im Lauf des Jahres 1631 rasch die Grenzen der Kooperationsbereitschaft der Kreisstände aufgezeigt. Dabei konnte sich die kaiserliche Reichskreisdiplomatie zu Beginn des Jahres zumindest im Schwäbischen Reichskreis noch der vollen Unterstützung wichtiger Ligafürsten gewiss sein, darunter Maximilian von Bayern und dem Augsburger Bischof Knöringen. Die beiden Letztgenannten hatten im Schwäbischen Reichskreis bereits kurz nach Ende des Regensburger Kurfürstentags erste diplomatische Vorarbeiten geleistet, um einen kaiserlich-ligistischen Erfolg im deutschen Südwesten sicherzustellen. Dazu wurden mit Einverständnis Kaiser Ferdinands II. die Mitglieder der schwäbischen Prälatenbank sowie die der Gra-

 Zum Kreisausschreiben vom 20. August 1631 und dem Kreisabschied von Köln vom 17. Oktober 1631 vgl. Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), S. 441 f.  Laut Salm kamen beim niederrheinisch-westfälischen Kreiseinnehmer (bzw. dem „Kreispfennigmeister“) von der bewilligten Summe lediglich 6.954 fl. ein, wovon 5.991 fl. an einen kaiserlichen Offizier weitergeleitet wurden, der Rest diente der Schuldentilgung des Reichskreises. Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 79.

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fen- und Herrenbank auf den 8. Januar zu einem Konvent nach Memmingen einberufen.⁶⁶¹ Auf diese Weise erhofften sich der Kaiser und die beiden Ligafürsten bereits vor dem Zusammentritt eines allgemeinen schwäbischen Kreistags erste feste und vor allem hohe Zahlungszusagen von einer bedeutenden Gruppe schwäbischer Kreisstände zu erhalten, um die Wahrscheinlichkeit unliebsamer Überraschungen auf späteren Kreistagsverhandlungen schon im Vorhinein zu minimieren.⁶⁶² Ein solcher Partikularkonvent eines Teils der schwäbischen Kreisstände war organisatorisch relativ leicht zu bewältigen: Im Schwäbischen Reichskreis hatte sich bereits zur Mitte des 16. Jahrhunderts unter Anlehnung an tradierte Organisationsformen des adligen und reichsstädtischen Einungswesens eine in fünf Bänke geordnete korporative Binnengliederung der Reichskreisorganisation institutionell soweit gefestigt, dass Konvente der einzelnen Bänke auch außerhalb des Kreistags durchaus üblich geworden waren.⁶⁶³ Da die schwäbischen Prälaten, Grafen und Herren weitgehend der katholischen Konfession angehörten und traditionell als kaiserliche Klientel galten, erwarteten Kaiser und Liga von ihnen noch leichter eine hohe Geldbewilligung zu erhalten, als von den überwiegend protestantischen Reichsstädten und weltlichen Fürsten.⁶⁶⁴ Doch entgegen den Erwartungen zeigten sich die in Memmingen versammelten Kreisstände keines-

 Kurbayern und das Hochstift Augsburg waren mit hochrangig besetzten eigenen Gesandtschaften in Memmingen präsent. Für Kurbayern wurde Vizekanzler Bartholomäus Richel entsandt, für Augsburg der Kanzler Matthäus Wanner sowie der Kurbayern und dem Hochstift Augsburg gleichermaßen verpflichtete Rat Hans Kaspar Egloff von Zell, vgl. Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 451 Anm. 89.  Vgl. ebd., S. 451. Die Mitglieder der beiden Bänke vereinten gemeinsam bereits über die Hälfte der Stimmen am schwäbischen Kreistag auf sich, vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise in der Verfassung des Alten Reiches und ihr Eigenleben (1500 – 1806) (Anm. 30), S. 208.  Dies waren die Fürstenbank, unterteilt in geistliche und weltliche Fürsten, die Prälatenbank, die Grafen- und Herrenbank und die (Reichs‐)Städte. Vgl. ebd., S. 208 f.; Laufs: Der Schwäbische Kreis (Anm. 25), S. 341; zur Genese des Prälatenkollegiums des Schwäbischen Reichskreises vgl. Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 84– 108.  Zum kaiserlichen wie kurbayerischen Klientelwesen in Schwaben in der Frühen Neuzeit vgl. Markus Bittmann: Parteigänger, Indifferente, Opponenten. Der schwäbische Adel und das Haus Habsburg, in: Die Habsburger im deutschen Südwesten. Neue Forschungen zur Geschichte Vorderösterreichs, hrsg. v. Franz Quarthal/Gerhard Faix. Stuttgart 2000, S. 75 – 88, vgl. ferner auch Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 128 – 132 sowie Volker Press: Vorderösterreich in der habsburgischen Reichspolitik des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit, in: Vorderösterreich in der frühen Neuzeit, hrsg. v. Hans Maier/Volker Press/Dieter Stievermann. Sigmaringen 1989, S. 1– 41. Zu durchaus vergleichbaren Klientelbeziehungen zwischen Kursachsen und den Grafen und Herren des Obersächsischen Reichskreises vgl. neuerdings auch die Dissertation von Renault: La permanence de l’extraordinaire (Anm. 189).

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wegs sonderlich freigiebig und konnten von der kurbayerisch-augsburgischen Gesandtschaft lediglich zur Bewilligung von 24 Römermonaten veranlasst werden.⁶⁶⁵ Weitergehende Geldforderungen für Kaiser und Liga wollten die Prälaten, Grafen und Herren nur auf einem allgemeinen Kreistag verhandeln.⁶⁶⁶ Aufgrund der aus kaiserlicher Sicht ebenfalls äußerst ernüchternden Ergebnisse des parallel zum Memminger Partikularkonvent tagenden ersten bayerischen Kreistags des Jahres 1631 und dem anschließenden monatelangen diplomatischen Tauziehen zwischen dem Kaiser, Kurbayern und Salzburg trat Ferdinand II. erst Ende April 1631 an die Kreisausschreibenden Fürsten Schwabens heran, um einen allgemeinen Kreistag „alsobald vnd vnverzüglich“ ausschreiben zu lassen.⁶⁶⁷ Infolgedessen trat ungeachtet von der zwischenzeitlich erfolgten Gründung des Leipziger Bundes, der auch in Schwaben seine Anhänger gefunden hatte, ein allgemeiner Kreistag im Juni 1631 in Ulm zusammen.⁶⁶⁸ Allerdings dürfte eine im Vorfeld des Kreistags aufgebaute massive militärische Drohkulisse der Kaiserlichen in Ostschwaben vermutlich einiges dazu beigetragen haben, dass der Kreistag trotz aller konfessionellen Spannungen sehr gut besucht wurde und auch die protestantischen Kreisstände den kaiserlichen Kommissaren zumindest den Empfang und die Anhörung ihres Anliegens nicht versagten.⁶⁶⁹ Der Kreistag erwies sich im Anschluss zwar noch als arbeitsfähig und konnte sich in verschiedenen Beratungspunkten auf einen Kreisabschied einigen, allerdings fand die konfessionsübergreifende Verständigungsbereitschaft in der Kontributionsfrage

 Der entsprechende Rezess des Konvents datiert auf den 12. Januar 1631,vgl. Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 451 Anm. 90.  Vgl. ebd., S. 451 f.  Vgl. HStASt: C 9 Bü. 223 (Anm. 104), Nr. 1, Kaiser Ferdinand II. an Württemberg und Konstanz, Wien, 8. April 1631, unfol., Zitat ebd. Das württembergisch-konstanzer Kreistagsausschreiben datiert auf den 6. Mai 1631, vgl. Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 454 Anm. 100.  Zum Ulmer Kreistag vom Juni 1631 vgl. allgemein HStASt: C 9 Bü. 223 (Anm. 104). Die protestantischen Stände des Schwäbischen Reichskreises hatten zuvor auf einem von Württemberg ausgeschriebenen Konvent der protestantischen Kreisstände in Esslingen den gemeinsamen Beitritt zum Leipziger Bund erklärt, vgl. Langwerth von Simmern: Die Kreisverfassung Maximilians I. und der schwäbische Reichskreis in ihrer rechtsgeschichtlichen Entwicklung bis zum Jahre 1648 (Anm. 11), S. 354, sowie Kap. I.3.4, „Zur Umsetzung der Leipziger Beschlüsse in den einzelnen Reichskreisen und dem Ende des Bundes“ im zweiten Hauptkapitel dieser Arbeit.  Kaiserliches Militär hatte unmittelbar vor Beginn des Kreistags Anfang Juni bereits die Reichsstädte Kempten, Memmingen und Ulm besetzt und die Stadtmagistrate zu Austrittserklärungen aus dem Leipziger Bund gezwungen, vgl. Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 453 Anm. 98.

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eine klare Grenze.⁶⁷⁰ In diesem Punkt standen sich in Ulm zwei völlig unversöhnliche, klar entlang der konfessionellen Zugehörigkeiten getrennte Kreistagshälften gegenüber, die völlig gegensätzlich votierten. Die katholische Gruppe ging vollends auf die kaiserlichen Geldforderungen ein, während die Protestanten sie rundweg ablehnten.⁶⁷¹ Die württembergische Kreistagsgesandtschaft wurde während der Verhandlungen auch nicht müde zu betonen, dass auf Reichs- und Kreistagen schon seit längerem „in puncto Religionis et contributionis, weil dergleichen handlungen singulos in allweeg berhieren, die Majora nicht inn achtung genommen worden seÿen“, weshalb die katholische Kreistagsmehrheit für die Evangelischen auch dieses Mal nicht bindend sei.⁶⁷² Allerdings übergab die protestantische Kreistagsminderheit den anwesenden kaiserlichen Kommissaren zugleich eine Resolution, in der sie den Einfall der Schweden ins Reich verurteilte und ihre grundsätzliche Solidarität zu Kaiser und Reich beteuerte, denn schließlich seien diese gemeinsam „von dem König in Schweden, einem vßlandischen potentatin (!), ohne ainige vorhergehende denunciation des Kriegs feindliche attaquiert vndt überfallen“ worden. Nur würden die Protestanten fortan im Verbund mit Kursachsen im Rahmen der Reichsexekutionsordnung selbst für ihren Schutz sorgen und deshalb sämtliche Geldmittel für eigene Truppenwerbungen benötigen.⁶⁷³ Für die kaiserlichen Kommissare war eine solche Erklärung jedoch völlig unzureichend. In ihrer Replik verurteilten sie die Haltung der schwäbischen Protestanten als unverantwortlich, da sie mit ihrer Kontributionsverweigerung und ihren eigenen Aufrüstung „d[a]z ganze Reich in gefahr khommen lassen“ würden. Aus diesem Grund trügen die protestantischen Kreisstände einzig und alleine die Verantwortung dafür, falls sich Ferdinand II. zu militärischen Zwangsmaßnahmen gegen sie genötigt fühlen sollte.⁶⁷⁴

 Ein Original des Kreisabschieds vom 5./15. Juni 1631 findet sich in HStASt: C 9 Bü. 563 (Anm. 474), unfol., Nr. 66. Einer der Beratungsgegenstände war die Wahl eines neuen Kreissyndikus, die auf einen katholischen Kandidaten fiel. Die protestantischen Kreisstände, auch Württemberg, akzeptierten dieses Mehrheitsvotum.  Einen ausführlichen Bericht über den Kreistagsverlauf von Seiten der württembergischen Kreistagsgesandten bietet HStASt: C 9 Bü. 223 (Anm. 104), Nr. 27, unfol. Vgl. ferner Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 445 Anm. 100; Langwerth von Simmern: Die Kreisverfassung Maximilians I. und der schwäbische Reichskreis in ihrer rechtsgeschichtlichen Entwicklung bis zum Jahre 1648 (Anm. 11), S. 355.  Vgl. die württembergische Gesandtenrelation über den Verlauf des Kreistags, o.O., 7. Juni 1631, HStASt: C 9 Bü. 223 (Anm. 104), Nr. 27, pag. 7.  Vgl. die Beilage F zum Kreisabschied, ebd., unfol., Zitat ebd.  Vgl. die Beilage H zum Kreisabschied, ebd., unfol., Zitat ebd.

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Tatsächlich beantwortete der Kaiser den Ausgang des Ulmer Kreistags umgehend mit Waffengewalt. Wenige Tage nach Ende des Kreistags eröffnete der kaiserliche Obrist Fürstenberg mit bereits in der Umgebung von Ulm in Stellung gegangenen Truppen einen großangelegten Feldzug gegen die protestantischen Stände des Schwäbischen Reichskreises. Diese ließen sich angesichts ihrer hoffnungslosen militärischen Unterlegenheit erst gar nicht auf einen offenen Kampf ein und streckten schon nach zwei Wochen die Waffen.⁶⁷⁵ Von nun an standen die protestantischen Stände Schwabens weitgehend unter kaiserlicher Besatzung, die umgehend mit der Eintreibung von Zwangskontributionen begann. Auf diesem Weg mussten sich die besetzten Kreisstände nun zwangsweise am Unterhalt des kaiserlichen Heeres beteiligen.⁶⁷⁶ Eine eigenständige Politik auf Basis des Schwäbischen Reichskreises war ihnen vorerst nicht mehr möglich. Den protestantischen Kreisständen des benachbarten Fränkischen Reichskreises erging es im Lauf des Jahres 1631 kaum anders. Auch im Fränkischen Reichskreis verzögerte sich die Einberufung eines Kreistags zur Umsetzung der Beschlüsse des Regensburger Kurfürstentags bis weit in das Jahr 1631. Als dann endlich ab dem 26. Mai ein allgemeiner Kreistag in Nürnberg zu tagen begann, hatten sich die fränkischen Bischöfe aufgrund ihres Engagements im Rahmen der Liga bereits faktisch vom Reichskreis separiert, weshalb die entscheidenden Kontributionsverhandlungen am Kreistag ausschließlich zwischen einem kaiserlichen Kommissar und den protestantischen Kreisständen Frankens geführt wurden.⁶⁷⁷ Im Gegensatz zu ihren schwäbischen Glaubensgenossen erklärten sich die fränkischen Protestanten unter Führung Kulmbach-Bayreuths sogar zu gewissen finanziellen Zugeständnissen an die Kaiserlichen bereit. Allerdings wollten sie mit Verweis auf die erste Bewilligung des Bayerischen Reichskreises vom

 Der militärische Konflikt begann am 28. Juni und endete bereits am 11. Juli mit der Unterzeichnung des Tübinger Vertrags, in dem Württemberg die Abdankung seiner Streitkräfte und den Austritt aus dem Leipziger Bund erklärte, vgl. Hugo Gmelin: Der Kriegszug des Grafen Franz Egon von Fürstenberg gegen Württemberg im Jahr 1631, der sog. Kirschenkrieg, in: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte N.F. 7 (1898), S. 104– 123  Der Tübinger Akkord verpflichtete das Herzogtum Württemberg fortan zu einer monatlichen Zahlung von 38.000 fl., die neben Bargeldzahlungen auch in Form von Proviantstellung für die kaiserliche Soldateska entrichtet werden konnte, vgl. Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 120, 126.  Eine umfangreiche archivalische Überlieferung zum allgemeinen Nürnberger Kreistag von 1631 bietet OeStA HHStA Wien: MEA Kreisakten in Genere 17 (Anm. 641), fol. 56r–106v, darunter eine Kopie des Kreisabschieds vom 2. Juni (23. Mai) unter fol. 56r – 57v, die kaiserliche Proposition auf fol. 65r – 70v.

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Januar 1631 nicht mehr als 20 Römermonate genehmigen.⁶⁷⁸ Eine solche geringe Bewilligung entsprach freilich keineswegs den Vorstellungen des Kaisers. Es half auch nichts, dass die fränkischen Protestanten ihre geringe Bewilligungshöhe gegenüber dem kaiserlichen Verhandlungsführer damit rechtfertigten, „daß die von ihnen jüngstgeschlossene Defensions Verfaßung worinnen sie iezunter mit Werbung Kriegs Volckhs begriffen, vnd welche in eventum zue dero mit benachbarten Catholischen Stende selbst defension [,] aber niemand friedfertigem zu einiger offension angesehen, hernach auch etwas spesa, vnd gleichsamb den rest ihres noch vbrig gelaßenen vermögens erfordere“. ⁶⁷⁹ Kaiser Ferdinand II. und die Ligafürsten schenkten jedoch derartigen Beteuerungen der Protestanten keinerlei Vertrauen mehr und antworteten wie schon im Fall des Schwäbischen Reichskreises umgehend mit eigenen militärischen Maßnahmen.⁶⁸⁰ Dafür setzte der Kaiser Teile jener Truppen in Marsch, die kurz zuvor schon Württemberg und andere protestantische Territorien des Schwäbischen Reichskreises besetzt hatten und sich nun in Franken einquartierten, um dort alle weiteren Aufrüstungen zu unterbinden und Zwangskontributionen zu erheben.⁶⁸¹ Konfrontiert mit einer kaiserlich-katholischen Übermacht, ließ sich der militärische Führer der protestantischen Kreisstände, der Kreisobrist Christian von Kulmbach, auf keine Kampfhandlungen ein und versuchte politisch für sich und die protestantischen Kreisstände noch zu retten, was zu retten war. Er berief deshalb in seiner Funktion als Kreisausschreibender Fürst im Juli 1631, nur wenige Wochen nach Ende der vorherigen Nürnberger Kreisversammlung, erneut einen Kreistag nach Nürnberg ein, zu dem diesmal aber nur noch die protestantischen Kreisstände erschienen.⁶⁸² In der Hoffnung, den Kaiser doch noch zu besänftigen

 Vgl. die kulmbachische Erklärung im Namen aller evangelischen Kreisstände, Nürnberg, 22. Mai 1631 (alter Stil), ebd., fol. 97– 106.  Vgl. die „Antwortt auff die keÿserliche Proposition“ der protestantischen Kreisstände, ebd., fol. 73r–78v., Zitat fol. 76v – 77r. Wenige Wochen zuvor hatten sich Vertreter der protestantischen Kreisstände Frankens in Nürnberg vom 2. bis 9. Mai über die Aufstellung gemeinsamer Truppenverbände beraten, vgl. Dieter J. Weiss: Das exemte Bistum Bamberg. Teil 3: Die Bischofsreihe von 1522 bis 1693 (Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz, 12). Berlin, New York 2000, S. 412.  Zahlreiche Belege für das tiefe Misstrauen katholischer Fürsten gegenüber protestantischen Aufrüstungen in Folge des Leipziger Konvents bietet unter anderem OeStA HHStA Wien: MEA Militaria 10, Subfasz. 1 (Anm. 516), sowie ebd., Subfasz. 2, „Die von den Protestierenden vorgenomene newe Werbungen betr. Item was von den Beamten ein vndt andern orths derwegen für bericht einkhommen“.  Vgl. auch Schümann: Der Fränkische Kreistag im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 52), S. 98 f.  Vgl. Weiss: Das exemte Bistum Bamberg (Anm. 679), S. 413; Georg Hübsch: Das Hochstift Bamberg und seine Politik unmittelbar vor dem ersten Einfalle der Schweden 1631. Unter grundlegender Berücksichtigung der politischen Verhältnisse des fränkischen Kreises. Bamberg

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und vor weiteren militärischen Strafaktionen abzuhalten, bewilligten sie dem Reichsoberhaupt nun die vollen 72 Römermonate und sicherten ausdrücklich zu, bisher geworbene Söldner vollständig abzudanken.⁶⁸³ Die Besetzung ihrer Territorien durch kaiserliches und ligistisches Kriegsvolk konnten die Kreisstände jedoch nicht mehr abwenden, welche umgehend mit Plünderungen und verschiedensten Abgabeforderungen einherging. Umfangreiche und von kreisständischer Seite völlig unkontrollierte Heeresdurchzüge durch den Reichskreis folgten. Dem fränkischen Kreisobristen Christian von Kulmbach blieb in dieser Situation nichts anderes übrig, als sich mittels eines Gesandten bei Kurfürst Maximilian von Bayern und Kaiser Ferdinand II. über die Missstände durch die Besatzungssituation und die Missachtung der Kreisverfassung zu beklagen, die in den Augen des Markgrafen den meisten Kreisständen die reguläre Auszahlung der 72 Römermonate unmöglich machen würde.⁶⁸⁴ Doch als der Kulmbacher Gesandte nach seinem Aufenthalt in München endlich in Wien eintraf und die Anliegen der fränkischen Protestanten Anfang Oktober 1631 am Kaiserhof vorbringen konnte, hatte sich die militärische Situation im Reich in Folge der Schlacht von Breitenfeld schon grundlegend gewandelt.⁶⁸⁵ Ein Verlust der militärischen Kontrolle von Kaiser und Liga über den Fränkischen Reichskreis war zu diesem Zeitpunkt bereits absehbar, denn Gustav Adolf stand mit seinem Heer bereits vor den Toren Würzburgs und machte sich daran, über Bamberg und Nürnberg weiter Richtung Schwaben und Bayern vorzustoßen.⁶⁸⁶ Welche Summen die kaiserlichen und ligistischen Armeen in den protestantischen Territorien Frankens und Schwabens bis zum schwedischen Einmarsch einziehen konnten, ist kaum rekonstruierbar und kann nicht Ziel dieser 1895, S. 14 f. Vgl. ferner auch Schümann: Der Fränkische Kreistag im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 52), S. 98 f.  Vgl. Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), S. 443 Anm. 132; Christa Deinert: Die schwedische Epoche in Franken von 1631– 1635. Diss. Würzburg 1966, S. 45; Schümann: Der Fränkische Kreistag im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 52), S. 99.  Die Besatzungsherrschaft der katholischen Truppen würde „zu nicht weniger verschimpf: vnndt verschmelerung vnsers tragenden Creißobristen Ambts“ gereichen und „Unns vndt vnsere Evangelische Mit=Creißstendte mit dergleichen zuuor im Reich, vndt diesem Fränckischen Creiß vngewehnten zumutungen nicht wenig perplex vndt sorgfaltig machen.“ Zitate nach der Instruktion Markgraf Christians für seinen Gesandten Christoph Agricola zum Vortrag vor Maximilian von Bayern in München und Kaiser Ferdinand II. in Wien, Kulmbach, 28. August 1631, StABa: Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 4021, Nr. 150, unfol.  Zur diplomatischen Tätigkeit des Kulmbacher Gesandten Agricola in Wien vgl. den Bericht Christoph Agricolas an Markgraf Christian, Wien, 19./29. Oktober 1631, ebd., unfol.  Zur militärischen Entwicklung in Franken nach der Schlacht von Breitenfeld vgl. u. a. Hübsch: Das Hochstift Bamberg und seine Politik unmittelbar vor dem ersten Einfalle der Schweden 1631 (Anm. 682), S. 60 – 71.

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Untersuchung sein. Abschließend festzuhalten bleibt jedoch, dass die unter militärischem Zwang abgepressten Reichskreisbewilligungen, wie jene 72 Römermonate der protestantischen fränkischen Kreisstände vom Juli 1631, kaum einen positiven Beitrag zum militärischen Kampf von Kaiser und Liga gegen die schwedische Invasion geleistet haben dürften: Politisch erwiesen sich die militärischen Zwangsmaßnahmen zur Kontributionserhebung in Schwaben und Franken im Lauf des Jahres 1631 als schwerer Fehler. Sie verschärften die in Folge des Restitutionsedikts bereits erheblichen konfessionellen Spannungen im Reich weiter und trugen somit zweifellos dazu bei, dass viele süddeutsche Protestanten die vorrückenden Schweden nicht als ausländische Invasoren, sondern als Befreier von kaiserlich-katholischer Unterdrückung wahrnahmen. Selbst unter rein finanziellen Aspekten scheinen die erzwungenen Reichskreisbewilligungen des Sommers 1631 völlige Fehlschläge gewesen zu sein, wie ein kurfürstliches Gutachten vom September 1631 nahelegt. Es wurde von den katholischen Kurfürsten auf Bitten Kaiser Ferdinands II. kurz nach der Schlacht von Breitenfeld angefertigt und sollte dem Reichsoberhaupt Antworten auf die Frage liefern, auf welche Weise und mit welchen Mitteln der Krieg noch fortgeführt werden konnte. In ihren Ausführungen über die bisherige Kriegsführung wiesen die Kurfürsten rückblickend auf die jüngsten Erfahrungswerte aus den verschiedenen Reichskreisen darauf hin, „wie beschwerlich E. Kayl. Maytt. die mittel, ihr Krigsvolckh im Reich zu erhalten, bießher ufbringen können, unnd waß Sie derentwegen vor große Clagen unnd beschwerden vielfaltig hören müßen; wie die unmöglichkheidt, solche Kriegscosten weiter zu continuiren, sich yhe lenger ihe mehr allenthalben erzaigt unnd augenscheinlich im wergkh selbsten befindt; welcher gestalt sich auch die ienige Craiß deß Heyl. Röm. Reichs, bey welchen E. Kayl. Maytt. durch sonnderbahre Commissarios die zu underhaltung dero Kayl. armaden nothwendige contributiones suchen unnd instendig urgiren laßen, derentwegen mit ebenmeßiger vorwendung angedeüter unmöglichkheidt endtschuldigett habenn“. Die erzwungenen Kreistagsbewilligungen von protestantischen Kreisständen hätten sich dabei als weitgehend nutzlos erwiesen, denn „obwohl hernach etliche Stenndt auß denn Protestirenden, alß sie die executions mittel vor augen gesehenn, E. Kayl. Maytt. allergnedigsten begehren sich accomodirt, so werdenn sie doch dero höchsterleüchten verstandt nach selbst leicht ermeßen können, wie wenig sich mit bestandt uff dergleichen bewilligungen zu verlaßen unnd daß eben daß Krigs-Volckh, welches man, solche bewilligungen einzubringen unnd dieselben Stenndt in gehorsamb zu erhaltenn, gebrauchen muß, die ienige mittel hinweg nimbt unnd verzehrt, die sonst zu erhaltung deß annderm, so wieder denn Schweden unnd seinen anhang emploirt ist, vonnöthen seindt unnd zu fortsetzung

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des Kriegs in Ober- unnd Nieder-Sachßischen Craiß gegen einem offentlichen Reichsfeindt unumbgenglich erfordert werden.“⁶⁸⁷ Demnach hatte die Eintreibung der unter Zwang erreichten Reichskreisbewilligungen derart umfangreiche Kräfte der kaiserlich-ligistischen Heere gebunden, dass die katholischen Kurfürsten in einer solchen Kriegsfinanzierung mittlerweile mehr Nachteile als Vorteile für die eigentliche Kriegsführung gegen Schweden auszumachen glaubten. Offensichtlich hatten die völlig unter dem Eindruck der katholischen Militärmacht abgehaltenen schwäbischen und fränkischen Kreistage des Sommers 1631, die in Anlehnung an den einst unter ähnlich kriegerischen Vorzeichen tagenden Augsburger Reichstag von 1548 durchaus treffend als „geharnischte Kreistage“ tituliert werden könnten, dem Kaiser letztlich keinerlei Nutzen erbracht.

Zwischenfazit Wie ist das eindeutige und vollständige Scheitern der einst auf dem Regensburger Kurfürstentag beschlossenen Ablösung der Zwangskontributionen im Reich durch eine nach reichsrechtlichen Vorgaben besser geordnete Heeresfinanzierung über Kreistage abschließend zu bewerten? Musste das Vorhaben schon von Anfang an aufgrund seiner „tatsächliche[n] Realitätsferne“ (Thomas Brockmann) scheitern?⁶⁸⁸ Der Ausgang aller Kreistage des Jahres 1631 scheint Brockmann zu bestätigen, denn schließlich kamen entsprechende Konvente überhaupt nur in vier Reichskreisen zustande – dem Bayerischen, Schwäbischen, Fränkischen und dem Niederrheinisch-Westfälischen Kreis – und bewilligten zu wenig, zu spät, oder nur unter Zwang. Allerdings muss auch festgehalten werden, dass von kaiserlicher Seite zumindest anfangs, und bis in den April 1631 auch von kurbayerischer, offenbar durchaus die Absicht bestanden hatte, die Realisierung der Heeresreformpläne auf die Art und Weise in Angriff zu nehmen, wie in Regensburg vereinbart. Freilich stellte in dieser Hinsicht schon das Votum des ersten bayerischen Kreistags im Januar 1631 einen herben politischen Rückschlag dar und verzögerte die Abhaltung weiterer Kreistage deutlich. Doch erst in Folge der protestantischen Aufrüstungen im Rahmen des Leipziger Bundes ist bei Maximilian von Bayern ein endgültiges Abrücken von den  Gutachten sämtlicher katholischer Kurfürsten für den Kaiser (o.O., 30. September 1631), zitiert nach Hallwich: Briefe und Akten zur Geschichte Wallensteins 1630 – 1634 (Anm. 563), S. 510 – 517 (= Nr. 369), Zitate S. 512.  Vgl. Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 396.

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Regensburger Beschlüssen zu konstatieren. Hierbei nahm er die Brüskierung des Kaisers durch die fortgesetzte finanzielle Verweigerungshaltung des Bayerischen Reichskreises nun billigend in Kauf. Für die Kriegsfinanzierung Kaiser Ferdinands II. brachte die Gründung des Leipziger Bundes indessen noch viel verheerendere Folgen mit sich: Wie die Kreistagsvoten der protestantischen Kreisstände Schwabens und Frankens eindeutig erkennen lassen, gedachten die meisten Protestanten im Reich ihre finanziellen Mittel für ihre eigene Aufrüstung einzusetzen, anstatt sie der kaiserlichen Kriegsführung gegen Schweden zu überlassen, wodurch dem Kaiser vollends der Zugriff auf größere Steuermittel aus dem Reich zu entgleiten drohte. Das Reichsoberhaupt antwortete mit militärischer Gewalt. Dies veranlasste zumindest die fränkischen Protestanten wiederum zu einer in sprichwörtlich letzter Minute erfolgten Bewilligung einer hohen Anzahl an Römermonaten, um der kaiserlichen Ungnade doch noch zu entgehen. Kurz darauf brachte jedoch schon die Schlacht von Breitenfeld im September 1631 die Kriegswende, der ein schwedischer Vormarsch bis weit in die oberdeutschen Reichskreise folgte. Dass sich der Kaiser dennoch bis Oktober 1631 immer wieder um die Einberufung von Kreistagen in verschiedenen Reichskreisen bemüht hatte, ist durchaus bemerkenswert. Offenbar wurde dem Mittel der Kreistagsbewilligung von kaiserlicher Seite selbst dann eine die eigene Kriegsfinanzierung im Reich legitimierende Funktion zugesprochen, wenn die Zahlungszusagen nur noch mit militärischem Druck erpresst werden konnten. Erst nachdem Kaiser und Liga in Folge des schwedischen Vormarsches gegen Jahresende 1631 die Kontrolle über die meisten Reichskreise verloren hatten, stellte Ferdinand seine Bemühungen um Kreistagsbewilligungen ein. In dieser Notlage berief er Wallenstein erneut zum Generalissimus, für dessen Kriegsfinanzierung die Reichskreise dann keine Rolle mehr spielten.

5 Die Reichskreise und die Finanzierung der Reichsarmee in Folge des Prager Friedens Unter dem wiedereingesetzten Generalissimus Albrecht von Wallenstein gelang es dem kaiserlichen Heer zwar, den schwedischen Vorstoß noch vor den österreichischen Herzogtümern zum Stillstand zu bringen und in begrenztem Umfang wieder selbst in die Offensive zu gehen, doch auch Wallenstein vermochte es nicht, dem Krieg eine entscheidende Wende zu geben. Selbst der Schlachtentod Gustav Adolfs bei Lützen im November 1632 entschied den Krieg nicht zu kaiserlichen Gunsten. Stattdessen gelang es Schweden 1633 mit der Gründung des „Heilbronner Bunds“ noch einmal, die Mehrheit der protestantischen Reichs-

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stände Süddeutschlands fest an sich zu binden.⁶⁸⁹ Der Krieg blieb somit weiter unentschieden, während die Kriegsbelastungen für die meisten Reichsterritorien und deren Bevölkerung in Folge ständiger Truppenpräsenz noch einmal anstiegen. Die historische Forschung nimmt an, dass die kriegsbedingten Zerstörungen, Seuchen und Hungersnöte im Reich in dieser gemeinhin als „Schwedischer Krieg“ bezeichneten Kriegsphase ihren Höhepunkt erreichten und mehr Menschen ihr Leben verloren und finanzielle wie materielle Ressourcen vernichtet wurden, als in allen früheren oder späteren Abschnitten des Dreißigjährigen Kriegs.⁶⁹⁰ Eine erneute Kriegswende zeichnete sich erst im Jahr 1634 ab, nachdem Wallenstein abgesetzt und ermordet und der Oberbefehl über die kaiserlichen Truppen formal auf den Kaisersohn Ferdinand, den späteren Kaiser Ferdinand III., übergegangen war. Mit maßgeblicher Hilfe einer spanischen Armee gelang den kaiserlichen Truppen in der Schlacht von Nördlingen Anfang September 1634 ein entscheidender Sieg über Schweden und den Heilbronner Bund.⁶⁹¹ Der Krieg wurde damit noch nicht entschieden, wohl aber führte der Erfolg der kaiserlichen Waffen dazu, dass sich Schweden aus dem süddeutschen Raum zurückziehen musste und den Großteil seiner reichsständischen Verbündeten verlor. Auch der bedeutendste Bundesgenosse Schwedens im Reich, Kursachsen, wandte sich nun

 Vgl. hierzu Kap. I.4.3, „Phantomkreise und neue Bündnisse. Die oberdeutschen Reichskreise und der Heilbronner Konvent“ im zweiten Hauptkapitel dieser Arbeit.  Die hohen Verluste an Menschenleben in der Bevölkerung waren nicht nur direkten Kriegseinwirkungen geschuldet, sondern vor allem auch den Seuchen und Hungersnöten, die den umherziehenden Heerestrossen folgten. Vgl. zur Thematik das in Teilen überholte und in seinem Entstehungskontext nicht unproblematische Standardwerk von Günther Franz: Der Dreißigjährige Krieg und das deutsche Volk. Untersuchungen zur Bevölkerungs- und Agrargeschichte. 4., neubearbeitete und vermehrte Auflage. Stuttgart 1979; zur Bewertung des Werks durch die jüngere Forschung Wolfgang Behringer: Von Krieg zu Krieg. Neue Perspektiven auf das Buch von Günther Franz „Der Dreißigjährige Krieg und das deutsche Volk“ (1940), in: Zwischen Alltag und Katastrophe. Der Dreißigjährige Krieg aus der Nähe, hrsg. v. Benigna von Krusenstjern/Hans Medick/Patrice Veit (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, 148). Göttingen 1999, S. 543 – 591. Für das Augsburger Viertel des Schwäbischen Reichskreises maßgeblich ist die Arbeit von Wolfgang Lengger: Leben und Sterben in Schwaben. Studien zur Bevölkerungsentwicklung und Migration zwischen Lech und Iller, Ries und Alpen im 17. Jahrhundert. Bd. I Darstellung, Bd. II Anhang (Historische Migrationsforschung in Bayerisch-Schwaben, 9), 2 Bde. Augsburg 2002.  Zur militärischen Wende des Kriegs im Jahr 1634 vgl. allgemein Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 97– 102; zur Schlacht von Nördlingen vgl. die Beiträge in Dietmar-Henning Voges (Hrsg.): Frieden ernährt. Krieg und Unfriede zerstört. 14 Beiträge zur Schlacht bei Nördlingen 1634 (27). Nördlingen 1985, insbesondere Bernhard Sicken: Die Schlacht bei Nördlingen. Analyse des Kriegswesens und Beobachtungen zum Kriegsgeschehen, in: Frieden ernährt. Krieg und Unfriede zerstört (Anm. 691), S. 175 – 219.

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von der nordischen Großmacht ab und intensivierte seine nie vollständig gekappten Kontakte zum Reichsoberhaupt wieder, um sich mit diesem auf einen Friedensschluss zu verständigen. Der sächsische Kurfürst zielte dabei nicht nur auf einen Separatfrieden zwischen ihm und dem Kaiser ab, sondern verstand sich zugleich als Sprecher und Verhandlungsführer sämtlicher protestantischer Glieder des Reiches, deren tradierte Rechte innerhalb des Reichsverbands er auch ohne schwedische Hilfe wiederherstellen zu können hoffte. Kurfürst Johann Georg sah sich zur Aushandlung eines Friedensschlusses mit prinzipiell reichsweiter Gültigkeit aus zweierlei Gründen bevollmächtigt: Erstens beanspruchte er noch immer jene Führungsrolle unter den protestantischen Ständen des Reiches, die Kursachsen vom 16. Jahrhundert an bis in die Tage der Schlacht von Breitenfeld eingenommen hatte. Zweitens hegte Johann Georg nach wie vor ein ausgeprägtes kurfürstliches Amtsverständnis, aus dem er eine besondere Sorgfaltspflicht für das Reich und seine überlieferte Verfassungsordnung ableitete.⁶⁹² Diese „verfassungskonservative“ Ausrichtung Kursachsens hatte letztlich maßgeblich dazu beigetragen, dass der Kurfürst seine demonstrative Kaisertreue und konfessionspolitische Zurückhaltung von Kriegsbeginn an bis in das Jahr 1631 aufrechterhalten hatte. Auch in den ab 1634 mit dem Kaiser geführten Friedensverhandlungen zeigte sich Kursachsen dahin bestrebt, dem Reich eine Nachkriegsordnung zu geben, die sich in ihren Grundzügen nicht wesentlich von der Verfassungsordnung des Reiches aus der Vorkriegszeit unterschied. An einer vollständigen Restaurierung des Vorkriegszustands unter territorialen Aspekten zeigte Kursachsen freilich weniger Interesse, denn schließlich hatte das Kurfürstentum selbst territoriale Neuerwerbungen aus der ersten Kriegsphase zu verzeichnen. Ähnliches galt auch für Kaiser Ferdinand III. Dieser zeigte sich zwar durchaus geneigt, eine gewisse Restauration der alten Reichsverfassung zuzulassen um Kursachsen und die übrigen protestantischen Reichsstände vollends von Schweden abzuziehen, allerdings unter dem Vorbehalt, einige eigene Kriegsgewinne und vor allem seine zuletzt starke militärische Stellung im Reich absichern zu können. So führten die kaiserlich-kursächsischen Verhandlungen letztlich zu einem Kompromissfrieden, der in Form der „Pirnaer Noteln“ im Entwurf schon Ende 1634 vorlag und im Mai 1635 in Prag in seiner letztgültigen Gestalt unterzeichnet werden konnte. Im

 Vgl. Burkhardt: Friedensschlüsse auf Sächsisch (Anm. 352), S. 44– 47; Reiner Gross: Geschichte Sachsens. Berlin 2001, S. 94. Nebenbei sei aus eigener in diversen Archivrecherchen gewonnener Erfahrung angemerkt, dass Johann Georg sämtliche ihm zur Unterschrift vorgelegten Dokumente stets mit der Signatur „Johann Georg churfürst“ unterzeichnete. Bei keinem anderen der bedeutenden Kurfürsten aus der Epoche des Dreißigjährigen Krieges ist mir eine derart konsequente und stetige Verwendung des Kurfürstentitels in der persönlichen Signatur begegnet.

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Folgenden gilt es nun zu untersuchen, inwiefern sich die Prager Friedensregelungen auf die Kreisverfassung des Reiches auswirkten und inwieweit es nach 1635 gelang, die Reichskreise der Kriegsführung des Kaisers respektive des Reiches dienstbar zu machen.

5.1 Restauration oder Revolutionierung des Reichsfinanzwesens? Die Finanzierung der Reichsarmada in Folge des Prager Friedens und des Regensburger Kurfürstentags von 1636/37 Der Hauptzweck des Prager Friedens lag sowohl aus kaiserlicher wie kursächsischer Sicht zweifellos in der Beendigung der jahrelangen bürgerkriegsähnlichen Zustände innerhalb des Reiches und der Sicherung des künftigen Friedens zwischen den reichsständischen Konfessionsparteien. Dementsprechend widmeten sich zentrale Passagen des Vertragswerks der Entschärfung der größten konfessionspolitischen Streitpunkte, allen voran dem Restitutionsedikt, das auf 40 Jahre außer Kraft gesetzt wurde. Bis dahin sollte jener konfessionelle Besitzstand im Reich wiederhergestellt werden, wie er zum Zeitpunkt des Mühlhäuser Kurfürstentags von 1627 vorgelegen hatte, als die katholischen Kurfürsten mit einem Gutachten zur Restitutionsfrage die Grundlage für das spätere Restitutionsedikt gelegt hatten.⁶⁹³ Eine Rückkehr zu den konfessionellen Besitzständen von 1552 stand erst einmal nicht mehr zur Debatte. Allerdings sicherte der Prager Frieden der katholischen Partei zugleich ihre Gewinne aus dem Krieg um Böhmen und die Pfalz, darunter auch die bayerische Kurwürde.⁶⁹⁴ Auch Kursachsen erhielt seine territorialen Zugewinne aus der ers-

 Vgl. Ralf-Peter Fuchs: Ein Medium zum Frieden. Die Normaljahrsregel und die Beendigung des Dreißigjährigen Krieges (Bibliothek altes Reich, Bd. 4). München 2010, hier insbesondere S. 69 f.; zum Zusammenhang zwischen dem Mühlhausener Kurfürstentag und den „Normaljahrsregelungen“ im Prager Frieden vgl. auch Michael Frisch: Die Normaltagsregelung im Prager Frieden, in: ZRG KA 84 (2001), S. 442– 454; ferner Moriz Ritter: Die Ursprünge des Restitutionsedikts, in: Der Dreißigjährige Krieg. Perspektiven und Strukturen, hrsg. v. Hans Ulrich Rudolf (Wege der Forschung, 451). Darmstadt 1977, S. 135– 174.  Zum Prager Frieden und seinen Vertragsinhalten vgl. die umfangreiche kommentierte Quellensammlung von Kathrin Bierther (Hrsg.): Der Prager Frieden von 1635 (Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges/ Neue Folge, II., Bd. 10/1– 10/4), 4 Bde. München [u. a.] 1997. Eine wissenschaftlichen Kriterien genügende digitale Edition des Dresdner Vertragsexemplars findet sich unter http://www.ieg-friedensvertraege.de/-_site.popup..html_dir._treaty.325_ comment.564_notrans._likecms.html (20.10. 2017). Aus der zahlreichen Forschungsliteratur zum Prager Frieden sei an dieser Stelle nur auf die Ausführungen von Albrecht und Kampmann ver-

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ten Kriegsphase als dauerhaften Besitz zugesprochen, womit die Kursachsen bisher nur pfandweise überlassenen Lausitzen endgültig zu kursächsischen Territorien wurden. Darüber hinaus konnte Kurfürst Johann Georg die Anerkennung seines Sohnes August als Administrator des Erzstifts Magdeburg erreichen und damit eine albertinische Sekundogenitur im Niedersächsischen Reichskreis etablieren. Da mit dem Besitz des Erzstifts Magdeburg auch eines der beiden Kreisausschreibeämter des Niedersächsischen Reichskreises verbunden war, durfte Kursachsen auf einen künftig noch stärkeren Einfluss im Norden des Reiches hoffen. In diesem Zusammenhang von großer Bedeutung waren auch die von Kursachsen durchgesetzten Regelungen des Prager Friedens zum Sessionsrecht reichsunmittelbarer geistlicher Herrschaften in protestantischem Besitz. Diesen wurde ihr bis dahin von katholischer Seite oft bestrittenes Teilnahme- und Stimmrecht zumindest auf Kreistagen in vollem Umfang zugestanden, während es auf Reichsebene für 40 Jahre aber weiter ausgesetzt bleiben sollte.⁶⁹⁵ Der Friedensschluss erwies sich somit sowohl aus Sicht des Kaisers als auch des sächsischen Kurfürsten als ausgesprochen vorteilhaft. Da der Frieden jedoch zugleich den Anspruch erhob, ein Frieden für das ganze Reich darzustellen⁶⁹⁶, wurden bis auf einige vom Kaiser benannte Ausnahmen alle Reichsstände unabhängig von ihrer Konfessionszugehörigkeit zum Beitritt zum Friedensschluss aufgefordert. Von einem Universalfrieden war der Prager Frieden dennoch weit entfernt, denn er berücksichtigte die Ambitionen ausländischer Mächte im Reich nicht, allen voran die Schwedens. Dies war durchaus Absicht. Sowohl dem sächsischen Kurfürsten wie auch dem Kaiser war sehr wohl bewusst, dass Gustav Adolf schon

wiesen, vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 907– 938; Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 103 – 127.  Nicht teilnahme- und stimmberechtigt blieben die geistlichen protestantischen Stände „beÿ den reichs- und deputation-, auch cammergerichtlichen visitation- und revisiontägen“. Anders die Regelung für Kreistage: „In den cräißen aber, wo die Augspurgischer confessions verwante stände alß innhabere eines oder mehrer immediatstifts sesziones und vota hergebracht, sollen sie ihnen wie vor diesem also auch künftig die verglichene vierzig jar über gelaßen werden.“ Zitat nach Bierther (Hrsg.): Der Prager Frieden von 1635 (Anm. 694), Teilband 4, Nr. 564 A, S. 1609 (§ 7).  „Dann dießer frieden wirdt zu dem ende gemacht, darmit die werthe Deutsche nation zu voriger integritet, tranquillitet, libertet, und sicherung reducirt und die Röm. Ksl. Mt. und dero hohes ertzhaus, auch alle chur-, fürsten und stände des Reichs, so nicht davon außgenommen und sich dazu bekennen, ohne underschied der catholischen Religion und Augspurg. confession, zu dem ihrigen restituirt und dabei erhalten werden. So lang und viel auch, biß daßelbige zu werk gerichtet, soll nicht geruhet noch gefeiert werden.“ Zitat nach ebd., Teilband 4, Nr. 564 A, S. 1623 (§ 69). Zur Ausnehmung einiger weiterhin als Feinde des Kaisers erachteter Fürsten, darunter Kurpfalz und Hessen-Kassel, vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 921.

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im Rahmen seiner ersten mit einzelnen Reichsständen abgeschlossenen Bündnisverträge seinen Anspruch auf eine Satisfaktion hatte aufnehmen lassen. Wohlweislich hatte der König seinerzeit jedoch nicht genau definiert, ob er unter einer Satisfaktion lediglich Geldforderungen oder auch territoriale Gewinne auf Kosten eines oder mehrerer Reichsstände verstand. Aus Sicht der vertragsschließenden Parteien in Prag musste man auf derartige Forderungen nicht mehr eingehen, denn schließlich hatte man eine Friedensregelung innerhalb des Reiches auch ohne schwedisches Zutun erreicht. Um dieser Position gegenüber Schweden Geltung verschaffen zu können, sollten die Reichsstände und der Kaiser ihre Kräfte fortan gegen Schweden vereinigen, um dieses auch ohne Zugeständnisse zum vollständigen Rückzug aus dem Reich zwingen zu können. Der Prager Frieden enthielt deshalb nicht nur Regelungen zur Herbeiführung und dauerhaften Wahrung eines Friedens zwischen den Reichsständen, sondern auch umfangreiche bündnispolitische und militärische Bestimmungen. So verfügte der Friedensschluss die Auflösung aller reichsständischen Partikularbündnisse, wovon in erster Linie die Liga und der Heilbronner Bund betroffen waren⁶⁹⁷, und verlangte stattdessen die Zusammenführung aller vorhandenen militärischen Kräfte unter kaiserlichem Oberbefehl. Die daraus entstehende Armee sollte fortan unter der Bezeichnung „Der Röm. Ksl. Mt. und des Hl. Römischen Reichs kriegsheer“ firmieren – gebräuchlicher wurde der Name „Reichsarmada“ – und einzig und allein dem Zweck dienen, den Friedensschluss und seine Bestimmungen im Reich mit militärischem Nachdruck exekutieren zu können, allen voran gegenüber Schweden.⁶⁹⁸ Sofern sich die schwedische Krone nicht zu einer Anerkennung des Prager Friedens bewegen lassen würde und weiterhin Plätze auf Reichsboden besetzt halten sollte, war es die Aufgabe der künftigen Reichsarmee, sie vom Reichsboden gewaltsam zu verdrängen und die jeweils rechtmäßigen (reichsständischen) Landesherren unabhängig von ihrer Konfession in ihre Besitzungen zu restituieren.⁶⁹⁹

 Vgl. Bierther (Hrsg.): Der Prager Frieden von 1635 (Anm. 694), Teilband 4, Nr. 564 A, S. 1626 (§ 79).  Vgl. ebd., Teilband 4, Nr. 564 A, S. 1623 (§ 70).  „ingemein soll man coniunctis viribus sich dahin bemühen, daß der Ober- und Nidersächßische cräiß von frembden, und insonderheit dem Schwedischen, und anderen darin ligenden und diesem friedensschluß sich nicht gemäß verhaltenden kriegsvolk liberirt, solches vons Reichs boden abgeschafft, und da es nicht guttwillig weichen würde, mit zusammengesetzter macht darauß gebracht, die plätze, welche es besetzt, davon befreiet und ihren vorigen herren und denen sie vermög dießes friedenschlußes gehören, unweigerlich widerumb eingeräumbt werden.“ Zitat nach ebd., Teilband 4, Nr. 564 A, S. 1618. (§ 46); zu den Bestimmungen zu allen anderen Reichskreisen (mit Ausnahme Burgunds und Österreichs) vgl. S. 1618 f. (§§ 48 – 50).

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Zur Verwirklichung weitergehender Ziele sollte die Reichsarmee nicht dienen, weshalb der Prager Frieden einen kaiserlichen Oberbefehl über die Reichstruppen auch nur solange vorsah, wie noch fremde Truppen Reichsboden besetzt hielten.⁷⁰⁰ Doch schon vor Ende des Krieges sollte die Armee so rasch wie möglich verkleinert und schließlich nach einem allgemeinen Friedensschluss vollständig abgedankt werden.⁷⁰¹ Der Prager Frieden verstand sich deshalb auch nicht als eine dauerhafte Neuordnung des Reichskriegswesens oder gar als eine grundlegende Revision der alten Reichsverfassung – ganz im Gegenteil: Die alte Verfassungsordnung des Reiches wurde im Vertragswerk an verschiedenster Stelle als einzig verlässliche Grundlage geregelter und friedlicher Verhältnisse zwischen Haupt und Gliedern des Reiches sowie den Reichsständen untereinander apostrophiert. Ferner wurde die Hoffnung beschworen, die Reichsverfassung mit ihren Institutionen möge durch den Friedensschluss von Prag rasch wiederhergestellt werden.⁷⁰² Als ein wesentlicher Bestandteil dieses Restaurationswerks wurde auch eine Rückkehr zu einer „geordneten“ Kriegsführung und –finanzierung erachtet, um die seit Wallenstein üblichen Zwangskontributionen, Plünderungen und andere mit dem Kriegswesen zusammenhängende Missstände beseitigen zu können. Dafür griff der Prager Frieden den bereits auf dem Regensburger Kurfürstentag von 1630 verhandelten Heeresreformplan in wesentlichen Teilen wieder auf. Wie schon in Regensburg projektiert, sollten die Söldnerheere in kaiserlichen und des Reichs Diensten ihr Auskommen nicht länger wie bisher mit Gewalt selbst eintreiben. Vielmehr war angedacht, dass sie ihren Unterhalt durch eine vom Reich und seinen Institutionen geregelte und organisierte dauerhafte Bezahlung er-

 Zur Befehligung einzelner Korps der Reichsarmee durch die Kurfürsten von Sachsen und Bayern, zeitweise auch Brandenburg und Köln vgl. die Einführung in Kap. II., „Die Kreisverfassung als Basis überkonfessioneller Reichsarmeen und Kreisassoziationen nach dem Prager Frieden, 1635 – 1648“ im zweiten Hauptkapitel dieser Arbeit.  Vgl. ebd., Teilband 4, Nr. 564 A, S. 1618 (§ 46), S. 1625 (§ 75).  Es ist daher mehr als fraglich, ob der Prager Frieden dem Kaiser tatsächlich die Möglichkeit zu einem „absoluten Dominat“ im Reich eröffnet hatte, wie es Georg Schmidt annimmt, vgl. Georg Schmidt: „Absolutes Dominat“ oder „deutsche Freiheit“. Der Kampf um die Reichsverfassung zwischen Prager und Westfälischem Frieden, in: Widerstandsrecht in der frühen Neuzeit. Erträge und Perspektiven der Forschung im deutsch-britischen Vergleich, hrsg. v. Robert von Friedeburg (ZHF Beiheft, 26). Berlin 2001, S. 265 – 284. Vgl. zur Interpretation des Prager Friedens als Restaurationsversuch der alten Reichsverfassung Burkhardt: Der Dreißigjährige Krieg (Anm. 83), S. 97– 99.

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halten, um den Reichsständen auf diese Weise wieder eine bessere Kontrolle über die Militärs zu sichern und zugleich die „disciplina militaris“ zu bessern.⁷⁰³ Wie schon 1630 wurde auch diesmal der Geldbedarf der Reichsarmee für ein Jahr mit 120 Römermonaten veranschlagt, die von den Reichsständen aufzubringen und in insgesamt sechs Ratenzahlungen bis Dezember 1636 in bar in die ihnen jeweils nächstgelegene Kreis- oder Reichskasse abzustatten waren. Damit die Bezahlung „den reichssatzungen und dem herkommen nach“ erfolgen konnte, wurde den beiden Reichspfennigmeistereien die Überwachung und Koordination der Geldtransfers übertragen.⁷⁰⁴ Allerdings unterschied sich der Finanzierungsplan des Prager Friedens in einem wesentlichen Punkt von den fünf Jahre zuvor in Regensburg getroffenen Vereinbarungen der katholischen Kurfürsten: Der Friedensvertrag sah nicht mehr vor, dass die genaue Bewilligungshöhe der Reichsstände über Kreistage noch einmal verhandelt werden sollte.⁷⁰⁵ Mit dem knappen Hinweis, es wäre nun einmal „ohnmüglich, zu allgemeinen reichs-, cräißund deputationsversamblungen dißmals zu gelangen, und doch eine anlage gemacht sein will“, wurde die Bezahlung der vollständigen 120 Römermonate zu einem festen und nicht weiter verhandelbaren Bestandteil der Prager Friedensvertragsbestimmungen erklärt, deren Erfüllung für jeden Reichsstand obligatorisch sein sollte, wenn er dem Frieden beitreten wollte.⁷⁰⁶ Obwohl den Reichsständen damit jegliche Mitsprachemöglichkeit über die Höhe ihrer Zahlungsverpflichtungen genommen wurde, erhob der Prager Frieden für seine finanziellen Bestimmungen dennoch den Anspruch, „umb des boni publici willen“ reichsrechtlich mit einer Reichstagsbewilligung gleichgesetzt zu werden – zumindest von dem Zeitpunkt an, da dem Friedensschluss eine einfache Mehrheit der Reichsstände beigetreten sein würde. Letztere Regelung sollte dem Kaiser ausdrücklich die Möglichkeit eröffnen, etwaige künftige Zahlungssäumnise durch den Reichshofrat oder das Reichskammergericht juristisch ahnden zu lassen, ganz so, als ob die 120 Römermonate im Rahmen einer regulären Reichshilfe erfolgt wären.⁷⁰⁷ Darüber hinausgehende Zahlungen durfte das

 Vgl. Bierther (Hrsg.): Der Prager Frieden von 1635 (Anm. 694), Teilband 4, Nr. 564 A, S. 1625 (§ 73), Zitat S. 1625.  Vgl. ebd., Teilband 4, Nr. 564 A, S. 1624 f. (§ 73), Zitat S. 1625.  An dieser Stelle irrt Dieter Albrecht, der fälschlicherweise eine Bewilligung der 120 Römermonate über Kreistage im Anschluss an den Prager Frieden postuliert, vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 923.  Zitat nach Bierther (Hrsg.): Der Prager Frieden von 1635 (Anm. 694), Teilband 4, Nr. 564 A, S. 1624 f. (§ 73).  Vgl. ebd., Teilband 4, Nr. 564 A, S. 1629 (§ 94), Zitat ebd.

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Reichsoberhaupt aber nicht verlangen, zumindest, sofern diese von den Reichsständen „nicht insgemein verwilligt“ würden.⁷⁰⁸ Deshalb wurde im Prager Frieden auch festgeschrieben, dass ein allgemeiner Reichstag einzuberufen sei, wenn die Reichsarmee in Folge eines länger andauernden Kriegs noch weitere Geldmittel benötigen sollte. Und genau dies war schon sehr bald der Fall. Zwar erwies sich der Prager Frieden unter den Reichsständen letzten Endes trotz diverser meist konfessionspolitisch begründeter Vorbehalte auf protestantischer wie katholischer Seite als weitgehend konsensfähig; bei den im Reich militärisch engagierten ausländischen Antagonisten Habsburgs traf der Friedensschluss aber auf vehementen Widerstand.⁷⁰⁹ Daran konnte auch eine friedensdiplomatische Offensive des sächsischen Kurfürsten nichts ändern. Dieser hatte schon unmittelbar nach dem Prager Frieden mehrmonatige Verhandlungen mit dem schwedischen Reichskanzler Oxenstirna aufgenommen, um einen Abzug der schwedischen Armee aus dem Reich gegen Geldzahlungen zu erreichen.⁷¹⁰ Anstatt sich auf eines der kursächsischen Angebote einzulassen, erneuerte Schweden sein Bündnis mit Frankreich, das nun selbst offen in den Krieg gegen den Kaiser eintrat und auf diese Weise eine Aufteilung der militärischen Schlagkraft der Reichsarmada erzwang. Die Finanzplanungen des Prager Friedens waren damit schon überholt. Spätestens nach der für die Schweden siegreichen Schlacht von Wittstock im Herbst 1636 wurde offensichtlich, dass die Reichsarmee noch weit über den durch die Reichshilfe des Prager Friedens abgedeckten Zeitraum unterhalten werden musste, sollte der schwedischen Militärmacht weiterhin Widerstand entgegengesetzt werden können.⁷¹¹

 Zitat nach ebd., Teilband 4, Nr. 564 A, S. 1625 (§ 75).  Zur Umsetzung des Prager Friedens im Reich unter der besonderen Berücksichtigung der von verschiedenen Seiten erhobenen konfessionspolitischen Vorbehalte vgl. insbesondere Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 910 – 917, 933; Alexander Schmidt: Vaterlandsliebe und Religionskonflikt. Politische Diskurse im Alten Reich (1555 – 1648) (Studies in Medieval and Reformation Traditions: History, Culture, Religion, Ideas). Leiden [u. a.] 2007, S. 358 – 413.  Vgl. hierzu Bierther (Hrsg.): Der Prager Frieden von 1635 (Anm. 694), Teilband 4, Nr. 562, S. 1600 – 1602; Details zu den Absprachen Kurfürst Johann Georgs mit dem Kaiser für seine Verhandlungen mit Oxenstierna finden sich unter anderem in OeStA HHStA Wien: RK Friedensakten 14 e (Prager Frieden), fol. 203r–203v.  Vgl. Burkhardt: Der Dreißigjährige Krieg. Einfluß der sächsischen Politik auf die deutsche Geschichte (Anm. 364), S. 10. Zu den Feldzügen der Reichsarmee in den Jahren unmittelbar nach dem Prager Frieden vgl. auch die ältere, aber sehr ausführliche Arbeit von Oskar W. Schuster/ Friedrich A. Francke: Geschichte der Sächsischen Armee von deren Errichtung bis auf die neueste Zeit. Erster Theil. Leipzig 1885, S. 52– 82.

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Nach den Bestimmungen des Prager Friedens hätte es nun der Ausschreibung eines Reichstags bedurft. Doch nach einer längeren Korrespondenz zwischen dem Kaiser und den Kurfürsten von Sachsen, Brandenburg, Bayern, Mainz und Köln entschieden sich diese, die Frage der weiteren Heeresfinanzierung auf einem Kurfürstentag mit kaiserlicher Beteiligung zu erörtern, nicht aber einer allgemeinen Reichsversammlung.⁷¹² Gegenüber den Reichsständen wurde dieser Schritt in einer Erklärung König Ferdinands III. mit der kurzen Begründung gerechtfertigt, dass die noch fortwährenden Kriegswirren im Reich die Organisation eines Reichstags oder eines Reichsdeputationstags zu sehr behindern würden.⁷¹³ Tatsächlich dürften jedoch in erster Linie machtpolitische Überlegungen der Kurfürstenhöfe und des Kaisers den Ausschlag zugunsten eines Kurfürstentags unter Ausschluss der Reichsstände gegeben haben. Aus der Sicht Kursachsens und Kaiser Ferdinands II. hatte der Prager Frieden bereits die Grundlinien des weiteren Vorgehens im Krieg gegen die auswärtigen Mächte festgelegt, über die nicht weiter verhandelt werden musste. Dies sahen auch die beiden anderen weltlichen Kurfürsten, Bayern und Brandenburg, nicht anders. Kurfürst Georg Wilhelm von Brandenburg war mittlerweile ebenfalls an einer Verdrängung der Schweden aus dem Reich interessiert, sah er doch in Schweden schon längst einen gefährlichen Konkurrenten um das Erbe der Herzöge von Pommern, deren Fürstenhaus unmittelbar vor dem Aussterben stand.⁷¹⁴ Für Maximilian von Bayern hatte der Prager Frieden wiederum die Chance eröffnet, die Gefahr eines neuerlichen schwedischen Einfalls nach Süddeutschland endgültig zu beseitigen. Ferner sah er hierdurch die Möglichkeit geschaffen, sich auch den dauerhaften Verbleib der Kurfürstenwürde in der Wilhelminischen Linie der Wittelsbacher durch seine neuen Verbündeten Kursachsen und Kurbrandenburg ausdrücklich bestätigen und damit weiter absichern zu lassen.⁷¹⁵

 Zum Regensburger Kurfürstentag von 1636/37 vgl. allgemein Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 378 – 383; Heiner Haan: Der Regensburger Kurfürstentag von 1636/1637 (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e.V, 3). Münster 1967.  Vgl. OeStA HHStA Wien: Kriegsakten in genere 92, Gedrucktes Patent König Ferdinands III., Regensburg, 30. Januar 1637, fol. 82r.  Zu den brandenburgischen Erbansprüchen auf Pommern und den Versuchen des brandenburgischen Kurfürsten zu ihrer militärischen Durchsetzung gegen Schweden vgl. Johann Gustav Droysen: Geschichte der preußischen Politik. Dritter Theil, erste Abtheilung: Der Staat des Großen Kurfürsten. Leipzig 1870, S. 177 f.  Kurfürst Johann Georg hatte Maximilian schon 1624 als Kurfürsten auf Lebenszeit anerkannt, noch nicht aber in den dauerhaften Verbleib der Kurwürde bei den bayerischen Wittelsbachern eingewilligt. Auch Kurbrandenburg hatte 1627 die bayerische Kurwürde nur auf Lebzeiten Maximilians akzeptiert, vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 108, 111.

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Zudem hatte es der Kaiser verstanden, etwaigen Vorbehalten der weltlichen Kurfürsten gegenüber einer Monopolisierung der Militärmacht im Reich unter einem alleinigen kaiserlichen Oberbefehl dadurch zu begegnen, dass er ihnen Generalate über erhebliche Teile der Reichsarmee überließ.⁷¹⁶ Die Reichsarmada wurde damit faktisch zu einer kaiserlich-kurfürstlichen Armee, die sich wiederum in mehrere relativ eigenständige Korps untergliederte. Rein aus eigenen finanziellen Mitteln konnten aber weder der Kaiser noch die zu Generälen einzelner Korps berufenen Kurfürsten ihre Truppen unterhalten, weshalb sie gemeinsam daran interessiert blieben, das Reich und seine Stände für den weiteren Unterhalt der Reichsarmee heranziehen zu können.⁷¹⁷ Eine vorherige Konsultierung der Reichsfürsten und kleineren Reichsstände in der Heeresfinanzierungsfrage barg allerdings das Risiko, dass nicht jene Summen bewilligt würden, wie sie von kaiserlicher und kurfürstlicher Seite für eine erfolgreiche Kriegsführung für notwendig erachtet wurden.Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass sich die Kurfürsten im Jahr nach dem Prager Frieden lediglich für die Ausrichtung eines Kurfürstentags mit kaiserlicher Beteiligung entschieden, aber offensichtlich wenig Wert darauf legten, einen allgemeinen Reichstag, einen Reichsdeputationstag oder Kreistage einberufen zu lassen. Die Interessenskonvergenz zwischen Kaiser und Kurfürsten auf dem schließlich 1636 nach Regensburg einberufenen Kurfürstentag war dann auch in der Tat sehr weitreichend. So war es für den alternden Ferdinand II. nach Beginn des Kurfürstentags nicht nur möglich, die Wahl seines Sohnes Ferdinand III. zum römischen König und damit zum künftigen Kaiser zu erreichen, sondern auch eine Reichssteuerbewilligung zu erhalten. In einer in der frühneuzeitlichen Reichsgeschichte bis dahin beispiellosen Entscheidung beschloss der Kurfürstentag, neben den 120 Römermonaten des Prager Friedens zur Unterhaltung der Reichsarmee weitere 120 Römermonate im Namen des ganzen Reiches zu bewilligen. Diese sollten von den Reichsständen in insgesamt sechs Zahlungsterminen

 Kursachsen wurde bereits im Prager Frieden ein eigenständiges Kommando über einen Teil der Reichsarmee zuerkannt, das mit etwa 20.000 Mann ein Viertel der Gesamtstreitmacht des Reiches ausmachte. Bayern erhielt ein vergleichbares Korps in Verhandlungen nach dem Prager Frieden zugesichert, ab 1636 gab es auch ein kleineres kurbrandenburgisches Korps, vgl. Bierther (Hrsg.): Der Prager Frieden von 1635 (Anm. 694), Teilband 4, Nr. 564 A, S. 1623 (§ 70); sowie Nr. 564 H, S. 1656 – 1659 (Memorial betr. die Vereinigung der Streitkräfte); Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 923 – 933; Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 12 f. Vgl. auch die weiteren Ausführungen in dieser Arbeit.  Zur ständigen Finanzmisere Habsburgs und der weltlichen Kurfürsten in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges vgl. allgemein Rauscher: Reiche Fürsten – armer Kaiser? Die finanziellen Grundlagen der Politik Habsburgs, Bayerns und Sachsens im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 274).

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abgegolten werden, sobald die Prager Bewilligung auslief.⁷¹⁸ Zuvor schufen sich die Kurfürsten noch kurzerhand selbst eine eigene reichsrechtliche Grundlage für derartige Reichssteuerbeschlüsse. Hierzu trafen sie den Beschluss, das Kurkolleg dürfe ab sofort für alle Reichsstände verbindliche Reichssteuern beschließen, sofern es die „äußerste Nothdurfft“ zum Wohle des Reiches erfordere.⁷¹⁹ Die große reichsrechtliche Brisanz der Kurfürstentagsbeschlüsse war auch König Ferdinand III. sehr wohl bewusst, der als Vertreter seines bereits gesundheitlich schwer gezeichneten Vaters selbst maßgeblich an den Regensburger Verhandlungen beteiligt gewesen war und dem nach dem Ende des Konvents die eher undankbare Aufgabe zufiel, die neuen Kontributionsbeschlüsse den Reichsständen zu verkünden und zu rechtfertigen. Er tat dies in Form einer Erklärung an alle Reichskreise, die eher einem Appell an den Reichspatriotismus der Stände glich als einer rechtlichen Argumentation. Außer dem Hinweis auf die organisatorische Unmöglichkeit eines Reichstags und die militärische Notwendigkeit der Beibehaltung der Reichsarmee enthielt das Schreiben sogar das ausdrückliche Eingeständnis, dass der Kontributionsbeschluss des Kurfürstentags nicht dem Reichsherkommen entspreche, aber dennoch niemandem präjudizierlich sein solle. Allerdings müsse jeder Reichsstand einfach „aus liebe seines Vatterlands“ gegenüber über alle rechtlichen Bedenken hinwegsehen und seine Zahlungen leisten.⁷²⁰ Der König ließ auch keinen Zweifel daran, dass er die Bezahlung der neuen Reichskontribution erneut wie eine reguläre Reichstagsbewilligung zu handhaben und Zahlungssäumnisse umgehend zu ahnden gedachte.⁷²¹ Damit sahen sich die Reichsstände in den ersten zwei Jahren nach dem Abschluss des Prager Friedens mit einer Gesamtforderung von 240 Römermonaten von Seiten des Kaisers und der ihn unterstützenden Kurfürsten konfrontiert. Die Höhe der Steuerbeschlüsse stand genauso beispiellos in der frühneuzeitlichen Reichsgeschichte da wie die Umstände ihrer Bewilligung, die in beiden Fällen

 Je Zahlungstermin waren 20 Römermonate zu entrichten. Als Zahlungstermine ausgegeben wurden für 1637: 1. März; 1. Juni; 1. September; 1. Dezember; für 1638: 1. März und 1. Juni. Zu den finanziellen Beschlüssen des Kurfürstentags vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 380 – 383.  Zitat nach ebd., S. 739, Anm. 63.  Vgl. OeStA HHStA Wien: Kriegsakten in genere 92 (Anm. 713), Patent König Ferdinands III., Regensburg, 30. Januar 1637, fol. 82r.  Im Patent König Ferdinands III. ist ausdrücklich die Rede davon, dass der König mit Einverständnis der Kurfürsten jedem Reichsstand gebiete, seine „Schuldigkeit“ anzuerkennen, vgl. ebd., fol. 82r. Vgl. hierzu ferner Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 382.

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ohne einen Reichstag erfolgt war.⁷²² Mit dem Reichsherkommen waren also beide Bewilligungen kaum vereinbar. Allerdings erhoben weder der Prager Frieden noch der Abschied des Regensburger Kurfürstentags den Anspruch, das Reichssteuerwesen dauerhaft grundlegend umzugestalten, sondern verstanden sich als kriegsbedingte Ausnahmefälle. Dementsprechend sahen weder der Prager Frieden noch der Regensburger Kurfürstentag institutionelle oder organisatorische Neuerungen auf Reichs- oder Reichskreisebene zur Eintreibung ihrer Kontributionsbeschlüsse vor. Vielmehr implizierten sie restaurative Maßnahmen. Da die Steuerbewilligungen wie reguläre Reichstagsbeschlüsse behandelt werden sollten, mussten all jene Reichsinstitutionen wieder reaktiviert werden, die dem Herkommen gemäß mit der Exekution von regulären Reichstagsbeschlüssen, insbesondere Reichssteuerbeschlüssen, betraut waren. Dies waren in erster Linie die Reichskreise, die beiden Reichspfennigmeister und die Reichsgerichtsbarkeit zur juristischen Ahndung von künftigen Zahlungssäumnissen. Der Vertragstext des Prager Friedens enthielt jedoch nur wenige Regelungen, die sich explizit mit den genannten Institutionen und ihrer Rolle bei der Exekution des Friedens befassten. Lediglich die (Wieder‐)Einsetzung von Reichspfennigmeistern zur Überwachung der Reichssteuererträge wurde ausdrücklich festgeschrieben. Des Weiteren hielt ein Nebenrezess fest, dass Kursachsen ein Viertel der in die Reichskassen eingehenden Gelder zugewiesen werden sollte, proportional zur Größe des von ihm geführten Teils der Reichsarmee.⁷²³ Zumindest implizit wurde dem Kaiser auch die Einklagemöglichkeit der Kontributionen über das Reichskammergericht sowie – entgegen der bisherigen Praxis in fiskalischen Prozessen – am Reichshofrat eingeräumt.⁷²⁴ Über die Zuständigkeiten der Reichskreise liest man im Prager Vertragstext hingegen nichts. Sofern Reichskreise Erwähnung finden, dann nur zur Beschreibung der Operationsgebiete der einzelnen Reichsarmeen und der Zuständigkeitsbereiche der beiden Reichspfennigmeister.⁷²⁵  Die bis dahin höchste Einzelbewilligung eines Reichstags fiel 1603 in der Endphase des Langen Türkenkrieges und betrug 86 Römermonate. Im 16. Jahrhundert hatten die meisten Reichshilfebewilligungen den Wert von 20 Römermonaten nicht überschritten oder waren in ihrer Auszahlung über mehrere Jahre gestaffelt; vgl. allgemein Rauscher: Kaiser und Reich. Die Reichstürkenhilfen von Ferdinand I. bis zum Beginn des Langen Türkenkriegs (1548 – 1593) (Anm. 242), ferner Schattkowsky: Zwischen Rittergut, Residenz und Reich (Anm. 200), S. 397; Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 80.  Vgl. Bierther (Hrsg.): Der Prager Frieden von 1635 (Anm. 694), Teilband 4, Nr. 564 H, S. 1656 – 1659 (Memorial betr. die Vereinigung der Streitkräfte), hier insbesondere S. 1657, 1659.  Vgl. ebd., Teilband 4, Nr. 564 A, S. 1629 (§ 94).  Vgl. ebd., Teilband 4, Nr. 564 A, S. 1618 f. (§§ 46 – 50).

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Dennoch spielten die Reichskreise respektive Reichskreisinstitutionen schon unmittelbar nach der Ratifikation des Prager Friedens durch Kursachsen und den Kaiser eine wichtige Rolle: Der Prager Friedensschluss wurde 1635 wie ein Reichstagsbeschluss über die Kreisausschreibenden Fürsten in den Reichskreisen publik gemacht, ebenso der Kontributionsbeschluss des Regensburger Kurfürstentags vom Januar 1637.⁷²⁶ Des Weiteren übernahmen Kreiseinnehmer in diversen Reichskreisen die Aufgabe, Reichssteuern entgegenzunehmen.⁷²⁷ Die Tätigkeit der Kreiseinnehmer gewann dabei vor allem deshalb Bedeutung, da die Reichspfennigmeisterämter noch längere Zeit nach dem Prager Frieden nicht arbeitsfähig waren. Die beiden noch in den 1620er Jahren in Augsburg und Leipzig tätigen Reichspfennigmeister, Schmidt und Loß, waren noch vor 1635 verstorben und ihre Ämter in den Kriegswirren nicht erneut besetzt worden.⁷²⁸ Selbst nach dem Prager Friedensschluss vergingen Jahre, bis beiden Reichspfennigmeistereien wieder ein regulärer Amtsinhaber vorstand: In Augsburg hatte Kaiser Ferdinand II. zwar unmittelbar nach Rückeroberung der Stadt Hans Adolf von Wolfstirn zum neuen Reichspfennigmeister ernannt, einen verdienstvollen Zahlmeister aus seiner Armee. Doch als dieser kurz nach Bezug seiner Amtsstube von den Gläubigern seines hochverschuldet verstorbenen Amtsvorgängers Schmidt in offenbar äußerst penetranter Weise zur persönlichen Übernahme alter Schulden des Reichspfennigmeisteramts gedrängt wurde, verließ Wolfstirn die Reichsstadt fluchtartig wieder, ohne seine Tätigkeit als Reichspfennigmeister jemals aufgenommen zu haben.⁷²⁹ Einen Nachfolger prä-

 Zur Publikation des Prager Friedens im Obersächsischen Reichskreis durch Kursachsen vgl. OeStA HHStA Wien: RK Friedensakten 14 e (Anm. 710), fol. 203r, 219r; zur Publikation durch Kurbayern im Bayerischen Reichskreis vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 929; zur Verkündung des Kurfürstentagsbeschlusses durch die Reichskreise OeStA HHStA Wien: Kriegsakten in genere 92 (Anm. 713), fol. 82r.  Ein Beleg für den Obersächsischen Reichskreis liefert SächsHStA Dresden: 13480 Personennachlass Hans von Ponickau (Anm. 205), fol. 19r.  Stephan Schmidt von Freihofen war 1631 gestorben, sein Amtskollege aus Leipzig, Joachim von Loß, im Jahr 1633. Vgl. Schattkowsky: Zwischen Rittergut, Residenz und Reich (Anm. 200), S. 354.  Wolfstirn war zuvor im kaiserlichen Heer als Oberkommissar für die Kriegskasse im Schwäbischen Reichskreis verantwortlich gewesen. Nach eigener Aussage war er bereits unmittelbar nach Bezug der Räumlichkeiten der Reichspfennigmeisterei in Augsburg 1635 gewalttätigen Nachstellungen der Gläubiger seines Amtsvorgängers Schmidt ausgesetzt, was ihn von einem offiziellen Antritt des Amtes abgehalten habe. Wolfstirn verfügte offenbar noch aus seiner Zeit als Oberkommissar im Schwäbischen Reichskreis über gute Beziehungen zum Augsburger Bischof, der sich bei Kaiser Ferdinand II. für eine Annullierung der Berufung Wolfstirns zum Reichspfennigmeister einsetzte, vgl. OeStA HHStA Wien: RK Reichsakten in specie 74 (Anm. 215), Sub-

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sentierte Kaiser Ferdinand II. dann erst wieder 1640, nachdem ihn etliche Fürsten am Regensburger Reichstag nachdrücklich dazu aufgefordert hatten.⁷³⁰ Bis dahin übernahmen in den oberdeutschen Reichskreisen Kreiseinnehmer den Reichssteuereinzug, sofern nicht kaiserliche Militärs und Kriegskommissare diese Aufgabe an sich zogen.⁷³¹ Auch das für den Reichssteuereinzug im Ober- und Niedersächsischen Reichskreis zuständige Leipziger Reichspfennigmeisteramt war seit 1633 unbesetzt geblieben. Zur Einnahme von Reichs- und Kreissteuern war die umgehende Wiederbesetzung des Amtes zumindest aus kursächsischer Sicht auch gar nicht nötig gewesen: Die nach wie vor in Leipzig tätigen und sich aus dem dortigen Stadtrat rekrutierenden Kreiseinnehmer des Obersächsischen Reichskreises waren vom Kurfürsten kurzerhand zu Verwaltern der neuen Reichssteuern aus beiden sächsischen Reichskreisen befördert worden.⁷³² Dieses Vorgehen brachte für den sächsischen Kurfürsten einen entscheidenden Vorteil: Die Entgegennahme und Verwaltung der Reichssteuern konnten die Kreiseinnehmer auch ohne Hilfe eines Reichspfennigmeisters vornehmen, im Gegensatz zu diesem standen sie jedoch in keinem unmittelbaren Dienst- und Treueverhältnis zum Kaiser, sondern nur zum Reichskreis und ihrem Landesherren, dem sächsischen Kurfürsten. Auf diese Weise konnte Kursachsen dank der Leipziger Kreiseinnehmer im ersten Jahr nach dem Prager Frieden noch die alleinige Kontrolle über den gesamten Reichssteuereingang aus den beiden sächsischen Reichskreisen bewahren.⁷³³

fasz. 2– 1 „Die ersetzung des Reichs Pfenningmaister Ambts betr.“, fol. 1– 15.Vgl. auch OeStA FHKA: SUS RA 86.1.12 (Anm. 215), fol. 1059v.  Zur Wiederbesetzung des Reichspfennigmeisteramts durch Hubert Bleymann, den Pfennigmeister der Jülicher Landstände, vgl. ebd., fol. 994– 1065, insbesondere fol. 994r: Kaiser Ferdinand III. an Hubert Bleymann, Regensburg, 2. Oktober 1641 (Konzept); fol. 995r: Kaiser Ferdinand III. an Reichsvizekanzler Graf Kurtz, Regensburg, 2. Oktober 1641 (Konzept). Vgl. auch Kap. II.7.1, „Der Regensburger Reichstag als Höhepunkt und Peripetie der Restaurierungsbemühungen im Reichsfinanzwesen“.  Vgl. hierzu am Beispiel des Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreises Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 14 f, 79 f., 91– 93.  Vgl. etwa SächsHStA Dresden: 13480 Personennachlass Hans von Ponickau (Anm. 205), Einnahme und Ausgabenextrakt „Der Legstadt Leipzigk Deputirte Einnehmer der Reichs vnndt Kreÿßsteuern“, fol. 19r.  Gemäß eines Rundschreibens Johann Georgs an alle obersächsischen Kreisstände vom 1. Oktober 1635 sollte die erste Rate der 120 Römermonate von jedem Kreisstand „inwendig vierzehen tagen, durch wechßel, oder sonsten, nach Leipzig vbermacht, bey dem Rath daselbst kegen quittung außgezahlet“ werden, unabhängig davon, ob ein Reichspfennigmeister bereits seinen Dienst aufgenommen habe oder nicht. Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10502/18 (Anm. 186), Kurfürst Johann Georg an die Stände des Obersächsischen Kreises, Barby, 1. Oktober 1635 (Konzept), unfol.

5 Die Reichskreise und die Finanzierung der Reichsarmee

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Erst als Kaiser Ferdinand II. kurz vor Ende des Regensburger Kurfürstentags Anfang Januar 1637 Kurfürst Johann Georg nochmals mit Nachdruck auf die Bestimmungen des Prager Friedens zur Rolle der Reichspfennigmeister erinnerte und sogleich einen aus Wiener Sicht geeigneten Kandidaten vorschlug, rückte die Neubesetzung des Amtes wieder auf die politische Agenda Kursachsens. Interessanterweise unterschied der Kaiser in seinem diesbezüglichen Schreiben an Kurfürst Johann Georg schon gar nicht mehr zwischen Reichs- und Kreissteuern, oder zwischen Reichs- und Kreisständen. Er bezeichnete die 120 Römermonate des Prager Friedens schlicht als „in jüngsten (!) fridenschluß außgezaichneten Reichs vnd Craisshülffen“, zu deren Einzug es eines geeigneten Reichspfennigmeisters bedürfe – „einer teüglichen Persohn, welche die von beeden Craiß ⁷³⁴ standten thuenden verwilligungen ohne saumbnus, zuerheben vnd zu richtiger berechnung zubringen wisse“.⁷³⁵ Die Wahl des Kaisers fiel auf den kursächsischen Amtmann und Rat Johann (beziehungsweise Hans) von Ponickau, den der Habsburger nach eigenem Bekunden bereits am Kurfürstentag als Mitglied der kursächsischen Delegation persönlich kennengelernt hatte.⁷³⁶ Ponickau, der einer alteingesessenen sächsischen Adelsfamilie entstammte, deren Mitglieder bereits im 16. Jahrhundert mit der Verwaltung von Türkensteuern in ernestinischen Territorien betraut gewesen waren, erwies sich auch für Kurfürst Johann Georg als akzeptabler Kandidat.⁷³⁷ Nach Aushandlung seiner Amtsinstruktionen durch Briefwechsel mit kaiserlichen Räten, darunter auch Maximilian von Trauttmansdorff, dem späteren kaiserlichen Verhandlungsführer auf dem Westfälischen Friedenskongress, nahm Ponickau seine Arbeit im April 1637 auf.⁷³⁸ Fortan stand er in einem engen Kontakt zu den

 Gemeint ist der Ober- und Niedersächsische Reichskreis.  SächsHStA Dresden: 13480 Personennachlass Hans von Ponickau (Anm. 218), fol. 4r.  Der Kaiser pries Ponkau als „ein man von Qualiteten, alten herkhomen vnd der geschickhlichkheit vnd verhaltens seÿ“, was er auch jüngst in Regensburg als „Collegialtag Abgeordneter Gesandte“ bewiesen habe, vgl. Kaiser Ferdinand II. an Kurfürst Johann Georg, Regensburg, 3. Januar 1637 (Kopie), ebd., fol. 4r.  Zur Tätigkeit der Familie Ponickau als Kämmerer und Türkensteuereinnehmer im ernestinischen Sachsen vgl. Müller: Türkensteuer und Landsteuer im ernestinischen Sachsen von 1485 bis 1572 (Anm. 192), S. 58 f.  Eine Kopie der Instruktion, datiert Prag, 24. Juni 1637, findet sich unter SächsHStA Dresden: 13480 Personennachlass Hans von Ponickau (Anm. 218), fol. 13r – 19r. Auf Wunsch Ponickaus datierte die Wiener Hofkammer seinen Amtsantritt rückwirkend auf den 1. Januar 1637, fol. 11v. Zur Aushandlung seiner Amtsinstruktionen vgl. ferner ebd., Hans von Ponickau an Graf Maximilian von Trauttmansdorff, kaiserlicher Geheimer Rat, Kämmerer und Oberhofmeister, Dresden, 31. (21.) März 1637 (Konzept), fol. 2r – 3v; ebd., „Memorial“ Ponickaus anlässlich seiner Amtsüber-

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

Kreiseinnehmern des Ober- und Niedersächsischen Reichskreises in Leipzig, gegenüber denen er in Reichs- und Kreissteuersachen weisungsbefugt war. Wie andere sächsische Reichspfennigmeister vor ihm blieb er nach seinem Amtsantritt weiterhin zusätzlich in Diensten des sächsischen Kurfürsten, stand jedoch in seinem Amt als Reichspfennigmeister zugleich in einem beeideten, direkten Treueverhältnis zum Reichsoberhaupt. Ponickau war sich von Anfang an sehr wohl bewusst, wie sehr der künftige Erfolg seiner Tätigkeit von der Unterstützung seiner beiden Dienstherren, dem sächsischen Kurfürsten und dem Kaiser, abhängig blieb. Die Unterstützung Wiens war ihm besonders dann wichtig, wenn es galt, säumige Reichssteuern einzutreiben. Er fürchtete, „dz mehrentheils der Stände, beÿ diesen schweren leufften, des Reichspfennigmeisters privat ermahnungen, (davon es nicht ermangeln wirdt), beÿ sich nicht werden gelten laßen“, und ließ sich deshalb zu seinem Dienstantritt vom Kaiser zusichern, jederzeit die Mithilfe der kaiserlichen Hofkammer zur Abmahnung von Zahlungsrückständen einfordern zu können.⁷³⁹ Die letztgenannten Befürchtungen Ponickaus rührten nicht von ungefähr, denn zum Zeitpunkt seiner Eidesleistung als Reichspfennigmeister hatte Kursachsen als Hüter der Leipziger Reichskasse schon erste, sehr ernüchternde Erfahrungen mit dem Eingang der 120 Römermonate aus dem Prager Frieden aus den beiden sächsischen Reichskreisen machen müssen.

5.2 Zum Ertrag der Reichssteuerbewilligungen des Prager Friedens und des Regensburger Kurfürstentags in den sächsischen Reichskreisen Dabei hatte der sächsische Kurfürst die Annahme des Prager Friedens bei den Ständen „seines“ Obersächsischen Reichskreises noch relativ rasch und ohne größere Anstrengungen erreichen können. Bereits Mitte Juli 1635, keine zwei Monate nach der Unterzeichnung des Friedensschlusses zwischen dem Kaiser und Kursachsen, lagen Kurfürst Johann Georg bereits von mehr als einem Dutzend protestantischer norddeutscher Stände entsprechende Beitrittserklärungen zum Prager Vertragswerk vor, die der Sachse gesammelt an die Hofburg weiterleitete.⁷⁴⁰ Nur das von Schweden besetzte und politisch faktisch handlungsunfähige

nahme, Dresden, 3. April/24. März 1637, fol. 13r – 19r; ebd., „Resolution“ des Kaisers auf das Memorial Ponickaus, Prag, 24. Juni 1637 (Kopie), fol. 20r – 23r.  Zitat ebd., fol. 16v–17r; zur Antwort des Kaisers ebd., fol. 22v.  Vgl. OeStA HHStA Wien: RK Friedensakten 14 e (Anm. 710), Kurfürst Johann Georg an Kaiser Ferdinand II., Leipzig, 11./21. Juli 1635, fol. 213 – 219, die zugehörige Auflistung der dem Frieden schon beigetretenen und der beitrittswilligen Kreisstände mit insgesamt 17 Einträgen auf

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Pommern konnte nicht mehr für die Sache Kursachsens und des Kaisers gewonnen werden.⁷⁴¹ Allerdings war nach dem im Prager Frieden festgelegten Prozedere die Beitrittserklärung zum Friedensvertrag nur ein erster Schritt, auf den unbedingt die Entrichtung der festgelegten Kontributionen respektive Reichssteuern zu folgen hatte. Denn erst durch Letzteres würde, wie es Kurfürst Johann Georg in einem Rundschreiben an alle Kreisstände des Ober- und Niedersächsischen Reichskreises formulierte, „der Friedenschluß in seine krafft vnd würckligkeit gesezt“.⁷⁴² Der Urheber des Prager Friedens maß der Umsetzung der Kontributionsbestimmungen demnach größte, für den Erfolg des Friedensschlusses insgesamt elementare Bedeutung bei. Vor diesem Hintergrund ist es umso erstaunlicher, dass die tatsächliche Entrichtung der 1635 und 1636/37 ausgeschriebenen Reichssteuern bis heute ein Desiderat der Forschung geblieben ist.⁷⁴³ Dank archivalischer Neufunde können nun erstmals im Rahmen dieser Studie konkrete Angaben zur finanziellen Leistungsfähigkeit und Zahlungspraxis für den Ober- und Niedersächsischen Reichskreis in Folge des Prager Friedens und damit auch zur Umsetzung der Prager und Regensburger Kontributionsbeschlüsse gemacht werden. Die folgenden Zahlungsangaben konnten aus Abrechnungen der Leipziger Kreiseinnehmer und des ab 1637 tätigen Reichspfennigmeisters Ponickau gewonnen werden.⁷⁴⁴

fol. 209 f. Aus dem Obersächsischen Reichskreis finden sich folgende Stände aufgelistet: Nr. 1: Kurbrandenburg (Interimserklärung); Nr. 2: Altenburg (Beitrittserklärung im Original); Nr. 3: Eisenach (Absichtserklärung); Nr. 4: Pommern, Herzog Bogislaw (Interimserklärung); Nr. 5: Quedlinburg (Absichtserklärung); Nr. 6: Anhalt, sämtliche Fürsten (Beitrittserklärung im Original); Nr. 7: Schwarzburg, sämtliche Grafen (Beitrittserklärung im Original); Nr. 8: Mansfeld (Beitrittserklärung im Original); Nr. 9: Stolberg (Beitrittserklärung im Original); Nr. 10: Barby: (Absichtserklärung); Nr. 11: Reuß, sämtliche Herren (Beitrittserklärung im Original); Nr. 12: Herren von Schönburg (Beitrittserklärung im Original). Zum Beitritt der obersächsischen Kreisstände zum Prager Frieden vgl. auch Ernst Dürbeck: Kursachsen und die Durchführung des Prager Friedens 1635. Leipzig 1908, S. 32 f.  Vgl. Nicklas: Macht oder Recht (Anm. 35), S. 234.  Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10502/18 (Anm. 186), Kurfürst Johann Georg an die Stände des Obersächsischen Kreises, Barby, 1. Oktober 1635 (Konzept), unfol.  Auf diese Forschungslücke hingewiesen hat zuletzt Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 380.  Die wichtigsten Archivfunde entstammen den Beständen SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10502/18 (Anm. 186) und SächsHStA Dresden: 13480 Personennachlass Hans von Ponickau, Nr. 7 (Anm. 193). Vgl. hierzu auch die Tabellen 3 und 4 dieser Studie.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

Für 120 Römermonate des Obersächsischen Reichskreises errechneten die Leipziger Kreiseinnehmer einen nominellen Gegenwert von 966 120 fl.⁷⁴⁵ Als Berechnungsgrundlage diente ihnen dabei eine „Realmatrikel“ aller obersächsischen Stände, also eine die territorialen Veränderungen und Moderationen von Reichs- bzw. Kreissteueranschlägen im Obersächsischen Reichskreis seit dem 16. Jahrhundert einberechnende Modifikation der Wormser Matrikel.⁷⁴⁶ Zum 20. August 1636 zogen die Einnehmer eine erste Zwischenbilanz aller in Leipzig seit dem im Vorjahr erfolgten Friedensschluss eingegangenen Kontributionen aus dem Reichskreis:⁷⁴⁷ Tabelle 3: „Wegen derer beÿ dem Prager Friedenschluß Anno 1635 bewilligten 120. Monat einfachen Römerzug, seind die Stände des Ober: vnnd Nieder Sächß: Creÿßes, vermög der Reichs Matricul, welche Anno 1610 aus der Röm: Keÿ: Mait. Hof Cammer verfertiget, in 6 Terminen zuerlegen schuldig, haben biß dato den 20. Augusti Anno 1636 beÿ der Legstadt Leipzigk darauf abgelegt, vnd seind noch zu zahlen, wie hernach specificirt zuersehen.“ [Abschnitt zum Obersächsischen Reichskreis]⁷⁴⁸ In den Oberssächß. Kreiß vff . Monat

f.

Ist bezahlt

verbleibt noch zu erlegen

Ihre Churf: Drl: zu Sachßen, wegen dero Landen

 

(keine Angaben)

(keine Angaben)

Ihre Churf: Drl: zu Brandenburg, wegen dero Landen

 



 

 Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10502/18 (Anm. 186), „Wegen derer beÿ dem Prager Friedenschluß Anno 1635 bewilligten 120. Monat einfachen Römerzug, seind die Stände des Ober: vnnd Nieder Sächß: Creÿßes, vermög der Reichs Matricul, welche Anno 1610 aus der Röm: Keÿ: Mait. Hof Cammer verfertiget, in 6 Terminen zuerlegen schuldig, haben biß dato den 20. Augusti Anno 1636 beÿ der Legstadt Leipzigk darauf abgelegt, vnd seind noch zu zahlen, wie hernach specificirt zuersehen.“, unfol.  Eine besonders umfangreich kommentierte Matrikel für den Ober- und Niedersächsischen Reichskreis auf dem Stand von 1642 findet sich unter ebd., „Reichs Matricul des Ober: vnd Nidersächsischen Kreises, So dem herrn ReichsPfennigmeister Fridrich Merzschen auf Reichenbach vnd Criesen, von des verstorbenen ReichsPfennigmeisters herrn Johansens von Ponickau auf Pombsen, gewesenen Buchhalter Jacob Menznern, Anno 1642. überschickt worden“, unfol.  Die folgenden Zahlenangaben sind der anbei als Tabelle 3 edierten Auflistung entnommen: ebd., „Wegen derer beÿ dem Prager Friedenschluß Anno 1635 bewilligten 120. Monat einfachen Römerzug, seind die Stände des Ober: vnnd Nieder Sächß: Creÿßes, vermög der Reichs Matricul, welche Anno 1610 aus der Röm: Keÿ: Mait. Hof Cammer verfertiget, in 6 Terminen zuerlegen schuldig, haben biß dato den 20. Augusti Anno 1636 beÿ der Legstadt Leipzigk darauf abgelegt, vnd seind noch zu zahlen, wie hernach specificirt zuersehen.“, unfol.  Ediert gemäß ebd., unfol.

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5 Die Reichskreise und die Finanzierung der Reichsarmee

Tabelle : „Wegen derer beÿ dem Prager Friedenschluß Anno  bewilligten . Monat einfachen Römerzug, seind die Stände des Ober: vnnd Nieder Sächß: Creÿßes, vermög der Reichs Matricul, welche Anno  aus der Röm: Keÿ: Mait. Hof Cammer verfertiget, in  Terminen zuerlegen schuldig, haben biß dato den . Augusti Anno  beÿ der Legstadt Leipzigk darauf abgelegt, vnd seind noch zu zahlen, wie hernach specificirt zuersehen.“ [Abschnitt zum Obersächsischen Reichskreis] (Fortsetzung) In den Oberssächß. Kreiß vff . Monat

f.

Ist bezahlt

Die Herzogen zu Sachßen-Altenburgk und Weimarischen Lini

 

Die Herzogen zu Sachßen-Coburg: Lini

 



 

 



 

 



 

Der Abt zu Walckenrieth

 



 

Die Abtißin zu Quedlinburg

 



 

Die Herren Grafen zu Mannsfeldt

 



 

Die Herren Graffen zu Schwarzburg

 

Die Herren Graffen zu Stolberg

 



 

Die Herren Grafen zu Hohenstein

 



 

Die Herren Grafen zu Barby

 



 

 

 

 

 

 

 

Die Herzogen in Pommern Die Fürsten zu Anhalt

Die Herren Reußen zu Plawen Die Herren von Schönburg

 ,,

verbleibt noch zu erlegen

 ,,

 ,,

 ,,

Summa der Anlage vf . Monat einfachen Römerzugs des Ober Sächß: Creißes:   fl.

Zum Zeitpunkt der hier wiedergegebenen Zwischenbilanz waren bereits drei von insgesamt sechs Zahlungszielen verstrichen, d. h. die Hälfte der angesetzten Summe, rund eine halbe Million Gulden, hätte im optimalen Fall schon von den obersächsischen Reichsständen eingezahlt werden sollen. Tatsächlich waren aber in dem besagten Zeitraum lediglich 32 695 fl. in der Reichskasse eingegangen. Kein einziger Kreisstand hatte seine Kontribution auch nur im Ansatz vollständig entrichtet. Lediglich sechs obersächsische Kreisstände hatten überhaupt Zahlungen nach Leipzig vornehmen lassen, wobei mit insgesamt 15 000 fl. rund die Hälfte der Gesamtsumme der entrichteten Reichssteuern alleine auf Sachsen-Altenburg entfiel, kleinere Beträge steuerten Sachsen-Weimar, Schwarzburg, Reuß

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

und Schönburg bei.⁷⁴⁹ Mit Ausnahme Weimars waren dies alles Kreisstände, die der traditionellen Klientel Kursachsens im Reichskreis zuzuordnen waren und mit ihren Territorien unmittelbar an den sächsischen Kurstaat grenzten. Eine spätere Abrechnung des Reichspfennigmeisters Ponickau aus der zweiten Jahreshälfte 1637, lange nach Ablauf der letzten ursprünglichen Zahlungsfristen für die Kontributionen aus dem Prager Frieden, kommt zu einem noch ernüchternderen Ergebnis. Demnach hatten die obersächsischen Kreisstände die Entrichtung weiterer Gelder in die Leipziger Reichskasse schon im Sommer 1636 eingestellt und insgesamt nicht mehr als etwa 35 000 fl. einbezahlt.⁷⁵⁰ Dies entsprach weniger als 4 % jener Gesamtsumme, die nach der „Realmatrikel“ der Kreiseinnehmer und des Reichspfennigmeisters vom Obersächsischen Reichskreis zu erwarten gewesen wären. Wie ist eine solch desaströse Zahlungsbilanz zu erklären, da sich doch alleine der Kreissteueranschlag der beiden Kurfürstentümer des Reichskreises, Kursachsen und Kurbrandenburg, zusammengenommen auf mehr als eine halbe Million Gulden belief?⁷⁵¹ Einige der Ursachsen sind bereits in einzelnen Bestimmungen des Prager Friedens oder den erst nach dem eigentlichen Friedensschluss vom Kaiser in Verhandlungen mit einzelnen Kurfürsten erlassenen Ergänzungsbestimmungen und Sonderregelungen zu suchen. Für den Obersächsischen Reichskreis von großer Bedeutung waren dabei die besonderen Konditionen, die sich der sächsische und der brandenburgische Kurfürst in Kontributionsfragen sichern konnten. Kursachsen stand gemäß dem Friedensvertragswerk selbst ein Viertel aller Kontributionen im Reich zum Unterhalt seines Korps der Reichsarmee zu, was Kurfürst Johann Georg wiederum zum Anlass nahm, seinen eigenen Anteil an den 120 Römermonaten gar nicht erst in die Reichskasse einzubezahlen, um stattdessen in unregelmäßigen Abständen Ausgabenbelege seiner Armee beim Reichspfennigmeister einreichen zu lassen. Zu dieser Praxis ging auch Kurbrandenburg nach Übernahme eines eigenen Generalats bei der Reichsarmee ab Ende des Jahres 1636 über.⁷⁵² Als Hans von Ponickau im Sommer 1637 sein Reichs Der Anteil Sachsen-Altenburgs an den von Ernestinern entrichteten Reichssteuern ist aus einer Aufstellung des Reichspfennigmeisters Ponickau von 1637 zu entnehmen. Demnach zahlte Altenburg im Oktober und Dezember 1635 sowie im Mai 1636 jeweils 5.000 fl., auf Weimar entfiel nur eine einmalige Zahlung im Dezember 1635 von rund 2.955 fl. Vgl. SächsHStA Dresden: 13480 Personennachlass Hans von Ponickau, Nr. 7 (Anm. 193), fol. 2r.  Vgl. ebd., fol. 2v.  Für 120 Römermonate hätte Kursachsen laut der obersächsischen Kreismatrikel 336.000 fl. entrichten müssen, Kurbrandenburg 219.360 fl.  Zur Verleihung eines eigenen Generalats innerhalb der Reichsarmee an Kurbrandenburg im Laufe des Regensburger Kurfürstentags vgl. Droysen: Geschichte der preußischen Politik (Anm. 714), S. 117– 125; Haan: Der Regensburger Kurfürstentag von 1636/1637 (Anm. 712), S. 170.

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pfennigmeisteramt aktiv auszuüben begann, lagen ihm offenbar verschiedenste Ausgabenbelege der Armeen vor, die er freilich nicht auf ihre Richtigkeit kontrollieren konnte. Immerhin bestätigte er beiden Kurfürsten nach einem ersten Kassensturz, sie hätten „solche ihre Quoten durch lifferung Proviant, Munition, stukh vnd andere zu der Reichs Armee gehörige notturfft (alles erlittenen vnwiderbringlichen schadens zugeschweigen) völlig vnd weit ein mehrers dargegeben, das ist auß ihren eingeschikhten Liquidationen genugsam zu ersehen, vnd daher nicht allein wegen solcher anlag, ferner nichts zu gewarten, sondern es haben auch dieselben noch ein ansehentliches zu prætendieren.“ ⁷⁵³ Allerdings hatte der brandenburgische Kurfürst zu diesem Zeitpunkt unabhängig seiner tatsächlichen Aufwendungen für die Reichsarmee sowieso keine Zahlungsaufforderungen aus Leipzig mehr zu befürchten: Seit Dezember 1636 konnte Kurfürst Georg Wilhelm eine Quittung der Wiener Hofkammer vorweisen, die ihm im Namen des Kaisers bestätigte, für seine verschiedenen Besitzungen im Reich bereits 120 Römermonate „in vnser Reichs Pfennigmaister Ambt, ordentlich vnd ohn abgang volliglich entrichtet“ zu haben.⁷⁵⁴ In Wirklichkeit hatte aber keiner der beiden Reichspfennigmeistereien seit 1635 auch nur einen kurbrandenburgischen Heller gesehen, denn der Kurfürst hatte am Rande des Regensburger Kurfürstentags von 1636 von Kaiser Ferdinand II. eine grundsätzliche Befreiung von finanziellen Verpflichtungen aus dem Prager Friedensschluss erwirkt.⁷⁵⁵ Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dürfte der kaiserliche Dispens in Verbindung mit der auf dem Kurfürstentag vorgenommenen Vivente-Imperatore-Wahl des Kaisersohns Ferdinand III. sowie dem militärischen Engagement Kurbrandenburgs gegen Schweden erfolgt sein.⁷⁵⁶ Im Reich publik gemacht wurde der Schuldenerlass jedoch nicht. Um den Schein einer einmütigen Akzeptanz und Umsetzung der finanziellen Bestimmungen des Prager Vertragswerks durch das gesamte Kurkolleg zu wahren, erklärte Kaiser Ferdinand II. sein Zugeständnis an den Brandenburger

 SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10502/18 (Anm. 186), „Bericht“, undat. [ca. Mitte 1637], unfol.  Vgl. OeStA FHKA: SUS RA 145.1.20, „Kahÿ: Quittung für Chur Brandenburg wegen von Ihrer Khaÿ: Matt: derselben nachgesuchten 120 Monatlichen Contribution 281760 fl. auf dem Prager Friedens Schluß“, Regensburg, 23. Nov. 1636 (Konzept), fol. 1056r – 1056v, Zitat fol. 1056r. In dem Dokument wird der Gegenwert der 120 Römermonate mit 281.760 fl. angegeben.  Der Erlass der Reichskontributionen für Kurbrandenburg scheint der Forschung noch unbekannt zu sein, jedenfalls finden sich keinerlei Hinweise in den einschlägigen Kapiteln bei Droysen: Geschichte der preußischen Politik (Anm. 714), Haan: Der Regensburger Kurfürstentag von 1636/1637 (Anm. 712) oder Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20).  Zur Wahl Ferdinands III. vgl. Haan: Der Regensburger Kurfürstentag von 1636/1637 (Anm. 712), S. 209– 223; zu den Feldzugsplänen gegen Schweden S. 169 f.; vgl. ferner auch Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 378– 383, 724 f.

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zur Verschlusssache und verordnete allen seinen an der Quittierung beteiligten Hofkammerräten striktes Stillschweigen.⁷⁵⁷ Die soeben dargestellten Ausnahmeregelungen für Kursachsen und Kurbrandenburg bieten eine ausreichende Erklärung, warum die beiden Kurfürstentümer ihren Anteil an den 120 Römermonaten Reichskontribution nicht nach Leipzig entrichteten. Noch zu klären bleibt jedoch die Frage, warum auch fast alle anderen Kreisstände des Obersächsischen Reichskreises ihren Zahlungsverpflichtungen aus dem Friedensschluss von 1635 gar nicht oder nur zum Teil nachkamen. Eine mögliche Erklärung bietet wiederum der Prager Frieden selbst, der Bestimmungen enthielt, die zumindest bei ihrer wortgetreuen Umsetzung eine große Zahl von Kreisständen vor direkten Kontributionszahlungen an die Reichskasse schützten: Laut § 51 des Friedensschlusses sollte kein Kreisstand zu Kontributionsleistungen herangezogen werden dürfen, der bereits durch Einquartierungen oder Verproviantierungskosten von Soldaten belastet war.⁷⁵⁸ Die Kosten für in Festungen stationierte Teile der Reichsarmee sollten sogar direkt aus den Reichskassen finanziert werden.⁷⁵⁹ Diese Bestimmungen des Prager Friedens wurden von kreisständischer Seite gemeinhin dahin interpretiert, dass fortan sämtliche Unkosten, die ihnen oder ihren Untertanen durch die Einquartierung oder Versorgung der Reichsarmee entstanden, direkt auf die Reichssteuerquote des jeweiligen Kreisstands anrechenbar waren.⁷⁶⁰ Allerdings konnten die Schweden in den Monaten nach dem Prager Friedensschluss nicht so schnell wie erhofft aus dem Reich gedrängt werden, so dass sich das Kriegsgeschehen wieder rasch über weite Teile der beiden sächsischen Reichskreise ausbreitete. Daher gab es schon sehr bald kaum einen obersächsischen Kreisstand mehr, dem die Reichsarmee nicht größere Unkosten verursacht hatte. Kaiser Ferdinand II. reagierte auf diese Entwicklung bereits im November 1635 mit einem Mahnschreiben, das er über Kurfürst Johann Georg an alle Stände des Ober- und Niedersächsischen Reichskreises zustellen ließ. Darin forderte er die Kreisstände auf, „vmb des allgemeinen Vatterlandts Ruhe vnnd wolstandt willen, vnnd Euch selbsten

 Vgl. „Reichshoff Cantzleÿ Decret“, Regensburg, 13 Nov. 1636, fol. 1058r – 1061v. Demnach mussten alle in der Angelegenheit betrauten Mitglieder der Hofkammer sämtliche kaiserlichen Anweisungen „zu Verhüttung schädlicher Consequenz gehöriger ortten, in möglichster geheimb, zu künfftiger nachrichtung, ad notam nehmen“, ebd., Zitat fol. 1058r.  „Kein standt soll alßdann schüldig sein, zugleich zu contribuiren und auch die last des quartiers zu ertragen oder die verpflegung der soldatesca umbsonst zukommen zu laßen“, zitiert nach Bierther (Hrsg.): Der Prager Frieden von 1635 (Anm. 694), Teilband 4, Nr. 564 A, S. 1625 (§74).  Vgl. ebd., Teilband 4, Nr. 564 A, S. 1619 (§ 51).  Vgl. die folgenden Beispiele.

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zum pessten“ Einquartierungs- und Versorgungskosten nicht eigenmächtig auf Kontributionsquoten anzurechnen.⁷⁶¹ Wer Forderungen gegenüber der Reichsarmee habe, so der Kaiser, sollte diese erst vorbringen, wenn er sämtliche bewilligten Römermonate in bar abgestattet habe. Denn ohne Bargeld sei „zu ainiger Kriegsdisciplin vnnd Ordnung nit wol zugelangen“ und damit weder der Krieg erfolgreich zu beenden, noch die Missstände im Heer zu beseitigen.⁷⁶² Erfolg hatte der Appell des Kaisers aber offenbar nicht. So sah sich Reichspfennigmeister Ponickau auch vor eine nahezu unlösbare Aufgabe gestellt, als er nach seinem Amtsantritt 1637 dem sächsischen Kurfürsten und der Wiener Hofkammer einen ersten Zwischenbericht über die Schuldenstände und die Zahlungsfähigkeit der Kreisstände Ober- und Niedersachsen vorlegen sollte. Nach Ausführungen zu den Ansprüchen Kursachsens und Kurbrandenburgs an die Reichskasse resümierte er das Zahlungsverhalten aller anderen Kreisstände wie folgt: „Haben noch viel vnderschiedliche Chur=Fürsten vnd Stände, beedes in den löbl. Ober: vnd Nieder Sächs. Creißen noch gar ansehnliche starcke Summen, welche sich vf viel Tonnen goldes belauffen, abzustatten, weiln aber wegen des iezigen leidigen Kriegswesens große gegen forderungen, auch theils derselben dermaßen enervirt vnd ausgesogen, daß sie nichst geben können“. Ponickau sah sich infolgedessen nicht einmal in der Lage, überhaupt einen verlässlichen Kassensturz vorzunehmen. Dementsprechend schloss sein Bericht mit einem ausgesprochen ernüchternden Fazit: „Vnd ist dem nach vf die anlag von dem Ober Sächsischen Creÿse durch auß einige Rechnung nicht zu haben.“⁷⁶³ Mit Blick auf den Niedersächsischen Reichskreis fiel die Zahlungsbilanz nur bedingt besser aus.

 Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10502/18 (Anm. 186), Kaiser Ferdinand II. an Kurfürst Johann Georg, Wien, 27. November 1635 (Kopie), unfol.  Zitat nach ebd., Kaiser Ferdinand II. an Kurfürst Johann Georg, Wien, 27. November 1635 (Kopie), unfol.  Zitat nach ebd., „Bericht“, undat. [ca. Mitte 1637], unfol.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

Tabelle 4: „Wegen derer beÿ dem Prager Friedenschluß Anno 1635 bewilligten 120. Monat einfachen Römerzug, seind die Stände des Ober: vnnd Nieder Sächß: Creÿßes, vermög der Reichs Matricul, welche Anno 1610 aus der Röm: Keÿ: Mait. Hof Cammer verfertiget, in 6 Terminen zuerlegen schuldig, haben biß dato den 20. Augusti Anno 1636 beÿ der Legstadt Leipzigk darauf abgelegt, vnd seind noch zu zahlen, wie hernach specificirt zuersehen.“ [Abschnitt zum Niedersächsischen Reichskreis]⁷⁶⁴ In Nider Sächß. Kreiß vff . Monat

Ist bezahlt

verbleibt noch zu erlegen

 

 



Erzbischoff zu Magdeburg

 



 

Erzbischoff zu Brehmen

 



 

Bischoff zu Hildesheim mit der Stadt

 



 

Bischoff zu Halberstadt

 



 

 

 



Bischoff zu Razenburg

 



 

Herzog von Lawenburg

 



 

Die Herzogen von Braunschweig, Wolffenbüttlischen Theils

 



 

Die Herzogen von Braunschweig, Lüneburgischen Theils

 



 

Die Herzogen von Mecklenburg insgesamt

 



 

 



 

Die Stadt Mühlhaußen

 

 

 

Die Stadt Nordthaußen

 



 

Die Stadt Goßlar

 

 

 

Ihre Königl. W. zu Dennemark wegen des Herzogtuhumbs Holstein

Bischoff zu Lübeck

Die Graffen zum Rheinstein

f.

Summa der Anlagen vf  Monate einfachen Römerzugs des Nieder Sächß: Creißes:   fl.

In diesem Reichskreis hatten nach Ablauf der Hälfte der Zahlungstermine lediglich vier Kreisstände überhaupt Gelder entrichtet. Unter diesen befanden sich die beiden Reichsstädte Mühlhausen und Goslar, die zumindest einen kleinen Anteil ihrer Quoten nach Leipzig ablieferten. Das von einem Fürsten des Hauses Gottorf regierte protestantische Hochstift Lübeck stattete seine Anteil hingegen komplett  Ediert gemäß ebd., unfol.

5 Die Reichskreise und die Finanzierung der Reichsarmee

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ab, ebenso wie König Christian IV. von Dänemark für sein Herzogtum Holstein. Die Zahlungen Holsteins machten mit 96 000 fl. zugleich den Löwenanteil der zu diesem Zeitpunkt insgesamt aus dem Niedersächsischen Reichskreis entrichteten 111 600 fl. aus. Dieser Befund scheint auf den ersten Blick überraschend, standen sich doch der Kaiser und der König von Dänemark noch bis 1629 als Kriegsgegner gegenüber. Doch infolge des maßvollen Lübecker Friedens, der König Christian IV. allzu demütigende Friedensbestimmungen erspart hatte, war eine Aussöhnung zwischen Dänemark und dem Kaiser nach 1629 möglich gewesen. So lässt sich erklären, dass sich Dänemark nach 1635 offensichtlich dazu bereit zeigte, die finanziellen Bedingungen des Prager Friedens zu akzeptieren und die entsprechenden Zahlungen in die Reichskasse zu leisten. Es ist freilich anzunehmen, dass die Zweckgebundenheit der 120 Römermonate – die Finanzierung der Kriegsführung der Reichsarmee gegen Schweden – zugleich ganz im Sinne Dänemarks lag, das keineswegs ein Interesse an einer dauerhaften Präsenz Schwedens, seines Dauerkonkurrenten um die Vorherrschaft in der Ostsee, auf Reichsboden hatte.⁷⁶⁵ Dass dennoch insgesamt kaum mehr als etwa 10 % der erhofften Einnahmen aus dem Niedersächsischen Reichskreis in Leipzig eingingen, dürfte mit der besonderen politischen wie militärischen Situation dieses Reichskreises nach 1635 zu erklären sein: Zum Abschluss des Prager Friedens hatten sich noch immer weite Teile des Niedersächsischen Kreises unter schwedischer Besatzung befunden, darunter bis in das Jahr 1636 auch das Erzstift Magdeburg. Infolgedessen hatte Kurfürst Johann Georg sogar auf „Kaÿ: Mtt: special befelich, vnd Crafft desselben ertheilte Volmacht“ neben seinem obersächsischen Kreisausschreibeamt interimsweise ein Ausschreibeamt für den Niedersächsischen Kreis an sich gebracht, um den Prager Frieden überhaupt in beiden sächsischen Reichskreisen gleichermaßen publik machen zu können.⁷⁶⁶ Nach einem

 Vgl. die diesbezüglichen Ausführungen in Kap. I.2., „Die niedersächsische Kreisdefension von 1618 – 1629“ im zweiten Hauptkapitel dieser Studie, hier insbesondere in Kap. I.2.2.  Vgl. OeStA HHStA Wien: RK Friedensakten 14 e (Anm. 710), Kurfürst Johann Georg an Kaiser Ferdinand II., Leipzig, 11./21. Juli 1635, fol. 213 – 219, Zitat fol. 213r. Nach eigener Aussage versandte Johann Georg als Kreisausschreiber insgesamt 40 Exemplare des Friedensschlusses an die Stände beider sächsischer Reichskreise. Der Versand kursächsischer Kreisausschreiben für den Niedersächsischen Reichskreis scheint allerdings oftmals gestört und kursächsische Boten von schwedischen Truppen abgefangen worden zu sein. So vermerkt beispielsweise eine Marginalie am Konzept des Ausschreibens Kurfürst Johann Georgs an die beiden sächsischen Reichskreise vom 1. Oktober 1635 die Verzögerung der Zustellung der Originalausschreiben für Lauenburg, Holstein und Lübeck, „weil vnter wegs dieser Rath [ein gewisser Caspar Hartmann, FS] von den Schwedischen gefangen vnd ihm die Scheid abgenommen worden, Sind solche wieder vmbgeferttiget, vnd den 30. Novemb. dem Fürstl. Mecklenb. Rath. D. Cottmann von S. Küstern zu Parchin zugestelt vnd

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

wiederum ohne kursächsisches Ausschreiben alleine durch die Welfenherzöge initiierten niedersächsischen Kreistag im August 1635 erklärten sich die niedersächsischen Kreisstände auch bereit, dem Prager Frieden beizutreten. Gleichzeitig forderten sie aber die Einbeziehung Schwedens in die Friedensregelungen, um den Reichskreis nicht zum Schlachtfeld werden zu lassen.⁷⁶⁷ Diese Forderung konnte nach 1635 allerdings nicht mehr erfüllt werden, was wiederum vielen niedersächsischen Kreisständen Anlass gab, sich zwischen den Kriegsparteien zu positionieren, und keine Zahlungen zu entrichten, die als Parteinahme zugunsten einer Seite interpretiert werden konnten.⁷⁶⁸ Gegen den mangelnden Kooperationswillen der niedersächsischen Reichsstände konnten weder der Kaiser noch der sächsische Kurfürst noch erst recht Reichspfennigmeister Ponickau viel ausrichten. Sie mussten sich zumeist mit regelmäßigen Mahnschreiben an die Säumigen begnügen. Am Kassenstand der Leipziger Reichskasse konnten die diversen Zahlungsaufforderungen aber offenbar wenig verändern.⁷⁶⁹ Insbesondere für das Kursachsen unterstehende Korps der Reichsarmee hatte dies umgehend drastische Folgen, da es sich für Kurfürst Johann Georg aufgrund der Erschöpfung seines Landes nach 1635 als unmöglich erwies, sein Heer ohne umfangreiche Kontributionsleistungen aus den beiden sächsischen Reichskreisen länger zu unterhalten. So blieb dem Kurfürsten nichts anderes übrig, als seine Armee, die noch bis zur Schlacht von Wittstock 1636 der schwedischen durchaus ebenbürtig gewesen war, ab 1637 aus reiner Finanznot schrittweise immer weiter zu reduzieren, obwohl dadurch die sächsischen Kur-

recomendirt worden.“, SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10502/18 (Anm. 186), Kurfürst Johann Georg an die Stände des Obersächsischen Kreises, Barby, 1. Oktober 1635, Marginalie, unfol.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 165 f. Bis Mitte Juli 1635, vor Beginn des niedersächsischen Kreistags, hatten lediglich die drei Reichsstädte Goslar, Nordhausen und Mühlhausen gegenüber Kursachsen ihren Beitritt zum Prager Frieden erklärt, vgl. die entsprechende Auflistung in OeStA HHStA Wien: RK Friedensakten 14 e (Anm. 710), fol. 210r.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 167.  Im März 1637 beklagte sich Kurfürst Johann Georg von Sachsen bei dem neuen Kaiser Ferdinand III., dass die säumigen ober- und niedersächsischen Kreisstände zu Lebzeiten des soeben verstorbenen Ferdinands II. „vff dero eingeschickte Mandata fast nichts eingebracht“ hätten, vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10502/18 (Anm. 186), Kurfürst Johann Georg an Kaiser Ferdinand III., o.O., 13 März 1637 (Konzept), unfol. In dem Akt finden sich verschiedenste Mahnschreiben an die ober- und niedersächsischen Kreisstände von 1635 bis 1640 und die den Mahnungen vorausgegangenen Korrespondenzen zwischen dem Kaiserhof, dem sächsischen Kurfürsten und, ab 1637, dem Leipziger Reichspfennigmeister.

5 Die Reichskreise und die Finanzierung der Reichsarmee

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lande immer weniger gegen schwedische Vorstöße gesichert werden konnten.⁷⁷⁰ Dies führte dazu, dass am sächsischen Kurfürstenhof im Lauf der Jahre 1635 bis 1638 immer wieder verschiedenste Gedankenspiele angestellt wurden, wie der Fluss der Kontributionen aus beiden sächsischen Reichskreisen doch noch in Gang gebracht werden konnte, auch wenn die eigenen militärischen Machtmittel zur gewaltsamen Abgabeneintreibung der Gelder immer weiter abnahmen. Einer der Versuche zur Steigerung der Zahlungsmoral der ober- und niedersächsischen Kreisstände bestand darin, Kursachsen trotz seiner immensen finanziellen Probleme als vorbildlichen Reichssteuerzahler zu inszenieren und damit zugleich die Kreditwürdigkeit der Reichskasse bei privaten Geldgebern zu heben.⁷⁷¹ Dafür ließ Kurfürst Johann Georg eigens ab dem Frühjahr 1638 die Einnahmen verschiedener kursächsischer Ämter nicht mehr in kursächsischen Kassen sammeln, sondern direkt in die Reichskasse nach Leipzig umleiten. Dies zu dem Zweck, damit der Reichspfennigmeister vor potentiellen Kreditgebern der Reichskasse, aber auch in seiner Korrespondenz mit den übrigen Kreisständen, auf die vorbildliche Zahlungsmoral Kurfürst Johann Georgs verweisen konnte.⁷⁷² Freilich ließ sich dieser die kursächsischen Steuergelder in der Reichskasse zu einem späteren Zeitpunkt wieder an kursächsische Amtleute und Militärs auszahlen.⁷⁷³ Ob es Ponickau in der Zwischenzeit gelungen war, von Privatleuten Kredite auf die Reichskasse beziehungsweise ausstehende Reichssteuern zu erlangen, muss an dieser Stelle dahingestellt bleiben. Zu einer Steigerung der Zahlungseingänge von kreisständischer Seite führten die kursächsischen Einzahlungen in die Reichskasse jedenfalls nicht.

 Vgl. Schuster/Francke: Geschichte der Sächsischen Armee von deren Errichtung bis auf die neueste Zeit (Anm. 711), S. 52– 82. Zur Feldzugsführung der kursächsischen Reichsarmee nach dem Prager Frieden Friedrich Constantin von Beust: Feldzüge der Kursächsischen Armee. Erfurt 1801, S. 186 – 265.  Schon im Dezember 1635 beauftragte Kurfürst Johann Georg mehrere Räte mit der Ausarbeitung eines Gutachtens zu der Frage, ob Kursachsen nicht „zue einem guten Exempel“ einige Bareinzahlungen in die Leipziger Reichskasse vornehmen sollte, auch wenn deren Gelder sowieso für Kursachsen bestimmt seien, vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10502/18 (Anm. 186), „Verordnete vndt iezt alhier anwesende Cammer Rath , Ober Einnehmer, vndt Rentmeister“ an Kurfürst Johann Georg, Leipzig, 16. Januar 1636 (Kopie), unfol.; ferner ebd., Gutachten des Geheimen Rats für Kurfürst Johann Georg, Dresden, 29. März 1636 (Konzept), unfol.  Vgl. SächsHStA Dresden: 13480 Personennachlass Hans von Ponickau, Nr. 7 (Anm. 193), Auflistung der Stadt Leipzig über die aus kursächsischen Ämtern auf Befehl Kurfürst Johann Georgs vorgenommenen Einzahlungen in die Reichskasse, Leipzig, 21./31. Juni 1638, fol. 17r – 18v.  Vgl. ebd., Einnahme und Ausgabenextrakt „Der Legstadt Leipzigk Deputirte Einnehmer der Reichs vnndt Kreÿßsteuern“, fol. 19r.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

Letztlich gestaltete sich die finanzielle Lage Kursachsens und damit auch der kursächsischen Reichsarmee derart hoffnungslos, dass am Dresdner Kurfürstenhof noch ungewöhnlichere Maßnahmen ersonnen wurden, wie an ausbleibende Reichshilfen zu gelangen sei. So forderte Kurfürst Johann Georg zu Beginn des Jahres 1638 Reichspfennigmeister Ponickau dazu auf, sich mit dem Leipziger Bürgermeister Leonhard Schwendendörffer, dem kursächsischen Rat und Gesandten Friedrich Lebzelter und einigen Stadtsoldaten auf die Leipziger Frühjahrsmesse zu begeben und dort sämtliche Kaufleute und Faktoren aus Lübeck, Hamburg, Bremen und allen anderen dem Niedersächsischen Reichskreis zugehörigen Territorien ausfindig zu machen.⁷⁷⁴ Diese sollten dann dazu gedrängt werden, für die „kundbahre Reichsschuld“ ihrer Heimatstädte und Landesherren einzustehen und mit ihren Privatvermögen einen Teil der ausstehenden 240 Römermonate aus dem Prager Frieden und der Bewilligung des Regensburger Kurfürstentags zu übernehmen, mindestens aber 10 000 bis 12 000 Rtl. je Kreisstand.⁷⁷⁵ Darüber hinaus wurde Ponickau sogar angehalten, in Leipzig anwesenden Händlern aus den oberdeutschen Reichskreisen mit Verweis auf die Straßenunsicherheit zur vorübergehenden Deponierung ihrer Bargeldreserven in der Reichskasse zu bewegen. Wenn die Händler dann zum nächsten Ostermarkt wieder in die Stadt kämen, so das Angebot, könnten sie sich ihre bis dahin sicher verwahrten Gelder wieder auszahlen lassen. Zuletzt sollte der Reichspfennigmeister auch bei heimischen Leipziger Kaufleuten so viel Geld „anticipando“ ausleihen, wie nur irgend möglich, auf dass „dem Reichswesen dadurch mercklich geholffen“ werde. Die ganze Geldbeschaffungsaktion auf der Leipziger Messe erwies sich jedoch als völliger Fehlschlag. Als Reichspfennigmeister Ponickau der Geldeintreibungsauftrag des sächsischen Kurfürsten erreichte, waren die süddeutschen Händler offenbar schon wieder aus Leipzig abgereist. Die noch anwesenden Kaufmannschaften aus den Hansestädten Hamburg, Bremen und Lübeck beteuerten wiederum, sie hätten ihre Bargeldreserven schon nicht mehr in der Stadt. Darüber hinaus ließen sie betonen, sie hätten nichts mit den Kreis- oder

 Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10502/18 (Anm. 186), Kurfürst Johann Georg an Reichspfennigmeister Ponickau, Dresden, 10. Januar 1638 (Konzept), unfol. Der in kursächsischen Gesandtschaftsdiensten tätige Friedrich Lebzelter sollte Ponickau bei den Geldeintreibungsversuchen auf der Leipziger Messe unterstützen, da Lebzelter aufgrund seiner häufigen Aufenthalte in Hamburg gut mit hanseatischen Kaufleuten vernetzt war. Vgl. zur Zusammensetzung dieser „Commission“ zur Reichssteuereintreibung ebd., Kurfürst Johann Georg an Reichspfennigmeister Ponickau, Dresden, 17. Januar 1638 (Konzept), unfol.  Zitat nach ebd., Kurfürst Johann Georg an Reichspfennigmeister Ponickau, Dresden, 10. Januar 1638 (Konzept), unfol.

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Reichssteuerschulden ihrer Obrigkeiten zu schaffen und verfügten außerdem durch kaiserliche und kursächsische Pässe über freies Geleit.⁷⁷⁶ Selbst die Leipziger Kaufleute waren nicht bereit, dem Reichspfennigmeister Kredit zu gewähren und verwiesen lediglich auf ihr eigenes finanzielles Unvermögen in Folge von Plünderungen und Einquartierungskosten.⁷⁷⁷ Wie unbedacht der Geldeintreibungsversuch gewesen war, zeigte sich auch daran, dass Kurfürst Johann Georg schon kurze Zeit nach der Leipziger Frühjahrsmesse einen scharf formulierten Protestbrief der Stadtobrigkeit Hamburgs erhielt, in dem der Geldeintreibungsversuch des Reichspfennigmeisters auf der Leipziger Messe als Bedrohung und Herabwürdigung der freien hanseatischen Kaufmannschaft gerügt wurde. Daraufhin sah sich der sächsische Kurfürst zu einem langen Rechtfertigungsschreiben an Hamburg genötigt.⁷⁷⁸ Letzten Endes sah sich Kurfürst Johann Georg infolge mangelnder Bargeldeinzahlungen dazu gezwungen, seiner Armee diverse im Zahlungsrückstand befindliche Kreisstände des Ober- und Niedersächsischen Reichskreises zu assignieren – was nichts anderes bedeutete als die Fortsetzung jener auf Zwangskontributionen basierenden Heeresfinanzierung, wie sie vor der Prager Heeresreform üblich gewesen war.⁷⁷⁹ Erst im Sommer 1638 konnte ein Korps der Reichsarmee noch einmal eine große Reichssteuerzahlung von niedersächsischen Kreisständen erlangen, an deren Zustandekommen allerdings weder Kursachsen noch der Leipziger Reichspfennigmeister beteiligt waren, sondern der kaiserliche Heerführer Matthias Gallas. Dieser hatte 1638 im Niedersächsischen Reichskreis mit der kaiserlichen Hauptarmee Quartier bezogen, was etliche niedersächsische Kreisstände zum Anlass nahmen, gegen Verschonungserklärungen ihre Zah Vgl. ebd., Reichspfennigmeister Ponickau an Kurfürst Johann Georg (zweiter Brief), Leipzig, 15. Januar 1638, unfol.  Vgl. ebd., Reichspfennigmeister Ponickau an Kurfürst Johann Georg (erster Brief), Leipzig, 15. Januar 1638, unfol.  Vgl. ebd., Rat der Stadt Hamburg an Kurfürst Johann Georg, Hamburg, 4. März 1638, unfol.; die Antwort des Kurfürsten ebd., Kurfürst Johann Georg an den Rat der Stadt Hamburg, Dresden, 16. März 1638 (Kopie), unfol.  Vgl. ebd., „Designation. Wie die Regimenter zue Pferde vnnd zue Fuß, beÿ Ihrer Churf. Drl. zue Sachßen vnderhabenden Corpo auff einemohnatliche Verpflegung, außer der fourage vnnd Service, in Ober vnnd Nieder=Sächsischen Creÿß angewiesen werden könten“, undat., unfol.; zahlreiche Quittungen niedersächsischer Kreisstände zur Anrechnung von Einquartierungs- und Verpflegungskosten auf ihre Reichssteuerquote finden sich unter ebd., unfol. und SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10503/02, „Niedersächsischer Kreisstände Schreiben und Entschuldigung wegen gesuchter Abstattung der 120 Monate einfachen Römerzugs und was darauf geantwortet; Obersächsischer Kreisstände Schreiben und Entschuldigung wegen erinnerter Abstattung der 120 Monate einfachen Römerzugs und was darauf geantwortet, dabei befindlich, was wegen Kurfürstlicher Durchlaucht zu Sachsen eigenen Quoten geschrieben worden“, unfol.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

lungsrückstände aus den 240 Römermonaten von 1635 und 1637 zu begleichen. Gallas erhielt dabei Zahlungszusagen vom Herzogtum Holstein, dem Erzstift Bremen, dem Hochstift Lübeck sowie von den Reichs- und Hansestädten Lübeck und Hamburg in der Höhe von insgesamt 362 500 Rtl., von denen offenbar 285 000 Rtl. auch tatsächlich entrichtet wurden.⁷⁸⁰ Die gezahlten Gelder behielt Gallas jedoch in Absprache mit dem Kaiser in vollem Umfang für sich, während Ponickau auf kaiserlichen Befehl lediglich die Aufgabe zukam, den zahlungswilligen niedersächsischen Kreisständen Quittungen auszustellen.⁷⁸¹

5.3 Die Umsetzung der Reichssteuerbewilligungen in Folge des Prager Friedens in den oberdeutschen Reichskreisen Wie gezeigt werden konnte, waren Kursachsen und der Leipziger Reichspfennigmeister in den beiden sächsischen Reichskreisen kaum in der Lage, die seit dem Prager Frieden ausgeschriebenen Reichskontributionen auf die Art und Weise einzubringen, wie sie der Friedensschluss von 1635 und der Regensburger Kurfürstentag vorgesehen hatten. Als wichtigste Ursachen des geringen Zahlungseingangs der Kreisstände konnten Zahlungsdispense für die beiden Kurfürsten im Obersächsischen Reichskreis, Neutralitätsbestrebungen im Niedersächsischen Reichskreis und die fortgesetzten schweren Kriegsbelastungen in beiden Reichskreisen ausgemacht werden. Doch lassen sich diese Befunde

 Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 07880/2, fol. 243r: „Die 240 Monath Römer Zug, welche Anno 1638 von den Herrn General Leutennend Graffen von Gallassens hochgräff: Excellenz mit nachgefügten Niedersächsischen Craiß Ständen vorallen diesen sind gewesen, und abgestattet wie folgt: Herzogtum Holstein: 128.000 Thlr., 40.000 schuldig geblieben; Erzstift Bremen: 22.500 Thlr., 37.500 Thlr. schuldig geblieben; Stifft Lübeck: 10.500 Thlr., Stadt Lübeck: 68.000 Thlr.; Stadt Hamburg: 56.000 Thlr.“ Zur Reichssteuereintreibung durch Gallas im Niedersächsischen Reichskreis sind des Weiteren einschlägig: SächsHStA Dresden: 13480 Personennachlass Hans von Ponickau, Nr. 7 (Anm. 193), Personennachlass Hans von Ponickau, Nr. 7, fol. 5r – 16r; SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10504/ 01 (Anm. 220), Spezifikation über den tatsächlichen Auszahlungsstand bezüglich der 362.500 Rtl. niedersächsischer Kreisstände durch den Reichspfennigmeister, Leipzig, 9. Mai 1641, unfol.; OeStA FHKA: Gedenkbücher Reichsregister 484, Kaiserliche Ratifikation der Übereinkunft Gallas’ mit König Christian IV. von Dänemark wegen der Reichssteuer Holsteins in Höhe von 240 Römermonaten, Laxenburg, 23. Mai 1638 (Kopie), fol. 409r–410v; ebd., Ratifikation der Abmachung Gallas’ mit dem Bischof von Lübeck, Prag, 11. Juli 1638 (Kopie), fol. 460r–462v; Ratifikation des Akkords für die Städte Hamburg und Lübeck, Prag, 11. Juli 1638 (Kopie), fol. 463r–464r.  Vgl. SächsHStA Dresden: 13480 Personennachlass Hans von Ponickau, Nr. 7 (Anm. 193), Kaiser Ferdinand III. an Reichspfennigmeister Ponickau, Laxenburg, 23. Mai 1638 (Kopie), fol. 5r – 6r.

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auch in anderen Reichskreisen bestätigen, insbesondere in denjenigen, die nach 1635 längere Zeit nicht mehr beständigen Kampfhandlungen ausgesetzt waren? Solche Reichskreise gab es im Süden des Reiches durchaus, denn nach der Schlacht von Nördlingen konnten die schwedischen Truppen für etliche Jahre aus Süddeutschland verdrängt werden. Zwar brachte der Kriegseintritt Frankreichs neue militärische Auseinandersetzungen auf Reichsgebiet mit sich, allerdings waren davon in erster Linie die rheinischen Reichskreise betroffen, während weiter östlich gelegene Kreise, allen voran Franken und Bayern, verschont blieben.⁷⁸² Im Folgenden soll untersucht werden, wie die Reichssteuerbeschlüsse von 1635 und 1636/37 in den oberdeutschen Reichskreisen Bayern, Franken und Schwaben umgesetzt wurden und welchen Anteil daran die jeweiligen Reichskreisinstitutionen hatten.⁷⁸³ In den letztgenannten drei Reichskreisen gestaltete sich die Ausgangslage für die Umsetzung des Prager Friedens unter militärischen wie politischen Gesichtspunkten auf den ersten Blick durchaus günstig. Kurfürst Maximilian hatte den Friedensschluss am 30. August 1635 für sich angenommen und in seiner Funktion als Kreisausschreibender Fürst für eine Publikation des Friedensschlusses im Bayerischen Reichskreis gesorgt, der von den bayerischen Kreisständen auch rasch angenommen wurde.⁷⁸⁴ Mit dem Beitritt zum Prager Frieden hatte Kurbayern in die Auflösung der Liga eingewilligt, musste die von ihm kommandierte Ligaarmee aber nicht auflösen, da ihm vom Kaiser bereits während der Prager Friedensverhandlung eine Kursachsen vergleichbare Teilhabe an einer künftigen Reichsarmee zugesichert wurde.⁷⁸⁵ So wurde die Ligaarmee nach kurzen weiteren bayerisch-kaiserlichen Verhandlungen unmittelbar nach dem Prager Friedensschluss zu einem eigenständigen Korps der Reichsarmee umgewandelt,

 Zum Kriegsgeschehen im Reich nach 1635 vgl. zuletzt u. a. Frank Kleinehagenbrock: Das Alte Reich als europäisches Schlachtfeld. Der Schwedisch-Französische Krieg (1635 – 1648), in: Der Dreißigjährige Krieg. Facetten einer folgenreichen Epoche, hrsg. v. Peter Claus Hartmann (Themen der Katholischen Akademie in Bayern). Regensburg 2010, S. 128 – 145; Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 116 – 151.  Dieser Themenkomplex wird bei Cordula Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 25). Münster 1997 erstaunlicherweise weitgehend ausgespart.  Vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 929; Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 393 f.  Vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 924– 927.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

das dem sächsischen Korps in seiner Größe gleichgestellt sein sollte und von Kurfürst Maximilian als Oberbefehlshaber geführt wurde.⁷⁸⁶ Im Grunde bestand das Ligaheer damit weiter, wenn auch unter einem anderen Namen. Allerdings musste die Finanzierung der Truppen neu geregelt werden, denn die Ligaarmee hatte sich bisher neben Kontributionen aus Feindesland und Zahlungen aus der kurbayerischen Hofkammer vor allem aus Beiträgen der verschiedenen Ligamitglieder unterhalten, die mit Auflösung des Bundes nun wegfielen.⁷⁸⁷ Zur Kompensation konnte sich Kurfürst Maximilian, ähnlich wie sein kursächsischer Standesgenosse Johann Georg, einen Anteil an den seit 1635 erfolgten Reichssteuerbewilligungen sichern, der nach Reichskreisen definiert wurde. Die entsprechende Vereinbarung mit dem Kaiser sah vor, dass sich das bayerische Korps der Reichsarmee seinen Unterhalt bis auf weiteres aus den Reichssteuererträgen der drei oberdeutschen Reichskreise Bayern, Schwaben und Franken verschaffen sollte – also jenen Gebieten, in denen die meisten katholischen Reichsstände bisher auch Mitglieder der Liga gewesen waren.⁷⁸⁸ Freilich neu war, dass der bayerische Kurfürst fortan für die Laufzeit seiner Vereinbarung mit dem Kaiser innerhalb der Reichskreise Schwaben, Franken und Bayern neben den katholischen auch protestantische Kreisstände zur Finanzierung seines Heeres heranziehen konnte. Der Kurfürst musste dabei den betroffenen Kreisständen keine größeren Mitspracherechte einräumen, denn schließlich stand die Höhe der zu entrichtenden Kontributionen durch den Prager Friedensvertrag und den Regensburger Kurfürstentag mit insgesamt 240 Römermonaten bis in das Jahr 1638 schon fest. Dementsprechend stand die Einberufung von Kreistagen auch längere Zeit nach dem Prager Frieden nicht auf der kurbayerischen Agenda.

 Vgl. ebd., S. 923 – 933; Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 44.  Zur Bedeutung der Bundessteuern der Liga für die bayerische Kriegsführung vgl. Albrecht: Zur Finanzierung des Dreißigjährigen Krieges. Die Subsidien der Kurie für Kaiser und Liga 1618 – 1635 (Anm. 370); Kaiser: Politik und Kriegführung (Anm. 395), S. 24– 31; Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 199 – 211.  Vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 930; Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 17. Die erste Abmachung zwischen dem Kaiser und Kurbayern entstammt dem Januar 1636 und erkennte der bayerischen Reichsarmee vorübergehend die Reichskreise Bayern, Schwaben und Franken zu. Bereits in der Folgevereinbarung vom 20. November 1638 wurde der Fränkische Reichskreis jedoch der kaiserlichen Immediatarmee für die Winterquartiere zugewiesen, Kurbayern verblieben nur Bayern und Schwaben, vgl. Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 16, Anm. 27; zu Ausnahmeregelungen für kaiserliche Garnisonen in Kreisen, die eigentlich Bayern zugesprochen wurden, ebd., Anm. 28 u. S. 17, Anm. 37.

5 Die Reichskreise und die Finanzierung der Reichsarmee

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So spielten die Institutionen der drei oberdeutschen Reichskreise für die Finanzierung der kurbayerischen Reichsarmada nach 1635 nur eine begrenzte Rolle. Zwar griff Maximilian im Bayerischen Reichskreis nach 1635 immer wieder auf sein Kreisausschreibeamt zurück, um im Verbund mit dem mitausschreibenden Salzburg Zahlungsaufforderungen an alle bayerischen Kreisstände zu verschicken, zu einer weitergehenden institutionellen Belebung des Bayerischen Reichskreises kam es aber vorerst nicht.⁷⁸⁹ Auch im Schwäbischen Reichskreis führte der Prager Frieden nur zu einer gesteigerten Anzahl an Kreisausschreiben, die aufgrund der vom Kaiser lange hinausgezögerten Amnestierung Württembergs bis 1638 vom Konstanzer Bischof alleine ausgefertigt wurden, Kreistage kamen aber nicht zustande.⁷⁹⁰ Im Fränkischen Reichskreis verhielt es sich jedoch anders. Hier fanden die beiden Kreisausschreibenden Fürsten, Bamberg und Kulmbach, erstaunlich rasch wieder zu einer pragmatischen Kooperation jenseits konfessioneller Animositäten zurück. Den beiden Kreisausschreibern gelang es bereits im Februar 1636, einen gut besuchten Kreistag zu organisieren, der sich in erster Linie der Frage widmete, „durch was mittel vnd weeg solcher wohlgemeinte [Prager Friedens]schluss in seinen würckhlichen gang vnd esse zu pringen“ sei.⁷⁹¹ Dabei verbanden die fränkischen Kreisstände beider konfessioneller Lager mit dem Kreistag die Hoffnung, eine Revitalisierung der Kreisorganisation würde nicht nur die Wiederherstellung guter nachbarschaftlicher Beziehungen zwischen den einzelnen Kreisterritorien befördern, sondern auch dabei helfen, gesamtfränkische Interessen gegenüber Kurbayern und dem Kaiser ein besseres Gehör verschaffen zu können. Zu diesen gemeinsamen Interessen aller fränkischer Kreisstände zählte das Bamberger Kreistagsdirektorium neben einer Wiederherstellung des Landfriedens vor allem auch den Abzug kostspieliger Garnisonen der Reichsarmee sowie die Verringerung von Kontributionsleistungen, weshalb der Kaiser „umb einsehens“ und „remedirung“ der Kriegslasten für den ganzen Kreis

 Vgl. Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 394. Verschiedene Rundschreiben an alle oder einzelne bayerische Kreisstände, in der Regel als Zahlungserinnerungen, finden sich in BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3617. „Bayr. Crays Acta. De Anno 1634– 1640“, insbesondere fol. 58v–115r.  Vgl. Neuburger: Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung im Schwäbischen Reichskreis (Anm. 49), S. 43 – 46, S. 194– 197.  Zitat nach der Hauptinstruktion für die bambergischen Gesandten, StABa: Hochstift Bamberg, Geheime Kanzlei, Nr. 65, fol. 57r. Der Kreisabschied dieses allgemeinen fränkischen Kreistags in Nürnberg vom 22. (12.) Februar 1636 findet sich ediert bei Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 185 – 188.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

gebeten werden sollte.⁷⁹² Bezüglich der im Prager Frieden festgeschriebenen Reichssteuern kamen die versammelten Kreisstände am Ende ihrer Beratungen konfessionsübergreifend zu dem Fazit, sie hätten in Folge von Durchzügen und Einquartierungsmaßnahmen der Reichsarmee bereits weit höhere Schäden und Unkosten erlitten, als die im Friedensschluss bewilligten 120 Römermonate. Infolgedessen hielten sie im Kreisabschied fest, „daß wie gerne sie auch wolten, ohne vorhergehende Abhelffung dieses unerträglichen Lasts und habende Respiration allerhöchst gedachter R. Kay. Maj. hierinnen an Hand zu gehen, Ihnen unmöglich, mit allerunterthänigster Bitte, weiln vermöge offt allegirten Frieden=Schlußes kein Stand schuldig zugleich zu contribuiren, und die Last des Quartiers zu tragen, oder die Verpflegung der Soldatesca umsonst zukommen zu laßen, ein solches in Kayserlichen Ungnaden nicht zu vermercken.“⁷⁹³ Diese Verweigerungshaltung bezüglich weiterer Geldzahlungen galt freilich nicht nur gegenüber der kaiserlichen Immediatarmee, sondern auch der kurbayerischen Reichsarmee, an die der Kaiser die fränkischen Kontributionen nach seiner Vereinbarung mit Kurfürsten Maximilian größtenteils hätte weiterreichen müssen. Auf dem nächsten fränkischen Kreistag im August 1637 in Bamberg vertraten die Kreisstände diese Haltung noch immer und ließen erneut im Kreisabschied vermerken, dass sie nicht beabsichtigen würden, Bargeldzahlungen an die diversen Korps der Reichsarmada zu leisten.⁷⁹⁴ Schließlich hätten sie seit Abschluss des Prager Friedens die dort geforderten 120 Römermonate durch fortwährende Kontributionsleistungen schon „zwey= drey= und mehrmal drüber liquidirlich aufgewendet“.⁷⁹⁵ Offensichtlich wurde die im Prager Frieden vorgesehene Form der Heeresfinanzierung im Fränkischen Reichskreis ebenso wenig umgesetzt und weiterhin eine auf das Militär gestützte Kontributionseintreibung vollzogen, wie dies für die beiden sächsischen Reichskreise nachzuweisen ist. Auch für den Bayerischen Reichskreis finden sich Belege, dass die finanziellen Bestimmungen des Prager Friedens und des Regensburger Kurfürstentags kaum in der Form erfüllt worden sein konnten, wie dies ursprünglich vorgesehen war. Ein wichtiges Indiz stellt folgende Bilanz dar, die ein Kreiseinnehmer der bayerischen Kreiskasse Ende September 1639 vorlegte. Sie gibt Aufschluss über

 Vgl. StABa: Hochstift Bamberg, Geheime Kanzlei, Nr. 65 (Anm. 791), Instruktion für die bambergischen Gesandten, fol. 57r – 57v, Zitat fol. 57r.  Zitat nach Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 187.  Der Kreisabschied des Bamberger Kreistags vom 20. (10.) August 1637 ist ediert bei ebd., S. 189 – 192.  Zitat nach ebd., S. 189.

5 Die Reichskreise und die Finanzierung der Reichsarmee

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sämtliche Zahlungseingänge bayerischer Kreisstände mit Bezug auf die beiden zurückliegenden Reichssteuerbewilligungen. Tabelle 5: „Waß die hernachbeschribnen Löbl. Baÿr. [Craißste]ndt⁷⁹⁶ jeder die von disen verglichenen 240. Römer monath zubezallen schuldig noch im ausst[eh]⁷⁹⁷en.“⁷⁹⁸ Per ain ainfachs Römer Monath Bisthumb Freising nach der moderation

[] Monath Daran bezalt Ressten fl. :

fl. –

fl.  

fl.  

fl. 

fl. –

__

fl.  

Abbt zu St: Emeran nach der moderation

fl. 

fl. –

__

fl.  

Äbtin Niedermünster alda

fl. 

fl. –

__

fl.  

Obermünster daselben

fl. 

fl. –

__

fl.  

fl. 

fl. –

__

fl.  

Graffen von Orttenburg

fl. 

fl. –

fl.  

fl.  

Herrschaft Wolfstain oder Sulzburg

fl. 

fl. –

__

fl.  

Herrschaft Waldeckh

fl. 

fl. –

fl.  

fl.  

fl. :

fl. –

Bisthumb Regenspurg

Landgrafschafft Leuchtenberg

fl.   fl.  

Auf den ersten Blick fällt die Zahlungsbilanz des Reichskreises miserabel aus, denn von 199 240 fl., die nach den Reichs- und Kreismatrikeln als Einnahmen zu erhoffen gewesen wären, kamen lediglich 12 280 fl. in die Kreiskasse ein, was eine Zahlungsquote von gerade einmal 6,16 % bedeuten würde. Allerdings fehlen in dieser Auflistung die beiden mit Abstand größten Reichsbeziehungsweise Kreissteuerzahler des Bayerischen Reichskreises, Kurbayern und Salzburg. Das letztgenannte Erzstift entrichtete seinen Anteil an den 240 Römermonaten auch tatsächlich nicht in die bayerische Kreiskasse oder ein Reichspfennigmeisteramt, sondern handelte mit Kaiser Ferdinand II. und dessen Nachfolger Ferdinand III. eine Sondervereinbarung aus.⁷⁹⁹ Diese gestattete Salzburg, anstatt den vollen 240 Römermonaten im Gesamtwert von 438 720 fl. nur 350 000 fl. zu zahlen. Die Summe musste dafür ausschließlich in Bargeld und direkt an den

 Lücke im Überlieferungsträger durch eine nachträgliche Buchbindung.  Lücke im Überlieferungsträger durch eine nachträgliche Buchbindung.  Die Tabelle ist eine wortgetreue Wiedergabe gemäß BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3617 (Anm. 789), Zahlungstabelle „deß löbl. Baÿrischen Craÿß Cassier, Khassenscheinmaister“, o.O., 30. September 1639, fol. 498r.  Vgl. Heinisch: Salzburg im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 359), S. 165 – 172.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

Kaiserhof entrichtet werden, von wo aus ein Anteil an Kurbayern weitergereicht wurde. Dieser Vereinbarung kam der Salzburger Erzbischof auch nach und zahlte die Gelder erwiesenermaßen aus.⁸⁰⁰ Ebenso als gesichert kann gelten, dass Kurbayern seine Kreissteuerquote von ebenfalls 438 720 fl. durch direkte Zahlungen an seine Armee wahrscheinlich deutlich übererfüllte.⁸⁰¹ Zählt man die Zahlungen Salzburgs und die Kriegsaufwendungen Kurbayerns zu den im Bayerischen Reichskreis infolge des Prager Friedens erbrachten finanziellen Leistungen hinzu, kommt man zu dem Ergebnis, dass von der Gesamtsumme der 240 Römermonate der beiden Reichssteuerbewilligungen ein Großteil doch entrichtet worden sein muss.⁸⁰² Darüber hinaus kann nur spekuliert werden, welche tatsächlichen Unkosten den kleineren bayerischen Kreisständen durch die kaiserliche oder die kurbayerische Reichsarmee aufgebürdet wurden, die in der Zahlungsbilanz des bayerischen Kreiseinnehmers keine Berücksichtigung fanden.⁸⁰³ Für die Reichssteuerleistungen der Kreisstände des Schwäbischen Reichskreises in den Jahren unmittelbar nach dem Prager Frieden lassen sich noch weniger Angaben machen: Ohne den noch bis 1638 im Straßburger Exil befindlichen Herzog von Württemberg war die schwäbische Reichskreisorganisation faktisch arbeitsunfähig, zentrale Kreisinstitutionen blieben weitgehend aus-

 Kurfürst Maximilian erhielt von der ersten Ratenzahlung Salzburgs an den Kaiser in einer Gesamthöhe von 175.000 fl. einen Anteil von 50.000 fl. überwiesen. Mit dieser Zahlung an Kurbayern erklärte das Reichsoberhaupt allerdings zugleich eine Lieferung von 500 Zentnern Schießpulver der kurbayerischen Reichsarmee an die Kaiserlichen für beglichen, vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3617 (Anm. 789), „Copia Kaÿ. Quittung, was Ire Maÿ. Iro Churf. dhl. In Bayern von der Salzburg. Contribution ybergelassen, vnd sonst empfangen, 22. Januar 1638“, fol. 279r–280r; vgl. ferner Heinisch: Salzburg im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 359), S. 173.  Vgl. hierzu die Ausführungen bei Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 135– 137, 142 f. sowie Goetz: Die Kriegskosten Bayerns und der Ligastände im 30jährigen Kriege (Anm. 370).  Rechnet man die salzburgischen Kontributionen sowie den vollen kurbayerischen Anteil zu den im Bayerischen Reichskreis nachweislich erbrachten Aufwendungen hinzu, wird eine Gesamtsumme von 801.010 fl. erreicht. Da der Reichssteueranschlag für den Bayerischen Reichskreis für 240 Römermonate sich nach den Matrikeln der bayerischen Kreiskasse auf insgesamt 1.076.680 fl. belief, muss der Reichssteueranschlag des Reichskreises in diesem Fall zu mindestens 74,40 % erfüllt worden sein. Aufgrund der völlig unkalkulierbaren Höhe der in der Zahlungbilanz der Kreiskasse nicht erfassten diversen sonstigen Kontributionsleistungen der Kreisstände an die Reichsarmee dürften die im Reichskreis tatsächlich erbrachten finanziellen und materiellen Leistungen noch viel höher ausgefallen sein.  Diverse Versuche kleinerer Kreisstände, erlittene Kriegsschäden auf ihre Kreisquote anrechnen zu lassen, sind dokumentiert unter BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3617 (Anm. 789), hier insbesondere fol. 13r – 234r.

5 Die Reichskreise und die Finanzierung der Reichsarmee

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geschaltet.⁸⁰⁴ Da zur gleichen Zeit das für den Schwäbischen Reichskreis in Reichssteuersachen zuständige Augsburger Reichspfennigmeisteramt noch unbesetzt blieb, gab es schlicht keine Instanz, die auch nur den Versuch hätte unternehmen können, die von sämtlichen schwäbischen Kreisständen erbrachten Kontributionsleistungen an die kaiserliche oder kurbayerische Reichsarmee einheitlich zu erfassen. Eine Umsetzung des Prager Friedens durch geregelte Bargeldzahlungen an eine zentrale Reichs- oder Kreiskasse war hier grundsätzlich noch nicht wieder möglich.

Zwischenfazit Die Bedeutung des Prager Friedens für die Kreisverfassung lag in erster Linie darin, dass er einen wichtigen Beitrag dazu lieferte, die bündnispolitische Spaltung in den meisten Reichskreisen aufzuheben und konfessionellen Spannungen zwischen den Kreisständen einige Brisanz zu nehmen. Erst infolge des Friedensschlusses von 1635 konnte in gemischtkonfessionell geprägten Reichskreisen überhaupt wieder an die Einberufung von Kreistagen gedacht werden. In Franken war dies schon im Frühjahr 1636 erstmals wieder der Fall. Allerdings traten die fränkischen Kreisstände aufgrund der Eigeninitiative der beiden Kreisausschreibenden Fürsten dieses Reichskreises zusammen, nicht aber, weil der Prager Frieden eine „Redintegration“ der Kreisverfassung ausdrücklich vorgeschrieben hätte. Tatsächlich schuf der Friedensschluss mit seiner zumindest innerhalb des Reichsverbands durchaus spürbaren pazifizierenden Wirkung nur die grundlegende Voraussetzung für eine Wiederherstellung der Kreisorganisation des Reiches. Darüber hinausgehende Impulse setzte er in Bezug auf die Reichskreisverfassung aber kaum. Für die im Prager Vertragswerk konzipierte Heeresreform hatten die Reichskreise vor allem als Kontributionsbezirke und zur Festlegung von Operationsgebieten eine Bedeutung. Eine Mitsprache zur Festlegung der die Reichsarmee finanzierenden Abgaben wurde den Kreisorganisationen aber nicht eingeräumt. Stattdessen wurden die vom Kaiser und Kursachsen für nötig befundenen Steuerleistungen im Vorhinein festgelegt, ohne die Reichsstände zu konsultieren – weder über einen Reichstag noch über Kreistage. Diese Form der Reichskriegsfinanzierung entsprach allerdings keineswegs dem Reichsherkommen. Der Regensburger Kurfürstentag von 1636/37 mit seinem Reichssteuerbeschluss änderte daran nichts. Reichssteuerbewilligung durch Kurfürsten waren

 Vgl. Neuburger: Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung im Schwäbischen Reichskreis (Anm. 49), S. 193 – 197.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

bis dahin im Reich ebenso völlig unüblich gewesen, weshalb Axel Gotthard nur beizupflichten ist, wenn er diesbezüglich von einem „sensationellen Beschluß“ der Kurfürsten spricht.⁸⁰⁵ Wie gezeigt werden konnte, erwies sich die Umsetzung beider Reichssteuerbewilligungen in den einzelnen Reichskreisen als ausgesprochen kompliziert. Welche Leistungen die Stände der einzelnen Reichskreise in den unmittelbar auf den Prager Frieden folgenden Jahren tatsächlich erbrachten, wird mit letzter Gewissheit nie zu eruieren sein. Die für diese Studie untersuchten Quellen aus diversen Kreiskassen und dem Leipziger Reichspfennigmeisteramt lassen zumindest den Schluss ziehen, dass die erhofften Bargeldeinzahlungen nur zu einem Bruchteil geleistet wurden, wodurch die anfangs mit der Prager Heeresreform verbundene Hoffnung auf eine „geordnetere“, regelmäßigere Bezahlung der Soldateska nicht realisiert werden konnte. Ob diese vermeintlich schlechte Zahlungsmoral der Reichs- und Kreisstände allerdings einer geringen Akzeptanz der Art und Weise des Zustandekommens der Reichssteuerbewilligungen geschuldet war, ist schwer zu beurteilen. Bei denjenigen Ständen, von denen Kreiseinnehmer oder Reichspfennigmeister keine Einzahlungen verbuchten, muss stets die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass diese sehr wohl hohe Verproviantierungs- und Einquartierungsleistungen erbracht haben könnten, ihnen anschließend aber aus diversen Gründen eine Anrechnung auf ihren Römermonatsanschlag verwehrt worden war.

6 Die Rückkehr zu den Kreisbewilligungen und die reichsweiten Kreistage von 1638 zur Finanzierung der Reichsarmada Die grundsätzliche Problematik der Reichskriegsfinanzierung nach 1635 bestand nicht nur darin, dass die Bewilligungen des Prager Friedens und des Regensburger Kurfürstentags von den Reichsständen nur zu einem Bruchteil in die Reichs- und Kreiskassen eingeliefert wurden. Die Befristung der Bewilligungen erwies sich ebenso als Problem: Die im Prager Frieden vorgesehene Reichssteuer von 120 Römermonaten sollte den Unterhalt der Reichsarmada für eine Feldzugssaison abdecken, während die weiteren 120 Römermonate des Regensburger Kurfürstentags dazu vorgesehen waren, das Heer nochmals bis in das Jahr 1638 zu finanzieren. Es gelang den verschiedenen Korps der Reichsarmee in diesem Zeitraum jedoch nicht, die französischen und schwedischen Truppen entscheidend zu schlagen. Ebenso wenig kamen erfolgversprechende Friedensgespräche

 Vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 380 Anm. 466.

6 Rückkehr zu den Kreisbewilligungen und reichsweite Kreistage von 1638

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in Gang. So stellte sich dem Kaiser und den mit ihm verbündeten Kurfürsten 1638 erneut die Frage, wie sie den Unterhalt der Reichsarmee wenigsten für eine weitere Feldzugssaison sicherstellen konnten. Eine zumindest theoretische Möglichkeit bestand darin, auf die Auszahlung der immensen Zahlungsrückstände diverser Reichsstände aus der Prager und Regensburger Bewilligung zu drängen. Dagegen sprach allerdings, dass von vielen Reichsständen, die von den Reichspfennigmeisterämtern und den Kreiseinnehmern zu den Säumigen gezählt wurden, kaum mehr die Tilgung alter Reichssteuerschulden in einem nennenswerten Umfang zu erwarten war – schließlich betrachtete ein Großteil von ihnen ihre Ausstände durch die Erbringung von Einquartierungs- und Verproviantierungsleistungen für die Reichsarmee bereits für abgegolten oder erklärte sich schlicht für zahlungsunfähig. Eine andere Möglichkeit als die Eintreibung alter Schulden bestand darin, eine neue Reichssteuer zu beschließen und damit eine Legitimation für neue Forderungen auch gegenüber denjenigen Reichsständen zu erhalten, die ihre bisherigen Reichssteuerverpflichtungen schon für erfüllt erachteten. Doch wie sollten neue finanzielle Ansprüche des Kaisers und der Kurfürsten an das Reich und seine Stände artikuliert werden? Zur Klärung dieser Frage forderte Kaiser Ferdinand III. das Kurkolleg im Sommer 1638 dazu auf, ihn gutachterlich zu beraten und ihm einen entsprechenden Lösungsvorschlag zu unterbreiten.⁸⁰⁶ Dieses kurfürstliche Gutachten brachte eine Entwicklung in Gang, an deren Ende die Reichskreise vollends zur maßgeblichen Organisationsbasis der Reichskriegsfinanzierung aufstiegen und einige Kreise eine seit Kriegsbeginn nicht mehr gekannte Aktivität entfalteten. In den folgenden Ausführungen soll diese grundlegende Wiederbelebung der Reichskreisverfassung ab dem Jahr 1638 nachgezeichnet werden.

6.1 Das kurfürstliche Gutachten von 1638 Wie aus einer Korrespondenz Kurfürst Johann Georgs von Sachsen mit sämtlichen anderen in den Prager Frieden einbezogenen Kurfürsten zu entnehmen ist, waren es Kursachsen und Kurbayern, die nach der kaiserlichen Bitte um gutachterliche Stellungnahme zur Zukunft der Reichskriegsfinanzierung die Initiative  Eine entsprechende kaiserliche Aufforderung vom 26. Mai 1638 findet Erwähnung im späteren Gutachten, vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 07880/3, fol. 4r. Das Gutachten selbst findet in der Forschung bisher nur bei Gotthard Erwähnung, der allerdings nicht näher auf dessen Inhalt eingeht, vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 385.

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II Reichshilfebewilligungen und Reichskriegspläne

übernahmen. In enger Kooperation zwischen den Kurfürstenhöfen von Dresden und München entstand so ein Gutachten, das im August 1638 „im nahmen der sämptlichen Churfürsten beÿ der Chur Mainzischen Canzleÿ aufgesetzt“ werden konnte und bis Anfang September auch von Kurmainz, Kurköln und Kurbrandenburg signiert wurde.⁸⁰⁷ Wie von Kaiser Ferdinand III. erbeten, befasste es sich ausführlich mit der Frage, wie das Reich zu reagieren habe, sollten sich die Reichsfeinde nicht in Bälde zu einer raschen Einstellung ihrer Feindseligkeiten bewegen lassen. Für einen solchen Fall, so das Gutachten, bliebe dem Reich nichts anderes übrig, als sich „in stärckere Verfassung zu stellen, vnd das äuserste vorzunehmen“, um den Feind letztlich doch mit Waffengewalt zum Frieden zu zwingen.⁸⁰⁸ Um die dazu notwendige Reichsarmada weiter unterhalten zu können, bedürfe es der Bewilligung einer ansehnlichen Anzahl von Römermonaten, wozu eigentlich „nach anweisung der fundamental Geseze, ein gemeiner Reichstag ausgeschrieben“ werden müsste.⁸⁰⁹ Man müsse aber bekennen, dass „zu einem allgemeinen Reichstag, vnd zwar in solcher eil, wie es die höchste nothdurfft erfordert, zu gelangen nit practicirlich noch möglich“ sei und der Krieg einen erfolgreichen Ablauf eines Reichstags immens erschwere. Deshalb sollte man „die gedancken uff ein anders mittel“ richten. Ein Kurfürstentag sei jedoch auch nicht die Lösung, denn ein solcher sei mit kaum weniger organisatorischen Herausforderungen verbunden als ein Reichstag. Zudem gelte es grundsätzlich zu bedenken, „ob es rathsam und verantwortlich seyn wolte, in dergleichen sachen, welche den ganzen Imperii Statum concerniren, allein durch ein Churf. Collegium etwas schließliches zu decerniren, und sich mit einem solchen hoch importirlichen werck zu beladen. Und gehet uns in particulari hierbey zu gemüth, daß was schon onhin im werck erfahren, welcher gestalt dieser im Pragerischen Frieden, und darnach zu Regensburg ohne der semptlichen Ständen vorwissen und einwilligung geschlossener Reichs Anlage halber, sich etliche vornehme Fürsten und Stände beschwert, und die bezahlung de facto verweigert, theils auch der Churfürsten gewalt zu disputiren und in zweifel zu ziehen keine scham getragen, ob Ihnen gebüre, dergleichen gemeinen Reichs An-

 Eine Abschrift des Gutachtens findet sich unter SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 07880/3 (Anm. 806), „Der Herrn Churfürsten gesampter Gutachten“, o.O., 14. August 1638. Die Konzeption des Werks geht aus einem Briefwechsel zwischen dem sächsischen und dem brandenburgischen Kurfürsten hervor, vgl. ebd., Kurfürst Johann Georg an Kurfürst Georg Wilhelm, Freiberg, 8. (18.) September 1638 (Konzept), fol. 8r – 8v.  Vgl. ebd., fol. 4r – 4v, Zitate fol. 4r.  Vgl. ebd., fol. 5r.

6 Rückkehr zu den Kreisbewilligungen und reichsweite Kreistage von 1638

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lagen halben sich mit der Röm. Kaiserl. Majst. zu vergleichen, und als dann hierdurch die übrige Stände zu bezahlung derselben zu adstringiren.“⁸¹⁰ Aufgrund der geringen Akzeptanz der bisherigen Form der Reichssteuerbewilligung im Reich rechneten die Kurfürsten damit, dass eine erneute Ausschreibung von Kontributionen durch einen Kurfürstentag nur dazu führen würde, „daß als dann die Stände derselbigen sich noch mehr beschweren, und solchen modum noch stärcker empfinden, auch vor eine allzu viel praejudicirliche consequenz anziehen, und alle Clausulas, gleich wie im Pragerischen Friedenschluß auch geschehen, gänzlichen umwerfen, und sich damit nit contentiren lassen, also den effectum deren E. Kais. Majest. und Uns der gesampten Churfürsten zum besten angesehener intention ufs äuserste verhindern werden.“ ⁸¹¹ Um dem vorzubeugen, müsse man sich eine alternative Form der Kontributionsbewilligung überlegen, die aber dennoch mit dem Reichsherkommen in Einklang zu bringen sei. Wenn aber schon keine der das ganze Reich auf einmal repräsentierenden Versammlungsformen mehr zur Option stünde, dann müsse man in Erwägung ziehen, „durch absonderliche Creißversammlung dieses hochwichtige continuationwesen des Kriegs tractiren zu lassen“. Allerdings sei zu befürchten, „daß solches auch ohne der Stände grosser querelen und lamentation nit abgehen wird, in dem allerhand überhäuffige beschwer= und entschuldigungen, worümb einem und anderen Stand die weitere Contributiones ohnerschwinglich fallen, ohnfehlbar zu gewarten seynd“. Doch wolle man die weiterhin gravierenden Missstände im Heerwesen beseitigen, die die Kräfte des Reiches im Lauf der Zeit derart auszehren würden, „daß man endlich denen hereinbrechenden feinden keinen widerstant thun, sondern ihnen gleichsam zu gänzlicher depopulation und einäscherung unsers allgemeinen Vaterlands Teutscher nation thür und thor öffenen müsste“, so sei es vernünftig, sich doch auf Kreistage einzulassen.⁸¹² Dabei sei jedoch zu raten, den Kreisständen schon in den Ausschreiben zu verdeutlichen, dass die Kreistage nicht nur dazu dienen könnten, sich mit den Beschwerden jedes einzelnen Standes zu befassen. Vielmehr müsse den Kreisständen vor Augen geführt werden, „worümb nemlichen solche Craißconventus angesehen, vnd daß eben dieselbige das rechte mittel seyen, denen biß dahero geklagten ohnerträglichen Krigsgravaminibus vnd beschehenen ohnordnungen zu remediren, und in grund abzuhelffen, dieselbige in ein leidlich des Reichs vermögen gemes befindliche verfassung zu bringen“. Die Gravamina der einzelnen Kreisstände sollten daher den zu den Kreistagen zu entsendenden kaiserlichen Kom-

 Ebd., fol. 5r.  Ebd., fol. 5v.  Vgl. ebd., fol. 6r.

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missaren nur in schriftlicher und gesammelter Form vorgebracht werden können. Dagegen müsse die Bewilligung der Reichshilfen schon in den Kreisausschreiben als das eigentliche „hauptwerck“ der Kreistage herausgestellt werden, mit dessen Hilfe im Endeffekt auch die meisten der mit dem Kriegswesen verbundenen Einzelbeschwerden abgestellt werden könnten.⁸¹³ Das Gutachten der Kurfürsten muss den Kaiserhof Ende September 1638 erreicht haben.⁸¹⁴ Der Vorschlag, Kreistage auszuschreiben, wurde von Kaiser Ferdinand III. offenbar ohne lange Bedenkzeit umgehend akzeptiert. Sein Antwortschreiben an die Kurfürsten thematisierte die Vor- und Nachteile von Reichskreisbewilligungen nicht einmal, sondern enthielt bereits einen vom kaiserlichen Generalleutnant Matthias Gallas ausgearbeiteten Aufriss zur Größe, Untergliederung und geographischen Verteilung der Reichsarmee für das Jahr 1639.⁸¹⁵ Dieser Heeresplan beantwortete zugleich zumindest indirekt die im kurfürstlichen Gutachten noch offen gelassene Frage, mit welchem Finanzbedarf der Reichsarmee für die Feldzugssaison zu rechnen war und wie viele Römermonate in etwa auf den Kreistagen bewilligt werden sollten.⁸¹⁶ Die Aufstellung sah eine Einteilung der Reichsarmee in vier einzelne Korps vor. Im Ober- und Niedersächsischen Reichskreis sollte eine Armee von 18 000 Mann Fußtruppen und 8 000 Reitern gegen Schweden operieren, über die Gallas persönlich den Oberbefehl zu führen gedachte. Die von Kursachsen und Kurbrandenburg unterhaltenen Truppen waren in diese Armee zu inkorporieren.⁸¹⁷ Die Kreisstände beider Reichskreise sollten für den Unterhalt der Truppen, der Generalstäbe und der Artillerie schon alleine für die auf fünf Monate angesetzte  Vgl. ebd., fol. 6v–7r, Zitat fol. 6v.  Das Original des Gutachtens lag Adam von Schwarzenberg am 9. September 1638 (alter Stil?) vor und wurde von diesem stellvertretend für den brandenburgischen Kurfürsten unterzeichnet und nach Wien abgeschickt, vgl. ebd., Adam von Schwarzenberg an Kurfürst Johann Georg, Spandau, 16. September 1638 (alter Stil?), fol. 9r – 9v. Bereits am 30. September wandte sich der Kaiser vom böhmischen Schloss Brandeis aus an sämtliche Kreisausschreibende Fürsten mit der Bitte, Kreistage auszuschreiben, vgl. Moser: Des hochloeblichen Ober-Saechsischen Crayses Abschide (Anm. 63), S. 324; für den Niedersächsischen Reichskreis vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 07880/3 (Anm. 806), Kaiser Ferdinand III. an Herzog August von Sachsen als Administrator von Magdeburg und Herzog Friedrich von Braunschweig-Lüneburg, Schloss Brandeis, 30. September 1638, fol. 12v – 13r.  Vgl. ebd., „Der Röm. Kaÿ: Ma ÿtt: allergnedigste resolution wegen der Craistäg“ (Abschrift), undat., fol. 159r; identisch mit ebd., „Graff Gallasens vngefehrlicher Anschlag der Reichsarmeé“, fol. 179r.  Im kurfürstlichen Gutachten wurde lediglich betont, die Größe der Reichsarmee müsste „vff des Reichs vermögen gerichtet“ werden, vgl. ebd., fol. 7r.  Die Truppe sollte sich in zwölf Regimenter gliedern, davon neun kaiserliche Regimenter und drei kurfürstliche zu Fuß, neun kaiserliche und drei kurfürstliche zu Ross.

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Feldzugssaison fast 2 Mio. Gulden aufbringen, deren Verteilung an die Armee Gallas den Kreisständen selbst anheimstellen wollte.⁸¹⁸ Die Stände der Reichskreise Franken, Niederrhein-Westfalen und Kurrhein sollten zwei weitere Korps der Reichsarmee unterhalten, das eine unter Octavio Piccolomini mit 18 000 Mann zu Fuß und 6 000 Reitern⁸¹⁹, das andere unter dem Kommando des Grafen Hatzfeld mit 10 000 Mann zu Fuß und 4 000 Reitern.⁸²⁰ Für die letztlich in spanischen Diensten stehende und entsprechend auch mit spanischen Finanzmitteln ausgestattete Armee Piccolominis sah der Gallas’sche Heeresplan offenbar nur einen Zuschuss von rund 320 000 fl. vor, die Truppe Hatzfelds wurde dafür aber mit 1 287 520 fl.⁸²¹ angesetzt. Als viertes Korps sah der Plan eine im südwestdeutschen Raum stationierte Armee in einer Gesamtstärke von 19 000 Mann vor, darunter mehrheitlich Kavallerie, die sich aus der kurbayerischen Reichsarmee und kaiserlichen Truppen unter Johann von Götzen zusammensetzen sollte.⁸²² Für den Unterhalt dieses Korps waren die Reichskreise Oberrhein, Schwaben und Bayern vorgesehen.⁸²³ Sofern dieser Heeresplan zur Ausführung kommen sollte, mussten die Reichsstände alleine während der fünfmonatigen Feldzugsdauer des Jahres 1639 rund 4 Mio. fl. aufbringen, Einquartierungsmaßnahmen über die Wintermonate noch nicht mitgerechnet. Da wichtige Kostenfaktoren in der Hochrechnung noch gar nicht erfasst waren, nannte der Heeresplan noch keine abschließende Zahl an Römermonaten, die von den einzelnen Reichskreisen einzufordern waren. Da jedoch die Gesamtgröße der zu unterhaltenden Reichsarmee mit insgesamt 83 000 Soldaten, 52 000 Fußsoldaten und 31 000 Reitern, weitgehend derjenigen Armee entsprach, die durch den Prager Frieden begründet worden war, stand zugleich

 Die exakte Summe wurde auf 1.932.370 fl. beziffert. Neben dieser Zahlenangabe findet sich der Vermerk: „Dargegen wird gute disciplin versprochen, vnnd das wann diese geldter erfolgen, die Soldaten vmb die bezahlung leben sollen.“, ebd., fol. 159r.  Das Korps wurde eingeteilt in neun Regimenter à 2.000 Fußsoldaten und neun Regimenter zu Pferd, davon drei mit 1.000 Reitern, sechs mit 500. Für fünf Monate sind Kosten von 318.052 fl. aufgelistet (Schreibfehler? 1.318.052 fl.?). Vgl. ebd., fol. 159v.  Die Fußtruppen wurden in Regimenter à 2.000 Mann gegliedert, die Reiterei in sechs Regimenter, zwei davon mit 1.000, vier mit 500 Reitern. Vgl. ebd., fol. 159v.  Die Kosten für den Generalstab wurden eingerechnet. Zugleich wurde davon ausgegangen, dass 5.000 Mann in Garnisonen verbleiben würden. Vgl. ebd., fol. 159v.  Dieses Korps sollte sich aus 10.000 Mann Kaiserlichen (davon 3.000 zu Fuß, 7.000 zu Pferd) und 9.000 kurbayerischen Soldaten (davon 3.000 zu Fuß und 6.000 zu Pferd) rekrutieren. Vgl. ebd., fol. 159v.  Mitsamt dem Generalstab werden Kosten von 279.846 fl. (?) aufgeführt, vgl. ebd., fol. 159v – 160r.

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fest, welche Summe der Kaiser aus jedem Reichskreis zu erhalten erhoffte: wieder 120 Römermonate. Ob eine derart hohe Summe von jedem Reichskreis auch bewilligt werden würde, hing allerdings von zahlreichen Faktoren ab, auf die das Reichsoberhaupt nicht ohne weiteres Einfluss nehmen konnte. Am meisten hing der Erfolg des Vorhabens freilich davon ab, dass in den verschiedenen Reichskreisen Kreistage in nicht allzu ferner Zukunft einberufen wurden. Dazu war Kaiser Ferdinand III. wiederum auf die Kooperation der Kreisausschreibenden Fürsten angewiesen. Des Weiteren war ratsam, die Kreisversammlungen nicht in allen Reichskreisen zur gleichen Zeit einzuberufen, sondern zuerst die Kreisstände eines Reichskreises zusammentreten zu lassen, in dem auf ein Kreistagsvotum zugunsten einer besonders hohen Bewilligung zu hoffen war, die dann den noch folgenden Kreistagen anderer Reichskreise als positives Beispiel vorgeführt werden konnte. Die Wahl des Kaisers fiel dabei auf den Obersächsischen Reichskreis, denn schließlich stand diesem mit Kursachsen einer der wichtigsten und engsten kaiserlichen Verbündeten seit dem Prager Frieden vor. Darüber hinaus hatte auch der zweite große obersächsische Kreisstand, Kurbrandenburg, bereits im Rahmen des kurfürstlichen Gutachtens vom August 1638 seine Zustimmung zu einer Einberufung der Kreistage erkennen lassen. Schließlich musste der brandenburgische Kurfürst Georg Wilhelm aufgrund seines eigenen Engagements gegen Schweden zur Durchsetzung seiner Erbansprüche auf Pommern größtes Interesse an militärischen Fortschritten der Reichsarmee haben. Gestützt auf die Zustimmung Kursachsens und Kurbrandenburgs schien einem Erfolg des Kaisers im Obersächsischen Reichskreis kaum mehr etwas entgegen zu stehen.

6.2 Der obersächsische Kreiskonvent vom November 1638 Nach Absprache mit Kursachsen trafen zwei kaiserliche Kommissare Anfang November 1638 in Leipzig ein, wohin Kurfürst Johann Georg alle obersächsischen Kreisstände zum Kreistag geladen hatte.⁸²⁴ Den kaiserlichen Gesandten kam auf dem Kreiskonvent allerdings nur eine Nebenrolle zu, denn Kursachsen und Kur-

 Vgl. ebd., Kursächsisches Kreistagsausschreiben, Dresden, 6. (16.) Oktober 1638 (Konzept), fol. 18r–19r; ebd., Kurfürst Johann Georg an Kaiser Ferdinand III. bezüglich des Kreistagstermins, 11. (21.) Oktober 1638, (Konzept), fol 20r – 20v. Der Kreistagsabschied ist ediert bei Moser: Des hochloeblichen Ober-Saechsischen Crayses Abschide (Anm. 63), S. 324– 334. Alle Kreisstände waren auf dem Kreistag entweder durch eigene Gesandte oder durch Bevollmächtigte vertreten.

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brandenburg agierten in den Kreistagsverhandlungen geradezu, als wären sie selbst zu kaiserlichen Kommissaren berufen worden.⁸²⁵ Die beiden kurfürstlichen Vormächte des Reichskreises demonstrierten schon in der Abarbeitung der Kreistagsformalia zu Beginn des Konvents ihren Willen zur Einigkeit, indem sie gekonnt einen zuletzt zwischen dem Berliner und dem Dresdner Kurfürstenhof ausgebrochenen Zeremonialstreit umgingen. Dieser hatte sich im Vorfeld des Kreistags dadurch ergeben, dass Kurfürst Georg Wilhelm die Kreistagsausschreiben Kursachsens wie ein Kreisausschreibender Fürst gegenzeichnen wollte, was ihm als „Nachgeordneter“ im Reichskreis aber bisher nicht zugestanden hatte. Um den Erfolg des Kreistags wegen dieser Rangstreitigkeit jedoch nicht in Frage zu stellen, erklärten die kurbrandenburgischen Kreistagsgesandten in ihrem Eröffnungsvotum am Kreistag kurzerhand, „in deme Kaÿs. Mait. diesen Convent selbsten angesezet“ habe, dürfte man diesen Kreistag auch als direkt vom Kaiser ausgeschrieben betrachten. Somit müsse man ihn als außergewöhnliches Ereignis einstufen, aus dem kurbrandenburgischen Ansprüchen grundsätzlich kein Präjudiz entstehen könne.⁸²⁶ Das kursächsische Kreistagsdirektorium ließ es nach einem kurzen, eher formalen Widerspruch dabei bewenden und sorgte dafür, dass es trotz mehrerer seit dem letzten Kreistag eingetretener Erbanfälle unter den Kreisständen nicht zu längeren Sessionsstreitigkeiten kam.⁸²⁷ So konnten die kaiserlichen Kommissare ihre Proposition bereits am 3. November, dem zweiten Sitzungstag des Kreistags, vor dem Plenum vortragen. Sie beinhaltete in erster Linie die Forderung nach einer Reichs- beziehungsweise Kreissteuerbewilligung von insgesamt 150 Römermonaten.⁸²⁸ Kurbrandenburg, dem das erste Votum in der folgenden Umfrage gebührte, bekannte sich umgehend zu einer Zahlung in der vollen geforderten Höhe, mit der Begründung, „daß Franckreich vnd Schweden ganz keine beliebung zum frie-

 Zu seinen Kommissaren berief der Kaiser „Heinrich den Andern, und dieser Zeit ältisten Reußen, Herrn von Plauen, Herrn zu Gräz etc. und Haugken, Herrn von Schönburg zu Glaucha und Waldenburg etc.“, vgl. ebd., S. 324.  Zitat nach dem Kreistagsprotokoll, SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 07880/3 (Anm. 806), fol. 178/1r. (Kreistagsprotokoll mit zweiter nachträglicher Foliierung).  So akzeptierte das kursächsische Direktorium ohne längere Diskussionen u. a. eine doppelte Stimmführung Kurbrandenburgs, das das Votum des ausgestorbenen pommerschen Herzogshauses führte. Ebenso erwies sich eine Neuverteilung der Kreistagsvoten unter den Ernestinern als umgehend konsensfähig. Diese war aufgrund der Aufteilung des Besitzes der im Mannesstamm erloschenen Linie Coburg-Eisenach zwischen Altenburg und Weimar nötig geworden, vgl. ebd., fol. 178/1v.  Vgl. ebd., fol. 178/3v – 4r.

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den trügen, ihre intention were nur dahin gerichtet, den krieg zu continuiren“.⁸²⁹ Zwar sei bekannt, „daß keine mittel in diesem Craiß mehr übrig, Pommern vnd andere Länder weren ganz verderbt“, dennoch sei es besser, die letzten Mittel zu mobilisieren, „als in fremdes ioch sich zu begeben“. Der einzig anzustrebende Friedensschluss sei ein solcher nach den Konditionen des Prager Friedens.⁸³⁰ Allerdings trat nun in den folgenden Wortmeldungen der übrigen Kreisstände genau jenes ein, was die Kurfürsten bereits in ihrem Gutachten für den Kaiser vom August als wahrscheinliche Reaktion der Reichsfürsten und kleineren Stände aufgeführt hatten, würde man diesen über einen Kreistag die Möglichkeit geben, sich zum Krieg und der kaiserlich-kurfürstlichen Kriegsführung zu resolvieren: Kaum eine der auf das kurbrandenburgische Votum folgenden Wortmeldungen obersächsischer Kreisstände begann nicht mit vehementen Klagen über diverse Kriegsbelastungen und schwerer Kritik an der Kriegsführung der Reichsarmee. Selbst traditionelle kursächsische oder kurbrandenburgische Klienten nutzten die Gelegenheit des Kreistags, um den beiden kurfürstlichen Vormächten des Reichskreises Vorwürfe zu unterbreiten und die Geldforderungen des Kaisers zu kritisieren. So gab Sachsen-Altenburg-Eisenach, ein in früheren Kreistagsabstimmungen fast immer im kursächsischen Sinne votierender Kreisstand⁸³¹, Kurbrandenburg umgehend Kontra: Viele Soldaten anzuwerben, auszurüsten und zu unterhalten sei dem Herzogtum und seinen Untertanen unmöglich, „die 150 Monate zu bewilligen, seÿ ingleichen eine impossibilität“⁸³². Seit dem Prager Frieden hätte man schon 240 Römermonate entrichtet und sei „vf viel Tonnen goldes schaden kommen“. Würde man nun große Summen bewilligen, die man dann aber doch nicht zu zahlen vermöge, „so wolt der Soldat aus der Vnmöglichkeit eine möglichkeit machen, alß dann ginge es bund über“. Auch wisse man über derartige Aufrüstungsprojekte, wie sie der Kaiser offenbar vorhabe, dass „do 10 000 Mann sein sollten, kaum 2 000 Mann weren“.⁸³³ Man könne somit kaum die Bewilligung einer derart hohen Summe verantworten. Vielmehr seien Überlegungen dahin anzustellen, ob man den Feind nicht durch eine Satisfaktionsleistung zum Frieden bewegen könne.⁸³⁴ Diesem Votum folgte auch Sachsen-

 HStADr., 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7880/3, fol. 178/8v.  Vgl. ebd., fol. 178/9v., Zitate ebd.  Zur Anlehnung Sachsen-Altenburgs an Kursachsen in Reichskreisangelegenheiten im Dreißigjährigen Krieg vgl. Nicklas: Macht oder Recht (Anm. 35), S. 199; Müller: Kursachsen und der Böhmische Aufstand 1618 – 1622 (Anm. 352), S. 173, 285.  SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 07880/3 (Anm. 806), fol. 178/9v.  Ebd., fol. 178/10r.  Vgl. ebd., fol. 178/10r.

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Weimar, das zudem vermerken ließ, es hätte vernommen, dass Schweden und Frankreich sehr wohl zum Frieden geneigt seien, auch wenn der kurbrandenburgische Vorredner etwas anderes behauptet hätte.⁸³⁵ Bezüglich der weiteren Kriegsfinanzierung müsse man den Kaiserlichen klar zu erkennen geben, es „könte keine contribution gewilliget werden, es müßten zuvor die gravamina ausm weg gereumet, in sonderheit der Ackerbau nicht gehindert werden, sonsten seÿ Weimar vnd Coburg etwas zu willigen vnmöglich.“⁸³⁶ Es sei sehr ratsam, sich in dieser Frage mit dem Niedersächsischen Kreis abzustimmen, „damit nicht der Schwall dem Ober Sächs. Kreis genzlich ufn hals gewälget werde“.⁸³⁷ Dem entgegneten die Kurbrandenburger, denen ihre für Pommern geführte zweite Kreistagsstimme die Möglichkeit eröffnete, direkt nach den Weimarern zur Gegenrede anzusetzen, dass die Reichsfeinde sehr wohl auf aggressive territoriale Expansion bedacht seien, was kein Reichsstand gutheißen könne. Frankreich wolle sich Lothringen einverleiben, Schweden sich der Küsten des Reiches bemächtigen, darunter auch des gerade erst an Brandenburg durch Erbgang gefallenen Pommerns. Derartige territoriale Ambitionen dürfe man den Feinden aber keinesfalls gewähren: „Nun weren diese stücke, vnd sonderlich die Seecanthen vnd Pommern gleichsam die Vormauer vnd Schlüssel des Römischen Reichs, deßwegen man die hände nicht solte sincken laßen, sich des Pragerischen Friedenschluß erinnern, vnd alle mögliche assistentz Keis. Mait. leisten.“. In einer solchen Situation dürfe kein Kreisstand den eigenen erlittenen Schaden höher als das Wohl des Reiches stellen, denn „mit queruliren vnd lamentieren seÿ es iezo nicht ausgerichtet“.⁸³⁸ Doch die Fronten am Kreistag blieben verhärtet. Während Kurbrandenburg und das in jeder Umfrage immer erst zuletzt votierende Kursachsen sich mit Verweis auf das Wohl des Reiches und die expansiven Absichten der ausländischen Kronen mit großem Nachdruck für eine hohe Geldbewilligung für die Reichsarmee aussprachen, argumentierten die reichsfürstlichen und kleineren Kreisstände mit der Zahlungsunfähigkeit ihrer Territorien und dem Leid ihrer Untertanen. Sie plädierten stattdessen für ein verstärktes Bemühen um einen raschen Friedensschluss und zogen dafür auch eine engere Verständigung mit dem Niedersächsischen Reichskreis in Betracht.⁸³⁹ Erst nach langen Diskussionen begann sich im Kreistagsplenum langsam eine Kompromissformel abzu-

 Vgl. ebd., fol. 178/10v.  Ebd., fol. 178/10v.  Ebd., fol. 178/10v – 11r.  Beide Zitate nach ebd., fol. 178/11v.  Vgl. insbesondere die Voten von Weimar und Anhalt, denen sich Quedlinburg, Mansfeld, Stolberg und Barby anschlossen, vgl. ebd., fol. 178/12r–12v.

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zeichnen, auf deren Basis die beiden scheinbar unvereinbaren Positionen der beiden Kurfürsten und der übrigen Kreisstände zusammenfinden konnten. Sie wurde erstmals von den Vertretern Anhalts in die Umfrage eingebracht und umgehend von Quedlinburg, Mansfeld, Stolberg und Barby aufgenommen. Sie lief darauf hinaus, die Notwendigkeit der kaiserlichen Geldforderung grundsätzlich anzuerkennen, dafür aber vom Reichsoberhaupt eine Intensivierung seiner Friedensbemühungen zu erbitten. Zugleich sollte die Geldbewilligung mit der Abschaffung der Gravamina der Kreisstände verknüpft werden und die Disziplin der Soldateska gehoben werden. Für den Fall, dass die Bewilligungsbedingungen nicht erfüllt werden würden, „seÿ […] die Communication mit Nieder Sachsen nötig.“⁸⁴⁰ Des Weiteren müsste Kursachsen dafür Sorge tragen, dass die kursächsische Besatzung Magdeburgs nicht weiter den Handelsverkehr im Reichskreis behindere und die Magdeburg nahe gelegenen Kreisstände von dem Zwang entbunden würden, die kursächsische Garnison der Stadt weiter versorgen zu müssen.⁸⁴¹ Schließlich wurde am Ende des Kreistags am 22. November 1638 ein Kreisabschied besiegelt, der mit einer demonstrativen Ergebenheitsadresse an den Kaiser begann⁸⁴², dem die Kreisstände ihre Treue und die Zurverfügungstellung ihrer allerletzten verfügbaren Kräfte zusicherten. Zugleich wurde Ferdinand III. gebeten, sich um den Frieden zu bemühen, „wie hierzu in Cölln und Lübeck ein guter Anfang gemacht worden“.⁸⁴³ Dafür bewilligte der Reichskreis die gegenüber den ursprünglichen kaiserlichen Forderungen etwas reduzierte Summe von 120 Römermonaten. Allerdings wurde im Kreisabschied festgehalten, dass viele Kreisstände diesbezüglich große Bedenken geäußert hätten, „weil es nicht allein dem herkommen zu wieder, und dergleichen Contributiones einig und allein zu einem algemeinen Reichs-Tag, nicht aber uf einen Crayß-Tag zu suchen und zu bewilligen gehörig“ und zu befürchten sei, dass manche Kreisstände derart erschöpft und ausgeplündert seien, „daß fast keine Contributiones, auch durch scharffe militärische Executiones von ihnen nicht mehr zu erheben seyn wollen“.⁸⁴⁴ Doch die  Ebd., fol. 178/13r. Zitiert wird das Votum Quedlinburgs.  Vgl. ebd., fol. 178/13r. Alleine vom Fürstentum Anhalt soll die Magdeburger Garnison 4.000 Rtl. wöchentlich gefordert haben, vgl. ebd., fol. 178/24v.  Die Kreisstände bekannten dabei ausdrücklich, den Kaiser als die „von Gott vorgesetzter hohe Obrigkeit: (derer göttliche Allmacht gute Leibes-Gesundheit, auch glückliche und friedliche Regierung gnädiglich widerfahren laßen wolle:), gebührlich zu ehren und zu respectiren, sich auch darvon durch keinerley Gefahren abwendig machen zu laßen […] wie solches des Heil. Römischen Reichs heilsamen Verfassungen […] gebühren will“, vgl. Moser: Des hochloeblichen Ober-Saechsischen Crayses Abschide (Anm. 63), S. 326.  Zitat nach ebd., S. 326.  Zitat nach ebd., S. 327.

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Mittel, die noch aufgebracht werden könnten, würden in vier Ratenzahlungen bis Weihnachten 1639 an die Reichskasse nach Leipzig entrichtet werden und in geordneter Weise an die Soldateska ausbezahlt.⁸⁴⁵ Daneben setzten die Kreisstände noch eine aus 19 Einzelbestimmungen bestehende Auflistung in den Kreisabschied, die Regelungen für künftige Heeresdurchzüge, Einquartierungsmaßnahmen und die Soldatenverpflegung enhielt, mit deren Hilfe Ordnung und Disziplin in der innerhalb des Reichskreises operierenden Reichsarmee verbessert werden sollte.⁸⁴⁶ Die Vorschläge wurden jedoch nur als „unvorgreifliches Gutachten“ deklariert.⁸⁴⁷ In seinem Endergebnis konnte der Kreistag somit durchaus als ein voller Erfolg des Kaisers, Kursachsens und Kurbrandenburgs gelten, da die angestrebte hohe Geldbewilligung erreicht werden konnte. Ob diesem Beispiel allerdings auch alle anderen Reichskreise folgen würden, war keineswegs ausgemacht: Während der Leipziger Kreisversammlung hatten fast sämtliche nichtkurfürstlichen Kreisstände ihren Unmut über die Kriegsführung der Reichsarmee und ihre schon weit gediehene Friedenssehnsucht deutlich artikuliert. Ob die Kreisstände sich zu einer derart hohen Bewilligung ohne den massiven Druck der beiden Kurfürstentümer bereit erklärt hätten, kann als äußerst fraglich gelten.Wie würden dann die Kreistage jener Reichskreise votieren, die nicht von engen Verbündeten des Kaisers dominiert wurden?

6.3 Der Fortgang der reichsweiten Kreistage bis 1639 Vermeintlich noch leichtes Spiel musste der Kaiser im Kurrheinischen Kreis haben, da dieser weitgehend nur aus Kurfürstentümern bestand, deren Landesherren an dem Gutachten beteiligt waren, das die Kreistage des Jahres 1638 überhaupt erst initiiert hatte. Am Kaiserhof muss man sich eines Erfolgs bei den

 Vgl. ebd., S. 327 f. Insgesamt 14 Einzelbestimmungen wurden noch aufgeführt, mit denen genau definiert wurde, was die Kreisstände unter einer geordneten Auszahlung verstanden wissen wollten.  Vgl. ebd., S. 328 – 332. Zur Rechtfertigung des neuen Regelwerks wurde festgehalten: „Wann dann uf diesem Punct sehr viel bestehet, weil ohne richtige wohlverfaßte Kriegs-Disciplin, der arme Mann seine Acker-Bau nicht bestellen, sein noch übrig habendes Bißlein Brod nicht erhalten, die Commercia und aller Handel und Wandel gestopffet, und alle Nahrungs-Mittel dadurch gehindert werden.“ Zudem bestehe die Gefahr, dass ohne disziplinierte Heere auch keine größeren Geldsummen über Land transportiert werden könnten, und „also auch die verwilligte Anlage zurück bleiben muß, und Ihrer Kayserl Maj., wie die Proposition klärlich dahin zielt, nicht zu entgegen, neben Deroselben auf dienliche Mittel zu Einbringung solcher Geld-Hülffe zu dencken;“, ebd., S. 330.  Vgl. ebd., S. 330.

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rheinischen Kurfürsten schon so sicher gewesen sein, dass man den kurrheinischen Kreistag fast zeitgleich zu den Beratungen des Obersächsischen Reichskreises einberufen ließ. So bestand für die kaiserliche Reichskreisdiplomatie sogar die Chance, noch im November gleich von zwei kurfürstlich angeführten Reichskreisen Bewilligungen mit einem Vorbildcharakter für den Rest des Reiches zu erhalten. Nach der Ausschreibung durch Kurmainz trat ein solcher kurrheinischer Kreiskonvent schon am 13. November 1638 im Predigerkloster in Frankfurt am Main zusammen.⁸⁴⁸ Für einen Kreistag war die Versammlung ausgesprochen klein, da mit Kurmainz, Kurköln, Kurbayern für die Pfalz und Kurtrier nur vier Kreisstände vertreten waren, wobei das Sessionsrecht eines Kreisstands erst noch geklärt werden musste: Kurtrier wurde lediglich durch eine Abordnung seines Domkapitels repräsentiert, da sich Kurfürst Christoph von Sötern seit 1635 aufgrund seiner Kooperation mit Frankreich in spanischem, später kaiserlichem Arrest befand.⁸⁴⁹ Das Domkapitel vertrat aber den Anspruch „nit alß Dombcapitul, sondern alß legittimi administratores deß Churfurstenthumbs vndt Ertzstiffts Trier“ auftreten zu dürfen.⁸⁵⁰ Nach längerer Diskussion wurden die kurtrierischen Vertreter schließlich zu den Beratungen zugelassen, durften ihre Wortmeldungen aber erst nach Köln und Bayern abgeben. Die auf den Vortrag eines kaiserlichen Kommissars und dessen Forderung nach Bewilligung von 150 Römermonaten folgenden Beratungen der kurfürstlichen Kreistagsgesandten wurden keineswegs nur der Form halber abgehalten, sondern auch dazu genutzt, um Kritik an der kaiserlichen Kriegsführung vorzubringen.⁸⁵¹ Allen voran der Vertreter Kurfürst Ferdinands von Köln nutzte die Gelegenheit, die Effektivität und Sinnhaftigkeit der Kriegsführung der Reichsarmee in Zweifel zu ziehen und grundlegende Reformen im Heerwesen anzumahnen.⁸⁵² Er warnte dabei vor der Gefahr, dass die

 Vgl. OeStA HHStA Wien: MEA KrhK 4, Subfasz. 2, „Protocollum des Churfr. Rheinischen Craißtags zu Franckfurth Ao. 1638“, unfol. (Blatt 2r).  Das Trierer Domkapitel rechtfertigte seine Anwesenheit jedoch mit dem Hinweis, „dieser angestelte Craißtag [sei] mehr ein Real alß personal werck, in erwegung man darbeÿ nit so viel vff die præsentz oder anwesenheit der Churf. Persohnen, alß die würckliche erlegung der Contributionen ziehlen thete.“ Zitat nach ebd., unfol. Subfasz. 2, unfol. (Blatt 4v).  Zitat nach ebd., Subfasz. 2, unfol. (Blatt 7r).  Als kaiserliche Kommissare fungierten Wilhelm von Baden und Gerhard von Waldenburg, ein kurmainzischer geheimer Rat.  Man sei zwar zu einer Hilfeleistung für den Kaiser so viel wie möglich bereit, „die weil jedoch man biß dahero in der that erfahren hette, daß seithero dergleichen vnordnung beÿ der militia im schweng gewesen, nit allein die Contributiones hoher alß man sonst schüldig gewesen den Stenden abgeprest worden sondern auch dardurch eine total ruin erfolgt, die land in grund verdorben vndt

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seit dem Prager Frieden ausgebliebenen Heeresreformen in einem Teil des Reiches bald sogar eine bewaffnete Gegenreaktion auslösen könnten: „Seithero man auch schmertzlich erfahren müßen daß ohnerachtet der so ansehentlichen so wohl beÿ dem Pragerischen friedenschluß alß iungst zu Regenspurg gehaltenen Collegialtag beschehenen einwilligung vndt Contribution geringe Remedÿrung der angezogenen exorbitationen erfolgt, dahero sogar deß Niedersachsischen Craiß stenden vff eine particular defension vndt neutralitet zu Vorkommung vndt abschaffung dergleichen militarischen insolentien zu nit geringem deß gemeinen Wesens nachtheil zu gedencken sich vernehmen laßen wollen.“⁸⁵³ Der zum Kreistag entsandte kaiserliche Kommissar gedachte allerdings nicht, sich auf eine Diskussion über diesen Punkt einzulassen. Als ihn eine Abordnung des Kreistags um Auskunft bat, welche konkreten Maßnahmen der Kaiser zur Besserung der Heeresdisziplin vorzunehmen gedenke, gab dieser lediglich im schroffen Ton zur Antwort, mit einer solchen Frage „hette man sich gar nit uffzuhalten“. Die kaiserliche Majestät hätte schon „beÿ ihrem wahren keÿs. worth“ Besserung gelobt, das müsse allen Reichsständen genügen. Die einzige umgehend umsetzbare Reformmaßnahme, zu der der Gesandte des Kaisers seine Zustimmung zu geben gedachte, war die Anstellung von Kreiskommissaren, die jeder Reichskreis auf eigene Kosten anstellen müsste, die dann über eine ordnungsgemäße Auszahlung der in die Kreiskassen eingegangenen Kontributionen wachen könnten.⁸⁵⁴ Die von Kurköln angestoßene Debatte um grundlegende Reformen in der Reichsarmee fand damit bald ein schnelles Ende. Dies lag auch daran, dass der Vertreter Kurbayerns sich einer Heeresreformdiskussion am kurrheinischen Kreistag verweigerte. Schließlich hätte diese womöglich dazu führen können, dass auch Missstände in Folge der Kriegsführung des kurbayerischen Korps der Reichsarmee zur Sprache gekommen wären. Stattdessen drängte der bayerische Gesandte, gemeinsam mit dem kaiserlichen Kommissar, auf eine rasche Kontributionsbewilligung. Diese erfolgte schließlich kurz vor Ende des Kreistags am 21. November, lautete aber nur über 100 Römermonate und fiel damit geringer aus als dies im Obersächsischen Reichskreis der Fall gewesen war.⁸⁵⁵ Insgesamt konnte der Kreistag damit aber aus kaiserlicher Sicht noch durchaus als Erfolg gelten.

doch hernegst die Soldatesca nit bastand gewesen daß selbige zu defension deß H. Reichs hette gegen den feindt gefuhret werden mögen.“ Zitat nach ebd., Subfasz. 2, unfol. (Blatt 8v).  Ebd. Subfasz. 2, unfol. (Blatt 11v – 12r).  Vgl. ebd., Subfasz. 2, unfol. (Blatt 10r).  Vgl. ebd., Subfasz. 2, unfol. (Blatt 20r); zu den Nachverhandlungen mit dem kaiserlichen Kommissar, die zu keiner Erhöhung der Bewilligung führten, vgl. ebd., Subfasz. 2, unfol. (Blatt 25v). Eine Kopie des kurrheinischen Kreisabschieds findet sich unter HStASt: C 9 Bü. 224, „Nr. 33 Acta Miscellanea de Anno 1638“, unfol.

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Dies galt auch für jene Versammlung, die Kurfürst Ferdinand von Köln als Bischof von Münster und Kreisausschreibender Fürst des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises gegen Ende November 1638 nach Köln ausschrieb und die bis Mitte Januar tagte.⁸⁵⁶ Unter maßgeblichem Einfluss des Münsteraner Kreistagsdirektoriums und einer bedeutenden Anzahl an geistlichen Kreisständen, die sich vom Kaiser Schutz vor dem noch immer nicht dem Prager Frieden beigetretenen Hessen-Kassel versprachen, bewilligte der Kreistag ganze 120 Römermonate. Im Gegenzug verlangten die Kreisstände allerdings solche Reformen im Reichskriegswesen, für die sich Kurköln bereits auf dem kurrheinischen Kreistag eingesetzt hatte. Dazu gehörte eine bessere Disziplin der Soldateska, Ausgleichszahlungen für Kreisstände, denen Einquartierungen und Versorgungsleistungen für die Reichsarmee mehr abverlangten als die vom Kreistag bewilligten Summen, sowie Mitspracherechte der Stände bei Einquartierungsmaßnahmen auf Kreisgebiet.⁸⁵⁷ Diese Bedingungen deckten sich ebenfalls in etwa mit jenem Forderungskatalog, den bereits die obersächsischen Kreisstände den kaiserlichen Kommissaren in Leipzig mitgegeben hatten. Die Bewilligungshöhe von 120 Römermonaten kam den kaiserlichen Wünschen jedenfalls sehr nahe und konnte aus Sicht des Reichsoberhaupts als Erfolg gewertet werden. Der tatsächliche finanzielle Wert der Kontributionszusagen war allerdings noch lange nicht ausgemacht. Vor allem die finanziellen Ressourcen der Herzogtümer Jülich und Berg schienen der Reichsarmee bereits weitgehend entzogen, da sich deren Landesherr, Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm, trotz seines Beitritts zum Prager Frieden vom Kaiser die freie Verfügungsgewalt über 2 000 Fußknechte und 300 Reiter zur Sicherung der jülich-bergischen Landesfestungen hatte zusichern lassen.⁸⁵⁸ Die Vereinbarung mit dem Kaiser gestattete dem Pfalzgrafen, die Unterhaltskosten dieser Festungstruppen wie reguläre Kontributionen für die Reichsarmee zu verrechnen. Dies führte allerdings im Endeffekt dazu, dass sich Pfalz-Neuburg nach 1636 mit Verweis auf seine eigenen Unkosten jedweder Reichssteuerleistung zu entziehen gedachte. Infolgedessen sah sich der Kaiser schon 1637 genötigt, von Wolfgang Wilhelm eine deutliche Reduktion seiner

 Zum Kreistag von Köln von 1638 vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 162– 167.  Vgl. ebd., S. 166.  Vgl. Stefan Ehrenpreis: Der Dreißigjährige Krieg als Krise der Landesherrschaft: Das Beispiel Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg, in: Der Dreißigjährige Krieg im Herzogtum Berg und in seinen Nachbarregionen, hrsg. v. Klaus Herdepe/Stefan Ehrenpreis (Bergische Forschungen, 28). Neustadt an der Aisch 2002, S. 66 – 101, hier S. 84 f.; Renate Leffers: Die Neutralitätspolitik des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm als Herzog von Jülich-Berg in der Zeit von 1636 – 1643 (Bergische Forschungen, 8). Neustadt an der Aisch 1971, S. 9.

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Festungsgarnisonen zu verlangen, um zumindest einen Teil der 120 Römermonate des Prager Friedens ausgezahlt zu bekommen.⁸⁵⁹ Nachdem sich der Pfalzgraf dem kaiserlichen Ansinnen jedoch standhaft verweigerte und Tendenzen erkennen ließ, sich ganz in die Neutralität zurückziehen zu wollen, ließ ihn der Kaiser stillschweigend gewähren. Dafür intensivierten sich zeitweise die Kontakte zwischen der Hofburg und den jülich-bergischen Landständen, die der Reichsarmee teilweise trotz Verbots ihres Landesherren Abgaben leisteten und gegen die Militärpolitik Wolfgang Wilhelms am Reichshofrat prozessierten.⁸⁶⁰ Ob die Reichsarmee infolge der neuen Bewilligung von 1638/39 an finanzielle Mittel aus JülichBerg gelangen würde, war aber dennoch durchaus fraglich. Als besonders unberechenbar mussten auch die finanziellen Erfolgschancen des Kaisers in den weiter südlich am Rhein gelegenen Reichsterritorien gelten, die dem Oberrheinischen Kreis angehörten. Für diese fand ebenfalls noch im November 1638 ein Kreistag in Worms statt, der von dem dortigen Bischof ausgeschrieben wurde. Die Kreisversammlung sah sich bereits von Anfang an mit dem Problem konfrontiert, dass viele bedeutende oberrheinische Kreisstände, wie etwa Hessen-Kassel, gar keine Vertreter geschickt hatten.⁸⁶¹ Die Kreisstände wiederum, die erschienen waren, führten zumeist ihre Zahlungsunfähigkeit an, nutzten aber die Gelegenheit, um diverse Klagen über die Reichsarmee oder das Heer des mit dem Kaiser verbündeten Herzogs von Lothringen vorzubringen.⁸⁶² Die zum Teil ausgesprochen dramatischen Schilderungen über den ruinösen Zustand mancher oberrheinischer Kreisterritorien dürften dabei oftmals durchaus der Realität entsprochen haben, denn der Reichskreis war seit dem Prager Frieden zum Hauptschlachtfeld zwischen kaiserlichen, spanischen, bayerischen und lothringischen Truppen auf der einen Seite und den Armeen Frankreichs und Bernhards von Weimar auf der anderen Seite geworden. Just in den Tagen, in denen die oberrheinischen Kreisstände in Worms zum Kreistag zusammenkamen, steuerten die militärischen Auseinandersetzungen am Oberrhein mit dem Kampf

 Laut kaiserlicher Erklärung vom 14. Februar 1637 sollte der Pfalzgraf nur noch eine Armee von 800 Fußknechten und 100 Berittenen unterhalten düfen, vgl. ebd., S. 23 f.  Vgl. ebd., S. 24, 31, 33; Tornow: Die Verwaltung der Jülich-Bergischen Landsteuern während der Regierungszeit des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm (1609 – 1653) (Anm. 216), S. 54 f.; Ehrenpreis: Der Dreißigjährige Krieg als Krise der Landesherrschaft: Das Beispiel Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg (Anm. 858), hier S. 85.  Vgl. Renatus Karl Freiherr von Senkenberg: Neuere teutsche Reichs-Geschichte. Geschichte des Teutschen Reichs vom Prager Frieden an, bis auf unsere Zeiten, 2 Bde. Frankfurt am Main 1798, 1804, hier Bd. 1, S. 339, 341.  Zum Wormser Kreistag von 1638 vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 229 f. Noch immer am ausführlichsten: Senkenberg: Neuere teutsche Reichs-Geschichte (Anm. 861), Bd.1, S. 339 f.

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um die Schlüsselfestung Breisach auf ihren Höhepunkt zu.⁸⁶³ In dieser Situation war es den in Worms versammelten Kreisständen nicht möglich, sich auf gemeinsame Kontributionsbeschlüsse zu einigen, da manche Kreisstände, wie etwa die Reichsstadt Frankfurt oder Hessen-Darmstadt, noch sehr wohl über gewisse Mittel verfügten oder sich zumindest zahlungswillig zeigten, während sich andere aber für bankrott erklärten. So ging der Kreistag wieder auseinander, ohne eine für alle Kreisstände verbindliche Kontributionssumme für das kommende Jahr verabschiedet zu haben.⁸⁶⁴ Der kaiserliche Kommissar musste sich stattdessen mit unterschiedlich hohen Zahlungszusagen einzelner Kreisstände abfinden.⁸⁶⁵ Die oberdeutschen Reichskreise Bayern, Schwaben und Franken blieben zu dieser Zeit hingegen von direkten Kämpfen verschont und standen mit Ausnahme weniger Festungen im Schwäbischen Reichskreis vollständig unter Kontrolle verschiedener Korps der Reichsarmee. Doch wie sich auf den Kreistagen dieser drei Reichskreise zeigen sollte, schlug sich die aus kaiserlicher Sicht günstige militärische Lage im süddeutschen Raum nicht ohne weiteres in einer Bereitschaft zur höheren Kontributionsbewilligung nieder. Dies zeigte sich schon im Bayerischen Reichskreis, dessen Stände sich am 28. November 1638 in Landshut versammelten. Trotz Unterstützung durch das kurbayerische Kreistagsdirektorium sahen sich die beiden kaiserlichen Kommissare, der ranghohe Militär Ott Heinrich Fugger und der Reichshofrat Johann Heinrich Notthaft, mit erheblichen Widerständen konfrontiert.⁸⁶⁶ Die bayerischen Kreisstände bekannten sich zwar umgehend zu ihrer „Obligation, Pflicht und

 Zum Kampfgeschehen am Oberrhein im Lauf des Jahres 1638 und der Bedeutung des Falls von Breisach am 17. Dezember 1638 für das weitere Kriegsgeschehen im Westen des Reiches vgl. David Parrott: Richelieu’s army. War, government, and society in France, 1624– 1642 (Cambridge studies in early modern history). Cambridge, U.K., New York, N.Y. 2001, S. 130 – 134; zur Kriegswende von 1638/39 vgl. ferner Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 129 f., 138 f.  Vgl. Senkenberg: Neuere teutsche Reichs-Geschichte (Anm. 861), Bd.1, S. 340; vgl. ferner Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 386.  Darunter befanden sich Hessen-Darmstadt mit einer Bewilligung von 16.000 fl. und das Hochstift Speyer mit 10.000 fl., vgl. Senkenberg: Neuere teutsche Reichs-Geschichte (Anm. 861), Bd.1, S. 340.  Vgl. Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 297; der bayerische Kreisabschied vom 7. Dezember 1638 ist mitsam diverser anderer zum Kreistag gehöriger Schriftstücke ediert bei ebd., S. 296 – 309. Vgl. zum Landshuter Kreistag von 1638 ferner Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 394– 396. Zur Person Ott Heinrich Fuggers und seinen diplomatischen wie militärischen Diensten für den Kaiser und Kurbayern vgl. Stephanie Haberer: Ott Heinrich Fugger (1592– 1644). Biographische Analyse typologischer Handlungsfelder in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Studien zur Fuggergeschichte, Bd. 38). Augsburg 2004, insbesondere S. 308 – 347.

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Schuldigkeit“, den Kaiser in seinem „Amt“ als Schutzherrn des Reiches zu unterstützen und einen Beitrag „zu Vollziehung der Defension, und Beschützung des heiligen römischen Reichs “ zu leisten, betrachteten die Höhe der kaiserlichen Geldforderungen aber als unerfüllbar.⁸⁶⁷ Erst nach längeren Verhandlungen ließen sie sich schließlich per Mehrheitsbeschluss auf die Bewilligung von 75 Römermonaten ein, deren Auszahlung wiederum an die Verschonung des Reichskreises von weiteren Kriegslasten im Jahr 1639 geknüpft sein sollte.⁸⁶⁸ Allerdings gelang es weder Kurbayern noch den kaiserlichen Räten, die Gesandten des Erzstifts Salzburgs von einem Protest gegen den Kreisabschied abzuhalten. Salzburg berief sich dabei auf seine nach dem Prager Frieden mit dem Kaiser geschlossene Sondervereinbarung, die dem Erzstift nach der Entrichtung von 350 000 fl. eine Befreiung von weiteren Reichs- oder Kreissteuerverpflichtungen bis in das Jahr 1640 garantiert hatte.⁸⁶⁹ Die Erfüllung der Salzburger Quote am Kreisanschlag blieb somit äußerst fraglich. Auch im Fränkischen Reichskreis traf das kaiserliche Steuergesuch auf erhebliche Widerstände, was allerdings weniger an einer grundsätzlichen Verweigerungshaltung der fränkischen Kreisstände lag, als vielmehr an einem schlechten „Timing“ des Kreistags: Bereits Ende September 1638 hatte ein „engerer Konvent“ des Reichskreises, beschickt nur von den Vorsitzenden der vier Bänke des fränkischen Kreistags, über eine Unterstützungsforderung des Kaisers verhandelt. Dieser hatte von den fränkischen Kreisständen als Beitrag für den Kampf um Breisach die umgehende Lieferung von 10 000 bis 12 000 Malter Korn, 200 Pferden und Artillerie verlangt und schließlich auch eine Zusage über 8 000 Malter Korn und ein finanzielles Äquivalent für die geforderten Pferde erhalten.⁸⁷⁰ Doch kaum hatten die beiden fränkischen Kreisausschreibenden Fürsten ihre Mitkreisstände über die vom „engeren Konvent“ soeben beschlossenen Hilfsleistungen für die Reichsarmee informiert, erhielten sie die Aufforderung des Kaisers zur Ausschreibung eines Kreistags zur Bewilligung neuer Reichshilfen. Das Vorbringen zweier kaiserlicher Kontributionsforderungen innerhalb weniger Wochen musste bei allen fränkischen Kreisständen Sorgen vor einer Doppelbelastung des Reichskreises hervorrufen und war zweifellos nicht dazu geeignet, die Erfolgschancen des kaiserlichen Reichssteuerwunsches zu

 Zitate nach Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 297.  Vgl. ebd., S. 297 f.  Vgl. ebd., S. 298, 305; Heinisch: Salzburg im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 359), S. 173. Vgl. ferner die Ausführungen zu Tabelle 5.  Vgl. StAN: Reichsstadt Nürnberg, Nürnberger Kreistagsakten 10, Nr. 14, Rezess des „Engeren Konvents“ von Bamberg, 12./22. Sept. 1638 (Kopie), unfol.

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erhöhen.⁸⁷¹ Dennoch schrieben Bamberg und Kulmbach umgehend einen entsprechenden Kreistag aus, der am 22. November 1638 in Nürnberg seinen Anfang nahm.⁸⁷² Mit Verweis auf ihre bereits erbrachten hohen Aufwendungen und die allgemeine Erschöpfung ihrer Untertanen bewilligten die Kreisstände aber nur 60 statt der geforderten 150 Römermonate. Zugleich forderten sie, die Kontributionsleistungen der fränkischen Reichsritterschaft „zu Ringerung der sämtlichen Crays=Stände Quotæ“ mit der Reichskreisbewilligung verrechnen zu dürfen und ihre eigenen Zahlungsverpflichtungen in drei Raten bis Lichtmess 1640 abzahlen zu können, anstatt in nur zwei Raten bis Juni 1639, wie von den kaiserlichen Kommissaren verlangt.⁸⁷³ Von derartigen Konditionen zeigte sich der Kaiser allerdings genauso wenig angetan wie von der niedrigen Bewilligungshöhe insgesamt. Er verlieh seinem Unmut nach Ende des Kreistags Ausdruck, indem er dem Bischof von Bamberg als fränkischem Kreisdirektor noch Ende Dezember 1638 eine scharfe Rüge über die Unbotmäßigkeit des Reichskreises sandte.⁸⁷⁴ Im Schwäbischen Reichskreis stellten sich die Ausgangsbedingungen für eine erfolgreiche Kreissteuereinwerbung im Spätjahr 1638 noch weit ungünstiger dar, als dies im Fränkischen oder im Bayerischen Reichskreis der Fall gewesen war. Dies lag vor allem an der ungewissen Herrschaftssituation im Herzogtum Württemberg, dem wichtigsten der schwäbischen Kreisterritorien, das sich seit Ende des Jahres 1634 unter kaiserlichem Besatzungsregime befand. Im Gegensatz zu den meisten anderen von der kaiserlichen Armee nach der Schlacht von Nördlingen eroberten protestantischen schwäbischen Kreisständen war Württemberg die Aufnahme in den Prager Frieden lange verweigert worden, um das Herzogtum bis auf Weiteres unter direkter Kontrolle Habsburgs halten zu können. Erst im Vorfeld der anstehenden Kreistage von 1638 rang sich Kaiser Ferdinand III. schließlich durch, dem württembergischen Herzog eine Rückkehr nach Stuttgart zu erlauben und die Restitution eines um diverse Klosterbesitzungen und an Bayern und Vorderösterreich abgetretener Ämter verkleinerten Württembergs zu

 Zur Ausschreibung des fränkischen Kreistags vom November 1638 vgl. Reinhard Weber: Würzburg und Bamberg im Dreißigjährigen Krieg. Die Regierungszeit des Bischofs Franz von Hatzfeldt 1631– 1642 (Forschungen zur fränkischen Kirchen- und Theologiegeschichte). Würzburg 1979, S. 268.  Zum Verhandlungsgeschehen auf dem Nürnberger Kreistag von 1638 vgl. ebd., S. 268 – 271; Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 113; Schümann: Der Fränkische Kreistag im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 52), S. 118 – 120. Der Kreisabschied vom 3. Dezember/ 23. November 1638 ist ediert bei Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 195 – 200.  Zitat nach ebd., S. 197.  Vgl. Weber: Würzburg und Bamberg im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 871), S. 271.

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gestatten.⁸⁷⁵ Mit diesem Schritt gab der Kaiser nicht nur langjährigen Bemühungen Kursachsens und Kurbrandenburgs nach, die sich seit dem Prager Frieden beständig für eine Restitution Württembergs eingesetzt hatten. Er erfüllte damit auch eine wesentliche Vorbedingung, um die Funktionsfähigkeit der Schwäbischen Reichskreisorganisation insgesamt wiederherzustellen. Diese lag seit Jahren danieder, da die am württembergischen Herzogshof angesiedelten Institutionen des Reichskreises, wie etwa die Kreiskanzlei und das Kreisarchiv, arbeitsunfähig waren. Außerdem hatten es die habsburgischen Statthalter nach ihrem Einzug in Stuttgart 1634 angesichts der zu erwartenden Widerstände der schwäbischen Kreisstände nicht gewagt, sich des württembergischen Kreisausschreibeamts zu bemächtigen. So konnte der Reichskreis erst nach der Rückkehr des württembergischen Herzogs Eberhard III. aus dessen Straßburger Exil im Herbst 1638 wieder arbeits- und beschlussfähig werden. Um dem Kaiser seinen guten Willen zu zeigen, ging Herzog Eberhard auch umgehend nach der Inbesitznahme seiner Residenzstadt daran, sich in Abstimmung mit dem Konstanzer Bischof um die Reaktivierung der schwäbischen Kreisorganisation zu bemühen. Gemeinsam schrieben sie einen Kreistag nach Ulm aus, dessen erste Session am 13. Dezember 1638 gehalten wurde.⁸⁷⁶ Doch obwohl die zum Kreistag entsandten württembergischen Räte von ihrem Landesherren ausdrücklich darauf instruiert wurden, in enger Kooperation mit Konstanz alles für einen Erfolg des Kreistags Erdenkliche zu unternehmen, sollten Kontributionszusagen so weit wie möglich vermieden werden. Stattdessen sollte den in Ulm anwesenden kaiserlichen Kommissaren vorgebracht werden, dass weitere Abgaben an die Reichsarmee nur den völligen Ruin des Landes herbeiführen und die Untertanen dem Hungertod ausliefern würden. Ohne eine besteuerungsfähige Untertanenschaft seien aber „ihrer Kaÿ: Maÿ: vnd dem gantzen Heÿl: Reich die Mittel, den Krieg gegen des Reichs feinde dieser Ortten zue continuierung ohnzweiffenlich abgeschnitten, vnd dieser Craiß dem feindt in seinen Rachen zum vollen Raub überlaßen werden müsste.“ Daher könne die Hauptaufgabe des Kreistags nur in der Beantwortung der Frage liegen, „wie diesem Vnheil begegnet, der noch übrige wenige thail des Craises conservirt werde“. Die einzige

 Vgl. Neuburger: Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung im Schwäbischen Reichskreis (Anm. 49), S. 67– 72; Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 289 – 371, hier insbesondere S. 337– 347.  Zum Ablauf des Kreistags vgl. HStASt: C 9 Bü. 224 (Anm. 855), Kreistagsprotokoll vom Ulmer Kreistag von 1638, Nr. 30. Der Kreisabschied datiert auf den 22. Dezember 1638. Die wichtigsten Archivalien zum Ulmer Kreistag finden sich unter ebd. Die bisher ausführlichste Darstellung des Kreistagsgeschehens findet sich bei Neuburger: Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung im Schwäbischen Reichskreis (Anm. 49), S. 198 – 203.

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vernünftige Antwort darauf sei, dass man Land und Leuten genug Mittel übrig lasse, dass die Untertanen überleben könnten.⁸⁷⁷ Eine derart restriktive Haltung in der Kontributionsfrage nahmen zwar die meisten am Kreistag vertretenen katholischen Kreisstände nicht ein, aber selbst die beiden Hochstifte Konstanz und Augsburg, die seit Kriegsbeginn stets eine enge Anlehnung an den Kaiser und Kurbayern gesucht hatten, erklärten sich nur dazu fähig, 25 bis 30 Römermonate bewilligen zu können.⁸⁷⁸ Dabei war es den Vertretern des Augsburger Bischofs noch wichtig, zu betonen, dass man von anderen Reichskreisen zweifellos mehr verlangen dürfe, als vom Schwäbischen Kreis, denn schließlich sei „ein Vnderschaid zumachen zwischen dem Baÿerischen, Oberrheinischen vnnd Schwäbischen Craiß. Baÿern vnnd Frankhen stehen beßer alls inn Schwaben.“⁸⁷⁹ Dem stimmten alle übrigen Kreisstände zu, so dass die Forderung nach einer höheren finanziellen Belastung der Nachbarkreise sogar Eingang in das entsprechende Conclusum des Kreistagsprotokolls fand.⁸⁸⁰ Zwar mussten die Vertreter des Kaisers letzten Endes nicht mit völlig leeren Händen ihre Heimreise antreten, aber nach mehreren Verhandlungsgängen wurde am Ende des Kreistags nur eine Kontributionsbewilligung von 37 Römermonaten verabschiedet.⁸⁸¹ Von jener noch für die 1620er Jahre zu konstatierenden hohen Bereitschaft zur Reichssteuerbewilligung, die Schwaben über viele Jahre hinweg zu einem der aus kaiserlicher Sicht finanziell ergiebigsten Reichskreise gemacht hatte, war offenbar in Folge der zurückliegenden Kriegsjahre nicht mehr viel übrig geblieben. Doch es gab einen weiteren Reichskreis, in dem die kaiserliche Reichskreisdiplomatie ihre Ziele noch viel weniger erreichen konnte als dies in Schwaben der Fall war. Im nördlichsten aller Reichskreise, dem traditionell „kaiserfernen“ Niedersächsischen Reichskreis, gelang es weder Kaiser Ferdinand III., noch seinem Bundesgenossen Kurfürst Johann Georg von Sachsen, eine Mehrheit der Kreis-

 Vgl. HStASt: C 9 Bü. 224 (Anm. 855) Instruktion, Stuttgart, 29. November (9. Dezember) 1638, Nr. 28, unfol.  Vgl. ebd., Kreistagsprotokoll vom Ulmer Kreistag von 1638, Nr. 30, unfol.  Ebd., Kreistagsprotokoll vom Ulmer Kreistag von 1638, Nr. 30, fol. 16r.  Vgl. ebd., Kreistagsprotokoll vom Ulmer Kreistag von 1638, Nr. 30, fol. 25r.  Daneben forderten die kaiserlichen Kommissare Johann Jakob Freiherr von Stein und Caspar Bernhard Graf von Rechberg zur Deckung ihrer eigenen Unkosten die Entrichtung eines weiteren Römermonats innerhalb von 14 Tagen nach Ende des Kreistags. Ob sich die Kreisstände auf diese Forderung einließen, ist weder dem Kreistagsprotokoll noch dem Kreisabschied eindeutig zu entnehmen. Ein Original des Kreisabschieds von Ulm vom 12./22. Dezember 1638 findet sich unter HStASt: C 9 Bü. 563 (Anm. 474), Nr. 67.

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stände zu irgendeiner Form einer Unterstützungsleistung für die gegen Schweden eingesetzten Teile der Reichsarmee zu bewegen. Wenige Monate zuvor, im Sommer 1638, hatte der Kaiser noch darauf gehofft, sein im Norden des Reiches operierender Feldherr Gallas könnte die niedersächsischen Kreisstände durch Verhandlungen dazu veranlassen, die noch vorhandenen Reste einer vor dem Prager Frieden aufgestellten niedersächsischen Kreisarmee mit der Reichsarmee zu vereinigen und energischer als bisher gegen schwedische Nachschublinien vorzugehen.⁸⁸² Im Herbst desselben Jahres bestand zumindest noch die Hoffnung, durch den Einsatz des Magdeburger Administrators August, einem Sohn Kurfürst Johann Georgs, im Niedersächsischen Reichskreis wenigstens einen Kreistag zur Reichssteuerbewilligung abhalten zu können, wie in den übrigen Reichskreisen.⁸⁸³ Kurfürst Johann Georg stand diesbezüglich auch in einer längeren Korrespondenz mit seinem Sohn, den er instruierte, den Kreistag erst dann auszuschreiben, wenn die von Kursachsen fest einkalkulierte hohe Bewilligung des Obersächsischen Reichskreises als positives Vorbild vorlag.⁸⁸⁴ Tatsächlich aber gestaltete sich die politische Stimmungslage im Niedersächsischen Reichskreis zu diesem Zeitpunkt fundamental anders als im Obersächsischen Reichskreis, weshalb die erhoffte Vorbildwirkung des Leipziger Kreisabschieds ausblieb. Anstatt den Reichskreis als Verbündeten zu gewinnen, hatte der Kaiser die niedersächsischen Kreisstände infolge der Entsendung Gallas’ und seiner Armee auf niedersächsisches Kreisgebiet bereits im Verlauf des Sommers 1638 gegen sich aufgebracht. Als sich der kaiserliche Heerführer dann auch noch anschickte, die von den niedersächsischen Kreisständen bis dahin noch nicht entrichteten 240 Römermonate aus dem Prager Frieden und der Regensburger Kurfürstentagsbewilligung militärisch eintreiben zu lassen, entfremdete dies den Reichskreis vollends vom Kaiser. Das von Gallas für das Herzogtum Holstein zu hohen Kontributionsleistungen herangezogene Dänemark hatte daraufhin bereits Beratungen der wichtigsten niedersächsischen Kreisstände in Stade anstellen lassen, in denen schon über eine mögliche Abwendung des Reichskreises vom Prager Frieden zugunsten einer bewaffneten Neutralität dis-

 Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 07880/3 (Anm. 806), Gallas’scher Heersplan, fol. 160r.  Vgl. ebd., Kaiser Ferdinand III. an Herzog August von Sachsen als Administrator von Magdeburg und Herzog Friedrich von Braunschweig-Lüneburg, Schloss Brandeis, 30. September 1638, fol. 12v–13r  Dies geht aus einer Korrespondenz Kurfürst Johann Georgs mit seinem Prager Residenten hervor, vgl. ebd., Kursächsischer Resident in Böhmen an Kurfürst Johann Georg, Prag, 2./12. Oktober 1638, fol. 10r – 11v.

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kutiert wurde. Allerdings erging diesbezüglich noch kein endgültiger Beschluss, der erst auf einem allgemeinen Kreistag fallen sollte.⁸⁸⁵ Ein nach Bekanntwerden dieser Gespräche von den Kurfürsten unter Führung Johann Georgs im November 1638 verfasstes Mahnschreiben an die niedersächsischen Kreisstände forderte diese mit Nachdruck dazu auf, „dergleichen privat und absonderliche fœdera“ unter allen Umständen zu unterlassen, da sie der Prager Frieden und die Solidarität mit Kaiser und Reich verbiete.⁸⁸⁶ Würde sich der Niedersächsische Reichskreis in die Neutralität zurückziehen, so die Kurfürsten, würden der Reichsarmada wichtige Unterhaltsmittel und Einquartierungsmöglichkeiten entzogen, „hingegen aber durch solche gemachte Neutralitet der Cron Schweden aller Vortheil in dem zuwachsen würde/ wann dieselbe sich auß den Neutral gemachten Orthen/ nicht allein keiner Forderung/ und also keiner gesampten Conjunction mehr zu besorgen/ sondern ander Commoditeten zu geschweigen/ zum wenigsten durch Werbung und Erkauffung Proviants/ Munition und allen Kriegs=Bereitschafften/ allerhand avantage zu erfrewen haben solte.“⁸⁸⁷ Anstatt „dergleichen verbottene Neutralitet und absonderliche Verfassung“ anzustellen, müsse der Niedersächsische Reichskreis die im Prager Frieden beschlossene „allgemeine Zusammensetzung/ ohne einige Separation einiges (!) Cräyses“ umzusetzen helfen.⁸⁸⁸ Doch dazu waren die meisten niedersächsischen Kreisstände nicht mehr bereit. Dies zeigte sich in aller Deutlichkeit auf jenem niedersächsischen Kreistag, der infolge des Einsatzes Magdeburgs am 10. Dezember 1638 zusammentrat. Auf diesem kam nun nicht nur das kurfürstliche Mahnschreiben zur Verlesung, sondern auch Schreiben des schwedischen Legaten im Reich, Salvius, sowie des schwedischen Feldmarschalls Johan Banér.⁸⁸⁹

 Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 167.  Zitate nach Heinrich Oreus: Theatri Europaei Continuatio III. Das ist: Historischer Chronicken Dritter Theil. In sich begreiffend Eine kurze und warhaffte Beschreibung aller vornehmen, Denckund Chronickwürdigen Geschichten, so sich hin und wieder in der gantzen Welt, in den beyden Ost- und West-Indien, sonderlich in Europa, in Franckreich, Hispanien, Italien, Groß-Britannien, Dännemarck, Schweden, Polen, Böhmen, Hungarn, Siebenbürgen, Wallachey, Moldau, auch theils Türck- und Barbarey […] In Hoch- und Nieder-Teutschland, allermeist aber im Reich Teutscher Nation […] von Anno 1633. biß 1638. inclusive […] begeben und zugetragen. 3. Aufl. Frankfurt am Main 1670, S. 1005. Das Schreiben der Kurfürsten findet sich als „Der fünff Churfürsten Abmahnungs=Schreiben/ Von der Neutralitet/ und anderer Bündnuß/ an den Niedersächsischen Cräys“, o.O., 27. November 1638, ediert bei ebd., S. 1004– 1006.  Ebd., S. 1005.  Vgl. ebd., S. 1005.  Die beiden schwedischen Schreiben an den Kreistag vom 3. Dezember 1638 (Banér) und vom 13. Dezember 1638 (Salvius) sind ediert ebd., S. 1006 – 1009.

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Die beiden Schweden versuchten ihrerseits den Kreistag ebenso zu beeinflussen wie die Kurfürsten. Banér nahm dabei die Rolle des Drohenden ein, Salvius die eines um die reichsständische Freiheit besorgten Reichsrechtsexperten. Im Schreiben des Feldmarschalls wurde den Kreisständen kaum verhohlen mit militärischen Konsequenzen gedroht, sollten diese etwas bewilligen, was sie zu Helfern „der Feinde der Wahren Religion“ machen würde und gegen den – aus seiner Sicht noch immer bestehenden – „Evangelischen Bund“ Schwedens im Reich gerichtet sein könnte.⁸⁹⁰ Salvius hingegen thematisierte in seinem Brief an den Kreistag hauptsächlich die Art und Weise, wie der Kaiser zuletzt im Reich an Kontributionen zu gelangen versucht hatte und ging dabei hart mit dem Vorgehen des Reichsoberhaupts in den Reichskreisen ins Gericht. Es sei ein skandalöser Vorgang, so Salvius, dass „man in denen andern Reichs-Cräysen (den Oesterreichund Burgundischen außgenommen) novo & in libro hoc Imperio nunquam audito exemplo, wider deß Reichs Freyheit und Herkommen/ sich nicht geschewet hat/ Cräyß=Täge außzuschreiben/ die Propositiones darbey nach Gefallen abzulegen/ und theils durch Zwang und Forcht/ theils auch allerhand widerige Impressionen/ als ob mehrhochwolerwehndte Cronen ⁸⁹¹ zu keinen erbarn/ und billichen sichern Frieden geneigt weren/ die Stende zu einem Perpetuellen Krieg und Orlog/ und dahin zu obligiren […] ut servitutem suam ipsi quotidiè emant, quotidiè pacificand“.⁸⁹² Demnach hatte aus der Sicht Salvius’ schon alleine die Ausschreibung der Kreistage gegen das Reichsherkommen verstoßen. Darüber hinaus untergrüben die niedersächsischen Kreisstände ihre eigene reichsständische Freiheit, würden sie dem Kaiser über den Kreistag auch noch eine Steuerbewilligung gewähren, zumal dieser – so zumindest die indirekte Unterstellung – die eigenen „habsburgischen“ Reichskreise Österreich und Burgund von der Kontributionsleistung ausgenommen habe. Schließlich wagten es die niedersächsischen Kreisstände nach mehrwöchigen Beratungen nicht, sich auf einen Kreisabschied zu verständigen, aus Sorge, entweder den Kaiser oder die Schweden gegen sich aufzubringen, und vertagten

 Zitat nach ebd., S. 1005. Das Schreiben Banérs endete mit dem als Drohung zu verstehenden Hinweis, er habe diese seine Meinung dem Reichskreis mitteilen müssen, damit die Kreisstände die schwedischen Interessen im Kreisabschied berücksichtigen könnten und „damit ich auffn Fall der progression mit dem mir anvertrauten Königl. Kriegsheer/ wissen könne/ wie ich mich gegen einen und andern Fürsten und Stände conportirn, und nicht etwan aus Irrthumb oder Mißverstande/ bey einer oder andern nöthigen Kriegs expedition, Jemanden zu Ungebühr/ Unbilligkeit zugefügt werden möge“, ebd., S. 1006.  Gemeint sind Frankreich und Schweden.  Ebd., S. 1006.

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den Kreistag bis in das Jahr 1639.⁸⁹³ Den nach Wiedereröffnung des Kreistags in Lüneburg im Februar 1639 anwesenden kaiserlichen Kommissaren gelang es allerdings auch dann nicht, den Reichskreis zu irgendeiner Form der Kontributionsbewilligung zu bewegen.⁸⁹⁴ Stattdessen gaben die Kreisstände gegenüber den Kommissaren lediglich die Erklärung ab, sie könnten sich an den Reichskreisbewilligungen des zurückliegenden Jahres nicht mehr beteiligen.⁸⁹⁵ Ihnen bliebe auch gar keine andere Wahl mehr, da weite Teile des Reichskreises „mit der ganzen schwedischen Kriegsmacht belegt und überschwemmet, und dadurch in die höchste und grundverderbliche Gefahr gesezet“ seien.⁸⁹⁶ Bei einer direkten Hilfsleistung zugunsten des Kaisers hätte der Reichskreis umgehend schwere Vergeltungsmaßnahmen der Schweden zu fürchten. Daher würden die Kreisstände beabsichtigen, mit dem Kaiser in Verhandlungen zu treten, um dem gesamten Niedersächsischen Kreis eine Neutralität zu ermöglichen, die weder dem Kaiser noch dem Reich zu Schaden gereiche.⁸⁹⁷ Auf derartige Verhandlungen ließ sich die Hofburg aber nicht ein, denn schließlich durfte das Vorgehen der niedersächsischen Kreisstände aus Wiener Sicht keinesfalls bei anderen Reichsständen oder gar ganzen Reichskreisen Schule machen.

6.4 Zum Ertrag der Reichshilfen von 1638 Spätestens mit der endgültigen Abweisung der kaiserlichen Steuerforderungen durch den Niedersächsischen Reichskreis stand fest, dass der Kaiser im Lauf des Jahres 1639 nicht aus allen Kreisen des Reiches neue Geldmittel zum Unterhalt der Reichsarmee zu erwarten hatte. Außerdem waren die Bewilligungen von Reichskreis zu Reichskreis höchst divergierend ausgefallen, angefangen bei Zahlungszusagen von nur einigen wenigen Kreisständen im Oberrheinischen

 Vgl. ebd., Herzog von Braunschweig-Lüneburg an König Christian IV. von Dänemark, Hildesheim, 31. Dezember 1638 (alter Stil?), S. 1009 – 1011, hier 1009.  Replik des Niedersächsischen Kreistags auf die Proposition der kaiserlichen Kommissare, Lüneburg, 16. Februar 1639 (neuer Stil?), ediert bei Bohumil Bad̕ura: Der grosse Kampf um die Vormacht in Europa. Die Rolle Schwedens und Frankreichs: Quellen zur Geschichte des Dreissigjährigen Krieges, 1635 – 1643 (Documenta bohemica Bellum Tricennale illustrantia, Bd. 6). Prag 1979, S. 280 – 283 (Nr. 747).  Vgl. ebd., S. 282.  Zitat nach ebd., S. 282.  Vgl. ebd., S. 282 f.

6 Rückkehr zu den Kreisbewilligungen und reichsweite Kreistage von 1638

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Kreis bis hin zu den vollen 120 Römermonaten des Obersächsischen und Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreises. Die Höhe der einzelnen Kreistagsbewilligungen des Jahres 1638 ist der historischen Forschung zwar bereits bekannt, aber weder wurde ihr Zustandekommen bisher zusammenhängend dargestellt, noch wurden bisher Versuche unternommen, zu überprüfen, welche Anstrengungen unternommen wurden, die bewilligten Summen auch tatsächlich einzubringen.⁸⁹⁸ Wie im Folgenden zu zeigen sein wird, sind genaue Zahlenangaben zu diesem Fragenkomplex nur schwer ausfindig zu machen und in ihrer Aussagekraft sehr beschränkt. Doch soll zumindest der Versuch unternommen werden, einige Schlaglichter zur Umsetzung der Reichskreisbewilligungen von 1638 zu liefern – schließlich begründeten die Kurfürsten ihren gutachterlichen Rat zur Abhaltung von Kreistagen ausdrücklich mit der Hoffnung, die Steuermittel des Reiches könnten nach ihrer Bewilligung durch die Reichskreise besser fließen als es nach dem Prager Frieden oder der Regensburger Kurfürstentagsbewilligung der Fall war. Finden sich Indizien, dass dem so war? Im Obersächsischen Reichskreis zeigte sich Kurfürst Johann Georg von Sachsen jedenfalls bereit, auch innerhalb seines Kurfürstentums höchst unpopuläre Maßnahmen zu ergreifen, um wenigsten selbst die auf dem Leipziger Kreistag bewilligten Mittel zum Unterhalt der Reichsarmada aufzutreiben.⁸⁹⁹ Er führte dafür eigens in Abstimmung mit den kursächsischen Landständen eine neue Vermögenssteuer ein, die jeder Einwohner des Kurfürstentums leisten sollte.⁹⁰⁰ Die neue Abgabe wurde der Bevölkerung durch ein zum öffentlichen Aushang bestimmtes Mandat bekannt gemacht, das die Aufforderung an jede mit einer eigenen Feuerstelle versehenen Hausgemeinschaft enthielt, innerhalb von nur neun Tagen „bey vermeidung würcklicher Einquartierung/ den ersten vnd an-

 Auf dieses Forschungsdesiderat hat zuletzt Axel Gotthard aufmerksam gemacht: „Der Ertrag der Kreistage von 1638 ist nirgends zusammenhängend und hinreichend untersucht“, vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 385, Anm. 489.  Vgl. hierzu vor allem SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10504/01 (Anm. 220), „Reichs=Creÿß=Steuer, so auf dem zu Leipzig gehaltenen Ober Sächßischen Creÿstag an 120 Monaten einfachen Römer=Zug den 12. November Anno 1638 bewilliget worden“, unfol., sowie die diversen Schreiben in SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10502/18 (Anm. 186). Die 120 Römermonate des Obersächsischen Reichskreises ergaben nach dieser Rechnung einen Gegenwert von 1.080.480 fl., der kursächsische Anteil daran belief sich auf 336.000 fl.  Vgl. zu den diesbezüglichen Verhandlungen zwischen dem Kurfürsten und den kursächsischen Landständen SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10504/01 (Anm. 220), Kurfürstlich-sächsische Proposition vor dem Landtagsausschuss (den „Niedergesezten“), Dresden, 14. (24.) Januar 1639; ebd., Antwortschreiben der „Erforderte[n] von der Rittschafft vnd Städten“, Dresen, 19. (29.) Januar 1639, unfol.

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dern Termin der new=außgeschriebenen Römerzugs=Anlage/von iedem Schock Sieben Pfennige/alsobald einzubringen“.⁹⁰¹ Wie erfolgreich diese Maßnahme war, ist allerdings unsicher: Kaum waren die gedruckten Mandate in den kursächsischen Märkten und Städten publiziert, regte sich massiver Widerstand.⁹⁰² Kurfürst Johann Georg sah sich sogar in seiner eigenen Residenzstadt Dresden umgehend heftigen Protesten ausgesetzt, angeführt von Dresdner Garnisonssoldaten. Diese weigerten sich, die vom Kurfürsten befohlene Zwangseintreibung der neuen Steuer bei der Dresdner Stadtbevölkerung vorzunehmen, mit der Begründung, in der Stadt lebten bereits fast nur noch Unvermögende, von denen viele auch noch Familienangehörige der Festungssoldaten seien.⁹⁰³ Auch den meisten anderen obersächsischen Kreisständen dürfte es zu diesem Zeitpunkt ausgesprochen schwer gefallen sein, von ihren Untertanen noch hohe Steuerleistungen einzuziehen. Theoretisch hätten die von den obersächsischen Kreisständen in Leipzig zugesagten 120 Römermonate einen Gesamtertrag von rund einer Million Gulden ergeben. Doch schon im Februar 1639 kam der kursächsische Geheime Rat in einem internen Gutachten zu dem Schluss, dass „des kundbarern vor augen schwebenden Armuths halben, keine rechnung drauf [die 120 Römermonate, FS] zu machen“ sei und der tatsächliche Reichssteuerertrag im Reichskreis mittlerweile als völlig unkalkulierbar einzustufen sei.⁹⁰⁴ Tatsächlich ließen sich im Lauf dieser Studie keine Bilanzen des Leipziger Reichspfennigmeisters über den Eingang der Kreissteuerbewilligung von 1638 ausfindig machen. Lediglich einzelne erhaltene Abrechnungen über von Kreisständen erbrachte Verproviantierungsleistungen und direkte Geldabgaben an kursächsische Soldateska lassen erahnen, dass sich auch nach 1638 wenig an der Praxis der Heeresfinanzierung im Obersächsischen Reichskreis geändert haben dürfte. Al-

 Zitat nach SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10502/18 (Anm. 186), „Bürgermeister vnd Rath zu Dreßden“ an die Dresdner Stadtbevölkerung, 26. März (5. April) 1639, unfol.  Der Zusammenhang zwischen frühneuzeitlichen Untertanenrevolten und Reichssteuererhebungen ist in den letzten Jahrzehnten intensiv erforscht worden. Als grundlegender Beitrag kann gelten: Winfried Schulze: Oberdeutsche Bauernrevolten zwischen 1580 und 1620. Reichssteuern und bäuerlicher Widerstand, in: Bauer, Reich und Reformation. Festschrift für Günther Franz zum 80. Geburtstag am 23. Mai 1982, hrsg. v. Peter Blickle. Stuttgart 1982, S. 120 – 147. Den jüngsten Beitrag zur Thematik liefert Renault: La permanence de l’extraordinaire (Anm. 189).  Zum Protest der Dresdner Garnison gegen die Eintreibung der Steuer vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10502/18 (Anm. 186), „Sämptl. Soldaten in der Guardia“ an Kurfürst Johann Georg, Dresden, 3. (13.) April 1639, unfol.  Zitat nach ebd., Hochrechnung des kursächsischen Geheimen Rats zum Ertrag der 120 Römermonate des Obersächsischen Kreises und Kostenvoranschlag für die kursächsische Reichsarmee, Dresden, 25. Januar (4. Februar) 1639, unfol.

6 Rückkehr zu den Kreisbewilligungen und reichsweite Kreistage von 1638

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lerdings findet sich immerhin eine Anweisung Kurfürst Johann Georgs vom 31. Mai 1639, die den Leipziger Reichspfennigmeister Ponickau dazu aufforderte, künftig konsequent allen Kreisständen erbrachte Versorgungsleistungen für die kursächsische Garnison von Magdeburg auf ihre Reichssteuerverpflichtungen anzurechnen.⁹⁰⁵ Dies kann zumindest als ein gewisser Versuch gewertet werden, den im Leipziger Kreisabschied angemahnten geordneten Verhältnissen in der Heeresfinanzierung ein Stück weit näher zu kommen. Ein solches Bemühen lässt sich allerdings in vielen anderen Reichskreisen nur schwerlich nachweisen. So lässt sich etwa für den Fränkischen Reichskreis konstatieren, dass sich das kaiserliche Militär in Franken offenbar wenig bemüht hat, ein höheres Maß an Disziplin und Ordnung zu wahren, oder gar die finanziellen Belastungen der fränkischen Kreisstände im Jahr 1639 mit der Höhe der Kreistagsbewilligung über 60 Römermonate in Einklang zu bringen. Bereits zu Beginn des Jahres 1639 quartierten sich mehr als zehn kaiserliche Regimenter eigenmächtig im Reichskreis ein, von denen trotz heftiger Protestbekundungen der Kreisstände ein Großteil über Monate verblieb und immense Kosten verursacht haben dürfte.⁹⁰⁶ Im Juli 1639 sah sich der Reichskreis sogar wieder mit neuen Forderungen eines kaiserlichen Kriegskommissars im Auftrag des Generalfeldmarschalls Geleen konfrontiert, zu deren Anhörung eigens ein Kreistag nach Bamberg ausgeschrieben wurde. Der Kommissar trug dort weniger eine Bitte vor, als vielmehr klare Anweisungen⁹⁰⁷: Es sei der kaiserliche Befehl ergangen, „daß alle Crays dißseit Rheins in leidentliche Contribution sollen gesezt werden, wozu das Herzogthum Würtemberg sich bereits bequemt.“⁹⁰⁸ Der Fränkische Reichskreis sollte demnach die Regimenter dreier Befehlshaber versorgen und neue „ergiebige“ monatliche Geldzahlungen in die kaiserliche Kriegskasse zum Ausbau der Festung Wülzburg bei Weißenburg und den Unterhalt diverser Generäle der Reichsarmada leisten. Der Kreistag lehnte die Forderungen zwar mit Verweis auf die vom Reichskreis schon erbrachten Leistungen und die noch immer nicht abgestellten Übergriffe der Soldateska auf die Zivilbevölkerung ab. Doch am Ende blieb den Kreisständen nichts anderes übrig, als dem Kaiser und den Kurfürsten

 Vgl. ebd., Kurfürst Johann Georg an Reichspfennigmeister Ponickau, Dresden, 31. Mai (10. Juni) 1639 (Konzept), unfol.  Vgl. Weber: Würzburg und Bamberg im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 871), S. 272 f.  Der Kreisabschied des Bamberger Kreistags vom 3./13. Juli 1639 ist ediert bei Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 201– 203.  Der Vortrag des kaiserlichen Oberkommissars Haffner findet sich als Anlage D ediert bei ebd., S. 203 – 205, Zitat S. 205.

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mittels Gesandtschaften „des Crayses jezigen leydigen Zustand“ schildern zu lassen und um Erleichterungen zu bitten.⁹⁰⁹ Im Fall des Fränkischen Reichskreises hielten sich der Kaiser und die Reichsarmee in ihren Abgabeforderungen an die Kreisstände offensichtlich in keiner Weise an die im Kreisabschied vom November 1638 festgehaltenen Kontributionshöhen und erfüllten die Auszahlungsbedingungen ebenso wenig. Es finden sich aber auch Beispiele, bei denen die genaue Höhe der Reichssteuerbewilligungen für die Praxis der Steuereintreibung durchaus von großer Bedeutung war: So zog Maximilian von Bayern seine Landstände und Untertanen seit dem Prager Frieden stets mit Verweis auf die für das jeweilige Jahr ausgeschriebene Reichssteuer zu Abgaben heran. Landesgeschichtliche Forschungen legen nahe, dass die Steuerforderungen im Kurfürstentum Bayern in etwa den jeweiligen Reichssteuerbewilligungen Kurbayerns entsprochen haben dürften, auch wenn die tatsächlichen Erträge teilweise deutlich unter den Erwartungen lagen.⁹¹⁰

Zwischenfazit Ob der Modus der Reichshilfebewilligung über Reichskreise tatsächlich einen merklichen Effekt auf die Akzeptanz der kaiserlich-kurfürstlichen Geldforderungen durch die Reichsstände hatte und womöglich die „Steuermoral“ im Reich hob, lässt sich letzten Endes schwerlich beantworten. Aussagekräftige Zahlungsbilanzen über die Entrichtung der Reichssteuern lassen sich jedenfalls für das Jahr 1639, in dem die Bewilligungen der einzelnen Reichskreise ausgezahlt werden sollten, nicht ausfindig machen. Entsprechende Zahlungslisten, selbst wenn sie zu ermitteln wären, sind hinsichtlich der Zuverlässigkeit ihrer Angaben zu kriegsbedingten Aufwendungen der einzelnen Reichsstände und ihrer Untertanen kaum einschätzbar. Jedenfalls lässt das kurfürstliche Gutachten für den Kaiser vom 14. August 1638 klar erkennen, dass zumindest von kurfürstlicher Seite mit der Einberufung von Kreistagen die Hoffnung verbunden war, einen positiven Effekt auf die Zahlungsmoral der Reichsstände erzielen und der Kriegsführung der Reichsarmee eine bessere Legitimität im Reich verschaffen zu können. Hierfür erschienen den Kurfürsten Kreistagsbewilligungen geeigneter, da eher im Reichsherkommen  Zitat nach ebd., S. 202.  Vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 939 – 948, hier vor allem S. 940 f.; Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 139 – 142.

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verankert, als ein erneuter Kurfürstentagsbeschluss. Wie der Ablauf der Kreistage und die verabschiedeten Steuerbeschlüsse in den meisten Reichskreisen auch tatsächlich erwiesen, widersetzten sich mit Ausnahme der niedersächsischen Kreisstände die allermeisten Reichsstände dieser Form der Kriegsfinanzierung nicht. Immerhin boten die Kreistage des Jahres 1638 den Reichs- und Kreisständen erstmals seit vielen Jahren wieder die Möglichkeit, ihre diversen Gravamina dem Kaiser gesammelt vorzubringen und zumindest einen Versuch unternehmen zu können, auf die Kriegsführung und Einquartierungspraxis der Reichsarmee einen gewissen Einfluss zu nehmen. Ebenso waren sie in der Lage, ihre Wünsche nach Intensivierung der kaiserlichen Friedensbemühungen zu artikulieren. Für den Kaiser bot sich wiederum die Möglichkeit, seine Kriegsführung vor den Ständen zu rechtfertigen, um größeren reichsständischen Einsatz für Kaiser und Reich zu werben und feste Kontributionszusagen zu erreichen. In diesem Sinne fungierten die reichsweit einberufenen Kreistage durchaus als partielles Surrogat eines Reichstags, sowohl aus kaiserlicher wie aus reichsständischer Perspektive. Allerdings manifestierten die Kreistage von 1638 umgehend auch die Unwägbarkeiten einer auf Reichskreisen basierten Form der Reichssteuerbewilligung: Die Zahlungszusagen in den einzelnen Reichskreisen wichen stark voneinander ab, von einigen wenigen kreisständischen Einzelbewilligungen im Oberrheinischen Reichskreis über 37 und 60 Römermonate im Schwäbischen und Fränkischen Reichskreises bis hin zu 120 Römermonaten im Obersächsischen und im Niederrheinisch-Westfälischen Kreis. Aus kaiserlicher Sicht war dies freilich wenig opportun, denn schließlich musste die Finanzierung der Reichsarmada damit in etlichen Reichskreisen als ungesichert gelten. Aus der Perspektive einzelner Reichskreise stellte sich dies allerdings anders dar. Sie konnten mit der Höhe ihrer Bewilligung dem Kaiser signalisieren, wie hoch ihre Kreisstände ihre noch verbliebene finanzielle und materielle Leistungsfähigkeit einschätzten. Ob die Reichsarmee darauf auch Rücksicht nehmen würde, war freilich eine andere Frage.

7 Die Reichskreise und der Zusammenbruch des Reichsfinanzwesens in der letzten Kriegsphase Zur Begründung der Notwendigkeit der Reichskreishilfen des Jahres 1638 hatten sich sowohl der Kaiser wie auch die Kurfürsten darauf berufen, die Reichskreise zur Kontributionsbewilligung nur heranzuziehen, weil kein regulärer Reichstag organisiert und erfolgreich durchgeführt werden könnte. Sie hatten somit zu keinem Augenblick offen in Frage gestellt, dass die dem Reichsherkommen eigentlich gemäße Form, wie der Kaiser finanzielle Ansprüche gegen-

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über dem Reich zu artikulieren hatte, nach wie vor in der Konsultierung eines allgemeinen Reichstags bestand. Doch wie lange konnte das Reichsoberhaupt den Reichsständen eine solche Reichsversammlung noch vorenthalten? Waren die Haupthindernisse auf dem Weg zu einem Reichstag nicht eigentlich schon 1635 mit dem Prager Frieden beseitigt worden, als sich die allermeisten Reichsstände wieder mit dem Kaiser versöhnt hatten, oder spätestens 1638, als auch Württemberg restituiert wurde? Spätestens die reichsweit einberufenen Kreistage vom Ende des Jahres 1638 hatten bewiesen, dass größere reichsständische Versammlungen sehr wohl an diversen Orten des Reiches einberufen und erfolgreich abgehalten werden konnten, selbst wenn die Kampfhandlungen in manchen Regionen des Reiches noch anhielten. So musste sich schon im Lauf des Jahres 1639 dem Reichsoberhaupt und den mit ihm verbündeten Kurfürsten die Frage stellen, ob sie dem Reich die zur Fortsetzung des Kriegs benötigten weiteren Kontributionszusagen noch einmal über Kreistage abringen konnten oder ob doch eine reguläre Reichsversammlung einzuberufen war. Im Folgenden gilt es zu untersuchen, wie der Krieg von Kaiser und Reich nach Auslaufen der Reichskreisbewilligungen von 1638 weiter finanziert werden sollte und welche Rolle dabei der Kreisverfassung bis in die letzte Kriegsphase zukam.

7.1 Der Regensburger Reichstag als Höhepunkt und Peripetie der Restaurierungsbemühungen im Reichsfinanzwesen Dass der Krieg noch längere Zeit andauern würde, war schon lange vor dem Auslaufen der jüngsten Reichskreisbewilligungen im Lauf des Jahres 1639 abzusehen: Die letzte Hoffnung des Kaisers und der Kurfürsten, zumindest mit Schweden einen Separatfrieden aushandeln zu können, hatte sich schon mit dem Abbruch der Gespräche zwischen schwedischen und kursächsischen Gesandten und der französisch-schwedischen Bündniserneuerung von 1637/38 weitgehend zerschlagen. Infolge des Falls der Festung Breisach im Dezember 1638 wurde auch Frankreich für immer mehr Reichsstände zur Gefahr, da es nun tiefere Vorstöße ins Reich unternehmen konnte, die es oftmals mit seinem Verbündeten HessenKassel koordinierte.⁹¹¹ Zugleich geriet Spanien, der wichtigste Verbündete des Kaisers, aufgrund diverser Aufstände auf der Iberischen Halbinsel in eine tiefe

 Vgl. Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 115 f., 123 – 127; Jenny Öhman: Der Kampf um den Frieden. Schweden und der Kaiser im Dreissigjährigen Krieg (Militärgeschichtliche Dissertationen Österreichischer Universitäten, Bd. 16). Wien 2005, S. 123 f.

7 Die Reichskreise und der Zusammenbruch des Reichsfinanzwesens

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Krise.⁹¹² Somit schien eine Kriegswende zu Gunsten der Feinde des Kaisers in vollem Gange. In dieser Situation benötigten Kaiser Ferdinand III. und seine Verbündeten alle Hilfe aus dem Reich, derer sie habhaft werden konnten. Deshalb zeigten sie sich zunehmend bereit, eine größere Partizipation der Reichsstände in Reichsangelegenheiten zuzulassen – sofern sich diese im Gegenzug weiter finanziell und materiell an der Seite von Kaiser und Kurfürsten engagierten. Nochmals nur Kreistage anzusetzen, oder gar eine neue Reichskontribution über einen Kurfürstentag zu beschließen, schien aus kaiserlich-kurfürstlicher Sicht nicht mehr opportun. Lediglich am bayerischen Kurfürstenhof wurden noch im Lauf des Jahres 1639 Überlegungen angestellt, ob man nicht doch auf einen allgemeinen Reichstag verzichten könnte, wenn im Gegenzug ein „erweiterter“ Kurfürstentag einberufen werden würde. Die Idee war, die Kreisausschreibenden Fürsten aller acht nichthabsburgischen Reichskreise zu einem in Nürnberg vorgesehenen Kurfürstentag hinzuzuziehen.⁹¹³ Eine solche Versammlung, so die Überlegung Kurfürst Maximilians, dürfte als verkleinerter Reichsdeputationstag gelten und könnte für alle Reichskreise einheitliche Kontributionszusagen festschreiben. Zugleich wäre eine Versammlung gewählt, die weiterhin von den Kurfürsten dominiert wurde, von denen sich wiederum Kurbayern in der stärksten Position befand.⁹¹⁴ Da eine derartige Versammlungsform jedoch nicht dem Reichsherkommen entsprochen hätte und die Akzeptanz ihrer Beschlüsse durch die Reichsstände somit als höchst unsicher betrachtet werden musste, verständigten sich der Kaiser und die Kurfürsten letztlich doch auf die Ausschreibung eines regulären Reichstags – den ersten seit 1613. Dieser konnte allerdings infolge seiner langen Vorbereitungszeit erst im Jahr 1640 in Regensburg zusammentreten.⁹¹⁵ Da die letzten Reichskreisbewilligungen zu diesem Zeitpunkt schon ausgelaufen waren, die Dauer des Reichstags aufgrund der Vielzahl der abzuarbeitenden Beratungsthemen aber keineswegs absehbar war, fasste die Reichsversammlung zur Kontributionsfrage bereits einen Reichsschluss lange vor Ende der übrigen Beratungen. Mit maßgeblicher Unterstützung des Kurkollegs gelang es dem Kaiser schließlich, einen Mehrheitsbeschluss des

 Zur Krise Spaniens ab 1639 und den daraus resultierenden Folgen für das Reich vgl. Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 139 – 141; Jonathan I. Israel: Empires and entrepots. The Dutch, the Spanish monarchy, and the Jews, 1585 – 1713. London 1990, S. 38.  Vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 388 f.; Neuhaus: Reichsständische Repräsentationsformen im 16. Jahrhundert (Anm. 28), S. 520.  Vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 389.  Vgl. grundlegend zum Regensburger Reichstag von 1640/41: Bierther: Der Regensburger Reichstag von 1640/1641 (Anm. 185).

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Reichstags über Gewährung einer Reichssteuer von 120 Römermonaten zur Finanzierung der Reichsarmada bis in das Jahr 1641 zu erreichen.⁹¹⁶ Kurz vor dem Ende der Reichsversammlung im Herbst 1641 gelang ihm dies nochmals, so dass der Reichsarmee auch für das Jahr 1642 eine weitere Reichssteuer von 120 Römermonaten zur Verfügung stand.⁹¹⁷ Für beide Bewilligungen machten die Reichsstände eine gute Heeresdisziplin zur Auflage und forderten eine Umsetzung diverser Reformvorhaben in der Armee zur Steigerung ihrer Effektivität und zur besseren Kontrolle über die tatsächliche Höhe und Verwendung der Kontributionen. Kurköln brachte dabei eine erhebliche Stärkung der Reichskreise in die Debatte ein, und forderte unter anderem, die Kontributionsleistungen innerhalb eines Reichskreises nur noch über die Kreisstände selbst einziehen und bei ihrer jeweiligen Kreiskasse deponieren zu lassen, von der aus dann das Militär in jedem Reichskreis seine Bezahlung zentralisiert und geordnet erhalten sollte.⁹¹⁸ Der Vorschlag erwies sich jedoch aufgrund massiven Widerspruchs des Kaisers, aber auch Kurmainz’ und Salzburgs als nicht mehrheitsfähig.⁹¹⁹ Allerdings kam Kaiser Ferdinand III. den Reichsständen insoweit entgegen, als er sich bereit erklärte, das bisher verwaist gebliebene Augsburger Reichspfennigmeisteramt wieder neu zu besetzen. Die Initiative zu diesem Schritt war nicht von dem Habsburger selbst ausgegangen, sondern von den Reichsständen.⁹²⁰ Zwar war abzusehen, dass auch ein neuer Reichspfennigmeister sein Amt nur in enger Anlehnung an den Kaiser würde ausüben können. Dennoch betrachteten ihn die Reichsstände offensichtlich als ein gewisses institutionelles Gegengewicht gegen die kaiserlichen und kurbayerischen Kriegskommissare, die

 Vgl. ebd., S. 291.  Vgl. ebd., S. 291 f.  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 182. Vgl. ferner die Ausführungen in Kap. II.1.1, „Die langsame Entfremdung der niederrheinisch-westfälischen Kreisstände von der Heeresreform des Prager Friedens, 1635 – 1641“ im zweiten Hauptkapitel dieser Studie.  Vgl. Bierther: Der Regensburger Reichstag von 1640/1641 (Anm. 185), S. 290 f.; Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 183 f.  Vgl. OeStA HHStA Wien: RK Reichsakten in specie 74 (Anm. 215), Subfasz. 2– 2, „Bleÿmann, Hubert“, fol. 1r–14v, hierin: Kurfürst und Reichserzkanzler Anselm Casimir von Mainz an Kaiser Ferdinand III., Mainz, 4. Februar 1641, fol. 7r – 8v. Demnach wurde der Kaiser schon am 27. Dezember 1640 von den Reichsständen um Wiedereinstellung eines Reichspfennigmeisters gebeten, woran diesen „mercklich vndt viel gelegen“ sei. Hubert Bleymann, derzeit in Köln lebend, sei von den Ständen nominiert worden. Seine Vorzüge seien „daß gleich wohln gemelter Pleÿmann ein habhaffter in der Statt Cölln geseßener in : vnd außerhalb reichlich begueteter Reichsvnterthan, vndt in allem vbrigen solcher gesalt bestelt ist, daß E: Kaÿ: Maÿt: vnndt samtliche Reichs Chur: Fürsten vndt Stendte, sich ahn ihme auf allen fall vergnüglich erholen können“; Zitate ebd., fol. 7r, 7v–8r.

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den Kontributionseinzug im oberdeutschen Raum schon seit Jahren ohne Kontrolle von Reichsinstitutionen ausübten. Der neue Reichspfennigmeister Hubert Bleymann kam auch nicht aus habsburgischen Landen, sondern war bisher als Pfennigmeister der Landstände des Herzogtums Jülich tätig gewesen.⁹²¹ Der dortige Landesherr, Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg, muss mit der Entscheidung einverstanden gewesen sein; inwieweit der Personalvorschlag am Reichstag auch von dem Neuburger selbst stammte, muss beim derzeitigen Forschungsstand Spekulation bleiben. Doch ob mit der Einstellung Bleymanns tatsächlich eine vollständige Restauration des Reichsfinanzwesens unter Berücksichtigung der reichsrechtlichen Vorschriften zur Reichssteuererhebung und des Reichsherkommens einhergehen würde, war von Anfang an fraglich. Schließlich bewies der neue Reichspfennigmeister schon sehr bald, dass er selbst grundlegenden Neuerungen keineswegs abgeneigt war, sofern sie ihm für eine erfolgreiche Amtsführung dienlich schienen. Dies begann schon bei der Wahl des Standorts des Reichspfennigmeisteramts. Während der Aushandlung seiner Amtsinstruktionen mit Kaiser Ferdinand III. brachte Bleymann eine Verlegung des oberdeutschen Reichspfennigmeisteramts von Augsburg nach Frankfurt am Main ins Spiel. Er begründete sein Anliegen damit, dass „beÿ denen gewesenen Turckenkriegen die Statt Augspurg wegen großer trafiquon, Kaufmanschafft vnd lauf der Wechsel aus Italien in Teutschlandt vnd wiederumb fast von allen orthen dorthin gangen, zwar am gelegensamsten gewesen, welche trafiquon anjezo daselbst mehren theils darnieder liegen, vndt hingegen zu frankfurth in schwung gehen“.⁹²² Des Weiteren läge die Reichsstadt am Main genau zwischen den beiden Hauptkriegsschauplätzen im Reich und sei verkehrsstrategisch günstiger als ihr Pendant am Lech.⁹²³ Der neue

 Die von mir eingesehenen Hofkammerakten anlässlich der Indienstnahme Bleymanns als Reichspfennigmeister gaben hierzu keine Auskünfte. Bleymanns Erfahrungen mit Kontributionseintreibungen im Herzogtum Jülich werden sicher eine gewisse Rolle gespielt haben. Zur Anstellung Bleymanns als Reichspfennigmeister sind folgende Archivbestände einschlägig: ebd., Subfasz. 2– 1, „Die ersetzung des Reichs Pfenningmaister Ambts betr.“, fol. 1r – 15v; ebd., Subfasz. 2– 2, „Bleÿmann, Hubert“, fol. 1r – 14v; OeStA HHStA Wien: RK Reichsakten in specie 76, „Reichspfennigmeister-Amts-Acten, Tomus 1, Fasciculus A in Pergament“, hier Nr. 1: Instruktion für Bleymann und seinen Gegenhändler, pag. 1– 19; Nr. 2: Bedenken Bleymanns zu seiner Instruktion, pag. 20 – 35. Vgl. ferner Anm. 730 dieser Arbeit. Bei Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 25, wird die Anstellung und die Tätigkeit Bleymanns nur beiläufig erwähnt.  OeStA HHStA Wien: RK Reichsakten in specie 76 (Anm. 921), Nr. 2: Bedenken Bleymanns zu seiner Instruktion, pag. 20 – 35, Zitat 22.  Bleymann war der Meinung, „daß man auf die legstatt Augspurg vor diesem weegen der türckenhülff das meiste absehen gehabt, welche noch den jezigen Kriegs läufen fast ahm weitesten aus dem weeg, Franckfurth aber respectu des Rheinstrohms, Westpfälisch (!), vnd Niedersäcksi-

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Reichspfennigmeister war aber nicht nur bereit, aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen den tradierten Standort des oberdeutschen Reichspfennigmeisteramts zu verlegen, sondern auch die Reichssteuereintreibung den Erfordernissen des Kriegs anzupassen – selbst wenn dies einen Bruch mit dem Reichsherkommen bedeutete. So plädierte er dafür, Zahlungsrückstände nicht nur über fiskalische Prozesse einklagen zu dürfen, sondern „daß man entweder die nechst gelegen Völcker darauf ahn weist, oder aber sich ihrer Asistenz gebrauche, zu welchem Endt mihr ahn alle generaln vnd Commendanten Kaÿser: potentaten ertheilt werden könten, mihr oder meinen Ambts officiren auf gesinnen zu asistirn“.⁹²⁴ Einen Reichspfennigmeister, der Weisungsbefugnisse gegenüber kaiserlichem Militär beanspruchte, um selbstständig die militärische Exekution von Reichssteuerschulden anordnen zu können, hatte es bis dahin im Reich noch nie gegeben. Eine militärische Kompetenzen umfassende Amtsgewalt erhielt Bleymann letztlich zwar nicht und ebenso wollte ihm der Kaiser nur vorübergehend gestatten, die Amtsgeschäfte von Frankfurt aus wahrzunehmen. Aber offenbar machte sich selbst der Reichspfennigmeister wenig Hoffnung, die in Regensburg bewilligten Kontributionen ohne den Einsatz militärischer Mittel zu erhalten. Tatsächlich sah sich Bleymann nach der Aufnahme seiner Tätigkeit auch mit dem Problem konfrontiert, dass der Kaiser und die mit eigenen Generalaten über Teile der Reichsarmee versehenen Kurfürsten fast jeden Reichsstand mit Assignationen belegt hatten: Schon seit Jahren war es üblich geworden, dass kaiserliches, kurbayerisches oder kursächsisches Militär in alle noch von der Reichsarmee kontrollierte Reichsterritorien entsandt wurde, um sich vor Ort von jedem Reichsstand bewilligte Reichskontributionen auszahlen oder durch Versorgungsleistungen abgelten zu lassen.⁹²⁵ Anstatt selbst eingegangene Bargelder in nennenswertem Umfang verwalten zu können, musste sich Bleymann auf die Ausstellung von Quittungen zur Anerkennung von Einquartierungskosten einzelner Reichsstände beschränken.⁹²⁶ Teilweise fungierte er auch als Ratgeber für den Kaiser, wenn es galt, in den oberdeutschen Reichskreisen einzelne Reichsschen Craÿßen, als in welchen der schwall des Kriegs sich ahm stärcksten befindet, vndt zumahl weegen der wochentlich zweÿmahl alda einkommender Posten, item der mühlen gleichsamb in Centro gelegen“. Dort sei das Reichspfennigmeisteramt dem Kaiser am nützlichsten. Deshalb kam er zu dem Fazit, dass „des Reichs Pfennigs Meisters Wohnung alda besser als zu Augspurg ahngestelt werden könte.“, ebd., Nr. 2: Bedenken Bleymanns zu seiner Instruktion, pag. 22 f.  Ebd., pag. 27.  Vgl. Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 197– 200; Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 947 f.  Vgl. OeStA FHKA: SUS RA 17.4.2, Reichspfennigmeister Hubert Bleymann an Kaiser Ferdinand III., Frankfurt am Main, 24. Februar 1643, unfol.

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stände ausfindig zu machen, die noch nicht mit Militär belegt waren oder bei denen noch größere finanzielle Ressourcen oder sonstiger materieller Wohlstand vermutet werden konnten.⁹²⁷ Nachdem ihm der Kaiser allerdings dennoch immer wieder Aufforderungen zuschickte, die die Auszahlung höherer Bargeldbeträge aus der Reichskasse vorsahen – die dort aber gar nicht vorhanden waren – sah sich Bleymann zu einem ausführlichen Rechtfertigungsschreiben gezwungen. Darin bat er den Kaiser und die Wiener Hofkammer, ihm keine Rechnungen mehr zu stellen, die er nicht begleichen könne. Man dürfte ihm auch nicht vorwerfen, „daß ich biß anhero vngeachtet meiner getragenen sorgfalt, vnd angewendten eusersten Vleißes das geringste nit einzue bringen vermöcht noch beÿ so gestalten sachen werde einbringen konnen, auch sinthemahlen vast alle Craiße den last des wurcklichen einquartirten kriegsvolcks zue ihrer höchsten trangsaal haben mussen“. Schließlich wisse er auch nicht, wie und wo man aus dem Reich noch ständig neue Geldmittel erlangen könne.⁹²⁸ Trotz der offenbar massiven Probleme, die Reichsarmee weiterhin unterhalten zu können, ging der Regensburger Reichstag 1641 auseinander, ohne das Reich einem Frieden näher gebracht zu haben. Stattdessen bekräftigte der Regensburger Reichsabschied noch einmal die im Prager Frieden ausgegebenen Kriegsziele von Kaiser und Reich, die eine Verdrängung der ausländischen Kronen ohne Satisfaktionsleistungen vorsahen.⁹²⁹ Doch wie lange die Reichsstände noch bereit waren, für dieses Ziel weiter den täglichen Kriegsbelastungen ausgesetzt zu sein, war fraglich: Kaum war der Regensburger Reichstag beendet, kündigte der junge neue brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm sein Bündnis mit dem Kaiser und den übrigen Kurfürsten auf, um mit Schweden einen Waffenstillstand zu schließen und sich in die Neutralität zurückzuziehen.⁹³⁰ Für den Rest des Reiches ging der Krieg aber unvermittelt weiter.

 Vgl. hierzu etwa OeStA HHStA Wien: RK Reichsakten in specie 76 (Anm. 921), Subfasz. 2– 3, „R. Pfennigmeister Hubert Bleymann an I. Wilhelm Schröder 1642 – 1644, Maximilian Grafen von Trauttmansdorff 1650, Ludwig Erdinger an Bleymann 1642“, hierin: Reichspfennigmeister Hubert Bleymann an Kaiser Ferdinand III. und die Kaiserliche Hofkammer, Frankfurt am Main, 13. Mai 1642 (Kopie), fol. 30r–37r.  Zitat ebd., Subfasz. 2– 3, Reichspfennigmeister Hubert Bleymann an den Kaiser Ferdinand III und die Kaiserliche Hofkammer, Frankfurt am Main, 13. Mai 1642 (Kopie), fol. 36r.  Vgl. Bierther: Der Regensburger Reichstag von 1640/1641 (Anm. 185), S. 312.  Vgl. ebd., S. 310 – 313.

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7.2 Nochmals eine Reichshilfe ohne Reichstag: Die reichsweiten Kreistage von 1642 und das erneute Ende reichsständischer Mitbestimmung Im Herbst des Jahres 1642 sah sich die nach dem Ausscheiden Kurbrandenburgs aus dem laufenden Krieg bereits verkleinerte Koalition aus dem Kaiser und den Kurfürsten wieder vor die gleiche Problematik gestellt, wie gegen Ende fast jeden Jahres seit dem Abschluss des Prager Friedens: Die letzte von den Reichsständen eingeholte Kontributionsbewilligung lief aus, ehe der Krieg zu einem Ende gebracht und die Reichsarmee abgedankt werden konnte. Zwar verdichteten sich langsam die Anzeichen, dass substantielle Friedensgespräche bald ihren Anfang nehmen könnten, zumal sich der Kaiser, Schweden und Frankreich schon 1641 in der Hamburger Präliminarvereinbarung über die Rahmenbedingungen eines künftigen Friedenskongresses verständigt hatten. Doch wann genau die Verhandlungen beginnen und ob sie dem Reich einen baldigen Frieden bringen würden, war noch völlig offen. So galt es für den Kaiser, erneut an die Reichsstände heranzutreten, um sich von diesen die finanziellen Mittel für die im Dienst von Kaiser und Reich stehenden Truppen wenigstens für ein weiteres Jahr zusichern zu lassen. Im Grunde hätte es dafür eines neuen Reichstags bedurft. Doch schon die 1640 in Regensburg zusammengetretene Reichsversammlung war seinerzeit nur nach langer Vorbereitungszeit und unter Aufwendung größter Mühen zustande gekommen. Noch mühsamer war es aus kaiserlicher Sicht gewesen, die Kontributionsbeschlüsse für die Reichsarmee in gewünschter Höhe zu erhalten. Seit Ende des Reichstags 1641 hatte sich die militärische und politische Situation für Kaiser Ferdinand III. im Reich aber nicht gebessert, ganz im Gegenteil. Infolge des Waffenstillstandsabkommens zwischen Kurbrandenburg und Schweden war die Einheit der Kurfürsten endgültig dahin. Kaiser Ferdinand III. konnte sich somit nicht mehr darauf verlassen, mit Hilfe eines geschlossen hinter ihm stehenden Kurkollegs noch einmal die zunehmend kriegsmüde Mehrheit der Reichsfürsten für einen Reichsabschied zu gewinnen, der dem Reich erneut hohe Kontributionsleistungen aufbürdete, es einem Frieden aber nicht näher brachte. Vielmehr war abzusehen, dass eine überwiegende Mehrheit der Reichsstände einen neuen Reichstag dazu nutzen würde, den Kaiser noch vehementer zu Zugeständnissen an seine Feinde zu drängen, um endlich Frieden schließen zu können, als dies bisher der Fall gewesen war. Wollte der Kaiserhof den Krieg jedoch fortführen, so schien eine erneute Einberufung eines Reichstags wenig zielführend. Aber aus habsburgischer Sicht ebenso wenig opportun war es, im kommenden Kriegsjahr schlicht auf eine die kaiserlichen Kontributionsforderungen im Reich legitimierende Reichssteuerbewilligung von reichsständischer Seite ganz zu verzichten. Zu hoch war die Gefahr, dass die Kriegsführung der

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Reichsarmee auf diese Weise im Reich ihre letzte Akzeptanz verlor und sich noch mehr Reichsstände veranlasst sehen könnten, dem Beispiel des Niedersächsischen Reichskreises oder Kurbrandenburgs zu folgen und zugunsten einer Neutralität dem Kaiser die Gefolgschaft aufzukündigen. Als gewisser Ausweg aus diesem Dilemma bot sich aus kaiserlicher Sicht an, anstatt eines Reichstags wieder reichsweit Kreistage ausschreiben zu lassen. So bestand zumindest in denjenigen Reichskreisen, in denen sich nach wie vor Anhänger und Verbündete des Kaisers in der Mehrheit befanden, die Chance, noch einmal durch Mehrheitsbeschlüsse die gewünschten Kontributionsbewilligungen zu erhalten. Zugleich setzte sich das Reichsoberhaupt so nicht der Gefahr aus, von einem kriegsunwilligen Reichstag zu Zugeständnissen an seine Kriegsgegner gedrängt zu werden, zu denen er noch nicht bereit war. Vor allem im Süden des Reichs, insbesondere im Bayerischen Kreis, konnte sich der Kaiser noch größere Hoffnungen machen: Die meisten bayerischen Kreisstände waren nunmehr seit annähernd acht Jahren von direkten Kampfhandlungen gänzlich verschont geblieben. Auch aus konfessioneller wie bündnispolitischer Sicht sprach viel für eine nach wie vor vorhandene Kontributionsbereitschaft des Reichskreises. Daher wurde ein bayerischer Kreistag nach Rücksprache zwischen dem Kaiser, Kurbayern und Salzburg für Anfang Oktober 1642 in Landshut angesetzt, zu dem wieder die gleichen kaiserlichen Kommissare entsandt werden sollten, wie zum letzten bayerischen Kreistag im Jahr 1638.⁹³¹ Begründet wurde die kaiserliche Geldforderung den Kreisständen damit, dass sich die am letzten Regensburger Reichstag versammelten Reichsstände einig gewesen wären, dem Kaiser „starcke getreuiste und eyfrigste Aßistenz“ zu leisten, um gemeinsam „unser geliebtes Vaterland teutscher Nation“ vor den ausländischen Feinden zu retten.⁹³² Um die dazu notwendige Reichsarmee erhalten zu können, würden bis zum Herbst 1643 voraussichtlich 100 Römermonate benötigt, die von den Kreisständen in zehn gleich hohen Monatsraten ab November 1642 abgezahlt werden sollten.⁹³³ Dass das Kontributionsgesuch nicht auf einem Reichstag vorgebracht werden konnte, wurde wieder damit begründet, dass ein solcher „wegen der Kürze der Zeit, auch

 Dies waren wieder der Reichshofrat Johann Heinrich Notthaft, Freiherr von Wernberg und Ott Heinrich Fugger, Graf zu Kirchberg und Weissenhorn. Fugger konnte seine Mission jedoch aufgrund „Leibsindisposition“ nicht antreten, vgl. Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 309.  Vgl. ebd., Anlage Nr. 2: „Der röm. kaiserl. Maj. verordneten Commissarii etc. Proposition und Werbungsschrifft“, S. 315 f., Zitate S. 315.  Ebd., Anlage Nr. 2: „Der röm. kaiserl. Maj. verordneten Commissarii etc. Proposition und Werbungsschrifft“, S. 315 f., hier S. 316.

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anderer Verhinderung“ nicht zu organisieren gewesen wäre und es in solchen Fällen „das nächste und thunlichste“ sei, wenn sich der Kaiser an die Reichskreise wende, wie dies auch früher schon oft geschehen sei.⁹³⁴ Im Gegenzug für eine Geldbewilligung gebe der Kaiser das Versprechen ab, dass „die aus Mangel des Unterhalts bishero fürgangenen Unordnungen und Kriegsbeschwernüsse, würklich abgestellet werden sollen.“⁹³⁵ Gegen den Modus der Kreisbewilligung protestierte kaum ein Kreisstand, nur Pfalz-Neuburg drängte darauf, künftige Kontributionsfragen auf dem nach Frankfurt angesetzten Reichsdeputationstag verhandeln zu lassen, da dort Abgesandte aus allen zehn Reichskreisen anwesend sein würden und somit die Beitragshöhen der einzelnen Reichskreise besser zu koordinieren wären.⁹³⁶ Die Mehrzahl der bayerischen Kreisstände begnügte sich allerdings mit der Schilderung ihrer diversen Kriegsschäden, zeigte aber keine grundsätzlichen Vorbehalte gegen eine erneute Geldhilfebewilligung über Reichskreise. Die letztlich genehmigte Reichssteuer fiel aber nach mehreren Verhandlungsrunden zwischen dem Kreistag und dem kaiserlichen Kommissar mit 60 Römermonaten deutlich niedriger aus als die von diesem ursprünglich geforderte Summe.⁹³⁷ Dazu kam, dass sich Salzburg unter Hinweis auf eine neue Sondervereinbarung mit dem Kaiser mit einer Laufzeit bis Mitte des Jahres 1644 von allen weiteren Kreis- und Reichssteuerpflichten entbunden betrachtete.⁹³⁸ Darüber hinaus ließ Kurbayern den Kaiserlichen gemeinsam mit dem Bewilligungsbeschluss die von der Kreistagsmehrheit befürwortete Forderung übergeben, der Kaiser möge dem kurbayerischen Korps der Reichsarmada nicht nur die soeben bewilligten 60 Römermonate des Bayerischen Kreises ungeschmälert überlassen, sondern auch die vom Fränkischen und Schwäbischen Kreis auf den dort bevorstehenden Kreistagen verabschiedeten Kontributionen.⁹³⁹ Ohne hohe Summen aus den Nachbarkreisen könne die Armee keinesfalls mehr in ihrer bisherigen Größe unterhalten werden.

 Zitat nach ebd., S. 316.  Ebd., S. 310.  Vgl. ebd., S. 313.  Vgl. ebd., S. 310, 312. Der im Lauf der Kontributionsverhandlungen zwischen dem Kreistag und dem kaiserlichen Kommissar vorgefallene Schriftwechsel sowie die eigentlichen Bewilligungsschreiben an den Kaiser sind ediert bei ebd., S. 315 f., 319 – 324.  Nach Aussage der Salzburger Kreistagsgesandtschaft hatte ihr Erzbischof Paris Kaiser Ferdinand III. im Umfeld des letzten Reichstags die Zahlung von 356.460 fl. zur Unterhaltung des Reichsheeres zugesagt, die vereinbarungsgemäß in Ratenzahlungen bis Jacobi 1644 zu begleichen waren. Eine Bedingung sei dabei gewesen, dass „unter solcher Contributionszeit, der Erzstift aller andern Anlagen befreyet und verschont bleiben solle“, Zitat nach ebd., S. 311.  Vgl. ebd., S. 311 f.; vgl. ebenso Anlage Nr. 3: „N. 3. Copialschreibens an den fränkischen und schwäbischen Kreis“, S. 316 – 318. Zuletzt hatte sich die Armee des Kurfürsten nur mit einem

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Ob sich der Kaiser auf diese Forderung einlassen würde, war allerdings ungewiss, denn vor allem der Fränkische Reichskreis besaß zentrale Bedeutung für die Unterhaltung jener Teile der Reichsarmee, die sich aus kaiserlichen Immediattruppen rekrutierten. So erhielt Kurbayern nach Ende des bayerischen Kreistags zwar das Placet des Kaisers zur Anmahnung und Eintreibung der Reichskreisbewilligungen im Bayerischen Reichskreis und auch für Kontributionserhebungen in Schwaben, aber nur in sehr eingeschränktem Maße für Franken.⁹⁴⁰ Aus diesem Reichskreis erhielt die kurbayerische Reichsarmee nach 1642 lange Zeit nur die Erträge des Hochstifts Eichstätt und der Reichsstadt Weißenburg.⁹⁴¹ Dabei ließ die Kontributionsbereitschaft sowohl im Fränkischen als auch im Schwäbischen Reichskreis bereits spürbar nach. Die fränkischen Kreisstände, denen kaiserliche Kommissare eine Geldforderung des Kaisers von 80 Römermonaten auf einem Kreistag in Nürnberg Ende Oktober 1642 vortrugen, erklärten sich aufgrund diverser Kriegsbelastungen nur zu einer Bewilligung von 40 Römermonaten bereit.⁹⁴² Auch der Schwäbische Reichskreis, der seine Beratungen in Ulm parallel zum fränkischen Kreistag in Nürnberg abhielt, konnte von den kaiserlichen Kommissaren ebenfalls nur zu einer Zusage von 40 Römermonaten bewegt

kleinen Teil der Kontributionsleistungen des Fränkischen Reichskreises begnügen müssen, hatte dafür aber den Großteil der Geldleistungen der bayerischen und schwäbischen Kreisstände in Anspruch nehmen können. Vgl. Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 144– 146.  Vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3618. „Bayr. Crays Acta. De ais: 1640. 1641. 1642. Item: 1648“, Kaiser Ferdinand III. an Kurfürst Maximilian mit der Bitte um Weiterversand von Mahnschreiben für bayerische Kreisstände, Wien, 12. Dezember 1642, fol. 105r. Die originalen Mahnschreiben des Kaisers an alle bayerischen Kreisstände wurden allerdings offenbar von Maximilian einbehalten und nicht weitergeleitet. Sie finden sich im Original in den bayerischen Kreisakten, vgl. ebd., fol. 66 – 98. Zu kurbayerischen Kontributionseintreibungen im Fränkischen und vor allem auch Schwäbischen Reichskreis von 1635 bis 1648 vgl. Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 144– 149. Wichtige Archivalien hierzu finden sich unter BayHStA: Kurbayern Ä. A. 2690, „Militärbefehle im Bayrischen, Schwäbischen und Fränkischen Kreis“, 1640 – 1648; sowie BayHStA: Kurbayern Ä. A. 2817, „Ausschreibeamt in Bayern, Schwaben und Franken“, 1637– 1650.  Von den fränkischen Kreisständen wurde die Zuweisung dieser beiden Kreisstände an Kurbayern als „Dismembration“ des Fränkischen Reichskreises immer wieder beanstandet, vgl. Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 206 f., 212, 220, 224, 232.  Vgl. Dietz: Die Politik des Hochstifts Bamberg am Ende des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 53), 100. Der fränkische Kreisabschied vom 1. November 1642 fehlt in Mosers Editionswerk. Ein Original findet sich unter StABa: Fränkischer Kreis, Kreisarchiv Nr. 275. Rezess des allgemeinen fränkischen Kreiskonvents in Nürnberg, 1. November/22. Oktober 1642 1642, unfol.

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werden.⁹⁴³ Die konfessionelle Zugehörigkeit eines Kreisstands hatte dabei weder auf dem fränkischen noch auf dem schwäbischen Kreistag eine größere Rolle gespielt. Vielmehr kamen die Kreisstände in beiden Reichskreisen mit jeweils überwältigender Mehrheit darin überein, dass ihre finanzielle Leistungsfähigkeit mit den Ansprüchen der Reichsarmee keineswegs mehr zu vereinbaren sei und letztlich nur ein baldiger Friedensschluss den völligen Ruin des Reichs verhindern könne.⁹⁴⁴ Wie sich allerdings schon unmittelbar nach Ende der beiden Kreistage erwies, zeigte sich Kaiser Ferdinand III. nicht bereit, derart niedrige Kontributionsbewilligungen zu akzeptieren. Noch im November 1642 ließ er ein Rundschreiben an sämtliche fränkischen Kreisstände zustellen, in dem er ihnen mitteilte, er nehme ihren Kreistagsbeschluss nicht an. Vielmehr müssten sich die Kreisstände „nach dem Exempel des Baÿer.Creißes“ richten und anstatt 40 Römermonate mindestens 60 Römermonate entrichten, wovon die Hälfte bereits im Dezember des laufenden Jahres, der Rest bis April 1643 abzustatten sei.⁹⁴⁵ Auf eine weitere Diskussion über die Höhe der Kontributionen gedachte sich der Kaiser nicht mehr einzulassen. Dennoch gaben Bamberg und Kulmbach im Namen des Reichskreises dem Kaiser zur Antwort, „daß sich dieser Fränckhische Creiß, wo nicht umb ein mehres, doch wenigst dem Baÿr. Creiß gleich angegriffen hatt“. Im Gegensatz zu letzterem, der seit acht Jahren vom Feind verschont geblieben sei, sei Franken außerdem nunmehr das zwölfte Jahr in Folge Schlachtfeld und daher mit dem Bayerischen Reichskreis „ganz nicht zu vergleichen“.⁹⁴⁶ Die beiden Kreisausschreibenden Fürsten beharrten schließlich darauf, dass ihrem Reichskreis auch weiterhin nur 40 Römermonate an Kontributionslasten aufgebürdet werden dürften. Ob sich die Generäle der im Fränkischen Reichskreis mit Truppen präsenten Korps der Reichsarmee daran halten würden, war freilich nach der Ablehnung der Kreistagsbewilligung durch den Kaiser mehr als fraglich. Doch immerhin hatte das Reichsoberhaupt aus den drei oberdeutschen Reichskreisen Bayern, Franken und Schwaben überhaupt feste Kontributions Vgl. OeStA HHStA Wien: RK Reichsakten in genere 81 (1642– 1643), Subfasz. 2, Bewilligungsschreiben der schwäbischen Kreisstände für Kaiser Ferdinand III., Ulm, 31./21. Oktober 1642, unfol.; ein Original des Kreisabschieds von Ulm vom 6. November/26. Oktober 1642 findet sich unter HStASt: C 9 Bü. 564, unfol.  Zu den Kontributionsverhandlungen am schwäbischen Kreistag vgl. HStASt: C 9 Bü. 225, Nr. 26: Kreistagsprotokoll, pag. 47– 86; vgl. ferner auch die Ausführungen bei Neuburger: Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung im Schwäbischen Reichskreis (Anm. 49), S. 203 f.  Zitat nach dem Antwortschreiben des Fränkischen Reichskreises an den Kaiser, StAN: Reichsstadt Nürnberg, Nürnberger Kreistagsakten 11, Nr. 164, Fränkische Kreisausschreibende Fürsten an Kaiser Ferdinand III., o.O., 13. Dezember 1642, unfol.  Zitat nach ebd., unfol.

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summen zugesagt bekommen. Dies sollte ihm bis Jahresende 1642 in keinem anderen Reichskreis mehr gelingen. Nach den Neutralitätsbekundungen des Niedersächsischen Reichskreises zur Jahreswende 1638/39 konnte es am Kaiserhof niemanden überraschen, dass es der kaiserlichen Diplomatie im Herbst 1642, in einer militärisch deutlich schwächeren Position als vier Jahre zuvor, nicht gelang, den Reichskreis wieder für die Sache des Kaisers zurückzugewinnen. Zwar unternahm Kaiser Ferdinand III. den Versuch, mit Hilfe Herzog Augusts von Sachsen, des Administrators von Magdeburg, einen niedersächsischen Kreistag ausschreiben zu lassen, hatte dabei aber keinen Erfolg.⁹⁴⁷ Dagegen völlig unerwartet und politisch wie militärisch geradezu katastrophal mutete jener Rückschlag an, den der Kaiser und seine Verbündeten im Spätherbst des Jahres 1642 im Obersächsischen Reichskreis erlitten. Dort hatte Kurfürst Johann Georg als treuer Verbündeter des Kaisers auf kaiserlichen Wunsch für Oktober 1642 einen obersächsischen Kreistag nach Leipzig ausgeschrieben. Auf diesem erhoffte er trotz der Neutralitätsbestrebungen Kurbrandenburgs noch immer eine ansehnliche Zahl an Kreisständen für eine hohe Kontributionsbewilligung an die Reichsarmee zu gewinnen.⁹⁴⁸ Doch unmittelbar vor Eröffnung des Konvents – erste Kreistagsgesandtschaften befanden sich schon auf der Anreise – zog die schwedische Hauptarmee unter Lennart Torstensson vor den Toren Leipzigs auf, besiegte ein kursächsisch-kaiserliches Entsatzheer unter Erzherzog Leopold Wilhelm und nahm die Stadt nach mehrwöchiger Belagerung ein.⁹⁴⁹ Da Leipzig bis zum Ende des Krieges nicht mehr von der Reichsarmee zurückerobert werden konnte, hatte Kursachsen fortan keinen Zugriff mehr auf seine größte und  Vgl. OeStA HHStA Wien: RK Reichsakten in genere 81 (Anm. 943), Subfasz. 2, Die kaiserlichen Kommissare für den Niedersächsischen Kreis, Wilhelm Leopold Graf von Tattenbach und Dr. Jordan, an Kaiser Ferdinand III., o.O., 29. Dezember 1642, unfol.  Die wichtigste archivalische Überlieferung zum gescheiterten Leipziger Kreistag von 1642 findet sich in SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat, Loc. 07880/4. „Kreistag naher Leipzig ausgeschrieben aber nicht fortgangen betr. Anno 1642“; darin enthalten ist ein Schreiben des Kaisers mit der Bitte, einen Kreistag auszuschreiben: ebd., Kaiser Ferdinand III. an Kurfürst Johann Georg, Wien, 12. August 1642, fol. 1r – 2v. Ein originales Ausschreiben für Barby findet sich unter SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 04440/11, fol. 8r – 9v. Der Kreistag wurde von Kurfürst Johann Georg ursprünglich auf den 1. Oktober (neuer Stil) ausgeschrieben, muss dann aber um einige Wochen verzögert worden sein. Die Grafen von Barby hatten ihren Kreistagsgesandten am 15. Oktober (alter Stil?) eine entsprechende Instruktion für den Kreistag ausgestellt und ihn offenbar schon Richtung Leipzig entsandt, vgl. ebd., Instruktionsschreiben, Barby, 15. Oktober 1642, fol. 30r – 34v.  Zur sogenannten „Zweiten Schlacht von Breitenfeld“ vom 2. November 1642 vgl. Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Teil 4: Neuzeit. Berlin 1920, S. 232– 240; Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 143 f.

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wirtschaftlich mit Abstand bedeutendste Stadt, die bis nach dem Westfälischen Friedensschluss in schwedischer Hand blieb. Für Kurfürst Johann Georg bedeutete der Fall Leipzigs somit einen immensen Verlust, militärisch, finanziell und an Prestige, von dem sich das Kurfürstentum bis Kriegsende nicht mehr erholte. Für den Obersächsischen Reichskreis hatte der Verlust Leipzigs zur Folge, dass der seit Jahren einzige im Reichskreis für allgemeine Kreistage und Münzprobationstage noch gebräuchliche Tagungsort nicht mehr genutzt werden konnte. Ebenso mussten die bisher im Leipziger Rathaus ansässigen Kreiseinnehmer mit ihrer Kreiskasse und der Leipziger Reichspfennigmeister ihre Arbeit einstellen. Die schwedische Einnahme Leipzigs war letzten Endes mit der vorläufigen Zerschlagung der obersächsischen Reichskreisorganisation und des Leipziger Reichspfennigmeisteramts gleichzusetzen, die fortan nicht mehr in den Dienst der Reichskriegsführung gestellt werden konnten. Tatsächlich sollten beide Reichsinstitutionen ihre Funktionsfähigkeit erst wieder nach dem Westfälischen Frieden zurückgewinnen. Ein ganz ähnliches Schicksal teilte der Oberrheinische Kreis. Für diesen Reichskreis schrieb der Wormser Bischof zwar einen Kreistag für den ersten Oktober 1642 nach Frankfurt aus, allerdings scheinen die tatsächlichen Kreistagsberatungen erst ab dem 17. Januar 1643 in Worms in Gang gekommen zu sein.⁹⁵⁰ Eine feste Anzahl an Römermonaten wurde dem Kaiser wie schon beim vorangegangenen Kreistag von 1638 nicht bewilligt. Stattdessen entsandte der Reichskreis eine Abordnung an den Frankfurter Reichsdeputationstag, welcher noch auf Beschluss des letzten Reichstags angesetzt worden war und ab Februar 1643 seine Beratungen aufnahm.⁹⁵¹ Gemäß der kaiserlichen Proposition und dem Regensburger Reichstagsbeschluss hätte der Deputationstag sich zwar nur dem Reichsjustizwesen widmen sollen, allerdings beabsichtigten die meisten Reichsstände, die Versammlung auch zur Anbringung von Friedenswünschen und Klagen über Kriegsbeschwerden zu nutzen. So auch die Kreisstände des Ober-

 Vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 598. Dotzauer gibt als Tagungsdauer den 17. Januar bis 4. Februar 1643 an. Als weiteren Tagungstag listet er noch den 18. März 1643 auf. Aus diversen Schreiben der oberrheinischen Kreisversammlung, überliefert in OeStA HHStA Wien: MEA KrhK 4 (Anm. 848), ist jedoch zu entnehmen, dass der Kreistag wohl erst kurz vor dem 4. Februar 1643 zusammentrat und mindestens bis 18. Februar 1643 getagt hatte. Die Versammlung wurde dann bis zum 15. März „prorogiert“; vgl. hierzu auch die Ausführungen in ebd., Kreditiv der Abordnung des Oberrheinischen Kreises an den Frankfurter Deputationstag, Worms, 24. April 1643, unfol.  Vgl. Roswitha von Kietzell: Der Frankfurter Deputationstag von 1642 bis 1645. Eine Untersuchung über die staatsrechtliche Bedeutung dieser Reichsversammlung, in: Nassauische Annalen. Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung 83 (1972), S. 99 – 119, hier S. 105.

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rheinischen Kreises, die mit einer Kreisabordnung nach Frankfurt den Vertretern des Kaisers wie allen anderen in Frankfurt anwesenden Gesandtschaften erklären ließen, ihre Territorien seien mit derart vielen Truppen diverser Armeen belegt, dass ihr gesamter Reichskreis bis zum Ende des Kriegs keinerlei zusätzliche Kontributionen mehr leisten könne.⁹⁵² Zwar finden sich für das Jahr 1643 noch Hinweise, dass der Kaiser gegenüber sämtlichen oberrheinischen Kreisständen 60 Römermonate geltend zu machen versuchte. Tatsächlich aber hatten ihm nur einige wenige Kreisstände im Verlauf des letzten Wormser Kreistags eine solche Kontribution zugesagt, weshalb mehrere Geldeintreibungsversuche des Reichspfennigmeisters Bleymann im Oberrheinischen Kreis scheiterten.⁹⁵³ Selbst im Kurrheinischen und im Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis, die dem Kaiser noch 1638 100 beziehungsweise 120 Römermonate bewilligt hatten, warben die kaiserlichen Kommissare 1642/43 keine festen Kontributionszusagen mehr ein. Dies hatte allerdings andere Gründe als im Oberrheinischen Reichskreis. In beiden Reichskreisen verfügten einige bedeutende Kreisstände noch sehr wohl über Ressourcen, die sie gegen die „Reichsfeinde“ zu mobilisieren gedachten – aber nicht für eine kaiserliche Armee, sondern für eigene Truppen. Hinter diesen Bestrebungen stand vor allem der Kölner Kurfürst Ferdinand, der schon seit Ende des Regensburger Reichstags zielstrebig auf den Aufbau einer Kreisassoziation der Reichskreise Niederrhein-Westfalen, Kurrhein und Oberrhein hingearbeitet hatte.⁹⁵⁴ Ziel dieses Projekts war es, diejenigen Heeresreformen, die Kurköln schon auf dem Kreistag von 1638 und auf dem Regensburger Reichstag angemahnt hatte, nun selbst durchzuführen und die Belastungen der Kreisstände damit zu senken, ohne aber dem Kaiser grundsätzlich die Gefolgschaft aufkündigen zu müssen. Am Kaiserhof waren diese Pläne durchaus bekannt und von

 Vgl. OeStA HHStA Wien: MEA KrhK 4 (Anm. 848) Subfasz. 3., Anbringen der Abordnung des Oberrheinischen Kreises am Frankfurter Deputationstag (gerichtet an die Vertreter des Kurrheinischen Kreises), Frankfurt, 22. Juni 1643, unfol.  Bleymann hatte im Februar 1643 eigens einen Assistenten zum oberrheinischen Kreistag nach Worms entsandt, der sich dort mit seinen Geldforderungen aber kein Gehör verschaffen konnte. Schon Ende des Monats bat Bleymann schließlich den Kaiserhof, „man liße dieses abbrechnugs werckh so lang an seinen orth beruhen, biß Gott der Allmächtige Ihrer Kaÿßerl: Maÿ: gegen dero feinde widerumb ein glücklich streich verleÿhen“ möge, vgl. OeStA FHKA: SUS RA 17.4.2 (Anm. 926), Reichspfennigmeister Hubert Bleymann an Kaiser Ferdinand III. und den Wiener Hofkammerpräsidenten, Frankfurt am Main, 24. Februar 1643 (Kopie), fol. 129r – 129v, 131r – 131v, Zitat fol. 131v. Vgl. ferner ebd., „Copia vnterthenigste relation ahn ihro Kay: May:“, Reichspfennigmeister Hubert Bleymann an Kaiser Ferdinand III., Mainz, 13. Oktober 1643 (Kopie), fol. 133r– 134v.  Vgl. Kap. II.1.3, „Die Kreisassoziationsverhandlungen mit dem Kurrheinischen und dem Oberrheinischen Reichskreis im Jahr 1643“ im zweiten Hauptkapitel dieser Studie.

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Kurfürst Ferdinand mit Kaiser Ferdinand III. auch abgesprochen worden. Das Reichsoberhaupt gedachte sich auch auf eine rheinische Kreisassoziation einzulassen, sofern sich deren Truppen unter einem kaiserlichen General als ein faktisch weiteres Korps der Reichsarmee eingliedern ließen.⁹⁵⁵ Es war allerdings abzusehen, dass diese künftige Kreisarmee alle finanziellen Ressourcen der rheinischen Reichskreise in Anspruch nehmen würde. Darum nahm es der Kaiser schließlich auch ohne größere Proteste hin, als ihm die niederrheinisch-westfälischen Kreisstände auf ihrem Kreistag in Köln ebenso wenig eine zusätzliche Reichshilfe bewilligten als die parallel in Frankfurt am Main tagenden Vertreter des Kurrheinischen Kreises.⁹⁵⁶ Bis allerdings eine rheinische Kreisarmee tatsächlich realisiert werden konnte, sollte noch über ein Jahr vergehen. Darauf wird an anderer Stelle dieser Studie näher einzugehen sein.⁹⁵⁷

7.3 Reichskreise als Militärbezirke ohne Mitbestimmung in den letzten Kriegsjahren Sollte der Kaiser mit den reichsweit einberufenen Kreistagen des Jahres 1642 die Hoffnung verbunden haben, Kontributionszusagen in einem solchen Umfang zu erhalten, dass der Unterhalt der Reichsarmee für ein weiteres Jahr vollständig gesichert werden konnte, so musste dieses Vorhaben als gescheitert gelten. Daran änderten auch die drei Bewilligungen aus den oberdeutschen Reichskreisen wenig, von denen zwei vom Reichsoberhaupt unter Protest zurückgewiesen worden waren. Schließlich konnten mit den bewilligten Summen selbst die nur in Bayern,

 Vgl. OeStA HHStA Wien: MEA KrhK 4 (Anm. 848), Kaiser Ferdinand III. an den niederrheinisch-westfälischen Kreistag, Wien, 25. November 1642 (Kopie), unfol. Grundlegend zum Kölner Kreistag ab Oktober 1642, der nach etlichen Unterbrechungen formal erst im Sommer 1644 beendet wurde, Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 225 – 305.  Die wichtigste archivalische Überlieferung des kurrheinischen Kreistags vom 27. Oktober 1642 bis 27. Februar 1643 findet sich unter OeStA HHStA Wien: MEA KrhK 4 (Anm. 848), darunter die Instruktionen für die Gesandten des kurmainzischen Kreisdirektoriums, datiert Mainz, 8. Oktober 1642 (unfol.). Unter OeStA HHStA Wien: MEA KrhK 5 findet sich ein „Protocollum beÿ dem den 27. 8bris Ao 1642 zue Franckfurth angefangenen Churfr: Rheinischen Craiß Conuent gehalten worden“, unfol. Die Kreistagsverhandlungen sind bisher nirgendwo eingehender dargestellt worden. Der kurrheinische Kreistag findet nur eine kurze Erwähnung bei Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 276, zur Dauer der Versammlung S. 602. Noch immer am ausführlichsten: Senkenberg: Neuere teutsche Reichs-Geschichte (Anm. 861), Bd. 2, S. 29 – 31.  Vgl. Kap. II.1.5, „Die Niederrheinisch-Westfälische Kreisarmee als Teil der Reichsarmeen bis zum Westfälischen Frieden“ im zweiten Hauptkapitel dieser Studie.

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Franken und Schwaben stationierten Einheiten der Reichsarmee – großteils kurbayerische – nur für wenige Monate unterhalten werden. Infolgedessen sah sich der Kaiser schon im April 1643 gezwungen, erneut an die Stände des Bayerischen Reichskreises heranzutreten, um sie zu zusätzlichen Kontributionsleistungen aufzufordern. Als Begründung führte er eine Offensive französischer, weimarischer und hessischer Truppen an, die sich, vom Oberrhein kommend, „mit gesambter macht gegen die obere Craisen gewendet“ hätten.⁹⁵⁸ Den Durchbruch dieser feindlichen Kräfte verhinderten bisher die kaiserliche Immediatarmee und die kurbayerische Reichsarmee, die dafür aber ihre mittlerweile weitgehend ausgesogenen Quartiere am Oberrhein nicht verlassen könnten und Nachschub aus nicht belasteten Reichskreisen benötigten. Diese Forderung, so der Kaiser, sei vor allem von Kurfürst Maximilian erhoben worden, der darauf gedrängt habe, die Kreisstände der oberdeutschen Reichskreise zu einem höheren Beitrag zum Schutz des „Vatterlandts“ heranzuziehen. Andernfalls sei zu befürchten, dass sich die Soldateska ihren Unterhalt selbst verschaffe, was „den Craissen noch beschwerlicher fallen würde, alß wann derselb [der Unterhalt, FS] mit ordnung erfolgen thete.“⁹⁵⁹ Des Weiteren verwies der Kaiser in seinem Schreiben an die Kreisstände auf eine grundsätzliche Fürsorgepflicht aller Reichsstände gegenüber denjenigen, „welche zu beschüzung des lieben vatterlandts Leib und Leben so williglich aufsezen, vnnd so offt vnnd vielmahls aufgesezt haben“. Ohne weitere Verpflegung aber würden diese Männer „zu allen kriegs diensten undüchtig gemacht“.⁹⁶⁰ Daher müssten zu der bisherigen Bewilligung der bayerischen Kreisstände von 60 Römermonaten noch weitere 40 zugeschlagen werden, erst dann sei der weitere Unterhalt der Armee gewährleistet. Größere Mitspracherechte wurden den Kreisständen in dieser Kontributionsangelegenheit offensichtlich nicht mehr eingeräumt; von der Abhaltung eines Kreistags oder Reichstags zur Beratung der Forderung war keine Rede. Stattdessen schien aus kaiserlicher (und kurbayerischer) Sicht der Hinweis auf die militärische Notwendigkeit und die Fürsorgepflicht des Reichs für die in seinem Namen kämpfenden Truppen weitere Kontributionsleistungen der Reichsstände schon ausreichend zu legitimieren. Zwischen der Ankündigung der Kontributionserhöhung und der Anforderung konkreter Proviantlieferungen für die Reichsarmee durch ein weiteres Rundschreiben des Kaisers vergingen auch nur wenige Tage, so dass innerzirkulare Absprachen zwischen den betroffenen Ständen schon aus zeitli-

 Zitat nach BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3618 (Anm. 940), Kaiser Ferdinand III. an Herzog Albrecht von Bayern (wegen Leuchtenberg), Wien, 14. April 1643, fol. 100r.  Ebd., fol. 101r.  Ebd., fol. 101r.

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chen Gründen kaum mehr möglich waren.⁹⁶¹ Immerhin führte das besagte zweite Schreiben des Kaisers noch ein weiteres Argument an, warum die Kreisstände auch ohne Konsultationen auf Kreisebene den an sie herangetragenen Forderungen nachkommen sollten: Würden die Stände der oberdeutschen Reichskreise die angemahnten neuen Kontributionen nicht umgehend und in voller Höhe liefern, dann müsste die sie schützende Armee zurückgezogen oder gar aufgelöst werden und Bayern, Franken und Schwaben den Franzosen und Schweden preisgegeben werden. Die Kreisstände wären dann dem Feind ausgeliefert, dürften sich aber nicht der Illusion hingeben, dem Frieden näher zu kommen. Ganz im Gegenteil: Ein Verlust der oberdeutschen Reichskreise schwäche die Verhandlungsposition des Kaisers gegenüber den ausländischen Kronen soweit, dass diese noch weniger Ursachen hätten, sich auf einen Frieden einzulassen. Dies würde „beÿ dem nunmehr bestimbten congrehs zu dem vniversalfrieden tractaten die haubt handlung nit allein schwärer machen, sondern auch den frieden selbst noch mehrer retardiren vnd verhindern“.⁹⁶² Im Grunde argumentierte der Kaiser damit noch immer, wie es schon der Prager Frieden formuliert hatte: Einen annehmbaren Frieden für das Reich könne es nur geben, wenn der Kaiser mit den auswärtigen Feinden aus einer Position der Stärke verhandeln könnte, die ihm das Reich durch Unterhaltung der Reichsarmee verschaffen müsse. Reichsständische Partizipationsrechte mussten diesem Ziel nachstehen. Es darf davon ausgegangen werden, dass den meisten fränkischen und schwäbischen Kreisständen ebenfalls noch im April 1643 vom Kaiser eine drastische Erhöhung ihrer zuletzt bewilligten Kontributionen mitgeteilt wurde. Zumindest trat schon zur Mitte dieses Monats eine kurbayerische Gesandtschaft auf einem ohne kaiserliches Zutun zustande gekommenen schwäbischen Kreistag in Ulm auf, um den schwäbischen Kreisständen zu verkünden, die kurbayerische Reichsarmee habe für den gesamten Reichskreis die Einziehung von „100. Monath von Keÿs: Mtt: bewilligt“ bekommen.⁹⁶³ Erstmals seit Beginn des Dreißigjährigen Kriegs wurde damit einem Kreistag eine Kontributions„bewilligung“ für den eigenen Reichskreis mitgeteilt, die der Kaiser, nicht aber der Kreistag selbst erteilt hatte. Dies war ein im Reich bis dahin unerhörter Vorgang und noch außerge-

 Vgl. ebd., Kaiser Ferdinand III. an Herzog Albrecht von Bayern (wegen Leuchtenberg), Wien, 29. April 1643, fol. 99.  Ebd., Kaiser Ferdinand III. an Herzog Albrecht von Bayern, Wien, 29. April 1643, fol. 99.  Vgl. HStASt: C 9 Bü. 226, Nr. 30: Kreistagsprotokoll, pag. 55. Im Kreisabschied vom 10./ 20. April 1643 ist keine Rede von entsprechenden Kontributionsbeschlüssen des Kreistags, im Kreistagsprotokoll finden sich ebenfalls keine Hinweise. Der Abschied findet sich im Original unter HStASt: C 9 Bü. 564 (Anm. 943), Nr. 69.

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wöhnlicher als der Reichssteuerbeschluss des Regensburger Kurfürstentags von 1636/37. Doch er wurde von den Kreisständen offenbar zumindest in diesem Fall ohne größeren Protest hingenommen. Anstatt über das kaiserlich-kurbayerische Ansinnen zu debattieren, beschränkte sich der Ulmer Kreistag in seinen Beratungen vielmehr darauf, wie im Verein mit dem benachbarten Fränkischen und Bayerischen Reichskreis der in Frankfurt begonnene Reichsdeputationstag zur Beförderung von Friedensbemühungen genutzt werden könnte.⁹⁶⁴ Wie sich erweisen sollte, mussten sich solche Hoffnungen bald zerschlagen, da es einerseits die kaiserliche Diplomatie verstand, die Verhandlung der Friedensfrage zuerst vom Frankfurter Reichsdeputationstag fern zu halten, während andererseits Schweden und Frankreich weiterhin auf einen Friedenskongress in Münster und Osnabrück bestanden.⁹⁶⁵ Stattdessen versuchte Kaiser Ferdinand III. die Reichsdeputation in Frankfurt dafür zu nutzen, um dem Reich noch ein weiteres Mal seine Kontributionsforderungen vorzutragen. Sie lautete über 100 Römermonate für das Jahr 1644.⁹⁶⁶ Obwohl ein entsprechender Reichssteuerbeschluss der Reichsdeputation offenbar nicht verabschiedet wurde, handhabte der Kaiser seine Steuerforderung im Jahr 1644 dann so, als wäre sie ihm von den Reichsständen in vollem Umfang gewährt worden.⁹⁶⁷ Bis zum Ende des Krieges verfuhr er nun für jedes weitere Kriegsjahr auf eine ähnliche Art und Weise: Kontributionsforderungen an das Reich wurden höchstens noch am Rande des bis 1645 tagenden Reichsdeputationstags oder des Westfälischen Friedenskongresses bekannt gegeben, ihre Höhe,  Vgl. HStASt: C 9 Bü. 226 (Anm. 963), Nr. 30: Kreistagsprotokoll, pag. 12– 42.  Vgl. hierzu die Ausführungen in Kap. 1., „Die Reichskreise im Kampf um Frieden und das ius suffragii der Reichsstände. Zur Entsendung von Reichskreisgesandtschaften zum Westfälischen Friedenskongress“ im Abschnitt „Ausblick“ dieser Studie.  Vgl. Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 215.  Bei Kietzell: Der Frankfurter Deputationstag von 1642 bis 1645 (Anm. 951) finden sich keine Angaben zu Reichssteuerbeschlüssen des Reichsdeputationstags. Bei Moser finden sich ebenso keine Hinweise, vgl. Johann Jacob Moser: Von denen Teutschen Reichs-Taegen: Nach denen Reichsgesezen und dem Reichsherkommen, wie auch aus denen Teutschen Staats-Rechts-Lehrern und eigener Erfahrung (2). Frankfurt am Main 1774, zum Reichsdeputationstag von 1643 – 1645 Kap. 46 §22 (= S. 574 f.) Das Editionswerk von Meiern zum Reichsdeputationstag bietet nur Material zur Verhandlung der Friedens- und Justizfrage, vgl. Johann Gottfried von Meiern: Acta Pacis Westphalicae Publica. Oder Westphälische Friedens-Handlungen und Geschichte. Worinnen enthalten, was vom Jahr 1643. biß in den Monath October Anno 1645. zwischen Ihro RömischKäyserlichen Majestät, dann den Beyden Cronen Franckreich und Schweden, ingleichen des Heiligen Römischen Reichs Chur-Fürsten, Fürsten und Ständen, zu Oßnabrück und Münster gehandelt worden. Hannover 1734, Inhaltsverzeichnis für das Jahr 1644 auf S. 74 f., 252– 255.

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stets 100 oder 120 Römermonate, wurde aber nicht mehr zur Verhandlung gestellt.⁹⁶⁸ Dieser radikale Wandel in der Reichskriegsfinanzierung ist von der Forschung bisher erstaunlich selten thematisiert worden. Teilweise wird sogar davon ausgegangen, die Reichsarmee sei noch bis zum Westfälischen Frieden durch „reguläre“ Reichssteuerbewilligungen finanziert worden.⁹⁶⁹ Dies war definitiv nicht der Fall. Vielmehr ging der Kaiser seit 1643 dazu über, Kontributionen mit Anspruch auf Gültigkeit für das gesamte Reich auszuschreiben, auf die dann wiederum die kaiserliche Immediatarmee oder die kurbayerische Reichsarmada assigniert wurden. Eine Wiederherstellung des Reichsfinanzwesens in der Form, wie es die Reichsverfassung und das Reichsherkommen vorgesehen hatte, war damit vor Ende des Kriegs in keiner Weise mehr möglich. Dass diese Form der Kriegsfinanzierung bei den Reichsständen bald auf erheblichen Widerstand traf, kann nicht verwundern. So wurde im Fränkischen Reichskreis nach Bekanntwerden der kaiserlichen Kontributionsausschreibung für das Jahr 1644 umgehend ein „Engerer Konvent“ nach Bamberg einberufen, um zu beraten, wie „der attendirenden weit aussehenden Neuerung“ begegnet werden

 Vgl. Nadler: Der Bayerische Reichskreis im europäischen Konflikt des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 50), S. 313, Anm. 35. Eine kurbayerische Auflistung liefert für die letzten Kriegsjahre folgende Kontributionsausschreibungen: für 1642: „auf dem zu Landshut gehaltenen Khreistag 60 Monath“; 1644: „100. Monath Reichs Contribution“; 1646: „Reichs Contribution von 120 Römer Monath“; es finden sich keine Angaben zu den Römermonaten für 1643, 1645, 1647 und 1648. Vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3618 (Anm. 940), „Auszug: die Römer Monath von 1642 bis 1648“, fol. 222r – 222v.  Gar nicht oder nur randständig thematisiert wird der Wandel der Kriegsfinanzierung nach 1643 in den Studien von Salm und Kapser, deren Arbeiten allerdings die bisher ausführlichsten Beiträge zur Reichskriegsfinanzierung nach 1635 darstellen. Kapser geht schlicht davon aus, für jedes Kriegsjahr hätte eine über diverse reichsständische Versammlungen eingeworbene Kontributionsbewilligung vorgelegen, vgl. Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 141. Für die von Kapser aufgeführte Reichssteuerbewilligung des Reichsdeputationstags über zweimal 120 Römermonate konnte ich keine Nachweise finden. Die Reichssteuerforderung des Kaisers für 1644 lautete allerdings zweifellos nur über 100, nicht 120 Römermonate. Gar keine Angaben über die Höhe von Reichssteuerausschreibungen außerhalb des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises bietet Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29). In dem von Salm untersuchten Reichskreis wich die Kriegsfinanzierungspraxis ab 1644 infolge der Gründung der dortigen Kreisarmee vom Rest des Reiches erheblich ab. Eine positive Ausnahme stellt Nadler da, der ausdrücklich auf die Kriegsfinanzierung ohne jede Form der reichs- und kreisständischen Bewilligung kurz vor Kriegsende verweist, vgl. Nadler: Der Bayerische Reichskreis im europäischen Konflikt des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 50), S. 313.

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könnte.⁹⁷⁰ Der Konvent kam schließlich zu dem Beschluss, der Fürstenrat des Frankfurter Reichsdeputationstags solle sich auf Bitten seiner fränkischen Mitglieder mit der Frage befassen, „warum sich bey der Deputations Versammlung in keine Contributions=Verwilligung einzulaßen?“⁹⁷¹ Auf jeden Fall aber müsse der Reichsdeputationstag dem Kaiser „eine glimpfliche Protestation“ gegen seine eigenmächtigen Kontributionsausschreibungen überreichen.⁹⁷² Der Selbstbehauptungswille des Fränkischen Reichskreises und seiner Stände war offensichtlich selbst in den letzten Kriegsjahren noch ungebrochen. Dies demonstrierte der Reichskreis gegen Ende des Jahres 1644 noch sehr viel nachdrücklicher, als er als erster Reichskreis überhaupt und vor den allermeisten einzelnen Reichsständen die Entsendung einer eigenen Gesandtschaft zum Westfälischen Friedenskongress beschloss, um dabei zu helfen, substanzielle Friedensgespräche endlich in Gang zu bringen. Damit hatte der Reichskreis durchaus Erfolg, wie an anderer Stelle dieser Arbeit dargestellt wird.⁹⁷³

Zwischenfazit Im Jahr 1641, dem zweiten Jahr des Regensburger Reichstags, schien das Reichsfinanzwesen auf den ersten Blick wieder vollständig auf die Art und Weise zu arbeiten, wie es die Reichsverfassung und das Reichsherkommen vorsahen: Die finanziellen Wünsche des Kaiser waren auf einem Reichstag beraten und von diesem eine bestimmte Anzahl an Römermonaten verabschiedet worden, deren Einzahlung zwei wieder besetzte Reichspfennigmeisterämter überwachen sollten. Tatsächlich aber wurden die am Reichstag bewilligten Steuern im Anschluss an die Reichsversammlung wiederum nur durch militärische Exekution und Assignation eingetrieben. Eine „geordnete“ Heeresfinanzierung ohne Einsatz des Militärs war nicht mehr möglich und wurde auch gar nicht mehr umzusetzen versucht. Die reichsweit einberufenen Kreistage von 1642 müssen dann als letzter Versuch des Kaisers gewertet werden, noch einmal mit Hilfe der Reichskreise einen mittlerweile nicht mehr für opportun erachteten weiteren Reichstag zur

 Zitat nach Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 215. Der Abschied dieses Konvents vom 26. (16.) Februar 1644 ist ediert ebd., S. 214– 219.  Zitat nach ebd., S. 215.  Zitat nach ebd., S. 216.  Vgl. Kap. 1., „Die Reichskreise im Kampf um Frieden und das ius suffragii der Reichsstände. Zur Entsendung von Reichskreisgesandtschaften zum Westfälischen Friedenskongress“ im Abschnitt „Ausblick“ dieser Studie.

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Kontributionsbewilligung zu substituieren. Diese Form der Steuereinwerbung erwies sich allerdings aus kaiserlicher Sicht als nicht mehr funktionsfähig, da kaum mehr Bewilligungen eingeworben werden konnten. Als Reaktion darauf ging das Reichsoberhaupt mit Billigung Kurbayerns ab 1643 dazu über, zuerst die für zu niedrig erachteten Kreisbewilligungen von 1642 eigenmächtig zu erhöhen, um ab 1644 dem Reich jährlich von vornherein festgelegte Kontributionssummen zu verordnen. Reichsrechtlich gestützte Begründungen für dieses Vorgehen konnte der Kaiser nicht mehr liefern. Er argumentierte stattdessen in erster Linie mit der militärischen Notlage des Reiches. Zumindest der Fränkische Reichskreis hat dieses Vorgehen allerdings nicht protestlos hingenommen und stattdessen seine Bemühungen um Beförderung des Westfälischen Friedenskongresses intensiviert.

Fazit: Reichskreise als partielles Reichstagssurrogat? Zum Eingang dieses Hauptkapitels wurde die Frage gestellt, inwieweit die Reichskreisverfassung in der Epoche des Dreißigjährigen Kriegs zumindest in finanzpolitischer Hinsicht den Reichstag substituieren konnte. Versetzten die Reichskreise mit ihren Kreistagen den Kaiser in die Lage, seiner Kriegsfinanzierung im Reich eine gewisse reichsrechtliche Legitimität zu verschaffen, die ihm ansonsten nur der Reichstag hätte liefern können? Und halfen wiederum Kreistage den Reichsständen dabei, sich ein gewisses Mindestmaß an politischer Partizipation im Reich auch ohne Reichstag zu erhalten? In Bezug auf die Kriegsfinanzierung des Kaisers, nach 1635 auch der mit ihm verbündeten Kurfürsten, konnten folgende Erkenntnisse gewonnen werden: Schon kurz nach dem Ende des Reichstags von 1613 sah der Kaiserhof in der Kreisorganisation offenbar eine gewisse Chance, auch dann noch Steuerbewilligungen im Reich einholen zu können, wenn dies über eine Reichsversammlung schon kaum mehr möglich war. Als höchstwahrscheinlich wichtigster Initiator und Ideengeber für diesen Versuch konnte der Altreichspfennigmeister Zacharias Geizkofler identifiziert werden, der in Anlehnung an die „reichstagslosen“ Türkensteuerbewilligungen aus der Zeit des „Langen Türkenkriegs“ dem Kaiser entsprechende Schritte nahegelegt hatte. Die Initiative stieß jedoch auf umgehende Ablehnung bei sämtlichen Kreisständen. Die in Geizkoflers Argumentation angeführte Verpflichtung aller Reichsstände zur Mithilfe in der Türkenabwehr reichte offenbar in Zeiten des relativen Friedens mit dem Osmanischen Reich nicht mehr aus, um eine Reichssteuerbewilligung über Reichskreise ausreichend zu rechtfertigen. Dass die meisten Reichsstände die Steuergewährung über Reichskreise noch immer als „Sonderfall“ wahrnahmen, der nicht dem Herkommen entsprach, kann als gesichert gelten. Jedenfalls erfolgte die Ablehnung des Steuerwunsches auf Kreistagen oder von einzelnen Reichsständen meist mit Verweis auf die exklusive Zuständigkeit des Reichstags für Reichssteuerbewilligungen. Dies änderte sich erst mit dem Kriegsbeginn von 1618. Schon kurz nach Beginn des Ständeaufstands in Böhmen bediente sich der Bayerische Reichskreis eines kaiserlichen Türkensteuergesuchs, um Kaiser Matthias im laufenden Krieg eine Geldhilfe zukommen zu lassen, ohne offiziell Partei zu ergreifen – schließlich wurden die Gelder formal als Türkensteuern für ungarische Festungen bewilligt. Ein vermeintlicher Türkenkrieg in Ungarn erlaubte es dann auch 1624 dem nächsten Kaiser, Ferdinand II., Reichskreisbewilligungen erstmals wieder in größerem Umfang zu erhalten. https://doi.org/10.1515/9783110558739-007

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Fazit: Reichskreise als partielles Reichstagssurrogat?

Maßgeblich verantwortlich für den Sinneswandel der Reichs- bzw. Kreisstände, die sich nun doch bereit zeigten, Türkensteuern nur über Kreistage und ohne Einberufung eines Reichstags zu genehmigen, dürften die unmittelbar zuvor errungenen militärischen Siege des Kaisers gewesen sein. Die Steuerbewilligungen zur Mitte der 1620er Jahre sind zumindest von Seiten des Schwäbischen Reichskreises auch erwiesenermaßen weitgehend entrichtet worden, nur ein einziger tatsächlicher Zahlungserlass für einen Kreisstand konnte ermittelt werden. Bei diesem Kreisstand hatte es sich um Maximilian von Bayern, den wichtigsten Verbündeten des Kaiser, gehandelt. Allerdings war dieser es zugleich, der Kaiser Ferdinand II. 1630 zusammen mit den anderen katholischen Kurfürsten die Entlassung Wallensteins abnötigte. Die im Gegenzug von den Kurfürsten versprochenen umfangreichen Kreishilfen wurden dann jedoch nicht in Ansätzen so hoch bewilligt, wie sie notwendig gewesen wären, um die kaiserlich-ligistische Kriegsführung gegen den soeben ins Reich eingefallenen Gustav Adolf zu finanzieren. Die in Folge der niedrigen Bewilligungen vom Kaiser mehrfach für notwendig erachtete Neuansetzung von Kreistagen und die damit einhergehenden langen zeitlichen Verzögerungen der Steuerzahlungen dürfte der kaiserlichen Kriegsführung zweifellos nicht dienlich gewesen sein. Die unter massiven militärischen Drohgebärden im weiteren Verlauf des Jahres von protestantischen Partikularkreistagen erpressten Kreishilfen trugen wiederum wenig dazu bei, die Akzeptanz der kaiserlichen Kriegsfinanzierung im Reich zu heben. Es ist allerdings anzunehmen, dass durch militärische Maßnahmen, wie sie schon Wallenstein zur Kontributionseintreibung anwendete, Geldmittel und sonstige Vermögenswerte aus den reichs- und kreisständischen Territorien in einem Umfang erlangt werden konnten, die ein Vielfaches des Wertes jener Kreishilfen betrugen, die der Kaiser in den 1620er Jahren erlangt hatte. Politisch waren die Zwangskontributionen gegen protestantische Kreisstände zweifellos ein schwerer Fehler, da sie letztlich selbst gemäßigte Stände, wie etwa Kursachsen, in die Arme Gustav Adolfs treiben mussten. Erst mit dem Prager Frieden sollte dann eine neue Ära der Heeresfinanzierung beginnen: Es war vorgesehen, die Kontributionsleistungen der Reichsstände wieder unter Zuhilfenahme der Reichskreise und Reichspfennigmeister einzuziehen. Damit verbunden war die Hoffnung, die neu geschaffene Reichsarmee fortan über geordnete Bargeldzahlungen besolden zu können, womit eine Abstellung der militärischen Exekutionen gegen Reichsstände und eine Reduzierung der Übergriffe der Soldateska auf die Untertanenschaft erreicht werden sollte. Größere politische Partizipationsrechte wurden den Reichsständen jedoch nicht eingeräumt, da die Kontributionshöhen vom Kaiser und den Kurfürsten fest vorgegeben wurden. Allerdings zeigte sich schon rasch nach dem Prager Friedensschluss, dass die ausgeschriebenen Römermonate nur zu einem Bruchteil in den

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Reichs- und Kreiskassen eingingen. Teilweise wurden höhere Summen nur dann abgestattet, wenn sie vom Militär eingefordert wurden. Diese Gelder gelangten aber oft gar nicht erst bis zu den Reichspfennigmeistern oder den Kreiskassierern, so dass letztlich über die tatsächlich eingetriebenen Summen nach 1635 in den meisten Fällen nur spekuliert werden kann. Ob die Reichsstände ihre Beiträge nicht leisteten, da sie in Folge von Kriegsbelastungen zahlungsunfähig geworden waren oder aber, weil sie gegen den Modus opponierten, wie die Römermonatsbewilligungen von 1635 und 1636/37 zustande gekommen waren, ist schwerlich einzuschätzen. Jedenfalls vermuteten die Kurfürsten eher Letzteres, weshalb sie 1638 dem Kaiser rieten, der nächsten Reichssteuerforderung für die Reichsarmee größere Akzeptanz im Reich zu verschaffen, indem diese über reichsweite Kreistage bewilligt werden sollte. Die Kurfürsten griffen damit den Vorschlag des Kurfürstentags von 1630 wieder auf, der nun aber auch von den beiden protestantischen Kurfürsten befürwortet wurde. Im Gegensatz zu den reichsweit geplanten Kreistagen von 1631 erwies sich das Vorhaben im Jahr 1638 auch in mehreren Reichskreisen als erfolgreich. Allerdings hing die Bewilligungshöhe der einzelnen Kreise maßgeblich davon ab, ob in den jeweiligen Kreistagen Kurfürstentümer repräsentiert waren, die die gewünschten Beschlüsse forcieren konnten.Von Seiten der Reichsfürsten und kleineren Reichsstände wurde die Anrufung der Reichskreise zur Steuerbewilligung 1638 nicht grundsätzlich abgelehnt, obwohl auch diesmal noch immer von etlichen Ständen Forderungen nach einem Reichstag zu vernehmen waren. Ob die Abhaltung der Kreistage die Zahlungsbereitschaft der Reichs- und Kreisstände allerdings tatsächlich erhöht hat, ließ sich nicht eindeutig klären. Eine grundlegende Umgestaltung der Kriegsfinanzierung unter Verzicht auf militärgestützte Kontributionseintreibungen scheint jedenfalls nicht stattgefunden zu haben, woran auch die ab 1637 respektive 1641 wieder tätig gewordenen Reichspfennigmeister nichts ändern konnten. Als Alternative zum Reichstag scheinen sich Kreisbewilligungen in jenen Jahren zumindest aus Sicht des Kaisers aber durchaus bewährt zu haben: Denn kaum waren die letzten Bewilligungen des 1640/41 doch einmal zustande gekommenen Reichstags aufgebraucht, wurden 1642 wieder reichsweite Kreistage angesetzt, um der Reichsarmee noch ein weiteres Jahr den Unterhalt absichern zu können. Militärische Rückschläge, finanzielle Erschöpfung und eine auf kreisständischer Seite offensichtlich schon längst vorhandene Kriegsmüdigkeit ließ die Reichskreisbewilligungen diesmal allerdings viel zu niedrig ausfallen, um den Krieg ein weiteres Jahr finanzieren zu können. Infolgedessen ging der Kaiser in der letzten Kriegsphase in Absprache mit Kurbayern dazu über, die Höhe der gegenüber den einzelnen Reichskreisen

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erhobenen Kontributionen wieder selbst festzulegen, ohne sich die formale Bewilligung der Reichsstände einzuholen, weder auf Reichs- noch auf Kreistagen. Bleibt noch die Frage zu klären, inwiefern Kreistage auch aus reichsständischer Sicht sich dazu eigneten, für einen Reichstag „einzuspringen“. Wie insbesondere die Kreistage der 1620er Jahre und die reichsweiten Kreistage von 1638 vor Augen führen, eröffneten Steuerbewilligungen über Kreistage den Ständen der einzelnen Reichskreise durchaus Möglichkeiten, die ihnen sonst nur der Reichstag bot: Sie konnten das Mittel der Kreishilfebewilligung als politisches Instrument einsetzen, um vom Kaiser konkrete Zugeständnisse einzufordern, oder es dazu nutzen, um ihm über Steuerofferten ihre Verhandlungsbereitschaft und Reichstreue zu signalisieren. Ein frühes Beispiel bieten die Angebote des Niedersächsischen Reichskreises von 1621/22, die dem Kaiser eine Geldhilfe in Aussicht stellten, sollte er der Kurpfalz gnädige Friedensbedingungen gewähren. Zur Mitte der 1620er Jahre erhofften sich die Reichskreise Schwaben und Franken mit Hilfe ihrer Bewilligungen eine Verschonung von Kriegslasten und ein Entgegenkommen Habsburgs in juristischen Streitgkeiten mit einzelnen Kreisständen. In den protestantischen Reichskreisen Ober- und Niedersachsen wurde die Steuerbewilligung von 1624 wiederum mit der Forderung verbunden, die Stände beider Reichskreise mit konfessionspolitischen Zumutungen zu verschonen. Dies waren alles Forderungen, die die am Kreistag vertretenen Reichsstände in früheren Jahren im Rahmen eines Reichstags vorgebracht hätten. Für sie boten die Kreistage in reichstagslosen Zeiten immerhin die Möglichkeit, ihre Anliegen wenigstens im Namen eines ganzen Reichskreises dem Kaiser vorzubringen. Andernfalls blieb ihnen nur, ihre Beschwerden und Wünsche jeweils einzeln dem Reichsoberhaupt vorzutragen, wobei sich die einzelnen Stände dann freilich in einer deutlich schlechteren Verhandlungsposition befanden, als wenn sie ihre Anliegen gemeinsam mit ihren Mitkreisständen artikulieren konnten. Dies war vor allem für protestantische Stände von Bedeutung, da diesen mit dem Ende der Protestantischen Union 1621 auch lange Jahre kein Partikularbündnis mehr zur Verfügung stand, an das sie sich hätten politisch und militärisch anlehnen können. Ob sich der Kaiser an die von den einzelnen Reichskreisen aufgestellten Bewilligungsbedingungen für gewährte Kreishilfen auch halten würde, war freilich eine andere Frage – aber dies war bei jeder Steuerbewilligung des Reichstags genauso der Fall. Für die Reichskreishilfen der 1620er Jahre muss jedenfalls konstatiert werden, dass sich die kaiserliche Kriegsführung schon sehr bald über sämtliche Bewilligungsbedingungen hinwegsetzte. Spätestens mit den seit Wallenstein üblich gewordenen militärisch exekutierten Zwangskontributionen wurden den Kreisständen ihre Mitspracherechte in Steuerbewilligungsfragen faktisch aus der Hand genommen. Daran hätte auch die im Rahmen der reichsweiten Kreistage von 1631

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projektierte Heeresreform nur bedingt etwas geändert, denn schließlich hatten der Kaiser und die katholischen Kurfürsten sich am Regensburger Kurfürstentag schon darauf geeinigt, auf Zahlungsverweigerungen mit militärischer Gewalt zu reagieren. Erst die Kreistage des Jahres 1638 ermöglichten es den Kreisständen dann wieder, echte Mitbestimmungsrechte über Kontributionshöhen geltend zu machen und diverse Anliegen den kaiserlichen Kommissaren gemeinsam übergeben zu können. Zugleich versetzten die Kreistage die Kreisstände in die Lage, Kaiser und Kurfürsten ihre Friedenswünsche deutlich zu artikulieren. Dass diese noch nicht bereit waren, sich zur Erlangung eines Friedens von den Kriegszielen des Prager Friedens zu verabschieden, vermochten allerdings weder die Kreistage noch der ab 1640 folgende Reichstag zu ändern. Da der Kaiser den meisten Reichs- und Kreisständen spätestens ab 1643 erneut jegliche Mitspracherechte in Kontributionsfragen nahm, bedurfte es erst des Westfälischen Friedens, ehe die Reichsstände wieder ihre tradierten Rechte und Freiheiten wahrnehmen konnten.

Teil II: Reichskreise als Basis und Bündnispartner militärischer Bünde

Die im vorangegangenen Abschnitt dieser Studie thematisierten Kreissteuerbewilligungen hatten fast ausschließlich der Finanzierung der Kriegsführung des Kaisers beziehungsweise des Reichs mittels Söldnerheeren gegolten. In allen dargestellten Fällen zwischen 1618 und 1648 hatte der Kaiser von den Reichskreisen stets Geldhilfen verlangt und, sofern er mit seinen Bitten erfolgreich war, auch Bargeldzahlungen bewilligt bekommen. Nur im Fall des Bayerischen Reichskreises im Jahr 1631 hatten es Kurfürst Maximilian und Erzbischof Paris von Salzburg einmal gewagt, eine derartige Bewilligung von einer Geld- in eine Truppenhilfe umzuwandeln. Dabei war die letztgenannte Art der Hilfsleistung für Kaiser und Reich, die Stellung von Söldnern auf Kosten des Reichskreises, die eigentlich ältere und traditionsreichere Form von Reichs- und Reichskreishilfen. Noch Kaiser Karl V. hatte den Großteil jener Reichshilfen, die ihm diverse Reichstage für seinen Kampf gegen die Osmanen gewährt hatten, nicht in Form von Bargeldleistungen, sondern durch die Stellung von Söldnertruppen durch die einzelnen Reichsstände erhalten. Für die Entwicklung der reichsverfassungsrechtlich abgesicherten Kompetenzen der Reichskreise hatte dies weitreichende Folgen, denn die bis dahin nur rudimentär entwickelte Kreisorganisation des Reiches wurde ab 1530 dafür herangezogen, die Türkenhilfskontingente der einzelnen Reichsstände zu koordinieren und zu nach Reichskreisen geordneten Truppenkörpern zusammenzufassen. Da im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts derartige Reichshilfen immer öfter bewilligt wurden, konnte sich das Amt des Kreishauptmanns respektive Kreisobristen in den meisten Reichskreisen bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts als dauerhafte Institution etablieren. Neben den Aufgaben im Türkenkrieg übten die Kreisobristen fortan auch eine Aufsichtsfunktion in der Landfriedenswahrung aus, so wie es ursprünglich schon zur Gründungszeit der Reichskreise unter Kaiser Maximilian vorgesehen gewesen war.⁹⁷⁴ Diese Kompetenzausweitung lag nahe, da beide Aufgaben – die Koordination und Anführung von Türkenhilfskontingenten wie auch die Landfriedenswahrung innerhalb der einzelnen Reichskreise – auf den selben finanziellen wie materiellen Grundlagen erfolgte: Größeren Landfriedensbedrohungen innerhalb des Reiches, wie etwa im Fall des Täuferreichs von Münster 1534 oder den kriegerischen Umtrieben des Markgrafen Albrecht Alcibiades von Kulmbach in den 1550er Jahren, wurde genauso mittels oftmals mehrere tausend Mann umfassender Söldnerheere begegnet, wie den Angriffen der Osmanen auf die östliche Reichsgrenze. Sowohl im Fall des

 Vgl. Moser: Von der Teutschen Crays-Verfassung (Anm. 60), S. 454; ferner allgemein Hirsch: Kurze Beleuchtung des Ursprungs und der Beschaffenheit des Creys-Obristen-Amts insgemein, und des Fränkischen insonderheit (Anm. 129).

Münsteraner Täuferreichs als auch des Kulmbacher Markgrafen Albrecht Alcibiades war sogar die Zusammenfassung der Aufgebote mehrerer Reichskreise von Nöten, um die von reichsständischer Seite als Landfriedensbrüche eingestuften Konfliktfälle militärisch erfolgreich beenden zu können. Ein dauerhaft gebräuchliches reichsrechtliches Regelwerk, das die militärischen Kompetenzen der Kreisobristen in derartigen Fällen detailliert geregelt hätte, gab es dabei erstaunlich lange nicht, so wie auch die Rechte der Reichskreise zur wechselseitigen Kooperation lange ungeregelt blieben. Dies änderte sich erst mit der Reichsexekutionsordnung von 1555, die auf reichsständische Initiative schon ab 1554 im Rahmen eines Reichskreistags ausgearbeitet und im Folgejahr auf einem Reichstag in Augsburg verabschiedet wurde. Sie bildete fortan das reichsrechtliche Fundament für sämtliche militärischen Befugnisse der Reichskreise.⁹⁷⁵ Die Reichsexekutionsordnung enthielt Regelungen, die keine direkten Mitwirkungsrechte des Kaisers in der Landfriedenswahrung außerhalb seiner eigenen Erbländer mehr vorsahen und übertrug die Landfriedensaufsicht im Reich weitgehend auf die Reichskreise und deren Kreisobristen. Für den Fall größerer den Landfrieden bedrohender Gefahrenlagen legitimierte das Regelwerk auch die Kooperation mehrerer Reichskreise miteinander, wodurch erstmals ein eingeschränktes Bündnisrecht der Reichskreise untereinander reichsrechtlich fixiert wurde.⁹⁷⁶ Mit der Verteidigung des Reiches gegenüber auswärtigen Bedrohungen wurden die Reichskreise in der Reichsexekutionsordnung von 1555 allerdings noch nicht ausdrücklich in Verbindung gebracht, wohl aber in einer späteren Novellierung, die das Regelwerk 1570 durchlief.⁹⁷⁷ Sie sah vor, dass die Reichskreise künftig auch außerhalb eines Türkenkriegs gegen auswärtige Potentaten militärisch aktiv werden konnten, wenn es die Sicherheit des Reiches und seiner Stände erfordere.⁹⁷⁸

 Vgl. Mohnhaupt: Die verfassungsrechtliche Einordnung der Reichskreise in die Reichsorganisation (Anm. 56), S. 9 – 11.  Folgende Paragraphen der Reichsexekutionsordnung von 1555 sind für die Kooperation benachbarter Kreise von Bedeutung: §§ 62– 67, 78 – 79, vor allem aber §§ 94, 96. Vgl. dazu Moser: Von der Teutschen Crays-Verfassung (Anm. 60), Kap. „Von Gebrauch der Crays-Mannschafft in Kriegs- und Fridenszeiten“, S. 565 – 568.  Zu den Novellierungen der Reichsexekutionsordnung in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vgl. Kopp: Gründliche Abhandlung von der Association derer vordern Reichs-Craysse (Anm. 90), S. 59 – 62; ferner Lanzinner: Friedenssicherung und politische Einheit des Reiches unter Kaiser Maximilian II. (1564– 1576) (Anm. 99), S. 233 – 237, 343 – 350, 426 – 429 zu „Kreisoberstentagungen“ S. 439 – 444.  Vgl. Bernhard Sicken: Das Wehrwesen des fränkischen Reichskreises. Aufbau und Struktur (1681– 1714). Nürnberg 1966, 28; ferner allgemein Lanzinner: Friedenssicherung und Zentralisierung der Reichsgewalt. Ein Reformversuch auf dem Reichstag von Speyer 1570 (Anm. 99).

Aus Sicht des Reiches substituierte die Reichsexekutionsordnung damit zumindest teilweise eine nicht vorhandene Reichskriegsverfassung. Für die Reichsstände wiederum bot sie die Möglichkeit, sich im Rahmen der Landfriedenswahrung und der Abwehr auswärtiger militärischer Bedrohungen zumindest auf Reichskreisebene auf reichsrechtlich völlig legalem Wege miteinander zu verbünden und eigene Truppen anzuwerben, ohne zuvor die Einwilligung des Kaisers eingeholt zu haben.⁹⁷⁹ Diese Möglichkeit musste vor allem für diejenigen Reichsstände von besonderem Interesse sein, die sich im Besitz eines Kreisobristenamtes befanden. Für sie bot die Kreisverfassung des Reichs die Möglichkeit, sich als Oberbefehlshaber einer Kreisarmee eine herausgehobene Stellung gegenüber ihren Mitkreisständen zu erlangen oder abzusichern und ließ sie als Bündnispartner für andere Kriegsherren innerhalb wie außerhalb des eigenen Reichskreises besonders attraktiv werden. In den folgenden Ausführungen soll daher der Frage nachgegangen werden, inwieweit die Reichskreisverfassung in der Epoche des Dreißigjährigen Kriegs für reichsständische Bündnisbemühungen eine Rolle spielte. Ebenso beachtet werden sollen dabei jene Fälle, in denen ausländische Potentaten sich der Reichskreisverfassung für ihre eigene Kriegsführung und Bündnispolitik zu bedienen versuchten. Dabei wird ein chronologisches Vorgehen gewählt, angefangen von den vor allem unter konfessionellen Vorzeichen stehenden Konfessionsbündnissen im Reich ab 1608. Zuerst wird das Verhältnis von Protestantischer Union und Katholischer Liga zur Reichskreisverfassung zu untersuchen sein, gefolgt von den Versuchen des dänischen, später auch des schwedischen Königs, sich einzelne oder mehrere Reichskreise eigenen Kriegsunternehmungen im Reich dienstbar zu machen. Ein weiteres Teilkapitel wird sich dem „Leipziger Bund“ unter kursächsischer Führung widmen. Abschließend sollen noch aus der Zeit nach dem Prager Frieden, in der keine primär nach Konfessionszugehörigkeit gebildeten reichsständischen Partikularbündnisse mehr existierten, zwei Kreisassoziationsprojekte unter Führung Kurbayerns und Kurkölns untersucht werden.

 Vgl. zur Thematik zuletzt Susanne Friedrich: Legitimationsprobleme von Kreisbündnissen. Neue Überlegungen zu einer „alten“ Debatte, in: Faszinierende Frühneuzeit. Reich, Frieden, Kultur und Kommunikation 1500 – 1800; Festschrift für Johannes Burkhardt zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Wolfgang Weber/Regina Dauser. Berlin 2008, S. 27– 50, hier 33 – 37.

I Reichskreise und konfessionelle Bünde, 1608 – 1635 1 Konkurrenz oder Symbiose? Zum Verhältnis von Union und Liga zur Reichskreisverfassung Die Gründung der Protestantischen Union im Jahr 1608 wurde in der älteren deutschen Geschichtsschreibung lange Zeit als entscheidende Weichenstellung hin zur dreißigjährigen Kriegskatastrophe ab 1618 gedeutet. Demnach sei mit der Gründung der Union und ihrem katholischen Gegenbündnis, der Liga, der alten Reichsverfassung gleichsam der Todesstoß versetzt und mit den beiden Bundesorganisationen schon erste Schritte auf dem Weg zu Errichtung „eines neuen Gemeinwesens“ (Moriz Ritter) beschritten worden.⁹⁸⁰ Da die Union allerdings ein Staatsmodell vor Augen gehabt habe, das mit dem der Katholiken völlig unvereinbar gewesen sei, sei der Ausbruch eines großen Krieges zwischen den Konfessionsparteien nur noch eine Frage der Zeit gewesen.⁹⁸¹ Jüngere Studien teilen diese Interpretation kaum mehr. Sie betonen vielmehr den defensiven Charakter der beiden Bünde und ihr Bestreben, die alte Verfassungsordnung im Reich zu bewahren – und nicht etwa zu zerstören.⁹⁸² Dies bedeutet im Umkehrschluss freilich nicht, dass sich Union und Liga stets darin einig gewesen wären, wie die Reichsverfassung im Detail zu interpretieren war oder wann ein schwerwiegender Verstoß gegen eines der Fundamentalgesetze des Reichs oder das Reichsherkommen überhaupt vorlag.

 So Moriz Ritter: Geschichte der deutschen Union, 2 Bde. Schaffhausen 1867/1873, Zitat aus dem Vorwort von Bd. 2, S. 3 f.  Nicht zufällig widmete sich der erste Band des großen Editionsprojekts „Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges“ der Bayerischen Akademie der Wissenschaften der Gründung der Union: Ritter (Hrsg.): Die Gründung der Union (Anm. 267).  Die wichtigsten jüngeren Beiträge zur Geschichte der Union stellen dar: Gotthard: Protestantische „Union“ und Katholische „Liga“ – Subsidiäre Strukturelemente oder Alternativentwürfe? (Anm. 353); Winfried Schulze: Kaiserliches Amt, Reichsverfassung und Protestantische Union, in: Reichsständische Libertät und habsburgisches Kaisertum (Anm. 293), S. 195 – 209; Gregor Horstkemper: Die protestantische Union und der Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. Kriegstreibende Integrationsprobleme eines Defensivbündnisses, in: Friedliche Intentionen, kriegerische Effekte. War der Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges unvermeidlich?, hrsg. v. Winfried Schulze (Studien zur neueren Geschichte, Bd. 1). St. Katharinen 2002, S. 21– 51; grundlegend für den jüngsten Forschungsstand sind zudem die Aufsätze in Albrecht Ernst/Anton Schindling (Hrsg.): Union und Liga 1608/09 (Anm. 292). https://doi.org/10.1515/9783110558739-008

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Für diese Studie ist von besonderem Interesse, wie sich die beiden konfessionellen Bündnisse zur Kreisverfassung des Reichs positionierten und welchen Umgang sie mit einzelnen Reichskreisen pflegten. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auch der Frage gelten, inwieweit sich die bündnispolitische Lage im Reich nach 1608 und während des Dreißigjährigen Krieges auf das institutionelle Eigenleben einzelner Reichskreise ausgewirkt hat.

1.1 Die Gründung von Union und Liga als Herausforderung der Reichsexekutive 1.1.1 „… in subsidium ermangleter craißhilfen“? Der „Fall Donauwörth“ und die Gründung der Protestantischen Union Die Hauptstreitpunkte um die Auslegung des Augsburger Religionsfriedens von 1555, einem der wichtigsten Fundamentalgesetze des Reiches, sind bereits zur Genüge erforscht und dargestellt worden und müssen an dieser Stelle nicht detailliert wiederholt werden.⁹⁸³ In den ersten Jahrzehnten nach 1555 beeinträchtigte der grundsätzliche Dissens der Konfessionsparteien in religionspolitischen Fragen die politische Handlungsfähigkeit des Reichsverbandes noch nicht wesentlich.⁹⁸⁴ Dies änderte sich jedoch von dem Zeitpunkt an, als eine Seite den konfessionspolitischen status quo in Frage zu stellen begann und Ambitionen erkennen ließ, ihre eigene Interpretation strittiger Punkte des Religionsfriedens ohne Rücksichtnahme auf gegenteilige Meinungen für verbindlich zu erklären und tatkräftig durchsetzen zu wollen. Aus Sicht vieler Protestanten trat genau dies im Lauf der Regierungszeit Kaiser Rudolfs II. ein. Einen wichtigen Wendepunkt stellten zweifellos die Jahre 1582/83 dar, als bei einem Reichstag in Augsburg eine katholische Mehrheit dem protestantischen Administrator des Erzstifts Magdeburg die Session im Reichsfürstenrat verweigerte.⁹⁸⁵ Gemäß der katholischen Lesart des Augsburger Religionsfriedens, ins Vgl. beispielsweise Gotthard: Der Augsburger Religionsfrieden (Anm. 267); Maximilian Lanzinner: Konfessionelles Zeitalter 1555 – 1618. Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. 10., völlig neu bearb. Aufl. Stuttgart 2001; einen konzisen Überblick über die Hauptstreitpunkte der Konfessionsparteien in der Auslegung bestimmter Regelungen des Friedens bietet Gotthard: Das Alte Reich (Anm. 4), S. 69 – 72.  Vgl. hierzu die grundlegenden Studien von Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert (Anm. 28) und Luttenberger: Kurfürsten, Kaiser und Reich (Anm. 28).  Bereits kurz zuvor hatte eine vom Kaiser forcierte Ausschaltung protestantischer Mitglieder des Aachener Stadtrats für Verstimmungen auf dem Reichstag gesorgt, vgl. Hans-Wolfgang Bergerhausen: Die Stadt Köln und die Reichsversammlungen im konfessionellen Zeitalter. Ein Beitrag zur korporativen reichsständischen Politik 1555 – 1616 (Veröffentlichungen des Kölnischen Ge-

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besondere des Geistlichen Vorbehalts, hätte Magdeburg als geistliches Territorium im Konfessionsstand von 1552 verharren und damit katholisch bleiben müssen. Von protestantischer Seite war der Geistliche Vorbehalt in der politischen Praxis jedoch kaum anerkannt worden. So konnte der Sessionsstreit um Magdeburg ohne eine grundsätzliche Einigung über die Handhabung des Geistlichen Vorbehalts keiner Lösung zugeführt werden und sorgte fortan auf jedem weiteren Reichstag und Reichsdeputationstag für Konflikte zwischen den Konfessionsparteien.⁹⁸⁶ Die konfessionspolitische Frontstellung im Reich verschärfte sich schon unmittelbar nach Ende des Augsburger Reichstags weiter, als die Konversion des Kölner Erzbischofs Gebhard Truchsess von Waldburg die bisherige katholische Mehrheit im Kurkolleg in Frage stellte und die bayerischen Wittelsbacher zu einer bewaffneten Intervention bewog, die 1588 zum Rücktritt des Erzbischofs zugunsten eines Angehörigen der Wittelsbacherdynastie führte.⁹⁸⁷ Eine mit den „Kölner Wirren“ durchaus vergleichbare Auseinandersetzung um die Besetzung des Straßburger Bischofssitzes im Lauf der 1590er Jahre folgte, in der sich die katholische Partei letztendlich ebenfalls behaupten konnte.⁹⁸⁸ In allen diesen Fällen hatten sich sowohl das Reichsoberhaupt, Kaiser Rudolf II., wie auch das Reichskammergericht klar gegen die Ansprüche protestantischer Prätendenten gestellt und eine Entscheidung zugunsten von Katholiken erwirkt.⁹⁸⁹ Infolgedessen setzte sich auf protestantischer Seite zunehmend der Eindruck einer konfessionell parteiischen Rechtsprechung durch die beiden höchsten Reichsgerichte fest, was angesichts eines katholischen Reichsoberhaupts und eines katholisch dominierten Reichstags umso bedrohlicher wirken musste.

schichtsvereins e.V., 37). Köln 1990, S. 169 – 173; Schneider: Der Niederrheinisch-Westfälische Kreis im 16. Jahrhundert (Anm. 29), S. 425 – 442.  Vgl. Press: Kriege und Krisen (Anm. 4), S. 161– 167.  Ausführlich Max Lossen: Der Kölnische Krieg. Bd. 1: Vorgeschichte 1561– 1581; Bd. 2: 1582– 1586, 2 Bde. Gotha 1882/1887.  An der Wende zum 17. Jahrhundert reichten auch katholische Orden erste Restitutionsklagen vor den beiden höchsten Reichsgerichten ein. Die Prozesse sind als „Vierklösterstreit“ bekannt geworden, vgl. Dietrich Kratsch: Decision oder Interpretation – Der „Vierklosterstreit“ vor dem Reichskammergericht, in: Die Politische Funktion des Reichskammergerichts, hrsg. v. Bernhard Diestelkamp (QFHG, 24). Köln 1993, S. 41– 58.  Eine konzise Zusammenstellung der wichtigsten konfessionellen Konfliktfälle um 1600 bietet Heckel: Deutschland im konfessionellen Zeitalter (Anm. 4), S. 82– 89; vgl. ferner Georg Schmidt: Die Union und das Heilige Römische Reich deutscher Nation, in: Union und Liga 1608/ 09 (Anm. 292), S. 9 – 28, hier 11 f.; Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 22– 27. Zum Vorwurf der konfessionellen Voreingenommenheit des Reichshofrats unter Kaiser Rudolf II. vgl. zudem Ehrenpreis: Kaiserliche Gerichtsbarkeit und Konfessionskonflikt (Anm. 23), S. 26.

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Die Reichskreise spielten aber in dieser Entwicklung vorerst keine bedeutende Rolle, was auf den ersten Blick durchaus überrscht, denn schließlich standen ihnen als regulären „Exekutivorganen“ des Reiches Kompetenzen in der Vollstreckung der Reichsgerichtsurteile zu. In der politischen Praxis des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts kamen diese Kompetenzen aber eher selten zur Anwendung: In den meisten konfessionspolitisch aufgeladenen Konflikten der 1580er und 1590er Jahre kam es gar nicht zu reichsgerichtlichen Endurteilen, da die entsprechenden Auseinandersetzungen durch außergerichtliche, politische Vereinbarungen der Konfliktparteien einer Regelung zugeführt wurden, oft unter Vermittlung kaiserlicher Kommissionen.⁹⁹⁰ Im Fall der Reichsstadt Aachen griff eine kaiserliche Kommission 1598 direkt in die innere Verfassung der Stadt ein, um eine katholische Ratsmehrheit wiederherzustellen, so wie sie noch bei Abschluss des Augsburger Religionsfriedens bestanden hatte.⁹⁹¹ Den Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis hatte der Kaiser dabei außen vor gelassen. Während im letztgenannten Fall das kaiserliche Eingreifen zur Rekatholisierung einer Reichsstadt noch keinen anhaltenden Widerstand protestantischer Reichsstände nach sich zog, provozierte nur wenige Jahre später das Schicksal einer anderen Reichsstadt, des schwäbischen Donauwörths, eine sehr viel entschiedenere Gegenreaktion der Protestanten. Die Stadt hatte sich in Folge der mehrfachen Behinderung einer Prozession eines innerhalb ihrer Mauern gelegenen Benediktinerklosters eine Anklage wegen Landfriedensbruchs vor dem Reichshofrat eingehandelt, die letztlich zur Ächtung Donauwörths führte.⁹⁹² Schon das Ächtungsverfahren selbst wurde von vielen protestantischen Reichsständen schwerer Kritik unterzogen – nicht zuletzt von Kurpfalz und Kurbrandenburg, die die Vorwürfe gegen Donauwörth vor dem Reichskammergericht, nicht aber dem direkt am Kaiserhof angesiedelten Reichshofrat verhandelt sehen wollten.⁹⁹³ Doch erst die Art und Weise der Exekution der Reichsacht gegen die

 Vgl. die vielfältigen Beispiele bei ebd., zu Klosterprozessen insbesondere S. 125 – 186, zu Konfessionskonflikten in Reichsstädten S. 187– 244.  Im Lauf der „Aachener Wirren“ kamen immer wieder kaiserliche Kommissionen zum Einsatz, die nach mehrjähriger Vermittlungsarbeit 1598 ein zwischenzeitlich erfolgtes Ächtungsurteil gegen den städtischen Rat militärisch exekutieren ließen und eine Neubesetzung des Rates erzwangen, vgl. Schneider: Der Niederrheinisch-Westfälische Kreis im 16. Jahrhundert (Anm. 29), S. 437, 441 f.; Heinz Schilling: Bürgerkämpfe in Aachen zu Beginn des 17. Jahrhunderts, in: ZHF 1 (1974), S. 175 – 231, hier insbesondere 180.  Vgl. Schmidt: Die Union und das Heilige Römische Reich deutscher Nation (Anm. 989), hier S. 12; Lanzinner: Donauwörth. Der bayerische Griff nach der Reichsstadt 1607/1608 (Anm. 183).  Vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 398. Aufgeschlossener zeigte sich Kursachsen, das eine Zuständigkeit des Reichshofrats auch in Ächtungsfällen nicht grundsätzlich ablehnte.

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kleine schwäbische Reichsstadt im Jahr 1607 ließ die Causa Donauwörth aus protestantischer Sicht vollends zum Skandal werden: Entgegen den Vorschriften der Reichsexekutionsordnung übertrug Kaiser Rudolf II. die Vollstreckung des Ächtungsmandats nicht etwa dem Schwäbischen Reichskreis bzw. dessen Kreisobristen, sondern dem Herzog von Bayern. Dieser ließ Donauwörth daraufhin mit einer gewaltigen Streitmacht besetzen und rekatholisieren, um die Stadt im Anschluss mit Verweis auf die Unkosten der Strafaktion dauerhaft unter bayerische Verwaltung zu stellen.⁹⁹⁴ Die Reichsstadt sank damit zuerst faktisch, später auch rechtlich zur bayerischen Landstadt herab und ging dem Schwäbischen Reichskreis als eigenständiger Kreisstand verloren.⁹⁹⁵ In einer von Maximilian von Bayern bei seinen Räten in Auftrag gegebenen und anonym im Druck veröffentlichten Rechtfertigungsschrift wurde die Umgehung des Schwäbischen Reichskreises bei der Exekution des Ächtungsurteils mit einer durchaus erstaunlichen Begründung erklärt⁹⁹⁶: Da der Kaiser noch immer als höchstrichterliche Instanz im Reich zu gelten habe, und in seiner Jurisdiktion durch das Reichskammergericht lediglich unterstützt, nicht aber ersetzt werde, dürfe er auch frei über den Weg der Vollstreckung seiner Urteile entscheiden. An die Reichsexekutionsordnung – und damit auch die Zuhilfenahme der Reichskreise – sei er im Gegensatz zum Reichskammergericht nicht gebunden und könne, sofern es ihm praktikabel erscheine, die Exekution auch einzelnen Reichsständen übertragen. Denn nirgendwo sei in den Reichskonstitutionen erwähnt, dass der Kaiser die Vollstreckung seiner eigenen Ächtungsurteile „præcisè den Craissen/als noch höchern Oberhäuptern/ vnnd Herren vberlassen müßt/ sondern es hat der Römische Kayser sein Keyserlich Ambt/ Macht vnd Gewalt/ in Landfridbrüchiger Cognition, Execution diser zeit noch/ wie sie bey dero Vorfordern

 Vgl. ebd., S. 394– 403; Lanzinner: Donauwörth. Der bayerische Griff nach der Reichsstadt 1607/1608 (Anm. 183); in seiner Ausführlichkeit unübertroffen: Felix Stieve: Der Ursprung des Dreißigjährigen Krieges. Der Kampf um Donauwörth im Zusammenhange der Reichsgeschichte. München 1875.  Zur fortgesetzten Bindung Donauwörths in Reichs- und Kreissteuersachen an den Schwäbischen Reichskreis in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges vgl. Kap. II.2.5, „Exkurs: Fiskalische Prozesse vor dem Reichskammergericht als Folge von Kreistagsbewilligungen am Beispiel des Schwäbischen Reichskreises“ im ersten Hauptkapitel dieser Studie.  Es handelte sich um die vom bayerischen Geheimrat Wilhelm Jocher verfasste „Anonym [Wilhelm Jocher]: Donawöhrtische Relation, das ist, gründlicher wahrer Bericht und bestendige, kurze Erzehlung alles deßjenigen, was eine Zeit hero vor, bei und nach dem wider die Statt Schwäbisch – oder Donawöhrt unlangst angestellten Prozeß, Achtserklärung und darauf ervolgter Execution sich zugetragen, woher auch und aus was Ursachen solches alles entsprungen […]. o.O. 1610. Inhalt und Zustandekommen der ausführlichen Flugschrift wird detailliert erläutert bei Stieve: Der Ursprung des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 994), S. 420 – 422.

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am Reich/ Vor vnd nach der Cammergerichts Ordnung/ vnnd deputierten Craiß Obristen geweßt“. Schließlich seien die Reichskreise und die Reichsexekutionsordnung in erster Linie zur Verbesserung der Exekutivmöglichkeiten von Reichskammergerichtsurteilen „absente Imperatore“ errichtet worden, nicht aber, um einen im Reich präsenten und handlungsfähigen Kaiser zu entmachten.⁹⁹⁷ Zudem habe der Herzog von Württemberg schon längst für die Geächteten Partei ergriffen und die Rechtmäßigkeit des Prozesses gegen Donauwörth in Zweifel gezogen, weshalb eine Vollstreckung des Urteils durch den Schwäbischen Reichskreis nicht zu erwarten gewesen sei. In einem solchen Verweigerungsfall fordere die Reichsexekutionsordnung in ihrer Novellierung von 1570 aber ausdrücklich das Einschreiten des Obristen des „nächstgesessenen“ Nachbarkreises – und dies sei Maximilian von Bayern als bayerischer Kreisobrist!⁹⁹⁸ Inwieweit die hier wiedergegebenen Argumente den tatsächlichen politischen Überzeugungen Herzog Maximilians entsprachen, muss offen bleiben, zumal die entsprechende Flugschrift auch nicht offiziell im Namen des bayerischen Fürsten, sondern anonym publiziert wurde.⁹⁹⁹ Angesichts des Umstands, dass sich der Bayernherzog bei anderen Gelegenheiten nur allzu oft als selbstbewusster Verfechter reichsständischer Selbstbestimmung präsentierte, sind zumindest bezüglich der Passagen zur uneingeschränkten kaiserlichen Exekutivgewalt gewisse Zweifel angebracht.¹⁰⁰⁰ Doch der Verweis auf die vermeintliche Parteilichkeit Württembergs und die daraus resultierende Ungewissheit über die Handlungsfähigkeit des Schwäbischen Reichskreises dürften wohl tatsächlich für die kaiserlich-katholische Seite ein Hauptgrund gewesen sein, den Württemberger gleich von Anfang an in der Exekutionsfrage gegen Donauwörth zu übergehen. Am derart düpierten Stuttgarter Herzogshof zog man daraufhin seine eigenen Konsequenzen: Ein Gutachten württembergischer Räte über den Zustand des Reiches vom Mai 1608 kam in Anbetracht der Vorkommnisse um Donauwörth sowie dem Abbruch des letzten Regensburger Reichstags ohne Reichsabschied zu dem Fazit, „dass sich niemands allein auf die reichssazungen verlassen darf“. Insbesondere der Fall um die Ächtung der schwäbischen Reichsstadt lege nahe, so das Gutachten weiter, dass die Kreisverfassung den protestantischen Reichs-

 Anonym [Wilhelm Jocher]: Donawöhrtische Relation (Anm. 996), Zitate S. 170 f.  Vgl. ebd., S. 172; vgl. hierzu auch Stieve: Der Ursprung des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 994), S. 421.  Grundlegend zur Problematik Foucault, Michel: Archäologie des Wissens (Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft, 356). Frankfurt a. Main 1981 (Erstausgabe 1969), hier vor allem S. 33 – 39; Landwehr, Achim: Geschichte des Sagbaren. Einführung in die historische Diskursanalyse. Tübingen 2001, S. 107– 111.  Vgl. ferner Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 399.

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und Kreisständen nicht mehr ausreichend Schutz gewähre. Demnach sei es für die Protestanten ratsam, sich „in subsidium ermangleter craißhilfen“ um zusätzliche Absicherungen zu bemühen.¹⁰⁰¹ Sehr ähnlich dachte man auch an anderen protestantischen Fürstenhöfen, allen voran im kurpfälzischen Heidelberg. Die Kurfürsten von der Pfalz verstanden sich schon seit Längerem als Anführer einer antihabsburgischen protestantischen Ständeopposition und warfen den Habsburgern und ihren katholischen Verbündeten schon seit Jahren zu verschiedenen Gelegenheiten immer wieder vor, das Reich und seine Institutionen gegen protestantische Interessen in Stellung zu bringen.¹⁰⁰² Bisher hatte sich die kurpfälzische Reichspolitik vor allem auf Obstruktion in verschiedenen Reichsinstitutionen verlegt, jedoch eröffnete die Empörung über den Fall Donauwörth und das Gefühl mangelnden Schutzes im lutherischen und calvinistischen Teil des Reiches den Kurpfälzern die Möglichkeit, weit mehr Reichsstände hinter sich zu versammeln und fester an sich zu binden, als das bisher der Fall gewesen war.¹⁰⁰³ Wie Axel Gotthard herausgearbeitet hat, führte jedoch kein direkter Weg von Donauwörth zur Gründung eines großen protestantischen Bündnisses im Reich. Erst das Scheitern des Regensburger Reichstags im Frühjahr 1608 sowie die unmittelbar darauf folgende Eskalation des „Bruderzwists im Hause Habsburg“ ließen das Bedrohungsgefühl auf protestantischer Seite derart ansteigen, dass neue Einungsbestrebungen Erfolg haben konnten.¹⁰⁰⁴ Die entscheidenden Impulse kamen dabei wiederum aus Heidelberg – allerdings ohne von Anfang an auf die Gründung eines größeren Bundes abzuzielen. Als kurz nach dem Abbruch des Reichstags Kaiser Rudolf II. größere Söldnerheere anwerben und nach Böhmen führen ließ, um sich im innerdynastischen Kampf mit seinem Bruder Matthias behaupten zu können, beschlich Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz die Sorge, jene Truppen könnten auch in die Böhmen benachbarte kurpfälzische Oberpfalz einfallen. Da der Kurfürst der Überzeugung war, keine Hilfe von seinen katholischen Nachbarn im Kurrheinischen Reichskreis zu erhalten, zu dem die Oberpfalz zumindest nominell gehörte, ersann man in Heidelberg den Plan einer „Landrettung“: Anstatt auf eine Kreisdefension zum Landfriedensschutz zu drängen, sollte ein kleines Bündnis einander benachbar-

 Zitate nach Gotthard: Die Union von Auhausen (1608 – 1621) (Anm. 325), hier S. 52.  Zur antihabsburgischen Politik der Kurpfalz vor 1618 vgl. zuletzt insbesondere Anton Schindling: Gab es eine Kurpfälzer Kriegsschuld? Die Pfalzgrafen bei Rhein und die Union 1608 bis 1622, in: Union und Liga 1608/09 (Anm. 292), S. 301– 341.  Zu früheren kurpfälzischen Bündnisprojekten ab den späten 1580er Jahren vgl. ebd., S. 320 – 324.  Vgl. Gotthard: Die Union von Auhausen (1608 – 1621) (Anm. 325), S. 50 – 52.

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ter protestantischer Territorien im fränkisch-oberpfälzischen Raum sich gegenseitige Hilfe zur Erhaltung des Landfriedens garantieren und damit der Kurpfalz ihre entlegene östliche Provinz sichern helfen. Dafür nahm der kurpfälzische Statthalter für die Oberpfalz, Christian von Anhalt, im April 1608 entsprechende Verhandlungen mit den beiden protestantischen Markgrafen von Kulmbach und Ansbach sowie der Reichsstadt Nürnberg auf.¹⁰⁰⁵ Dass dann aber schon am 11. Mai 1608 in Auhausen ein sehr viel größeres Bündnis aus der Taufe gehoben wurde, lag in erster Linie daran, dass der Markgraf von Ansbach schon nach der ersten Fühlungnahme mit den Kurpfälzern den ihm benachbarten Pfalzgrafen von Neuburg zur Partizipation an dem „Landrettungsprojekt“ einlud – und dieser holte wiederum den Herzog von Württemberg und den Markgrafen von BadenDurlach hinzu.¹⁰⁰⁶ Offensichtlich hegten weit mehr süddeutsche Protestanten das Bedürfnis nach einer bündnispolitischen Absicherung, als man es am Heidelberger Hof ursprünglich überhaupt zu hoffen gewagt hatte. Doch welche Konsequenzen hatte dies für die Kreisverfassung? War diese mit der Gründung jenes Bündnisses, das in der Historiographie zumeist unter der Bezeichnung „Protestantische Union“ firmiert, gar obsolet geworden?

1.1.2 Zum Verhältnis von Union und Liga zur Reichskreisverfassung Schenkt man dem Gründungsdokument der Union, ihrer Bundesakte, Glauben, so sollte dies keineswegs der Fall sein.¹⁰⁰⁷ In der Präambel des Vertragstextes werden als Anlass der Bundesgründung Verstöße gegen den Ewigen Landfrieden aufgeführt, zu denen es gekommen sei, da es im Reich zuletzt Fehlinterpretationen oder Missachtungen der Reichsexekutionsordnung gegeben habe.¹⁰⁰⁸ Doch würden es die Mitglieder des neuen Bundes niemandem mehr erlauben, mittels einer eigenmächtigen Auslegung der Exekutionsordnung „die uhralte löbliche gantze

 Vgl. Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 29 – 33; Gotthard: Die Union von Auhausen (1608 – 1621) (Anm. 325), S. 51 f.  Vgl. Schmidt: Die Union und das Heilige Römische Reich deutscher Nation (Anm. 989), S. 21; Gotthard: Die Union von Auhausen (1608 – 1621) (Anm. 325), S. 52.  Die im Folgenden zitierte Edition gibt den Vertragstext gemäß der Originalurkunde für Württemberg vom 4. (14.) Mai 1608 aus dem Staatsarchiv Stuttgart wieder. Sie findet sich bei Albrecht Ernst: Gründungsdokumente von Union (1608) und Liga (1609), in: Union und Liga 1608/ 09 (Anm. 292), S. 343 – 372, hier S. 350 – 360.  Gemäß der Reichsverfassung müssten „die stende des heiligen römischen reichs mit den krays- und executionshilffen einander würcklichen beyzuspringen und die handt zu raichen schuldig sein“; aber derzeit würde„die darüber verfaßte executionsordnung zum theil in beschwerlichen mißverstand gezogen“. ebd., S. 350 f, obiges Zitat 351.

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verfassung des reichs in einen hauffen zu werffen“.¹⁰⁰⁹ Zum Schutz der bestehenden Ordnung beabsichtige die Union jedoch keinesfalls in Konkurrenz zu bestehenden Elementen der Reichsverfassung, wie etwa der Kreisverfassung, treten zu wollen. Ganz im Gegenteil: Die Union diene „vil weniger aber des hey. reichs constitutionen zu abbruch, sondern vilmehr zu besterckung derselben und beßerer erhaltung fridens und einigkeit im reich“.¹⁰¹⁰ In Artikel 6 der Bundesordnung wurde ein auf Komplementarität abzielendes Verhältnis zwischen dem Bund und der Kreisverfassung sogar noch expliziter formuliert: „Demnach auch dise verein die executionsordnung nicht uffhebt, sonder allein in subsidium derselben angesehen, sollen die unierte schuldig sein, da sie wider den landfriden betrangt oder beschwert würden, bey den kraysen, vermög gedachter ordnung, umb die verordnete hilff, succurs und assistentz anzusuchen, bevorab wann es die zeit erleiden mag, und man ime solcher hilff halber einige hoffnung machen khan.“¹⁰¹¹ Demnach sollte der Landfriedensschutz nach wie vor im Normalfall durch die Reichskreise gewahrt werden. Die Union sollte nur zum Einsatz kommen, wenn die Funktionsfähigkeit der Kreise nicht mehr sichergestellt oder ihre Aktivierung zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Wann Letzteres der Fall war, wurde allerdings nicht eindeutig definiert und blieb damit im Ermessensspielraum der Bundesmitglieder. Somit war eine Konkurrenz zwischen Kreisverfassung und Union letzten Endes doch nicht ausgeschlossen. Von einem plötzlichen Ende des politischen Eigenlebens der Reichskreise ging aber wohl niemand in der Union aus. Darauf weist auch Artikel 4 der Bundesakte hin: Mit ihm verpflichteten sich die Unionsmitglieder, „sowol bei reichsund kraysversamblungen […] gute vertrawliche correspondentz haben und halten“ zu wollen, um bei künftigen Reichs- und Kreistagen politisch geeint auftreten zu können.¹⁰¹² Gemessen an der Wortwahl ihrer Bundesakte stellte die Gründung der Union jedenfalls geradezu einen reichspatriotischen Akt dar. Auf katholischer Seite war man diesbezüglich freilich anderer Meinung und sah in der neuen protestantischen Einung keine Stütze der Reichsverfassung, sondern vielmehr eine Neuauflage des Schmalkaldischen Bundes und damit einen protestantischen Partikularbund, der mangels kaiserlicher Zustimmung auf reichsrechtlich fragwürdiger Basis stand.¹⁰¹³ Eine nachträgliche Anerkennung durch das Reichs-

 Ebd., S. 351.  Ebd., S. 352.  Ebd., S. 355.  Vgl. ebd., S. 353.  Vgl. Schulze: Kaiserliches Amt, Reichsverfassung und Protestantische Union (Anm. 982), S. 204– 206.

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oberhaupt erhielt die Union auch nie. Vielleicht bemühten sich gerade deshalb viele ihrer Mitglieder noch Jahre nach der Gründung ihres Bundes bis kurz vor dem Dreißigjährigen Krieg mit zum Teil beträchtlichem Aufwand darum, ihre reichspatriotischen Absichten und die Vereinbarkeit ihrer Einung mit der Reichsund Kreisverfassung öffentlichkeitswirksam zu demonstrieren. Ein Beispiel bietet etwa das Stuttgarter Hoffest von 1616 anlässlich der Taufe des zweiten Sohnes des württembergischen Herzogs unter Teilnahme der wichtigsten Unionsfürsten.¹⁰¹⁴ Einer der größten Festumzüge der Veranstaltung widmete sich dabei dezidiert dem Verhältnis von Union, Reich und Reichskreisen: Angeführt von einer Allegorie namens „Kaiserin Germania“ mit einem Gefolge aus zehn Nymphen, die als Repräsentantinnen der zehn Reichskreise gekennzeichnet waren, folgte eine Figur der „Concordia“.¹⁰¹⁵ Die als „beste Freundin“ der Germania und ihrer KreisNymphen vorgestellte Concordia setzte auf einzelnen Stationen des Umzugs zu einem Loblied auf die Unionsfürsten an und pries, wie sie mit deren Hilfe wieder mit ihrem geliebten Reich und seinen Kreisen vereint worden sei und zugleich die „Disconcordia“ in Ketten gelegt habe. Die dem Aufzug folgende „Disconcordia“ wurde dann als angekettetes mehrköpfiges Monstrum in teils spanischer, teils

 Das Hoffest ist durch einen mit Kupferstichen illustrierten Bildband von Merian und Hulsen und eine ausführliche Festbeschreibung von Georg Rodolf Weckherlin in deutscher und englischer Sprache im offiziellen Auftrag des Stuttgarter Hofes dokumentiert worden. Ferner sind verschiedene weitere Berichte erhalten, unter anderem von dem berühmten Kunstagenten Philipp Hainhofer. Eine Edition vielfältiger Quellentexte bietet Ludwig Krapf/Christian Wagenknecht/Esaias van Hulsen/Matthäus Merian (Hrsg.): Stuttgarter Hoffeste. Texte und Materialien zur höfischen Repräsentation im frühen 17. Jahrhundert. Tübingen 1979; vgl. ferner auch Laure Ognois: Daß ein Cavallier seinen Dienst nicht besser kan anwenden, als denselben dem Vatterland zu nutzen den Unierten zu praesentieren. Politische Instrumentalisierung eines christlichen Ereignisses? Die Festtaufe Friedrichs von Württemberg im Jahr 1616, in: Union und Liga 1608/09 (Anm. 292), S. 227– 262.  Dieser Teil des Umzugs wurde vom Markgrafen Georg Friedrich von Baden-Durlach inszeniert. Im Bildband von Merian und Hulsen wird die Szene wie folgt beschrieben: „Dann hierauff ist allein auff einem prächtigen / hohen apffelgrawen Hengst / … Vnser Hertzliebste LandMutter / vnd Allergnädigste Herrscherin GERMANIA in einem leibfarben Seidin Kleid / mit einem Silbern Boden vnderlegt: Auff ihrem Haupt / hat sie ein Gülden / mit Edelgestein versetzte Kron: Jn der Rechten ein Gülden Scepter: Jn der Lincken den Gülden Keyserlichen Reichsapffel getragen. In gleicher Farb vnd Habit / seind jhre zehn getreweste / liebste Kreyß- vnd Cammer Jungfrawen … mit Silbern fliegenden Binden / auff gleichgezierdten Pferdten hernachgetrabt / vnnd hat ein jegliche / jhr / von so vil hundert Jaren her angeboren Chur- vnd Fürstliche Krayß-Wapen auff einer runden Taffel zum Kennzeichen vnd vnderschied mit sich geführt.“ Zitiert nach dem Abdruck bei Ludwig Krapf/Christian Wagenknecht (Hrsg.): Stuttgarter Hoffeste. Bd. 2 (Neudrucke deutscher Literaturwerke, N.F., 26). Tübingen 1979, S. 80 (Nr. 42/43).

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jesuitischer Gewandung dargestellt.¹⁰¹⁶ Abgesehen von diesen konfessionspolitischen Spitzen diente der Rest der Aufführung eindeutig dazu, die – zumindest aus protestantischer Sicht – positive und konstruktive Rolle der Unionisten im Reich und den Reichskreisen zu inszenieren. In der politischen Realität hatte die Gründung der Union dem Reich allerdings keineswegs die „Concordia“ gebracht, sondern vielmehr das Gegenteil: Schon unmittelbar im Jahr nach den protestantischen Bündnisvereinbarungen von Auhausen rief Maximilian von Bayern ein katholisches Gegenbündnis ins Leben. Die später unter dem Namen „Katholische Liga“ bekannt gewordene Vereinigung süddeutscher und rheinländischer katholischer Stände unter Führung Bayerns wurde 1609 in München gegründet und sollte dafür Sorge tragen, dass die Unionisten im oberdeutschen Raum kein militärisches Übergewicht erlangen konnten.¹⁰¹⁷ Auch im Fall der Liga stellte sich die Frage, wie sich der neue Bund zur bestehenden Kreisverfassung positionieren würde, denn wie die Union wurde auch die Liga formal als Landfriedensbund gegründet. In der Präambel des Gründungsdokuments der Liga vom Juli 1609 wurde zwar auch ein den Landfrieden bedrohender „mißverstand“ von Reichsgesetzen beklagt, die entsprechende Formulierung bezog sich jedoch einzig auf den Augsburger Religionsfrieden, nicht aber die Reichsexekutionsordnung und die Handhabung der Reichskreisverfassung.¹⁰¹⁸ Dennoch wurde als Bundeszweck definiert, dass die Liga neben dem grundsätzlichen Schutz der katholischen Religion insbesondere „zu mehrer volziechung und handthabung deß hey. reichs sazungen“ dienen solle, insbesondere auch der Reichsexekutionsordnung.¹⁰¹⁹ Eher beiläufig wird erwähnt, dass die bisherige Ordnung im Reich dennoch unange Vgl. Ognois: Daß ein Cavallier seinen Dienst nicht besser kan anwenden (Anm. 1014), S. 244 f. Ognois erwähnt den Auftritt der „Kreisnymphen“ nicht explizit. Vgl. aber die Ausführungen in der Darstellung Weckherlins, ediert bei Krapf/Wagenknecht/van Hulsen/Merian (Hrsg.): Stuttgarter Hoffeste (Anm. 1014), S. 57– 63.  Zur Gründung der Katholischen Liga vgl. allgemein Franziska Neuer-Landfried: Die Katholische Liga. Gründung, Neugründung und Organisation eines Sonderbundes 1608 – 1620 ([Münchener historische Studien / Abteilung Bayerische Geschichte, 9). Kallmünz (Opf.) 1968, S. 58 – 70; Andrea Litzenburger: Kurfürst Johann Schweikard von Kronberg als Erzkanzler. Mainzer Reichspolitik am Vorabend des Dreissigjährigen Krieges (1604– 1619) (Geschichtliche Landeskunde, Bd. 26). Stuttgart 1985, S. 219 – 240; Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 142– 147; Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 408 – 413.  Ernst: Gründungsdokumente von Union (1608) und Liga (1609) (Anm. 1007), S. 363 – 371. Die Edition basiert auf dem Exemplar für Herzog Maximilian vom 10. Juli 1609 aus dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv. Zitat ebd., S. 363. Die Nummerierung der Einzelartikel in der Edition von Ernst weicht von der älteren Edition durch Neuer-Landfried ab, vgl. Neuer-Landfried: Die Katholische Liga (Anm. 1017), S. 222– 229.  Vgl. Ernst: Gründungsdokumente von Union (1608) und Liga (1609) (Anm. 1007), S. 364.

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tastet bleiben solle.¹⁰²⁰ Eine explizite Erwähnung findet die Kreiseinteilung des Reiches nur in Artikel 12 der Ligasatzung, die dem Bundesobristen Maximilian von Bayern drei Adjunkten zur Beratung militärischer Fragen zur Seite stellt, denn die Auswahl der Adjunkten sollte nach den drei oberdeutschen Reichskreisen Schwaben, Franken und Bayern erfolgen.¹⁰²¹ Doch erst in späteren Verträgen zur Verlängerung und Reorganisation der Liga wurde das Verhältnis des Bundes zur Kreisverfassung eingehender thematisiert und ausdrücklich festgehalten, dass keines der Ligamitglieder durch seine Zugehörigkeit zum Bund „der gemainen khundtlihen abtheilung deß h. Reichß zechen kraisen […] endtzogen“ werden solle.¹⁰²² Demnach wollte sich die Liga, wie zuvor schon die Union, ebenfalls nicht als Konkurrenz zur Reichskreisverfassung verstanden wissen, sondern vielmehr als „subsidiäres Strukturelement“ zur Stützung einer nach wie vor vollgültigen Reichsverfassung, und damit auch der Reichskreise.¹⁰²³ Doch wie agierten Union und Liga in den Jahren und Jahrzehnten nach ihrer Gründung tatsächlich? Waren sie wirklich in der Lage, mit der Kreisorganisation des Reiches beziehungsweise einzelnen Reichskreisen in ein symbiotisches Verhältnis zu treten?

1.2 Symbiose? Das Verhältnis von Union und Liga zu Kreisdefensionsprojekten bis zum Ende des Böhmisch-Pfälzischen Krieges 1.2.1 Das Werben der Union um den Ober- und Niedersächsischen Reichskreis 1614/15 Schon im ersten Jahr nach ihrer Gründung in Auhausen konnte die Union ein ausgesprochen rasches Mitgliederwachstum verzeichnen. Aufgeschreckt vom Schicksal Donauwörths baten vor allem Reichsstädte aus dem Schwäbischen, Fränkischen und Oberrheinischen Reichskreis um die Aufnahme in das protestantische Schutzbündnis, darunter auch die regionalen Hauptorte Ulm, Nürnberg

 Vgl. ebd., S. 364.  Für den Schwäbischen Reichskreis wird der Bischof von Augsburg, Heinrich von Knöringen, nominiert, für Franken Bischof Julius von Würzburg, und für den Bayerischen Reichskreis der Bischof von Passau, Erzherzog Leopold. Vgl. ebd., S. 368.  Ein Beispiel wäre der Abschied des Ligatags von Regensburg im Jahr 1613. Der Abschied vom 13. Oktober 1613 ist ediert bei Altmann: Die Reichspolitik Maximilians I. von Bayern 1613 – 1618 (Anm. 348), S. 349 – 359, Zitat S. 358.  So die Formulierung im Aufsatztitel von Gotthard: Protestantische „Union“ und Katholische „Liga“ – Subsidiäre Strukturelemente oder Alternativentwürfe? (Anm. 353).

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und Straßburg, denen noch fünfzehn weitere Reichsstädte folgten.¹⁰²⁴ Ganz anders verlief jedoch die Entwicklung unter den reichsfürstlichen Mitgliedern: Von den größeren protestantischen Reichsfürstentümern konnte die Union in ihren Anfangsjahren nur noch Hessen-Kassel und Kurbrandenburg gewinnen, wobei sich das letztgenannte Kurfürstentum nicht dauerhaft in das Bündnis integrieren ließ.¹⁰²⁵ Für diese Entwicklung zeichnete nicht zuletzt der politische Anführer der Union, die Kurpfalz, selbst mitverantwortlich, die mit ihrem ausgeprägten Führungsanspruch manch andere standesbewusste Fürsten aus Furcht vor politischer Bevormundung von einem Beitritt abhielt. Auf Distanz zur Union blieb allen voran Kursachsen, das eine Mitgliedschaft in dem Partikularbündnis als weder mit seiner kurfürstlichen Präeminenz noch mit seiner traditionell auf Reichs- und Kaisertreue bedachten Reichspolitik für vereinbar hielt.¹⁰²⁶ Stattdessen mussten sich die Auhausener vom sächsischen Kurfürsten Christian II. den Vorwurf gefallen lassen, die Intention ihres Bündnisses ziele „alleine dahin, den kayserlichen Decretis nicht zu pariren“.¹⁰²⁷ Kaisertreue aber blieb aus Sicht der sächsischen Kurfürsten und ihres langjährigen wichtigsten reichspolitischen Ratgebers, Kaspar von Schönberg, nach wie vor die Pflicht eines jeden Reichsstands, und das unabhängig von seiner Konfessionszugehörigkeit.¹⁰²⁸ Da vor allem in den beiden sächsischen Reichskreisen die allermeisten protestantischen Fürsten dem kursächsischen Vorbild folgten – sei es aus ähnlicher reichspolitischer Überzeugung, oder schlicht aus Respekt vor der lutherischen Vormacht – konnte sich die Union nach 1610 nicht mehr weiter ausdehnen.¹⁰²⁹ So blieb sie, wie es Gregor Horstkemper pointiert formuliert, „de facto ein auf den süddeutschen Raum konzentriertes Regionalbündnis“.¹⁰³⁰

 Vgl. Horstkemper: Die protestantische Union und der Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. Kriegstreibende Integrationsprobleme eines Defensivbündnisses (Anm. 982), S. 30 f.  Vgl. ebd., S. 30 f, 34 f.  Vgl. Gotthard: „Politice seint wir bapstisch“. (Anm. 203). Mit Ausblick auf die kursächsische Politik im 16. Jahrhundert vgl. auch Burkhardt: Jenseits von Universalismus und Partikularismus (Anm. 203).  So die Formulierung in einem Brief Kurfürst Christans II. an die Union vom 18. März 1610, zitiert nach Gotthard: „Politice seint wir bapstisch“. (Anm. 203), S. 278.  Vgl. Burkhardt: Der Dreißigjährige Krieg. Einfluß der sächsischen Politik auf die deutsche Geschichte (Anm. 364); Schulze: Kaiserliches Amt, Reichsverfassung und Protestantische Union (Anm. 982), S. 204 f.; noch ausführlicher, aber die sächsische Position ausgesprochen abwertend beurteilend Gotthard: „Politice seint wir bapstisch“. (Anm. 203), hier insbesondere S. 277– 281.  In diesem Jahr erreichte die Union mit 29 Mitgliedern ihre weiteste Ausdehnung, vgl. Horstkemper: Die protestantische Union und der Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. Kriegstreibende Integrationsprobleme eines Defensivbündnisses (Anm. 982), S. 30.  Ebd., S. 30.

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Insbesondere in Heidelberg war man mit dieser Entwicklung ausgesprochen unzufrieden, denn dort hätte man nur allzu gerne die Union zur Vereinigung aller protestantischen Reichsfürsten unter kurpfälzischer Führung ausgebaut.¹⁰³¹ Auch das Herzogtum Württemberg machte sich immer wieder für eine weitere Expansion der Union innerhalb des Reichs stark, allen voran im Ober- und Niedersächsischen Reichskreis. Im Gegensatz zu den Kurpfälzern verband man in Stuttgart mit der Gewinnung norddeutscher, in ihrer Konfession vor allem lutherischer Unionsmitglieder jedoch auch die Hoffnung, die moderaten, auf einen Ausgleich bedachten Kräfte innerhalb der Union zu stärken – im Idealfall doch noch mittels eines späteren Beitritts Kursachsens.¹⁰³² Nach dem erneuten Scheitern eines Reichstags 1613 schien den Unionisten ein günstiger Zeitpunkt für einen entsprechenden diplomatischen Vorstoß in den Norden des Reiches gekommen zu sein. Während sich der Kurpfälzer um die Organisation eines „Korrespondenztags“ aller Protestanten in Nürnberg bemühte¹⁰³³, konzentrierte sich der Stuttgarter Herzogshof ganz auf den Niedersächsischen Reichskreis. Dazu wurde der württembergische Rat Benjamin Bouwinghausen zu ersten Sondierungsgesprächen an den Fürstenhof von Wolfenbüttel entsandt, an dem soeben erst der noch junge und als politisch leicht beeinflussbar geltende Herzog Friedrich Ulrich die Regierungsgeschäfte übernommen hatte. Der Wolfenbütteler bot sich aus Württemberger Sicht nicht nur deshalb als erste Anlaufstelle unter den norddeutschen Protestanten an, weil er dem Württemberger Herzog Johann Friedrich bereits aus gemeinsamen Studientagen in Tübingen persönlich bekannt war, sondern auch, weil er als einer der beiden Kreisausschreibenden Fürsten eine Schlüsselstellung in der niedersächsischen Reichskreisorganisation bekleidete.¹⁰³⁴ Nachdem Friedrich Ulrich seine grundsätzliche Gesprächsbereitschaft bekundet hatte, entschied sich Herzog Johann Friedrich von Württemberg Anfang des Jahres 1614 für eine persönliche Reise nach Wolfenbüttel, gefolgt von einem

 Zu den kurpfälzischen Expansionsplänen für die Union nach 1608 vgl. u. a. Schindling: Gab es eine Kurpfälzer Kriegsschuld? Die Pfalzgrafen bei Rhein und die Union 1608 bis 1622 (Anm. 1002), S. 308 f.; Gotthard: „Politice seint wir bapstisch“. (Anm. 203), S. 278.  Gotthard: Protestantische „Union“ und Katholische „Liga“ – Subsidiäre Strukturelemente oder Alternativentwürfe? (Anm. 353), S. 82 f.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 129.  Vgl. Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 212. Vgl. ferner zur Bekleidung des Kreisausschreibeamtes im Niedersächsischen Reichskreis durch die Wolfenbütteler Linie der Welfen während des Dreißigjährigen Krieges Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 39 f.

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Abstecher nach Celle.¹⁰³⁵ In beiden welfischen Residenzstädten versuchte der Württemberger die jeweiligen Herzöge von den Vorteilen eines Beitritts zur Union zu überzeugen. Falls möglich, so die Hoffnung Johann Friedrichs, sollten die Mitglieder des Hauses Braunschweig in Verbindung mit Hessen-Kassel treten und gemeinsam den Kern eines künftigen norddeutschen Korps der Union bilden.¹⁰³⁶ Wie die Gespräche zwischen dem schwäbischen und den beiden niedersächsischen Herzögen jedoch bald erwiesen, war es für derart weitreichende Pläne noch zu früh. Anstatt fester Beitrittszusagen gaben die beiden Welfen lediglich das Versprechen ab, auf einem niedersächsischen Kreistag im März 1614 in Halberstadt Kooperationsmöglichkeiten zwischen niedersächsischen Kreisständen und der Union auf die Tagesordnung setzen zu lassen.¹⁰³⁷ Allerdings blieben die Kreistagspläne Kursachsen nicht lange verborgen. Der seit dem Tod Christians II. 1611 in Dresden regierende Johann Georg setzte die kaisertreue, zur Union auf Distanz bleibende Politik seines Vorgängers fort und trat umgehend mit dem Kaiserhof in Kontakt, um gemeinsam auf den anstehenden Kreistag Einfluss zu nehmen. Schließlich wandten sich sowohl Kaiser Matthias als auch Kurfürst Johann Georg in mahnenden Schreiben direkt an die Halberstädter Kreisversammlung und warnten die niedersächsischen Kreisstände eindringlich davor, Beschlüsse zu fassen, die der Autorität des Reichsoberhaupts abträglich sein könnten. Der Kursachse betonte zudem, dass ihm keinerlei Kenntnisse von offensiven Kriegsplänen der Katholiken vorlägen und er es zur Beförderung des Vertrauens im Reich am dienlichsten erachte, wenn sich ein jeder sämtlicher Partikularbündnisse enthalte und sich stattdessen mit der bestehenden Reichsverfassung arrangiere.¹⁰³⁸ Dieser Auffassung folgte schließlich auch der Kreistag und hielt in seinem Abschied fest, „das des hey. Reichs Religion und Landfriedenn, sambt zugehörter ExecutionsOrdnung, also vorsichtig, weißlich vnnd hoch vernunfftig bedacht, das nicht leicht etwas beßers erfunden, nachgesunnen, vnnd beschloßen werden könne.“ Sofern sich der Kaiser nur der Beseitigung der Gravamina der Protestanten annehme, so der Kreisabschied weiter, würde sich das alte Vertrauen zwischen den Reichsständen rasch wieder einstellen und „alle newe ligen vnnd vnionen“ von

 Vgl. Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 212– 215.  Vgl. ebd., S. 214.  Vgl. ebd., S. 214.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 130; Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 214.

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selbst erübrigen.¹⁰³⁹ Auch eine von der Kurpfalz erbetene Entsendung einer eigenen Kreisdelegation an den von den Heidelbergern projektierten „Korrespondenztag“ aller protestantischen Reichsstände lehnte der Kreistag ab und erteilte damit einer Annäherung an die Union vorerst eine klare Absage.¹⁰⁴⁰ Inwieweit dies das Resultat der kaiserlichen und kursächsischen Intervention war, oder vielmehr ein Ausdruck einer gerade im Niedersächsischen Reichskreis weit verbreiteten Hoffnung auf Beibehaltung einer neutralen, unabhängigen Position im Reich, muss an dieser Stelle dahingestellt bleiben.¹⁰⁴¹ Doch zumindest die Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel und Braunschweig-Celle hielten ihre seit der Reise des Württembergers intensivierten Verbindungen zur Union aufrecht und besuchten den im Februar 1615 in Nürnberg abgehaltenen „Korrespondenztag“ unter Leitung der Kurpfalz, der sich allerdings bei weitem nicht als Vollversammlung aller protestantischen Stände des Reichs erwies, sondern eher einen erweiterten Unionstag darstellte.¹⁰⁴² Auf dieser Versammlung warteten Wolfenbüttel und Celle mit dem Vorschlag auf, sich auf dem nächsten niedersächsischen Kreistag für die Aufstellung einer eigenen Armee des Niedersächsischen Reichskreises einzusetzen, um umgehend im nächsten Schritt ein Bündnis zwischen der Union und dem ganzen Reichskreis (und nicht nur einzelnen Kreisständen) zu schmieden. Der Vorteil eines solchen Vorgehens, so die Kalkulation der beiden Welfenherzöge, läge darin, dass eine derartige Bewaffnung der niedersächsischen Kreisstände durch die Reichsexekutionsordnung reichsrechtlich legitimiert sei, und sich im Falle eines Bündnisses des ganzen

 Zitate nach Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 130.  Vgl. ebd., S. 130.  Ferdinand Magen und Winfried Dotzauer konstatieren dem Niedersächsischen Reichskreis in den ersten beiden Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts eine als durchaus „reichsverfassungstreu“ zu umschreibende politische Grundhaltung, vgl. Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), hier S. 435; Dotzauer: Die deutschen Reichskreise in der Verfassung des Alten Reiches und ihr Eigenleben (1500 – 1806) (Anm. 30), S. 319. Gittel pflichtet dem grundsätzlich bei, betont aber zugleich das Streben weiter Teile des Niedersächsischen Reichskreises, nicht in Konflikte in anderen Teilen des Reiches oder an dessen Grenzen hineingezogen zu werden, vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 129.  Außer den eigentlichen Mitgliedern der Union waren neben Wolfenbüttel und Celle nur noch Vertreter der Herzöge von Pommern, des Administrators von Ratzeburg sowie der Grafen von Oldenburg und Lippe erschienen, vgl. Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 214 f. Vgl. zu den „Korrespondenztagen“ auf kurpfälzische Initiative, die nur 1614 und 1619 zustande kamen, Horstkemper: Die protestantische Union und der Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. Kriegstreibende Integrationsprobleme eines Defensivbündnisses (Anm. 982), S. 36, insbesondere Anm. 41.

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Reichskreises mit der Union die einzelnen Kreisstände gegenüber dem Kaiser und Kursachsen nicht gleichermaßen zu exponieren hätten, als wenn jeder einzelne für sich der Auhausener Union beitreten müsste.¹⁰⁴³ Der Plan fand bei den Unionsfürsten Zustimmung, die das Vorhaben durch eine eigene vierköpfige Gesandtschaft nach Niedersachsen unterstützten wollten, die auf ihrer Reise auch noch einen in Frankfurt an der Oder anstehenden obersächsischen Münzprobationstag besuchen sollte, um nochmals um Kursachsen und den ganzen Obersächsischen Reichskreis zu werben.¹⁰⁴⁴ Im Obersächsischen hatten die Gesandten der Union kein Glück¹⁰⁴⁵, doch am niedersächsischen Kreistag, der im Mai 1615 in Hannover tagte, schien das Bündnisprojekt zumindest in Teilen realisiert werden zu können¹⁰⁴⁶: Nach zähen Verhandlungen ließ sich die Mehrheit der niedersächsischen Kreisstände auf eine Vereinbarung zur wechselseitigen Militärhilfe zwischen dem Reichskreis und der Union ein, sofern eine „Beleidigung“ eines protestantischen Reichsstands wider den Augsburger Religionsfrieden Verteidigungsmaßnahmen erfordern würde. Doch mehr als 500 Reiter und 3 000 Fußknechte sollte keine Vertragspartei zu stellen verpflichtet sein, und auch nur, wenn es sich um eine Defensivmaßnahme handelte und die Reichsexekutionsordnung als Rechtsgrundlage für ein Eingreifen herangezogen werden konnte. Die niedersächsischen Kreisstände wollten die Vereinbarung auch nicht als „Konjunktion“ zwischen der Union und dem Reichskreis verstanden wissen, sondern sprachen in ihrem Kreisabschied lediglich von einer Verabredung zum „Succurs“.¹⁰⁴⁷ Ein engeres, den Bündnisfall eindeutiger regelndes Vertragswerk war jedoch angesichts massiven Widerstands bedeutender niedersächsischer Kreisstände, darunter mit dem Administrator von Magdeburg auch der zweite Kreisausschreiber, nicht möglich.¹⁰⁴⁸

 Vgl. ebd., S. 37; Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 214 f.  Die Unionsgesandtschaft bestand aus Gesandten Württembergs, Hessen-Kassels, Anhalts sowie eines Vertreters der Reichsstädte, vgl. Horstkemper: Die protestantische Union und der Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. Kriegstreibende Integrationsprobleme eines Defensivbündnisses (Anm. 982), S. 37 Anm. 46.  Der obersächsische Probationstagsabschied vom 4. Mai 1615 erwähnt die Anwesenheit der Unionsgesandten nicht einmal. Er ist ediert bei Moser: Des hochloeblichen Ober-Saechsischen Crayses Abschide (Anm. 63), S. 188 – 194.  Vgl. zum Kreisabschied von Hannover vom 23. Mai 1615 Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 131 f.; Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 215.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 132.  Vgl. Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 215.

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Mehrere Kreistagsgesandte von Kreisständen, die weiterhin eine klare Neutralität oder eine Anlehnung an Kursachsen präferierten, nahmen den Kreisabschied sogar nur „ad referendum“ an und machten die letztgültige Zustimmung damit vom nachträglichen Votum ihrer Fürsten und Herren abhängig. So kam es, dass man sich noch im Jahr 1617 in Heidelberg nicht gewiss war, ob der Niedersächsische Reichskreis die Vereinbarung zum „Succurs“ überhaupt ratifiziert hatte, und verschickte entsprechende Mahnungen nach Niedersachsen.¹⁰⁴⁹ Als nur kurze Zeit später nach Beginn des Böhmischen Aufstands der Bündnisfall tatsächlich bevorzustehen schien, war die Bereitschaft zur militärischen Hilfeleistung für die süddeutschen Glaubensgenossen im Niedersächsischen Reichskreis nur äußerst gering vorhanden. Dies galt erst recht, als 1619 der Herzog von Wolfenbüttel die niedersächsischen Kreisstände mittels ihrer Succursvereinbarung von 1615 für eine Intervention zugunsten des um die böhmische Krone kämpfenden Kurfürsten Friedrich V. bewegen wollte.¹⁰⁵⁰ Der Niedersächsische Reichskreis verweigerte sich aber dem Ansinnen und blieb im Krieg um das Königreich Böhmen und die Kurpfalz neutral.

1.2.2 Die Union und die fränkische Kreisdefension von 1619/20 Aus einem anderen Reichskreis konnte die Union nach dem Kriegsausbruch zeitweise eine gewisse militärische Verstärkung erhalten, allerdings ohne dass es zuvor zu einem offiziellen Bündnisschluss gekommen wäre. Im Fränkischen Reichskreis hatte sich der Kreisausschreibende Fürst und Kreisobrist Markgraf Christian von Kulmbach schon wenige Wochen nach Beginn der militärischen Auseinandersetzungen um Böhmen im August 1618 für die Einberufung eines Kreistags eingesetzt, war dabei aber auf den Widerstand des zweiten Kreisausschreibers und Kreisdirektors, Bischof Johann Gottfried von Bamberg, gestoßen.¹⁰⁵¹ Der Bischof zog es stattdessen vor, vorerst nur unter den katholischen Ständen des Fränkischen Reichskreises gemeinsame Rüstungsmaßnahmen zu bera-

 Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 132.  Vgl. ebd., S. 134.  Vgl. Ernst Ludwig Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635). Diss. Erlangen 1964, S. 15 f; Helmut Weigel: Franken, Kurpfalz und der Böhmische Aufstand. Die Politik der Kurpfalz und der evangelischen Stände Frankens, Mai 1618 bis März 1619. Erlangen 1932, S. 155.

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ten, die der Militärorganisation der Liga zugutekommen sollten.¹⁰⁵² Im Gegenzug lud der Markgraf von Ansbach die protestantischen Kreisstände Frankens zur Teilnahme an einem Unionstag in der Reichsstadt Rothenburg ein.¹⁰⁵³ Die Versammlung verlief allerdings weitgehend ergebnislos, da die fränkischen Grafen ihre bisherige bündnispolitische Neutralität beizubehalten gedachten, der Ansbacher aber auf einer engen Anlehnung aller protestantischen Stände an die Union beharrte.¹⁰⁵⁴ Doch selbst Markgraf Christian von Kulmbach, immerhin der Bruder des Ansbacher Markgrafen, war nicht zu einem aktiveren Engagement für die Auhausener zu gewinnen.¹⁰⁵⁵ Stattdessen unternahm der Kulmbacher nur wenig später einen erneuten Versuch, zur besseren militärischen Absicherung seines direkt an Böhmen grenzenden Territoriums den Fränkischen Reichskreis einzubinden. Seiner Bitte um Einberufung eines Kreistags im Frühjahr 1619 kam der mitausschreibende Bamberger Bischof jedoch erst nach, als ihn auch noch Kaiser Matthias zur Ausschreibung einer entsprechenden Kreisversammlung aufgerufen hatte.¹⁰⁵⁶ Freilich verband der Kaiser mit dem Kreistag völlig andere Ziele als der Kulmbacher, denn Matthias erhoffte sich die Bewilligung einer Kreishilfe. Doch als der Konvent dann nach einigen organisatorischen Verzögerungen endlich im April 1619 in Nürnberg zusammentrat, war der Kaiser bereits verstorben, womit sich sein Anliegen erübrigt hatte.¹⁰⁵⁷

 Eine entsprechende Konferenz der Hochstifte von Würzburg, Bamberg und Eichstätt fand im Oktober 1618 in Eichstätt statt, vgl. Weiss: Das exemte Bistum Bamberg (Anm. 679), S. 367.  Vgl. Magen: Reichsgräfliche Politik in Franken (Anm. 349), S. 137 f.; Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635) (Anm. 1051), S. 17.  Mit weiteren Ausführungen zur Politik der fränkischen Grafen bis 1619 vgl. Magen: Reichsgräfliche Politik in Franken (Anm. 349), S. 138 – 157.  Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635) (Anm. 1051), S. 17– 19.  Vgl. Weiss: Das exemte Bistum Bamberg (Anm. 679), S. 366; Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635) (Anm. 1051), S. 32.  Vgl. die Vorrede im Kreisabschied vom 8./18. April 1619, ediert bei Friedrich Carl von Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 135 – 139, hier 136. Zu der Verzögerung des Kreistags war es auch deshalb gekommen, weil es die protestantischen Kreisstände vor Beginn eines allgemeinen Kreiskonvents für nötig erachtet hatten, ihr Abstimmungsverhalten im Kreistagsplenum vorab auf einem Partikularkonvent in Neustadt an der Aisch abzustimmen, der Ende März 1619 abgehalten wurde, vgl. Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), S. 431; Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635) (Anm. 1051), S. 22 f.

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Damit rückte der von Kulmbach propagierte Plan einer konfessionsübergreifenden Kreisdefension ganz in den Mittelpunkt der Beratungen. Es zeigte sich jedoch schon nach kurzer Zeit, dass die katholische Minderheit am Kreistag nicht bereit war, eine Kreisarmee unter dem Oberkommando des Unionsmitglieds Christian von Kulmbach zu dulden, weshalb der Konvent die Frage der Kreisdefension vertagte und mit einem vorläufigen Abschied auseinanderging. Immerhin wurde in besagtes Abschiedsdokument noch eine Erklärung aufgenommen, wonach sich die Kreisstände gegenseitig versicherten, auch weiterhin „insgemein gute Wachsamkeit und vertrauliche Communication“ untereinander zu pflegen und unabhängig von ihrer Konfessions- und Bündniszugehörigkeit „gegen männiglich neutral und in terminis Defensionis bleiben“ zu wollen.¹⁰⁵⁸ Die vorläufige Vertagung des Defensionsprojekts auf Ebene des gesamten Reichskreises hielt die protestantischen Kreisstände jedoch nicht davon ab, bereits am Tag nach dem Ende des eigentlichen Kreistags noch vor Ort in Nürnberg einen Nebenabschied aufzusetzen, der bereits konkrete Bestimmungen zur Finanzierung und Anwerbung einer Kreisarmee enthielt.¹⁰⁵⁹ Dieses eigenmächtige Vorgehen der Protestanten wurde von katholischer Seite ausgesprochen kritisch beäugt. Sie forderten auf dem nächsten Kreistag im Juni von den Protestanten detaillierte Rechenschaft über alle zwischenzeitlich erfolgten Schritte im Kreisarmierungsprojekt ein.¹⁰⁶⁰ Im Anschluss präsentierten die Katholiken im Kreistagsplenum eine Liste mit Bedingungen, von deren Erfüllung sie ihre Beteiligung an einer künftigen Kreisdefension abhängig zu machen gedachten. Am wichtigsten war ihnen dabei zu betonen, dass sich Markgraf Christian gemäß der Reichsexekutionsordnung von 1555 „so viel sein CraysObristen Amt anbelangt, bey Exercirung deßen allein auf dieses Crays Chur-Fürsten und Ständ und gemeine Crays- und Reichs-Verfaßungen ein Aug und gar nicht einige Aufsehen auf andere Bunds-Verfaßungen und deren Disposition haben“ dürfe. Er müsse deshalb darauf verpflichtet werden, sich nicht nach den „Placitis“ seiner

 Vgl. Friedrich Carl von Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 136. Vgl. ferner Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), S. 430 Anm. 85.  Demnach sollten alle protestantischen Kreisstände innerhalb von drei Monaten 20 Römermonate entrichten und Truppenanwerbungen in den Gebieten Kulmbachs, Ansbachs und Nürnbergs vorgenommen werden, vgl. Schümann: Der Fränkische Kreistag im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 52), S. 77.  Der Kreisabschied vom 7. Juni/28. Mai 1619 findet sich bei Friedrich Carl von Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 139 – 145, hier insbesondere S. 140. Ein Protokoll der Kreistagsverhandlungen aus den Ansbacher Kreisakten ediert Schümann: Der Fränkische Kreistag im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 52), Bd. 2, S. 13 – 34.

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Bundesgenossen zu richten, „sondern deßwegen gegen gemeinen Crays sich verbindlich erklären und den Crays versichern.“¹⁰⁶¹ Ein Austritt Kulmbachs aus der Union wurde jedoch nicht gefordert. Die Bündnisneutralität sollte nur für das Amt des Kreisobristen gelten, während die Bündnisfreiheit aller Kreisstände auch auf katholischen Wunsch hin im Kreisabschied noch einmal ausdrücklich festgehalten wurde.¹⁰⁶² In vielen weiteren Detailfragen wurden sich die Kreisstände jedoch nicht mehr handelseinig. Am Ende des Kreistags stand ein Minimalkompromiss: Die katholischen Stände unter Führung Würzburgs und Bambergs erklärten ihren Willen zum Aufbau einer „Particular-Bereitschafft an Volck und Geld in omnem eventum“, um im Notfall einen Beitrag zu einer gemeinsamen Kreisdefension leisten zu können. Ihren protestantischen Nachbarn gelobten sie zugleich eidesstattlich – „weilen die Particular-Werbungen etwa bey einem oder dem andern Stand möchten allerley Mißtrauen causiren“ – ihre Rüstungsmaßnahmen würden einzig und allein dazu dienen, den Reichskreis und seine Stände und Untertanen „wider unbilligen Gewalt zu schützen.“¹⁰⁶³ Das Kreisdefensionsprojekt blieb damit vorerst ein rein protestantisches Unternehmen, das von katholischer Seite zwar nicht aktiv bekämpft, aber auch nicht unterstützt wurde. Für Markgraf Christian und andere zur konfessionsübergreifenden Kooperation gewillten fränkischen Protestanten war dies zweifellos ein Rückschlag, doch angesichts der völlig unberechenbaren weiteren Entwicklungen in Böhmen waren sie auch nicht mehr gewillt, die Realisierung ihrer Aufrüstungspläne noch länger zu verzögern. Unter Führung Kulmbachs wurde die Aufstellung der Kreisarmee fortan formal so vorangetrieben, als wäre es ein Unternehmen des gesamten Fränkischen Reichskreises. Dementsprechend unterließ es Markgraf Christian auch nicht, die beiden benachbarten Reichskreise Schwaben und Bayern sowie die amtierenden Reichsvikare über seine weiteren Pläne als Kreisobrist zu infor-

 Zitate nach dem Kreisabschied in der Edition von Friedrich Carl von Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 141.  Der Kreisabschied hielt deshalb auch ausdrücklich fest, „daß hiemit keines Chur-Fürsten und Stands Meinung sey, einem oder dem andern Stand die Libertät, sich mit andern zu uniren, zu benehmen, viel weniger angezogene Union insgemein in dergleichen Verdacht zu ziehen, sondern allein dieses Crayses hochansehlichem Obristen-Amt, nach Ausweiß der Reichs-Verfassungen von allem andern Respect unverbunden und frey ledig zu haben“, ebd., S. 141.  Die katholischen Stände erklärten „bey Fürstlichen Ehren und Würden auch resp. Treuen und Glauben, an Eydes=Statt sich gegeneinander zu verbinden, daß jedweder Stand seine Particular-Werbung und Landes=Defension also anstellen und zu Werck richten soll, daß dardurch keinem Benachbarten, hohen oder niedern Stands, mit Musterung, Durchzügen oder Einlägerung im geringsten kein Beschwer befunden, oder Nachtheil solle zugezogen werden“, vgl. ebd., S. 142.

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mieren – ganz wie es die Reichsexekutionsordnung von ihm forderte.¹⁰⁶⁴ Auf einem weiteren Konvent in Heilbronn im Juni 1619, bei dem es sich eigentlich um einen Unionstag handelte, der aber zugleich von verschiedensten protestantischen fränkischen Kreisständen besucht wurde, nahm die Kreisdefension weiter Gestalt an und wurde auf 1 000 Reiter und 3 000 Fußknechte festgelegt.¹⁰⁶⁵ In Heilbronn waren die Befürworter eines Zusammenschlusses der Kreisarmee mit der Union, darunter Ansbach und die meisten Reichsstädte, gegenüber den Anhängern einer bündnisunabhängigen Kreisdefension in der eindeutigen Mehrheit.¹⁰⁶⁶ Die Unionsanhänger brachten während den Verhandlungen vor allem finanzielle Argumente vor: Ohne eine Teilnahme der katholischen Hochstifte, so ihre Argumentation, könnten sich diejenigen Kreisstände, die bereits gegenüber der Union Zahlungsverpflichtungen eingegangen waren, den Unterhalt einer eigenen Kreisarmee schlicht nicht mehr leisten. Deshalb sei es sinnvoll, die für den Kreis geworbenen Söldner an die Union abzugeben, die dann den Schutz des Kreises übernehmen könne.¹⁰⁶⁷ Ein solches Vorgehen erachtete jedoch Markgraf Christian von Kulmbach als eine Herabwürdigung seines Kreisobristenamts und verhinderte eine endgültige Übereinkunft. Es bedurfte eines weiteren Konvents der fränkischen protestantischen Stände in Nürnberg im Juli 1619, um doch noch eine Kompromisslösung zu finden: Die Kreisarmee wurde dem Unionsheer angeschlossen, aber nicht völlig in dessen Heeresorganisation integriert.¹⁰⁶⁸ Sie blieb formal als Kreistruppe unter dem Oberbefehl Kulmbachs erhalten. Begründet wurde der Beschluss wie folgt: „dannenhero auch die Formalität der Crays=Verfaßung also in Acht genommen, damit solche Überlaßung, insonderheit vom Gegentheiln, für kein forchtsame Disarmirung, oder aufgedichte Offension angezogen werden könne, sondern ein Weg als den andern für des Crayses Volck gehalten und bey den allbereit geleisten Pflichten und Articuls=Briefen, welche ohne das nach Art der hochlöblichen Union gestellet, gelaßen und also weder res oder nomen des Crayses cassirt werden solle“.¹⁰⁶⁹ Doch faktisch war damit genau das

 Vgl. ebd., S. 142.  Vgl. Magen: Reichsgräfliche Politik in Franken (Anm. 349), S. 192.  Vgl. ebd., S. 191– 194; zum Unionstag von Heilbronn vgl. ferner Hans-Jörg Herold: Markgraf Joachim Ernst von Brandenburg-Ansbach als Reichsfürst (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Schrift 10). Göttingen 1973, S. 230 f.  Vgl. Magen: Reichsgräfliche Politik in Franken (Anm. 349), S. 192.  Die Grafen- und Herrenbank des Kreistags widersetzte sich jedoch auch diesem Beschluss, da er ihrer Meinung nach die Möglichkeit eines späteren Beitritts der Katholiken zur Kreisdefension endgültig zu nichte machte, vgl. ebd., S. 194 f.  Der Abschied des protestantischen Partikularkonvents von Nürnberg vom 25./15. Juli 1619 ist ediert bei Friedrich Carl von Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 146 – 155; vgl. hier insbesondere §7, „Die Conjunction

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eingetreten, was die katholischen Stände lange befürchtet hatten und weswegen sie der Kreisdefension fern geblieben waren: Die Kreisarmee der Protestanten hatte sich in den Dienst eines konfessionellen Partikularbündnisses gestellt.¹⁰⁷⁰ Dennoch führte die weitere politische Entwicklung in Böhmen und im Reich letztlich dazu, dass der Frieden zwischen den Konfessionsparteien in Franken erhalten blieb und die fränkische, protestantische Kreisarmee in Unionsdiensten nie gegen Katholiken zum Einsatz kam. Auf französische Vermittlung und ermuntert durch Kursachsen schloss die Union im Vertrag von Ulm am 3. Juli 1620 ein Neutralitätsabkommen mit der Liga und griff nicht zugunsten der böhmischen Ambitionen des pfälzischen Kurfürsten in den Krieg ein.¹⁰⁷¹ Nur einige wenige reichs- bzw. kreisständische Protestanten zogen dennoch zugunsten des Kurpfälzers in den Kampf. Von den fränkischen Protestanten tat sich vor allem Graf Georg Friedrich von Hohenlohe hervor, der dem Winterkönig bis zu dessen militärischer Katastrophe am Weißen Berg im November 1620 treu blieb.¹⁰⁷² Doch nicht zuletzt dank der Fürsprache Kursachsens und vieler fränkischer Mitkreisstände, darunter auch des katholischen Deutschordensmeisters und des Hochstifts Würzburg, bekamen alle am Krieg in Böhmen beteiligten Protestanten aus dem Fränkischen Reichskreis schon nach kurzer Zeit eine Amnestie des Kaisers zugesagt, als Letzter 1623 auch der Hohenlohener.¹⁰⁷³

des geworbenen Volcks mit den Troupen der Union betr.“, S. 152 f.; Magen: Reichsgräfliche Politik in Franken (Anm. 349), S. 194 f.  Zum Einsatz der unter Kulmbacher Kommando stehenden Truppen bis 1620 vgl. Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635) (Anm. 1051), S. 27– 29.  Vgl. allgemein Burkhardt: Der Dreißigjährige Krieg (Anm. 83), S. 84; Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 41; Gotthard: Norm und Kalkül (Anm. 292), S. 50 – 55. Aus Perspektive der fränkischen Protestanten schildernd: Herold: Markgraf Joachim Ernst von Brandenburg-Ansbach als Reichsfürst (Anm. 1066), S. 243 – 246; Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635) (Anm. 1051), S. 29 – 40.  Zum militärischen Engagement einzelner Unionsmitglieder in Böhmen und den abgebrochenen Feldzug Ansbachs an der Donau und gegen den spanischen Feldherren Spinola am Oberrhein vgl. Herold: Markgraf Joachim Ernst von Brandenburg-Ansbach als Reichsfürst (Anm. 1066), S. 142– 252.  Zur Ächtung des Grafen und seiner Amnestierung im Jahr 1623 vgl. Magen: Reichsgräfliche Politik in Franken (Anm. 349), S. 238 – 254; Frank Kleinehagenbrock: Die Grafschaft Hohenlohe im Dreißigjährigen Krieg. Eine erfahrungsgeschichtliche Untersuchung zu Herrschaft und Untertanen (Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe B, Forschungen, 153. Bd). Stuttgart 2003, S. 39 f.; Herold: Markgraf Joachim Ernst von Brandenburg-Ansbach als Reichsfürst (Anm. 1066), S. 253 f.

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Eine Verlängerung der Union kam indes ohne ihre bisherige Führungsmacht Kurpfalz nicht mehr zustande, weshalb sie sich nach Ende der Laufzeit ihres letzten Einungsvertrags im Jahr 1621 einfach auflöste und ihre Truppen entlassen musste.¹⁰⁷⁴ In dieser Situation gewann der Fränkische Reichskreis nicht nur unter den fränkischen Protestanten wieder erheblich an Bedeutung: Infolge der Niederlage Friedrichs V. in Böhmen und der Auflösung der Unionsheere zogen unzählige größere und kleinere herrenlos gewordene Söldnertruppen durch den süddeutschen Raum und stellten allerorts eine Gefährdung von Land und Leuten dar. Da damit der Landfrieden in katholischen wie protestantischen Territorien gleichermaßen bedroht war, gestaltete sich eine konfessionsübergreifende Zusammenarbeit der fränkischen Kreisstände diesmal konstruktiver als in den Jahren zuvor. Wieder war es in erster Linie Markgraf Christian, der die Aufstellung einer eigenen Armee des Fränkischen Reichskreises unter den fränkischen Kreisständen populär zu machen versuchte, die dann unter seinem Oberkommando als Kreisobrist den Schutz aller Kreisstände garantieren sollte.¹⁰⁷⁵ Diesmal brachten auch die katholischen Kreisstände der Idee einer Kreisdefension größere Sympathien entgegen als bisher, denn in Bamberg, Würzburg und Eichstätt hatte die Furcht vor Übergriffen durch protestantische Nachbarn nach der Auflösung der Union merklich abgenommen. Zugleich hegten die fränkischen Bischöfe zunehmend Zweifel, ob die Ligaarmee ihren Territorien und Untertanen im Notfall tatsächlich rechtzeitig zur Hilfe eilen würde, da sie ihre Kräfte ganz auf die Ausschaltung der letzten Einheiten des Kurpfälzers und die Eroberung der Oberpfalz und Heidelbergs richtete und dabei Franken weitgehend ungedeckt ließ.¹⁰⁷⁶ Als dann Ernst von Mansfeld, der Söldnerführer in kurpfälzischen Diensten, im Juli 1621 den Hochstiften Bamberg und Würzburg mit Plünderungen drohte, war für diese endgültig der Zeitpunkt für eine Annäherung an ihre protestantischen Mitkreisstände gekommen, und sie wandten sich hilfesuchend an Markgraf Christian als Kreisobristen.¹⁰⁷⁷

 Zum Ende der Union 1621 vgl. ebd., S. 249 – 255; Gotthard: Norm und Kalkül (Anm. 292), S. 55 – 59, ferner ders.: „Wer sich salviren könd solts thun“. Warum der deutsche Protestantismus in der Zeit der konfessionellen Polarisierung zu keiner gemeinsamen Politik fand, in: HJb 71 (2001), S. 64– 96, insbesondere 95 f.  Vgl. Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635) (Anm. 1051), S. 42 f.  Vgl. Magen: Reichsgräfliche Politik in Franken (Anm. 349), S. 199 f.  Vgl. Johann Looshorn: Die Geschichte des Bisthums Bamberg. Bd. 5: Das Bisthum Bamberg von 1556 – 1622. Bamberg 1903, S. 464; Schümann: Der Fränkische Kreistag im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 52), S. 74.

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Ein umgehend nach Nürnberg einberufener Kreistag aller fränkischen Kreisstände beschloss daraufhin Anfang August 1621 die Aufstellung einer Kreisarmee in Höhe der „Tripelhilfe“, was einer Truppenstärke von 1 000 Reitern und 3 000 Mann Fußvolk entsprach, deren Aufgabe neben der Regulierung von Durchzügen fremder Heere insbesondere der Schutz der Hochstifte Bamberg und Würzburg sein sollte.¹⁰⁷⁸ Um Zeit zu gewinnen, wurde die Ausarbeitung organisatorischer Details einer Kommission von Kreiskriegsräten übertragen, die sich unmittelbar nach dem Kreistag gemeinsam mit dem Kreisobristen an die Realisierung der Kreisdefension machten.¹⁰⁷⁹ Der Fränkische Reichskreis stellte somit nur wenige Monate nach dem Ende der Union seine Funktionstüchtigkeit als gemeinsame Selbstschutzorganisation aller fränkischen Kreisstände wieder unter Beweis. Damit ging gleichzeitig einher, dass der Reichskreis als nunmehr eigenständiger militärischer Akteur sich schon nach kurzer Zeit mit Unterstützungswünschen der beiden Kriegsparteien im Reich konfrontiert sah. Während eine Bitte Kaiser Ferdinands II. um eine Militärhilfe gegen den Fürsten von Siebenbürgen vom Reichskreis noch umgehend mit dem Verweis auf die defensive Zweckgebundenheit der Kreisrüstungen abgewiesen werden konnte, brachte eine Anfrage Maximilians von Bayern die protestantischen fränkischen Kreisstände in Verlegenheit: Der Bayernherzog trat im Oktober 1621 nicht als bayerischer Landesfürst oder Oberhaupt der Liga an den Reichskreis heran, sondern als Kreisobrist des Bayerischen Reichskreises, und bat um die Aufnahme einer engeren „Correspondenz“ zwischen den benachbarten Reichskreisen Bayern, Franken und Schwaben, an deren Ende die Begründung einer „Conjunction“, einer Militärallianz der drei Kreise zum wechselseitigen Schutz gegen die landfriedensbrüchigen Söldnertruppen Mansfelds stehen sollte.¹⁰⁸⁰

 Vgl. Magen: Reichsgräfliche Politik in Franken (Anm. 349), S. 197– 201, insbesondere S. 201 Anm. 13; Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635) (Anm. 1051), S. 41– 44. Der Kreistagsabschied vom 5. August (26. Juli) 1621 fehlt in Mosers Editionswerk.Verweise auf archivalische Quellen zum Kreistag bietet ferner Schümann: Der Fränkische Kreistag im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 52), S. 75; Magen: Reichsgräfliche Politik in Franken (Anm. 349), S. 201. Zur Umrechung der „Tripelhilfe“ in eine konkrete Anzahl an Kreistruppen vgl. Friedrich Carl von Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 167.  Vgl. Magen: Reichsgräfliche Politik in Franken (Anm. 349), S. 204. Die Beschlüsse der Kreiskriegsräte wurden auf einem allgemeinen Kreistag Anfang Dezember 1621 bestätigt, vgl. Friedrich Carl von Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 161– 172.  Vgl. Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 384; Magen: Reichsgräfliche Politik in Franken (Anm. 349), S. 201– 206.

314

I Reichskreise und konfessionelle Bünde, 1608 – 1635

Ohne weiteres ablehnen konnten die Kreisstände die Anfrage Maximilians nicht, denn schließlich entsprach dessen Vorgehen durchaus jenem Prozedere, das die Reichsexekutionsordnung im Falle größerer Landfriedensbedrohungen vorsah. Während Kulmbach der Idee einer „Conjunction“ mehrerer Reichskreise sogar grundsätzlich befürwortend gegenüberstand, allerdings zur Herstellung eines konfessionellen Gleichgewichts eine Einbindung der beiden sächsischen Reichskreise anstrebte, überwogen bei den meisten anderen fränkischen Protestanten noch die Bedenken gegen ein Zusammengehen mit Bayern.¹⁰⁸¹ Herzog Maximilian und der Bayerische Reichskreis mussten sich schließlich mit einem Dank für „diß wohlgemeinte Erbieten“ und der sehr unspezifischen und damit eher unverbindlichen Zusicherung begnügen, der Fränkische Kreis würde sich im Bedarfsfall „dem hochlöblichsten Bayrischen Crayß mit gleicher Gegen=Offerten zu erbieten“ wissen.¹⁰⁸² Einem Praxistest wurde die Beistandswilligkeit des Fränkischen Reichskreises und seiner Armee aber nicht mehr unterzogen, da sich der Kriegsschauplatz schon bald an den Rhein und schließlich in den Norden des Reiches verlagerte. Ob Maximilians Bündnisgesuch an den Fränkischen Reichskreis in Wirklichkeit darauf abzielte, die fränkische Kreisarmee in die Ligaarmee zu inkorporieren, wie es ein angeblich im Auftrag des Bayernherzogs verfasstes und in Form einer Flugschrift veröffentlichtes Gutachten behauptete, muss dahingestellt bleiben.¹⁰⁸³ Doch auch wenn es sich bei jener Flugschrift um protestantische Propaganda mit antibayerischen Spitzen gehandelt haben mag, so erhob sie doch einen Vorwurf, der in Bezug auf einen anderen Reichskreis sogar zutreffend gewesen wäre: den Bayerischen Reichskreis.

1.2.3 Die Liga und der Bayerische Reichskreis vom Böhmisch-Pfälzischen Krieg bis zum Schwedeneinfall Maximilian von Bayern hatte sich in „seinem“ Bayerischen Kreis, dem er als Kreisobrist und als einer der beiden Kreisausschreibenden Fürsten und Kreisdi-

 Vgl. ebd., S. 206; Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), S. 432 Anm. 90.  Zitat nach Kreisabschied vom 15./5. Dezember 1621, Friedrich Carl von Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 166.  Vgl. Unpartheyisches Bedencken, ob den hochlöblichen Fränckischen Crayß Ständen annehmlich unnd heilsamb seye, sich auff deß Hertzogen in Bayrn […] schrifftliches Ansuchen, mit Jhrer Fürstl. Durchl. […] uber die albereith verfaste Executions: und Crayß Abschiede etc. in eine Correspondentz unnd Verbündnus […] zubegeben unnd einzulassen? o.O. 1623.

1 Konkurrenz oder Symbiose?

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rektoren vorstand, schon seit dem Beginn der Böhmischen Unruhen um die Aufstellung eigener Kreistruppen bemüht. Die Verhandlungen zur Aufrichtung einer solchen Armee während des Böhmisch-Pfälzischen Kriegs sind bereits von Peter-Claus Hartmann und Markus Nadler detailliert dargestellt worden, weshalb an dieser Stelle ein kurzer Abriss der Vorkommnisse genügt.¹⁰⁸⁴ Wie im Fränkischen Reichskreis zielten die Rüstungsmaßnahmen des Bayerischen Reichskreises in erster Linie auf eine militärische Absicherung der Grenzen zum Königreich Böhmen. Nach Beginn des böhmischen Aufstands widmeten sich zwischen August 1618 und September 1619 insgesamt drei Kreisadjunktentage und zwei allgemeine Kreistage entsprechenden Grenzsicherungsfragen.¹⁰⁸⁵ Besonders oft im Fokus stand dabei die Absicherung des Hochstifts Passau mit seiner exponierten Lage am Endpunkt des „Goldenen Steigs“, einer Fernhandelsstraße Richtung Böhmen, über die ein Einfall böhmischer Aufständischer nach Niederbayern möglich gewesen wäre.¹⁰⁸⁶ Zur Absicherung Passaus und anderer Grenzterritorien beschloss der Kreis nicht nur die Anwerbung von 1 000 Fußknechten und 200 Reitern, er sorgte auch durch die Entsendung einer Gesandtschaft an Kaiser Matthias dafür, dass dieser Pläne zur Einrichtung eines Musterplatzes für kaiserliche Kriegsvölker in Passau zurücknahm.¹⁰⁸⁷ Dass der Passauer Bischof Leopold ein Habsburger war, erwies sich dabei nicht als Hindernis. Vielmehr schloss sich Passau in dieser Phase des Krieges zumeist eng der Kreispolitik Herzog Maximilians an.¹⁰⁸⁸ Einzig das Erzstift Salzburg, nach dem Herzogtum Bayern der zweitwichtigste Kreisstand und mit diesem sogar im Kreisausschreibeamt und Kreisdirektorium gleichberechtigt, ließ sich nur zu einer bedingten Unterstützung der Kreisrüs Vgl. Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 375 – 385; Nadler: Der Bayerische Reichskreis im europäischen Konflikt des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 50), S. 303 f, 311.  Die Abschiede der Kreisversammlungen, die alle in Landshut stattfanden, datieren auf den 25. August und 10. Dezember 1618 sowie den 19. Januar, 12. Mai und 4. September 1619 und sind ediert bei Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 245 – 267.  Vgl. Nadler: Der Bayerische Reichskreis im europäischen Konflikt des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 50), S. 309.  Die Kreistruppen sollten in Territorien von Salzburg, Bayern, Passau und Neuburg einquartiert werden, vgl. Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 250, wobei die 200 Reiter nur bei Bedarf angeworben werden sollten. Ein Gutachten für Herzog Maximilian zur Frage der Anwerbung der Kreisreiterei vom 16. Februar 1619 findet sich unter BayHStA: Kurbayern Ä. A. 2251, fol. 39r – 43r. Vgl. ferner Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 379 f.  Nach Bekanntwerden der Pläne zur Errichtung eines Musterplatzes hatte sich der Statthalter Passaus mit Vorwissen Bischof Leopods selbst hilfesuchend an Herzog Maximilian als Kreisobristen gewandt, vgl. Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 260.

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I Reichskreise und konfessionelle Bünde, 1608 – 1635

tungsprojekte in dieser ersten Kriegsphase bewegen. Die Salzburger lehnten mit Verweis auf die hohen Kosten größere Rüstungsmaßnahmen des Kreises ab, was in erster Linie darin begründet lag, dass sie ihr eigenes Territorium als entlegen genug von den böhmischen Grenzen erachteten.¹⁰⁸⁹ Ungeachtet dessen wurde die bayerische Kreisarmee im Sommer 1619 auf einen Kreistagsbeschluss hin sogar noch auf die Gesamtstärke von 2 000 Mann zu Fuß und 200 Reitern aufgestockt, um Übergriffe vom böhmischen Kriegsschauplatz noch besser abwehren zu können.¹⁰⁹⁰ Formal bestand die Armee noch bis in das Jahr 1622, in dem sie noch einmal umgruppiert und schließlich nach dem Ende des böhmischen Aufstands aus dem Dienst des Kreises entlassen wurde.¹⁰⁹¹ Erstaunlicherweise hat sich die bisherige Reichskreisforschung kaum der Frage gewidmet, warum der Bayerische Reichskreis während des BöhmischPfälzischen Kriegs überhaupt militärisch aktiv wurde. Insbesondere bedarf einer Erklärung, weshalb sich Maximilian von Bayern für den Aufbau einer eigenen bayerischen Kreisarmee einsetzte, obwohl er mit dem Ligaheer von rund 20 000 Mann bereits über eine große, kostspielige Streitmacht verfügte, die er als Oberkommandierender jederzeit zum Schutz seines Landes einsetzen konnte. Wie im Folgenden anhand neuer Quellenfunde dargestellt werden soll, dürfte Maximilian nicht nur deshalb als bayerischer Kreisobrist immer wieder militärisch aktiv geworden sein, weil ihm die Kreisverfassung den Schutz des Reichskreises „von Amtswegen“ auferlegte, sondern auch aus handfesten finanziellen und militärstrategischen Überlegungen. Dem Bayerischen Reichskreis gehörten einige finanzkräftige Reichsstände an, die keine Mitglieder der Liga waren, wie etwa Pfalz-Neuburg oder die Reichsstadt Regensburg, oder deren Mitgliedsstatus umstritten blieb, wie dies beim Erzstift Salzburg der Fall war. Letzteres beanspruchte innerhalb der Liga beständig erhebliche Sonderrechte, verneinte seine

 Vgl. Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 381, mit Verweisen auf das Kreistagsprotokoll von 1619, BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3612, fol. 46r – 47v. Eine entsprechende Argumentation findet sich im Fortgang des Dreißigjährigen Kriegs oft in internen Salzburger Akten, nicht aber in den Voten Salzburger Gesandter an bayerischen Kreistagen. Hier wurde zumeist auf leere Staatskassen verwiesen, wohl um sich nicht dem Vorwurf mangelnder Solidarität mit bedrohten Kreismitständen auszusetzen. Vgl. etwa Beispiele von 1631 und 1636 BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), fol. 69v; 112r – 115v; BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3617 (Anm. 789), fol. 11r.  Leuchtenberg und Passau hatten zuvor bereits erste Übergriffe auf Untertanen gemeldet und einen umfassenderen Schutz gefordert. Vgl. zu den entsprechenden Beschlüssen eines bayerischen Kreistags in Landshut mit Abschied vom 12. Mai 1619 Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 264.  Im Januar 1622 wurde eine Umgruppierung der Armee auf 600 Reiter und 1.000 Mann Fußtruppen beschlossen, vgl. ebd., S. 270.

1 Konkurrenz oder Symbiose?

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Mitgliedschaft bisweilen sogar, und entzog sich immer wieder der Bezahlung der auf Ligatagen vereinbarten Beiträge zur gemeinsamen Kriegskasse.¹⁰⁹² Während des Böhmisch-Pfälzischen Kriegs hielt sich der Erzbischof von dem Bündnis sogar vollständig fern.¹⁰⁹³ Die Aufrüstungsbeschlüsse des Bayerischen Reichskreises verschafften nun Herzog Maximilian eine reichsrechtliche Grundlage, das Erzstift Salzburg doch noch zu einem militärischen oder finanziellen Engagement zugunsten der bayerischen Kriegsführung anzuhalten – nur trat der bayerische Herzog in diesem Fall nicht als Ligaoberhaupt, sondern als bayerischer Kreisobrist an Salzburg heran. Zwar konnte Maximilian die im Namen des Reichskreises eingeforderten Beiträge der bayerischen Kreisstände offiziell nur zur Finanzierung der militärischen Absicherung der Kreisgrenzen einsetzen, doch war dies aus Münchener Sicht kaum ein Nachteil. Die Grenzen zum Königreich Böhmen mussten zum Schutz Niederbayerns auf jeden Fall militärisch gesichert werden. Sofern dazu Kreistruppen zur Verfügung standen, musste der Bayernherzog weniger Kontingente der Ligaarmee zum Grenzschutz abkommandieren. Die finanzielle Entlastung der herzoglich-bayerischen Kriegsführung durch die Zahlungen der bayerischen Kreisstände erreichte durchaus bemerkenswerte Höhen: Zwischen 1618 und 1622 wurden zum Unterhalt der bayerischen Kreisarmee insgesamt 107 Römermonate bewilligt, was einem Gegenwert von 629 274 fl. 40 kr. entsprach.¹⁰⁹⁴ Eine detaillierte Auflistung der bewilligten und tatsächlich gezahlten Summen der Bayerischen Kreisstände sind der folgenden Tabelle zu entnehmen. Ihr liegt eine ausführlich kommentierte, der Forschung bislang unbekannte Abrechnung aus der „Churfstl: Kriegshaubtpuechhaltereÿ“ in München aus dem Jahr

 Auf dem Ligatag von Augsburg im Mai 1624 wurde die „Exemtion“ Salzburgs Gegenstand von Sonderberatungen der wichtigsten Ligafürsten des Oberländischen Direktoriums. Bayern vertrat dabei den Standpunkt, Salzburg sei ein reguläres Mitglied des Bündnisses und habe die selben finanziellen Verpflichtungen wie alle anderen Ligamitglieder zu tragen, während die Vertreter Salzburgs eine Vollmitgliedschaft ihres Erzbischofs in der Liga abstritten. Nach Darstellung der Salzburger stelle der Erzbischof der Ligaarmee einzelne Truppenkontingente lediglich „aus christlichem eifer“ und „frei und guetwillig“ ab. Vgl. Goetz (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 378), Nr. 183, hier insbesondere S. 463, die Zitate S. 507 und S. 492.  Vgl. Neuer-Landfried: Die Katholische Liga (Anm. 1017), S. 186; Goetz: Die Kriegskosten Bayerns und der Ligastände im 30jährigen Kriege (Anm. 370), S. 116.  Eine detaillierte Aufstellung sämtlicher Kreissteuerzahlungen bayerischer Kreisstände zwischen 1618 und 1622 aus der „Churfstl: Kriegshaubtpuechhaltereÿ“ in München vom 28. April 1631 biete BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3614 (Anm. 188), fol. 44r – 48r. Eine weitere detaillierte Auflistung mit den jeweiligen Zahlungsfristen der Kreissteuerbewilligungen findet sich ebd., fol. 42r – 43r.

318

I Reichskreise und konfessionelle Bünde, 1608 – 1635

1631 zur internen Vorlage für Maximilian von Bayern aus den bayerischen Kreisakten zugrunde.¹⁰⁹⁵ Tabelle 6: „Conto über der hochlöbl: Bairischen Craißstennde vermög # 3.¹⁰⁹⁶ in Ao 18. 19. 20. et 22. den Römer Monaten nach, gethanen bewilligungen“¹⁰⁹⁷ Kreisstand

Bewilligte Anschlag Summe Römerin fl. in fl. monate

Bezahlt, in Römermonaten¹⁰⁹⁸

in fl.

In fl.

Restanten, in Römermonaten¹⁰⁹⁹

Herzogtum Bayern



 

 



 



 ¹¹⁰⁰

Haag (zum Herzogtum Bayern)





 



 



 

¹¹⁰¹

 

 



 



 

Passau





  „ungeuer “  , „ungeuer “

 ,¹¹⁰² 

Freising



Regensburg (Hochstift)





 

„ungeuer “

Berchtesgaden





 

St. Emmeram





 

Salzburg

 /  ,

  ,



 , 





 



 

„Nihil“



 



 

 Einige summarische Zahlenangaben über die bayerischen Kreissteuererträge bieten bereits Goetz und Kapser, die jedoch mit der hier wiedergegebenen Tabelle zum Teil erheblich korrigiert oder ergänzt werden können. Vgl. Goetz: Die Kriegskosten Bayerns und der Ligastände im 30jährigen Kriege (Anm. 370), Kreiskontributionen auf S. 116; Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 277– 290, die Kreiskontributionen S. 287.  Gemeint ist eine vorangehende Auflistung aller Einzelbewilligungen des Bayerischen Kreises von 1618 bis 1622, BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3614 (Anm. 188), fol. 42r – 43r.  Ebd., fol. 44r–48r. Das Dokument entstammt laut Vermerk aus der „Churfstl: Kriegshaubtpuechhaltereÿ“ in München und datiert auf den 28. April 1631.  Ebd., fol. 45r–46r.  Ebd., fol. 46 – 47v.  Zugehöriger Kommentar auf fol. 46v.: „Dahingegen man fir die zu mermallen sonderlich aber in den ersten 3 Jaren als ao 19. 20. et 21. von den durch Baiern marschirten vnderschidlichen KriegsVolckh gemachten schulden vnd schäden, innhalt der dariber einkhomenen beschreibungen, zu praetendirn hett über 155mfl.“  88 Römermonate erfolgten als Gelbewilligungen, weitere 19 Römermonate im Jahre 1622 wurden durch die Unterhaltung eines Teils der Kreisarmee abgegolten.  Zugehörige Kommentierung auf fol. 46v: „desswegen aber wegen gemachter Schanzen vorm Beheimerwald vnd sonsten ein abzug praetendirt werden sollt.“

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1 Konkurrenz oder Symbiose?

Tabelle : „Conto über der hochlöbl: Bairischen Craißstennde vermög # . in Ao . . . et . den Römer Monaten nach, gethanen bewilligungen“ (Fortsetzung) Kreisstand

Niedermünster Obermünster

Bewilligte Anschlag Summe Römerin fl. in fl. monate 



Bezahlt, in Römermonaten¹⁰⁹⁸

 



in fl.

Restanten, in Römermonaten¹⁰⁹⁹

In fl.

 



 





 



 



 

Pfalz-Neuburg

¹¹⁰³



 



 



 ¹¹⁰⁴

Leuchtenberg





 



 



 ¹¹⁰⁵

 

Ortenburg Ehrenfels (zu Neuburg)





 

 ½¹¹⁰⁶

-¹¹⁰⁷

¹¹⁰⁸



 







 

Wolfstein/ Sulzbürg





 



 





Maxlrain





 



 





Regensburg (Reichsstadt)





 



 



 ¹¹⁰⁹

Gesamtwert aller Bewilligungen:   fl.  kr. Gesamtwert aller Zahlungen:   fl.  kr.

Gesamtwert aller Zahlungsausstände:   fl.  kr.¹¹¹⁰

Aus den Angaben ergibt sich der auf den ersten Blick wenig überraschende Befund, dass die bewilligten 107 Römermonate von den meisten Kreisständen nicht  Wie Salzburg stellte Neuburg 1622 eigene Truppenkontingente im Wert von 19 Römermonaten für die Kreisarmee ab.  Zugehörige Kommentierung auf fol. 47r: „Soll hiergegen so viel wegen des Ao 20 umb Lauingen geschlagenen Lagers vnd einquartierungen zu praetendirn haben.“  Zugehörige Kommentierung auf fol. 47r: „Soll des Mansfelders ruin hiergegen vorwenden vnd clagen.“  Zugehörige Kommentierung auf fol. 45v: „Von der Grafschaft Orttenburg per völlige 107 Monat: vnd noch darüber fast bei 7 ½ Monat merers zu 24: in allem: 2747.–“.  Zugehörige Kommentierung auf fol. 47r: „der Grafschaft Ortenburg bleibt man hieruon, so mer erlegt worden, als die schuldigkeit gewesen, 179 fl.“  Als zu Neuburg gehörig wurden Ehrenfels 1622 19 Römermonate für Truppenstellungen angerechnet.  Zugehörige Kommentierung auf fol. 47v: „Sollen hiergegen ebenfals etlich tausent gulden praetendirn, so sie wegen der münzprobationstage vnd sonst dem Bund vorgeschossen haben sollen.“  Zugehörige Kommentierung auf fol. 47v : „Die vrsach daß der Resst vnd Erlag zusam gerechnet, mer als die Bewilligung treffen, ist dise, das von Ortenburg vmb 179 fl. mer zalt worden, als die angebirnns erfordert hat.“

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I Reichskreise und konfessionelle Bünde, 1608 – 1635

in vollem Umfang bezahlt wurden. Doch wie der vorliegende Kassensturz ebenso ausweist, statteten die bayerischen Kreisstände immerhin 475 011 fl. 4 kr. ab, was rund 76 % der bewilligten Gesamtsumme entsprach.¹¹¹¹ Damit wiesen die bayerischen Kreisstände eine Zahlungsmoral auf, die jener der oberländischen Ligamitglieder vergleichbar war.¹¹¹² Zieht man von den Gesamteinnahmen des Kreises noch den Anteil des Herzogtums Bayern und der bereits im bayerischen Besitz befindlichen Reichsgrafschaft Haag in einer Gesamthöhe von ca. 205 000 fl. ab, verblieb Maximilian von Bayern noch ein Gewinn von rund 270 000 fl. Damit brachte der Bayerische Reichskreis der herzoglich-bayerischen Kriegsführung eine Geldsumme ein, die in etwa den Subsidienleistungen des Papstes für die Liga im vergleichbaren Zeitraum entsprach.¹¹¹³ Tatsächlich kann die finanzielle Entlastung für das Herzogtum Bayern sogar noch etwas höher veranschlagt werden, da in der genannten Summe noch nicht die Kosten für einige hundert Mann Kreistruppen enthalten sind, die Salzburg und Pfalz-Neuburg im Jahr 1622 zur Abstattung eines Teils ihrer Kreisquote unterhielten.¹¹¹⁴ Allerdings enthält die bereits mehrfach zitierte Abrechnung der kurbayerischen „Kriegshaubtpuechhaltereÿ“ noch einen bemerkenswerten Hinweis zur weiteren Verrechnung der Kreissteuern des Bayerischen Reichskreises, der zugleich gewisse Rückschlüsse auf das Verhältnis zwischen der bayerischen Kreisarmee und der Ligaarmee erlaubt. Demnach belastete das gesamte Kriegsvolk, das Herzog Maximilian als bayerischer Kreisobrist ab Dezember 1618 in den Dienst des Bayerischen Reichskreises stellte, bis Oktober 1619 die Kreiskasse lediglich mit Unkosten in Höhe von rund 129 000 fl.¹¹¹⁵ Am 8. Oktober 1619 wurde

 Vgl. ebd., fol. 47v.  Nach einem Verzeichnis bei Neuer-Landfried waren von den 35 Römermonaten, die die oberländischen Ligastände im Lauf des Jahres 1613 bewilligt hatten, bis Ende November 1619 insgesamt 163.280 fl. eingegangen, während die Ausstände noch mit 53.750 fl. beziffert wurden. Vgl. Neuer-Landfried: Die Katholische Liga (Anm. 1017), S. 229 f.; Zahlungsangaben zu den Ligakontributionen von 1609 bis 1619 liefert auch Altmann: Die Reichspolitik Maximilians I. von Bayern 1613 – 1618 (Anm. 348), S. 122 – 126.  Während des Böhmischen Aufstands zwischen 1618 und 1621 unterstützte Papst Paul V. Kaiser und Liga mit Subsidien in einer Gesamthöhe von rund 625 000 fl, wovon 380 000 fl. an den Kaiser und 245 000 fl. an die Liga bzw. Herzog Maximilian von Bayern flossen, vgl. Albrecht: Zur Finanzierung des Dreißigjährigen Krieges. Die Subsidien der Kurie für Kaiser und Liga 1618 – 1635 (Anm. 370), S. 539; vgl. ferner Neuer-Landfried: Die Katholische Liga (Anm. 1017), S. 188.  Vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3614 (Anm. 188), fol. 42v.  Die Auflistung der Kosten für die Kreisarmee von Dezember 1618 bis 8. Oktober 1619 als Anlage # 5 ebd., fol. 49 f., ebenfalls von der Kurbayerischen Kriegsbuchhalterei zu München am 28. April 1631 erstellt.

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die Kreisarmee aber offenbar dem „Cathol: BundsVolckh“, also der Ligaarmee, angegliedert, und alle weiteren Kosten zum Unterhalt der Truppe fortan bis zum Ende des Feldzugs der Liga gegen Böhmen und Friedrich V. im September 1622 dem Kaiser in Rechnung gestellt. Im Gegenzug wurden sämtliche bayerischen Kreissteuereinnahmen nach dem 8. Oktober 1619 wiederum dem Kaiser gutgeschrieben.¹¹¹⁶ Dies belegt, dass die bayerische Kreisarmee zeitweise offensichtlich mit der Ligaarmee vereint worden war, ohne dass es dazu einen entsprechenden Kreistagsbeschluss gegeben hätte. Dabei hatte noch im Mai 1619 ein Landshuter Kreistag ausdrücklich festgehalten, es wäre „diesem löblichen Kreis gar nicht rathsam oder thunlich, sich bey den böheimischen oder anderen emporgehenden Wesen intereßirt zu machen, sondern fürständig, und verantwortlich seye, daß man in puris terminis der natürlichen Defension hin wie hero verbleibe, auch alle Consilia und wirkliche Anstellung zu solchem Zweck und Ende einig und alleinig dirigiren, und richtig thue.“¹¹¹⁷ Über dieses Neutralitätsgebot scheint sich Herzog Maximilian während seines Oberkommandos über die Kreistruppen ab Oktober 1619 einfach hinweggesetzt zu haben. Diesbezügliche Proteste von bayerischen Kreisständen konnten im Lauf der Recherchen zu dieser Studie jedoch nicht ausfindig gemacht werden, auch nicht von Seiten der protestantischen Mitglieder des Reichskreises. Stattdessen lässt sich für die kleine calvinistische Grafschaft Ortenburg sogar konstatieren, dass diese ihre Kreisquote nicht nur vollständig abstattete, sondern sie sogar übererfüllte.¹¹¹⁸ Es liegt nahe, anzunehmen, dass sich die Grafschaft mit solch einer gewissenhaften Erfüllung der Kreissteuerbeschlüsse ein gewisses Wohlwollen seines mächtigen bayerischen Nachbarn erkaufen wollte. Eine direkte Vereinigung von Reichskreisarmeen mit der Liga zu späteren Zeitpunkten ließ sich nicht nachweisen, auch wenn der Bayerische Reichskreis noch zweimal im weiteren Kriegsverlauf eigene Truppen aufstellte, die die Ligaarmee zumindest indirekt entlasteten. Die erste bayerische Kreisarmee nach dem

 Der genaue Wortlaut des Kommentars auf ebd., fol. 46r.: „Die [Gesamteinnahmen der Kreiskasse von 629 274 fl. 40 kr.] worden von Chur Baiern dergestalt verzehrt, Nemblichen hat das Craissvolckh zu Ross vnd Fuss von Zeit dessen werbung an, idst vom xber Ao 1618 bis 8. 8ber 1619 da dasselb zu des Cathol: BundsVolckh khommen, vnd die Spesa Iro Röm: Kaÿ: M: aufgerechnet worden, zu underhalten vermög Rechnung mit # 5 rest: fl. 128 951, 9, 3. Dann ist an dem, bei der Röm: Kaÿ: M: von Chur Baiern, bis 28. 7ber 622 praetendirten Kriegsresten defalcirt, vnd der Röm: Kaÿ: M: innhalt Kaÿ: rechnung dauon guetgeschriben worden: fl. 346 059, 54, 4. Zusamen fl. 475 011, 4.“  Zitat nach dem Kreisabschied vom 12. Mai 1619 in der Edition von Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 263 f.  Vgl. Tabelle 6.

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Böhmisch-Pfälzischen Krieg wurde bereits wieder 1626 ausgehoben und bestand erneut aus 2 000 Mann zu Fuß und 200 Reitern, die zur Absicherung der östlichen Kreisgrenzen gegen aufständische Bauern in Oberösterreich eingesetzt wurden.¹¹¹⁹ Die Kreisdefension kam wieder vor allem Maximilian von Bayern zugute. Er konnte erneut Kreissteuerzusagen in Höhe von 27 402 fl. 40 kr. erhalten , die diesmal zu über 80 % auch entrichtet wurden.¹¹²⁰ Noch nützlicher waren Truppenstellungen vor allem durch Salzburg, das sich diesmal selbst bedroht sah, auch wenn sich der Bauernaufstand in erster Linie gegen die zur Begleichung der Schulden Kaiser Ferdinands II. bei Kurfürst Maximilian eingerichteten bayerischen Besatzungsherrschaft in Oberösterreich richtete.¹¹²¹ Zuletzt wurde der Reichskreis nochmals im Jahr 1631 militärisch aktiv. Eine bereits in der ersten Jahreshälfte 1631 beschlossene Kreisdefension wurde auf Druck Kaiser Ferdinands II. zugunsten einer Kreissteuerzahlung für das Reichsoberhaupt noch einmal ausgesetzt¹¹²², doch nach der verheerenden Niederlage Tillys bei Breitenfeld im September beschloss ein eiligst durch Kurfürst Maximilian und Erzbischof Paris nach Landshut anberaumter Kreistag die Aufstellung einer Kreisarmee von 3 000 Fußknechten und 900 Reitern und die Bewaffnung des Landesaufgebots der Kreisstände.¹¹²³ Die Truppe wurde auf Kreistagsbe-

 Der entsprechende Kreisabschied aus Regensburg vom 19. Juli 1626 ist ediert bei ebd., S. 176 – 178. Zum oberösterreichischen Bauernkrieg vgl. allgemein Georg Heilingsetzer: 1626 – der oberösterreichische Bauernkrieg (Oberösterreichische Heimatblätter, Sonderpublikation, 2001). Wien 2002.  Bis 1631 wurden nach kurbayerischen Angaben 23.035 fl. 19 kr. entrichtet, vgl. das „Conto“ über die Kreissteuern von 1626, erstellt von der „Churfstl: Kriegshaubtpuechhaltereÿ“, München, 29. April 1631, BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3614 (Anm. 188), fol. 52r – 53r.  Zur Aufstellung der Kreisarmee und den dabei von Salzburg und Pfalz-Neuburg gestellten Truppenkontingenten vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 2251 (Anm. 1087), fol. 513 – 577: „Die rebellion im landt ob der Ens betr.“  Vgl. Kap. II.4.4, „Die Wankelmütigkeit kurbayerischer Kreispolitik und der Fortgang der Heeresreformpläne“ im ersten Hauptkapitel dieser Studie.  Bei Lori ist die Zahl der Reiter mit 500 angegeben, ebenso bei Peter-Claus Hartmann. Der Kreistag hat aber laut bayerischem Protokoll unzweifelhaft einen Beschluss über 900 Reiter gefällt. Vgl. Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), 289; Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 391. Das Protokoll des Kreistags findet sich unter BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), fol. 368 – 378, zu den Aufrüstungsbeschlüssen vor allem fol. 373. Ein Original des Kreisabschieds bietet BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3614 (Anm. 188), fol. 80 – 85. Bei Lori wird der Kreisabschied fälschlicherweise auf den 6. Oktober 1631 datiert, vgl. Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 288. Tatsächlich stammt er vom 31. Oktober 1631. Vgl. etwa den Originalabschied, BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3614 (Anm. 188), fol. 80 – 85. Das falsche Datum übernimmt Dotzauer: Die deutschen Reichskreise in der Verfassung des Alten Reiches und ihr Eigenleben (1500 – 1806) (Anm. 30), S. 351.

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schluss in drei strategisch bedeutsamen Kreisterritorien stationiert: Auf dem Gebiet von Pfalz-Neuburg sicherte sie den Donauübergang in Neuburg, in der oberpfälzischen Grafschaft Wolfstein-Sulzbürg wurde ein Schloss besetzt. Das größte Kontingent zog in die Reichsstadt Regensburg ein.¹¹²⁴ Schon alleine die Größe der Kreisarmee machte deutlich, dass die Kreistruppe nicht dazu gedacht sein konnte, einen Angriff der schwedischen Hauptarmee ohne zusätzliche Hilfe abzuwehren – dazu setzte Maximilian von Bayern auf eine reorganisierte Ligaarmee und kaiserliche sowie lothringische Unterstützung.¹¹²⁵ Die Kreisarmee diente Maximilian von Bayern offensichtlich dazu, all jene strategisch bedeutsamen Punkte an der Nordgrenze seines Kurfürstentums abzusichern, die nicht auf dem Territorium von Ligamitgliedern bzw. Kurbayern selbst lagen, wohl aber auf bayerischem Kreisterritorium. Zugleich war es die letzte Möglichkeit, die ihm blieb, um alle nur denkbaren Ressourcen gegen die vorrückenden Schweden zu mobilisieren.¹¹²⁶ Den Einfall Gustav Adolfs in sein Land konnte er damit aber letztlich nicht verhindern, auch wenn die Kreisarmee Regensburg noch bis 1633 halten konnte.¹¹²⁷

 Die Reichsstadt sollte von 1.500 Fußknechten verteidigt werden, von denen die Stadt 300 Mann selbst stellen konnte, der Rest entfiel auf Kurbayern, allerdings firmierten alle Einheiten formal als Kreistruppen. Die Reichsstadt schloss anlässlich der Aufnahme des Kreisheeres einen weiteren umfassenden Akkord mit dem Kreisobristen Maximilian von Bayern ab, dessen Grundzüge bereits auf dem Kreistag festgelegt worden waren und der alle Rechte und Pflichten der Kreisarmee innerhalb der Stadtmauern detailliert regelte.Vgl. Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 290. Vgl. hierzu auch ebd., „Vertrag zwischen dem baierischen Kreisobristenamt und der Stadt Regensburg wegen Einnahme einer Kreisbesatzung. München, den 22. Nov. 1631.“, S. 291– 294.  Vgl. die Ausführungen Maximilians im Instruktionsschreiben für seine Kreistagsgesandten, BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), fol. 363r.  Vgl hierzu die entsprechenden Überlegungen im Instruktionsschreiben für die bayerischen Kreistagsgesandten Carl Fugger und Johann Wämpl, ebd., München, 26. Oktober 1631, fol. 362– 366.  Zur „Schwedenzeit“ von 1632 bis 1634 in Bayern bzw. dem Bayerischen Reichskreis vgl. allgemein Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 388 – 394; Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 816 – 886.

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1.3 Konkurrenz? Der Kaiser im Wettstreit mit Union und Liga um die finanziellen Ressourcen der oberdeutschen Reichskreise 1.3.1 Die Auswirkungen von konfessionellen Bünden und Kreisdefensionen auf die kaiserliche Kreissteuerpolitik Abschließend soll noch ein in der historischen Forschung bisher weitgehend unerforschter Aspekt in den Beziehungen und Wechselwirkungen zwischen Reichskreisen, Union und Liga thematisiert werden: Die Auswirkungen der Bundesgründungen auf die Kreissteuerpolitik.¹¹²⁸ Beide Bündnisse enthielten bereits in ihren Gründungsdokumenten zum Teil umfassende Bestimmungen zum Aufbau eigener Bundeskassen und zur Besteuerung der Bundesmitglieder.¹¹²⁹ Ähnlich wie auf Reichsebene und in den Reichskreisen finanzierten sich Union und Liga nicht durch ein System kontinuierlicher Besteuerung ihrer Mitglieder. Stattdessen mussten die laufenden Unkosten beider Bundesorganisationen durch immer wieder neu auszuhandelnde Geldbewilligungen gedeckt werden.¹¹³⁰ Darüber hinaus waren sowohl die Liga als auch die Union darum bemüht, möglichst rasch einen Kriegsschatz aufzubauen, mit dessen Hilfe im Verteidigungsfall eine Anwerbung von Söldnertruppen ohne größeren Zeitverlust möglich sein sollte. So verlangte die Liga im ersten Jahr ihres Bestehens von ihren Mitgliedern 42 Römermonate, 1617 im Rahmen ihrer Neugründung als „Nachbarschaftliche Versicherung“ sogar 70 Römermonate – was in etwa jener Bewilligungshöhe entsprach, die verschiedene Reichs- und Kreistage auf dem Höhepunkt des „Langen Türkenkriegs“ zur Unterstützung Kaiser Rudolfs II. genehmigt hatten.¹¹³¹ Die Abgabenforderungen der

 Die finanzpolitischen Folgen der Bundesgründungen für Kaiser, Reich und Reichskreise sind ein Desiderat der Forschung. Einige erhellende Anmerkungen finden sich bei Sigelen: Zacharias Geizkofler (1560 – 1617) – Fürstendienst und Familienpolitik (Anm. 179), S. 233 – 247.  Sowohl die Union als auch die Liga griffen dabei auf die Reichs- und Kreismatrikel zurück, die zur Festlegung der Beitragssätze ihrer Mitglieder verwendet wurden.  Zur Finanzierung der Liga vgl. grundlegend Neuer-Landfried: Die Katholische Liga (Anm. 1017), S. 214– 218, zur Union Ritter: Geschichte der deutschen Union (Anm. 980), hier Bd. 1, S. 256 f., 260. Von den insgesamt 18 Artikeln der Unionsakte von 1608 widmen sich drei Artikel (Art. 6, 15 und 18) dezidiert der Bundesfinanzierung, vgl. Ernst: Gründungsdokumente von Union (1608) und Liga (1609) (Anm. 1007), S. 344. Im Gründungsdokument der Liga ist dies sogar bei sechs von insgesamt 19 Artikeln der Fall (Art. 5, 8, 13, 14, 16 und 17), vgl. ebd., S. 345.  Vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 414. Zur Finanzierung der „Nachbarschaftlichen Versicherung“ von 1617, auf deren Grundlage sich kurze Zeit später die Liga reorganisierte, vgl. Altmann: Die Reichspolitik Maximilians I. von Bayern 1613 – 1618 (Anm. 348), S. 467, ferner Litzenburger: Kurfürst Johann Schweikard von Kronberg als Erzkanzler (Anm. 1017), S. 295 – 312.

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Union forderten die finanzielle Leistungsfähigkeit ihrer Mitglieder kaum weniger heraus.¹¹³² Aus Sicht des Kaisers wurde dies spätestens in dem Moment zum Problem, als er selbst mit neuen Steuerforderungen an das Reich herantrat. Dies wurde besonders augenscheinlich auf dem Regensburger Reichstag von 1613, als Kardinal Khlesl im Auftrag Kaiser Matthias’ eine Reichstürkenhilfe aushandeln wollte. Der Kardinal musste schon bald feststellen, dass die Zahlungsbereitschaft der Reichsstände nicht nur durch die nach wie vor ungelösten konfessionspolitischen Konflikte im Reich erheblich beeinträchtigt wurde, sondern auch durch die Existenz der beiden Konfessionsbündnisse. Nach ersten Verhandlungen am Reichstag kam Khlesl diesbezüglich zu einer ausgesprochen ernüchternden Einschätzung: „Von deß Türggenns gefahr will niemands glauben. Die Catholischen wöllen Ir Ligam consequiren, die andern Ier Vnion, Beede aber khein gelt außgeben in Unsere Nottdurfften.“¹¹³³ Für den Kaiser endete der Reichstag schließlich in einem finanzpolitischen Fiasko. Während die katholische Reichstagsmehrheit lediglich 30 Römermonate zusagte, widersetzten sich die der Union angehörenden Reichsstände jeglicher Reichssteuerzahlung und unterzeichneten den Reichsabschied nicht einmal.¹¹³⁴ Und selbst die 30 Römermonate der Katholiken wurden nur zum Teil abgestattet, da viele Mitglieder der Liga zu diesem Zeitpunkt bereits hohe Rückstände in der Bundeskasse aufwiesen, auf deren Tilgung der Bundesobrist Maximilian von Bayern mindestens ebenso vehement drängte, wie der Kaiser auf die Abstattung der ihm zugesagten Gelder.¹¹³⁵

 Bis zum dritten Jahr nach ihrer Gründung sollte der Kriegsvorrat der Union 60 Römermonate bzw. 400.000 fl. betragen, um im Bedarfsfall eine Armee von 20.000 Mann mehrere Monate im Feld unterhalten zu können, vgl. Ritter: Geschichte der deutschen Union (Anm. 980), hier Bd. 1, S. 260, ferner Schmidt: Die Union und das Heilige Römische Reich deutscher Nation (Anm. 989), S. 21.  So Melchior Khlesl an den Hofkriegsratspräsidenten Hans von Mollard, Regensburg 27. September 1613, ediert bei Hammer-Purgstall (Hrsg.): Khlesl’s, des Cardinals, Directors des geheimen Cabinetes Kaiser Mathias, Leben (Anm. 279), Nr. 403, Zitat S. 69.  Vgl. Kap. II.1.1, „Die beiden gescheiterten Reichstage von 1608 und 1613 und die Kontributionsfrage“ im ersten Hauptkapitel dieser Studie.  Die hohen Ausstände in der Bundeskasse waren ein größeres Beratungsthema auf einem parallel zur Reichsversammlung ebenfalls in Regensburg abgehaltenen Ligatag. Vgl. hierzu die Edition des Ligatagsabschieds vom 13. Oktober 1613 bei Altmann: Die Reichspolitik Maximilians I. von Bayern 1613 – 1618 (Anm. 348), S. 349 – 359, zu den finanziellen Regelungen insbesondere S. 355 – 357. Vgl. ferner zur Schuldenproblematik der Liga Neuer-Landfried: Die Katholische Liga (Anm. 1017), S. 216 f.

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Wie bereits an anderer Stelle dieser Studie dargestellt, scheiterten die Versuche Kaiser Matthias’ weitgehend, im Nachgang des Reichstags über die Beschickung einzelner Reichskreise doch noch an größere Geldmittel aus dem Reich zu gelangen. Dies lag unter anderem auch an der im süddeutschen Raum vorherrschenden Bündniskonstellation unter den Reichsständen: Im mit einer protestantischen Kreistagsmehrheit versehenen Fränkischen Reichskreis wurde eine entsprechende kaiserliche Steuerforderung 1616 mit der Begründung zurückgewiesen, der Kaiser möge sich vor weiteren Verhandlungen mit den fränkischen Kreisständen am besten an einen Reichstag, zumindest aber an die Reichskreise mit kurfürstlichen Mitgliedern wenden.¹¹³⁶ Hinter dieser Formulierung verbarg sich die Forderung der protestantischen Kreistagsmehrheit, Kaiser Matthias müsse sich zuerst mit allen Kurfürsten, darunter auch Kursachsen, Kurbrandenburg und Kurpfalz – der Führungsmacht der Union – handelseinig werden, ehe neue Kreishilfen genehmigt werden könnten. Dazu kam es aber vor dem Kriegsausbruch 1618 nicht mehr. Die Bündniskonstellation im Reich machte es dem Kaiser also nicht nur am Reichstag, sondern auch in einzelnen Reichskreisen vorerst kaum mehr möglich, an finanzielle Mittel zu gelangen. Dies änderte sich erst wieder, als sich nach dem Ulmer Neutralitätsabkommen vom Juli 1620 eine nachhaltige Schwächung der Union und eine Ausweitung des Krieges auf die Kerngebiete des Reichs abzeichneten.¹¹³⁷ Zwar unternahm der neue Kaiser Ferdinand II. vorerst keinen weiteren Versuch, neue Steuer- bzw. Kontributionswünsche von ganzen Reichskreisen zu erhalten, wohl aber trat er mittels Gesandtschaften an einzelne Reichs- und Kreisstände im Fränkischen und vor allem im Schwäbischen Reichskreis heran – unabhängig davon, ob diese Mitglieder von Union und Liga waren oder nicht. Einen ersten entsprechenden Versuch initiierte die Hofburg bereits wenige Tage nach Abschluss des Ulmer Stillhalteabkommens und entsandte im Hochsommer 1620 den kaiserlichen Rat Albrecht Eberhardt zu mehreren schwäbischen Frauenklöstern und kleineren Reichsstädten – also klassische kaiserliche Klientel – von denen anzunehmen war, dass diese es mehrheitlich nicht wagen würden, sich den Geldforderungen in Höhe von zwölf Römermonaten zu widersetzen. Und so kam es auch. Zwar bewilligten nicht alle aufgesuchten Stände die gefor-

 Friedrich Carl von Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 133.  Zum Ulmer Vertrag und der Auflösung der Union im folgenden Jahr vgl. Gotthard: Protestantische „Union“ und Katholische „Liga“ – Subsidiäre Strukturelemente oder Alternativentwürfe? (Anm. 353), S. 92 f.

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derte Summe, doch immerhin konnte der kaiserliche Gesandte Zahlungszusagen in Höhe von rund 18 000 fl. erwirken.¹¹³⁸ Als sich die Union im folgenden Jahr endgültig auflöste, ergriff Kaiser Ferdinand II. umgehend eine weitere diplomatische Initiative, um sich einen Zugriff auf die finanziellen Ressourcen der bisher zum großen Teil in die Unionskasse kontribuierenden süddeutschen Reichsstädte zu sichern.¹¹³⁹ Ein nach Schwaben und ins fränkische Nürnberg entsandter kaiserlicher Diplomat forderte von insgesamt 14 Reichsstädten wiederum zwölf Römermonate ein, die formal als Vorschuss auf künftige Reichs- oder Kreishilfen verlangt werden sollten.¹¹⁴⁰ Tatsächlich bewilligten alle bereisten Reichsstädte die verlangten Gelder. Abgesehen vom schwäbischen Kaufbeuren verzichteten die Kommunen sogar „zue bezeügung ihres allergehorsambsten Respects vnndt schuldigsten Devotion“ auf eine spätere Rückzahlung oder künftige Anrechnung ihrer Bewilligungen.¹¹⁴¹ Nach den Reichsstädten fokussierte sich die kaiserliche Diplomatie auf die Prälaten, Grafen und Herren des Schwäbischen Reichskreises, die auch außerhalb des schwäbischen Kreistags als eigenständige und nach wie vor handlungsfähige politische Korporationen auftraten.¹¹⁴² Größere Erfolge konnte die Hofburg nun aber nicht mehr erzielen, wofür diesmal maßgeblich der Schwäbische Reichskreis selbst verantwortlich zeichnete:¹¹⁴³ Angesichts der Eskalation des Krieges um die Kurpfalz war es Württemberg auf einem Kreistag in Ulm im März 1622 gelungen,

 Die Reise galt den Frauenklöstern Buchau, Gutenzell, Rottenmünster, Heggbach und Baindt sowie den Reichsstädten Überlingen, Rottweil, Ravensburg, Biberach, Schwäbisch Gmünd, Wangen, Buchhorn und Pfullendorf, vgl. OeStA FHKA: SUS RA 20.1.34, Dr. Albrecht Eberhardt an Kaiser Ferdinand II., Weingarten, 21. August 1620, fol. 1114r–1120v.  Ein Reisebericht des mit der Mission beauftragten kaiserlichen Rats Georg Heher findet sich in OeStA FHKA: SUS RA 76.1 (Anm. 281).9, Bericht des Dr. Georg Heher an Kaiser Ferdinand II., Nürnberg, 25. August 1621, fol. 89r – 94v.  Die Reise Hehers dauerte insgesamt 36 Tage und führte ihn über Heilbronn, Esslingen, Ulm, Schwäbisch Hall, Aalen, Bopfingen, Giengen, Buchau, Lindau, Isny, Kempten, Memmingen, Kaufbeuren bis Nürnberg.  So die Formulierung in der Bewilligung der Reichsstadt Esslingen, vgl. ebd. fol. 89v. Zur Haltung Kaufbeurens vgl. ebd., fol. 93r.  Vgl. grundsätzlich Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 84– 132.  Die kaiserlichen Geldforderungen wurden erstmals auf einem schwäbischen Prälatentag am 8. Mai 1622 in Ravensburg vorgebracht. Aufgrund einer hohen Abwesenheitsquote wurde die Versammlung auf den September 1622 vertagt, genehmigte dem Kaiser dann aber nur 10 Römermonate. Weitere Geldforderungen im Jahr 1623 lehnten die Prälaten mit Hinweis auf ihr finanzielles Engagement für den Schwäbischen Reichskreis und die Liga dann ab. Die Grafen und Herren wiesen eine gesonderte Geldhilfebewilligung zugunsten des Kaisers auf einem eigenen Grafentag in Biberach im August 1622 mit Verweis auf den parallel tagenden schwäbischen Kreistag rundweg ab, vgl. ebd., S. 431, insbesondere Anm. 2 und Anm. 3.

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sowohl die ehemaligen schwäbischen Unionsmitglieder wie auch die meisten ihrer katholischen Nachbarn von der Notwendigkeit einer Reaktivierung des Schwäbischen Reichskreises zu überzeugen, der nach württembergischen Vorstellungen wieder an die Stelle konfessioneller Partikularbündnisse treten und den Schutz aller schwäbischen Kreisstände unabhängig ihrer Konfession gewährleisten sollte.¹¹⁴⁴ Der Herzog konnte dabei an bereits kurz vor ihrer Realisierung stehende Partikulardefensionsprojekte zweier katholisch dominierter Kreisviertel des Schwäbischen Kreises anknüpfen, die zugunsten einer Bewaffnung auf Ebene des gesamten Kreises eingestellt wurden.¹¹⁴⁵ Die dann von dem Württemberger als Kreisobristen und dem katholischen Egon von Fürstenberg als Oberstleutnant gemeinsam geführte gemischtkonfessionelle Kreisarmee in der Größenordnung von 1 200 Reitern und 4 000 Fußknechten kostete die Kreisstände ganze 146 Römermonate, ehe die Kreisarmee nach dem Ende der unmittelbaren militärischen Bedrohung an den Kreisgrenzen bis zum Frühjahr 1623 auf Kreistagsbeschluss wieder abgedankt wurde.¹¹⁴⁶ Während ihres Bestehens hatte die Truppe die finanzielle Leistungsfähigkeit des Reichskreises und seiner Stände so

 Vgl. Thomas Hölz: Defension – Integration – Emanzipation? Die Ligapolitik der geistlichen Reichsstände Schwabens, in: Union und Liga 1608/09 (Anm. 292), S. 63 – 96, hier 85 – 88; Gotthard: Konfession und Staatsräson (Anm. 53), S. 350 – 369.  Sowohl das Augsburger Viertel des Schwäbischen Kreises wie auch eine Gruppe oberschwäbischer Kreisstände hatten bereits unter Führung des Augsburger Bischofs und mit Rückendeckung des Tiroler Erzherzogs und Maximilians von Bayern über eigene Abwehrmaßnahmen gegen den in kurpfälzischen Diensten stehenden Söldnerführer Mansfeld beraten, vgl. Hölz: Defension – Integration – Emanzipation? Die Ligapolitik der geistlichen Reichsstände Schwabens (Anm. 1144), S. 85. Die Kreisstände des Augsburger Kreisviertels hatten sich bereits auf die Mobilisierung von 10.000 Mann verständigt, die allerdings zum Großteil lediglich aus dem Landesaufgebot des Hochstifts Augsburg bestanden hätten, vgl. Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 406 – 417, insbesondere 412 f.  Die nötigen Absprachen auf Kreisebene wurden auf insgesamt drei Kreistagen und mehreren Kriegsratstagungen vorgenommen. Hölz spricht von vier Kreistagen, allerdings war eine der Versammlungen nur ein Rechnungsdeputationstag zur Überprüfung der Kreisrechnungen. Die originalen Kreisabschiede finden sich unter HStASt: C 9 Bü. 563 (Anm. 474), Nr. 60 – 62 und datieren auf den 11./21. März 1622, 8./18. Juni 1622, 3./13. Dezember 1622. Der Abschied des Rechnungsdeputationstags datiert auf den 16./26. Febr. 1623. Zur Bezahlung der 146 Römermonate vgl. die Diskussionen auf dem Kreistag von Ulm von 1630, auf dem sich Württemberg um die Eintreibung erheblicher Ausstände aus den Bewilligungen von 1622/23 bemühte, HStASt: C 9 Bü. 222 (Anm. 184), Nr. 34, Dinkelsbühl an Württemberg, o.O., 31. März 1630, unfol. Vgl. ferner Hölz: Defension – Integration – Emanzipation? Die Ligapolitik der geistlichen Reichsstände Schwabens (Anm. 1144), S. 87.

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stark in Anspruch genommen, dass es der Kaiser unterließ, währenddessen zusätzliche Geldforderungen an den Reichskreis zu stellen.¹¹⁴⁷ Doch kaum war die Armee abgedankt, trat Kaiser Ferdinand II. wieder mit neuen Steuerwünschen an den Reichskreis heran – mit durchaus beachtlichem Erfolg, wie an anderer Stelle dieser Studie bereits dargestellt wurde.¹¹⁴⁸ Dies war nur möglich, da die finanziellen Ressourcen des Schwäbischen Reichskreises bis zum Einfall der Schweden nicht durch neue Kreisrüstungsprojekte gebunden waren.

1.3.2 Die Konkurrenz zwischen Kaiser und Liga um Reichskreishilfen in den 1620er Jahren Wie bereits Kardinal Khlesl auf dem Regensburger Reichstag von 1613 feststellen musste, wirkte sich nicht nur die Existenz der Union negativ auf die Erfolgsaussichten kaiserlicher Steuerforderungen an das Reich aus. Einen aus kaiserlicher Sicht ähnlich negativen Effekt brachte auch die Liga mit sich, band sie doch große finanzielle Ressourcen ihrer Mitglieder, deren Zahlungsbereitschaft gegenüber dem Reichsoberhaupt nachlassen musste, wollten sie finanzielle Doppelbelastungen vermeiden. Diese Grundproblematik trat auch bei verschiedenen Kreissteuergesuchen des Kaisers gegenüber einzelnen Reichskreisen nach Beginn des Dreißigjährigen Kriegs auf. Da bereits an anderer Stelle dieser Studie ausführlich auf die Bemühungen des Kaisers um Reichskreishilfen eingegangen wurde, mögen im Folgenden einige Detailbetrachtungen zur steuerpolitischen Konkurrenz zwischen dem Kaiser und der Liga auf Reichskreisebene aus den Jahren 1624 und 1631 genügen. Bereits bei den ersten Türkensteuerbewilligungen des Schwäbischen und Fränkischen Reichskreises während des Dreißigjährigen Kriegs sah sich Kaiser Ferdinand II. mit Ausnehmungsbitten verschiedener ligistischer Kreisstände konfrontiert. So versuchten im Lauf des Jahres 1624 sowohl die drei fränkischen Bischöfe von Würzburg, Bamberg und Eichstätt in einem gemeinsam aufgesetzten Bittschreiben einen Verzicht des Kaisers auf ausstehende Kreissteuern zu erlan-

 Zur Finanzierung der Kreisdefension nahm der Reichskreis Schulden auf, die in späteren Verhandlungen mit dem Kaiser auf 400.000 fl. beziffert wurden, vgl. HStASt: C 9 Bü. 218 (Anm. 104), Beilage V.1: Antwortkonzept auf die kaiserliche Proposition, Ulm, 11. März 1624, unfol. Die mangelnde Bereitschaft der schwäbischen Kreisstände zu weiteren Zahlungen konstatiert bereits ein württembergisches Gutachten vom Juni 1623, vgl. ebd., „Bedencken“ des württembergischen Rates (Kanzler und Räte), Stuttgart, 23. Juni 1623, unfol.  Vgl. Kap II.2.3, „Die Kreistage Schwabens und Frankens von 1624“ im ersten Hauptkapitel dieser Studie.

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gen, wie auch eine Gruppe geistlicher Fürsten aus dem Schwäbischen unter Führung des Augsburger Bischofs.¹¹⁴⁹ In beiden Fällen wurde der erbetene Steuererlass mit dem bisherigen finanziellen Engagement der geistlichen Fürsten für die Liga begründet, die mit ihrem Einsatz zum Schutz der Katholiken im Reich wiederum den Kaiser entlasten würde. Ob Kaiser Ferdinand II. eventuell einzelnen Gesuchen statt gab, ließ sich im Rahmen dieser Studie nicht im Detail überprüfen, zu einer grundsätzlichen Kreissteuerbefreiung für Ligamitglieder kam es jedenfalls nicht.¹¹⁵⁰ Im Falle der schwäbischen Kreissteuerbewilligung von 1624 ließ sich ein eindeutiger Zahlungserlass lediglich für Maximilian von Bayern nachweisen, den dieser aber auch erst nach zähen Verhandlungen mit dem Kaiserhof und einer zwischenzeitlichen Vorladung vor das Reichskammergericht erhalten hatte.¹¹⁵¹ Wenn es aber gar keine grundsätzliche Kreissteuerbefreiung für Ligastände gab, warum trugen Ligamitglieder kaiserliche Türkensteuerforderungen während des Dreißigjährigen Kriegs überhaupt mit und unterstützten sie bei verschiedenen Kreistagen? Ein Gutachten Münchener Hofräte von 1625 gibt hierzu Auskunft.¹¹⁵² Es entstand in Folge der Vorladung Kurfürst Maximilians vor das Reichskammergericht aufgrund seiner zurückgehaltenen Kreissteuern für Mindelheim und Donauwörth und nahm detailliert Stellung, warum die bayerischen Gesandten seinerzeit überhaupt am schwäbischen Kreistag für eine Türkensteuer votiert hatten. Die Hofräte kamen darin zu dem Schluss, dass Kaiser Ferdinand II. von den Mitgliedern der Liga nicht verlangen könne, sich an beÿden Ohren anzugreifen, was schwehr, ja unerschwingcklich sein würde“.¹¹⁵³ Am Ulmer Kreistag sei nur deshalb

 Am Vorstoß der fränkischen Bischöfe beteiligte sich auch Kurmainz für seine fränkische Grafschaft Rieneck, an der schwäbischen Initiative waren neben dem Bischof von Augsburg noch der Fürstabt von Kempten und der Fürstprobst von Ellwangen beteiligt, vgl. Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), 432 f. Vgl. ferner auch die Ausführungen in Kap. 2.3.3 dieser Studie.  Einzelne Ratenzahlungen ligistischer Kreisstände an das Augsburger Reichspfennigmeisteramt in Folge der schwäbischen Kreissteuerbewilligung von 1624 finden sich unter BayHStA: Reichskammergericht 5672/1 (Anm. 188), Fasz. I („SpPr“), unfol., darunter auch Einzahlungsbelege von Ellwangen, das sich am Bittbrief des Augsburger Bischofs zur Freistellung von Kreissteuern beteiligt hatte.  Vgl. Kap. II.2.5, „Exkurs: Fiskalische Prozesse vor dem Reichskammergericht als Folge von Kreistagsbewilligungen am Beispiel des Schwäbischen Reichskreises“ im ersten Hauptkapitel dieser Studie.  Vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3734 (Anm. 184), „Vnderthenigister Bericht über des kaÿserlichen Fiscals wider Ihre Churfrt. Drl. ausgezogene Camergerichtliche Citation“, München, 27. April 1625, fol. 127r–130r.  Ebd., fol. 128r.

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eine Mehrheit zugunsten des kaiserlichen Türkensteuergesuchs zustande gekommen, weil die Ligamitglieder „der eüsserlichen apparentz nach“ für das Anliegen des Kaisers gestimmt hätten, „damit die ÿbrige, vnd mehrere Stenndt, so dem Bundt nit beÿgetreten, vnd also zum gemeinen wesen nichts, oder wenig beÿschüssen, umb so vil weniger von dieser gesuchten kaÿserlichen Craÿßhülff abwendig gemacht würden.“¹¹⁵⁴ Um den Abstimmungserfolg zu gewährleisten, so das Gutachten weiter, hätten die kurbayerischen Kreistagsgesandten den Vertretern einiger Ligafürsten insgeheim sogar zugesichert, Kurfürst Maximilian würde dafür Sorge tragen, dass ihre Herren ihren Anteil an der Kreissteuerbewilligung gar nicht zu entrichten bräuchten, solange sie nur weiterhin ihre Beiträge in die Bundeskasse bezahlten.¹¹⁵⁵ Von einer derartigen Übereinkunft zwischen Kurbayern und dem Kaiser zugunsten anderer Ligastände weiß das Gutachten aber nichts weiter zu berichten. Offenbar hatte es diesbezüglich lediglich eine inoffizielle Absprache mit einem kaiserlichen Kommissar am Rande des Kreistags gegeben. Jedoch war jener besagte kaiserliche Kommissar, der einen Kreissteuererlass für die Ligafürsten zugesichert haben soll, Bischof Heinrich von Augsburg – selbst schwäbischer Kreisstand und Ligamitglied – der aber in Ulm in Diensten des Kaiser aufgetreten war und für dessen Türkensteuerwunsch geworben hatte.¹¹⁵⁶ Auch wenn es im Anschluss an den Ulmer Kreistag von 1624 für viele schwäbische Ligamitglieder zu keiner Befreiung von Kreissteuerverpflichtungen gekommen war, setzte sich doch bei den protestantischen Ständen des Reichskreises im Lauf der Zeit der Eindruck fest, ihre katholischen Mitkreisstände würden auf Betreiben der Liga respektive Maximilians von Bayern dem Reichskreis zunehmend entfremdet. Als Kaiser Ferdinand II. 1631 mit einer weiteren Steuerforderung an den Schwäbischen Reichskreis herantrat, zeigten sich die Protestanten bereits davon überzeugt, dass die katholischen Kreisstände etwaige Kreissteuern schon gar nicht mehr an den Kaiser zahlen würden, sondern direkt in Münchner Kassen. Ein Gutachten des Ulmer Rats für den Herzog von Württemberg anlässlich eines anstehenden Kreistags warnte sogar ausdrücklich vor jeder weiteren Steuerbewilligung für den Kaiser, da es „nunmehr Reichskundig [sei], das die Römische Ständt ihre contribution Chur baÿern erlegen, derentwegen nicht

 Ebd., fol. 127v–128r.  Vgl. ebd., fol. 128r. Gemeint waren der Fürstabt von Kempten und der Fürstprobst von Ellwangen.  Vgl. ebd., fol. 128v. Die Kreditive für die kaiserlichen Kommissare am Ulmer Kreistag (Bischof Heinrich von Augsburg, Graf Egon von Fürstenberg und Reichsvizekanzler Hans Ludwig von Ulm) finden sich unter HStASt: C 9 Bü. 218 (Anm. 104), Nr. 17b, Kaiser Ferdinand II. an den schwäbischen Kreistag, Wien, 4. März 1624, unfol.

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wolglaublich, das sie [sich] mit vnd neben den Evangelischen zu gleicher contribution für Ire Kaÿs: Mtt: revera sondern allein speci qtenus verstehen werden.“¹¹⁵⁷ In diesem Fall lagen die Ulmer Ratsherren mit ihrer Vermutung auch nicht völlig falsch, denn Maximilian von Bayern hatte im Jahr zuvor auf dem Regensburger Kurfürstentag zusammen mit anderen katholischen Kurfürsten, die allesamt Mitglieder der Liga waren, mit Kaiser Ferdinand II. die Abhaltung reichsweiter Kreistage beschlossen, deren Steuerbewilligungen später zwischen der kaiserlichen Armee und der Liga aufgeteilt werden sollten.¹¹⁵⁸ Wie bereits an anderer Stelle dieser Studie dargestellt, scheiterte das Vorhaben vollständig, was aber nicht nur an der Zahlungsunwilligkeit protestantischer Kreisstände lag, sondern auch an der Uneinigkeit innerhalb des katholischen Lagers, die eine erfolgreiche Abhaltung mancher Kreistage im Lauf des Jahres 1631 verhinderte. So kam beispielsweise ein gemeinsamer Kreistag des Oberrheinischen und des Kurrheinischen Reichskreises im April 1631 erst gar nicht zustande, da der Mainzer Kurfürst Anselm Casimir auf eine Bitte Kaiser Ferdinands II. um Ausschreibung eines entsprechenden Kreiskonvents schlicht nicht reagierte.¹¹⁵⁹ Als daraufhin der Bischof von Worms als Kreisausschreibender Fürst des Oberrheinischen Reichskreises sich beim Mainzer Kurfürsten erkundigte, warum dieser noch nicht die kurrheinischen Kreisstände beschrieben habe, gab dieser lapidar zur Antwort: „Was diesen Churfr. Craiß betreffen thete, weil dessen stende Ihrer Kaÿs. Mtt: contribuirn, vnd zugleich mehren theils in dem Catholischen Bundt begriffen vndt in die Kaÿ. Cassa ohne das nit contribuiren, auch dero abgeordnete anjezo zu Dinkelsspiell versamblet sein, also hat es damit solchen eÿell nicht, sondern wir wollen, des Dinkelspielischen Bundtsschlußes zuvoren, ehe wir Vnser Craißstende beschreiben, erwartten.“¹¹⁶⁰ Kurfürst Anselm Casimir räumte somit den Beratungen der Liga unzweifelhaft den Vorzug vor einem Kreistag ein, der dann doch nur den kaiserlichen Geldforderungen gewidmet gewesen wäre.¹¹⁶¹ Die noch im Vorjahr am Regensburger

 HStASt: C 9 Bü. 223 (Anm. 104), „Eltern vnd Geheimb des Raths zu Ulm“ an Württemberg, Ulm, 21 April 1631, unfol.  Vgl. Kap. II.3.3, „Reichskreisbewilligungen als Ersatz des Wallensteinschen Kontributionssystems“ im ersten Hauptkapitel dieser Arbeit.  Vgl. OeStA HHStA Wien: MEA Kreisakten in Genere 17 (Anm. 641), Der Graf von NassauKatzenellenbogen als kaiserlicher Kommissar an Anselm Casimir, mit der Bitte einen Kreistag auszuschreiben, Gadamer, 22. April 1631, fol. 41– 43.  Ebd., fol. 40r – 40v. Zitiert wird aus einem Konzept, die Textstreichung ist aus der Quelle übernommen.  Der Abschied des angesprochenen Ligatags von Dinkelsbühl datiert auf den 20. Mai 1631 und legte den Mitgliedern neben einer Einmalzahlung von 7 Römermonaten eine monatliche Beitragszahlung von 16 Römermonaten auf, vgl. Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280),

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Kurfürstentag auch mit Mainzer Zustimmung beschlossene gemeinsame Finanzierung beider katholischer Heere über Kreistagsbewilligungen spielte offensichtlich im Mai 1631 schon keine Rolle mehr. Stattdessen setzte der Mainzer zu diesem Zeitpunkt alle seine Hoffnungen auf die Liga, in der dem Kurfürsten als Oberhaupt des rheinischen Direktoriums eine Führungsrolle zukam.¹¹⁶² Zu zusätzlichen Kontributionen zugunsten des kaiserlichen Heeres war Anselm Casimir nicht mehr gewillt – jedenfalls sollte dem Wormser Bischof dieser Eindruck vermittelt werden. Eine im obigen Zitat wiedergegebene Tilgung im Entwurf des Mainzer Schreibens könnte jedenfalls als ein (unfreiwillig hinterlassener) Hinweis darauf interpretiert werden, dass die Befreiung von Kontributionszwängen gegenüber dem kaiserlichen Heer wohl nur ein politischer Anspruch war, der aber in der Praxis von kaiserlicher Seite nicht immer beachtet wurde. In der Reinschrift wurde der Verweis auf die Doppelbelastung der kurrheinischen Ligamitglieder durch Kontributionszahlungen an das Ligaheer und die Kaiserlichen dann scheinbar gestrichen.

Zwischenfazit Für diese Studie war von besonderem Interesse, wie sich Union und Liga zur Kreisverfassung des Reichs positionierten und welchen Umgang sie mit einzelnen Reichskreisen pflegten. Wie aus den Gründungsdokumenten von Union und Liga hervorgeht, verstanden sich beide Bündnisse nicht als direkte Konkurrenz zur Kreisverfassung, sondern vielmehr als deren Stütze. Hinter diesem Anspruch verbarg sich in erster Linie die Absicht, eine Instrumentalisierung oder Missachtung der Reichskreisverfassung durch die gegnerische Konfessionspartei, wie es von protestantischer Seite den Katholiken im Fall Donauwörths vorgeworfen wurde, künftig zu unterbinden. Dies gelang allerdings zumindest in der Anfangsphase des Dreißigjährigen Kriegs nicht immer, wie anhand des Fränkischen und Bayerischen Reichskreises illustriert werden konnte. In den beiden Reichskreisen nutzten Christian von Kulmbach beziehungsweise Maximilian von Bayern ihre Stellung als Kreisobristen zeitweise dazu, Kreisarmeen der Union repektive der Liga zuzuführen. In Franken beförderten die Kreisdefensionsprojekte Markgraf Christians maßgeblich die Etablierung einer auf den schon vorhandenen S. 454 f., insbesondere Anm. 104. Brendle: Der Erzkanzler im Religionskrieg (Anm. 519), S. 242– 244.  Das Verhältnis des Mainzers zur Liga verschlechterte sich jedoch in den Folgemonaten massiv, da Anselm Casimir den Schutz seines Territoriums nicht ausreichend durch die Feldzugsführung Tillys gesichert erachtete, vgl. ebd., S. 294– 300.

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Institutionen des Reichskreises aufbauenden protestantischen Partikularorganisation, die sich auch ohne Teilnahme katholischer Kreisstände als handlungsfähig erwies. Dennoch blieb der Fränkische Reichskreis auch zu konfessionsübergreifenden Defensionsanstrengungen fähig, wie er schon unmittelbar nach der Auflösung der Union 1621 parallel zum Schwäbischen Reichskreis unter Beweis stellte. Von einer langfristigen Lähmung der gesamten Kreisorganisation des Reichs, wie sie Axel Gotthard spätestens ab der „Causa Donauwörth“ auszumachen glaubt, kann jedenfalls keine Rede sein – auch nicht im verteidigungspolitischen Bereich.¹¹⁶³ Im Norden des Reiches blieb die Kreisverfassung dann auch die dominierende Organisationsform reichs- beziehungsweise kreisständeübergreifender Defensionsanstrengungen, da die Union weder im Ober- noch im Niedersächsischen Reichskreis dauerhaft Fuß fassen konnte. Dem trug die Union Rechnung, indem sie ab 1614 auf Betreiben Württembergs und der Kurpfalz nicht mehr nur einzelne norddeutsche protestantische Fürsten umwarb, sondern den gesamten Niedersächsischen Reichskreis als Bündnispartner zu gewinnen versuchte. Weitreichende Wechselwirkungen zwischen konfessionellen Bünden und der Kreisorganisation des Reiches lassen sich aber nicht nur im Bereich der Militärund Bündnispolitik konstatieren, sondern auch in der Reichs- und Kreissteuerpolitik. So lange die meisten Kreisstände der oberdeutschen Reichskreise entweder Mitglied in der Union oder in der Liga waren, gelang es dem Kaiser kaum mehr, aus diesen Reichskreisen nennenswerte Türkensteuerbewilligungen zu erhalten, da beide Konfessionsbündnisse die finanziellen Ressourcen ihrer Mitglieder banden und zugleich ihren politischen Spielraum gegenüber dem Reichsoberhaupt erhöhten. Bezeichnenderweise fallen die ersten höheren kreisständischen Steuerbewilligungen für den Kaiser seit dem Ende des Langen Türkenkriegs in die Jahre unmittelbar nach Auflösung der Union, in denen die Steuerbereitschaft der nun bündnisfreien protestantischen Kreisstände vor allem in Schwaben und Franken erkennbar zunahm. Der Fortbestand der Liga führte allerdings dazu, dass sich etliche katholische Kreisstände der Bezahlung der auf Kreisebene beschlossenen Geldhilfen für den Kaiser zu entziehen versuchten, um keiner finanziellen Doppelbelastung ausgesetzt zu sein. Maximilian von Bayern gelang dies, kleineren Ligamitgliedern aber offenbar nicht. Stattdessen profitierte der Bayernherzog in finanzieller und militärischer Hinsicht selbst von der Kreisverfassung, indem er sich mittels des Bayerischen Reichskreises durchaus nenneswerte Geldmittel, Truppenhilfen, und militärstrategisch bedeutsame Plätze sichern konnte. Maximilian erschloss seiner Kriegsführung auf diese Weise Res-

 Vgl. Gotthard: Die Union von Auhausen (1608 – 1621) (Anm. 325), S. 50.

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sourcen von Kreisständen, die selbst keine Mitglieder der Liga und zum Teil sogar protestantisch waren.

2 Die niedersächsische Kreisdefension von 1618 – 1629 Die bündnispolitische Polarisierung, die das politische Leben in den oberdeutschen Reichskreisen spätestens seit 1608/9 maßgeblich prägte, hatte lange Zeit nur geringe Auswirkungen auf den Norden des Reiches. Sowohl im Niedersächsischen als auch im Obersächsischen Reichskreis konnten Union und Liga entweder gar keine oder nur vorübergehend Anhänger finden. Dies lag, wie bereits geschildert, einerseits an der flächendeckenden Dominanz protestantischer Bekenntnisse in beiden Reichskreisen, weshalb die Liga dort keinerlei Anhänger fand, und andererseits an der kritischen Distanz einiger einflussreicher ober- und niedersächsischer lutherischer Fürsten gegenüber der Union mit ihrem calvinistischen Anführer aus Heidelberg. Als 1618 im Königreich Böhmen ein offener Aufstand losbrach und ein Jahr später der Kurpfälzer als neuer böhmischer König den Kampf gegen Habsburg und die Liga aufnahm, blieb lange unklar, wie sich die protestantischen Kreisstände aus dem Ober- und Niedersächsischen Kreis positionieren würden – zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als Kursachsen auf Seiten des Kaisers in den Krieg eintrat. Zwar zeigten obersächsische Kreistage der Jahre 1619 und 1620 deutlich, dass sich außer Kursachsen kaum ein anderer obersächsischer Kreisstand gleichfalls militärisch zugunsten der Habsburger zu engagieren gedachte, aber die klare bündnispolitische Entscheidung Kurfürst Johann Georgs stellte zumindest sicher, dass der „Winterkönig“ auch dauerhaft keine Hilfe aus dem Obersächsischen Kreis mehr zu erwarten hatte. Stattdessen nahm der Kreis nach einem entsprechenden Kreistagsbeschluss formal eine Neutralität ein.¹¹⁶⁴ Im tendenziell „kaiserfernen“ Niedersächsischen Reichskreis hatte der Kaiser keinen Kursachsen vergleichbaren engen Verbündeten. Hier schien auf den ersten Blick sein kurpfälzischer Kontrahent im Vorteil zu sein, denn immerhin hatte die niedersächsische Kreisorganisation mit der Union nur wenige Jahre vor Kriegsausbruch eine Vereinbarung über eine wechselseitige Militärhilfe im Bedarfsfall abgeschlossen. Nichtsdestotrotz sah sich der Reichskreis schon unmittelbar nach Kriegsbeginn mit Bündnisgesuchen beider Kriegsparteien konfrontiert. Diese

 Vgl. Müller: Kursachsen und der Böhmische Aufstand 1618 – 1622 (Anm. 352), S. 290 f., S. 325 – 333; Nicklas: Macht oder Recht (Anm. 35), S. 198 – 208; Schulze: Die kursächsische Politik und der Böhmische Aufstand (Anm. 364), S. 36 – 42.

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Offerten bewiesen, dass man sowohl in Wien als auch in Heidelberg beziehungsweise Prag den Niedersächsischen Reichskreis als eigenständigen, politisch und militärisch handlungsfähigen und dementsprechend auch bündnisfähigen Akteur wahrnahm. Doch wie eigenständig und militärisch relevant konnte ein einzelner Reichskreis in dem heraufziehenden Konflikt von bald europäischen Ausmaßen tatsächlich sein? In den folgenden Ausführungen soll dieser Frage anhand der Militärund Bündnispolitik des Niedersächsischen Reichskreises im ersten Jahrzehnt des Dreißigjährigen Kriegs bis zum Lübecker Frieden im Jahr 1629 nachgegangen werden.

2.1 Neutralität und „Conjunction“. Die Bemühungen des Niedersächsischen Reichskreises um ein Reichskreisbündnis zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs Zu Beginn des Kriegs um Böhmen verhielt sich der Reichskreis noch ausgesprochen zögerlich und abwartend. Die Mehrheit der niedersächsischen Kreisstände hegte keinerlei Ambitionen, sich in einen kriegerischen Konflikt fernab ihrer Territorien verwickeln zu lassen, und stand den verschiedenen Bündnis- und Hilfsgesuchen der Jahre 1618 bis 1620 ausgesprochen distanziert gegenüber – unabhängig davon, von wem sie kamen und mit welchen Argumenten sie vorgetragen wurden.¹¹⁶⁵ Selbst die „Succurs“-Vereinbarung mit der Union von 1615 veranlasste sie nicht dazu, militärisch aktiv zu werden, obwohl die Unionsfürsten auf einem Korrespondenztag in Heilbronn im Sommer 1619 den Niedersächsischen Reichskreis inständig um die Entsendung der einst vereinbarten Militärhilfe im Umfang von 500 Reitern und 3 000 Fußknechten baten.¹¹⁶⁶ Eine ähnliche Anfrage kurze Zeit später von Kurfürst Friedrich V., nun bereits als König von Böhmen, fand lediglich bei Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel Unterstützung, der sich jedoch auf einem Kreistag im Oktober 1619 nicht gegen den Wi-

 Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 132– 136; Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), S. 434 f.; Theodor Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625. Kiel 1937, S. 30 – 40.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 133.

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derstand der Ständemehrheit durchsetzen konnte.¹¹⁶⁷ Zu den Opponenten gegen eine Parteinahme des Reichskreises im Kampf um Böhmen gehörte auch König Christian IV. von Dänemark, der als Herzog von Holstein über Sitz und Stimme am niedersächsischen Kreistag verfügte. ¹¹⁶⁸ Um nicht ständig weiteren Unterstützungsanfragen der Kriegsparteien ausgesetzt zu werden, entschieden sich die beiden Kreisausschreibenden Fürsten des Reichskreises Anfang 1620 sogar dafür, einen von der Union geforderten Kreistag gar nicht erst auszuschreiben und vorerst alle weiteren schriftlichen Bitten des Kurpfälzers und des Kaisers so zurückhaltend wie möglich zu beantworten.¹¹⁶⁹ Worin sich die niedersächsischen Kreisstände allerdings einig waren, war die Aufstellung einer größeren eigenen Kreisarmee für den Fall, dass der Reichskreis von einer kriegsführenden Macht unvermittelt angegriffen werden sollte. Deshalb wurde im Oktober des Jahres 1619 der Welfe Georg von Braunschweig-Lüneburg in den Sold des Kreises genommen, welcher als Stellvertreter des eigentlichen Kreisobristen Christian von Braunschweig-Celle im Kriegsfall eine Kreisarmee im Umfang der dreifachen Tripelhilfe ins Feld führen sollte.¹¹⁷⁰ Insbesondere von kaiserlich-katholischer Seite wurde diese Entscheidung allerdings mit einem gewissen Argwohn betrachtet, was Kaiser Ferdinand II. den Kreisausschreibenden Fürsten und dem Kreisobristen Niedersachsens auch mehrfach unmissverständlich kommunizieren ließ. In den Augen des Reichsoberhaupts besaß eine Aufrüstung des Reichskreises nur dann eine reichsrechtliche Legitimität, wenn sie nicht nur zur Absicherung einer Neutralität diente, sondern auch einen konstruktiven Beitrag zur kaiserlichen Kriegsführung leistete. So sollten die Kreisstände dem Kaiser auf dessen Aufforderung schon im Jahr 1621 schriftlich zusichern, dass alle bisherigen militärischen Beschlüsse und Rüstungsmaßnahmen des Kreises „einzig und allein dahin geziehlet [hätten], des

 Vgl. ebd., S. 134.  Vgl. Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 31, 35.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 134 f.  Die dreifache Tripelhilfe konnte auf unterschiedliche Weise in Truppen umgerechnet werden. Im Februar 1623 setzte sie ein niedersächsischer Kreistag mit 3.000 Reitern und 9.700 Fußknechten gleich, vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 346. Die Anstellung Herzog Georgs war mit einer Zahlung von 2.000 Rtl. Wartgeld im Jahr verbunden. Im Kriegsfall sollte der Herzog mit 3.000 Rtl. im Monat entlohnt werden, vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 68 Anm. 21.

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Kaysers respect und hoheit“ zu befördern.¹¹⁷¹ Da der Niedersächsische Kreis jedoch lange Zeit fernab des eigentlichen Kriegsgeschehens lag und damit die tatsächliche Anwerbung von Kreistruppen im größeren Stil nicht notwendig wurde, konnte es sich der Reichskreis erlauben, eine konkrete Antwort vorerst schuldig zu bleiben. Dies änderte sich erst nach dem endgültigen militärischen Sieg der kaiserlichligistischen Partei über die aufständischen Böhmen und ihren Wahlkönig Friedrich V. Letzterer hatte in den Jahren 1620 bis 1622 eine militärische Niederlage nach der anderen erleiden und ins niederländische Exil fliehen müssen, während spanische und bayerische Heere nicht nur Böhmen und die Oberpfalz, sondern auch die Rheinpfalz mit der kurpfälzischen Residenzstadt Heidelberg einnehmen konnten.¹¹⁷² Die katholischen Heere waren allerdings nicht in der Lage gewesen, die beiden bis zuletzt in kurpfälzischen Diensten stehenden Söldnerführer Ernst von Mansfeld und Christian von Halberstadt zu entwaffnen. Die Söldnerhaufen der beiden kurpfälzischen Heerführer lösten sich auch nach der Flucht Friedrichs V. nicht einfach auf, sondern zogen von Herbst 1622 bis Frühjahr 1623 plündernd und brandschatzend weiter durch die spanischen Niederlande und den Westen des Reichs, meist dicht gefolgt von der Ligaarmee unter Tilly. Infolge dieser in ihren Marschrouten wenig vorhersehbaren Kriegszüge fanden sich auch solche Reichsstände mit Heeresdurchzügen und Plünderungen konfrontiert, deren Territorien fernab der bisherigen Kriegsschauplätze lagen und die sich noch keiner Kriegspartei angeschlossen hatten. So setzte sich Mansfeld etwa für längere Zeit in der Grafschaft Ostfriesland fest, während Christian von Halberstadt im Februar 1623 an den Grenzen des Niedersächsischen Reichskreises erschien, dicht gefolgt vom Ligaheer Tillys.¹¹⁷³ Die niedersächsische Kreisorganisation reagierte auf diese schwere Bedrohung ihrer bisher aufrechterhaltenen Neutralität mit einer Reihe an Kreistagen und Kreiskriegsräten, an denen nur der Kreisobrist und seine Nach- und Zugeordneten teilnahmen. Sie initiierte die Aufstellung einer Kreisarmee im Umfang  So die Formulierung Kaiser Ferdinands II. in einem Schreiben an die niedersächsischen Kreisstände vom 7. Juni 1621, zitiert nach Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 51. Ähnliche Aufforderungen erfolgten mehrfach im Lauf der Jahre 1622 und 1623, die gelegentlich mit der Mahnung verbunden wurden, das Kreisheer baldmöglichst wieder abzudanken, vgl. ebd., S. 64 f.  Vgl. Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 41– 45. Johannes Burkhardt: Die böhmische Erhebung – Kriegsbeginn 1618, in: Der Dreißigjährige Krieg. Facetten einer folgenreichen Epoche, hrsg. v. Peter Claus Hartmann (Themen der Katholischen Akademie in Bayern). Regensburg 2010, S. 46 – 57.  Vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 346.

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von 9 700 Mann zu Fuß und 3 000 Reitern und bewilligte 14 Römermonate zu deren Unterhalt.¹¹⁷⁴ Zu einem Kampfeinsatz des Kreisheeres gegen den Halberstädter kam es jedoch vorerst nicht. Tatsächlich erwies sich ein aktives Vorgehen des Niedersächsischen Kreises gegen den Söldnerführer nicht nur aufgrund von dessen militärischer Stärke als schwierig, sondern wurde auch durch familiäre Bande erschwert, denn er entstammte der im Reichskreis gleich in mehreren Herzogtümern herrschenden Welfendynastie. Als Administrator von Halberstadt stand der „tolle Christian“ sogar noch selbst einem kreisständischen niedersächsischen Territorium vor, auch wenn ihm die kaiserliche Belehnung stets verwehrt geblieben war.¹¹⁷⁵ Ab Januar 1623 quartierte der Söldnerführer seine erschöpfte Armee auf den Gebieten Halberstadts und dem benachbarten, von seinem Bruder Friedrich Ulrich regierten Braunschweig-Wolfenbüttel ein.¹¹⁷⁶ Um eine bewaffnete Reaktion des Niedersächsischen Reichskreises zu vermeiden, hatte der Halberstädter den niedersächsischen Kreisfürsten zuvor versprochen, den Oberbefehl über seine Armee abzulegen und seine Soldaten abzudanken oder den Kreistruppen zuzuführen.¹¹⁷⁷ Allerdings hielt er seine Zusagen nicht ein und nutzte stattdessen seinen Aufenthalt im Niedersächsischen zu neuen Rüstungen, und das, obwohl ihm König Christian IV. von Dänemark zuvor sogar noch einen Kredit von 300 000 Reichstalern zur Abdankung und Auszahlung seiner Söldner vermittelt hatte.¹¹⁷⁸ Dies brachte die niedersächsischen Fürsten vor dem Kaiser in Erklärungsnot, dem sie mehrfach ausdrücklich versichern mussten, die Machenschaften des Halberstädters nicht zu unterstützen. In dieser ausgesprochen kritischen Lage richteten die niedersächsischen Kreisstände Hilferufe an den Obersächsischen und den Fränkischen Reichskreis, die dazu aufgefordert wurden, sich mit eigenen Truppen in Bereitschaft zu stellen, um dem Niedersächsischen Kreis im Notfall gemäß der Reichsexekutionsordnung

 Die Kreistage bzw. Kreiskriegsräte tagten am 11. Januar, 9. Februar, 20. März, 11. April, 4. Juli, vom 25. Juli bis 9. August und am 30. Oktober 1623, vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 137– 147.  Vgl. zur Thematik vor allem Heinrich von Xylander: Herzog Christian der Jüngere von Braunschweig und Lüneburg. Das Leben eines protestantischen Führers aus dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges. 1. Aufl. Norderstedt 2014, hier S. 56 – 61, zum Rücktritt vom Bischofsamt 1623 S. 145 f.  Vgl. Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 372), S. 414– 419.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 141.  Vgl. Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 73.

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Beistand leisten zu können.¹¹⁷⁹ Vom Obersächsischen Reichskreis erbat man sich zusätzlich noch eine umgehend zu leistende Militärhilfe in Höhe von 500 Reitern und 1 500 Fußknechten sowie die Aufnahme von Konsultationen der Kreisobristen über ein längerfristiges engeres Zusammengehen beider sächsischer Reichskreise zu Defensionszwecken.¹¹⁸⁰ Die Rüstungsmaßnahmen und die Kommunikation mit anderen Reichskreisen teilten die Kreisausschreibenden Fürsten Niedersachsens auch dem Kaiser mit, und versicherten diesem zugleich eine rein defensive Verwendung ihrer Truppenmacht und die Einhaltung der Reichsexekutionsordnung. Als einziges operatives Ziel wurde der Schutz des Kreises gegen die Söldnerführer Mansfeld und Halberstadt genannt.¹¹⁸¹ Wie aus dem Hilfsgesuch an den Obersächsischen Kreis jedoch zu entnehmen war, war dies nur die halbe Wahrheit. Gegenüber dem protestantisch geprägten Nachbarkreis bekannten die Niedersachsen ganz offen, dass sie ihre Armee vor allem auch als Rückversicherung gegen die Ligaarmee verstanden, denn diese würde sich bei ihren Durchmärschen durch die Randgebiete des Niedersächsischen Kreises geradezu feindselig verhalten – und das, obwohl „der Crays sich wohl allezeit einer genauen Neutralität beflißen“ habe.¹¹⁸² Im Obersächsischen Kreis wurde die Anfrage aus dem Nachbarreichskreis auch durchaus begrüßt, denn Kursachsen und Kurbrandenburg sahen sich durch den Vorstoß katholischer Heere bis in die Umgebung von Kassel mittlerweile ebenso bedroht und planten als Defensivmaßnahme bereits selbst die Aufstellung einer obersächsischen Kreisarmee.¹¹⁸³ Für beide Kurfürsten war das niedersäch Der Fränkische Reichskreis wandte sich daraufhin wiederum mit einer eigenen Unterstützungsbitte an den Schwäbischen Reichskreis, vgl. die entsprechenden Kommunikationsschreiben verschiedener Kreisausschreibender Fürsten vom April und Mai 1623 in HStASt: C 9 Bü. 218 (Anm. 104), unfol., sowie Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 138. Das Hilfsgesuch an den Obersächsischen Reichskreis datiert bereits auf den 9. Februar 1623.  Das Schreiben der niedersächsischen Kreisstände an den Obersächsischen Reichskreis findet sich in Auszügen bei Moser: Des hochloeblichen Ober-Saechsischen Crayses Abschide (Anm. 63), S. 266 f.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 140.  Zitat nach Moser: Des hochloeblichen Ober-Saechsischen Crayses Abschide (Anm. 63), S. 266. Die von den niedersächsischen Kreisständen in diesem Zusammenhang angeführte Eroberung der Stadt Rinteln durch einen Obristen der Liga hatte jedoch eigentlich gar keinen Kreisstand betroffen, da Rinteln als Teil der Grafschaft Schaumburg dem Niederrheinisch-Westfälischen und nicht dem Niedersächsischen Kreis angehörte.  Vgl. ebd., S. 259; Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 138 – 140. Vgl. hierzu auch

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sische Hilfsersuchen dabei eine willkommene Rechtfertigung für ihrer eigene Aufrüstung, die sie nun gegenüber dem Kaiser nicht nur als Reaktion auf eine Bedrohung durch die verschiedenen im Reich operierenden Söldnerheere ausgeben konnten, sondern auch als eine vorbereitende Maßnahme, um jener Beistandspflicht nachkommen zu können, die die Reichsexekutionsordnung für benachbarte Reichskreise im Fall einer konkreten Gefährdung des Landfriedens vorsah.¹¹⁸⁴ Doch noch ehe es zu einer engeren bündnispolitischen Zusammenarbeit der beiden sächsischen Reichskreise kommen konnte, suchte die kaiserlich-katholische Seite die militärische Entscheidung und zwang zugleich die niedersächsischen Kreisstände mittels Ultimatum zu einem klaren bündnispolitischen Bekenntnis. Sollte das niedersächsische Kreisheer nicht bis zum 8. Juli zum Angriff auf Christian von Halberstadt übergehen, so die Ankündigung des Kaisers, würde er Tilly zur Offensive ermächtigen, selbst dann, wenn das Schlachtfeld gegen den Halberstädter inmitten des Niedersächsischen Reichskreises liegen würde.¹¹⁸⁵ Erst in dieser Situation setzte sich unter den niedersächsischen Kreisständen die Erkenntnis durch, dass eine Beibehaltung ihrer bisher verfolgten Neutralität nicht mehr länger durchzuhalten war. Ein Kreistag in Lüneburg im Juni 1623 sollte die dazu nötigen Beschlüsse fassen und wurde aufgrund des Ernstes der Lage sogar von insgesamt sechs kreisständischen Fürsten in Person besucht.¹¹⁸⁶ Es fiel die Entscheidung, die niedersächsische Kreisarmee Seite an Seite mit dem Ligaheer

Kap. II.2.2, „Türkenhilfen zwischen dem ‚Regensburger Fürstentagʻ bis zum Auftreten Wallensteins“ im ersten Hauptkapitel dieser Arbeit.  In dem auch dem Kaiser zugestellten obersächsischen Kreisabschied vom 30. April 1623 (alter Stil) wurde folgende Erklärung aufgenommen: „Dise zusammengebrachte Kriegs-Armeé aber ist zu keiner einigen Offension einiges Standes angestellet, sondern zu Defension dises löblichsten Ober-Sächsischen Crayses und deßen Ständen Abwendung aller Feindseeligkeiten, so disem Crays ohne Ursach begegnen könnten und dann denienigen Craysen Succurs zu leisten, die darum ansuchen und denen man vermög der Execution-Ordnung verobligirt und verbunden.“, zitiert nach Moser: Des hochloeblichen Ober-Saechsischen Crayses Abschide (Anm. 63), S. 262. Die obersächsische Kreisarmee wurde nach dem vorläufigen Ende der akuten militärischen Bedrohung für die obersächsischen Kreisstände im Herbst 1623 wieder weitgehend abgedankt, vgl. ebd., hier insbesondere S. 280 f., ferner Nicklas: Macht oder Recht (Anm. 35), S. 218 f.  Vgl. Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 68.  Unter den persönlich erschienenen Fürsten befand sich unter anderem der Administrator von Magdeburg, die Herzöge von Celle und Braunschweig-Wolfenbüttel und die beiden Herzöge von Mecklenburg, vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 141, hier insbesondere Anm. 343.

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Tillys in den Kampf gegen Christian von Halberstadt zu schicken, zumindest solange dieser auf dem Gebiet des Niedersächsischen Reichskreises operierte.¹¹⁸⁷ Der Kreistagsbeschluss zeigte seine Wirkung umgehend, denn der Halberstädter begann schon unmittelbar nach Bekanntwerden der Übereinkunft zwischen dem Kaiser und den niedersächsischen Kreisfürsten mit dem Abzug seiner Armee in Richtung der Generalstaaten und trat als Administrator von Halberstadt zurück.¹¹⁸⁸ Noch bevor der Söldnerführer die niederländische Grenze erreichen konnte, wurde er von Tilly vernichtend geschlagen, wodurch die Grundlage für eine fortgesetzte militärische Kooperation zwischen dem niedersächsischen Kreisheer und der kaiserlich-ligistischen Armee wieder entfiel.¹¹⁸⁹ Ein weiterer niedersächsischer Kreistag von Ende Juli bis Anfang August stellte dann auch nochmals ausdrücklich fest, dass sich der Reichskreis weiterhin als neutral erachtete und keine engere Verbindung seiner Armee mit dem Kaiser anstrebte.¹¹⁹⁰ Eine Legation des Reichskreises an Kursachsen und an den Kaiserhof sollte nochmals um Akzeptanz der niedersächsischen Neutralität werben, sah sich aber nur wieder mit neuen Forderungen nach einem Zusammenschluss der Kreisarmee mit dem Heer Tillys konfrontiert.¹¹⁹¹ Schließlich schien den meisten niedersächsischen Kreisständen in dieser Situation die Abdankung ihrer Armee die einfachste und vor allem auch kostengünstigste Lösung zu sein, zumal sich die weitere Finanzierung der mehrere tausend Mann starken Kreistruppe im Verlauf des Jahres 1623 immer schwieriger gestaltete.¹¹⁹² Ohne dass dafür ein eigener Kreistagsbeschluss gefasst wurde, begannen einzelne Kreisfürsten ihre

 Vgl. ebd., S. 143, Xylander: Herzog Christian der Jüngere von Braunschweig und Lüneburg (Anm. 1175), S. 144.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 143.  Zur Schlacht von Stadtlohn und ihren militärischen und politischen Folgen Xylander: Herzog Christian der Jüngere von Braunschweig und Lüneburg (Anm. 1175), S. 147– 155.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 142.  Vgl. Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 72– 74; ferner Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 145.  Die niedersächsische Kreisarmee sollte nominell die Größe einer dreifachen Tripelhilfe betragen, die von einigen Kreisständen nur zu Bruchteilen entrichtet werden konnte, vgl. Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 69; zu den Finanzierungsproblemen der Kreisarmee von 1623 vgl. ferner Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 372), S. 555 – 560; Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 146 f.

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Kontingente bei der Kreisarmee schon im Herbst schrittweise zu entlassen, so dass die gesamte Kreistruppe bis zum Frühjahr 1624 vollständig abgedankt war.¹¹⁹³ Zuletzt gab auch der bisherige Kreisobrist Christian von BraunschweigCelle sein Amt auf – mutmaßlich, um nicht weiterhin beständig mit kaiserlichen Kooperationswünschen konfrontiert zu werden.¹¹⁹⁴ Fortan war der Reichskreis wieder völlig ungerüstet.¹¹⁹⁵ Militärische Bündnisgesuche des Reichsoberhaupts blieben im Lauf des Jahres 1624 dennoch nicht aus.¹¹⁹⁶ Zum großen Verdruss der Kreisstände blieben auch katholische Truppen im Norden des Reiches präsent, deren Abdankung Kaiser Ferdinand II. und die Ligafürsten mit Verweis auf die Umtriebe Ernsts von Mansfeld unterlassen hatten. Stattdessen war der ligistische Heerführer Tilly zwischenzeitlich sogar dazu übergegangen, Teile seiner vor allem auf dem Territorium Hessen-Kassels und im Hochstift Osnabrück stehenden Armee in angrenzenden Orten auf niedersächsischem Kreisgebiet einzuquartieren.¹¹⁹⁷ Im Juni

 Vgl. Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 73; Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 372), S. 570; Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 146 f. Zur gleichzeitigen Abdankung dänischer Truppen auf Druck des dänischen Reichsrats vgl. Erling Ladewig Petersen: Defence,War and Finance: Christian IV and the Council of the Realm 1596 – 1629, in: Scandinavian Journal of History 7 (1982), S. 277– 313, S. 300.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 147.  Dies war auch der Eindruck einer kaiserlichen Gesandtschaft, die im Juni 1624 einen niedersächsischen Kreistag besuchte und dem Kaiser über die politische Stimmungslage im Kreis berichtete. Die beiden Gesandten fanden nach ihrer Sicht einen in keiner Weise kriegsbereiten oder gar kriegslüsternen Kreis vor: „Sonsten ist es in diesem Craiß aller orthen, dadurch Wir geräist, ganz still, ist nirgends kein Kriegsvolckh zubefinden, vnd hört man gar von keiner werbung. Wie Vns dann einzele (!) Soldaten yederweile begegnet, welche an andere örther verraisen, vnd dies suchen thun.“, Die Instruktion für die beiden Gesandten findet sich in OeStA HHStA Wien: RK Reichsakten in genere Fz. 73 (Anm. 384), Instruktion für Dr. Otto Melander und Wolf Wilhelm von Lainingen zum Niedersächsischen Kreis und Kursachsen, Wien, 29. Mai 1624, fol. 274r–279r (Konzept), Original fol. 280r–289v. Zitat ebd., Bericht der beiden kaiserlichen Gesandten Otto Melander und Wolf Wilhelm von Lainingen vom Kreistag in Lüneburg, 15. Juni 1624, fol. 345 – 362, hier fol. 361r.  Ein Bündnisgesuch des Kaisers an den Reichskreis vom April 1624 findet sich unter ebd., Kaiser Ferdinand II. an die Kreisausschreibenden Fürsten des Niedersächsischen Kreises, Wien, 9. April 1624 (Kopie), fol. 264r – 271v.  Davon betroffen waren in erster Linie die Städte Diepholz und Rinteln. Die von Christiansen zum Niedersächsischen Kreis gezählte Grafschaft Hoya, das Hochstift Minden sowie die Stadt Höxter gehörten allerdings zum Niederrheinisch-Westfälischen Kreis, vgl. Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den

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1624 erbaten kaiserliche Kommissare auf einem niedersächsischen Kreistag für diese Truppen auch noch zusätzliche Lieferungen von Proviant und Munition, was großen Unmut unter den Kreisständen auslöste und ihre Vorbehalte gegen die katholischen Armeen nur noch weiter schürte.¹¹⁹⁸ Schließlich versuchten sie sich des fremden Kriegsvolks durch Geldzahlungen in Höhe von 14 Römermonaten zu entledigen, die dem Kaiser nominell als Türkensteuer des Niedersächsischen Reichskreises zuerkannt wurden. Die Gelder sollten aber erst ausgezahlt werden, sobald sich Tilly mit seiner Armee aus dem Reichskreis und dessen unmittelbarer Nachbarschaft zurückgezogen hatte.¹¹⁹⁹ Zu einem vollständigen Abzug des Ligaheeres kam es aber nicht, denn Tilly ließ zwar Truppenverlegungen vornehmen, behielt jedoch weiterhin wichtige strategische Pässe im südlichen Kreisgebiet in seiner Hand.¹²⁰⁰ Damit verfehlte die Türkensteuerofferte der niedersächsischen Kreisstände ihre erhoffte Wirkung weitgehend. Eine Entspannung in den Beziehungen zwischen dem Niedersächsischen Reichskreis und dem Kaiser und seinen Verbündeten blieb aus.¹²⁰¹ Vielmehr sahen sich einige niedersächsische Bistumsadministratoren im Lauf des Jahres 1624 mit Restitutionsklagen katholischer Prälaten vor dem Reichshofrat konfrontiert, was die im Reichskreis schon seit längerem gehegte Sorge verstärkte, die katholische Partei könnte ihre beherrschende militärische Stellung im Norden des Reiches zur Verwirklichung expansiver religionspolitischer Ambitionen ausnutzen und protestantisch verwaltete Erz- und Hochstifte an sich ziehen.¹²⁰²

Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 72– 74; vgl. ferner auch Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 372), S. 550 f.  Vgl. OeStA HHStA Wien: RK Reichsakten in genere Fz. 73 (Anm. 384), fol. 264r-271v; fol. 280r – 289v; vgl. ferner Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 147.  Vgl. ebd., S. 147; vgl. auch Kap. II.2.4, „Die weiteren finanziellen Erfolge kaiserlicher Reichskreispolitik zur Mitte der 1620er Jahre“ im ersten Hauptkapitel dieser Arbeit.  Vgl. Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 74.  Vgl. ebd., S. 75; Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 146 f.  Vgl. allgemein Reumann: Das Eingreifen Christians IV. als Herzog von Holstein und König von Dänemark in den Dreißigjährigen Krieg (Anm. 376), hier vor allem S. 49 f., zu den beginnenden Restitutionsprozessen vor dem Reichshofrat seit Mitte 1624 OeStA FHKA: SUS RA 117.26, fol. 349v.

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2.2 Der Weg in den Krieg: Die Restitutionsproblematik im Niedersächsischen Reichskreis und der „Coup“ König Christians IV. Ein im April 1625 im Namen des ganzen Reichskreises verfasstes und von neun Kreisfürsten persönlich unterzeichnetes Schreiben an Kaiser Ferdinand II. gibt ein beredtes Zeugnis von der drastischen Eintrübung im Verhältnis zwischen dem Reichsoberhaupt und dem Reichskreis seit Ende der gemeinsamen Bedrohung durch Christian von Halberstadt ab. Die in dem Brief geschilderten Gravamina des Reichskreises waren in erster Linie religionspolitischer Natur, während Kritik an der kaiserlichen Kriegsführung eher beiläufig erwähnt wurde.¹²⁰³ Der erste Klagepunkt der Kreisfürsten galt einer Reihe von Reichshofratsprozessen, die sich mit Restitutionsklagen katholischer Äbte gegenüber den Erzstiften Bremen und Magdeburg befassten. Diese hätten bereits mittels katholischer Geistlicher begonnen, auf den umstrittenen geistlichen Gütern ohne Rücksprache mit den Administratoren „eine Inquisition, visitation, vnd wohl gar in einem und andern Reformation furzunehmen“.¹²⁰⁴ Als weitere, noch schwerwiegendere religionspolitische Zumutung wurden Strafmaßnahmen des Kaisers gegenüber dem Hochstift Halberstadt moniert, da dem protestantischen Domkapitel unter der Androhung der Privation die Annullierung der Wahl eines dänischen Prinzen zum Koadjutor anbefohlen worden sei, um das geistliche Fürstentum stattdessen dem kurmainzischen Domkapitular Anselm Casimir Wambolt von Umstadt zur Rekatholisierung zu übergeben.¹²⁰⁵ Dieses Vorgehen des Kaisers „ohn ordentliche clag“ wurde als glatter Rechtsbruch kritisiert, bei dem offenbar keine Rolle mehr spiele, dass die lutherische Konfession in den umstrittenen geistlichen Territorien und Besitzungen ohne Zwang und mit Wissen und Rat der jeweiligen Landstände schon vor 30 bis 50 Jahren eingeführt worden sei.¹²⁰⁶ Dementsprechend müsse

 Vgl. ebd., Niedersächsischer Reichskreis an Kaiser Ferdinand II., „dato Aprilis 1625“, fol. 341r–349. Die Unterzeichner des Schreibens waren: Die Administratoren der Erzstifte Magdeburg und Bremen, Christian Wilhelm und Johann Friedrich; Christian, Administrator des Hochstifts Minden; Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig; Herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg; Herzog Johann Albrecht, Koadjutor des Hochstifts Ratzeburg und Herzog von Mecklenburg; Herzog Friedrich von Schleswig-Holstein; Herzog August von Sachsen-Lauenburg; August, postulierter Bischof von Ratzeburg sowie die Bürgermeister der niedersächsischen Reichs- und Hansestädte, vgl. ebd., fol. 349v.  Ebd., fol. 342r.  Vgl. ebd., fol. 342v. Jener Anselm Casimir stieg 1629 zum Kurfürsten von Mainz auf, vgl. allgemein Brendle: Der Erzkanzler im Religionskrieg (Anm. 519).  Denn „die Evangelische Stände, werden irer Posseß, ohn ordentliche clag vnd Erkenntnus entsezt, vnd entweder ungehört, irer Defensionum vnd Exceptionum, oder doch ungeachtet dersel-

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Ferdinand II. wissen, „daß dieses eine gemeine Sache deren sembtliche Evangelische fursten vnd Stände, dieses Nieder=Sächsischen Creÿses“ sei, denn sie seien allesamt „der Consequenz halber hoch mit intereßiret, weil zu besorgen, was gerurten Erz: vnd Evangelischen Stifftern iezo begegnet, solches hirnegst auch andern Reformirten Evangelischen Stifftern, (derer in Erblanden gelegenen Stifftern vnd Clöstern zugeschweigen) widerfahren könte“.¹²⁰⁷ Letztlich lief das Schreiben der niedersächsischen Kreisstände auf die Forderung nach einer Aussetzung sämtlicher angesprochener Reichshofratsprozesse hinaus. Stattdessen wollten die Kreisstände die entsprechenden Streitigkeiten auf einem möglichst bald einzuberufenden Reichs- oder Reichsdeputationstag verhandeln oder über Austräge „als der teuzschen libertet vnd herkommen gemäße Mittel“ beilegen.¹²⁰⁸ Der Niedersächsische Reichskreis machte sich somit zum Anwalt seiner bedrängten Erz- und Hochstifte und trat gegenüber dem Kaiser als Verfechter der protestantischen Lesart des Augsburger Religionsfriedens auf. Ein Kompromissangebot unterbreiteten die Kreisstände nicht, sondern machten unmissverständlich deutlich, dass sie in Fragen der Restitution von Kirchengütern sämtlichen katholischen Ambitionen im Reichskreis entgegenzutreten gedachten, schon alleine deshalb, um keinen Präzedenzfall zu schaffen, der dem Protestantismus im Reich zum Nachteil gereichen könnte. Ob der Reichskreis tatsächlich bereit war, zur Wahrung dieser Interessen auch einen bewaffneten Konflikt mit dem Kaiser zu riskieren, ging aus dem Schreiben an Ferdinand II. verständlicherweise nicht hervor. Es rief den Kaiser jedoch ausdrücklich dazu auf, aus kaiserlicher Milde und Liebe zum deutschen Vaterland auf die gewaltsame Exekution von Restitutionsansprüchen zu verzichten und den Frieden zu wahren, um das Reich nicht anfällig gegenüber den Osmanen oder auswärtigen Potentaten zu machen.¹²⁰⁹ Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass zu diesem Zeitpunkt mit König Christian IV. von Dänemark bereits längst ein auswärtiger Monarch mit Hochdruck an einer militärischen Intervention im Reich arbeitete, für die sich der Däne des Niedersächsischen Reichskreises mit seinen Institutionen und seinem militärischen Potenzial zu bedienen beabsichtigte.

ben condemnirt, vnd mußen dan stundtlich der Execution gewarten.“, OeStA FHKA: SUS RA 117.26 (Anm. 1202), fol. 343v  Ebd., fol. 343r.  Vgl. ebd., fol. 346r–348v, Zitat 348v.  Vgl. ebd., fol. 348r. Dementsprechend fehlt auch ein Appell an das „alte teuzsche vertrauen“ nicht, auf das sich der Kaiser besinnen solle, damit wieder die „Harmonie“ von einst im Reich einkehren könne. Als beste Mittel zur Vertrauensbildung im Reich werden aufgeführt: Die Einhaltung der Reichskonstitutionen, der Abzug von Kriegsvolk, die Abhaltung von Reichs- und Reichsdeputationstagen sowie die Förderung von Austragsgerichtsbarkeit.

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Das Eingreifen König Christians im Reich stand zweifelsohne in einem gewissen Zusammenhang mit den von den Kreisständen gegenüber dem Kaiser monierten gegenreformatorischen Ambitionen einiger Katholiken im Niedersächsischen Reichskreis, wurde aber zugleich massiv von bündnispolitischen Entwicklungen auf Ebene der europäischen Monarchen und Ständestaaten seit Mitte des Jahres 1624 beeinflusst, die den dänischen König letztlich zu einer radikalen Änderung seiner Reichs- und Kreispolitik bewogen. In der ersten Kriegsphase nach 1618 hielt sich Dänemark noch aus den Kampfhandlungen im Reich völlig fern und setzte politisch nach ersten rasch gescheiterten Vermittlungsbemühungen zwischen dem Kaiser und dem „Winterkönig“ Friedrich V. keine größeren eigenen reichspolitischen Akzente mehr.¹²¹⁰ Stattdessen bemühte sich der Dänenkönig um die Aufrechterhaltung einer Neutralität mit dem Kaiser und der Katholischen Liga, so wie es die meisten niedersächsischen Kreisfürsten ebenfalls taten. Der Niedersächsische Reichskreis spielte für König Christian lange keine zentrale Rolle. Als Herzog von Holstein verfügte er zwar über Sitz und Stimme am niedersächsischen Kreistag, hatte aber keines der zentralen Kreisämter inne und betrieb auch keine sonderlich aktive Kreispolitik.¹²¹¹ Noch im April 1623 musste sogar ein nach Gardelegen anberaumter Kreistag eigens deshalb verschoben werden, weil keine holsteinischen Abgesandten erschienen waren und die Kreisversammlung Zweifel hegte, ob Dänemark Beschlüsse ohne zuvorige Beteiligung seines Herzogtums Holstein überhaupt anerkennen würde. Auf der Nachfolgekonferenz hatte der König dann aber trotzdem niemanden zur Vertretung abgeordnet.¹²¹² Für die Kreisrüstungsprojekte während der ersten Phase des Dreißigjährigen Kriegs zeichneten dann auch vor allem einzelne Welfenherzöge verantwortlich, in erster Linie der das Kreisobristenamt seit 1614 bekleidende Christian von Braunschweig-Celle.¹²¹³ Nicht aber König Christian, der nur verhältnismäßig kleine Einheiten dem

 Vgl. Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 47– 52.  Vgl. Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 486), S. 54– 60.  Vgl. Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 68. Auf dem Kreiskonvent sollten unter anderem steuerpolitische Beschlüsse gefasst werden, die dem König vermutlich nicht genehm waren.  Zur Besetzung des Kreisobristenamtes im Niedersächsischen Reichskreis vor 1625 vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 339.

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Reichskreis zur Verfügung stellte, die er dann auch noch dem Kreisobristen nicht direkt unterstellen ließ.¹²¹⁴ Die Zurückhaltung des Königs in Kreisangelegenheiten bedeutete jedoch nicht, dass er seine niedersächsischen Reichsterritorien lediglich als den eigentlichen Kerngebieten des dänischen Gesamtreichs vorgelagerte Peripherie erachtete, ganz im Gegenteil. Neben ausgeprägten wirtschaftlichen Interessen im ElbeWeser-Gebiet¹²¹⁵ verfolgte der König eine zielstrebige und ausgesprochen expansive Territorialpolitik im Reichskreis, die sich ganz auf die geistlichen Herrschaften konzentrierte. Die entsprechenden Gebiete sollten nicht etwa durch militärische Gewalt erobert und dem dänischen Königreich angegliedert werden, sondern auf friedlichem Wege durch die Wahl verschiedener Söhne des Königs zu Koadjutoren auf mittelfristige Sicht unter die direkte Kontrolle der dänischen Königsdynastie fallen.¹²¹⁶ In diesem Bestreben kam Christian der Kriegsausbruch von 1618 und die sich bis 1623 nach Norddeutschland ausbreitenden Kriegswirren sogar entgegen, erhöhten sie doch bei verschiedenen protestantischen Domkapiteln die Bereitschaft, dänische Prinzen zu Nachfolgern der regierenden Fürstbischöfe bzw. Bistumsadministratoren zu wählen, sofern ihnen König Christian dafür Schutz und finanzielle Zuwendungen versprach.¹²¹⁷ Zugleich wandte er selbst militärische Druckmittel an, um konkurrierende Dynastien wie das Gottorfer Herzogshaus zum Verzicht auf eigene Kandidaturen für niedersächsische Bischofssitze zu bewegen.¹²¹⁸ Auf diese Weise konnte der König seinen noch

 Für die Kreisarmee von 1623 wurde Dänemark mit 2.000 Kriegsknechten veranschlagt. Es entsendete aber nur 300 Reiter, vgl. Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 67.  Die Gründung Glückstadts 1616/17 als Festungsstadt und Handelskonkurrenz zu Hamburg wäre hier zu nennen, vgl. Reumann: Das Eingreifen Christians IV. als Herzog von Holstein und König von Dänemark in den Dreißigjährigen Krieg (Anm. 376), S. 43 f.  Vgl. allgemein ebd., hier insbesondere S. 42– 53, sowie Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 12– 27.  Zur Gewinnung der Koadjuturen in Halberstadt und Verden wurden 100.000 Rtl. bzw. 65.000 Rtl. vom König aufgebracht. Für Verden ist nachgewiesen, dass von den 65.000 Rtl. 35.000 Rtl. direkt an die wahlberechtigten Domkapitulare und 30.000 Rtl. in Kirchenbauten flossen, vgl. Reumann: Das Eingreifen Christians IV. als Herzog von Holstein und König von Dänemark in den Dreißigjährigen Krieg (Anm. 376), S. 46 – 50, hier insbesondere S. 49.  Im Fall des Erzbistums Bremen setzte Christian den bereits zum Koadjutor gewählten Kandidaten der Herzöge von Gottorf durch Einquartierung von Kriegsvolk in deren holsteinische Besitzungen so lange unter Druck, bis die Gottorfer ihre Ansprüche aufgaben. Die dänischen Truppen, die ins Gottorfsche einmarschiert waren, waren ursprünglich im Rahmen einer Anwerbekampagne für die niedersächsische Kreisarmee ausgehoben worden, vgl. Christiansen: Die

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minderjährigen Sohn Friedrich 1621 zum Nachfolger des Bremer Erzbischofs designieren lassen, 1622 folgte die Wahl zum Koadjutor im Bistum Verden und 1624 in Halberstadt.¹²¹⁹ Doch die von kaiserlicher Seite unterstützten Ambitionen katholischer Prätendenten auf bisher protestantische Kirchengüter im Bereich des Niedersächsischen Reichskreises schienen die großen Erfolge der dänischen Bistumspolitik nun wieder in Frage zu stellen, allen voran in Halberstadt. Letzteres lag seit dem Rückzug seines bisherigen Administrators, des „tollen Halberstädters“, nicht nur im direkten Einflussbereich der kaiserlich-ligistischen Heere, sondern sah sich bereits mit kaiserlichen Mandaten konfrontiert, die dem Domkapitel unter Androhung der Achterklärung die Annullierung der Wahl des dänischen Prinzen Friedrich zugunsten eines katholischen Kandidaten befahlen.¹²²⁰ Am dänischen Königshof wurde dieser Schritt als ein direkter Angriff auf die dänische Einflusssphäre und die dynastischen Interessen des Königshauses wahrgenommen und trug maßgeblich dazu bei, dass sich König Christian fortan dem Lager der Gegner Habsburgs annäherte. Zu deren maßgeblichen Akteuren gehörten mittlerweile nicht nur der geächtete und ins niederländische Exil geflohene Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz, sondern auch die beiden westeuropäischen Seemächte England und die Generalstaaten. Letztere befanden sich seit 1621 wieder im offenen Krieg mit dem habsburgischen Spanien und fürchteten eine weitere Ausdehnung der bewaffneten Macht des Kaisers im Norden des Reichs, während der englische König Jakob I. sich primär aus familiär-dynastischen Gründen unter den Gegnern Habsburgs wiederfand, denn schließlich war der geächtete Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz sein Schwiegersohn.¹²²¹ Doch erst nach dem Scheitern eines englisch-spanischen Heiratsprojekts 1622 und der

Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 56 – 59.  Vgl. Reumann: Das Eingreifen Christians IV. als Herzog von Holstein und König von Dänemark in den Dreißigjährigen Krieg (Anm. 376), S. 48 f.  Vgl. OeStA FHKA: SUS RA 117.26 (Anm. 1202), fol. 342v.  Vgl. Zur Verwicklung der Generalstaaten in den Dreißigjährigen Krieg im Reich vgl. Arndt: Das Heilige Römische Reich und die Niederlande 1566 bis 1648 (Anm. 83), S. 84– 93; Geoffrey Parker: The Army of Flanders and the Spanish road, 1567– 1659. The logistics of Spanish victory and defeat in the Low Countries’ Wars (Cambridge studies in early modern history). Cambridge [England] 1972, S. 251– 262; zum Engagement des englischen Königshauses zugunsten der Kurpfalz vgl. Ronald G. Asch: Jakob I. (1566 – 1625). König von England und Schottland ; Herrscher des Friedens im Zeitalter der Religionskriege (Kohlhammer Urban-Taschenbücher, Bd. 608). Stuttgart 2005, S. 182– 202; Elmar Weiß: Die Unterstützung Friedrichs V. von der Pfalz durch Jakob I. und Karl I. von England im Dreißigjährigen Krieg. 1618 – 1632 (Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg / B, 37). Stuttgart 1966.

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Zerschlagung der letzten kurpfälzischen Armeen im Folgejahr war König Jakob tatsächlich zu einem offensiveren Vorgehen gegen den Kaiser auf Reichsboden bereit und ließ mit verschiedenen potentiellen Bündnispartnern unter den protestantischen Mächten Europas Verhandlungen aufnehmen.¹²²² Infolgedessen nahmen englische und niederländische Unterhändler im Herbst 1624 nicht nur Kontakt zu König Christian IV. von Dänemark auf, sondern auch zu König Gustav II. Adolf von Schweden, dessen Heere bereits in Polen unweit der Reichsgrenzen operierten. Der Schwedenkönig legte den englischen Gesandten schon nach kurzer Zeit ein durchaus konkretes Bündnisangebot vor, in dem sich Gustav Adolf zu einem Feldzug gegen den Kaiser bereit erklärte, sofern ihm der Oberbefehl über sämtliche verbündeten protestantischen Armeen sowie die Kontrolle über die Häfen von Bremen und Wismar zugesichert würden.¹²²³ Die Präsenz eines großen schwedisch geführten Heeres im norddeutschen Raum mit Kontrolle über zwei bedeutende Häfen in unmittelbarer Nähe zu dänischem Territorium war wiederum für König Christian IV. kaum hinnehmbar, da Schweden aus dänischer Sicht als gefährlicher Konkurrent im Ostseeraum wahrgenommen wurde, den es auf Distanz zu halten galt, insbesondere, wenn es um die Sicherung der eigenen Einflusszone im Norden des Reiches ging.¹²²⁴ Die Aussicht auf eine protestantische Interventionsarmee unter schwedischer Führung trug nun maßgeblich dazu bei, dass sich der dänische König schließlich zur Jahreswende 1624/1625 in Verhandlungen mit englischen Gesandten gewillt zeigte, seinen bisherigen Neutralitätskurs endgültig aufzugeben und sich selbst anstelle Gustav Adolfs an die Spitze einer großen antihabsburgischen Allianz zu stellen.¹²²⁵ Die englische Krone gab daraufhin ihre Werbung um Schweden auf, erwartete aber im Gegenzug von

 Vgl. Asch: Jakob I. (1566 – 1625) (Anm. 1221), S. 191– 194; Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 86 – 93; ferner detailreich Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 486), S. 66 – 91.  Vgl. Reumann: Das Eingreifen Christians IV. als Herzog von Holstein und König von Dänemark in den Dreißigjährigen Krieg (Anm. 376), S. 50. Die Gesamtstärke der Armee sollte 44.000 Mann betragen, vgl. Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 92.  Vgl. Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 50 – 55; Reumann: Das Eingreifen Christians IV. als Herzog von Holstein und König von Dänemark in den Dreißigjährigen Krieg (Anm. 376), S. 50 f.; Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 92.  Detailreich ebd., S. 86 – 88; vgl. ferner Reumann: Das Eingreifen Christians IV. als Herzog von Holstein und König von Dänemark in den Dreißigjährigen Krieg (Anm. 376), S. 51.

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Christian IV., dass dieser seinen ganzen Einfluss unter den Reichsfürsten Norddeutschlands gelten machen würde, um sie für die entstehende protestantische Allianz zu gewinnen. Bis dahin hatte der Dänenkönig allerdings wenig Interesse gezeigt, einzelne deutsche Fürstenhäuser oder gar den gesamten Niedersächsischen Reichskreis in die noch laufenden Bündnisverhandlungen mit auswärtigen Mächten einzubeziehen, denn offenbar maß der König seinen potentiellen deutschen Bündnispartnern lange Zeit schon allein aus hierarchischen Gründen nicht dieselbe Wertigkeit zu wie etwa der englischen Krone. Allerdings hatte der dänische Reichsrat diese Haltung schon 1624 bemängelt und König Christian IV. die Einholung von Stellungnahmen des Obersächsischen und Niedersächsischen Reichskreises vor der Ausarbeitung konkreter Kriegspläne im Reich nahegelegt.¹²²⁶ Am Ende der Verhandlungen mit Jakob I. musste sich der Dänenkönig auch eines Besseren besinnen, denn der Engländer versprach ihm lediglich eine Bündnishilfe von 7 000 Söldnern, und Christian sah sich selbst nur zur Unterhaltung von 5 000 Mann in der Lage.¹²²⁷ Dabei konnte sich der Dänenkönig noch zu Anfang des Jahres 1625 nicht einmal sicher sein, ob diese verhältnismäßig kleine englisch-dänische Armee überhaupt finanziert werden konnte, da das englische Parlament nur geringe finanzielle Mittel bewilligte, und zusätzliche Subsidien von Seiten der Generalstaaten und Frankreichs waren völlig unsicher.¹²²⁸ Selbst aus seinem eigenen Königreich erhielt Christian IV. kaum Gelder für seine Feldzugspläne, denn der dänische Reichsrat erklärte sich lediglich zur Unterstützung eines englischen Heeres, nicht aber eines dänischen bereit, und sprach sich strikt gegen ein direktes kriegerisches Engagement Dänemarks gegen den Kaiser aus.¹²²⁹ König Christian IV. konnte den Reichsrat auch nicht mit dem Argument umstimmen, im Heiligen Römischen Reich wüte ein Religionskrieg, in den Dänemark zugunsten der „wahren“ Religion eingreifen müsse. Diese Lesart der Ereignisse im Reich teilte der dänische Reichsrat mehrheitlich nicht.¹²³⁰ Der

 Vgl. Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 89.  Vgl. ebd., S. 93.  Vgl. Asch: Jakob I. (1566 – 1625) (Anm. 1221), S. 197; Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 486), S. 105 – 122.  Vgl. Petersen: Defence, War and Finance: Christian IV and the Council of the Realm 1596 – 1629 (Anm. 1193), S. 280; Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 95.  Vgl. Petersen: Defence, War and Finance: Christian IV and the Council of the Realm 1596 – 1629 (Anm. 1193), S. 280, 294 f.; Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu

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König setzte sich schließlich über alle Einwände in Kopenhagen einfach hinweg und leitete schon ab Januar 1625 eine erste Anwerbekampagne in Holstein in die Wege, die er aber aus seinen eigenen Kammergütern finanzieren musste.¹²³¹ Ohne weitere vor allem finanzkräftige Verbündete jenseits der dänischen Grenzen war sein Vorhaben aber zweifellos zum Scheitern verurteilt. Erst jetzt, zu Beginn des Jahres 1625, rückten der Niedersächsische Reichskreis und seine Institutionen in den Fokus der Kriegsvorbereitungen König Christians IV. Der Dänenkönig entfaltete nun eine regelrechte geheimdiplomatische Offensive im Reichskreis. Zuerst wandte er sich an den Gottorfer Herzog Friedrich, dem er in einem vertraulichen Brief verriet, dass er sich „auff ahnhaltung wnderskidtlicher Potentaten“ entschieden habe, „bei dem Nydersexigem kreydtze versuch zuthun, Ob sii zu der Restitution der Phaldtz sich verstehen wollen“. ¹²³² Er bat den Gottorfer, „ess darhinn zuuermittelen helffen, dass mit dem forderligsten ein kreysdach ausgeskriben werde sub alio pretextu, worbei ich verhoffe dii meiste fursten beisammen zubringen“.¹²³³ Weitere Briefe an andere Fürsten des Reichskreises, darunter auch den Kreisausschreibenden Wolfenbütteler, folgten, in denen der König auf die Ausschreibung eines Kreistags drängte, allerdings ohne seine offensiven Absichten so deutlich zu artikulieren, wie er es gegenüber dem mit ihm eng verwandten Gottorfer getan hatte.¹²³⁴ Schließlich wurde eine entsprechende Versammlung auf den 14. März nach Lüneburg angesetzt. Um dem Kreistag eine besondere Handlungsfähigkeit zu verleihen und um den anderen Kreisständen zu vermitteln, welche herausragende Bedeutung der König der kommenden Kreisversammlung beimaß, ließ Christian IV. sein persönliches Erscheinen in Lüneburg ankündigen und setzte seine intensive Briefdiplomatie fort, um von möglichst vielen weiteren Kreisfürsten die Zusage über ihre persönliche Teilnahme am Kreistag zu erhalten.¹²³⁵ Tatsächlich

den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 94.  Vgl. Petersen: Defence, War and Finance: Christian IV and the Council of the Realm 1596 – 1629 (Anm. 1193), S. 281, 294 f.  König Christian IV. an Herzog Friedrich von Gottorf, „Friderichsburg“ (= Schloss Frederiksborg), 5. Januar 1625, ediert bei Carl Frederik Bricka/Julius Albert Fridericia (Hrsg.): Kong Christian den Fjerdes egenhaendige breve. Kopenhagen 1887– 1889, Nr. 287, Zitat S. 402 f.  König Christian IV. an Herzog Friedrich von Gottorf, „Friderichsburg“ (= Schloss Frederiksborg), 5. Januar 1625, ediert bei ebd., Nr. 287, Zitat S. 403.  Vgl. hierzu die Briefe vom 5., 6. und 18. Januar 1625, ediert bei ebd., Nr. 287– 289. Neben dem Herzog von Gottorf wurden beide Mecklenburger sowie Braunschweig-Lüneburg und Braunschweig-Wolfenbüttel angeschrieben.  Vgl. Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 96.

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verlief die Reiseroute des Königs dann aber anders, als zuvor öffentlich bekannt gemacht: Christian IV. erschien gar nicht in Lüneburg, sondern reiste nur bis Lauenburg, lud aber von dort aus einige persönlich zum Kreistag anreisende Fürsten zu einer geheimen Konferenz zu sich ein, die wenige Tage vor Beginn der eigentlichen Kreisversammlung angesetzt wurde. Die persönliche Versammlung der Fürsten sollte keineswegs als Ersatz des Kreistags dienen, sondern vielmehr dafür sorgen, dass im nahegelegenen Lüneburg genau jene Beschlüsse gefasst würden, die sich der König erhoffte. Die nach Lauenburg eingeladenen Kreisfürsten waren dann auch solche, die sich von der kaiserlich-ligistischen Armee besonders bedroht sahen oder aus anderen Gründen dem Dänenkönig als für seine Kriegspläne zugänglich eingeschätzt wurden und die zusammengenommen die Mehrheit der Kreistagsstimmen auf sich vereinten.¹²³⁶ Über die Konferenz von Lauenburg sind bis heute nur wenige Einzelheiten bekannt, ein überlieferter Rezess legt jedoch nahe, dass Christians Pläne unter den versammelten Kreisfürsten nur auf eine begrenzte Resonanz stießen.¹²³⁷ Doch immerhin konnte der Däne sich die Zusicherung seiner Wahl zum neuen Kreisobristen sichern, dem der Oberbefehl über eine noch zu schaffende Kreisarmee in Höhe der dreifachen Tripelhilfe zufallen sollte. Von einer Offensive gegen den Kaiser oder einer Restitution der Pfalz war in dem Abschlussdokument jedoch noch keine Rede.¹²³⁸ Auf dem eigentlichen Kreistag von Lüneburg Ende März musste König Christian IV. dann auch feststellen, dass nicht alle von ihm zuvor nach Lauenburg geladenen Stände in seinem Sinne votierten, denn der Kreistag trug durch Mehrheitsentscheid das Amt des Kreisobristen zuerst Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel an.¹²³⁹ Erst als dieser die Wahl ausschlug, konnte sich der Dänenkönig als Herzog von Holstein im zweiten Anlauf das Amt sichern. Als ebenso problematisch und kaum konsensfähig erwies sich der dänische Wunsch nach Aufstellung einer Kreisarmee, der dann in Lüneburg noch nicht einmal zur

 Dies waren die Erzbischöfe bzw. Administratoren von Bremen und Magdeburg, die Herzöge von Gottorf, Lauenburg, Mecklenburg sowie Braunschweig-Wolfenbüttel, vgl. ebd., S. 96.  Vgl. Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 486), S. 122 – 125; Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 148.  Vgl. Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 486), S. 122 – 127, insbesondere 126 f.  Gegen Christian und für den Welfen stimmte unter anderem der Erzbischof von Bremen, der zuvor auch in Lauenburg anwesend war, vgl. Christiansen: Die Stellung König Christians IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im Deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618 – 1625 (Anm. 1165), S. 97.

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Abstimmung kam.¹²⁴⁰ Stattdessen ließen die Kreisstände im Anschluss an den Kreistag ein Schreiben an den Kaiser aufsetzen, in dem diesem zugesichert wurde, dass man alle kaiserlichen Mandate gegen Werbungen von erklärten Feinden des Kaisers, allen voran dem Söldnerführer Mansfeld, im Reichskreis publiziert habe und ihnen gegenüber den Untertanen Nachdruck verleihen wolle, damit „der Craÿs sich alles vngleichmeßigen verdachts entlahden möchte“.¹²⁴¹ Allerdings fehlte unter dem Schreiben bezeichnenderweise die Unterschrift König Christians von Dänemark, gegen dessen Aufrüstung die angesprochenen Mandate des Kaisers eigentlich gerichtet waren.¹²⁴² Erst auf einem weiteren Kreistag im Mai 1625 gelang es König Christian, nun bereits im Amt des Kreisobristen, die Frage der Kreisdefension wieder auf die Tagesordnung zu bringen. Nach einer kontroversen Abstimmung, bei der das Kreistagsdirektorium auch eine Stimme eines weder erschienenen noch auf andere Weise vertretenen Kreisstands zugunsten des dänischen Lagers wertete, fand sich in der zweiten Umfrage eine knappe Mehrheit von 9:7 Stimmen für die Aufstellung einer Kreisarmee.¹²⁴³ Gestützt auf diese formale Stimmenmehrheit ließ die dänische Partei am Kreistag Detailregelungen und Ausführungsbestimmungen zur Kreisdefension in den Kreisabschied aufnehmen, die Christian IV. den direkten, ungehinderten Zugriff auf das militärische und vor allem finanzielle Potential des Reichskreises erlaubte und das weitere Schicksal der Kreisstände fest an jenes des dänischen Königs band. Wie bereits auf der Fürstenkonferenz von Lauenburg vereinbart, sollte die Kreisarmee in Höhe einer dreifachen Tripelhilfe aufgestellt werden, die von

 Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 148.  OeStA FHKA: SUS RA 117.26 (Anm. 1202), Niedersächsischer Reichskreis an Kaiser Ferdinand II., „dato Aprilis 1625“, fol. 341r – 349, hier 347r. Das Schreiben dürfte mit jenem von Gittel erwähnten Nebenkreisabschied vom 23. April 1625 identisch sein, vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 149 Anm. 376.  Das Dokument ist von insgesamt 13 Kreisständen unterzeichnet, neben Holstein fehlen nur die von dänischen Prinzen regierten kreisständischen Territorien, vgl. OeStA FHKA: SUS RA 117.26 (Anm. 1202), fol. 349v.  Bei dem Abwesenden handelte es sich um das Hochstift Schwerin, das von einem dänischen Prinzen regiert wurde. Die Herkunft des Landesherren aus der oldenburgischen Dynastie nahm das Kreistagsdirektorium zum Anlass, die Schweriner Stimme dem holsteinischen Votum zuzuschlagen, vgl. Reumann: Das Eingreifen Christians IV. als Herzog von Holstein und König von Dänemark in den Dreißigjährigen Krieg (Anm. 376), S. 51; vgl. auch Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 150, der die Stimmverhältnisse mit 8:7 angibt, Schwerin aber nicht mitzählt.

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sämtlichen Kreisständen auf unbefristete Zeit unterhalten werden musste.¹²⁴⁴ Derartige unbefristete finanzielle Verpflichtungen waren für eine Kreisdefension durchaus ungewöhnlich, verschafften dem Kreisobristen aber langfristige Planungssicherheit. Ebenso ganz im dänischen Interesse war die Bestimmung, dass die Aufstellung des Kreisheeres vollständig dem Kreisobristen überlassen wurde, während die Kreisstände ihren Beitrag ausschließlich in Geld zu leisten hatten und im Verweigerungs- oder Säumnisfall sogar mit militärischer Gewalt zur Zahlung gezwungen werden sollten.¹²⁴⁵ Damit versetzte der Kreisabschied Christian IV. in die Lage, seine schon seit Januar 1625 im Holsteinischen angeworbenen Söldnertruppen als Kreisarmee zu deklarieren und ihre Unterhaltung auf die niedersächsischen Kreisstände abzuwälzen. Darüber hinaus konnte ihm die Armee wertvolle Dienste leisten, wenn es galt, die gegen Dänemark opponierenden Kreisstände zur Einhaltung der Kreistagsbeschlüsse unter Druck zu setzen.¹²⁴⁶ Doch wie nachhaltig der dänische Erfolg im Niedersächsischen Reichskreis wirklich war, blieb mehr als fraglich: Wie das knappe Abstimmungsergebnis am Kreistag deutlich vor Augen geführt hatte, standen der Niedersächsische Kreis und seine Stände keineswegs geschlossen hinter der Aufrüstungspolitik König Christians IV., und wie lange die kaiserlich-katholische Seite den Dänenkönig noch gewähren ließe, ohne selbst zum Angriff überzugehen, war völlig offen. Tatsächlich hatte man im katholischen Lager sämtliche Rüstungen auf dem Gebiet des Niedersächsischen Reichskreises von Anfang an mit größtem Misstrauen verfolgt. Kaiser Ferdinand II. hatte schon bei früheren Defensionsprojekten des Niedersächsischen Reichskreises mehrfach betont, dass die Aufstellung einer Kreisarmee aus seiner Sicht nur dann legitim sein konnte, wenn sie zum Schutz des Landfriedens unabdingbar war oder sich in Diensten von Kaiser und Reich gegen erklärte Reichsfeinde wandte. Keine der genannten Bedingungen sah der Habsburger diesmal erfüllt, und forderte deshalb im Juni 1625 die niedersächsi-

 Der einfache Anschlag des Niedersächsischen Reichskreises betrug 8.624 fl., die dreifache Tripelhilfe belief sich demnach auf monatlich 77.616 fl., vgl. OeStA FHKA: SUS RA 90.1.13 (Anm. 185), fol. 1242v. Zu den Detailregelungen des Kreisabschieds vom Mai 1625 vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 149 f.  Vgl. ebd., S. 149.  Zu den „Abweichlern“ zählten: Braunschweig-Celle, Hildesheim, Sachsen-Lauenburg, Ratzeburg und die drei Reichsstädte Lübeck, Goslar und Mühlhausen, vgl. ebd., S. 150. Zur Aufstellung der Kreisarmee und ihrer tatsächlichen Kosten vgl. Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 486), S. 160 – 180.

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schen Kreisstände zur Aufkündigung ihrer Kooperation mit dem Dänenkönig und zur Auflösung der Kreisarmee auf.¹²⁴⁷ Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Kaiser bereits für den Fall eines offenen Krieges der Rückendeckung der Liga versichert, deren Fürsten die kaiserliche Rechtsauffassung von der Illegalität der niedersächsischen Kreisrüstungen teilten. Schon im Mai 1624 hatte ein Ligatag in Augsburg erklärt, das katholische Militärbündnis werde künftig nicht nur gegen diejenigen zu Felde ziehen, die sich bereits offen gegen den Kaiser oder einzelne Ligamitglieder erklärt hatten, sondern auch gegen diejenigen, „welche sich gleichwol noch nit als offentliche feind […] erweisen, sonder allain sonsten one irer kais. Mt. vorwissen, willen und patenten und also den reichsconstitutionen zugegen aintweder inlendisches volk werben und versamblen oder auslendisches einfieren und solches auf irer kais. Mt. […] abmanen und bevelch nit gleich alsbalden wider licentiren oder abstellen.“¹²⁴⁸ Gleichwohl griff das Ligaheer die im Aufbau befindliche niedersächsischdänische Armee noch nicht umgehend an. Auf Betreiben Kurfürst Maximilians und mit kaiserlichem Einverständnis entsandte Generalleutnant Tilly noch im August 1625 Gesandte zu einem Kriegsrat des Niedersächsischen Reichskreises nach Braunschweig, um an die innerniedersächsische Opposition gegen Dänemark zu appellieren und ein Bekenntnis des Reichskreises zum Kaiser und gegen ihren Kreisobristen einzufordern.¹²⁴⁹ Der Gesandtschaft des Ligagenerals wurde von niedersächsischer Seite jedoch nur zur Antwort gegeben, dass sowohl die Wahl König Christians IV. als Herzog von Holstein zum Kreisobristen als auch die seither erfolgte Aufrüstung des Reichskreises durch die Reichsexekutionsordnung von 1555 legitimiert seien, und „darumb werden Gesandte Fursten vnd Stende dem Herrn General Leutenandt schwerlich einreumen/ die Executions Ordnung dahin zu interpretiren, Als wann wegen itziger Leufften vnd umbständt im Reich/ der Creiß keinen eintzigen Mann zu

 Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 151.  Der Ligatag von Augsburg vom 25. April bis 30. Mai 1624 ist dokumentiert bei Goetz (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 378), Nr. 183. Die Fragen der Duldung fremder Rüstungen im Reich wurde am 10. Mai erörtert, vgl. ebd., S. 472 f. Das Zitat ist dem Abschied vom 29. Mai entnommen, S. 498 – 510, hier 504.  Die Propositionen Tillys und die Repliken der Kreisstände vom August und September 1625 finden sich in: Dennemarckische Acta (Anm. 72), S. 67– 98; vgl. ferner Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 151– 153.

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Roß vnd Fuß zu seiner defension zu werben/befugt“.¹²⁵⁰ Zwar sicherten die Kreisstände im gleichen Schreiben Tilly ausdrücklich zu, „intra terminos des Creißes mit dem geworbenen Volcke zu bleiben/ niemanden zu offendiren/ viel weniger den Pfaltzgraffen per fortza selbsten zu restituiren“ oder sich mit irgendwelchen Feinden des Kaisers zu verbinden.¹²⁵¹ Doch Glauben schenkte man ihnen auf katholischer Seite zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. Parallel zu den diplomatischen Bemühungen in Braunschweig suchte Kurfürst Maximilian bereits bei Kaiser Ferdinand II. um sein Einverständnis zu einem Militärschlag an, das dieser nach einem besonders dramatisch formulierten Lagebericht Tillys vom 25. August 1625 auch in Form eines offiziellen kaiserlichen Exekutivmandats für das Ligaheer erteilte.¹²⁵² Spätestens jetzt stand die Liga faktisch im Krieg mit dem Niedersächsischen Reichskreis. Allerdings sollte das Ligaheer nicht die einzige Armee bleiben, mit der die kaiserlich-katholische Seite gegen Dänemark und den Niedersächsischen Reichskreis vorzugehen gedachte: Dank der Initiative Wallensteins verfügte der Kaiser erstmals seit Kriegsbeginn 1618 über eine eigene schlagkräftige Immediatarmee, die ab Juli 1625 für einen Einsatz im Norden des Reiches bereit stand.¹²⁵³ Damit veränderte sich das militärische Kräftepotential erheblich zu Gunsten der kaiserlich-katholischen Seite und ließ alle weiteren offensiven Feldzugspläne König Christians IV. vorerst Makulatur werden. Sollte sein Heer gegen Wallenstein und Tilly weiter bestehen können, so musste der Dänenkönig und mit ihm der Niedersächsische Reichskreis noch weitere Verbündete finden.

 Resolution der niedersächsischen Kreisstände an die Gesandtschaft Tillys, 30. August 1625, zitiert nach Dennemarckische Acta Teil I., S. 85 – 98, hier 95. Mit dem „Herrn General Leutenandt“ ist Tilly gemeint.  Zitiert nach Dennemarckische Acta (Anm. 72), S. 88.  Vgl. Walter Goetz (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. Neue Folge 2.2 (Die Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618 – 1651). Leipzig 1918, Nr. 98; Kaiser: Politik und Kriegführung (Anm. 395), S. 241– 243.  Vgl. Gindely: Waldstein während seines ersten Generalats im Lichte der gleichzeitigen Quellen, 1625 – 1630 (Anm. 498), S. 44– 60. Zum Verhältnis zwischen Ligaarmee und der kaiserlichen Immediatarmee unter Wallenstein, deren Aufstellung ursprünglich auch von Bayern befördert wurde, vgl. Kaiser: Politik und Kriegführung (Anm. 395), S. 254– 256; Andreas Kraus: Maximilian I. Bayerns Großer Kurfürst. Graz, Regensburg 1990, S. 143.

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2.3 Getrennte Wege: Von den gescheiterten Bündnisgesuchen an den Obersächsischen Reichskreis bis zum militärischen Zusammenbruch Es schien sogar einen Weg zu geben, wie die niedersächsischen Kreisstände auf eine reichsverfassungskonforme Art an neue Bundesgenossen im Reich gelangen konnten. Da der Niedersächsische Reichskreis seine Truppen formal zur Abwehr einer Bedrohung des Landfriedens aufgestellt hatte, lag es nun nahe, sich in Berufung auf das Beistandsgebot der Reichsexekutionsordnung hilfesuchend an benachbarte Reichskreise zu wenden. Obwohl der Niedersächsische Kreis mit dem Obersächsischen, dem Niederrheinisch-Westfälischen sowie dem Oberrheinischen Kreis gleich über drei direkte Nachbarkreise verfügte, sahen die niedersächsischen Kreisstände nur in einem einzigen von ihnen einen potentiellen Bündnispartner: dem Obersächsischen Kreis. Die beiden anderen Nachbarkreise müssten als „dismembriert“ und damit politisch und militärisch handlungsunfähig erachtet werden, nicht aber die obersächsische Kreisorganisation, die noch „vermittelst Göttlicher Verleihung, beÿ Irer Integritet erhalten vnd conserviret“ worden sei. So formulierte es jedenfalls ein Braunschweiger Kreistag in einem Schreiben an Kurfürst Johann Georg von Sachsen und den Obersächsischen Kreis vom Mai 1625, mit dem die niedersächsischen Kreisstände Bündnisverhandlungen zwischen den beiden sächsischen Kreisen anzustoßen erhofften.¹²⁵⁴ Als Anlass für die angestrebte „conjunction vnd zusammensetzung“ beider Reichskreise erwähnten die Niedersachsen aber nicht ihren schweren Konflikt mit Kaiser Ferdinand II. und der Liga. Stattdessen führten sie eine gemeinsame Bedrohung des Landfriedens in beiden sächsischen Reichskreisen an: Angeblich würde sich im Königreich Polen eine große Schar Kosaken sammeln, um ins Reich einzufallen und „alles mit Feuer vnd Schwerdt zu verhergen“. Ober- und Niedersachsen seien aufgrund dieser „ausländischen Arméen halber inn nicht geringer gefahr begriffen,“ zumal man noch nicht einmal wisse „wo der ganze Krigsschwall endlich hinausschlagen, vnd wehn es eigentlich betreffen möchte.“¹²⁵⁵ Eine Aufrüstung beider Reichskreise sei aufgrund dieser ausländischen Gefahr nicht nur ratsam, sondern reichsrechtlich sogar vorgeschrieben, weshalb sich Niedersachsen bereits eine eigene Armee in der Höhe einer dreifachen Tripelhilfe zugelegt habe. Dem Kaiser sei man deshalb noch lange nicht untreu geworden und beabsichtige auch nicht, „daß mann hirdurch frembder händel sich teilhafft ma Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 09803/7. „Anderes Buch Münzsachen“ 1625, Niedersächsische Kreisstände an den Obersächsischen Reichskreis, Braunschweig, 16. Mai 1625, fol. 35 – 38, Zitate fol. 37r – 37v.  Ebd., fol. 35v.

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che“.¹²⁵⁶ Vielmehr würde man „[…] beÿ der Röm: Keÿ: Mait: unsers allergnedigsten herrn, devotion vnd gehorsam vnausgesezt verharren, in den Schrancken des heiligen Reichs Executionsordnungen vnd Abschieden verbleiben, daß geworbene Volck zu keines einzigen Standes offension, sondern einzig vnd allein zu dieses Creÿses, vnd dessen Mitgliedern Defension gebrauchen“.¹²⁵⁷ Was die gemeinsame Bedrohung des Ober- und Niedersächsischen Reichskreises durch die polnischen Kosaken anbelange, würde die Reichsexekutionsordnung sogar „clärlich und mit hellen wortten“ vorschreiben, „daß auff begebende fälle einer nebst dem andern vmbzutretten ¹²⁵⁸ vnd dem nothleidenden Creiß vnder die Arme zu greiffen schuldig [sei].“¹²⁵⁹ Als einen ersten Schritt zur Aushandlung einer entsprechenden Beistandsvereinbarung regten die niedersächsischen Kreisstände eine Konferenz der Kreisobristen beider Reichskreise an, zu der auch die Nach- und Zugeordneten eingeladen werden sollten.¹²⁶⁰ Doch zu einer solchen Versammlung kam es nie. Kurfürst Johann Georg erklärte sich zwar in seinem Antwortschreiben an die niedersächsischen Kreisausschreibenden Fürsten bereit, das Bündnisgesuch auf dem obersächsischen Kreistag beraten zu lassen, gab aber bereits zu verstehen, dass er die Gefahr eines Kosakeneinfalls ins Reich für ein reines Gerücht halte, was ihm auch der Kaiser und eigene Informanten bestätigt hätten. Anstatt sich Sorgen über Kosaken zu machen, müssten die niedersächsischen Kreisstände besser „reifflich erwegen, inn was vngelegenheitt, verderben vnd ruin Sie sich vnd den ganzen Kreiß, auch die benachtbarten, vnd insonderheit den Obersächsischen Creiß sezen würden, wann Sie eine andere resolution ergriffen, die Verfassung extra terminos defensionis gebrauchen, vnd was anders damit fürnehmen sollten.“¹²⁶¹ Das niedersächsische Bündnisgesuch war damit schon faktisch abgewiesen, denn ohne eine Unterstützung Johann Georgs war ein Zusammengehen der beiden sächsischen Kreise kaum denkbar. Der Kursachse schrieb auch keinen obersächsischen Kreistag aus, sondern wartete einen für Oktober 1625 in Leipzig angesetzten Münzprobationstag ab, um dort über das Anliegen der Niedersachsen abstimmen zu lassen. In Leipzig fand sich schließlich nicht ein einziger obersächsischer Kreisstand, der sich offen für einen Bündnisschluss mit dem Niedersächsischen Kreis ausgesprochen hätte. Selbst die Gesandtschaft der Fürsten von Anhalt, die auch im

 Ebd., fol. 36r.  Ebd., fol. 36v.  Lies: „beizutreten“.  Ebd., fol. 37r.  Ebd., fol. 37v.  Ebd., Kurfürst Johann Georg an die Kreisausschreibenden Fürsten des Niedersächsischen Kreises, Kemniz bei Dresden, 5. Juli 1625 (Kopie), fol. 40v – 41r.

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Namen des soeben erst aus der Reichsacht entlassenen Christian von Anhalt sprach, gab zu bedenken, dass jede Form einer Konjunktion mit dem Niedersächsischen Kreis „wegen des Respects Römischer Keÿserl. Maÿ. vnser aller gnedigsten Herrn“ unbedingt zu unterbleiben habe.¹²⁶² An der bündnispolitischen Zurückhaltung des gesamten Obersächsischen Reichskreises konnte auch eine eigene Gesandtschaft König Christians IV. von Dänemark nichts mehr ändern, die noch in sprichwörtlich letzter Minute unmittelbar vor Verlesung des Probationstagsabschieds in Leipzig angelangte. Neben einem neuen Bündnisgesuch hatten die Dänen sogar Kopien verschiedener Aktenstücke „sub nomine Cancellaria Hispanica“ dabei. Dazu erläuterte König Christian IV. in einem eigenhändig verfassten Begleitbrief den obersächsischen Ständen, sie könnten „daraus der Catholischen anschlage […] sehen“ und die tatsächliche, elementare Gefährdung des Protestantismus im Reich erkennen.¹²⁶³ Doch auch diese neue Argumentation, die den Konflikt zwischen der niedersächsisch-dänischen Koalition und dem Bündnis aus Kaiser und Liga in die Nähe eines Religionskriegs zu rücken versuchte, verfing bei den obersächsischen Kreisständen nicht. Die dänische Delegation musste letztlich wieder mit leeren Händen aus Leipzig abreisen.¹²⁶⁴ Nur bezüglich eines Anliegens aus dem Niedersächsischen Kreis zeigte sich die große Mehrheit der Teilnehmer des obersächsischen Probationstags entgegenkommend: Unter den versammelten Kreisständen war bekannt geworden, dass eine große Gruppe niedersächsischer Fürsten bereits im August 1625 Kursachsen um eine Interposition bei Kaiser Ferdinand II. und seinen Verbündeten  Ebd., „Relation“ des kursächsischen Kreistagsdirektoriums über den Verlauf des Münzprobationstags vom 10. bis 14. Oktober, Leipzig, 14. Oktober 1625, fol. 161– 197, Zitat 181v. Vgl. zum Abstimmungsverhalten der obersächsischen Kreisstände in der Bündnisfrage auch das Kreistagsprotokoll ebd., fol. 206 – 227, hier insbesondere fol. 218 – 220.  Das Bündnisgesuch findet sich unter ebd., König Christian IV. an den Obersächsischen Kreis, Nienburg, 8. Oktober 1625, fol. 151– 156, Zitate fol. 156r. Bei den genannten Aktenstücken in großteils lateinischer und italienischer Sprache handelte es sich wahrscheinlich um Auszüge aus der „Spanischen Canzley“ des Ludwig Camerarius’, einer antihabsburgischen Flugschrift, die erstmals 1622 im Druck erschien: Ludwig Camerarius: Cancellaria hispanica. Adjecta sunt Acta publica, Hoc est: Scripta et Epistolae authenticae, è quibus partim infelicis belli in Germania partim Proscriptionis in Electorem Palatinum scopus praecipuus apparet […]. ˈFreistadt“ 1622.Vgl. allgemein zur protestantischen Flugschriftenpropaganda im Dreißigjährigen Krieg Silvia Serena Tschopp: Heilsgeschichtliche Deutungsmuster in der Publizistik des Dreißigjährigen Krieges. Pround antischwedische Propaganda in Deutschland 1628 bis 1635 (Mikrokosmos, Bd. 29). Frankfurt am Main, New York 1991, hier insbesondere S. 248 – 260.  Eine Kopie des Antwortschreibens des Probationstags vom 14. Oktober 1625 findet sich SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 09803/7 (Anm. 1254), fol. 158 – 160. Die Kreisstände hatten Kursachsen freie Hand bei der Formulierung des Schreibens gelassen.

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gebeten hatte, um eine Eskalation des Krieges doch noch in letzter Minute zu verhindern.¹²⁶⁵ Johann Georg hatte sich diesem Ansinnen lange verweigert, da man sich in Dresden nicht im Klaren war, zwischen wem man überhaupt vermitteln sollte und wie der Kaiser eine solche Vermittlungsmission aufnehmen würde.¹²⁶⁶ Auf Drängen verschiedener obersächsischer Kreisstände erklärte sich Kurfürst Johann Georg kurz nach Ende der Kreisversammlung dann aber doch noch bereit, eine entsprechende diplomatische Initiative in die Wege zu leiten, an der sich mit etwas zeitlicher Verzögerung auch Kurbrandenburg beteiligte.¹²⁶⁷ Bereits Ende Oktober traf eine kursächsische Gesandtschaft zu einem nach Braunschweig einberufenen niedersächsischen Kreistag ein, zu dem auch die katholischen Heerführer Wallenstein und Tilly Abgesandte schickten, um zuerst über einen Waffenstillstand zu verhandeln, auf den im Erfolgsfall weitere Friedensverhandlungen folgen sollten.¹²⁶⁸ Die Erfolgsaussichten der Vermittlungsaktion des sächsischen Kurfürsten wurden jedoch von Anfang an durch die dänische Diplomatie auf europäischer Ebene konterkariert. Noch während kursächsische Gesandte mit den in Braunschweig versammelten niedersächsischen Kreisständen Möglichkeiten zur Wiederherstellung des Friedens ausloteten, warb Christian IV. bei verschiedenen ausländischen Mächten weiter für ein offensives Vorgehen gegen den Kaiser und seine Verbündeten. Er arbeitete damit zielstrebig auf die „Internationalisierung“ des Krieges im Reich hin, während das Hauptziel der kursächsischen Vermitt-

 Vgl. Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 486), 368; Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 153 f.  Vgl. Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 486), S. 370. Die Sorgen über eine mögliche Verstimmung des Kaisers im Falle einer Friedensinitiative Kurfürst Johann Georgs waren allerdings unbegründet. Bereits im Dezember 1624 waren am Kaiserhof selbst Überlegungen angestellt worden, Kursachsen mit einer Friedensvermittlung zwischen dem Reichsoberhaupt und König Christian IV. von Dänemark und König Jakob von England zu beauftragen, da Kaiser Ferdinand II. den Sachsen als kaisertreu erachtete und davon ausging, die beiden ausländischen Könige trügen gegenüber dem sächsischen Kurfürsten „ainen sonderbaren respect“, vgl. OeStA HHStA Wien: MEA Reichstagsakten 122, Kaiser Ferdinand II. an Kurmainz, Wien, 4. Januar 1625, fol. 39v.  Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 09803/7 (Anm. 1254), fol. 185r.  Zu den Braunschweiger Waffenstillstands- und Friedensgesprächen vgl. Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 486), S. 369 – 398; Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 154– 157. Zur kursächsischen Verhandlungsführung vgl. auch OeStA FHKA: SUS RA 46.1 (Anm. 261), „Memorial von Herrn Chur Sächsischen den Craÿs Ständen ertheilett“, Braunschweig, 4. Nov. 1625 (Kopie), fol. 712r–717v.

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lungsmission gerade darin bestand, die Konflikte innerhalb des Reichsverbandes möglichst einzudämmen und ohne die Verwicklung fremder Mächte durch reichsintern ausgehandelte Kompromisse zu lösen. Dies war bereits während des Böhmischen Aufstands die Maxime der kursächsischen Reichspolitik gewesen und wurde nun von Kurfürst Johann Georg mit seiner Friedensinitiative im Niedersächsischen Kreis wieder aufgenommen.¹²⁶⁹ Doch kaum hatten die Verhandlungen in Braunschweig begonnen, mussten alle Versuche der Konflikteindämmung bereits als gescheitert gelten: Am 19. Dezember 1625 schloss König Christian IV. ohne Rücksicht auf die laufenden Friedensbemühungen und ohne weitere Konsultation der niedersächsischen Kreisstände in Den Haag ein Offensivbündnis mit den Generalstaaten und England, das ausdrücklich eine zeitnahe Eröffnung eines Feldzugs im Reich vorsah.¹²⁷⁰ In den Augen Kaiser Ferdinands II. bestätigte der Haager Bündnisschluss der ausländischen protestantischen Mächte vollends die von katholischer Seite schon lange gehegten Verdächtigungen über einen offensiven Zweck der niedersächsischen Kreisdefension, was das Reichsoberhaupt fortan auch im Reich bei verschiedenen Gelegenheiten kundtun ließ. Seines Erachtens war mit der „publicirung der hollandischen und englischen bündtnus, mehrens an tag gebrochen, und dardurch offenbart worden, wohin dise [nieder]Sächsische Armada von anfang angesehen, und das die defension des Craises (so damahlen keine Grundt gehabt, auch von Unns des religion und prophan fridens wol versichert gewesen, auch wenn Ihnen disfals zweiuel vorgefallen, wol in andern weeg durch fridtliche angenome interposition Chur: und Fürstlichen persohnen, ausser den bluetigen Waffen assecurirt wird können.) nur zu einem schein, neben der religion und libertet gebraucht worden“.¹²⁷¹ Tatsächlich brachten die Vereinbarungen von Den Haag der dänischen Kriegsführung kaum den erhofften Nutzen ein. Die ausländische Unterstützung für den dänischen König und das niedersächsische Kreisheer lief nur äußerst zögerlich an und beschränkte sich auf bescheidene Subsidienzahlungen, wäh Zu den kursächsischen Vermittlungsmissionen während des Böhmischen Aufstands vgl. Müller: Kursachsen und der Böhmische Aufstand 1618 – 1622 (Anm. 352), S. 148 – 253, ferner Burkhardt: Friedensschlüsse auf Sächsisch (Anm. 352), hier S. 47– 52.  Zur „Haager Allianz“ vgl. Burkhardt: Der Dreißigjährige Krieg (Anm. 83), S. 72; Petersen: Defence, War and Finance: Christian IV and the Council of the Realm 1596 – 1629 (Anm. 1193), S. 303; Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 486), S. 338 – 348.  So die Wortwahl des Kaisers in einem Schreiben zum Vortrag vor einem obersächsischen Kreistag im August 1626, vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat, Loc. 9209/3. 60. Buch Krigswesen im Reich betr. Anno 1626 (1626), Gesandteninstruktion Kaiser Ferdinands II. zum Vortrag vor Kursachsen und den obersächsischen Kreisständen, Wien, 26. Juli 1626, fol. 99r–103v, Zitat fol. 101r.

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rend den Kaiserlichen dank Wallenstein mittlerweile eine zweite große Armee zur Verfügung stand.¹²⁷² Im April 1626 konnte dieser in einer ersten großen militärischen Auseinandersetzung bei Dessau dem nun in dänischen Diensten stehenden Söldnerführer Mansfeld eine schwere Niederlage zufügen.¹²⁷³ Vier Monate später gelang der kaiserlich-ligistischen Seite dann in der Schlacht bei Lutter am Barenberge bereits eine militärische Vorentscheidung des Krieges und eine anschließende Besetzung weiter Teile des Niedersächsischen Reichskreises bis zur Elbe.¹²⁷⁴ Die meisten Kreisfürsten unterwarfen sich daraufhin dem Kaiser und begannen ihre verbliebenen Söldner abzudanken, wodurch sich auch die Reste der niedersächsischen Kreisarmee auflösten.¹²⁷⁵ Damit schied der Reichskreis schon im Sommer 1626 als handlungsfähige, eigenständige Partei aus dem Kriegsgeschehen aus. Allerdings führte König Christian IV. den Krieg auch nach 1626 mit Unterstützung einiger weniger zumeist nordelbischer Verbündeter, allen voran den Mecklenburger Herzögen, noch längere Zeit weiter, konnte jedoch nicht verhindern, dass Wallenstein und Tilly schon im Lauf des Jahres 1627 die gesamten Festlandsbesitzungen Dänemarks bis an die Nordspitze Jütlands besetzten.¹²⁷⁶ Für etliche Stände des Niedersächsischen Reichskreises hatten die militärischen Siege der katholischen Truppen weitreichende Folgen, allen voran für die beiden Mecklenburger Herzöge, über die der Kaiser kurzerhand die Reichsacht aussprach, um im Anschluss ihre Besitzungen an Wallenstein zu übergeben.¹²⁷⁷

 Nach den Haager Vereinbarungen sollte das Königreich England zum Unterhalt der dänisch-niedersächsischen Heere monatlich 30.000 £ beitragen, die Generalstaaten 50.000 (niederländische) Gulden. Bis zum vorläufigen Kriegsende 1629 hatte die englische Krone allerdings nur rund ¼ der zugesagten Subsidien tatsächlich geleistet und auch die Generalstaaten und Frankreich blieben große Geldsummen schuldig, vgl. Petersen: Defence, War and Finance: Christian IV and the Council of the Realm 1596– 1629 (Anm. 1193), S. 307.  Zur Schlacht von Dessau vgl. Walter Krüssmann: Ernst von Mansfeld (1580 – 1626). Grafensohn, Söldnerführer, Kriegsunternehmer gegen Habsburg im Dreißigjährigen Krieg (Historische Forschungen, 94). Berlin 2010, S. 588 – 595.  Vgl. Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 486), S. 558 – 568, vgl. unter militärhistorischer Perspektive auch Kim A. Wagner: The Battle of Lutter am Bahrenberg, in: Military and Naval History Journal 10 (1999), S. 15 – 35.  Vgl. Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 486), S. 569 – 573.  Zum Kriegsgeschehen im Niedersächsischen Reichskreis bis zum Ende des Jahres 1626 vgl. ebd., S. 573 – 580, für den Kriegsverlauf von 1627 bis zum Lübecker Frieden allgemein Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg (Anm. 486).  Wallenstein wurde am 1. Februar 1628 als Herzog von Mecklenburg belehnt, seine Ernennung zum „General des Ozeanischen und Baltischen Meeres“ erfolgte zwei Wochen später. Vgl. hierzu zuletzt Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 301– 320. Vgl. auch

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Ebenso prekär wurde die Situation für die protestantischen Inhaber der Erz- und Hochstifte im gesamten Reichskreis, die sich fortan ebenfalls um ihre Besitzungen sorgen mussten. Im Erzstift Magdeburg ernannte das protestantische Domkapitel sogar aus Sorge vor einer Übernahme des Bischofsstuhls durch den katholischen Habsburger Leopold Wilhelm nach dem Rücktritt des bisherigen Administrators den erst dreizehnjährigen Herzog August von Sachsen zum neuen Landesfürsten, da man sich von dessen Vater, dem sächsischen Kurfürsten, Schutz vor einer Rekatholisierung erhoffte.¹²⁷⁸ Dagegen hatte Christian IV. seine Rolle als Schutzpatron der niedersächsischen Kreisstände ausgespielt. Der Frieden von Lübeck vom Mai 1629, mit dem der Krieg zwischen Kaiser Ferdinand II. und dem Dänenkönig sein Ende fand, schrieb den Rückzug Dänemarks aus seiner bisherigen Führungsrolle im Reichskreis fest. Christian IV. musste zusichern, sein Kreisobristenamt niederzulegen und sich fortan einer antikaiserlichen Politik im Reich zu enthalten.¹²⁷⁹ Doch weitere Demütigungen Dänemarks enthielt der Friedensvertrag trotz der klaren militärischen Niederlage Christians IV. nicht, so dass der Frieden zwischen Dänemark und dem Reichsoberhaupt langfristig Bestand haben konnte und nach dem Kriegseintritt Schwedens sogar eine rasche Annäherung Kopenhagens an Wien möglich wurde.¹²⁸⁰

Gindely: Waldstein während seines ersten Generalats im Lichte der gleichzeitigen Quellen, 1625 – 1630 (Anm. 498), S. 363 – 369; Schnell: Mecklenburg zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges 1603 – 1658 (Anm. 505), S. 52– 67.  Vgl. Rudolf Joppen: Das Erzstift Magdeburg unter Leopold Wilhelm von Österreich (1628 – 1635), in: Beiträge zur Geschichte des Erzbistums Magdeburg, hrsg. v. Franz Schrader (Studien zur katholischen Bistums- und Klostergeschichte, 11). Leipzig 1968, S. 290 – 342. Aufgrund seiner reichen Quelleneditionen nach wie vor hilfreich ist Karl Wittich: Magdeburg, Gustav Adolf und Tilly. Berlin 1874.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren ‚Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 159; vgl. zum Lübecker Frieden ferner Reumann: Das Eingreifen Christians IV. als Herzog von Holstein und König von Dänemark in den Dreißigjährigen Krieg (Anm. 376), S. 53.  Vgl. zum Lübecker Frieden Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 313 – 320, insb. S. 317 f.; Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 65 – 67. Vgl. allgemein auch die ältere, aber detailreiche Arbeit von Ernst Wilmanns: Der Lübecker Friede 1629. Diss. phil. Bonn 1904.

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Zwischenfazit Ausgehend von der eindeutig auf Neutralität abzielenden politischen Grundhaltung der meisten Kreisstände des Niedersächsischen Reichskreises von Beginn des Dreißigjährigen Kriegs bis mindestens in das Jahr 1624 ist die kriegerische Eskalation von 1625 durchaus überraschend und erklärungsbedürftig. Wie konnten sich die Beziehungen zwischen dem Reichskreis und der katholischen Partei aus Kaiser und Liga innerhalb kurzer Zeit derart verschlechtern, dass ein neuer Krieg im Reich möglich wurde? Auf den ersten Blick lässt sich mit König Christian IV. von Dänemark schnell ein Schuldiger identifizieren, der durch seine nicht nur defensive Ziele verfolgende Intervention im Reich einen ganzen Reichskreis an seiner Seite in den Krieg führte. Doch der Ausbruch des „Dänisch-Niedersächsischen Kriegs“ kann auch als das Resultat eines tiefgreifenden Konflikts um die Auslegung zweier Fundamentalgesetze des Reichs zwischen den niedersächsischen Kreisständen und Dänemark auf der einen Seite und dem Kaiser und der Liga auf der anderen Seite gelesen werden: Ausgangspunkt war hierbei der Vormarsch Tillys in den Norden des Reiches im Rahmen der letzten Kampfhandlungen gegen Söldnerführer in einst kurpfälzischen Diensten, der bei Dänemark und den niedersächsischen Kreisständen alte Sorgen vor katholischen Restitutionsforderungen hervorrief, die ihren Ursprung wiederum in der Auslegungsproblematik des Augsburger Religionsfriedens hatten. Der dänische König und die knappe Mehrheit der niedersächsischen Kreisstände nahmen die tatsächlichen oder auch nur vermeintlichen Restitutionsabsichten der Katholiken sogleich zum Anlass, auf Ebene des Niedersächsischen Reichskreises massiv aufzurüsten, was sie wiederum mit Verweis auf die Reichsexekutionsordnung als reichsrechtlich unbedenkliche Kreisdefension zu rechtfertigen versuchten. Die Legitimität der niedersächsischen Kreisdefension wurde von katholischer Seite aber von Anfang an negiert und eine Interpretation der Reichsexekutionsordnung vertreten, die den Reichskreisen das Recht auf eigenständige Rüstungsmaßnahmen ohne ausdrückliche kaiserliche Genehmigung de facto absprach. Diesen Standpunkt vertrat die katholische Partei bereits im Jahr 1623, als sich der Niedersächsische Reichskreis zum Zweck einer bewaffneten Neutralität bereits einmal mit einer Kreisarmee versehen hatte, woraufhin die Truppe zur Vermeidung eines Konflikts mit dem Reichsoberhaupt rasch wieder abgedankt wurde. Im Jahr 1625 wären deeskalierende Abrüstungsmaßnahmen in Folge des „Coups“ König Christians IV. jedoch nur noch möglich gewesen, wenn der Dänenkönig dies gewollt hätte; schließlich hatte er als neuer Kreisobrist die nie-

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dersächsische Kreisarmee bereits unter seine alleinige Kontrolle gebracht. Dazu war der Däne aber nicht bereit und suchte stattdessen nach weiteren Bündnispartnern vor allem außerhalb des Reiches, weshalb die kursächsischen Versuche einer Friedensvermittlung im Sande verlaufen mussten. Für den Niedersächsischen Reichskreis und seine Stände brachten die Rüstungsbeschlüsse von 1625 und die Anlehnung an Dänemark somit letzten Endes keinen Gewinn an Sicherheit, sondern führten sie in eine Kriegskatastrophe. Damit hatte der Dreißigjährige Krieg eine neue Eskalationsstufe erreicht und sich zu einem „internationalisierten“ Großkonflikt ausgeweitet.

3 Die Reichskreise, Kursachsen und der Leipziger Bund Für das Reich brachte der Lübecker Frieden keine umfassende und dauerhafte Befriedung. Denn so kompromissbereit sich Ferdinand II. im Friedensschluss mit dem Dänenkönig noch präsentiert hatte, so unnachgiebig trat er nach wie vor in konfessionspolitischen Fragen innerhalb des Reichsverbands auf. Hier gedachte das Reichsoberhaupt im Zusammenwirken mit verschiedenen anderen katholischen Akteuren im Reich und gestützt auf die von Wallenstein und Tilly errungene militärische Machtstellung seine eigentlichen Kriegsgewinne zu realisieren. Der Fokus dieser katholischen Partei lag dabei auf all denjenigen geistlichen Territorien und Kirchengütern, die nach 1552 in protestantische Verfügungsgewalt gekommen und somit nach katholischer Auslegung des Augsburger Religionsfriedens den Katholiken widerrechtlich entzogen worden waren. Mit dem Restitutionsedikt vom 6. März 1629 bestätigte Ferdinand II. diese katholische Rechtsauffassung ausdrücklich, um damit zugleich die reichsrechtliche Legitimität verschiedenster bereits an Reichsgerichten anhängiger und künftiger Restitutionsforderungen geistlicher Güter im protestantischen Besitz zu untermauern.¹²⁸¹ Von den protestantischen Reichsständen konnte der Erlass des Restitutionsedikts kaum anders als ein schwerer Affront und Angriff auf den Protestantismus im Reich insgesamt wahrgenommen werden, denn schließlich sollte das Restitutionsedikt reichsweite Gültigkeit besitzen und somit selbst für all jene protestantischen Reichsstände verbindlich sein, die sich im bisherigen Kriegsverlauf gegenüber Kaiser und Liga nichts zu Schulden hatten kommen lassen. Angesicht dessen mussten auch in Kursachsen und Kurbrandenburg Zweifel aufkommen, wie viel die den beiden Kurfürstentümern einst während des Böh-

 Vgl. die Ausführungen in Kap. II.3.2, „Der Kurfürstentag von Regensburg 1630 und die ‚Chiffreʻ Wallenstein“ im ersten Hauptkapitel dieser Arbeit.

3 Die Reichskreise, Kursachsen und der Leipziger Bund

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mischen Aufstands vom Kaiser und den katholischen Kurfürsten gegebenen Besitzstandsgarantien künftig noch wert sein würden.¹²⁸² Vor allem für den sächsischen Kurfürsten Johann Georg kam der Vertrauensbruch mit dem Kaiser einer politischen Katastrophe gleich. Denn der Dresdner hatte bis zuletzt eine durchaus kaisernahe Politik betrieben, und seine Führungsposition unter den protestantischen Ständen des Reichs schon seit Jahren immer wieder genutzt, um auf die protestantischen Reichsfürsten mäßigend einzuwirken und damit einer konfessionell aufgeladenen Kriegseskalation im Reich entgegenzuwirken. Nun aber sollte der Kurfürst sogar selbst an der Durchsetzung des Restitutionsedikts zumindest im Obersächsischen Reichskreis aktiv mitwirken, denn wie jeder andere für das Reich bestimmte kaiserliche Erlass wurde auch das Restitutionsedikt zuerst den Kreisausschreibenden Fürsten zugestellt, um von diesen ihren Mitkreisständen zur Publikation übersandt zu werden.¹²⁸³ Doch wie weit würde die Kaiser- und Verfassungstreue Kursachsens und der anderen am Vorbild des Dresdner Hofes orientierten protestantischen Reichsstände nach Erlass des Restitutionsedikts noch gehen? Würden sich die protestantischen Kurfürsten und Stände des Reichs nun einem ausländischen Potentaten anschließen, wie dies die Mehrheit der niedersächsischen Kreisstände schon 1625 getan hatte, oder bot ihnen die Reichs- und Kreisverfassung noch alternative Wege der Selbstbehauptung, die ohne die Einbindung fremder Mächte und einen offenen Bruch mit Kaiser und Liga erfolgversprechend beschritten werden konnten? Dies gilt es im Folgenden anhand der Genese und des weiteren Schicksals des „Leipziger Bundes“ von 1631 näher zu untersuchen.

3.1 Die Reaktion Kursachsens und des Obersächsischen Reichskreises auf das Restitutionsedikt Zumindest was die Zustellung des Edikts betrifft, kam Kursachsen seinen Amtspflichten als Kreisausschreibender Fürst auch nach.¹²⁸⁴ Allerdings nutzte es zu-

 Zur Mühlhausener Assekuration vgl. Müller: Kursachsen und der Böhmische Aufstand 1618 – 1622 (Anm. 352), S. 333 – 256, insbesondere 343 f.; Fuchs: Ein Medium zum Frieden (Anm. 693), S. 67– 71; zur Sorge Kurbrandenburgs vor katholischen Restitutionsforderungen nach 1629 vgl. Bodo Nischan: Brandenburg’s Reformed Räte and the Leipzig Manifesto of 1631, in: The Journal of Religious History 10 (1978/79), S. 365 – 380, hier 370 f.  Vgl. Mohnhaupt: Die verfassungsrechtliche Einordnung der Reichskreise in die Reichsorganisation (Anm. 56), S. 12.  Einen Beleg für die Publikation des Restitutionsedikts durch Kursachsen im Obersächsischen Reichskreis bietet SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 9804/

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gleich umgehend die Gelegenheit eines für Anfang Mai 1629 regulär anstehenden obersächsischen Münzprobationstags in Leipzig, um sich ein erstes Stimmungsbild der ausnahmslos protestantischen Stände des Reichskreises zu verschaffen und sogleich auf Wunsch einiger Kreisstände über eine gemeinsame Reaktion auf das Restitutionsedikt zu beraten.¹²⁸⁵ Bezeichnenderweise fanden die politisch brisanten Umfragen zur Restitutionsproblematik dann aber keinen Eingang in den später dem Kaiser und den angrenzenden Reichskreisen publik gemachten Probationstagsabschied. Dies erklärt, warum die historische Forschung bis heute von dem Leipziger Münzprobationstag entweder gar keine Notiz genommen hat oder zumindest seine reichspolitische Bedeutung völlig übersehen konnte.¹²⁸⁶ Im kursächsischen Protokoll aus Leipzig sind jedoch auch jene Vorgänge genauestens festgehalten, die nicht in den Abschied aufgenommen wurden. Demnach verlas das kursächsische Direktorium des Probationstags unmittelbar nach Erledigung der Münzangelegenheiten den Vertretern ein zweites Grußwort Kurfürst Johann Georgs, das sich ausschließlich dem Restitutionsedikt widmete, und in dem der Kurfürst zu dem Fazit kam, er könne es nicht für sich alleine verantworten, „hierinnen als Kreyßobristen etwas anzuordnen“. Dem Obersächsischen Reichskreis als Ganzes, repräsentiert durch die Gesandten am Münzprobationstag, traute der Kursachse aber mehr zu. Er ließ zur Diskussion stellen, ob man nicht unverzüglich auf Kreisebene Beratungen über das Edikt anstellen „vnd etwas gewißes [be]schließen, so ihrer Kayß. Mayst. könte ubergeben werden“ sollte.¹²⁸⁷

5. Münzsachen Anno 1629, Postskriptum der Instruktion Kurfürst Johann Georgs von Sachsen für seine Gesandten zum obersächsischen Münzprobationstag; Dresden, 29. April 1631, fol. 46r: „Sie würden wissenschafft haben, was für ein Keÿserliches Edict, die restitutionem deren nach dem Passawischen Vertrag vnnd auffgerichteten Religionfriden eingezogenen Stiffte vnnd Geistlichen gütere betreffend, wir den Ständen zugeschickt, hetten auch von teils nachrichtung, daß Sie solches empfangen“.  Der Probationstag wurde vom 1. (11.) bis 3. (13.) Mai 1629 in der Obergerichtsstube des Leipziger Rathauses abgehalten. Kurbrandenburg, Stolberg und Schwarzburg waren nicht anwesend, alle übrigen Kreisstände waren mit eigenen Gesandtschaften oder über Bevollmächtigte vertreten, vgl. ebd., Separate Teilnehmerliste des Münzprobationstags, fol. 190r–191r.  Dotzauer ist der Leipziger Münzprobationstag von 1629 gänzlich unbekannt, in der Edition Mosers fehlt er. Vgl. hierzu die Kreistagsauflistung bei Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 611; Nicklas ist die Versammlung zwar bekannt, nicht aber die reichspolitisch bedeutsamen Beratungsthemen: „Im Mai 1628 und im Mai 1629 fanden im vom Krieg ausgesparten Leipzig zwar noch Münzprobationen statt, doch waren sie schlecht besucht und faßten keine Beschlüsse von größerer Tragweite.“ Nicklas: Macht oder Recht (Anm. 35), S. 228.  Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 9804/5 (Anm. 1284), „Protocoll Bey deme zu Leipzig den 1. Maÿ An. 1629 angestalten Müntz Probation Tag gehaltenn“, fol. 192– 227, Zitate fol. 220r.

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Da Kurbrandenburg im Gegensatz zu fast allen anderen obersächsischen Kreisständen auf dem Probationstag nur mit seinem Münzpersonal, nicht aber eigenen Diplomaten vertreten war, kam ausnahmsweise Sachsen-Altenburg das erste Votum unter den Kreisständen zu.¹²⁸⁸ Und dieses nutzte die Gelegenheit sogleich zu einer in ihrer Offenheit durchaus erstaunlichen Kritik an der bisherigen Reichspolitik der beiden obersächsischen Kurfürstentümer, der sich in der folgenden Umfrage die Mehrheit der übrigen Kreisstände anschloss.¹²⁸⁹ Der Altenburger Gesandte votierte wie folgt: „Nun halte er dieses für ein solch wichtig werk, daß ihre Churf. Gn. sich nicht alein resolviren könten, in Betrachtung, daß die Protocolla der Reichstäge in gedachtem Edict angezogen, so ihnen unbekannt, Wüßte auch nit, waß auf dem Churfl. Collegialtag der Stiffter wegen vorgangen, noch sonsten im Churfl. Collegio hiehrvon gehandelt worden, Derowegen hielte er vor nötig, mit den löblichen Creysständen sich dißfals zu conjungiren, daß förderlichst hierzu ein tag solt angestellet, das werk deliberirt, und so dann uf eine gewise Antwort an die Kays. Mayt. gedacht würde.“¹²⁹⁰ Eine Klärung der konfessionspolitischen Spannungen im Reichsverband alleine durch Beratungen innerhalb des Kurkollegs und auf Kurfürstentagen mit kaiserlicher Teilnahme, auf die vor allem Kursachsen lange gesetzt hatte, war aus Sicht der nichtkurfürstlichen Kreisstände offensichtlich gescheitert und die bisherige Nichtbeteiligung der Reichsfürsten und kleineren Reichsstände ein Fehler, den es dringend zu korrigieren galt.¹²⁹¹ Für das weitere Vorgehen gegen das Restitutionsedikt erhofften sich die Kreisstände nun eine Versammlung sämtlicher Kreisstände inklusive der beiden  Als möglicher Hintergrund der Abwesenheit Kurbrandenburgs kommt ein Streit mit Kursachsen um den Tagungsort des Probationstags in Frage: Turnusgemäß hätte die Versammlung ursprünglich im brandenburgischen Frankfurt an der Oder stattfinden sollen, wurde aber von Kursachsen für Leipzig ausgeschrieben, vgl. ebd., fol. 162v.  Das Votum Sachsen-Altenburgs wurde von den meisten Kreisständen direkt übernommen oder in ähnlichen Worten wiedergegeben. Vgl. hierzu das Kreistagsprotokoll, ebd., „Protocoll Bey deme zu Leipzig den 1. Maÿ An. 1629 angestalten Müntz Probation Tag gehaltenn“, fol. 219r–226r.  Ebd., „Protocoll Bey deme zu Leipzig den 1. Maÿ An. 1629 angestalten Müntz Probation Tag gehaltenn“, fol. 220v.  Tatsächlich hatte das Restitutionsedikt am Rande des Kurfürstentags von Mühlhausen im Jahr 1627 seinen Anfang genommen. In den Sondersitzungen der katholischen Kurfürsten war ohne Einbindung der Protestanten bis zum 12.11.1627 ein Gutachten zur Frage der Restitution eingezogenen Kirchenguts erarbeitet worden, das als wichtigste Vorstufe in der Genese des Restitutionsedikts gilt und im Prager Frieden von 1635 sogar zur Bestimmung des „Normaljahrs“ für den Besitz geistlicher Güter diente, vgl. Fuchs: Ein Medium zum Frieden (Anm. 693), S. 72, 77; Frisch: Die Normaltagsregelung im Prager Frieden (Anm. 693). Vgl. auch Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 361; Ritter: Die Ursprünge des Restitutionsedikts (Anm. 693), hier S. 166 f.

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protestantischen Kurfürstentümer, um sich untereinander „conjungiren“ zu können. Um welche Art des Zusammenschlusses es sich dabei handeln und ob der Teilnehmerkreis eines solchen Konvents auf den Obersächsischen Kreis beschränkt bleiben sollte, ging aus den weiteren Wortmeldungen nicht eindeutig hervor. Doch zumindest in zwei Punkten war ein klarer Konsens der Kreisstände feststellbar: Erstens stünde die Ausschreibung einer künftigen Versammlung zur Beratung einer protestantischen Reaktion auf das Restitutionsedikt Kursachsen zu.¹²⁹² Zweitens galt es, einen offenen Bruch mit dem Kaiser trotz allem unbedingt zu vermeiden – oder, wie es der Gesandte Anhalts formulierte, „daß man die handt nit abzihen solte“. ¹²⁹³ Einige kleinere Kreisstände gingen sogar noch deutlich weiter und sprachen sich für eine neue Kreissteuerzahlung an den Kaiser aus, sofern man dafür wenigstens von einquartiertem Kriegsvolk befreit werden würde. Denn schließlich wisse man, so etwa das Votum der Herrschaft Schönburg, dass alle Kriegspressuren ohne Vorwissen des Reichsoberhaupts und alleine durch lokale Befehlshaber verursacht würden.¹²⁹⁴ Kursachsen aber sei für seine bisherige „Vätterlicher Vorsorge“ für den Kreis und seine Stände zu danken.¹²⁹⁵ Derart schmeichelnde Äußerungen von Seiten der kursächsischen Klientel konnten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Mehrheit der Kreisstände, insbesondere die reichsfürstlichen Stände Altenburg, Weimar, Pommern und Anhalt, für den künftigen Abwehrkampf gegen das Restitutionsedikt eine grundlegende politische Kurskorrektur von kurfürstlicher Seite einforderte und alle weiteren wichtigen Entscheidungen wenigstens auf Ebene des ganzen Reichskreises, vielleicht aber auch in einer noch größeren reichs- und kreisständischen Versammlung erörtert sehen wollte. Doch wie sich schon am Ende des Münzprobationstags zeigte, war Johann Georg dazu noch nicht bereit: Seine Gesandten in Leipzig konnten den Kreisständen vorerst keine Zusicherung über die Ausschreibung eines entsprechenden Konvents geben und mussten sich damit entschuldigen, dass sie mangels Instruktionen „nicht ein mehres thun könten noch dörften“. Für den Moment wurde den Kreisständen lediglich zugesichert, sie dürften ihre Klagen und Begehren

 Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 9804/5 (Anm. 1284), „Protocoll Bey deme zu Leipzig den 1. Maÿ An. 1629 angestalten Müntz Probation Tag gehaltenn“, fol. 223r.  Ebd., fol. 225r.  So etwa das Votum Schönburgs: „Im fall auch gleich der ein oder der ander Standt der Einquartierung benommen unnd uberhoben, So sollten doch die Contributiones einen weg alß den andern in die Reichs-Casse erleget unnd stricte eingebracht werden.“ fol. 223r – 223v.  Vgl. ebd., fol. 223r.

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auch weiterhin direkt beim Kurfürsten in Dresden anbringen oder könnten diesen um Anleitung einer „general legation“ an den Kaiser ersuchen.¹²⁹⁶ Stattdessen setzte der Sachse seine Hoffnungen in den kommenden Monaten noch einmal auf eine Klärung der Restitutionsproblematik im kleinen Kreis der Kurfürsten. Die weitere politisch-militärische Entwicklung im Reich schien die Erfolgsaussichten für ein entsprechendes Unterfangen auf Ebene des Kurkollegs durchaus zu erhöhen: Der kometenhafte Aufstieg Wallensteins zu einem der mächtigsten Männer im Reich und die fortgesetzte Missachtung der reichsständischen Libertät durch das kaiserliche Heer hatten im Verlauf des Dänisch-Niedersächsischen Kriegs unter den Ligafürsten kaum weniger Kritik hervorgerufen als unter den protestantischen Reichsständen, und Kurbayern beabsichtigte, einen Kurfürstentag zur Abrechnung mit dem Generalissimus zu nutzen.¹²⁹⁷ Aus Sicht Kursachsens und Kurbrandenburgs musste die offensichtliche Uneinigkeit im katholischen Lager die Hoffnung stärken, sich auf dieser kurfürstlichen Versammlung auch mit eigenen Forderungen Gehör zu verschaffen und eine Verhandlung der Restitutionsproblematik erreichen zu können.¹²⁹⁸ Doch derartige Hoffnungen erwiesen sich letztlich als Illusionen: Während sich die Abhaltung des Kurfürstentags bis in den Sommer 1630 verzögerte, begannen vom Kaiser für jeden Reichskreis ernannte Kommissionen mit der Ermittlung von katholischen Restitutionsansprüchen, die durch kaiserliches oder ligistisches Militär umgehend gewaltsam realisiert wurden.¹²⁹⁹ Wie einst im Fall der geächteten Reichsstadt Donauwörth wurden auch dieses Mal Exekutionsbefugnisse protestantischer Kreisobristen nicht weiter berücksichtigt. Als der Regensburger Kurfürstentag dann endlich eröffnet wurde, mussten die Gesandten Kursachsens und Kurbrandenburgs auch noch feststellen, dass die

 Vgl. ebd., fol. 226r. Auf dem Probationstag wurden auch verschiedene Bitten um Vermittlung gegenüber dem Kaiser an Kursachsen herangetragen, unter anderem von Sachsen-Weimar, vgl. ebd., fol. 221r.  Vgl. Kap. II.3.2, „Der Kurfürstentag von Regensburg 1630 und die ‚Chiffreʻ Wallenstein“ im ersten Hauptkapitel dieser Arbeit.  Vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 370, 377.  Zu Exekutionskommissaren für den Obersächsischen Reichskreis bestimmt wurden der Reichshofrat Johann Menzel, der kaiserliche Rat Johann Reinhard von Metternich sowie der Obrist Johann von Aldringen, vgl. Nischan: Brandenburg’s Reformed Räte and the Leipzig Manifesto of 1631 (Anm. 1282), S. 370 Anm. 22. In oberdeutschen Reichskreisen wurden die Exekutionskommissionen meist von kreisständischen geistlichen Fürsten angeführt. Im Schwäbischen Reichskreis war dies der Bischof von Konstanz, in Franken der Bischof von Bamberg, vgl. Heinrich Günter: Das Restitutionsedikt von 1629 und die katholische Restauration Altwirtembergs. Stuttgart 1901, S. 52; Weiss: Das exemte Bistum Bamberg (Anm. 679), S. 410; Brendle: Der Erzkanzler im Religionskrieg (Anm. 519), S. 201– 206.

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katholische Partei trotz ihrer Unstimmigkeit in der „Causa Wallenstein“ in konfessionspolitischen Fragen wiederum geeint auftrat. Da die beiden protestantischen Kurfürstentümer die Anerkennung des Edikts von Anfang an verweigerten und auf seine völlige Annullierung drängten, zeigten sich die katholischen Kurfürsten höchstens zur Erörterung von Detailfragen der Restitutionsthematik bereit, wodurch erst gar keine Verhandlungen über das Edikt zustande kommen konnten.¹³⁰⁰ Daran änderte selbst die während des Kurfürstentags erfolgte schwedische Invasion in Pommern nichts. Stattdessen sahen sich die beiden protestantischen Kurfürsten sogar mit neuen Kontributionsforderungen der katholischen Partei konfrontiert, mit denen die Abwehr Schwedens durch die ligistischen und kaiserlichen Armeen finanziert werden sollte.¹³⁰¹ Erst jetzt, als eindeutig zu erkennen war, dass vom Kurfürstentag keine Lösung der Restitutionsproblematik zu erwarten war, rang sich Kurfürst Johann Georg zu einer grundlegenden Änderung seiner politischen Strategie durch, und besann sich der seit 1629 von protestantisch-reichsfürstlicher Seite an ihn herangetragenen Forderung zur Einberufung eines größeren protestantischen Konvents. An eine radikale Abkehr von der bisher demonstrierten Gesprächs- und Ausgleichsbereitschaft mit dem Kaiser dachte der Kurfürst aber noch nicht, wie sein weiteres Vorgehen erkennen ließ.

3.2 Die Konventsankündigung und vertrauenserhaltende Maßnahmen Kurfürst Johann Georg gab seine Entscheidung auch vor allen anderen dem Kaiser selbst bekannt, dem er am 3. September 1630 eine entsprechende Erklärung übersandte. In ihr verurteilte der Sachse zuerst die schwedische Landung auf Reichsboden, die er „ganz ungern vernommen“ habe, gab aber zugleich der bisherigen kaiserlichen Militärpolitik und Kriegsführung eine Mitschuld an der Invasion, da erst der langjährige Krieg mit seinen ständigen Rechtsbrüchen die „Reichs Constitutionen und Creyß Ordnungen also zerrüttet“ und „die Teutsche libertet also gedruckt“ habe, dass sich ausländische Potentaten zu Interventionen im Reich ermächtigt und genötigt fühlten.¹³⁰² Auch sei sehr bedauerlich, dass sich

 Vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 377.  Vgl. hierzu die Anmerkungen bei Lundorp: Der Römischen Kayserlichen Majestät Und Deß Heiligen Römischen Reichs Geist- und Weltlicher Stände, Chur- und Fürsten, Grafen, Herren und Städte Acta Publica Und Schrifftliche Handlungen, Außschreiben, Sendbrieff, Bericht, Unterricht […] so in Friedens- und Kriegszeiten gegeneinander ergangen und gewechselt (Anm. 530), S. 80.  Seit nunmehr 12 Jahren seien die „so hoch beschwerte Fundamental-Gesätz/ Reichs Constitutionen und Creyß Ordnungen also zerrüttet/ und eine solche Confusio rerum eingeführt/ auch

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Kaiser Ferdinand II. bisher geweigert habe, sich auf „gütliche Mittel und Wege“ zur Aussetzung des Restitutionsedikts einzulassen. Kursachsen werde jedoch „unauffhörlich von denen beschwerten Ständen/ in diesen Sachen angefallen“, weshalb es der Kurfürst nun für unumgänglich halte, „nach Anleytung meiner Vorfahren Exempel/ mich mit denselben förderlichst an einen bequemen Orth zubefügen/ und in der Furcht und Namen Gottes/ über diesen schwären Punct/ Christliche und friedfertige Consultationen zu halten“.¹³⁰³ Er fordere damit nicht mehr ein, als den Katholiken schon seit Jahren vergönnt werde.¹³⁰⁴ Ein solcher protestantischer Partikularkonvent werde aber nichts beschließen, was dem Reich oder der kaiserlichen Autorität abträglich sei, und Kursachsen werde auch weiterhin in „auffrichtiger Trew gegen die Keyserl. Majest. und das H. Römische Reich“ verbleiben und nichts unternehmen, was gegen die Reichsverfassung verstoßen könnte.¹³⁰⁵ Dem Reichsoberhaupt wurde noch darüber hinaus versichert, von Kursachsen über alle weiteren diplomatischen Schritte stets umgehend und detailliert unterrichtet zu werden, damit niemand am Kaiserhof Ursache habe, „irgends andere Gedancken zu schöpfen“.¹³⁰⁶ Diese Versprechungen wurden offenkundig in der Absicht gegeben, den Ruf Johann Georgs als besonders kaiser-, reichs- und verfassungstreuer Kurfürst aufrechtzuerhalten und Misstrauen auf katholischer Seite entgegenzuwirken.¹³⁰⁷

dabey solche Excesse verübt/ die Teutsche libertet also gedruckt/ und die herrn Churfürsten/ als Hochedle Glieder Ew. Keys. Majestät eigenes Leibes/ dergestallt beschimpffet/ daß derogleichen in historien nit zu lesen/ und gewiß allen Exteris wegen ihres eygenen stats, zu grossem nachsinnen/ dem Heiligen Reich aber zu eusserster ruin, und übler Nachrede gereichen thut“, Kurfürst Johann Georg an Kaiser Ferdinand II., Zabeln, 3. September 1630, gedruckt bei ebd., S. 80 – 82, Zitat 80.  Zitat nach ebd., S. 82.  Der Kurfürst führte aus, dass der Konvent 1.) „nicht ungewöhnlich“ sei, und es seien 2.) reichsständische Versammlungen „von den herrn Catholischen Ständen öffters die Zeit hero gehalten“ worden, wobei auch derzeit seit dem 3. September ein Ligatag abgehalten würde; 3) sei es „billich und recht/daß den andern Ständen nicht übel gedeutet werde/ was Catholischen theils so vielfaltig vorgangen“, zumal 4.) „vermög der Reichs Constituionen, sie beyderseits in gleiche Freyheit/ Schutz und Schirm gesetzt/ und begriffen seyn.“, Zitate nach ebd., S. 82.  Vgl. ebd., S. 82.  Zitat nach ebd., S. 82.  Vgl. Ralf-Peter Fuchs: Über Ehre kommunizieren – Ehre erzeugen. Friedenspolitik und das Problem der Vertrauensbildung im Dreißigjährigen Krieg, in: Frieden übersetzen in der Vormoderne. Translationsleistungen in Diplomatie, Medien und Wissenschaft, hrsg.v. Heinz Duchhardt/ Martin Espenhorst (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abteilung für Universalgeschichte, Beiheft 92). Göttingen 2012, S. 61– 80, mit einem Verweis auf die kaiserlich-kursächsischen Verhandlungen von 1630/31 auf S. 61– 63; vgl. zur Thematik auch Burkhardt: Friedensschlüsse auf Sächsisch (Anm. 352), hier insbesondere S. 53 – 58.

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Und dies aus gutem Grund. Der Kaiser und die Liga reagierten ausgesprochen nervös auf die Konventsankündigung.¹³⁰⁸ Sie sahen sich einem Dilemma ausgesetzt: Wie Johann Georg bereits moniert hatte, trafen sich die Mitglieder der Liga in der Tat schon seit Jahren zu eigenen Ligatagen und nahmen damit selbst das Recht eigenständiger Konsultationen ohne kaiserliche Beteiligung in Anspruch. Wie konnten sie dann aber einem bisher stets kaisertreuen Reichsstand wie Kursachsen friedliche Gespräche mit Konfessionsverwandten im Vorhinein verwehren? Zwar stand in der kursächsischen Ankündigung kein Wort davon, dass der geplante Partikularkonvent zur Gründung eines neuen protestantischen Militärbündnisses dienen sollte, doch führten schon erste Gutachten kaiserlicher Räte aus, dass die protestantischen Fürsten angesichts der Restitutionsproblematik und der Fortexistenz der Liga „leichtlich dahin gedencken mochten, widerumb zue ainer neuen Union zu schreiten oder, da solches gleich auch nit praetextu religionis an die hand genomben wurd, sy sich doch zum wenigsten under dem simulierten schein irer aignen defensisons versicherung in ain gefahrlich- und weit aussehende Craisverfassung begeben dürfften“.¹³⁰⁹ Letztere Äußerung spielte vermutlich darauf an, dass Johann Georg zu diesem Zeitpunkt bereits ein kurbrandenburgisches Ersuchen um militärischen Beistand vorlag, in dem der Sachse als Kreisobrist des Obersächsischen Kreises um Hilfe ersucht wurde, falls sich die Kämpfe zwischen Kaiserlichen und Schweden zu einer Bedrohung Kurbrandenburgs ausweiten sollten. Johann Georg hatte den Kaiser allerdings umgehend von der Anfrage in Kenntnis gesetzt und auf weitere Schritte auf Kreisebene verzichtet.¹³¹⁰ Tatsächlich kamen Kaiser und Liga noch während des Regensburger Kurfürstentags darin überein, eine Bewaffnung der Protestanten im Reich keinesfalls

 Die unmittelbaren Reaktionen auf die Ankündigung Kursachsens unter den katholischen Teilnehmern des Regensburger Kurfürstentags sind beschrieben bei Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 439 f.; Brendle: Der Erzkanzler im Religionskrieg (Anm. 519), S. 172. Ein diesbezüglicher Briefwechsel Maximilians von Bayern mit Johann Georg ist dokumentiert in Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 677 f., Anm. 2.  Gutachten deputierter kaiserlicher Räte „die Konjunktion der Armada betreffend“, Regensburg, 2. Oktober 1630, ediert bei Hallwich: Briefe und Akten zur Geschichte Wallensteins 1630 – 1634 (Anm. 563), S. 136 – 139, Zitat 138.  „daß daher i. L. [= Kurbrandenburg] mich als kreisobersten, do dieselbe betrengt werden solte, inhalts der kreisverfassung ersucht.“ Kurbrandenburg werde seine Anfrage bei Kursachsen demnächst ebenfalls dem Kaiser mitteilen. Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 677 Anm. 2. (Kursachsen an den Kaiser, 12. August 1630).

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zu akzeptieren und notfalls mit Waffengewalt zu verhindern.¹³¹¹ Um die protestantischen Reichsstände aber nicht in die Hände der Schweden zu treiben, gedachten sie eine reine Versammlung der Protestanten unter kursächsischer Führung zumindest stillschweigend hinzunehmen und erklärten sich gegenüber Kursachsen und Kurbrandenburg sogar bereit, die konfessionspolitischen Anliegen der protestantischen Reichsstände auf einem durch Kurmainz anzusetzenden Kompositionstag in der Reichsstadt Frankfurt anhören zu wollen – allerdings ohne die Exekution des Restitutionsedikts bis dahin auszusetzen.¹³¹² Nur Kurfürst Johann Georg erhielt von Kaiser Ferdinand II. noch die ausdrückliche Versicherung, militärische Zwangsmaßnahmen gegen Kursachsen würden den Katholiken „nie in den Sinn kommen“.¹³¹³ Fortan stand somit die Abhaltung gleich zweier großer reichsständischer Versammlungen im Raum: Ein Kompositionstag in Frankfurt und ein protestantischer Partikularkonvent an einem noch näher zu bestimmenden Ort. Zumindest aus kursächsischer Sicht waren beide Konvente durchaus miteinander vereinbar, ja sogar komplementär. So betonte Kurfürst Johann Georg gegenüber dem Kaiser mehrfach ausdrücklich, Ziel eines protestantischen Partikularkonvents unter seinem Vorsitz könne niemals sein, das Reich zu spalten. Eine solche Versammlung protestantischer Stände müsse vielmehr dazu dienen, einen Beitrag zur friedlichen Beilegung der wesentlichen konfessionsbedingten Konflikte zu leisten und durch die Erarbeitung von kompromissfähigen Lösungsvorschlägen „gute Einigkeit und Verständniß zwischen den Gliedern deß Reichs“ zu befördern.¹³¹⁴

 Vom 4. September bis 12. November 1630 tagte auch ein Ligatag in Regensburg, vgl. ebd., S. 732– 750 (Nr. 171); Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 370 – 377. Eine entsprechende Entscheidung zum Vorgehen gegen eine möglichen neuen protestantischen Bund fiel am 27. September 1630, vgl. Brockmann: Dynastie, Kaiseramt und Konfession (Anm. 19), S. 417.  Vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 377; Moriz Ritter: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Gegenreformation und des Dreissigjährigen Krieges. Nachdruck der 1. Auflage Stuttgart und Berlin 1908, 3 Bde. Darmstadt 1962, Bd. 3, S. 462.  Kaiser Ferdinand II. an Kurfürst Johann Georg, Regensburg, undat. [September 1630], gedruckt bei Lundorp: Der Römischen Kayserlichen Majestät Und Deß Heiligen Römischen Reichs Geist- und Weltlicher Stände, Chur- und Fürsten, Grafen, Herren und Städte Acta Publica Und Schrifftliche Handlungen, Außschreiben, Sendbrieff, Bericht, Unterricht […] so in Friedens- und Kriegszeiten gegeneinander ergangen und gewechselt (Anm. 530), S. 82 f, Zitat 82.  Zitat nach ebd., S. 81. Kurfürst Johann Georg ließ bis Beginn des Leipziger Konvents zahlreiche entsprechende Gutachten zu Kompromissmöglichkeiten und Grenzen der Kompromissfähigkeit mit den Katholiken ausarbeiten. Beteiligt waren die Universitäten Leipzig, Wittenberg und Jena, die kursächsischen Landstände, das Oberkonsistorium und der kursächsische Geheime Rat, vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08095/1, Proposition Johann Georgs vor den „Erforderten“ der kursächsischen Landstände, Dresden, 26. Oktober 1630 (Konzept), fol. 396r –403r; SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes

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So vermittelte das eigentliche kursächsische Ausschreiben des protestantischen Konvents, das ab Ende Dezember 1630 im Reich zirkulierte und einen Partikularkonvent für alle protestantischen Reichsstände nach Leipzig verkündete, ganz den Eindruck, als sei die anstehende Versammlung einzig und allein zur Vorbereitung des anschließenden Frankfurter Kompositionstags gedacht.¹³¹⁵ Zudem blieben alle von der Dresdner Kanzlei zur Vorbereitung des Leipziger Konvents in den nächsten Monaten ins Reich verschickte Schreiben nach wie vor in einem äußerst moderaten, bisweilen geradezu reichspatriotischen Unterton gehalten und wurden als Zeichen der Transparenz auch stets in Kopie nach Wien an den Kaiserhof versandt.¹³¹⁶ Als problematisch erwies sich jedoch, dass der Mainzer Kurfürst Anselm Casimir kurz nach Ende des Regensburger Kurfürstentags die Eröffnung der Kompositionsverhandlungen in Frankfurt schon für den 24. Januar/3. Februar ansetzen ließ, wodurch es zu einer zeitlichen Überschneidung mit dem Leipziger Konvent gekommen wäre.¹³¹⁷ Diese Gefahr vor Augen beabsichtigte Johann Georg, die protestantischen Reichskreisorganisationen von Franken und Schwaben in seine Vorbereitungen einzubeziehen, denn schließlich sollte der Kompositionstag

Archiv), Loc. 08095/2. „Siebende Buch Restitution der Geistlichen Güter belangende Anno 1631“, „Proposition, so den erforderten von den Universiteten geschehen soll“, Dresden, 19. Januar 1631, fol. 2r – 7r; „An Canzler vnd Räthe zu Dresden“, Dresden, 19. Januar 1631, fol. 11r-16r; „An das Oberkonsistorium“, Dresden, 19. Januar 1631, fol. 17r–21v.  Es sprach lediglich davon, „daß aus vielen hochwichtigen venünfftigen Motiven unnd Ursachen eine hohe Nothwenigkeit seyn wolte/daß ehe und zuvor die Tractaten zu Franckfurt an die Hand genommen/ die Evangelische und Protestirende zusammen gelangen/ und zu Beförderung solcher bevorstehenden gütlichen Tractaten/ in Friedliebenden Vertrauen sich mit einander unterreden möchten“. Kursächsisches Ausschreiben des Konvents, Dresden, 19. Dezember 1630, Lundorp: Der Römischen Kayserlichen Majestät Und Deß Heiligen Römischen Reichs Geist- und Weltlicher Stände, Chur- und Fürsten, Grafen, Herren und Städte Acta Publica Und Schrifftliche Handlungen, Außschreiben, Sendbrieff, Bericht, Unterricht […] so in Friedens- und Kriegszeiten gegeneinander ergangen und gewechselt (Anm. 530), S. 130 f., Zitat 131. Das Ausschreiben wurde dem Kaiser in einem Notifikationsschreiben vom 3. Januar 1631 abschriftlich übermittelt, vgl. ebd., S. 130.  Lundorp gibt die wichtigsten derartigen Notifikationsschreiben Kursachsens an den Kaiser vom September 1630 bis zum Ende des Leipziger Konvents gedruckt wieder, vgl. ebd., S. 80 – 82, 130 – 146. Die häufigen reichspatriotischen Bekenntnisse in der Korrespondenz Kurfürst Johann Georgs sind bereits von Adam Wandruszka beschrieben und analysiert worden. Vgl. Adam Wandruszka: Reichspatriotismus und Reichspolitik zur Zeit des Prager Friedens von 1635. Eine Studie zur Geschichte des deutschen Nationalbewußtseins (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 17). Graz 1955, insbesondere S. 37– 56; vgl. grundsätzlich auch Gotthard: „Politice seint wir bapstisch“. (Anm. 203), vor allem S. 279 f.; Burkhardt: Friedensschlüsse auf Sächsisch (Anm. 352), hier insbesondere S. 53 – 58.  Vgl. Brendle: Der Erzkanzler im Religionskrieg (Anm. 519), S. 226.

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gemäß der kurmainzischen Einladungen in erster Linie von den Kurfürsten und den Kreisausschreibenden Fürsten der Reichskreise besucht werden.¹³¹⁸ Die schwäbischen und fränkischen Protestanten sollten mit Vermittlung HessenDarmstadts Kontakt zum Mainzer Reichserzkanzler aufnehmen und sein Einverständnis für eine Verschiebung des Kompositionstags gewinnen.¹³¹⁹ Die erhoffte Mithilfe und Rückendeckung aus dem Süden des Reiches ließ auch nicht lange auf sich warten. Noch ehe ein entsprechendes Ersuchen Johann Georgs bei den protestantischen Kreisausschreibern in Kulmbach und Stuttgart einging, waren beide bereits aus eigenem Antrieb initiativ geworden.¹³²⁰ Schon nach den ersten Gerüchten über die kursächsischen Konventspläne hatten sich die Vorsteher der drei protestantisch dominierten Bänke des Fränkischen Reichskreises auf Kulmbacher Betreiben auf die Aufstellung einer gemeinsamen Kreisdelegation geeinigt, die nach Mainz entsandt werden sollte, um dort um Akzeptanz eines Protestantenkonvents zu werben und mögliche Vorbehalte zu zerstreuen. Zugleich sollten dem Reichserzkanzler ein Protest gegen das Restitutionsedikt und mehrere Beschwerdeschriften einzelner Kreisstände übergeben werden und Erkundigungen über den Stand der auf dem Regensburger Kurfürstentag beschlossenen reichsweiten Kreistage zur Ablösung der bisherigen Kontributionen eingeholt werden.¹³²¹ Die protestantischen Kreisstände des Schwäbischen Reichskreises konnten ebenfalls in kürzester Zeit eine kleine Gesandtschaft organisieren, die sich auf der Anreise nach Mainz in Frankfurt am Main mit der fränkischen Delegation verband. Die schwäbischen und fränkischen Reichskreisdiplomaten wurden dann  Vgl. ebd., S. 226. Das Einladungsschreiben zum Kompositionstag für den Bamberger Bischof findet sich bei Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 519), S. 757– 761 (Nr. 177).  Vgl. StABa: Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Hausarchiv Plassenburg Nr. 5475, Kurfürst Johann Georg von Sachsen an Markgraf Christian von Kulmbach, Dresden, 31. Dezember 1630, (unfol.). Hessen-Darmstadt hielt sich später selbst vom Leipziger Konvent fern, plädierte aber dafür, eine protestantische Partikularversammlung einzig und allein zur Vorbereitung des Kompositionstags zu nutzen, vgl. Karl-Heinz Frohnweiler: Die Friedenspolitik Landgraf Georgs II. von Hessen-Darmstadt in den Jahren 1630 – 1635, in: Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde N. F. 29 (1964), S. 1– 185, hier 18.  Vgl. StABa: Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Hausarchiv Plassenburg Nr. 5475 (Anm. 1319), Kurfürst Johann Georg von Sachsen an Markgraf Christian von Kulmbach, Dresden, 31. Dezember 1630 (9. Januar 1631), unfol.  Vgl. hierzu die Ausführungen im Instruktionsscheiben für die protestantische evangelische Kreisgesandtschaft, ebd., o.O., 1. Januar 1631, unfol. Die Instruktion rechnet noch mit drei Vertretern des Fränkischen Reichskreises (Kulmbach für die Fürsten, Hohenlohe für die Grafen und Herren, Nürnberg für die Reichsstädte); Ein Vertreter Hohenlohes fand sich dann aber nicht am vereinbarten Treffpunkt ein.

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vom 15. bis 18. Januar in der Mainzer Residenz von Kurfürst Anselm Casimir zu mehreren Audienzen persönlich empfangen.¹³²² In ihrem Vortrag vor dem Kurmainzer verknüpften die Kreisgesandtschaften den Erfolg des Leipziger Konvents mit dem des Frankfurter Kompositionstags auf das Engste¹³²³: Wenn sich die Protestanten nicht auf einem gesonderten Konvent vor dem Kompositionstag absprechen könnten, so ihre Argumentation, sei zu befürchten, dass kaum ein protestantischer Fürst die Ausgleichsgespräche in Frankfurt beschicken würde, geschweige denn allgemeinverbindliche Vereinbarungen unterschreiben könnte. Dies würde von den Katholiken dann aber sicher als „vorsezliche Verzögerung gedeutet vnd aufgenommen werden“ und gefährde letztlich den Frieden im Reich. Bestünde für die Protestanten jedoch die Möglichkeit, sich zuvor mit ihren beiden Kurfürsten auf einer Partikularkonferenz abzusprechen, würden sie auch im Anschluss vollzählig und mit umfassenden Entscheidungsbefugnissen zum Kompositionstag erscheinen.¹³²⁴ Um bis dahin auch ein vertrauensvolleres Gesprächsklima zwischen den Konfessionsparteien zu schaffen, müssten das Restitutionsedikt und die daraus resultierenden Konfiszierungen und fiskalischen Prozesse vor den Reichsgerichten vorerst ausgesetzt werden. Neuere Kontributionsforderungen der kaiserlichen Armee müssten auch wieder gemäß der Reichssatzungen ausgehandelt werden, denn schließlich hätte deshalb der jüngste Kurfürstentag auch die Einberufung reichsweiter Kreistage beschlossen. Daher müsse auch Kurmainz an einer Änderung des bisherigen Kontributionssystems gelegen sein. Als weitere Gründe für ein Engagement des Mainzers zugunsten der protestantischen Forderungen führte die Kreisgesandtschaft noch die kurfürstlichen Amtspflichten auf, die eine besondere Verpflichtung für die Friedenswahrung und das Wohlergehen des Reiches mit sich brächten. Ebenso böte sich nun Anselm Casimir die einmalige Gelegenheit, als großer Friedensfürst ruhmreich in die Geschichte einzugehen, denn

 Aus Zeitgründen wurde die inhaltliche Koordination der Vorträge der schwäbischen und fränkischen protestantischen Kreisgesandtschaften vor dem Reichserzkanzler erst auf einer Zwischenstation der Reise in Frankfurt am Main vorgenommen. Markgraf Christian von Kulmbach schickte dazu eigens der fränkischen Gesandtschaft weitere Anweisungen nach Frankfurt hinterher. Von Hessen-Darmstadt traf ein Promotorialscheiben für die Reichskreisgesandtschaften ein, vgl. ebd., Markgraf Christian an die protestantische fränkische Kreisgesandtschaft, Beiersdorf, 7. (17.) Januar 1631, unfol.  Zu den folgenden Ausführungen vgl. das Instruktionsschreiben für die fränkische Kreisgesandtschaft vom 1. Januar 1631 und den mit „Kurze Relation“ betitelten Abschlussbericht der Kreisgesandtschaft , ebd., 17 Blatt, o.O., „im Januario 1631“, unfol.  Laut Instruktionsschreiben für die fränkische Reichskreisgesandtschaft sollten zwischen Einberufung des Leipziger Konvents und Eröffnung der Kompositionsverhandlungen wenigstens 6 Wochen, besser aber 2 Monate liegen.

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„Ihre Churfrt. Drl. würden sich einen unsterblichen Nahmen machen, wann dieselbe allein die Stände wiederumb zur harmonie gebracht und dem Vnwesen gesteüert hetten.“ ¹³²⁵ Die Antwort des Kurfürsten ließ Verständnis für einige der protestantischen Beschwerdepunkte erkennen, allen voran für die Problematik der Zwangskontributionen für die kaiserliche Armee. Er sicherte sogar zu, in Rücksprache mit den anderen katholischen Kurfürsten einen Brief an den Kaiser aufzusetzen, um diesem die Klagen der Protestanten zu schildern und darüber hinaus um einen zurückhaltenden Umgang mit der Exekution des Restitutionsedikts zu bitten. Die Bitte nach Verschiebung des Kompositionstags zugunsten eines protestantischen Partikularkonvents bezeichnete Johann Casimir als „hoch wichtig vnd relevant“, wollte jedoch den Kreisgesandtschaften während der offiziellen Audienz aus Rücksicht auf seine katholischen Kurfürstenkollegen keine definitiven Zusagen geben. Am nächsten Tag ließ er jedoch den protestantischen Gesandten über seinen Kanzler Gereon auf informellem Weg versichern, dass ein Kompositionstag nicht an Terminschwierigkeiten scheitern würde. Vielmehr käme es auf den guten Willen beider Seiten an.¹³²⁶ Kurmainz sei jedenfalls auch künftig an der Aufrechterhaltung der bisherigen guten Beziehungen des Erzstifts zu den protestantischen Ständen des Fränkischen und Schwäbischen Reichskreises interessiert. Falls diese sich der kaiserlichen Soldateska bis zum Kompositionstag entledigen wollten, so der abschließende Rat des Kurfürsten, könnten es die Stände mit einer Kreissteuerbewilligung an den Kaiser versuchen.¹³²⁷ Obwohl der Mainzer sich letztlich auf keine definitiven Zusagen eingelassen hatte, dürfte die diplomatische Mission der beiden evangelischen Reichskreisgesandtschaften von ihren Auftraggebern in Stuttgart, Nürnberg und Kulmbach und sicher auch in Dresden als Erfolg notiert worden sein. Die Äußerungen

 Zitat nach ebd., „Kurze Relation“, o.O., „im Januario 1631“, unfol. Zu dem hier angesprochenen Identitätskonzept des „Fürsten als Friedenspolitiker“ im Dreißigjährigen Krieg vgl. zuletzt Fuchs: Über Ehre kommunizieren – Ehre erzeugen. Friedenspolitik und das Problem der Vertrauensbildung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 1307).  Zitat nach StABa: Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Hausarchiv Plassenburg Nr. 5475 (Anm. 1319), „Kurze Relation“, o.O., „im Januario 1631“, unfol. Der kurmainzische Kanzler Gereon verriet den fränkischen Gesandten vor ihrer Abreise, dass sich die geistlichen Kurfürsten noch jüngst im Geheimen untereinander geschworen hätten, sich bei allen sie gemeinsam betreffenden Fragen stets abzusprechen, weshalb sein Herr zu wichtigen Themen alleine keine verbindlichen Entscheidungen verkünden dürfe. Sorgen sollten sich die Gesandten deshalb aber nicht machen, am Reichserzkanzler würden ihre Bitten wohl kaum scheitern.  Anselm Casimir sprach an dieser Stelle ausdrücklich von den guten politischen und geschäftlichen Beziehungen zwischen Mainz und der Reichsstadt Nürnberg, die er auch in Zukunft zu fördern gedenke.

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Kurfürst Anselm Casimirs hatten durchaus den Eindruck einer auf katholischer Seite vorhandenen Ausgleichsbereitschaft vermittelt und klar erkennen lassen, dass sich das Kompositionstagsprojekt und ein protestantischer Partikularkonvent nicht gegenseitig ausschlossen.

3.3 Der Leipziger Konvent und die Begründung des „Leipziger Bundes“ Erst jetzt stand dem Leipziger Konvent nichts mehr im Wege und selbst zahlreiche mit ihren Territorien an mächtige katholische Nachbarn grenzende süddeutsche protestantische Fürsten und Stände wagten es, sich in Person auf den Weg in die kursächsische Messestadt zu machen.¹³²⁸ Markgraf Christian von Kulmbach, der einer Abordnung der fränkischen protestantischen Kreisstände in Leipzig persönlich vorzustehen gedachte, trug noch vor seiner Abreise dem Kurfürsten von Bayern und dem Bischof von Bamberg in äußerst symbolträchtiger Manier den Schutz der markgräflichen Familie in Kulmbach während seiner Abwesenheit an, was ihm beide katholischen Fürsten auch gewährten. Der Bayernherzog ließ dem Franken bei dieser Gelegenheit sogar noch „eine glückhseelige Raiß vnd fröhliche widerkunfft: auch zu den vorstehenden deliberationibus gnadt vnd seegen“ ausrichten.¹³²⁹ Die schwäbischen Protestanten waren in Leipzig ebenfalls von Anfang an mit einer eigenen Kreisgesandtschaft vertreten, während aus anderen Reichskreisen die Fürsten und Stände einzeln Gesandtschaften schickten.¹³³⁰ Zwei Kurfürsten, zehn Reichsfürsten und vier Reichsgrafen führten ihre Verhandlungsdelegationen sogar persönlich an und zogen mit großem Gefolge in Leipzig ein, das somit zum Schauplatz einer der größten reichsständischen Versammlungen seit dem letzten Reichstag von 1613 wurde.¹³³¹ Allein der Gastgeber,

 Als einer der Ersten trat Markgraf Christian von Kulmbach seine Reise nach Leipzig bereits zum Jahreswechsel 1630/1631 an.  Vgl. ebd., Bischof Johann Georg von Bamberg an Markgraf Christian von Kulmbach, Bamberg, 18. März 1631, unfol.; ebd., Kurfürst Maximilian an Markgraf Christian von Kulmbach, München, 25. Februar 1631, unfol., hier auch das Zitat.  Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 04440/11 (Anm. 948), „Verzeichnüß der Churfürsten, Fürsten, Graffen, Herrn vnd Städte, welche auf den ausgeschriebenen Convent der evangelischen Stände in Leipzigk Ao 1631 einkommen“, fol. 49r – 54v.  Die Fürsten, Stände und Gesandte dürften insgesamt rund 1.100 Bedienstete und 1.000 Pferde nach Leipzig mitgeführt haben. Die Zusammensetzung der Delegationen und die Quartiersvergabe in der Stadt sind zu entnehmen bei ebd., „Verzeichnüß der Churfürsten, Fürsten, Graffen, Herrn vnd Städte, welche auf den ausgeschriebenen Convent der evangelischen Stände in Leipzigk Ao 1631 einkommen“, fol. 49r–54v.

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Kurfürst Johann Georg, brachte nicht weniger als 188 Diener mit 152 Pferden aus seiner Residenzstadt Dresden mit.¹³³² Um die Bedeutung des Konvents von Beginn an noch weiter zu unterstreichen und ihm einen würdevollen und bisweilen sakralen Charakter zu geben, wurden der Leipziger Bevölkerung und den Studenten der Universität vorsorglich mittels Policeyordnungen das Feiern der anstehenden Faschingstage verboten¹³³³ und der Konvent mit einem feierlichen Gottesdienst in der Thomaskirche und einer langen Eröffnungspredigt begonnen.¹³³⁴ Erst danach wurde die Proposition durch einen kursächsischen Rat in der Großen Hofgerichtsstube des Leipziger Rathauses verlesen und den versammelten Gesandtschaften die für die kommenden Beratungen gültigen Verfahrensabläufe erläutert, auf die sich Kursachsen und Kurbrandenburg in separaten Verhandlungen kurz zuvor verglichen hatten.¹³³⁵ Das Beschlussfassungsverfahren des Konvents ließ deutliche Anleihen an einen Reichstag erkennen: Abstimmungen im Plenum wurden nur zu Beginn der Versammlung vorgenommen, danach wurden die einzelnen Unterpunkte der Proposition wie auf einer Reichsversammlung nach Bänken beziehungsweise Kurien getrennt erörtert.¹³³⁶ Allerdings wurde nicht nach drei, sondern vier Bänken abgestimmt, da neben den Kurfürsten, Fürsten und Städten auch den Grafen

 Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08095/3, fol. 150r– 151r.  Ausdrücklich verboten wurden „vermummen/umblauffen/vnd andere Üppigkeit“, vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08095/4. 9. Buch, Restitution der geistlichen Güter; zweites Buch, evangelischer Konvent zu Leipzig, Policeydekrete Kurfürst Johann Georgs und des Rektors der Universität Leipzig, Leipzig, 17. (27.) Februar 1631, fol. 111. Zu Maßnahmen im Rahmen der „guten Policey“ während frühneuzeitlicher Kongresse vgl. auch Lothar Schilling: Zur rechtlichen Situation frühneuzeitlicher Kongreßstädte, in: Städte und Friedenskongresse, hrsg. v. Heinz Duchhardt (Städteforschung. Reihe A, Darstellungen, 49). Köln 1999, S. 83 – 107, hier insbesondere 95 – 97; ferner ders.: Europäische Kongressorte der Frühen Neuzeit im Vergleich: Der Friede von Baden, in: Kongressorte der frühen Neuzeit im europäischen Vergleich – der Friede von Baden (1714), hrsg. v. Christian Windler. Köln, Weimar, Wien 2016, S. 17– 37, hier 34 f.  Der Eröffnungsgottesdienst wurde auf kurbrandenburgische Initiative abgehalten. Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08097/01. Protokoll des Leipziger Konvents 1631, fol. 4r, 10r.  Vgl. ebd., fol. 10r. Zur Klärung der Zeremonial- und Geschäftsordnungsfragen durch kursächsische Räte in einer „Privat Conferentz mit den Churbrandenburgischen“ am 8. Februar 1631 vgl. ebd., „Protocollum so vff dem Evangelischen Convent zu Leipzigk gehalten. Anno 1631.“, fol. 1r – 206v, hier fol. 2r – 4r.  Vgl. ebd., „Ordo Votorum Colligendorum“, fol. 13r–14r.

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und Herren eine eigene Kurie zuerkannt wurde.¹³³⁷ Für die Abgleichung der Voten der einzelnen Bänke war es den kurfürstlichen Vertretern noch wichtig, zu betonen, „daß die maiora beÿ diesem convent nicht in obacht genommen noch die herren Churfürsten im wenigsten zu etwas verbinden sollen“.¹³³⁸ Auch diese Regelung entsprach den Arbeitsabläufen eines Reichstags mit dem besonderen Gewicht des Kurfürstenrats.¹³³⁹ Unter den beiden persönlich in Leipzig anwesenden Kurfürsten herrschte jedoch wiederum eine klar erkennbare Rangordnung, die Johann Georg von Sachsen als unumstrittene Führungsfigur deutlich hervortreten ließ, und das nicht nur, weil aus seiner Kanzlei bereits die Ausschreiben des Konvents ausgegangen waren und mit Leipzig eine kursächsische Metropole zum Tagungsort bestimmt worden war. Der Kursachse konnte die ihm bisher nur im Rahmen obersächsischer Kreistage zustehenden Direktorialrechte auf dem Leipziger Konvent voll zur Geltung bringen, und hatte somit auch die Inhalte der Proposition weitgehend selbstständig bestimmen können. Und die bisherige Haltung Kursachsens zu Kaiser und Reich war der am 20. Februar 1631 verlesenen Proposition noch immer deutlich abzulesen, auch wenn die in ihr enthaltenen fünf Hauptpunkte noch eher unspezifisch gefasst waren¹³⁴⁰:

 Vgl. hierzu die Protokolle des Konvents, beispielsweise ebd., fol. 79r – 130r; SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08097/02, „Protocollum wie solches beÿ dem Leipzig. Convent anno 1631 von Herrn Dr. Gabriel Tüntzeln gehalten worden“, fol. 43r–129r.  SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08097/01 (Anm. 1334), fol. 11r. Des Weiteren wurden die einzelnen Kurien daran erinnert, „daß viel daran gelegen, alles das ienige, so in consilio vorgehen würde, in geheim vnd verschwiegen zu halten“, ebd., fol. 11r.  Vgl. zu den kurialen Beratungsformen des Reichstags grundsätzlich Rauch (Hrsg.): Traktat über den Reichstag im 16. Jahrhundert (Anm. 236); konzise in seinen Arbeitsformen beschrieben bei Burkhardt: Das Reformationsjahrhundert (Anm. 171), S. 189 – 191.  Ein Konzept und eine Reinschrift der Proposition finden sich unter SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08095/4 (Anm. 1333), „Propositio, so den beschriebenen herrn Ständen geschehen“, Leipzig, 10. (20.) Februar 1631, fol. 90r – 93r (Konzept), im Folgenden zitierte Reinschrift auf fol. 95r–97v. Im Volltext lautet der entsprechende Abschnitt der Proposition: „damit nicht allein alle vnd jede consilia zu seines allerheiligsten Namens Ehr, fortpflanz= vnd erhaltung seines alleinseligmachenden Wortts, zu trost der betrübten vnd bedrängten Kirchen, Conservation der Röm: Keÿ: Mai. gehörenden autoritet vnd respects, stabilirung deren mit so großem fleiß, mühe vnd vorsichtigkeit heilsamb verfaßten Reichsgeseze, Constitutionen vnd Ordnungen, erquickung vieler Tausent vnd aber Tausent trähnenden, winselnden vnd in euserster Noth, Jammer vnd Elend begriffenen Menschen, sowohl zu erretung der so teuer vnd mit vergießung so vieles tapffern Bluts heroisch erworbenen, vnd iederzeit mit großer magnanimitet vnd Grosmüthigkeit erhaltenen Teuzschen Libertet, inngleichen zu wiederauffrichtung des zwischen den Catholischen vnd Evangelischen Ständen allzusehr zerfallenen Vertrauens vnnd dann reducirung des höchstnötigen, Gott vnd Menschen wolgefelligen, fast genzlich verlorenen lieblichen, seligen, sichern

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„trost der betrübten vnd bedrängten Kirchen“ „Conservation der Röm: Keÿ: Mai. gehörenden autoritet vnd respects, stabilirung deren mit so großem fleiß, mühe vnd vorsichtigkeit heilsamb verfaßten Reichsgeseze, Constitutionen vnd Ordnungen“ „erquickung vieler Tausent vnd aber Tausent […] in euserster Noth, Jammer vnd Elend begriffenen Menschen“ „erretung der so teuer vnd mit vergießung so vieles tapffern Bluts heroisch erworbenen […] Teuzschen Libertet“ „wiederauffrichtung des zwischen den Catholischen vnd Evangelischen Ständen allzusehr zerfallenen Vertrauens“

Ihren Abschluss fand die Proposition mit einer öffentlichen Beteuerung der Reichs- und Kaisertreue Johann Georgs von Sachsen „aus christlichem auffrechtem Teuzschen Gemüth“. ¹³⁴¹ Der Kurfürst, so die abschließende Formulierung der Proposition, würde darauf Acht geben, dass die genannten Hauptpunkte nur reichsrechtlich tragfähigen Lösungen zugeführt würden, „damit es allenthalben kegen GOTT, der Röm: Keÿ: Mait. vnnd werther Posteritet sicherlich zu verantwortten“ sei.¹³⁴² Freilich war aus dieser Erklärung kaum zu entnehmen, wie detailliert die einzelnen Unterpunkte tatsächlich erörtert werden sollten und welche weiterführenden Ziele Kursachsen mit dem Konvent überhaupt verband. Ebenso völlig unklar, aber für den Fortgang der Versammlung entscheidend waren die Absichten Kurbrandenburgs, das sich bereits in den ersten Tagen der Leipziger Beratungen anschickte, einen gewissen Gegenpol zum kursächsischen Konventsdirektorium zu bilden. Wie sich bald zeigte, verfolgte Kurfürst Georg Wilhelm auf Anraten seiner mit ihm nach Leipzig gekommenen Räte sehr viel ambitioniertere wie auch politisch folgenreichere Pläne als Kursachsen.¹³⁴³ Das kursächsische Direktorium beabsichtigte zu Anfang des Konvents nur, die verschiedenen Gravamina aller vertretenen Stände zu sammeln und zur Grundlage einer Beschwerdeschrift an den Kaiser zu machen, um dann im nächsten Schritt die Beratungen so lange zu unterbrechen, bis sich Kaiser Fer-

vnd bestendigen Friedens, dirigiret, sondern auch diesen löblichen scopum glücklich vnnd rühmlich erreichen mögen.“, ebd., fol. 95v–96r.  HStADr., 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08095/4, fol. 96r.  HStADr., 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08095/4, fol. 97r.  Vgl. zu diesem Aspekt die Ausführungen von Nischan, der allerdings trotz anderslautendem Aufsatztitel kaum auf das eigentliche Verhandlungsgeschehen in Leipzig eingeht: Nischan: Brandenburg’s Reformed Räte and the Leipzig Manifesto of 1631 (Anm. 1282).

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dinand II. zu den vorgebrachten Beschwerden resolviert hätte.¹³⁴⁴ Im Idealfall würde auf diese Art eine aufwendige und langwierige, aber direkte Korrespondenz zwischen dem Reichsoberhaupt und dem gesamten Konvent entstehen, in deren Verlauf wieder Vertrauen zueinander aufgebaut und womöglich das Fundament für eine spätere Kompromisslösung auf dem geplanten Kompositionstag gelegt werden könnte. Des Weiteren sollte der Leipziger Konvent nach kursächsischen Vorstellungen nur noch dazu dienen, mit Hilfe eines mit Juristen und Theologen besetzten Ausschusses Gutachten zur Vorbereitung des anstehenden Kompositionstags mit den Katholiken zu erarbeiten.¹³⁴⁵ Doch Kurbrandenburg sorgte bereits in der sechsten Session dafür, dass der Konvent eine erheblich andere Entwicklung nahm, als es Kursachsen beabsichtigt hatte. Dazu nutzten die Kurbrandenburger ihr Votum während der Diskussion über den dem Kaiser zu übersendenden Gravaminakatalog. Anstatt wie vom kursächsischen Direktorium gefordert, konkrete Einzelbeschwerden vorzubringen, setzten sie zu einer Generalabrechnung mit der katholischen Partei an¹³⁴⁶: In einem längeren Vortrag wiesen sie Kaiser Ferdinand II. die Hauptverantwortung für sämtliches Kriegsunglück der letzten Jahre zu, denn dieser habe selbst dann noch neue Söldner anwerben lassen, als die katholische Partei den Krieg um Böhmen schon längst gewonnen hatte, um dann bis zur Ostsee vorrücken zu können. Damit aber sei das ganze Reich in den Krieg geführt worden, denn „wann nun solches die benachbarte Potentaten nicht leiden wollen, vnnd die Waffen wiederumb ergriffen, so hette jederman dieselbige sofort fur Reichsfeind achten, vnd halten sollen.“¹³⁴⁷ Die Pflicht, die Feinde des Kaisers umgehend mit Reichsfeinden gleichzusetzen und dem Kaiser alle Ressourcen des Reichs zur Kriegsführung zur Verfügung zu stellen, stehe jedoch nicht im Einklang mit der Reichs- und Kreisverfassung. Dieses Vorgehen zwinge letztlich nicht nur einzelne Reichsstände, sondern sogar ganze Reichskreise den Willen Habsburgs auf und beraube sie ihres Rechts auf Selbstverteidigung: „Wann auch ein Craiß, den Reichs Verfaßungen gemes, sich in eine defension stellen, vnd seine Lande vndt leute, nicht allerdinges preiß machen, vnd andern zum raube nicht eröfnen vnnd geben wollen, So seÿe demselbigen alsobald, tamquam turbatori pacis et hosti Imperÿ, ufs heftigste zugesezet, vnnd aufs allerfeindlichste gehandelt, vnnd die avocatoria beÿ straffe, darauf gerichtet worden, woruber die Kön: Mt: in Dennenmarck, vnd der ganze

 Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08097/01 (Anm. 1334), fol. 178r; 187v.  Vgl. ebd., V. Session, 21. Februar (3. März), fol. 131r–138r.  Vgl. ebd., VI. Session, 22. Februar (4. März), fol. 139r–144, schriftliche Voten der Bänke fol. 144r–176r.  Ebd., fol. 146v.

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Niedersächsische Craiß, sehr große claag zum ofters geführet.“ ¹³⁴⁸ Noch schlimmer daran sei, dass der Kaiser dabei offensichtlich parteiisch vorgehe: „Dies alles hette vornemlich die Evangelische Stände, nicht aber die Catholische, mitbetroffen, also, daß die Vngleichheit, die beÿ diesem wercke vorgangen, aller weltt so claar vor augen, daß es doch die blinde, wo nicht sehen, doch zum wenigsten hetten fühlen müssen.“¹³⁴⁹ Die Katholiken hätten dagegen mit ihrer Liga stets ein eigenes Heer unterhalten können. Protestantische Rüstungen würden aber „sofort pro crimine læse maiestatis“ erachtet.¹³⁵⁰ Als Konsequenz all dessen sollten die Protestanten zwar noch nicht dem Kaiser die Treue aufkündigen, jedoch ultimativ ein Ende der Kontributionen und Einquartierungen sowie die Abdankung der kaiserlichen Armee einfordern, „im Fall der Verweigerung aber sich resolvieren, selbst ain frieden [mit Schweden, FS] vor sich zu schliessen, vnnd allem vnrechten gewalt zu opponiren.“¹³⁵¹ Zu diesem Zweck müsse man sich mit einer gewissen Anzahl an Berittenen und Fußsoldaten in Bereitschaft stellen und dürfe nicht mehr zurückweichen. Dies sei ein schwerer Weg, allerdings angesichts der herrschenden „Tÿranneÿ“ ohne echte Alternativen.¹³⁵² Da Kurbrandenburg nach seinem Vortrag umgehend jede Menge Zuspruch vor allem unter den Fürsten und den Grafen und Herren erhielt, blieb dem kursächsischen Direktorium nichts anderes übrig, als die nun aufgeworfene „Defensionsfrage“ entgegen seinen ursprünglichen Absichten doch noch auf die Tagesordnung zu setzen, wollte es eine Brüskierung Kurbrandenburgs und der Ständemehrheit und damit die eigene Isolation im weiteren Verhandlungsverlauf vermeiden.¹³⁵³ Auch in den folgenden Tagen und Wochen des Konvents trieben die Kurbrandenburger das kursächsische Direktorium geradezu vor sich her, und festigten ihre Rolle als Wortführer einer sich aus Fürsten, Herren und Grafen rekrutierenden Konventsmehrheit, die energisch für die Begründung eines protestantischen Militärbundes eintrat, während die zögerliche Haltung Kursachsens nur noch von der Städtebank geteilt wurde.¹³⁵⁴ Eine Kompromisslösung begann sich erst abzuzeichnen, nachdem Kurbrandenburg der kursächsischen

 Ebd., fol. 146v–147r.  Ebd., fol. 149r–149v.  Vgl. ebd., fol. 149v.  Ebd., fol. 153r.  Vgl. ebd., fol. 154r.  Vgl. hierzu insbesondere die Sessionen VII. und IX., 24. Februar (6. März) und 1. März (11. März), ebd., fol. 177r–184r; 189v–203r.  Vgl. ebd., fol. 183r–183v.

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Partei eine rein defensive Ausrichtung eines künftigen Bundes zusicherte.¹³⁵⁵ Dementsprechend sollte der Bundeszweck einzig und allein darin bestehen, „daß man sich beÿ dem Landfrieden, Reichsverfassungen, Executionordnungen vnd dergleichen fundamentalgesezen manutenirte.“¹³⁵⁶ Ein Bündnisschluss der Protestanten sei demnach auch nur als friedenserhaltende Maßnahme zu interpretieren, zwinge er doch die Katholiken dazu, künftig wieder von Gewalttaten im Reich Abstand zu nehmen.¹³⁵⁷ Um die defensive Zielsetzung des Bundes gegenüber Kaiser und Liga glaubhaft zu machen, bemühte sich der Leipziger Konvent schließlich einen ganzen Monat lang, einem Militärbündnis eine Gestalt zu geben, die mit der Reichsverfassung in Einklang zu bringen war. Da sich bis Ende März 1631 herauskristallisiert hatte, dass letztlich nur ein Bund auf Basis der Reichskreisverfassung dem selbstgesteckten Ziel der Reichsgesetzeskonformität genügen könnte,¹³⁵⁸ wurde der Verhandlungsmodus am Konvent sogar zeitweise umgestellt und nicht mehr nach Bänken, sondern nach Reichskreisen getrennt beraten.¹³⁵⁹

 Falls man rüste, dann „nicht zwar zu dem ende, als were mann gemeint, etwas wieder Keÿserl. Mait. vorzunehmen, wie denn keiner in diesem Convent sein würde, welcher einer andern meinung vnd nicht geneigt were, mit den Catholischen Ständen Friede zuhalten, so lange sie sich nur friedlich erweisen“. ebd., fol. 181r.  Ebd., fol. 180r. Allerdings definierten Kurbrandenburg und die übrigen Konventteilnehmer im Lauf der Verhandlungen noch sechs Einzelpunkte, die sie Kursachsen als mögliche Zielvorstellungen des Bundes vorlegten: 1) Konservierung des „Wohlstands“ der Stände; 2.) Befreiung der Besetzten; 3) Beteiligung der Katholiken an Reichsausgaben in gleichem Umfang wie die Protestanten; 4.) Die Erlaubnis, im Bedarfsfall „außwertige Hülff“ erbitten zu können, wobei man an Dänemark wegen Holstein denke; 5) Veröffentlichung eines „Manifests“ auf Deutsch, Lateinisch, Französisch und Italienisch, in dem erklärt wird, dass man nicht beabsichtige, „die Catholische religion vnd Stände auszurotten“; 6.) Die Möglichkeit, Diversionen „an nothwendige örther“ vorzunehmen. ders.: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08096/03. 12. Buch, Restitution der geistlichen Güter; fünftes Buch, evangelischer Konvent zu Leipzig, „Continuation dieses werckes“, fol. 10r – 11r, Zitate fol. 10v – 11r.  So das kurbrandenburgische Votum in der IX. Session am 1. (11.) März 1631: „Außer diesen einzigem noch übrigen Mittel seÿ keine hoffnung, daß die Catholische ihre arma deponiren würden.“ SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08097/01 (Anm. 1334), fol. 193v.  Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08096/03 (Anm. 1356), Kursächsische Resolution „In Puncto der Verfassung“, Leipzig, 13. (23.) März, fol. 14r – 23r. ebd., Resolution Kurbrandenburgs und der übrigen Stände auf die Kursächsische Resolution, Leipzig, 17. (27.) März 1631, fol. 24r–38r.  Vgl. ebd., Erklärung der Stände des Obersächsischen Kreises, Leipzig, 20. (30.) März 1631, fol. 43r – 45v.; Erklärung des Fränkischen und Schwäbischen Reichskreises, fol. 104r–108r; Erklärung des Erzbischofs von Bremen für den Niedersächsischen Kreis, fol. 109r – 110r; Erklärungen der Stände des Rheinischen Kreises, 24. März (3. April) und 4. (14.) April, fol. 111r – 114r.

3 Die Reichskreise, Kursachsen und der Leipziger Bund

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Die Einbeziehung der Reichskreise in die Bundesorganisation, so die vor allem von Kursachsen vertretene Meinung, würde es den Reichs- und Kreisständen ermöglichen, in Berufung auf die Reichsexekutionsordnung eine eigene Militärmacht aufzubauen, ohne „neue Verbindungen“ im eigentlichen Sinne untereinander abschließen zu müssen.¹³⁶⁰ Nicht ganz ins Bild passte allerdings, dass sich der Leipziger Konvent bis zum 31. März auch auf die Einrichtung eines Deputiertenrats unter kursächsischem Direktorium einigte, der bei Einstimmigkeit den Heeren der einzelnen Reichskreise verbindliche Handlungsanweisungen „pro occasione rerum et circumstantÿs temporum“ geben konnte.¹³⁶¹ Wie sich eine solche neue Institution alleine aus der Reichsexekutionsordnung legitimieren sollte, wurde bezeichnenderweise nicht weiter am Konvent erörtert. Allerdings sollte der Rat sich erst konstituieren, wenn die einzelnen Reichskreise ihre Heere aufgestellt hätten.¹³⁶² Ebenso wenig thematisiert wurde die besondere Situation der oberdeutschen Reichskreise, die in Leipzig freilich nur als protestantische Partikularorganisationen vertreten waren, in allen Abschlussdokumenten des Konvents jedoch wie reguläre Reichskreise behandelt wurden. So kam es, dass am Ende der Verhandlungen in Form einer von Kursachsen abgegebenen Abschlusserklärung ein Bund aus insgesamt fünf Reichskreisen geschlossen wurde, der über ein Gesamtheer von 41 000 Reitern und Fußknechten und etlichen tausend Mann Landvolk verfügen sollte.

 Ebd., Kursächsische „Resolution“ (Abschlusserklärung des Leipziger Konvents), Leipzig, 31. März 1631 (Konzept), fol. 63r–73v, Zitat fol. 63v.  Vgl. ebd., fol. 64v. Folgende Stände sollten mit eigenen Vertretern im Ausschuss vertreten sein: Kursachsen; Kurbrandenburg; Pfalzgraf August bei Rhein; ein Fürst aus dem Haus Sachsen (Ernestiner); Markgraf Christian für den Fränkischen Kreis; der Herzog von Württemberg für den Schwäbischen Kreis; der Landgraf von Hessen-Kassel für den Oberrheinischen Kreis; für den Niedersächsischen Kreis Herzog Christian zu Braunschweig-Lüneburg und König Christian IV. von Dänemark als Herzog von Holstein; zwei weitere Sitze für Grafen; die Reichsstädte Straßburg, Nürnberg und Ulm sowie zwei Hansestädte, vgl. ebd., fol. 68v – 69r.  Vgl. ebd., fol. 68r.

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I Reichskreise und konfessionelle Bünde, 1608 – 1635

Tabelle 7: Truppengrößen gemäß der Abschlusserklärung des Leipziger Konvents¹³⁶³ Reichskreise/protestantische Kreisorganisationen oder Kurfürstentümer

Anzahl an Reitern

Anzahl an Landesaufgebot/ Geldhilfe Fußsoldaten bewaffnetes Landvolk

Fränkischer und Schwäbischer Kreis¹³⁶⁴



 

 

Oberrheinischer Kreis







Niedersächsischer Kreis

Einfache Tripelhilfe¹³⁶⁵

Obersächsischer Kreis¹³⁶⁶





Kursachsen





Kurbrandenburg





Gesamtstärke:



 

Vierfache Tripelhilfe¹³⁶⁷ Aufgebot in unbestimmter Höhe

mindestens  

Im offiziellen Abschiedsdokument des Konvents vom 12. April wurden die beschlossenen Rüstungsmaßnahmen aber nicht im Detail aufgeführt.¹³⁶⁸ Vielmehr

 Zahlenwerte gemäß ebd., Kursächsische „Resolution“ (Abschlusserklärung des Leipziger Konvents), Leipzig, 31. März 1631 (Konzept), fol. 63r – 73v, sowie „Extract aus nachfolgenden der Stände erklärungen, wegen des succurses“, fol. 74r – 114r.  Die zum Oberrheinischen Kreis gehörige Reichsstadt Straßburg sollte ihre Quote ausnahmsweise zum Schwäbischen Kreis entrichten.  Die niedersächsische Delegation um den Erzbischof von Bremen setzte den Römermonat allerdings nur mit 5.948 fl. 14 gl. an, anstatt den nach den Reichsmatrikeln für Niedersachsen üblichen ca. 8.400 fl., da einige Kreisstände, wie etwa Holstein, den Konvent nicht beschickt hatten. Die Gelder sollten so lange nach Leipzig entrichtet werden, bis der Niedersächsische Kreis über eigene Truppen verfügen würde, vgl. auch ebd., fol. 76r – 77r.  Die beiden Kurfürstentümer des Kreises wurden gesondert veranschlagt.  Truppenstellungen und Geldhilfen waren wechselseitig anrechenbar, der einfache Anschlag des Reichskreises lag bei ca. 8.000 fl. Nach Abzug von Truppenstellungen und der Kontingente von Kurbrandenburg und Kursachsen wurde mit Geldhilfen von 24.040 fl. gerechnet, vgl. ebd., fol. 78r.  Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08095/4 (Anm. 1333), „Abschied in Originali“, Leipzig, 2. (12.) April 1631, fol. 338 – 347; fol. 346 fehlt. Laut Randvermerk

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legte die relativ knapp gehaltene Erklärung Wert auf die Beteuerung der friedlichen Absichten der protestantischen Reichsstände und die reichsrechtliche Legitimität künftiger Aufrüstungen auf Kreisebene.¹³⁶⁹ Von der Errichtung eines neuen Bundes war bezeichnenderweise gar nicht die Rede. Stattdessen wurden die Katholiken zur baldigen Einberufung eines Kompositionstags aufgefordert und auf die umfangreichen Bemühungen verwiesen, die im Rahmen des Leipziger Konvents zu Vorbereitung künftiger Ausgleichsverhandlungen angestellt worden seien.¹³⁷⁰ Bis zum Beginn des Kompositionstags wurde die Aussetzung der Exekution des Restitutionsedikts angemahnt.¹³⁷¹ Freilich konnte die gleichzeitige Ankündigung von Rüstungsmaßnahmen auch durchaus als ein Ultimatum verstanden werden. Ob die Abschlusserklärung des Leipziger Konvents deshalb einer „qualified declaration of war“ gleichkam, wie C. V. Wedgwood der Meinung ist, kann indes durchaus bezweifelt werden.¹³⁷² Dafür spricht nicht nur die in Leipzig beschlossene Organisationsform des neuen Bündnisses, die sich deutlich an dem Kriterium der Reichsverfassungskonformität ausrichtete, nicht aber der militärischen Effizienz, wie es bei einer offensiven Zielsetzung des Bundes zu erwarten gewesen wäre. Zudem hatte sich der Leipziger Konvent bis zuletzt deutlich gegen jede Form eines Bündnisses mit den ausländischen Gegnern von Kaiser und Liga ausgesprochen: Zwar waren die Konventsteilnehmer relativ rasch darin übereingekommen, sich Schweden nach Möglichkeit vorerst nicht zum offenen Feind zu machen, was unter anderem damit begründet wurde, dass der Schwedenkönig protestantischen Reichsständen keinen Krieg erklärt habe und bisher auch noch nicht von

handelt es sich bei dem Dokument jedoch um eine Abschrift, da der Originalabschied zu einem späteren Zeitpunkt entnommen worden sei.  „Es haben auch förder die anwesenden Chur=Fürsten und Stände, vnd der abwesenden Räthe vnd Gesandten sich dahin miteinander beredet, nach Anleitung der Creÿß=Ordnungen, in etwas Verfaßung, auff maß, wie bedacht, sich zustellen, So wohl mit dero Ritterschafft vnnd Ausschuß des Land=Volcks in guter bereitschafft zu halten; Jedoch aber damit niemand zu offendieren und zu beleidigen, sondern in den Schrancken der beschriebenen Rechte vnnd heilsamen Reichs-Constitutionen, Creÿß= vnd Executions-Ordnungen, allergnedigst zu verbleiben.“, ebd., fol. 343r.  Tatsächlich hatte sich ein Ausschuss des Leipziger Konvents intensiv und umfangreich mit dem Kompositionstagsprojekt beschäftigt und dutzende Gutachten zu dessen Vorbereitung erarbeitet, ebd., „Der Deputierten Räthe vnd Gesandten Bedencken, in puncto die mit den Catholischen Ständen beuorstehende handlung betr.“, fol. 418r–601r.  Vgl. ebd., fol. 340r.  Vgl. Cicely Veronica Wedgwood: The Thirty Years War (The Bedford historical series). 7. Aufl. London 1962, Zitat S. 282.

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einem regulären Reichstag zum Reichsfeind deklariert worden sei.¹³⁷³ Aber ein Vorstoß Kurbrandenburgs, mit Schweden Verhandlungen über ein „näheres Verständnis“ aufzunehmen, war umgehend auf hartnäckigen Widerstand Kursachsens getroffen und hatte sich als nicht mehrheitsfähig erwiesen.¹³⁷⁴ Der Konvent beschloss stattdessen, mit Gustav Adolf ein freundschaftliches Verhältnis zu pflegen, aber von ihm zugleich eine Erklärung einzufordern, dass Schweden protestantische Reichsstände nicht an Rüstungsmaßnahmen und Kontributionserhebungen hindern würde und bereit sei, okkupierte protestantische Gebiete zur gegebenen Zeit wieder zu räumen.¹³⁷⁵ Ebenso hielten die Leipziger Bundesgenossen Distanz zu Frankreich, das einen eigenen Diplomaten nach Leipzig entsandt hatte, um für ein Bündnis der protestantischen Reichsstände mit dem französischen König nach dem Vorbild von 1552 zu werben.¹³⁷⁶ Nach französischen Vorstellungen hätte sich ein solches Bündnis in erster Linie gegen den König von Spanien richten sollen, dem der französische Gesandte in seinem Vortrag vor den Ständen die Hauptschuld für alle konfessionellen Spannungen im Reich zuschrieb.¹³⁷⁷ Zudem forderte er eine klare Abwendung der protestantischen Reichsstände von dem mit Spanien verbündeten Kaiser, dem die Protestanten nach französischer Sicht schon viel zu

 So das Fazit einer Resolution des Konvents gegenüber dem kursächsischen Direktorium vom 8. (18.) März 1631: „Wieder die Schwedische Armée aber, sich dieser Verfassung zugebrauchen, würde nicht zurathen stehen, auch den Ständen, daraus wennig nuzens zuwachsen, denn 1.) erböthen sich Ire Kön: Wrd zu aller freundschaft, wolten den bedrangeten, vnnd von Landes vnnd leuten verstossenen Ständen, helffen, 2.) hetten die Evangelische bishero noch nicht offendiret, oder beschweret, 3.) Weren pro hoste Imperÿ von den algemeinen Ständen, auf einen offentlichen Reichstag, nicht declariret, 4.) hetten eine große macht auf den beinen, 5) Stünden mit vielen auswertigen Potentaten in alliance, 6.) hetten einen großen theill der Evangelischen Lande in iren handen, Vnd würden also nicht alleine moles et sedes belli, den Evangelischen, auf dem hals verbleiben, sondern es weren auch zubesorgen, das derer nicht wennig, von dem heÿligen Reiche, leichtlich ganz abgerissen werden möchten.“ SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08096/03 (Anm. 1356), fol. 3v – 4r.  Vgl. hierzu Wittich: Magdeburg, Gustav Adolf und Tilly (Anm. 1278), S. 610; Kaiser: Politik und Kriegführung (Anm. 395), S. 349.  Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08096/03 (Anm. 1356), fol. 4v.  Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08095/4 (Anm. 1333), Memorial des französischen Gesandten Melchior de Lille, fol. 118 – 120.  Gemäß den Ausführungen des französischen Gesandten Melchior de Lille vor dem Leipziger Konvent würden die spanischen Habsburger „under dem schein der Religion“ einen Krieg zwischen den deutschen Katholiken und Protestanten anzuzetteln beabsichtigen, um danach selbst im Reich die Macht übernehmen zu können. Vgl. ebd., fol. 119r.

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lange „übermessig gehorsam, treu und fideliter“ gewesen wären.¹³⁷⁸ Der Leipziger Konvent ließ sich auf das Bündniswerben Frankreichs aber nicht ein. Stattdessen schickte Kursachsen den französischen Gesandten mit einem kurzen Antwortschreiben versehen wieder auf den Heimweg, in dem betont wurde, der „friedfertige Convent“ in Leipzig hätte lediglich zum Zweck, dem Kaiser in aller Deutlichkeit und Ausführlichkeit die Bedrängnisse des Reiches vor Augen zu führen. Man sei aber noch voller Hoffnung, Ferdinand II. würde sich als gütig und gerecht erweisen.¹³⁷⁹ Von einer Kriegserklärung an Kaiser und Liga war jedenfalls noch keinerlei Rede.

3.4 Zur Umsetzung der Leipziger Beschlüsse in den einzelnen Reichskreisen und dem Ende des Bundes In den meisten in Leipzig repräsentierten Reichskreisen beziehungsweise protestantischen Reichskreisorganisationen wurden – entgegen anderslautenden Forschungsmeinungen (Winfried Dotzauer) – umgehend Versuche unternommen, die militärischen Beschlüsse des Leipziger Konvents umzusetzen.¹³⁸⁰ So gelang es Markgraf Christian von Kulmbach im Fränkischen Reichskreis trotz ausgesprochen schwieriger finanzieller Rahmenbedingungen, bereits bis Ende Mai 1631 vier Kompanien mit zusammen 900 Mann in Kulmbach mustern zu lassen.¹³⁸¹ Ebenso umgehend aktiv wurde die Reichsstadt Nürnberg, die weitere Kontingente der künftigen Kreisarmee der fränkischen Protestanten ausheben ließ.¹³⁸² Im Schwäbischen Reichskreis initiierte der Württembergische Herzogs-

 Vgl. ebd., fol. 118v.  Vgl. ebd., Antwortschreiben Kurfürst Johann Georgs auf Latein, Leipzig, 7. April 1631 (Reinschrift auf Latein), fol. 131r–134r; Zitat nach dem Entwurf auf Deutsch, Leipzig 24. März 1631, fol. 125, 135r–138r, hier 137v. Ein im Wortlaut freundlicheres, inhaltlich aber ähnliches Schreiben an den französischen Gesandten fertigte auch Kurbrandenburg an, ebd., „Churf. Drl. zu Brandenburgk Resolutio, so sie dem Königl. Französischen Gesandten gegeben“, Leipzig, 27. März 1631 (Kopie), fol. 139r – 145v.  So das Fazit Dotzauers zum Fränkischen Reichskreis. Zur Umsetzung der Leipziger Beschlüsse in anderen Reichskreisen äußert er sich nicht, vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 112.  Vgl. Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635) (Anm. 1051), S. 115.  Einen Hinweis darauf bietet Miroslav Toegel (Hrsg.): Der Schwedische Krieg und Wallensteins Ende. Quellen zur Geschichte der Kriegsereignisse der Jahre 1630 – 1635 (Documenta bo-

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administrator Julius Friedrich eine Anwerbekampagne und setzte sich, wie in Leipzig vorgesehen, mit den Franken in Verbindung, um im nächsten Schritt die fränkischen und schwäbischen Einheiten zu einem gemeinsamen süddeutschen Korps des Leipziger Bundes zusammenzuführen.¹³⁸³ Dem folgten ebenfalls noch im Mai 1631 weitere Beratungen auf Ebene von Kreistagen und protestantischen Partikularkonventen am Rande allgemeiner Kreistage in den Reichskreisen Niedersachsen, Franken und Schwaben, die jeweils der Koordinierung lokaler Rüstungsanstrengungen dienten.¹³⁸⁴ Im Obersächsischen Reichskreis bedurfte es vorerst keines weiteren Kreistags, um die Leipziger Beschlüsse in die Tat umzusetzen. Hier baute der einst in kaiserlichen Diensten gestandene erfahrene Feldmarschall Hans Georg von Arnim im Auftrag Kursachsens innerhalb kürzester Zeit eine große Armee auf, zu deren Finanzierung Kurfürst Johann Georg die kleineren Stände des Reichskreises „als dero hochlöblichster CreysObrister vnnd Lehnsherr“ umgehend zu einer „Creyß Mithülffe“ heranzog.¹³⁸⁵ Nach einigen Monaten wurde diese Praxis durch den Abschied eines Konvents der Grafen und Herren des Obersächsischen Reichskreises in ihrer Rechtmäßigkeit ausdrücklich bestätigt und Kursachsens Anspruch auf eine beständige monatliche Kreissteuer von 12. Römermonaten „zur Defension

hemica Bellum Tricennale illustrantia, 5). Prag 1977, Rat der Reichsstadt Nürnberg an Kaiser Ferdinand II., Nürnberg, 18./28. August 1631, S. 44 (Nr. 78).  Infolgedessen kam es im Mai 1631 zu Beratungen protestantischer fränkischer und schwäbischer Kreisdeputationen in Nürnberg, vgl. Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 114; Günter: Das Restitutionsedikt von 1629 und die katholische Restauration Altwirtembergs (Anm. 1299), S. 235 f.  Der Niedersächsische Reichskreis tagte in Halberstadt, der Schwäbische in Esslingen und der Fränkische in Nürnberg, vgl. Schnell: Mecklenburg zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges 1603 – 1658 (Anm. 505), S. 78; Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 114; Günter: Das Restitutionsedikt von 1629 und die katholische Restauration Altwirtembergs (Anm. 1299), S. 236; Deinert: Die schwedische Epoche in Franken von 1631– 1635 (Anm. 683), S. 44; Weiss: Das exemte Bistum Bamberg (Anm. 679), S. 412.  Vgl. hierzu den Briefwechsel Kursachsens mit den Grafen von Barby, SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 04440/11 (Anm. 948), Grafen von Barby an Kurfürst Johann Georg, Leipzig, 3. (13.) April 1631, fol. 47v. Zu den kursächsischen Kontributionserhebungen bei verschiedenen Kreisständen in Folge des Leipziger Konvents vgl. ferner die zahlreichen Belege in SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08099/01. 20. Buch, Restitution der geistlichen Güter. Zur Anstellung Hans Georg von Arnims als Oberbefehlshaber der obersächsischen Kreisarmee vgl. Ritter: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Gegenreformation und des Dreissigjährigen Krieges (Anm. 1312), S. 483 f.; Wittich: Magdeburg, Gustav Adolf und Tilly (Anm. 1278), S. 664.

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des Ober Sachs. Kreises“ wiederholt, auf dass die Stände auch weiterhin „in Churf. D. Protection genommen“ würden.¹³⁸⁶ Die enge Anlehnung der kleineren obersächsischen Kreisstände an Kursachsen und ihre Bitten um militärischen Schutz kam nicht von ungefähr, denn wie die auf den Leipziger Konvent folgenden Monate erwiesen, brachte die Gründung des Leipziger Bundes den protestantischen Reichs- und Kreisständen vorerst keineswegs den erhofften Zugewinn an Sicherheit und Selbstständigkeit. Die Anwerbungskampagnen der Protestanten überschnitten sich mit den laufenden Aufrüstungen Schwedens und der kaiserlich-ligistischen Armee Tillys, so dass das Reich im Frühjahr und Sommer 1631 einem gigantischen Musterplatz für Söldner aus ganz Europa glich. Damit nahmen aber zugleich die bei frühneuzeitlichen Musterungs- und Rekrutierungsmaßnahmen üblichen problematischen Begleiterscheinungen wie Straßenunsicherheit und Gewaltakte gegen die Zivilbevölkerung allerorts massiv zu.¹³⁸⁷ Zudem fühlte sich die katholische Partei durch die Rüstungsmaßnahmen der Leipziger Bundesgenossen von Anfang an bedroht und verstärkte wiederum ihre eigene militärische Schlagkraft. Selbst der Bayerische Reichskreis trat noch im Mai 1631 dem Wettrüsten bei, um sich zur „nothwendigen Defension und Rettung“ gegen die vermeintlichen Kriegsabsichten seiner protestantisch dominierten Nachbarkreise zu wappnen.¹³⁸⁸ Für rechtmäßig wurden die Rüstungen des Leipziger Bundes von katholischer Seite sowieso nie erachtet, wie Kaiser Ferdinand II. dem sächsischen Kurfürsten noch während des Leipziger Konvents unmissverständlich zu verstehen gegeben

 Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 04440/11 (Anm. 948), „Verzeichnüs, wie ezlich Volck zu Roß vnd Fuß zur Defension des Ober Sachs. Kreises vnterhalten werden soll“, Leipzig, 30. August (9. September) 1631, fol. 45r – 46v, Zitate 46r. Dies entsprach folgenden Summen: Schwarzburg: 2.400 fl.; Mansfeld: 1.920 fl; Stolberg: 1.008 fl.; Barby: 240 fl. Reuß: 1.152 fl., Schönburg: 480 fl., vgl. ebd., fol. 45v. Die 12 Römermonate als monatliche Kreiskontribution hatten die obersächsischen Kreisstände schon auf dem Leipziger Konvent beschlossen, vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08096/03 (Anm. 1356), fol. 65v.  Vgl. allgemein Kaiser: Politik und Kriegführung (Anm. 395), S. 353 – 381.  Gemäß des Abschieds des Landshuter Kreistags vom 25. Mai 1631 würde „in denen herobigen Kreisen, wie genugsam bekannt ist, starckes Kriegsgeschehen, auch von Seiten der Protestirenden jüngst zu Leipzig beysammen gewesenen Churfürsten und Ständen grosse und eilfrige Werbung vorüber gehen, dadurch sonderlich dem bayrischen Kreis und dessen anverwandten Ständen, als welche der Zeit zu ihrer nothwendigen Defension und Rettung mit keiner Verfassung versehen seynd, leichtlich und unversehens hochbeschwerliche Ungelegenheiten mit Durchzügen, Einquartierungen, Geldexactionen und dergleichen Pressuren, wohl auch mit gewaltthätigen Einfall zugezogen werden möchte und also wegen Empörung, so starken neuen Motiven, der bayrische Kreis, in mercklicher Gefahr gegenwärtig begriffen;“ Zitat nach Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 284.

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hatte: Nachdem bereits im Februar 1631 am Kaiserhof Gerüchte aufkamen, die in Leipzig versammelten Protestanten könnten eine Neutralität oder gar einen Anschluss an Schweden im Sinn haben, hatte der Kaiser umgehend mahnende Briefe an Kurfürst Johann Georg abgehen lassen und diesen aufgefordert, „auff dergleichen gefehrliche Sachen ein Aug zu haben“.¹³⁸⁹ Jede Art von Aufrüstungsbeschlüssen müsste der Kurfürst unbedingt verhindern, denn Söldneranwerbungen der Protestanten, „vnder was schein vnd prætext solches auch geschehen möchte“, hätten nur zur Folge, dass „allerleÿ vngleiche gedanckhen ohn zweiffel entstehen würden“. Es sei somit offensichtlich, „das dieses das rechte mittel, gar nit seÿe, wordurch der so lange desiderirte Friedens Zweckh erreicht vnd dem Reich gewünschte Ruhe vnd einigkeit restituirt werden könne.“¹³⁹⁰ Andernfalls, so der Kaiser, sehe er sich gezwungen, gemäß den Reichssatzungen und den Amtspflichten eines Römischen Kaisers dagegen einzuschreiten, und alle von ihm nicht genehmigten Soldatenwerbungen im Reich zu unterbinden.¹³⁹¹ Johann Georg hatte darauf zur Antwort gegeben, dass auch er, als einer der höchsten Kurfürsten des Reiches, sich seiner eigenen kurfürstlichen Amtspflichten erinnern müsse und für die Bewahrung des Reiches und seiner Verfassung einzutreten habe.¹³⁹² Untrennbar mit dieser Aufgabe verbunden sei das Einstehen für „des heiligen Römischen Reichs Dignität vnd würde, so da fürnehmlich inn der so hoch befestigten Freÿheit der Stände“ beruhe.¹³⁹³ Dennoch sicherte der Kurfürst dem Kaiser nochmals ausdrücklich seine Devotion zu und versprach, den Kaiserhof über alle weiteren Schritte des Leipziger Konvents zu informieren.¹³⁹⁴ Kaiser Ferdinand II. zeigte jedoch keinerlei Verständnis für die kursächsische Position, und reagierte auf die ihm von Kurfürst Johann Georg übersandte Abschlusserklärung des Leipziger Konvents umgehend mit dem Erlass von Avokatorialmandaten. Diese richteten sich an alle Reichsstände und Reichsuntertanen und verboten ihnen Söldnerwerbungen oder die Annahme von Kriegsdiensten für die Mitglieder des in Leipzig gegründeten Bundes, dessen Rüstungsbeschlüsse für

 SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08095/4 (Anm. 1333), Kaiser Ferdinand II. an Johann Georg auf dem Leipziger Konvent,Wien, 15. Februar 1631, fol. 101r – 103r, Zitat fol. 101r – 101v.  Ebd., fol. 101v – 102r.  Vgl. ebd., Loc. 08095/4, fol. 102r.  Vgl. ebd. Kurfürst Johann Georg an Kaiser Ferdinand II. (Konzept), Leipzig, 24. Februar 1631, fol. 104 –108r.  Vgl. ebd., fol. 108r.  Vgl. ebd., fol. 108r.

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illegal und null und nichtig erklärt wurden.¹³⁹⁵ Dem Herkommen gemäß wurden wiederum die Reichskreise mit der Publikation der Avokatorialmandate betraut. Somit brachte bereits die erste Reaktion des Kaisers auf die Leipziger Beschlüsse all diejenigen Kreisausschreibenden Fürsten in einen Loyalitätskonflikt, die sich als Mitglieder des Leipziger Bundes betrachteten, und dennoch kaisertreu zu bleiben gedachten – in erster Linie Kursachsen, Württemberg und Kulmbach.¹³⁹⁶ Diese gerieten noch mehr in Bedrängnis, als Ferdinand II. kurz nach Erteilung der Avokatorialmandate auch noch die Abhaltung allgemeiner Kreistage einforderte, um die seit dem Regensburger Kurfürstentag von 1630 von kaiserlicher Seite verlangten Kreishilfen zur Finanzierung des Kriegs gegen Schweden einwerben zu können, ehe die Fürsten ihre finanziellen Ressourcen für eigene Aufrüstungen aufgebraucht hatten.¹³⁹⁷ Zumindest in Schwaben und Franken wagten sich die Kreisausschreiber diesem Anliegen nicht grundsätzlich zu widersetzen und schrieben zusammen mit ihren katholischen Mitausschreibern entsprechende Kreiskonvente für Ende Mai 1631 aus. Auf diesen Kreistagen wiederholten kaiserliche Kommissare in nur von protestantischen Kreisständen besuchten Sondersitzungen jene Mahnungen, die Kaiser Ferdinand II. bereits Kursachsen während des Leipziger Konvents hatte zukommen lassen. Neben vehementer Kritik an den Anwerbekampagnen des Bundes artikulierten die Kommissare dabei auch schwere Bedenken gegen die organisatorische Anlehnung des Leipziger Bundes an die Kreisverfassung und die Einsammlung von Kreissteuern im Namen der am Bund beteiligten Reichskreisorganisationen. So mussten sich die fränkischen Protestanten auf einem Nürnberger Kreistag Ende Mai 1631 den Vorwurf gefallen lassen, ihr „neue[r], im Heil. Reich zuvor nie approbirter ieziger modus contribuendi“ zur Finanzierung ihres Anteils am Heer des Leipziger Bundes sei mit dem Reichsrecht keinesfalls vereinbar, da er „der Kaÿs. Maÿ. allergnedigsten intention vnnd consens zu wider laufet“.¹³⁹⁸ Die vom Kaiser gewünschte „Reichscollectation“ sei dagegen völlig

 Vgl. SächsHStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08097/03. 13. Buch, Restitution der geistlichen Güter, Gedrucktes Avocatorialmandat Kaiser Ferdinands II., Wien, 14 Mai 1631, fol. 52.  Vgl. ebd., Kaiser Ferdinand II. an Kurfürst Johann Georg,Wien, 14 Mai 1631, fol. 50r–51r. Zur Publikation der Avokatorialmandate im Fränkischen Kreis vgl. ferner Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635) (Anm. 1051), S. 117 f.  Vgl. Kap. II.4.6, „Die ‚geharnischtenʻ Kreistage von 1631 im Schwäbischen und Fränkischen Reichskreis“ im ersten Hauptkapitel dieser Arbeit.  OeStA HHStA Wien: MEA Kreisakten in Genere 17 (Anm. 641), Replik der kaiserlichen Kommissare an die protestantischen Kreisstände, Nürnberg, 21./31. Mai 1631, fol. 86 – 92, Zitat fol. 87r.

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legitim und gehe allen konkurrierenden finanziellen Ansprüchen des Leipziger Bundes vor, denn schließlich sei der Kaiser „der ganzen Christenheit von Gott höchsten vorgesetzte[s] Haupt“, dem auch die protestantischen Reichsstände ihre Treue schuldig seien.¹³⁹⁹ Zum Schutz vor den schwedischen Invasoren bedürfe es keiner neuen Kreisarmeen, denn „Ihro [der kaiserlichen Majestät, FS] allein im Röm: Reich, als höchstem Oberhaupt, wider des Reichs Feindten die Waffen zu abgenöttigten defension zuergreiffen zustendig gebührt.“¹⁴⁰⁰ Was die Kommissare Ferdinands II. hiermit formulierten, war nichts anderes als ein Anspruch des Reichsoberhaupts auf ein Exklusivrecht zur Reichsverteidigung, aus dem zugleich ein Besteuerungsrecht gegenüber den Kreisständen abgeleitet wurde. Den in Form von Reichskreisorganisationen am Leipziger Bund beteiligten Protestanten wurden entsprechende Rechte hingegen rundweg aberkannt. Da half es auch nichts, dass Christian von Kulmbach den kaiserlichen Kommissaren und den katholischen Kreisständen versichern ließ, dass er als Kreisobrist der künftigen fränkisch-protestantischen Kreisarmee „den Catholischen Ständten selbsten, vermög den Reichs: vnd Craißverfaßungen, uf bedürfenden nothfall zu succurieren entschlossen“ sei und auch die anderen Armeen des Leipziger Bundes sich nicht gegen den Kaiser oder die Katholiken wenden würden.¹⁴⁰¹ Ähnliche Versicherungen gaben auch die schwäbischen Protestanten unter Führung Württembergs im Juni 1631 auf einem allgemeinen Kreistag in Ulm ab und verurteilten dabei auch demonstrativ die Invasion Gustav Adolfs. Doch geglaubt wurde ihnen auf kaiserlich-katholischer Seite offenbar nicht mehr.¹⁴⁰² Bereits im Juni besetzte kaiserliches Militär die Reichsstädte Kempten, Memmingen und Ulm und zwang die jeweiligen Stadtmagistrate zu Austrittser-

 Vgl. ebd., fol. 87v.  Ebd., fol. 88v.  Laut der kulmbachischen Erklärung am Kreistag verbürge sich Markgraf Christian persönlich, „daß gemelte Verfaßung, wider einigen Catholischen, friedliebenden Standt im geringsten gerichtet“ sei. Aus allen Erklärungen des Markgrafen sei „dero Teutsche offenherzige aufrichtigkeit vnd wolgemeinte zuneigung und affection, sowol gegen mehr allerhöchstgedachter Ihrer Kaÿs: Maÿt:, den geliebten vnd betrübten Vatterlandt, als auch dieses vnd andern hochlöblichen Craiße, sambt vnd sondere Catholische vnnd Evangelische stände zu verspüren gewesen, auch noch ferner vnnd obangezogene Dr: Fr: Drl: also gemeint sein solle, das damit auch dieselbe ihnen den Catholischen Ständten selbsten, vermög den Reichs: vnd Craißverfaßungen, uf bedürfenden nothfall zu succurieren entschlossen.“ ebd., „Extrakt aus der fürstlich Brandenburgischen Bayreutischen Instruction vnnd derselben Gesandten Voto, Nürnberg, præsentatum 19./29. Maÿ 1631“, o.O., 18. Mai 1631, fol. 79 – 85, Zitat fol. 82r.  Vgl. die Beilage F zum Kreisabschied, HStASt: C 9 Bü. 223 (Anm. 104), unfol.

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klärungen aus dem Leipziger Bund.¹⁴⁰³ Die erst im Aufbau begriffene schwäbischprotestantische Kreisarmee setzte dem keinen Widerstand entgegen, und ließ den kaiserlichen Obristen Fürstenberg schließlich weitgehend unbehelligt bis in das Herzogtum Württemberg vorrücken.¹⁴⁰⁴ Zwar nahm dessen Landesherr, Herzogsadministrator Julius Friedrich, mit Kurfürst Johann Georg von Sachsen noch Kontakt auf, doch dieser riet mit Verweis auf die militärischen Kräfteverhältnisse und den noch bevorstehenden Kompositionstag von einem offenen Kampf ab.¹⁴⁰⁵ Infolgedessen sah sich Württemberg zur Aufnahme von Verhandlungen mit den Kaiserlichen gezwungen, die mit dem Tübinger Akkord vom 11. Juli 1631 endeten. Neben der Abdankung aller bereits gemusterten Söldner musste sich Württemberg zur Zahlung hoher monatlicher Kontributionen an die kaiserliche Armee verpflichten und sich formal von den Beschlüssen des Leipziger Bundes distanzieren.¹⁴⁰⁶ Damit war das Schicksal der schwäbischen Teilorganisation des Leipziger Bundes besiegelt. Ohne Württemberg und die bereits besetzten oberschwäbischen Reichsstädte war freilich auch an einen weiteren Aufbau einer größeren schwäbisch-fränkischen Armee als süddeutsches Korps des Leipziger Bundes nicht mehr zu denken. Alleine auf sich gestellt sahen sich nun ebenso die fränkischen Protestanten einer gewaltigen katholischen Übermacht gegenüber. Zwar hatten sich die protestantischen Kreisstände Frankens während der Besetzung Württembergs noch als militärisch handlungsfähig erwiesen und sogar schon in Kooperation mit den Grafen der Wetterau einen Obristen mit einer kleinen Armee zur Unterstützung ihrer schwäbischen Bundesgenossen in Marsch gesetzt, beorderten die Truppen jedoch nach dem Tübinger Akkord wieder zurück.¹⁴⁰⁷ Die Einheiten der fränkischen Protestanten erwiesen sich dann auch als hoffnungslos unterlegen, als sich jene kaiserlichen Verbände, die soeben den Schwäbischen Reichskreis weitgehend besetzt hatten, nach Franken wandten. Auch hier gelang den Kaiserlichen die Zerschlagung aller vorhandenen militärischen Strukturen der protestantischen Reichskreisorganisation ohne offenen  Vgl. Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 453 Anm. 98; Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 115 – 119.  Vgl. allgemein Gmelin: Der Kriegszug des Grafen Franz Egon von Fürstenberg gegen Württemberg im Jahr 1631, der sog. Kirschenkrieg (Anm. 675).  Vgl. Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 118.  Folgenreicher noch als die monatlichen Kontributionen in Höhe von 38.000 fl. waren die umgehend nach dem Tübinger Akkord wieder einsetzenden umfangreichen Restitutionen ehemals katholischer Kirchengüter auf württembergischem Territorium.Vgl. ebd., S. 118 – 129; Günter: Das Restitutionsedikt von 1629 und die katholische Restauration Altwirtembergs (Anm. 1299), S. 237– 243.  Vgl. Weiss: Das exemte Bistum Bamberg (Anm. 679), S. 413.

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Kampf. Anstatt einen letztlich wohl aussichtslosen militärischen Widerstand zu leisten, bewilligten die fränkischen Protestanten Kaiser Ferdinand II. sogar noch auf einem kurzfristig von Christian von Kulmbach im Juli 1631 anberaumten Partikularkreistag eine hohe Kreissteuerzahlung von 72 Römermonaten und versprachen die umgehende Abdankung ihrer verbliebenen Kreistruppen.¹⁴⁰⁸ Zweifellos sollte mit diesen ad-hoc-Beschlüssen die kaiserliche Ungnade doch noch in letzter Minute abgewendet und Strafaktionen von kaiserlichen oder ligistischen Armeen verhindert werden. Diese Hoffnung erfüllte sich jedoch nur zum Teil, denn einige kaiserliche Militärs nahmen die Kreissteuerbewilligung der Protestanten sogleich zum Anlass, Plünderungszüge ihrer Einheiten in den protestantischen Territorien kurzerhand zu Kreissteuereintreibungen zu deklarieren.¹⁴⁰⁹ Weitere Söldnerwerbungen waren den fortan großteils mit Besatzungstruppen belegten und ihrer finanziellen Ressourcen beraubten protestantischen Kreisständen nicht mehr möglich. Allerdings begnügte sich Kaiser Ferdinand II. damit noch nicht und forderte des Weiteren eine offizielle Erklärung der fränkischen Protestanten über ihren formalen Austritt aus dem Leipziger Bund ein.¹⁴¹⁰ Zu einer solchen Erklärung im Namen aller betroffenen Kreisstände scheint es jedoch nicht mehr gekommen zu sein. Wohl aber sah sich Markgraf Christian von Kulmbach gezwungen, kaiserliche Avokatorialmandate gegen sämtliche weiteren Söldnerwerbung im Namen des Leipziger Bundes zusammen mit dem Bamberger Bischof zu unterzeichnen und im ganzen Fränkischen Reichskreis publizieren zu lassen.¹⁴¹¹ Auch in anderen Reichskreisen jenseits des süddeutschen Raums gingen katholische Heere zwischen Mai und August 1631 gegen Mitglieder des Leipziger

 Vgl. Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), S. 443 Anm. 132; Deinert: Die schwedische Epoche in Franken von 1631– 1635 (Anm. 683), S. 45; Schümann: Der Fränkische Kreistag im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 52), S. 99.  So verfuhr unter anderem Johann von Aldringen, der durch die Besetzung des kulmbachischen Baiersdorfs eine Sofortzahlung von 10.000 fl. erpresste, die später auf die Kreiskontribution Markgraf Christians angerechnet werden sollte, vgl. StABa: Markgraftum BrandenburgBayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 4021 (Anm. 684), Instruktion Markgraf Christians für Christoph Agricola zur Reise nach München und Wien, Kulmbach 28. August (7. September) 1631, unfol. (Nr. 150); ebd., Bericht Christoph Agricolas aus Wien, 19./29. Oktober 1631 (Kopie), unfol.; vgl. ferner Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635) (Anm. 1051), S. 123 f.; Weiss: Das exemte Bistum Bamberg (Anm. 679), S. 413.  Vgl. Deinert: Die schwedische Epoche in Franken von 1631– 1635 (Anm. 683), S. 45; Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635) (Anm. 1051), S. 124.  Vgl. ebd., S. 118.

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Bundes vor, um diese mit Verweis auf kaiserliche Mandate zur Abdankung eigener Truppenkontingente, Leistung von Kontributionen und zu förmlichen Austrittserklärungen aus dem Leipziger Bund zu zwingen.¹⁴¹² Nur gegen einen protestantischen Reichsstand wagten Kaiser und Liga nach wie vor nicht militärisch vorzugehen: Kursachsen. Der sächsische Kurfürst griff von seiner Seite allerdings ebenfalls nicht zugunsten seiner bedrängten Bundesgenossen in anderen Teilen des Reiches ein, wohl wissend, dass seine eigene militärische Stärke noch nicht für einen offenen Krieg ausreichen würde. Zudem war der Dresdner offenbar selbst nach der Zerschlagung der schwäbischen und fränkischen Teile des Leipziger Bundes noch längere Zeit nicht gewillt, seine mit dem anstehenden Frankfurter Kompositionstag verbundenen Hoffnungen auf eine Friedenslösung für das Reich endgültig aufgeben zu müssen. Hinzu kam, dass sich der Landgraf von Hessen-Darmstadt, ein Schwiegersohn Kurfürst Johann Georgs, im Sommer 1631 zusammen mit Kurmainz noch einmal um eine Vermittlung zwischen den Konfessionsparteien bemühte.¹⁴¹³ Anfang September zerschlugen sich diese letzten Hoffnungen auf Frieden jedoch endgültig. Weder fand der endlich doch noch angelaufene Frankfurter Kompositionstag gangbare Kompromisse in Fragen des Restitutionsedikts, noch blieb Kursachsen länger vom Krieg verschont, da Tilly seine Armee bis Leipzig vorrücken ließ.¹⁴¹⁴ Tilly erhoffte sich mit dieser Militäroperation, zu der ihn Kaiser Ferdinand II. auch ausdrücklich ermächtigt hatte, mit Kursachsen ähnlich verfahren zu können wie zuvor mit den süddeutschen protestantischen Territorien: Der sächsische Kurfürst sollte ohne Schlacht zur Unterwerfung unter den Willen des Kaisers und zur Leistung von Kontributionen an das kaiserlich-ligistische Heer gezwungen werden. Damit wäre Kursachsen die Möglichkeit eines Anschlusses an Schweden genommen worden.¹⁴¹⁵ Tatsächlich aber erreichte er das genaue Gegenteil:

 Vgl. beispielsweise Documenta Bohemica, Bd 5, Prag 1977, S. 42 (Nr. 68) (Regesteneintrag). Tilly an Bürgermeister und Rat der Stadt Nordhausen, 12. Juni 1631.  Vgl. Brendle: Der Erzkanzler im Religionskrieg (Anm. 519), S. 207– 218; Frohnweiler: Die Friedenspolitik Landgraf Georgs II. von Hessen-Darmstadt in den Jahren 1630 – 1635 (Anm. 1319), hier S. 10 – 29.  Zum Verlauf des Frankfurter Kompositionstags vgl. Brendle: Der Erzkanzler im Religionskrieg (Anm. 519), S. 247– 256; zum Feldzug Tillys nach Kursachsen Kaiser: Politik und Kriegführung (Anm. 395), S. 439 – 445; Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 78.  Vgl. hierzu das Rechtfertigungsschreiben Kaiser Ferdinands II. an Kurfürst Maximilian von Bayern, „Handtbrieffel an Chur-Bayrn, warumb Ihr Mt. bewogen worden, Chur-Sachßen anzugreiffen“,Wien, 8. Oktober 1631, ediert bei Hallwich: Briefe und Akten zur Geschichte Wallensteins 1630 – 1634 (Anm. 563), S. 531 f. (Nr. 378).

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I Reichskreise und konfessionelle Bünde, 1608 – 1635

Erst jetzt, „da der General Tilly, seiner/ als des Creis=Obristen vngegrüsset/ in das Herzogtumb Sachsen gerücket“¹⁴¹⁶, sah sich Kurfürst Johann Georg am 11. September 1631 endgültig dazu gezwungen, seine bisher noch immer an den Beschlüssen des Leipziger Konvents orientierte Politik aufzugeben und seine formal noch als obersächsische Kreisarmee firmierende Truppen unter Hans Georg von Arnim mit der Armee Gustav Adolfs zu vereinigen.¹⁴¹⁷ Nur sechs Tage später feierte diese neue sächsisch-schwedische Allianz in der Schlacht von Breitenfeld vor den Toren Leipzigs einen überragenden militärischen Triumph, in dessen Folge die Reste der katholischen Armeen fluchtartig die kursächsischen Territorien wieder verließen, um nur wenig später bis weit nach Süddeutschland abgedrängt zu werden.¹⁴¹⁸ Doch auch wenn die kursächsische – respektive obersächsische – Armee an dem Sieg von Breitenfeld wesentlichen Anteil hatte, so war es Gustav Adolf, der den Schlachtenruhm weitgehend für sich reklamierte und umgehend durch massive Flugblattpropaganda zu seinen Gunsten zu nutzen verstand.¹⁴¹⁹ Mehr als je zuvor wurde der Schwedenkönig nun zum „Löwen aus Mitternacht“ stilisiert, dem Gott selbst den militärischen Sieg über die Katholiken geschenkt habe.¹⁴²⁰ Der Ruhm des sächsischen Kurfürsten musste dagegen verblassen, und sein bisheriger Führungsanspruch unter den protestantischen Reichsständen war kaum mehr länger aufrechtzuerhalten.

 So die Formulierung im späteren Rechtfertigungsschreiben des sächsischen Kurfürsten gegenüber dem Kaiser, paraphrasiert und in Auszügen ediert bei Chemnitz, Bogislaw Philipp von: Königlichen Schwedischen In Teutschland geführten Krieges. Theil Aus Glaubwürdigen, und mehrentheils Original-Acten, Documenten, und Relationen Zusammengetragen, und in Vier Bücher abgefasset. Bd. 1. Stettin 1648, S. 265 – 267, Zitat hier S. 265.  Zum schwedisch-sächsischen Bündnis von Coswig vom 11. September 1631 vgl. Michael Roberts: Gustavus Adolphus (Profiles in power). 2. Aufl. London, New York 1992, S. 139 f.; Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 78. Der spektakuläre Bündnisschluss wurde auch durch Flugblattpropaganda im Reich bekannt gemacht, etwa mit dem Flugblatt [Johann Georg von Sachsen]: Letztes Schreiben/ Welches Churfürstl. Durchl. zu Sachsen/ etc. an den Generaln Grafen Tilly/ etc. ehe noch Ihre Churfürstl. Durchl. sich mit dero Arméen movirt/ vnd die Königl. Majest. in Schweden/ etc. mit ihrem Volck zu derselben gestossen/abgehen lassen. Sub dato Torgaw am 3. Septembris Anno 1631. SLUB Dresden, Hist. Germ. C.552, 15 (= VD17 14:004710U).  Zur Schlacht von Breitenfeld vgl. Kaiser: Politik und Kriegführung (Anm. 395), S. 446 – 461; Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 78 f.  Zum kursächsischen Anteil an der Schlacht von Breitenfeld vgl. Kaiser: Politik und Kriegführung (Anm. 395), S. 448, 455 – 457. Zur schwedischen Flugblattpropaganda zugunsten Gustav Adolfs vgl. Tschopp: Heilsgeschichtliche Deutungsmuster in der Publizistik des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 1263), hier S. 149 – 157.  Vgl. ebd., S. 229 – 247.

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Somit markierten die Tage rund um die Breitenfelder Schlacht auch das endgültige Scheitern des Leipziger Bundes, denn schließlich hatten sich die protestantischen Reichsstände einst in Leipzig mit dem Ziel miteinander verbunden, die Wahrung ihrer „Libertät“ und die Abwehr des Restitutionsedikts auf der Grundlage der alten Reichs- und Reichskreisverfassung ohne ausländische Hilfe erreichen zu können. Letztlich hatte sich jedoch selbst Kursachsen dazu gezwungen gesehen, diese Politik vorerst aufzugeben und sich auf ein Bündnis mit Schweden einzulassen. Formal aufgelöst wurde der Leipziger Bund aber nie.

Zwischenfazit In der älteren Literatur herrschte lange die Einschätzung vor, die Einberufung eines umfassenden protestantischen Konvents als Reaktion auf das Restitutionsedikt sei ein originär kursächsisches Vorhaben gewesen, und Kurfürst Johann Georg habe die anderen protestantischen Fürsten erst in Leipzig zur Mitwirkung überredet.¹⁴²¹ Seit Bodo Nischans Veröffentlichungen ist diese Sicht zu Recht überholt.¹⁴²² Allerdings muss auch die von Nischan aufgestellte These, der sächsische Kurfürst sei erst im Lauf des Jahres 1630 durch Kurbrandenburg zur Ausschreibung einer großen protestantischen Versammlung angeregt und im Anschluss auf dem Leipziger Konvent zum Abschluss eines Militärbundes gedrängt worden, in Teilen korrigiert werden¹⁴²³: Die aktive Rolle Kurbrandenburgs in Leipzig und sein Einsatz zur Begründung eines neuen protestantischen Bündnisses gegen anfängliche Widerstände des kursächsischen Konventsdirektoriums kann zwar bestätigt werden, doch die ursprünglichen Ideengeber für einen protestantischen Konvent waren die Kurbrandenburger wohl nicht. Wie die Untersuchung des obersächsischen Münzprobationstags von 1629 ergab, hatten die reichsfürstlichen Stände des Obersächsischen Reichskreises schon unmittelbar nach Erlass des Restitutionsedikts im Mai 1629 für die Einberufung einer entsprechenden Versammlung votiert, noch ganz ohne kurbrandenburgische Beteiligung. Dass sich ein solcher Konvent dann erst im Februar 1631 in Leipzig konstituierte, war der nur langsamen Abkehr Kursachsens von seiner bisherigen

 So etwa bei Wedgwood: The Thirty Years War (Anm. 1372), S. 280 – 283; Ritter: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Gegenreformation und des Dreissigjährigen Krieges (Anm. 1312), hier Bd. 3, S. 480 – 483.  Vgl. Bodo Nischan: Reformed Irenicism an the Leipzig Colloquy of 1631, in: CEH 9 (1976), S. 3 – 26; Nischan: Brandenburg’s Reformed Räte and the Leipzig Manifesto of 1631 (Anm. 1282), hier insbesondere S. 365 f.  Vgl. ebd., S. 379 f.

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ausgesprochen kaisernahen und auf das Kurkolleg fokussierten Reichspolitik geschuldet. Die kursächsische Haltung änderte sich erst, nachdem im Lauf des Regensburger Kurfürstentags von 1630 offensichtlich geworden war, dass sich die durch das Restitutionsedikt massiv verschärften konfessionellen Gegensätze im Reich nicht im kleinen Kreis von Kaiser und Kurfürsten lösen lassen würden und die katholische Partei begann, durch die Exekution des Edikts Fakten zu schaffen. Einen offenen Krieg mit Kaiser und Liga wollte Kurfürst Johann Georg jedoch sofern nur irgend möglich vermeiden, weshalb der Leipziger Konvent zumindest nach der ursprünglichen Konzeption Kursachsens noch nicht unbedingt zur Gründung eines neuen Militärbundes hätte führen müssen. Stattdessen wurden offenbar bis zuletzt noch größere Hoffnungen auf den geplanten Kompositionstag gesetzt. Als dann aber in Leipzig ein militärischer Zusammenschluss der protestantischen Reichsstände durch Kurbrandenburg auf die Tagesordnung gebracht und umgehend auf große Zustimmung der Konventsmehrheit gestoßen war, rückte die Kreisverfassung in den Mittelpunkt aller weiteren Überlegungen: Mit ihr schien es zumindest aus Sicht vieler protestantischer Stände, darunter letztlich auch Kursachsen, möglich, eine reichsständisch-protestantische Militärmacht zum Schutz der eigenen Territorien vor weiteren Übergriffen aufzubauen und gegen die weitere Exekution des Restitutionsedikts einschreiten zu können, ohne direkt gegen die Reichskonstitutionen zu verstoßen und den Katholiken einen Kriegsgrund zu liefern. Dazu nahmen die Bündnisschließenden auch eine dezentrale Heeresorganisation auf Basis einzelner Reichskreise in Kauf, die sich dann allerdings als zu schwach erwies, dem umgehend erfolgten militärischen Gegenschlag von Kaiser und Liga etwas entgegenzusetzen. Die noch während des Leipziger Konvents bei den protestantischen Reichsständen vorherrschende Hoffnung, die Anlehnung ihres neuen Bundes an die Kreisverfassung würde diesem auch in den Augen der katholischen Partei eine gewisse Legitimität verschaffen, erfüllte sich nicht. Weder der Kaiser noch die Ligafürsten erkannten die Rechtmäßigkeit der protestantischen Rüstungsmaßnahmen zu irgendeinem Zeitpunkt an und attackierten den Leipziger Bund umgehend wie eine feindliche Macht. Damit reagierte die katholische Partei auf die Bewaffnung der protestantischen Reichskreisorganisationen des Leipziger Bundes kaum anders, als dies bereits fünf Jahre zuvor im Fall des aufrüstenden Niedersächsischen Reichskreises erfolgt war. Faktisch sprach der Kaiser mit seinem Vorgehen den protestantischen Reichsständen ein „jus armorum et foederum“ ab, selbst wenn diese es nur über den Umweg der Reichsexekutionsordnung beziehungsweise der Reichskreise wahrzunehmen gedachten.¹⁴²⁴

 Vgl. zur Thematik grundlegend auch Dirk Götschmann: Das Jus Armorum. Ausformung und

4 „Schwedenkreistage“ und Heilbronner Bund

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Dass sich die Leipziger Bundesgenossen nicht auf eine Annäherung an Schweden und Frankreich eingelassen hatten, wurde ihnen von kaiserlich-katholischer Seite nicht weiter gedankt. Auch darf durchaus bezweifelt werden, ob es dem Leipziger Bund gelungen wäre, längerfristig mit Gustav Adolf den Frieden zu halten. Jedenfalls hatte der Leipziger Konvent kein Konzept entwickelt, wie mit dem Schwedenkönig weiter verfahren werden sollte, wenn sich dieser nicht darauf einlassen würde, die protestantischen Reichsstände ihre Konflikte mit Kaiser und Liga selbst regeln zu lassen und vom Reichsboden wieder abzuziehen.¹⁴²⁵ Letztlich wurde der Bund von seinen Gegnern bereits zerschlagen, noch ehe er seine endgültige militärische wie institutionelle Gestalt erhalten hatte. Als dann die kaiserlich-ligistische Armee Anfang September 1631 zum Angriff auf Kursachsen ansetzte, war von dem Bündnis nur noch ein obersächsisch-kursächsischer Torso übrig.

4 „Schwedenkreistage“ und Heilbronner Bund. Die Reichskreise in der „Schwedenzeit“, 1631 – 1635 Tillys verheerende Niederlage bei dem vor den Toren Leipzigs gelegenen Breitenfeld am 17. September 1631 veränderte nicht nur die militärischen Kräfteverhältnisse im Reich von einem Moment auf den anderen fundamental. Sie erschütterte auch die zuletzt herrschenden Bündniskonstellationen nachhaltig, markierte sie doch die endgültige Aufgabe der bisher von Kursachsen im Rahmen des Leipziger Bundes verfolgten Neutralitätspolitik zugunsten eines Bündnisses mit Schweden.¹⁴²⁶ Im protestantischen Deutschland stieß der große Sieg der kursächsischschwedischen Waffenbruderschaft bei Breitenfeld auf immense Resonanz, schien sich mit ihr doch plötzlich die Möglichkeit zu ergeben, die seit der Zerschlagung des Leipziger Bundes drückende Dominanz katholischer Heere im Reich brechen zu können.¹⁴²⁷ Doch noch war weitgehend ungeklärt, in welcher Form eine mili-

politische Bedeutung der reichsständischen Militärhoheit bis zu ihrer definitiven Anerkennung im Westfälischen Frieden, in: BlldtLG 129 (1993), S. 257– 276.  Zur Reaktion Gustav Adolfs auf den Leipziger Konvent vgl. Nischan: Reformed Irenicism an the Leipzig Colloquy of 1631 (Anm. 1422), S. 25; Wittich: Magdeburg, Gustav Adolf und Tilly (Anm. 1278), S. 620 – 623.  Vgl. Kaiser: Politik und Kriegführung (Anm. 395), S. 446 – 461.  Zu den militärischen, psychologischen und propagandistischen Auswirkungen der Schlacht von Breitenfeld vgl. Michael Roberts: Gustaf Adolf and the Art of War, in: Essays in Swedish history, hrsg. v. Michael Roberts. London 1967, S. 56 – 81, hier 72– 74; Kaiser: Politik und

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I Reichskreise und konfessionelle Bünde, 1608 – 1635

tärische Kooperation protestantischer Reichsstände mit Gustav Adolf überhaupt erfolgen sollte. Würde die Kreisverfassung des Reiches dabei nochmals eine ähnlich zentrale Rolle spielen, wie dies im Leipziger Bund der Fall gewesen war? Im Folgenden gilt es zu untersuchen, wie sich Schweden zu einzelnen Reichskreisen und zur Kreisverfassung im Allgemeinen im Fortgang des Krieges bis zum Prager Frieden positionierte und wie die protestantischen Reichs- und Kreisstände im selben Zeitraum auf Kreisebene agierten.

4.1 Besatzungsherrschaft und Selbstbehauptungsversuche: Gustav Adolf und der Fränkische, Schwäbische und Niedersächsische Reichskreis Der Schwedenkönig hatte schon seit seiner Landung im August 1630 kontinuierlich um Verbündete im Reich geworben, doch lange Zeit kaum Erfolg gehabt.¹⁴²⁸ Statt mit Schweden hatte der Großteil der deutschen Protestanten eine engere Verbindung untereinander bevorzugt, und mit ihren partikularen Reichskreisorganisationen und dem Leipziger Bund eine eigene Organisationsstruktur aufgebaut, die ersichtlich auf reichsrechtliche Legitimität bedacht blieb und auch bewusst auf die Aufnahme ausländischer Herrscher verzichtete. Bei dieser Haltung waren die Leipziger Bundesgenossen noch den ganzen Sommer 1631 geblieben, was zuletzt noch im Juni 1631 eine Gesandtschaft Gustav Adolfs zu den protestantischen Kreisorganisationen des Oberrheinischen, Schwäbischen und Fränkischen Reichskreises erfahren musste, die keinerlei Erfolg hatte.¹⁴²⁹ Erst die Zerschlagung des Leipziger Bundes als eigenständiger militärischer Machtfaktor und der überragende Sieg bei Breitenfeld eröffnete der schwedischen Bündnispolitik wieder neue Bündnisoptionen im Reich. Nicht zuletzt aufgrund der Stoßrichtung

Kriegführung (Anm. 395), S. 462– 470; Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 78 f.  Vgl. Johannes Kretzschmar: Gustav Adolfs Pläne und Ziele in Deutschland und die Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens, 17). Hannover 1904, S. 170 – 173; ders.: Der Heilbronner Bund. 1632– 1635, 3 Bde. Lübeck 1922, Bd. 1, S. 6 – 9; Sigmund Goetze: Die Politik des schwedischen Reichskanzlers Axel Oxenstierna gegenüber Kaiser und Reich (Beiträge zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 3). Kiel 1971, S. 67– 74.  Gustav Adolf hatte den Obristen Philipp von Liebenstein mit der Aufnahme entsprechender Bündnisverhandlungen beauftragt. Am 27. Juni 1631 sprach der Gesandte bei Markgraf Christian von Kulmbach vor, wurde von diesem aber nach kurzer Audienz wieder mit der Begründung fortgeschickt, weitere Verhandlungen mit Schweden seien Sache einer künftigen gemeinsamen Delegation aller protestantischen Stände des Fränkischen Reichskreises, vgl. Hübsch: Das Hochstift Bamberg und seine Politik unmittelbar vor dem ersten Einfalle der Schweden 1631 (Anm. 682), S. 88 f.

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des schwedischen Vormarsches in den Tagen und Wochen nach der Vernichtung des kaiserlich-katholischen Heeres fokussierten sich die schwedischen Bündnisbestrebungen im Herbst 1631 zuerst auf den Fränkischen Reichskreis, dessen Grenzen die schwedische Hauptarmee bereits Anfang Oktober 1631 überschritt.¹⁴³⁰ Denn auch wenn der Vorstoß des Schwedenkönigs in Richtung der katholischen Hochstifte an Main und Rhein reiche Kriegsbeute versprach, so entfernte sich das schwedische Heer doch zugleich immer weiter von seinen bisherigen Nachschublinien entlang von Oder und Elbe, und musste seinen künftigen Unterhalt mehr denn je aus erobertem Feindesland bestreiten – oder mittels freiwilliger Unterstützung von Verbündeten. Zu diesem Zweck initiierte Gustav Adolf schon kurz nach der Kapitulation Würzburgs am 15. Oktober 1631 eine administrative Reorganisation der von ihm eroberten katholischen Gebiete, um diese ganz in den Dienst der schwedischen Heeresversorgung zu stellen.¹⁴³¹ Parallel dazu lud er alle protestantischen Stände des Fränkischen Kreises nach Würzburg ein, um ihnen seine Vorstellungen für eine künftige Kooperation der Kreisstände mit Schweden mitzuteilen.¹⁴³² Im Grunde sollte die Würzburger Versammlung einem protestantischen Partikularkreistag unter schwedischer Führung entsprechen, an dessen Ende der Abschluss eines Allianzvertrags beabsichtigt war, der die fränkischen Protestanten fest an Schweden binden würde. Mit der fränkischen Reichsritterschaft hatte der Schwedenkönig bereits kurz nach seinem Einmarsch in Franken eine entsprechende Vereinbarung aushandeln können, die ihm die feste Zusage monatlicher

 Vgl. Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 80; zum Vormarsch der Schweden in Franken detailliert Hübsch: Das Hochstift Bamberg und seine Politik unmittelbar vor dem ersten Einfalle der Schweden 1631 (Anm. 682), S. 60 – 71. Die einzelnen Stationen Gustav Adolfs und seine dabei an fränkische Kreisstände erlassenen Mandate gab auch eine in propagandistischer Absicht veröffentlichte Flugschrift wieder: Glücklicher Progreß Der Glorwürdigsten Victorien des Großmächtisten Königs zu Schweden […] item Königl. May. zu Schweden Mandat an den Fränckischen Kreyß. o.O. 1631. Das hierin abgedruckte Mandat richtet sich allerdings nur an die Lehnsleute Würzburgs, nicht an den ganzen Reichskreis. Ein Mandat an alle (protestantischen) Kreisstände erfolgte am 24. Oktober.  Zum administrativen Umbau der schwedisch besetzten fränkischen Hochstifte und der Schaffung des „Herzogtums Franken“ aus den Territorien Würzburgs und Bambergs vgl. Deinert: Die schwedische Epoche in Franken von 1631– 1635 (Anm. 683), hier vor allem S. 63 – 77; 94– 162; Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 112.  Vgl. Hübsch: Das Hochstift Bamberg und seine Politik unmittelbar vor dem ersten Einfalle der Schweden 1631 (Anm. 682), S. 89 f.; Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635) (Anm. 1051), S. 130 – 135.

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Unterstützungszahlungen und sogar die faktische Anerkennung als neuen obersten Lehnsherren der Ritterschaft gesichert hatte.¹⁴³³ Doch entgegen den Erwartungen des Königs agierten die fränkischen Kreisstände ungleich zurückhaltender als die Reichsritterschaft. In Würzburg fanden sich lediglich Vertreter von Kulmbach, Ansbach und Nürnberg ein, die sich dann auch noch als schwierige Verhandlungspartner erwiesen.¹⁴³⁴ Die drei Kreisstände hatten sich bereits im Vorfeld der Würzburger Verhandlungen untereinander darauf verständigt, einen offenen Bruch mit dem Kaiser nach Möglichkeit noch hinauszuzögern um die weitere militärische Entwicklung abzuwarten, und gedachten Schweden vorerst nur finanzielle Zugeständnisse zu machen.¹⁴³⁵ In zweifellos beabsichtigter Parallelität zu ihrer letzten Kreishilfebewilligung an den Kaiser boten Kulmbach, Ansbach und Nürnberg Gustav Adolf die Zahlung von 72 Römermonaten an, bestanden aber zugleich darauf, dass sich der König für weitere Bündnisverhandlungen bis zu einem regulären Kreistag gedulden müsse.¹⁴³⁶ Neben einem Zeitgewinn verbanden die Kreisstände mit dieser Forderung auch die Hoffnung, ihre eigene Verhandlungsposition gegenüber dem schwedischen Monarchen dadurch zu verbessern, indem sie diesem nicht einzeln, sondern mittels eines Kreistags gemeinsam in Gestalt des Fränkischen Reichskreises

 Die verschiedenen Vereinbarungen zwischen Gustav Adolf und Vertretern der Reichsritterschaft wurden zwischen dem 9. und 30. Oktober 1631 geschlossen. Darin sicherte Gustav Adolf der Ritterschaft die volle Reichsunmittelbarkeit, das Reformationsrecht und die Einbeziehung in den Augsburger Religionsfrieden zu. Durch die Annahme der entsprechenden Privilegien erkannten die Reichsritter den König sogar faktisch als Reichsoberhaupt an, vgl. Deinert: Die schwedische Epoche in Franken von 1631– 1635 (Anm. 683), S. 63 – 67.  Die hohe Abwesenheitsquote der protestantischen Kreisstände bewog Gustav Adolf zu Mahnschreiben, in denen er den fränkischen Protestanten einen mangelnden Kooperationswillen und „papistische Züge“ vorwarf, vgl. Hübsch: Das Hochstift Bamberg und seine Politik unmittelbar vor dem ersten Einfalle der Schweden 1631 (Anm. 682), S. 90.  Vgl. StAN: Markgraftum Brandenburg-Ansbach, Kreistagsakten 69, Nr. 172 (neu 538), Christian von Kulmbach an die Regierung von Ansbach, Bayreuth, 15. Oktober 1631, unfol.; zur weiteren Korrespondenz zwischen Ansbach, Kulmbach und Nürnberg vgl. auch ebd., Nr. 171 (neu 537); Nr. 176 (neu 546); Nr. 179 (neu 552); vgl. ferner Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635) (Anm. 1051), S. 131.  Die Verhandlungen fanden Anfang November statt, die Bewilligung selbst erfolgte am 2. November 1631, vgl. Deinert: Die schwedische Epoche in Franken von 1631– 1635 (Anm. 683), S. 87 f. Die vorangegangenen Absprachen unter den fränkischen Kreisständen hatten auf einer eigenen Konferenz in Heilsbronn bei Ansbach vom 21. bis 23. Oktober stattgefunden, vgl. ebd., S. 85 f.; Hübsch: Das Hochstift Bamberg und seine Politik unmittelbar vor dem ersten Einfalle der Schweden 1631 (Anm. 682), S. 90 f.

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gegenübertraten. Dass es sich bei einer solchen Kreisversammlung letztlich nur um einen protestantischen Partikularkreistag handeln konnte, war angesichts der schwedischen Besetzung der fränkischen Hochstifte bereits abzusehen. Nur der Bischof von Bamberg hielt sich noch auf Kreisgebiet auf, allerdings hatte er sich bereits mit kurbayerischen Hilfstruppen in seiner Landesfestung Forchheim verschanzt.¹⁴³⁷ Infolgedessen beanspruchte Markgraf Christian das Ausschreibeamt im Reichskreis vorerst alleine für sich und übernahm die Organisation des Gustav Adolf zugesagten Kreistags ohne Bamberg, das aber immerhin noch pro forma zu der Versammlung eingeladen wurde.¹⁴³⁸ Der für den 18. November geplante Konvent der evangelischen Kreisstände musste dann aber aufgrund eines Vorstoßes Tillys mit einer neu gesammelten Armee wieder abgesagt werden.¹⁴³⁹ Die Präsenz zweier Armeen im Fränkischen Kreis – der schwedischen im Westen, der kaiserlichen im Osten – führte jedoch noch einmal zu einem regen Briefwechsel zwischen Bamberg und Kulmbach, die den jeweils anderen Fürsten in Berufung auf die langjährige friedliche Nachbarschaft und gute Kooperation als Kreisausschreibende Fürsten um Vermittlung bei Tilly bzw. Gustav Adolf baten.¹⁴⁴⁰ Der Bamberger appellierte dabei vor allem an das Amtsverständnis des Markgrafen, der bisher stets „von Craiß Obristen Ambts wegen ein sorgfeltig wachendtes aug gehabt vnnd alle widerwerttigkheiten von den Craißverwandten abwendten“ geholfen habe.¹⁴⁴¹ Ein andermal wurde der Markgraf um „Interponirung, dem ganzen Crais zu guetem“ ersucht.¹⁴⁴² Eine Weile kam dieser den Bitten des Bischofs auch nach und bat beispielsweise Herzog Bernhard von Weimar, Angriffe auf Bamberg zu unterlassen, um den Fränkischen Kreis nicht völlig in den Ruin zu treiben.¹⁴⁴³  Vgl. Weiss: Das exemte Bistum Bamberg (Anm. 679), S. 415, 418; Hübsch: Das Hochstift Bamberg und seine Politik unmittelbar vor dem ersten Einfalle der Schweden 1631 (Anm. 682), S. 72– 85.  Vgl. Deinert: Die schwedische Epoche in Franken von 1631– 1635 (Anm. 683), S. 89.  Vgl. Weber: Würzburg und Bamberg im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 871), S. 51.  Vgl. die diesbezügliche Korrespondenz zwischen Markgraf Christian und Bischof Johann Georg bis Februar 1632 in StABa: Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 4028, fol. 180r; 259r – 261v.; 264r; 312r – 313v; vgl. ferner Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635) (Anm. 1051), S. 139 – 144.  Vgl. StABa: Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 4028 (Anm. 1440), Bischof Johann Georg an Markgraf Christian, Forchheim, 17. Oktober 1631, fol. 308r – 310v, Zitat 308r.  Vgl. ebd., „Der fürstlichen bambergischen herrn Abgesandten Anbringen, Kulmbach, 2. Februar/23. Januar 1632“, fol. 259r–261v., Zitat 262r.  Vgl. ebd., Memorial des Kulmbacher Gesandten Georg Albrecht von Haugwi(t)z an Ernst und Bernhard von Weimar, Plassenburg, 5 Dez. 1631 (Konzept), fol. 395r–396v.

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Doch allzu lang hielt die konfessionsübergreifende Solidarität zwischen den Kreisfürsten nicht mehr an, denn schon im Februar 1632 nutzten Kulmbacher Einheiten den ersten schwedischen Ansturm auf die Stadt Bamberg dazu, um von mehreren bambergischen Dörfern Schutzgelder zu erpressen, woraufhin Bischof Johann Georg seinen Kontakt zu Markgraf Christian abbrach.¹⁴⁴⁴ Dennoch hielt sich Kulmbach zu diesem Zeitpunkt zusammen mit den bedeutendsten protestantischen Kreisständen Frankens noch immer von einer vertraglich fixierten Einbindung in die schwedische Kriegsführung fern.¹⁴⁴⁵ Lange war dies aber nicht mehr möglich. Im März marschierte der zuvor zeitweise in Mainz residierende Gustav Adolf mit seinem Hauptheer wieder durch den Fränkischen Kreis, um über die Donau und das östliche Schwaben nach Bayern vorzurücken. Auf dem Durchmarsch zwang er nun verschiedene Kreisstände zum Abschluss von „Spezial-Allianzen“, die diese dauerhaft an Schweden banden und mit längerfristigen Kontributionsverpflichtungen und Truppenstellungen verbunden waren. Dies traf auch auf die stolze Reichsstadt Nürnberg zu, die sich noch im Februar 1632 um die Errichtung eines von Schweden unabhängigen Reichsstädtebundes bemüht hatte, dann aber doch dem Ende März vor der Stadt aufziehenden Gustav Adolf die Tore und das Zeughaus öffnen und einen Bündnisvertrag unterzeichnen musste.¹⁴⁴⁶ Die Reichsstadt erhielt im Gegenzug katholische Besitzungen innerhalb und außerhalb ihrer Mauern zugesprochen, so wie auch viele andere neue und alte Vasallen des Schwedenkönigs mit zum Teil umfangreichen Donationen bedacht wurden.¹⁴⁴⁷ Mit dieser auf militärischen Drohgebärden und Donationen fußenden Politik schuf Gustav Adolf im Fränkischen Reichskreis von Februar bis April 1632 bündnispolitische Fakten, ohne noch weiter auf die Entscheidungsfindung eines protestantischen Partikularkreistags gewartet zu haben. Dies bedeutete jedoch

 Der Bischof beklagte sich, dass des Markgrafen „aigne Leüth vnnd diener mit blündern“ und Stiftsgebieten gegen Geld einen „vermainten Schutz“ aufzwängen. Der Markgraf müsse „solche Vnzimblichaiten abstellen vnd vnns zum wenigsten an Ihrem ortt nit also verfolgen laßen.“ ebd., Bischof Johann Georg an Markgraf Christian, „Stadt Vielß“ (Vilseck/Oberpfalz), 21. Februar 1632, fol. 312r – 313v, Zitat 312v. Vgl. ferner Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635) (Anm. 1051), S. 144 f.  Vgl. ebd., S. 147; Weber: Würzburg und Bamberg im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 871), S. 131 f.;  Vgl. Weigel: Franken im Dreißigjährigen Kriege.Versuch einer Überschau von Nürnberg aus (Anm. 53), hier S. 35.  Zur schwedischen Donationspolitik im Fränkischen Reichskreis vgl. Deinert: Die schwedische Epoche in Franken von 1631– 1635 (Anm. 683), S. 131– 162, die Donationen an Nürnberg (u. a. das „Deutsche Haus“) sind aufgeführt bei Weiss: Das exemte Bistum Bamberg (Anm. 679), S. 418.

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nicht, dass der Schwedenkönig sein Interesse am Fränkischen Reichskreis als politische Institution verloren hätte, ganz im Gegenteil. Parallel zu den Bemühungen um vertragliche Übereinkünfte mit einzelnen Kreisständen arbeitete Schweden an einer grundlegenden Umgestaltung der fränkischen Reichskreisorganisation, um sie ganz in den Dienst der eigenen Kriegsführung stellen zu können. Dazu gehörte die Einführung einer ganzen Reihe personeller und normativer Neuerungen im militärischen, administrativen und währungspolitischen Bereich. Die erste und vielleicht wichtigste Maßnahme war die Ernennung des Grafen Kraft von Hohenlohe zum Generalstatthalter für den Fränkischen Reichskreis, einem Amt, das die Kreisverfassung bisher gar nicht vorgesehen hatte.¹⁴⁴⁸ Die Ernennung Kraft von Hohenlohes zum „General Statthalter vnd ober Commendanten im gantzen Fränckischen Craiß“ erfolgte laut dem von Gustav Adolf unterzeichneten Ernennungspatent dazu, „daß Er vnsern Kriegs Statt dirigiren, vnd alles was zu haltung guter Disciplin, Ordre vndd Iustiz: (doch einem jedwedern Stand deß Fränckischen Craisses an seiner Iurisdiction, vnd desselben gerühigen Exercicio vnpræjudicirlich) Auch Abstellung der bißhero verübten Desordre vnd enormen Excessen dienlich / in acht nemmen / vnd zu Werck richten soll vnd mag.“ Im Rahmen seines Statthalteramts sollte der Graf auch berechtigt sein, Einquartierungen und die Einrichtung von Musterplätzen nach eigenem Gutdünken im Reichskreis vorzunehmen.¹⁴⁴⁹ Zudem hatten sämtliche Kreisstände Hohenlohe als neuen Oberbefehlshaber aller schwedischen wie kreisständischen Truppen im Reichskreis anzuerkennen und den Militärbefehlen des Statthalters generell nachzukommen.¹⁴⁵⁰ Den Kreisständen wurde lediglich zugestanden, auf Kosten ihrer Kreiskasse und unter Einbeziehung der fränkischen Reichsritterschaft ein Kollegium von Kriegsräten einzurichten, das dem Generalstatthalter beratend zur Seite gestellt werden sollte.¹⁴⁵¹ Wie die umfassenden Kompetenzen

 Ein Original des Ernennungspatents findet sich in StABa: Markgraftum BrandenburgBayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 2725, „Königl: Schwed: Patent darinnen herrn Graff Crafft zu Hohenloe für den General-Statthaltern vnd Ober Commendanten, zu hegung der Kriegsdisciplin in frönk: Crais declariret wird“, Frankfurt, 26. Februar 1632 (alter Stil), unfol.  „damit die Quartier vnd Musterplätz nach eines jeden Orts Qualität vnd gelegenheit angestellet / vnd keinem vber Gewalt vnd vber Macht / Beschwehrung zu klagen vrsach geben / gute Disciplin vnd Iustiz gehalten / Alle Desordres abgeschafft / Excessen vnd Exorbitantien gestrafft / vnd die Vnderthonen vnd Einwohner bey jhrer Nahrung vnd Handlung gerühig gelassen werden.“, zitiert nach ebd., unfol.  Der Statthalter sollte für die genannten Zuständigkeiten im Namen Gustaf Adolfs volle Befehls- und Ordnungsgewalt im Reichskreis haben; danach hätten sich auch die „gesambte Fränckischen Craisses Stände […] zu richten“, zitiert nach ebd., unfol.  Vgl. Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), hier 445; Deinert: Die schwedische Epoche in Franken von 1631– 1635 (Anm. 683), S. 65, 79.Vgl. auch StABa:

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des Generalstatthalters mit der Reichs- und Kreisverfassung im Allgemeinen und dem Kreisobristenamt im Besonderen in Einklang gebracht werden konnten, war dem Ernennungspatent bezeichnenderweise nicht zu entnehmen. Immerhin gedachte sich der Schwedenkönig die Ernennung Kraft von Hohenlohes noch nachträglich von einem Kreistag absegnen zu lassen, und hielt Markgraf Christian im Februar und März 1632 mehrmals um die Ausschreibung eines entsprechenden Konvents der evangelischen Kreisstände an.¹⁴⁵² Nach gewissen Verzögerungen durch das nochmalige Erscheinen Tillys auf Kreisgebiet kam ein solcher Partikularkonvent erst im April 1632 in Nürnberg zustande.¹⁴⁵³ Mit einem allgemeinen Kreistag war die Versammlung nur noch in Ansätzen vergleichbar, denn es erschienen insgesamt nur acht kreisständische Gesandtschaften.¹⁴⁵⁴ Die Beschickung des Kreistags stand damit in einem krassen Missverhältnis zu den Forderungen der Kreistagsproposition, die diesmal völlig vom schwedischen Kommissar Martin Chemnitz bestimmt wurde, und noch weit über die Indienstnahme Hohenlohes hinausging. So forderte der Kommissar zusätzlich „einen bestendigen Schluß“ über eine dauerhafte monatliche Kontribution aller Kreisstände in Höhe von mindestens 12 Römermonaten und die umgehende Auszahlung der bereits zugesagten 72 Römermonate. Darüber hinaus müssten schwedische Kupfermünzen im Reichskreis für „gültig vnnd gebig“ erklärt werden.¹⁴⁵⁵ Zuletzt sollten sich die Kreisstände auch noch dazu verpflichten, alle ihnen verbliebenen Streitkräfte Schweden zur erneuten Erstürmung Bambergs

Hochstift Bamberg, Geheime Kanzlei, Nr. 65 (Anm. 791), „Ritter Conuent vnd Ausschuss Tag aller Reichs Ritter Orth in Franckhen“, Würzburg, 11. April 1632 (Abschrift), fol. 7r – 12v, hier fol. 10r.  Vgl. Deinert: Die schwedische Epoche in Franken von 1631– 1635 (Anm. 683), S. 79.  Ein Original des Kreistagsrezesses findet sich unter StABa: Fränkischer Kreis, Kreisarchiv Nr. 262 1632, Nürnberg, 18. April 1632 (alter Stil), unfol. Den genauen Wortlaut der Ausschreiben, des Kreistagsabschieds und eines Kreistagsprotokolls gemäß Ansbacher Kreistagsakten bietet Schümann: Der Fränkische Kreistag im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 52), Bd. 2, S. 58 – 78.  Am Kreistagsrezess beteiligten sich Gesandte folgender Kreisstände: Kulmbach; Ansbach; Löwenstein-Wertheim, auch stellvertretend für Erbach; Coburg für Römhild, stellvertretend auch für die Henneberger Regierung in Meiningen; Nürnberg; Windsheim; Schweinfurt, vgl. den Originalrezess, StABa: Fränkischer Kreis, Kreisarchiv Nr. 262 (Anm. 1453), Nürnberg, 18. April 1632 (alter Stil), unfol.  Vgl. ebd., unfol. (Blatt 1r–1v). Vergleichbare Forderungen finden sich in Bündnisverträgen Schwedens mit einzelnen Reichsfürsten, so beispielsweise im Allianzvertrag Gustav Adolfs mit den Herzögen von Mecklenburg, die die Annahme schwedischer Münzen in ihren Territorien gestatten mussten, vgl. Schnell: Mecklenburg zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges 1603 – 1658 (Anm. 505), S. 77.

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und der bischöflichen Landesfestungen Forchheim und Kronach zur Verfügung zu stellen, die Landesaufgebote inbegriffen.¹⁴⁵⁶ Alle Forderungen zusammen bedeuteten nichts anderes als eine revolutionäre Umgestaltung der Kreisverfassung in verschiedenster Hinsicht, von der Einführung einer zeitlich unbefristeten Kontributionspflicht über die Aufgabe jeglicher Militärhoheit bis hin zur Preisgabe aller geltenden Münzgesetze. Der Widerstand gegen jeden einzelnen Punkt der schwedischen Proposition fiel dann auch entsprechend deutlich aus. Mit Hinweis auf die nach kreisständischer Auffassung noch immer prinzipiell gültigen Reichsgesetze, insbesondere die Reichsexekutionsordnung und die Reichsmünzordnung, aber auch das Herkommen im Fränkischen Reichskreis lehnten die Kreistagsgesandten sämtliche Forderungen selbstbewusst ab und boten lediglich an, einzelne Propositionspunkte ihren Herren nochmals zur späteren Entscheidungsfindung vorzulegen.¹⁴⁵⁷ Auch die Generalstatthalterschaft Hohenlohes wollten sie nur für die schwedischen Truppen anerkennen, und „von Craißwegen bestellet vnnd verführet werden“ dürfe das Statthalteramt ebenso wenig.¹⁴⁵⁸ Einen direkte Zugriff Schwedens auf die Kreisorganisation lehnten die Kreisstände somit ab. Lediglich die fränkischen Reichsritter, die wenige Tage vor den Kreisständen in Würzburg zusammengetreten waren, gaben den Forderungen Gustav Adolfs in fast jeder Hinsicht nach, forderten aber im Gegenzug, „das der Reichs Adel in Franckhen vff denn Reichs vnd Craiß Tägen seine Session, vnnd zwar vor denn Reichs Statten, auch sein freÿes Votum haben möge.“¹⁴⁵⁹ Ob König Gustav Adolf zur tatsächlichen Umsetzung derart folgenreicher Forderungen mit all ihren Konsequenzen für die Kreisverfassung auch bereit war, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Im Fränkischen Reichskreis erlangte die Frage einer Kreisstandschaft der Reichsritterschaft jedenfalls vorerst keine praktische Relevanz, da

 Vgl. StABa: Fränkischer Kreis, Kreisarchiv Nr. 262 (Anm. 1453), unfol. (Blatt 1v). Über die Bewaffnung der Landesaufgebote und ihre Zuführung an Schweden wurde Ende Januar 1631 nochmals auf einer Versammlung mehrerer fränkischer Kreisstände und sogar dreier schwäbischer Reichsstädte in Rothenburg beraten, vgl. HStASt: A 29 Bü. 76, „Schwedischer Conventstag zue Rottenburg, 21. Januarÿ 1632“, pag. 47– 50.  Vgl. StABa: Fränkischer Kreis, Kreisarchiv Nr. 262 (Anm. 1453), unfol. (Blatt 2v).  „[…] do aber dieses General Commando, den Verstandt haben, das es von Craißwegen bestellet vnnd verführet werden solle, So hette mann albereit hierinnen in Reichs: Craiß Verfaßungen vnnd Execution ordnungen richtige vnnd vorgeschriebene maas, darvon die Craiß Ständte noch zur Zeit nicht gerne weichen, oder dieselben anderweit extendiren laßen wollen.“, zitiert nach ebd., unfol. (Blatt 4v).  Eine Abschrift des Rittertagsabschieds findet sich unter StABa: Hochstift Bamberg, Geheime Kanzlei, Nr. 65 (Anm. 791), „Ritter Conuent vnd Ausschuss Tag aller Reichs Ritter Orth in Franckhen“, fol. 7r – 12v, Zitat ebd., 8v.

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Gustav Adolf bis zu seinem Tod keine weiteren Versuche mehr unternahm, seine Kriegsführung und Militärpolitik im Fränkischen Reichskreis durch einen neuen Kreistag legitimieren zu lassen. Wirklich beachtet zu haben scheint der Schwedenkönig die Willensbekundungen der protestantischen Kreisstände im Anschluss an den Partikularkreistag vom April 1632 sowieso nicht: Bereits einen Monate nach der Nürnberger Versammlung kommandierte der König seinen Generalmajor Balthasar Jacob von Schlammersdorff nach Franken ab, damit dieser „dem nothleidenden Frenikischen Creÿß zum besten“ alle militärischen Kräfte der Kreisstände bis hin zu ihren Landesaufgeboten „mit volliger gewalt“ übernehme.¹⁴⁶⁰ Christian von Kulmbach gestand er lediglich noch das Recht zu, die Ankunft des schwedischen Generalmajors den anderen Kreisständen mitzuteilen. Von seinen ursprünglichen Befugnissen als Kreisobrist waren dem Markgrafen nicht mehr viele übrig geblieben. Von der Wahrung der verfassungsmäßigen Freiheiten und Rechte der protestantischen Kreisstände von Seiten Schwedens konnte im Fränkischen Reichskreis keine Rede mehr sein. Im benachbarten Schwäbischen Reichskreis verfolgte der Schwedenkönig eine durchaus vergleichbare Bündnis- und Besatzungspolitik, traf aber anfangs noch auf eine Reichskreisorganisation, in der auch noch katholische Kreisstände aktiv waren. Die schwedische Heeresmacht erreichte die meisten Territorien des Schwäbischen Kreises erst, nachdem Gustav Adolf Franken und Teile des Rheinlands bereits fest unter seine Kontrolle gebracht hatte.¹⁴⁶¹ Die schwäbischen Kreisstände hatten somit eine gewisse Zeit, sich auf eine Ausweitung des Krieges bis in ihre Region vorzubereiten. Sowohl der Herzog von Württemberg als auch die Bischöfe von Konstanz und Augsburg stellten dabei Überlegungen an, ob und wie der Kriegsgefahr mittels einer stände- und eventuell auch konfessionsübergreifenden Reaktion auf Basis der Kreisverfassung begegnet werden konnte.

 Vgl. StABa: Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 2725 (Anm. 1448), ohne Nummer (Altsignaturvermerk: Raritäten-Selekt Nr. 112), König Gustav Adolf II. an Markgraf Christian, Memmingen, 26. Mai 1632, unfol.; die Kommandoübernahme Schlammersdorffs im Feld erfolgte Anfang Juni 1632, vgl. Johann Heilmann: Kriegsgeschichte von Bayern, Franken, Pfalz und Schwaben. 1506 bis 1651. Bd. 2, 2. Abteilung: Kriegsgeschichte von 1634– 1651 und Kriegswesen von 1598 – 1651. München 1868, S. 350.  Im Dezember 1631 befand sich bereits Heilbronn in schwedischer Hand, Württemberg und Oberschwaben blieben aber noch bis zum April 1632 von größeren Kampfhandlungen verschont. Vgl. Theodor Schott: Württemberg und Gustav Adolf 1631 und 1632, in: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte N. F. 4 (1895), S. 343 – 402, hier 368; Peter Engerisser: Von Kronach nach Nördlingen. Der Dreißigjährige Krieg in Franken, Schwaben und der Oberpfalz 1631– 1635. Weißenstadt 2004, S. 20 – 34.

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Dass gleich drei bedeutende Kreisfürsten ihre Hoffnungen auf die Kreisorganisation setzten, war angesichts der Ereignisse im Reichskreis im Lauf des Jahres 1631 nicht selbstverständlich: Noch im Sommer waren sich die meisten Kreisstände in konträren Militärbündnissen, der Liga und dem Leipziger Bund, bewaffnet gegenüber gestanden – zumindest so lange, bis eine kaiserliche Armee die im Aufbau befindlichen militärischen Strukturen des Leipziger Bundes in Schwaben zerschlagen und Besatzungstruppen in verschiedene protestantische Territorien gelegt hatte. Doch der sich nähernde Krieg wurde von den Kreisständen unabhängig von ihrer konfessionellen Zugehörigkeit als Bedrohung wahrgenommen, was die Kooperationswilligkeit wieder deutlich erhöhte. In Ostschwaben, dem „Augsburger Viertel“ des Schwäbischen Reichskreises, hatte Bischof Heinrich von Knöringen bereits vor der Breitenfelder Schlacht Absprachen mit dem Fürststift Kempten, den Fuggern und mehreren Reichsstädten getroffen, um im Bedarfsfall eine gemeinsame Partikulardefension der schwäbischen Kreisstände zwischen Donau, Iller und Lech rasch auf die Beine stellen zu können.¹⁴⁶² Der Idee einer Kreisdefension auf Grundlage der schwäbischen Kreisvierteleinteilung folgte auch der Konstanzer Bischof, der auf zwei „Defensionstagen“ im November 1631 und Januar 1632 in Ravensburg den Großteil der Kreisstände seines Kreisviertels für eine gemeinsame Verteidigungsanstrengung gewinnen konnte, für die auch Vorderösterreich und Teile der Ritterschaft ihre Mithilfe zusagten.¹⁴⁶³ Beide Verteidigungsbündnisse sollten in erster Linie zur Bündelung der Landesaufgebote der Kreisstände dienen und waren somit nicht dazu geeignet, einen Angriff der schwedischen Hauptarmee auf die Dauer abhalten zu können, wohl aber streifenden kleineren Verbänden etwas entgegenzusetzen.¹⁴⁶⁴ Um auch größeren feindlichen Armeen standhalten zu können, wurden am Hof des Konstanzer Bischofs in Meersburg zeitweise auch Überlegungen angestellt, die Partikulardefensionen des Augsburger und Konstanzer Kreisviertels zu einer Kreisdefension des ganzen Schwäbischen Reichskreises auszuweiten und einen Zusammenschluss mit den katholischen Ständen des benachbarten Fränkischen Kreises anzustreben.¹⁴⁶⁵ Der Konstanzer musste seine Pläne aber wieder aufgeben, als sich einige ober- und ostschwäbische Kreisstände

 Vgl. Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 456.  Zu den Teilnehmern der beiden Ravensburger Versammlungen zählten neben Konstanz auch das Fürststift Kempten, die Klöster Salem, Weingarten, Ochsenhausen, Weißenau und Rot, von den weltlichen Kreisständen vertreten waren Waldburg, Montfort, Fürstenberg, Rottweil (obwohl eigentlich zum Badischen Kreisviertel gehörig), Überlingen, Wangen und Ravensburg, vgl. ebd., S. 456 f., insbesondere Anm. 112.  Vgl. ebd., S. 457.  Vgl. Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 140.

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gegen Ende des Jahres 1631 zusehends Kurbayern zuwandten, um ihre Verteidigung der Liga anheim zu stellen und nicht einer Kreisdefension.¹⁴⁶⁶ Am Stuttgarter Herzogshof – und damit auf der protestantischen Seite – wurden zur selben Zeit vor allem zweierlei Optionen erwogen, wie mit der drohenden Ausweitung des Krieges umzugehen war. Die erste Möglichkeit bestand in einem Zusammengehen mit Gustav Adolf. Dieser hatte sich bereits unmittelbar nach der Eroberung Würzburgs an den Administrator des Herzogtums Württemberg¹⁴⁶⁷ mit der Aufforderung gewandt, es sei nun der Moment gekommen, in dem „der Schwebische Creyß, gleich sowoll alß andere, auß den langwihrigen pressuren und angedrewehter Servitut, vermittelst redtlicher Zusammensetzung der interessenten erledigt unndt hiedurch der Weg zur restitution der allgemeinen ruhe bereitete werde“. Der König trug dem Württemberger dabei ausdrücklich auf, als vornehmer Reichsstand und „Teutscher patriot“ sämtliche „mit-Creyßsstände“ für Schweden zu gewinnen.¹⁴⁶⁸ Wie schon Markgraf Christian von Kulmbach ging auch Herzog Julius Friedrich von Württemberg auf das Bündniswerben des Schwedenkönigs nicht ein, sondern suchte zuerst die Absprache mit den anderen protestantischen Ständen seines Reichskreises und konferierte deshalb mit Vertretern Baden-Durchlachs und der Reichsstadt Ulm im November 1631 in Stuttgart.¹⁴⁶⁹ Die protestantischen Stände entschieden sich dann auch völlig anders, als man es im schwedischen Lager gerne gesehen hätte, und gaben einem von Württemberg vorgestellten alternativen Bündnisplan auf Ebene der Kreisverfassung den Vorzug. Anstatt mit Schweden gegen ihre katholischen Nachbarn zu ziehen, befürworteten sie eine „Konjunktion“ des gesamten Schwäbischen Reichskreises mit dem Bayerischen Reichskreis, um gestützt auf die Militärmacht Maximilians von Bayern eine bewaffnete Neutralität einzunehmen und beide Reichskreise aus dem Kriegsgeschehen halten zu können.¹⁴⁷⁰ Ab Dezember 1631 traten sie mit ihren Plänen auch direkt an Kurfürst Maximilian heran.¹⁴⁷¹ Das Bedürfnis nach Sicherheit und Frieden wog in Stuttgart, Durlach und Ulm gegen

 Vor allem der Fürstabt von Kempten sprach sich für eine enge Anlehnung an die Liga und gegen umfassendere Kreisdefensionspläne aus, vgl. ebd., S. 141; die Bedeutung der oberschwäbischen bzw. konstanzischen Kreisdefension im Frühjahr 1632 und die die Kreisdefension ausdrücklich befürwortende Haltung Kurbayerns betont Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 458 f.  Herzog Julius Friedrich von Württemberg führte ab 1631 die Regentschaft für seinen minderjährigen Neffen Eberhard III.  Gustav Adolf an Herzog Julius Friedrich von Württemberg, Würzburg, 17. Oktober 1631, zitiert nach Schott: Württemberg und Gustav Adolf 1631 und 1632 (Anm. 1461), S. 388 f.  Vgl. Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 142– 144.  Vgl. ebd., S. 148 f.  Vgl. ebd., S. 152– 155.

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Ende des Jahres 1631 offensichtlich schwerer als die noch kurz zuvor jede politische Kooperation mit katholischen Ständen so sehr belastenden konfessionellen Differenzen. Auch wenn der Neutralitätsplan angesichts der späteren Ereignisse geradezu abenteuerlich anmutet, so war er seinerzeit doch zweifellos ernst gemeint. Nur rund einen Monate zuvor hatte die Reichsstadt Regensburg auf einem bayerischen Kreistag bereits eine mögliche Neutralität des Bayerischen Reichskreises zur Sprache gebracht, allerdings ohne dabei Anklang bei ihren katholischen Mitkreisständen zu finden.¹⁴⁷² Dennoch schien es gegen Ende des Jahres 1631 keineswegs mehr ausgemacht, ob die Bündnistreue Maximilians von Bayern und mit ihm der Katholischen Liga zum Kaiser noch länger anhalten würde. Der Bayernherzog hatte bereits im Mai 1631 mit Frankreich, dem wichtigsten Verbündeten Schwedens, einen Beistands- und Nichtangriffspakt geschlossen, dessen Ausdehnung zumindest in Form eines Neutralitätsabkommen auf Schweden noch bis zum Frühjahr 1632 in München und Paris immer wieder erwogen wurde.¹⁴⁷³ Zuvor hatte Frankreich bereits in den Vertrag von Bärwalde mit Schweden eine entsprechende Neutralitätsklausel für die Liga einfließen lassen, die allerdings nur gültig sein sollte, wenn sich die Ligaarmee gegenüber Gustav Adolf ebenfalls völlig neutral verhalten würde.¹⁴⁷⁴ Kardinal Richelieu verband mit einer Neutralität für die katholischen Reichsstände die Hoffnung, die Liga von Habsburg zu trennen und den Vorstoß Schwedens auf die habsburgischen Erblande lenken zu können. Eine neutralisierte Liga, so die Hoffnung des Kardinals, würde sich wiederum aus Furcht vor schwedischen und habsburgischen Übergriffen an Frankreich anlehnen.¹⁴⁷⁵ Französische Unterhändler nahmen gegen Ende des

 Der Wortlaut des reichsstädtisch-regensburgischen Votums am Landshuter Kreistags am 30. Oktober 1631 lautete wie folgt: „Solle auf ein neutralitet gedacht werden, welche durch Ihre Churfrtl: drl. mecht erhalten werden, oder selbe wie der fränkhische Khreis, die gefahr durch geldmitl liberirt werden“, BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3615 (Anm. 187), fol. 372v.  Vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 727– 731, 780 – 783, 800 – 802, 805 – 817.  Vgl. zuletzt Brendle: Der Erzkanzler im Religionskrieg (Anm. 519), S. 278 – 281.  Vgl. Hermann Weber: Frankreich, Kurtrier, der Rhein und das Reich 1623 – 1635 (Pariser Historische Studien, 9). Bonn 1969, S. 109 – 154; Dieter Albrecht: Die auswärtige Politik Maximilians von Bayern. 1618 – 1635. Göttingen 1962, S. 320 – 322; grundlegend zur Thematik auch Wolfgang Hans Stein: Protection royale. Eine Untersuchung zu den Protektionsverhältnissen im Elsass zur Zeit Richelieus, 1622– 1643 (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 9). Münster 1978.

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Jahres 1631 in Mainz entsprechende Verhandlungen mit Gustav Adolf über eine Neutralisierung Bayerns und der Liga auf.¹⁴⁷⁶ An diese Bemühungen sollte der Vorschlag der schwäbischen Protestanten offensichtlich anknüpfen, nur eben mit dem Ziel einer Neutralität für zwei ganze Reichskreise.Wie ernst entsprechende Pläne in Stuttgart betrieben wurden, belegt auch eine Reise des württembergischen Kanzlers Jakob Löffler, der im Januar 1632 zu Gustav Adolf entsandt wurde, um die Akzeptanz einer rein schwäbischen oder auch einer erweiterten schwäbisch-bayerischen Reichskreisneutralität durch Schweden auszuloten.¹⁴⁷⁷ Der schwedische König erteilte daraufhin allerdings jeder Form einer echten Neutralität für den Schwäbischen Kreis eine Absage und forderte stattdessen ein klares Bekenntnis der schwäbischen Protestanten für sich ein. Alles andere, so der König, müsse er als eine feindselige Haltung erachten und entsprechend reagieren.¹⁴⁷⁸ Alle Neutralitätsüberlegungen für den Schwäbischen Kreis waren damit keine reale Option mehr, und kamen letztlich nach Kampfhandlungen in Franken auch für die Liga und den Bayerischen Kreis nicht mehr zustande.¹⁴⁷⁹ Schließlich ließen sich die meisten schwäbischen protestantischen Kreisstände auf bilateral mit Schweden ausgehandelte Kontributions- und Protektionsverträge ein.¹⁴⁸⁰ Für manchen protestantischen Stand schien sich das Scheitern der Reichskreisneutralität nun sogar bezahlt zu machen, denn viele Kooperationswillige bedachte Gustav Adolf mit Donationen zu Lasten katholischer Kreisstände.¹⁴⁸¹

 Vgl. Albrecht: Die auswärtige Politik Maximilians von Bayern (Anm. 1475), S. 332– 337; Michael Roberts: Gustavus Adolphus. A history of Sweden 1611– 1632, 2 Bde. London 1953 – 1958, hier Bd. 2, S. 586 f.; Weber: Frankreich, Kurtrier, der Rhein und das Reich 1623 – 1635 (Anm. 1475), S. 154– 173; zu den Verhandlungen verschiedener geistlicher Fürsten mit Richelieu mit dem Ziel einer Neutralität vgl. Weber: Würzburg und Bamberg im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 871), S. 99 – 114.  Vgl. Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 153 f.  Vgl. ebd., S. 160.  Zum Entschluss Gustav Adolfs Ende März 1632 zum Angriff auf Kurbayern und die Rolle Württembergs als Einquartierungsgebiet der schwedischen Armee vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 817.  Vgl. Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 160 – 163.  Zur zeitweiligen Angliederung einzelner katholischer schwäbischer Kreisterritorien an protestantische Nachbarterritorien durch Schweden vgl. Christoph Friedrich von Stälin: Schwedische Schenkungen in Bezug auf Teile des heutigen Königreichs Württemberg und an Glieder zu demselben gehöriger Familien während des dreißigjährigen Krieges, in: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte N. F. (1894), S. 411– 455, Erweiterungen in Heft 6 (1897), S. 309 – 384 und Heft 8 (1899), S. 12– 54.

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Doch auch die schwäbische Reichskreisorganisation als Ganzes behielt für Schweden noch ein gewisses Interesse – aber nur, sofern sie der schwedischen Militär- und Besatzungspolitik auch dienstbar gemacht werden konnte. Wie bereits im Fränkischen Reichskreis, ernannte Gustav Adolf noch lange vor der vollständigen militärischen Eroberung Schwabens einen „Generalstatthalter“ für den Reichskreis, dem im ganzen Kreisgebiet der Oberbefehl über die schwedische Militär- und Besatzungsverwaltung zustand.¹⁴⁸² Das Amt bekleidete mit dem Grafen Georg Friedrich von Hohenlohe ein Bruder des fränkischen Statthalters Kraft von Hohenlohe.¹⁴⁸³ Es blieb allerdings längere Zeit im Unklaren, inwieweit sich die Kompetenzen des Generalstatthalters über das schwedische Militär hinaus auch auf die schwäbischen Kreisstände erstrecken sollten. Nur in militärisch eroberten Gebieten wie etwa der Reichsstadt Augsburg, deren Bürgerschaft Gustav Adolf im April 1632 einen Erblehnseid leisten musste, konnte der Graf die oberste Kommandogewalt und die wichtigsten administrativen Entscheidungen ganz an sich ziehen.¹⁴⁸⁴ Dem sollte ein von Gustav Adolf und seinem Statthalter propagierter allgemeiner schwäbischer Kreistag im Herbst 1632 Abhilfe verschaffen, der Schweden die Möglichkeit eröffnen sollte, weitere Kontributionszusagen von sämtlichen schwäbischen Kreisständen zu erhalten und ihre organisatorische Mithilfe für umfangreiche Einquartierungsmaßnahmen im gesamten Gebiet des Reichskreises einzufordern.¹⁴⁸⁵ Das schwedische Vorgehen in Schwaben ähnelte auch hier jenem in Franken. Allerdings reagierte der Herzog von Württemberg, den der schwedische Statthalter Graf Hohenlohe im Auftrag Gustav Adolfs Anfang September 1632 mit der Ausschreibung eines solchen Kreistags beauftragte, anders als sein fränkisches Pendant aus Kulmbach: Der Stuttgarter bestand darauf, den Kreistag „dem herkommen gemeß mit hindansezung aller anderen considerationen“ gemeinsam mit dem Bischof von Konstanz auszuschreiben, denn dies sei

 Vgl. Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), S. 445.  Zur Anlehnung des Grafengeschlechts Hohenlohe an Schweden im Dreißigjährigen Krieg vgl. Ernst Böhme: Das fränkische Reichsgrafenkollegium im 16. und 17. Jahrhundert. Untersuchungen zu den Möglichkeiten und Grenzen der korporativen Politik mindermächtiger Reichsstände (Beiträge zur Sozial- und Verfassungsgeschichte des Alten Reiches, Nr. 8). Stuttgart 1989, S. 40 f, S. 263 – 273; Kleinehagenbrock: Die Grafschaft Hohenlohe im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 1073), S. 47 f.  Vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), Bd. 1, S. 54 f.; vgl. auch Marcus Junkelmann: Gustav Adolf (1594– 1632). Schwedens Aufstieg zur Großmacht. Regensburg 1993, S. 393.  Der Kreistag sollte die Einquartierung von insgesamt 150 Kompanien schwedischen Kriegsvolks regeln, vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3614 (Anm. 188), Herzog Julius Friedrich von Württemberg an Bischof Johann von Konstanz, Stuttgart 12./22. September 1632 (Kopie), fol. 138r– 139v.

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er dem Reich und dem Schwäbischen Reichskreis „zu verhütung genzlichen vntergangs vnd ruin“ schuldig.¹⁴⁸⁶ Die Ausschreibung des Kreistags verzögerte sich dadurch erheblich, denn der Bischof zeigte sich keineswegs gewillt, mit den Schweden zu kooperieren, und leitete die württembergische Anfrage umgehend an den Kaiser, Kurbayern und die vorderösterreichische Landesregierung in Innsbruck weiter.¹⁴⁸⁷ Prompt ließ Kaiser Ferdinand II. ein „Inhibitions-Patent“ für den Schwäbischen Reichskreis publizieren, das sämtliche schwäbische Kreisstände auf „die unbefugnus dises feindlichen beginnens“ hinwies, das „den Reichs Constitutionibus vnd Sazungen schnur strackhs zuwider lauffe“. ¹⁴⁸⁸ Das Patent verbot jedem Kreisstand jegliche Form der Kooperation mit Gustav Adolf und untersagte den Kreisausschreibenden Fürsten auch die Ausschreibung eines Kreistags. Sollte bereits ein Kreistagsausschreiben erfolgt sein, so der weitere Wortlaut des kaiserlichen Patents, „so thun Wir doch solches ausschreiben, als ohne das vngilttig vnd nichtig, aus Kaÿ: Macht vnd tragenden Ambts hirmit cassiern vnd annulliern.“¹⁴⁸⁹ Stattdessen forderte das Reichsoberhaupt alle schwäbischen Kreisstände zum Kampf gegen den Reichsfeind Schweden auf und versprach jedem Kreisstand, der sich Gustav Adolf widersetzen sollte, „Schuz, Schirm, vnd Protection“.¹⁴⁹⁰ Ob der Kaiser zu Letzterem noch die nötigen militärischen Fähigkeiten besaß, und ob er überhaupt befugt war, die Ausschreibung eines Kreistags kategorisch zu untersagen, waren freilich ganz andere Fragen. Aber völlig erfolglos war die kaiserliche Intervention offenbar nicht: Es finden sich keinerlei Indizien, dass ein schwäbischer Kreistag im Herbst 1632 vor dem Schlachtentod Gustav Adolfs noch zustande gekommen wäre.¹⁴⁹¹ Ähnlich wie in Franken gelang es Schweden auch in Schwaben offenbar nur in sehr begrenztem Umfang, sich die Reichskreisorganisation dienstbar zu machen. Neben den beiden protestantischen Kreisorganisationen der oberdeutschen Reichskreise Franken und Schwaben sah sich auch noch ein norddeutscher Reichskreis mit intensiven schwedischen Bündnisbemühungen konfrontiert: Der Niedersächsische Reichskreis. Dieser nördlichste aller zehn Reichskreise war seit dem NiedersächsischDänischen Krieg zu großen Teilen von kaiserlichen beziehungsweise ligistischen

 Vgl. ebd., fol. 138v–139r.  Vgl. ebd., fol. 135 – 137, 143.  Vgl. ebd.., „Copia des Kay: Inhibitions Patents an Schwäbischen Craiß, wegen des Schwedischen zugemueteten Craißtags ausschreibung“, Wien, 16. Oktober 1632 (Kopie), fol. 144r – 145r.  Vgl. ebd., fol. 144v.  Vgl. ebd., fol. 145r.  Vgl. Hölz: Krummstab und Schwert (Anm. 280), S. 460.

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Truppen besetzt. Auch die Territorien der beiden Kreisausschreibenden Fürsten, Braunschweig-Wolfenbüttel und das Erzstift Magdeburg, waren dabei nicht verschont worden.¹⁴⁹² Infolgedessen konnten die Beschlüsse des Leipziger Bundes von 1631 von den niedersächsischen Kreisständen auch nie vollständig umgesetzt werden.¹⁴⁹³ Doch gerade aus schwedischer Sicht eröffneten die Schwäche des Reichskreises nach seiner Kriegsniederlage und der Rückzug Christian IV. von seinem militärischen Führungsamt in der niedersächsischen Kreisorganisation die Möglichkeit, den eigenen Einfluss auf die niedersächsischen Kreisstände massiv auszubauen und selbst die politische und militärische Führung im Reichskreis zu übernehmen. Ein frühes Bündnisangebot Gustav Adolfs, vorgebracht durch Johan Adler Salvius auf zwei letztlich ergebnislosen Versammlungen niedersächsischer Kreisstände in Hamburg im Mai und Juni 1631, hatte bereits ein entsprechendes Interesse des Schwedenkönigs an dem Reichskreis erkennen lassen.¹⁴⁹⁴ Die weitere Entwicklung des Krieges musste die Gewinnung der niedersächsischen Kreisstände für Schweden umso wichtiger erscheinen lassen, je weiter sich die schwedische Hauptarmee von ihrem ursprünglichen Operationsgebiet im Nordosten des Reiches entfernte und sich ihre Nachschubwege von der Ostseeküste an die Elbe und Weser und damit die niedersächsischen Kerngebiete verlagerten.¹⁴⁹⁵ Vor der Schlacht von Breitenfeld gelang es den Schweden jedoch nicht, bedeutende niedersächsische Kreisstände dauerhaft an sich zu binden.¹⁴⁹⁶ Zu deutlich hatten sich Kursachsen und der Leipziger Bund, dem die Mehrzahl der noch handlungsfähigen Kreisstände angehörte, gegen ein engeres Zusammengehen mit Schweden ausgesprochen.¹⁴⁹⁷ Doch die militärische Kooperation Kursachsens mit Gustav Adolf seit September 1631 und der folgende umfassende Sieg dieser neuen Allianz über Tilly bei Breitenfeld steigerte das Ansehen des

 Vgl. Ritter: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Gegenreformation und des Dreissigjährigen Krieges (Anm. 1312), S. 420 f.; Wittich: Magdeburg, Gustav Adolf und Tilly (Anm. 1278), S. 228 – 230; Goetze: Die Politik des schwedischen Reichskanzlers Axel Oxenstierna gegenüber Kaiser und Reich (Anm. 1428), S. 46.  Vgl. Kap. I.3.4, „Zur Umsetzung der Leipziger Beschlüsse in den einzelnen Reichskreisen und dem Ende des Bundes“; ferner Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 159.  Vgl. Schnell: Mecklenburg zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges 1603 – 1658 (Anm. 505), S. 78.  Zu den militärstrategischen Überlegungen Gustav Adolfs im Niedersächsischen Kreis vgl. Droysen: Die niedersächsischen Kreisstände während des schwedisch-deutschen Krieges 1631 und 1632 (Anm. 53), hier vor allem S. 377; Kretzschmar: Gustav Adolfs Pläne und Ziele in Deutschland und die Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg (Anm. 1428), S. 22.  Vgl. ebd., S. 22.  Vgl. ebd., S. 11, 13.

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Schwedenkönigs unter den deutschen Protestanten immens und schien diesem auch im Niedersächsischen Kreis neue Bündnisoptionen zu eröffnen. Als Reaktion auf das schwedische Schlachtenglück und den damit einhergehenden Umsturz der militärischen Kräfteverhältnisse im Reich wurde im November 1631 wieder ein niedersächsischer Kreistag nach Hamburg berufen, zu dem auch eine schwedische Delegation unter Führung Johan Adler Salvius’ erschien.¹⁴⁹⁸ Diese forderte die Kreisstände zum Anschluss an Schweden auf, der sich sowohl in festen Kontributionszusagen ausdrücken sollte, als auch in der Integration aller nach dem Leipziger Konvent aufgestellten Kreistruppen in eine neu zu schaffende und auf Gustav Adolf vereidigte „niedersächsische Armee“ mit insgesamt 30 000 Mann.¹⁴⁹⁹ Der Kreistag entwickelte sich aber nur bedingt im Sinne Schwedens. Die Mehrzahl der Kreisstände hielt noch immer an den einst in Leipzig gefassten Beschlüssen im Wesentlichen fest und zeigte nur wenig Ambitionen, sich in ein enges Bündnis mit Gustav Adolf einzulassen. Eine Aufrüstung des Kreises mit einer Armee von etwa 500 Reitern und 6 000 Fußknechten wurde zwar beschlossen, doch in welchem Verhältnis diese zur schwedischen Armee stehen sollte, blieb am Ende des Kreistags doch unklar.¹⁵⁰⁰ Der Kreisarmee wurde lediglich gestattet, sich mit den jeweils nächstgelegenen schwedischen Einheiten  Zum niedersächsischen Kreistag von Hamburg im November 1631 immer noch am ausführlichsten Droysen: Die niedersächsischen Kreisstände während des schwedisch-deutschen Krieges 1631 und 1632 (Anm. 53), hier S. 377– 379; ferner Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 159 f.  Schweden schätzte die Anzahl der im Lauf des Jahres 1631 angeworbenen niedersächsischen Kreistruppen auf 4.800 Mann, vgl. Droysen: Die niedersächsischen Kreisstände während des schwedisch-deutschen Krieges 1631 und 1632 (Anm. 53), S. 378. Eine eigene schwedische Armee wurde seit Oktober 1631 vom Welfenherzog Georg von Celle mit schwedischen Geldmitteln aufgebaut und stand unter dem Kommando des Feldmarschalls Åke Tott, vgl. ebd., S. 368, 381.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 160. Der Hamburger Kreisabschied datiert auf den 10. November 1631, vgl. auch Droysen: Die niedersächsischen Kreisstände während des schwedisch-deutschen Krieges 1631 und 1632 (Anm. 53), hier S. 378. Die militärischen Beschlüsse des Hamburger Kreisabschieds sind paraphrasiert bei Johann Philipp Abelin: Theatrum Europaeum oder außführliche und warhafftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten, so sich hin und wieder in der Welt, fürnemblich aber in Europa und Teutschlanden, sowol im Religion- als Prophan-Wesen […] sich zugetragen. 2. Theatri Europaei, Das ist: Historischer Chronick, Oder Wahrhaffter Beschreibung aller fürnehmen und denkwürdigen Geschichten, so sich hin und wider in der Welt, meisten theils aber in Europa, von […] 1629. bis auff das Jahr 1633. zugetragen. Bd. II. 3. Aufl. Frankfurt am Main 1646, S. 488. Die hier genannte Kreistruppenstärke (drei Regimenter, insgesamt 5.073 Fußsoldaten und 493 Reiter) weicht von den Angaben Droysens ab. Die Abweichung könnte durch die Weigerung Hamburgs bedingt sein, eigene Festungstruppen den Kreistruppen zuzuführen.

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„auf den Fall der Noth zu conjungiren“, sofern dies zur Abwehr kaiserlicher oder ligistischer Armeen unumgänglich sei.¹⁵⁰¹ Eine unabhängige Stellung der Kreisstände mittels einer eigenständigen Kreisarmee erwies sich jedoch als unvereinbar mit den Suprematie- und Kontributionsansprüchen Gustav Adolfs. Anstatt ihre Hoffnungen weiter auf den Reichskreis zu setzen, verlegte sich die schwedische Diplomatie im Lauf des Jahres 1632 wieder ganz darauf, gezielt einzelne niedersächsische Kreisstände mittels zum Teil massivem politischen wie militärischen Druck zum Abschluss von bilateralen Kontributions- und Protektionsvereinbarungen zu bewegen, darunter auch die meisten Welfenherzöge.¹⁵⁰² Freiwilligkeit spielte bei derartigen Bundesschlüssen kaum mehr eine Rolle.¹⁵⁰³ Viele Kreisstände büßten auf diese Weise ihre bis dahin vor allem auf die Kreisarmee gestützte militärische und politische Unabhängigkeit weitgehend ein, denn die Vereinbarungen sahen in den meisten Fällen einmalige Truppenstellungen und anschließend bis zum Kriegsende zu entrichtende monatliche Kontributionszahlungen vor und begründeten ein eindeutiges Subordinationsverhältnis der Stände unter den schwedischen König.¹⁵⁰⁴ Reichskreisstrukturen spielten beim weiteren schwedischen Vorgehen im niedersächsisch-norddeutschen Raum nur noch indirekt als geographische Entitäten eine gewisse Rolle: Neben der ab Ende des Jahres 1631 aufgebauten „niedersächsischen Armee“ Schwedens, deren Operationsgebiet weitgehend mit dem Niedersächsischen Reichskreis identisch war, wurde noch eine „Königliche cassa im Nieder=Sächsischen Creiß“ errichtet, die zur Aufnahme verschiedenster Kontributionszahlungen aus dem Reichskreis bestimmt war.¹⁵⁰⁵ Mit dem Niedersächsischen Kreis in seiner reichsrechtlich fundierten institutionellen Ausge-

 Zitat nach Droysen: Die niedersächsischen Kreisstände während des schwedisch-deutschen Krieges 1631 und 1632 (Anm. 53), S. 379.  Vgl. Kretzschmar: Gustav Adolfs Pläne und Ziele in Deutschland und die Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg (Anm. 1428), S. 170 – 173; vgl. hierzu auch die umfangreiche Dokumentenedition ebd., S. 223 – 515; Droysen: Die niedersächsischen Kreisstände während des schwedisch-deutschen Krieges 1631 und 1632 (Anm. 53), S. 369 – 371.  Vgl. hierzu Kretzschmar: Gustav Adolfs Pläne und Ziele in Deutschland und die Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg (Anm. 1428), insbesondere S. 170 f.  Zur Chronologie einzelner Bündnisverträge Schwedens mit niedersächsischen Reichsständen Droysen: Die niedersächsischen Kreisstände während des schwedisch-deutschen Krieges 1631 und 1632 (Anm. 53), S. 364 f., 369 f. Die Bündnisschlüsse mit dem Erzstift Bremen, den mecklenburgischen Herzögen und den Städten Braunschweig, Lüneburg, Lübeck und Bremen finden sich ausschnittsweise ediert bei Chemnitz: Königlichen Schwedischen In Teutschland geführten Krieges (Anm. 1416), S. 256 – 260, 282– 285.  Vgl. ebd., S. 282.

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staltung hatten diese Einrichtungen der schwedischen Streitmacht aber nichts mehr zu tun. Weitere Aktivitäten des Niedersächsischen Kreises waren vorerst nicht mehr im Interesse Schwedens und wurden von diesem für das Jahr 1632 auch weitgehend unterbunden, indem die Kreisausschreibenden Fürsten an der Ausschreibung eines weiteren Kreistags gezielt gehindert wurden.¹⁵⁰⁶ In der älteren Historiographie ist die von Zurückhaltung geprägte Bündnispolitik des Niedersächsischen Reichskreises schwerster Kritik unterzogen worden. Gustav Droysen zufolge offenbarte sich darin „die Zerfahrenheit des deutschen Wesens in ihrer ganzen Erbärmlichkeit zur Genüge“, da es die Fürsten versäumt hätten, im entscheidenden Moment „an dem Ringkampf Theil zu nehmen, um an den Früchten des Krieges gerechten Anteil zu haben; jedenfalls Theil zu nehmen, Partei zu ergreifen.“ ¹⁵⁰⁷ Dieses Verdikt missachtet jedoch, dass die niedersächsischen Kreisfürsten gar kein Interesse daran hatten, dem habsburgischen Kaiser oder dem schwedischen König zum vollständigen Sieg über ihren Gegner zu verhelfen, so lange beide ausgeprägte hegemoniale Ambitionen im Reich und darüber hinaus verfolgten.¹⁵⁰⁸ Sie hielten stattdessen weiterhin an der vor allem von Kursachsen und dem Leipziger Bund verfolgten Politik eines politischen Mittelwegs fest, der sich auf die Reichs- und Kreisverfassung und die durch sie gewährte „Teutsche Libertät“ berief. Bezeichnenderweise hatten den Kreistag in Hamburg auch in erster Linie jene Stände beschickt, die schon im Frühjahr 1631 den Niedersächsischen Kreis auf dem Leipziger Konvent vertreten hatten. So erklärt sich auch, weshalb sich die eigentlich gar nicht kreisständischen, aber dem Leipziger Bund zugehörigen Städte Hildesheim und Braunschweig auf dem Kreistag vertreten ließen, was noch der jüngeren historischen Forschung (Gittel) Rätsel aufgegeben hat.¹⁵⁰⁹ Es dürfte somit keine zu gewagte These sein, in der Bündnispolitik des Niedersächsischen Reichskreises auch noch am Ende des Jahres 1631 ein „Lebens-

 Vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), Bd. 1, S. 154– 159; Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 161.  Droysen: Die niedersächsischen Kreisstände während des schwedisch-deutschen Krieges 1631 und 1632 (Anm. 53), S. 371.  Die universalistischen Tendenzen Habsburgs und Schwedens gleichermaßen betont Burkhardt: Der Dreißigjährige Krieg (Anm. 83), S. 35 – 42, 51– 63. Zur Rückwirkung universalistischer Bestrebungen Gustav Adolfs auf seine Bündnispolitik im Reich insbesondere S. 56 – 60. Vgl. hierzu auch Andreas Zellhuber: Der gotische Weg in den deutschen Krieg–Gustav Adolf und der schwedische Gotizismus (Documenta Augustana, Bd. 10). Augsburg 2002, S. 88 – 110.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 160; hier auch in Anm. 413 eine Auflistung der auf dem Kreistag anwesenden Stände.

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zeichen“ des Leipziger Bunds zu sehen. Zudem ist es durchaus naheliegend, die bündnispolitischen Entscheidungen der niedersächsischen Kreisstände als Indizien für einen anhaltenden Einfluss Kursachsens auf den Niedersächsischen Reichskreis zu werten: Die von den niedersächsischen Kreisfürsten zumindest noch 1631 verfolgte Politik der Vermeidung einer engen politischen und militärischen Anlehnung an Schweden entsprach genau jenem bündnispolitischen Kurs, der vom Dresdner Kurfürstenhof auch nach der Schlacht von Breitenfeld weiterhin unter den protestantischen Reichsständen propagiert wurde.¹⁵¹⁰ Dieser Befund weist durchaus Parallelen zum Schwäbischen und Fränkischen Reichskreis auf, deren protestantische Stände auf Reichskreisebene in Bündnisfragen letztlich kaum anders als die Niedersachsen agierten und sich ebenfalls um die Wahrung einer gewissen Unabhängigkeit von Schweden bemühten.

4.2 „Allgemeiner Evangelischer Convent“ oder süddeutscher Sonderbund? Schweden und Kursachsen im Wettstreit und die protestantischen Reichskreisorganisationen nach dem Tod Gustav Adolfs Obwohl es Gustav Adolf in den Jahren 1631 und 1632 offensichtlich nur in sehr begrenztem Umfang gelungen war, die Reichskreisverfassung zu seinen Gunsten zu instrumentalisieren, steht doch außer Frage, dass die protestantischen Kreisorganisationen in einigen Reichskreisen in der weiteren Reichspolitik des Königs eine bedeutende Rolle spielen sollten. Noch unmittelbar in den Wochen vor seinem Schlachtentod bei Lützen am 16. November 1632 wandte sich Gustav Adolf an die Kreisausschreibenden Fürsten von vier oberdeutschen Reichskreisen mit der Bitte, ihre Mitkreisstände für den 12. Dezember 1632 nach Ulm zu beschreiben, um erste Schritte auf dem Weg zur Bildung eines „corpus evangelicorum“ mit Gustav Adolfs als „capo“ zu beraten.¹⁵¹¹ Über die geplante institutionelle Ausgestaltung eines solchen „corpus  Einige Einblicke zur kursächsischen Niedersachsenpolitik nach Breitenfeld bietet (allerdings mit heute nicht mehr zeitgemäßen Wertungen) Karl Gustav Helbig: Gustav Adolf und die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg 1630 – 1632. Nach handschriftlichen Quellen des Königlich Sächsischen Haupt-Staats-Archivs dargestellt. Leipzig 1854, S. 88 – 96. Ausführungen zur politischen Stellung verschiedener niedersächsischer Kreisstände zu Schweden in den Jahren 1631/1632 bietet Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), Bd. 1, S. 23 – 44.  Vgl. Herbert Langer: Der Heilbronner Bund (1633 – 1635), in: Alternativen zur Reichsverfassung in der Frühen Neuzeit?, hrsg. v. Volker Press/Dieter Stievermann (Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien, 23). München 1995, S. 113 – 122, hier 113; Kretzschmar: Gustav Adolfs Pläne und Ziele in Deutschland und die Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg (Anm. 1428), S. 195 f.; Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), Bd. 1, S. 6 – 11, 109.

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evangelicorum“ und dessen Verhältnis zur Reichs- und Kreisverfassung ist zwar nur wenig bekannt und manche diesbezügliche Ausführungen (Michael Roberts, Pekka Suvanto) sind bisweilen sogar irreführend.¹⁵¹² Eine Einbindung der protestantischen Reichskreisorganisationen und ihrer militärischen Strukturen war aber mit Sicherheit angedacht. Gemäß einer für seinen Reichskanzler Axel Oxenstierna aufgesetzten Instruktion für den projektierten Ulmer Konvent hatte Gustav Adolf den Abschluss eines Beistandspakts zwischen den (freilich nur protestantischen) Reichskreisorganisationen Schwabens, Frankens und des Ober- und Kurrheins im Sinn.¹⁵¹³ Dieses Reichskreisbündnis sollte dann im nächsten Schritt einen Allianzvertrag mit Schweden eingehen und Gustav Adolf zum Protektor und Oberkommandierenden aller Truppen bestimmen.¹⁵¹⁴ An die Einrichtung eines „Consilium Formatum“ zur Direktion des neuen Bündnisses hatte der König ebenfalls bereits gedacht.¹⁵¹⁵ Zumindest die Idee einer Verbindung mehrerer Reichskreise untereinander lehnte sich offensichtlich an das in der Reichsexekutionsordnung verankerte Recht der Reichskreise zur Inanspruchnahme wechselseitiger Militärhilfe im Bedrohungsfall an, auf das sich schon der Leipziger Bund berufen hatte. Doch im Gegensatz zu dem Leipziger Bündnis von 1631 sollten sich die nach Ulm berufenen Reichs- und Kreisstände nach den Vorstellungen Gustav Adolfs offen vom Kaiser und den katholischen Reichsständen lossagen, um sich im Anschluss, wie

 Roberts weist erhebliche Schwächen in der Darstellung der Reichsgeschichte auf, die Reichskreise finden in seinen Darstellungen kaum Erwähnung. Die vier nach Ulm geladenen oberdeutschen Kreise gibt er fälschlich mit Franken, Schwaben, Ober- und Niedersachsen (!) an, vgl. Roberts: Gustavus Adolphus (Anm. 1417), S. 157; Suvanto ordnet die nach Ulm und zum späteren Heilbronner Konvent geladenen Stände ebenso fehlerhaft den Reichskreisen Franken, Schwaben, dem Ober- und Unterrhein (!) zu, vgl. Pekka Suvanto: Die deutsche Politik Oxenstiernas und Wallenstein (Studia historica, 9). Helsinki 1979.  Die Instruktion ist ediert in Kungliga Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien (Hrsg.): Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter och brefvexling. K. Gustaf II Adolfs bref och instruktioner (Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter och brefvexling, 2.1). Stockholm 1888, S. 866 – 868 (Nr. 620).  Vgl. Goetze: Die Politik des schwedischen Reichskanzlers Axel Oxenstierna gegenüber Kaiser und Reich (Anm. 1428), S. 79 – 86; Kretzschmar: Gustav Adolfs Pläne und Ziele in Deutschland und die Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg (Anm. 1428), S. 195; Langer: Der Heilbronner Bund (1633 – 1635) (Anm. 1511), S. 115.  Über die Gestalt des „Consilium Formatum“ sind keine Details bekannt. Gustav Adolf hatte aber noch kurz vor seinem Tod den Grafen von Solms und den pommerschen Kanzler Philipp von Horn mit der Ausarbeitung entsprechender Gutachten betraut, vgl. König Gustav II. Adolf an Reichskanzler Axel Oxenstierna, Neuburg, 5. (15.) Oktober 1632, ediert bei Kungliga Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien (Hrsg.): Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter och brefvexling. K. Gustaf II Adolfs bref och instruktioner (Anm. 1513), S. 851– 853, hier S. 853 (Nr. 615).

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schon erwähnt, geschlossen unter schwedische Protektion zu begeben.¹⁵¹⁶ Ein solcher Schritt wäre freilich kaum mehr mit der Reichsverfassung in Einklang zu bringen und könnte unter Umständen sogar als Austritt aus dem Reichsverband gedeutet werden. Er würde auch weit über das hinausgehen, wozu viele „verfassungskonservativ“ orientierte Reichsstände, allen voran das bis zuletzt um den Erhalt der alten Reichsverfassung bemühte Kursachsen, bisher bereit gewesen waren. So gesehen war es sicher kein Zufall, dass an dem projektierten Ulmer Konvent vorerst nur die zumeist mindermächtigen oberdeutschen protestantischen Kreisstände teilnehmen sollten, nicht aber die beiden sächsischen Kreise, in denen Kurfürst Johann Georg von Sachsen nach wie vor einen besonders starken Einfluss hatte. Vorerst verhinderte der Tod Gustav Adolfs im November 1632 die tatsächliche Abhaltung der Versammlung. Doch schon wenige Wochen später zeichnete sich ab, dass die Bundespläne nicht etwa ein Privatprojekt des Königs gewesen waren und mit ihm ihr Ende gefunden hatten. Der bereits für den Ulmer Konvent als schwedischer Verhandlungsführer auserkorene Reichskanzler Axel Oxenstierna führte nach Rücksprache mit dem schwedischen Reichsrat nicht nur den Krieg unvermindert fort, sondern nahm auch die Bundespläne Gustav Adolfs wieder auf, von deren Erfolg für Schwedens Stellung im Reich nun ungleich mehr abhing, als dies noch zu Lebzeiten des Königs der Fall gewesen wäre¹⁵¹⁷: Mit Gustav Adolf hatte Schweden nicht nur eine charismatische Führungsfigur verloren, sondern auch den Souverän, auf dessen Person hin viele Allianzverträge mit einzelnen Reichsständen abgeschlossen worden waren, die nun mit dem Tod des Königs ihre Gültigkeit verloren. Dies galt auch für die Übereinkunft Schwedens mit Kursachsen aus den Tagen vor der Schlacht von Breitenfeld, die Kurfürst Johann Georg nach dem Tod des Königs als gelöst erachtete. Stattdessen vollzog der Kurfürst fortan eine langsame Annäherung an Dänemark.¹⁵¹⁸

 So gemäß des königlichen Instruktionsschreibens für Axel Oxenstierna zum geplanten Ulmer Konvent, vgl. Kretzschmar: Gustav Adolfs Pläne und Ziele in Deutschland und die Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg (Anm. 1428), S. 195 f.; Goetze: Die Politik des schwedischen Reichskanzlers Axel Oxenstierna gegenüber Kaiser und Reich (Anm. 1428), S. 84– 86. Vgl. auch Kungliga Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien (Hrsg.): Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter och brefvexling. K. Gustaf II Adolfs bref och instruktioner (Anm. 1513), S. 867 f.  Vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), Bd. 1, S. 109.  Vgl. Nicklas: Macht oder Recht (Anm. 35), S. 232. Für eine engere sächsisch-dänische Kooperation setzte sich vor allem der sächsische Heerführer Hans Georg von Arnim ein, vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 102– 108, 153; irreführend Helbig: Gustav Adolf und die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg 1630 – 1632 (Anm. 1510), S. 95 f., der Arnim in diesem Zusammenhang als Verfechter eines engeren schwedisch-sächsischen Zusammengehens darstellt.

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Auch zahlreiche andere Reichsstände begannen nun ihr Verhältnis zu Schweden grundsätzlich zu überdenken und ließen Tendenzen erkennen, die zuletzt faktisch doch unangefochtene Führungsstellung Schwedens unter den Protestanten im Reich wieder in Frage zu stellen. So kam ein Gutachten Stuttgarter Hofräte im November 1632 zu dem Fazit, dass Württemberg „mit höchstermelter königl. Maÿ: niemals in einige verbundtliche confoederation begriffen gewesen“. Wenn das Herzogtum bisher mit der Schwedischen Armee kooperiert habe, dann nur in Nothilfesituationen und nicht als fester Alliierter.¹⁵¹⁹ Die württembergischen Hofräte hielten auch fest, welche Konsequenzen der Tod Gustav Adolfs ihres Erachtens für den Schwäbischen Reichskreis und den anstehenden Konvent der vier Kreise haben musste: Der sächsische Kurfürst sei nun zweifellos wieder der höchste evangelische Stand im Reich, er müsse um Rat für das weitere Vorgehen der protestantischen Reichsstände gebeten werden und über alle bisherigen und künftigen Schreiben Oxenstiernas an Württemberg und die schwäbischen Kreisstände vertraulich unterrichtet werden. Ferner solle Kurfürst Johann Georg umgehend an die Fortsetzung des „allgemeinen Evangelischen Coniunction-Defension- und Religion werks beweglich animirt vnd erinnert werden“. Zudem müsse sich der Schwäbische Reichskreis im Rahmen dieser Bündnis- und Verteidigungsbemühungen wieder mit einer eigenen Kreisarmee versehen.¹⁵²⁰ Was die württembergischen Räte hier forderten, war nichts anderes als eine umgehende Wiederbelebung des Leipziger Bundes von 1631, mit Kursachsen an der Spitze. Als eine vollständige Abkehr von Schweden wollten die Stuttgarter ein solches Vorgehen aber nicht verstanden wissen und betonten, dass schwedische Waffenhilfe für eine „ernstliche zuesamen= vnnd Vortsezung dises Christlichen Werks“ nach wie vor von allergrößtem Wert sei.¹⁵²¹ Doch wie genau das künftige Verhältnis Schwedens zu den deutschen Protestanten und ihren Reichskreisorganisationen beschaffen sein sollte, ließ das Rätegutachten letztlich offen.¹⁵²² Am Dresdner Kurfürstenhof teilte man die Ansichten der Württemberger durchaus und ließ die Stuttgarter im Januar 1631 im Rahmen einer „vertraulichen Kommunikation“ wissen, dass Kurfürst Johann Georg auch tatsächlich gewillt sei, seine alte Führungsposition unter den protestantischen Reichsständen wieder

 Zitat nach HStASt: A 29 Bü 52, Gutachten zwölf württembergischer Hofräte zur politischen Lage des Herzogtums, o.O., 29. November (09. Dezember) 1632, unfol.  Es sei nötig, „das in particulari, eine beständige verfassung etlicher armeés gemacht, dardurch dieser Krais vom feind gereinigt, vnd der krieg, sovil müglich, von den glidern dieser Craiß abgeführt, vnd bis zue glücklichen Ändigung desselben, in die Nachbarschafft, vnnd auf des Feindlichen Land transferirt werden möchte.“ Zitat nach ebd., unfol.  Zitat nach ebd., unfol.  Vgl. ebd., unfol.

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einzunehmen und bereits mit den Vorbereitungen eines „Allgemeinen Evangelischen Convents“, also einer Neuauflage des Leipziger Konvents, befasst sei.¹⁵²³ Das Ziel dieses Konvents, so Kurfürst Johann Georg gegenüber dem Württemberger Herzogsadministrator, müsse in erster Linie darin bestehen, dem Vaterland wieder Frieden und Harmonie zu bringen und zur „Befürderung des Reichs besten“ sicherzustellen, dass die „durch seine göttliche almächtige gnade erbawete Reichsstructur nicht gänzlich zerstört, sondern von endlichem allbereits für augen stehenden Vntergang vnd eversion erettet werden möge.“ Damit „die sach nicht schwerer gemacht werde“ und die reichsständische Libertät ungeschmälert erhalten bleibe, rate er allen Reichsfürsten und Ständen dringend, dass sie bis zur Einberufung des allgemeinen evangelischen Konvents „eine ganz freÿe vnnd vngebundene hand behalten mögen.“¹⁵²⁴ Damit sprach sich der Kurfürst unzweideutig gegen jedes weitere Bündnis protestantischer Reichsstände mit Schweden aus. Allerdings verzögerte sich der von ihm geplante Konvent durch Abstimmungsschwierigkeiten mit Kurbrandenburg immer wieder, dessen Kurfürst sich zeitgleich von Schweden umworben sah. Oxenstierna reiste im Frühjahr 1633 sogar persönlich nach Berlin, um Kurbrandenburg von einem Schulterschluss mit Kursachsen abzuhalten und mehr Zeit für die eigenen oberdeutschen Konventspläne zu gewinnen.¹⁵²⁵ Zugleich setzte Schweden insbesondere die beiden protestantischen Kreisausschreibenden Fürsten Schwabens und Frankens, Württemberg und Kulmbach, massiv unter Druck, nicht länger auf die Einberufung eines „Allgemeinen Evangelischen Konvents“ durch Kursachsen zu warten, sondern den schwedischen Forderungen zu parieren und sich bis zum 25. Februar (5. März) in Ulm einzufinden. Die Taktik ging letztlich auf, da sich Kurbrandenburg und Kursachsen über das weitere Vorgehen nicht handelseinig werden konnten und sich die süddeutschen Protestanten dem schwedischen Drängen angesichts einer Offensive des Ligagenerals Aldringen nicht mehr länger zu widersetzen wagten.¹⁵²⁶ Die fränkischen Protestanten erklärten sich schließlich nach gemeinsamen Beratungen in Würzburg Mitte Februar 1633 zur Beschickung des von Schweden favorisierten oberdeutschen Partikularkonvents in Ulm be-

 Vgl. ebd., Kurfürst Johann Georg von Sachsen an Herzog Julius Friedrich von Württemberg, Dresden, 18. (28.) Januar 1633 (Abschrift), unfol. Vgl. ferner Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 177.  HStASt: A 29 Bü 52 (Anm. 1519), Kurfürst Johann Georg von Sachsen an Herzog Julius Friedrich von Württemberg, Dresden, 18. (28.) Januar 1633 (Abschrift), unfol.  Vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 109, 134.  Vgl. ebd., S. 169 – 180, 212.

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reit.¹⁵²⁷ Ein letzter Versuch Kursachsens, mit Hilfe Württembergs wenigstens die schwäbischen Kreisstände mit den Argumenten von einer Teilnahme abzuhalten, die Beschickung eines von einer ausländischen Macht angeordneten Konvents sei mit der reichsständischen Libertät unvereinbar und verhindere nur alternative „tagfahrten“, lief ins Leere.¹⁵²⁸ Zumindest in den oberdeutschen Reichskreisen konnte Schweden den Machtkampf mit Kursachsen um die Führungsposition unter den protestantischen Reichsständen somit noch einmal für sich entscheiden und seine eigenen Konventspläne durchsetzen. Daran änderte auch eine kurzfristige Verlegung des anvisierten Tagungsorts von Ulm nach Heilbronn, die Oxenstierna in Folge von Kampfhandlungen in Oberschwaben für notwendig erachtet hatte, nichts mehr.¹⁵²⁹

4.3 Phantomkreise und neue Bündnisse. Die oberdeutschen Reichskreise und der Heilbronner Konvent Bis Mitte März 1633 fand sich in Heilbronn eine auf den ersten Blick durchaus bemerkenswerte Anzahl an Gesandtschaften ein: Neben der großen schwedischen Delegation unter persönlicher Führung Oxenstiernas waren dies Gesandte verschiedener oberdeutscher Reichsstände, Delegationen der schwäbischen, fränkischen und rheinischen Ritterschaft und Repräsentanten des englischen und französischen Königs.¹⁵³⁰ Einem Vergleich mit dem Leipziger Konvent von 1631 konnte die Versammlung aber bei Weitem nicht standhalten, denn mit dem Herzogsadministrator von Württemberg und dem Markgrafen von Baden-Durlach waren lediglich zwei Reichsfürsten persönlich erschienen.¹⁵³¹ Auch die Gesamtanzahl der in Heilbronn durch Gesandtschaften vertretenen Reichsstände entsprach längst nicht der Anzahl, die bei einer Versammlung aller protestantischen Stände vierer Reichskreise zu erwarten gewesen wäre.¹⁵³²

 Vgl. ebd., S. 207– 212.  Vgl. HStASt: A 29 Bü 52 (Anm. 1519), Kurfürst Johann Georg von Sachsen an Herzog Julius Friedrich von Württemberg, Dresden, 5. (15.) Februar 1633, unfol.  Zur Verlegung des Konvents auf den 1. (11.) März nach Heilbronn vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 212 f.; Langer: Der Heilbronner Bund (1633 – 1635) (Anm. 1511), S. 117.  Frankreich wurde durch den Marquis de Feuquières vertreten, England durch Robert Anstruther, vgl. ebd., S. 117.  Vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 212.  Eine Teilnehmerliste des Heilbronner Konvents vom März 1633 findet sich unter anderem in StABa: Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 4028 (Anm. 1440), fol. 482r–487v.

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Nur der Fränkische Reichskreis mit seiner sich bereits seit Jahren als funktions- und arbeitsfähig erweisenden protestantischen Partikularorganisation war bis auf einige Grafen und Herren relativ vollzählig in Heilbronn repräsentiert.¹⁵³³ Vom Schwäbischen Reichskreis waren neben den beiden anwesenden Fürsten aus Stuttgart und Durlach nur noch die Grafen von Öttingen und mehrerer Reichsstädte vertreten, darunter auch das von Schweden vorübergehend restituierte Donauwörth.¹⁵³⁴ Aber von den beiden anderen Reichskreisen, dem Kur- und Oberrhein, waren nur so wenige Stände in Heilbronn erschienen, dass sich diese bei den kommenden nach Reichskreisen getrennten Beratungen in einer völlig anderen Form organisieren mussten, als dies die Kreiseinteilung des Reiches eigentlich vorsah – was bis heute in der historischen Forschung fast ohne Ausnahme übersehen worden ist!¹⁵³⁵ Denn faktisch tagten in Heilbronn nur drei, nicht vier Reichskreise: Formal waren zwar neben dem Schwäbischen und Fränkischen Reichskreis auch ein Kurund ein Oberrheinischer Reichskreis zugegen. Aber tatsächlich schlossen sich fast sämtliche kur- und oberrheinischen Stände unter dem Vorsitz der kurpfälzischen Gesandtschaft zu einem Kreis zusammen, der sich zumindest dem Rang nach in die Kontinuität des Kurrheinischen Kreises stellte, tatsächlich aber aufgrund

 Aus dem Fränkischen Reichskreis waren anwesend: von den Fürsten: Kulmbach und Ansbach; von den Grafen und Herren: Grafen von Hohenlohe (Georg Friedrich; Kraft; Philipp Heinrich; Friedrich Ludwig); beide Linien der Freiherren Schenk von Limpurg (Gaildorf und Speckfeld, Christian Ludwig und Sigmund Casimir); von den Reichsstädten: Nürnberg; Rothenburg; Windsheim; Schweinfurt; Weißenburg; Vertreter der nicht kreisständischen fränkischen Reichsritterschaft, vgl. ebd., fol. 486r–487v.  Aus dem Schwäbischen Reichskreis waren anwesend: von den Fürsten: Württemberg; Baden-Durlach; von den Grafen: Öttingen (evangelische Linie); von den Reichsstädten: Augsburg; Ulm; Esslingen; Reutlingen; Nördlingen; Schwäbisch Hall; Heilbronn; Dinkelsbühl; Biberach; Donauwörth(!); Wimpfen; Giengen (von Ulm vertreten); Bopfingen (von Ulm vertreten); Aalen; nicht kreisständisch, aber dem Kreis zugerechnet: Kocher und Kraichgauer Viertel der Schwäbischen Reichsritterschaft, vgl. ebd., fol. 484r – 485v. Zu den Sessionen des Schwäbischen Kreises in Heilbronn vgl. Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 191– 193.  Langer und Magen sprechen lediglich von den „vier oberen Reichskreisen“, die in Heilbronn verhandelt hätten, vgl. Langer: Der Heilbronner Bund (1633 – 1635) (Anm. 1511), S. 117; Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), S. 446 f.; auch Dotzauer und Goetze nehmen an, in Heilbronn wären die Reichskreise Schwaben, Franken, Kurund Oberrhein tatsächlich als vier funktionsfähige Kreisorganisationen vertreten gewesen, vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 66; Goetze: Die Politik des schwedischen Reichskanzlers Axel Oxenstierna gegenüber Kaiser und Reich (Anm. 1428), S. 96, 99. Kampmann nennt richtigerweise nur drei Reichskreise, setzt den „Rheinischen Kreis“ der Heilbronner Verhandlungen aber mit dem Oberrheinischen Reichskreis gleich, vgl. Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 90.

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seiner Mitglieder eher dem Oberrheinischen Kreis entsprach.¹⁵³⁶ Der vierte in Heilbronn präsente Reichskreis konstituierte sich lediglich aus der „Rheinischen Regierung“ Schwedens aus dem besetzten Mainz und dreier in schwedischen Diensten stehender Wild- und Rheingrafen, einer von ihnen mit dem noch von Gustav Adolf verliehenen Titel eines Statthalters für den Kur- und Oberrheinischen Kreis versehen.¹⁵³⁷ Eine klare namentliche Trennung der beiden Reichskreise vom Rhein fand während des Konvents aber kaum statt, bisweilen ist schlicht von zwei „Rheinischen Kreisen“ die Rede, ohne dabei aber zwischen dem Kur- und Oberrheinischen Kreis zu differenzieren.¹⁵³⁸ Für den organisatorischen und zeremoniellen Ablauf der Verhandlungen in Heilbronn war die Anzahl der Reichskreise und die zirkulare Zuordnung der einzelnen Versammlungsteilnehmer aber höchst relevant, denn nach der Verlesung der Proposition durch Oxenstierna im Plenum war vorgesehen, dass die versammelten Reichsstände die einzelnen Unterpunkte der Proposition in nach Reichskreisen getrennten Sessionen erörtern sollten. Anschließend waren die Resolutionen der einzelnen Kreise in gemeinsamer Sitzung aller Kreise miteinander zu vergleichen. Die Sessionen auf Ebene der einzelnen Reichskreise ver-

 Dieser „Rheinische Kreis“ umfasste Kurpfalz; Pfalz-Lautern- Simmern-Zweibrücken; Pfalzgraf Georg Gustav; eine Delegation Wetterauer Grafen; die Reichsstädte Straßburg; Frankfurt am Main und Worms; eine Delegation der rheinischen Ritterschaft, vgl. StABa: Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 4028 (Anm. 1440), fol. 482v – 483r.  Anwesend waren die Wild- und Rheingrafen Otto, Johann Philipp und Adolph. Mainz wurde durch den Landkanzler Daniel von Kutten und Balthasar Kenckel repräsentiert, vgl. ebd., fol. 484v. Zur Verleihung einer Statthalterschaft im Kur- und Oberrheinischen Kreis an Wild- und Rheingraf Otto vgl. Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), S. 446. Der Graf scheint das Statthalteramt abgesehen von militärischen Befugnissen über schwedische Truppen kaum zur Geltung gebracht zu haben, und unternahm, im Gegensatz zu den Hohenloher Grafen in Schwaben und Franken, offenbar auch keine größeren diesbezüglichen Versuche. Eine Instruktion Oxenstiernas für Rheingraf Otto als Statthalter in den rheinischen Kreisen vom 15. (25.) April 1633 ist ediert in Kungliga Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien (Hrsg.): Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter och brefvexling. Brev 1633 Januari–Maj (Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter och brefvexling, 1.8). Stockholm 1942, S. 507– 511 (Nr. 227).  Vgl. u. a. HStASt: A 29 Bü. 76 (Anm. 1456) „Continuatio vel supplementum über die den 22. Octobris jüngst vnderthenigst einkhommenen Relation, sonderlich den Hailbronnischen Schluss als hauptwerckh betreffente.“, o.O., undat., hier pag. 38; ders.: A 29 Bü. 56, „Protocoll zu Heÿllbronn vom 10. Martÿ bis uff 20. Aprilis Anno 1633“, unfol.; StABa: Markgraftum BrandenburgBayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 4028 (Anm. 1440), Verzeichnis der Teilnehmer des Heilbronner Konvents, Heilbronn [März 1633], fol. 482r – 487v. Im Haupt- und Nebenrezess des Heilbronner Konvents wird wieder klar zwischen einem Kurrheinischen und einem Oberrheinischen Kreis unterschieden, vgl. Kungliga Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien (Hrsg.): Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter och brefvexling. Brev 1633 Januari–Maj (Anm. 1537), S. 440; 447.

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liefen letztlich wie „reguläre“ (Partikular‐)Kreistage, während die gemeinsamen Plenumssitzungen aller Kreise sich den Reichskreistagen des 16. Jahrhunderts anglichen, mit einem zeremoniellen Vorrang des (Kur‐)Rheinischen Kreises vor dem Fränkischen und Schwäbischen Kreis.¹⁵³⁹ Der vierte Reichskreis, der faktisch nur von Schweden repräsentiert wurde, beanspruchte zuerst den Vorrang vor den übrigen Kreisen, wurde von diesen aber abgewiesen und schließlich formal hinter dem Fränkischen, aber vor dem Schwäbischen Kreis eingeordnet.¹⁵⁴⁰ Auf diesen „schwedischen“ Rheinischen Kreis und seine bisher von der Forschung verkannte Bedeutung in der Konstruktion des Heilbronner Bunds wird später noch zurückzukommen sein. Der eigentliche Konvent begann am 18. März 1633 mit einem feierlichen Eröffnungsgottesdienst in der Heilbronner Kilianskirche, auf den ein längerer Vortrag Oxenstiernas im Deutsch-Ordenshaus mit einer anschließenden Verlesung der aus sieben Einzelpunkten bestehenden Proposition folgte.¹⁵⁴¹ Die wichtigsten Beratungspunkte widmeten sich der Gestaltung und Finanzierung einer künftigen

 Zur Rangabfolge der Kreise in Heilbronn vgl. StABa: Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 4028 (Anm. 1440), fol. 484r.Während der Verlesung der Proposition Oxenstiernas einigten sich die Kreisstände auf die folgende Sitzverteilung im Plenum: In der Mitte die persönlich anwesenden Fürsten (beide aus dem Schwäbischen Kreis) und Grafen, dahinter die schwäbischen Kreisständevertreter; der (Kur‐) Rheinische Kreis unter kurpfälzischem Direktorium nimmt Position auf der rechten, der Fränkische Kreis unter Kulmbacher Direktorium auf der linken Seite des Raums, vgl. ebd., Bericht Agricolas vom ersten Verhandlungstag für die „Geheÿmen Kriegs: Hoff: vnd Cammerräthe“ in Kulmbach, Heilbronn, 9. (19.) März 1633, Kopie, fol. 503r – 507v, hier 505r – 505v. Zur Arbeitsweise des Konvents vgl. allgemein Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 213 – 216; Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 191 f.  Vgl. StABa: Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 4028 (Anm. 1440), Bericht Agricolas vom ersten Verhandlungstag für die „Geheÿmen Kriegs: Hoff: vnd Cammerräthe“ in Kulmbach, Heilbronn, 9. (19.) März 1633, Kopie, fol. 503r–507v, hier 507r.  Die Punkte beinhalteten: 1. Wie ein Bund der vier Kreise untereinander – nicht direkt mit Schweden – bis zur Restitution aller evangelischen Stände und der Reichsverfassung sowie der Erledigung der schwedischen Satisfaktion aufzurichten sei; 2. Ob Kaiser und Liga zu offenen Feinden erklärt werden sollen; 3. Wie viele und wie große Armeen aufzustellen seien; 4. Welche Mittel an Geld, Proviant und Munition zum Heeresunterhalt nötig seien; 5. Ob und wie ein Direktorium des Bundes zu bestellen sei; 6.Wie die Disziplin der Truppen zu heben, der Landfrieden zu wahren und die Kommerzien wieder in Schwung gebracht werden könnten; 7. Welche Stellung Schweden zum neuen Bündnis haben sollte und wie dieses sich gegen andere Feinde Schwedens engagieren könnte. Vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 216; detaillierte Protokolle und Berichte zum Ablauf des Konvents enthalten unter anderem StABa: Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreut Nr. 4028 (Anm. 1440) ab fol. 490r; Protokolle und Gesandtenberichte württembergischer Provenienz bieten HStASt: A 29 Bü. 56 (Anm. 1538) und HStASt: A 29 Bü. 76 (Anm. 1456), beide unfol.

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Militärorganisation der oberdeutschen Reichskreise, die mit Schweden, aber auch untereinander in einem festen Bündnis stehen sollte, um den Krieg gegen Kaiser und Liga fortführen zu können. In diesem Rahmen stand ebenso zur Debatte, ob der Kaiser auch offiziell zum Feind aller Bundesmitglieder zu erklären sei und wie der Bund eine angemessene Satisfaktion Schwedens für seine Kriegsaufwendungen unterstützen könnte.¹⁵⁴² Die erste Session der Partikularkonvente der einzelnen Kreise wurde auf den 11./21. März angesetzt und eine Abrede zwischen den Kreisdirektoren getroffen, damit „confirmitet in denen 4 Creyßen gehalten werden“ konnte.¹⁵⁴³ In den folgenden Tagen wurde abwechselnd auf Ebene der einzelnen Kreise oder in gemeinsamen Sitzungen aller vier Kreise getagt.¹⁵⁴⁴ Während sämtlichen Verhandlungen standen die kreisständischen Gesandtschaften unter einem immensen Einigungsdruck, was sich in einem ausgesprochen gereizten Gesprächs- und Verhandlungsklima niedergeschlagen haben muss.¹⁵⁴⁵

 Vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 216 – 211; Abschriften der Proposition finden sich unter HStASt: A 29 Bü. 56 (Anm. 1538), Proposition Oxenstiernas, Heilbronn, 8./ 18. 3.1633, unfol.; StABa: Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 4028 (Anm. 1440), fol. 493r – 498v. Zur Bedeutung der Satisfaktionsfrage für Schweden nach Gustav Adolfs Tod vgl. allgemein Sven Lundkvist: Die schwedischen Kriegs- und Friedensziele 1632– 1648, in: Krieg und Politik 1618 – 1648. Europäische Probleme und Perspektiven, hrsg. v. Konrad Repgen/Elisabeth Müller-Luckner (Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien, 8). München 1988, S. 219 – 240.  Vgl. StABa: Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 4028 (Anm. 1440), fol. 490r. Die Unterbrechung des Konvents zwischen der Propositionsverlesung und dem Beginn der Sitzungen der einzelnen Reichskreise wurde durch ein verspätetes Sendschreiben Kurbrandenburgs an die Konventteilnehmer sowie verschiedene Abstimmungsmaßnahmen zwischen den Kreisständen verursacht.  Für die Partikularsitzungen am 11. März wurde verabredet, dass „die 4 Craiß in den Sessionibus gleichheit halten sollen“. Vom 12. (22.) bis einschließlich 16. (26.) März wurden die Verhandlungen dann von vormittags „bis vff in die nacht“, „sowohl in circulis vnnd Creÿsen absonderlich, als auch in pleno der 4. Creißen gehalten“, ebd., fol. 490v.  So bat beispielsweise die Kulmbacher Gesandtschaft ihre fränkischen Mitkreisstände am Ende der ersten Verhandlungswoche um ehrliche und offenherzige Auskunft, warum die Arbeitsatmosphäre selbst in der Partikularsession des fränkischen Kreises unter kulmbachischem Direktorium derart schlecht gewesen sei, und ob es „an des Directoris vleiß vnndt dexteritet, wie dann auch in modo procedendi ein mangel oder clag gebe“ Sie erhielten aber zur Antwort, die Kreisstände seien zwar „mit dem Directorio wol content“, aber es „wehre den Ständen laÿth, dz Ihr Excell: [Reichskanzler Oxenstierna] wegen der Zeit nicht contentiret“ sei. Auch der enge schwedische Parteigänger Hohenlohe-Neuenburg bestätigte, „daß Ihre Excell: Herrn Reichscanzlern den Verzug übel uffgenommen, wehre aber dem Directorio ganz nicht zuzumeßen.“ Die Äußerungen fielen in der Partikularsession des Fränkischen Kreises am 17. (27.) März 1633, Zitate nach ebd., fol. 491r.

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Die Kreisstände gaben in erster Linie Schweden die Schuld an der Missstimmung in Heilbronn. Wie es scheint, brachte das schwedische Konventsdirektorium nur geringes Verständnis für die zeitaufwändigen Beratungen innerhalb der einzelnen Reichskreise auf. Oxenstierna zeigte sich nicht nur „wegen der Zeit nicht contentiret“, sondern hegte auch ein generelles Misstrauen gegenüber den Partikularsessionen der Reichskreise ohne direkte schwedische Beteiligung.¹⁵⁴⁶ Es findet sich sogar ein Nachweis dafür, dass Oxenstierna mehrere Tage lang gesonderte Beratungen der fränkischen Kreisstände gezielt unterband, da er die fränkischen Delegationen unter der Führung Kulmbachs offenbar für zu eigenständig agierend und zu debattierfreudig erachtete.¹⁵⁴⁷ Eine entsprechende Kritik Oxenstiernas wiesen die Kulmbacher aber mit Rückendeckung ihrer Mitkreisstände selbstbewusst zurück.¹⁵⁴⁸ Ebenfalls durchaus eigenständig traten auch die Stände des Schwäbischen Reichskreises auf, die in ihren Sessionen unter württembergischem Vorsitz unter anderem übereinkamen, entgegen den Wünschen Oxenstiernas eine Abschaffung der schwedischen Statthalterschaften in den oberdeutschen Reichskreisen zu fordern und auf eine formale Lossagung vom Kaiser zumindest solange zu verzichten, bis ein Kurfürstentag eine „reguläre“ Absetzung des Reichsoberhaupts beschlossen habe.¹⁵⁴⁹ Nur einer der vier Reichskreise bereitete dem Schweden keinerlei Verdruss: Der vierte, einzig und allein durch schwedische Amtsträger repräsentierte Reichskreis, der am Heilbronner Konvent offenbar ebenfalls unter dem Namen eines „Rheinischen Kreises“ firmierte. Sein Wirken auf dem Konvent blieb selbst den Zeitgenossen schleierhaft. Jedenfalls kam schon eine kaiserliche Untersuchungskommission nach der Schlacht von Nördlingen nach dem Studium zahlreicher erbeuteter Akten von Heilbronner Bundesmitgliedern zu dem Ergebnis, dass besagter Reichskreis am Heilbronner Konvent keine eigenständigen Beratungen ab-

 Zitat nach dem Kulmbacher Protokoll vom 17. (27.) März 1633, ebd., fol. 491r. Zur reservierten Haltung Oxenstiernas gegenüber den protestantischen Reichsständen vgl. unter anderem Suvanto: Die deutsche Politik Oxenstiernas und Wallenstein (Anm. 1512), S. 70 f., 96 – 98.  Das Kulmbacher Protokoll hält diesbezüglich fest: „Director des Fränckischen Creÿs contra suam voluntatem den 8. 9. vnnd 10. Martÿ an den Sessionibus verhindert worden.“, StABa: Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 4028 (Anm. 1440), fol. 490v.  Das Kulmbacher Kreistagsdirektorium ließ deshalb sogar im Protokoll der fränkischen Partikularsessionen festhalten, dass die Franken ihre erste Relation auf die 7 Punkte der schwedischen Proposition einen Tag vor allen anderen Kreisen abgeliefert hätten, und das, obwohl „deren keiner in Anzahl so groß als der Fränck: Craiß ist“, ebd., fol. 491r.  Vgl. HStASt: A 29 Bü. 56 (Anm. 1538), „Protocoll zu Heÿllbronn vom 10. Martÿ bis uff 20. Aprilis Anno 1633“, unfol. und ebd., „Protocoll. Johann Burchert vom 10. bis uff den 16. Aprilis Anno 1633“, unfol.; vgl. ferner Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 194.

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gehalten hatte.¹⁵⁵⁰ Warum das schwedische Mainz zusammen mit schwedischen Amtsträgern in Heilbronn dennoch als eigener Reichskreis auftrat, ließe sich womöglich wie folgt erklären: Die formale Präsenz eines zweiten „Rheinischen Kreises“ in Heilbronn ermöglichte es Schweden einerseits, die Fiktion aufrechterhalten zu können, der Konvent würde tatsächlich vier ganze Reichskreise und damit ganz Oberdeutschland von der Pfalz bis zur bayerischen Kreisgrenze repräsentieren. Andererseits verschaffte die fiktionale Existenz eines rheinischen „Phantomkreises“ Schweden die Möglichkeit, sich während des Heilbronner Konvents mit eigenen Stellungnahmen am Abgleichungsprozess der Voten der anderen drei Reichskreise zu beteiligen und somit selbst Einfluss auf die gemeinsame Antwort der Reichskreise auf die Oxenstierna’sche Proposition zu nehmen. Allerdings geht aus der Aktenüberlieferung nicht hervor, wie umfangreich Schweden sich tatsächlich schon in die gemeinsamen Sitzungen der drei Kreise einzuschalten versuchte. Gesichert ist jedoch, dass sich das schwedische Konventsdirektorium unter Oxenstierna mit der ersten gemeinsamen Antwort der Reichskreise auf die Proposition keineswegs einverstanden zeigte, da sich die Kreisstände in wesentlichen Punkten nicht mit den schwedischen Forderungen konfirmieren wollten und nur moderate Kontributionen für bezahlbar erachteten. Die Kreise erklärten sich zudem weder bereit, die für sie von Gustav Adolf ernannten Statthalter endlich anzuerkennen, noch gedachten sie sich endgültig vom Kaiser loszusagen.¹⁵⁵¹ Zusätzlich wurde noch auf Betreiben Württembergs und Kulmbachs die Forderung erhoben, einen „allgemeinen Konvent“ aller Protestanten im Reich unter Einbindung Kursachsens zum nächstmöglichen Zeitpunkt abzuhalten.¹⁵⁵² Erst durch massiven Druck Oxenstiernas, der zeitweise damit drohte, die süddeutschen Protestanten bei mangelnder Kooperationsbereitschaft einfach der

 Dies geht aus einer Notiz eines gewissen Jörg Bernhard Abelin JVC hervor, einem kaiserlichen Registrator, der in verschiedenen schwäbischen Archiven Beweismaterialien für spätere Prozesse gegen Mitglieder des Heilbronner Bunds sammelte. Er bemerkt in einer Randglosse an einer Beuteakte, dass von der Tätigkeit des „Rheinischen Craiß[es]“ in Heilbronn „beÿ allen archiven nichts von desselben ausser der relation beÿ pflogener Deliberation über die proposition“ zu finden gewesen sei. HStASt: A 29 Bü. 76 (Anm. 1456), „Continuatio vel supplementum über die den 22. Octobris jüngst vnderthenigst einkhommenen Relation, sonderlich den Hailbronnischen Schluss als hauptwerckh betreffente.“, o.O., undatiert, hier pag. 38 f.  Die Abgleichung der Voten der vier Kreise und die Ausformulierung der gemeinsamen Antwort an Oxenstierna erfolgte vom 17. bis zum 22. März, vgl. HStASt: A 29 Bü. 56 (Anm. 1538), „Protocoll zu Heÿllbronn vom 10. Martÿ bis uff 20. Aprilis Anno 1633“, unfol. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 224 f.; Langer: Der Heilbronner Bund (1633 – 1635) (Anm. 1511), S. 117 f.; Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 194.  Vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 222; Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 193 f.

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Militärmacht des Kaisers und der Liga zu überlassen, ließen sich die Kreisstände auf die dann doch maßgeblich von den schwedischen Vorstellungen geprägten Entwürfe zur Verfassung des neuen Bundes ein.¹⁵⁵³ Im Hauptrezess des Konvents erklärten sich die Kreisstände zum Unterhalt einer auf Schweden und die Bundesmitglieder gleichermaßen vereidigten Armee bereit, deren Größe in einem Nebenrezess auf 56 ½ Regimenter zu Fuß und 216 zu Pferd definiert wurde.¹⁵⁵⁴ Dies entsprach rund 78 000 Mann, deren jährlicher Unterhalt auf rund zehn Millionen Reichstaler kalkuliert wurde. Bewilligt wurden aber nur monatliche Zahlungen in Höhe von 12 Römermonaten.¹⁵⁵⁵ Die Kreise und ihre Stände übernahmen damit im Grunde die gesamte Finanzierung der schwedischen Kriegsführung im süddeutschen Raum.¹⁵⁵⁶ Eine Mitverantwortung aller Bundesmitglieder zur Sicherstellung einer „gebührenden Satisfaction“ Schwedens für seine Kriegsanstrengungen wurde ebenfalls festgelegt, allerdings ohne den Umfang einer solchen Kriegsentschädigung zu definieren.¹⁵⁵⁷

 Einige Konzepte des Haupt- und Nebenrezesses des Heilbronner Konvents sind ediert bei Kungliga Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien (Hrsg.): Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter och brefvexling. Brev 1633 Januari – Maj (Anm. 1537), S. 457– 476 (Nr. 223). Auch der französische Gesandte hatte die Kreisstände in einem Vortrag vor dem Plenum durch eindringliche Warnungen vor dem Kaiser und der drohenden Missgunst Frankreichs unter Druck zu setzen versucht, vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 227– 234.  Vgl. ebd., S. 230 f.  Vgl. Die Stände rechneten selbst mit tatsächlichen monatlichen Kosten von über 20 Römermonaten; vgl. ebd., S. 231 f., 242. Im Optimalfall brachten die Stände somit etwa 2,5 Millionen Rtl. auf, vgl. Peter H. Wilson: Europe’s tragedy. A history of the Thirty Years War. London 2009, S. 516; vgl. ferner zur Thematik Kersten Krüger: Dänische und schwedische Kriegsfinanzierung bis 1635, in: Krieg und Politik 1618 – 1648. Europäische Probleme und Perspektiven, hrsg. v. Konrad Repgen/Elisabeth Müller-Luckner (Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien, 8). München 1988, S. 275 – 298, hier insbesondere 291. Langer: Der Heilbronner Bund (1633 – 1635) (Anm. 1511), S. 121.  Vgl. hierzu vor allem Krüger: Dänische und schwedische Kriegsfinanzierung bis 1635 (Anm. 1555), hier S. 283 – 293; Lundkvist: Die schwedischen Kriegs- und Friedensziele 1632– 1648 (Anm. 1542), hier S. 220, 231; Goetze: Die Politik des schwedischen Reichskanzlers Axel Oxenstierna gegenüber Kaiser und Reich (Anm. 1428), S. 79 f.  Eine Edition und einen Faksimileabdruck der Heilbronner Bundeakte bietet http://www. ieg-friedensvertraege.de/treaty/1633_IV_15_Haupt-_und_Nebenrezess_zu_Heilbronn/t-41-1-de. html?h=6 (zuletzt aufgerufen am 22.10. 2017). Ebenso ediert ist der Vertragstext in: Carl Hallendorff (Hrsg): Sverges traktater med främmande magter. 1632– 1645 (Sveriges (och Norges) traktater med främmande magter (makter) jämte andra dit hörenade handlingar (822– 1905), 5.2). Stockholm 1909, S. 18 – 29 (Hauptrezess), S. 37– 45 (Nebenrezess) und bei Johann Christian Lünig (Hrsg.): Des Teutschen Reichs-Archivs Partis Generalis Continuatio, Welche […] in sich begreifft ein vollkommenes Corpus Juris Publici des Heiligen Römischen Reichs Teutscher Nation […] (Das Teutsche Reichs-Archiv, 2). Leipzig 1713, S. 290 – 293 (Hauptrezess); eine textkritische Edition bietet

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Zumindest in einigen für den Reichsnexus des Bundes zentralen Punkten konnten sich die Kreisstände aber wichtige Konzessionen sichern: Das neue Bündnis sollte sich ähnlich wie schon der Leipziger Bund eng an die Kreisverfassung anlehnen und keinen endgültigen Bruch der Bundesmitglieder mit Kaiser und Reich bedeuten. Stattdessen wurde als Bundeszweck sogar ausdrücklich die „Observanz des heiligen Reichs Satzungen und Verfassungen“ sowie der Erhalt der „Teutschen Libertät“ definiert.¹⁵⁵⁸ Deshalb musste Schweden auch auf die Inkorporation seiner in Franken, Schwaben und am Oberrhein installierten Statthalter in die jeweiligen Kreisorganisationen verzichten und auch zusichern, die Reichsritterschaft nicht einfach in die Reichskreise einzugliedern, wie dies von deren Seite zuletzt gefordert worden war.¹⁵⁵⁹ Unverändert sollten die protestantischen Kreisorganisationen aber nicht bleiben, sondern durch neue Institutionen des Bundes grundlegend verändert werden. Um die Kriegsführung der am Bund beteiligten Reichskreise effektiver gestalten zu können, wurde die Schaffung eines „Consilium Formatum“ verkündet, einem durch Schweden und die Kreise beschickten ständigen Bundesrat mit Sitz in Frankfurt am Main, der gemeinsam mit Oxenstierna als Direktor alle militärischen Entscheidungen des Bundes leiten sollte.¹⁵⁶⁰ Von einer Gleichberechtigung der Kreisstände mit Schweden mittels des „Consilium Formatum“ konnte aber kaum die Rede sein. Der Bundesrat wurde

Kungliga Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien (Hrsg.): Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter och brefvexling. Brev 1633 Januari–Maj (Anm. 1537), S. 436 – 447 (Hautprezess); S. 447– 457 (Nebenrezess) (Nr. 223).  Zitate nach Lünig (Hrsg.): Des Teutschen Reichs-Archivs Partis Generalis Continuatio, Welche […] in sich begreifft ein vollkommenes Corpus Juris Publici des Heiligen Römischen Reichs Teutscher Nation […] (Anm. 1557), S. 291.  Zur Sessionsfrage und künftigen Stellung der Reichsritterschaft im Heilbronner Bund vgl. StABa: Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 4028 (Anm. 1440), Bericht des Kulmbacher Gesandten Agricola für die „Geheÿmen Kriegs: Hoff: vnd Cammerräthe“ in Kulmbach, Heilbronn, 9./19. März 1633 (Kopie), fol. 503r – 507v, hier fol. 504v – 505r; vgl. ferner die Ausführungen bei Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 256r – 258; Langer: Der Heilbronner Bund (1633 – 1635) (Anm. 1511), S. 117– 119. Mit der Reichsritterschaft wurde letztlich ein separater Bündnisschluss vereinbart. Er ist ediert bei Sverges traktater med främmande magter (Anm. 1557), S. 32– 37.  Grundlegende Regelungen zum „Consilium Formatum“ finden sich in Art. III. des Heilbronner Hauptrezesses, Detailvereinbarungen sind im Nebenrezess aufgeführt. Diesem ist in Art. 13 zu entnehmen, dass sich die Kompetenzen des Consilium Formatum gemeinsam mit dem schwedischen Direktorium auf „alle wüchtigen, so wol Kriegssachen, als friedenstractaten, vnd dies[er] Craÿse Chur fürsten vnnd Stännde hohe dieser Confœderation anhängige beschwerden vnd anliegen, wie nicht weniger alles was von diesem bundt dependirt“ erstrecken sollten, HStASt: A 29 Bü. 56 (Anm. 1538), Nebenabschied von Heilbronn, Heilbronn, 15. April 1633 (Abschrift), unfol.Vgl. ferner Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 257 f.

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zwar formal dem Bundesdirektorium Oxenstiernas gleichberechtigt zur Seite gestellt, aber von den insgesamt zehn Räten des „Consiliums“ sollten wiederum drei direkt durch Schweden ernannt werden, einer durch die Kurpfalz und je zwei weitere durch die übrigen rheinischen, fränkischen und schwäbischen Bundesmitglieder, mit Sonderbestimmungen zur Berücksichtigung der Reichsstädte.¹⁵⁶¹ Nachträglich wurde auch noch ein Vertreter der Reichsritterschaft als elfter Rat zugelassen.¹⁵⁶² Von besonderer Bedeutung für die Reichskreise war neben der Einrichtung des „Consilium Formatum“ noch der Beschluss, „daß in jedem Crayse durch die Confœderirte ein Crayß-Rath anzuordnen/ welcher von besagtem Directorio und Consilio formato dependiren/ und unter desselben Direction im Crayß die Aufsicht haben/ und alle Gebühr in obacht nehmen solle.“¹⁵⁶³ Die Kompetenzen der Kreisräte wurden noch auf dem Heilbronner Konvent in einer für alle vier Reichskreise verbindlichen Generalinstruktion festgehalten. Demnach hatten die „Kreisräte“ sich in jedem Kreis einen ständigen Amtssitz einzurichten, um von dort neben der Überwachung aller militärischen Aktivitäten in ihrem jeweiligen Reichskreis und der Kontrolle des Magazin- und Proviantwesens auch Heeresdurchzüge und Einquartierungen nach den Vorgaben der Bundesdirektion anzuleiten.¹⁵⁶⁴ Damit

 Zwei der insgesamt sechs ständischen Vertreter repräsentierten die Reichsstädte aller drei Kreise. Für die Detailregelungen vgl. Art. 13 des Heilbronner Nebenrezesses, HStASt: A 29 Bü. 56 (Anm. 1538), Heilbronn, 15. April 1633 (Abschrift), unfol., oder im digitalen Faksimile http://www. ieg-friedensvertraege.de/treaty/1633 %20IV%2015 %20Haupt-%20und%20Nebenrezess%20zu% 20Heilbronn/t-41-21-de.html?h=10 (zuletzt aufgerufen am 22.10. 2017).  Vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 257; irreführend Goetze: Die Politik des schwedischen Reichskanzlers Axel Oxenstierna gegenüber Kaiser und Reich (Anm. 1428), S. 99, der die Aufgaben und die Anzahl der Bundesräte verkürzt bzw. falsch wiedergibt.  Zitate nach Lünig (Hrsg.): Des Teutschen Reichs-Archivs Partis Generalis Continuatio, Welche […] in sich begreifft ein vollkommenes Corpus Juris Publici des Heiligen Römischen Reichs Teutscher Nation […] (Anm. 1557), S. 292.  HStASt: A 29 Bü. 56 (Anm. 1538), (General‐)Instruktion für die Kreisräte in 11 Artikeln, Heilbronn, 19. April 1633, unfol. Die Generalinstruktion der Kreisräte führt folgende Punkte auf: 1. Die Kreisräte sind auf den gesamten Bund (bzw. sämtliche Konföderierte) zu vereidigen, aber von ihrem jeweiligen Kreis zu besolden. 2. Sie sollen einen festen Amtssitz in jedem Reichskreis einnehmen, um jederzeit vom Direktorium, dem Consilium Formatums, den Kreisständen und Untertanen auffindbar zu sein. 3. Die Kreisräte sollen gemäß der „Ordonanzen“ des Direktoriums, des Consilium Formatum und der Kreisstände handeln. 4. Die Räte sollen sich um gute Ordnung kümmern, damit die Untertanen verschont und die Kommerzien wieder in Gang kommen. 5. Die Kreisräte sollen insbesondere gegenüber der Soldateska „ihr genaue vffsicht vnd ernstliche inspection haben“, und bei Einquartierungen und Durchzügen für Disziplin, Einhaltung

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wurden wesentliche Kompetenzen der Kreisobristen in ihre Hände gelegt. Erstaunlicherweise kam der Vorschlag zur Einrichtung der Kreisräte ursprünglich gar nicht von Oxenstierna, sondern wurde von den fränkischen und rheinischen Kreisständen ins Spiel gebracht, um Schweden einen gewissen funktionalen Ersatz für die ungeliebten Statthalter zu offerieren, denn Gustav Adolf hatte die Notwendigkeit der Statthalter einst mit Verweis auf fehlende Exekutionsmöglichkeiten auf Kreisebene mangels unbesetzter Kreisobristenstellen begründet.¹⁵⁶⁵ An eine Entmachtung der vorhandenen Kreisobristen hatten die Kreisstände mit ihrem Vorschlag aber nicht gedacht, denn jeder Reichskreis sollte nach ihrem Willen letztlich selbst darüber entscheiden, ob er einen Kreisrat in Dienst nehmen oder einfach seinen Kreisobristen beibehalten wollte.¹⁵⁶⁶ Oxenstierna ließ sich auf eine Entmachtung der Statthalter aber nur ein, wenn die Wahlfreiheit der Kreise zwischen einem Kreisobristen und einem Kreisrat zugunsten des Letzteren entfiel und mindesten einer der vier Kreisräte direkt von Schweden bestimmt werden konnte.¹⁵⁶⁷ Um sich der ungeliebten Statthalter endlich entledigen zu können,

der Ordonanzen, das Wohlergehen der Untertanen und die Straßensicherheit sorgen. Ebenso sollen sie für eine gerechte Austeilung der Quartiere zwischen den Ständen Sorge tragen. 6. Die Kreisräte sollen auch die Magazine und Kreiskassen beaufsichtigen und bei Missständen dem Direktorium und Consilium Formatum Bericht erstatten. 7. Sie sollen bei Muster- und Laufplätzen für Disziplin und gute Ordnung sorgen, den Kriegskommissaren übergeordnet sein und die Kreisstände stets über ihre Vorhaben in Musterungs- und Durchzugsangelegenheiten informieren. 8. Die Kriegsräte sollen dafür Sorge tragen, dass die Rechte und Privilegien der Kreisstände nicht verletzt werden. 9. Die Kreisräte sollen auch „des feindts Actiones wol warnemmen“ und im Fall eines Einbruchs in einen Reichskreis entsprechende Gegenmaßnahmen initiieren. 10. Unter den Kreisräten solle bei ihren gemeinsamen Sitzungen alle 8 Tage „die vmbfrag vnnd direction“ wechseln. 11. Jeder Reichskreis solle die Besoldungshöhe mit seinen Kreisräten selbst aushandeln.  Vgl. zur Thematik Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 357, 464; Kungliga Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien (Hrsg.): Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter och brefvexling. K. Gustaf II Adolfs bref och instruktioner (Anm. 1513), S. 857 f (Nr. 619).  Vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 242.  Da Oxenstierna es allerdings unterließ, sich auf die von den Ständen ausgearbeitete Generalinstruktion für die Kreisräte zu resolvieren, blieb bis zuletzt unklar, wie genau Schweden mit den Kreisräten künftig umzugehen gedachte, vgl. ebd., S. 259. Stattdessen bestätigte Oxenstierna allen drei oberdeutschen Statthaltern noch am 2. (12.) Mai 1633 ihre Ämter, vgl. Kungliga Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien (Hrsg.): Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter och brefvexling. Brev 1633 Januari–Maj (Anm. 1537), S. 591– 594 (Nr. 266 – 269). Erst im September 1633 erkannte Schweden eine modifizierte Generalinstruktion für die drei oberdeutschen Kreisräte an, vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 463 Anm. 6.

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stimmten die Kreisstände dem letzten Endes zu.¹⁵⁶⁸ Als künftige Amtssitze der Kreisräte wurden noch Würzburg, Ulm und Worms bestimmt und die Besoldung der einzelnen Räte auf monatlich 200 Rtl. festgelegt, für die die einzelnen Kreiskassen aufzukommen hatten.¹⁵⁶⁹ Es schien, als würde der Heilbronner Bund die hergebrachten militärischen Strukturen der Reichskreise durch den Aufbau eigener Einrichtungen künftig weitgehend substituieren können.

4.4 Neue Kreisinstitutionen und alte Kreisverfassung im Widerspruch. Die konfliktträchtige institutionelle Ausgestaltung des Heilbronner Bundes auf Reichskreisebene Doch zuerst mussten die Heilbronner Beschlüsse in ihren wesentlichen Punkten umgesetzt werden. Während die Beschickung des „Consilium Formatum“ noch ohne weiteres Zutun der Reichskreise vorgenommen werden konnte, war eine erfolgreiche Konstituierung der Kriegsräte ohne Einbeziehung der einzelnen Reichskreisorganisationen kaum zu realisieren.¹⁵⁷⁰ Darum belebten die protestantischen Kreisstände am Rhein ihre bis dahin seit vielen Jahren inaktive Kreisorganisation wieder und hielten Versammlungen in Worms unter kurpfälzischem Vorsitz ab.¹⁵⁷¹ Infolgedessen konnte bereits im Juni 1633 ein Kreisrat für den (Ober‐)Rheinischen Kreis eingerichtet werden.¹⁵⁷² Allerdings hatte die rheinische Kreisorganisation in der Folgezeit wenig Einfluss darauf, ob die Kreisräte ihre Arbeit auch auf die Art und Weise ausüben konnten, wie es sich die Kreisstände in Heilbronn ursprünglich gedacht hatten. Wie aus einem Memorial der rheinischen Kreisräte für einen Kreistag in Worms

 Vgl. ebd., S. 251, 253.  Vgl. ebd. S. 259 f.  Das „Consilium Formatum“ nahm Anfang Juli 1633 seine Arbeit auf, die Besetzung der einzelnen Ratsstellen zog sich allerdings bis in den Herbst 1633 hin, vgl. Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 202 f; Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 334– 338.  Die von der Kurpfalz ausgeschriebenen (ober‐)rheinischen Kreistage tagten im Juni 1633 und Februar 1634 in Worms. Zu den Aktivitäten des (Ober‐)Rheinischen Reichskreises in Folge des Heilbronner Konvents vgl. u. a. die Überlieferung in OeStA HHStA Wien: RK Reichstagsakten 101a, Subfasz. 1, „Oberrheinischer Creÿßtag 1634 zu Wormbs vnd zu Franckfurt“; vgl. ferner die Ausführungen bei Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 339 – 341.  Zu Kreisräten bestimmt wurden: Ernst Fuchs von Lemnitz (für die Fürsten); Oberst Hans von Meusenhold (für die Grafen); mit zeitlicher Verzögerung folgten Johann Adolf Steffan von Cronstätten (für die Reichsstädte) und Philipp Franz von Flersheim der Ältere (für Schweden), vgl. ebd., S. 339.

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Anfang Februar 1634 hervorgeht, nahm die schwedische Heeresführung von dem Kreisrat kaum Notiz und band diesen in ihre Militäroperationen am Rhein kaum ein. So sollen die Schweden nach Aussagen der Kreisräte Einquartierungen, Durchzüge und sonstige Truppenbewegungen im Kur- und Oberrheinischen Reichskreis „ohn einige Correspendentz vnnd avisation, also one vnser vorwissen“ vorgenommen haben, weshalb eine erfolgreiche, der Generalinstruktion gemäße Arbeit des Kreisrats zur Linderung der Kriegslasten für die Bevölkerung und die Kreisstände kaum möglich sei. Die Kreisräte äußerten deshalb den Verdacht, „das wir, vermög vnsern Instruction, beÿ den herrn Generaln auch hohe vnd nidern officiern von des herrn Reichs Canzlers Excell. nicht genugsamblich autorisiert, dieweiln aus der Soldatesca vast niemand von vnns, noch vnsern verrichtungen wissen will, derentwegen vast vnmöglich, solch übel zuremetyrn“.¹⁵⁷³ In den beiden anderen am Heilbronner Bund aktiv beteiligten Reichskreisen gestaltete sich bereits der Implementierungsprozess der Kreisräte ausgesprochen konfliktreich und ging erheblich langsamer vonstatten. Hier zeigte sich, dass es den in Heilbronn vereinbarten neuen Institutionen auf Kreisebene oftmals nicht nur an Akzeptanz von schwedischer Seite mangelte, sondern auch bei etlichen Kreisständen, die eine Missachtung ihrer angestammten Rechte und Freiheiten durch den Heilbronner Bund und den ihm zugehörigen Einrichtungen fürchteten. Im Fränkischen Reichskreis schienen sich entsprechende Befürchtungen auch schon unmittelbar nach dem Heilbronner Konvent durch das Auftreten des in die Dienste des Heilbronner Bundes genommenen Heerführers Bernard von Weimar zu bestätigen. Dem Herzog hatte Oxenstierna für seine geleisteten und künftigen Kriegsdienste die fränkischen Hochstifte Würzburg und Bamberg als „Herzogtum Franken“ verliehen, weshalb der Weimarer umgehend Sitz und Stimme auf den protestantischen fränkischen Kreistagen einforderte.¹⁵⁷⁴ Mit Verweis auf seinen neuen Herzogstitel, seine militärische Befehlsgewalt und die alten Rechte Bambergs auf das Kreisdirektorium beanspruchte der Weimarer derart umfangreiche Befugnisse im Reichskreis, dass eine tiefgreifende Umgestaltung der protestantischen Kreisorganisation die Folge gewesen wäre. Zu Bernhards Forderungen gehörte nicht nur der Vorsitz auf allen künftigen fränkischen Kreistagen, sondern auch die alleinige Kontrolle über die in Heilbronn beschlossenen Kreisräte, deren Amtssitz bereits in der weimarischen Residenz-

 Vgl. OeStA HHStA Wien: RK Reichstagsakten 101a (Anm. 1571), „Memorial“ der vom Kurund Oberrheinischen Kreis verordneten Kreisräte, Philipp Franz von Flersheim der Ältere; Ernst Fuchs von Lemniz; Obrist Hans von Meusenhold, Worms, 1. Februar 1634, (Kopie), fol. 4r – 11v, Zitat 6r–6v.  Zur Verleihung des „Herzogtums Franken“ an Bernhard von Weimar vgl. Deinert: Die schwedische Epoche in Franken von 1631– 1635 (Anm. 683), S. 518 f.

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stadt Würzburg lag, und in deren Namen der Herzog künftig selbst allerlei Militärbefehle auszustellen gedachte.¹⁵⁷⁵ Zu diesem Zweck setzte der Weimarer mit Rückendeckung Oxenstiernas dem Kreisrat kurzerhand einen von ihm selbst ernannten Kreisratspräsidenten vor.¹⁵⁷⁶ Ein solches Amt hatte der Heilbronner Konvent aber gar nicht vorgesehen. Viele fränkische Kreisstände setzten diesen Bestrebungen Herzog Bernhards von Anfang an Widerstand entgegen, am entschlossensten der Kreisobrist Markgraf Christian von Kulmbach. Der Markgraf weigerte sich, unter den herrschenden Machtverhältnissen die ihm zustehende Besetzung einer der Kreisrätestellen vorzunehmen, und stellte nach Konsultationen mit Kursachsen sogar seine weitere aktive Beteiligung am Heilbronner Bund in Frage.¹⁵⁷⁷ Seine Verweigerungshaltung begründete der Kulmbacher mit grundsätzlichen Bedenken gegen die Organisationsstruktur des Bundes, die seines Erachtens zu stark auf das schwedische Direktorium zugeschnitten sei und in ihrer derzeitigen Gestalt nur provisorischer Natur sein könnte. Wenigstens aber bedürfe sie noch der Zustimmung durch einen „allgemeinen evangelischen Konvent“ unter kursächsischer und kurbrandenburgischer Beteiligung.¹⁵⁷⁸ Der Vorwurf der Beeinträchtigung der fürstlichen Libertät durch Schweden und Bernhard von Weimar schwang dabei deutlich mit. Infolgedessen boykottierte Kulmbach auch einen fränkischen Kreistag in Würzburg Ende Mai 1633, auf dessen Abhaltung sich die fränkischen Kreisstände bereits am Rande des Heilbronner Konvents geeinigt hatten, um die endgültige organisatorische Ausgestaltung des Kreisrats festzulegen.¹⁵⁷⁹ Nachdem sich der Kreisrat mit weimarischer Hilfe dennoch konstituiert hatte, verlegte sich Markgraf  Der Kreisrat war ab Ende Mai 1633 bedingt arbeitsfähig. Ihm gehörten folgende Räte an: Wolf Bernhard von Crailsheim (für Schweden); Rittmeister Johann Philipp Geudter (für die Grafen); Kreß von Kressenstein (für die Reichsstädte); Kulmbach verzögerte die Ernennung eines Vertreter der Kreisfürsten. Die von Weimar geschaffene Charge eines Kreisratspräsidenten besetzte Melchior Reinhard von Berlichingen; vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 259, 343 – 355; Deinert: Die schwedische Epoche in Franken von 1631– 1635 (Anm. 683), S. 185. Berlichingen stand bereits auf Wunsch der fränkischen Reichsritter seit 1632 dem schwedischen Statthalter in Franken als Rat zur Seite, vgl. StABa: Hochstift Bamberg, Geheime Kanzlei, Nr. 65 (Anm. 791), „Ritter Conuent vnd Ausschuss Tag aller Reichs Ritter Orth in Franckhen“, Würzburg, 11. April 1632 (Abschrift), fol. 7r – 12v, hier 10r.  Vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 254 f.  Formal entlassen worden waren die Statthalter zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht, vgl. ebd., S. 259; Deinert: Die schwedische Epoche in Franken von 1631– 1635 (Anm. 683), S. 185 – 189.  Vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 351.  Vgl. ebd., S. 346. Dennoch trat eine kleine kreisständische Versammlung in Würzburg zusammen, die am 27. Juni 1633 auch einen Rezess verabschiedete, der von Kulmbach aber nie als regulärer Kreisabschied anerkannt wurde, vgl. ebd., S. 349.

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Christian vorerst auf Obstruktion und missachtete die Anweisungen und Befehle der Kreisräte. Dies galt erst recht für deren zahlreiche Mahnschreiben aufgrund ausstehender Kontributionen, die die Markgrafschaft Kulmbach, wie viele andere Kreisstände, gar nicht oder nur zum Bruchteil in die Kreiskasse nach Nürnberg ablieferte – freilich meist mit der Begründung, infolge von Kriegsereignissen nicht mehr liquide zu sein.¹⁵⁸⁰ Erst mit vielen Monaten Verzögerung rang sich Christian von Kulmbach wieder dazu durch, von einer reinen Obstruktionshaltung im Reichskreis Abstand zu nehmen und nach mehrfachem schwedischen Wunsch einen Kreistag auszuschreiben, der sich wieder mit der Umsetzung der Heilbronner Beschlüsse beschäftigen sollte. Er schrieb den auf Februar 1634 angesetzten Kreiskonvent aber sehr zum Missfallen Bernhards von Weimar alleine aus, ohne dabei das von dem Weimarer beanspruchte Bamberger Direktorium einzubeziehen. Der Markgraf kam dem Herzog lediglich in der Auswahl des Tagungsorts entgegen, indem er die weimarische Residenzstadt Würzburg zum Versammlungsort bestimmte.¹⁵⁸¹ Die fast vollzählig erschienen fränkischen protestantischen Kreisstände unterstützten Kulmbach in diesem Vorgehen aber grundsätzlich, und zeigten großes Interesse an der Einhegung schwedischer und weimarischer Machtansprüche im Reichskreis. Anstatt ihr Engagement für den Heilbronner Bund zu intensivieren, wie es sich die schwedische Seite von dem Kreistag erhofft hatte, verlegten sich die Kreisstände vielmehr darauf, der schwedischen und weimarischen Armee in ihrem Kreisabschied nicht nur verschieden Auflagen zu machen, wie sie sich zur Schonung von Land und Leuten im Fränkischen Kreis zu benehmen hätte, sondern zeigten sich auch darin einig, dass „zuförderst aber die heylsamen Reichs= und Crays=Executions-Ordnung, als welche nicht zu verbeßern, bey den Durchzügen und sonsten in gehörigen Respect, und gute Obacht gezogen werden“ müsse.¹⁵⁸² Einer Entmachtung des Kreisobristen zugunsten eines Kreisrats, wie es der Heilbronner Konvent trotz anders lautender Regelungen der Reichsexekutionsordnung geplant hatte, stand die Mehrheit der fränkischen Kreisstände infolge des weimarischen Auftretens im Reichskreis äußerst kritisch gegenüber. Nach einer kontroversen Abstimmung wurde beschlossen, die Tätigkeit der Kreisräte nicht mehr zu unterstützen und stattdessen bei „der alten mit so guten (!) Bedacht, und reifer Prudenz gemachten Reichs= und Crays=Ordnung, dabey man sich vor deßen

 Vgl. Deinert: Die schwedische Epoche in Franken von 1631– 1635 (Anm. 683), S. 186.  Vgl. Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635) (Anm. 1051), S. 170. Der Rezess des protestantischen Partikularkreistags vom 28. Februar 1634 findet sich bei Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 180 – 184.  Zitat nach ebd., S. 183.

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wohl befunden“, verbleiben zu wollen. Die Kreisstände zeigten sich lediglich dazu bereit, auf der nächsten Vollversammlung der Heilbronner Bundesstände darüber beraten zu lassen, „wie eines und das andere auch ferner zu verbeßern“ sei.¹⁵⁸³ Eine grundlegende Umgestaltung der fränkischen Kreisorganisation durch die Institutionen des Heilbronner Bundes war angesichts des Widerstands der fränkischen Kreisstände, allen voran Christians von Kulmbach, offensichtlich nicht zu realisieren. Auch im benachbarten Schwäbischen Reichskreis litt die protestantische Kreisorganisation bald unter der Unvereinbarkeit des schwedischen Machtanspruchs mit dem politischen Selbstbehauptungswillen der Kreisstände. Dies wurde besonders augenfällig im Spätherbst des Jahres 1633. Während der zweiten Jahreshälfte 1633 sah sich der mittlerweile für volljährig erklärte neue württembergische Herzog Eberhard III. mit häufigen Klagen über schwere Ausschreitungen eigentlich befreundeter, aber schlecht versorgter und kaum besoldeter schwedischer Soldateska gegen württembergische Untertanen konfrontiert.¹⁵⁸⁴ Da auch andere protestantische schwäbische Kreisstände ähnlich negative Erfahrungen mit durchziehenden oder längerfristig einquartierten Truppen machen mussten und sich zudem Einfälle aus kaiserlichen Stützpunkten im Reichskreis häuften, sah sich der junge Herzog genötigt, für Ende Oktober 1633 einen Kreistag nach Göppingen einzuberufen, um über Maßnahmen zum Landfriedensschutz zu beraten. In Göppingen überraschte das württembergische Kreistagsdirektorium die übrigen Kreisstände dann mit dem Vorschlag, das bereits zum Jahresanfang am württembergischen Herzogshof diskutierte Projekt einer eigenständigen schwäbischen Kreisdefension auf die Tagesordnung des Kreistags zu setzen.¹⁵⁸⁵ Verfügte der Reichskreis erst wieder über eigene Streitkräfte, so das württembergische Kalkül, konnten die Kreisstände sich nicht nur wieder eigenständig vor Übergriffen aus weiterhin kaiserlich-ligistisch kontrollierten Gebieten schützen, sie würden auch von den Befehlshabern der verbündeten Schweden größeren Respekt und Sorgfalt gegenüber ihren eigenen Territorien und Untertanen erzwingen können. Der württembergische Vorschlag muss für die übrigen Kreistagsdelegationen sehr überraschend gekommen sein, denn ein Großteil von ihnen sah sich gezwungen, vor weiteren Beratungen neue Instruktionen von ihren Fürsten und Herren einzuholen. Der Kreistag wurde deshalb unterbrochen und

 Zitate nach ebd., S. 183.  Vgl. Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 240 f.  Vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 31; Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 244.

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erst am 6. November in Stuttgart wieder aufgenommen.¹⁵⁸⁶ Wie sich hier zeigte, fand das württembergische Projekt einer Kreisdefension großen Zuspruch unter den Kreisständen, von denen sich die überwiegende Mehrheit durch Schweden und die Heilbronner Bundestruppen unter Bernhard von Weimar nicht ausreichend geschützt empfand. Sie votierten für die Aufstellung einer Kreisarmee von 2 599 Mann, deren Aufgabe „allein die Defensio dises Craiß vnnd den darin nothleidenden Ständen“ sein sollte.¹⁵⁸⁷ Doch kaum hatte Schweden von den Beschlüssen des Stuttgarter Kreistags erfahren, intervenierte es. Nach Rücksprache mit Oxenstierna erklärte der schwedische Feldherr Gustav Horn die Aufstellung einer schwäbischen Kreisarmee kurzerhand für unvereinbar mit den schwedischen Interessen und nötigte Württemberg unter Androhung militärischer Konsequenzen dazu, von der Umsetzung des Kreisabschieds abzusehen.¹⁵⁸⁸ Spätestens damit war offensichtlich, dass Schweden keinesfalls gewillt war, ein politisch-militärisches Eigenleben des Schwäbischen Reichskreises und seiner Stände noch weiter zu dulden. Kurz darauf verloren Württemberg und die übrigen schwäbischen Kreisstände auch die praktische Möglichkeit zu eigenen Rüstungen, da Oxenstierna dazu überging, jedem schwäbischen Kreisstand die Versorgung bestimmter schwedischer Truppenkontingente aufzutragen, die sich ihren Sold nun vermehrt durch militärische Exekution selbst eintrieben und den Kreisständen die Verfügungsgewalt über die Ressourcen ihrer Territorien vollends entrissen.¹⁵⁸⁹ Ob die vier

 Vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), Bd. 2, S. 31. Zizelmann berichtet noch von einem kreisständischen Konvent in der Reichsstadt Nördlingen, der im Anschluss an den Stuttgarter Kreistag getagt hatte, vgl. Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 244. Bei dieser Versammlung mit wenigen Kreisständen aus der Nördlinger Umgebung kann es sich aber nicht um den eigentlichen Kreistag gehandelt haben, denn dieser fand nachweislich in Stuttgart statt und wurde von immerhin 18 protestantischen Kreisständen besucht, vgl. HStASt: A 29 Bü. 76 (Anm. 1456), Protokoll des Stuttgarter Kreistags mit Abschied vom 31. Oktober (9. November) 1633, unfol.  Zitat nach ebd., Protokoll des Stuttgarter Kreistags mit Abschied vom 31. Oktober (9. November) 1633, unfol.  Vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 30 – 32; Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 244 f.  Allein aus dem Herzogtum Württemberg sollten mit diesem Vorgehen rund 22.000 fl. monatlich abgepresst werden, vgl. ebd., S. 247; Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 36 – 56, hier insbesondere S. 55 – 58. Zuvor hatte ein Konvent von Heilbronner Bundesmitgliedern in Frankfurt im September 1633 militärische Exekutionen zur Eintreibung von Kontributionsrückständen gegenüber säumigen Mitgliedern formal legitimiert, vgl. StABa: Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Hausarchiv Plassenburg, Nr. 5960, Abschied der „confoederirte[n] Evangelische[n] Chur: Fürsten vnd Ständte der Vier Obern Craisen des heÿligen Römischen Reichs“, o.O. [Frankfurt am Main], 13. September 1633 (alter Stil), hier Art. 4.

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schwäbischen Kreisräte, die ihre Arbeit im Schwäbischen Kreis im November 1633 aufnahmen, den Kreisständen zumindest einen indirekten Einfluss auf das im Reichskreis anwesende Militär verschaffen konnten, darf zumindest angezweifelt werden.¹⁵⁹⁰ Zwar fanden sich im Lauf des Jahres 1634 noch zweimal schwäbische Kreistage ein, die sich der Aufbringung der horrenden Kontributionsforderungen Schwedens und Bernhards von Weimar widmeten, doch konnten die meisten Kreisstände auf den Kreisversammlungen nur noch ihre Zahlungsunfähigkeit zu Protokoll geben lassen.¹⁵⁹¹ Umso größere Hoffnungen setzten Württemberg und andere oberdeutsche protestantische Stände nun auf Hilfe aus jenen beiden protestantisch dominierten sächsischen Reichskreisen, die sich dem Heilbronner Bund bisher entzogen hatten.

4.5 Die beiden sächsischen Reichskreise und das Ende des Heilbronner Bundes Das Verhältnis zwischen dem Heilbronner Bund und dem Ober- und Niedersächsischen Reichskreis hatte sich von Anfang an ausgesprochen schwierig gestaltet, was nicht nur den angespannten Beziehungen zwischen Kursachsen und Schweden geschuldet war. Auch das Bündnis zwischen Schweden und Braunschweig-Wolfenbüttel, dem Inhaber eines der beiden niedersächsischen Kreisausschreibeämter, hatte schon zu Beginn des Jahres 1633 unmittelbar vor Abhaltung des Heilbronner Konvents schweren Schaden genommen. Ausgangspunkt des Konflikts bildeten Überlegungen des Wolfenbütteler Herzogs, mit Hilfe des Niedersächsischen Reichskreises eine eigene Armee aufzustellen, um seine von den Kaiserlichen besetzte Residenzstadt Wolfenbüttel rückerobern zu können und den zuletzt in weiten Teilen des Reichskreises außer Kontrolle geratenen Übergriffen feindlicher wie befreundeter Soldateska auf die Zivilbevölkerung entgegenzutreten.¹⁵⁹² Nach Vorgesprächen mit seinen Verwandten aus Celle und

 Bis dahin war der schwedische Statthalter Graf Georg Friedrich von Hohenlohe noch in seinem Amt verblieben, vgl. Kungliga Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien (Hrsg.): Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter och brefvexling. Brev 1633 Januari–Maj (Anm. 1537), S. 592 (Nr. 267), vgl. ferner Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 341 f. Zu Kreisräten waren bestimmt worden: Johann Heinrich von Offenburg (für die Fürsten); Hans Kaspar Lerchenfeld von Naburg (für die Grafen); Marx Philipp Besserer von Ulm (für die Reichsstädte); Johann Bernhard von Mentzingen (für Schweden).  Die Kreistage fanden im Juni 1634 in Esslingen und kurz darauf folgend in Göppingen statt, vgl. ebd., S. 271 f.; Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 254 f.  Vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 148 – 150.

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mit Friedrich von Holstein, dem Sohn König Christians IV., war sich der Wolfenbütteler Herzog sicher, eine Mehrheit der niedersächsischen Kreisstände für sein Projekt gewinnen zu können, und schrieb einen Kreistag für den 3. Februar 1633 aus.¹⁵⁹³ Als allerdings Oxenstierna von den niedersächsischen Kreisdefensionsplänen erfuhr, setzte er den Wolfenbütteler mit unverhohlenen Kriegsdrohungen umgehend massiv unter Druck und forderte die Abschreibung des Kreistags, die Einstellung jeglicher Rüstungsmaßnahmen und die Eingliederung aller bereits für den Herzog gemusterten Söldner in die schwedische Armee.¹⁵⁹⁴ Infolgedessen musste der Welfe von seinem Vorhaben Abstand nehmen, obwohl er gegenüber dem schwedischen Reichskanzler mehrfach betonen ließ, dass die Aufstellung einer niedersächsischen Kreisarmee völlig legitim gewesen wäre und keinesfalls zur Offension Schwedens gedacht gewesen sei. Die Verhinderung eines bereits ausgeschriebenen Kreistags widerspräche dagegen völlig den Reichs- und Kreiskonstitutionen und sei bisher noch nicht einmal vom katholischen Kaiser versucht worden.¹⁵⁹⁵ Der Konflikt zwischen Wolfenbüttel und Schweden glich in seiner Ursache und seinem Verlauf im Grunde weitgehend jenen Auseinandersetzungen, wie sie sich wenige Monate später auch zwischen Schweden und Württemberg im Schwäbischen Reichskreis zutragen sollten, in dem Oxenstierna beziehungsweise Gustav Horn ebenfalls den Aufbau einer Kreisarmee durch Androhung militärischer Gewalt verhinderten. Die Beweggründe waren in beiden Fällen sicher vergleichbar: In Niedersachsen wie in Schwaben sollte der schwedischen Armee der ungehinderte Zugriff auf die materiellen und finanziellen Ressourcen der Kreisstände erhalten und zugleich ein eigenständiges militärisches Agieren eines Reichskreises unterbunden werden.¹⁵⁹⁶ Freilich belastete das rücksichtslose Vorgehen Oxenstiernas im Fall des verhinderten niedersächsischen Kreistags das Verhältnis zwischen Schweden und Wolfenbüttel und den anderen in das Kreisdefensionsprojekt involvierten niedersächsischen Kreisständen erheblich, so dass an einen engeren Anschluss des

 Diskutiert wurde eine Heeresgröße von 1.500 Reiter und 5.000 Fußknechte, die unter Umständen sogar auf die drei- bis vierfache Größe ausgebaut werden sollte. Die Wiederbesetzung des vakanten Kreisobristenamts mit Christian von Braunschweig-Celle oder Adolf Friedrich von Schwerin war ebenso im Gespräch, vgl. ebd., S. 150 – 153.  Vgl. ebd., S. 158.  Vgl. ebd., S. 159.  Vgl. zu diesem Aspekt mit Fokus auf die Bedeutung der Kreiskassen der Reichskreise Goetze: Die Politik des schwedischen Reichskanzlers Axel Oxenstierna gegenüber Kaiser und Reich (Anm. 1428), S. 112 f.

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Niedersächsischen Reichskreises an den Heilbronner Bund vorerst nicht mehr zu denken war. Eine Verbindung des Bundes mit dem Obersächsischen Reichskreis war wiederum nur möglich, wenn eine Annäherung zwischen Schweden, Kurbrandenburg und Kursachsen gelang. Mit dem brandenburgischen Kurfürsten Georg Wilhelm konnte Oxenstierna im September 1633 zumindest eine vorläufige Übereinkunft aushandeln, in dessen Folge sich der Kurfürst an die Seite Schwedens stellte, aber ohne dem Heilbronner Bund beizutreten.¹⁵⁹⁷ Johann Georg von Sachsen sperrte sich jedoch weiterhin gegen einen formalen Bündnisschluss mit Schweden. Der Sachse unterstützte stattdessen König Christian IV. von Dänemark, der sich um eine Vermittlung zwischen dem Kaiser und seinen Verbündeten und den deutschen Protestanten bemühte. Daraus resultierte ein dänischkursächsischer Plan für einen Friedenskongress in Breslau, den neben dem Kaiser alle Mitglieder des Leipziger Bundes – nicht des Heilbronner Bundes! – beschicken sollten.¹⁵⁹⁸ Zu einer Friedensvermittlung unter Führung Dänemarks und Kursachsens war Schweden allerdings nicht bereit, weshalb der Breslauer Kongress scheiterte, noch ehe die Friedensgespräche anlaufen konnten.¹⁵⁹⁹ Die fortgesetzte finanzielle Misere des Heilbronner Bundes und die zunehmende Erschöpfung der Bundesmitglieder veranlassten Oxenstierna im Lauf des Jahres 1634 aber wieder zu neuen diplomatischen Bemühungen um zusätzliche Verbündete im Reich. Der Reichskanzler wandte sich erneut an den Niedersächsischen Reichskreis, dem er nun auch wieder die Aufstellung einer eigenen Armee gestatten wollte, sofern sich diese über ein Beistandsabkommen an den Heilbronner Bund binden ließ. Infolgedessen debattierte bereits im Februar 1634 ein niedersächsischer Kreistag in Halberstadt über eine „Konjunktion“ des Reichskreises mit dem Heilbronner Bund.¹⁶⁰⁰ Die Ausarbeitung eines entsprechenden

 Vgl. Wilson: Europe’s tragedy (Anm. 1555), S. 517; Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 92. Kursachsen und Kurbrandenburg stimmten ihre Haltung zum Heilbronner Bund auch danach immer wieder miteinander ab, so beispielsweise nach Bekanntwerden der Ermordung Wallensteins, vgl. OeStA HHStA Wien: RK Reichstagsakten 101a (Anm. 1571), Subfasz. 1, „Copia Schreibens von der Churfr: drl: zue Brandenburg ahn die Churfr: drl: zue Sachßen abgangen, de dato Stendal, den 26. February Anno 1634“, fol. 31r–34v.  Zum geplanten Breslauer Friedenskongress vgl. Bierther (Hrsg.): Der Prager Frieden von 1635 (Anm. 694), hier Bd. 1, Einleitung, *107–*189; zur Beschränkung der Einladungen zum Friedenskongress auf die Mitglieder des Leipziger Bundes vgl. Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 218.  Vgl. Bierther (Hrsg.): Der Prager Frieden von 1635 (Anm. 694), Bd. 1, Einleitung,*182–*189.  Vgl. Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 161 f.; Goetze: Die Politik des schwedischen Reichskanzlers Axel Oxenstierna gegenüber Kaiser und Reich (Anm. 1428), S. 115.

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Allianzvertrags verzögerte sich dann aber bis zu einem Generalkonvent aller Heilbronner Bundesmitglieder in Frankfurt am Main ab April 1634, und sollte dann nicht nur ein Bündnis mit dem Niedersächsischen Kreis begründen, sondern auch noch mit dem Obersächsischen.¹⁶⁰¹ Erst kurz vor Ende des Frankfurter Bundeskonvents am 12. September 1634 war ein entsprechender Bündnisvertrag im Entwurf ausgearbeitet. Er stieß jedoch bei den obersächsischen Kreisständen auf gar keine, bei den niedersächsischen nur auf sehr geringe Resonanz und wurde lediglich vom Administrator von Bremen und den beiden Herzögen von Mecklenburg unter Vorbehalt unterzeichnet.¹⁶⁰² Dies lag auch am Einfluss Kursachsens, das auf Drängen der oberdeutschen Bundesstände, allen voran Württembergs und Kulmbachs, auf dem Frankfurter Bundeskonvent mit einer eigenen Gesandtschaft vertreten war und zwei eigene Propositionen vortrug.¹⁶⁰³ Die kursächsischen Gesandten gaben den versammelten Vertretern der niedersächsischen Kreisstände und der Heilbronner Bundesstände in zwei im Plenum gehaltenen Vorträgen unmissverständlich zu verstehen, was ihr Landesherr nach wie vor von der Heilbronner Bundesorganisation und einem engen Bündnis mit Schweden hielt: Die Kursachsen betonten mit Nachdruck, jede Allianz der Reichsstände müsse darauf achten, dass „der heilige Reichs Baue“ unverändert erhalten werden, und „die macht des Kriegs vnd friedens in handen des geliebten Vatterlandts verbleiben“ könne.¹⁶⁰⁴ Von ausländischen Mächten dürften sich die Reichsstände nicht abhängig machen, sondern müssten vielmehr auf ihre Kurfürsten hören, damit nicht eines Tage das Reich „vber einen hauffen geworfen [werde], vnd das ienige von dem geehrten Teutschlandt, was sonsten der Tacitus de Gallis meldet, gesagt werden möchte.“¹⁶⁰⁵ Was aber den Abschluss neuer Bündnisse betreffe, sei festzuhalten: „was jederzeit am bewehrtesten vnd glückhseeligsten in allen Regimenten befunden worden, das wirdt

 Zum (zweiten) Frankfurter Konvent des Heilbronner Bundes von April bis September 1634 vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), S. 269 – 466; Goetze: Die Politik des schwedischen Reichskanzlers Axel Oxenstierna gegenüber Kaiser und Reich (Anm. 1428), S. 117– 128.  Vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 348; Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 162. Zum Frankfurter Bundeskonvent vgl. detailreich Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), Bd. 2, S. 447– 451.  Die erste kursächsische Proposition wurde am 13. Mai 1634 vorgetragen, die zweite am 12. Juni, vgl. ebd., Bd. 2, S. 320 – 323, 362– 363.  StABa: Hochstift Bamberg, Geheime Kanzlei, Nr. 65 (Anm. 791), Erste kursächsische Proposition am Frankfurter Bundeskonvent, Frankfurt am Main, undat. [13. Mai 1634] (Kopie), fol. 45 – 51, Zitate fol. 46v.  Ebd., fol. 45v.

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billich zuuorderst in acht zu nehmen sein, so weren auch hierin die Reichs fundamental gesez bekandt, vnd vberdis durch die Reichs Constitutionen sonderlich den de Anno 1555 aufgerichten Reichs abschiedt, so fest vnd hart gegen einander verobligirt, das mehr darauff zusehen, wie solche heÿlsame weiße Sazungen wol obseruirt vnd erhalten werden möchte, als das man sich umb aufrichtung neüer Bandt bemühet.“¹⁶⁰⁶ Dieser reichspatriotische Appell der Kursachsen an die Heilbronner Bundesmitglieder war in seiner Aussage eindeutig: Sollten sie sich an das Schicksal Schwedens binden und eventuell gar eine Umgestaltung des Reiches zulassen, würde es ihnen am Ende wie den Galliern ergehen, die unter die Knechtschaft ausländischer Eroberer gefallen waren. Ein Beitritt Kursachsens und damit auch des Obersächsischen Reichskreises zum Heilbronner Bund war also nach wie vor undenkbar. Doch ohne neue Verbündete und zusätzliche Ressourcen erwiesen sich der Heilbronner Bund und die schwedische Militärmacht ihren katholischen Gegnern in Süddeutschland auf die Dauer nicht gewachsen, zumal sich diese im Lauf des Jahres 1634 durch eine neue spanische Armee aus Oberitalien verstärken konnten.¹⁶⁰⁷ Infolgedessen erzielten die Kaiserlichen bereits im Sommer 1634 große Raumgewinne in Süddeutschland und nach ihrem umfassenden Sieg über die schwedisch-weimarische Hauptarmee bei Nördlingen Anfang September fielen fast der gesamte Fränkische und Schwäbische Reichskreis flächendeckend unter kaiserliche Besatzung.¹⁶⁰⁸ Dies bedeutete zugleich das Ende der dortigen protestantischen Kreisorganisationen, denn die württembergische Herzogsfamilie musste nach Straßburg ins Exil fliehen, und Markgraf Christian von Kulmbach fand sich nach der Besetzung seiner beiden Residenzstädte Kulmbach und Bayreuth auf der Plassenburg eingeschlossen.¹⁶⁰⁹

 Ebd., Zweite kursächsische Proposition vor dem Frankfurter Bundeskonvent, Frankfurt am Main, 2. (12.) Juni 1634 (Kopie), fol. 52– 55, Zitat fol. 55r.  Vgl. Parker: The Army of Flanders and the Spanish road, 1567– 1659 (Anm. 1221), S. 259; Hildegard Ernst: Madrid und Wien, 1632– 1637. Politik und Finanzen in den Beziehungen zwischen Philipp IV. und Ferdinand II. (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 18). Münster 1991, S. 91.  Zur Schlacht von Nördlingen und ihren militärischen und politischen Folgen in Süddeutschland vgl. Voges (Hrsg.): Frieden ernährt. Krieg und Unfriede zerstört (Anm. 691); Peter Engerisser/Pavel Hrnčiřík: Nördlingen 1634. Die Schlacht bei Nördlingen, Wendepunkt des Dreißigjährigen Krieges. Weißenstadt 2009.  Zum Schicksal der beiden fränkischen und schwäbischen protestantischen Kreisausschreibenden Fürsten nach der Schlacht von Nördlingen vgl. Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635) (Anm. 1051), S. 206 – 219; Zizelmann: Um Land und Konfession (Anm. 53), S. 304– 346;

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I Reichskreise und konfessionelle Bünde, 1608 – 1635

Mit dem Verlust seiner schwäbisch-fränkischen Kerngebiete stand der Heilbronner Bund bereits Ende 1634 vor der Auflösung. Dennoch berief das schwedische Bundesdirektorium noch einmal sämtliche Bundesmitglieder Anfang Dezember 1634 zu einem Bundeskonvent in das weiterhin von schwedischer Soldateska gehaltene Worms. Die Versammlung wurde allerdings so schlecht besucht, dass sie noch ein zweites Mal ausgeschrieben werden musste, glich aber auch dann in ihrer Teilnehmerzahl bestenfalls einem oberrheinischen protestantischen Partikularkreistag, nicht aber einer Vollversammlung des Heilbronner Bundes.¹⁶¹⁰ Dieser zweite Wormser Konvent wurde bereits nicht mehr von Schweden dominiert, sondern von Frankreich, dessen Gesandte nach der schwedischen eine eigene Proposition verlesen und beraten ließen.¹⁶¹¹ Die Bemühungen Frankreichs in Worms zielten in erster Linie darauf ab, die noch nicht von der kaiserlichen Armee besetzten Heilbronner Bundesstände über die Annahme einer französischen Protektion an sich zu binden und sich auf diese Weise strategische Positionen im Rheinland zu sichern, ehe sie von kaiserlichen Truppen besetzt werden konnten.¹⁶¹² Frankreich dachte sogar noch an die Entsendung eines eigenen Vertreters in das „Consilium Formatum“.¹⁶¹³ Angesichts des weiteren Vormarschs der kaiserlichen Kriegsvölker zogen es die meisten Mitglieder des Heilbronner Bundes aber vor, den Kampf einzustellen und ihren Frieden mit Kaiser Ferdinand II. zu machen. Mit dem von Kursachsen ausgehandelten Prager Frieden stand den meisten protestantischen Ständen ab Ende Mai 1635 die Option eines relativ glimpflichen Friedensschlusses mit dem Reichsoberhaupt offen, die die überwiegende Mehrzahl der Protestanten auch für sich ergriff. Damit verlor der Heilbronner Bund seine letzten verbliebenen Mitglieder bis zur Mitte des Jahres 1635, so dass er faktisch schon längst zu Bestehen

Neuburger: Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung im Schwäbischen Reichskreis (Anm. 49), S. 47– 72.  Die Proposition des ersten Wormser Konvents wurde am 1. Dezember 1634 verlesen, ein vorläufiger Rezess am 12. Dezember 1634 verabschiedet, vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), Bd. 3, S. 34– 37. Der zweite Wormser Konvent tagte ab dem 16. Februar 1635 und wurde am 30. März 1635 aufgelöst, vgl. ebd., Bd. 3, S. 75 – 97.  Vgl. ebd., Bd. 3, S. 76 – 97, hier insbesondere S. 79. Langer: Der Heilbronner Bund (1633 – 1635) (Anm. 1511), S. 122.  Vgl. Stein: Protection royale (Anm. 1475), S. 300 f.; Hermann Weber: Vom verdeckten zum offenen Krieg. Richelieus Kriegsgründe und Kriegsziel 1634/35, in: Krieg und Politik 1618 – 1648. Europäische Probleme und Perspektiven, hrsg. v. Konrad Repgen/Elisabeth Müller-Luckner (Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien, 8). München 1988, S. 203 – 218, hier 210 – 212; Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 105 f.  Vgl. Kretzschmar: Der Heilbronner Bund (Anm. 1428), Bd. 3, S. 28 f.

4 „Schwedenkreistage“ und Heilbronner Bund

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aufgehört hatte, als sich im Juli 1635 das mittlerweile aus Frankfurt geflüchtete „Consilium Formatum“ endgültig auflöste.¹⁶¹⁴

Zwischenfazit Wie ist das Verhältnis Schwedens zur Kreisverfassung im Allgemeinen und den protestantischen Reichskreisorganisationen im Besonderen abschließend zu bewerten und inwieweit fand die schwedische Reichskreispolitik unter Gustav Adolf und nach dessen Tod unter Axel Oxenstierna Akzeptanz innerhalb der jeweiligen Reichskreise? Zu Lebzeiten König Gustav Adolfs fokussierte sich die schwedische Bündnispolitik lange Zeit auf den Abschluss von Partikularbündnissen mit einzelnen Reichs- bzw. Kreisständen. Nach der Breitenfelder Schlacht und dem schwedischen Vorstoß nach Süddeutschland im Herbst und Winter 1631/32 intensivierten sich jedoch die Kontakte zu einzelnen Reichskreisen respektive protestantischen Partikularkreisorganisationen. Auf schwedischer Seite wurde das Ziel erkennbar, die noch verbliebenen Strukturen des Leipziger Bundes an Schweden zu binden, wie im Fall Niedersachsens, oder im schwedischen Sinne zu reaktivieren, wie im Fall der beiden protestantischen Partikularorganisationen in Franken und Schwaben. Die Einrichtung von Statthalterschaften in den oberdeutschen Kreisen gegen Ende des Jahres 1631 ließ dann erkennen, dass der König in den betroffenen Reichskreisen eine besonders enge Bindung der Kreisstände an die schwedische Krone anstrebte, die im Spätherbst 1632 im Rahmen des geplanten Ulmer Konvents offensichtlich in einen festen Bund übergeführt werden sollte. Dass in diesem künftigen Bund die alte Kreisverfassung eine Rolle spielen würde, ist anzunehmen, der frühe Tod des Königs verhinderte jedoch vorerst die Konkretisierung des Vorhabens. Axel Oxenstierna nahm die Bundespläne wieder auf und setzte ihre Realisierung nach einem nun deutlich zu Tage tretenden innerprotestantischen Machtkampf mit Kursachsen und einem protestantischen Konvent in Heilbronn in der ersten Jahreshälfte 1633 durch. Die neu geschaffene Bundesorganisation lehnte sich zwar wieder wie der Leipziger Bund an die Kreisverfassung an, sah jedoch eine erhebliche institutionelle Modifikation der beteiligten Reichskreisorganisationen vor, mit der die protestantischen Kreisstände andere Zielvorstellungen verbanden als Schweden. Während sich die Kreisstände mit der Einrichtung des „Consilium Formatum“ und der Kreisräte in jedem Reichskreis eine

 Zur Verlegung des „Consilium Formatum“ und seiner Auflösung vgl. ebd., Bd. 3, S. 107– 110.

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I Reichskreise und konfessionelle Bünde, 1608 – 1635

gewisse Einflussmöglichkeit auf die Kriegsführung und die Finanzierungs- und Einquartierungspraxis der schwedischen Armee sowie der Bundestruppen versprachen, sah Schweden im Heilbronner Bund und seinen Institutionen von Anfang an ein Instrument, der eigenen Kriegsführung einen möglichst ungehinderten Zugriff auf die finanziellen und materiellen Ressourcen der jeweiligen Reichskreise zu sichern. Dementsprechend behandelte es die am Heilbronner Bund beteiligten Kreisstände und Reichskreisorganisationen auch keineswegs als gleichberechtigte Bündnispartner, sondern als Vasallen, und schränkte die Selbstorganisationsmöglichkeiten der Stände auf Kreisebene massiv ein. So verhinderte es im Niedersächsischen und Schwäbischen Reichskreis die Aufstellung selbstständiger Kreisarmeen und unterstützte Bernhard von Weimar in seinen Bestrebungen, die Reichskreisorganisation der fränkischen Protestanten ohne Rücksichtnahme auf alte Freiheitsrechte der Kreisstände oder die Kompetenzen des Kreisobristen aus Kulmbach unter seine Kontrolle zu bringen. Die politischen Partizipationsrechte der Bundesmitglieder drohten infolgedessen gänzlich verloren zu gehen – und das, obwohl sich der Bund bei seiner Gründung in Heilbronn ausdrücklich die Wahrung der reichsständischen Libertät und die Wiederherstellung der alten Reichs- und Kreisverfassung auf die Fahnen geschrieben hatte. Ob die in Heilbronn entworfene Bundesstruktur und ihre tatsächliche Umsetzung zur Realisierung dieser Ziele geeignet war, musste umso fraglicher erscheinen, je mehr Schweden das Bündnis für seine Partikularinteressen in Anspruch nahm. Deshalb war es dem Bund auch nie möglich, sich über sein Kerngebiet in den faktisch nur drei – nicht vier – oberdeutschen Kreisen Franken, Schwaben und (Ober‐)Rhein weiter auszudehnen und die beiden sächsischen Reichskreise zu integrieren. Der Heilbronner Bund befand sich daher schon lange vor der für Schweden und die Bundesarmee verheerenden Schlacht von Nördlingen im Jahr 1634 in einer tiefen, letztlich strukturbedingten Krise. Dass sich im Jahr 1635 fast sämtliche Bundesmitglieder von Schweden abwandten und dem vom sächsischen Kurfürsten ausgehandelten Prager Frieden beitraten, kann vor diesem Hintergrund nur noch wenig überraschen.

II Die Kreisverfassung als Basis überkonfessioneller Reichsarmeen und Kreisassoziationen nach dem Prager Frieden, 1635 – 1648 Mit dem Prager Frieden wurde der Dreißigjährige Krieg noch lange nicht beendet, doch er verlor seinen zuletzt bürgerkriegsartigen Charakter. Dies lag nicht nur daran, dass das Prager Vertragswerk den konfessionellen Hauptkonflikten im Reich einiges an ihrer Brisanz nahm, indem es das Restitutionsedikt für 40 Jahre außer Kraft setzte und wieder einen generellen Gewaltverzicht bei konfessionellen Besitzstreitigkeiten festschrieb, so wie es einst der Augsburger Religionsfrieden bereits vorgesehen hatte.¹⁶¹⁵ Einen wesentlichen Beitrag zur Befriedung zwischen den Konfessionsparteien innerhalb des Reiches leistete der Prager Frieden auch durch seine bündnispolitischen Regelungen. An entscheidender Stelle des Vertrags wird festgeschrieben: „Ferner sollen in und mit aufrichtung dieses friedenschlußes und deßen publication alle und jede uniones, ligæ, foedera und dergleichen schlüße, auch darauf gerichtete aidt und pflichte gäntzlich aufgehoben sein und sich einig und allein an die reichs- und cräißverfaßungen und an diese gegenwertige pacification gehalten werden. Doch verstehet sich solches gar nicht auf eine aufhebung der churfürstlichen verein.“¹⁶¹⁶ Die damit formulierte Aufhebung sämtlicher reichsständischer Partikularbündnisse (mit Ausnahme des Kurvereins) zielte in erster Linie auf die Katholische Liga ab, die seit jeher bei den protestantischen Reichsständen im Verdacht stand, einzig und allein katholischen und bayerischen Partikularinteressen zu dienen, aber sie galt freilich auch dem protestantischen Heilbronner Bund. Auch wenn die beiden reichsständischen Konfessionsbündnisse, die Liga gleichermaßen wie der Heilbronner Bund, schon vor dem Prager Frieden infolge diverser militärischer Niederlagen und finanzieller wie materieller Erschöpfung ihrer Mitglieder weitgehend handlungsunfähig geworden waren, so hatte ihre mit dem Friedensschluss bestätigte endgültige Auflösung doch zumindest hohen Symbolwert. Ebenso symbolträchtig waren auch die Festlegungen des Prager Friedens in Bezug auf die Gründung einer überkonfessionellen Reichsarmee unter forma-

 Vgl. hierzu zuletzt Burkhardt: Friedensschlüsse auf Sächsisch (Anm. 352), hier S. 40 – 44.  Zitat nach Bierther (Hrsg.): Der Prager Frieden von 1635 (Anm. 694), Teilband 4, Nr. 564 A, 1626 (§ 79). https://doi.org/10.1515/9783110558739-009

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II Die Kreisverfassung als Basis überkonfessioneller Reichsarmeen

lem kaiserlichen Oberkommando, deren Aufgabe es war, sämtliche ausländische Truppen aus dem Reich zu vertreiben. Der Gesamteindruck, den der Friedensschluss vermitteln sollte, war somit klar: Das Reich beendete seinen inneren Zwist und rückte geeint unter seinem Kaiser zusammen, um nun auch die ausländischen Mächte zum Frieden zu zwingen.¹⁶¹⁷ Die Stellung des Kaisers wurde durch den Prager Friedensschluss massiv gestärkt, die der Reichsstände erheblich geschwächt – schon alleine deshalb, weil Letztere ihr Bündnisrecht durch das Verbot von Partikularbündnissen aufgeben mussten. So lautet jedenfalls die bis heute gängige Lesart der bündnispolitischen Bestimmungen des Prager Friedens.¹⁶¹⁸ Doch wurde das reichsständische Bündnisrecht 1635 tatsächlich vollständig aufgehoben? Die Kreisverfassung und damit auch das Recht und die Pflicht zu landfriedenssichernden Maßnahmen wurden durch den Prager Frieden ausdrücklich nicht berührt. Tatsächlich wurde den Reichskreisen im Friedensvertrag sogar aufgetragen, sich wieder aktiv um die Durchsetzung des Landfriedens zu bemühen, was ohne militärische Kompetenzen der Kreise gar nicht umzusetzen war.¹⁶¹⁹ Im Folgenden gilt es daher zu untersuchen, unter welchen Umständen und in welchem Umfang die Kreisverfassung zwischen dem Prager Friedensschluss von 1635 und dem Westfälischen Frieden von 1648 für größere reichsständische Bündnisprojekte noch einmal Relevanz erhielt.

1 Von den kurkölnischen Kreisassoziationsprojekten zur Kreisarmee am Niederrhein, 1642 – 1648 Im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen werden die drei am Rhein gelegenen Reichskreise stehen, und hier insbesondere der Niederrheinisch-Westfälische Reichskreis, in dem auf Betreiben des Kurfürsten von Köln im letzten Jahrzehnt des Dreißigjährigen Kriegs mehrfach Kreisdefensionspläne propagiert und letztlich auch realisiert werden konnten.

 Vgl. grundlegend Wandruszka: Reichspatriotismus und Reichspolitik zur Zeit des Prager Friedens von 1635 (Anm. 1316).  So beispielsweise bei Schmidt: „Absolutes Dominat“ oder „deutsche Freiheit“. Der Kampf um die Reichsverfassung zwischen Prager und Westfälischem Frieden. (Anm. 702), hier insbesondere S. 267. Ebenso die Lesart bei Heiner Haan: Kaiser Ferdinand II. und das Problem des Reichsabsolutismus, in: Der Dreißigjährige Krieg. Perspektiven und Strukturen, hrsg. v. Hans Ulrich Rudolf (Wege der Forschung, 451). Darmstadt 1977, S. 208 – 264.  Vgl. Bierther (Hrsg.): Der Prager Frieden von 1635 (Anm. 694), 1627 (§§ 87 und 88).

1 Von den kurkölnischen Kreisassoziationsprojekten zur Kreisarmee

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Dass ausgerechnet der Kurfürst von Köln sich als erster bedeutender Reichsstand nach dem Prager Frieden wieder für die militärischen Kompetenzen der Reichskreise zu interessieren begann, und nicht etwa die vor 1635 auf Kreisebene sehr viel umtriebigeren Kur- und Reichsfürsten von Bayern, Sachsen, Württemberg oder Kulmbach, lässt sich nur vor dem Hintergrund der Ausgestaltung der Prager Heeresreform verstehen.

1.1 Die langsame Entfremdung der niederrheinisch-westfälischen Kreisstände von der Heeresreform des Prager Friedens, 1635 – 1641 Die Auflösung aller reichsständischen Partikularbündnisse durch den Prager Frieden hatte nicht allen Reichsständen gleichermaßen den Zugriff auf oder die Teilhabe an militärischen Machtmitteln entzogen. So löste sich etwa die Ligaarmee Maximilians von Bayern nur formal auf, bestand aber als von Kurbayern befehligtes süddeutsches Korps der Reichsarmee nach 1635 weiter, weshalb der Prager Frieden an den militärischen Kräfteverhältnissen und bestehenden Befehlsgewalten in den drei oberdeutschen Reichskreisen Bayern, Schwaben und Franken vorerst kaum etwas änderte. Auch im Norden des Reichs, im Ober- und Niedersächsischen Reichskreis, erfuhren die unter den dortigen fast gänzlich protestantischen Reichsständen herrschenden politischen wie militärischen Hierarchien durch den Prager Frieden keinen völligen Umsturz. Vielmehr sah der Friedensschluss eine weitgehende Restauration jener kursächsischen Machtstellung im Ober- und Niedersächsischen Reichskreis vor, wie sie bereits zu Zeiten des Leipziger Bundes bestanden hatte. Kaiser Ferdinand II. gestattete Kursachsen nicht nur die Beibehaltung eines eigenen Heeres, das formal zu einem eigenständigen Korps der Reichsarmee erklärt wurde, sondern überließ Kurfürst Johann Georg auch beide sächsischen Reichskreise zum Unterhalt dieser neuen kursächsischen Reichsarmee. Wenig später erhielt auch noch der Kurfürst von Brandenburg ein Kommando über ein eigenes, viertes Korps der Reichsarmee. Damit konnten sowohl in den oberdeutschen Reichskreisen Bayern, Schwaben und Franken wie auch den mittel- beziehungsweise norddeutschen Reichskreisen Ober- und Niedersachsen wieder diejenigen Kurfürsten direkten Einfluss auf das Heerwesen und die Kriegsführung der Reichsarmeen ausüben, die sich schon vor 1635 als militärische Anführer in den jeweiligen Reichskreisen hervorgetan hatten.¹⁶²⁰ Dies erklärt, warum weder Kurbayern noch Kursachsen und Kurbran-

 Vgl. die Ausführungen in Kap. II.5., „Die Reichskreise und die Finanzierung der Reichsarmee

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II Die Kreisverfassung als Basis überkonfessioneller Reichsarmeen

denburg in den Jahren nach 1635 ein unmittelbares Interesse an einer Aktivierung der militärischen Kompetenzen in jenen Reichskreisen erkennen ließen, denen sie selbst als Kreisstände angehörten oder in denen die ihnen zuerkannten Korpora der Reichsarmee operierten und Kontributionen und Quartiersmöglichkeiten in Beschlag nahmen. Im Westen des Reiches, in den drei Reichskreisen am Rhein, erhielt dagegen keiner der dort ansässigen Kur- oder Reichsfürsten ein eigenes Generalat innerhalb der Reichsarmee. Hier blieb in erster Linie die kaiserliche Immediatarmee die bestimmende Militärmacht, auf deren Befehlshaber die Reichsstände keinen größeren direkten Einfluss nehmen konnten. Dies bedeutete vor allem für Kurmainz und Kurköln einen erheblichen Verlust an militärischer Selbstständigkeit, denn noch zu Zeiten der Liga hatten sich die beiden Kurfürsten innerhalb der rheinischen Teilorganisation der Liga in führenden Positionen engagiert und sich Dank des katholischen Partikularbündnisses über viele Jahre in militärischen Belangen vom Kaiser – aber nicht von Kurbayern – weitgehend unabhängig gemacht.¹⁶²¹ Nach dem Prager Frieden fiel für beide Kurfürstentümer der Schutz durch ein eigenes reichsständisches Bündnis fort. Der Kurmainzer arrangierte sich damit sehr schnell, indem er nach 1635 eine dezidiert kaisertreue Politik betrieb, die stets eine enge politische wie militärische Anlehnung an das Haus Habsburg und die kaiserliche Immediatarmee suchte.¹⁶²² Dies galt aber nicht unbedingt für Kurfürst Ferdinand von Köln, einen Wittelsbacher, der sich auch nach dem Prager Frieden eine gewisse politische und militärische Selbstständigkeit vom Kaiser zu erhalten suchte. Dafür standen ihm grundsätzlich zwei Wege offen: Eine enge Anlehnung an seinen Bruder Maximilian von Bayern oder das Knüpfen eigener neuer politisch-militärischer Bündnisse mit benachbarten Reichsständen auf Reichskreisebene, was durch den Prager Frieden nicht ausdrücklich verboten worden war. Letzteres bot sich für den Kurfürsten vor allem im Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis an. Er verfügte dort durch das von ihm in Personalunion regierte Hochstift Münster über ein Kreisausschreibeamt, und die formal zum Kurrheinischen Kreis gehörigen kölnischen Kurlande lagen fast vollständig inmitten des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises.¹⁶²³

in Folge des Prager Friedens“ im ersten Hauptkapitel dieser Arbeit; ferner konzise zur Thematik Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 12.  Vgl. Brendle: Kurmainz, Bayern und die Liga (Anm. 353); Brendle: Der Erzkanzler im Religionskrieg (Anm. 519).  Vgl. Brendle: Der Erzkanzler im Religionskrieg (Anm. 519), S. 382– 439.  Neben dem linksrheinischen Hoch- und Niederstift Köln gehörten noch das rechtsrheinische Vest Recklinghausen sowie das Herzogtum Westfalen zu den Kernterritorien Kurkölns. Innerhalb des Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreises regierte Kurfürst Ferdinand die Hoch-

1 Von den kurkölnischen Kreisassoziationsprojekten zur Kreisarmee

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Zudem verfügten viele der niederrheinisch-westfälischen Kreisstände noch über teils beachtliche materielle und finanzielle Ressourcen, die sie als Bündnispartner attraktiv erscheinen ließen, da die Region am Niederrhein im Gegensatz zu vielen anderen Teilen des Reiches seit 1618 meist nur ein „Nebenkriegsschauplatz“ gewesen war.¹⁶²⁴ Darüber hinaus verfügte der Kurkölner mit dem Bischof von Osnabrück, Franz Wilhelm von Wartenberg, ebenfalls ein bayerischer Wittelsbacher, bereits über einen engen Alliierten im Reichskreis, der den Prager Frieden trotz massiver religionspolitischer Vorbehalte unverzüglich annahm, nachdem ihm Kurfürst Ferdinand von Köln seinen eigenen Beitritt zu dem Vertragswerk signalisiert hatte.¹⁶²⁵ Beiden geistlichen Fürsten wurde die Annahme des Prager Friedens zu diesem Zeitpunkt allerdings noch dadurch erleichtert, dass das militärische Oberkommando über die innerhalb des NiederrheinischWestfälischen Reichskreises stationierten Teile der Reichsarmee vorerst noch bei jenen bayerischen Generälen verblieb, die schon zu Ligazeiten in den Reichskreis gekommen waren und von denen erwartet werden konnte, dass sie sich den Anliegen und Interessen bayerischstämmiger wittelsbachischer Fürsten nicht gänzlich verschließen würden.¹⁶²⁶ Dies galt vor allem in Hinblick auf militärischen Schutz vor Hessen-Kassel, das zwar in Folge der schwedischen Niederlagen zur Mitte der 1630er Jahre mit dem Kaiser einen temporären Waffenstillstand schloss, dem Prager Frieden aber letztlich doch nicht beitrat und damit weiterhin vor allem für die geistlichen Territorien im Westen des Reiches eine große Gefahr darstellte. Aus diesem Grund erklärte sich der Kaiser sogar damit einverstanden, dass Kurköln eine gewisse Anzahl eigener Regimenter zur Besetzung seiner Landesfestungen dauerhaft behalten konnte und sie nicht an die Reichsarmee abgeben musste.¹⁶²⁷

stifte Münster, Paderborn und Lüttich sowie die Fürstabtei Stablo-Malmedy, im Niedersächsischen Reichskreis das Hochstift Hildesheim, im Bayerischen Reichskreis die Fürstprobstei Berchtesgaden, vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 2– 12.  Vgl. Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), insbesondere S. 47 f., 50 – 52; Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 13 – 16, 136 – 168; ferner die Beiträge in Klaus Herdepe/Stefan Ehrenpreis (Hrsg.): Der Dreißigjährige Krieg im Herzogtum Berg und in seinen Nachbarregionen (Bergische Forschungen, 28). Neustadt an der Aisch 2002, hier insbesondere Ehrenpreis: Der Dreißigjährige Krieg als Krise der Landesherrschaft: Das Beispiel Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg (Anm. 858), S. 88 f.  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 55; Wandruszka: Reichspatriotismus und Reichspolitik zur Zeit des Prager Friedens von 1635 (Anm. 1316), S. 74.  Vg. Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 52– 54.  Bis 1643 wuchsen diese „mediaten“ kurkölnischen Festungstruppen auf fünf Fuß- und zwei Reiterregimenter an, vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 16.

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II Die Kreisverfassung als Basis überkonfessioneller Reichsarmeen

Auch der dritte im Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis begüterte Wittelsbacher, Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm aus der wittelsbachischen Linie PfalzNeuburg, wurden durch den Prager Frieden nicht völlig entwaffnet. Schon seit Kriegsbeginn 1618 hatte der Pfalzgraf mit wechselndem Erfolg eine Neutralitätspolitik betrieben, mit der er das Kriegsgeschehen von seinen beiden in Folge des Erbfalls Jülich-Kleve-Berg in Besitz genommenen Herzogtümern am Niederrhein fernzuhalten hoffte. Auch nach dem Prager Frieden gedachte der Pfalzgraf eine offene Parteinahme zugunsten des Kaisers und seiner Verbündeten noch so lange wie möglich zu vermeiden.¹⁶²⁸ Im Januar 1636 ratifizierte er den Friedensschluss doch noch, allerdings erst nachdem ihm Kaiser Ferdinand II. in zähen Verhandlungen die freie Verfügungsgewalt über eine kleine Armee von 2 000 Fußtruppen und 300 Reitern zur Sicherung seiner eigenen Landesfestungen zugestanden hatte.¹⁶²⁹ Damit blieb Neuburg neben Kurköln mit seinen westfälischen Hochstiften der zweite größere Kreisstand, der sich trotz des Beitritts zum Prager Frieden eine gewisse militärische Selbstständigkeit hatte erhalten können und somit nach wie vor zu einer aktiven, eigenständigen Bündnispolitik grundsätzlich in der Lage war. Darüber hinaus besetzte der Pfalzgraf noch eine Schlüsselposition in der niederrheinisch-westfälischen Reichskreisorganisation, die in ihrem Umfang zur Zeit des Prager Friedens aber noch nicht gänzlich gefestigt war: Als Erbe der Herzogtümer Jülich und Berg war Wolfgang Wilhelm in den Besitz der in Düsseldorf angesiedelten Kreiskanzlei und des Kreisarchivs gekommen. Zugleich erhob er in Nachfolge der Herzöge von Jülich einen Anspruch auf das Kreisdirektorium und eines der beiden Kreisausschreibeämter, erfuhr dabei aber Widerspruch vor allem aus dem kurkölnischen Münster und von Kurbrandenburg, seinem direkten Konkurrenten um das Jülich-Klevische Erbe.¹⁶³⁰

 Vgl. zur Thematik grundsätzlich Leffers: Die Neutralitätspolitik des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm als Herzog von Jülich-Berg in der Zeit von 1636 – 1643 (Anm. 858); zuletzt Axel Gotthard: Der liebe vnd werthe Fried. Kriegskonzepte und Neutralitätsvorstellungen in der Frühen Neuzeit (Forschungen zur kirchlichen Rechtsgeschichte und zum Kirchenrecht, 32). Köln [u. a.] 2014, zur Neutralitätspolitik Pfalz-Neuburgs im Dreißigjährigen Krieg insbesondere S. 567. Zum Erbfall Jülich-Kleve-Berg vgl. die Beiträge in Groten (Hrsg.): Der Jülich-Klevische Erbstreit 1609 (Anm. 183).  Vgl. Ehrenpreis: Der Dreißigjährige Krieg als Krise der Landesherrschaft: Das Beispiel Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg (Anm. 858), hier S. 84 f.; Leffers: Die Neutralitätspolitik des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm als Herzog von Jülich-Berg in der Zeit von 1636 – 1643 (Anm. 858), S. 9.  Vgl. ebd., S. 41 f. Zur organisatorischen Grundstruktur des Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreises vom späten 16. Jahrhundert bis zum Westfälischen Frieden vgl. allgemein Arndt: Das Heilige Römische Reich und die Niederlande 1566 bis 1648 (Anm. 83), S. 97– 100, vgl. ferner zur Ausübung des Kreisdirektoriums durch Jülich-Kleve-Berg Casser: Der Niederrheinisch-West-

1 Von den kurkölnischen Kreisassoziationsprojekten zur Kreisarmee

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Der Funktionsfähigkeit der niederrheinisch-westfälischen Reichskreisorganisation tat diese rechtliche Unsicherheit über die landesherrschaftlichen Verhältnisse in einigen seiner wichtigsten Kreisterritorien keine guten Dienste. Schon seit dem Aussterben des Herzogshauses von Jülich-Kleve-Berg war das Amt eines Kreisobristen in dem Reichskreis nicht mehr besetzt worden, und die Anzahl an regulären Kreistagen hatte im Vergleich zum späten 16. Jahrhundert ebenfalls deutlich abgenommen.¹⁶³¹ Aufgrund der aus niederrheinisch-westfälischer Sicht vorübergehend günstigen militärischen Lage nach dem Prager Frieden, mit dem eine Verlagerung des Kriegsgeschehens in Gegenden fernab des Reichskreises verbunden gewesen war, blieben kreisständische Initiativen zur vollständigen Reaktivierung der niederrheinisch-westfälischen Kreisorganisation auch nach 1635 vorerst aus. So bedurfte es erst eines kreisexternen Anlasses, ehe wieder ein regulärer niederrheinisch-westfälischer Kreistag zustande kam und diverse Kreisinstitutionen im Reichskreis wieder mit Leben erfüllt wurden. Dies war 1638 gleich in zweifacher Hinsicht der Fall. In diesem Jahr forderte Kaiser Ferdinand III. von jedem Reichskreis neue Kontributionsbewilligungen für die Reichsarmee ein. Zugleich kündigte er den niederrheinisch-westfälischen Kreisständen an, seinen Feldherren Melchior von Hatzfeld mitsamt einem eigenen Korps der Reichsarmee in den Reichskreis zu entsenden und dort längerfristig stationiert zu lassen.¹⁶³² Beides erforderte dringlich Beratungen der niederrheinisch-westfälischen Kreisstände im Rahmen eines allgemeinen Kreistags. Mit Unterstützung des Kaisers, der nun selbst lebhaftes Interesse am Erfolg eines solchen Kreistags hatte, setzte sich Kurfürst Ferdinand von Köln, gestützt auf sein Kreisausschreibeamt als Bischof von Münster, alleine an die Spitze der niederrheinisch-westfälischen Kreisorganisation, um die Handlungsfähigkeit des Kreises trotz der weiterhin

fälische Reichskreis (1500 – 1806) (Anm. 16), hier S. 52, sowie Rode: Das Direktorium im westfälischen Kreise von 1522– 1609 (Anm. 14).  Vgl. Schneider: Der Niederrheinisch-Westfälische Kreis im 16. Jahrhundert (Anm. 29), S. 208 f.; Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 310; Johannes Arndt: Der Niederrhein zwischen dem niederländischen Aufstand und dem Dreißigjährigen Krieg, in: Der Jülich-Klevische Erbstreit 1609. Seine Voraussetzungen und Folgen, hrsg. v. Manfred Groten (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde: Vorträge, 36). Düsseldorf 2011, S. 163 – 176, hier 168 – 172; Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 77 Anm. 5. Die Münzprobationstage hielt der Reichskreis allerdings noch regelmäßig ab, vgl. Peter Lennartz: Die Probationstage und Probationsregister des Niederländisch-Westfälischen Kreises. Diss. Phil. Münster (Westf.) 1912, S. 14 f.  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 157; Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 33 f.

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II Die Kreisverfassung als Basis überkonfessioneller Reichsarmeen

schwelenden kurbrandenburgisch-neuburgischen Rivalitäten gewährleisten zu können.¹⁶³³ Dieses Vorgehen rief zwar scharfen Protest auf Seiten Pfalz-Neuburgs hervor, aber da die übrigen Kreisstände den kurkölnischen Ansprüchen keinen Widerstand entgegen setzten, konnte von Ende November 1638 bis Mitte Januar 1639 ein unter Münsteraner Direktorium tagender Kreistag in Köln abgehalten werden, der dem Kaiser ganze 120 Römermonate zum Unterhalt der Reichsarmee für ein weiteres Jahr bewilligte. Als Bedingung für die Auszahlung der Gelder erwarteten sich die Kreisstände allerdings, angeführt von Kurköln respektive Münster, eine erheblich gesteigerte Disziplin innerhalb der Reichsarmee, Ausgleichszahlungen im Fall höherer Einquartierungs- und Versorgungskosten sowie eine bessere Berücksichtigung kreisständischer Wünsche bei der Quartierswahl der Armee im Kreisgebiet.¹⁶³⁴ Jedoch zeigte sich schon bald nach dem Kreistag, dass der Kreissteuerbewilligung nicht die von den Kreisständen erhofften Reformen im kaiserlichen Heer folgten und auch keine Änderung in der Kontributions- und Einquartierungspraxis der kaiserlichen Generäle im Reichskreis erwirkt werden konnte. Schließlich war es Kurfürst Ferdinand von Köln selbst, und nicht etwa der Kaiser, der eigenmächtig einen ersten Reformierungsversuch des Heerwesens im Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis unternahm und eine neue Verpflegungsordonanz für die Soldateska ausarbeiten ließ.¹⁶³⁵ Mit Hilfe der neuen Ordonanz sollten die Höhe der Kontributionserhebungen im Reichskreis stärker an der Leistungsfähigkeit der Untertanen ausgerichtet und willkürliche Geldforderungen bekämpft werden, indem die einem jeden Soldaten zustehenden Verpflegungsund Geldleistungen sehr viel präziser definiert wurden als bisher. Kurfürst Ferdinand konnte sich mit seiner Reformidee jedoch beim Oberbefehlshaber der kaiserlichen Immediattruppen am Niederrhein, Melchior von Hatzfeld, kein Gehör verschaffen. Nur bei einigen bayerischen Kontingenten, die die kaiserliche Armee verstärkten, konnten mit Hilfe Maximilians von Bayern einige Reformmaßnahmen nach kurkölnischen Vorstellungen umgesetzt werden.¹⁶³⁶

 Zum Kreistag von Köln von 1638 vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 162– 167.  Vgl. ebd., S. 166.  Vgl. ebd., S. 175.  Kurbayern entsandte daraufhin mit dem Grafen Wahl eigens einen neuen Obristen in den Niederrheinisch-Westfälischen Kreis, der die Militärreformen Kurkölns bei möglichst großen Teilen der Reichsarmee am Niederrhein umsetzten sollte. Graf Wahl wurde zu diesem Anlass von Kurfürst Ferdinand zum Feldmarschall befördert, vgl. ebd., S. 175.

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Die Akzeptanz der kaiserlichen Militärpolitik im Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis von Seiten Kurkölns und vieler anderer Kreisstände erodierte nun zusehends, zumal Hatzfeld mit seinem Korps der Reichsarmee keine entscheidenden militärischen Erfolge vorweisen konnte. Stattdessen verschlechterte sich die allgemeine Sicherheitslage am Niederrhein und in Westfalen im Lauf des Jahres 1639 sogar drastisch, da sich der Waffenstillstand zwischen Kaiser Ferdinand III. und Hessen-Kassel als zunehmend brüchig erwies und sich ein Kriegseintritt der Hessen auf Seiten Frankreichs abzuzeichnen begann.¹⁶³⁷ Insbesondere für Kurköln und die katholischen Hochstifte erwuchsen damit neue existenzielle Gefahren, denn ihre Gebiete hatten schon während des Schwedischen Kriegs im Fokus territorialer Expansionsbestrebungen Hessen-Kassels gestanden und befanden sich teilweise nach wie vor unter hessischer Besatzung.¹⁶³⁸ Eine temporäre Abberufung Hatzfelds vom Niederrhein im April 1639 nutzte Hessen-Kassel auch tatsächlich umgehend zu erneuten Angriffen auf seine katholischen Nachbarterritorien im Westfälischen und musste letztlich von dem bayerischen General Wahl mit einer neu konstituierten Armee aufgehalten werden.¹⁶³⁹ Für deren Aufbau und Unterhalt hatten freilich wiederum die niederrheinisch-westfälischen Kreisstände aufzukommen. Im folgenden Jahr erhöhten sich die Kriegsbelastungen für viele der Kreisstände noch weiter, denn nach dem Ende der Feldzugssaison im Spätherbst 1640 legte Erzherzog Leopold Wilhelm einen Großteil der von ihm kommandierten kaiserlichen Immediatarmee in den Süden und Westen des Reichskreises in die Winterquartiere, wodurch die Territorien von Kurköln, Berg, Paderborn, Münster und Osnabrück die Hauptlast zu tragen hatten.¹⁶⁴⁰ Sie mussten ganze 30 Regi-

 Ein vom Mainzer Kurfürsten Anselm Casimir ausgehandelter Friedensschluss zwischen Hessen-Kassel und dem Kaiser wurde im Juli 1639 zwar von Seiten Ferdinands III. ratifiziert, nicht aber von der Landgräfin Amalie Elisabeth von Hessen-Kassel, die stattdessen kurz darauf ein Bündnis mit Frankreich abschloss, vgl. Brendle: Der Erzkanzler im Religionskrieg (Anm. 519), S. 436; Steffen Leins: Soziale und räumliche Mobilität im Dreißigjährigen Krieg. Peter Melander von Holzappels Aufstieg vom „Bauernsohn“ zum Reichsgrafen, in: Migration und Reisen. Mobilität in der Neuzeit, hrsg. v. Elena Taddei (Innsbrucker historische Studien, 28). Innsbruck 2012, S. 55 – 69, hier 62.  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 172 f. Zu den territorialen Ambitionen Hessen-Kassels vgl. auch Kerstin Weiand: Hessen-Kassel und die Reichsverfassung. Ziele und Prioritäten landgräflicher Politik im Dreissigjährigen Krieg (Untersuchungen und Materialien zur Verfassungs- und Landesgeschichte, 24). Marburg 2009, S. 158.  Vgl. Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 57.  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 180; Leffers: Die Neutralitätspolitik des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm als Herzog von Jülich-Berg in der Zeit von 1636 – 1643 (Anm. 858), S. 61 f., Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 58.

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menter und 10 Stäbe über den Winter versorgen, was für die betroffenen Kreisstände nicht nur mit enormen finanziellen Belastungen einherging, sondern auch für die Bevölkerung zu einer katastrophalen Verschlechterung der Versorgungslage führte.¹⁶⁴¹ Den Kreisständen wurde in diesem Winter noch einmal drastisch vor Augen geführt, wie hilflos sie dem Kriegsgeschehen und den militärischen Entscheidungen der kriegführenden Mächte ausgeliefert waren, ohne selbst merklichen Einfluss zur Geltung bringen zu können. Selbst Kurfürst Ferdinand von Köln musste in dieser Situation hinnehmen, dass Erzherzog Leopold Wilhelm seinen Offizieren und einfachen Soldaten die Eintreibung weit höherer Abgabenforderungen von der kurkölnischen Bevölkerung gestattete, als es der Kurfürst selbst für vertretbar hielt. Letztlich presste die kaiserliche Soldateska Land und Leuten wohl ein Mehrfaches dessen ab, was die niederrheinisch-westfälischen Kreisstände dem Kaiser auf dem letzten Kreistag zum Heeresunterhalt bewilligt hatten.¹⁶⁴² Der Kurfürst nahm die Zustände in seinen eigenen Territorien daraufhin zum Anlass, um am Regensburger Reichstag von 1640 massive Beschwerden gegen die kaiserliche Armee vorzubringen und eine grundlegende Neuorganisation des Reichskriegswesens zu fordern. Als einen ersten Schritt zur Abstellung der Exzesse der Reichsarmee sah die kurkölnische Initiative die Einführung einer Berichterstattungs- und Rechnungslegungspflicht aller kaiserlichen Generäle und höheren Offiziere gegenüber den Kreisausschreibenden Fürsten eines jeden Reichskreises vor. Damit sollten Letztere die Aufsicht und Kontrolle über alle von der Reichsarmee innerhalb eines Reichskreises eingezogenen Kontributionen erhalten.¹⁶⁴³ Nachdem der Vorschlag allerdings auf Widerstand von Seiten des nach wie vor habsburgfreundlichen Kurmainz stieß und der kaiserliche Heerführer Erzherzog Leopold Wilhelm selbst einige Vorschläge zur Verbesserung der Heeresdisziplin und zur Senkung der Unterhaltskosten seiner Truppen am Reichstag einbrachte, stellte Kurköln seine Reformideen nochmals zurück.¹⁶⁴⁴

 Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 180.  Nach kurkölnischen Berechnungen verursachte die einquartierte kaiserliche Armee jeden Monat rund 109.000 fl. an Mehrkosten, die nicht durch die Bewilligung des Kreistags von 1638/39 gedeckt waren, vgl. ebd., S. 180 f.  Vgl. ebd., S. 181.Vgl. hierzu auch Kap. II.7.1, „Der Regensburger Reichstag als Höhepunkt und Peripetie der Restaurierungsbemühungen im Reichsfinanzwesen“ im ersten Hauptkapitel dieser Arbeit.  Vgl. Bierther: Der Regensburger Reichstag von 1640/1641 (Anm. 185), S. 279 – 286, 290; Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 181 f.;

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Doch die erhofften Erleichterungen für die niederrheinisch-westfälischen Kreisstände blieben auch weiterhin aus. Bereits Mitte Mai 1641 bezifferten die katholischen Fürsten des Reichskreises ihre Kontributionskosten für die Reichsarmee seit Jahresbeginn auf die immense Summe von 300 Römermonaten, obwohl der Reichstag ein halbes Jahr zuvor nur 120 Römermonate für das gesamte Jahr 1641 bewilligt hatte.¹⁶⁴⁵ Daraufhin brachte Kurfürst Ferdinand seine Forderungen nach einer grundlegenden Heeresreform und einer damit verbundenen gleichmäßigeren Verteilung der Kriegslasten am Reichstag noch einmal zur Sprache.¹⁶⁴⁶ Seine Vorschläge sahen diesmal vor, künftige Reichs- und Kreishilfebewilligungen für die Reichsarmee nicht mehr direkt der kaiserlichen Kriegsführung zur Verfügung zu stellen, sondern die entsprechenden Gelder jeweils in den einzelnen Reichskreisen zu sammeln, und unter Aufsicht der Kreisausschreibenden Fürsten nur den im jeweiligen Reichskreis dauerhaft stationierten Truppen zukommen zu lassen. Zudem sollte die Höhe der auszuzahlenden Beträge und damit auch die Anzahl der maximal einquartierbaren Soldaten der Leistungsfähigkeit eines jeden Reichskreises angepasst werden. Dabei wollte der Kurkölner allen Reichskreisen das Recht einräumen, über Kreistage selbst zu definieren, zu welchen Zahlungen sich ihre Kreisstände noch in der Lage sahen, und welche Forderungen der Soldateska zurückzuweisen waren.¹⁶⁴⁷ Von allen diesen Maßnahmen erwartete sich Kurfürst Ferdinand einerseits eine erhebliche Verbesserung der Heeresdisziplin, da die Soldaten eine bessere Versorgung und geregeltere Bezahlung zu erwarten hatten, ohne zugleich den Untertanen der Stände ihre Existenzgrundlage zu berauben. Andererseits hätten die Kreisstände über die Reichskreise wieder die unmittelbare Kontrolle über die Kriegsfinanzierung übernehmen können und erhebliche Einflussmöglichkeiten auf die bisher von den Kreisständen weitgehend autonom agierenden Militärs gewonnen. Mit der im Prager Frieden vorgesehenen Heeresorganisation waren derart weitreichende Reformmaßnahmen aber kaum mehr zu vereinbaren. Dementsprechend stieß auch diese kurkölnische Initiative am Reichstag sogleich auf hartnäckigen Widerstand des Kaisers und seiner Klientel.Von deren Seite sah sich der Kurfürst der Anschuldigung ausgesetzt, er wolle dem Reich ausgerechnet inmitten eines Reichskriegs unerprobte Neuerungen aufzwingen, die zudem der kaiserlichen Autorität abträglich seien und von den Reichsfeinden als Zeichen der

 Vgl. Bierther: Der Regensburger Reichstag von 1640/1641 (Anm. 185), S. 291 f.; Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 182.  Vgl. ebd., S. 182.  Vgl. ebd., S. 182 f.

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Uneinigkeit und Schwäche des Reichsverbandes interpretiert werden könnten.¹⁶⁴⁸ Selbst das im bisherigen Kriegsverlauf stets auf eine weitgehende Unabhängigkeit bedachte Erzstift Salzburg kritisierte das kurkölnische Vorhaben während einer Sitzung des Reichsfürstenrats scharf. Der Vorschlag sei nicht nur dem Kaiser disreputierlich, sondern bei allgemeinem Bekanntwerden des Kurkölner Vorstoßes sei auch zu befürchten, man könnte „bey den Außländischen das Ansehen gewinnen/ als wolten die Ständ sich der Kriegs Direction selbst unternehmen“.¹⁶⁴⁹ Dies schwäche wiederum die Verhandlungsposition von Kaiser und Reich gegenüber den ausländischen Kronen in künftigen Friedensgesprächen. Konfrontiert mit derartigen Anschuldigungen vor allem aus dem eigenen katholischen Lager sah sich Kurköln gezwungen, seine Heeresreformpläne am Reichstag wieder zurückzunehmen und stattdessen einem neuen kaiserlichen Gesuch auf Bewilligung von 120 weiteren Römermonaten für die Feldzugssaison 1642 nachzugeben.¹⁶⁵⁰ Doch völlig aufgeben wollte Kurfürst Ferdinand seine Pläne zur stärkeren Einbindung der Reichskreise in die Reichskriegsführung nicht mehr, denn sein Vertrauen in die einst im Prager Frieden vorgesehene Heeresordnung war nach den Erfahrungen der letzten Jahre endgültig erschüttert.

1.2 Der Kölner Kreistag von 1642/43 als Wendepunkt niederrheinischwestfälischer Kreispolitik und das Projekt einer rheinischen Kreisassoziation Noch während des laufenden Reichstags nahm Ferdinand von Köln separate Verhandlungen mit Kaiser Ferdinand III. auf, um dessen Zustimmung für die Realisierung einer Heeresreform wenn schon nicht im ganzen Reich, dann zumindest im Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis zu erlangen. Er ließ die entsprechenden Gespräche auch nach Ende des Reichstags durch die Entsendung einer Verhandlungsdelegation zum Kaiserhof fortführen.¹⁶⁵¹ In Wien angekommen, fanden die kurkölnischen Gesandten jedoch mit ihrem Anliegen beim Kaiser fast ein halbes Jahr lang kein Gehör. Dies änderte sich erst, nachdem der Ein-

 Vgl. ebd., S. 183 f.; Bierther: Der Regensburger Reichstag von 1640/1641 (Anm. 185), S. 290 f.  Zitat nach dem Protokoll der Fürstenratssitzung vom 26. Juli 1641, ediert bei Michael Caspar Lundorp: Der Römischen Kayserlichen Majestät Und Deß Heiligen Römischen Reichs Geist- und Weltlicher Stände, Chur- und Fürsten, Grafen, Herren und Städte Acta Publica […]. Darinnen fürnemblich was auff dem in Anno 1641. continuirten Reichstag zu Regenspurg votirt/ consultirt/ berathschlaget/ übergeben und beschlossen […] (5). Frankfurt am Main 1668, S. 465.  Vgl. Bierther: Der Regensburger Reichstag von 1640/1641 (Anm. 185), S. 291 f.  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 202.

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satz der Armee Hatzfelds andernorts im Reich von Nöten war und mit ihr ein Großteil der kaiserlichen Truppen aus dem Niederrheinisch-Westfälischen Kreis abzog, wodurch zu befürchten stand, dass die am Niederrhein und in Westfalen verbliebenen Teile der Reichsarmee nachrückenden Franzosen, Hessen und Schweden nicht gewachsen sein würden.¹⁶⁵² Erst in dieser Situation erkannte man am Kaiserhof, dass es für die kaiserliche Kriegsführung immer noch vorteilhafter sein konnte, eine umfassendere Reformierung der im Prager Frieden vorgesehenen Heeresordnung zumindest in den Territorien am Niederrhein und in Westfalen zuzulassen, sofern damit die schwache Reichsarmee verstärkt werden würde und der Verlust des ganzen Reichskreises an den Feind abgewendet werden könnte.¹⁶⁵³ Mitte Dezember 1641 erteilte Kaiser Ferdinand III. dem Kölner Kurfürsten als Bischof von Münster und damit in seinem Amt als Kreisausschreibender Fürst des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises formal den Auftrag, Schritte zur Realisierung einer eigenen Verteidigungsorganisation der Kreisstände aufzubauen. Allerdings verband der Kaiser mit seiner Erlaubnis zu einer „Kreisdefension“ die Bedingung, dass sich die künftige Kreisarmee am Niederrhein als ein Korps der Reichsarmee verstehen müsse. Die Armee sollte auch nicht von einem Kreisobristen, sondern von einem kaiserlichen General geführt werden und mit der kaiserlichen Immediatarmee vereinigt werden, sobald der Niederrheinisch-Westfälische Kreis von feindlichen Besatzungstruppen vollständig befreit war.¹⁶⁵⁴ Eine am Kaiserhof bis Januar 1642 ausgearbeitete umfangreiche Instruktion für Kurfürst Ferdinand hielt die entsprechenden organisatorischen Details und die Kommandoregelungen für die Kreisarmee detailliert fest. Selbst die Heeresgröße überließ das Reichsoberhaupt nicht etwa der Entscheidung eines Kreistags, sondern definierte sie eigenmächtig auf die Sollstärke von 19 000 Reitern und 5 000 Mann Fußtruppen.¹⁶⁵⁵ Mit einer ähnlichen Größenordnung hatte Kurfürst Ferdinand bereits selbst geplant, beabsichtigte jedoch nicht, eine Kreisdefension nur auf den Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis zu beschränken. Vielmehr schwebte ihm die Bildung einer Allianz aus mehreren Reichskreisen vor, die in der Lage sein sollte, eine noch schlagkräftigere Armee aufzustellen und längere Zeit zu unterhalten.¹⁶⁵⁶ Entsprechende Pläne trieb er vorerst ohne weitere Beteiligung des Kaisers, dafür aber zweier Kurfürsten voran. Dazu bot eine Konferenz Kurkölns mit den Kur-

 Vgl. Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 60 f. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 198.  Vgl. ebd., S. 202– 204.  Vgl. ebd., S. 204 Anm. 91.  Vgl. ebd., S. 204, insbesondere Anm. 90 und 91.  Vgl. ebd., S. 209.

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fürsten von Mainz und Bayern in Mainz Gelegenheit, die infolge der kaiserlichen Niederlage in der Schlacht auf der Kempener Heide anberaumt wurde.¹⁶⁵⁷ Vor allem aus kurkölnischer Sicht bestand nun mehr denn je konkreter Handlungsbedarf, denn als Folge der Schlacht hatte eine französisch-hessische Armee wesentliche Teile des Erzstifts Köln besetzen können.¹⁶⁵⁸ Die kurkölnischen Überlegungen sahen die Aufstellung eines gemeinsamen Heeres der drei Reichskreise Niederrhein-Westfalen, Kur- und Oberrhein in der Größenordnung von 36 000 Mann vor, dessen monatliche Kosten auf rund 300 000 Rtl. veranschlagt wurden. Ein zweites, etwas kleineres Korps sollte durch die oberdeutschen Reichskreise Bayern, Schwaben und Franken gebildet werden und den süddeutschen Raum sichern, während für das Heer der rheinischen Reichskreise im Westen des Reiches ein offensives Vorgehen intendiert war.¹⁶⁵⁹ Als reichsrechtliche Basis dieser großen Reichskreisallianz sollte die Reichsexekutionsordnung dienen, weshalb nach kurkölnischen Vorstellungen neben Kurbayern und Kurmainz auch die Kreisausschreibenden Fürsten des Oberrheinischen sowie des Fränkischen und Schwäbischen Reichskreises in alle weiteren Planungen einzubeziehen waren.¹⁶⁶⁰ Während die bayerischen Vertreter die kurkölnischen Überlegungen für die rheinischen Kreise prinzipiell befürworteten, jedoch aufgrund eigener Pläne die oberdeutschen Reichskreise vorerst nicht in die Diskussion einbeziehen wollten, zeigte sich Kurmainz aus Sorge vor der Reaktion Habsburgs gegenüber jeder Form einer Kreisassoziation sehr reserviert.¹⁶⁶¹ Doch ohne die Kooperation Anselm Casimirs, des alleinigen Kreisausschreibenden Fürsten des Kurrheinischen Krei-

 Neben der Beratung der militärischen Lage im Westen des Reiches diente die Konferenz der drei Kurfürsten noch der Umsetzung des Regensburger Reichsabschieds von 1641. Die Bildung von Kreisassoziationen stand ursprünglich nicht auf der Tagesordnung, vgl. ebd., S. 210 f., ferner Kietzell: Der Frankfurter Deputationstag von 1642 bis 1645 (Anm. 951), S. 103 f.; Karl Schweinesbein: Die Frankreichpolitik Kurfürst Maximilians I. von Bayern 1639 – 1645. Diss. München 1967, S. 125 – 140.  Zu den militärischen Folgen der Schlacht bei Kempen vgl. Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 61; Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 205 – 209; Leffers: Die Neutralitätspolitik des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm als Herzog von Jülich-Berg in der Zeit von 1636 – 1643 (Anm. 858), S. 74 f.  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 211 Anm. 135.  Vgl. ebd., S. 211.  Vgl. ebd., S. 211. An dieser Stelle unpräzise Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), S. 552, der neben Kurköln und Kurbayern fälschlicherweise auch Kurmainz zu den Initiatoren von Kreisassoziationsplänen ab 1642 zählt; in gleicher Hinsicht zu korrigieren Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 67. Zu den kurbayerischen Plänen in den Reichskreisen Bayern, Schwaben und Franken vgl. das folgende Kapitel dieser Arbeit, „Reichskreisassoziationsprojekte in den oberdeutschen Reichskreisen 1642 – 1645“.

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ses, konnte Kurfürst Ferdinand sein Assoziationsprojekt in den rheinischen Kreisen nur schwerlich vorantreiben. Schließlich war es der Kaiser selbst, der Kurfürst Ferdinand unabsichtlich die Möglichkeit verschaffte, sein Projekt vor Kreistagen aller drei rheinischen Reichskreise zu propagieren, ohne zuvor mit dem Kurmainzer oder dem Kaiser selbst einig geworden zu sein. Da die letzte Reichstagsbewilligung des Regensburger Reichstags nur für den Unterhalt der Reichsarmee für das Jahr 1642 bestimmt gewesen war, ein erneuter Zusammentritt des Reichstags aber vorerst nicht mehr zu erwarten war, gedachte sich Kaiser Ferdinand III. entsprechende Finanzierungszusagen der Reichsstände für das Jahr 1643 über Kreistage einzuholen, wie es zuletzt 1638 der Fall gewesen war. Dementsprechend forderte er alle Kreisausschreibenden Fürsten des Reichs zur Ausschreibung von Kreistagen für den Herbst 1642 auf.¹⁶⁶² Kurfürst Ferdinand erkannte sofort die einmalige Chance, die ihm die anstehenden Kreistage zur Beförderung seiner Kreisassoziationspläne boten. Er sorgte daher in seinem Amt als Bischof von Münster und Kreisausschreibender Fürst des NiederrheinischWestfälischen Reichskreises dafür, dass sich die niederrheinisch-westfälischen Kreisstände bereits zum 11. Oktober zu einem Kreistag in Köln zusammenfanden, um schon mehr als zwei Wochen früher tagen zu können als die Kreisstände des Kurrheinischen und des Oberrheinischen Reichskreises auf ihren Kreistagen.¹⁶⁶³ Damit bestand für Kurköln die Möglichkeit, zuerst die Zustimmung der niederrheinisch-westfälischen Kreisstände zur Aufrichtung einer Kreisdefension zu gewinnen, um im nächsten Schritt noch in direkte Verhandlungen mit den Kreistagen der beiden Nachbarkreise zu treten und die Beschlüsse des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises als Vorbild anführen zu können. Wie wichtig Ferdinand von Köln ein Erfolg des Kölner Kreistags war, wurde bereits unmittelbar vor Eröffnung der Beratungen deutlich, als sich die Münste-

 Zu den reichsweiten Kreistagen von 1642 vgl. Magen: Die Reichskreise in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 5), S. 452 f., sowie die Ausführungen in Kap. II.7.2, „Nochmals eine Reichshilfe ohne Reichstag: Die reichsweiten Kreistage von 1642 und das erneute Ende reichsständischer Mitbestimmung“ im ersten Hauptkapitel dieser Arbeit.  Zum Kreistag von Köln im Jahr 1642 vgl. allgemein Leffers: Die Neutralitätspolitik des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm als Herzog von Jülich-Berg in der Zeit von 1636 – 1643 (Anm. 858), S. 74– 78; Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 225 – 228. Zum kurrheinischen Kreistag in Frankfurt vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 275 f. Der Kaiser hatte ursprünglich die Ausschreibung eines kurrheinischen Kreistags bereits für den 1. Oktober 1642 gefordert, die Einberufung verzögerte sich dann jedoch, so dass die erste Session in Frankfurt erst am 5. November 1642 erfolgte, vgl. OeStA HHStA Wien: MEA KrhK 4 (Anm. 848), Kaiser Ferdinand III. an Kurmainz, Wien, 12. August 1642, unfol.; vgl. auch Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 229.

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raner Kreistagsgesandtschaft auf Weisung des Kurfürsten dazu bereit erklärte, den Pfalz-Neuburgern für diesmal ebenfalls Direktorialbefugnisse einzuräumen.¹⁶⁶⁴ Damit wurden langwierige Rang- und Kompetenzstreitigkeiten zwischen Münster und Pfalz-Neuburg vermieden, die schon seit dem Jülich-Klevischen Erbfall schwelten und zuletzt den Kreistag von 1638 in seiner Arbeitsfähigkeit erheblich beeinträchtigt hatten.¹⁶⁶⁵ Nun aber hatten die Gesandten Kurfürst Ferdinands verhältnismäßig leichtes Spiel, den Fortgang des Kreistags in ihrem Sinne zu gestalten und eine Mehrheit für ihre Kreisdefensionspläne zu organisieren. Die zu Beginn des Kreistags verhandelte Bitte eines kaiserlichen Kommissars um Gewährung einer Kreishilfe von 100 Römermonaten für die Reichsarmee lehnten die Kreistagsgesandten Münsters und die Mehrzahl der übrigen Kreisstände mit Hinweis auf die bisherige Reformunfähigkeit der Reichsarmee rundweg ab. Im Gegenzug brachten die Münsteraner sogleich ihre eigenen Kreisdefensionspläne vor das Kreistagsplenum und bewarben sie als alternative Form einer Hilfsleistung für die kaiserliche Kriegsführung.¹⁶⁶⁶ Das pfalz-neuburgische Jülich-Berg war für den Vorschlag schnell gewonnen, denn der Vormarsch der Franzosen und Hessen im Frühjahr 1642 hatte auch die Territorien des bisher stets auf seine Neutralität bedachten Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm schwer in Mitleidenschaft gezogen und die Landstände des Herzogtums Jülich sogar zeitweilig zur eigenmächtigen Anwerbung eigener Verteidigungsstreitkräfte animiert, so dass Pfalz-Neuburg einer Kreisdefension diesmal keineswegs abgeneigt war.¹⁶⁶⁷ Mit Unterstützung des Osnabrücker Bischofs Franz Wilhelm von Wartenberg konnte Kurköln alias Münster die anderen geistlichen Fürsten des Reichskreises ebenfalls auf seine Seite ziehen, womit die Mehrheit der Kreistagsstimmen schon gesichert war. Als ebenso mehrheitsfähig erwies sich die Idee, den Kurrheinischen und Oberrheinischen Reichskreis für eine Kreisassoziation zu gewinnen.¹⁶⁶⁸ Die äußerst bedeutsame Frage, welcher Einfluss dem Kaiser auf eine zu bildende Kreisarmee zuzugestehen war und welche Kreisstände militärische Führungsämter übernehmen sollten, wurde in den ersten Verhandlungsrunden des  Vgl. Leffers: Die Neutralitätspolitik des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm als Herzog von Jülich-Berg in der Zeit von 1636 – 1643 (Anm. 858), S. 76.  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 163 f.; Leffers: Die Neutralitätspolitik des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm als Herzog von Jülich-Berg in der Zeit von 1636 – 1643 (Anm. 858)  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 227.  Vgl. Leffers: Die Neutralitätspolitik des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm als Herzog von Jülich-Berg in der Zeit von 1636 – 1643 (Anm. 858), S. 77 f.  Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 229 f.; Leffers: Die Neutralitätspolitik des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm als Herzog von Jülich-Berg in der Zeit von 1636 – 1643 (Anm. 858), S. 78.

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Kreistags vorsichtshalber noch ausgespart. Dafür nahm der Kölner Kreistag noch im Oktober eine Korrespondenz mit dem soeben in Frankfurt eröffneten Kreistag des Kurrheinischen Reichskreises auf, um dessen grundsätzliche Bereitschaft zu Assoziationsverhandlungen einzuholen. Nebenbei sollte auch verhindert werden, dass der Kurrheinische Kreis dem Kaiser bereits feste Geldsummen bewilligte, die dann den Truppen einer späteren Kreisassoziation nicht mehr zur Verfügung gestanden hätten.¹⁶⁶⁹ Dagegen verlief ein Versuch des Kaisers, die niederrheinischwestfälischen Kreisstände doch noch von der Reformierbarkeit der Reichsarmee in ihrer bisherigen Gestalt zu überzeugen, ins Leere.¹⁶⁷⁰ Schon in seinem Schreiben an den kurrheinischen Nachbarkreis sparte der Kölner Kreistag nicht mit erheblicher Kritik am kaiserlichen Heerwesen, und schilderte eindringlich, wie die kaiserliche Soldateska allerorts im Reichskreis mehr als doppelt so viel an Kontributionen einzöge, als ihr von Reichs- und Kreistagen genehmigt worden sei. Dennoch erweise sie sich als unfähig, den Schutz der Kreisstände vor den Reichsfeinden zu gewährleisten. Die gewünschten Verhandlungen zwischen beiden Reichskreisen sollten sich deshalb folgenden Fragen widmen: „Wie nemblich vnd auf was manir diesem übel zu begegnen, vnd was zu einer beßerer (!) Zusamensez= vnd Kriegsordtnung, dadurch die Stände dergestalt nit vnterdrückt, sondern geschüzt, vnd die Auslendischen Potentaten, wie auch die innerlichen feÿndte mehrers zu dem längstgewünschten frieden gebracht werden mögten“.¹⁶⁷¹ Nach einer positiven Antwort des Kurrheinischen Kreises wurde am 15. November in Köln eine Gesandtschaft mit Vertretern aller fünf am niederrheinischwestfälischen Kreistag vertretenen Bänke zusammengestellt. Diese wurde mit dem Auftrag nach Frankfurt entsandt, im Namen des ganzen Reichskreises die Bündnisverhandlungen mit dem Kurrheinischen und nach Möglichkeit auch dem

 Vgl. OeStA HHStA Wien: MEA KrhK 4 (Anm. 848), Niederrheinisch-Westfälischer Kreistag von Köln an den Kurrheinischen Kreistag, Köln, 23. Oktober 1642, unfol.  Der Kaiser hatte nach der Ablehnung seiner Geldforderung von 100 Römermonaten und der vom Kreistag vorgebrachten Gravamina gegen die Reichsarmee den Kreisständen noch einmal zugesichert, Missstände bei der Armee energischer abstrafen zu wollen. Als symbolische Geste ließ er Anfang Dezember dem Kölner Kreistag einige an kaiserliche Offiziere gerichtete Abmahnungsschreiben und Militärbefehle zukommen, die die Kreisstände selbstständig an die Armee zustellen durften. Des Weiteren sicherte das Reichsoberhaupt eine Bestrafung des Kriegskommissars Adrian von Düsen zu, der den Kreisständen kurz zuvor einen Einblick in seine Buchführung verwehrt hatte. Eine Kreisrüstung akzeptierte der Kaiser, sofern sie nach der Kurköln im Januar 1642 ausgehändigten Instruktion erfolgen sollte, vgl. ebd., Kaiser Ferdinand III. an den niederrheinisch-westfälischen Kreistag (Duplik auf die Replik der Kreisstände auf die kaiserliche Proposition vom 06. und 9.11.1642), Wien, 25. November 1642 (Kopie), unfol.  Ebd., unfol. (Blatt 2v-3r).

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Oberrheinischen Reichskreis vorzunehmen.¹⁶⁷² Der Kölner Kreistag verhandelte noch bis zum 16. Dezember weiter, dann wurde er mit einem vorläufigen Abschied unterbrochen, um die Ergebnisse der Bündnisverhandlungen der Kreisgesandtschaft in Frankfurt abzuwarten. Währenddessen sollte ein Ausschuss unter Führung der beiden Kreisausschreibenden Fürsten Lösungsvorschläge für verschiedene organisatorische Fragen der künftigen Kreisarmee ausarbeiten, darunter auch die Frage des Oberbefehls, und den Kreistag zum nächstmöglichen Zeitpunkt nach der Weihnachtspause wieder einberufen.¹⁶⁷³

1.3 Die Kreisassoziationsverhandlungen mit dem Kurrheinischen und dem Oberrheinischen Reichskreis im Jahr 1643 Tatsächlich begannen die Verhandlungen zwischen den Vertretern des kurrheinischen und des niederrheinisch-westfälischen Kreistags in Frankfurt aber bereits zu einem Zeitpunkt, als die meisten Mitglieder der niederrheinisch-westfälischen Kreisdelegation noch in der Anreise begriffen waren. Dies war nur möglich, da Kurfürst Ferdinand zwei seiner für den geplanten Reichsdeputationstag in Frankfurt bereits anwesenden Gesandten kurzerhand zu seinen Vertretern in der Kreisdelegation ernannte und sie bereits ab dem 22. November 1642 erste Gespräche mit den Vertretern des Kurrheinischen Kreises aufnehmen ließ. Wie ein Blick in ein Sitzungsprotokoll des kurrheinischen Kreistags verrät, standen sich damit in der ersten Verhandlungsphase der Kreisassoziationsgespräche im Grunde nur die Vertreter dreier Kurfürsten gegenüber.¹⁶⁷⁴ Neben den zwei Räten Kurfürst Ferdinands waren als kurrheinische Vertreter nur noch

 Die Delegation sollte von folgenden Kreisständen gebildet werden: Münster und JülichBerg als Kreisausschreibende Fürsten und zugleich Repräsentanten der geistlichen und weltlichen Fürsten, Werden für die Prälaten, Sayn für die Grafen und Köln für die Reichsstädte, vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 228 f., insbesondere Anm. 23. Das originale Kreditiv der Delegation findet sich unter OeStA HHStA Wien: MEA KrhK 4 (Anm. 848), Kreditiv mit 13 Sigeln, Köln, 15. November 1642, unfol.  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 228.  Das kurmainzische Kreistagsprotokoll findet sich unter OeStA HHStA Wien: MEA KrhK 5 (Anm. 956), „Protocollum beÿ dem den 27. 8bris Ao 1642 zue Franckfurth angefangenen Churfr: Rheinischen Craiß Conuent gehalten worden“, unfol. Das Protokoll ist allerdings durch eine spätere Bindung fragmentiert und in seiner Chronologie gestört. Über die Beratungen des Kreistags im Januar 1643 liegt anstatt eines offiziellen Kreistagsprotokolls lediglich ein Bericht des kurmainzischen Kreistagsdirektoriums vor, „weÿllen zu dieser churftl. Conferenzen keine Secretarii oder Protocollisten gezogen, vnnd also kein Protocoll darob gehalten worden“, vgl. OeStA HHStA Wien: MEA KrhK 4 (Anm. 848), Subfasz. 4, kurmainzischer Bericht, Frankfurt 26. Januar 1643, Blatt 4v.

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die Gesandten von Kurmainz, Kurköln, Kurbayern und Kurtrier anwesend.¹⁶⁷⁵ Kurtrier war jedoch aufgrund der anhaltenden Gefangenschaft Erzbischofs Philipp Christoph von Sötern lediglich durch eine Abordnung des Domkapitels präsent, dem die anderen Kurfürsten nur einen Platz in einer Ecke des Sitzungsraums fernab des Verhandlungstisches ohne Stimmrecht einräumten, wie eine Skizze aus dem Kreistagsprotokoll trefflich illustriert.¹⁶⁷⁶

Abbildung ¹⁶⁷⁷ Sitzungsordnung am Kurrheinischen Kreistag im Frankfurter Predigerkloster am ersten Verhandlungstag mit der Gesandtschaft des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises, . November , unfol.

Demnach standen sich in dieser ersten Verhandlungsphase im Grunde nur Kurköln, Kurbayern und Kurmainz gegenüber, verhandelt wurde aber im Namen zweier ganzer Reichskreise. Vorgesehen hatte das der Kölner Kreistag in dieser Form zumindest von Seiten des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises eigentlich nicht, weshalb das diplomatische Vorpreschen der kurkölnischen bezie-

 Für Kurfürst Ferdinand bzw. den Niederrheinisch-Westfälischen Kreis verhandelten Christoph Bernhard von Galen und Dr. Albrecht Bockhorst, beide nominell in Diensten des Hochstifts Münster. In Münster bekleideten sie die Ämter des Domkustos und des Syndikus, vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 229; vgl. ferner die Ausführungen zu Beginn des Kreistagsprotokolls, OeStA HHStA Wien: MEA KrhK 5 (Anm. 956), unfol.  Das kurmainzische Kreistagsprotokoll findet sich unter ebd., „Protocollum beÿ dem den 27. 8bris Ao 1642 zue Franckfurth angefangenen Churfr: Rheinischen Craiß Conuent gehalten worden“, unfol. Zum Ausschluss Kurtriers aus dem Kurkolleg zwischen 1635 und dem Westfälischen Frieden vgl. Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 725, insbesondere Anm. 3.  OeStA HHStA Wien: MEA KrhK 5 (Anm. 956)

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hungsweise münsterischen Gesandten noch vor dem Eintreffen der eigentlichen niederrheinisch-westfälischen Kreisgesandtschaft am 3. Dezember einer Erklärung bedarf. Neben der Beförderung spezifisch kurkölnischer Vorstellungen in den kommenden Bündnisverhandlungen könnte auch die erwartete Konkurrenz zwischen den kaiserlichen Kontributionswünschen und dem kurkölnischen Kreisassoziationsprojekt Kurfürst Ferdinand zur diplomatischen Eile bewogen haben. Jedenfalls war es für Kurköln von großer Bedeutung, dass die Kreisdefensionspläne in Frankfurt zur Verhandlung kamen, noch ehe das als besonders kaisertreu eingeschätzte kurmainzische Kreistagsdirektorium die kaiserlichen Kontributionswünsche zur Abstimmung stellen ließ.¹⁶⁷⁸ Diese Sorge erwies sich nach Beginn des Frankfurter Kreistags jedoch als unbegründet, da sich der Mainzer Kurfürst Anselm Casimir unmittelbar vor Beginn des Kreistags selbst dazu entschieden hatte, „zu defension vndt rettung Vnserer Churfr: Landen, fürnehmlich aber zu conseruation, beeder dem Heÿ. Reich so hoch importirender Rhein: vndt Mainströmb, eine gewisse anzahl Völcker auff Vnsere eigenen Spesen zu werben“.¹⁶⁷⁹ Der Kurfürst wäre zwar dennoch zu gewissen zusätzlichen Kontributionsleistungen an den Kaiser bereit gewesen, verschloss sich aber Gesprächen über eine alternative Verwendung der Gelder zugunsten einer Kreisdefension nicht grundsätzlich.¹⁶⁸⁰ Als eine Abkehr vom Kaiser wollte Kurmainz diese Haltung freilich nicht verstanden wissen. Aus diesem Grund wandte sich Anselm Casimir schon bald nach Beginn der Verhandlungen mit der niederrheinisch-westfälischen Gesandtschaft schriftlich an den Wiener Kaiserhof, um Ferdinand III. über den Verlauf der Gespräche ins Bild zu setzen und dessen Einverständnis für weitere Verhandlungen zwischen den Reichskreisen einzuholen.¹⁶⁸¹

 So auch die Lesart der Vorgänge am kurrheinischen Kreistag Ende November 1642 bei Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 229. Tatsächlich lässt die Hauptinstruktion Anselm Casimirs für seine Kreistagsgesandten eine grundsätzliche Kontributionsbereitschaft des Kurfürsten erkennen, die allerdings vom Abstimmungsverhalten der anderen Kreisstände abhängig gemacht werden soll, vgl. OeStA HHStA Wien: MEA KrhK 4 (Anm. 848), Kurmainzische Gesandteninstruktion, Mainz, 8. Oktober 1642, unfol.  So die Formulierung des Kurfürsten in seiner Hauptinstruktion für seine Kreistagsgesandten in Frankfurt, vgl. ebd., Kurmainzische Gesandteninstruktion, Mainz, 8. Oktober 1642, unfol.  Vgl. ferner die Ausführungen in der kurmainzischen Kreistagsinstruktion ebd.  Vgl. ebd., Kaiser Ferdinand III. an den kurrheinischen Kreistag als Antwort auf die kurmainzische Kommunikation vom 10. Januar 1643, Wien, 11. Februar 1643, unfol. Zu den kurmainzischen Positionen auf dem Frankfurter Kreistag vgl. ebd., Instruktion für das kurmainzische Kreistagsdirektorium, Mainz, 8. Oktober 1642, unfol.

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Aus Rücksichtnahme auf habsburgische Positionen widersetzten sich die Kurmainzer auch einer Anfrage der mittlerweile vollzählig in Frankfurt vertretenen niederrheinisch-westfälischen Delegation, ob nicht das gesamte Kreisdefensionsprojekt auf die Tagesordnung des Deputationstags zu setzen sei, um möglichst viele Reichskreise zu parallelen Rüstungsmaßnahmen bewegen zu können.¹⁶⁸² Auch nach Abweisung dieses Vorschlags betonte die niederrheinisch-westfälische Kreisgesandtschaft mehrfach, dass sie ihrem Kreisdefensionsprojekt einen Vorbildcharakter für das restliche Reich beimaß, und zeigte sich davon überzeugt, es „würde den übrigen Craÿsen zu gleichmesiger nachfolge kein geringer anlas sein, wan die Herrn Rheinische Churfursten sich nit weniger auf eine gewise Manschafft ercleren, vnd also mit vnd neben den Westfuelischen Stenden mit einem guten exempel in dieser algemeinen noth vorgehen wolten.“¹⁶⁸³ Des Weiteren sollten die Kreisstände anderer Reichskreise die großen Vorzüge bedenken, die ihnen eine Kreisdefension im Vergleich zur bisherigen Kriegsführung der kaiserlichen Reichsarmee bieten würde: Erstens könnte ein armierter Reichskreis seine Stände selbst schützen und sei nicht mehr auf die Hilfe der kaiserlichen Immediatarmee angewiesen, deren Soldaten viel mehr an der Einziehung überhöhter Kontributionen gelegen sei, als an der Verteidigung der Stände und ihrer Untertanen. Zweitens sei es für die Kreisstände ehrenvoller, zugunsten des Reiches selbst noch einmal in den Krieg eingegriffen zu haben, als seinen Ausgang nur stillsitzend abzuwarten. Selbst wenn der Kampf dann verloren ginge, und die Kreisarmeen zerschlagen werden sollten, „so würde man sich doch diesseits zu trösten haben, daß zu Ihrer Maytt. dienst vnd des Vatterlands Rettung man alles was darzu ersprießlich sein kann verrichtet, vnd also sich des verweises vnnd bösen imputation bey der künftigen posteritet entlediget“ hätte.¹⁶⁸⁴ Von den drei den Kurrheinischen Kreis repräsentierenden kurfürstlichen Gesandtschaften befürworteten die Kurkölner erwartungsgemäß den Gedanken einer Kreisassoziation, und auch Kurmainz und Kurbayern ließen zumindest ihre grundsätzliche Zustimmung für ein entsprechendes Projekt signalisieren, aller-

 Vgl. ebd., Niederrheinisch-Westfälische Kreisdelegation an den kurrheinischen Kreistag, Frankfurt, 7. Dezember 1642, unfol.  Ebd., Antwortschreiben der Westfälischen Delegation an die Kurrheinische Delegation, Frankfurt, 7. Dezember 1642, unfol. (4 Blatt, hier Blatt 2r – 2v).  Ebd., unfol. (hier Blatt 4r). Die Bedeutung adliger Ehr- und Reputationsvorstellungen während des Dreißigjährigen Kriegs und deren kriegsverlängernde Effekte insbesondere in der Endphase des Kriegs betont Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 185 – 187.

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dings unter gewissen Finanzierungsvorbehalten.¹⁶⁸⁵ Über die Größenordnung der aufzustellenden Kreisarmeen wurde sich die Frankfurter Versammlung auf Grundlage eines von niederrheinisch-westfälischer Seite zur Diskussion gestellten Vorschlags nach relativ kurzer Zeit handelseinig. Demnach wurde eine Heeresgröße von insgesamt 20 000 Fußsoldaten und 5 000 Reitern für notwendig erachtet, um als eigenständiger Akteur im herrschenden Kriegsgeschehen bestehen zu können. Davon sollten der Kurrheinische und der Oberrheinische Kreis gemeinsam 6 000 Mann zu Fuß und 2 000 Reiter unterhalten, der NiederrheinischWestfälische Kreis 14 000 Mann Fußtruppen und 3 000 Reiter. Die dadurch entstehenden monatlichen Belastungen für den Kurrheinischen und den Oberrheinischen Reichskreis wurden auf insgesamt 48 155 ½ Rtl. veranschlagt, der Niederrheinisch-Westfälische Kreis hatte 92 999 Rtl. beziehungsweise 25 Römermonate pro Monat aufzubringen.¹⁶⁸⁶ Rekrutieren sollte sich die Armee des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises durchweg aus Truppenteilen der kaiserlichen Immediatarmee und mediaten kurkölnischen und reichsstädtisch-kölnischen Truppen, die bereits im Reichskreis oder im Kurfürstentum Kurköln einquartiert waren.¹⁶⁸⁷ Für die Armee des Kurrheinischen und Oberrheinischen Kreises war ebenfalls die Übernahme einiger kaiserlicher Regimenter vorgesehen, aber auch die Integration der jüngst von Kurmainz angeworbenen Soldaten.¹⁶⁸⁸ Die nach Bildung der Kreisarmeen noch in den drei rheinischen Kreisen verbliebenen Reste der kaiserlichen Immediatarmee sollten umgehend zu einem Rückzug in die kaiserlichen Erblande oder andere Teile des Reiches angehalten werden. Gleiches galt für das Kriegsvolk der Spanier und Lothringer am Rhein, die man notfalls aber noch auf dem Territorium des Kurfürstentums Trier dulden wollte.¹⁶⁸⁹ Für den Fall, dass die Rheinischen Kreise von einem überlegenen Feind angegriffen werden würden, sollte ein wechselseitiger Beistandspakt mit der Bayerischen Reichsarmee geschlossen werden. Der Heeresplan erlangte in dieser Form schließlich die vorläufige Zustimmung aller Verhandlungspartner in Frankfurt, enthielt allerdings noch keine Detailregelungen zu Fragen der künftigen Be Vgl. OeStA HHStA Wien: MEA KrhK 4 (Anm. 848), Bericht des Kurmainzer Gesandten in Frankfurt, Philipp von Schwalbach, Frankfurt a. M., 4. Januar 1643, unfol.  Vgl. ebd., Kostenkalkulation über die Armee der drei rheinischen Kreise in acht Unterpunkten, unfol., undat. [vermutlich Anfang Dezember 1642].  Acht kaiserliche und sechs kurkölnische Regimenter sowie 800 Mann der Reichsstadt Köln sollten zu einer neuen Armee aus nur zehn Regimentern zusammengelegt werden, um vier der sehr kostenintensiven Regimentsstäbe einsparen zu können, vgl. ebd., unfol.  Am Oberrhein sollten insgesamt drei kaiserliche Regimenter für die Kreisarmee übernommen werden, darunter die Besatzung der Festung Philippsburg. Vier weitere noch im Kreis befindliche kaiserliche Regimenter würden dann nicht mehr benötigt, vgl. ebd., unfol.  Vgl. ebd., unfol.

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fehlsgewalten.¹⁶⁹⁰ Zudem standen noch die Zustimmung des Oberrheinischen Kreises und des Kaisers aus, die in einem nächsten Schritt eingeholt werden mussten. Dazu wandten sich die drei Kurfürsten von Mainz, Bayern und Köln in einem gemeinsamen Schreiben Mitte Januar 1643 an Ferdinand III. und versicherten diesem, wie sehr sie von der „gemeinnutzigen intention“ einer Kreisdefension am Rhein überzeugt seien. Zugleich brachten sie die Bitte vor, der Kaiser möge seine Kriegsvölker im Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis gemäß den Vorschlägen Kurkölns umgruppieren und einige Einheiten einer künftigen Kreisarmee zur Verfügung stellen.¹⁶⁹¹ Ferner baten sie das Reichsoberhaupt um die förmliche Anerkennung der Kreisarmee als neues Korpus der Reichsarmee, für dessen Unterhaltung – aber auch Befehligung – die Kreisstände künftig weitgehend selbst verantwortlich sein wollten. Nur auf diese Weise, so ihre Argumentation, sei das Heerwesen noch erfolgversprechend zu reformieren und die Wehrfähigkeit des Reiches im Westen wiederherzustellen.¹⁶⁹² Um den Oberrheinischen Reichskreis zu gewinnen, beschlossen die rheinischen Kurfürsten kurzerhand eine mehrwöchige Verlängerung des Kurrheinischen Kreistags, um mit einem für Februar 1643 nach Worms ausgeschriebenen Oberrheinischen Kreistag in eine direkte Korrespondenz treten zu können.¹⁶⁹³ Der schriftliche Austausch zwischen beiden Kreiskonventen gestaltete sich dann aber sehr langwierig und brachte nicht den erhofften Erfolg. Zwar ließ die Wormser Versammlung ihr Frankfurter Pendant umgehend nach Beginn der Korrespondenz wissen, wie sehr man es begrüße, „mit denselben [den nieder Ein abweichender Plan der Kurmainzer, der noch die Hinzuziehung des Fränkischen Reichskreises vorsah, fand offenbar keine Zustimmung, vgl. ebd., Bericht des kurmainzischen Kreistagsgesandten Philipp von Schwalbach, Frankfurt, 4. Januar 1643, unfol.  Zitat ebd., Subfasz. 4, Blatt 2r. Die Kreisarmee sollte demnach von der kaiserlichen Immediatarmee 10 Kompanien zu Fuß á 200 Mann und 1.000 Reiter verteilt auf 10 Kompanien übernehmen, überzählige Regimentsstäbe wären zu entlassen. Damit verbunden war auch die Forderung, die bisherigen kaiserlichen Kriegskommissare aus dem Reichskreis abzuziehen und die Armeebesoldung denjenigen zu überantworten, die der Niederrheinisch-Westfälische Kreis dazu anstellen würde.  Zudem müsse die Reform auch „summum mora periculum ad effectum gepracht werden.“, ebd.  Die Verlängerung des kurrheinischen Kreistags veranlasste Kaiser Ferdinand III. sogar zu einem Mahnschreiben an Kurmainz, das dieses aufforderte, die Versammlung der rheinischen Kurfürsten noch vor Beginn des Deputationstags formal zu beenden, um nicht zwei größere Versammlungen zeitgleich in Frankfurt abzuhalten. Der kurrheinische Kreistag lehnte dies mit der Begründung ab, daß der Craißtag mit dem Deputationstag gantz keine gemeinschafft hette“, vgl. ebd., Subfasz. 4, Bericht des Kurmainzer Gesandten vom kurrheinischen Kreistag, Frankfurt, 26. Januar 1643, unfol. (Blatt 2v).

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rheinisch-westfälischen und den kurrheinischen Kreisständen, FS] auf seiten dieses Ober Reinischen Craises in vertraüliche communication zu treten“ und versicherte, alle Initiativen grundsätzlich zu unterstützen, die die „so hocherwünschte correction der bisherigen Exorbitantien vnd erlegene[…] Kriegsdisciplin“ zum Ziel hätten. Aber aufgrund einer geringen Anzahl zum Kreistag erschienener Kreisstände und fehlender Instruktionen erachtete sich der Kreistag für noch nicht verhandlungsfähig.¹⁶⁹⁴ Eine Woche später ließen die oberrheinischen Kreisstände den Kurrheinischen Kreis vorsorglich wissen, dass der Kaiser ihren Reichskreis dem Herzog von Lothringen assigniert habe, der schon 52 Regimenter zu Pferd und 50 zu Fuß aus kreisständischem Gebiet versorgen lasse und damit die finanziellen und materiellen Ressourcen des Reichskreises bereits weitgehend aufzehre.¹⁶⁹⁵ Ohne einen Abzug der am Oberrhein und in der Pfalz konzentrierten lothringischen Kriegsvölker, so die indirekte Botschaft der oberrheinischen Kreisstände, sei von ihnen kaum ein größerer Beitrag zu einer Kreisdefension zu erwarten. Doch da der Herzog von Lothringen ein wichtiger Verbündeter des Kaisers im Kampf gegen Frankreich war, konnte mit einem baldigen Abzug seiner Truppen vom Oberrhein kaum gerechnet werden, zumal der Beginn der Feldzugssaison 1643 den Oberrhein erneut in den Mittelpunkt der militärischen Auseinandersetzung im Reich rücken ließ.¹⁶⁹⁶ Dennoch brachte der Oberrheinische Reichskreis im April 1643 noch eine eigene Gesandtschaft an den Kurrheinischen Kreis zu Wege, die sich am Rande des Frankfurter Deputationstags mit einer Delegation der rheinischen Kurfürsten traf, um nochmals den aktuellen Stand des Kreisassoziationsprojekts zu erörtern.¹⁶⁹⁷ Einen eigenen militärischen oder finanziellen

 Ebd., Fasz. 3, Oberrheinischer Kreistag in Worms an den Kurrheinische Kreistag in Frankfurt, Worms, 18. Februar 1643, unfol., Zitate ebd.  Der Wormser Kreistag veranschlagte die monatlichen Verpflegungs- und Unterhaltungskosten für die Lothringer auf 91.096 fl. Zusätzliche Abgaben für Festungsbesatzungen sollen mit 3.279 fl. monatlich zu Buche geschlagen haben. Der Oberrheinische Reichskreis hätte demzufolge innerhalb von vier Wintermonaten insgesamt 377.496 fl. an Unkosten erlitten.Vgl. ebd., Subfasz. 3, Oberrheinischer Kreistag in Worms an den Kurrheinischen Kreistag in Frankfurt, Worms, 25. Januar/4. Februar 1643, unfol.  Zu den militärischen Operationen im Jahr 1643 am Oberrhein, ausgeführt in erster Linie von der kurbayerischen Reichsarmada und von französisch-weimarischen Heeren, vgl. Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 176; in seinen Wertungen veraltet, aber detailreich Johann Heilmann: Die Feldzüge der Bayern in den Jahren 1643, 1644 und 1645 unter den Befehlen des Feldmarschalls Franz Freiherr von Mercy. Leipzig 1851.  Vgl. OeStA HHStA Wien: MEA KrhK 4 (Anm. 848), Subfasz. 3, Kreditiv der Abordnung des Oberrheinischen Kreises zum Frankfurter Deputationstag,Worms, 24. April 1643. Als Gesandte des

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Beitrag konnten die oberrheinischen Kreisstände jedoch auch diesmal nicht anbieten. Sie verwiesen nur darauf, „daß dieser sonsten ansehentliche vnd weit sich erstreckende Ober Rheinische Craiß gar sehr dismembrirt, mehrentheils in Frantzosischen, auch Schwedischen Heßischen vnd andern handen vnd gewalt, vnd dahero auff alle solche Ort, daß Sie der Zeit dem Craiß einige Beÿhülff leisten könten oder solten, durchaus kein Rechnung zu machen seÿe.“ Die noch nicht vom Feind besetzen Teile des Kreises müssten hingegen an Kaiserliche, Spanier und Lothringer kontribuieren.¹⁶⁹⁸ Letztlich sei der Oberrheinische Kreis, so der Tenor des Vortrags seiner Gesandtschaft, „theils wegen der Feindts gefahr, theils wegen der inliegenden Vestungen, seiner selbst nit mächtig“ und könne einem Defensionswerk gar nicht mehr beitreten, selbst wenn er es wollte.¹⁶⁹⁹ Die Grundidee einer Kreisassoziation könne für andere Reichskreise noch eine vielversprechende Option sein, nicht aber für die Kreisstände des Oberrheins, denen in ihrer momentanen Lage nur noch ein allgemeiner Friedensschluss helfe.¹⁷⁰⁰ Die Erklärung der oberrheinischen Delegation schloss mit der Bitte ab, die kurrheinischen Kreisstände möchten die Entscheidung ihres Nachbarkreises nicht als „Separation“ verstehen und den oberrheinischen Ständen auch künftig gewogen bleiben. Tatsächlich war damit jedoch einer größeren Kreisassoziation am Rhein das Fundament entzogen: Ohne die Aussicht auf Mithilfe durch den Oberrheinischen Reichskreis zog auch Kurfürst Anselm Casimir seine Zustimmung zum Aufbau einer mit dem Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis kooperierenden Kreisarmee am Oberrhein zurück, wohlwissend, dass der Kurrheinische Kreis für sich alleine nur noch schwerlich eine Kreisarmee aufbauen konnte. Denn schließlich hatte Kurbayern bereits im Januar 1643 erklärt, für seinen Anteil an der Rheinpfalz keine Truppenkontingente zu einer kur- und oberrheinischen Kreisarmee stellen zu können, da alle verfügbaren Kräfte zur Landesdefension gebunden seien.¹⁷⁰¹ Kurtrier dagegen war weiterhin großteils von Spaniern und Lothringern besetzt und Ferdinand von Köln gedachte die Ressourcen seiner Kurlande einer nieder-

Reichskreises fungierten der Johanniterritter Georg Burkhard von Schauenburg, Prior von Ungarn, und eine Abordnung der Reichsstadt Frankfurt am Main.  Vgl. ebd., Subfasz. 3, Anbringen der Abordnung des Oberrheinischen Kreises am Frankfurter Deputationstag an den Kurrheinischen Kreis, Frankfurt, 22. Juni 1643, unfol. (4 Blatt, Zitat Blatt 2v).  Vgl. ebd., unfol. (Zitat Blatt 3v).  „Es geschehe dann solches vielmehr per salubria tractatuum pacis media, als per vires proprias.“ ebd., unfol. (Zitat Blatt 4r).  Vgl. ebd., Bericht des kurmainzischen Kreistagsgesandten Philipp von Schwalbach, Frankfurt, 4. Januar 1643, unfol.

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rheinisch-westfälschen Kreisarmee zur Verfügung zu stellen.¹⁷⁰² Sofern die Realisierung einer Kreisarmee am Rhein ab 1643 noch eine Chance hatte, dann nur noch im Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis.

1.4 Vom kurkölnisch-pfalz-neuburgischen Machtkampf um eine Kreisdefension bis zur Intervention des Kaisers Ende 1643 Wie zu Jahresende 1642 vor Auseinandertreten des Kölner Kreistags vereinbart, berief Kurfürst Ferdinand in Absprache mit Pfalz-Neuburg zum 13. März 1643 einen Ausschusstag des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises ein. Die Versammlung sollte die Ergebnisse der Frankfurter Verhandlungen erörtern und die Wiederaufnahme des allgemeinen Kreistags vorbereiten, um auf diesem dann über die weitere Handhabung der Kreisdefensionspläne entscheiden zu können. Der Kreisausschuss wurde sich bereits nach kurzen Beratungen darüber einig, dass der Aufbau einer Kreisarmee immer noch erstrebenswert sei, aber keine Pflicht bestünde, sich dabei unbedingt nach kaiserlichen Vorgaben zu richten.¹⁷⁰³ Damit verbanden die Kreisstände den Anspruch, über die Größe und die Kontributionshöhen der im Reichskreis stationierten Truppen wieder selbst verfügen zu können. Insbesondere sollten die auf Kreisboden stehenden Einheiten der Reichsarmee künftig von einem von den Kreisständen ernannten General befehligt werden und nur noch ein Drittel der bisherigen Anzahl an den besonders kostspieligen Regimentsstäben umfassen.¹⁷⁰⁴ Allerdings zeigte sich auf dem allgemeinen Kreistag, der Ende April 1643 wieder zusammentrat, dass die Kreisstände von kaiserlicher Seite keineswegs mit einem Einverständnis zu Errichtung einer Kreisarmee ohne direkte Einflussmöglichkeiten des Reichsoberhaupts zu rechnen hatten: Zum Kreistag entsandte kaiserliche Kommissare erklärten den Kreisständevertretern, dass eine Kreisarmee im Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis nur nach Maßgabe jener Instruktion aufgebaut und geführt werden könne, wie sie Kurfürst Ferdinand von Köln schon im Vorjahr vom Kaiser erhalten habe – alles andere müsse Ferdinand III. als „privatdefension“ und „species separationis et dismembrationis ab imperio“ erachten und gegebenenfalls mit

 Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 231, 241, ferner Leffers: Die Neutralitätspolitik des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm als Herzog von Jülich-Berg in der Zeit von 1636 – 1643 (Anm. 858), S. 78.  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 235 f.  Vgl. ebd., S. 236.

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dem Abzug aller seiner bisher zum Schutz des Reichskreises abkommandierten Streitkräfte beantworten.¹⁷⁰⁵ Eine völlige Entfremdung vom Reichsoberhaupt wollten aber vor allem die geistlichen katholischen Kreisstände keinesfalls riskieren, während sich die beiden bedeutendsten weltlichen Kreisstände, Kurbrandenburg und Pfalz-Neuburg, von den kaiserlichen Drohungen weniger beeindrucken ließen. Infolgedessen konnte sich der Kreistag nur auf einige organisatorische und personelle Detailfragen einer künftigen Kreisarmee einigen. Noch als weitgehend konsensfähig erwies sich der von Kurköln respektive Münster zur Diskussion gestellte Vorschlag, Kaiser Ferdinand III. um die Überlassung des bisher in kaiserlichen Diensten stehenden Gottfried Huyn von Geleen als Kreisgeneral zu bitten. Dieser war als Landkomtur der Deutschordensballei Biesen am Niederrhein begütert und hatte bereits in früheren Jahren ein militärisches Kommando im NiederrheinischWestfälischen Reichskreis innegehabt.¹⁷⁰⁶ Darüber hinaus wurden Regelungen zur personellen Besetzung eines Kreiskriegsrats getroffen, der dem künftigen Kreisgeneral beratend und als Kontrollinstanz zur Seite gestellt werden sollte. Der Kreiskriegsrat bestand aus sechs Personen, die neben den beiden Kreisausschreibenden Fürsten jeweils eine Bank des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises repräsentierten.¹⁷⁰⁷ Doch in der entscheidenden Frage, ob dem Kreisgeneral und dem Kreiskriegsrat noch ein von den Kreisständen bestimmter Kreisobrist übergeordnet werden sollte, konnten sich Kurköln und Pfalz-Neuburg keineswegs einigen, was den Fortgang des gesamten Defensionsprojekts in Frage stellte. Dahinter stand jedoch weit mehr als nur eine Unstimmigkeit über die Regelung des Oberkommandos der künftigen niederrheinisch-westfälischen Kreisarmee. Tatsächlich hegten Kurfürst Ferdinand von Köln und Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm völlig entgegengesetzte Vorstellungen davon, welche verfassungsrechtliche Fundierung und militärische Zielsetzung eine Kreisdefension haben sollte: Pfalz-Neuburg wollte auch nach den mahnenden bis drohenden Worten des Kaisers an einer Kreisdefension auf Grundlage der Reichsexekutionsordnung festhalten. Die Führung der Kreisarmee sollte dem Pfalzgrafen im Rang eines Kreisobristen selbst obliegen, nicht aber dem Kurkölner, da diesem das Reichs-

 Zitate nach ebd., S. 236.  Zur Ernennung Geleens vgl. ebd., S. 241 f.; Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 30; zur militärischen Funktion Geleens im Niederrheinisch-Westfälischen Kreis vor dem Prager Frieden vgl. Heilmann: Kriegsgeschichte von Bayern, Franken, Pfalz und Schwaben (Anm. 1460), S. 1112– 1115.  Vertreten waren: Kurköln als Bischof von Münster, Pfalz-Neuburg als Herzog von Jülich, Osnabrück für die geistlichen Fürsten,Werden für die Prälaten, Nassau für die Grafen, Köln für die Reichsstädte, vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 250, Anm. 116.

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recht als geistlichem Fürsten die persönliche Übernahme eines Kreisobristenamtes verbot.¹⁷⁰⁸ Darüber hinaus verwies Wolfgang Wilhelm auf frühere Kreisobristen aus dem Haus Jülich-Kleve-Berg, deren legitimer Erbe Pfalz-Neuburg sei.¹⁷⁰⁹ Eine auf Grundlage der Reichsexekutionsordnung aufgebaute Kreisarmee sollte auch nur dem Schutz des Status quo im Reichskreis dienen, nicht aber für offensive Operationen zur Verfügung stehen, und den Kreisständen ermöglichen, sich vom weiteren Kriegsgeschehen im Reich fernhalten zu können.¹⁷¹⁰ Um Letzteres gewährleisten zu können, nahm der Pfalzgraf sogar parallel zu seinen Bemühungen im Kreistag geheime Verhandlungen mit Landgräfin Amalie Elisabeth von Hessen-Kassel auf, um deren Haltung zu einer bewaffneten Neutralität des Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreises zu erkunden. Während den Verhandlungen wurde der Landgräfin sogar versichert, dass eine pfalz-neuburgisch geführte Kreisarmee die hessischen Garnisonen aus Westfalen nicht vertreiben würde.¹⁷¹¹ Auf dem Kreistag wurde dies von den Neuburger Gesandten freilich nicht erwähnt, denn tatsächlich widersprachen die Vorstellungen PfalzNeuburgs in diesem Punkt fundamental den Interessen Kurkölns. Kurfürst Ferdinand verband mit der Schaffung einer Kreisarmee dezidiert die Hoffnung, den Reichskreis und vor allem seine eigenen Hochstiftsterritorien von hessischer und schwedischer Besatzung gänzlich befreien zu können. Für dieses Ziel zeigte sich der Kurfürst auch gewillt, eine Kreisdefension mehr in Kooperation, und weniger in Konfrontation mit dem Kaiser aufzubauen, und eine Kreisarmee zu akzeptieren, die unter dem Kommando eines kaiserlichen Generals integraler Bestandteil der Reichsarmada blieb, aber zur militärischen Offensive gegen Hessen-Kassel und den auswärtigen Kronen in der Lage war.¹⁷¹² Infolgedessen wurde der Kreistag nach einer konstruktiven Anfangsphase bald Schauplatz eines heftigen diplomatischen Schlagabtausches zwischen den

 Bereits der Wormser Reichstag von 1521/22 sah den Ausschluss geistlicher Fürsten von militärischen Kreisämtern vor, vgl. Harm Klueting: Reichskirche und Reichskreise – Geistliche Reichsfürsten in exekutiven Ämtern der Kreise, in: Reichskreise und Regionen im frühmodernen Europa (Anm. 8), S. 101– 122, hier 108 – 110.  Zur Besetzung des niederrheinisch-westfälischen Kreisobristenamts durch Jülich-Kleve Berg bis Anfang des 17. Jahrhunderts vgl. Schneider: Der Niederrheinisch-Westfälische Kreis im 16. Jahrhundert (Anm. 29), hier insbesondere S. 176.  Vgl. Leffers: Die Neutralitätspolitik des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm als Herzog von Jülich-Berg in der Zeit von 1636 – 1643 (Anm. 858), S. 86 f.; Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 249 f.  Vgl. Leffers: Die Neutralitätspolitik des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm als Herzog von Jülich-Berg in der Zeit von 1636 – 1643 (Anm. 858), S. 81.  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 232– 234.

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beiden Kreisausschreibenden Fürsten, die beide um die Führung am Kreistag und damit auch im Reichskreis rangen. Der Machtkampf äußerte sich unter anderem darin, dass die Vertreter des Pfalzgrafen ein Konklusum zu finanziellen Beschlüssen des Kreistags, die durch Mehrheitsentscheid zugunsten eines kurkölnischen Vorschlags ausgefallen waren, nicht formulieren wollten. Auch zögerten sie endgültige Entscheidungen durch mehrfache Ergänzungsanträge hinaus. Bei einer anderen Gelegenheit initiierten die Pfalz-Neuburger eine Sondersitzung mit einigen ihnen genehmen Kreisständen unter Ausschluss Kurkölns. Das Ergebnis dieser Sitzung vom 2. Juli 1643 war ein Schreiben des Kreistags an den Kölner Kurfürsten, das diesen nachdrücklich daran erinnerte, dass er dem Niederrheinisch-Westfälischen Kreis gar nicht als Kurfürst angehöre und deshalb nur als Bischof von Münster an der Kreisdefension im eigentlichen Sinne teilnehmen dürfe. Für die Territorien des Erzstifts, die dem Kurrheinischen Kreis zugeordnet waren, könne der Kurfürst „nicht alß ein membrum huius circuli“ beitreten, „sondern socy foederis wie sonsten es mit einem gantzen craiß zugeschehen pflegt“. Infolgedessen sei eine militärische Kooperation des Reichskreises mit Kurköln durchaus möglich, der Kurfürst müsse sich aber künftigen, ihm womöglich missliebigen Mehrheitsbeschlüssen beugen und seine Garnisonen auf kurkölnischem Gebiet weiterhin ohne Mithilfe der niederrheinisch-westfälischen Kreisstände unterhalten.¹⁷¹³ Die Erklärung war reichsrechtlich nicht zu beanstanden, aber in ihren herablassenden Formulierungen und der Art ihres Zustandekommens eine offene Provokation Kurfürst Ferdinands. Ein daraufhin am Rande des Kreistags anberaumtes klärendes persönliches Gespräch zwischen Kurfürst Ferdinand und Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm brachte keine Entspannung, denn der Kurkölner brach die Unterredung unverzüglich ab, als der Neuburger mit ihm auch über die Frage diskutieren wollte, ob Hessen-Kassel nicht unter Umständen als Verbündeter des Reichskreises zur Absicherung der Kreisdefension gewonnen werden könnte.¹⁷¹⁴ Spätestens ab diesem Moment machte man sich auf kurkölnischer Seite keine Illusionen mehr darüber, welche Ziele Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm mit einer Kreisdefension eigentlich verband.

 Zitate nach Leffers: Die Neutralitätspolitik des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm als Herzog von Jülich-Berg in der Zeit von 1636 – 1643 (Anm. 858), S. 85, Anm. 248. In diesem Zusammenhang unbedingt beachtet werden muss die Erkenntnis Foersters, dass die Urheberschaft der zitierten Erklärung nicht Kurköln, sondern Pfalz-Neuburg zuzuschreiben ist, wodurch die Ausführungen und Interpretationen Leffers zu den weiteren Vorgängen des Kreistags von 1643/44 als überholt angesehen werden müssen, vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 243, insbesondere Anm. 89.  Vgl. ebd., S. 249.

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Daraufhin zog Kurfürst Ferdinand am 3. August 1643 zusammen mit den anderen geistlichen Kreisständen seine Gesandten vom Kreistag ab. Ferner erklärte er den Konvent kurzerhand für beendet, und ließ Kaiser Ferdinand III. einen Bericht über alle jene Beschlüsse zukommen, auf die sich der Kreistag bis dahin geeinigt hatten – ganz so, als läge ein regulärer Kreistagsabschied vor. Dieses formal zweifellos mehr als fragliche Vorgehen sorgte allerdings nicht nur bei den übrigen Kreisständen für erhebliche Irritationen, sondern auch am Wiener Kaiserhof.¹⁷¹⁵ Dort interpretierte man die Vorgänge am Kölner Kreistag anfangs als Ausdruck vermeintlich separatistischer Tendenzen Kurkölns, das beabsichtigte, sich den Lasten einer gemeinsamen Verteidigung des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises zu entziehen. Da der Kaiser aber weiterhin Interesse an einem größeren Engagement der niederrheinisch-westfälischen Kreisstände im Kampf der Reichsarmee gegen ihre Feinde hatte, blieb er der Idee einer Kreisarmee am Niederrhein – die freilich unter kaiserlichem Oberbefehl stehen sollte – nicht abgeneigt. Eine solche zusätzliche Armee im Dienste von Kaiser und Reich schien ihm nun aber nur noch Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm liefern zu können, dessen tatsächliche Absichten am Kaiserhof und von dem am niederrheinisch-westfälischen Kreistag weilenden kaiserlichen Kommissar Ernst von Traun offensichtlich falsch eingeschätzt wurden.¹⁷¹⁶ Der Neuburger leistete dieser Fehleinschätzung auch noch Vorschub, indem er den Kreistag nach dem Abzug Kurkölns und der geistlichen Kreisstände fortsetzte und demonstrativ mit den verbliebenen Kreisständen einen Beschluss über die Finanzierung einer künftigen Kreisarmee verabschieden ließ. Dieses Vorgehen nährte bei Kaiser Ferdinand III. wiederum die Hoffnung, die Reichsarmee am Niederrhein könne doch noch in Bälde mit vom Reichskreis bezahlter Verstärkung rechnen.¹⁷¹⁷ Daraufhin stellte das Reichsober-

 Als Vorwand für seinen Rückzug vom Kreistag diente Kurköln der Verweis auf eine Anhörung eines kaiserlichen Kommissars durch Pfalz-Neuburg und der Kreisständemehrheit ohne die Anwesenheit der Gesandten Kurkölns bzw. Münsters und Osnabrücks.Vgl. ebd., S. 243 – 249. In der Wortwahl an dieser Stelle unzutreffend Leffers: Die Neutralitätspolitik des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm als Herzog von Jülich-Berg in der Zeit von 1636 – 1643 (Anm. 858), S. 85, die von einem „Austritt“ Kurfürst Ferdinands und der geistlichen Kreisstände aus dem NiederrheinischWestfälischen Reichskreis spricht.  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 251.  Dabei handelte es sich letztlich jedoch nur um die Bestätigung eines ursprünglich von Kurköln in den Kreistag eingebrachten Finanzierungsvorschlags, wonach jeder Kreisstand die künftige Kreisarmee mit 25 Römermonaten im Monat zu finanzieren hatte. Der diesbezügliche unter pfalz-neuburgischem Direktorium gefällte Kreistagsbeschluss sollte jedoch erst gültig werden, wenn sich Kurköln alias Münster und Osnabrück ihm anschließen würde,vgl. ebd., S. 241,

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haupt seinem vermeintlichen neuen Verbündeten Pfalz-Neuburg als Belohnung eine Verschonungserklärung für die Verteilung der nächsten Winterquartiere der kaiserlichen Truppen aus.¹⁷¹⁸ Nachdem dann aber der unter pfalz-neuburgischem Direktorium zeitweise nur noch sporadisch tagende niederrheinisch-westfälische Kreistag bis zum Herbst 1643 doch keine weiteren Beschlüsse in Hinblick auf eine Kreisdefension nach kaiserlichen Vorstellungen fasste, rückte der Kaiser von Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm ab, und schenkte stattdessen dem Kurkölner wieder Gehör.¹⁷¹⁹ Dieser war seit seinem Rückzug vom Kreistag nicht müde geworden, das Reichsoberhaupt durch Briefe und Gesandtschaften immer wieder darauf hinzuweisen, dass der Sache von Kaiser und Reich in pfalz-neuburgischen Händen nicht gedient und ein Niederrheinisch-Westfälischer Reichskreis unter Führung des Pfalzgrafen nur an einer Neutralität interessiert sei.¹⁷²⁰ Nun aber griff Kaiser Ferdinand III. im November 1643 energisch in die inneren Verhältnisse der Kreisorganisation ein: Er zog seinen am Kreistag noch immer ausharrenden Kommissar unvermittelt ab und tat sämtlichen niederrheinisch-westfälischen Kreisständen in einem Rundschreiben seine Enttäuschung über Pfalz-Neuburg in aller Deutlichkeit kund, dessen Absichten mit dem im letzten Reichsabschied reichsrechtlich bestätigten Neutralitätsverbot unvereinbar seien.¹⁷²¹ Zudem sprach das Reichsoberhaupt dem Pfalzgrafen jedes Recht auf ein Kreisdirektorium ab, mit der Begründung, die administrative Leitung des Reichskreises gebühre vor einer endgültigen Erbschaftsregelung für Jülich-KleveBerg einzig und allein Ferdinand von Köln als Bischof von Münster. Infolgedessen sollten auch alle zurückliegenden Handlungen Wolfgang Wilhelms als Kreisdirektor als annulliert betrachtet werden.¹⁷²² Daraufhin fielen die Kreisstände innerhalb kürzester Zeit von Pfalz-Neuburg ab und begannen die von den Neuburgern immer noch einberufenen Sessionen des Kreistags zu boykottieren,

246, 251; Leffers: Die Neutralitätspolitik des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm als Herzog von JülichBerg in der Zeit von 1636 – 1643 (Anm. 858), S. 85.  Vgl. ebd., S. 84; Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 251.  Vgl. ebd., S. 251 f., 254. Zu korrigieren ist Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 312, der in Pfalz-Neuburg fälschlicherweise den Anführer einer prokaiserlichen Fraktion am niederrheinisch-westfälischen Kreistag auszumachen glaubt. Er übersieht die Kontinuität der Neutralitätsbestrebungen des Pfalzgrafen und die Abwendung des Kaisers von PfalzNeuburg ab 1644 bei gleichzeitiger Annäherung an Kurköln.  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 254; Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 86; Leffers: Die Neutralitätspolitik des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm als Herzog von Jülich-Berg in der Zeit von 1636 – 1643 (Anm. 858), S. 86 f.  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 254  Vgl. ebd., S. 254 f.

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woran auch ein eilig anberaumter persönlicher Besuch des Konvents durch Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm nichts mehr zu ändern vermochte. Anfang Dezember trat schließlich die groteske Situation ein, dass sich die Neuburger ganz alleine im bisherigen Sitzungsaal des Kreistags im Kölner Rathaus wiederfanden, während sich die Gesandtschaften und Räte sämtlicher anderer Kreisstände in die Herberge der wieder in Köln erschienenen Vertreter Kurfürst Ferdinands begaben, um den Kreistag unter deren Direktorium wieder aufzunehmen.¹⁷²³ Damit war der Machtkampf um die Führung des Kreises endgültig zugunsten Kurkölns entschieden.

1.5 Die Niederrheinisch-Westfälische Kreisarmee als Teil der Reichsarmeen bis zum Westfälischen Frieden Die Realisierung der Kreisdefension verzögerte sich in den kommenden Monaten dennoch weiter. Der Hauptgrund lag diesmal allerdings nicht an politischen Querelen innerhalb des Reichskreises, sondern an der Entwicklung der militärischen Lage im Norden und Süden des Reiches und der zögerlichen Haltung des Kaisers. Schon gegen Ende des Jahres 1643 hatte Hatzfeld Teile der kaiserlichen Immediatarmee am Niederrhein zur Unterstützung der kurbayerischen Reichsarmee nach Schwaben abkommandiert und zu Beginn des Jahres 1644 mit einem Großteil der kaiserlichen Truppen den Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis verlassen, um auch dem von Schweden bedrängten Dänemark zur Hilfe zu kommen.¹⁷²⁴ Mit Hatzfeld zogen jedoch auch viele Soldaten und Offiziere ab, die nach den bisherigen Planungen Kurkölns in eine neue Kreisarmee hätten integriert werden sollen.¹⁷²⁵ Zudem verzögerte sich die Entsendung eines kaiserlichen Kommissars zum Kreistag zur Aushandlung weiterer organisatorischer und personeller Detailfragen zur Kreisarmee immer wieder, weshalb Kurköln die Sitzung des Kreistags in Köln von Januar bis Mai 1644 aussetzen ließ.¹⁷²⁶ Erst ab Ende Mai konnten schließlich die entscheidenden Gespräche eines in seiner Teilnehmerzahl schon geschrumpften Kreistags mit dem kaiserlichen Gesandten Ernst von Traun geführt werden. Deren Ergebnisse fasste Traun am 2. Juni in einer Erklärung zusammen, die dann wiederum vom Kreistag angenommen wurde und als das eigentliche

   

Vgl. ebd., S. 254 f. Vgl. Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 65 f. Vgl. ebd., S. 33, 65. Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 257– 260.

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„Gründungsdokument“ der Kreisarmee zu gelten hat¹⁷²⁷: Demnach erklärte sich der Kaiser bereit, dem Reichskreis seinen General Geleen zu überlassen, dem künftig alle Truppen im Kreis unterstanden, während Ferdinand von Köln für die von ihm zur Kreisarmee gestellten Immediattruppen gewisse Reservatrechte eingeräumt wurden. Die Sollstärke der Armee wurde mit 19 000 Mann angegeben. Alle Kreisstände hatten der Armee gleichermaßen zu kontribuieren und sollten im Gegenzug von ihr beständigen Schutz erwarten dürfen. Direkte Einflussmöglichkeiten oder Mitspracherechte in Fragen der Armeeführung wurde den Kreisständen allerdings kaum zuerkannt: Der Kreisgeneral musste sich in seinen militärischen Entscheidungen zwar mit dem Kurfürsten von Köln beraten, nicht aber mit den übrigen Kreisständen, deren Meinung nur dann eingeholt werden sollte, wenn ein Einsatz der Armee außerhalb der Kreisgrenzen und der kurkölnischen Territorien geplant war. Selbst die Gesamthöhe der Kontributionen wurde Geleen nicht fest vorgeschrieben, sondern dem Ermessen des Generals anheimgestellt, der sich allerdings an der Kreismatrikel zu orientieren hatte. Zudem wurde Geleen nur auf den Kaiser und den Kurfürsten von Köln vereidigt.¹⁷²⁸ Die Kreisarmee war damit nur bedingt mit den vom Kaiser völlig autonom agierenden Armeen anderer Reichskreise aus vorangegangenen Phasen des Krieges vergleichbar, und entsprach sicher nicht den Vorstellungen, wie sie etwa Pfalz-Neuburg noch im Vorjahr am Kreistag propagiert hatte. Immerhin sollte der Aktionsradius der Armee, einer Kreisarmee typisch, auf den Reichskreis beschränkt bleiben, ihre Soldaten zu einem nennenswerten Teil durch Kreisstände selbst rekrutiert werden, und mit Ferdinand von Köln durfte ein Kreisstand über die Bestallung der Offiziere und der Führung der Armee einen gewissen Einfluss ausüben.¹⁷²⁹ Doch darüber hinaus wurde Geleen eine selbstbestimmte

 Vgl. für Folgendes Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 66, 87– 89; Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 260.Vgl. ferner Miroslav Toegel (Hrsg.): Der Kampf um den besten Frieden. Quellen zur Geschichte des Dreissigjährigen Krieges zur Zeit der Friedensverhandlungen von Westfalen und der Ratifizierung des Friedens 1643 – 1649 (Documenta bohemica Bellum Tricennale illustrantia, 7). Prag 1981, S. 105 (Nr. 283 und 285).  Im Lauf der Verhandlungen wurde zeitweise eine Vereidigung der kaiserlichen Regimenter im Reichskreis auf den Kaiser und die Kreisstände erwogen, vgl. Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 88. Gemäß den letztgültigen Vereinbarungen zwischen den Kreisständen, Kurköln und dem Kaiser wurde die Armee dann aber nur auf den Kaiser und Kurköln vereidigt. Die Ausführungen bei Salm sind diesbezüglich uneindeutig.Vgl. aber Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 261.  9.500 Mann, genau die Hälfte der Gesamtstärke der Kreisarmee, sollte von den Kreisständen selbst neu rekrutiert oder durch die Bereitstellung bereits vorhandener Verbände gestellt werden. Pfalz-Neuburg durfte die Unterhaltskosten für die Garnison von Düsseldorf auf seine Kreisquote anrechnen. Das Kurfürstentum Köln wurde wie ein Kreisstand des Niederrheinisch-

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Kriegsführung gemäß den jeweiligen militärischen Erfordernissen zugestanden, auch wenn ihm Kaiser Ferdinand III. nach wie vor direkte Weisungen erteilen konnte.¹⁷³⁰ Damit wies die Armee des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises einen ausgesprochen hybriden Charakter auf: Sie trug deutliche Züge einer kaiserlichen Immediatarmee, war aber durch einen Kreistagsbeschluss gegründet worden. Durch die Zusammenlegung mediater und immediater Regimenter sowie umfangreiche Werbungen verfügte Geleen schon wenige Monate nach den entscheidenden Beschlüssen des Kölner Kreistags über eine veritable Armee, für deren Unterhalt der ganze Reichskreis herangezogen wurde, sofern er nicht unter Besatzung Hessen-Kassels stand.¹⁷³¹ Auch die beiden nach wie vor auf Neutralität bedachten Erben Jülich-Kleve-Bergs, Pfalz-Neuburg und Kurbrandenburg, leisteten einen Beitrag zum Unterhalt der Kreisarmee, wenn auch nicht immer freiwillig.¹⁷³² Die erhoffte finanzielle Entlastung der Kreisstände trat jedoch nur zum Teil ein, was auch daran lag, dass sich ein offensives Vorgehen der Kreisarmee zur Rückeroberung aller niederrheinisch-westfälischen Kreisterritorien nach 1644 angesichts sich weiter verstärkender Gegner als kaum durchführbar erwies und damit die angestrebte Ausweitung der Kontributionsgebiete versagt blieb.¹⁷³³ Stattdessen sah sich der Niederrheinisch-Westfälische Reichskreis ab Sommer 1644 zunehmend von Feinden umringt: Aufgrund der anhaltenden Schwäche der spanischen Flandernarmee konnte Frankreich sein militärisches Engagement im Reich erheblich verstärken. Es entsandte kaum ein halbes Jahr nach einer schweren Niederlage bei Tuttlingen im November 1643 wieder neue Heere in das Reich, die sich nach der Einnahme von Philippsburg und Mainz vom Elsass bis zum Mittelrhein dauerhaft festsetzen konnten und fortan den NiederrheinischWestfälischen Kreis von Süden her bedrohten. Ein missglückter Feldzug des Korps Hatzfeld und der kaiserlichen Hauptarmada unter Gallas nach Holstein und die rasche Niederlage Dänemarks versetzten wiederum die schwedischen Heer-

Westfälischen Kreises behandelt und seine Truppen und Kontributionen dem Kreis zugeschlagen, vgl. Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 88.  Vgl. ebd., S. 33, 86 – 89.  Im Februar 1645 betrug die Gesamtstärke der Armee rund 15.000 Mann. Nach Abzug der zur Kreisarmee gezählten Garnisonen von Münster und Düsseldorf verblieben der Truppe noch 2.400 Reiter und 8.000 Fußknechte, vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 262, Anm. 190. Vgl. ferner zur Entwicklung der Heeresstärke der niederrheinisch-westfälischen Kreisarmee Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 190, Anhang 8.  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 261 f.; Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 119 f.  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 262 f.; Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 66 – 76, 103 f., 122 – 142.

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führer Torstensson und Königsmarck in die Lage, weite Gebietsgewinne im Niedersächsischen Reichskreis zu erzielen und unter anderem das Erzstift Bremen und das Hochstift Verden zu erobern.¹⁷³⁴ Damit verfügte Schweden über eine neue Versorgungsbasis im Nordwesten des Reiches, von der aus es fortan stets in der Lage war, gemeinsam mit Hessen-Kassel Angriffe auf Westfalen zu unternehmen.¹⁷³⁵ Gegen diese feindliche Übermacht verblieb der niederrheinisch-westfälischen Kreisarmee zumeist nur die Defensive. Dennoch leistete sie in dieser Kriegsphase einen wesentlichen Beitrag dazu, dass die Militärmacht Kaiser Ferdinands III. und seiner Verbündeten im Reich nicht vollends zusammenbrach, was nach der verheerenden Niederlage der kaiserlichen Hauptarmee bei Jankau im März 1645 zeitweise durchaus zu befürchten war.¹⁷³⁶ Denn infolge der verlorenen Schlacht sah sich der Kaiser mit einer direkten Bedrohung seiner Erblande und zeitweise sogar seiner Residenzstadt Wien konfrontiert. Dies zwang ihn, die Unterstützung seiner Verbündeten im Reich vorübergehend im Wesentlichen einzustellen, obwohl sich französische und hessische Armeen unter Turenne zum Angriff auf Kurbayern rüsteten und Kursachsen die Waffen strecken musste.¹⁷³⁷ In dieser aus kaiserlicher wie kurbayerischer Sicht verzweifelten Lage unternahm Geleen mit einem Großteil der niederrheinisch-westfälischen Kreisarmee eine Diversion Richtung Süddeutschland und verband sich mit der kurbayerischen Reichsarmee unter Generalfeldmarschall Franz von Mercy. Geleen und Mercy konnten schließlich mit vereinten Kräften in den Schlachten von Herbsthausen und Alerheim einen Durchbruch ihrer Feinde nach Bayern verhindern.¹⁷³⁸ Allerdings fand Mercy dabei den Schlachtentod und Geleen geriet vorübergehend in Gefangenschaft, konnte aber auf Betreiben Maximilians von Bayern bald ausgetauscht werden. Im Gegenzug erwartete der Bayernherzog jedoch, dass

 Vgl. ebd., S. 67.  Vgl. ebd., S. 67; zur Bedeutung der Eroberungen Schwedens im Niedersächsischen Reichskreis zur Kriegsfinanzierung Schwedens Klaus-Richard Böhme: Bremisch-Verdische Staatsfinanzen 1645– 1676. Die schwedische Krone als deutsche Landesherrin (Studia historica Upsaliensia, 26). Stockholm 1967, S. 15 – 59.  Zur Strukturschwäche der kaiserlichen Armee ab 1644 und den Folgen der Schlacht von Jankau vgl. Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 149 f.  Vgl. Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 68. Zum Ausscheiden Kursachsens aus dem Krieg durch den Waffenstillstand von Kötzschenbroda vgl. Heinz Duchhardt: Kötzschenbroda 1645 – ein historisches Ereignis im Kontext des Krieges und im Urteil der Nachwelt, in: Sächsische Heimatblätter 6 (1995), S. 323 – 329; Burkhardt: Der Dreißigjährige Krieg. Einfluß der sächsischen Politik auf die deutsche Geschichte (Anm. 364), S. 10.  Vgl. Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 49; Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 178 f.

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Geleen in seinen Diensten verblieb und den gefallenen bayerischen Generalfeldmarschall Franz von Mercy an der Spitze der kurbayerischen Reichsarmada ersetzen würde.¹⁷³⁹ Geleens Nachfolger als Kommandeur der bis Ende des Jahres 1645 wieder in ihre Festungsgarnisonen im Westfälischen verlegten Kreistruppen wurde Melander von Holzappel, der im Frühjahr 1646 eine erfolgreiche Reorganisation und Wiederaufrüstung der Armee vornehmen konnte.¹⁷⁴⁰ Die Kreisarmee blieb damit auch in den letzten beiden Kriegsjahren noch ein bedeutender militärischer Faktor im Kriegsgeschehen auf Reichsboden, unternahm allerdings keine weitausgreifenden Feldzüge mehr.¹⁷⁴¹ Die Waffenstillstandsvereinbarung, die Kurfürst Maximilian von Bayern im März 1647 in Ulm mit Frankreich, Schweden und Hessen-Kassel abschloss, stellte die Kreisarmee allerdings nochmals vor eine Zerreißprobe, da Kurfürst Ferdinand der Vereinbarung mitsamt ihrer Neutralitätsregelung auf Drängen seines Bruders Maximilian beitrat.¹⁷⁴² Die Kreistruppen am Niederrhein und in Westfalen erwiesen sich jedoch weiterhin als großteils kaisertreu, und Kurfürst Ferdinand musste erfahren, dass Schweden und HessenKassel die kurkölnische Neutralität nur sehr bedingt respektierten.¹⁷⁴³ Infolgedessen nahm Kurköln vom Ulmer Waffenstillstand nach wenigen Monaten Abstand und trat schon im August 1647 wieder auf die Seite des Kaisers zurück, sogar noch ehe Kurbayern diesen Schritt offiziell ebenfalls vollzog. Im Gegenzug für die Erneuerung seines Bündnisses mit dem Kaiser konnte sich

 Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 270; Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 94, Anm. 190.  Vgl. Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 69; Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 270; Leins: Soziale und räumliche Mobilität im Dreißigjährigen Krieg. Peter Melander von Holzappels Aufstieg vom „Bauernsohn“ zum Reichsgrafen (Anm. 1637), hier S. 65 f. Zur Person Holzappels und seiner militärischen Karriere vgl. auch demnächst die Dissertation von ders.: Peter Melander von Holzappel. Militärwirtschaft, Bündnisdiplomatie und Miniaturherrschaft im späten Dreißigjährigen Krieg.  Vgl. Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 72.  Zur Vorgeschichte des Ulmer Waffenstillstands, seinem Abschluss und seinen Folgen für Süddeutschland Gerhard Immler: Kurfürst Maximilian I. und der Westfälische Friedenskongress. Die bayerische auswärtige Politik von 1644 bis zum Ulmer Waffenstillstand (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 20). Münster 1992, S. 309 – 390; Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 1060 – 1079; Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 29 – 36. Zur Annahme des Ulmer Waffenstillstands durch Kurköln vgl. ferner Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 285 – 298; Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 73 f.  Vgl. ebd., S. 72– 74.

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Kurfürst Ferdinand noch größere Mitspracherechte in Bezug auf die Kreisarmee sichern. So musste Kaiser Ferdinand III. seinem kurkölnischen Namensvetter unter anderem ausdrücklich die „Direktion des Kriegswesens“ im Niederrheinisch-Westfälischen Kreis zuerkennen.¹⁷⁴⁴ Alle wichtigen militärischen Operationen des Kreisheeres sowie bestimmte Kontributionserhebungen bedurften fortan der ausdrücklichen Genehmigung des Kurfürsten. Zudem wurde der Oberbefehl über die Kreisarmee auf den Feldmarschall Wilhelm von Lamboy übertragen, der aus dem von Kurfürst Ferdinand regierten Hochstift Lüttich stammte. Der nach dem Ulmer Waffenstillstand kaisertreu gebliebene und schon aus dem Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis abberufene Holzappel verblieb hingegen dauerhaft bei der kaiserlichen Hauptarmee.¹⁷⁴⁵ Der gesteigerte Einfluss Kurfürst Ferdinands auf die Kreisarmee äußerte sich noch im Jahr 1647 darin, dass sich Feldmarschall Lamboy einer temporären Vereinigung der Kreisarmee mit der kaiserlichen Hauptarmee zur Bekämpfung Schwedens im Niedersächsischen Reichskreis widersetzte, da ihm der Kölner Kurfürst zuvor die Anweisung erteilt hatte, die Kreisarmee nicht „in die weyte zu führen“.¹⁷⁴⁶ Als Lamboy im Frühjahr 1648 erneut eine Vereinigung seiner Truppen mit einer kaiserlich-kurbayerischen Armee mit Verweis auf Befehle Kurfürst Ferdinands verhinderte, versuchte ihn Kaiser Ferdinand III. sogar noch kurzerhand durch einen neuen, eigenen General zu ersetzen, scheiterte damit aber am Widerstand des Kurkölners.¹⁷⁴⁷ So verblieb die Kreisarmee auch im Jahr 1648 im Niederrheinisch-Westfälischen Kreis. Sie konnte sich dort trotz zahlreicher Angriffe Schwedens und Hessen-Kassels noch bis zum Westfälischen Frieden durchaus erfolgreich behaupten.¹⁷⁴⁸

 Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 292– 298; Ernst Höfer: Das Ende des Dreißigjährigen Krieges. Strategie und Kriegsbild. Köln 1997, S. 83 – 85, hier insbesondere S. 83 Anm. 179. Bei Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 74, findet diese entscheidende Regelung allerdings keine ausdrückliche Erwähnung.  Vgl. Leins: Soziale und räumliche Mobilität im Dreißigjährigen Krieg. Peter Melander von Holzappels Aufstieg vom „Bauernsohn“ zum Reichsgrafen (Anm. 1637), S. 66 f.; Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 72.  Zitat nach ebd., S. 75; vgl. für das Jahr 1648 ferner Höfer: Das Ende des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 1744), S. 97, 103 – 106.  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 303; Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 75 f.  Zu den letzten militärischen Unternehmungen der Kreisarmee im Jahr 1648, wozu der erfolgreiche Entsatz Paderborns gehörte, vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 302– 305, zur Abdankung der Armee nach dem Friedensschluss Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 154– 163.

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II Die Kreisverfassung als Basis überkonfessioneller Reichsarmeen

Zwischenfazit Wie gezeigt werden konnte, führte die mit dem Prager Frieden einhergegangene Heeresreform nicht dazu, dass die Heeresmacht des Reiches in den Händen des Kaisers oder seiner mit eigenen Generalaten versehenen weltlichen Kurfürsten gänzlich monopolisiert wurde. Sie verstärkte jedoch zweifellos bereits bestehende Ungleichgewichte in den militärischen Kräfteverhältnissen zwischen dem Kaiser und den weltlichen Kurfürsten auf der einen Seite und den geistlichen Kurfürsten, den Reichsfürsten und kleineren Reichsständen auf der anderen Seite. Im Westen des Reiches konnten sich zwar zumindest Kurköln und Pfalz-Neuburg über eigene Festungstruppen einen gewissen Rest an militärischer Eigenständigkeit bewahren, gegen die Auswirkungen des fortgesetzten Kriegs der Großmächte konnten sie sich jedoch aus eigener Kraft nie völlig sichern. Dies sollte stattdessen die neu geschaffene und von den Reichs- und Kreisständen selbst unterhaltene Reichsarmee bewerkstelligen, die allerdings stets auch den Interessen des Kaisers verpflichtet blieb und sich darüber hinaus als viel kostspieliger erwies, als es die Reichs- und Kreisbewilligungen vorsahen. Die schon ab 1638 von Kurköln auf Kreistags- und schließlich 1640/41 auch auf Reichstagsebene vorgebrachten Heeresreformpläne stellten deshalb die Prager Heeresordnung grundsätzlich in Frage und brachten erstmals eine alternative Organisationsform der Reichsarmee auf Reichskreisbasis ins Spiel. Freilich stand dahinter nicht nur die Überlegung, eine effizientere Nutzung der finanziellen Ressourcen der Kreisstände erreichen zu können, sondern auch die Hoffnung, auf die eigentliche Kriegsführung der Armee innerhalb der einzelnen Kreise von kreisständischer Seite mehr Einfluss gewinnen zu können. Bis 1642 entwickelte sich aus diesen Reformideen der weit umfassendere Plan einer großen Kreisassoziation, bestehend zumindest aus dem Niederrheinisch-Westfälischen, dem Kurrheinischen sowie dem Oberrheinischen Reichskreis. Nach kurkölnischen Vorstellungen sollte die Kreisassoziation ihren Mitgliedern nicht zur Separation von Kaiser und Reich dienen, sondern vielmehr jenem Reichskrieg gegen Schweden, Frankreich und Hessen-Kassel neuen Schwung verleihen, den das Reich bereits seit 1635 führte. Allerdings stand schon im Frühjahr 1643 fest, dass nur noch der Niederrheinisch-Westfälische Kreis zu größeren Rüstungsanstrengungen in der Lage sein würde, weshalb sich alle weiteren Bemühungen Kurkölns fortan auf diesen einzelnen Reichskreis fokussierten. Auf dem daraufhin abgehaltenen mehrmonatigen Kreistag in Köln erwies sich die Idee einer Kreisdefension zwar als mehrheitsfähig, die mit einer eigenen niederrheinisch-westfälischen Kreisarmee verbundenen strategischen Zielsetzungen divergierten allerdings zwischen dem Kaiser, Kurköln und Pfalz-Neuburg immens. Erst nachdem Kurfürst Ferdinand von Köln mit Hilfe Kaiser Ferdinands III. einen monatelangen kreisinternen Machtkampf mit Pfalzgraf Wolfgang

2 Reichskreisassoziationsprojekte in den oberdeutschen Reichskreisen 1642 – 1645

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Wilhelm für sich entschieden hatte, konnte die Kreisdefension im Jahr 1644 endlich realisiert werden. Dabei wurde allerdings keine Kreisarmee nach Maßgabe der Reichsexekutionsordnung geschaffen, da die Kreistruppen unter das Kommando eines primär vom Kaiser abhängigen Generals, nicht aber eines Kreisobristen gestellt wurden. Dies änderte sich nach dem Ulmer Waffenstillstand in der Hinsicht, dass Kurfürst Ferdinand einen größeren Einfluss auf die Armee gewinnen konnte und die Kreistruppen bis Kriegsende innerhalb des Reichskreises verblieben. Dennoch dürfte die Kreisarmee trotz ihres zuletzt eingeschränkten Operationsgebiets schon allein aufgrund ihrer beachtlichen Mannschaftsstärke und der zahlreichen von ihr gesicherten Festungen wesentlich dazu beigetragen haben, dass sich die militärischen Kräfteverhältnisse im Nordwesten des Reiches bis zum Friedenschluss von 1648 in einem gewissen Gleichgewicht hielten.

2 Reichskreisassoziationsprojekte in den oberdeutschen Reichskreisen 1642 – 1645 Nach der Untersuchung der kurkölnischen Kreisassoziationsprojekte in den rheinischen Reichskreisen in der letzten Kriegsphase gilt es noch einen abschließenden Blick auf die oberdeutschen Reichskreise zu werfen. Im Gegensatz zum stets umkämpft gebliebenen Westen des Reiches und den letztlich nie ganz von schwedischer Besatzung befreiten beiden sächsischen Reichskreisen hatten sich die Kreisorganisationen in den drei Reichskreisen Bayern, Schwaben und Franken nach dem Prager Frieden relativ rasch reorganisieren können. Im Fränkischen Kreis traten bereits seit 1636 von beiderlei Konfessionen gut besuchte Kreiskonvente zusammen, im Schwäbischen und Bayerischen war dies wieder seit 1638 der Fall.¹⁷⁴⁹ Ebenso wurden die gemeinsamen Münzprobationstage der drei oberdeutschen Reichskreise in ihrem jährlichen, zeitweise sogar halbjährlichen Rhythmus wieder aufgenommen.¹⁷⁵⁰

 Vgl. Kap. II.6., „Die Rückkehr zu den Kreisbewilligungen und die reichsweiten Kreistage von 1638 zur Finanzierung der Reichsarmada“ im ersten Hauptkapitel dieser Arbeit.  Die Münzprobationstagsabschiede der drei oberdeutschen Reichskreise aus den Jahren zwischen dem Prager Frieden und dem Westfälischen Frieden finden sich bei Lori: Der Sammlung des baierischen Münzrechts zweyter Band, von 1564 bis 1664 (Anm. 65), S. 424– 443 (Nr. CLXXI – CLXXX) Demnach fanden zwischen 1637 und 1646 in den drei traditionellen Münzprobationstagsstädten Augsburg, Nürnberg und Regensburg immerhin neun gemeinsame Probationstage der drei Kreise statt.

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II Die Kreisverfassung als Basis überkonfessioneller Reichsarmeen

Als militärischer Akteur trat indes keiner der oberdeutschen Reichskreise mehr in Erscheinung. Dies lag im Prager Frieden begründet, der die Reichsverteidigung ganz in die Hände einer Reichsarmada unter nominellem Oberbefehl des Kaisers legte, der wiederum Kurfürst Maximilian ein Generalat für das süddeutsche Korps der Reichsarmee einräumte. Damit war die Reichskreisorganisation für den Kaiser und den bayerischen Kurfürsten nach 1635 in erster Linie als Organisationsbasis von Kontributionsleistungen und Quartiersstellungen für ihre Korpora der Reichsarmee von Nutzen. Allerdings bestand von ihrer Seite kein Interesse an einem eigenständigen militärischen Engagement eines Reichskreises. Dies galt jedenfalls so lange, wie noch Aussicht bestand, den Krieg mit der Reichsarmee siegreich zu Ende zu führen. Doch nach diversen militärischen Rückschlägen mehrten sich zumindest am Münchner Kurfürstenhof ab Beginn der 1640er Jahre Zweifel, ob das im Prager Frieden ausgegebene Ziel, die Heere der ausländischen Kronen Frankreich und Schweden gänzlich vom Reichsboden zu verdrängen, noch erreicht werden konnte. Dadurch wuchs auf kurbayerischer Seite die Bereitschaft, sich von den Kriegszielen des Prager Friedens zu lösen und eine Verständigung mit den bisherigen Kriegsgegnern, allen voran mit Frankreich, dem Hauptgegner der kurbayerischen Reichsarmee, zu suchen, um in der Endphase des Kriegs nicht noch sämtliche Kriegsgewinne aus der Zeit des Böhmischen Aufstands wieder zu verlieren.¹⁷⁵¹ Im Folgenden gilt es zu untersuchen, welche Rolle Kurfürst Maximilian den drei oberdeutschen Reichskreisen Bayern, Franken und Schwaben in seiner Reichs- und Friedenspolitik in der letzten Kriegsphase beimaß und wie die entsprechenden politischen Initiativen Kurbayerns in den drei Kreisen aufgenommen wurden.¹⁷⁵²

 Grundlegend zur Thematik Immler: Kurfürst Maximilian I. und der Westfälische Friedenskongress (Anm. 1742); Schweinesbein: Die Frankreichpolitik Kurfürst Maximilians I. von Bayern 1639 – 1645 (Anm. 1657); Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 979 – 1008; vgl. ferner auch Gerhard Immler: Die Bewertung der Friedenspolitik des Kurfürsten Maximilian I. von Bayern 1639 – 1648 in der Historiographie (Münchener historische Studien. Abteilung bayerische Geschichte, Bd. 13). Kallmünz/Opf. 1989.  Eine Untersuchung zur kurbayerischen Reichskreispolitik im Dreißigjährigen Krieg außerhalb des Bayerischen Reichskreises ist bisher ein Desiderat der Forschung geblieben. Zur kurbayerischen Politik im Bayerischen Reichskreis nach 1635 bietet erste Einblicke Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 394– 400; die Ausführungen Nadlers zum Bayerischen Reichskreis im Dreißigjährigen Krieg lassen die Jahre nach 1635 weitgehend unberücksichtigt, vgl. Nadler: Der Bayerische Reichskreis im europäischen Konflikt des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 50), S. 313.

2 Reichskreisassoziationsprojekte in den oberdeutschen Reichskreisen 1642 – 1645

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2.1 Die Herausforderungen kurbayerischer Bündnispolitik nach 1635 (oder der langsame Abschied Kurbayerns vom Prager Frieden) Schon kurz nach der schwedischen Invasion 1630 hatten zeitweise enge diplomatische Kontakte zwischen Kurbayern und Frankreich bestanden. Daraus resultierte der bayerisch-französische Vertrag von Fontainebleau vom 30. Mai 1631, der ein von Richelieu vermitteltes Neutralitätsabkommen zwischen der Liga und Gustav Adolf enthielt, das sich jedoch angesichts des schwedischen Vormarsches nach Süddeutschland als nicht umsetzbar erwies. Infolgedessen hielt Kurbayern an seinem seit dem Böhmisch-Pfälzischen Krieg bestehenden Bündnis mit dem Kaiser fest, ohne eine weitere Annäherung an Frankreich zu vollziehen.¹⁷⁵³ Nach der französischen Kriegserklärung an Spanien 1635 und dem Beginn der offenen Kriegsführung Frankreichs im Reich erloschen die französisch-bayerischen Kontakte für einige Jahre sogar vollständig.¹⁷⁵⁴ Allerdings ließ Kurfürst Maximilian bereits auf dem Nürnberger Kurfürstentag von 1640 sowie dem Regensburger Reichstag von 1640/41 eine gegenüber Frankreich wieder durchaus friedensgeneigte Haltung erkennen. Damit verbunden war die Hoffnung, vom katholischen Frankreich in künftigen Friedensverhandlungen Unterstützung für katholische und spezifisch bayerische Interessen zu erhalten, wobei für Maximilian der dauerhafte Verbleib der pfälzischen Kurwürde bei Bayern Priorität besaß.¹⁷⁵⁵ Echte Fortschritte auf dem Weg zu einem allgemeinen Frieden konnten zu dieser Zeit aber noch nicht erzielt werden. Weder zeigte sich die vor allem ab etwa 1638 zunehmend siegreiche schwedisch-französische Allianz zu einem baldigen Friedensschluss geneigt, noch war der Kaiser bereit, sich zugunsten eines Friedens für das Reich von seinem spanischen Bündnispartner zu trennen oder vom Prager Frieden Abstand zu nehmen.¹⁷⁵⁶ Nachdem entscheidende Siege der Reichsarmee

 Vgl. Albrecht: Die auswärtige Politik Maximilians von Bayern (Anm. 1475), S. 352; Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 842– 845; Schweinesbein: Die Frankreichpolitik Kurfürst Maximilians I. von Bayern 1639 – 1645 (Anm. 1657), S. 13 – 16.  Vgl. ebd., S. 18 f.  Vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), insbesondere S. 979 – 990; Schweinesbein: Die Frankreichpolitik Kurfürst Maximilians I. von Bayern 1639 – 1645 (Anm. 1657), S. 51– 108; Bierther: Der Regensburger Reichstag von 1640/1641 (Anm. 185), S. 315 f. Kritisch zu den Ausführungen Bierthers Immler: Die Bewertung der Friedenspolitik des Kurfürsten Maximilian I. von Bayern 1639 – 1648 in der Historiographie (Anm. 1751), S. 22– 24, der vor einer Überbewertung territorialpolitischer Zielsetzungen bei der Bewertung der kurbayerischen Reichspolitik warnt.  Vgl. hierzu besonders pointiert Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 183 – 187. Zur Bedeutung der Verbindung beider Habsburgerlinien für die kaiserliche Bündnispolitik in der letzten Kriegsphase zuletzt auch Dorothée Goetze: Kaiserliche und bayerische Bündnispraxis in der Schlussphase des Westfälischen Friedenskongresses, in: Frieden und

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jedoch auch nach dem Regensburger Reichstag 1641 weiter ausblieben und Spanien aufgrund innerer Unruhen und militärischer Niederlagen seine Unterstützung für den Kaiser und dessen Verbündete im Reich sogar zeitweise völlig einstellen musste¹⁷⁵⁷, wurden am bayerischen Kurfürstenhof 1642 erstmals ernsthafte Überlegungen angestellt, ob ein Waffenstillstand mit Frankreich notfalls auch gegen den Willen des Kaisers angestrebt werden sollte. Mehrere diesbezügliche Gutachten kurbayerischer Räte unter Federführung Bartholomäus Richels kamen jedoch zu dem Schluss, dass kurbayerische Verhandlungen mit Frankreich im Reich als eine Abkehr Kurfürst Maximilians vom Prager Frieden verstanden würden und eine offene Konfrontation mit dem Reichsoberhaupt nach sich ziehen könnte, die unbedingt verhindert werden müsse.¹⁷⁵⁸ Dies begründeten Maximilians Ratgeber mit den Konvergenzen Habsburgs und Wittelsbachs unter konfessionspolitischen Aspekten, der Bedeutung des habsburgisch-wittelsbachischen Bündnisses für den Zusammenhalt des Reichs, sowie den militärischen Konsequenzen, die Kurbayern bei Kooperation mit einem Reichsfeind von habsburgischer Seite drohen könnten. Dabei wurde auch auf den Fall des Kurfürsten von Trier verwiesen, der seine Annäherung an Frankreich im Jahr 1635 mit seiner vollständigen Entmachtung und jahrelanger Gefangenschaft büßen musste.¹⁷⁵⁹ Darüber hinaus hielt eine Aufkündigung der Prager Friedensregelungen für Kurbayern noch ein weiteres, schwerwiegendes Problem bereit, dass von den gutachtenden kurbayerischen Räten ebenfalls hervorgehoben wurde: Seit der Auflösung der Liga 1635 gab es formal keine eigene bayerische Armee mehr. Stattdessen kommandierte Maximilian jenen Teil der Reichsarmee, der für die Deckung der oberdeutschen Reichskreise vorgesehen war. Zwar führten der Kurfürst und die von ihm bestellten Generäle ihre Truppen im Feld weitgehend un-

Friedenssicherung in der Frühen Neuzeit. Das Heilige Römische Reich und Europa; Festschrift für Maximilian Lanzinner, hrsg. v. Guido Braun/Arno Strohmeyer (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 36). Münster 2013, S. 259 – 291.  Vgl. die tabellarische Darstellung von Hildegard Ernst: Spanische Subsidien für den Kaiser 1632– 1642, in: Krieg und Politik 1618 – 1648. Europäische Probleme und Perspektiven, hrsg. v. Konrad Repgen/Elisabeth Müller-Luckner (Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien, 8). München 1988, S. 299 – 302, hier 301 f.; ferner Ernst: Madrid und Wien, 1632– 1637 (Anm. 1607) S. 311 f.; Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 138 – 141.  Vgl. für Folgendes Schweinesbein: Die Frankreichpolitik Kurfürst Maximilians I. von Bayern 1639 – 1645 (Anm. 1657), S. 164– 180.  Vgl. ebd., S. 172. Vgl. zur Thematik ferner Karlies Abmeier: Der Trierer Kurfürst Philipp Christoph von Sötern und der Westfälische Friede (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e.V, 15). Münster 1986, S. 12– 17, allgemein auch Ursula Lucas: Die Kurtrierische Frage von 1635 – 1645. Dis. phil. Mainz 1977.

2 Reichskreisassoziationsprojekte in den oberdeutschen Reichskreisen 1642 – 1645

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abhängig vom Kaiser, doch vor allem in einer Beziehung blieb Kurbayern nach wie vor auf eine enge Kooperation mit dem Reichsoberhaupt angewiesen: Maximilian konnte seine rund 20 000 Mann umfassende Reichsarmada nur vorübergehend in seinen eigenen Territorien versorgen, für ihren dauerhaften Unterhalt benötigte er darüber hinaus einen stetigen Fluss an Kontributionen von weiteren Reichsständen sowie diverse Einquartierungsmöglichkeiten jenseits der bayerischen Grenzen.¹⁷⁶⁰ Der Prager Frieden sah aber nicht vor, dass der bayerische Kurfürst derartige Leistungen von seinen Nachbarterritorien nach Gutdünken selbst einfordern durfte. Vielmehr sollte die weitere Kriegsführung des Reiches durch eine Reichssteuer von 120 Römermonaten finanziert werden, der in den Folgejahren nach dem Prager Frieden weitere Kreis- und Reichssteuerbewilligungen folgten.¹⁷⁶¹ Der formal alleinige Empfänger all dieser Reichs- und Kreishilfen war aber stets das Reichsoberhaupt. Deshalb mussten kurbayerische Diplomaten und Militärs seit 1635 mit Repräsentanten des Kaisers von Jahr zu Jahr immer wieder neue Verhandlungen darüber anstellen, welche Kontingente der verschiedenen Reichs- oder Kreisbewilligungen die kurbayerische Reichsarmada für ihren Unterhalt in Anspruch nehmen konnte und welche Reichsterritorien ihr für Einquartierungsmaßnahmen offen stehen sollten.¹⁷⁶² Stieg Kurfürst Maximilian nun aus dem im Prager Frieden vorgesehenen Reichskrieg unvermittelt aus, entzog dies seinem Heer auch jene Rechtsgrundlage, über die seine Soldateska bisher von verschiedenen Reichsständen vor allem in Schwaben, Franken und am Oberrhein ständige Kontributionsleistungen eingezogen und Winterquartiere bezogen hatte.¹⁷⁶³ Folglich hätte Maximilian seine Armee auf kurbayerisches Territorium zurückführen müssen, andernfalls wäre sie in außerbayerischen Gebieten von einer Reichs- zu einer Besatzungsarmee geworden – was allerdings für die betroffenen Gebiete in der Praxis wohl kaum einen Unterschied gemacht hätte.¹⁷⁶⁴ Alternativ war eine Abdankung der Truppen

 Zur Größe und der Versorgungsproblematik der kurbayerischen Reichsarmada nach 1635 vgl. Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 123 – 165, 220 – 249; Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 926 f.  Vgl. Kap. II.5., „Die Reichskreise und die Finanzierung der Reichsarmee in Folge des Prager Friedens“ im ersten Hauptkapitel dieser Arbeit.  Vgl. Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 36 – 55.  Zur Bedeutung des Fränkischen und Schwäbischen Reichskreises für die bayerische Kriegsführung nach 1635 vgl. ebd., S. 10 – 28, 139 – 154.  Vgl. Ralf Pröve: Der Soldat in der ‚guten Bürgerstubeʻ: Das frühneuzeitliche Einquartierungssystem und die sozioökonomischen Folgen, in: Krieg und Frieden. Militär und Gesellschaft

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II Die Kreisverfassung als Basis überkonfessioneller Reichsarmeen

denkbar, was für Kurfürst Maximilian allerdings nicht in Frage kam, da die Verfügungsgewalt über eine schlagkräftige Armee sein wichtigstes Druckmittel bei künftigen Friedensverhandlungen darstellte. Als einzigen Ausweg aus diesem Dilemma konnten die kurbayerischen Räte ihrem Kurfürsten nur nahelegen, möglichst viele andere friedensgeneigte Reichsstände als Verbündete und Mitfinanziers seiner Armee zu gewinnen, um dann aus einer politischen wie militärischen Position der Stärke und Unabhängigkeit heraus vom Kaiser ein verstärktes Engagement für den Frieden einfordern zu können.¹⁷⁶⁵ In diesem Zusammenhang war es den Gutachtern allerdings wichtig zu betonen, dass Kurbayern seiner weiteren Bündnispolitik im Reich stets eine gewisse reichsrechtliche Legitimation verschaffen sollte, um sich vor dem Vorwurf des Reichsverrats und der Rebellion gegen den Kaiser verwahren zu können.¹⁷⁶⁶ Infolge dieser grundsätzlichen Überlegungen rieten sie Kurfürst Maximilian, fortan jene reichsständischen Versammlungsformen und Institutionen in den Fokus der kurbayerischen Reichs- und Friedenspolitik zu rücken, die durch den Prager Frieden nicht verboten worden waren, allen voran das Kurfürstenkolleg oder andere reguläre reichsständische Versammlungs- und Kooperationsformen.¹⁷⁶⁷ Dazu gehörten freilich auch Kreistage respektive die Kreisverfassung des Reiches. Es ließ sich im Rahmen dieser Studie nicht vollends klären, zu welchem Zeitpunkt am Münchner Kurfürstenhof die Entscheidung fiel, dezidiert die Reichskreisverfassung in den Mittelpunkt der kurbayerischen Bündnispolitik im Reich zu stellen, doch scheint eine Konferenz der drei katholischen Kurfürsten von Bayern, Mainz und Köln in Mainz im April 1642 eine Schlüsselrolle gespielt zu haben. Hier waren es vor allem die Gesandten Kurfürst Ferdinands von Köln gewesen, die für den Aufbau einer vom Kaiser unabhängigen Militärorganisation auf Reichskreisbasis warben.¹⁷⁶⁸ Im Rahmen dieser Konferenz wurden auch auf kurbayerischer Seite erstmals Absichten geäußert, parallel zu den kurkölnischen Kreisassoziationsplänen am Rhein ebenso auf einen engeren Zusammenschluss der drei Reichskreise Bayern, Franken und Schwaben unter kurbayerischer Füh-

in der Frühen Neuzeit, hrsg. v. Bernhard Kroener/Ralf Pröve. Paderborn 1996, S. 191– 217; Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 17 f.  Vgl. Schweinesbein: Die Frankreichpolitik Kurfürst Maximilians I. von Bayern 1639 – 1645 (Anm. 1657), S. 177.  Vgl. ebd., S. 173; Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 983 f.  Vgl. Schweinesbein: Die Frankreichpolitik Kurfürst Maximilians I. von Bayern 1639 – 1645 (Anm. 1657), S. 176 f.  Vgl. Kap. II.1.2., „Der Kölner Kreistag von 1642/43 als Wendepunkt niederrheinisch-westfälischer Kreispolitik und das Projekt einer rheinischen Kreisassoziation“ im zweiten Hauptkapitel dieser Arbeit.

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rung hinzuarbeiten.¹⁷⁶⁹ Als Ziel einer künftigen Kooperation mehrerer Reichskreise gaben die Vertreter der drei katholischen Kurfürsten bereits in Mainz aus, die Verteidigungsfähigkeit des Reiches auch ohne ein Zutun des Kaisers steigern zu wollen, zugleich aber nichts zu unterlassen, was der Beförderung eines Friedens dienlich sein könnte.¹⁷⁷⁰ In den oberdeutschen Reichskreisen hatte die Mainzer Konferenz allerdings noch keine umgehenden Folgen. Statt auf die Reichskreise fokussierte sich die kurbayerische Diplomatie über den Sommer 1642 doch noch einmal auf Absprachen innerhalb des Kurkollegs. Dabei wurden Pläne entwickelt, die einerseits eine Gesandtschaft der katholischen Kurfürsten nach Rom vorsahen, in der Hoffnung, den Papst als Friedensvermittler zu gewinnen, andererseits wurde eine gemeinsame Initiative von Kurbayern und Kursachsen in Erwägung gezogen, um Friedensverhandlungen zwischen Frankreich und dem Reich anzustoßen.¹⁷⁷¹ Nachdem jedoch keines der beiden Gesandtschaftsprojekte im Lauf des Jahres 1642 realisiert werden konnte, rückten gegen Ende dieses Jahres nun vollends die Reichskreise in den Mittelpunkt der kurbayerischen Reichspolitik, allen voran die drei oberdeutschen Kreise Bayern, Franken und Schwaben.

2.2 Die oberdeutschen Reichskreise und die Donauwörther Konferenz von 1643 Den Anlass dazu hatte der Kaiser selbst geliefert, der für den Herbst 1642 die reichsweite Einberufung von Kreistagen zur Bewilligung neuer Kontributionen für die Reichsarmee angeregt hatte.¹⁷⁷² Die nun in kurzer Zeit aufeinander folgenden Kreistage in den Reichskreisen Bayern, Schwaben und Franken versetzten Kurfürst Maximilian in die seltene Lage, mit fast sämtlichen süddeutschen Reichs-

 Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 210 f.; Kietzell: Der Frankfurter Deputationstag von 1642 bis 1645 (Anm. 951), S. 103 f. Zur Mainzer Konferenz vom 1. April bis 7. Mai 1642 vgl. ferner Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 983 – 985; Schweinesbein: Die Frankreichpolitik Kurfürst Maximilians I. von Bayern 1639 – 1645 (Anm. 1657), S. 125 – 140.  Vgl. ebd., S. 125, 128 f., Kietzell: Der Frankfurter Deputationstag von 1642 bis 1645 (Anm. 951), S. 103 f.  Vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 984 f.; Schweinesbein: Die Frankreichpolitik Kurfürst Maximilians I. von Bayern 1639 – 1645 (Anm. 1657), S. 140 – 143, 149 – 163.  Vgl. Kap. II.7.2, „Nochmals eine Reichshilfe ohne Reichstag: Die reichsweiten Kreistage von 1642 und das erneute Ende reichsständischer Mitbestimmung“ im ersten Hauptkapitel dieser Arbeit.

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ständen auf Reichskreisebene in Kontakt zu treten und für einen engeren Zusammenschluss unter kurbayerischer Führung zu werben. Dazu sollten in einem ersten Schritt die Kreisstände aller drei Kreise dazu bewogen werden, ihre Kontributionsbewilligungen für die Reichsarmee nicht mehr dem Kaiser zu entrichten, sondern direkt der kurbayerischen Reichsarmada. Kurbayern begann seine diesbezügliche kreispolitische Initiative zuerst im Bayerischen Reichskreis, auf dessen Kreistag der bayerische Kurfürst noch am leichtesten Einfluss nehmen konnte. Hier war es Maximilian sogar möglich, als einer der beiden Kreisausschreibenden Fürsten den Beginn der Kreistagsverhandlungen in Absprache mit Salzburg selbst zu bestimmen, was seinen weiteren Absichten sehr entgegen kam. Er sorgte dafür, dass der Bayerische Reichskreis den vom Kaiser geforderten Kreistag schon Anfang Oktober 1642 in Landshut abhielt – einige Tage vor den Konventen der beiden Nachbarkreise – und Kurbayern somit die Möglichkeit eröffnet wurde, einen für seine weiteren Ambitionen günstigen bayerischen Kreisabschied zu erwirken, noch ehe die Kreisstände in Franken und Schwaben zusammentraten.¹⁷⁷³ Im Bayerischen Reichskreis hatte der Kurfürst auch durchaus Erfolg. Dank seines großen Einflusses vor allem auf die geistlichen und kleineren weltlichen Kreisstände konnte Kurbayern am Landshuter Kreistag die Aufnahme zweier aus seiner Sicht äußerst bedeutsamer Formulierungen in den Kreisabschied erreichen. Erstens sprachen sich die bayerischen Kreisstände dafür aus, dass der Kaiser die vom Bayerischen Reichskreis für 1643 bewilligte Geldhilfe in Höhe von 60 Römermonaten „zu Unterhaltung der Churfürstl. Durchl. in Baiern etc. und habenden Reichscorpo allergnädigst überlassen“ sollte.¹⁷⁷⁴ Des Weiteren forderten sie das Reichsoberhaupt dazu auf, der kurbayerischen Reichsarmee größere Anteile der Kontributionen aus dem benachbarten Schwäbischen und Fränkischen Reichskreis abzutreten.¹⁷⁷⁵ Infolge dieser Formulierung im Kreisabschied sah sich Kurfürst Maximilian von den bayerischen Kreisständen ausreichend mandatiert, um als Kreisausschreibender Fürst des Bayerischen Reichskreises umgehend Verhandlungen mit den beiden Nachbarreichskreisen anzustellen, die ihre Kreiskonvente kurz nach Ende des Landshuter Kreistags nach Ulm und Nürnberg einberiefen. Auf beiden Kreistagen versuchten nun kurbayerische Gesandte die schwäbischen beziehungsweise fränkischen Kreisstände zu ähnlichen Erklärungen zu bewegen, wie  Ausgeschrieben wurde der Kreistag auf den 1. Oktober 1642, die erste Session fand am 2. Oktober statt. Der bayerische Kreisabschied von Landshut vom 13. Oktober 1642 ist ediert bei Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 309 – 314.  Zitat nach ebd., S. 311.  Vgl. ebd., S. 312.

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kurz zuvor die bayerischen in Landshut, und den Kaiser aufzufordern, die fränkischen und schwäbischen Kontributionen künftig ausschließlich der kurbayerischen Reichsarmee zu überlassen. Im Gegenzug, so die bayerische Argumentation, hätten die Stände der drei Reichskreise einen besseren Schutz durch eine effektivere Kriegsführung gegen die Reichsfeinde zu erhoffen, von der letztlich auch der Kaiser profitieren würde. Darüber hinaus könnten die drei oberdeutschen Reichskreise bereits auf eine langjährige wechselseitige Kooperation zurückblicken, die es nun im gemeinsamen Interesse auch auf den militärischen Bereich auszudehnen gelte.¹⁷⁷⁶ Doch sowohl im Fränkischen als auch im Schwäbischen Reichskreis traf die kurbayerische Initiative auf keine Zustimmung. Sowohl der schwäbische Kreistag in Ulm als auch sein fränkisches Pendant in Nürnberg verfassten Kreisabschiede, in denen Kreissteuern an den Kaiser beschlossen wurden, ohne auf die kurbayerischen Ambitionen einzugehen oder sie auch nur zu erwähnen. Die schwäbischen Kreisstände entschuldigten dies gegenüber Kurfürst Maximilian damit, dass sie sich zuerst mit dem Fränkischen Reichskreis in Verbindung setzten müssten, ehe sie sich zu den bayerischen Anliegen resolvieren könnten.¹⁷⁷⁷ Obwohl die Kreisabschiede von Nürnberg und Ulm damit nicht gemäß den bayerischen Wünschen ausfielen, führten sie keineswegs dazu, dass Kurfürst Maximilian von der Idee eines engeren Zusammenschlusses der drei oberdeutschen Reichskreise abrückte – ganz im Gegenteil. Denn auch wenn die kurbayerischen Gesandten auf dem fränkischen und schwäbischen Kreiskonvent mit ihren eigenen Anliegen keinen Erfolg gehabt hatten, so konnte ihnen doch nicht verborgen geblieben sein, welch harsche Kritik an der kaiserlichen Kriegsführung mittlerweile in beiden Reichskreisen geübt wurde und wie weit die Friedenssehnsucht unter ihnen bereits gediehen war.¹⁷⁷⁸ Vor diesem Hintergrund schien es aus kurbayerischer Sicht durchaus möglich, in einem weiteren diplomatischen Anlauf bei geschickter Verhandlungsführung doch noch eine Mehrheit der fränkischen und schwäbischen Kreisstände für sich gewinnen zu können. Deshalb ließ Kurfürst Maximilian schon am 1. De-

 Zum Auftritt der kurbayerischen Gesandtschaft am schwäbischen Kreistag in Ulm vgl. HStASt: C 9 Bü. 225 (Anm. 944), Nr. 26, Kreistagsprotokoll, hier insbesondere pag. 68, 109 – 111.  Vgl. ebd., Nr. 9: Schwäbischer Kreistag an Kurbayern, 4. Nov./25. Okt. 1642 (Konzept), unfol.; vgl. hierzu auch ebd., Nr. 8a, Schwäbischer Kreistag an die versammelten fränkischen Kreisstände in Nürnberg, Ulm 20./30. Oktober 1642 (Konzept), unfol.  Vgl. die Ausführungen in Kap. II.7.2, „Nochmals eine Reichshilfe ohne Reichstag: Die reichsweiten Kreistage von 1642 und das erneute Ende reichsständischer Mitbestimmung“ im ersten Hauptkapitel dieser Studie.

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zember, kaum einen Monat nach Ende der Kreistage von Landshut, Ulm und Nürnberg, ein Ausschreiben an ausgewählte, bedeutende Reichsstände des Fränkischen und Schwäbischen Reichskreises versenden, um diese zu einem gemeinsamen Konvent zum 25. Januar 1643 einzuladen.¹⁷⁷⁹ Als Tagungsort wurde mit der Reichsstadt Dinkelsbühl ein durchaus symbolträchtiger Ort gewählt, denn die Reichsstadt lag nur unweit jenes Punkts am Rande des Nördlinger Rieses, an dem die Reichskreise Bayern, Schwaben und Franken aufeinandertrafen.¹⁷⁸⁰ Damit sollte bereits in der Wahl des Verhandlungsortes betont werden, dass es sich nicht um eine rein kurbayerisch dominierte Versammlung handeln würde, sondern um Konsultationen auf Ebene dreier gleichberechtigter, durch ihre wichtigsten Stände repräsentierten Reichskreise.¹⁷⁸¹ Dieser Anspruch wurde auch im Ausschreiben selbst deutlich hervorgehoben, und betont, in Dinkelsbühl solle vertraulich beraten werden, „waß bey oberzelten hochgefehrlichen leufften vnd coniuncturn sowol zur nothwendiger defension, rettung vnd versicherung dieser drey Creisse und iedeß einverleibten Standts in particulari, als pesten auch in ander weg dem Röm. Reich ins gemein nutzlichs vnd ersprißliches vorzunemmen sein möchte“.¹⁷⁸² Dem folgte eine drastische Schilderung, wie verfahren die militärische Lage im Reich bereits sei und welche kriegerischen Absichten die Reichsfeinde gegen die schwäbischen und fränkischen Kreisstände verfolgten. Das Ankündigungsschreiben bediente sich dabei jener

 Die detailliertesten Ausführungen finden sich bei Schulze: Bayern und Böhmen im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 51), hier S. 93 – 97, sowie Neuburger: Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung im Schwäbischen Reichskreis (Anm. 49), S. 209 – 212.  Schon zur Begründung der gemeinsamen Münzprobationstage der drei Reichskreise in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde die Dinkelsbühl benachbarte Reichsstadt Nördlingen aufgrund ihrer Lage am Schnittpunkt der drei Kreise zu allen drei Kreisen als Konventsort gewählt, vgl. Hirsch: Des Teutschen Reichs Münz-Archiv (Anm. 66), Vorrede § 33.  Zu den politischen Gesichtspunkten in der Auswahl frühneuzeitlicher Kongressorte Schilling: Europäische Kongressorte der Frühen Neuzeit im Vergleich: Der Friede von Baden (Anm. 1333), hier S. 19 – 28. Die Ausführungen Schillings widmen sich primär frühneuzeitlichen Friedenskongressen mit Beteiligung verschiedener europäischer Mächte. Die von Schilling herausgearbeiteten Kriterien für die Auswahl der einzelnen Kongressorte dürften jedoch in ihren Grundzügen auch auf größere reichsständische Versammlungen zutreffen. Die wichtigsten Kriterien wären: Eine günstige Verkehrslage und Infrastruktur, das Vorhandensein von Kirchenräumen für unterschiedliche Konfessionen, eine relativ „neutrale“ Lage außerhalb der Territorien der mächtigsten Kongressteilnehmer. Vgl. hierzu auch Heinz Duchhardt: Vorwort, in: Städte und Friedenskongresse, hrsg. v. Heinz Duchhardt (Städteforschung. Reihe A, Darstellungen, 49). Köln 1999, S. VII – XI, hier IX.  BayHStA: Kurbayern Ä. A. 2817 (Anm. 940), „Schreibens Copi von Ihro Churfürst. in Baÿern etc. An gemelte Fürsten und Stendt des Schwäb. und Fränk. Craiß abgangen“, München, 1. Dezember 1642 (Kopie), fol. 84r.

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reichspatriotischen Wortwahl, wie sie seit dem Prager Frieden überall im Reich zu vernehmen war, und es wurde ausdrücklich betont, die geplante Konferenz diene vor allem auch dem Wohl des Reiches.¹⁷⁸³ Doch bezeichnenderweise fand der Kaiser mit keinem Wort mehr Erwähnung, und auch von den Kriegszielen des Prager Friedens war keine Rede mehr. Die von Maximilian im Ausschreiben in drastischen Worten beschriebene unmittelbare militärische Bedrohung der süddeutschen Reichskreise entsprach durchaus den Tatsachen. Dies zeigte sich schon in dem Umstand, dass der Kurfürst die Konferenz angesichts eines Vorstoßes französischer Truppen noch kurz vor Tagungsbeginn von Dinkelsbühl in das weiter südlich gelegene und von der bayerischen Reichsarmee besser gesicherte Donauwörth verlegen lassen musste.¹⁷⁸⁴ Doch trotz dieser Widrigkeiten kam die Versammlung schließlich im Februar 1643 tatsächlich zustande und wurde von fast allen vom bayerischen Kurfürsten eingeladenen Reichsständen mit Gesandtschaften beschickt.¹⁷⁸⁵ Den Charakter einer Vollversammlung sämtlicher Kreisstände Frankens, Bayerns und Schwabens nahm die Versammlung freilich dennoch nicht an, da Maximilian von jedem Reichskreis nur jeweils die beiden Kreisausschreibenden Fürsten sowie, ganz nach eigenem Gutdünken, einige wenige in den beiden Kreisen besonders bedeutsame oder mit Bayern seit langem verbündete Stände eingeladen hatte.¹⁷⁸⁶ Lediglich Erzbischof Paris von Salzburg beteiligte sich trotz Einladung nicht, so dass Kurbayern den Bayerischen Reichskreis alleine vertrat.¹⁷⁸⁷ Den Interessen Kurbayerns abträglich dürfte die Abwesenheit Salzburgs allerdings nicht gewesen sein: Als Vertreter des ranghöchsten und ausschreibenden Reichsstands beanspruchten die kurbayerischen Gesandten schon zu Beginn der

 Die geplante Konferenz der drei Reichskreise würde in erster Linie abgehalten werden, „damit doch Unser geliebtes Vatterlandt Teutscher Nation nach so langen vnd vilen außgestandnen trang- vnd Mühseeligkeit vor genzlicher Ruin und Untergang errettet und damahlen einst aus diesen höchstgefehrlich von tag zu tag nur mehrers zu nemmenden Vnwesen wider in bestendige rhue gebracht und stabilirt werden könde.“, ebd., fol. 84r. Vgl. zur Thematik grundlegend Wandruszka: Reichspatriotismus und Reichspolitik zur Zeit des Prager Friedens von 1635 (Anm. 1316).  Vgl. hierzu die Ausführungen in der Abschlusserklärung der Konferenz, StABa: Fränkischer Kreis, Kreisarchiv Nr. 481, fol. 62r (Originalexemplar für das Hochstift Bamberg, stellvertretend für den Fränkischen Reichskreis).  Vgl. ebd., fol. 61v.  Der Fränkische Reichskreis sollte durch die drei Hochstifte Bamberg, Würzburg und Eichstätt sowie die beiden Markgrafen von Kulmbach-Bayreuth und Ansbach vertreten sein. Für Schwaben sollten der Herzog von Württemberg, die beiden Hochstifte Augsburg und Konstanz sowie der Fürstprobst von Ellwangen und der Abt von Weingarten vertreten sein, vgl. dazu die Adressatenliste in BayHStA: Kurbayern Ä. A. 2817 (Anm. 940), fol. 84v.  Vgl. Heinisch: Salzburg im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 359), S. 179.

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Verhandlungen das alleinige Direktorium, das ihnen das im Bayerischen Kreis stets auf formale Gleichberechtigung bedachte Salzburg nun nicht mehr streitig machen konnte. Sie legten der Konferenz auch die Proposition vor, die zwei Themenkomplexe zur Beratung stellte: 1. Wie könne ein allgemeiner Friedensschluss befördert werden? 2. Wie könnten die drei Reichskreise und ihre Stände vor „gäntzlich vntergang vnd fremden dominat“ bewahrt warden?¹⁷⁸⁸ Schon unmittelbar zu Beginn der Versammlung zeigte sich, dass die kurbayerischen Verhandlungsführer eine deutlich andere inhaltliche Akzentuierung der Beratungsthemen anstrebten, als die Gesandten der fränkischen und schwäbischen Kreisstände. Letztere maßen der Erörterung der allgemeinen Friedensfrage die Priorität zu, während die bayerischen Vertreter in erster Linie konkrete Kontributionszusagen für die kurbayerische Reichsarmee erwarteten, aber keine bindenden Beschlüsse zu etwaigen Friedensplänen. Infolgedessen gestalteten sich die folgenden Verhandlungen schwierig. Am Ende konnten sich die kurbayerischen, schwäbischen und fränkischen Gesandten jedoch auf einen Kompromiss einigen: Alle drei Reichskreise sollten den in Frankfurt am Main anstehenden Reichsdeputationstag mit eigenen Gesandtschaften beschicken, die sich in Frankfurt gemeinsam für die Erörterung der Friedensfrage durch die Reichsdeputation einzusetzen hatten, um dann im Namen des Reiches den Kaiser zu einer kompromissbereiteren Haltung gegenüber seinen ausländischen Gegnern drängen zu können.¹⁷⁸⁹ Zur Koordination der künftigen Reichskreisgesandtschaften arbeitete die Donauwörther Versammlung bereits eine aus elf Einzelpunkten bestehende Hauptinstruktion aus, die allen drei Gesandtschaften gleichermaßen als Handlungsanweisung für ihre Mission zum Reichsdeputationstag dienen sollte.¹⁷⁹⁰ Zum zweiten Fragenkomplex der Donauwörther Konferenz, der der künftigen militärischen Sicherung der drei Reichskreise gewidmet war, einigten sich die schwäbischen und fränkischen Ständevertreter mit Kurbayern alias dem Bayerischen Reichskreis auf die gemeinsame Erklärung, „daß beÿ dieser gegenwertigen augenscheinlichen gefahr vnd feindlichen einfall dieser dreÿ benachbahrten Craisen defension vnd versicherung negst Gott einzig vnd allein auf der Churbaÿr. Reichs armee bestehen vnd derowegen auch billig seÿe, daß dieselbige von den Contribu-

 Vgl. StABa: Fränkischer Kreis, Kreisarchiv Nr. 481 (Anm. 1784), fol. 62v, Zitat 65r.  Vgl. ebd., fol. 65r.  Vgl. ebd., fol. 65r – 68r.

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tionen vnd mitlen, welche in diesen dreÿ Craisen allbereit bewilliget sind vnd könftig noch bewilliget werden möchten, conservirt vnd underhalten werde.“¹⁷⁹¹ Allerdings hatten die kurbayerischen Gesandten diesen Einschub in die Abschlusserklärung erst erreichen können, nachdem sie die Gesandten der übrigen Kreisstände vor drastischen Konsequenzen gewarnt hatten, sollten die Stände des Fränkischen und Schwäbischen Reichskreises nicht den bayerischen Forderungen nach einer höheren Alimentierung der kurbayerischen Reichsarmada nachkommen. Für den Fall, dass die Armee keine ausreichenden Kontributionen im Fränkischen und Schwäbischen Kreis erlangen würde, drohten sie damit, dass Kurfürst Maximilian seine Armee aus den beiden Reichskreisen zurückziehen könnte, und „der Fürsten vnd Ständten landt vnd leüten hilfloß stellen vnd den feinden zum raub hinderlaßen“ müsste, weshalb es für die fränkischen und schwäbischen Kreisstände „viel beßer vnd rathsamer seÿe die noch habenden mittel zu ihrer defension vnd sicherung anzuwenden, alß zu ihrer offension vnd ruinirung den feinden zuüberlaßen vnd gleichsamb selbsten in die händ zu liefern“.¹⁷⁹² Infolge dieser kaum verhohlenen Drohung willigte die Mehrheit der Konferenzteilnehmer sogar darin ein, sich auf den nächsten fränkischen und schwäbischen Kreistagen für eine umgehend zu entrichtende Sonderzahlung an Kurbayern in Höhe von 5 Römermonaten sowie diverse Proviantlieferungen einsetzen zu wollen. Diese sollten der kurbayerischen Reichsarmada auch für den Fall zugutekommen, dass der Kaiser ihr keinen Anteil an künftigen Kreishilfebewilligungen der oberdeutschen Reichskreise überlassen würde. Ferner wollten die fränkischen und schwäbischen Konferenzteilnehmer dafür Sorge tragen, dass auf den nächsten Kreistagen „auf die Coniunction dieser dreÿ Craisen geschloßen“ werde.¹⁷⁹³ Die Kreistage sollten dies dann umgehend dem Kaiser als ihre eigene, freie Entscheidung bekannt geben und ihn darüber hinaus sogar noch bitten, der kurbayerischen Reichsarmee die finanziellen Ressourcen der vorderösterreichischen Gebiete in Schwaben sowie die der fränkischen und schwäbischen Reichsritterschaft zu überlassen.¹⁷⁹⁴ Im Gegenzug sicherten die kurbayerischen Kreistagsgesandten den fränkischen und schwäbischen Ständen zu, die kurbayerische Armee würde auch künftig für ihren Schutz vor Frankreich und Schweden Sorge tragen.¹⁷⁹⁵ In ihrer praktischen Konsequenz konnten die Beschlüsse der Donauwörther Konferenz einen revolutionären Bruch mit der seit dem Prager Frieden üblichen     

Ebd., fol. 69v. Ebd., fol. 71r. Vgl. ebd., fol. 70r. Vgl. ebd., fol. 70r–70v. Vgl. ebd., fol. 71r.

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Praxis der Heeresfinanzierung nach sich ziehen: Anstatt wie bisher von der Zuweisung bestimmter Kontingente an den Reichs- und Kreiskontributionen durch den Kaiser abhängig zu sein, hatte Kurbayern in Donauwörth erstmals Kontributionsbewilligungen von Kreisständen erhalten, die weder im Bayerischen Reichskreis lagen, noch durch ein Partikularbündnis formal mit Bayern verbündet waren. Einen solchen Vorgang hatte es zuvor nie gegeben, denn bisher hatte nur der Kaiser das Recht für sich beansprucht, in reichstagslosen Zeiten Reichskreise zu Steuerbewilligungen anzuhalten. Auf kaiserlicher Seite wurden die Donauwörther Beschlüsse dementsprechend mit großem Argwohn aufgenommen und umgehend mit militärischen Gegenmaßnahmen beantwortet. Diese bestanden freilich nicht aus kriegerischen Akten gegen Kurbayern. Jedoch wurde ein großes Korps der kaiserlichen Immediatarmee nach Franken verlegt, das sich nur wenige Wochen nach der Donauwörther Konferenz in Marsch setzte, um sich den Fränkischen Reichskreis als Quartiers- und Kontributionsgebiet zu sichern.¹⁷⁹⁶ Damit wurde schon nach kurzer Zeit offensichtlich, dass der Kaiser keineswegs gewillt war, alle drei oberdeutschen Reichskreise der kurbayerischen Reichsarmada zu überlassen. Erst recht hatte er kein Interesse daran, dass die bayerischen, fränkischen und schwäbischen Kreisstände unter kurbayerischer Führung militärisch und womöglich auch politisch eigene Wege gingen.

2.3 Vom Scheitern der Kreisassoziationspläne bis zur Vervaux-Mission Durch die schnelle militärische Reaktion des Kaisers wurde die Umsetzbarkeit der Donauwörther Beschlüsse bereits fraglich, noch ehe die zur Begründung einer engeren Verbindung der drei oberdeutschen Reichskreise vorgesehenen allgemeinen Kreistage in Franken und Schwaben überhaupt zusammentreten konnten. Doch auch von Seiten einiger schwäbischer und fränkischer Kreisstände, die in Donauwörth mit eigenen Gesandtschaften vertreten waren, wurden Vorbehalte gegen ein engeres Bündnis zwischen den drei Reichskreisen gehegt. So zeigte man sich am württembergischen Herzogshof noch im März 1643 unschlüssig, ob man sich an dem im folgenden Monat in Ulm anstehenden allgemeinen schwäbischen Kreistag für die von Kurbayern angestrebte „Coniunction“ der drei Reichskreise

 Im Fränkischen Reichskreis wurde nur das Hochstift Eichstätt der kurbayerischen Reichsarmada überlassen, vgl. ebd., fol. 70r; Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 17– 46.

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aussprechen sollte, da man Zweifel an den wahren Absichten des bayerischen Kurfürsten hatte.¹⁷⁹⁷ Nachdem sich allerdings trotz der württembergischen Vorbehalte eine Mehrheit der schwäbischen Kreisstände im April 1643 in Ulm für eine vollständige Zuweisung der schwäbischen Kontributionen an die kurbayerische Reichsarmee aussprach, erklärte sich letztlich auch Württemberg damit einverstanden. Die noch in Donauwörth beschlossene Kreisgesandtschaft zum Frankfurter Kompositionstag erwies sich jedoch als nicht mehrheitsfähig, da die Kreisstände fürchteten, ein solcher diplomatischer Schritt könnte den Eindruck vermitteln, der Schwäbische Reichskreis würde nach einem Separatfrieden mit den Reichsfeinden streben.¹⁷⁹⁸ Stattdessen begnügte sich der Kreistag mit einer kurzen schriftlichen Erklärung, die der Frankfurter Reichsdeputation übersandt wurde und sowohl die Reichs- und Kaisertreue des Reichskreises versicherte, wie auch dessen Hoffnung Ausdruck gab, ein Friede möge baldigst erreicht werden.¹⁷⁹⁹ Um zugleich den bayerischen Kurfürsten nicht zu desavouieren, wurde noch der Beschluss gefasst, dem Fränkischen und Bayerischen Reichskreis weitere Bündnisverhandlungen auf Grundlage der Reichsexekutionsordnung in Dinkelsbühl anzubieten.¹⁸⁰⁰ Tatsächlich aber dürfte es sich bei diesem Schritt lediglich um einen Versuch gehandelt haben, Zeit zu gewinnen und eindeutige bündnispolitische Festlegungen zu vermeiden. Dafür hatte sich während des Ulmer Kreistags auch das Herzogtum Württemberg eingesetzt, dessen Gesandte dafür plädiert hatten, Bündnisse vorsichtshalber gar nicht mehr auf Reichskreisebene zu beschließen, sondern entsprechende Entscheidungen stets „auf einen gemeinen Reichs schluß zue stellen“.¹⁸⁰¹ Im Fränkischen Reichskreis trafen die Donauwörther Beschlüsse sogar auf noch größere Skepsis, als dies in Schwaben der Fall gewesen war. Dies wurde auf einem parallel zum schwäbischen Kreiskonvent ebenfalls zu Anfang April 1643 einberufenen fränkischen Kreistag in Bamberg deutlich. Die Beratungen der fränkischen Kreisstände standen ganz unter dem Eindruck des Einmarsches von zehn Regimentern des kaiserlichen Feldherren Hatzfeld in die Territorien des

 Vgl. hierzu etwa die Instruktion für den Kreistagsgesandten Württembergs, HStASt: C 9 Bü. 226 (Anm. 963), Instruktion (Nr. 16), Stuttgart, 5. März 1643, unfol.  Vgl. ebd. Nr. 31: Kreistagsabschied und 5 Beilagen (jeweils Konzept), pag. 7 f.; Ein Original des Kreisabschieds findet sich unter HStASt C9 Bü 564, Nr. 69: Kreisabschied Ulm, 10./20. April 1643.  Vgl. ebd., Nr. 31: Kreistagsabschied und 5 Beilagen (jeweils Konzept), pag. 8 f.  Vgl. ebd., Nr. 31: Kreistagsabschied und 5 Beilagen (jeweils Konzept); vgl. hierzu auch das Kreistagsprotokoll, pag. 43 – 51.  Ebd., Nr. 26: Instruktion Württembergs, Stuttgart, 31 März 1643, unfol.

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Reichskreises. Infolgedessen zeigten sich die meisten Kreistagsgesandten mehr darum bemüht, die Verteilung und Versorgung der kaiserlichen Soldateska zu organisieren, denn die Beschlüsse der Donauwörther Konferenz zu erörtern, geschweige denn ein Bündnis mit den benachbarten Reichskreisen unter kurbayerischer Führung zu bestätigen.¹⁸⁰² Dies war vor allem der Haltung der protestantischen Kreistagsmehrheit geschuldet, von der nicht nur Sorgen vor einer Verstimmung des Kaisers und einer möglichen finanziellen Doppelbelastung bei Gründung eines Kreisbündnisses artikuliert, sondern auch konfessionelle Einwände gegenüber einem möglichen kurbayerischen Bündnispartner vorgebracht wurden. Der Kulmbacher Kreistagsgesandte gab gar in polemischer, aber pointierter Wortwahl zu Protokoll, ein Bündnisschluss mit Maximilian von Bayern sei „am endt anders nicht dann allgemach mit den jesuiten in ein schiff zu navigirn“, und folglich für Protestanten kaum denkbar.¹⁸⁰³ Doch selbst aus dem fast gänzlich katholischen Bayerischen Reichskreis sah sich Kurbayern schon früh mit ernstzunehmendem Widerstand konfrontiert: Erzbischof Paris von Salzburg hatte die Donauwörther Beschlüsse nie für gültig erachtet und erklärte auf Nachfrage Kurfürst Maximilians im Februar 1643 noch einmal unumwunden, er gedenke sich nicht „in ainiche absonderliche Verbindnus einzulassen“ oder beabsichtige, „sich von dem gemainen Wesen zu separirn“.¹⁸⁰⁴ In diesen Worten schwang der kaum verhohlene Vorwurf mit, die kurbayerische Reichskreispolitik diene in Wahrheit separatistischen Bestrebungen, nicht aber dem Wohl des Reiches. Angesichts derart massiver Vorwürfe und Widerstände in mehreren Reichskreisen muss bereits im Frühjahr 1643 am Münchner Kurfürstenhof die Erkenntnis gereift sein, dass auf absehbare Zeit ein engerer Zusammenschluss der drei oberdeutschen Reichskreise letztlich nicht realisierbar sein würde. Daraufhin intensivierte Kurbayern wieder seine Kontakte zum Kaiserhof und nahm mit diesem Verhandlungen auf, um den Krieg wie bisher an der Seite des Kaisers fortzusetzen und sich von diesem wenigstens die Kontributionen der bayerischen Kreisstände und einen Teil der schwäbischen und fränkischen Geldbewilligungen

 Vgl. hierzu die Ausführungen im fränkischen Kreisabschied vom 7./17. April 1643, ediert bei Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 205 – 209, hier insbesondere 206.  Vgl. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Kreistagsakten Bd. 12, Nr. 135: Relation vom 18./8. März 1643, zitiert nach Schümann: Der Fränkische Kreistag im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 52), S. 132.  Erzbischof Paris von Salzburg an Kurfürst Maximilian, Salzburg, 28. Februar 1643, zitiert nach Heinisch: Salzburg im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 359), S. 180.

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und Quartiere zu sichern.¹⁸⁰⁵ Diese diplomatische Kehrtwende zahlte sich für Kurfürst Maximilian zumindest finanziell aus: Kaiser Ferdinand III. verzichtete darauf, den bayerischen Kurfürsten für sein gescheitertes Kreisassoziationsprojekt zu sanktionieren, und willigte sogar ein, Kurbayern erneut einen erheblichen Anteil an jenen Geldern abzutreten, die das Erzstift Salzburg dem Kaiser jährlich entrichtete. Infolgedessen konnte sich Kurbayern von den Salzburger Kontributionen zwischen 1643 bis Kriegsende fast 600 000 Gulden verschaffen, ohne sich zuvor neue Rechtstitel über Kreistage oder andere reichsständische Versammlungen einholen zu müssen.¹⁸⁰⁶ Allerdings konnte diese erneute vertragliche Übereinkunft zwischen Kurfürst Maximilian und dem Kaiser nur wenig darüber hinwegtäuschen, dass die Vorgänge im Vorfeld und in Folge der Donauwörther Konferenz das Vertrauen Habsburgs in die Verlässlichkeit des bayerischen Bündnispartners schwer erschüttert hatten. Besonders unnachgiebig ging Erzherzogin Claudia, die Regentin von Tirol und den österreichischen Vorlanden, mit Maximilian ins Gericht. So verdächtigte sie den Kurfürsten in ihrer Korrespondenz mit dem habsburgischen Feldherren Piccolomini gar, mit seinen diplomatischen Initiativen in den oberdeutschen Reichskreisen in Wahrheit nur das Reich gegen das Haus Habsburg aufwiegeln zu wollen.¹⁸⁰⁷ Nach dem großen kurbayerischen Schlachtenerfolg von Tuttlingen im November 1643 gegen ein französisches Heer äußerte die Erzherzogin sogar die Befürchtung, der Sieg könnte den Bayernfürsten derart selbstbewusst gemacht haben und ihm unter den Reichsständen so viel Reputation einbringen, dass er demnächst versucht sein könnte, selbst die Kaiserkrone zu erlangen und Habsburg vollends aus dem Reich zu drängen.¹⁸⁰⁸ Derartige Befürchtungen erwiesen sich freilich als überzogen. Zu sehr waren Kurfürst Maximilian und Kaiser Ferdinand III. aufeinander angewiesen, und noch schien es aus Sicht beider zumindest nach dem Sieg von Tuttlingen die Möglichkeit zu geben,

 Zur Militärkonferenz von Passau vgl. Immler: Kurfürst Maximilian I. und der Westfälische Friedenskongress (Anm. 1742), S. 27– 36.  Von 1637 bis 1648 quittierte Kurbayern kaiserlichen Schatzmeistern den Erhalt von insgesamt 1.142.460 fl. an Salzburger Geldhilfen, davon 592.460 fl. zwischen 1643 und Kriegsende 1648, vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3620. „Baÿr. Craÿß Acta de an. 1649“, „Verzeichnus, der ihenigen Contributionen oder Khriegshilffen, so von d. hochlöbl: Erzstiffts Salzburg für Ihre Churfrtl: drl: in Baÿrn pp vnderhabendte Armada volgente Jahr entricht: vnd bezalt worden.“, o.O., undat. [1649], fol. 121r. Ab 1644 sicherte sich Kurbayern seinen Anteil an der Salzburgischen Kontribution direkt durch die Einbehaltung Salzburg zustehender Salzgefälle, vgl. ebd.  Vgl. Erzherzogin Claudia an Octavio Piccolomini, Innsbruck, 11. Juli 1643, in Auszügen ediert bei Toegel (Hrsg.): Der Kampf um den besten Frieden (Anm. 1727), S. 31 (Nr. 25).  Vgl. Erzherzogin Claudia an Octavio Piccolomini, Innsbruck, 22. Dezember 1643, in Auszügen ediert bei ebd., S. 57 (Nr. 118).

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den Krieg gemeinsam mit gewissen Erfolgsaussichten doch noch siegreich zu Ende führen zu können.¹⁸⁰⁹ Doch schon im Lauf des Jahres 1644 verlor Kurfürst Maximilian diese Hoffnung angesichts großer militärischer Erfolge Frankreichs am Oberrhein wieder, und diesmal, wie die jüngere Forschung konstatiert, dauerhaft.¹⁸¹⁰ Spätestens im Herbst 1644 zeigte sich Maximilian davon überzeugt, dass der Krieg militärisch nicht mehr zu gewinnen war, und dass ein Durchbruch feindlicher Heere bis in sein Kurfürstentum nur durch einen baldigen allgemeinen Friedensschluss, zumindest aber einen Waffenstillstand mit Frankreich verhindert werden konnte. Von kaiserlicher Seite waren derartige Überlegungen aber vor allem aus Rücksichtnahme auf das verbündete und nach wie vor mit Frankreich im Krieg befindliche Spanien noch verpönt. Deshalb sah man sich am Münchner Kurfürstenhof gezwungen, nun noch einen Schritt weiter zu gehen als im Jahr 1643 und selbst einen Gesandten nach Paris zu entsenden, um von Kardinal Mazarin die französischen Friedensbedingungen für das Reich oder die Konditionen für einen separaten Waffenstillstand für Kurbayern in Erfahrung zu bringen. Da ein solcher Schritt diesmal unzweifelhaft gegen die einst im Prager Frieden vereinbarten Kriegsziele des Reiches und des Kaisers verstieß, sah sich Kurbayern erneut vor die Herausforderung gestellt, wie es sich vor Vergeltungsaktionen des Kaisers schützen, seiner Armee ihre Kontributionsgebiete erhalten und seine Reputation im Reich bewahren konnte, obwohl es beabsichtigte, mit einem Feind des Reichsoberhaupts zu traktieren. Vor diesem Hintergrund wurden in München wieder Überlegungen angestellt, ob eine Reaktivierung des bayerisch-schwäbisch-fränkischen Kreisassoziationsprojekts Kurbayern in dieser Situation dienlich sein könnte.Vor allem schien eine diplomatische Mission nach Paris im Reich besser legitimierbar, wenn sie nicht nur im Namen des bayerischen Kurfürsten erfolgte, sondern stellvertretend für eine Vielzahl an Reichs- beziehungsweise Kreisständen oder gar ganze Reichskreise. Kurbayern reaktivierte dazu seine traditionell guten Beziehungen zu den fränkischen Bischöfen, allen voran zum Bamberger Bischof Melchior Otto, der als Kreisausschreibender Fürst und Kreisdirektor eine Schlüsselstellung im Fränkischen Reichskreis innehatte. Der Bamberger schickte nach der Kontaktaufnahme Maximilians seinen Rat und Syndikus Cornelius Göbel in geheimer Mission nach

 Vgl. Immler: Kurfürst Maximilian I. und der Westfälische Friedenskongress (Anm. 1742), S. 31– 36; Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 990.  Vgl. Greindl/Immler (Hrsg.): Die diplomatische Korrespondenz Kurbayerns zum Westfälischen Friedenskongress (Anm. 69), Vorwort, 2*; Immler: Kurfürst Maximilian I. und der Westfälische Friedenskongress (Anm. 1742), S. 48 – 54; Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 991.

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München, um Möglichkeiten eines fränkisch-bayerischen Reichskreisbündnisses auszuloten, das dann in einem zweiten Schritt um den Schwäbischen Reichskreis erweitert werden sollte. Im Bamberger Bischof fand Kurfürst Maximilian auch umgehend einen Verbündeten, der sich überzeugt zeigte, diesmal auch die fränkischen Protestanten für Kurbayern gewinnen zu können. Denn deren Hoffnungen auf Schutz durch die kaiserliche Immediatarmee, so der Bamberger, hätten sich keineswegs erfüllt.Vielmehr hätten die Kaiserlichen zuletzt „gar keine disciplin gehalten, die arme Leüth der soldatesca gleichsamb preis gegeben, auch fürsten vndt ständt ins gemein gar übel vndt schimpflich tractirt“.¹⁸¹¹ Trotzdem seien vor allem die protestantischen Kreisstände von der kaiserlichen Immediatarmee vor dem Feind kaum geschützt worden. Deshalb sei deren Vertrauen in den Kaiser mittlerweile derart erschüttert, „das wir in gueter hoffnung stünden, wann Ihre Drl. [Kurfürst Maximilian] wolte belieben, das conjunctions werckh zu reasumiren, sie würden neben dem Baÿer: vndt Schwäbischen Crais nunmehr auch zum Fränckhischen ohne sonderbare difficulteten gelangen, vndt dardurch die quartier dero Reichsarmada umb ein merckliches erweittern können.“¹⁸¹² Negative Reaktionen des Kaisers habe weder Kurbayern noch einer der Reichskreise zu erwarten, denn es sei offensichtlich, dass die Wohlfahrt des Reiches auf den „sehr wohl meritierten Völckher“ Kurbayerns beruhe, auf deren Stärke „sich das Reich der Zeit fast am meisten zuerfreüen, vndt daruff zu verlassen hat“.¹⁸¹³ Der Kaiser könne somit schwerlich gegen dieses einen Groll hegen. Doch diese optimistische Prognose des Bamberger Bischofs erfüllte sich nicht. Weder gestattete die militärische Lage zum Jahreswechsel 1644/45 die Abhaltung von Kreistagen, die notwendig gewesen wären, um ein Kreisbündnis zu schmieden, noch fanden sich im Fränkischen oder Schwäbischen Reichskreis genug Kreisstände, die gewillt waren, sich auf das erneute kurbayerische Bündniswerben einzulassen. Dennoch wagte es Kurfürst Maximilian auch ohne die militärische und diplomatische Stärkung durch ein Kreisbündnis im Frühling des Jahres 1645, den Jesuitenpater Johannes Vervaux nach Paris zu entsenden.¹⁸¹⁴ Erstaunlicherweise trat der Pater vor Kardinal Mazarin dennoch offiziell nicht nur

 StABa: Hochstift Bamberg, Geheime Kanzlei Nr. 549, „Instruction“ Bischof Melchior Ottos für Cornelius Göbel, Bamberg, 9. September 1644, fol. 3v–3r (keine Foliierung nach fol. 3).  Ebd., fol. 3r.  Ebd., fol. 3v  Zur Vervaux-Mission vgl. allgemein Schweinesbein: Die Frankreichpolitik Kurfürst Maximilians I. von Bayern 1639 – 1645 (Anm. 1657), S. 190 – 217; Immler: Kurfürst Maximilian I. und der Westfälische Friedenskongress (Anm. 1742), S. 62– 83, 91 f.; Immler: Die Bewertung der Friedenspolitik des Kurfürsten Maximilian I. von Bayern 1639 – 1648 in der Historiographie (Anm. 1751), S. 25 – 32; Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 991– 996.

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als Gesandter Kurbayerns auf, sondern sprach auch im Namen der drei oberdeutschen Reichskreise.¹⁸¹⁵ Ein Verhandlungsmandat durch einen Reichskreis hatte Vervaux allerdings nie erhalten, denn zuvor hatten lediglich die fränkischen Bischöfe aus Würzburg, Bamberg und Eichstätt Kurbayern ihr Einverständnis für Verhandlungen mit Mazarin in ihrem Namen gegeben.¹⁸¹⁶ Aber aus offensichtlich verhandlungstaktischen Gründen hatte Kurfürst Maximilian seinem Gesandten aufgetragen, am französischen Hof nicht nur als Repräsentant Kurbayerns und der fränkischen Bischöfe aufzutreten, sondern sich als Sprecher sämtlicher Reichsstände der Reichskreise Bayern, Franken und Schwaben zu präsentieren, die gewillt wären, sich im Falle annehmbarer Konditionen geschlossen unter die „Protektion“ Frankreichs zu stellen und damit aus dem Krieg auszuscheiden – sofern nicht doch in Bälde ein Frieden für das ganze Reich zu erreichen sei.¹⁸¹⁷ Erfolg war der Mission aber nicht beschieden. Mitte Mai 1645 musste Kurfürst Maximilian dem Bamberger Bischof berichten, dass sein Gesandter zwar eine Audienz bei Mazarin erhalten habe, „aber der Cardinal hette alsbalden d[en] armistitium sowol generale als particulare absolute et simpliciter abgeschlagen vnd von dem übrigen, was Vnser Abgeordneter sowol dem ganzen Reich ins gemein, als disen drey obgemelten Craissen zu gutem vorgeschlagen vnd gesucht, zu Paris nichts handeln wollen, sondern alles nacher Münster zu den generaltractaten remittirt.“¹⁸¹⁸ Erst 1647 sollte Kurbayern tatsächlich der Abschluss eines separaten Waffenstillstands mit Frankreich und dessen Verbündeten gelingen, der allerdings zur Bedingung hatte, dass Kurfürst Maximilian seine Armee weitgehend aus dem Fränkischen und Schwäbischen Reichskreis in seine eigenen Lande zurückführen würde.¹⁸¹⁹ Da sich trotz des Waffenstillstands ein endgültiger Friedensschluss

 Vgl. Schweinesbein: Die Frankreichpolitik Kurfürst Maximilians I. von Bayern 1639 – 1645 (Anm. 1657), S. 201, 205; Immler: Die Bewertung der Friedenspolitik des Kurfürsten Maximilian I. von Bayern 1639 – 1648 in der Historiographie (Anm. 1751), S. 26; Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 993.  Vgl. Dietz: Die Politik des Hochstifts Bamberg am Ende des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 53), S. 59; Immler: Kurfürst Maximilian I. und der Westfälische Friedenskongress (Anm. 1742), S. 71 f., 75 f.; Schweinesbein: Die Frankreichpolitik Kurfürst Maximilians I. von Bayern 1639 – 1645 (Anm. 1657), S. 202 f.; Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 993 f. Albrecht erwähnt die Beteiligung der fränkischen Kreisstände jedoch nicht.  Vgl. Schweinesbein: Die Frankreichpolitik Kurfürst Maximilians I. von Bayern 1639 – 1645 (Anm. 1657), S. 193 f.; vgl. zur Thematik allgemein Stein: Protection royale (Anm. 1475).  StABa: Hochstift Bamberg, Geheime Kanzlei Nr. 549 (Anm. 1811), Kurfürst Maximilian an Bischof Melchior Otto von Bamberg, Schleißheim, 16. Mai 1645 (Kopie), fol. 27v.  Vgl. Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 30 f.

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jedoch immer weiter verzögerte, die ganze kurbayerische Armee sich aber nicht auf Dauer in kurbayerischen Landen alleine versorgen ließ, kehrte Maximilian schon nach wenigen Monaten wieder auf die Seite des Kaisers zurück. Dieser überließ dem Kurfürsten und seiner Armee im Gegenzug alle drei oberdeutschen Reichskreise.¹⁸²⁰ Sicherheit erlangte Kurbayern dadurch allerdings nicht mehr. Es wurde stattdessen noch einmal selbst zum Schlachtfeld, ehe der Krieg mit dem Westfälischen Frieden im Oktober 1648 endlich sein Ende fand.

Zwischenfazit Wie sich zeigen ließ, intensivierte Kurfürst Maximilian seine diplomatischen Bemühungen in den oberdeutschen Reichskreisen just zu dem Zeitpunkt, als sich an seinem Hof die Erkenntnis durchzusetzen begann, dass der Krieg an der Seite Habsburgs unter den Vorgaben des Prager Friedens nicht mehr zu gewinnen war, während sich der Kaiser aber noch keineswegs friedensgeneigt zeigte. Der Rückgriff auf die Kreisverfassung des Reiches schien Kurbayern in dieser Situation die Möglichkeit zu geben, sich vor allem finanziell und militärisch vom Kaiser zu emanzipieren, aber dennoch zumindest den Anschein der Reichs(verfassungs) treue zu wahren. Es scheint nicht abwegig, in den kurbayerischen Bemühungen in Donauwörth um einen festen Bündnisschluss der drei oberdeutschen Reichskreise unter kurbayerischer Führung eine gewisse Fortsetzung jener Bündnis- und Militärpolitik zu sehen, die Kurfürst Maximilian bereits zu Zeiten der Liga betrieben hatte: Sofern es die Donauwörther Verhandlungen erkennen lassen, sollte der vom Kurfürst angestrebte Zusammenschluss der drei Reichskreise für alle beteiligten Kreisstände mit bestimmten Geld- und Verproviantierungsleistungen an die kurbayerische Reichsarmada verbunden sein, was die kurbayerischen Kriegskassen entlastet und Kurbayern unabhängig von kaiserlichen Kontributionszuweisungen gemacht hätte. Die kurbayerische Reichsarmada wäre damit von einem Teil der Reichsarmee zu einer faktischen Kreisarmee geworden, die allerdings unter dem alleinigen Oberbefehl Maximilians gestanden hätte. Auch hier sind Parallelen zur Liga erkennbar. Doch wie die auf die Donauwörther Konferenz folgenden Kreistage offenbarten, waren die beiden von Kurbayern vorgebrachten Hauptargumente für das Assoziationsprojekt – eine bessere militärische Sicherung der drei Reichskreise sowie gesteigerte Friedensbemühun-

 Vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 1073 – 1078; Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 49 – 55.

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gen – in den Augen vieler schwäbischer und fränkischer Kreisstände nicht genug, um das Wagnis eines offenen Konflikts mit dem Kaiser einzugehen. Vor allem unter den protestantischen Kreisständen kamen darüber hinaus noch offensichtlich konfessionsbedingte Vorbehalte zum Tragen, die diese abhielten, sich auf ein Bündnis mit dem bayerischen Kurfürsten einzulassen. Weitere Skepsis bei vielen Kreisständen muss zudem hervorgerufen haben, dass weder in Donauwörth noch später ersichtlich wurde, welche institutionelle Gestalt das Kreisbündnis annehmen sollte und welche politisch-militärischen Partizipationsmöglichkeiten Kurbayern den anderen Kreisständen einzuräumen gewillt war. Die „Conjunction“ der drei Reichskreise scheiterte deshalb bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt an Widerständen aus allen drei Reichskreisen, noch ehe erkennbar wurde, welche weiterführenden reichs- und friedenspolitischen Ziele Maximilian mit dem Kreisbündnis noch im Sinn hatte. Dass Kurfürst Maximilian die Reichskreise Bayern, Schwaben und Franken allerdings auch ohne Abschluss eines formalen Kreisbündnisses als seine engere Einflusszone definierte, in deren Namen er sogar Verhandlungen mit auswärtigen Mächten zu führen wagte, illustrierten die Friedensverhandlungen mit Frankreich 1645 in aller Deutlichkeit.

Ausblick: Die Reichskreise und der Westfälische Frieden Wie anhand der kurbayerischen und kurkölnischen Reichskreispolitik in den oberdeutschen und rheinischen Reichskreisen in der Zeit nach dem Regensburger Reichstag gezeigt werden konnte, erwiesen sich einige Reichskreise bis in die letzte Phase des Dreißigjährigen Kriegs als politisch arbeitsfähige Institutionen. Allerdings kam keine der von wittelsbachischer Seite geplanten Kreisassoziationen mehr zustande, und mit Ausnahme des Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreises griff auch kein Reichskreis nach dem Prager Frieden mehr mit eigenen Truppen in den weiteren Kriegsverlauf ein.Vielmehr dienten die meisten in den letzten Jahren des Kriegs noch abgehaltenen Kreistage in erster Linie der Koordination von Einquartierungsmaßnahmen und der Handhabung von Kontributionsforderungen verschiedener Kriegsparteien innerhalb einzelner Reichskreise. Besonders aktiv zeigten sich hierbei der Fränkische und Schwäbische Reichskreis, die in den 1640er Jahren so viele Kreisversammlungen abhielten wie seit Jahrzehnten nicht mehr.¹⁸²¹ Doch an der zunehmenden Erschöpfung der finanziellen und materiellen Ressourcen der Kreisstände und ihrer Untertanen konnten die verschiedenen Kreistage nicht viel ändern, auch wenn zumindest im Fränkischen Reichskreis mehrfach Versuche unternommen wurden, bereits besonders schwer belastete Kreisstände durch die kreisinterne Umverteilung von einzuquartierenden Soldaten vor dem völligen Ruin zu bewahren.¹⁸²² Meistens aber blieb den Kreistagen nichts anderes übrig, als sich immer wieder schriftlich an einzelne Kriegskom-

 Im Fränkischen Reichskreis fanden zwischen März 1640 und Dezember 1648 insgesamt 17 allgemeine Kreistage oder engere Kreiskonvente, die nur von den Vorsitzenden der einzelnen Bänke beschickt wurden, statt, vgl. Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 205 – 273. In Mosers Edition fehlen die Kreistagsrezesse der Jahre 1640 bis 1642 und 1646/47. Die fehlenden Kreistagsabschiede bieten unter anderem StABa: Fränkischer Kreis, Kreisarchiv Nr. 272; Nr. 273; Nr. 275; Nr. 295; Nr. 296. Eine von Schweden im Jahr 1647 initiierte Versammlung der fränkischen Kreisstände in Nürnberg zur Verhandlung von Kontributionen ist dokumentiert in OeStA HHStA Wien: MEA Fränkische Kreisakten 10, Subfasz. 1, Nr. 191; Nr. 192; Nr. 293 – 295. Im Schwäbischen Reichskreis fanden zwischen 1640 und 1648 nur 6 allgemeine Kreiskonvente statt, alleine in den Jahren 1649 bis 1652 aber 10 weitere Kreistage oder engere Kreiskonvente. Die originalen Kreisabschiede finden sich großteils in HStASt: C 9 Bü. 564 (Anm. 943), Nr. 68 – Nr. 80.  Entsprechende Beschlüsse des Fränkischen Reichskreises sind unter anderem für das Jahr 1644 belegt, vgl. Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 222– 228. https://doi.org/10.1515/9783110558739-010

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Ausblick: Die Reichskreise und der Westfälische Frieden

missare, Heerführer oder direkt an den Kaiser zu wenden und um Schonung für den ganzen Reichskreis oder einzelne Kreisstände zu bitten.¹⁸²³ Letztlich war allen Beteiligten klar, dass der weiteren Verheerung der Reichsterritorien und der fortschreitenden Verelendung der Bevölkerung nur noch durch ein möglichst rasches Ende des Krieges entgegengesteuert werden konnte. Allerdings blieb lange Zeit offen, auf welche Weise ein Friedensschluss für das Reich und seine Stände zu erreichen war, wer an seiner Aushandlung beteiligt sein würde und wie nach Jahrzehnten des Krieges die Durchsetzung eines künftigen Friedenswerks mitsamt der Demobilisierung der zahlreichen Armeen auf Reichsboden gewährleistet werden konnte. Im Folgenden gilt es aufzuzeigen, welche Rolle der Kreisverfassung respektive den Reichskreisen zur Herbeiführung eines Friedens durch Beförderung der Friedensverhandlungen sowie im Rahmen der Abdankung der Söldnerheere zukam. Letzteres soll exemplarisch anhand der Demobilisierung der kurbayerischen Reichsarmada durch den Bayerischen Reichskreis untersucht werden. Auf die weitere Exekution der Friedensverträge nach 1648 kann in den folgenden Ausführungen allerdings aus naheliegenden Gründen nicht mehr eingegangen werden – dies würde den Umfang dieser Untersuchung bei Weitem sprengen und muss anderen Arbeiten überlassen bleiben.¹⁸²⁴

1 Die Reichskreise im Kampf um Frieden und das ius suffragii der Reichsstände. Zur Entsendung von Reichskreisgesandtschaften zum Westfälischen Friedenskongress Bereits seit dem zwischen dem Kaiser, Frankreich und Schweden Ende 1641 geschlossenen Präliminarvertrag von Hamburg stand fest, dass Friedensgespräche aller großen im Reich engagierten Kriegsmächte im Rahmen eines auf die zwei

 Eines der zahlreichen Beispiele bietet StABa: Fränkischer Kreis, Kreisarchiv Nr. 295, Rezess des allgemeinen fränkischen Kreiskonvents in Bamberg, 11./1. Febr. 1646, fol. 101– 107, hier 101v. Vgl. hierzu auch StABa: Hochstift Bamberg, Geheime Kanzlei Nr. 549 (Anm. 1811), Beschwerde über „unordentlichen quartierslast“, Creußen, 9. März 1646, fol. 49.  Die Exekution des Westfälischen Friedens in den einzelnen Reichskreisen ist bisher nur in Ansätzen untersucht worden. Als Grundlagenwerk kann gelten: Antje Oschmann: Der Nürnberger Exekutionstag 1649 – 1650. Das Ende des Dreißigjährigen Krieges in Deutschland (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 17). Münster 1991. Zum Schwäbischen Reichskreis liegt mittlerweile eine umfassende Studie vor: Neuburger: Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung im Schwäbischen Reichskreis (Anm. 49).

1 Die Reichskreise im Kampf um Frieden und das ius suffragii der Reichsstände

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westfälischen Städte Münster und Osnabrück aufgeteilten Kongresses im Lauf des Jahres 1642 angestellt werden sollten.¹⁸²⁵ Die verfassungsrechtlich hochbedeutsame Frage, wer an den Friedensgesprächen teilnahme- und mitwirkungsberechtigt sein sollte, konnte in Hamburg noch nicht vollumfänglich geklärt werden. Auf kaiserlicher Seite ging man davon aus, dass Kaiser Ferdinand III. auf dem Friedenskongress der alleinige Repräsentant des Reiches sein würde und es ihm als Reichsoberhaupt alleine zustünde, einen für alle Reichsstände verbindlichen Frieden mit den beiden ausländischen Kronen abzuschließen.¹⁸²⁶ Folglich blieb das Haus Habsburg daran interessiert, den Kreis der nach Westfalen einzuladenden Gesandtschaften möglichst klein zu halten. Dem stellten Frankreich und Schweden von Anfang an die Forderung entgegen, zumindest ihre reichsständischen Verbündeten – in erster Linie Hessen-Kassel, zeitweise auch BraunschweigLüneburg sowie den seit 1635 in habsburgischer Gefangenschaft befindlichen Kurfürsten von Trier – an künftigen Friedensverhandlungen zu beteiligen.¹⁸²⁷ Erst etwa zwei Jahre nach dem Hamburger Präliminar gingen Frankreich und Schweden auf Drängen der Regentin Hessen-Kassels dazu über, die Hinzuziehung aller Reichsstände mit vollen Mitwirkungsrechten (ius suffragii) zum Friedenskongress zu fordern und dem Kaiser zugleich das Recht auf eine Alleinvertretung des Reiches grundsätzlich abzusprechen.¹⁸²⁸

 Zum Hamburger Präliminarvertrag vgl. Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 135– 138; Öhman: Der Kampf um den Frieden (Anm. 911), S. 174– 178; Fritz Dickmann: Der Westfälische Frieden. 5. Aufl. Münster 1985, S. 103 – 105.  Vgl. Karsten Ruppert: Die kaiserliche Politik auf dem Westfälischen Friedenskongress. (1643 – 1648) (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e.V., 10). Münster 1979, S. 41 f.; Leopold Auer: Die Ziele der kaiserlichen Politik bei den Westfälischen Friedensverhandlungen und ihre Umsetzung, in: Der Westfälische Friede. Diplomatie, politische Zäsur, kulturelles Umfeld, Rezeptionsgeschichte, hrsg. v. Heinz Duchhardt (Historische Zeitschrift. Beiheft, 26). München 1998, S. 143 – 173, hier insbesondere 145 – 151.  Vgl. Dickmann: Der Westfälische Frieden (Anm. 1825), S. 163 f.; Ruppert: Die kaiserliche Politik auf dem Westfälischen Friedenskongress (Anm. 1826), S. 86 f.  Vgl. Dickmann: Der Westfälische Frieden (Anm. 1825), S. 164– 166. Zum Einsatz HessenKassels in der Admissionsfrage vgl. ferner Dieter Albrecht: Die Kriegs- und Friedensziele der deutschen Reichsstände, in: Krieg und Politik 1618 – 1648. Europäische Probleme und Perspektiven, hrsg. v. Konrad Repgen/Elisabeth Müller-Luckner (Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien, 8). München 1988, S. 241– 273, hier 249, 255; Klaus Malettke: Scheffers Gesandtschaft in Osnabrück: „Stände syn nicht nur Räthe, die man hören, sondern deren Räthen man auch folgen müsse“, in: Der Westfälische Friede. Diplomatie, politische Zäsur, kulturelles Umfeld, Rezeptionsgeschichte, hrsg. v. Heinz Duchhardt (Historische Zeitschrift. Beiheft, 26). München 1998, S. 501– 522; vgl. grundsätzlich zur Thematik auch Erwin Bettenhäuser: Die Landgrafschaft Hessen-Kassel auf dem Westfälischen Friedenskongress 1644– 1648. Diss. phil. Wiesbaden 1983.

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Ausblick: Die Reichskreise und der Westfälische Frieden

Der Streit um die Admission der Reichsstände zum Friedenskongress wurde schließlich von allen Kriegsparteien instrumentalisiert, um den Beginn der eigentlichen Friedensverhandlungen immer wieder zu verschieben. Dahinter stand nicht nur die mit der Admissionsfrage verbundene verfassungsrechtliche Problematik, sondern auch die Hoffnung der Hauptkombattanten Habsburg, Frankreich und Schweden, noch vor Beginn des Kongresses die eigene Verhandlungsposition durch Erfolge auf dem Schlachtfeld entscheidend verbessern zu können.¹⁸²⁹ Auf reichsständischer Seite wurde dieses zeitraubende Taktieren mit größter Sorge verfolgt, denn es war zu erwarten, dass jede Verlängerung des Kriegs ihnen nur noch weitere Kontributionsforderungen und Einquartierungen aufbürden würde. Die Friedenssehnsucht der überwältigenden Mehrzahl der Reichsstände artikulierte sich bereits deutlich auf einer Reihe von Kreistagen gegen Ende des Jahres 1642, auf denen von verschiedenen Seiten Überlegungen angestellt wurden, wie die ins Stocken geratenen Friedensgespräche zwischen dem Kaiser und den auswärtigen Kronen wieder in Gang gebracht werden konnten. Die diesbezüglichen Bemühungen Kurbayerns in den oberdeutschen Reichskreisen sind bereits an anderer Stelle dieser Arbeit dargestellt worden.¹⁸³⁰ Doch auch in verschiedenen anderen Reichskreisen wurden zu diesem Zeitpunkt Beratungen über die Beförderung eines Friedens angestellt. Dabei rückte ein in Frankfurt am Main anstehender Reichsdeputationstag in den Mittelpunkt der reichs- und kreisständischen Friedensinitiativen. Die Einberufung der Reichsdeputation war noch auf Beschluss des Regensburger Reichstags erfolgt und sollte sich ursprünglich nur einer Reichsjustizreform widmen. Allerdings bot die Versammlung in den Augen vieler Reichsstände auch die Möglichkeit, dem Kaiser die Friedenswünsche des Reiches nahe zu bringen und so den Druck auf ihn zu erhöhen, seine eigenen Friedensbemühungen zu intensivieren.¹⁸³¹ Deshalb beriet bereits Ende 1642 eine Delegation des Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreises mit Gesandten des Kurrheinischen Kreises am Ort der Reichsdeputation in Frankfurt über Mittel und Wege, wie der Deputationstag zur Erörterung der Friedensthematik geöffnet werden könnte. Die Kreisdelegation vom Niederrhein brachte dabei das Argument hervor, dass eine Behandlung der Friedensfrage im Grunde bereits durch das Mandat des Reichs-

 Vgl. Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 142– 151; Siegrid Westphal: Der Westfälische Frieden. Das Ende des Dreißigjährigen Krieges (Beck’sche Reihe, 2851). München 2015, S. 35 – 40.  Vgl. Kap. II.2., „Reichskreisassoziationsprojekte in den oberdeutschen Reichskreisen 1642 – 1645“ im zweiten Hauptkapitel.  Vgl. Kietzell: Der Frankfurter Deputationstag von 1642 bis 1645 (Anm. 951), S. 103 – 105.

1 Die Reichskreise im Kampf um Frieden und das ius suffragii der Reichsstände

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tags zur Beratung der Justizreform erteilt worden sei, denn schließlich könnten Recht und Gesetz nur im Frieden wiederhergestellt werden.¹⁸³² Außerdem sei eine Erweiterung der Tagesordnung des Deputationstags „auch bey etlichen Craißversamblungen vnd in specie Frankisch vnd Schwabisch für guet befunden worden“. ¹⁸³³ Tatsächlich entsandte zumindest der Fränkische Reichskreis nach dem Beginn des Reichsdeputationstags im Januar 1643 aufgrund Kreistagsbeschluss eine eigene Delegation nach Frankfurt, die sich gemeinsam mit den beiden der Reichsdeputation bereits regulär angehörenden fränkischen Vertretern Würzburg und Nürnberg für die Behandlung der Friedensfrage einsetzen sollte.¹⁸³⁴ Unterstützt wurden die Franken dabei von den Vertretern Kurbayerns sowie dem Schwäbischen Reichskreis, dessen Stände es allerdings aus Sorge vor einer Desavouierung des Kaisers bei einer rein schriftlichen Eingabe am Deputationstag beließen.¹⁸³⁵ Praktische Folgen hatten derlei Initiativen aber noch nicht, denn Kaiser Ferdinand III. zeigte sich noch längere Zeit wenig geneigt, den Friedensprozess durch Zugeständnisse an die ausländischen Kronen zu beschleunigen, oder überhaupt gemeinsam mit den Reichsständen auf dem Frankfurter Deputationstag über Einzelheiten eines künftigen Friedensvertrags beraten zu lassen.¹⁸³⁶ Auch eine Beteiligung der Reichsstände an den eigentlichen, noch immer nicht eröffneten Friedensgesprächen in Münster und Osnabrück lehnte der Kaiser 1643 noch rundweg ab.¹⁸³⁷ Doch nicht zuletzt einige streitbare Reichspublizisten, allen voran Bogislaw Philipp von Chemnitz alias Hippolithus a Lapide, sorgten mit schwedisch-französischer Unterstützung dafür, dass von reichsständischer Seite zunehmend Zweifel am Anspruch des Kaisers gehegt wurden, das Reich alleine, oder höchstens noch unter Hinzuziehung der Kurfürsten, auf dem Frie-

 Vgl. OeStA HHStA Wien: MEA KrhK 4 (Anm. 848), Antwortschreiben der Westfälischen Delegation an die Kurrheinische Delegation, Frankfurt, 7. Dezember 1642, unfol. (Blatt 3r).  Ebd., Antwortschreiben der Westfälischen Delegation an die Kurrheinische Delegation, Frankfurt, 7. Dezember 1642, unfol. (Zitat Blatt 3r).  Vgl. Dietz: Die Politik des Hochstifts Bamberg am Ende des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 53), S. 104– 106.  Vgl. OeStA HHStA Wien: MEA KrhK 4 (Anm. 848), Fasz. 3, Schwäbischer Kreistag an den Frankfurter Deputationstag, Ulm, 10./20. April 1643, unfol. Zum Engagement Kurbayerns am Reichsdeputationstag zur Beförderung eines Friedensschlusses mit Frankreich vgl. Schweinesbein: Die Frankreichpolitik Kurfürst Maximilians I. von Bayern 1639 – 1645 (Anm. 1657), S. 160 – 162.  Vgl. Kietzell: Der Frankfurter Deputationstag von 1642 bis 1645 (Anm. 951), S. 106 f.  Zum Konflikt um die Admissionsfrage auf dem Frankfurter Reichsdeputationstag ebd., S. 107– 114.

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Ausblick: Die Reichskreise und der Westfälische Frieden

denskongress vertreten zu können.¹⁸³⁸ Dabei fand die Kreisverfassung des Reiches schon zu einem bemerkenswert frühen Zeitpunkt Eingang in die unter den Reichsständen noch lange mit großer Zurückhaltung geführte Diskussion um alternative Formen der Reichsrepräsentation. Noch ehe Schweden im April 1643 die Reichsstände erstmals zur Beschickung des künftigen Friedenskongresses aufgefordert hatte, wurde von den reichsfürstlichen Vertretern in der Frankfurter Reichsdeputation gegenüber den Kurfürsten und dem Kaiser die Forderung erhoben, das Reich zumindest in Form von Gesandtschaften aus jedem Reichskreis an den Friedensverhandlungen direkt zu beteiligen.¹⁸³⁹ Sie führten als Hauptargument an, dass das „ius pacis et belli“ spätestens seit 1495 dem ganzen Reich, nicht aber nur dem Kaiser und den Kurfürsten zustünde, und wenn die Stände schon nicht über einen Reichstag konsultiert werden könnten, so doch wenigstens indirekt mittels von Kreistagen instruierten Reichskreisgesandtschaften. Außerdem seien die Reichskreise dank ihrer Kompetenzen in der Landfriedenswahrung und im Türkenkrieg bereits mit der Handhabung von Kriegs- und Friedensfragen vertraut.¹⁸⁴⁰ Ob für die Kreisgesandtschaften ein vollwertiges „ius suffragii“ vorgesehen war, oder ihnen nur eine beratende Funktion für die kaiserlichen Verhandlungsführer in Münster und Osnabrück zukommen sollte, war dem Beschluss des Fürstenrats noch nicht eindeutig zu entnehmen.¹⁸⁴¹ Allerdings stieß der Vorschlag auf kurfürstlicher Seite umgehend auf Ablehnung, wo man nicht bereit war, auf eigene kurfürstliche Vertreter zu Gunsten von Kreisgesandtschaften zu verzichten, und noch darauf spekulierte, das Reich gegenüber den auswärtigen Mächten alleine mit dem Kaiser zusammen repräsentieren zu können.¹⁸⁴² Grundsätzlich

 Vgl. Burkhardt: Der Dreißigjährige Krieg (Anm. 83), S. 99 f., 110 – 112; Dickmann: Der Westfälische Frieden (Anm. 1825), S. 137– 142, 164– 169.Vgl. auch Merio Scattola: Jakob Lampadius und die Auseinandersetzung um die Verfassung des Heiligen Römischen Reiches, in: Konfessionalität und Jurisprudenz in der frühen Neuzeit, hrsg. v. Christoph Strohm/Heinrich de Wall (Historische Forschungen, Bd. 89). Berlin 2009, S. 365 – 392, hier vor allem 371 f.  Die Entscheidung fiel in der 16. Sitzung des Fürstenrats am 21. März 1643. Außer Österreich votierten sämtliche Mitglieder des Fürstenrats der Reichsdeputation für die Kreisabordnungen, vgl. Kietzell: Der Frankfurter Deputationstag von 1642 bis 1645 (Anm. 951), S. 109 – 111; Dickmann: Der Westfälische Frieden (Anm. 1825), 114 f.; Dietz: Die Politik des Hochstifts Bamberg am Ende des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 53), S. 106.  Vgl. Kietzell: Der Frankfurter Deputationstag von 1642 bis 1645 (Anm. 951), S. 110 f.  Vgl. ebd., S. 110.  Vgl. Ruppert: Die kaiserliche Politik auf dem Westfälischen Friedenskongress (Anm. 1826), S. 88; Dickmann: Der Westfälische Frieden (Anm. 1825), S. 115; vgl. ferner Gotthard: Säulen des Reiches (Anm. 20), S. 402– 406; Kietzell: Der Frankfurter Deputationstag von 1642 bis 1645 (Anm. 951), S. 108 f.

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sprachen die kurfürstlichen Vertreter in der Reichsdeputation den Reichskreisen jedoch das Recht auf die Entsendung eigener Gesandtschaften zu den Friedenstraktaten nicht ab. Sie verlegten sich stattdessen auf organisatorische Einwände und monierten vor allem die mögliche Verzögerung der Friedensgespräche durch die erst noch einzuberufenden Kreistage und eine Verkomplizierung der Verhandlungsführung am Friedenskongress.¹⁸⁴³ Ein von beiden Kurien der Reichsdeputation angenommener Beschluss kam deshalb nicht mehr zustande. Letzten Endes konnte in den Jahren 1643 und 1644 weder die Frage der reichsständischen Vertretung auf dem Westfälischen Friedenskongress geklärt werden, noch kamen die Friedensgespräche zwischen den Kriegsparteien entscheidend in Gang. Stattdessen setzte das Reichsoberhaupt noch einmal auf eine militärische Entscheidung, herbeigeführt durch die eigene Armee und den spanischen Verbündeten. Doch die erhofften Siege blieben aus.¹⁸⁴⁴ Von allen Verbündeten des Kaisers konnte nur noch Kurbayern mit seinem Korps der Reichsarmee Erfolge verbuchen, allerdings befand sich auch diese Armee letztlich in der Defensive.¹⁸⁴⁵ Erst die eindeutige Verschiebung der militärischen Kräfteverhältnisse zugunsten Frankreichs und Schwedens brachte wieder Bewegung in die Friedensgespräche, da sie den Kaiser dazu zwang, sich gegenüber seinen Gegnern kompromissbereiter als bisher zu zeigen. Zugleich erhöhte die allgemeine militärische Entwicklung auf reichsständischer Seite die Bereitschaft, zur Beförderung des Friedens Schritte zu unternehmen, die bisher aus Respekt und Furcht vor dem Reichsoberhaupt unterlassen worden waren. Wieder war es der Fränkische Reichskreis, der es wagte, sich in besonderer Weise zu exponieren und eine diplomatische Initiative von erheblicher Tragweite zu unternehmen. Auf einem Kreistag in Bamberg am 9. November 1644 votierten die fränkischen Kreisstände konfessionsübergreifend dahin, den schon am Frankfurter Deputationstag eineinhalb Jahre zuvor diskutierten Vorschlag einer Entsendung  Vgl. ebd., S. 111 f.  Spanien erlitt in den Jahren 1643 und 1644 entscheidende militärische Niederlagen gegen Frankreich und wurde durch separatistische Bewegungen in Katalonien und Portugal weiter geschwächt, während die kaiserliche Armee 1644 in Folge einer miserablen Versorgungslage und eines völlig missglückten Feldzugs zur Unterstützung des von Schweden unvermittelt attackierten Dänemarks viel von ihrer Kampfkraft einbüßte. Vgl. Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 142– 148; Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 30 – 46.  Vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 989 – 991; Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 175 – 178.

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von Reichskreisgesandtschaften zum Westfälischen Friedenskongress in die Tat umzusetzen, ohne dazu auf ein offizielles Einverständnis des Kaisers oder der Kurfürsten zu warten.¹⁸⁴⁶ Ziel der Gesandtschaft sollte es sein, allen Kriegsparteien ein unmissverständliches Signal des Friedenswillens der fränkischen Kreisstände zu senden und dafür Sorge zu tragen, dass einzelne Anliegen fränkischer Stände im weiteren Verhandlungsverlauf Gehör finden würden.¹⁸⁴⁷ Zugleich erhofften sich die Kreisstände, mit ihrem Beschluss ein Vorbild für andere Reichskreise abzugeben, damit diese ebenfalls Gesandtschaften zum Friedenskongress entsandten, um damit den politischen Druck auf Kaiser Ferdinand III. weiter zu erhöhen.¹⁸⁴⁸ Zu diesem Zweck erhielten auch mit Ausnahme von Österreich und Burgund sämtliche anderen Reichskreise entsprechende Notifikationsschreiben des Fränkischen Kreises, die die Stände der übrigen Reichskreise ausdrücklich zur Abfertigung von Kreisgesandtschaften aufforderten.¹⁸⁴⁹ Darüber hinaus wurde noch ein an den Kaiser adressiertes Rechtfertigungsschreiben der fränkischen Kreisstände in Form einer Flugschrift im Reich publik gemacht.¹⁸⁵⁰ Auf kaiserlicher Seite traf diese offensive Einmischung des Reichskreises in den noch ganz am Anfang stehenden Friedenskongress umgehend auf vehemente Ablehnung, denn schließlich bedeutete der Anspruch der fränkischen Kreis-

 Vgl. Burkhardt: Der Dreißigjährige Krieg (Anm. 83), S. 111; Dietz: Die Politik des Hochstifts Bamberg am Ende des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 53), S. 110 f. Zu den organisatorischen Details und der personellen Zusammensetzung der Delegation erließ ein weiterer fränkischer Kreistag in Nürnberg am 27. Januar 1645 einen Nebenabschied. Demnach sollte sich die Gesandtschaft anfangs aus je einem Vertreter der beiden Kreisausschreibenden Fürsten zusammensetzen, die anderen Kreisstände konnten später bei Bedarf je Bank einen weiteren Vertreter nachschicken. Aus Kostengründen machte jedoch von diesem Recht nur die Städtebank Gebrauch, so dass sich die fränkische Reichskreisgesandtschaft in Münster und Osnabrück aus drei Personen zuzüglich mehrerer Schreiber und Kanzlisten zusammensetzte: Cornelius Göbel (Bamberg), Johann Müller (Kulmbach) und Dr. Tobias Oelhafen (Nürnberg), vgl. Friedrich Carl von Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 252 f.; Dietz: Die Politik des Hochstifts Bamberg am Ende des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 53), S. 126 f.  Vgl. Kietzell: Der Frankfurter Deputationstag von 1642 bis 1645 (Anm. 951), S. 117; Immler: Kurfürst Maximilian I. und der Westfälische Friedenskongress (Anm. 1742), S. 153.  Vgl. Dietz: Die Politik des Hochstifts Bamberg am Ende des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 53), S. 108.  Vgl. Schümann: Der Fränkische Kreistag im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 52), S. 139.  Vgl. Copia eines beweglichen Schreibens an die Röm. Keys. Maj. von denen des Fränckischen Reichs=Creisses Fürsten und Ständen/ umb dero allergnädigsten Consens/ die Ihrigen zu den General=Friedenstractaten/ nacher Oßnabrück und Münster/ abzusenden. Abgangen de dato Bamberg/ den 30. Octobris, 9. Novembris, Anno 1644.

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stände auf Beteiligung ihrer Delegation an den Friedensgesprächen nichts anderes, als die Einforderung des „ius suffragii“ für die Reichsstände – wenn auch vorerst nur in indirekter Form über den Umweg von Reichskreisgesandtschaften.¹⁸⁵¹ Dass sich die fränkischen Kreisstände zu diesem Zeitpunkt überhaupt auf die Absendung ihrer Gesandtschaft einließen, dürfte nicht zuletzt auf die Haltung Frankreichs und Schwedens zurückzuführen sein. Diese hatten schon länger eine Beteiligung der Reichsstände am Friedenskongress gefordert und mussten dementsprechend allen reichsständischen Initiativen gegenüber wohlwollend gesinnt sein, die sich gegen den Alleinvertretungsanspruch des Kaisers und für mehr Mitspracherechte der Reichsstände einsetzten.¹⁸⁵² Doch für die fränkischen Kreisstände ebenso bedeutsam musste die Reaktion des bayerischen Kurfürsten sein, mit dem vor allem die fränkischen Bischöfe auch nach dem Scheitern der 1643 diskutierten Kreisassoziationspläne nach wie vor in engster Verbindung standen.¹⁸⁵³ Und von dessen Seite erhielten sie wichtige Rückendeckung auch gegenüber dem Kaiser: Denn als Ferdinand III. Kurfürst Maximilian um Rat und Mithilfe zur Verhinderung der fränkischen Abordnung nach Westfalen bat, verteidigte der Bayer das Vorhaben des Fränkischen Reichskreises ausdrücklich.¹⁸⁵⁴ Maximilian führte dabei das Argument an, dass Reichskreisgesandtschaften unter Umständen ein geeignetes Mittel sein könnten, um die ausländischen Kronen von ihren bisherigen Forderungen nach Einladung jedes einzelnen Reichsstandes zum Friedenskongress doch noch abbringen zu können.¹⁸⁵⁵ Ferner ging der Kurfürst davon aus, dass die Kreisgesandtschaften aus katholischen oder gemischtkonfessionellen Reichskreisen sich nicht einseitig zugunsten protestantischer Religionsgravamina

 Vgl. Ruppert: Die kaiserliche Politik auf dem Westfälischen Friedenskongress (Anm. 1826), S. 88 f.  Schweden hatte im April und November 1643 alle protestantischen Reichsstände zur Teilnahme am Friedenskongress eingeladen, am 6. April 1644 folgte ein entsprechender französischer Aufruf, der sich diesmal an alle Reichsstände unabhängig ihrer Konfessionszugehörigkeit richtete. Zwei weitere Aufforderungen folgten im Herbst 1644, vgl. Westphal: Der Westfälische Frieden (Anm. 1829), S. 38; Dickmann: Der Westfälische Frieden (Anm. 1825), S. 167.  Vgl. StABa: Hochstift Bamberg, Geheime Kanzlei Nr. 549 (Anm. 1811), „Instruction“ Bischof Melchior Ottos für die Gesandtschaft Cornelius Göbels zu Kurfürst Maximilian, Bamberg, 9. September 1644, unfol. (nach fol. 3v); grundlegend Dietz: Die Politik des Hochstifts Bamberg am Ende des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 53), S. 42– 69.  Vgl. Immler: Kurfürst Maximilian I. und der Westfälische Friedenskongress (Anm. 1742), S. 153 f.  Vgl. Ruppert: Die kaiserliche Politik auf dem Westfälischen Friedenskongress (Anm. 1826), S. 89; Immler: Kurfürst Maximilian I. und der Westfälische Friedenskongress (Anm. 1742), S. 153.

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einsetzen würden oder sogar im Fall von paritätischen Delegationszusammensetzungen auf die Erörterung von Religionsbeschwerden am Friedenskongress ganz verzichteten.¹⁸⁵⁶ Eine Ausklammerung der Religionsfragen lag wiederum ganz im katholischen Sinne, denn nach bayerischer, aber auch kaiserlicher Auffassung waren die konfessionellen Besitzstände und alle anderen entscheidenden Fragen in Bezug auf den Augsburger Religionsfrieden schon im Prager Frieden geregelt worden.¹⁸⁵⁷ Aufgrund der starken Verhandlungsposition des protestantischen Schwedens war eine Neuverhandlung konfessioneller Streitpunkte für die katholische Seite nicht mehr wünschenswert, zumal dies zu einer längeren Verhandlungsdauer und damit einer weiteren Verzögerung des tatsächlichen Friedensschlusses führen musste.¹⁸⁵⁸ Der bayerische Kurfürst trat zur Beförderung der fränkischen Kreisgesandtschaft sogar eigens mit wichtigen fränkischen Kreisständen in Kontakt und ließ die beiden kurbayerischen Hauptgesandten zum Westfälischen Friedenskongress dazu auf ihrem Weg von München nach Münster eigens einen Zwischenhalt in Würzburg einlegen. Die beiden kurbayerischen Gesandten hatten den Auftrag, den Fränkischen Reichskreis mittels des Würzburger Bischofs vor diplomatischen Gegenmaßnahmen des Kaisers zur Verhinderung der Kreisdelegationen zu warnen. Nach Informationen Maximilians hatte Kaiser Ferdinand III. die Vertreter Österreichs in der Frankfurter Reichsdeputation darauf instruiert, die einst mit dem Deputationstag verbundenen Friedenshoffnungen der Reichsstände wieder zu schüren, um dann aber einen Abschluss des Deputationstags so lang wie möglich zu verzögern, „damit sie hierdurch die absendung der craissen ad loca tractatuum generalium verhindern und zuruckhstellen mögen.“¹⁸⁵⁹ Als Gegenmaß-

 Mit dieser Einschätzung irrte Maximilian jedoch, da die protestantischen Mitglieder der fränkischen Kreistagsdelegation eine den katholischen Mitgliedern unbekannte weitere Geheiminstruktion mitführten. Sie enthielt eine Auflistung von protestantischen Religionsgravamina, die Schweden zugespielt werden sollte. Damit verbunden war die Hoffnung, dass Schweden als Anwalt protestantischer Religionsinteressen am Friedenskongress die Religionsgravamina der fränkischen Protestanten berücksichtigen würde, vgl. Dietz: Die Politik des Hochstifts Bamberg am Ende des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 53), S. 112, 119 – 126.  Vgl. Dickmann: Der Westfälische Frieden (Anm. 1825), S. 179; Ruppert: Die kaiserliche Politik auf dem Westfälischen Friedenskongress (Anm. 1826), S. 240 f.; Kietzell: Der Frankfurter Deputationstag von 1642 bis 1645 (Anm. 951), S. 108.  Vgl. Immler: Kurfürst Maximilian I. und der Westfälische Friedenskongress (Anm. 1742), S. 154 f. Vgl. ferner die diesbezüglichen Gespräche kurbayerischer Gesandter mit Kurköln am 9. Januar 1645 in Bonn, dokumentiert bei Greindl/Immler (Hrsg.): Die diplomatische Korrespondenz Kurbayerns zum Westfälischen Friedenskongress (Anm. 69), S. 26 – 29 (Nr. 9).  Kurfürst Maximilian an die kurbayerischen Gesandten Dr. Johann Adolf Krebs und Georg Christoph von Haslang, München, 18. Dezember 1644, ediert bei ebd., 1– 5 (Nr. 1), Zitat 2. Tat-

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nahme empfahl Kurfürst Maximilian den Franken, sie sollten mit Verweis auf ihre Absendung nach Westfalen die beiden regulären fränkischen Vertreter in der Reichsdeputation, Würzburg und Nürnberg, aus Frankfurt abberufen, dem sich dann auch die kurbayerische Delegation anschließen würde, um damit eine Auflösung des Reichsdeputationstags zugunsten eines Fortgangs des Westfälischen Friedenskongresses zu erzwingen.¹⁸⁶⁰ Tatsächlich hegte der Kaiser noch längere Zeit die Absicht, über eine Einbeziehung des Reichsdeputationstags in die Friedensgespräche eine Vertretung der Reichsstände am Friedenskongress über Kreisgesandtschaften oder Abordnungen sämtlicher Reichsstände zu verhindern. Aus diesem Grund erklärte er sich im Januar 1645 sogar dazu bereit, eine Verlegung des Deputationstags von Frankfurt nach Münster zuzulassen.¹⁸⁶¹ Der an den Hauptort des Friedenskongresses translozierte Deputationstag sollte sich jedoch nicht unmittelbar in die Verhandlungen mit den ausländischen Kronen einmischen dürfen, die weiterhin der Kaiser nur im Verein mit den Kurfürsten zu bestreiten gedachte.¹⁸⁶² Im Grunde zielten alle diese Überlegungen von kaiserlicher Seite nur darauf ab, das „ius suffragii“ der Reichsstände nach wie vor übergehen zu können. Er konnte aber nicht verhindern, dass am 30. Januar 1645 auch noch der Schwäbische Reichskreis auf einem Kreistag den Beschluss fasste, dem fränkischen Beispiel zu folgen und ebenfalls eine eigene Delegation nach Westfalen abzuordnen.¹⁸⁶³ Nachdem die schwäbische Delegation im Mai 1645 in Münster ankam, war dort immer noch nicht über den endgültigen Verhandlungsmodus und die Beteiligung des Reiches entschieden. Mit Rückendeckung der kurbayerischen und fränkischen Gesandten brachte die schwäbische Abordnung deshalb einen Kompromissvorschlag ins Gespräch, der eine Repräsentation des Reiches am Friedenskongress sowohl durch eine von Frankfurt nach Münster translozierte Reichsdeputation als auch durch die Reichskreise vorsah: Gemäß dem schwäbischen Vorschlag sollten sämtliche Einzelfragen des künftigen Friedensvertrags

sächlich bestätigte Kaiser Ferdinand III. entsprechende Absichten im Januar 1645 in einem Briefwechsel mit dem bayerischen Kurfürsten, vgl. ebd., S. 156.  Vgl. ebd., S. 3 (Nr. 1).  Vgl. Immler: Kurfürst Maximilian I. und der Westfälische Friedenskongress (Anm. 1742), S. 156.  Vgl. Kietzell: Der Frankfurter Deputationstag von 1642 bis 1645 (Anm. 951), S. 118.  Die schwäbische Kreisgesandtschaft wurde mit Vertretern der beiden Kreisausschreibenden Fürsten beschickt. Dies waren Georg Köberlin (Konstanz) und Andreas Burckhardt (Württemberg), vgl. Neuburger: Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung im Schwäbischen Reichskreis (Anm. 49), S. 312 f., 333 – 336; Kietzell: Der Frankfurter Deputationstag von 1642 bis 1645 (Anm. 951), S. 117. Ein Original des entsprechenden Kreisabschieds findet sich unter HStASt: C 9 Bü. 564 (Anm. 943), Ulm, 20./30. Januar 1645, unfol. (Nr. 70).

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zwischen dem Reich und den ausländischen Kronen zuerst innerhalb von Reichskreisdeputationen beraten werden. Die Voten der einzelnen Reichskreise würden dann wiederum durch die in der Reichsdeputation regulär vertretenen Stände aus den jeweiligen Reichskreisen vorgebracht und mit kaiserlicher Zustimmung zu einem allgemeinverbindlichen Conclusum formuliert werden.¹⁸⁶⁴ Als mehrheitsfähig erwies sich dieser komplizierte Verhandlungsmodus jedoch nicht, und letztlich ordneten auch außer dem Fränkischen und Schwäbischen Reichskreis keine weiteren Kreise mehr eigene Delegationen nach Westfalen ab. Eine Einbeziehung einzelner Reichskreise am Friedenskongress scheint zwar selbst noch in der Konferenz von Lengerich im Juli 1645 debattiert worden zu sein, in der sich kurfürstliche und kaiserliche Gesandte zur endgültigen Klärung des „modus consultandi“ berieten, aber hier konnte sich nun eine ganz andere Lösung durchsetzen:¹⁸⁶⁵ Unter dem Eindruck einer weiteren verheerenden Niederlage des kaiserlichen Heeres bei Jankau in Böhmen und dem Ausscheiden Kursachsens aus dem Krieg konnte das von Schweden unterstützte Kurbrandenburg dem Kaiser und den katholischen Kurfürsten das Einverständnis abringen, alle Reichsstände doch einzeln zur Teilnahme am Westfälischen Friedenskongress einzuladen.¹⁸⁶⁶  Die Urheberschaft des Kompromissvorschlags wird in der Literatur unterschiedlich dargestellt. Neuburger und Becker gehen von einer schwäbischen Urheberschaft aus. Der Vorschlag soll Mitte Juni 1645 zur Diskussion gestellt worden sein. Immler berichtet indes von einem gleichlautenden Vorschlag vom fränkischen Gesandten Göbel, den die kurbayerische Gesandtschaft schon am 8. Juni 1645 aufgriff und für gut hieß. Immler äußert sich jedoch nicht zu der Eingabe der schwäbischen Kreisgesandtschaft. Vgl. Neuburger: Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung im Schwäbischen Reichskreis (Anm. 49), S. 334 f.; Becker: Der Kurfürstenrat (Anm. 20), S. 199; Immler: Kurfürst Maximilian I. und der Westfälische Friedenskongress (Anm. 1742), S. 159; ferner Greindl/Immler (Hrsg.): Die diplomatische Korrespondenz Kurbayerns zum Westfälischen Friedenskongress (Anm. 69), Kurfürst Maximilian an die kurbayerischen Gesandten Haslang und Krebs, München, 12. Juli 1645, S. 290 – 295 (Nr. 72).  Das Dorf Lengerich lag auf halbem Weg zwischen den beiden eigentlichen (nach Konfessionsgruppen geschiedenen) Kongressorten Münster und Osnabrück und wurde als neutraler Ort zur Klärung von allgemeinen Verhandlungsfragen gewählt. Die Konferenz fand zwischen dem 9. bis 11. Juli 1645 statt, vgl. ebd., Bericht der kurbayerischen Gesandten Haslang und Krebs an Kurfürst Maximilian, Münster, 13. Juli 1645, S. 299 – 302 (Nr. 74); vgl. ferner Anuschka Tischer: Zwei Verhandlungsorte für einen Frieden: Die räumliche Dimension des Friedenskongresses in Münster und Osnabrück (1644– 1648), in: Kongressorte der frühen Neuzeit im europäischen Vergleich (Anm. 1333), S. 173 – 187, hier S. 182 f.; Ruppert: Die kaiserliche Politik auf dem Westfälischen Friedenskongress (Anm. 1826), S. 92– 95; Immler: Kurfürst Maximilian I. und der Westfälische Friedenskongress (Anm. 1742), S. 158 – 163.  Zur Schlacht von Jankau und ihren Folgen für den Fortgang des Westfälischen Friedenskongresses vgl. Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 365), S. 149 – 151; Peter Englund: Die Verwüstung Deutschlands. Eine Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs.

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Die Reichskreisgesandtschaften hatten sich damit ebenfalls erübrigt. Darüber unglücklich dürfte man aber weder im Schwäbischen noch im Fränkischen Reichskreis gewesen sein: Beiden Reichskreisgesandtschaften war bereits von Anfang an in ihre Instruktionen geschrieben worden, sich neben der allgemeinen Bekundung des Friedenswillens der Kreisstände nach Möglichkeit auch dafür einzusetzen, dass sämtlichen Reichsständen im Lauf der Friedenstraktate doch noch das volle „ius suffragii“ eingeräumt werde.¹⁸⁶⁷ Im Grunde sollten die Kreisgesandtschaften den schwäbischen und fränkischen Kreisständen also nicht nur eine indirekte Repräsentanz am Friedenskongress gewährleisten, sondern auch als „Türöffner“ für einen späteren direkten Zugang jedes einzelnen Kreisstands zu den Verhandlungen dienen. Dieses Ziel wurde schließlich im Sommer 1645 erreicht. Für die fränkischen und schwäbischen Gesandten in Münster und Osnabrück bedeutete dies jedoch nicht das Ende ihrer diplomatischen Tätigkeit, denn sie vertraten ab Herbst 1645, versehen mit neuen Instruktionen, nicht mehr ganze Reichskreise, sondern verschiedene einzelne Reichsstände.¹⁸⁶⁸ Vor allem den fränkischen Kreisständen war es dabei noch wichtig, ihre Gesandtschaft durch die Übersendung entsprechender Belohnungen an die Delegationsmitglieder „cum reputatione Circuli“ zu Ende zu bringen. Ferner hielten sie mittels

Stuttgart 1998, S. 420 – 430; Dickmann: Der Westfälische Frieden (Anm. 1825), S. 176 f., 188 f.; Ruppert: Die kaiserliche Politik auf dem Westfälischen Friedenskongress (Anm. 1826), S. 72– 97; zum Ausscheiden Kursachsens aus dem Krieg in Folge des Waffenstillstands von Kötzschenbroda vgl. Burkhardt: Friedensschlüsse auf Sächsisch (Anm. 352), S. 59 f.; Duchhardt: Kötzschenbroda 1645 – ein historisches Ereignis im Kontext des Krieges und im Urteil der Nachwelt (Anm. 1737).  Vgl. Neuburger: Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung im Schwäbischen Reichskreis (Anm. 49), S. 334; Dietz: Die Politik des Hochstifts Bamberg am Ende des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 53), S. 106 – 108, 117, 122 f.  Die schwäbischen Kreisstände verständigten sich ohne die Einberufung eines Kreistags mittels eines von den Kreisausschreibenden Fürsten initiierten Rundschreibens vom 28. September 1645 auf ein Ende der Kreisgesandtschaft. Die letzte Handlung der schwäbischen Delegation bestand in einem Antrittsbesuch bei dem soeben in Münster erschienenen kaiserlichen Verhandlungsführer Maximilian von Trauttmansdorff am 10. Dezember 1645, danach vertrat der Gesandte Köberlin nur noch das Hochstift Konstanz und andere katholische schwäbische Kreisstände, der Gesandte Burckhardt repräsentierte Württemberg, vgl. Neuburger: Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung im Schwäbischen Reichskreis (Anm. 49), S. 334– 336. Der Fränkische Reichskreis beschloss das Ende seiner westfälischen Gesandtschaft auf einem Kreistag am 19. September 1645, vgl. Friedrich Carl von Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 257– 265, hier 258; vgl. ferner Dietz: Die Politik des Hochstifts Bamberg am Ende des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 53), S. 142. Die Mitglieder der fränkischen Kreisdelegation erhielten bereits Ende August 1645 Vollmachten zur Vertretung einzelner fränkischer Kreisstände. Göbel repräsentierte künftig Bamberg, Müller Kulmbach, Oelhafen Nürnberg und andere Reichsstädte, vgl. ebd., S. 145.

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eines Kreisabschieds ausdrücklich fest, sämtliche fränkische Kreisstände würden es auch für den weiteren Verlauf des Friedenskongresses „für nothwendig ermeßen, daß obschon die Crays=Gesandtschafft gefallen, dennoch einen, als den andern Weg der Crays=Stände Deputirte jedesmahl fleißig und vertraulich miteinander correspondiren sollen und wollen.“¹⁸⁶⁹ Die konfessionsübergreifende Kooperation der fränkischen Kreisstände sollte demnach zumindest in informeller Weise fortgesetzt werden, auch ohne eine gemeinsame Gesandtschaft des ganzen Reichskreises.

2 Die Exekution des Westfälischen Friedens durch die Reichskreise Die Aushandlung der einzelnen Friedensbestimmungen benötigte aber auch nach der endgültigen Klärung der Admissionsfrage noch ganze drei Jahre, und erst am 24. Oktober 1648 konnten die eigentlichen Friedensverträge in Münster feierlich unterzeichnet und besiegelt werden. Das Friedenswerk markierte zweifellos eine wichtige Zäsur für die Geschichte des Reiches in der Frühen Neuzeit, schrieb es doch bemerkenswerte territoriale Änderungen sowie eine Vielzahl religions- und verfassungsrechtlicher Neuerungen oder Präzisierungen bestehender Reichsgesetze fest. Zudem wurde es in seiner Gesamtheit zu einem neuen Fundamentalgesetz des Reiches erklärt.¹⁸⁷⁰ Doch ob der Westfälische Frieden auch eine revolutionäre Umgestaltung der Reichsverfassung darstellte, wie es vor allem die ältere Historiographie noch hervorhob, kann aus heutiger Sicht durchaus angezweifelt werden. Die jüngere Forschung betont vielmehr den restaurativen Charakter des Vertragswerk.¹⁸⁷¹ In Hinblick auf die Kreisverfassung kann diese Einschätzung nur bestätigt werden. Sofern der Westfälische Frieden Neuerungen für einzelne Reichskreise erbrachte, dann vor allem in Folge der territorialen Änderungen, die Schweden über seine neuerworbenen Gebiete die Kreisstandschaft in gleich drei norddeutschen Reichskreisen sowie ein Kreisdirektorium einbrachten.

 Beide Zitate aus dem fränkischen Kreisabschied vom 19. September 1645 nach Friedrich Carl von Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748 (Anm. 63), S. 258.  Vgl. grundlegend Burkhardt: Das größte Friedenswerk der Neuzeit. Der Westfälische Frieden in neuer Perspektive (Anm. 3); Burkhardt: Vollendung und Neuorientierung des frühmodernen Reiches (Anm. 18), S. 25 – 54.  Vgl. hierzu zuletzt Heinz Duchhardt: Der Westfälische Friede im Fokus der Nachwelt. Münster (Westf.) 2014; ferner Schönemann: Die Rezeption des Westfälischen Friedens durch die deutsche Geschichtswissenschaft (Anm. 3).

2 Die Exekution des Westfälischen Friedens durch die Reichskreise

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Ferner ließ er auch Kurbrandenburg mit seiner Anwartschaft auf Magdeburg zu einem künftigen weiteren Direktor und Kreisausschreibenden Fürsten des Niedersächsischen Reichskreises werden.¹⁸⁷² In Bezug auf die gesamte Kreisverfassung des Reiches hält das Osnabrücker Friedensinstrument jedoch ausdrücklich fest: „Ut etiam pax publica tanto melius conservari possit redintegrentur circuli, et statim ac undecumque turbarum vel mortuum aliqua initia apparent, observentur ea quae in constitutionibus imperii de pacis publicae executione et conservatione disposita sunt.“¹⁸⁷³ Daneben wurden auch die für die Kreisverfassung wichtigsten Reichsgrundgesetze in ihrer Gültigkeit bestätigt, wie etwa die Reichsexekutionsordnung, die trotz der prinzipiellen Anerkennung des reichsständischen „ius foederis“ im Westfälischen Frieden auch künftig von immenser Bedeutung für die militärischen Kompetenzen der Reichskreise und ihrer Kreisstände blieb.¹⁸⁷⁴ Die Bestimmungen zur Redintegration der Reichskreise waren vor allem für die Exekution des Westfälischen Friedens von größter Bedeutung: Denn wie im Fall eines neu verabschiedeten Reichsgesetzes zeichneten die Reichskreise auch

 Schweden trat in die Reichskreise Ober- und Niedersachsen (für Vorpommern und das zum Herzogtum erhobene ehemalige Erzstift Bremen) sowie den Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis (für das zum Herzogtum erhobene ehemalige Hochstift Verden) ein. Ein schwedisches Kreisdirektorium (als Herzog von Bremen) war für den Niedersächsischen Reichskreis vorgesehen, sollte dort aber stets im Wechsel mit Magdeburg und unter Berücksichtigung eines Mitdirektoriums des Hauses Braunschweig ausgeübt werden. Vgl. Art. X §10 IPO, ferner die Ausführungen bei Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 67; Nicklas: Macht oder Recht (Anm. 35), S. 241– 243; Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung“ und „Policey“ (1555 – 1682) (Anm. 34), S. 173; Hans Krey: Der Niedersächsische Kreis im Zeichen des Westfälischen Friedens (1648 – 1650) unter besonderer Berücksichtigung der freien und Reichsstadt Mühlhausen. Diss. phil. (masch.). Leipzig 1925, S. 6.  Vgl. Art. XVII §8 IPO, zitiert nach der Onlineedition des IPO durch die Acta Pacis Westphalicae („Supplementa electronica“, 1), http://www.pax-westphalica.de/ipmipo/index.html (zuletzt aufgerufen am 22. 10. 2017).  Vgl. Art. VIII §4 IPO. Zur Kontroverse zwischen Bernd Wunder und Karl Otmar von Aretin über die Bedeutung des ius foederis und der Reichsexekutionsordnung für die Kreisassoziationen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts vgl. die Ausführungen bei Friedrich: Legitimationsprobleme von Kreisbündnissen. Neue Überlegungen zu einer „alten“ Debatte (Anm. 979), hier insbesondere S. 31 f., ferner Schulze: Reziprokes Agenda Setting? Kooperationsformen zwischen Kreistagen und Immerwährendem Reichstag auf den Gebieten des Münzwesens und der „securitas publica“ (Anm. 40), hier S. 166 f.; grundlegend Karl Otmar von Aretin: Die Kreisassoziationen in der Politik der Mainzer Kurfürsten Johann Philipp und Lothar Franz von Schönborn 1648 – 1711, in: Der Kurfürst von Mainz und die Kreisassoziationen. Zur verfassungsmässigen Stellung der Reichskreise nach dem Westfälischen Frieden, hrsg. v. Karl Otmar von Aretin (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz Abteilung Universalgeschichte: Beiheft, 2). Wiesbaden 1975, S. 31– 67; Bernd Wunder: Die Erneuerung der Reichsexekutionsordnung und die Kreisassoziationen 1654– 1674, in: ZGO 139 (1991), S. 494– 502.

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für die Umsetzung des Westfälischen Friedens verantwortlich, weshalb von einer raschen Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der Kreisverfassung die Exekution des Friedens insgesamt abhing. Dies betraf auch die finanziellen Bestimmungen des Westfälischen Friedens, deren Abwicklung ausdrücklich in die Zuständigkeit der Reichskreise gestellt wurde.¹⁸⁷⁵ Dabei handelte es sich in erster Linie um Zahlungen, die das Reich zur Entschädigung der nach Kriegsende zu entlassenden Soldateska der verschiedenen Kriegsparteien zu leisten hatte.¹⁸⁷⁶

2.1 Demobilisierung und Satisfaktion. Die Reichskreise und die Frage der „satisfactio militum“ Die Abdankung der Soldaten aller beteiligten Kriegsparteien, die „satisfactio militum“, wurde erst in einer der letzten Verhandlungsphasen des Westfälischen Friedenskongresses erörtert, und bestand vor allem aus zwei Einzelfragen: Welche auf Reichsboden stehende Armee sollte mit welchen Summen abgefunden werden und wer hatte dies zu bezahlen?¹⁸⁷⁷ Vor allem Schweden maß der Berücksichtigung einer finanziellen Abfindung seiner Truppen als Bestandteil der Friedensbedingungen elementarste Bedeutung zu, denn im Gegensatz zu Frankreich, Spanien und dem Kaiser stand für die nordische Großmacht nie zur Option, seine Armee nach einem Friedensschluss einfach in die eigenen Länder abzuziehen. Das schwedische Mutterland wäre gar nicht in der Lage gewesen, die in der letzten Kriegsphase nochmals auf vermutlich über 100 000 Mann gewachsene Armee auch nur vorübergehend zu versorgen,

 Vgl. Art. XVI § 8 – 12 IPO.  Zur Verwendung der Satisfaktionsgelder für Schweden vgl. Oschmann: Der Nürnberger Exekutionstag 1649 – 1650 (Anm. 1824), S. 586 – 595.Vgl. grundlegend zur Thematik auch Bernhard Kroener: „Der Krieg hat ein Loch…“. Überlegungen zum Schicksal demobilisierter Söldner nach dem Dreißigjährigen Krieg, in: Der Westfälische Friede. Diplomatie, politische Zäsur, kulturelles Umfeld, Rezeptionsgeschichte, hrsg. v. Heinz Duchhardt (Historische Zeitschrift. Beiheft, 26). München 1998, S. 599 – 630.  Vgl. Dickmann: Der Westfälische Frieden (Anm. 1825), S. 470 – 477; Oschmann: Der Nürnberger Exekutionstag 1649 – 1650 (Anm. 1824), S. 85 – 94; Westphal: Der Westfälische Frieden (Anm. 1829), S. 92 f. Zum Abschluss der Verhandlungen 1648 vgl. zudem Konrad Repgen: Die Hauptprobleme der westfälischen Friedensverhandlungen von 1648 und ihre Lösungen, in: Konrad Repgen – Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede. Studien und Quellen, hrsg. v. Franz Bosbach und Christoph Kampmann (Rechts- und Staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft, 117). 3. Aufl. Paderborn 2015, S. 425 – 460.

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oder die zu erwartenden Abdankungskosten selbst aufzubringen.¹⁸⁷⁸ Schließlich hatte die schwedische Krone den Krieg überhaupt nur so lange führen können, da sie die Hauptlasten ihrer Kriegsführung spätestens seit den Zeiten des Heilbronner Bundes fast vollständig auf besetzte oder verbündete Reichsterritorien abgewälzt hatte.¹⁸⁷⁹ Folglich musste es eines der vornehmen Kriegsziele Schwedens sein, die Abdankungskosten seiner Armee nach einem Friedensschluss nicht selbst zu tragen, sondern ebenfalls seinen Gegnern oder dem ganzen Reich aufbürden zu können.¹⁸⁸⁰ Wenn aber nicht nur vereinzelte Reichsstände, sondern größere Teile das Reichs oder gar das Reich insgesamt zur Deckung der Abdankungskosten herangezogen werden sollten, so war dies ohne eine Einbeziehung der Reichskreise mit ihren Kompetenzen in Reichs- und Kreissteuersachen und der Heeresversorgung nur schwerlich zu organisieren. Dies war auch dem kaiserlichen Hauptgesandten Trauttmansdorff bewusst, der schließlich als Erster eine Entschädigung der einzelnen Heere nach Reichskreisen in den Friedensverhandlungen zur Sprache brachte. Er verband damit allerdings die Hoffnung, dass eine Entschädigung der schwedischen Armee nicht von allen Reichskreisen, sondern nur den beiden fast gänzlich protestantischen Reichskreisen Ober- und Niedersachsen aufgebracht werden musste, da die protestantischen Reichsstände nach katholischer Lesart seinerzeit die Schweden überhaupt erst ins Reich gerufen hatten.¹⁸⁸¹ Von protestantischer Seite wurde diese Forderung freilich zurückgewiesen, und mit zwei Reichskreisen alleine wollte und konnte sich Schweden auch keineswegs zufriedengeben. Deshalb unternahm die schwedische Militärführung auch in den letzten Monaten des Krieges nochmals große Anstrengungen, nicht nur so tief wie möglich in die Territorien des Gegners vorzustoßen, sondern möglichst flächendeckend ganze Reichskreise unter Kontrolle zu bekommen und sie sich damit zur Versorgung und Abdankung der eigenen Armee zu sichern.

 Vgl. Geoffrey Parker: The Soldiers of the Thirty Year’s War, in: Krieg und Politik 1618 – 1648. Europäische Probleme und Perspektiven, hrsg. v. Konrad Repgen/Elisabeth Müller-Luckner (Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien, 8). München 1988, S. 303 – 315, hier S. 303. Parkers Beitrag ist allerdings nur noch in militärhistorischer Hinsicht relevant, seine Ausführungen zu den politischen und verfassungsrechtlichen Inhalten des Münsteraner Friedensvertrags – er spricht von 194 souveränen (!) europäischen Staaten als Signatarmächten – spiegeln einen längst überholten Forschungsstand wider.  Vgl. Kap. I.4. „‚Schwedenkreistageʻ und Heilbronner Bund. Die Reichskreise in der ‚Schwedenzeitʻ, 1631 – 1635“ im zweiten Hauptkapitel dieser Arbeit; vgl. ferner Oschmann: Der Nürnberger Exekutionstag 1649 – 1650 (Anm. 1824), S. 41– 46.  Vgl. Lundkvist: Die schwedischen Kriegs- und Friedensziele 1632– 1648 (Anm. 1542), S. 230 – 234.  Vgl. Dickmann: Der Westfälische Frieden (Anm. 1825), S. 474.

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Ausblick: Die Reichskreise und der Westfälische Frieden

Im süddeutschen Raum musste dies jedoch auf entschiedenen Widerstand Kurbayerns stoßen, das zumindest die drei Reichskreise Bayern, Schwaben und Franken stets als die Versorgungsbasis der Ligaarmee respektive ab 1635 der kurbayerischen Reichsarmada betrachtet hatte.¹⁸⁸² Dementsprechend bestand Kurbayern in den Westfälischen Friedensverhandlungen darauf, zur Abdankung seines Korps der Reichsarmee alle drei oberdeutschen Reichskreise in Beschlag nehmen zu können.¹⁸⁸³ Die kurbayerischen Forderungen wurden allerdings nicht nur von den ausländischen Kronen abgewiesen, sondern trafen selbst bei mit Bayern verbündeten Reichsständen auf Widerspruch, die befürchteten, die Satisfaktion der schwedischen Soldateska ohne Mithilfe aus den oberdeutschen Reichskreisen stemmen zu müssen.¹⁸⁸⁴ Auch die Entwicklung auf dem Schlachtfeld im letzten Kriegsjahr sprach schließlich gegen die bayerischen Ansprüche, denn in Folge eines erneuten schwedisch-französischen Vorstoßes in den Süden des Reiches verlagerte sich das Kriegsgeschehen zeitweise wieder tief in den Bayerischen Reichskreis, ehe bayerische und kaiserliche Truppen ihre Feinde bis zum Herbst 1648 wieder über Lech und Donau ins Württembergische abdrängen konnten.¹⁸⁸⁵ Erst unter diesen Umständen erklärte sich Kurbayern schließlich bereit, sich zur Abdankung seiner Armee mit nur einem einzigen Reichskreis, dem Bayerischen, zu begnügen.¹⁸⁸⁶ Ebenso musste sich der Kaiser mit nur einem einzigen Reichskreis, dem Österreichischen, abfinden. Im Gegenzug gaben die Reichsstände jedoch das Versprechen ab, dem Reichsoberhaupt eine gesonderte Reichssteuerbewilligung auf dem nächsten Reichstag zu gewähren.¹⁸⁸⁷ Auch wenn die exakte Höhe dieser künftigen Reichshilfe durch die eigentlichen Friedensverträge des Reichs mit Frankreich und Schweden nicht fixiert wurde, ging man auf kaiserlicher Seite

 Nach der Aufkündigung des Ulmer Waffenstillstands durch Bayern im Herbst 1647 hatte Kaiser Ferdinand III. Kurfürst Maximilian die zuvor zwischen der kaiserlichen Immediatarmee und den kurbayerischen Truppen als Kontributions- und Quartiersgebiete umstrittenen Reichskreise Bayern, Schwaben und Franken vollständig überlassen, vgl. Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 49 – 55.  Vgl. Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 1050; Dickmann: Der Westfälische Frieden (Anm. 1825), S. 474.  Vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 354 Anm. 240.  Zur militärischen Ausgangslage des Jahres 1648 vgl. Höfer: Das Ende des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 1744), S. 145, zum Verlauf der letzten Feldzüge des Dreißigjährigen Kriegs im Jahr 1648 ausführlich auch ebd.  Vgl. Art. VIII §11 IPO.  Vgl. Oschmann: Der Nürnberger Exekutionstag 1649 – 1650 (Anm. 1824), S. 76 f.

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nach dem Friedensschluss doch davon aus, einen Rechtsanspruch auf eine Bewilligung von 100 Römermonaten erworben zu haben.¹⁸⁸⁸ Die Entschädigung der schwedischen Armee wurde dagegen sehr viel detaillierter geregelt. Bereits die Anzahl der ihm zuerkannten Reichskreise ließ erkennen, dass Schweden der eigentliche Gewinner der finanziellen Entschädigungsregelungen des Westfälischen Friedens war: „Denique pro militiae Suedicae exauctoratione omnes et singuli electores, principes et reliqui status comprehensa libera et immediata Imperii nobilitate […] septem sequentium circulorum Imperii, electoralis Rhenani, Superioris Saxonici, Franconici, Suevici, Superioris Rhenani, Westphalici et Inferioris Saxonici, teneantur in medium conferre quinque myriades Imperialium thalerorum“.¹⁸⁸⁹ Ausgezahlt werden sollten die 5 Millionen Reichstaler ähnlich einer Reichssteuer, weshalb sie in Römermonate umgerechnet wurden, um sie nach den Reichs- und Kreismatrikeln auf die einzelnen Stände der sieben Reichskreise umlegen zu können. So ergab sich für jeden betroffenen Reichs- beziehungsweise Kreisstand eine Belastung von 133,5 Römermonaten, die in drei Zahlungsterminen in die regulären Legstädte der einzelnen Reichskreise und einige wenige alternative Zahlungsorte abzuführen waren.¹⁸⁹⁰ Im Bayerische Reichskreis sollten die zur Soldatenabdankung aufzubringenden Gelder proportional so hoch veranschlagt werden, wie in den sieben anderen Reichskreisen, für den Österreichischen Reichskreis wurden dem Kaiser keine Vorgaben gemacht.¹⁸⁹¹ Als einziger Reichskreis von den Entschädigungsregelungen völlig ausgenommen wurde nur der Burgundische Reichskreis, dessen einziger Kreisstand, Spanien, sich nach wie vor im Krieg mit Frankreich be-

 Die künftige Reichstagsbewilligung für den Kaiser wird im IPO nur beiläufig und ohne Zahlenangaben in Art. XVI § 11 erwähnt. Zur Gleichsetzung der Bewilligung mit 100 Römermonaten vgl. BayHStA: Kurbayern Lit. 2628/1, fol. 179r.  Art. XVI §8 IPO, zitiert nach der Onlineedition des IPO durch die Acta Pacis Westphalicae („Supplementa electronica“, 1), http://www.pax-westphalica.de/ipmipo/index.html (zuletzt aufgerufen am 22. 10. 2017).  Vgl. Art. XVI §§ 8 – 12. Die Detailregelungen sind ausführlich beschrieben bei Oschmann: Der Nürnberger Exekutionstag 1649 – 1650 (Anm. 1824), S. 76 – 99. Vgl. zur Umrechnung der Satisfaktionsgelder auch OeStA FHKA: SUS RA 90.1.13 (Anm. 185), „Reichs Matricul de Anno 1613 vnd Nürnbergische Repartition“, fol. 1223r–1247v. Die Zahlenangaben des Dokuments zu den einzelnen Reichskreisen sind in Auszügen im Anhang editiert.  Vgl. Art. XVI §11: „in circulo autem Bavarico observetur idem collectandi et solvendi modus qui in reliquis circulis, executio tamen ut et in caeteris septem circulis fiat secundum constitutiones Imperii.“ Zitat nach ebd.

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Ausblick: Die Reichskreise und der Westfälische Frieden

fand.¹⁸⁹² Zudem wurden Sonderregelungen zur Entschädigung Hessen-Kassels getroffen, von denen aber nur einzelne, der Landgrafschaft benachbarte katholische Reichsstände betroffen waren, nicht aber ganze Reichskreise.¹⁸⁹³ Für die Auszahlung der Satisfaktionsgelder der einzelnen Reichskreise und ihrer Stände gab der Westfälische Frieden einen ausgesprochen ehrgeizigen Terminplan vor: Um die vereinbarte allgemeine Abrüstung im Reich umgehend durchführen zu können, sollten die Kreisstände der sieben Schweden vorbehaltenen Kreise bis zum 24. Dezember 1649 bereits 1,8. Mio. Reichstaler in bar an schwedische Kommissare übergeben und schwedischen Offizieren die Eintreibung weiterer 1,2 Mio. Reichstaler mittels Assignationen gestattet werden. Auf diese Weise wären von der schwedischen Militärsatisfaktion schon 60 % abgegolten und genug finanzielle Mittel eingesammelt worden, um die schwedische Soldateska parallel zu den anderen noch auf Reichsboden befindlichen Armeen bis zum Frühjahr 1649 weitgehend abzudanken. In Folge dessen hätten den Reichsständen nicht noch weitere Kosten durch eine längere Unterhaltung der verschiedenen Heere in Friedenszeiten zugemutet werden müssen.¹⁸⁹⁴ So jedenfalls die Theorie. In der Praxis erwies sich dieser Zeitplan jedoch als nicht umsetzbar, was aber nicht nur im finanziellen Unvermögen der Reichsstände begründet lag, von denen sich nur die wenigsten dazu fähig zeigten, innerhalb weniger Wochen ausreichend hohe Barmittel aus ihren oftmals völlig verarmten Territorien zu akquirieren. Das über Jahrzehnte gepflegte Misstrauen zwischen den bisherigen Feinden trug ebenso dazu bei, dass Festungen länger besetzt blieben und die Soldateska auf allen Seiten sehr viel langsamer abgedankt wurde, als ursprüng-

 Vgl. Ruppert: Die kaiserliche Politik auf dem Westfälischen Friedenskongress (Anm. 1826), S. 344 f; Dickmann: Der Westfälische Frieden (Anm. 1825), S. 481. Vgl. grundsätzlich zur Thematik auch Michael Rohrschneider: Der gescheiterte Frieden von Münster. Spaniens Ringen mit Frankreich auf dem Westfälischen Friedenskongress (1643 – 1649) (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 30). Münster 2007.  Der Landgräfin von Hessen-Kassel wurden 600.000 Reichstaler zugesprochen, aufzubringen durch die von hessischen Truppen teilweise besetzten Kurfürstentümer Mainz und Köln, die Hochstifte Paderborn und Münster und die Fürstabtei Fulda, vgl. Art. XV §4 IPO. Zusätzlich wurde Hessen-Kassel eine Ermäßigung von 100.000 Rtl. für die nächste Reichssteuerbewilligung des Reichstags gewährt, vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 358; Oschmann: Der Nürnberger Exekutionstag 1649 – 1650 (Anm. 1824), S. 79 f.Vgl. zur Politik Hessen-Kassels auf dem Westfälischen Friedenskongress und seinen Kriegszielen zuletzt Weiand: Hessen-Kassel und die Reichsverfassung (Anm. 1638), S. 94– 168, zur Satisfaktionsfrage insbesondere S. 157– 159, sowie Tryntje Helfferich: The Iron Princess. Amalia Elisabeth and the Thirty Years War. Cambridge, Massachusetts 2013, S. 214– 232.  Vgl. Oschmann: Der Nürnberger Exekutionstag 1649 – 1650 (Anm. 1824), S. 82.

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lich vorgesehen.¹⁸⁹⁵ Infolgedessen mussten fast sämtliche zum Zeitpunkt des Friedensschlusses Ende Oktober 1648 in Kriegsdiensten stehenden Truppen von den Reichsständen über den Winter 1648/1649 hinweg verpflegt werden. Dazu wurde die schwedische Hauptarmee nach einer Absprache zwischen dem schwedischen Oberbefehlshaber Pfalzgraf Karl Gustav und dem obersten kaiserlichen Feldherren Piccolomini schon im Dezember 1648 aus ihren zuletzt vor allem in Böhmen bezogenen Stellungen abgezogen und über alle sieben Reichskreise aufgeteilt, um ihre Versorgung durch die Reichsstände bis zur Exekution der wichtigsten Friedensbestimmungen zu gewährleisten.¹⁸⁹⁶ Dieses Vorgehen traf auf reichsständischer Seite auf heftige Kritik, mussten diese doch fortan neben den regulären Satisfaktionszahlungen an Schweden zusätzliche Versorgungsleistungen erbringen. Manche Reichsstände glaubten hinter der Verteilung der schwedischen Regimenter über weite Teile des Reiches sogar die Absicht erkennen zu können, das Reich um den Frieden betrügen zu wollen und es doch noch vollends unter die Kontrolle der schwedischen Krone zu bringen.¹⁸⁹⁷ Für die Kreisorganisation des Reiches setzte die großflächige Verteilung der schwedischen Armee über die sieben Reichskreise aber belebende Impulse: In fast allen mit Einquartierungsmaßnahmen konfrontierten Reichskreisen traten noch Ende des Jahres 1648 oder im Frühjahr 1649 Kreistage zusammen, um die Versorgung der nun nicht mehr kämpfenden, aber immer noch Obdach und Verpflegung in Anspruch nehmenden Truppen innerhalb des jeweiligen Reichs-

 So riet beispielsweise der kurbayerische Oberbefehlshaber Adrian von Enkefort noch Ende Dezember 1648 dem bayerischen Kurfürsten, auf „des feinds heimbtükhische machinationes noch imerzu eine reflexion zumachen, vnd dem friden, welchen Sie zwar mit schrift: vnd wortten scheinbarlich versichern, durch ihre actiones aber ein annders an tag legen, nicht allerdings so gar zuthrauen.“ Daher solle der Kurfürst seine Reichsarmada vorerst noch nicht abdanken, vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3618 (Anm. 940) Feldmarschall Adrian von Enkefort an Kurfürst Maximilian, o.O., 22. Dezember 1648 (Extrakt), fol. 149r–150v, Zitat 149r.  Vgl. Oschmann: Der Nürnberger Exekutionstag 1649 – 1650 (Anm. 1824), S. 101– 124; zu den unmittelbaren Folgen für den Fränkischen Reichskreis, in den noch im November 1648 ein erheblicher Teil der schwedischen Hauptarmee einrückte, vgl. Dietz: Die Politik des Hochstifts Bamberg am Ende des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 53), S. 412 f.; Weigel: Franken im Dreißigjährigen Kriege. Versuch einer Überschau von Nürnberg aus (Anm. 53), S. 216 – 218.  Zu den Bedenkenträgern gehörten unter anderem auch Kursachsen und Kurköln, vgl. Foerster: Kurfürst Ferdinand von Köln (Anm. 45), S. 366. Kurköln stellte im Umfeld des Nürnberger Exekutionstags 1649 sogar Überlegungen an, ob nicht die Begründung einer umfassenden Kreisassoziation zur militärischen Absicherung gegenüber Schweden wünschenswert sei, ging die Realisierung entsprechender Pläne aber nicht mehr an, vgl. Wilhelm Engels: Aus den Anfängen Fürstenbergischer Politik in Kurköln, in: Spiegel der Geschichte. Festgabe für Max Braubach zum 10. April 1964, hrsg. v. Konrad Repgen/Stephan Skalweit. Münster (Westf.) 1964, S. 478 – 500, hier 495 – 497.

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Ausblick: Die Reichskreise und der Westfälische Frieden

kreises zu koordinieren.¹⁸⁹⁸ Ebenso wurden Kreiseinnehmer und die beiden Reichspfennigmeister umgehend wieder in Dienst gestellt, um eine ordnungsgemäße Einsammlung der eigentlichen Satisfaktionsgelder des Reiches zu gewährleisten.¹⁸⁹⁹ Allerdings konnten die Kreisversammlungen an der Jahreswende 1648/1649 oftmals nur wenig zur tatsächlichen Umsetzung der Westfälischen Friedensverträge beisteuern, denn dem Osnabrücker und Münsteraner Vertragswerk mangelte es noch an präzisen Ausführungsbestimmungen. Deshalb wurde auf schwedische Anregung ein „Exekutionstag“ nach Nürnberg einberufen, auf dem der Kaiser, Schweden, Frankreich, die Kurfürsten und einige reichsständische Abordnungen zwischen April 1649 und Juli 1650 über eine abschließende Klärung der Vollzugsbestimmungen der Westfälischen Friedensverträge berieten.¹⁹⁰⁰ Wie bereits in der Frühphase des Westfälischen Friedenskongresses entsandten auch

 Vgl. allgemein Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 68 – 71; zu den Aktivitäten einzelner Reichskreise unmittelbar nach dem Friedenschluss vgl. für den Fränkischen Kreis StABa: Fränkischer Kreis, Kreisarchiv Nr. 862, Protokolle von den Kreistagen und Konferenzen der Kreisausschreibenden Fürsten vom 22. Februar 1650, 7.–17. Juni 1650, 20. Juli 1650, 23. August 1650 und 10.–11. April 1652; ferner Dietz: Die Politik des Hochstifts Bamberg am Ende des Dreißigjährigen Krieges (Anm. 53), S. 412– 417; für den Schwäbischen Kreis Neuburger: Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung im Schwäbischen Reichskreis (Anm. 49), S. 451– 461; für den Oberrheinischen Kreis Amann: Der Oberrheinische Kreis im Wandel (Anm. 113), S. 343 – 345; für den Kurrheinischen Kreis Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 278 f.; für den Niedersächsischen Kreis Krey: Der Niedersächsische Kreis im Zeichen des Westfälischen Friedens (1648 – 1650) unter besonderer Berücksichtigung der freien und Reichsstadt Mühlhausen (Anm. 1872), S. 40 – 55; für den Bayerischen Kreis Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 400‐406. Im Obersächsischen und im NiederrheinischWestfälischen Reichskreis traten erst 1653/54 wieder Kreistage zusammen, vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 316 f., 373 f.  Für die oberdeutschen Reichskreise nahm wieder Hubert Bleymann seine Arbeit auf, für die beiden sächsischen Reichskreise Friedrich Metzsch, vgl. OeStA FHKA: SUS RA 17.4.1, „Kaÿs: aller g[ne]d[ig]ste ahnschaffunges befeleher (!) vf das Reichs Pfenning Mt. Ambt“, fol. 114r–123v, undat.; ders.: SUS RA 90.1.17, Diverse Spezifikationen des sächsischen Reichspfennigmeisters Friedrich Metzsch ab 1649 nach fol. 390.  Eine formale Einladung aller Reichsstände nach Nürnberg hat es nicht gegeben. Sofern Abordnungen von reichsständischer Seite vorgenommen wurden, dann zumeist aus Eigeninitiative, vgl. Oschmann: Der Nürnberger Exekutionstag 1649 – 1650 (Anm. 1824), S. 197– 203. Die meisten Reichsstände hatten ursprünglich eine Regelung der Friedensexekution über ihre auch nach dem eigentlichen Friedensschluss zum Teil noch mehrere Monate in Münster und Osnabrück verbliebenen Gesandtschaften bevorzugt, konnten sich aber nicht gegen den schwedischen Oberbefehlshaber Karl Gustav von Pfalz-Zweibrücken behaupten, vgl. Clas T. Odhner: Die Politik Schwedens im Westphälischen Friedenscongress und die Gründung der schwedischen Herrschaft in Deutschland. Gotha 1877 (Nachdruck 1973), S. 295 – 298.

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wieder einzelne Reichskreise Gesandtschaften. Diesmal war neben dem Schwäbischen auch der Niedersächsische Reichskreis mit einer eigenen Delegation vertreten.¹⁹⁰¹ Zudem wurden einige Ausschüsse und Beratungen während des Exekutionstags nach Reichskreiszugehörigkeit besetzt.¹⁹⁰² Der Exekutionstag benötigte noch bis September 1649, ehe die gröbsten Hindernisse zur Umsetzung der Satisfaktionsregelungen im Rahmen eines „Interimsrezesses“ geklärt werden konnten, dessen Unterzeichnung in Nürnberg mit einem großen Friedensmahl gefeiert wurde.¹⁹⁰³ Auch auf Ebene einzelner Reichskreise kam es nun zu Vertragsschlüssen mit den Oberbefehlshabern verschiedener Heere, in deren Folge erstmals Festungen in nennenswerter Zahl geräumt und größere Heeresteile aufgelöst oder aus dem Reich abgezogen wurden.¹⁹⁰⁴ Seinen Abschluss fand der Exekutionstag jedoch erst mit der Unterzeichnung zweier Hauptrezesse Ende Juni und Anfang Juli 1650, in deren Folge die letzten großen Truppenkontingente Schwedens abgedankt oder abgeführt wurden.¹⁹⁰⁵ Zuletzt blieben nur noch die Räumung der spanisch besetzten kurpfälzischen Festung Frankenthal sowie des zur Sicherung ihrer Ansprüche auf Frankenthal von kurpfälzischen Einheiten besetzten Heilbronns zu regeln. In einem letzten finanziellen Kraftakt wurden im Fränkischen und Schwäbischen Kreis nochmals größere Summen zur Unterhaltung der Heilbronner Besatzung

 Vgl. Oschmann: Der Nürnberger Exekutionstag 1649 – 1650 (Anm. 1824), S. 202 Anm. 482; Krey: Der Niedersächsische Kreis im Zeichen des Westfälischen Friedens (1648 – 1650) unter besonderer Berücksichtigung der freien und Reichsstadt Mühlhausen (Anm. 1872), S. 94– 105; Neuburger: Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung im Schwäbischen Reichskreis (Anm. 49), S. 488 – 494.  Vgl. Oschmann: Der Nürnberger Exekutionstag 1649 – 1650 (Anm. 1824), S. 275.  Vgl. ebd., S. 280 f.; für die vertraglichen Vereinbarungen des Fränkischen Reichskreises mit dem schwedischen Generalissimus zum Abzug seiner Truppen vgl. StABa: Fränkischer Kreis, Kreisarchiv Nr. 300, Rezess und Quittung zwischen dem schwedischen Generalissimus Karl Gustav und dem Fränkischen Kreis wegen Abzugs schwedischer Regimenter aus dem Reichskreis gegen 279.700 fl. Satisfaktionsgelder, Nürnberg, 6. August 1649 (beglaubigte Kopie vom 8. August 1649).  Zum Interimsrezess vom 21. September 1649 vgl. Oschmann: Der Nürnberger Exekutionstag 1649 – 1650 (Anm. 1824), S. 275 – 283; Odhner: Die Politik Schwedens im Westphälischen Friedenscongress und die Gründung der schwedischen Herrschaft in Deutschland (Anm. 1900), S. 304– 308; zur Abdankung der Heere Kurkölns und Hessen-Kassels noch im Lauf des Jahres 1649 vgl. Salm: Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 29), S. 154– 163; zur Räumung verschiedener Festungen, wie etwa des Ehrenbreitsteins durch die Kaiserlichen, vgl. unter anderem OeStA HHStA Wien: RK Diplomatische Akten Weisungen in das Reich Nr. 1, unfol.  Der kaiserlich-schwedische Hauptrezess wurde am 26. Juni 1650 unterzeichnet, der kaiserlich-französische Hauptrezess am 2. Juli 1650, vgl. Oschmann: Der Nürnberger Exekutionstag 1649 – 1650 (Anm. 1824), S. 400 – 417.

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Ausblick: Die Reichskreise und der Westfälische Frieden

aufgebracht, ehe mit Hilfe einer auf sämtliche Reichskreise umgelegten gesonderten Reichssteuer von 13 Römermonaten und einer vertraglichen Übereinkunft des Kaisers mit Spanien auch noch die Räumung Frankenthals und Heilbronns im Jahr 1652 erreicht werden konnte.¹⁹⁰⁶ Darüber hinaus spielte die Kreisverfassung des Reiches für die personelle Zusammensetzung und die praktische Tätigkeit von Restitutionskommissionen zur Umsetzung der religions- und besitzrechtlichen Regelungen des Westfälischen Friedens noch eine bedeutende Rolle, auf die an dieser Stelle aber nicht mehr eingegangen werden kann.¹⁹⁰⁷

2.2 Zur Aushandlung und Organisation von Abrüstungsmaßnahmen nach Kriegsende. Das Beispiel des Bayerischen Reichskreises Es gab allerdings auch einen Reichskreis, in dem die Heeresabdankung bereits im Wesentlichen geregelt und die Demobilisierung schon im Gange war, noch ehe der Nürnberger Exekutionstag überhaupt seinen Anfang genommen hatte. Dies war der Bayerische Reichskreis, dessen Kreisständen es gelang, die ihnen durch den Westfälischen Frieden aufgetragene Entschädigung und Abdankung der kurbayerischen Reichsarmada durch innerzirkulare Vereinbarungen auf nur einem einzigen Kreistag in Wasserburg am Inn selbst zu organisieren. Da die besagte Wasserburger Kreisversammlung mit nicht weniger als 37 abgehaltenen Sessionen zwischen Ende November 1648 und Mitte April 1649 zu den zweifellos längsten und denkwürdigsten Kreistagen aus der Epoche des Dreißigjährigen Kriegs zu rechnen ist, der darüber hinaus höchste Bedeutung für die Kriegsbeendigung im süddeutschen Raum zukam, soll sie zum Abschluss dieser Studie eingehend untersucht werden.¹⁹⁰⁸ Zugleich gewähren die auf dem Kreistag geführten Umfragen und Debatten einen hervorragenden Einblick, welch komplexe Problemlagen und politische Widerstände selbst innerhalb eines vermeintlich übersichtlichen politischen Gebildes in der Größe eines einzelnen Reichskreises zu überwinden waren, um eine vollständige Demobilisierung und damit eine Rückkehr zum Friedenszustand nach drei Jahrzehnten Krieg bewerkstelligen zu können.

 Vgl. Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806) (Anm. 30), S. 69.  Vgl. hierzu für den Schwäbischen Reichskreis Neuburger: Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung im Schwäbischen Reichskreis (Anm. 49), S. 461– 485.  Der bayerische Kreistag von 1648/49 sowie die Abdankung der kurbayerischen Reichsarmada findet in der ansonsten umfassenden Untersuchung zum Nürnberger Exekutionstag von Antje Oschmann keine Berücksichtigung. Die ausführlichsten Informationen bietet bisher Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 400 – 406.

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Seinen Anfang nahm der Kreistag schon am 23. November 1648, noch nicht einmal einen Monat nach Unterzeichnung des Westfälischen Friedens.¹⁹⁰⁹ Als Tagungsort hatten die beiden Kreisausschreibenden Fürsten Kurbayern und Salzburg nicht das für bayerische Kreistage zuletzt üblich gewordene, aber im Sommer 1648 ausgeplünderte Landshut bestimmt, sondern das vom Krieg verschonte Wasserburg. Um keine Zeit durch nebensächliche Themen zu verlieren, schränkte das kurbayerische Kreistagsdirektorium die Tagesordnung des Kreistags von Anfang an stark ein, und legte fest, dass nur erörtert werden solle, „was der Friedensschluss mit sich bringt, sonnderlichen souiel die solutionem Militiæ betrifft“. Nach kurbayerischer Auffassung hatte der Westfälische Frieden bereits eindeutig definiert, dass die Abdankung aller Truppen unter dem Kommando Kurfürst Maximilians keine rein kurbayerische Aufgabe sein musste, sondern die des ganzen Reichskreises. Eine Hilfe von anderen Kreisen wäre nicht mehr zu erwarten.¹⁹¹⁰ Damit stand der Bayerische Reichskreis vor einer gewaltigen Aufgabe, denn die kurbayerische Reichsarmada hatte zu Beginn des Wasserburger Kreistags noch immer eine Mannschaftsstärke von über 20 000 Mann und stellte somit nach der schwedischen und kaiserlichen Armee den drittgrößten Truppenverband auf Reichsboden dar.¹⁹¹¹ Doch wie sich schon in der ersten Umfrage zeigte, wurde die kurbayerische Interpretation der Entschädigungsregelungen des Westfälischen Friedens nicht von allen Kreisständen geteilt, am allerwenigsten von Salzburg. Die Salzburger

 Vgl. BayHStA: Kurbayern Lit. 2628/1 (Anm. 1888), „Protocolla. So auf dem in der Churfürst. Statt Wasserburg den 23: Novembris 1648 biß den 15: Monatstag Aprilis Anno 1649. continuierten ChurBaÿ: Craÿß Convent zusamben getragen worden.“  „So hete auch Ihre Churfürstl. Drl. forderist gewünscht, daß zue bezahlung dero Reichs Armada anndere Craÿs, als der Fränckische vnnd Schwäbische, oder einer der allein zur beÿhilff hete khönnen erhalten werdten“. Es stehe nun aber leider fest, „daß dieser Baÿr. Craÿs die bezahlung allein thun solle“. Beide Zitate ebd., fol. 1r.  Gemäß einer Auflistung der kurbayerischen Hofkammer vom Februar 1649 soll die kurbayerische Reichsarmada zu diesem Zeitpunkt noch aus 13 Kavallerieregimentern in 120 Kompanien mit zusammen 9.705 Mann sowie 14 Infanterieregimentern in 137 Kompanien mit 11.288 Mann bestanden haben, vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3620 (Anm. 1806), fol. 129r–135v. Leicht davon abweichende Zahlenangaben für den November 1648 bietet Kapser, die die Gesamtstärke der Armee mit 20.563 Mann angibt, davon 11.128 Infanteristen, 8.746 Kavalleristen und 689 Dragoner, vgl. Kapser: Die bayerische Kriegsorganisation in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges 1635 – 1648/49 (Anm. 783), S. 248 f., Tabelle 19. Kapser bezieht ihre Angaben zur Infanterie aus einer durch den Kriegskommissar Scheffer am 13. November 1648 am bayerischen Kreistag in Wasserburg vorgelegten Auflistung. Die Angaben Kapsers zur Kavallerie sind einer bei Heilmann edierten weiteren zeitgenössischen Auflistung entnommen, vgl. Heilmann: Kriegsgeschichte von Bayern, Franken, Pfalz und Schwaben (Anm. 1460), S. 928.

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Kreistagsgesandten negierten schlicht, dass „dieser ohne das vnder allen annderen der schwächste vnnd vnvermöglichste Craÿs, die völlige Contentierung der Churbaÿ: Soldatesca, über sich zuenehmen, verbundten seÿe, sondern es brächte vielmehr das Friedens Instrumentum vndt tractaten, die Reichsverfassung vnnd offenbahre billigkheit chlar mit sich, daß zwischen den Craÿsen vnd Ständten des Reichs, eine billichmessige proportion vnnd gleichheit gehalten, vnnd khein Craÿs oder Standt mehrers als der anndere beschwehrt werdten solle“. ¹⁹¹² Darüber hinaus verwiesen die Salzburger auf eine Sondervereinbarung, die ihr Erzstift mit Kaiser Ferdinand III. 1646 getroffen hatte, und die sie ihrer Meinung nach noch bis Ende des Jahres 1648 von jeder weiteren Kontributionsforderung entband.¹⁹¹³ Salzburg gedachte sich somit nicht nur einer Beteiligung an den Abdankungskosten der kurbayerischen Reichsarmada zu entziehen, sondern es ermunterte die anderen bayerischen Kreisstände auch dazu, den finanziellen Ansprüchen Kurbayerns und seiner Armee gegenüber dem Reichskreis deutliche Grenzen zu setzen. Von kurbayerischer Seite wurde der Salzburger Argumentation mit Verweis auf Art. XVI § 11 IPO umgehend widersprochen und darauf verwiesen, dass die Salzburger Vereinbarung mit dem Kaiser als „particular Sach“ dem Westfälischen Frieden und einem künftigen Kreisschluss nachrangig sei.¹⁹¹⁴ Außerdem sei eine Einigung des Kreistags über die Bezahlung der Armee schon alleine deshalb dringend zu raten, da sich die Truppen andernfalls „die bezahl: vnd abfertigung ohne zweifel selbst suchen [würden], dadurch diesem Craÿs vnd Ständten noch vielmehr Vngemach vnd schaden zuwachsen khöndte, als etwan das jenige, dessen mann sich in der güte mit ihnen vergleichen möchte, sich belauffen wurdte“. Bewillige der Kreistag keine ausreichende Armeesatisfaktion, sei sogar der ganze Frieden gefährdet: „weiln es einmal die Sach vnd der Friedt anderer gestalt nicht zue endt gebracht vnd exequiert werdten khann, als durch abdankhung der Soldatesca, sonsten zu besorgen, es werden auch die andere kriegende Thail noch länger in Armis verbleiben, vnnd der Liebe Friedt seinen effectum nit erraichen.“¹⁹¹⁵ Um in der Abdankungsfrage schnelle Fortschritte erzielen zu können, schlug Kurbayern die rasche Aufnahme direkter Verhandlungen des Kreistags beziehungsweise einer Kreisdeputation mit Vertretern der kurbayerischen Reichsarmada vor, denen die Kreisstände eine fixe Summe Bargeld zwischen 300 000

 BayHStA: Kurbayern Lit. 2628/1 (Anm. 1888), fol. 4r.  Vgl. ebd., fol. 4v. Zu den kaiserlich-salzburgischen Kontributionsabkommen in den letzten Kriegsjahren vgl. Heinisch: Salzburg im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 359), S. 193 – 198, 204.  „weilen selbiger ein particular Sach, halte mann dafür, daß solcher zue diesem allgemeinen Reichs vnd Craÿsschluss nicht zuziehen, noch weniger hindterung geben solle.“, BayHStA: Kurbayern Lit. 2628/1 (Anm. 1888), fol. 6r.  Ebd., fol. 4v.

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Gulden, höchstens aber 600 000 Gulden anbieten sollten, was ein bis zwei Monatssolde für jeden Soldaten entsprechen würde.¹⁹¹⁶ Der Vorschlag traf bei den übrigen Kreisständen vorerst auf wenig Gegenliebe. Viele gaben umgehend zu Protokoll, keinesfalls Zahlungszusagen abgeben zu wollen, die ihnen proportional zu den Kreisständen aus den den Schweden vorbehaltenen Reichskreisen eine höhere Belastung aufbürden würden.¹⁹¹⁷ Freising forderte sogar eine finanzielle Beteiligung des Kaisers an den bayerischen Abdankungskosten ein.¹⁹¹⁸ Das Hochstift Passau brachte zudem die in den letzten beiden Kriegsjahren in manchen Kreisterritorien angelaufenen Einquartierungsund Verpflegungskosten in die Diskussion ein, die es von den insgesamt zu leistenden Abdankungsgeldern abzuziehen forderte.¹⁹¹⁹ Die Reichsstadt Regensburg, sekundiert von der Grafschaft Ortenburg, hielt sogar jegliche Form von Verhandlungen über die Höhe der Satisfaktionsleistungen für die kurbayerische Reichsarmee für völlig unnötig, da diese bereits feststünde.¹⁹²⁰ Es gelte lediglich, die für die schwedische Armeesatisfaktion gemachten Regelungen für die sieben Reichskreise auf den Bayerischen Kreis gemäß dessen Reichsanschlag umzurechnen. Demzufolge hätte jeder bayerische Kreisstand zum ersten Zahlungstermin 73 Römermonate zu entrichten, womit ein Gesamtertrag von 476 000 fl. zu erwarten sei. Beratungen mit dem Militär bedürfe es dafür nicht. Ferner sollte man die Armee auch nicht an der Eintreibung der Abdankungsgelder beteiligen, denn „dann wann die Ständt dem arbitrio der Soldaten vntergeben würdte, seÿe zubesorgen, sie [würden] mehr als 6. Thonnen [600 000 fl.] begehren“.¹⁹²¹ Die Verhandlungen zwischen einer Deputation des Kreistags und einer Abordnung der kurbayerischen Reichsarmada fanden auf kurbayerischen Wunsch dennoch statt. Durchaus bemerkenswert war dabei, dass der Kreistagsdeputation anfangs gar keine höherrangigen Militärs gegenüberstanden, sondern eine große Gruppe von niederen Offizieren, die als gewählte Vertreter der einfachen Mann-

 Gedacht war an eine hohe Einmalzahlung in Höhe von 2/3 der Gesamtsumme, nach deren Erhalt die Mehrzahl der Soldaten bereits aus dem Dienst scheiden müssten, während das verbliebene Drittel ratenweise abgezahlt werden sollte, vgl. ebd., fol. 5r.  Vgl. ebd., fol. 5v–9r.  Freising machte den Vorschlag, den Kaiser um eine Beteiligung des Bayerischen Reichskreises an künftigen Reichssteuererträgen in Höhe von 500.000 fl. zu bitten, vgl. ebd., fol. 6v.  Passau bezifferte seine Unkosten für das Jahr 1647 auf 200.000 fl., für 1648 auf 64.000 fl., vgl. ebd., fol. 7v.  „wehre der friedenschlus die norma et regula[,] ia eine sanctio pragmatica, welche alle Ständt obligiert, vndt vonn kheinem Craÿsschluss khann aufgehebt werdten, sonderlich weilen alle […] Puncten expressè in dem Friedenschlus erörtert“, ebd., fol. 8v – 9r.  Ebd., fol. 9r.

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schaftsgrade von insgesamt 16 Regimentern fungierten.¹⁹²² Erst auf gesonderte schriftliche Aufforderung durch Kurfürst Maximilian entsandte auch die Armeeführung eigene Vertreter im Generalsrang nach Wasserburg, die sich anfangs allerdings weigerten, gemeinsam mit den einfachen Regimentsvertretern den Sitzungssaal zu betreten und sich erst auf vehementes Drängen des kurbayerischen Kreistagsdirektoriums an den Gesprächen beteiligten.¹⁹²³ Doch wie zuvor von vielen Kreisständen befürchtet, führten die Verhandlungen der Kreisstände mit der Armee nur dazu, dass deren Vertreter höhere Summen verlangten, als die Stände zu bewilligen bereit waren. Die Generäle bestanden wiederum darauf, ihre Entlohnung direkt von ihrem Dienstherren, Kurfürst Maximilian, nicht aber dem Reichskreis zu erhalten.¹⁹²⁴ Infolgedessen wurden die Gespräche der Kreisdeputation mit der Armeedelegation schon nach kurzer Zeit ergebnislos abgebrochen und am 15. Dezember mit der Übergabe einer kurzen Erklärung der Kreisstände auch formal beendet.¹⁹²⁵ Die Kreisstände selbst konnten sich danach untereinander nur auf die Kompromissformel einigen, dass die Westfälischen Friedensverträge die Richtschnur für alle weiteren Geldangebote an die Soldateska sein müssten, ohne zu definieren, welche konkreten finanziellen Belastungen damit für den Reichskreis verbunden waren. Deshalb fiel der Entschluss, sich direkt an den noch immer in Münster und Osnabrück versammelten Westfälischen Friedenskongress zu wen-

 Vgl. ebd., fol. 64.  Vgl. ebd., fol. 64r–64v. Kurfürst Maximilian drängte daraufhin auf die umgehende Verlegung oder Entlassung einzelner Offiziere, die er in Folge ihres Auftretens in Wasserburg als potentielle Rädelsführer identifizieren zu können glaubte. Besonders im Blick hatte er den Obristwachtmeister Westenberg vom Zinkischen Regiment. Auf Befehl Maximilians sollte die Armeeführung Sorge dafür tragen, dass er „vnverzüglich anderstwohin, wo man ihn vnd die Seinige wol im Zaum halten khan, verlegt werde; Zumahlen vorkhombt, daß Er zu Wasserburg nicht allein für alle regimenter das worth gethan, vnd sich gar inpertinent erzaigt, sondern auch die andere mitabgeschickhte Nidere officier an sich gezogen, vnd gleichsam ein Soldaten König agirt, wie Er sich dan bei der der armada nicht besser erwisen habe.“, BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3618 (Anm. 940), Instruktion Kurfürst Maximilians für den Hofmarschall Georg Christoph von Haslang für weitere Verhandlungen mit der Armeeführung in Regensburg, München 21. Dezember 1648, fol. 128 – 135, Zitat 131r.  Die Armeevertreter hatten mindestens zehn Monatssolde oder 3. Mio. fl. gefordert, die Kreisstände aber nicht mehr als zwei Monatssolde oder 600.000 fl. angeboten, vgl. BayHStA: Kurbayern Lit. 2628/1 (Anm. 1888), fol. 64v; zum Abbruch der Verhandlungen 68v. Zu den Forderungen der Generalität vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3618 (Anm. 940), Bericht der kurbayerischen Abgesandten vom Wasserburger Kreistag, Wasserburg, 15. Dezember 1648, fol. 137r – 138v.  Vgl. ebd., Erclerung der Craißstendt. So den abgeordneten von der Armada auf ihr prætension vnd anforderung der .10. Monatssold geben worden, den 15 xbris ao ’648, (Kopie), o.O., undat., fol. 139r – 140v.

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den und diesen um eine von allen drei Bänken des Kongresses autorisierte Interpretation der Satisfaktionsbestimmungen der Westfälischen Friedensverträge zu bitten.¹⁹²⁶ Spätestens zu diesem Zeitpunkt war offensichtlich, dass an eine Abdankung der kurbayerischen Reichsarmada vor dem anstehenden Winter nicht mehr zu denken war und für die vollständige Armee noch einmal Winterquartiere organisiert werden mussten. Doch auch in diesem Punkt konnte der Kreistag sich nicht auf eine gangbare Lösung einigen. Ein Mehrheitsbeschluss zur Einquartierungsfrage wäre allerdings theoretisch sehr wohl zustande gekommen – nur wurde die Mehrheitsentscheidung diesmal durch das kurbayerische Kreistagsdirektorium schlicht nicht anerkannt, was den Kreistag in eine schwere Krise stürzte und in seiner faktischen Auflösung mündete. Kurbayern hatte zuvor den Versuch unternommen, über die „Repartition“ seiner Armee im Reichskreis nur im kleinen Kreis jener Kreisdeputation beraten zu lassen, die bereits mit den Soldaten verhandelt hatte.¹⁹²⁷ Nach energischem Widerspruch Salzburgs hatte das Direktorium sich aber doch dazu gezwungen gesehen, über die Verteilung der Winterquartiere im Plenum beraten und abstimmen zu lassen. Zum großen Missfallen der kurbayerischen Gesandten folgte in der daraufhin abgehaltenen Umfrage eine knappe Mehrheit der Kreisständevertreter dem Votum Salzburgs, das sich rigoros gegen die Einlegung von Soldaten in bisher verschonten Kreisterritorien aussprach und zudem die Forderung erhob, allen mit Einquartierungen belasteten Kreisständen die Anrechnung ihrer bisherigen und künftigen Einquartierungskosten zu gestatten.¹⁹²⁸ Für Kurbayern hätte dieses Votum der Kreistagsmehrheit zur Konsequenz gehabt, dass es seine Soldaten den gesamten Winter über in ihren gegen Kriegsende eingenommenen Stellungen hätte halten müssen, die sich auf die kurbayerische Oberpfalz und auf einige strategisch bedeutsame Donauübergänge von Neuburg bis Passau kon-

 Vgl. BayHStA: Kurbayern Lit. 2628/1 (Anm. 1888), fol. 68r; Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 336. Zum Verhandlungsgeschehen in Münster nach Unterzeichnung des eigentlichen Friedensschlusses am 24. Oktober 1648 bis zur Auflösung des Friedenskongresses im Mai 1649 vgl. Oschmann: Der Nürnberger Exekutionstag 1649 – 1650 (Anm. 1824), S. 189 – 197; Krey: Der Niedersächsische Kreis im Zeichen des Westfälischen Friedens (1648 – 1650) unter besonderer Berücksichtigung der freien und Reichsstadt Mühlhausen (Anm. 1872), S. 93 – 111.  Vgl. BayHStA: Kurbayern Lit. 2628/1 (Anm. 1888), fol. 71v–72r.  Vgl. ebd., fol. 73r-73v; Das Abstimmungsergebnis wurde vom kurbayerischen Direktorium in einem Bericht für Kurfürst Maximilian wie folgt angegeben: Mit Salzburg votierten Pfalz-Neuburg, Passau, Störnstein, Niedermünster, Ortenburg, Wolfstein, Breiteneck, Ehrenfels und die Reichsstadt Regensburg, „also das Sÿ 10. Vota, wür nur 9. gehabt.“ BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3618 (Anm. 940), Relation kurbayerischer Räte vom Wasserburger Kreistag, Wasserburg, 17. Dezember 1648, fol. 144– 147, Zitat fol. 145r.

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zentrierten. Die von direktem Kriegsgeschehen ohnehin verschont gebliebenen Kreisterritorien im Süden, allen voran Salzburg und Berchtesgaden, wären der Soldateska aber auch weiterhin verschlossen geblieben.¹⁹²⁹ Als weitere Konsequenz der Kreistagsentscheidung war zu befürchten, dass die entlang der Donau gelegenen und mit Soldaten belegten Kreisstände durch die Anrechnung ihrer Einquartierungskosten als Kreissteuerzahler völlig ausfallen würden, darunter Pfalz-Neuburg, die Reichsstadt Regensburg mitsamt den drei kreisständischen Klöstern sowie die Hochstifte Regensburg und Passau. Um einen derart gegen die Interessen des bayerischen Kurfürsten laufenden Kreistagsbeschluss zu verhindern, entschied sich das kurbayerische Kreistagsdirektorium kurzerhand, die Formulierung eines Conclusums zu unterlassen, mit der Begründen, ein solcher Beschluss würde dem Westfälischen Frieden „è diametro vndt strackhs zuwieder“ laufen.¹⁹³⁰ Nachdem auch in der nächsten Kreistagssession am 22. Dezember keine Annäherung erzielt werden konnte, brachen die kurbayerischen Gesandten die Verhandlungen mit der Begründung ab, sie müssten sich neue Instruktionen aus München einholen und reisten ohne Wiederaufnahme der Beratungen ab.¹⁹³¹ Formal war der Kreistag zwar nur aufgrund der „Heiligen Weihnachtsferien“ unterbrochen und sollte Mitte Januar 1649 wieder aufgenommen werden, doch faktisch kam das Verhalten der kurbayerischen Delegation einem Abbruch des Konvents gleich. Dieser hatte bis dahin noch keines der zentralen Probleme beseitigen können, die für eine erfolgreiche Abdankung der kurbayerischen Reichsarmada unbedingt einer Lösung bedurft hätten.¹⁹³²

 Vgl. Heinisch: Salzburg im Dreißigjährigen Krieg (Anm. 359), S. 204– 206; Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 1088 f.  Vgl. BayHStA: Kurbayern Lit. 2628/1 (Anm. 1888), fol. 82v–83r. Gegenüber Kurfürst Maximilian erklärten dessen Räte die Unterbrechung des Kreistags mit folgenden Worten: „haben es derowegen dafür gehalten, das ob zwar die mehrer vota dafür ausgefallen; So khennen wür doch solches nit ausfertigen, weillen weder in eines Craiß noch etlicher Stend gewalt vnd macht stehe etwas vber den allgemeinen fridenschluss zu statuirn“, BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3618 (Anm. 940), Relation kurbayerischer Räte vom Wasserburger Kreistag, Wasserburg, 17. Dezember 1648, fol. 144– 147, Zitat 145r/v.  Zur 20. Session des Kreistags unmittelbar vor seinem Abbruch hält das Kreistagsprotokoll fest: „Die Salzburgischen hingegen hielten noch ferner in nahmen des Craÿses an, das Conclusum zu exprimieren, Warÿber sie in disputat geriethen, das ihnen die Churbaÿ: vermelt, sie weheren nicht der ganze Craÿs, die Salzburg: hingegen sich vff die Majora gelenckht, das dieselbe einen Craÿs Schluss machen müesten. Vndt also gienge mann in etwas vnwillen voneinander.“, BayHStA: Kurbayern Lit. 2628/1 (Anm. 1888), fol. 94v.  Zitat nach dem Kreisabschied von 1649, ediert bei Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 334.

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Allerdings hielt Kurfürst Maximilian auch nach der vorläufigen Aussetzung des Kreistags an seinem Vorhaben fest, seine Armee so bald wie möglich abdanken zu lassen, ohne aber auf die ihm seiner Überzeugung nach durch den Westfälischen Friedensschluss zustehenden Geldhilfen der übrigen bayerischen Kreisstände verzichten zu müssen. Folglich blieb er auch an einer baldigen Wiederaufnahme des Kreistags lebhaft interessiert, und nutzte die selbst erzwungene Unterbrechung der Wasserburger Versammlung dafür, die Instruktionen seiner Kreistagsgesandten zu überarbeiten und ihnen wichtige diplomatische Unterstützung für den Fortgang der Verhandlungen zu verschaffen. Dazu wandte sich der Kurfürst direkt an Kaiser Ferdinand III., um sich über das seiner Meinung nach die Befriedung des Reiches insgesamt gefährdende Verhalten Salzburgs zu beschweren. Des Weiteren erbat Maximilian eine diplomatische Intervention des Reichsoberhaupts im Vorfeld und nach Wiedereröffnung des Kreistags, um die verfahrene Verhandlungssituation im Bayerischen Reichskreis überwinden zu können.¹⁹³³ Wie sich Mitte Januar 1649 zeigte, waren die im Dezember noch im Streit auseinandergegangenen Kreisstände tatsächlich nur schwer zu einer erneuten Entsendung ihrer Gesandten nach Wasserburg zu bewegen. Die Mehrheit der Kreisstände fertigte ihre Räte erst ab, nachdem ihnen Kaiser Ferdinand III. das Erscheinen eigener Kommissare nach Wasserburg angekündigt hatte. Nur PfalzNeuburg hielt sich dauerhaft vom Wasserburger Kreistag fern, den der kurbayerische Kammerpräsident Dr. Mändl mit der Verlesung von Neujahrswünschen des bayerischen Kurfürsten am 1. Februar 1649 eröffnete.¹⁹³⁴ Der weitere Fortgang des Kreistags wurde dann maßgeblich vom Auftritt einer kaiserlichen Kommission bestimmt, die kurz nach Wiederöffnung des Kreiskonvents vor das Plenum trat und eine eigene Proposition verlas, die die Kreisstände „zu eheist willfähriger resolution, wardurch die abdanckhung der Soldatesca, vndt die völlige Execution des Friedenschlusses beschlainiget würdte“, ermahnte.¹⁹³⁵ Darüber hinaus stellten sie dem Reichskreis und seinen Ständen in Aussicht, der Kaiser könnte ihnen „ein ergibiges subsidium“ zur Finanzierung der Einquartierungs- und Verpflegungskosten der kurbayerischen Reichsarmada bis zu deren Abdankung gewähren, damit jener Streitpunkt überwunden werde, der

 Vgl. Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 402 f.  Vgl. BayHStA: Kurbayern Lit. 2628/1 (Anm. 1888), fol. 94v.  Als kaiserliche Kommissare fungierten Ferdinand Graf Wallstein und der Hofrat Johann Krydell. Ihre Proposition beinhaltete zwei Unterpunkte: 1.) Der Kaiser wünsche eine Abdankung der kurbayerischen Reichsarmada in Höhe gemäß des Friedensschlusses in bar und 2.) eine zusätzliche Bewilligung einiger Römermonate zum Unterhalt der Armee bis zu ihrer Abdankung im Namen des ganzen Reichskreises, vgl. ebd., fol. 95r–106r, Zitat 95r.

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noch im Dezember 1648 zum Abbruch des Kreistags geführt hatte.¹⁹³⁶ Nach mehrfacher Rücksprache der kaiserlichen Kommissare mit Ferdinand III. im Februar und März 1649 wurde die vom Reichsoberhaupt gewährte Beihilfe dahingehend festgelegt, dass jeder durch Soldateneinquartierungen belastete bayerische Kreisstand seine seit dem eigentlichen Friedensschluss aufgewendeten Heeresverpflegungskosten auf die dem Kaiser auf dem Westfälischen Friedenskongress zugesagte Reichssteuerbewilligung anrechnen durfte.¹⁹³⁷ Der Kreistag ließ sich auf eine solche Regelung ein, womit ein entscheidender Streitpunkt zwischen Kurbayern und den übrigen Kreisständen beseitigt worden war. Auch in der ebenso hochwichtigen Frage der Höhe der eigentlichen Armeesatisfaktion konnte der Kreistag nun nach relativ kurzer Beratungsdauer einen Durchbruch erzielen. Dem kurbayerischen Kreistagsdirektorium war während der Winterpause das Antwortschreiben der drei Kurien des Westfälischen Friedenskongresses eingegangen, das genaue Auskunft über die Höhe der für die schwedische und hessische Soldateska vorgesehenen Satisfaktionsgelder gab.¹⁹³⁸ Ein weiteres, zusätzliche Detailfragen erläuterndes Schreiben des Friedenskongresses traf am 11. Februar in Wasserburg ein.¹⁹³⁹ Die Mehrheit der Kreisstände votierte daraufhin auf eine Gesamtzahlungshöhe von 125 Römermonaten, die sie als angemessenes Äquivalent für die den sieben anderen Reichskreisen durch Schweden aufgebürdeten finanziellen Belastungen erachteten.¹⁹⁴⁰ Auf kurbayerischer Seite ging man davon aus, mit dieser Bewilligung mitsamt dem eigenen

 Vgl. ebd., fol. 112v.  Für jede Kompanie wurde ein anrechenbarer Pauschalbetrag festgelegt, als Obergrenze wurden 100 Römermonate definiert. Vgl. ebd., fol. 143r, 156r, 162v. Diesen wesentlichen Punkt des Wasserburger Kreisabschieds erwähnt Peter Claus Hartmann in seinen Ausführungen zum Wasserburger Kreistag erstaunlicherweise nicht explizit.  Vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3620 (Anm. 1806), Die Gesandten des Westfälischen Friedenskongresses in Münster an den bayerischen Kreistag in Wasserburg, Münster, 29. Dezember 1648, fol. 5r–6r.  Vgl. BayHStA: Kurbayern Lit. 2628/1 (Anm. 1888), fol. 116.  Vgl. ebd., fol. 126r. Das entsprechende Conclusum erfolgte in der 29. Session am 20. Februar 1649. Ein Minderheitenvotum lautete auf 120 ½ Römermonate, auf das sich die Reichsstadt Regensburg und die Abtei Niedermünster nochmals 1650/51 anlässlich letzter Ratenzahlungen beriefen. Maximilian von Bayern verlangte von ihnen dennoch die Entrichtung der vollständigen 125 Römermonate, vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3619. „Baÿr. Craÿß Acta de an. 1649 biß 1658 incl.“, Äbtissin von Niedermünster an Kurfürst Maximilian, Regensburg, 9. Februar 1651, fol. 328; ebd., Kurfürst Maximilian an die kurbayerischen Kommissare in Regensburg, 23. März 1651 (Konzept), fol. 332.

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Anteil an der Kreisquote etwa 767 887 fl. erlösen und die Heeresabdankung damit vollständig bestreiten zu können.¹⁹⁴¹ Über die Festlegung der noch ausstehenden Zahlungsfristen und -modalitäten wurde nochmals kontrovers über mehrere Wochen verhandelt, nicht zuletzt deshalb, weil sich etliche Kreisstände für zahlungsunfähig erklärten und Salzburg weiterhin jede finanzielle Beteiligung an den Abdankungskosten der kurbayerischen Reichsarmada ablehnte. Die Gesandten des Erzbischofs konnten trotz aller Bitten und Drohungen von kurbayerischer Seite auch nicht mehr zu Kompromissen überredet werden. Aber für die übrigen, zahlungsunfähigen Kreisstände konnte am Kreistag noch eine Lösung gefunden werden: Kurfürst Maximilian ließ seinen Mitkreisständen verkünden, ihnen ihre Kreisquoten in Bargeld aus dem noch in Teilen vorhandenen kurbayerischen Staatsschatz in Burghausen vorstrecken zu können, sofern diese ihm Sicherheiten in Form von Landbesitz und Herrschaftsrechten gewähren und Zinszahlungen leisten würden. Die Maximilians Angebot übermittelnden kurbayerischen Gesandten betonten in diesem Zusammenhang noch mehrmals, dass ihr Dienstherr das auf diese Weise in die Kreiskasse gelangte Geld umgehend zur Truppenabdankung verwenden werde. Doch ein Aspekt sei dabei noch besonders wichtig: „darzu gehört aber, wie gemeldet, das baare gelt, weilen verstandtner massen, die Soldatesca sich annderer gestalt nicht contentieren vndt abdanckhen lassen will.“¹⁹⁴² Nicht zuletzt mangels Alternativen zeigten sich fast sämtliche Kreisstände an der kurbayerischen Offerte grundsätzlich interessiert und nahmen parallel zum noch laufenden Kreistag im März und April 1649 direkte Verhandlungen mit Kurfürst Maximilian auf, um mit diesem die Höhe und die Konditionen der notwendigen Bargeldkredite zu klären.¹⁹⁴³ Die in der Folge dessen ausgehandelten

 Zu diesem Fazit kam eine im Februar 1649 anlässlich der Kreistagsverhandlungen angefertigte Hochrechnung der kurbayerischen Hofkammer, die bei einer Heeresgröße von rund 21.000 Mann mit Artillerie und Generalstab mit Abdankungskosten von 764.228 fl. 30 kr. rechnete (bei Abfindungen in Höhe von 2 ½ Monatslöhnen), wohingegen der Wert von 125 Römermonaten des Bayerischen Reichskreises mit 767.887 fl. 30 kr. angesetzt wurde, inklusive der kurbayerischen Kreisquote (228.500 fl.), vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3620 (Anm. 1806), fol. 135r – 135v.  BayHStA: Kurbayern Lit. 2628/1 (Anm. 1888), (30. Session, 11. März), fol. 143v – 144r.  Die meisten Kreditvereinbarungen und die diesbezüglichen Verhandlungen sind dokumentiert in BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3619 (Anm. 1940), ebenso die Zahlungsabwicklungen; weiteres diesbezügliches Material bietet BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3620 (Anm. 1806). Ein in seinen Konditionen repräsentatives Beispiel bietet fol. 360, „Obligations Copia das Churbaÿrische Darlehen von 27 000 fl. betr.“ zur Kreditgewährung für das Hochstift Regensburg. Es wird ausdrücklich vermerkt, dass das geliehene Geld (in guten Reichssorten) ausschließlich zur Bezahlung und Abdankung der Bayerischen Reichsarmada zur Erfüllung des Wasserburger Kreisrezesses dienen und ausdrücklich „auch [zu] entladung dessen vnertregliche[r] quartierslasts verwendet

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Ausblick: Die Reichskreise und der Westfälische Frieden

diversen Kreditvereinbarungen und sonstigen Zahlungsregelungen zwischen Kurbayern und einzelnen Kreisständen fanden auch ausdrücklich Erwähnung im Kreisabschied, der schließlich am Ende der 37. Kreistagssitzung am 15. April 1649 unterzeichnet werden konnte.¹⁹⁴⁴ Unmittelbar vor der Besiegelung des Abschiedsdokuments ließ es sich das kurbayerische Direktorium aber nicht nehmen, noch einmal die Salzburger Abordnung für ihr Abstimmungsverhalten in den vorangegangenen Monaten scharf zu rügen, und Salzburg zu unterstellen, es habe den ganzen Kreistag über „wieder das Reichs: vndt Craÿs herkhommen, allerleÿ Neuerungen, Singulariteten, Confusionen vndt andere vngelegenheiten causiert“.¹⁹⁴⁵ Als letzte Handlung des Kreistags überreichte eine Delegation der Kreisstände den noch immer in Wasserburg verweilenden kaiserlichen Kommissaren eine letzte Resolution des Kreistags „mit danckhsagung der gelaisteten Assistenz“, während die Salzburger den Kaiserlichen zeitgleich eine Partikularresolution überreichten.¹⁹⁴⁶ Wie erleichtert alle Teilnehmer des Kreistags gewesen sein müssen, dass dieser nach einem halben Jahr doch noch weitgehend erfolgreich zu Ende gegangen war und die eigentliche Demobilisierung aller Soldaten im Bayerischen Reichskreis endlich angegangen werden konnte, ist aus dem letzten Eintrag des offiziellen kurbayerischen Kreistagsprotokolls unschwer zu entnehmen: „Warmit dieser so lang gewehrte Craÿstag /: dergleichen khein Exempel :/ völlig geschlossen vndt sich geendigt. Dem Allerhöchsten seÿ Lob, Preÿs, Ehr vndt dankh gesagt, der wolle sein gnadt vndt Segen verleÿhen, das die völlige abdanckhung beeder theil völckher nechstens erfolgen, vndt mit dem angehendten Frühling, auch

werden“ solle, um das Hochstift mit seinen Untertanen und Gütern vor noch größerem Schaden zu bewahren. Die Schulden sollen innerhalb von 3, höchstens aber 4 Jahren zurückbezahlt werden, es fallen Zinsen von 5 % jährlich an. Als Pfand dient die zum Hochstift gehörige Herrschaft Eberspoint bei Landshut mit allen ihren Besitzungen. Sollten die Schulden im genannten Zeitraum nicht abgetragen sein, geht die Herrschaft mit allen zugehörigen Hoheitsrechten so lange an Kurbayern, bis die Schulden beglichen sind.  Eine Auflistung der vereinbarten Zahlungsregelungen findet sich bei Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803) (Anm. 34), S. 404 f., eine Edition des Kreisabschieds bei Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts (Anm. 64), S. 333 – 340, die Zahlungsregelungen für die einzelnen Kreisstände auf 335 f.  BayHStA: Kurbayern Lit. 2628/1 (Anm. 1888), fol. 180r.  Vgl. ebd., fol. 182r. Die Höhe der Salzburger Kontribution wurde erst in weiteren Verhandlungen unter Einbindung des Kaisers geregelt, ebenso nachverhandelt wurden die Neuburger Kontributionen, vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3619 (Anm. 1940), Zwischenbericht kurbayerischer Räte zum Eingang der Satisfaktionsgelder, o.O., 26. Oktober 1649, fol. 177r.

2 Die Exekution des Westfälischen Friedens durch die Reichskreise

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die frucht des Edlen werthen Friedens grüenen vndt blüehen möge. Das gebe der Friedensfürst Jesus Christus. Amen.“ ¹⁹⁴⁷ Dieser fromme Wunsch sollte sich erfüllen: Dank der kurbayerischen Kreditgewährung kam ein Großteil der vom Kreistag beschlossenen Abdankungssumme innerhalb weniger Monate ein und wurde umgehend zur Heeresabdankung verwandt¹⁹⁴⁸, so dass der Bayerische Reichskreis schon Ende des Jahres 1649 von der Soldateska weitgehend befreit war – lange vor allen anderen Teilen des Reiches.¹⁹⁴⁹

 BayHStA: Kurbayern Lit. 2628/1 (Anm. 1888), fol. 182r.  Zur Wiedererrichtung der bayerischen Kreiskasse und ihrer Kooperation mit den mit der Heeresabdankung betrauten kurbayerischen Amtsmännern vgl. BayHStA: Kurbayern Ä. A. 3619 (Anm. 1940), Kurbayerisches Kreistagsdirektorium an den Regensburger Rat wegen Einrichtung der Kreiskasse, Wasserburg, 13. April 1649 (Konzept), fol. 10r – 11v; Kurfürst Maximilian an seine Kommissare in Stadtamhof und das Mautamt der Reichsstadt Regensburg, München, 7. Mai 1649 (Konzept), fol. 39r–40v.  Zur Zahlungsmoral der Kreisstände vgl. die Einzahlungsquittungen auf ebd., fol. 148 – 170. Schon im Frühjahr 1650 sahen sich kurbayerische Amtmänner veranlasst, in der bayerischen Kreiskasse in Regensburg eingegangene Kreissteuerzahlungen zur Heeresabdankung nach München weiterzuleiten, da sie kaum noch im Dienst befindliche Soldaten der kurbayerischen Reichsarmada ausfindig machen konnten, vgl. ebd., Bericht der beiden Kommissare über Versendung der Regensburger Kontribution; Regensburg, 3. März 1650 (Abschrift), fol. 235r – 235v.Vgl. ferner Albrecht: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651 (Anm. 298), S. 1088 – 1090. Zum langwierigen Prozess der inneren Befriedung des Reiches nach Kriegsende vgl. zuletzt auch Herfried Münkler: Der Dreißigjährige Krieg. Europäische Katastrophe, deutsches Trauma 1618 – 1648. Berlin 2017.

Zusammenfassung Wie belegt werden konnte, erwies sich die Kreisverfassung des Reiches in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges als ausgesprochen lebendig. Als im Untersuchungszeitraum politisch besonders „aktive“ Reichskreise wurden neben dem Schwäbischen und Fränkischen Kreis auch der Niedersächsische und der Bayerische Kreis identifiziert. Bis in die 1630er Jahre zählte der Obersächsische Kreis ebenso dazu. In der letzten Kriegsphase erlangte zudem der NiederrheinischWestfälische Kreis zumindest im Nordwesten des Reiches erhebliche politische und militärische Relevanz. Dabei waren es nicht immer die Kreisstände selbst, von denen der Anstoß zur Entfaltung politischer Aktivitäten auf Reichskreisebene ausging. In den in dieser Studie schwerpunktmäßig untersuchten Bereichen der Kriegsfinanzierung und der Bündnispolitik nahmen auch der Kaiser, diverse Kurfürsten sowie Dänemark und Schweden massiven Einfluss auf die Kreisorganisation des Reiches, in der Regel mit dem Ziel, mittels der Reichskreise eine Vielzahl von Reichsständen oder sogar das Reich insgesamt ihren politischen, finanziellen oder militärischen Zielen dienstbar zu machen.

Kriegsfinanzierung Für das Reichsoberhaupt erlangte die Kreisverfassung zur Kriegsfinanzierung und vor allem zur Legitimierung der kaiserlichen Kontributionspraxis im Reich im Lauf des Krieges eine hohe, phasenweise sogar entscheidende Bedeutung. Diese Entwicklung war zu Beginn des Krieges noch nicht zu erwarten. Wie gezeigt werden konnte, wurde bereits den Kaisern Rudolf II. und Matthias von ihrem Ratgeber Zacharias Geizkofler mehrfach eine Heranziehung der Kreisorganisation zur Einwerbung von Geldmitteln aus dem Reich nahegelegt. Der Altreichspfennigmeister Geizkofler hatte nach den faktisch gescheiterten Reichstagen von 1608 und 1613 Überlegungen angestellt, wie der Kaiser auch ohne einen Reichstag mittels Entsendung von Kommissaren an einzelne Reichskreise weiterhin Geldbewilligungen aus dem Reich erhalten könnte. Als Vorbild dienten Geizkofler die „Eilenden Hilfen“, die im Langen Türkenkrieg nicht nur, wie reichsrechtlich eigentlich geboten, von Reichstagen, sondern in einigen Fällen ebenfalls von Kreistagen dem Kaiser gewährt worden waren. Den Reichskreisen bzw. deren Kreistagen wäre demnach zumindest im Bereich der Reichssteuerbewilligung die Rolle von funktionalen Substituten des Reichstags zugekommen.

https://doi.org/10.1515/9783110558739-011

Kriegsfinanzierung

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Diesen Plänen war aber vorerst kein Erfolg beschieden.Von keinem der in den Jahren nach 1613 vom Reichsoberhaupt um die Gewährung von Geldhilfen ersuchten Reichskreise konnten die erhofften Bewilligungen eingeworben werden. Die mangelnde Bereitschaft unter den Reichs- und Kreisständen, den Kaiser finanziell zu unterstützen, kann nur teilweise mit formalen reichsrechtlichen Bedenken der Stände gegenüber Steuerbewilligungen durch Reichskreise oder mit den konfessionsbedingten Differenzen vieler Protestanten mit dem katholischen Kaiserhaus erklärt werden. Eine weitere wichtige Ursache dürfte in den seit 1608 entstandenen reichsständischen Militärbündnissen zu suchen sein, die nicht nur viele Reichsstände vom Kaiser in militärischer Hinsicht unabhängiger werden ließen, sondern auch erhebliche finanzielle Mittel ihrer Mitglieder banden. Als mindestens ebenso folgenreich muss zudem bewertet werden, dass dem Kaiser mit Ende des Langen Türkenkriegs das Hauptargument abhanden gekommen war, mit dem er fast das gesamte 16. Jahrhundert über die meisten seiner Steuerforderungen an das Reich oder an einzelne Reichskreise begründet hatte: die sogenannte „Türkengefahr“. Der gemeinsame, alle Reichsstände einende Feind, die Osmanen, war seit dem Waffenstillstand von 1606 für das Reich für viele Jahre keine größere Bedrohung mehr. Wie sehr man sich am Kaiserhof der Bedeutung der „Türkengefahr“ für die Bewilligungsbereitschaft der Reichsstände bewusst war, lässt sich daran erkennen, dass neue Geldforderungen des Kaisers an das Reich bzw. die Reichskreise selbst ein Jahrzehnt nach Ende des Langen Türkenkriegs noch mit Abwehrmaßnahmen gegen die Osmanen begründet und eine angeblich nach wie vor hohe „Türkengefahr“ beschworen wurde – letztlich aber ohne Erfolg. Doch mit Beginn des Krieges in Böhmen 1618 und der folgenden Ausweitung der Kampfhandlungen bis in die Pfalz änderten sich die politisch-militärischen Rahmenbedingungen im Reich grundsätzlich, was sich bald auch auf die Steuerbewilligungsbereitschaft vieler Reichs- und Kreisstände auswirkte. Als Kaiser Ferdinand II. ab 1621 mehrere Reichskreise um eine formal wieder als „Türkenhilfe“ apostrophierte Steuerbewilligung ersuchte, wurden seine Forderungen in keinem Reichskreis mehr grundsätzlich abgelehnt. Vielmehr griffen die entsprechenden Kreistage die Bitte des Kaisers auf, um mit ihm einen politischen Verhandlungsprozess anzustoßen und Einfluss auf die kaiserliche Kriegsführung zu nehmen: Sie offerierten eine finanzielle Unterstützung, machten aber zur Bedingung, von weiteren Kriegsbelastungen verschont zu werden oder mit bestimmten politischen Forderungen Gehör zu finden. Ihre Bewilligungen hatten also eindeutig den Charakter von politischen Tauschgeschäften. Der Niedersächsische Reichskreis ging dabei sogar so weit, den Versuch zu unternehmen, mittels einer Steuerbewilligung den Kaiser nicht nur zu einem Verzicht auf Einquartierungsmaßnahmen oder Heeresdurchzüge auf niedersächsischem Kreis-

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Zusammenfassung

territorium zu bewegen, sondern auch eine Begnadigung des besiegten Pfälzer Kurfürsten zu erreichen. Kaiser Ferdinand II. ließ sich auf diese Offerte allerdings nicht ein. Grundsätzlich muss betont werden, dass keiner der Reichskreise tatsächlich auf Augenhöhe mit dem Kaiser verhandelte. Meist mussten sich die Kreisstände selbst im Fall hoher Geldbewilligungen mit vagen Absichtserklärungen von kaiserlicher Seite zufriedengeben. Sie konnten kaum darauf Einfluss nehmen, ob das Reichsoberhaupt ihre Bewilligungsbedingungen nach Erhalt der Gelder noch zu beachten gedachte. So flossen zwar zwischen 1624 und 1626 aus einigen Reichskreisen, allen voran aus Schwaben, sehr ansehnliche Geldsummen an die Reichspfennigmeistereien respektive den Kaiser, doch scheinen die in den jeweiligen Kreisabschieden festgehaltenen Bewilligungsbedingungen von den im Namen Kaiser Ferdinands II. kämpfenden Heeren nur selten beachtet worden zu sein. Spätestens von dem Moment an, als Albrecht von Wallenstein an die Spitze des kaiserlichen Heeres trat, konnten die Reichs- und Kreisstände kaum noch auf die Berücksichtigung ihrer Interessen und die Schonung ihrer Territorien durch die kaiserlichen Truppen hoffen. Da sich die Kriegsfinanzierungsmethoden des Generalissimus aus kaiserlicher Sicht als viel effizienter erwiesen als die mit langwierigen Aushandlungsprozessen und Zahlungsfristen verbundenen Reichskreisbewilligungen, stellte der Kaiser seine Bemühungen um weitere politisch ausgehandelte Geldhilfen aus dem Reich bzw. den Reichskreisen nach 1626 vorerst ein. Wallenstein und andere Kriegsunternehmer waren in der Lage, durch Zwangskontributionen den Reichsterritorien in kurzer Zeit Ressourcen abzupressen, die um ein Vielfaches höher lagen als jede Reichs- bzw. Kreissteuerbewilligung. Allerdings provozierte diese das Reichsrecht völlig außer Acht lassende Form der Kriegsfinanzierung massiven Widerstand selbst unter katholischen Reichsständen. Da Kaiser Ferdinand II. es aber nicht zu riskieren wagte, seine bisherigen Verbündeten von der Katholischen Liga dauerhaft zu verlieren und sie womöglich noch in das Lager der Gegner Habsburgs zu treiben, ließ er sich 1630 auf die von Kurfürst Maximilian von Bayern geforderte Entmachtung Wallensteins ein. Wie in der bisherigen Forschung aber erstaunlicherweise meist nur beiläufig erwähnt wird, entließ der Kaiser seinen Generalissimus nicht ohne die Zusicherung einer von den katholischen Kurfürsten ins Spiel gebrachten, auf Reichskreisbewilligungen fußenden Gegenfinanzierung als Ersatz für das Wallensteinsche Kontributionssystem. Die Umsetzung dieses geradezu revolutionären Reformversuchs der kaiserlichen Heeresfinanzierung wurde in dieser Studie erstmals detailliert rekonstruiert. Wie gezeigt wurde, verband Ferdinand II. mit der Einbeziehung der Reichskreise in seine Kriegsfinanzierung nicht nur die Hoffnung, seine Kriegskosten weiterhin

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auf die Reichsstände abwälzen zu können, sondern er erwartete sich auch erhebliche Vorteile in propagandistischer Hinsicht: Im ersten Schritt sollte die Verhandlung seiner Geldforderungen auf Kreistagen eine Rückkehr des Kaisers zu einer reichsrechtlich legitimen Form der Kriegsführung suggerieren, in der den Reichsständen zumindest auf den ersten Blick wieder eine gewisse Form der Mitsprache zugebilligt wurde. Im Anschluss plante der Kaiser dann sogar, die erwarteten Steuerbewilligungen der Kreistage als zustimmendes Votum des Reiches zugunsten seiner Kriegsanstrengungen propagandistisch auszuschlachten und den soeben begonnenen Krieg gegen den Schwedenkönig Gustav Adolf als ,,Reichskrieg“ darzustellen. Tatsächlich scheiterte das Vorhaben in geradezu spektakulärer Weise. Angesichts der immensen Spannungen im Reich in Folge des Restitutionsedikts, aber auch der mangelnden Kooperationsbereitschaft katholischer Reichsstände, konnten die kaiserlichen Kommissare in keinem Reichskreis auch nur annähernd jene Geldmittel erhalten, die zum Unterhalt der Armeen des Kaisers nötig gewesen wären. Als unmittelbare Folge wurden die Reichskreise in dieser Phase des Krieges vom Kaiser faktisch als Kontributionsbezirke behandelt, in denen die geforderten Beiträge bei Ablehnung durch die betroffenen Stände mit militärischer Gewalt eingetrieben wurden. Die Liga kooperierte dabei eng mit den kaiserlichen Truppen, da sie Teile der aus den Reichskreisen erpressten Mittel erhielt. Die schwedischen Truppen, die wenige Monate später bis nach Süddeutschland vorrückten, verfuhren dann im Grundsatz sehr ähnlich und riefen vergleichbare Widerstände hervor – auch bei protestantischen Fürsten wie dem fränkischen Kreisobristen Christian von Kulmbach. Das institutionelle Eigenleben der meisten Reichskreise kam in dieser Kriegsphase weitgehend zum Erliegen oder beschränkte sich, wie im Fall Frankens und Schwabens, auf einige nur noch von protestantischen Ständen besuchte Partikularkreistage. Der Prager Frieden von 1635, der unter kursächsischer Führung die bedeutendsten protestantischen Reichsstände wieder an die Seite des Kaisers führte und das Restitutionsedikt außer Kraft setzte, ermöglichte wiederum die Restitution der meisten Reichskreisinstitutionen. Er führte aber noch nicht dazu, dass den Reichskreisen umgehend wieder größere Mitspracherechte in Fragen der Kriegsfinanzierung zugebilligt worden wären. Für den Kaiser und die mit ihm paktierenden Kurfürsten sollten die Kreise weiterhin nur die Rolle von Kontributionsbezirken einnehmen. Die Kreisinstitutionen durften lediglich bei der Eintreibung der im Prager Frieden und auf dem Regensburger Kurfürstentag von 1636/37 beschlossenen Steuern zum Unterhalt der Reichsarmada behilflich sein. Erst als sich die militärischen Misserfolge des Kaisers und seiner Verbündeten

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häuften, fühlten sich diese dazu genötigt, in Fragen der (Reichs‐)Kriegsfinanzierung wieder größere Rücksicht auf die Interessen der Reichsstände zu nehmen. Da die Kurfürsten jedoch die Einberufung eines Reichstags aus politischen und organisatorischen Gründen noch nicht für opportun erachteten, regten sie 1638 den Kaiser dazu an, statt einer Reichsversammlung die Ausschreibung reichsweiter Kreistage zur Kontributionsbewilligung zu initiieren. Tatsächlich akzeptierten die meisten Reichsstände diese Form der Reichssteuerbewilligung nun ohne größere Vorbehalte und verabschiedeten hohe Geldzusagen. Die Kreistage des Jahres 1638 nahmen mit dem teils sehr umfangreichen Spektrum der dort verhandelten kreis- und reichspolitischen Themen durchaus den Charakter eines partiellen Reichstagssurrogats an: Erstmals seit Kriegsbeginn war es fast allen Reichsständen möglich, ihre wichtigsten reichspolitischen Anliegen auf regulären Ständeversammlungen mit anderen Reichs- bzw. Kreisständen zu beraten, gemeinsame Positionen zu entwickeln und sie Vertretern des Kaisers vorzutragen. Ob es jedoch reichsrechtlich überhaupt zulässig war, die weitere Finanzierung einer Reichsarmee nur über Kreistage, nicht aber einen Reichstag zu regeln, blieb unter den Reichsständen strittig. Da zudem die Verhandlungsposition eines einzelnen Reichskreises gegenüber dem Kaiser stets schwächer sein musste als die einer Versammlung sämtlicher Reichsstände, rissen Forderungen nach Einberufung eines regulären Reichstags von reichsständischer Seite auch nach 1638 nie ganz ab. Deshalb musste sich der Kaiser nach weiteren schweren militärischen Rückschlägen des Hauses Habsburg und seiner Verbündeten 1640 doch darauf einlassen, eine allgemeine Reichsversammlung nach Regensburg einzuberufen. Es ist zu betonen, dass Reichskreisbewilligungen letztlich immer nur eine unter mehreren Möglichkeiten der kaiserlichen Kriegsfinanzierung im Reich darstellten. Welche von kaiserlicher Seite gewählt wurde, hing in nicht geringem Maße davon ab, inwieweit das Reichsoberhaupt in der jeweiligen Kriegsphase auf die Kooperation der Reichsstände angewiesen war. In Zeiten großer militärischer Stärke, vor allem im Dänisch-Niedersächsischen Krieg und unmittelbar nach dem Prager Frieden, wurden die Reichsstände zu Kontributionsleistungen ohne größere Mitspracherechte angehalten. Dies war auch in Zeiten größter militärischer Bedrängnis wieder der Fall, wie etwa zum Höhepunkt des Siegeszugs Gustav Adolfs oder in den letzten Kriegsjahren. Dann erfolgte die Kriegsfinanzierung offenbar nach dem Prinzip „Not kennt kein Gebot“. Die insgesamt drei Versuche des Kaisers, seine Kriegsfinanzierung im Reich jeweils für ein ganzes Jahr vollständig über Reichskreisbewilligungen abzudecken – 1631, 1638 und 1642 –, fielen hingegen in Phasen, in denen sich das Reichsoberhaupt einem spürbaren, aber nicht existenziell bedrohlichen militärischen oder politischen Druck ausgesetzt sah.

Bündnispolitik

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Im Gegensatz zu all den Formen der Kriegsfinanzierung, bei denen den Reichsständen keine Partizipationsrechte zugebilligt wurden, bot sich dem Kaiser bei Kreistagen eine Möglichkeit, die ansonsten nur noch durch einen Reichstag gegeben war: Das Votum eines Kreistags bezüglich einer kaiserlichen Steuerforderung konnte als positives politisches Signal gegenüber dem Reichsoberhaupt interpretiert werden. Bewilligte ein Reichskreis dem Kaiser die von dessen Kommissaren erbetenen Mittel in vollem Umfang oder zumindest in beachtlicher Höhe, so nahm das Reichsoberhaupt für sich in Anspruch, den jeweiligen Kreisabschied auch als Zeichen der anhaltenden Kaiser- und Reichstreue der jeweiligen Kreisstände zu deuten. Eine hohe Steuerbewilligung eines Reichskreises, wie sie etwa der Obersächsische Kreis 1638 auf Betreiben Kursachsens und Kurbrandenburgs verabschiedete, konnte dann von kaiserlichen Kommissaren in späteren Verhandlungen mit anderen Reichskreisen als Präzedenzfall und reichspatriotischer Akt angepriesen werden, dem es zu folgen gelte. Freilich setzte sich der Kaiser mit jedem einberufenen Kreistag zugleich der Gefahr aus, dass es die Kreisstände wagten, ihre Unzufriedenheit mit seiner Kriegs- und Militärpolitik zu artikulieren und gegebenenfalls durch die Verweigerung einer Bewilligung auch offen zum Ausdruck zu bringen. Dies dürfte ein wesentlicher Grund gewesen sein, warum Kaiser Ferdinand III. nach 1642 seine Steuer- bzw. Kontributionsforderungen nicht mehr auf Kreistagen verhandeln ließ.

Bündnispolitik Die Möglichkeiten, die die Reichskreise zur Kriegsfinanzierung und zur Erhöhung der politischen Legitimation einer kriegführenden Macht im Reich boten, führen zugleich eine Funktion dieser Institutionen vor Augen, die im zweiten Hauptkapitel dieser Studie eingehend behandelt wurde. Sie waren Foren überterritorialer politischer Willensbildung und fungierten nicht zuletzt als Basis und Bündnispartner militärischer Bünde. In den hier untersuchten militärischen Bündnissen diente die Einbindung der Kreisverfassung des Reichs unterschiedlichen Kriegsakteuren dazu, mit Hilfe der finanzpolitischen Infrastruktur der Reichskreise den Unterhalt von Armeen sicherzustellen und bestimmten Aufrüstungen und Kriegsplänen durch Kreistagsbeschlüsse Legitimation innerhalb wie außerhalb der jeweiligen Reichskreise zu verschaffen.Von zentraler Bedeutung war dabei die Reichsexekutionsordnung, die den Reichskreisen wichtige militärische Befugnisse zusprach und in sämtlichen untersuchten Bündnissen mit Reichskreisbeteiligung eine Rolle als Legitimationsquelle spielte.

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Schon die Liga und die Protestantische Union beriefen sich in der Vorkriegszeit darauf, der Kreisverfassung und der Reichsexekutionsordnung als Stütze zu dienen, sie aber nicht ersetzen zu wollen. Nach dem Ende der Union 1621 waren es dann vor allem protestantische Reichsstände, für die die Reichskreisverfassung und die Reichsexekutionsordnung als organisatorische und rechtliche Basis neuer Bündnisbestrebungen von großem Interesse waren. So bemühten sich vor allem der Niedersächsische Reichskreis und der Leipziger Bund, ihre Aufrüstungen in den Jahren 1625 beziehungsweise 1631 als reichsrechtlich völlig legitime und rein defensiv ausgerichtete „Kreisdefensionen“ darzustellen. Im Fall Niedersachsens nahm König Christian IV. von Dänemark eigens das Amt eines Kreisobristen an, um die ihm von den niedersächsischen Kreisständen mitfinanzierte Armee anführen zu können. Allerdings verfolgte der König zugleich durchaus offensive Kriegsziele und arbeitete an einer „Internationalisierung“ des Krieges, was nur schwerlich mit der Kreisverfassung und der Reichsexekutionsordnung in Einklang zu bringen war. Auch im Fall des Leipziger Bundes von 1631 wurde die Kreisverfassung auf eine zwischen den Konfessionsparteien umstrittene Weise ausgelegt: Zwar verfolgte das Bündnis eindeutig defensive Ziele und bemühte sich bis zuletzt um eine Anerkennung durch den Kaiser, doch waren am Leipziger Bund zugleich auch oberdeutsche Partikularkreisorganisationen beteiligt, die politisch und militärisch agierten, als wären sie reguläre Reichskreise. Dennoch verdient dieser Bund als bemerkenswerter Kontrast zu der zu diesem Zeitpunkt bereits von kaiserlich-ligistischer und bald ebenso von schwedischer Seite praktizierten erpresserischen Indienstnahme und Fremdbestimmung von Reichskreisen besondere Aufmerksamkeit. In dem Leipziger Bund ist ein letzter Versuch der protestantischen Reichsstände zu erkennen, durch das Anknüpfen an das bewährte Institut der Kreisdefension die Kreisverfassung als Legitimitätsressource zu nutzen und ein Signal des ständischen Selbstbehauptungswillens bei fortgesetzter Reichstreue zu setzen. Gerade diese kurzlebige Bundesgründung zeigt, welches Potential die Reichskreisverfassung zur Verteidigung reichsständischer Interessen auch mehr als ein Jahrzehnt nach Ausbruch des Krieges noch bot, und macht zugleich deutlich, welches Maß an Hybris und politischer Verblendung den Kaiserhof leitete, als er jegliche Verhandlungen mit dem Leipziger Konvent ausschloss und so Kursachsen und die mit ihm verbundenen Reichsstände in ein Bündnis mit Schweden trieb. Die Legitimität der protestantischen Kreisdefensionsmaßnahmen wurde von katholischer Seite sowohl im Fall des Niedersächsischen Reichskreises als auch des Leipziger Bundes von Anfang an negiert.Vielmehr wurde vom Kaiser und den Ligafürsten eine Interpretation der Reichsexekutionsordnung vertreten, die den Reichskreisen das Recht auf eigenständige Rüstungsmaßnahmen ohne ausdrückliche kaiserliche Genehmigung de facto absprach. Der Dissens der Konfes-

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sionsparteien über die Auslegung des Religionsfriedens fand somit seine Fortsetzung in einer konträren Auffassung über die den Reichsständen und den Reichskreisen zustehenden Defensionsrechte. Dies führte 1631 zu einer bis dahin beispiellosen militärischen Konfrontation der Konfessionsparteien im Reich, von der letztlich vor allem Schweden profitierte. Der Schwedenkönig Gustav Adolf stieg erst nach der Zerschlagung des Leipziger Bundes zum unbestrittenen neuen Anführer der protestantischen Reichsstände auf, während Kursachsen seine bis dahin führende Position verlor. Diese Entwicklung hatte auch folgenreiche Auswirkungen auf die Reichskreise. Zwar drängte Schweden im Verbund mit den ehemaligen Leipziger Bundesgenossen die katholischen Truppen bald zurück, doch zugleich beschnitt die neue protestantische Vormacht die politischen Gestaltungsspielräume der protestantischen Reichsstände erheblich. Durch diverse Bündnisverträge eng an den Schwedenkönig gebunden, konnten die meisten protestantischen Stände fortan auch auf Reichskreisebene kaum mehr unabhängig von der skandinavischen Führungsmacht agieren. Im Fall des schwedisch initiierten Heilbronner Bundes ist schließlich ein Versuch einer bis dahin beispiellosen Umgestaltung der Kreisverfassung zu beobachten. Die am Gründungskonvent des Bundes in Heilbronn anzutreffenden Kreisorganisationen hatten nur noch sehr bedingt mit jenen Reichskreisen zu tun, wie sie bis zum Schwedeneinfall existiert hatten. Selbst ein schwedisch geführter „Phantomkreis“, der nur auf dem Papier existierte, wurde Bundesmitglied. Inwieweit der Heilbronner Bund überhaupt als Reichskreisbündnis bewertet werden kann, ist durchaus fraglich. Dass ihn Schweden und die Bundesmitglieder als ein solches verstanden wissen wollten, belegt, dass auch dieses schwedisch geführte protestantische Partikularbündnis noch immer bestrebt war, eine gewisse reichsrechtliche Legitimationsgrundlage für sich in Anspruch zu nehmen. Zugleich erhofften sich die reichsständischen Mitglieder des Bundes, durch die Berufung auf die Kreisverfassung eine gewisse politische wie militärische Selbstständigkeit gegenüber Schweden zu bewahren. Doch letzten Endes blieben ihnen größere Einflussmöglichkeiten auf die Kriegsführung und die Finanzierungs- und Einquartierungspraxis der schwedischen Armee innerhalb der Kreise weitgehend versagt, da Schweden den Bund mitsamt seiner inkorporierten Kreisorganisationen in erster Linie als Instrument zur Abwälzung der eigenen Kriegskosten auf seine Verbündeten verstand. Nach dem Prager Frieden kam es zu keiner weiteren konfessionell geprägten Bündnisgründung auf Reichskreisbasis mehr. Dies lag unter anderem daran, dass mit der dauerhaften Aussetzung des Restitutionsedikts auf protestantischer Seite ein wichtiger Impetus zur Errichtung eigener Militärbündnisse weggefallen war. Zudem hatte der Friedensschluss von 1635 die beiden bedeutendsten Kurfürsten beider konfessioneller Lager, Kurbayern und Kursachsen, an der Seite des Kaisers

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zusammengeführt. Diese Koalition teilte fortan sämtliche Reichskreise als Kontributionsbezirke ihrer Armeen unter sich auf. Der Kaiser, Kursachsen und Kurbayern zeigten sich folglich nicht mehr daran interessiert, in den ihnen zuerkannten Reichskreisen weitere Kreisarmeen zu dulden. Am Rhein gestaltete sich die Lage indessen etwas anders. Hier war es Kurfürst Ferdinand von Köln, dem gemäß der Prager Heeresreform ursprünglich kein Kommando über ein eigenes Korps der Reichsarmee zustand und der deshalb ein umso größeres Interesse an einer Reaktivierung der militärischen Komponenten der Kreisorganisation entwickelte. Von seiner Seite sind noch in den 1630er Jahren Versuche festzustellen, über die Kreisverfassung einen größeren Einfluss auf die am Niederrhein und in Westfalen operierenden Teile der Reichsarmee zu gewinnen. Ab 1642 betrieb er schließlich zielstrebig das Projekt einer größeren konfessionsneutralen Reichskreisassoziation, die es zumindest den Ständen der rheinischen Reichskreise gestattet hätte, wieder selbst die Kontrolle über die in ihren Territorien stationierten und mit ihren Kontributionen unterhaltenen Einheiten der Reichsarmee zu gewinnen. Das Vorhaben sollte zwar keiner vollständigen Separation vom Kaiser Vorschub leisten, wohl aber die militärische Abhängigkeit vom Reichsoberhaupt senken und die Durchführung von Heeresreformen ermöglichen, die Kurköln schon seit dem Prager Frieden auf Kreistagen und dem Regensburger Reichstag angemahnt hatte. Eine Kreisassoziation wurde letztlich nicht verwirklicht, jedoch immerhin eine Kreisarmee geschaffen, die Kurköln bis Kriegsende ein erhebliches Mitspracherecht in militärischen Entscheidungen im niederrheinisch-westfälischen Raum gestattete. Da die Armee allerdings zeitweise von einem kaiserlichen General geführt wurde, entsprach auch sie nicht vollends der Gestalt, wie es die Reichsexekutionsordnung für militärische Unternehmungen der Reichskreise eigentlich vorsah. Von besonderer Relevanz sind ebenfalls die parallel zu den kurkölnischen Kreisassoziationsplänen am Rhein von Kurbayern ausgehenden Bestrebungen einer engeren Verbindung der drei oberdeutschen Reichskreise Bayern, Franken und Schwaben. Das kurbayerische Vorhaben trug sehr viel eher separatistische Züge als die kurkölnische Unternehmung, scheiterte allerdings bereits in einem frühen Stadium. Obwohl kein kurbayerisch geführtes oberdeutsches Kreisbündnis zustande kam, agierte Kurfürst Maximilian gegen Ende des Krieges zeitweise so, als wäre dies dennoch der Fall gewesen. Zumindest taten dies seine Gesandten während der bayerisch-französischen Geheimverhandlungen gegen Ende des Krieges, die sich vor Kardinal Mazarin als Bevollmächtigte der drei Reichskreise ausgaben, um auf diese Weise die kurbayerische Verhandlungsposition zu verbessern. Dabei kam der Kreisverfassung auch während des eigentlichen Westfälischen Friedenskongresses Bedeutung zu. Dies galt vor allem für die Anfangsphase des

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Kongresses, als noch nicht ausgemacht war, ob den Reichsständen das „ius suffragii“ während der Friedensverhandlungen überhaupt zukommen würde. Hier setzte der Fränkische Reichskreis wichtige Akzente, als er im November 1644 auf Kreistagsbeschluss die Entsendung einer eigenen Reichskreisgesandtschaft zum Westfälischen Friedenskongress beschloss, ohne ein offizielles Einverständnis des Kaisers oder der Kurfürsten abzuwarten. Dem folgte wenig später noch eine schwäbische Kreisgesandtschaft. Hinter beiden Fällen stand der Versuch, den Ständen der beiden Reichskreise zumindest indirekt ein Mitspracherecht in den Friedensverhandlungen zu sichern, nach Möglichkeit aber auch die allgemeine Zulassung aller Reichsstände zum Kongress zu befördern. Die Kreisgesandtschaften spielten letztlich vor allem als „Türöffner“ für einen späteren direkten Zugang jedes einzelnen Kreisstands zu den Verhandlungen eine wichtige Rolle. Der Abschluss des Westfälischen Friedens brachte der Kreisverfassung des Reiches dann nicht nur eine erneute verfassungsrechtliche Bestätigung ein, sondern erhob die „Redintegration“ der Reichskreise ausdrücklich zu einer eigenen Bestimmung des Friedensschlusses. Diese Regelung ist nicht nur in Bezug auf das allgemeine Bemühen des Westfälischen Friedens um Restauration der alten Reichsverfassung zu interpretieren, sondern war auch einem sehr akuten Anliegen der kriegführenden Mächte geschuldet: Da die Reichskreise mit der Exekution zentraler Inhalte der Friedensverträge betraut wurden, allen voran mit der Aufbringung der Satisfaktionsgelder zur Abdankung des schwedischen und kurbayerischen Heeres, war die rasche Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der Kreisverfassung schon unmittelbar nach dem Ende der Kampfhandlungen 1648 für alle Kriegsparteien von erheblichem Interesse.Welche großen politischen Anstrengungen dafür auf Kreistagen unternommen werden mussten, wurde am Beispiel des Bayerischen Reichskreises eingehender untersucht. Den Reichskreisen kann somit nicht nur eine herausragende Rolle in der Kriegsfinanzierung und der Bündnispolitik während des Dreißigjährigen Krieges konstatiert werden, sondern ebenso in der Herbeiführung und Umsetzung des großen Friedenswerks von 1648.

Forschungsdesiderate Abschließend gilt es noch auf grundlegende Forschungsdesiderate hinzuweisen, die auch nach dieser Studie im Zusammenhang mit der Geschichte der Reichskreise im Dreißigjährigen Krieg einer weiteren Klärung bedürfen. Hier wäre an erster Stelle die Münzpolitik der Reichskreise zu nennen, die bisher sowohl für die Zeit des Dreißigjährigen Krieges als auch in der Frühen Neuzeit insgesamt noch kaum Beachtung erfahren hat. Hierzu konnte diese Studie nur einige Schlag-

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Zusammenfassung

lichter in Bezug auf politische Vorgänge an Münzprobationstagen liefern. In der Mannigfaltigkeit des verhandelten politischen Themenspektrums standen Probationstage allgemeinen Kreistagen oftmals kaum nach. So wurde beispielsweise auf den obersächsischen Münzprobationstagen neben den Münzangelegenheiten auch über die Erhebung von Kreissteuern, die Aufstellung von Kreisarmeen, die Wahrnehmung von Bündnisangeboten verschiedener Potentaten sowie über die Reaktion der protestantischen Stände des Reiches auf das Restitutionsedikt beraten. Einige Münzprobationstage verhandelten somit sogar Fragen, die über Krieg und Frieden im Reich entscheiden konnten. Diese politische Dimension vieler Probationstage hat die Forschung bisher übersehen. Auf den zahlreichen von den Kreisen Schwaben, Bayern und Franken gemeinsam abgehaltenen Münzprobationstagen dürften zwar zumindest bündnispolitische Themen in Folge der konfessionellen Heterogenität innerhalb bzw. zwischen den drei Reichskreisen eine geringere Bedeutung besessen haben, als dies in Obersachsen der Fall war. Aber auch hier dürften weitere Forschungen noch so manche Überraschungen zu Tage fördern. Selbiges gilt für die münzpolitisch phasenweise ebenfalls sehr aktiven Kreise Niedersachsen und Niederrhein-Westfalen. Als ein weiteres Forschungsdesiderat kann darüber hinaus eine genauere Untersuchung der Rolle der Reichskreise bei der Exekution des Westfälischen Friedens gelten. In dieser Studie konnte nur exemplarisch auf einen Reichskreis und fokussiert auf die Thematik der Heeresabdankung näher eingegangen werden. Dabei wäre es eine besonders reizvolle Aufgabe, den Beitrag der Reichskreise zu den zahlreichen im Westfälischen Frieden vorgesehenen konfessionellen Restitutionen näher zu untersuchen. Schließlich müssten auch die Wandlungsprozesse der Reichsverfassung im Allgemeinen und der Kreisverfassung im Besonderen in Folge des Westfälischen Friedens noch näher in den Blick genommen werden. Während vor und während des Dreißigjährigen Kriegs alle (nichthabsburgischen) Reichskreise zumindest unter institutionellen Aspekten durchaus vergleichbar verfasste Organisationen darstellten, die allesamt, wenn auch in unterschiedlicher Häufigkeit, eigene Kreistage abhielten, wandelte sich dies im weiteren Verlauf des 17. Jahrhunderts erheblich: Der Ober- und der Niedersächsische Kreis schrieben nach den 1680er Jahren keine weiteren Kreistage mehr aus und stellten ihre politischen Aktivitäten weitgehend ein, wohingegen sich vor allem der Fränkische und der Schwäbische Kreis institutionell deutlich weiterentwickelten und unter anderem stehende Heere und ein kreiseigenes Zuchthauswesen hervorbrachten. Dieser tiefgreifende Wandlungsprozess ist bisher nur für einzelne Reichskreise dargestellt worden, seine Bedeutung für den Reichsverband insgesamt aber noch nicht näher erforscht.

Forschungsdesiderate

559

In diesem Zusammenhang wäre zudem eine Studie wünschenswert, die ihren Anfang nicht erst im Jahr 1648 nimmt, sondern die politischen und institutionellen Kontinuitäten im Reich vor und nach der vermeintlichen Epochengrenze des Westfälischen Friedens herausarbeitet. So waren beispielsweise die Kreisassoziationen, wie aus dieser Arbeit hervorgeht, keineswegs erst ein Phänomen der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, wie es Aretin behauptet. Vielmehr waren sie bereits im Dreißigjährigen Krieg immer wieder Gegenstand reichsständischer Bündnisplanungen. Vor allem die beiden großen wittelsbachischen Kreisassoziationsprojekte aus den 1640er Jahren dürften wichtige Vorbilder für jene Bundes- und Kreisassoziationsprojekte gewesen sein, die Kurmainz nach 1648 vorantrieb. Jene zahlreichen erfolgreichen Kreisassoziationen aus dem späten 17. und dem 18. Jahrhundert sind es dann auch, die eindrucksvoll belegen, welche immense Bedeutung der Kreisverfassung im weiteren Verlauf der Reichsgeschichte nach dem Dreißigjährigen Krieg noch zukommen sollte.

Verzeichnis der verwendeten Siglen und Abkürzungen 1 Archivsiglen Sigle BayHStA HStASt OeStA FHKA OeStA HHStA Wien SächsHStA Dresden StABa StAL StAN

Auflösung Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart Österreichisches Staatsarchiv, Finanz- und Hofkammerarchiv Österreichisches Staatsarchiv, Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden Bayerisches Staatsarchiv Bamberg Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Ludwigsburg Bayerisches Staatsarchiv Nürnberg

2 Weitere Abkürzungen und Siglen Auf die Aufnahme von gängigen (im Duden verzeichneten) Abkürzungen wurde verzichtet. Sigle/Abkürzung Bü d. f. Fasz. fl. fol. g. h. HZAB kr. Kurbayern Ä. A. Kurbayern Lit. Loc. MEA r MEA KrhK pag. RK Reichstagsakten Rtl./rtl. Subfasz. StK SUS RA v

Auflösung Büschel Pfennig folgend Faszikel Gulden Folio Groschen Heller Hofzahlamtsbücher Kreuzer Kurbayern, Äußeres Archiv Kurbayern, Literalien Locat Mainzer Erzkanzlerarchiv recto Mainzer Erzkanzlerarchiv, Kurrheinische Kreisakten paginiert Reichskanzlei, Reichstagsakten Reichstaler Subfaszikel Staatskanzlei Sonderbestand Reichsakten verso

https://doi.org/10.1515/9783110558739-012

Anhang Anhang 1 „Reichs Matricul de Anno 1613 vnd Nürnbergische Repartition“ (Reichssteueranschlag der sieben an Schweden satisfaktionspflichtigen Reichskreise)¹⁹⁵⁰ Reichskreis¹⁹⁵¹

Reichsmatrikel Nürnberger Abgang gegenüber Vom Kaiser von  Quote der Reichsmatrikel gewährter Nachlass

Kurrheinischer Reichskreis¹⁹⁵²

  fl.

  fl.

 fl.

  fl.

Fränkischer Reichskreis¹⁹⁵³

  fl.

  fl.

 fl.

  fl.

Schwäbischer Reichskreis¹⁹⁵⁴

  fl.

  fl.

 fl.

 fl.

Oberrheinischer Reichskreis¹⁹⁵⁵

  fl.

  fl.

  fl.

  fl.

Niederrheinisch-Westfälischer Reichskreis¹⁹⁵⁶

  fl.

  fl.

  fl.

  fl.

  fl.

1   fl. 9

  fl.

 fl.

  fl.

  fl.

  fl.

 fl.

Obersächsischer Reichskreis¹⁹⁵⁷ Niedersächsischer Reichskreis¹⁹⁵⁸

 Die Zahlenangaben der Tabelle wurden einer Auflistung des Leipziger Reichspfennigmeisters Hubert Bleymann entnommen, die wahrscheinlich 1652 entstand und in der Wiener Hofkammer Verwendung fand. Vgl. OeStA FHKA: SUS RA 90.1.13 (Anm. 185), fol. 1223r – 1247v.  Spaltenüberschriften im Original: „Reichs Matricul Simplum [+ Name des jeweiligen Reichskreises]“; „Repartition in Nürnberg [+ Name des jeweiligen Reichskreises]“; „Abgang der Reichsmatricul“; „Kaÿ. Allergdster Nachlas vnd Anschaffungen“.  Fol. 1223r – 1224v, inkl. einem summarischen Verzeichnis.  Fol. 1224v – 1226r; summarisches Verzeichnis auf fol. 1225v – 1226r.  Fol. 1226v – 1231r; summarisches Verzeichnis auf fol. 1230v – 1231r.  Fol. 1231v – 1235r; summarisches Verzeichnis auf fol. 1234v – 1235r.  Fol. 1235v – 1238r; summarisches Verzeichnis auf fol. 1237v – 1238r.  Fol. 1239v – 1241r; summarisches Verzeichnis auf fol. 1240v – 1241r.  Fol. 1241v – 1244r; summarisches Verzeichnis auf fol. 1243v – 1244r. https://doi.org/10.1515/9783110558739-013

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Anhang

Anhang 2 Die Einnahmen des Hofzahlamts aus den Reichspfennigmeisterämtern und den direkt an die Hofkammer entrichteten Reichs- und Kreissteuern, 1618 – 1648¹⁹⁵⁹ Rechnungsjahr der Hofzahlamtsbücher (HZAB)

Oberdeutsches Sächsisches Sonstige Einnahmen Summe Reichspfennig- Reichspfennig- in Folge von Reichsmeisteramt meisteramt und Kreissteuerbewilligungen



  fl.

  fl.

  fl.¹⁹⁶⁰

  fl.



k. A.

k. A.

  fl.¹⁹⁶¹

  fl.



k. A.

k. A.

  fl.¹⁹⁶²

  fl.



  fl.  kr.

 fl

  fl.  kr.¹⁹⁶³

  fl.  kr.

 Die Zahlenwerte sind den Hofzahlamtsbüchern der Signaturen OeStA FHKA, HZAB Nr. 67– 94 entnommen, die die Jahre 1618 bis 1648 vollständig abdecken. Ebenso wurde das einzige noch vorhandene Kriegszahlamtsbuch eingesehen, das jedoch einen Negativbefund darstellte, OeStA FHKA: Kriegszahlamtsmeisterrechnung Nr. 263 (1623). Die Tabellengestaltung lehnt sich an eine entsprechende Tabelle von Peter Rauscher an, der aber nur die Zahlenwerte für die beiden Reichspfennigmeisterämter der Jahrgänge 1603 bis 1631 wiedergibt. Zudem hat Rauscher die Reichs- und Kreissteuereinnahmen nicht berücksichtigt, die nicht direkt unter den beiden Reichspfennigmeistern verbucht wurden, was diese Auflistung nun korrigiert. Der Nachvollziehbarkeit halber liste ich diese Einnahmen im Folgenden in den Anmerkungen im Einzelnen auf. Vgl. Rauscher: Nach den Türkenreichstagen. Der Beitrag des Heiligen Römischen Reichs zur kaiserlichen Kriegführung im 17. und frühen 18. Jahrhundert (Anm. 272), S. 444, Tabelle 4.  1.200 fl. von Graf Wolfgang Ernst von Isenburg zur Abstattung der 30 Römermonate des Reichsabschieds von 1613, OeStA FHKA: HZAB Nr. 67 (Anm. 282), fol. 127r (139*r); 964 fl. an „Kontributionsresten“ der fränkischen Reichsritterschaft, ebd., fol. 127v (139*v); 1.700 fl. als Beteiligung des kaiserlichen Hofkammersekretärs Matthias Arnoldin an von diesem eingetriebenen Reichs- und Kreishilfen, ebd., fol. 132v (145*v).  9.310 fl. einer freiwilligen Reichshilfe der Reichsstadt Köln für die ungarischen Festungen, ursprünglich in der Gesamthöhe von 9.900 fl., wovon 590 fl. dem kaiserlichen Hofkammersekretär Matthias Arnoldin verehrt wurden; OeStA FHKA: HZAB Nr. 68 (1619), fol. 65r – 66r (77*r – 78*r); 13.056 fl. von Bischof Johann Gottfried als Bischof von Bamberg und 17.472 fl. als Bischof von Würzburg, beides der Gegenwert von 12 Römermonaten, bestimmt für die ungarischen Grenzfestungen, ebd., fol. 67r (79*r).  Obligation der Reichsstadt Nürnberg als Vorschuss auf eine künftige Reichshilfe, OeStA FHKA: HZAB Nr. 69 (1620), fol. 45r (53*r).  11.124 fl. von kleineren schwäbischen Kreisständen als Vorschuss auf eine künftige Reichshilfe, OeStA FHKA: HZAB Nr. 70 (1621), fol 37r (45*r); 15.000 fl. von der Reichsstadt Straßburg als Vorschuss auf eine künftige Reichshilfe, ebd., fol. 37r (44*v); 11.362 fl. 21 kr. von

Anhang 2

563

Die Einnahmen des Hofzahlamts aus den Reichspfennigmeisterämtern und den direkt an die Hofkammer entrichteten Reichs- und Kreissteuern,  –  (Fortsetzung) Rechnungsjahr der Hofzahlamtsbücher (HZAB)

Oberdeutsches Sächsisches Sonstige Einnahmen Summe Reichspfennig- Reichspfennig- in Folge von Reichsmeisteramt meisteramt und Kreissteuerbewilligungen



  fl.

k. A.

  fl.¹⁹⁶⁴

  fl.



  fl.  kr.¹⁹⁶⁵

  fl.

k. A.

  fl.  kr.



  fl.  kr.  dl.

  fl.  kr.

  fl.

k. A.

 –   – ¹⁹⁶⁷

¹⁹⁶⁹

   fl.  kr.   fl.  kr.

k. A.   fl.  kr.  dl.   fl.  kr.¹⁹⁶⁶

  fl.  kr.

  fl.¹⁹⁶⁸   fl.  kr.

   fl.  kr.

k. A.

k. A.

  fl.  kr.

   fl.  kr.

  fl.

k. A.

  fl.  kr.

   fl.  kr.

k. A.

k. A.

  fl.  kr.

   fl.  kr.

k. A.

k. A.

  fl.  kr.

  fl.  kr.¹⁹⁷⁰

  fl.¹⁹⁷¹

 ¹⁹⁷²

  fl.  kr.

Hofkammersekretär Matthias Arnoldin aus von diesem im Reich erhandelten Türkenhilfen, ebd., fol. 40v (47*v).  Obligation der Stadt Görlitz zur Bezahlung alter Reichs- und Kreissteuerschulden der Markgrafschaft Ansbach, OeStA FHKA: HZAB Nr. 71 (1622), fol. 54r (64*r).  Davon 6.000 fl. eines Vorschusses der Reichsstadt Frankfurt auf eine künftige Reichshilfe in einer ursprünglichen Gesamthöhe von 8.000 fl., OeStA FHKA: HZAB Nr. 72 (1623), 1v, (12*v).  Einnahmen „Vom Fränckischen Craiß vnd Ritterschafft“ in Folge einer Bewilligung der fränkischen Reichsritterschaft von 1614, fol. 9v (15*v). Die Ritterschaft wird hier dem Reichskreis zugerechnet.  Die Jahrgänge 1625 bis 1629 sind in einem einzigen Hofzahlamtsbuch zusammengefasst, OeStA FHKA: HZAB Nr. 75 (Anm. 459).  14.000 fl. freiwillige Reichshilfe von der Reichsstadt Frankfurt, davon 1.000 fl. von der Frankfurter und 1.000 fl. von der Wormser Judenschaft übernommen, ebd., fol. 944v (1025*v); 26.000 fl. freiwillige Reichshilfe von der Reichsstadt Köln, ebd., fol. 993r, (1074*r); 14.000 fl. freiwillige Reichshilfe der Reichsstädte Weißenburg, Worms, Straßburg, Landau und Speyer, fol. 995r (1076*r).  Zwei Hofzahlamtsbücher von unterschiedlichen Einnehmern erhalten, OeStA FHKA: HZAB Nr. 77/1 (Anm. 459) und ders.: HZAB Nr. 77/2 (1629 – 1630).

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Anhang

Die Einnahmen des Hofzahlamts aus den Reichspfennigmeisterämtern und den direkt an die Hofkammer entrichteten Reichs- und Kreissteuern,  –  (Fortsetzung) Rechnungsjahr der Hofzahlamtsbücher (HZAB)

Oberdeutsches Sächsisches Sonstige Einnahmen Summe Reichspfennig- Reichspfennig- in Folge von Reichsmeisteramt meisteramt und Kreissteuerbewilligungen



  fl.

k. A.

k. A.

  fl.



k. A.

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k. A.



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k. A.

k. A.

k. A.



 – 

k. A.

k. A.

k. A.





k. A.

k. A.

k. A.



 – 

k. A.

k. A.

  fl.¹⁹⁷³

  fl.

 – 

k. A.

k. A.

  fl.¹⁹⁷⁴

  fl.



k. A.

k. A.

k. A.





k. A.

k. A.

k. A.





k. A.

k. A.

k. A.





  fl.

  fl.

k. A.

  fl.



  fl.

k. A.

k. A.

  fl.



k. A.

k. A.

k. A.





k. A.

k. A.

k. A.





k. A.

k. A.

  fl.¹⁹⁷⁵

  fl.

 5.760 fl. gemäß OeStA FHKA: HZAB Nr. 77/1 (Anm. 459), fol. 3r, (77*r), zuzüglich 8.551 fl. 40 kr. gemäß OeStA FHKA: HZAB Nr. 77/2 (Anm. 1969), fol. 1r – 2v, (1*r – 3*v). Die bei Rauscher für das Jahr 1630 aufgeführten 8.552 fl. beziehen sich auf letztere Quelle, die jedoch keine tatsächlichen Einnahmen des Jahres 1630 aufführt, sondern nur zwei ältere, bis dahin nicht abgerechnete Buchungen aus dem Jahr 1618 (6.000 fl.) und unbestimmten Datums.  Diese Angabe fehlt bei Rauscher.  30.000 fl. durch den Erzbischof von Salzburg als Äquivalent einer bayerischen Kreishilfe, OeStA FHKA: HZAB Nr. 77/1 (Anm. 459), fol. 261v (335*v).  Bezahlung eines kaiserlichen Proviantkommissars durch Kurmainz in Anrechnung auf die Reichskontribution, OeStA FHKA: HZAB Nr. 83 (1636 – 1637), fol. 46r (fol.71*r).  (Reichs)kontribution der Stadt Hamburg, OeStA FHKA: HZAB Nr. 84 (1637– 1639), fol. 76r (fol. 206*r).  Reichskontribution der Grafen von Oldenburg, den kaiserlichen Verhandlungsführern in Münster ausgehändigt, OeStA FHKA: HZAB Nr. 92 (1646), fol. 2r.

Anhang 2

565

Die Einnahmen des Hofzahlamts aus den Reichspfennigmeisterämtern und den direkt an die Hofkammer entrichteten Reichs- und Kreissteuern,  –  (Fortsetzung) Rechnungsjahr der Hofzahlamtsbücher (HZAB)

Oberdeutsches Sächsisches Sonstige Einnahmen Summe Reichspfennig- Reichspfennig- in Folge von Reichsmeisteramt meisteramt und Kreissteuerbewilligungen



k. A.

k. A.

k. A.





k. A.

k. A.

  fl.¹⁹⁷⁶

  fl.

Gesamtsumme:   fl.  kr.  d.

 Reichskontribution der Grafen von Oldenburg, den kaiserlichen Verhandlungsführern in Münster ausgehändigt, OeStA FHKA: HZAB Nr. 94 (1648), fol. 21r.

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Abbildung : Die Reichskreise im . Jahrhundert.  Abbildung : Sitzordnung während der Kreisassoziationsverhandlungen in Frankfurt /.  Tabelle : „Verzeichnus, was beÿ der Frl. Onolzbachischen Ober=Einnehmerreÿ außgelegt worden, sowoln Ihrer Keÿ: Meÿ: beÿ den Creÿßtägen verwilligten vnd sonsten daneben gereichten Contributionen, wie auch den vorgangenen Durchzügen vffgeloffenen Vncosten de Anno  biß Aug. “. Tabelle : Die Einnahmen des Reichspfennigmeisters Stephan Schmidt von  bis  nach Peter Rauscher. Tabelle : „Wegen derer beÿ dem Prager Friedenschluß Anno  bewilligten . Monat einfachen Römerzug, seind die Stände des Ober: vnnd Nieder Sächß: Creÿßes, vermög der Reichs Matricul, welche Anno  aus der Röm: Keÿ: Mait. Hof Cammer verfertiget, in  Terminen zuerlegen schuldig, haben biß dato den . Augusti Anno  beÿ der Legstadt Leipzigk darauf abgelegt, vnd seind noch zu zahlen, wie hernach specificirt zuersehen.“ [Abschnitt zum Obersächsischen Reichskreis]. Tabelle : „Wegen derer beÿ dem Prager Friedenschluß Anno  bewilligten . Monat einfachen Römerzug, seind die Stände des Ober: vnnd Nieder Sächß: Creÿßes, vermög der Reichs Matricul, welche Anno  aus der Röm: Keÿ: Mait. Hof Cammer verfertiget, in  Terminen zuerlegen schuldig, haben biß dato den . Augusti Anno  beÿ der Legstadt Leipzigk darauf abgelegt, vnd seind noch zu zahlen, wie hernach specificirt zuersehen.“ [Abschnitt zum Niedersächsischen Reichskreis]. Tabelle : „Waß die hernachbeschribnen Löbl. Baÿr. [Craißste]ndt jeder die von disen verglichenen . Römer monath zubezallen schuldig noch im ausst[eh]en.“ Tabelle : „Conto über der hochlöbl: Bairischen Craißstennde vermög # . in Ao . . . et . den Römer Monaten nach, gethanen bewilligungen“. Tabelle : Truppengrößen gemäß der Abschlusserklärung des Leipziger Konvents.



 



  

Anhang : „Reichs Matricul de Anno  vnd Nürnbergische Repartition“ (Reichssteuer-  anschlag der sieben an Schweden satisfaktionspflichtigen Reichskreise). Anhang : Die Einnahmen des Hofzahlamts aus den Reichspfennigmeisterämtern und den  direkt an die Hofkammer entrichteten Reichs- und Kreissteuern,  – .

https://doi.org/10.1515/9783110558739-014

Quellen- und Literaturverzeichnis Archivalische Quellen Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Ä. A. 2251. Kurbayern Ä. A. 2690. Kurbayern Ä. A. 2817. Kurbayern Ä. A. 3612. Kurbayern Ä. A. 3613. Kurbayern Ä. A. 3614. Kurbayern Ä. A. 3615. Kurbayern Ä. A. 3616. Kurbayern Ä. A. 3617. Kurbayern Ä. A. 3618. Kurbayern Ä. A. 3619. Kurbayern Ä. A. 3620. Kurbayern Lit. 2628/1. Reichskammergericht 5672/1. Kurbayern Ä. A. 3734. Kurbayern Ä. A. 3736.

Bayerisches Staatsarchiv Bamberg (StABa) Fränkischer Kreis, Kreisarchiv Nr. 272. Fränkischer Kreis, Kreisarchiv Nr. 295. Fränkischer Kreis, Kreisarchiv Nr. 300. Fränkischer Kreis, Kreisarchiv Nr. 862. Hochstift Bamberg, Geheime Kanzlei Nr. 549. Hochstift Bamberg, Geheime Kanzlei Nr. 65. Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 2725. Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 4021. Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 4028. Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Hausarchiv Plassenburg Nr. 5475. Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Hausarchiv Plassenburg, Nr. 5960. Fränkischer Kreis, Kreisarchiv Nr. 262 (1632). Fränkischer Kreis, Kreisarchiv Nr. 275. Fränkischer Kreis, Kreisarchiv Nr. 481.

https://doi.org/10.1515/9783110558739-015

568

Quellen- und Literaturverzeichnis

Bayerisches Staatsarchiv Nürnberg (StAN) Markgraftum Brandenburg-Ansbach, Kreistagsakten 68. Markgraftum Brandenburg-Ansbach, Kreistagsakten 69. Reichsstadt Nürnberg, Nürnberger Kreistagsakten 10. Reichsstadt Nürnberg, Nürnberger Kreistagsakten 11.

Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 29 Bü. 52. A 29 Bü. 56. A 29 Bü. 76. C 9 Bü. 218. C 9 Bü. 221. C 9 Bü. 222. C 9 Bü. 223. C 9 Bü. 224. C 9 Bü. 225. C 9 Bü. 226. C 9 Bü. 563. C 9 Bü. 564.

Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Ludwigsburg (StAL) B 90 Bü. 154. B 90 Bü. 294. B 90 Bü. 300. B 90 Bü. 331. B 90 Bü. 332. B 90 Bü. 38. B 90 Bü. 55. B 90 Bü. 57. B 90 Bü. 65.

Österreichisches Staatsarchiv, Finanz- und Hofkammerarchiv (OeStA FHKA) Gedenkbücher Reichsregister 484. SUS RA 117.26. SUS RA 145.1.12. SUS RA 145.1.20. SUS RA 17.4.1. SUS RA 17.4.2. SUS RA 20.

Archivalische Quellen

SUS RA 46.1. SUS RA 5.1.9. SUS RA 75.3. SUS RA 76.1. SUS RA 86.1.12. SUS RA 90. SUS RA 90.1.13. SUS RA 90.1.17. SUS RA Fasz. 204. HZAB Nr. 67 (1618). HZAB Nr. 68 (1619). HZAB Nr. 69 (1620). HZAB Nr. 70 (1621). HZAB Nr. 71 (1622). HZAB Nr. 72 (1623). HZAB Nr. 73 (1624). HZAB Nr. 74 (1624 – 1625). HZAB Nr. 75 (1625 – 1629). HZAB Nr. 77/2 (1629 – 1630). HZAB Nr. 77/1 (1630). HZAB Nr. 78 (1631). HZAB Nr. 79 (1632). HZAB Nr. 80 (1633). HZAB Nr. 81 (1634 – 1635). HZAB Nr. 82 (1635). HZAB Nr. 83 (1636 – 1637). HZAB Nr. 84 (1637 – 1639). HZAB Nr. 85 (1639). HZAB Nr. 86 (1640). HZAB Nr. 87 (1641). HZAB Nr. 88 (1642). HZAB Nr. 89 (1643). HZAB Nr. 90 (1644). HZAB Nr. 91 (1645). HZAB Nr. 92 (1646). HZAB Nr. 93/I+II (1647). HZAB Nr. 94 (1648). Kriegszahlamtsmeisterrechnung Nr. 263 (1623).

Österreichisches Staatsarchiv, Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien (OeStA HHStA Wien) Kriegsakten 135 – 2. Kriegsakten in genere 92. MEA Fränkische Kreisakten 10.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

MEA Kreisakten in Genere 17. MEA KrhK 4. MEA KrhK 5. MEA Militaria 10, Subfasz. 1. MEA Militaria 7. MEA Militaria 8. MEA Reichsarchiv 2 – 2. MEA Reichstagsakten 122. MEA Reichstagsakten 96. RK Diplomatische Akten Weisungen in das Reich Nr. 1. RK Friedensakten 14 e. RK Reichsakten in genere 73. RK Reichsakten in genere 81. RK Reichsakten in specie 74. RK Reichsakten in specie 76. RK Reichstagsakten 101a.

Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden (SächsHStA Dresden) 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 04440/11. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 07873/3. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 07880/2. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 07880/3. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08095/1. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08095/2. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08095/3. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08095/4. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08096/03. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08097/02. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08097/03. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08099/01. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 09803/4. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10503/02. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10504/01. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 9804/5. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 07880/4. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 04440/12. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 04440/13. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 09803/7. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 9209/3. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08097/01. 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10502/18. 13480 Personennachlass Hans von Ponickau, Nr. 7. 13480 Personennachlass Hans von Ponickau, Nr. 13.

Literatur und Editionswerke vor 1806

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Literatur und Editionswerke vor 1806 Ander Theil der Dennemarckischen und Nider-Sachsischen Creysses Acta. Das ist/ Handlung und Deduction aller vnd jeder Sachen vnd Handel/ welche sich auff den vnderschiedlichen/ zwischen der Keys. Majest./ König in Dennemarck/ Nidersachsischen Creyß/ vnd den Churfurstl: Interponenten Chur Sachsen vnd Brandenburg/ gehaltenen Compositions Tagen vnd Conventen, sonderlich das jetzige Kriegswesen betreffend/ zugetragen/ vnd biß dato verlauffen. o. O. 1626. Copia eines beweglichen Schreibens an die Röm. Keys. Maj. von denen des Fränckischen Reichs=Creisses Fürsten und Ständen/ umb dero allergnädigsten Consens/ die Ihrigen zu den General=Friedenstractaten/ nacher Oßnabrück und Münster/ abzusenden. Abgangen de dato Bamberg/ den 30. Octobris, 9. Novembris, Anno 1644. Copia, Kayserl. Aachts Erklerung, wider Pfaltzgraff Friderich Churfürst. Enthält außerdem: Copia, Kayserl. Aachts Erklerung, wider Hanß Georgen den Eltern, Marggraffen zu Brandenburg, Christian Fürsten von Anhalt, vnd Georg Friderichen Grafen zu Hohenloe. Wien 1621. Dennemarckische Acta. Das ist/ Außführliche Beschreibung/ Handlung und Deduction aller vnd jeder Sachen Propositionen, Exceptionen, Replicen, Bericht/ Gegenbericht vnnd Resolutionen, auch gewechßleter Schrifften/ welche sich von anfang deß noch schwebenden Nidersächsischen Kriegswesens/ zwischen der Kay. May. vnd dero Hochansehenden Kriegs Generalen vnd Obersten Graff Thilli/ vnd Herzog von Friedlandt/ so dann der Königl. Mayest. in Dennenmarck/ Hispanien/ vnd des Nidersächsischen Kreisses / Fürsten vnd Ständt/ biß auff dato verlauffen. o. O. 1626. Donawöhrtische Relation, das ist, gründlicher wahrer Bericht und bestendige, kurze Erzehlung alles deßjenigen, was eine Zeit hero vor, bei und nach dem wider die Statt Schwäbisch – oder Donawöhrt unlangst angestellten Prozeß, Achtserklärung und darauf ervolgter Execution sich zugetragen, woher auch und aus was Ursachen solches alles entsprungen […], o. O. 1610. Glücklicher Progreß Der Glorwürdigsten Victorien des Großmächtisten Königs zu Schweden […] item Königl. May. zu Schweden Mandat an den Fränckischen Kreyß. o. O. 1631. Letztes Schreiben/ Welches Churfürstl. Durchl. zu Sachsen/ etc. an den Generaln Grafen Tilly/ etc. ehe noch Ihre Churfürstl. Durchl. sich mit dero Arméen movirt/ vnd die Königl. Majest. in Schweden/ etc. mit ihrem Volck zu derselben gestossen/abgehen lassen. Sub dato Torgaw am 3. Septembris Anno 1631. Unpartheyisches Bedencken, ob den hochlöblichen Fränckischen Crayß Ständen annehmlich unnd heilsamb seye, sich auff deß Hertzogen in Bayrn […] schrifftliches Ansuchen, mit Jhrer Fürstl. Durchl. […] uber die albereith verfaste Executions: und Crayß Abschiede etc. in eine Correspondentz unnd Verbündnus […] zubegeben unnd einzulassen? o. O. 1623. Johann Philipp Abelin: Theatrum Europaeum oder außführliche und warhafftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten, so sich hin und wieder in der Welt, fürnemblich aber in Europa und Teutschlanden, sowol im Religion- als Prophan-Wesen […] sich zugetragen. 2. Theatri Europaei, Das ist: Historischer Chronick, Oder Wahrhaffter Beschreibung aller fürnehmen und denkwürdigen Geschichten, so sich hin und wider in der Welt, meisten theils aber in Europa, von […] 1629. bis auff das Jahr 1633. zugetragen. Bd. II, 3. Aufl. Frankfurt am Main 1646. Ernst Joachim von Beust: Sciagraphia Juris Monetandi in Sacro Imperio Romano-Germanico oder Entwurf von der Müntz-Gerechtigkeit im Heil. Römisch-Teutschen Reich. Leipzig 1745.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Friedrich Constantin von Beust: Feldzüge der Kursächsischen Armee. Erfurt 1801. Ludwig Camerarius: Cancellaria hispanica. Adjecta sunt Acta publica, Hoc est: Scripta et Epistolae authenticae, è quibus partim infelicis belli in Germania partim Proscriptionis in Electorem Palatinum scopus praecipuus apparet […]. „Freistadt“ 1622. Bogislaw Philipp von Chemnitz: Königlichen Schwedischen In Teutschland geführten Krieges. Theil Aus Glaubwürdigen, und mehrentheils Original-Acten, Documenten, und Relationen Zusammengetragen, und in Vier Bücher abgefasset. Bd. 1. Stettin 1648. Zacharias Geizkofler: Bedencken wie der Reichstag fruchtbarlich anzustellen/ An Hochgedachte Röm Keys. Mayestet/etc. sub dato 15/25 Octob. Anno 1612. o. O. 1619. ders.: Bedencken/ Von dem Zustandt Teutscher Nation/ deß Hochwolgebornen Herren Zachariae Geitzlöflers von Gäilenbach/ Herrn zu Haunßheim/ StauffenMoß und Wesenburen/ Rittern deß güldenen Fluß/ weiland Käys. May. unnd deß Hausses Oesterreich geheimbten Raths und ReichsPfennigmeisters: Anno 1614. An Herrn Cardinalen Mesch Cleseln geschrieben. o. O. 1623. Johann Christoph Hirsch: Des Teutschen Reichs Münz-Archiv. bestehend in einer Sammlung Kayserl. und Reichs-Münz-Gesetze, Ordnungen, Privilegien über das Münz-Recht […] nebst zuverlässigen Nachrichten, vom Teutschen Münz-Wesen überhaupt, in ältern, mittlern und neuern Zeiten, aus Archiven und Original-Actis Publicis in chronologischer Ordnung, dem Publico zum Besten, zusammen getragen, und mit einem Real-Indice versehen, 8 Bde. Nürnberg 1756 – 1768. ders.: Kurze Beleuchtung des Ursprungs und der Beschaffenheit des Creys-Obristen-Amts insgemein, und des Fränkischen insonderheit. Ansbach 1766. Johann Adam Kopp: Gründliche Abhandlung von der Association derer vordern Reichs-Craysse. Frankfurt am Main 1739. Johann Georg von Lori: Sammlung des baierischen Kreisrechts. München 1764. ders.: Der Sammlung des baierischen Münzrechts zweyter Band, von 1564 bis 1664. München 1768. Michael Caspar Lundorp: Der Römischen Kayserlichen Majestät Und Deß Heiligen Römischen Reichs Geist- und Weltlicher Stände, Chur- und Fürsten, Grafen, Herren und Städte Acta Publica […]. Darinnen fürnemblich was auff dem in Anno 1641. continuirten Reichstag zu Regenspurg votirt/ consultirt/ berathschlaget/ übergeben und beschlossen […] (5). Frankfurt am Main 1668. ders.: Der Römischen Kayserlichen Majestät Und Deß Heiligen Römischen Reichs Geist- und Weltlicher Stände, Chur- und Fürsten, Grafen, Herren und Städte Acta Publica Und Schrifftliche Handlungen, Außschreiben, Sendbrieff, Bericht, Unterricht […] so in Friedensund Kriegszeiten gegeneinander ergangen und gewechselt. Darinnen fürnemlich Was auff unterschiedlichen Reichs-, Wahl-, Churfürstlichen Collegial-, Deputations- und Creyß-Tägen wie auch andern Conventen und sonsten von Anno 1629. biß Anno 1641., sowol inn- als ausserhalb Teutschlands in Schrifften verhandelt worden zu befinden (4), 4. Aufl. Frankfurt am Main 1668. Johann Christian Lünig (Hrsg.): Des Teutschen Reichs-Archivs Partis Generalis Continuatio, Welche […] in sich begreifft ein vollkommenes Corpus Juris Publici des Heiligen Römischen Reichs Teutscher Nation […] (Das Teutsche Reichs-Archiv, 2). Leipzig 1713. Johann Gottfried von Meiern: Acta Pacis Westphalicae Publica. Oder Westphälische Friedens-Handlungen und Geschichte. Worinnen enthalten, was vom Jahr 1643. biß in den Monath October Anno 1645. zwischen Ihro Römisch-Käyserlichen Majestät, dann den

Literatur und Editionswerke vor 1806

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Beyden Cronen Franckreich und Schweden, ingleichen des Heiligen Römischen Reichs Chur-Fürsten, Fürsten und Ständen, zu Oßnabrück und Münster gehandelt worden. Hannover 1734. Friedrich Carl Moser: Des hochloblichen Franckischen Crayses Abschide und Schlusse vom Jahr 1600. bis 1748. Nürnberg 1752. ders.: Sammlung des Heil. Römischen Reichs sämtlicher Crays-Abschiede und anderer Schlüsse. Nebst vilen darzu gehörigen Beylagen, auch mit Summarien, Marginalien und Anmerckungen versehen und grossen Theils erstmals an das Licht gestellt, 3 Bde. Leipzig 1747 – 1748. ders.: Des hochloeblichen Ober-Saechsischen Crayses Abschide. Aus Archiven erstmals an das Licht gestellt, von Friderich Carl Moser. Jena 1752. Johann Jacob Moser: Compendium iuris publici Regni moderni germanici. Tübingen 1731. ders.: Von denen teutschen Reichs=Tags=Geschäften. Nach denen Reichs=Gesezen vnd dem Reichs=Herkommen, wie auch aus denen Teutschen Staats=Rechts=Lehrern, vnd eigener Erfahrung (Neues teutsches Staatsrecht, 6). Frankfurt am Main 1768. ders.: Von denen Teutschen Reichs-Taegen: Nach denen Reichsgesezen und dem Reichsherkommen, wie auch aus denen Teutschen Staats-Rechts-Lehrern und eigener Erfahrung (2). Frankfurt am Main 1774. Johann Jakob Moser: Von der Teutschen Crays-Verfassung. Nach denen Reichs-Gesezen und dem Reichs-Herkommen, wie auch aus den Teutschen Staats-Rechts-Lehrern, und eigener Erfahrung (Neues teutsches Staatsrecht, 10). Frankfurt am Main, Leipzig 1773. Heinrich Oreus: Theatri Europaei Continuatio III. Das ist: Historischer Chronicken Dritter Theil. In sich begreiffend Eine kurze und warhaffte Beschreibung aller vornehmen, Denck- und Chronickwürdigen Geschichten, so sich hin und wieder in der gantzen Welt, in den beyden Ost- und West-Indien, sonderlich in Europa, in Franckreich, Hispanien, Italien, Groß-Britannien, Dännemarck, Schweden, Polen, Böhmen, Hungarn, Siebenbürgen, Wallachey, Moldau, auch theils Türck- und Barbarey […] In Hoch- und Nieder-Teutschland, allermeist aber im Reich Teutscher Nation […] von Anno 1633. biß 1638. inclusive […] begeben und zugetragen, 3. Aufl. Frankfurt am Main 1670. Christian Carl Schindler: Der geheimde Münz Guardein und Berg Probierer/ Welcher zeiget und an Tag giebt alle geheime Hand=Griffe/ So bißhero sind verschwiegen und zurückgehalten worden. Frankfurt am Main 1705. Johann Jacob Schmauß: Neue und vollständigere Sammlung der Reichsabschiede, welche von den Zeiten Kayser Conrads II. bis jetzo auf den teutschen Reichs-Tägen abgefasset worden, sammt den wichtigsten Reichs-Schlüssen, so auf dem noch fürwährenden Reichs-Tage zur Richtigkeit gekommen sind ; in vier Theilen ; nach den Haupt-Urkunden aus den fürnehmsten Archiven, alten Abdrücken, und bewährtesten geschriebenen Büchern, theils von neuem übersehen, theils zum erstenmahl ans Licht gestellt und auf churfürstlich-mayntzische gnädigste Genehmigung mit den in dem Reichs-Archiv befindlichen Originalien collationiret ; nebst einer Einleitung, Zugabe, und vollständigsten Registern. Reichsabschiede von dem Jahr 1495 bis 1551 inclusive, 4 Bde. Osnabrück Neudr. 1967. Renatus Karl Freiherr von Senkenberg: Neuere teutsche Reichs-Geschichte. Geschichte des Teutschen Reichs vom Prager Frieden an, bis auf unsere Zeiten, 2 Bde. Frankfurt am Main 1798, 1804.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Johann Christoph von Uffenbach: Tractatus Singularis Et Methodicus De Excelsissimo Consilio Caesareo-Imperiali Aulico. Wien 1700.

Literatur und Editionswerke nach 1806 Karlies Abmeier: Der Trierer Kurfürst Philipp Christoph von Sötern und der Westfälische Friede (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e.V., 15). Münster 1986. Dieter Albrecht: Zur Finanzierung des Dreißigjährigen Krieges. Die Subsidien der Kurie für Kaiser und Liga 1618 – 1635, in: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 19 (1956). S. 534 – 566. ders.: Richelieu, Gustav Adolf und das Reich, München. Wien 1959. ders.: Die auswärtige Politik Maximilians von Bayern. 1618 – 1635. Göttingen 1962. Dieter Albrecht (Hrsg.): Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. Neue Folge 2.5 (Die Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618 – 1651). Wien/München 1964. ders.: Die Kriegs- und Friedensziele der deutschen Reichsstände, in: Krieg und Politik 1618 – 1648. Europäische Probleme und Perspektiven, hrsg. v. Konrad Repgen/Elisabeth Müller-Luckner (Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien, 8). München 1988. S. 241 – 273. ders.: Der Regensburger Kurfürstentag 1630 und die Entlassung Wallensteins, in: Regensburg. Stadt der Reichstage. Vom Mittelalter zur Neuzeit, hrsg. v. Dieter Albrecht (Schriftenreihe der Universität Regensburg, 21). Regensburg 1994, S. 88 – 108. ders. (Hrsg.): Regensburg. Stadt der Reichstage. Vom Mittelalter zur Neuzeit, hrsg. v. Dieter Albrecht (Schriftenreihe der Universität Regensburg, 21). Regensburg 1994. ders.: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651. München 1998. Hugo Altmann: Die Reichspolitik Maximilians I. von Bayern 1613 – 1618 (Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges in den Zeiten des vorwaltenden Einflusses der Wittelsbacher, 12). München 1978. Konrad Amann: Der Oberrheinische Kreis im Wandel, in: Reichskreis und Territorium. Die Herrschaft über der Herrschaft? Supraterritoriale Tendenzen in Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft: Ein Vergleich süddeutscher Reichskreise, hrsg. v. Wolfgang Wüst/Doris Pfister (Augsburger Beiträge zur Landesgeschichte Bayerisch-Schwabens, 7). Stuttgart 2000, S. 335 – 350. Konrad Amann (Hrsg.): Bayern und Europa. Festschrift für Peter Claus Hartmann zum 65. Geburtstag. Frankfurt am Main 2005. Heinz Angermeier: Die Reichsreform 1410 – 1555. Die Staatsproblematik in Deutschland zwischen Mittelalter und Gegenwart. München 1984. Karl Otmar von Aretin (Hrsg.): Der Kurfürst von Mainz und die Kreisassoziationen. Zur verfassungsmässigen Stellung der Reichskreise nach dem Westfälischen Frieden (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abteilung Universalgeschichte: Beiheft, 2). Wiesbaden 1975. ders.: Die Kreisassoziationen in der Politik der Mainzer Kurfürsten Johann Philipp und Lothar Franz von Schönborn 1648 – 1711, in: Der Kurfürst von Mainz und die Kreisassoziationen. Zur verfassungsmässigen Stellung der Reichskreise nach dem Westfälischen Frieden,

Literatur und Editionswerke nach 1806

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hrsg. v. Karl Otmar von Aretin (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abteilung Universalgeschichte: Beiheft, 2). Wiesbaden 1975, S. 31 – 67. ders.: Das Alte Reich 1648 – 1806. Föderalistische oder hierarchische Ordnung (1648 – 1684). Stuttgart 1993 – 97. Stephanie Armer: Zwischen Religion und Politik: Fürstbischof Jakob Fugger (1604 – 1626). Ein Reichsfürst am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges, in: Die Fugger und das Reich. Eine neue Forschungsperspektive zum 500jährigen Jubiläum der ersten Fuggerherrschaft Kirchberg-Weißenhorn, hrsg. v. Johannes Burkhardt (Studien zur Fuggergeschichte, 41). Augsburg 2008, S. 197 – 228. Johannes Arndt: Das Heilige Römische Reich und die Niederlande 1566 bis 1648. Politisch-konfessionelle Verflechtung und Publizistik im Achtzigjährigen Krieg (Münstersche historische Forschungen, Bd. 13). Köln 1998. ders.: Der Dreißigjährige Krieg 1618 – 1648. Stuttgart 2009. ders.: Der Niederrhein zwischen dem niederländischen Aufstand und dem Dreißigjährigen Krieg, in: Der Jülich-Klevische Erbstreit 1609. Seine Voraussetzungen und Folgen, hrsg. v. Manfred Groten (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde: Vorträge, 36). Düsseldorf 2011, S. 163 – 176. Kurt Arnold: Geschichte des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises in der Zeit des Spanischen Erbfolgekrieges (1698 – 1714). Diss., Düsseldorf 1937. Ronald G. Asch: Jakob I. (1566 – 1625). König von England und Schottland; Herrscher des Friedens im Zeitalter der Religionskriege (Kohlhammer Urban-Taschenbücher, Bd. 608). Stuttgart 2005. Hermann Aubin (Hrsg.): Der Raum Westfalen (2). Berlin 1934. Leopold Auer: Die Ziele der kaiserlichen Politik bei den Westfälischen Friedensverhandlungen und ihre Umsetzung, in: Der Westfälische Friede. Diplomatie, politische Zäsur, kulturelles Umfeld, Rezeptionsgeschichte, hrsg. v. Heinz Duchhardt (Historische Zeitschrift. Beiheft, 26). München 1998, S. 143 – 173. Bohumil Bad̕ura. Der grosse Kampf um die Vormacht in Europa. Die Rolle Schwedens und Frankreichs: Quellen zur Geschichte des Dreissigjährigen Krieges, 1635 – 1643 (Documenta bohemica Bellum Tricennale illustrantia, Bd. 6). Prag 1979. Oswald Bauer: Zeitungen vor der Zeitung. Die Fuggerzeitungen (1568 – 1605) und das frühmoderne Nachrichtensystem (Colloquia Augustana, Bd. 28). München 2011. Anette Baumann: Die Gesellschaft der Frühen Neuzeit im Spiegel der Reichskammergerichtsprozesse. Eine sozialgeschichtliche Untersuchung zum 17. und 18. Jahrhundert (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich, 36). Köln 2001. dies.: Die Prokuratoren am Reichskammergericht in Speyer und Wetzlar. Stand der Forschungen und Forschungsdesiderate, in: Reichspersonal. Funktionsträger für Kaiser und Reich, hrsg. v. Anette Baumann/Peter Oestmann/Stephan Wendehorst/Siegrid Westphal (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich, 46). Köln 2003, S. 179 – 198. dies.: Advokaten und Prokuratoren. Anwälte am Reichskammergericht (1690 – 1806) (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich, 51). Köln 2006. Anette Baumann/Peter Oestmann/Stephan Wendehorst/Siegrid Westphal (Hrsg.) Reichspersonal. Funktionsträger für Kaiser und Reich (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich, 46). Köln 2003.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Winfried Becker: Der Kurfürstenrat. Grundzüge seiner Entwicklung in der Reichsverfassung und seine Stellung auf dem Westfälischen Friedenskongress (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e.V., 5). Münster 1973. Wolfgang Behringer: Von Krieg zu Krieg. Neue Perspektiven auf das Buch von Günther Franz „Der Dreißigjährige Krieg und das deutsche Volk“ (1940), in: Zwischen Alltag und Katastrophe. Der Dreißigjährige Krieg aus der Nähe, hrsg. v. Benigna von Krusenstjern/Hans Medick/Patrice Veit (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, 148). Göttingen 1999, S. 543 – 591. Hans-Wolfgang Bergerhausen: Die Stadt Köln und die Reichsversammlungen im konfessionellen Zeitalter. Ein Beitrag zur korporativen reichsständischen Politik 1555 – 1616 (Veröffentlichungen des Kölnischen Geschichtsvereins e.V., 37). Köln 1990. ders.: „Exclusis Westphalen et Burgundt“. Zum Kampf um die Durchsetzung der Reichsmünzordnung von 1559, in: Zeitschrift für Historische Forschung 20 (1993), S. 189 – 203. Erwin Bettenhäuser: Die Landgrafschaft Hessen-Kassel auf dem Westfälischen Friedenskongress 1644 – 1648. Diss. phil.. Wiesbaden 1983. Gustav Beyerle: The Compromise at Zsitvatorok, in: Archivum Ottomanicum 6 (1980), S. 5 – 53. Kathrin Bierther: Der Regensburger Reichstag von 1640/1641 (Regensburger historische Forschungen, Bd. 1). Kallmünz/Opf. 1971. Kathrin Bierther (Hrsg.): Der Prager Frieden von 1635 (Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges / Neue Folge, II., Bd. 10/1 – 10/4), 4 Bde. München [u. a.] 1997. Hermann Bingel: Das Theatrum Europaeum. Ein Beitrag zur Publizistik des 17. und 18. Jahrhunderts, Neudruck der Ausgabe 1909. Schaan/Liechtenstein 1982. Markus Bittmann: Parteigänger, Indifferente, Opponenten. Der schwäbische Adel und das Haus Habsburg, in: Die Habsburger im deutschen Südwesten. Neue Forschungen zur Geschichte Vorderösterreichs, hrsg. v. Franz Quarthal/Gerhard Faix. Stuttgart 2000, S. 75 – 88. Ernst Böhme: Das fränkische Reichsgrafenkollegium im 16. und 17. Jahrhundert. Untersuchungen zu den Möglichkeiten und Grenzen der korporativen Politik mindermächtiger Reichsstände (Beiträge zur Sozial- und Verfassungsgeschichte des Alten Reiches, Nr. 8). Stuttgart 1989. Klaus-Richard Böhme: Bremisch-Verdische Staatsfinanzen 1645 – 1676. Die schwedische Krone als deutsche Landesherrin (Studia historica Upsaliensia, 26). Stockholm 1967. Heinz-Günther Borck: Der Schwäbische Reichskreis im Zeitalter der französischen Revolutionskriege 1792 – 1806 (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B, 61). Stuttgart 1970. Franz Bosbach/Christoph Kampmann (Hrsg.): Konrad Repgen – Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede. Studien und Quellen (Rechts- und Staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft, 117). 3. Aufl. Paderborn 2015. Guido Braun/Maximilian Lanzinner (Hrsg.): Frieden und Friedenssicherung in der Frühen Neuzeit. Das Heilige Römische Reich und Europa; Festschrift für Maximilian Lanzinner (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 36). Münster 2013. Franz Brendle: Der Erzkanzler im Religionskrieg. Erzbischof Anselm Casimir Wambold von Umstadt, Kurmainz und das Reich 1629 – 1647 (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte, 155). Münster 2009.

Literatur und Editionswerke nach 1806

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Literatur und Editionswerke nach 1806

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Carl Hallendorff (Hrsg): Sverges traktater med främmande magter. 1632 – 1645 (Sveriges (och Norges) traktater med främmande magter (makter) jämte andra dit hörenade handlingar (822 – 1905), 5.2), Stockholm 1909. Hermann Hallwich: Briefe und Akten zur Geschichte Wallensteins 1630 – 1634. Band I (Fontes rerum Austriacarum : Abteilung 2, Diplomataria et acta, 63). Wien 1912. Joseph von Hammer-Purgstall (Hrsg.): Khlesl’s, des Cardinals, Directors des geheimen Cabinetes Kaiser Mathias, Leben. Mit der Sammlung von Khlesl’s Briefen, Staatsschreiben, Vorträgen, Gutachten, Decreten, Patenten, Denkzetteln und anderen Urkunden, beinahe tausend bis auf einige wenige bisher ungedruckt (3), 4 Bde. Wien 1850. Peter Claus Hartmann: Die Kreistage des Heiligen Römischen Reichs – eine Vorform des Parlamentarismus? Das Beispiel des Bayerischen Reichskreises (1521 – 1793), in: Zeitschrift für Historische Forschung 19 (1992), S. 29 – 47. ders. (Hrsg.): Regionen in der frühen Neuzeit. Reichskreise im deutschen Raum, Provinzen in Frankreich, Regionen unter polnischer Oberhoheit: ein Vergleich ihrer Strukturen, Funktionen und ihrer Bedeutung (Zeitschrift für historische Forschung. Beiheft, 17). Berlin 1994. ders.: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803). Strukturen, Geschichte und Bedeutung im Rahmen der Kreisverfassung und der allgemeinen institutionellen Entwicklung des Heiligen Römischen Reiches (Schriften zur Verfassungsgeschichte, Bd. 52). Berlin 1997. ders.: Kulturgeschichte des Heiligen Römischen Reiches 1648 bis 1806. Verfassung, Religion und Kultur (Studien zu Politik und Verwaltung, Bd. 72). Wien 2001. ders. (Hrsg.): Der Dreißigjährige Krieg. Facetten einer folgenreichen Epoche (Themen der Katholischen Akademie in Bayern). Regensburg 2010. ders.: Die Reichskreise im Rahmen der Verfassung des Alten Reiches – Entstehung, Funktionen und Leistungen, in: Reichskreise und Regionen im frühmodernen Europa. Horizonte und Grenzen im „spatial turn“, hrsg. v. Wolfgang Wüst/Michael Müller (Mainzer Studien zur neueren Geschichte, 29). Frankfurt am Main, New York 2011, S. 61 – 72. Fritz Hartung: Geschichte des fränkischen Kreises. Darstellung und Akten (Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte, 1. Bd). Neudruck der Ausgabe Leipzig 1910. Aalen 1973. Martin Heckel: Deutschland im konfessionellen Zeitalter (Deutsche Geschichte, 5). Göttingen 1983. Dietmar Heil: Zur Friedensproblematik auf den Reichstagen Kaiser Maximilians I. (1493 – 1519), in: Frieden und Friedenssicherung in der Frühen Neuzeit. Das Heilige Römische Reich und Europa. Festschrift für Maximilian Lanzinner, hrsg. v. Guido Braun/Maximilian Lanzinner (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 36). Münster 2013, S. 35 – 78. Thomas Heiler/Martin Herber: Das Türkensteuerregister der Fürstabtei Fulda von 1605 (Veröffentlichung des Fuldaer Geschichtsvereins, 64). Fulda 2004. Georg Heilingsetzer: 1626 – der oberösterreichische Bauernkrieg (Oberösterreichische Heimatblätter, Sonderpublikation, 2001). Wien 2002. Johann Heilmann: Die Feldzüge der Bayern in den Jahren 1643, 1644 und 1645 unter den Befehlen des Feldmarschalls Franz Freiherr von Mercy, Leipzig 1851.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

ders.: Kriegsgeschichte von Bayern, Franken, Pfalz und Schwaben. 1506 bis 1651. Bd. 2, 2. Abteilung: Kriegsgeschichte von 1634 – 1651 und Kriegswesen von 1598 – 1651. München 1868. Reinhard Rudolf Heinisch: Salzburg im Dreißigjährigen Krieg (Dissertationen der Universität Wien, 18). Wien 1968. Karl Gustav Helbig: Gustav Adolf und die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg 1630 – 1632. Nach handschriftlichen Quellen des Königlich Sächsischen Haupt-Staats-Archivs dargestellt. Leipzig 1854. Tryntje Helfferich: The Iron Princess. Amalia Elisabeth and the Thirty Years War. Cambridge, Massachusetts 2013. Klaus Herbers/Helmut Neuhaus: Das Heilige Römische Reich. Ein Überblick (UTB, 3298). Köln 2010. Klaus Herdepe/Stefan Ehrenpreis (Hrsg.): Der Dreißigjährige Krieg im Herzogtum Berg und in seinen Nachbarregionen (Bergische Forschungen, 28). Neustadt an der Aisch 2002. Hans-Jörg Herold: Markgraf Joachim Ernst von Brandenburg-Ansbach als Reichsfürst (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Schrift 10). Göttingen 1973. Susanne Herrmann: Die Durchführung von Schuldenverfahren im Rahmen kaiserlicher Debitkommissionen im 18. Jahrhundert am Beispiel des Debitwesens der Grafen Montfort, in: Reichshofrat und Reichskammergericht. Ein Konkurrenzverhältnis, hrsg. v. Wolfgang Sellert (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich, Bd. 34). Köln 1999, S. 111 – 128. Bernd Hey (Hrsg.): Der Westfälische Frieden 1648 und der deutsche Protestantismus (Religion in der Geschichte, Bd. 6). Bielefeld 1998. Walther Ernst Heydendorff: Vorderösterreich im Dreißigjährigen Kriege. Der Verlust der Vorlande und die Versuche zu ihrer Rückgewinnung, in: Mitteilungen des österreichischen Staatsarchivs 12/13 (1959/60), S. 74 – 142 (1959); S. 107 – 194 (1960). Reinhard Heydenreuter: Die süddeutschen Reichskreise und ihre Überlieferung im Bayerischen Hauptstaatsarchiv, in: Reichskreis und Territorium. Die Herrschaft über der Herrschaft? Supraterritoriale Tendenzen in Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft: Ein Vergleich süddeutscher Reichskreise, hrsg. v. Wolfgang Wüst/Doris Pfister (Augsburger Beiträge zur Landesgeschichte Bayerisch-Schwabens, 7). Stuttgart 2000, S. 139 – 152. Milan Hlavačka/Robert Luft/Ulrike Lunow (Hrsg.): Tschechien und Bayern. Gegenüberstellungen und Vergleiche. Konferenzband des Collegium Carolinum, des Historický ústav AV ČR und des Hauses der Bayerischen Geschichte zur Bayerisch-Tschechischen Landesausstellung 2016/2017 in Prag und Nürnberg. München 2016. Michael Hochedlinger (Hrsg.): Herrschaftsverdichtung, Staatsbildung, Bürokratisierung. Verfassungs-, Verwaltungs- und Behördengeschichte der Frühen Neuzeit (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 57). Wien 2010. Michael Hochedlinger: „Onus militare“. Zum Problem der Kriegsfinanzierung in der frühneuzeitlichen Habsburgermonarchie 1500 – 1750, in: Kriegführung und Staatsfinanzen. Die Habsburgermonarchie und das Heilige Römische Reich vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Ende des habsburgischen Kaisertums 1740, hrsg. v. Peter Rauscher (Geschichte in der Epoche Karls V., Bd. 10). Münster 2010, S. 81 – 136. Ernst Höfer: Das Ende des Dreißigjährigen Krieges. Strategie und Kriegsbild. Köln 1997.

Literatur und Editionswerke nach 1806

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Almut Höfert: Den Feind beschreiben. „Türkengefahr“ und europäisches Wissen über das Osmanische Reich 1450 – 1600 (Campus Historische Studien, Bd. 35). Frankfurt am Main, New York 2003. Hanns Hubert Hofmann: Reichskreis und Kreisassoziation. Prolegomena zu einer Geschichte des fränkischen Kreises, zugleich als Beitrag zur Phänomenologie des deutschen Föderalismus, in: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 25 (1962), S. 377 – 413. Hanns Hubert Hofmann (Hrsg.): Quellen zum Verfassungsorganismus des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation 1495 – 1815 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte der Neuzeit, 13). Darmstadt 1976. Thomas Hölz: Krummstab und Schwert. Die Liga und die geistlichen Reichsstände Schwabens 1609 – 1635. Zugleich ein Beitrag zur strukturgeschichtlichen Erforschung des deutschen Südwestens in der Frühen Neuzeit (Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde, 31). Leinfeld-Echterdingen 2001. ders.: Defension – Integration – Emanzipation? Die Ligapolitik der geistlichen Reichsstände Schwabens, in: Union und Liga 1608/09. Konfessionelle Bündnisse im Reich – Weichenstellung zum Religionskrieg?, hrsg. v. Albrecht Ernst/Anton Schindling (Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg / B, 178). Stuttgart 2010, S. 63 – 96. Andreas Holzem (Hrsg.): Krieg und Christentum. Religiöse Gewalttheorien in der Kriegserfahrung des Westens (Krieg in der Geschichte, Bd. 50). Paderborn, München, Wien, Zürich 2009. Gregor Horstkemper: Die protestantische Union und der Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. Kriegstreibende Integrationsprobleme eines Defensivbündnisses, in: Friedliche Intentionen, kriegerische Effekte. War der Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges unvermeidlich?, hrsg. v. Winfried Schulze (Studien zur neueren Geschichte, Bd. 1), St. Katharinen 2002, S. 21 – 51. Alfons Huber: Geschichte Österreichs. Fünfter Band. Von 1606 bis 1648. Gotha 1896. Georg Hübsch: Das Hochstift Bamberg und seine Politik unmittelbar vor dem ersten Einfalle der Schweden 1631. Unter grundlegender Berücksichtigung der politischen Verhältnisse des fränkischen Kreises. Bamberg 1895. Nicola Humphreys: Der Fränkische Kreistag 1650 – 1740 in kommunikationsgeschichtlicher Perspektive (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte. Reihe 2, Forschungen zur Geschichte des fränkischen Reichskreises, Bd. 3). Würzburg 2011. Yves Huybrechts: Eine gute Gelegenheit für Integration. Der Burgundische Reichskreis auf dem Reichstag zu Speyer 1570, in: Speyer als Hauptstadt des Reiches. Politik und Justiz zwischen Reich und Territorium im 16. und 17. Jahrhundert, hrsg. v. Anette Baumann/Joachim Kemper (bibliothek altes Reich, Bd. 20). Berlin 2016, S. 46 – 67. Reinhart Koselleck: Art. Bund, Bündnis, Föderalismus, Bundesstaat, in: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, hrsg. v. Otto Brunner/Werner Conze/Reinhart Koselleck. Stuttgart 1972, S. 582 – 671. Gerhard Immler: Die Bewertung der Friedenspolitik des Kurfürsten Maximilian I. von Bayern 1639 – 1648 in der Historiographie (Münchener historische Studien. Abteilung bayerische Geschichte, Bd. 13). Kallmünz/Opf. 1989. ders.: Kurfürst Maximilian I. und der Westfälische Friedenskongress. Die bayerische auswärtige Politik von 1644 bis zum Ulmer Waffenstillstand (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 20). Münster 1992.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

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Literatur und Editionswerke nach 1806

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Rudolf Keller: Die Friedensverhandlungen zwischen Frankreich und dem Kaiser auf dem Regensburger Kurfürstentag 1630. Bonn 1912. Rolf Kiessling/Sabine Ullmann (Hrsg.): Das Reich in der Region während des Mittelalters und der Frühen Neuzeit (Forum Suevicum, Bd. 6). Konstanz 2005. Roswitha von Kietzell: Der Frankfurter Deputationstag von 1642 bis 1645. Eine Untersuchung über die staatsrechtliche Bedeutung dieser Reichsversammlung, in: Nassauische Annalen. Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung 83 (1972), S. 99 – 119. Frank Kleinehagenbrock: Die Grafschaft Hohenlohe im Dreißigjährigen Krieg. Eine erfahrungsgeschichtliche Untersuchung zu Herrschaft und Untertanen (Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe B, Forschungen, 153. Bd). Stuttgart 2003. ders.: Das Alte Reich als europäisches Schlachtfeld. Der Schwedisch-Französische Krieg (1635 – 1648), in: Der Dreißigjährige Krieg. Facetten einer folgenreichen Epoche, hrsg. v. Peter Claus Hartmann (Themen der Katholischen Akademie in Bayern). Regensburg 2010, S. 128 – 145. Harm Klueting: Reichskirche und Reichskreise – Geistliche Reichsfürsten in exekutiven Ämtern der Kreise, in: Reichskreise und Regionen im frühmodernen Europa. Horizonte und Grenzen im „spatial turn“, hrsg. v. Wolfgang Wüst/Michael Müller (Mainzer Studien zur neueren Geschichte, 29). Frankfurt am Main, New York 2011, S. 101 – 122. Ulrich Knolle: Studien zum Ursprung und zur Geschichte des Reichsfiskalats im 15. Jahrhundert. Jur. Diss. Freiburg. München 1965. Tomáš Knoz: Die mährische Emigration nach 1620, in: Staatsmacht und Seelenheil. Gegenreformation und Geheimprotestantismus in der Habsburgermonarchie, hrsg. v. Rudolf Leeb/Susanne Claudine Pils/Thomas Winkelbauer (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Bd. 47). München 2007, S. 247 – 262. Alfred Hugo Loebl: Eine außerordentliche Reichshilfe und ihre Ergebnisse in reichstagsloser Zeit, in: Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften 153 (1906), S. 1 – 128. Alfred Kohler: Die Sicherung des Landfriedens im Reich. Das Ringen um eine Exekutionsordnung des Landfriedens 1554/55, in: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 24 (1971), S. 140 – 168. ders. (Hrsg.): Karl V. 1500 – 1558. Neue Perspektiven seiner Herrschaft in Europa und Ü bersee (Zentraleuropa-Studien, 6). Wien 2002. Ludwig Krapf/Christian Wagenknecht (Hrsg.): Stuttgarter Hoffeste. Bd. 2 (Neudrucke deutscher Literaturwerke, N.F., 26). Tübingen 1979. Ludwig Krapf/Christian Wagenknecht/Esaias van Hulsen/Matthäus Merian (Hrsg.): Stuttgarter Hoffeste. Texte und Materialien zur höfischen Repräsentation im frühen 17. Jahrhundert. Tübingen 1979. Dietrich Kratsch: Decision oder Interpretation – Der „Vierklosterstreit“ vor dem Reichskammergericht, in: Die Politische Funktion des Reichskammergerichts, hrsg. v. Bernhard Diestelkamp (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich, 24). Köln 1993, S. 41 – 58. Andreas Kraus: Maximilian I. Bayerns Großer Kurfürst. Graz, Regensburg 1990. Hans-Christof Kraus: Die alten Reichskreise als Forschungsthema im Kaiserreich. Richard Festers Bemühungen um eine Geschichte der Reichskreisverfassung (1907/08), in:

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Quellen- und Literaturverzeichnis

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Literatur und Editionswerke nach 1806

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Quellen- und Literaturverzeichnis

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Literatur und Editionswerke nach 1806

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ders.: Der Österreichische Reichskreis. Seine Bedeutung für die habsburgischen Erbländer, für Brixen, Trient und die anderen Kreismitstände, in: Reichskreis und Territorium. Die Herrschaft über der Herrschaft? Supraterritoriale Tendenzen in Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft: Ein Vergleich süddeutscher Reichskreise, hrsg. v. Wolfgang Wüst/Doris Pfister (Augsburger Beiträge zur Landesgeschichte Bayerisch-Schwabens, 7). Stuttgart 2000, S. 313 – 334. Eberhard Mannack: Die Rezeption des Dreißigjährigen Krieges und des Westfälischen Friedens in der deutschen Literatur des 18. bis 20. Jahrhunderts, in: 1648 – Krieg und Frieden in Europa, hrsg. v. Klaus Bußmann/Heinz Schilling (Kunstausstellung des Europarates, 26). Münster 1998, S. 385 – 391. Harald Marx (Hrsg.): Glaube & Macht. Sachsen im Europa der Reformationszeit. 2. Sächsische Landesausstellung, Torgau, Schloss Hartenfels 2004. Dresden 2004. Heinz Mohnhaupt: Die verfassungsrechtliche Einordnung der Reichskreise in die Reichsorganisation, in: Der Kurfürst von Mainz und die Kreisassoziationen. Zur verfassungsmässigen Stellung der Reichskreise nach dem Westfälischen Frieden, hrsg. v. Karl Otmar von Aretin (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz Abteilung Universalgeschichte: Beiheft, 2). Wiesbaden 1975, S. 1 – 30. Peter Moraw: Von offener Verfassung zu gestalteter Verdichtung: Das Reich im späten Mittelalter 1250 bis 1490 (Propyläen Geschichte Deutschlands, 3) 1985. Ernst Müller: Türkensteuer und Landsteuer im ernestinischen Sachsen von 1485 bis 1572. Diss. phil. Jena 1951. Frank Müller: Kursachsen und der Böhmische Aufstand 1618 – 1622 (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 23). Münster 1997. Johannes Müller: Die Verdienste Zacharias Geizkoflers um die Beschaffung der Geldmittel für den Türkenkrieg Kaiser Rudolfs II. Innsbruck 1900. ders.: Der Anteil der schwäbischen Kreistruppen an dem Türkenkrieg Kaiser Rudolfs II. von 1595 bis 1597, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg 28 (1901), S. 155 – 262. ders.: Die Vermittlungspolitik Klesls von 1613 – 1616 im Lichte des gleichzeitig zwischen Klesl und Zacharias Geizkofler geführten Briefwechsels, in: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 5 (1903), S. 604 – 690. ders.: Die Entstehung der Reichsexekutionsordnung vom Jahre 1555, in: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 40 (1925), S. 234 – 271. ders.: Zacharias Geizkofler. 1560 – 1617. Des Heiligen Römischen Reiches Pfennigmeister und Oberster Proviantmeister im Königreich Ungarn (Veröffentlichungen des Wiener Hofkammerarchivs, 3). Baden bei Wien 1938. Michael Müller: Die Beziehungen zwischen dem Schwäbischen und den rheinischen Reichskreisen im 18. Jahrhundert – ein historisches Modell des Föderalismus im deutschen Südwesten, in: Grenzüberschreitungen. Die Aussenbeziehungen Schwabens in Mittelalter und Neuzeit, hrsg. v. Wolfgang Wüst. Augsburg 2008, S. 431 – 446. Rainer A. Müller (Hrsg.): Bilder des Reiches. Tagung in Kooperation mit der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft und der Professur für Geschichte der Frühen Neuzeit der Katholischen Universität Eichstätt im Schwäbischen Bildungszentrum Kloster Irsee vom 20. März bis 23. März 1994 (Irseer Schriften, 4). Sigmaringen 1997. Herfried Münkler: Der Dreißigjährige Krieg. Europäische Katastrophe, deutsches Trauma 1618 – 1648. Berlin 2017.

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Literatur und Editionswerke nach 1806

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Literatur und Editionswerke nach 1806

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ders.: Zwischen Ständen und Gläubigern. Die kaiserlichen Finanzen unter Ferdinand I. und Maximilian II. (1556 – 1576) (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Bd. 41). Wien 2004. ders.: Reiche Fürsten – armer Kaiser? Die finanziellen Grundlagen der Politik Habsburgs, Bayerns und Sachsens im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges, in: Plus ultra. Die Welt der Neuzeit. Festschrift für Alfred Kohler zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Friedrich Edelmayer. Münster 2008, S. 233 – 258. Peter Rauscher (Hrsg.): Kriegführung und Staatsfinanzen. Die Habsburgermonarchie und das Heilige Römische Reich vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Ende des habsburgischen Kaisertums 1740 (Geschichte in der Epoche Karls V., Bd. 10). Münster 2010. Peter Rauscher: Kriegführung und Staatsfinanzen: Die Habsburgermonarchie und das Heilige Römische Reich vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Ende des habsburgischen Kaisertums 1740, in: Kriegführung und Staatsfinanzen. Die Habsburgermonarchie und das Heilige Römische Reich vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Ende des habsburgischen Kaisertums 1740, hrsg. v. Peter Rauscher (Geschichte in der Epoche Karls V., Bd. 10). Münster 2010, S. 5 – 40. ders.: Nach den Türkenreichstagen. Der Beitrag des Heiligen Römischen Reichs zur kaiserlichen Kriegführung im 17. und frühen 18. Jahrhundert, in: Kriegführung und Staatsfinanzen. Die Habsburgermonarchie und das Heilige Römische Reich vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Ende des habsburgischen Kaisertums 1740, hrsg. v. Peter Rauscher (Geschichte in der Epoche Karls V., Bd. 10) Münster 2010, S. 433 – 486. ders.: Reichssachen. Die finanziellen Beziehungen zwischen Kaiser und Heiligem Römischen Reich (1600 – 1740), in: Das „Blut des Staatskörpers“. Forschungen zur Finanzgeschichte der Frühen Neuzeit, hrsg. v. Peter Rauscher/Andrea Serles/Thomas Winkelbauer (Historische Zeitschrift. Beiheft, N. F., Bd. 56). München 2012, S. 319 – 354. ders.: Zwischen Krieg und Frieden. Kaiserliche Finanzkrise und Friedenspolitik im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs (1612 – 1615), in: Frieden und Friedenssicherung in der Frühen Neuzeit. Das Heilige Römische Reich und Europa. Festschrift für Maximilian Lanzinner, hrsg. v. Guido Braun/Maximilian Lanzinner (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 36). Münster 2013, S. 349 – 386. Peter Rauscher/Andrea Serles/Thomas Winkelbauer (Hrsg.): Das „Blut des Staatskörpers“. Forschungen zur Finanzgeschichte der Frühen Neuzeit (Historische Zeitschrift. Beiheft, N. F., Bd. 56). München 2012. Fritz Redlich: The German Military Enterpriser and His Work Force: A Study in European Economic and Social History (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte, 47/48), 2 Bde. Wiesbaden 1964. Rachel Renault: La permanence de l’extraordinaire. Fiscalité d’Empire, constructions du pouvoir et interactions sociales dans les principautés, comtés et seigneuries de Reuss, Schönburg et Schwarzburg, du milieu du XVIIe siècle à la fin du XVIIIe siècle. Diss. phil Paris (unveröffentlicht) 2014. Konrad Repgen: Die Hauptprobleme der westfälischen Friedensverhandlungen von 1648 und ihre Lösungen, in: Konrad Repgen – Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede. Studien und Quellen, hrsg. v. Franz Bosbach/Christoph Kampmann (Rechts- und Staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft, 117). 3. Aufl. Paderborn 2015, S. 425 – 460.

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Literatur und Editionswerke nach 1806

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ders.: „Auss des Kauffmanns Säckel“ – Der oberrheinische Kreiswardein Wolf Krämer und seine Kommentare zum Geldwesen der Jahre 1605 – 1620, in: Der Wormsgau 19 (2000), S. 38 – 61. ders.: Reichskreise und europäisierter Geldumlauf, in: Reichskreise und Regionen im frühmodernen Europa. Horizonte und Grenzen im „spatial turn“, hrsg. v. Wolfgang Wüst/Michael Müller (Mainzer Studien zur neueren Geschichte, 29). Frankfurt am Main, New York 2011, S. 283 – 301. Heinrich Schnell: Mecklenburg zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges 1603 – 1658 (Mecklenburgische Geschichte in Einzeldarstellungen, 10). Berlin 1907. Matthias Schnettger (Hrsg.): Imperium Romanum, irregulare corpus, Teutscher Reichs-Staat. Das Alte Reich im Verständnis der Zeitgenossen und der Historiographie (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abteilung Universalgeschichte. Beiheft, 57). Mainz 2002. Matthias Schnettger: Reichsgeschichte als Verfassungs-, Verwaltungs- und Behördengeschichte, in: Herrschaftsverdichtung, Staatsbildung, Bürokratisierung. Verfassungs-, Verwaltungs- und Behördengeschichte der Frühen Neuzeit, hrsg. v. Michael Hochedlinger (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 57). 1. Aufl. Wien 2010, S. 229 – 242. Roman Schnur: Lazarus Schwendi (1522 – 1583). Ein unerledigtes Thema der historischen Forschung, in: Zeitschrift für Historische Forschung 14 (1987), S. 27 – 46. Bernd Schönemann: Die Rezeption des Westfälischen Friedens durch die deutsche Geschichtswissenschaft, in: Der Westfälische Friede. Diplomatie, politische Zäsur, kulturelles Umfeld, Rezeptionsgeschichte, hrsg. v. Heinz Duchhardt (Historische Zeitschrift. Beiheft, 26). München 1998, S. 805 – 825. ders.: Zur Rezeption des Dreißigjährigen Krieges in Literatur und Schule vom Kaiserreich bis zum Nationalsozialismus (Eichstätter Universitätsreden / Katholische Universität Eichstätt, 104). Wolnzach 2000. Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg, 3. Aufl. Göttingen 2004. Luise Schorn-Schütte: Konfessionskriege und europäische Expansion. Europa 1500 – 1648 (Beck’sche Reihe, 1983). Orig.-Ausg, München 2010. Theodor Schott: Württemberg und Gustav Adolf 1631 und 1632, in: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte N. F. 4 (1895), S. 343 – 402. Friedrich H. Schubert: Die deutschen Reichstage in der Staatslehre der frühen Neuzeit (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 7). Göttingen 1966. Fabian Schulze: Bayern und Böhmen im Dreißigjährigen Krieg. Zwei föderale Bündnisprojekte im Vergleich, in: Tschechien und Bayern. Gegenüberstellungen und Vergleiche. Konferenzband des Collegium Carolinum, des Historický ústav AV ČR und des Hauses der Bayerischen Geschichte zur Bayerisch-Tschechischen Landesausstellung 2016/2017 in Prag und Nürnberg, hrsg. v. Milan Hlavačka/Robert Luft/Ulrike Lunow, München 2016, S. 77 – 98. ders.: Der Leipziger Bund von 1631. Zur Rolle der Reichskreise im Selbstbehauptungskampf der protestantischen Reichsstände, in: Dynamik durch Gewalt? Der Dreißigjährige Krieg (1618 – 1648) als Faktor der Wandlungsprozesse des 17. Jahrhunderts. (im Druck), hrsg. v. Michael Rohrschneider/Anuschka Tischer.

602

Quellen- und Literaturverzeichnis

ders.: Die Rolle der oberdeutschen Reichskreise und der Reichsgerichte bei der Bekämpfung der Kipper- und Wipperkrise 1618 – 1626, in: Prozessakten, Parteien, Partikularinteressen. Höchstgerichtsbarkeit in der Mitte Europas vom 15. bis 19. Jahrhundert, hrsg. v. Alexander Denzler/Ellen Franke/Britta Schneider. Berlin 2015, S. 67 – 86. ders.: Reziprokes Agenda Setting? Kooperationsformen zwischen Kreistagen und Immerwährendem Reichstag auf den Gebieten des Münzwesens und der „securitas publica“, in: Reichsstadt – Reich – Europa. Aktuelle Perspektiven auf den Immerwährenden Reichstag zu Regensburg (1663 – 1806), hrsg. v. Harriet Rudolph/Astrid von Schlachta/Christian König. Regensburg 2015, S. 153 – 177. ders.: Silent leges inter arma? Zur Rolle reichsrechtlicher Normen und Verfahrensweisen bei Türkensteuerforderungen im Dreißigjährigen Krieg, in: Was das Reich zusammenhielt. Deutungsansätze und integrative Elemente, hrsg. v. Britta Schneider/Alexander Denzler/Ellen Franke. Köln [u. a.] 2017, S. 125 – 147. Theodor Schulze: Die kursächsische Politik und der Böhmische Aufstand. Diss. Leipzig 1904. Winfried Schulze: Art. Türkensteuern, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 5, Sp. 391 – 394. ders.: Das Haus Österreich auf den Reichstagen des späten 16. Jahrhunderts, in: Österreich in Geschichte und Literatur 16 (1972), S. 121 – 131. ders.: Reichstage und Reichssteuern im späten 16. Jahrhundert, in: Zeitschrift für Historische Forschung 2 (1975), S. 43 – 58. ders.: Die Erträge der Reichssteuern zwischen 1576 und 1606, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 27 (1978), S. 169 – 185. ders.: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert. Studien zu den politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen einer äußeren Bedrohung. München 1978. ders.: Oberdeutsche Bauernrevolten zwischen 1580 und 1620. Reichssteuern und bäuerlicher Widerstand, in: Bauer, Reich und Reformation. Festschrift für Günther Franz zum 80. Geburtstag am 23. Mai 1982, hrsg. v. Peter Blickle. Stuttgart 1982, S. 120 – 147. ders.: Reichskammergericht und Reichsfinanzverfassung im 16. und 17. Jahrhundert (Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, 6). Wetzlar 1989. ders.: Kaiserliches Amt, Reichsverfassung und Protestantische Union, in: Reichsständische Libertät und habsburgisches Kaisertum, hrsg. v. Heinz Duchhardt/Matthias Schnettger (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Beiheft, 48). Mainz 1999, S. 195 – 209. ders. (Hrsg.): Friedliche Intentionen, kriegerische Effekte. War der Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges unvermeidlich? (Studien zur neueren Geschichte, Bd. 1). St. Katharinen 2002. ders.: Der Jülich-Klevische Erbfolgestreit als deutscher und europäischer Konflikt, in: Der Jülich-Klevische Erbstreit 1609. Seine Voraussetzungen und Folgen, hrsg. v. Manfred Groten (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde: Vorträge, 36). Düsseldorf 2011, S. 1 – 26. Winfried Schulze/Thomas Ott: Art. Wormser Matrikel, Reichsmatrikel, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 5, Sp. 1530 – 1536. Jutta Schumann: Die andere Sonne. Kaiserbild und Medienstrategien im Zeitalter Leopolds I. (Colloquia Augustana, Bd. 17). Berlin 2003. Nicola Schümann: Der Fränkische Kreistag im Dreißigjährigen Krieg. Ein Reichsorgan in der Krise? (unveröffentlichte Magisterarbeit), 2 Bde. Erlangen 2002.

Literatur und Editionswerke nach 1806

603

Oskar W. Schuster/Friedrich A. Francke: Geschichte der Sächsischen Armee von deren Errichtung bis auf die neueste Zeit. Erster Theil, Leipzig 1885. Karl Schweinesbein: Die Frankreichpolitik Kurfürst Maximilians I. von Bayern 1639 – 1645. Diss. München 1967. Eustach Schwend: Entwicklungsgeschichte der bayerischen Kreisverfassung von 1531 bis 1542. Diss. München 1919. Wolfgang Sellert: Über die Zuständigkeitsabgrenzung von Reichshofrat und Reichskammergericht insbesondere in Strafsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte N. F., 4). Aalen 1965. ders.: Die Bedeutung der Reichskreise für die höchste Gerichtsbarkeit im alten Reich, in: Regionen in der frühen Neuzeit. Reichskreise im deutschen Raum, Provinzen in Frankreich, Regionen unter polnischer Oberhoheit: ein Vergleich ihrer Strukturen, Funktionen und ihrer Bedeutung, hrsg. v. Peter Claus Hartmann (Zeitschrift für historische Forschung. Beiheft, 17). Berlin 1994, S. 145 – 178. ders. (Hrsg.): Reichshofrat und Reichskammergericht. Ein Konkurrenzverhältnis (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich, Bd. 34). Köln 1999. Bernhard Sicken: Das Wehrwesen des fränkischen Reichskreises. (1681 – 1714). Würzburg 1966. ders.: Der fränkische Reichskreis. Seine Ämter und Einrichtungen im 18. Jahrhundert (Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte, Fotodruckreihe, 1). Würzburg 1970. ders.: Die Schlacht bei Nördlingen. Analyse des Kriegswesens und Beobachtungen zum Kriegsgeschehen, in: Frieden ernährt. Krieg und Unfriede zerstört. 14 Beiträge zur Schlacht bei Nördlingen 1634, hrsg. v. Dietmar-Henning Voges (27). Nördlingen 1985, S. 175 – 219. ders.: Der Fränkische Reichskreis im Zeitalter der Aufklärung – Institution des Reichs oder staatenbündischer Zusammenschluß?, in: Regionen in der frühen Neuzeit. Reichskreise im deutschen Raum, Provinzen in Frankreich, Regionen unter polnischer Oberhoheit: ein Vergleich ihrer Strukturen, Funktionen und ihrer Bedeutung, hrsg. v. Peter Claus Hartmann (Zeitschrift für historische Forschung. Beiheft, 17). Berlin 1994, S. 61 – 77. ders.: Leitungsfunktionen des Fränkischen Kreises im Aufklärungszeitalter. Zwischen Standesvorzug und Sachkompetenz, in: Reichskreis und Territorium. Die Herrschaft über der Herrschaft? Supraterritoriale Tendenzen in Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft: Ein Vergleich süddeutscher Reichskreise, hrsg. v. Wolfgang Wüst/Doris Pfister (Augsburger Beiträge zur Landesgeschichte Bayerisch-Schwabens, 7). Stuttgart 2000, S. 251 – 278. Johannes Sieber: Zur Geschichte des Reichsmatrikelwesens im ausgehenden Mittelalter. 1422 – 1521. Diss. phil. Leipzig 1910. Alexander Sigelen: …durch die mittel der herren Fugger und meiner befreundten. Die Fugger und Reichspfennigmeister Zacharias Geizkofler, in: Die Fugger und das Reich. Eine neue Forschungsperspektive zum 500jährigen Jubiläum der ersten Fuggerherrschaft Kirchberg-Weißenhorn, hrsg. v. Johannes Burkhardt (Studien zur Fuggergeschichte, 41). Augsburg 2008, S. 83 – 112. ders.: Zacharias Geizkofler (1560 – 1617) – Fürstendienst und Familienpolitik. Eine biographische Fallstudie zur politischen Kultur im Heiligen Römischen Reich um 1600

604

Quellen- und Literaturverzeichnis

(Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, 171). Stuttgart 2008. Rudolf Smend: Das Reichskammergericht. Erster Teil: Geschichte und Verfassung. Weimar 1911. Christoph Friedrich von Stälin: Schwedische Schenkungen in Bezug auf Teile des heutigen Königreichs Württemberg und an Glieder zu demselben gehöriger Familien während des dreißigjährigen Krieges, in: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte N. F. (1894), S. 411 – 455. Wolfgang Hans Stein: Protection royale. Eine Untersuchung zu den Protektionsverhältnissen im Elsass zur Zeit Richelieus, 1622 – 1643 (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 9). Münster 1978. Ernst Ludwig Sticht: Markgraf Christian von Brandenburg-Kulmbach und das Oberland der Markgrafschaft im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1635). Diss. Erlangen 1964. Felix Stieve: Der Ursprung des Dreißigjährigen Krieges. Der Kampf um Donauwörth im Zusammenhange der Reichsgeschichte. München 1875. Barbara Stollberg-Rilinger: Die zeremonielle Inszenierung des Reiches, oder: Was leistet der kulturalistische Ansatz für die Reichsverfassungsgeschichte?, in: Imperium Romanum, irregulare corpus, Teutscher Reichs-Staat. Das Alte Reich im Verständnis der Zeitgenossen und der Historiographie, hrsg. v. Matthias Schnettger (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abteilung Universalgeschichte. Beiheft, 57). Mainz 2002, S. 233 – 246. dies.: Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches. München 2008. Peter-Christoph Storm: Der Schwäbische Kreis als Feldherr. Untersuchungen zur Wehrverfassung des Schwäbischen Reichskreises in der Zeit von 1648 – 1732 (Schriften zur Verfassungsgeschichte, Bd. 21). Berlin 1974. Christoph Strohm/Heinrich de Wall (Hrsg.): Konfessionalität und Jurisprudenz in der frühen Neuzeit (Historische Forschungen, Bd. 89). Berlin 2009. Arno Strohmeyer: Konfessionskonflikt und Herrschaftsordnung. Widerstandsrecht bei den österreichischen Ständen (1550 – 1650) (Beiträge zur Sozial- und Verfassungsgeschichte des Alten Reiches, Nr. 16). Mainz 2006. Gustav Adolf Süß: Geschichte des Oberrheinischen Kreises und der Kreisassoziationen (1697 – 1714), in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 103 (1955), S. 317 – 425. Pekka Suvanto: Die deutsche Politik Oxenstiernas und Wallenstein (Studia historica, 9). Helsinki 1979. Elena Taddei (Hrsg.): Migration und Reisen. Mobilität in der Neuzeit (Innsbrucker historische Studien, 28). Innsbruck 2012. Bernhard Theil: Die Überlieferung des Schwäbischen Reichskreises in den staatlichen Archiven Baden-Württembergs, in: Reichskreis und Territorium. Die Herrschaft über der Herrschaft? Supraterritoriale Tendenzen in Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft: Ein Vergleich süddeutscher Reichskreise, hrsg. v. Wolfgang Wüst/Doris Pfister (Augsburger Beiträge zur Landesgeschichte Bayerisch-Schwabens, 7). Stuttgart 2000, S. 123 – 138. Anuschka Tischer: Zwei Verhandlungsorte für einen Frieden: Die räumliche Dimension des Friedenskongresses in Münster und Osnabrück (1644 – 1648), in: Kongressorte der frühen Neuzeit im europäischen Vergleich – der Friede von Baden (1714), hrsg. v. Christian Windler. Köln, Weimar, Wien 2016, S. 173 – 187.

Literatur und Editionswerke nach 1806

605

Miroslav Toegel (Hrsg.): Der Beginn des Dreissigjährigen Krieges. Der Kampf um Böhmen. Quellen zur Geschichte des Böhmischen Krieges (1618 – 1621) (Documenta bohemica Bellum Tricennale illustrantia, 2), 1. Bd. Prag 1972. ders. (Hrsg.): Der Schwedische Krieg und Wallensteins Ende. Quellen zur Geschichte der Kriegsereignisse der Jahre 1630 – 1635 (Documenta bohemica Bellum Tricennale illustrantia, 5). Prag 1977. ders. (Hrsg.): Der Kampf um den besten Frieden. Quellen zur Geschichte des Dreissigjährigen Krieges zur Zeit der Friedensverhandlungen von Westfalen und der Ratifizierung des Friedens 1643 – 1649 (Documenta bohemica Bellum Tricennale illustrantia, 7). Prag 1981. Ulrike Tornow: Die Verwaltung der Jülich-Bergischen Landsteuern während der Regierungszeit des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm (1609 – 1653). Diss. phil. Bonn 1974. Silvia Serena Tschopp: Heilsgeschichtliche Deutungsmuster in der Publizistik des Dreißigjährigen Krieges. Pro- und antischwedische Propaganda in Deutschland 1628 bis 1635 (Mikrokosmos, Bd. 29). Frankfurt am Main, New York 1991. James Allen Vann: The Swabian Kreis. Institutional Growth in the Holy Roman Empire, 1648 – 1715. Brüssel 1975. Dietmar-Henning Voges (Hrsg.): Frieden ernährt. Krieg und Unfriede zerstört. 14 Beiträge zur Schlacht bei Nördlingen 1634 (27). Nördlingen 1985. Kim A. Wagner: The Battle of Lutter am Bahrenberg, in: Military and Naval History Journal 10 (1999), S. 15 – 35. Friedrich Walter: Inventar des Wiener Hofkammerarchivs (Publikationen des österreichischen Staatsarchivs, II. Serie: Inventare österreichischer Archive, Nr. VII.). Wien 1951. Adam Wandruszka: Reichspatriotismus und Reichspolitik zur Zeit des Prager Friedens von 1635. Eine Studie zur Geschichte des deutschen Nationalbewußtseins (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 17). Graz 1955. Hermann Weber: Frankreich, Kurtrier, der Rhein und das Reich 1623 – 1635 (Pariser Historische Studien, 9). Bonn 1969. ders.: Vom verdeckten zum offenen Krieg. Richelieus Kriegsgründe und Kriegsziel 1634/35, in: Krieg und Politik 1618 – 1648. Europäische Probleme und Perspektiven, hrsg. v. Konrad Repgen/Elisabeth Müller-Luckner (Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien, 8). München 1988, S. 203 – 218. Matthias Weber: Zur Bedeutung der Reichsacht in der Frühen Neuzeit, in: Neue Studien zur frühneuzeitlichen Reichsgeschichte, hrsg. v. Johannes Kunisch (Zeitschrift für historische Forschung. Beiheft, 19). Berlin 1997, S. 55 – 90. Reinhard Weber: Würzburg und Bamberg im Dreißigjährigen Krieg. Die Regierungszeit des Bischofs Franz von Hatzfeldt 1631 – 1642 (Forschungen zur fränkischen Kirchen- und Theologiegeschichte). Würzburg 1979. Wolfgang Weber/Regina Dauser (Hrsg.): Faszinierende Frühneuzeit. Reich, Frieden, Kultur und Kommunikation 1500 – 1800. Festschrift für Johannes Burkhardt zum 65. Geburtstag. Berlin 2008. Cicely Veronica Wedgwood: The Thirty Years War (The Bedford historical series). 7. Aufl. London 1962. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Vom Feudalismus des Alten Reiches bis zur Defensiven Modernisierung der Reformära 1700 – 1815 (1), 5 Bde. München 2008.

606

Quellen- und Literaturverzeichnis

Kerstin Weiand: Hessen-Kassel und die Reichsverfassung. Ziele und Prioritäten landgräflicher Politik im Dreissigjährigen Krieg (Untersuchungen und Materialien zur Verfassungs- und Landesgeschichte, 24). Marburg 2009. Helmut Weigel: Franken im Dreißigjährigen Kriege. Versuch einer Überschau von Nürnberg aus. Teil 1 (1618 – 1632) und 2 (1632 – 1648), in: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 5 (1932), S. 1 – 50, 193 – 218. ders.: Franken, Kurpfalz und der Böhmische Aufstand. Die Politik der Kurpfalz und der evangelischen Stände Frankens, Mai 1618 bis März 1619. Erlangen 1932. Dieter J. Weiss: Das exemte Bistum Bamberg. Teil 3: Die Bischofsreihe von 1522 bis 1693 (Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz, 12). Berlin, New York 2000. Elmar Weiß: Die Unterstützung Friedrichs V. von der Pfalz durch Jakob I. und Karl I. von England im Dreißigjährigen Krieg. 1618 – 1632 (Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg / B, 37). Stuttgart 1966. Jürgen Weitzel: Der Kampf um die Appellation ans Reichskammergericht. Zur politischen Geschichte der Rechtsmittel in Deutschland (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich, 4). Köln, Wien 1976. Jürgen Weitzel/Ignacio Czeguhn (Hrsg.): Recht im Wandel, Wandel des Rechts. Festschrift für Jürgen Weitzel zum 70. Geburtstag. Köln 2014. Stephan Wendehorst/Siegrid Westphal (Hrsg.): Lesebuch Altes Reich (Bibliothek altes Reich, 1). München 2006. Siegrid Westphal: Der Westfälische Frieden. Das Ende des Dreißigjährigen Krieges (Beck’sche Reihe, 2851). München 2015. Joachim Whaley: Germany and the Holy Roman Empire (Oxford history of early modern Europe), 2 Bde. Oxford 2012. Ernst Wilmanns: Der Lübecker Friede 1629. Diss. phil. Bonn 1904. Peter H. Wilson: The Holy Roman Empire, 1495 – 1806 (Studies in European history). New York, Houndmills, Hampshire 1999. ders.: Europe’s tragedy. A history of the Thirty Years War. London 2009. Christian Windler (Hrsg.): Kongressorte der frühen Neuzeit im europäischen Vergleich – der Friede von Baden (1714). Köln, Weimar, Wien 2016. Karl Wittich: Magdeburg, Gustav Adolf und Tilly. Berlin 1874. Martin Wrede: Das Reich und seine Feinde. Politische Feindbilder in der reichspatriotischen Publizistik zwischen Westfälischem Frieden und Siebenjährigem Krieg (Beiträge zur Sozial- und Verfassungsgeschichte des Alten Reiches, Nr. 15). Mainz 2004. Bernd Wunder: Die Erneuerung der Reichsexekutionsordnung und die Kreisassoziationen 1654 – 1674, in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 139 (1991), S. 494 – 502. Wolfgang Wüst (Hrsg.): Die „gute“ Policey im Reichskreis. Zur frühmodernen Normensetzung in den Kernregionen des Alten Reiches, 7 Bde. Berlin, Erlangen 2001 – 2015. Wolfgang Wüst: Nutzlose Debatten? – Europäische Vorbilder? Die Konvente der süddeutschen Reichskreise als vormoderne Parlamente, in: Bayern und Europa. Festschrift für Peter Claus Hartmann zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Konrad Amann. Frankfurt am Main 2005, S. 225 – 243. ders.: Parlamentarischer Aufbruch in Europa? Die Konvente süddeutscher Reichskreise als ein Regionenmodell, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 141/142 (2005/2006), S. 577 – 602.

Literatur und Editionswerke nach 1806

607

ders. (Hrsg.): Grenzüberschreitungen. Die Außenbeziehungen Schwabens in Mittelalter und Neuzeit. Augsburg 2008. Wolfgang Wüst/Michael Müller (Hrsg.): Reichskreise und Regionen im frühmodernen Europa. Horizonte und Grenzen im „spatial turn“ (Mainzer Studien zur neueren Geschichte, 29). Frankfurt am Main, New York 2011. Wolfgang Wüst/Doris Pfister (Hrsg.): Reichskreis und Territorium. Die Herrschaft über der Herrschaft? Supraterritoriale Tendenzen in Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft: Ein Vergleich süddeutscher Reichskreise (Augsburger Beiträge zur Landesgeschichte Bayerisch-Schwabens, 7). Stuttgart 2000. Robert Wuttke: Die Probationsregister des obersächsischen Kreises, in: Numismatische Zeitschrift 29 (1897), S. 237 – 302. Heinrich von Xylander: Herzog Christian der Jüngere von Braunschweig und Lüneburg. Das Leben eines protestantischen Führers aus dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges, 1. Aufl. Norderstedt 2014. Andreas Zellhuber: Der gotische Weg in den deutschen Krieg–Gustav Adolf und der schwedische Gotizismus (Documenta Augustana, Bd. 10). Augsburg 2002. Stefan Zizelmann: Um Land und Konfession. Die Außen- und Reichspolitik Württembergs (1628 – 1638) (Europäische Hochschulschriften. Reihe III, Geschichte und ihre Hilfswissenschaften/Publications universitaires européennes. Série III, Histoire, sciences auxiliaires de l’histoire/European university studies. Series III, History and allied studies, vol. 941). Frankfurt am Main, New York 2002. Friedrich Zoepfl: Geschichte der Stadt Mindelheim in Schwaben. München 1948.

Personenregister Adolf Friedrich von Schwerin (Herzog von Mecklenburg) 446 Agricola, Christoph (kulmbach. Gesandter) 185, 398, 436 Albertiner (Fürstengeschlecht) 192 Albrecht, Dieter (Historiker) 143 Albrecht Alkibiades von Kulmbach (Markgraf) 26 Albrecht von Regensburg (Bischof) 172 Aldringen, Johann von (Obrist) 371, 398, 427 Amalie Elisabeth von Hessen-Kassel (Landgräfin) 461, 480, 532 Anselm Casimir Wambolt von Umstadt (Kurfürst von Mainz, Reichserzkanzler) 141, 174, 177 f., 258, 332 f., 345, 376, 378 – 380, 461, 472, 477 Aretin, Karl Otmar von (Historiker) 7, 10, 559 Arnim, Hans Georg von (kursäch. Feldherr) 392, 400, 425 Arnoldin, Matthias (Hofkammersekretär, Reichshofrat) 76 f., 154, 159, 562 f. August von Sachsen-Weißenfels (Herzog, Administrator von Magdeburg) 192, 230, 247, 267, 364 Baden, Wilhelm von (kaiserl. Kommissar) 238 Banér, Johan (schwed. Feldherr) 248 f. Beham (Behem), Albrecht (Reichspfennigmeisteramtsverwalter) 60 Berlichingen, Melchior Reinhard von (weimar. Rat, Kreisratspräsident) 441 Bernhard von Weimar (Heerführer) 241, 407, 440 – 442, 444 f., 452 Bethlen Gabor (Fürst von Siebenbürgen) 105 f., 108, 112 Billger, Hans Velt (Reichskammergerichtsbote) 121 Bleymann, Hubert (Reichspfennigmeister) 54, 61, 202, 258 – 261, 269, 534, 561 Bockhorst, Albert (münster. Rat) 471 Borck, Heinz-Günther (Historiker) 9

Bouwinghausen, Benjamin (württemb. Rat) 302 Breuner, Seifried Christoph von (kaiserl. Rat) 83, 136 Brockmann, Thomas (Historiker) 137, 187 Burkhardt, Johannes (Historiker) 4, 7, 11, 17 Camerarius, Ludwig 360 Chemnitz, Bogislaw Philipp von (Hippolithus a Lapide) 517 Chemnitz, Martin (schwed. Kommissar) 410 Christian II. von Sachsen (Kurfürst) 301 Christian IV. von Dänemark (König von Dänemark, Herzog von Holstein) 103, 212 f., 218, 250, 337, 339, 346, 350 – 355, 360 – 365, 384, 387, 419, 447, 554 Christian von Anhalt (Fürst, Statthalter der Oberpfalz) 79, 88, 296, 360 Christian von Halberstadt (Heerführer) 104, 338 f., 341 f., 345, 349 Christian von Kulmbach (Markgraf, fränkischer Kreisobrist) 31, 36, 90, 93, 110, 184 f., 306 – 310, 312, 333, 377 f., 380, 391, 396, 398, 404, 406, 410, 412, 414, 441 – 443, 449, 551 Christoph von Sötern (Kurfürst und Erzbischof von Trier, Bischof von Speyer) 88, 238, 471, 494, 515 Claudia von Österreich-Tirol (Erzherzogin) 507 Crailsheim, Wolf Bernhard von (Kreisrat) 441 Dotzauer, Winfried (Historiker) 11, 13 f., 16, 27, 53 Droysen, Gustav (Historiker) 422 Eberhard III. (Herzog von Württemberg) 245, 443 Eberhardt, Albrecht (kaiserl. Rat) 326 f. Ebersheim, Gerhard (Reichsfiskal) 121 Eduard Fortunat von Baden (Markgraf) 120 Eitel Friedrich von Hohenzollern (Kardinal) 125

Personenregister

Ferdinand I. (Kaiser) 26 Ferdinand II. (Kaiser) 59 – 61, 83 f., 101, 105 – 110, 113, 120, 123 – 125, 127 f., 133, 135 – 138, 140 – 147, 149, 151 – 153, 158 f., 161, 164, 166 – 169, 171 f., 174 – 177, 179, 181 f., 184 – 186, 188, 197 f., 201 – 204, 209 – 211, 213, 223, 277 f., 313, 322, 326 f., 329 – 332, 337, 343, 345 f., 354 f., 357 f., 360 – 362, 364, 366, 373, 375, 384, 391 – 396, 398 f., 418, 450, 454, 458, 549 f. Ferdinand III. (Kaiser) 61, 159, 189 f., 197 – 199, 202, 209, 214, 218, 223, 227 f., 230, 232, 236, 244, 246 f., 257 – 262, 264, 266 f., 270 – 273, 459, 461, 464 f., 467, 469, 472, 475, 478 f., 482 f., 486 f., 489 f., 507, 515, 517, 520 – 523, 530, 538, 543 f., 553 Ferdinand von Köln (Kurfürst) 14, 178, 197, 238, 240, 269 f., 456 f., 459 f., 462 – 465, 467 f., 470, 472, 477 – 485, 488 – 491, 496, 556 Foerster, Joachim (Historiker) 14 Franz Albrecht von Sachsen-Lauenburg (Herzog, Obrist) 129 Friedrich III. (Kaiser) 85, 159 Friedrich IV. von der Pfalz (Kurfürst) 295 Friedrich Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel (Herzog) 302, 336, 339, 345, 353 Friedrich V. von der Pfalz (Kurfürst) 77, 92, 101, 105, 306, 311 f., 321, 335 f., 338, 347, 349, 357 Friedrich von Gottorf (Herzog) 345, 352 Friedrich von Holstein (dän. Prinz) 349, 446 Friedrich von Schleswig-Holstein siehe Friedrich von Gottorf (Herzog) Friedrich Wilhelm von Brandenburg (Kurfürst) 261 Fugger, Ott Heinrich (kaiserl. Obrist) 242, 263 Fugger (Patrizier- und Adelsgeschlecht) 56, 121, 413 Fürstenberg, Franz Egon von (kaiserl. Obrist) 183, 328, 331, 397 Galen, Christoph Bernhard von (münster. Rat und Gesandter) 471

609

Gallas, Matthias (Graf, kaiserl. Heerführer) 217 f., 230 f., 247, 486 Gebhard Truchsess von Waldburg (Erzbischof) 291 Geizkofler, Ferdinand (kaiserl. Kommissar) 84, 90 f. Geizkofler, Zacharias (Reichspfennigmeister) 57, 59 f., 63 f., 67, 69 f., 77 – 81, 83 – 95, 98 f., 110, 277, 548 Geleen, Gottfried Huyn von (Feldherr, Kreisgeneral) 253, 479, 485 – 488 Georg Friedrich von Baden-Durlach (Markgraf) 298 Georg Friedrich von Hohenlohe (Graf) 311, 417, 429 Georg II. von Hessen-Darmstadt (Landgraf) 108, 399 Georg von Celle (Herzog) 420 Georg Wilhelm von Brandenburg (Kurfürst) 197, 209, 228, 232 f., 383, 447 Germania (Allegorie) 298 Geudter, Johann Philipp (Rittmeister, Kreisrat) 441 Gittel, Udo (Historiker) 12, 14, 135, 422 Göbel (Gobelius), Cornelius (bamberg. Rat und Gesandter) 508 f., 520, 524 f. Gotthard, Axel (Historiker) 78, 128, 158, 226, 251, 295, 334 Götzen, Johann von (Obrist) 231 Gustav II. Adolf von Schweden (König) 143, 147, 185, 188, 192, 278, 323, 350, 390, 396, 400, 403 – 409, 411 f., 414 – 421, 423 – 426, 430, 434, 438, 451, 493, 551 f., 555 Haffner (Hafner), Wolfgang (kaiserl. Oberkommissar) 253 Hartmann, Caspar (kursächs. Rat und Bote) 213 Hartmann, Peter Claus (Historiker) 12, 14, 39, 315 Hartung, Fritz (Historiker) 5 f. Haslang, Georg Christoph von (kurbay. Rat, Hofmarschall) 522, 524, 540 Hatzfeld, Melchior von (kaiserl. Feldherr) 231, 459 – 461, 465, 484, 486, 505 Heher, Georg (kaiserl. Rat) 327

610

Personenregister

Heinrich den Jüngeren von Reuß (kaiserl. Kommissar) 115 Heinrich von Knöringen (Bischof von Augsburg) 112, 125, 179, 246, 300, 330 f., 413 Hirsch, Johann Christoph 19 Holzappel, Melander von (kaiserl. Feldherr) 488 f. Horn, Gustav (schwed. Feldherr) 444, 446 Horstkemper, Gregor (Historiker) 301 Humphreys, Nicola (Historikerin, Archivarin) 12, 15 Ilsung (Patriziergeschlecht)

56 f.

Jakob von England (König von England) 349 f., 361 Joachim Ernst von Ansbach (Markgraf) 90, 296, 406, 429 Johann Albrecht von Mecklenburg (Herzog) 345 Johann Friedrich von Württemberg (Herzog) 31, 126, 302 Johann Georg von Sachsen (Kurfürst) 19, 36, 43, 61, 96, 107, 109, 116, 154, 190, 192, 196 f., 202 – 205, 208, 210 f., 213 – 217, 220, 227 f., 230, 232, 246 – 248, 251 – 253, 267 f., 303, 335, 358 f., 361 f., 367 f., 370, 372 – 377, 380 – 383, 391 f., 394 f., 397, 399 – 402, 407 f., 425 – 428, 447, 455 Johann Gottfried von Bamberg (Bischof) 306, 562 Johann Schweikhard von Kronberg (Erzbischof von Mainz, Reichserzkanzler, Kurfürst) 116 Johann von Hohenzollern-Sigmaringen (Reichsfürst) 125 Julius Echter von Mespelbrunn (Bischof) 300 Julius Friedrich von Württemberg (Herzogsadministrator) 31, 392, 397, 414, 417, 427 f. Kapser, Cordula (Historikerin)

274, 537

Karl Gustav von Pfalz-Zweibrücken (Pfalzgraf, schwed. Oberbefehlshaber, Thronfolger) 533 Karl V. (Kaiser) 25 f., 31, 51, 62, 64 f., 166 Khlesl, Melchior (Kardinal) 76, 78 f., 82 – 84, 325, 329 Königsmarck, Hans Christoffer (schwed. Feldherr) 487 Kopp, Johann Adam 27 Kraft von Hohenlohe (Graf) 409 f., 429 Krebs, Johann Adolf (kurbay. Rat) 522, 524 Kreß von Kressenstein (Kreisrat) 441 Krydell, Johann (kaiserl. Hofrat, Kommissar) 543 Kurfürst von Bayern siehe Maximilian von Bayern Kurtz von Senftenau, Ferdinand Sigismund (Reichsvizekanzler) 61, 202 Lainingen, Wolf Wilhelm von (kaiserl. Kommissar) 113, 343 Lamboy, Wilhelm von (Feldmarschall) 489 Langwerth von Simmern, Ernst (Jurist, Historiker) 5 f., 14 Laufs, Adolf (Historiker) 9 Lazarus von Schwendi 29 Lebzelter, Friedrich (kursäch. Rat) 216 Leopold V. von Österreich-Tirol (Erzherzog, Bischof von Straßburg und Passau, Regent von Tirol) 129, 300, 315 Leopold Wilhelm von Österreich (Erzherzog, Bischof von Straßburg und Passau, Feldherr) 267, 364, 461 f. Leuker, Esaias (kurbay. Agent in Wien) 123 f. Lille, Melchior de (franz. Gesandter) 390 Löffler, Jakob (württemb. Rat, Kanzler) 416 Lori, Johann Georg von 19 Loß, Christoph d.Ä. (Reichspfennigmeister) 61 Loß, Christoph von (Reichspfennigmeister) 59, 61, 94 Loß, Joachim von (Reichspfennigmeister) 61, 201 Loß (kursächsisches Adelsgeschlecht) 61 Lundorp, Michael Caspar 20 Lünig, Johann Christian 20 Luttenberger, Alfred (Historiker) 10, 84

Personenregister

Magen, Ferdinand (Historiker) 3, 13, 103, 304 Mändl, Johann (kurbay. Rat) 170, 543 Mansfeld, Peter Ernst II. von (Heerführer) 114, 312 f., 328, 338, 340, 343, 354, 363 Matthias (Kaiser) 59, 75, 77, 79 f., 82 – 85, 91 f., 95 f., 98, 108, 135, 145, 277, 295, 303, 307, 315, 325 f., 548 Maximilian I. (Kaiser) 24, 51 Maximilian von Bayern 21, 36, 53, 70, 80 f., 96, 100, 102, 106, 116, 121, 123 – 125, 137, 151 f., 160 – 162, 166 – 179, 185, 187, 197, 219 f., 224, 254, 257, 265, 271, 278, 293 f., 299 f., 313 – 318, 320 – 323, 325, 330 – 334, 356 f., 380, 399, 414, 455 f., 460, 487 f., 492 – 499, 501, 503, 505 – 512, 521 – 524, 530, 533, 537, 540 – 545, 547, 550, 556 Mazarin, Jules (franz. Kardinal, regierender Minister) 508 – 510, 556 Melander, Otto (kaiserl. Kommissar) 113, 343 Melchior Otto von Bamberg (Bischof) 508 – 510 Menzel, Johann (Reichshofrat) 371 Mercy, Franz von (kurbay. Generalfeldmarschall) 487 f. Metternich, Johann Reinhard von (kaiserl. Rat) 154, 371 Metzsch, Friedrich (Reichspfennigmeister) 61, 534 Moser, Friedrich Carl 19 Moser, Johann Jacob 18, 20, 32, 37, 39, 49 f., 265, 313, 368, 513 Müller, Johann (kulmbach. Gesandter) 520 Müller, Johannes (Historiker) 5 f. Nadler, Markus (Historiker, Bibliothekar) 14, 315 Neuhaus, Helmut (Historiker) 10 Nicklas, Thomas (Historiker) 12, 14 Nischan, Bodo (Historiker) 401 Notthaft, Johann Heinrich (Reichshofrat) 242, 263 Obersteiner, Gernot Peter (Historiker) 63 Oelhafen, Tobias (nürnberg. Rat) 520, 525

611

Ossa, Wolf Rudolf Freiherr von (kaiserl. Kriegskommissar) 156 Otto Ludwig Graf von Salm, (Wild- und Rheingraf, schwed. Statthalter) 430 Oxenstierna, Axel (schwed. Reichskanzler) 196, 424 – 428, 430 – 438, 440 f., 444, 446 f., 451 Papst (Bischof v. Rom) 320, 497 Paris Graf von Lodron (Erzbischof von Salzburg) 161, 164 f., 169 – 171, 176, 264, 322, 501, 506 Paul V. (Papst) 320 Piccolomini, Octavio (kaiserl. Feldherr) 231, 507, 533 Pistorius, Johann (Prokurator am Reichskammergericht) 124 Plassmann, Max (Historiker) 12, 17 Ponikau, Johann von (Reichspfennigmeister) 58, 61, 64, 203 – 206, 208, 211, 214 – 218, 253 Rauscher, Peter (Historiker) 78, 117, 134, 136 Renault, Rachel (Historikerin) 117 Richel, Bartholomäus (kurbay. Rat) 143, 154, 180, 494 Richelieu, Armand-Jean du Plessis, Premier Duc de (franz. Kardinal, Erster Minister) 156, 415 f., 493 Ritter, Moriz (Historiker) 289 Roberts, Michael (Historiker) 424 Rüdiger, Felix (kaiserl. Kommissar) 115 Rudolf II. (Kaiser) 18, 59, 63 – 65, 70 – 72, 82, 85, 145, 290 f., 295, 324, 548 Salm, Hubert (Historiker) 14, 274 Salvius, Johan Adler (schwed. Reichsrat u. Legat in Osnabrück) 248 f., 419 f. Schattkowsky, Martina (Historikerin) 59 Schilling, Heinz (Historiker) 4 Schilling, Lothar (Historiker) 500 Schlammersdorff, Jacob von (schwed. Generalmajor) 412 Schmidt, Georg (Historiker) 4 Schmidt von Freihofen, Stephan (Reichspfennigmeister) 59 – 61, 201

612

Personenregister

Schönberg, Kaspar von (kursächs. Rat) 301 Schulze, Fabian (Historiker) 14 Schulze, Winfried (Historiker) 10, 51, 56, 63, 119, 135 Schwalbach, Philipp von (kurmainz. Kreistagsgesandter) 474 f., 477 Schwendendörffer, Leonhard (Leipziger Bürgermeister) 216 Sicken, Bernhard (Historiker) 9 Sigelen, Alexander (Historiker) 56, 78 Steffen von Cronstetten, Daniel (Reichspfennigmeisteramtsverwalter) 60 Stollberg-Rilinger, Barbara (Historikerin) 4, 7 Storm, Peter-Christoph (Historiker) 16 f. Suvanto, Pekka (Historiker) 424 Tattenbach, Wilhelm Leopold Graf von (kaiserl. Kommissar) 267 Tilly, Johann T’Serclaes von (Feldherr) 107, 109 f., 114, 144, 152 – 155, 171, 322, 333, 338, 341 – 344, 356 f., 361, 363, 365 f., 393, 399 f., 403, 407, 410, 419 Torstensson, Lennart (schwed. Feldherr) 267, 487 Tott, Åke (schwedischer Feldherr) 420 Traun, Ernst von (kaiserl. Kommissar) 482, 484 Trauttmansdorff, Maximilian von (kaiserl. Rat, kaiserl. Verhandlungsführer in Münster und Osnabrück) 61, 203, 529 Turenne, La Tour d’Auvergne, Henri de, Vicomte de 487 Uffenbach, Johann Christoph von (Jurist, Reichspublizist) 63

Ulm, Hans Ludwig von (Reichsvizekanzler) 83 f., 90, 331 Vervaux, Johannes (Jesuit in kurbay. Diensten) 509 f. Wahl, Joachim Christian von der (kurbay. Generalfeldzugmeister) 461 Waldenburg, Gerhard von (kaiserl. Kommissar) 238 Wallenstein, Albrecht Wenzel Eusebius von (Feldherr, Herzog von Friedland) 129, 132, 136 – 141, 143 f., 146 f., 157, 159, 188 f., 194, 278, 280, 357, 361, 363, 366, 371 f., 447, 550 Wallstein, Ferdinand Graf (kaiserl. Kommissar) 543 Wartenberg, Franz Wilhelm von (Bischof) 457, 468 Wedgwood, Cicely Veronica (Historikerin) 389 Welser, Matthäus (Reichspfennigmeister) 57, 70 Welser (Patrizier- und Adelsgeschlecht) 56 f. Westernacht, Johann Eustachius von (Deutschordensritter) 93 Wolfang Wilhelm von Pfalz-Neuburg (Pfalzgraf) 458, 468, 479 – 484, 491 Wolfgang Ernst von Isenburg (Graf) 77, 95, 562 Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg (Pfalzgraf) 240 f. Wolfstirn, Hans Adolf von (designierter Reichspfennigmeister) 60, 201 Wolkenstein, Georg Ulrich von (Reichshofrat) 154, 164 – 167, 169 Wüst, Wolfgang (Historiker) 11

Ortsregister Aachen (Reichsstadt) 290, 292 Aalen (Reichsstadt) 327, 429 Alerheim (Schlacht/Schlachtfeld) 487 Anhalt (Fürstentum, Fürstenhaus) 205, 207, 235 f., 305, 359, 370 Annaburg 107 Ansbach (Markgrafschaft) 21, 89, 130 – 132, 296, 307, 563 Augsburg (Hochstift, Bistum) 96, 180, 246, 412 Augsburg (Reichsstadt) 22, 26, 34, 42, 55 f., 60, 70, 112, 121, 124, 126, 201, 259, 290, 317, 356, 417, 429, 491 Auhausen 296, 299 f. Baden-Durlach (Markgrafschaft) 127, 296, 414, 428 f. Baden (Fürstenhaus) 89 Bamberg (Hochstift); auch Bistum, fränkisches Kreisdirektorium 21, 31 – 33, 42, 89, 93, 110 f., 125, 221, 244, 266, 306 f., 309, 312 f., 329, 371, 380, 407, 440, 501, 509 f., 520, 525, 562 Bamberg (Residenzstadt) 111, 185, 222, 243, 253, 274, 380, 407 f., 410, 505, 509, 514, 519, 521 Barby (Grafschaft) 22, 202, 205, 207, 214, 235 f., 267, 392 f. Bärwalde (Vertragsort) 415 Bayerischer Reichskreis 14, 21, 28, 32 – 34, 36 f., 39, 42, 53, 89, 95 f., 99, 160, 163 – 165, 167 – 177, 183, 188, 201, 219 – 224, 242, 244, 246, 263, 265 f., 271, 273, 277, 313 – 317, 320 f., 333 f., 393, 414 – 416, 455, 466, 491 f., 496 – 498, 500 – 502, 504 – 506, 509, 514, 530 f., 534, 536 f., 539, 543, 546 – 548, 556 – 558 Bayern (Herzogtum, Kurfürstentum) 33 f., 53, 89, 106, 123, 142 f., 150, 160, 162, 169, 171 – 173, 175 f., 180 f., 197, 201, 219 – 221, 223 f., 238, 242 f., 246, 257, 263 – 265, 279, 318, 320, 323, 331, 371, 414, 416, 418, 455 f., 460, 466, 471, 473, 477, 487 f., 492 – 499, 501 – 504, 506 –

512, 516 f., 519, 530, 537 f., 541, 544, 546, 555 f. Bayreuth (Residenzstadt) 31 f., 406, 444, 449, 501 Beiersdorf (Franken) 378 Berchtesgaden (Fürstprobstei) 171, 318, 457, 542 Berlin (kurbrandenburg. Residenzstadt) 233, 427 Biberach (Reichsstadt) 327, 429 Böhmen (Königreich) 1, 52, 67, 82 f., 95 f., 99, 104, 191, 247, 277, 295, 306 f., 309, 311 f., 315, 317, 321, 335 – 338, 384, 524, 533, 549 Bopfingen (Reichsstadt) 129, 327, 429 Brandeis (Schloss) 230, 247 Brandenburg (Kurfürstentum) 43, 68, 94, 107, 116, 142, 147 f., 151, 158 f., 197 f., 205 f., 208 – 211, 228, 230, 232 – 235, 237, 245, 262 f., 267, 292, 301, 326, 340, 361, 366 – 369, 371, 374 f., 381, 383 – 388, 390 f., 401 f., 427, 432, 441, 447, 455 f., 458, 479, 486, 524, 527, 553 Braunschweig-Calenberg (Herzogtum) 33 Braunschweig-Celle (Herzogtum, Fürstenhaus) 32, 304, 337, 343, 347, 355, 445 f. Braunschweig-Lüneburg (Herzogtum, Fürstenhaus) 212, 230, 247, 250, 337, 352, 387, 515 Braunschweig (Stadt) 102, 356 – 358, 361 f., 421 f. Braunschweig-Wolfenbüttel (Herzogtum, Fürstenhaus) 32, 212, 302, 304, 306, 336, 339, 341, 352 f., 419, 445 f. Breisach (Stadt und Festung) 242 f., 256 Breiteneck (Herrschaft) 541 Breitenfeld (Schlacht/Schlachtfeld) 143, 179, 185 f., 188, 190, 267, 322, 400, 403 f., 419, 423, 425, 451 Bremen (Erzstift) 104, 212, 218, 345, 348, 353, 386, 388, 421, 448, 487, 527 Bremen (Hansestadt) 216, 350, 421 Breslau 447

614

Ortsregister

Buchau (Damenstift) 327 Buchau (Reichsstadt) 327 Bundesrepublik Deutschland 6 Burghausen 545 Burgundischer Reichskreis 6, 22 f., 28, 32, 34, 36 f., 66, 80, 155 f., 160, 193, 249, 520, 531 Dänemark (Königreich) 140 f., 213, 247, 347, 351, 355 – 357, 363, 365 f., 386, 425, 447, 484, 486, 519, 548 Den Haag (Generalstaaten) 362 Deutsch- und Hochmeister (Mergentheim) 89, 93, 311 Deutscher Orden (Schwaben) 121 Deutschland 11, 172, 259, 403, 448 Dinkelsbühl (Reichsstadt) 129, 178, 328, 332, 429, 500 f., 505 Donauwörth (Reichsstadt, nach 1607 bayerisch) 53, 72, 121, 123 f., 292 – 295, 330, 334, 371, 429, 501, 504 f., 511 f. Dresden (kursäch. Residenzstadt) 20, 61, 107, 203, 215 – 217, 228, 232 f., 251 – 253, 303, 359, 361, 368, 371, 375 – 377, 379, 381, 427 f. Durlach (Residenzstadt) 121 Düsseldorf 33, 458, 485 f. Eberspoint (regensb. Herrschaft) 546 Ehrenfels (Herrschaft) 319, 541 Eichstätt (Hochstift) 89, 111, 125, 265, 307, 312, 329, 501, 504, 510 Eidgenossenschaft 1 Ellwangen (Fürstprobstei) 125, 330 f., 501 Elsass 486 Emmeram (Fürststift) 223, 318 England 103, 172, 349, 362 f., 428 Erblande (kaiserl. Erblande, Österreich) 25, 66, 69, 175, 415, 474, 487 Esslingen (Reichsstadt) 181, 327, 392, 429, 445 Europa 12, 350, 393 Fontainebleau (Vertragsort) 493 Forchheim (Festung) 407, 411 Frankenthal (Festung) 535 f.

Frankfurt (Reichsstadt) 26, 34, 36, 41, 43, 55, 144, 238, 242, 259 – 261, 264, 268 – 270, 273, 294, 360, 369, 375 – 378, 409, 420, 430, 436, 444, 448 f., 451, 464, 467, 469 f., 472 – 477, 502, 516 f., 523, 563 Fränkischer Reichskreis 5, 10, 12, 19 – 21, 28, 31 – 33, 36 – 40, 42, 70, 76, 89 f., 93, 95, 99 f., 108 – 110, 112, 130 – 134, 139, 177, 179, 183, 185, 187, 220 – 222, 225, 231, 243 f., 246, 253 – 255, 264 – 266, 273 – 276, 300, 306 f., 309, 311 – 315, 326, 329, 333 f., 339 f., 377, 379, 386 – 388, 391 f., 395, 398, 404 – 409, 411 – 413, 417, 423 f., 429, 431 f., 440, 442 f., 449, 455, 466, 475, 491 f., 495 – 501, 503 – 505, 508 – 510, 513, 517, 519 – 522, 524 f., 530, 533 – 535, 537, 548, 556 – 558, 561 Frankreich 25, 156, 172, 196, 219, 233, 235, 238, 241, 249, 256, 262, 272 f., 351, 363, 390 f., 403, 415, 428, 435, 450, 461, 476, 486, 488, 490, 492 – 494, 497, 503, 508, 510, 512, 514 – 517, 519, 521, 528, 530 f., 534 Frederiksborg (Schloss) 352 Freising (Hochstift, Bistum) 97 f., 171, 176, 223, 318, 539 Friedland (böhm. Herzogtum) 137 Fürstenberg (Grafen) 413 Gallien (röm. Provinz) 449 Geharnischter Reichstag (Augsburg, 1548) 187 Generalstaaten 25, 103, 172, 342, 349, 351, 362 f. Giengen (Reichsstadt) 327, 429 Goldener Steig (Böhmen/Niederbayern) 315 Göppingen 443, 445 Goslar (Reichsstadt) 212, 214, 355 Gottorf (Fürstenhaus) 212, 348, 353 Haag (Grafschaft) 318, 320 Habsburg (Fürstengeschlecht) 22, 28, 38, 52, 66 f., 76, 79, 82 f., 89, 96 f., 100, 103, 105 – 107, 111 – 113, 137, 140 f., 146 f., 152, 156, 160, 170, 196, 198, 203,

Ortsregister

244, 258 f., 262, 280, 295, 315, 335, 349, 355, 363 f., 384, 390, 415, 422, 456, 466, 473, 493 f., 507, 511, 515 f., 550, 552 Halberstadt (Hochstift) 104, 212, 303, 339 f., 342, 345, 348 f. Halberstadt (Stadt) 392, 447 Hamburg (Hansestadt) 216 – 218, 348, 419 f., 422, 514 f., 564 Heidelberg (kurpfälz. Residenzstadt) 77, 94, 295, 302, 306, 312, 335 f., 338 Heilbronn (Reichsstadt) 129, 310, 327, 336, 412, 428 – 434, 436 f., 439 f., 451 f., 536, 555 Henneberg (gefürstete Grafschaft) 89, 107, 410 Herbsthausen (Schlacht/Schlachtfeld) 487 Hessen-Darmstadt (Landgrafschaft) 242, 377 f. Hessen (Fürstenhaus) 88 Hessen-Kassel (Landgrafschaft) 192, 240 f., 256, 301, 303, 305, 343, 387, 457, 461, 480 f., 487 f., 490, 515, 532, 535 Hildesheim (Hochstift) 104, 212, 250, 355, 457 Hildesheim (Stadt) 422 Hofburg (Wien) 78, 83, 91, 177, 204, 241, 250, 326 f. Hohenlohe (Grafschaft, Adelsgeschlecht) 89, 311, 377, 409, 417, 429 f., 432, 445 Hohenzollern (Fürstengeschlecht) 125 Hohnstein (Grafschaft) 207 Holstein (Herzogtum) 213, 218, 247, 337, 347, 352 f., 355 f., 486 Immenstadt 121 Innsbruck (Residenzstadt) Isny (Reichsstadt) 327 Italien 162, 259

418, 507

Jankau (Schlacht/Schlachtfeld) 487, 524 Jülich-Berg (Herzogtümer) 32, 34, 240 f., 458, 461, 468, 470 Jülich-Kleve-Berg (Herzogtümer, vor 1614) 33, 53, 458 f., 480, 483, 486 Jüterbog 103, 114 Jütland 363

615

Kärnten (Herzogtum) 83 Kaufbeuren (Reichsstadt) 327 Kempten (Fürststift) 125, 330 f., 413 f. Kempten (Reichsstadt) 181, 327, 396 Köln (Kurfürstentum) 22, 88, 160, 228, 238 – 240, 258, 269, 456 – 458, 460 – 462, 464 – 469, 471 – 475, 479 – 485, 488 – 491, 496, 513, 522, 533, 535, 556 Köln (Reichsstadt) 34, 61, 179, 240, 460, 469 f., 474, 479, 484, 562 f. Konstanz (Hochstift, Bistum) 32, 53, 119, 121, 125 f., 221, 245 f., 371, 412 f., 417, 501, 523, 525 Kopenhagen (dän. Haupt- und Residenzstadt) 352, 364 Kronach (Festung) 411 Kulmbach (Markgrafschaft) 21, 89, 183, 266, 296, 308, 377, 406 f., 427, 429, 433, 442, 455, 506 Kulmbach (Residenzstadt) 379, 391, 449 Kurbayern siehe Bayern (Herzogtum, Kurfürstentum) Kurbrandenburg siehe Brandenburg (Kurfürstentum) Kurköln siehe Köln (Erzbistum und Kurfürstentum) Kurmainz siehe Mainz (Erzbistum und Kurfürstentum) Kurpfalz siehe Pfalz (Kurfürstentum) Kurrheinischer Reichskreis 22, 31 f., 38, 88, 92 f., 160, 177 f., 231, 237, 269 f., 295, 332, 424, 429 f., 456, 466 – 470, 473 f., 476 f., 481, 490, 516, 534, 561 Kursachsen siehe Sachsen (Kurfürstentum) Kurtrier siehe Trier (Erzbistum, Kurfürstentum) Landshut 95 f., 161 – 164, 166, 170 f., 173 f., 242, 263, 274, 315 f., 322, 498 – 500, 537, 546 Landvogtei in Schwaben 113 Lauenburg (Herzogtum) 212 f., 345, 353 – 355 Lausitz (Markgrafentümer Ober- und Niederlausitz) 192 Laxenburg 218 Leipzig 22, 34, 54 – 58, 94, 100, 106 f., 134, 169, 201 f., 204, 206 f., 209 f., 212 f.,

616

Ortsregister

215 – 218, 232, 237, 240, 251 f., 267 f., 359 f., 368 – 371, 375 f., 380 – 383, 386 – 394, 399, 401 f., 420 Leipziger Messe 216 f. Lengerich (Westfalen) 524 Leuchtenberg (Landgrafschaft) 97, 173, 176, 223, 271 f., 316, 319 Lindau (Reichsstadt) 327 Lippe (Grafschaft) 304 Lothringen (Herzogtum) 1, 235, 241, 476 Löwenstein-Wertheim (Grafschaft) 410 Lübeck (Hansestadt) 213, 216, 218, 236, 355, 364, 421 Lübeck (Hochstift) 104, 212, 218 Ludwigsburg 22 Lüneburg 101, 113 f., 250, 341, 343, 352 f. Lüneburg (Stadt) 34, 421 Lutter am Barenberge (Schlacht/Schlachtfeld) 363 Lüttich (Hochstift, Bistum) 457, 489 Lützen (Schlacht/Schlachtfeld) 188, 423 Magdeburg (Erzstift) 32 f., 192, 212 f., 236, 248, 290 f., 305, 345, 353, 364, 419, 527 Mainz (Erzbistum und Kurfürstentum) 10, 23, 26, 32, 88, 96, 111, 140, 142 – 144, 156, 160, 177 f., 197, 228, 238, 258, 330, 345, 361, 375, 378 f., 399, 430, 434, 456, 462, 466 f., 471 – 475, 496, 532, 559, 564 Mainz (Residenzstadt) 258, 269 f., 377 f., 408, 416, 430, 466, 472, 486, 496 f. Mansfeld (Grafschaft) 61, 205, 207, 235 f., 393 Mantua 143 Maxlrain/Waldeck (Grafschaft) 223, 319 Mecklenburg (Herzogtümer) 138, 212, 341, 345, 353, 363, 410, 421, 448 Meersburg (Residenzstadt) 31, 121, 413 Memmingen (Reichsstadt) 180 f., 327, 396, 412 Mindelheim 53, 121, 123 f., 330 Mitteleuropa 2 Mittelrhein (Region) 486 Montfort (Grafen) 413 Mühlhausen (Reichsstadt) 212, 214, 355, 369

München 34, 123 f., 162, 164, 166, 169, 172, 174 – 176, 185, 228, 299, 317 f., 320, 322 f., 330, 380, 398, 415, 500, 508 f., 522, 524, 540, 542, 547 Münster (Hochstift) 32 f., 178, 240, 456, 458 – 461, 465, 467 f., 470 – 472, 479, 481 – 483, 532 Münster (Stadt) 25, 273, 486, 510, 514, 517 f., 520, 522 – 526, 534, 540 f., 544 Nassau (Grafen) 332, 479 Niederbayern 315, 317 Niederlande (spanisch bzw. Burgund) 338, 531 Niedermünster (Reichsabtei) 223, 319, 541, 544 Niederrhein (Region) 457 f., 460 f., 465, 479, 482, 484, 488, 516, 556 Niederrheinisch-Westfälischer Reichskreis 6, 10, 14, 22, 25, 31 – 33, 36, 38, 88, 100, 178 f., 187, 202, 231, 240, 251, 255, 269, 274, 292, 340, 343, 358, 454, 456 – 461, 464 – 467, 471, 474 f., 477 – 484, 486, 489 f., 513, 516, 527, 534, 548, 558, 561 Niedersächsischer Reichskreis 6, 14, 20, 22, 31 – 33, 36 – 38, 42, 58, 101 – 104, 113 f., 135, 150, 187, 192, 202 – 206, 210 f., 213, 216 – 218, 230, 235, 239, 246 – 248, 250, 263, 267, 280, 302, 304, 306, 334 – 336, 338 – 344, 346 f., 351 f., 355, 358 – 360, 362 f., 365, 385 – 388, 392, 418 – 422, 445, 447 f., 452, 455, 457, 487, 489, 527, 529, 534 f., 554, 558, 561 Norddeutschland 348, 351 Nordhausen (Reichsstadt) 212, 214, 399 Nördlingen (Reichsstadt) 42, 429, 444, 500 Nördlingen (Schlacht) 189, 219, 244, 433, 449, 452 Nördlinger Ries 500 Nürnberg (Reichsstadt) 21, 34, 42, 55, 77, 90, 93 f., 110, 130 – 133, 183 – 185, 221, 244, 257, 265, 296, 300, 302, 304, 307 f., 310, 313, 327, 377, 379, 387, 391 f., 395 f., 406, 408, 410, 429, 442,

Ortsregister

491, 498 – 500, 513, 517, 520, 523, 525, 534 f., 561 f. Oberitalien 141, 449 Obermünster (Reichsabtei) 173, 223, 319 Oberösterreich (Österreich ob der Enns) 129, 322 Oberpfalz 295 f., 312, 338, 541 Oberrhein (Region) 231, 241 f., 271, 311, 429, 474, 476 f., 495, 508 Oberrheinischer Reichskreis 22, 32 f., 38, 40, 80, 88, 92, 100, 178, 241, 246, 251, 255, 268 f., 300, 332, 358, 387 f., 404, 424, 429 f., 436, 440, 466 – 468, 470, 474 – 477, 490, 534, 561 Obersächsischer Reichskreis 14, 19 f., 22, 31 f., 36, 38, 42 – 44, 58, 68, 88, 94, 100, 106 – 109, 114, 116, 150, 187, 202, 204 – 206, 208, 210 f., 217 f., 230, 232, 238 f., 247, 251 f., 255, 267 f., 280, 302, 305, 334 f., 339 f., 351, 358 – 360, 367 f., 370, 374, 388, 392, 401, 445, 447 – 449, 455, 527, 529, 534, 548, 553, 558, 561 Ochsenhausen (Abtei) 413 Ödenburg (Ungarn) 125, 132 f. Oldenburg (Grafschaft) 304, 564 f. Ortenburg (Grafschaft) 89, 97, 173, 176, 223, 319, 321, 539, 541 Osmanisches Reich 25, 49, 64, 67, 70 f., 73, 85, 97 f., 106, 109 f., 156, 277, 346, 549 Osnabrück (Hochstift, Bistum) 343, 461, 479, 482 Osnabrück (Stadt) 273, 482, 514, 517 f., 520, 524 f., 534, 540 Österreichischer Reichskreis 10, 22, 28, 32, 34, 36, 42, 66, 69 f., 80, 106, 155 f., 160, 249, 520, 530 f. Ostfriesland (Grafschaft) 338 Ostschwaben 181, 413 Ostsee 213, 350, 384, 419 Öttingen (Grafen) 429 Paderborn (Hochstift, Bistum) 457, 461, 532 Pappenheim (Erbmarschälle, schwäb. Kreisstand) 121 Paris 415, 508 – 510

617

Passau (Hochstift, Bistum) 171, 173, 176, 300, 315 f., 318, 507, 539, 541 f. Pfalz (Kurfürstentum) 73, 77, 88, 92, 94, 100 f., 104, 109, 192, 280, 292, 295 f., 301, 304, 306, 312, 326 f., 334, 349, 430, 437, 439 Pfalz-Neuburg (Fürstentum, wittelsb. Fürstengeschlecht) 32, 78, 163 f., 166, 173 f., 176, 240, 259, 264, 296, 316, 319 f., 322 f., 458, 468, 478 – 483, 485 f., 490, 541 – 543 Philippsburg (Festung) 474, 486 Plassenburg (Festung) 31, 110, 407, 449 Polen (Königreich Polen-Litauen) 350, 358 f. Pommern (Herzogtümer) 38, 43, 94, 116, 197, 205, 207, 232, 234 f., 304, 370, 372 Prag (Hauptstadt des Königreichs Böhmen, kaiserliche Residenz) 57 f., 64, 68, 83 f., 90 f., 95, 190, 193 f., 203 f., 218, 247, 336 Preußen (nach 1806) 6 Quedlinburg (gefürstetes Damenstift) 207, 235 f.

205,

Ratzeburg (Hochstift) 212, 304, 345, 355 Ravensburg (Reichsstadt) 327, 413 Regensburg (Hochstift) 172, 223, 318, 542, 545 Regensburg (Reichsstadt) 34, 42, 55, 61, 72, 89, 97 f., 141 f., 149, 153, 157 – 159, 166, 168, 173, 178, 187, 194 f., 197 – 199, 202 f., 209 f., 228, 257, 260, 262, 300, 316, 319, 322 f., 325, 374 f., 415, 491, 539 – 542, 544, 547, 552 Reichshofrat (Wien) 8 f., 62 f., 72, 195, 200, 241, 291 f., 344 Reichskammergericht 8, 62 f., 65, 117 f., 121 f., 124 f., 157, 195, 200, 291 – 293, 330 Reuß (Herrschaft) 115, 205, 207, 233, 393 Reutlingen (Reichsstadt) 429 Rheinpfalz 338, 477 Rieneck (Grafschaft) 21, 111, 177, 330 Rot an der Rot (Abtei) 413

618

Ortsregister

Rothenburg ob der Tauber (Reichsstadt) 307, 411, 429 Rottweil (Reichsstadt) 113, 327, 413 Sachsen-Altenburg (Herzogtum) 43, 207 f., 233 f., 369 f. Sachsen-Coburg-Eisenach (Herzogtum) 38, 233 Sachsen-Coburg (Herzogtum) 207, 235, 410 Sachsen (Kurfürstentum) 22, 32, 43, 57, 68, 89, 100, 107, 116, 142, 147 f., 151 f., 158 f., 168, 180, 182, 189 – 192, 197 f., 200 – 206, 208, 210 f., 214 – 219, 225, 227, 230, 232 – 237, 245, 247, 267, 278, 292, 301 – 303, 305 f., 311, 326, 335, 340, 342 f., 360 – 362, 366 f., 369 – 371, 373 – 376, 381 – 388, 390 – 393, 395, 399, 401 – 403, 419, 422 f., 425 – 428, 434, 441, 445, 447 – 451, 455, 487, 497, 524 f., 533, 553 – 556 Sachsen-Weimar (Herzogtum) 207 f., 235, 370 f. Salem (Abtei) 413 Salzburg (Erzstift) 32 – 34, 95, 162, 164 – 166, 168 – 171, 173 – 176, 181, 221, 223 f., 243, 258, 263 f., 315 – 320, 322, 464, 498, 501 f., 506 f., 537 f., 541 f., 545 f., 564 Sayn (Grafschaft) 470 Schenken von Limpurg (Freiherren) 429 Schlacht am Weißen Berg 101, 311 Schleißheim (Residenz) 510 Schleusingen 116 Schönburg (Herrschaft) 205, 207 f., 233, 370, 393 Schwäbisch Hall (Reichsstadt) 129, 327, 429 Schwäbischer Reichskreis 5, 10, 14, 17, 20, 22, 26, 28 f., 31 – 33, 36 – 40, 42, 53, 68, 70, 76, 89, 108, 111 f., 117, 121, 125, 127 – 129, 133 f., 139, 150, 160, 176, 179 – 181, 183 f., 187, 189, 201, 220 f., 224 f., 242, 244 – 246, 255, 264 f., 278, 293 f., 300, 326 – 329, 331, 334, 340, 371, 377, 379, 386 – 388, 391 f., 397, 404, 412 – 414, 416 – 418, 423 f., 426, 429, 431, 433, 443 – 446, 449, 452, 455, 466,

491 f., 495 – 501, 503, 505, 509 f., 513 f., 517, 523 – 525, 530, 534 – 537, 548, 556, 558, 561 Schwangau (Herrschaft) 123 f. Schwarzburg (Grafschaft) 205, 207, 368, 393 Schweden (Königreich) 144, 162, 165 f., 172, 175, 182, 186 – 190, 192 f., 196 f., 204, 209 f., 213 f., 230, 232 f., 235, 247 – 250, 256, 261 f., 272 f., 323, 329, 350, 364, 372, 374 f., 385, 389 f., 393 – 395, 399, 401, 403 – 406, 408 – 412, 414 – 441, 443 – 452, 465, 484, 487 – 490, 492, 503, 513 – 516, 518 f., 521 f., 524, 526 – 535, 539, 544, 548, 554 f., 561 Schweinfurt (Reichsstadt) 410, 429 Schwerin (Hochstift) 104, 354 Siebenbürgen (Fürstentum) 313 Simmern (Pfalzgrafschaft) 32 Spanien (Königreich) 139, 178, 256 f., 338, 349, 390, 449, 474, 477, 486, 493 f., 508, 519, 528, 531, 536 Speyer (Hochstift) 88, 242, 563 Speyer (Reichsstadt) 120 – 124, 127 Sponheim (Grafschaft) 32, 127 Stablo-Malmedy (Fürststift) 457 Stadtamhof (Oberpf.) 547 Stolberg (Grafschaft) 205, 207, 235 f., 368, 393 Straßburg (Hochstift, Bistum) 291 Straßburg (Reichsstadt) 90, 245, 301, 387 f., 430, 449, 562 f. Stuttgart 31, 78 f., 91, 121, 244 – 246, 302, 329, 377, 379, 414, 416 f., 429, 444, 505 Süddeutschland 189, 197, 219, 400, 449, 451, 487 f., 493, 551 Sulzbürg-Pyrbaum (Herrschaft) siehe Wolfstein (Herrschaft) Tartaren 106, 110 Tirol (gefürstete Grafschaft) 76, 83, 89, 96, 328, 507 Trier (Erzbistum, Kurfürstentum) 88, 108, 127, 160, 238, 471, 474, 477 Tübingen 302 Tuttlingen (Schlacht/Schlachtfeld) 486, 507

Ortsregister

Überlingen (Reichsstadt) 327, 413 Ulm (Reichsstadt) 34, 74, 89 f., 112 f., 118, 121 f., 124 f., 128 f., 181 – 183, 245 f., 265 f., 272, 300, 311, 327 – 329, 331 f., 387, 396, 414, 423 f., 427 – 429, 439, 445, 488, 498 – 500, 504 f., 517, 523 Ungarn (Königreich) 64, 66, 69, 82, 85, 105 f., 112, 121, 151, 277, 477 Usedom 144 Verden (Hochstift) 348 f., 487, 527 Vest Recklinghausen 456 Vorderösterreich (zu Tirol) 244, 413, 418, 503 Waldburg (Grafen) 413 Walkenried (Stift) 207 Wangen (Reichsstadt) 327, 413 Wasserburg am Inn 536 f., 540 – 544, 546 f. Weingarten (Abtei) 121, 126, 327, 413, 501 Weißenau (Abtei) 413 Weißenburg (Reichsstadt) 253, 265, 429, 563 Werden (Stift) 470, 479 Westfalen (kurköln. Herzogtum) 456 Wetterau (Grafschaften, Grafenverein) 95, 397, 430 Wien (kaiserl. Haupt- und Residenzstadt) 79, 83, 92, 101, 106 f., 110 f., 113 f., 123 f., 127, 133, 137, 141, 143, 164, 169, 174, 178, 181, 185, 211, 230, 265, 267, 270 –

619

272, 331, 336, 343, 361 f., 364, 376, 394 f., 398 f., 418, 464, 467, 469, 472, 487 Wiener Hofkammer 60 f., 75, 82, 84, 86 f., 124 f., 134, 203, 209, 211, 261, 561 Wild- und Rheingrafen (Grafschaften) 430 Wimpfen (Reichsstadt) 121, 429 Windsheim (Reichsstadt) 410, 429 Wittelsbach (Fürstenhaus) 152, 178, 197, 291, 456 – 458, 494, 513, 559 Wittstock (Schlacht/Schlachtfeld) 196, 214 Wolfenbüttel (Residenzstadt) 302, 445 Wolfstein (Herrschaft) 89, 173, 319, 323, 541 Worms (Hochstift und Bistum) 32 – 34, 92, 178, 241 f., 268 f., 332, 430, 439 f., 450, 475 f., 563 Wülzburg (Festung) 253 Württemberg (Herzogtum) 26, 31 – 33, 53, 78 f., 84, 88 – 91, 110, 119, 126 – 130, 181 – 184, 221, 224, 244 f., 256, 294, 296, 302, 305, 327 f., 331 f., 334, 387, 395 – 397, 412, 414, 416 f., 426 – 429, 434, 444 – 446, 448, 455, 501, 505, 523, 525 Würzburg (Hochstift) 89, 111, 125, 300, 307, 309, 311 – 313, 329, 405, 414, 439 f., 501, 510, 517, 523, 562 Würzburg (Residenzstadt) 111, 185, 405 f., 410 f., 414, 427, 441 f., 522