Deutsches Fremdwörterbuch: Band 3 Q - R [Reprint 2019 ed.]
 9783110860504, 9783110073089

Table of contents :
Vorwort
Verzeichnis der zitierten Zweitquellen
Friedrich Maurer dem Weggenossen und Freund zum 5. Januar 1972 verbunden mit der Widmung des 3. Bandes des Deutschen Fremdwörterbuchs

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Deutsches Fremdwörterbuch Dritter Band

Deutsches Fremdwörterbuch Begonnen von Hans Schulz, fortgeführt von Otto Basler weitergeführt im Institut fiir deutsche Sprache

Dritter Band

Q/R Q bearbeitet von Otto Basler R bearbeitet von Alan Kirkness, Elisabeth Link, Isolde Nortmeyer, Gerhard Strauß unter Mitwirkung von Paul Grebe

w DE

G

Walter de Gruyter • Berlin • New York 1977

Wissenschaftlicher

Beirat:

Eugenio Coseriu, Günther Drosdowski, Johannes Erben, Bernhard Gajek, Siegfried Grosse, Helmut Henne, Friedrich Maurer, Hans Neumann, Peter von Polenz, Heinz Rupp

CIP-Kun>titelaufnähme der Deutschen Bibliothek

Deutsches Fremdwörterbuch begonnen von Hans Schulz. Fortgef. von Otto Basler. Weitergef. im Inst, für Dt. Sprache. — Berlin, New York : de Gruyter. NE: Schulz, Hans [Begr.]; Basler, Otto [Bearb.]; Institut für Deutsche Sprache (Mannheim) Bd. 3. Q, R / Q bearb. von Otto Basler, R bearb. von Alan Kirkness . . . unter Mitw. von Paul Grebe. — 1977. ISBN 3-11-007308-0

© 1977 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J.Trübner — Veit Sc. Comp. Printed in Germany Alle Rechte des Nachdrucks, einschließlich des Rechtes der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, vorbehalten. Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30 Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer, Berlin 61

Vorwort Wenige Jahre vor seinem Tode übergab Otto Basler dem Institut für deutsche Sprache in Mannheim seine Belegsammlung zum „Deutschen Fremdwörterbuch" in der Erwartung, daß das Institut für die Fortführung des Werkes Sorge tragen werde. Ein entsprechender Antrag wurde 1973 von Ulrich Engel und Paul Grebe für das Institut bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingereicht und Anfang 1974 bewilligt. Seit April 1974 arbeitet eine Gruppe von Lexikographen im Institut an der Fertigstellung des Teiles R—Z. Damit begann für das „Deutsche Fremdwörterbuch" die dritte — und wie wir hoffen — letzte Phase. Hans Schulz, der den ersten Band (A—K) bearbeitet hatte, wollte sein Werk als einen Versuch der historischen lexikographischen Behandlung der geläufigen Fremdwörter der deutschen Sprache verstanden wissen. Sein Nachfolger, Otto Basler, erweiterte nicht nur die Quellen- und Materialbasis, sondern auch die Zahl der Stichwörter, ihre lexikographische Beschreibung und insbesondere die Belegdokumentation. Er konnte bis zu seinem Tode den zweiten Band (L—P) und von diesem Band den Buchstaben Q abschließen. Seine Grundsätze und Methoden beschreibt Basler im Vorwort zum zweiten Band (1942). Bei der Aufbereitung des Baslerschen Nachlasses im Institut für deutsche Sprache stellte sich heraus, daß die übernommene Belegsammlung durch eine gezielte Teilexzerption ergänzt und Stichwortauswahl und Artikelaufbau stärker systematisiert werden mußten. Dabei wurde die Baslersche Grundkonzeption weitestgehend beibehalten : Die meist eher formalen Neuerungen, wie z. B. die strikte Trennung zwischen Artikelkopf und Beleganhang, sollen dem Benutzer das Nachschlagen erleichtern. Bei der Auswahl der Lemmata behielten wir den Grundsatz bei, daß nur die integrierten Fremdwörter der deutschen Standardsprache der Gegenwart (für den Teil R—Z 1950 bis zur Bearbeitungszeit) aufgenommen werden sollten. Dementsprechend werden reine Fachwörter und fremde Wörter für fremde Gegenstände und Begriffe (Exotismen) sowie veraltete Lexeme und Entlehnungen der allerjüngsten Zeit weitgehend ausgeklammert. Geläufige Ableitungen mit Fremdsuffixen werden eigens lemmatisiert; andere dagegen, wie Ableitungen mit Erbsuffixen, Präfixbildungen, Zusammensetzungen, häufige Syntagmen und feste Wendungen, werden dem Grundwort oder der betreffenden Bedeutung des Grundwortes zugeordnet. Bei den Wortartikeln selbst kam es uns der Übersichtlichkeit wegen auf eine einheitliche Gestaltung an. Jeder Eintrag enthält die Kennzeichnung der Wortklasse und Flexion und Angaben zur Etymologie, zum Zeitpunkt der Aufnahme in den deutschen Wortschatz, zu (historischen) Schreibvarianten und (Neben-)Formen, zum syntaktischen und syntagmatischen Verhalten, zur stilistischen Charakterisierung, zur wortbildungsmäßigen Produktivität und zum Anwendungsbereich, vor allem aber zur Be-

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Vorwort

deutung, genauer zur chronologisch dargestellten Bedeutungsgeschichte, die das Kernstück dieses Wörterbuches ist. Die Angabe der Bedeutung erfolgt im allgemeinen durch sinnverwandte Wörter und in manchen Fällen, z. B. bei Fachwörtern und historischen Bezeichnungen, durch Merkmalsbeschreibung. Dabei werden unterschiedliche Bedeutungen je nach dem Grad ihrer Differenzierung durch Ziffern oder Kleinbuchstaben gekennzeichnet. Jedem Stichwort schließt sich eine Belegdokumentation an, die wo immer möglich nur Kontextbelege enthält und deren Gliederung im wesentlichen der des Artikelkopfes entspricht. Belege zu Zusammensetzungen werden bei den Belegen zum Lemma oder den einzelnen Bedeutungen des Lemmas gebracht. Beleggruppen zu Ableitungen werden in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt, abgehoben und der jeweiligen Bedeutung des Lemmas zugeordnet. Dabei wird das belegte Wort zur leichteren Orientierung der entsprechenden Beleggruppe vorangestellt. Der Belegdokumentation liegt die Sammlung Otto Baslers zugrunde, die durch eigene Lektüre und durch Mitbenutzung vorhandener Corpora und Belegsammlungen laufend ergänzt wird. Mit Baslers Material haben wir auch seine Schreib- (ss statt ß) und Zitierweise übernommen, da es unmöglich gewesen wäre, alle von ihm exzerpierten Quellen noch einmal zu überprüfen. Die mit „Duden"-Sammlung 1933ff angegebenen Belege wurden in den 30er Jahren von Basler exzerpiert und der von ihm geführten Dudenkartei einverleibt, die im letzten Krieg vernichtet wurde. Da die genauen Quellen- und Seitenangaben für diese Belege nicht mehr ermittelt werden können, haben wir solche Belege nur dann verwendet, wenn sie uns unentbehrlich erschienen. Das Gesamtquellenverzeichnis mit vollständigen bibliographischen Angaben der zitierten Werke wird am Ende des Wörterbuches erscheinen. Zu danken haben wir für die Mitbenutzung anderer Corpora und Belegsammlungen folgenden Institutionen und Persönlichkeiten: der Universitätsbibliothek Freiburg, der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz in Berlin und Marburg, der Bayerischen Staatsbibliothek München, der Hessischen Landesbibliothek in Wiesbaden, der Universitätsbibliothek Heidelberg, dem Goethe-Wörterbuch in Hamburg, der Forschungsgruppe öffentlicher Sprachgebrauch der Bonner Außenstelle des Instituts für deutsche Sprache (zitiert als IDS-BONN) und im besonderen Maße William Jones (London) und Richard Brunt (Gelsenkirchen), die uns noch unveröffentlichtes Belegmaterial zur Verfügung stellten. (S. Verzeichnis unten.) Dank gebührt auch den Mitgliedern unseres Wissenschaftlichen Beirats für die wertvollen Anregungen, die wir während der Bearbeitung dieses Bandes von ihnen erhalten haben. Ganz besonderen Dank schulden wir Paul Grebe, der uns mit Rat und Tat unterstützte und dessen langjährige lexikographische Erfahrung uns stets zugute kam. Schulz/Baslers „Deutsches Fremdwörterbuch" gilt als das Standardwerk der historischen Fremdwortlexikographie. Wir bemühen uns nach Kräften, diesem Ruf gerecht zu werden, sind uns jedoch der Worte des Lexikographen Jacob Grimm wohl bewußt: „Hinter der aufgabe bleibt aber das gelingen, hinter dem entwurf die ausführung." Mannheim, Januar 1977

Für die Mitarbeiter Alan Kirkness

Verzeichnis der zitierten Zweitquellen Die im Text verwendeten Kurztitel erscheinen eingeklammert in Versalien jeweils am Ende der bibliographischen Angaben. Georg Friedrich Benecke, Wilhelm Müller, Friedrich Zarncke, Mittelhochdeutsches Wörterbuch (Ndr.), Hildesheim 1963 (BENECKE/MÜLLER/ZARNCKE) Hans Holm Bielfeldt, Die Entlehnungen aus verschiedenen slawischen Sprachen im Wortschatz der neuhochdeutschen Schriftsprache, Berlin 1965 (BIELFELDT) Richard Brunt, The Influence of the French Language on the German Vocabulary (1649—1748), Diss. Oxford 1974 (BRUNT) Joachim Heinrich Campe, Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke, Braunschweig 21813 (CAMPE) Broder Carstensen, Englische Einflüsse auf die deutsche Sprache nach 1945, Heidelberg 1965 (CARSTENSEN) Carl Creifelds, Rechtswörterbuch, München 31973 (CREIFELDS) Peter Ganz, Der Einfluß des Englischen auf den deutschen Wortschatz 1640—1815, Berlin 1957 (GANZ) Goethe-Wörterbuch, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1966ff. (GWB) Alfred Götze (Hrsg.), Trübners Deutsches Wörterbuch, Berlin 1939ff. (TRÜBNER) Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854 ff. (DWB) Moriz Heyne, Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1890ff. (HEYNE) William Jones, The Influence of French on the German Vocabulary (1575—1648), Diss. Oxford 1970 (JONES) Joseph Kehrein, Fremdwörterbuch mit etymologischen Erklärungen und zahlreichen Belegen aus Deutschen Schriftstellern, Stuttgart 1876 (KEHREIN) Ortrud Keil, Die italienischen Lehn- und Fremdwörter im Deutschen, Diss. Innsbruck 1944 (KEIL) Karen Kinnemark, Studien zum Fremdwort in deutschen Zeitungen aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Sprach- und Bildungsgeschichte im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges, Licentiatavhandling Kopenhagen 1964 (KINNEMARK) Ruth Klappenbach und Wolfgang Steinitz (Hrsg.), Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache, Berlin 1961ff.(WDG) Friedrich Kluge, Deutsche Studentensprache, Straßburg 1895 (KLUGE, Studentensprache) —, Seemannssprache. Wortgeschichtliches Handbuch deutscher Schifferausdrücke älterer und neuerer Zeit, Halle 1911 (KLUGE, Seemannssprache) —, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berlin 201967 (bearbeitet von W. Mitzka) (KLUGE) —, (Hrsg.), Zeitschrift für deutsche Wortforschung Bde. I—XV, Straßburg 1901ff.(ZFDW) Otto Ladendorf, Historisches Schlagwörterbuch, Straßburg/Berlin 1906 (LADENDORF) Heidi Lehmann, Russisch-deutsche Lehnbeziehungen im Wortschatz offizieller Wirtschaftstexte der DDR (bis 1968) ( = Sprache der Gegenwart 21), Düsseldorf 1972 (LEHMANN) Matthias Lexer, Mittelhochdeutsches Wörterbuch, Leipzig 1872 ff. (LEXER) Daniel Malherbe, Das Fremdwort im Reformationszeitalter, Freiburg i/B. 1906 (MALHERBE) Paul Möller, Fremdwörter aus dem Lateinischen im späteren Mittelhochdeutschen und Mittelniederdeutschen, Gießen 1915 (MÖLLER) Wolfgang Müller, Leicht verwechselbare Wörter (= Duden Taschenbücher 17), Mannheim 1973 (MÜLLER) Solmu Nyström, Die deutsche Schulterminologie in der Periode 1300—1740, Helsinki 1915 (NYSTRÖM) Johanna Rütter, Das Fremdwort bei Fischart, Staatsexamensarbeit München 1963 (RÜTTER)

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Verzeichnis der zitierten Zweitquellen

Daniel Sanders, Wörterbuch der Deutschen Sprache, Leipzig 1863ff. (SANDERS DWB) —, Fremdwörterbuch, Leipzig 1871 (SANDERS 1871) Paul Scheid, Studien zum spanischen Sprachgut im Deutschen. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Wortforschung (= Deutsches Werden, Heft 4), Greifswald 1934 (SCHEID) Alfred Schirmer, Wörterbuch der deutschen Kaufmannssprache auf geschichtlichen Grundlagen, Straßburg 1911 (SCHIRMER, Kaufmannssprache) —, Der Wortschatz der Mathematik nach Alter und Herkunft untersucht (= Beiheft zur ZfdW 14), Straßburg 1912 (SCHIRMER, Mathematik) Fritz Schramm, Schlagworte der Alamode-Zeit, Straßburg 1913 (SCHRAMM) Wilhelm Seidler, Geschichte des Wortes Revolution. Ein Beitrag zur Revolutionsforschung, Diss. München 1955 (SEIDLER) Kaspar Stieler, Der Teutschen Sprache Stammbaum und Wortwachs / oder Teutscher Sprachschatz, Nürnberg 1691 (STIELER) Hugo Suolahti, Der französische Einfluß auf die deutsche Sprache im dreizehnten Jahrhundert, Helsinki 1929 (SUOLAHTI) A. Walde und J. B. Hoffmann, Lateinisches Etymologisches Wörterbuch, Heidelberg 81954 (WALDEHOFFMANN) Karl Weigand, Deutsches Wörterbuch, Gießen 51910 (hrsg. von Herman Hirt) (WEIGAND) Marj atta Wis, Ricerche sopra gli italianismi nella lingua tedesca. Dalla metà del secolo XIV alla fine del secolo XVI, Helsinki 1955 (WIS) Wulf Wülfing, Schlagworte des Jungen Deutschland in: Zeitschrift für deutsche Sprache 21 ff., Berlin 1965 ff. (WÜLFING)

Friedrich Maurer dem Weggenossen und Freund zum 5. Januar 1 9 7 2 verbunden mit der Widmung des 3. Bandes des Deutschen Fremdwörterbuchs

Q qua, lat. Adv. (Abi. von qui, quae, quod, Relativpron. .welcher') „auf der Seite wo, in wie weit, in wie fern, auf welche Art" im Dtsch. vom 17.—19. Jahrh. gelegentlich verwendet, heut veraltet, z. B. Paul Gerhardt die Calvinisten qua tales nickt für Christen halten (Friedell, Kulturgesch. II 16), Goethe 1790 Br. (IX 285). Gebucht bei Campe 1801 (leicht geändert Dieses lat. Fürwort wird als ein Nebenwert für als oder insofern gebraucht. Qua Fürst, d. i. als Fürst, oder insofern er Fürst ist. Bei a1813)

Heyse 1804 usw. Bei Sanders 1871, bei Kehrein 1876 (mit Belegen aus dem schönen Schrifttum). Belege a. Goethe vgl. Fischer, GoetheWortschatz 876.

Quader M., auch F. „behauener Bruchstein, Kunststein, Werkstück" entlehnt aus lat. quadrus (lapis) „viereckig", das als Fachwort der Baukunst, bei Vitruv als quadra (w.) „Viereck, Grundstein", daneben auch quadrum (s.), belegt ist. Frühestes Vorkommen — auch in Zuss. — im 11. Jahrh. auf oberdeutschem Boden (1), seit 15. Jahrh. häufiger, auch in Reisebeschreibungen und gern mit kennzeichnenden Beiwörtern (2), außerhalb der Fachsprache heute nur noch bildlich in gewählter Sprache (3), selten in übertragener Bed. „schwere Last, mühselige Arbeit" (4), oder derbsprachlich „Haufen" (5). Vgl. Sanders, Wb. 1863. Kehrein 1876. DWb. — Im Frz. entspricht carreau (11. Jahrh.), im Engl. Square (stone) (14. Jahrh.), ashlar (stone) (14. Jahrh.) Littrö. H.-D. NEDict. Belege: 1. mhd. quäder (m., s.) Mhd. Wb. I 2. Tucher 1464 — 75 Baum'buch 35 (u. ö.). Lexer. — Eiserhardt, Schachterm. 66. | Grünemberg 1486 (Deutsche Pilgerreisen 157). 1 Fremdwörterbuch

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Quadragesima

Dürer 1525 Unterweisung der Messung F 1». Bürster 1647 Schwed. Krieg 222. Schildknecht 1652 Harmonia I I 31 mit großen Quadern oder Feld-Steinen. Bürger: harte Quadern (dies schon bei Konrad von Würzburg). Goethe: die mächtig riesenhaften Quadern. Platen: gewaltigen Quadern. 3. z. B. Bülow 1916 D. Politik 292 . . . Arbeitskraft, Organisation und Methode sind die gewaltigen Quadern, auf denen der mächtige Bau, des deutschen Wirtschaftslebens ruht. 4. Schiller 1783 Fiesko (H. I I 70) hob ich den ungeheuren Q. [einen Aufstand zu machen] ohne Menschenhilfe gewälzt; vgl. noch (H. I I 109). 5. Belege aus den Fastnachtspielen im DWb. Gebucht in Glossaren 15./16. Jahrh. Diefenbach, Gloss. Quadrus, eyn quader. Dann erst wieder — eingehend u. mit etymolog. Bern. — bei Adelung 1777. 1808 Quader, noch häufiger aber der Quaderstein. Bei Campe 21813 Quader und Quaderstein. Wenn man diese Wörter nicht für eingebürgert halten will (wie man es doch ohne Zweifel kann)-, so kann man Werkstück dafür gebrauchen. Bei Heyse 1804, Petri 21812. Bei Sanders, Wb. 1863, Kehrein 1876. Wichtigere Zuss.: Q u a d e r m a u e r Muffel 1452 Beschr. Roms 39. — Q u a d e r s a n d s t e i n , von dem Geologen Abraham Gottlob Werner geprägtes Fachwort, vgl. DWb. — Oken I 677. Leonhard 1824 Felsarten I I I 648ff. Cotta 1842 Geognosie 202. Hochstetter-Bisching 1898 MG. 191. — Q u a d e r s c h r i f t Reichensperger 1853 Verm. Sehr. 131. — Q u a d e r s o c k e l Hammerstein 1916 Februar 25. •— Q u a d e r s t e i n schon im Mhd.: Lexer. Mones Anzeiger 8 (1839) 441. Tucher 1464 — 75 Baum'buch 83. Vorluther. Bibel: Arnos 5,11 (Kurrelmeyer X 48) von dem vier geordenten stein. Z bietet quater steynn. Luther: von Werckstücken gebawet. Rivius 1548 Vitruv. 38 b (u. ö.). Golius 1579 Onomasticon 35. Ernstinger 1579—1610 Raisbuch 172. Ammann-Sachs 1586 Ständebuch 85. F. Platter

1612 (Ausg. Boos) 225. Duez 1652 Nomencl. 79. Böckler 1672 Man. arch. mil. I 6. Goldmann 1696 Anw. Civil Bau-Kunst 59 Die Werckstücke nennet Vitruvius Saxa quadrata, dahero der halb Lateinische Nähme Quaderstein aufflammen ist. Uffenbach 1728 Tagebuch 40. Birckner 1794 Baukunst 10 Q.-e oder Werckstücke — 11 Q.-e, auch Bruchsteine. Triest 1827 Baukosten VIII 49. Hoffmann v. Fallersleben 1841 Unpolit. Lieder I I 123. Robicsek 1932 Sprache 54 unsere konventionellen Sprach- u. Schriftzeichen unverrückbar feststehende Q.-e, aus denen sich . . . dieses . . . Gedankengebäude produzieren läßt. Gebucht bei Maaler 1561 Quaderstein. Ein vierschröttiger stein. Bei Stieler 1691. Bei Adelung 1777. 1808. Bei Campe a1813. Bei Heyse 1804 Quaderstein oder Quadratstein .. ebenso bei Petri 21812. Q u a d e r s t ü c k Ernstinger 1579—1610 Raisbuch 33 (u. ö.). Helber 1593 Syllabierbüchlein 11. Paumgartner 1594 Briefw. 221. Walterssweyl 1608 Beschr. e. Reiss in Palaestina a. d. J . 1587 46 b . Grasser 1610 Schatzkammer [I] 95. Kepler 1616 Weinvisierbuch (Goetze, 29). 1685 Türk. Schaubühne 413. Sturm 1717 Mathesis 51 a . Angermann 1766 Civil-Bau-Kunst 150 Werck- oder Quader-Stücken. Goethe, Ital. R. 26. 4. 87. Bildliche Verwendung: Henrici 1727 Ged. 191. — Schönaich 1754 Ästhetik 106. Gebucht bei Wächtler 1709 Quader-Stück, ein viereckichter Stein, z. E. ein Saal mit QuaderStücken gepflastert. Bei Sperander 1727. Q u a d e r w e r k „festes Mauerwerk" vereinzelter hsl. Beleg a. 11. Jahrh. (ZfdA. 3, 444) in „Himmel u. Hölle" (Steinmeyer, Ahd. Spr.-D. 153, 9). f e l s q u a d e r n f e s t g e m ö r t e l t Liliencron 1903 Bunte Beute (X 151). G e d a n k e n q u a d e r n Dtsch. Rundschau 178 (1919) 17. G r u n d q u a d e r Hammerstein 1916 Februar 41.

Quadragesima F. = lat. quadragesima (dies) als Übers, des griech. TEtrcTccpocKovn*! (f)UÉpa) „der 40. Tag" (vor dem Karfreitag), der 1. Sonntag der „40tägigen Fastenzeit" vor Ostern; dazu mittellat. Quadragesimale N. „die 40tägige Fastenzeit", auch Quadragesimali asten. Belege seit mhd. Zt., z. B.: um 1300 Main. Naturlehre 18, seit den Glossaren des 15./16. Jahrh.: Melber 1481 Voc. Diefenbach, Gloss. — Vgl. volkslat. *quaresima, ital. quaresima, frz. carême (m.) (12. Jahrh.) „Fastenzeit"; REW. 6911. — Mittellat. carena, e. carette (1647) NEDict.; Lexer I 1523 karrîne. I 1557 kerrîne; Schmeller 21 1277 karen u. a.; vgl. noch quaderiênen „Ablass für 40 Tage" (Schweizer. Id. V 1295) man git eim jeden... fierzg tag, karenen, kwaderienen (Beleg bei Niclaus Manuel).

Quadrangel — Quadrant Vgl. velum quadragesimale vel templi — Fastentuch (Bock, liturg. Gewänder I I I 135). 1931 Enzyklika Quadragesimo anno; vielfach als Wellrundschreiben bezeichnet, z. B. Röpke 1946 Civitas 292 u. Reg. — Frankfurter

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Allgem. Ztg. 7. 3. 70. Vorbereitung der Sozialenzyklika Q. A., 1931 veröffentlicht, durch Oswald von Nell-Breuning. 1961 Natur-Ordnimg 334.

Quadrangel N . „Viereck"; w o h l i m engeren Sinn „Quadrat" = lat. quadrangulum. (s.) (aus lat. quadrua „viereckig" u n d angulus (m. „ E c k e ; W i n k e l " ) ; aber eigentlich übersetzt viereck d a s lat. quadrangulus (Adj.), s c h o n i m A h d . belegt. — V i e r e c k ist weiter Quadrangel, Vierort, Vierung u. a. gegenüber die jüngere F o r m , die sich seit 16. Jahrh. durchgesetzt hat. Vgl. D W b . X I I , 2 ; 2 8 2 f . — Schirmer, M a t h e m . 75. Frz. u. e. quadrangle (13. u. 14. Jahrh.). H . - D . Littrö. N E D i c t . Fachsprachliche Belege in eingedeutschter Form seit frühem 15. Jahrh.: um 1400 Geometria Culmensis 63 ein quadrangil. 15. Jahrh. da hies man .. . [Regensburg] die vieregket stat, wan ir erster grund wart auf ein quadrangel gelegt also daz ir mawr und mawrstein geviert was . . . (Germ. X I I 75). Vorluther. Bibel (Kurrelmeyer I I I 356) vierortigs, Z quadrangel. Luther 1203 vierecket. Rivius 1548 Vitruv. 23». Hock 1601 Blumenfeld 104. Spangenberg 1607 Ganskönig (62). Lorini 1607 Von Vestung Bauwen (Übers.) 12. Kürnberger 1874 Siegelringe 72 jenes sprich-

wörtlich gewordene Bollwerk, wie wir das Festungsviereck nannten (s. u. q u a d r i l a t e r a l ) . Gebucht bei Roth 1571 Quadrangel, Ein vierecket Instrument, das vier winckel hat. Bei Sperander 1727 Quadrangulus, ein Quadrangel, viereckigt Ding, so 4 Ecken in 4 gleiche Seiten hat. Bei Campe 1801. a 1813, bei Heyse 1804, bei Petri 21812 Quadrangulum. Vgl. Fischer, Schwab. Wb. IV 887 Q. kanzleisprachlich für die Aktennummer in viereckiger Einfassung auf dem Aktenumschlag; heut außer Gebrauch.

Quadrant M. eigtl. „Viertelkreis"; I n s t r u m e n t , u m Sternhöhen, E n t f e r n u n g e n z u messen, u n d daher i n fachwörtlicher V e r w e n d u n g bei Seefahrt, i m Artillerie- u n d B e f e s t i g u n g s w e s e n , F e l d m e s s e n u n d B a u k u n s t : „Winkelmesser". Quelle: lat. quadrans (m.), vielmehr A k k . Sing, quadrantem „Viertel" (in versch. B e d . ) . Quadrant ist daher eigtl. substantiv. Partizip. Praes. z u quadrare vgl. Q u a d r a t . D a s lat. W o r t wird i n d e n Glossaren des 15./16. Jahrh. vielfach v e r d e u t s c h t (Diefenbach) u n d ist fachsprachlich auch n o c h i m 17. Jahrh. i n dtsch. W e r k e n beibehalten, z. B . Faulhaber 1630 Ingenieurs-Schul 27. — Vgl. D W b . K l u g e , Seemannsspr. Schirmer, Mathem. 58. — Frz. cadran(t) (13. Jahrh. quadran), e. quadrant (um 1400). I i t t r ö . H . - D . N E D i c t . 1. Vereinzelt in mhd. Zeit bei Heinrich von Meißen Nr. 365 der quadran; in der Kolmarer Liederhs. (15. Jahrh.) 84, 50 die merde quadrante (u. ö.). — Robertus Anglicus 1477 Tractatus quadrantis (Abhdlgen G Math. I X 43). Überreiche Belege aus den genannten Anwendungsbereichen seit 16. Jahrh.: z. B.: Rivius 1548 Vitruv. 5215 (u. ö.). Lautensack 1564 Des Circkels vnderweisung 12 6 . Frischlin 1586 Nomenciator 119a AiÒTrrpa, Dioptra, Absehen, Quadrant. Speckle 1589 Architecture Vorr. 7®. Hulsius 1604 Traktat I (Titel). Zubler 1607 Bericht abzumessen [67]. Hainhofer 1610 Corr. 20 — 1612: 207. Lorini 1616 Fortification (Übers.) 49. Eysenkrämer [zuerst 1634] 1»

(1677) Constabel-Unterricht 45. Steiner 1682 Kriegs-Bau-Kunst 5. 1694 Euclides 6. Gröben 1774. 2. Zufrühst eingehend beschrieben: 1477 ain quadrant ist ain werk gezüg, der da hat ain Vierden tail ains zirckels (Schirmer). 1505 Insulen a 4 a , . . . vnd allein die instrument der höhe der hymelschen Sternen vns nach rechter regel die warheit zeugten vnd dz sind gewesst der Quadrant und Astrolabius (Kluge). Dürer 1525 Vnderweysung B 3 b einn rechten quadranten auff deutzsch ein firteil von eym zirckd. Schöner 1561 Sonnen vhren A 5 a . Bütner 1574 Dialéctica F 8 b . Faulhaber 1630 IngenieursSchul 27. Fleming 1660 Poemata 159.

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Quadrat

3. 1772 Frankf. gel. Anz. 41 Verbesserung in der Construktion von Godfreys (gemeiniglich Hadleys) Q.-en. Böhl 1778 Steuermannskunst 258 der englische oder Davisquadrant — 262 Hadleys Quadrant. Bobrik 1848 Handbuch der Seefahrtakunde I I , 1; 1413 Hadleys Quadrant. — Diese und andere genaueren Bezeichnungen nach dem Erfinder; Vgl. NEDict. — Ritter 1800 Beyträge I 88 u. Beinhold 1803 Gesch. Galv. I 158 Q.-en Elektrometer. M e e r q u a d r a n t Fischart 1575 Garg. 283 justiert wind richtet den mörquadrant. — S e e - o d e r R e d u c t i o n s q u a d r a n t Beleg a. 1748 (Kluge). — S p i e g e l q u a d r a n t 1801 Zeitung f ü r Naturforscher I 363. Verdeutschung mit Vierung durch Schwenter, mit Viertelkreis durch J . Chr. Sturm und Stenzel (Piur, Wolff 37f.), mit Vierteler durch Rüdiger, mit Stückrichter durch Stenzel (Campe 1801, a 1813). Weitere Bedeutungen: 4. Den Wert der kleinsten Münze deckt lat. quadrans, dtsch. Q u a d r a n t der vorluther. Bibel in der bekannten Bibelstelle Matth. 5,26 griech. TÖV ECTXtsch. Viertelj'schr. I 92 Die Schweizer sagen: „wo zwei Deutsche beisammen sitzen, ist einer zuviel", und wiederholen damit den französ. Vorwurf der quereUes allemandse. Raumer 1849 Br. Frankf—Paria I 60. I I 131 . . . der unglückliche Streit mit Österreich .. . Man spottet über diese neue Methode, eine größere Einheit herbeizuführen und über die bewundernswerthen Ergebnisse derselben; man nennt den ganzen Hergang une querette d'Allemandl 1857 Kompaß 121 „Une quereile allemande" — der „esprit" unserer Nachbarn jenseits des Rheins hat diesen Ausdruck erfunden, und die deutsche Presse erkennt das Treffende desselben dadurch an, daß sie ihn adoptiert hat. „Eine deutsche Frage" . . . Bismarck 1863 (bei Klemm I 4) Streit um des Kaisers Bart, quereile d'Allemand (II 189). Steub 1864 Wander. 242 Es wäre wohl eine Q. a. zu nennen, wenn man.. . über solche Ansichten streiten wollte. 1866 Grenzboten I I I 502 [wichtiger Beleg zur dtsch. Kleinstaaterei u. gegenseitigen Verspottung der süddtsch. Staaten]. Sayn-Wittgenstein 1870—87 Br. 84 . . . eine q. d'Allemand ist eine Querele, wo mna im Voraus weiß, daß man unrecht hat [Beleg um 1875], Reinhold 1884 Volkstum 15 . . . les querelies aUemandes beschäftigen alle Geister. Hornstein 1890 Mem. 227. Händcke 1906 Dtsch. Kultur im Zeitalter des 30jähr. Krieges 85. Claß 1912/35 Kaiserbuch 153 [die Weifenfrage sei lediglich eine] „querelle aUemande". Brachvogel 1915 Gauklerin 32 [Berechtigung der Redewendung scharf zurückgewiesen!]. — Deutsche Ztg. (Berlin) 31. 8. 1919. Schmitz 1926 Dämon 29. Deutschlands Erneuerung XVIII 716. Fleischmann 1928 Verfassungserbgut 8. Preuß. Jahrbücher 218 (1929) 388. 1932 Mil'Wochenbl. 1376. 1933 Dtsch. Wehr 642 die Zeiten der querelies aUemandes, des Dolchstoßes und des Defaitismus . . . [sind vorbei].

Späte Belege zeigen Wiederaufnahme des peinlich empfundenen Stichwortes, z. B. Frankfurter Allgem. Ztg. 15. 7. 1959 [Streit um den „preuß. Kunstbesitz"].. . QuereUes allemandes, wann werden wir sie los? Stuttgarter Ztg. 16. 5. 1962 ...Der große Bruder ...der „Q. o." überdrüssig . . . 10. 4. 1965 . . . eine typische „q. d'A." [sei] dieser Verwandtenzank zweier halbsouveräner Halbstaaten um ihre „Rechte". Bad. Ztg. 16. 4. 1971 das abschätzige Stichwort „Q.-s a. .. ." Gelegentlich wird die frz. Fügung zwar vermieden, doch aber deutlich gemacht, so Giehne 1864 Zustände 32 Dtsch. Händel, sagt ein frz. Sprichwort, und versteht darunter, was man in Deutschland einen Streit um des Kaisers Bart nennt, einen Streit um Nichts und wieder Nichts. Gebucht bei Sanders 1871 (mit Belegen). Der tiefgreifende literar.- u. geistesgeschichtliche Geltungsbereich der Querelle des Anciens et Modernes ist seit Perrault 1687 im Frz. u. im Dtsch. weithin erörtert u. abgegrenzt worden. Zu älterem dtsch. Beleg (Böttiger 1811 Ideen I 129. I 154) einige neue: Curtius 1930 frz. Kultur 12. König 1935 Wesen 31. Krauss 1949 Aufsätze 431ff. 1954 Festschrift auf Schweitzer 381. Bürger 1963 Dasein 108. 1965 Aspekte 10. 151. 164. Wagner 1965 Historiker 44. 165. Krauss u. Kortum 1966 Antike . . . (Titel). Pieper 1970 Überlieferung 45 ff. (u. ö.). Jüngster Beleg: Frankfurter Allgem. Ztg. 17. 3. 1970: Im „Zwei-Kulturen"-Dialog einer literarischen u. naturwissenschaftlichen Intelligenz [Buchtitel. Hrsg. Kreuzer. 1969] spielt erneut die Q. des Anciens et des Modernes ihre Rolle, wobei noch auf Schiller hingewiesen wird, freilich mit der beachtlichen Angabe, daß Begriff wie des Dichters Auffassung „der Vergangenheit angehören". Zum gesamten Bereich der „Querelle" vgl. Rehm 1930 Untergang 2. 75. 90. 115. 136.

Querulant M. „Nörgler; Besserwisser; ohne wirklichen Grund Beschwerdesüchtiger"; im bes. Sinn „Quengler" (neulat. Prägung u. eigtl. subst. Partizip. Praes.; vgl. lat. querulus — spätlat. querulosus — „sich beklagend, sich klagend beschwerend"; querel(l)a „Klage" (s. Q u e r e l e ) , querelosus „voller Klagen": zu queri „klagen, wehklagen; sich beklagen, sich beschweren") im Anfang des 18. Jahrh. belegt, wenn auch äußerst selten; erst seit II. Hälfte 19. Jahrh. häufiger, vor allem in Zeiten gesellschaftlicher und politischer Spannungen, daneben als Fachwort der Heilkunde; der Volkssprache u. den Mundarten fremd; in volksetymologischer Deutung mit q u e r verbunden.

Querulant Belege: Callenbach 1714 G 117 wer will jedermann recht thun, es giebt muthwillige Querulanten. — Herder 1799 Vernunft (XXI 294) ...wo die Abstraktion . . . die Sprache der Q.-en also nicht einmal verstünde. —z. B. Bücher 1855 Parlamentarismus 233 „Q.-en und Übelgesinnte". Hackländer 1866 Künstlerroman (IV 346). Fontane 1870 Briefe I 190. Gen6e 1891 Bismarckiade 9. Jolly 1893 Irrtum 27 Schmähschriften dieses geisteskranken Q.-en. O. Henne am Rhyn 1897 Kulturgesch. VII 227 . . . ein förmlicher Sport..., diejenigen Personen, weiche ihr Recht suchen, ohne beim ersten vergeblichen Versuche davon abzustehen, auf das Gutachten von Ärzten, die von der Seelenheilkunde keine blasse Ahnung haben, als sog. Querulanten wahnsinnig zu erklären und in Irrenanstalten zu sperren. Die Klagen hierüber begannen um 1890. . . . Bahr 1909 Reise 22 — 1914 (Titel seiner Komödie; 1970 im Fernsehen vorgeführt). Schlegel 1922 Kulturgrotesken 108. Dombrowski 1925 System IV 200 politischer Q. Bumke 1929 Grenzen der geistigen Gesundheit 12 Die Q.-en sind zum Kampf gestimmt und zum Kämpfen gerüstet: selbstbewußt, aktiv, halsstarrig, fanatisch ..., zugleich, verwundbar . . . Radbruch 1929 Einf. Rechtswiss. 35 . . . zum Q.-en geworden. Voss. Ztg. 14. 11. 1930 . . . einen Q.-en .. ., dessen seltsame Lebensgewohnheiten allgemein und sonderbar empfunden wurden. 1934 Volk u. Reich 350. (usw.). Münchner Stadtanzeiger 17. 11. 1950 eine typische Q.-in . . ., also zu jenen schrecklichen Menschen zu zählen, die zu allem und jedem prinzipiell in Opposition stehen und die immer wieder ihr kleines „Ich" ins Unrecht versetzt fühlen, und deshalb um ihr vermeintliches Recht kämpfen müssen. Metzger 1951 Kriminologie 187. Süddtsch. Ztg. 6. 9. 1952 . . . Q.-en uberschwemmen den für Verfassungsbeschwerden zuständigen... Senat, ebda 4. 8. 1955. Lange-Eichbaum 1956 Genie 223 paranoischer Q. Bauer 1957 Verbrechen 66 [vom kriminalistischen Standpunkt aus]. Süddtsch. Ztg. 20. 10. 1960. . . . sprach von parteilosen Gruppen als von Sammelbecken ewig Unzufriedener und Q.-en. 1961 Festschrift auf Noack 188 . . . ein verärgerter und hetzerischer Q., der sich in vordergründiger Tagespolitik erschöpfte. Kapeller 1964 Schimpfbuch. Stuttgarter Nachrichten 12. 12. 1964 . . . weder Ehrgeizlinge noch Q.-en, weder Sektierer noch Besserwisser . . . Stuttgarter Ztg. 2. 8. 1967 . .. lästige Bittsteller und Q.-en. 8. 4. 1969. Frankfurter Allgem. Ztg. 9. 3. 1970 [wichtige

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Bemerkungen!]. Welt am Sonntag 27. 12. 1970 Notorischer Nörgler und hysterischer Q. Gebucht bei Campe 1801 u. 21813 Querulant, einer, der . . . [ohne erhebliche Ursache] zu Hagen oder sich zu beschweren pflegt, ein Klagelustiger, ein Klagebold, .. . ein ewiger Kläger — ein Klägeler. Bei Heyse 1804. Bei Sanders 1871. Bei Kehrein 1876 (mit Beleg a. Herder). Wichtige Zuss.: Q u e r u l a n t e n t u m Süddtsch. Ztg. 21. 5. 1955 . . . in einer neuen Behutsamkeit ihres [der dtsch. Politiker] Wirkens, einem neuen, von Querulantentum und Furor Teutonicus gleichweit entfernten Realismus ihrer Politik 9. 2. 1959. 1961 Festschrift auf Noack 433 Bismarck pflanzte .. . keine Politiker, deren Selbständigkeit er geneigt war, als Q. aufzufassen. Haffner 1965 Todsünden 127 . . . was vor 50 Jähren noch heroisch war, hat heute einen traurig-vulgären Zug von Hochstapelei und Q. — Offenburger Tagebl. 7. 8. 1971 . . . linker Krakeel, Rechthaberei, Q. und Polemik [unter linksgerichteten radikalen Studenten]. Q u e r u l a n t e n w a h n Derblich 1895 Militärarzt I I 39.— Münsterberg 1914 Psychotechnik 312. Stekel 1924 Grund der Seele 40. Raecke 1926 Q. (Titel). Vgl. Volkmann 1947 Medizin. Term. Offenburger Tagebl. 1. 3. 1970 . . . weder eine schizophrene Psychose noch ein Q.- . . .; daß aber .. . eine . .. verminderte Zurechnungsfähigkeit zuzubilligen sei. — Q u e r u l a n t e n w a h n s i n n : Henne am Rhyn 1897 Kulturgesch. VII 229 ein Gutachten [um 1890] . . . lautete auf „beginnenden Q." (bisher ganz unbekannt in der medizinischen Welt . ..). q u e r u l a n t i s c h Haffner 1965 Todsünden 120 q.-es Bestehen auf ausgeklügelten Fiktionen. Q u e r u l a n z Hartmann 1891 Pessimismus 187 Keine Form des Egoismus ist widerlicher, als die Petulanz und Q. solcher Klageweiber beiderlei Geschlechts, welche jeden Umstand des eigenen Lebens als ein besonderes Unglück bejammern, den sie bei anderen Leuten gar nicht erwähnenswerth finden. — Stuttgarter Ztg. 1. 2. 1965 psychopathische progressive Q. q u e r u l a t o r i s c h Adj. Bumke 1929 Grenzen der geistigen Gesundheit 12 die q.-e [Wahnbildung]. Stuttgarter Ztg. 28. 3. 1968 q.-er Psychopath. 6. 11. 1969 [Abwehr des A u s drucks] „q.-e Ministerialbürokraten." q u e r u l i e r e n Ztw. „dringlich vorstellig werden; bedrängen; in einem fort Beschwerde führen; quengeln" (zu lat. querelari .klagen') seit 17. Jahrh. belegt, mit dem 18. Jahrh. zurückgetreten, heute unüblich geworden. Belege: z. B. Wedel um 1600 Hausbuch 133. 472 . . . wie sehr das gantze land über das

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Question

hoff-gericht .. . queruliert, [so hat doch] niemand» sich funden, der etwas sonderliche [vor]gebracht hätte. 1618 Acta Publica Schles. (Palm) 73. um 1638 Teutscher Michel 208. Mengering 1642 Quartiermeister 1. Mitternacht 1667 Politica K l a das q. und lamentiren der Gerechtigkeit. Thomasius 1701 Kl. Sehr. 90. Edelmann 1752 Selbstbiographie 96. Kortum 1799 Jobsiade 110. 185. Goethe 1816—32 Sehr. z. Kunst (W. LI, 2; 18). — Prölß 1891 Modelle 11. Gebucht bei Wächtler 1709 Queruliren, sich beklagen, und beschwehren, lamentiren, z. E. die Leute queruliren erschrecklich; so auch bei Sperander 1727. Bei Campe 1801 u. 21813 Queruliren, viel und ohne erhebliche Ursache klagen oder Beschwerde führen. Man könnte klägeln dafür bilden. Bei Heyse 1804 u. bei Petri 21812 gern Idagen. usw. An das frz. querdle (s. o. Q u e r e l e ) und die älteren Ableitungen frz. quereller „streiten, zanken", querelleur „zänkisch; Zänker" und querelleux gl. Bed. sind anzufügen die Fremdwörter querellieren; Querelleur (z. B. fachwört-

lich für den störrischen Hengst (Trichter 1742 Ritterlex. 1857), gelegentlich für den „Stänker" (Knigge 1789 Umgang I I 75); hierher auch eindeutschend, wenn nicht unmittelbar zu Q u e r e l e gebildet, Q u e r e l e r (Freytag 1855 Soll u. Haben I 131 als ewiger Kläger und Quereler eine den Gerichten wohlbekannte Person) u. endlich querelleux). Sie sind im Schrifttum selten bezeugt, in den Fachwörterbüchern des 18. Jahrh. nachgewiesen u. noch bis ins 19. Jahrh. gebucht bei Wächtler 1709 Querelliren [mit frz. Ausspr.] hadern, zancken, balgen . . .; bei Sperander 1727 . . . Gelegenheit zur Uneinigkeit und Händeln oder Balgereyen suchen. Bei Campe 1801 u. 21813 . . . zanken. Bei Heyse 1804. Bei Petri 21812 . . . zwisten. — Bei Sanders 1871; bei Kehrein 1876. — Bei Wächtler 1709 Querelleux [ebenfalls mit frz. Ausspr.] zancksücMig, z. E. er hat ein querelleuses Gemüthe, ebenso bei Sperander 1727. Diese Fremdwörter aus dem Französ. werden wichtig für die Wortgeschichte von q u e r u l i e r e n u. Q u e r u l a n t , die sie z. T. begleiten oder der sie vorangehen.

Question F. „Frage; entscheidende Angelegenheit" = frz. question (w.) „Frage, Streitfrage" (seit 12. Jahrh.; H.-D.; Littrö; s. Quaestion) und in festen Fügungen mit dem Wert des Schlagwortes im 19. Jahrh. belegt. Die Verdeutschung durch Frage schon früh und häufig, auch im Schlag- oder Treffwort, ist heute allgemein durchgedrungen. Vgl. Ladendorf, Schlagwb. 291 Soziale Frage, 37 Brennende Frage. Engl, question seit Ende 14. Jahrh. (NEDict.). Belege: z. B.: question d'Orient „orientalische Frage"; auch übertragen „etwas bes. Wichtiges, Entscheidendes", question sociale, question palpitante: Kredel, frz. Schlagworte 158f. — Question d'argent 1930 Handbuch der Frankreichkunde I I 342. — „Question chinoise" Nordau 1881 Paris I I 165. — Vgl. Montgomery 1906 Political phrases 285. — Question de fait Metternich 1852 [in: 1934 Festschrift auf Nabholz 257]. — Question d'Orient Bucher 1855 Parlamentarismus 259. 1887 Grenzboten IV 49 [von Gentz aufgebracht]. — „Neufchatel question" Fontane 1857 Br. II, 1; 162 Neuenburger Frage, „Neufchatel question", wie ich zu schreiben gewohnt bin [in Brief aus London!]. Dem frz. en question „in Rede stehend" (zu lat. in quaestione gebildet), être en question „in Frage stehen" entsprechen im deutschen Schrifttum — früher Beleg Mutius 1813 Br. 223 lettre en question — die Buchungen Campes 1801 u. 21813 Quaestionis oder en question, auch quaestionirt, z. B. der Mann quaestionis, oder der Mann en question, oder der quaestio-

nirte Mann, . .. mit Verdeutschungsvorschlägen: unser Mann, im vorliegenden Falle, fraglich; in Rede stehend u. mit Einzelnachweisen der Belege aus dem Schrifttum (Wieland. Bertuch. Engel). Ähnlich bei Heyse 1804; knapp bei Petri »1817. Bei Sanders 1871. Aus frz. questionner „mit Fragen bestürmen"; „durch Fragen lästig werden" wurde im 18. Jahrh., in der Schreibung an quaestio angelehnt, quaestionieren gl. Bed. übernommen, das aber nur selten belegt ist, z. B. steigernd bei Goethe wenn mich nun die Leute zu packen kriegen, und fragen und q. und nicht begreifen können (DWb.). Laukhard 1794 Feldzug I I I 92 . .. quästionirenden Parthey. Prokesch von Osten 1833 Tagebücher 193, dazu häufiger in allgem., erleichterter Bed. und in adjektiv. Geltung (auch kanzleisprachlich) quaestioniert „in Rede stehend, fraglich" Belege a. Goethe 1779. 1781 Br. bei Fischer, Goethewortschatz 876. Bretzner 1787 Leben I 261. I I 175. Heynatz 1796 Antibarbarus I 207. — Ranke 1865 Briefwerk 471 . . . der mich über . .. Bismarck questionierte . ..

Queue1 Gebucht bei Sperander 1727 Queationniren, streiten, zancken. — Bei Campe 1801 u. 21813 Quaestioniren, einem, viele und mancherlei Fragen vorlegen, ihm mit Fragen zusetzen, ihn damit bestürmen. Quaestionirt wird auch eben so, wie en question oder quaestionis gebraucht; z. B. der quästionirte Anspruch .. . der fragliche Anspruch. Eingehender bei Heyse 1804; knapp bei Petri s 1817. usw. Der engl. Parlamentsruf The question! [„Zur Sache!"]: Moritz 1783 Reisen England 35. Questionnaire (m.) „Fragebuch" in der neueren, bes. romanischen und übergreifend

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in der alemannischen jüngeren Sprach-, Mundart* u. Volkskundeforschung üblich; eigtl. älterer frz. Ausdruck des Rechts u. der Naturwissenschaften „Befragung"; dann jünger im Bereich der Schule (Littré; H.-D.). Schmitz 1876 Encycl. (Reg.). Punk 1880 Das Q. über ein Österreich. Cheque-Oesetz (Titel). In jüngster Zeit umstrittenes literar. Titelwort „Fragebogen" gegenüber engl. Questionary in Salomons Erlebnisbuch 1951 (vgl. Süddtsch. Ztg. 26. 8.1955). — Engl. Questionary in der Bed. des „Fragebuchs" zur Ethnographie u. Soziologie 1887 belegt (NEDict.).

Queue1 F. „Ende, schließende Abteilung" (1) in der älteren Heeresfachsprache als Gegenwort zu T ê t e (s. d.) im 17. Jahrh. ; „lange Reihe; einer hinter dem andern" (2) im frühen 19. Jahrh.; „Haarzopf der Männertracht" (3); übernommen aus frz. queue (w.) „Schwanz, Schweif; Ende" (mit zahlreichen Nebenbedeutungen), das auf lat. cauda, coda gl. Bed. (vgl. REW. Nr. 1774) zurückgeht. Auch engl, queue in versch. Bed. ; Bed. (2) a. 1837 (NEDict.). In jüngerer Zeit durch Ersatzwörter verdrängt. Belege: 1. Wallhausen 1616 Kriegsmanual: Glossar. — Vgl. Fäsch 1735 Kriegs-Lexikon Q. wird von den Frantzosen verschiedentlich gebrauchet, als Q. d'un Bataillon, heisset das hinterste Theil eines Bataillons . . . Q. d'un Camp . . . Q. de la Tranchée, heisset die erste Parallel-Linie mit deren Anfangs gemachten Communications-Linie (Q. de la Tr. schon bei Fäsch 1726). Sturm 1737 wahre Vauban 157 à la q. (an dem Schwanz oder Ende der Trenchée). — Eggers 1757 Rriegs-Lex. Q., heißt im Kriegswesen, das Ende, der Schluß, eines Regiments, Bataillons, Zuges etc. welches der tête oder Spitze entgegen gesetzet ist. . . . — Hohenlohe-Ingelfingen 1864—70 Leben I I I 229. Hauptquartier 31. 1. 1871 die Q. der französischen Armee. Bloem 1910 Sommerlt. 83 der vorschriftsmäßig an der Q. ritt. Werfel 1920 Mörder 184 . . . bin an der Queu [!] marschiert, .. . habe den Troß erlebt . . . bin [als einfacher Leutnant] in Katastrophen gestanden1 Queue u. Tête einer Kolonne wurden 1900 in der „Felddienstordnung" ersetzt durch Ende u. Anfang. Gelegentlich in der Bed. „Begleitung" eines Fürsten z. B.: Kacziany 1891 ö.-u. Montur (Übers.) 61. 2. Die überreichen Zeugnisse weisen eindeutig auf literarische Vermittlung des frz. queue auch in Redensarten wie aller queue à queue (comme les loups) „hinter einander, im 6 Fremdwörterbuch

Gänsemarsch gehen" und faire queue ,,(,einer hinter dem andern') anstehen"; .Schlange' bilden, stehen" (vornehmlich vor den Theatern von Paris, und so auf Jahrzehnte hinaus belegt; in erweiterter Anwendung und übertragen vereinzelt schon seit 1850). Voran geht Campe 1803 Reisebeschr. V 339 . . . [vor den Pariser Theatern] ein Oedränge von Herren und Damen .. ., welche sich schweifmäßig (ä la queue) ordnen mußten, um nach und nach hineinzukommen [mit langatmiger Anm. zu diesem sogen. Schweifstehen]. Belege z. B.: Rehfues 1813 Spanien 1101 Anblick einer langen Reihe von Bettlern, . . . welche, einer hinter dem andern, en queue, vor einer Klosterthüre standen und ihr Almosen empfingen. — Zelter 1821 Briefw. G.-Z. (III 198) [in Berlin] Sänger, Geiger, Pfeifer . . . formiren sich aufs natürlichste zu einer Q., wie Lämmer geduldig, mit Noten, Geigen, Flöten . . . unterm Arm . . . Goethe ebda 1831 (VI 282) [befriedigten Forderungen] drängen sich neue ä la queue. hinten nach, wie an einem Bäckerladen. Heine 1833 Frz. Zust. (V 17) ein friedlebiger Mann, der ruhig Q. macht — (V 104) [Leichenwagen] die vor dem engen Kirchhofsthore gleichsam Q. machten — (V 148) Q. machen . .. wie vor der großen Oper. Bechstein 1836 Reisetage I I 54 die Q. zur italienischen Oper. Heine 1840 Börne (VII71). Gutzkow 1842 Br. a. Paris I 63. I I 7. Kohl 1844 brit. Inseln 138 [für London; in eigtl. u. übertragener Bed.]. Hackländer 1847 (VI 96)

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Queue2

wurde von dem dienenden Personal . . . förmlich Q. gemacht. Szarvady 1852 Paris 117. Heine 1854 Lutezia (VI 221) vor den Bureaux de recrutements macht man heute Q. wie vor den Theatern, wenn ein gutes Stück gegeben wird. Niendorf 1854 Paris 14 lange Q. 1855 Prutz' Museum 1668 dass in einigen Wochen ganz Europa an den Barribren von Paris „Q." machen werde [um Wohnungen zu bekommen]. Rasch 1865 Häuser 37 vor dem Theater Q. machten, um ein Bittet zu erhallen. Nordau 1881 Paris unter d. 3. Rep. 236 (u. ö.). 1882 Monatsschr. (Nathusius) I 351. Rose 1884 Revanche 17. Hornstein 1890 Mem. 171. Schmidt 1892 Offizierthum 67 [Klage über den Expressionismus in der Malerei] Vor solchen Bildern macht das Publikum Q. Seefeld 1895 Reisestudien 75 mit der den Parisern . .. eignen erstaunlichen Ausdauer . .. [vor den Konzerthäusern] „queue" machen. Fontane 1898 Zwanzig 160 [70. Geb'tag des Sprachforschers Max Müller in Oxford 1893] . . . drängten sich die Olückwünschenden heran. Es versieht sich, daß ich mit in der Q. war. Thäter 1911 Feldzugserinn. 214 [1871 in Paris] wie die armen Leute . .. Q. bildeten, um Brot zu erhalten. Heer 1923 Tobias Heider 36 stehen wir . . . vor dem Brunnen Q., um uns die Lippen netzen zu können. Moreck 1928 Liebe 295 [vor den Bordellen] Q. gebildet wie am Billetschalter. B. N. 24. 5. 1943 [Bericht aus Shanghai] . . . Q. vor dem Laden stehen. Korrodi 1952 Literatur 54 [vor dem Gebäude der Ac. Fr?, um Eintrittskarten].

Süddtsch. Ztg. 24. 3. 1953 [in London] . . . wie man geduldig wartet, bis man drankommt. „Queue here" — Stellen Sie sich hier an — ist die Parole des täglichen Lebens. . . . Röpke 1954 Lehre 50 Q.-system, .. . auch EUbogensystem oder das System des ScMangestehens. 3. Vgl. z. B. Quincke, Kostümkunde. — Das 17./18. Jahrh. kommen in Betracht. Gebucht bei Fäsch 1726, eingehender 1735 s. o. (1). Bei Trichter 1742 Queue . . . der an den Noten befindliche Strich . .. An Violinen und Bass-Geigen . . . dasjenige Stückgen Holtz unter dem Stege, woran die Saiten gebunden werden. Bei Campe 1801. 21813 Queue, der Schwanz oder Schweif. Bei Heyse 1804 Queue, der Schwanz oder Schweif (z. B. eines Thieres, der Musiknoten); das Saitenbrett (an Oeigen ...). Bei Petri 21812 Queue, Schwanz, Schweif. Die Fülle der Bed. aufgereiht seit Heyse 81838, der 81844 zuerst bringt bei öffentlichen Feierlichkeiten, Theatern etc. die Reihe der hintereinander aufgestellten sich zum Eingange oder Zuschauen drängenden Personen; Petri 101852 bietet ein Menschenknäuel; . .. eine gitterartige Vorrichtung an Eingängen von Theatern und Kaisen, zur Vermeidung des Menschenandrangs, so dass nur eine oder zwei Personen auf einmal dem Theater oder der Kasse sich nähern können, was Heyse 111853 gekürzt übernimmt. Noch einmal werden die versch. Bed. zus'gefaßt und mit literarischen Belegen versehen bei Sanders 1871; bei ihm nun endlich die nach der Reihenfolge des Kommens sich ordnende Aufstellung hinter einander. Bei Kehrein 1876 (die versch. Bed., gekürzt).

Queue2 N. „Billardstock" — frz. queue de billard gl. Bed. (s. Queue 1 ); urspr. „Stoßende des Billardstockes"; übernommen mit frz. Fachwörtern des gesellschaftlich gehobenen Billardspiels im 18. Jahrh., geläufiger erst im 19. Jahrh. Vgl. Littre. H.-D. — e. cue (seit 1749) NEDict.; das engl. Wort geht auf afrz. cue . .. zurück, vgl. REW. Nr. 1774. Letzte Quelle wiederum lat. cauda. Belege: (Sperander 1727 gibt unter Billard nur Stöcke). — Trichter 1742 Ritterlex. 170 [unter BiUard-Sipiel] . . . mit langen Stecken, so man theils Massen [frz. masse eigtl. das dicke Ende des Stoßstockes] theils Queues nennet . . . —• Heinse 1803 Anastasia I 9 (m.). 1804 Churpfalzbaier. Int'bl. 250 der Q. Pückler 1835 Semilasso I I I 168. Glasbrenner 1836 Bilder 1132 (bereits s.). 1852 Prutz' Museum I I 365. Fontane 1856 Briefe 168 Billardq. Springer 1868 Berlin 58. Gilly 1896 Fesseln 17. Fichard 1911 Lawn-Tennis 13. Großer 1926 Mann 6 Q. neben Billardstock.

Die Verdeutschung mit Spielstock (von German 1896 Billard-Studien geprägt) hat sich nicht durchgesetzt. Gebucht bei Campe 1801. 21813 Queue . .. Bei dem Kugelspiele (21813: Balltafelspiel) (Billard) wird der Stoßstock oder Stoßer so genannt. Bei Heyse 1804 . . . Billardstock . . . Bei Petri 21812 nur Stoßstock zum Balltafelspiele. Bei Heyse u 1853 . . . gewöhnlich das Queue. Bei Sanders 1871 (mit zahlreichen Belegen). Bei Kehrein 1876.

Quidam — Quidproquo

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Quidam M. = lat. quidam „ein gewisser" (bereits mit d e m Nebensinn des nicht Bekannten oder nicht näher zu Bestimmenden), mittellat. quidam „ein Berühmter"; „irgend einer"; in deutschen Zeugnissen, die sich mit Vorliebe auf literarische Kritik beziehen, gern m i t der Bed. des „Unbekannten, Unbedeutenden", die sich zu verächtlichem Nebensinn steigern kann, seit Mitte des 18. Jahrh. Vgl. frz. quidam, quidane (m., w.) schon seit 14. Jahrh. (Littre. H . - D . Gamillscheg) und engl. Sing. quidam (m.), quaedam (w.), Plur. entsprechend quidams u. quaedams i m 16. u. 17. Jahrh. — wenn auch selten (NEDict.). Vgl. lat omnis (II 250), dtsch. man. Belege: ganz vereinzelt im 17. Jahrh.: Henel 1672 Einmischung in mancherley Händel D 3 a Istae literae ä quibus scriptae (dat is maer Quidams angeven). 1755 Ragout 31. 1774 Almanach der dtsch. Musen 72 Q. [Überschrift eines Gedichts von Unzer]. Sturz 1779 Schriften 1189. Musäus 1781 Physiognom. Reisen 1146 ist dieser Name fingirt, bezeichnet einen Q. Goethe (Nachweise bei Sanders). 1784 Berlin. Mon'schrift I I I 574 ein Q., wie er sich selbst nennt. Haug 1805 Epigrammen 1182 Die Quidams sprechen immerfort in manchem Buch und Büchlein von ihrem Ich. Kotzebue XXVI 40. 1830 Thür. Volksfreund 77. Wurzbach 1863 Histor. Wörter 111. Peterssen 1870 Genrebilder 220. Schneider 1898 Paris I I 16. Schmidt, Persönlichkeit 12 (Rektor-Rede Berlin 1909) [Goethes] Hieb gegen die Quidam von keiner Schule [mit Bezug

auf Goethes Gedicht Die Originalen (W. I I 276)]. — Vgl. a. 1918 in ironischer Abwehr der Fremdwörterei (D. Spr. Ehrenkranz 3573) Man ist kein homo novus mehr, kein Q. unter nom de guerre. Gutzkow 1875 (46) Säkularbilder (VIII28) [modische Zeitungsaufsätze] . . . unterschrieben . . .: Ein Abonnent, ein Mann ohne Vorurtheile, ein Q., Utis, Nemo, Älethophilos . . . — Gebucht erst bei Campe 1801 u. a1813 Quidam. Dieses lat. Wort wird im Deutschen als ein Sachwort (21813: Grundwort) gebraucht, einen unbestimmten Menschen auf eine verächtliche Weise zu bezeichnen.... Als Verdeutschungen werden ein Jemand u. der erste der beste angeboten. Bei HeyBe 1804 u. Petri 21812 ein Gewisser Jemand. Bei Sanders 1871 . . . Jemand, den man nicht näher bezeichnen will oder mag (mit Belegen a. Goethe u. Wieland: Herr Q.). Bei Kehrein 1876.

Quiddität F. scholastischer Begriff für die Wesenheit eines Dinges; mittellat. quid(d)itas (DuCange), Bildung zu lat. quid (s.) ,etwas' z u m Pron. indef. quia .irgendeiner'. Vgl. frz. quidditö (14. Jahrh.). Littrö. H . - D . ; e. quiddity (1569) N E D i c t . — Lexis 2,1 (1949) 9 ein „was-sein". vgl. Schütz, Thomas-Lex. 675. Eisler 1929 Wb. philosoph. Begriffe I I 576. Belege: lat. Formen z. B.: Fischart 1572 Eulensp. (II 414). Boccalinus 1616 Probierstein (Übers.) 2. — Krüger 1765 Träume 497. — Dilthey 1883 Einltg. (I 7). Schack 1894 Erinn. 193. — 1960 Sinn u. Sein 23 (u. ö.). Deutsche Zeugnisse: Diderot 1774 (I Vorher. 13) (Übers.) . . . Entitäten und Quidditäten. Blumauer 1784—94 Vergils Äneis (1109). Herder 1799 Verstand I (XXI 121) [wortgleich mit Diderots Ausdruck; Hinweis auf die Scholastiker], — Neumersdorf um 1895 Zeit 158 Q.-sbegriffe.

Gebucht bei Sperander 1727 Quiddität, das Wesen und Natur eines Dinges. Bei Campe 1801 Quidditas, ein barbarisches Kunstwort der alten Schulphilosophie. Man müßte, wenn jemand neugierig wäre, ein Deutsches Wort dafür zu hören, die Washeit dafür sagen...; leicht geändert "1813. Bei Petri »1834, bei Heyse 8 1838, die Washeit übernehmen und neben Seyn u. Wesenheit auch in alle folgenden Auflagen führen; bei Sanders 1871, bei Kehrein 1876.

Quidproquo N . „eins fürs andere"; dann „Vertauschung, Verwechslung, Mißverständnis"; auch „Ersatz" = lat. quid pro quo eigtl. „(irgend) etwas für (irgend) etwas" (N. z u m lat. Pron. indef. m . quis .(irgend) einer'); eine urspr. scholastische Fügung quid pro quo, bei uns seit frühem 16. Jahrh., gern i n Verbindung m i t d e m 9»

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Quidproquo

Ztw. nehmen, belegt in der Umwelt der Heilkunde und Heilmittelbereitung und dort offenbar kennzeichnendes Stichwort bis zum 18. Jahrh. (1). Übertragen vom 17. Jahrh. an u. (modewörtlich!) bis heute vielfach verwendet (2). Daneben gleichbed., doch stärker „Mißverständnis" Q u i p r o q u o N. (3) nach lat. qui pro quo „(irgend) einer für den andern" (Pron. indef. (m.)), erst von der Mitte des 18. Jahrh. an bezeugt. — Engl. Quid pro quo (seit Mitte 16. Jahrh.) NEDict., frz. zunächst qui pro quo (m.) (17. Jahrh.), später zus'geschrieben. Littrö. H.-D. Gamillscheg. Belege: 1. Schylhans 1517 Wundarzneikunst Nit quid pro quo, nit weissz für schwartz Darreychen soll ein weisser Artz, Sonder erfaren sein der ding, Will anders er das ym geling [Spruch über Kosmas u. Damian, den Patronen der Ärzte u. Apotheker; Holzschnitt; a. Peters, Arzt 8); vgl. Begardi 1539 Index Sanitatis 3®. 35». — Volkslied 1544 (Liliencron IV 242). 1549 Würzburger Apotheker-Ordnung (Scharold 1825 Medizinalwesen 1114). Fischart 1572 Eulensp. (II 95) [eine vermeintliche purgatz zum Schwitzen] aber es war da quid pro quo Für Senetbletter Haberstro. 1575 Nürnberger Apothekerordnung [Forderung auf frische und immer vorrätige Arzneimittel, daß nicht] quid pro quo hinaus gegeben und verkauft werde. Tabernaemontanus 1588 Kräuterbuch 1 2 b . . . gute achtung auff das Intent der [arabischen medizinischen] Authoren haben, damit sie nicht yren, vnd Quid pro Quo verstehen. Frischlin 1591 Christoffel (182) [ein betrügerischer Apotheker verstand] das Geti, pressen auss den Leuten. Indem er gab, quid pro quo, Alten Meussdreck für pfeffer do [Das volkstümliche Bild der „Mäuskegel" — nicht das einzige dieser Zeit; vgl. Fischer, Schwab. Wh. IV 1562 — gibt auch unserm Stichwort weiteste Verbreitung in allen Schichten]. Sommer 1608 Ethographia I K l " beschuldiget die Apotecker, dass sie nicht aUein quid pro quo geben, sondern alles, was in Menschlichen Leib kommen sol, verketzern. Mengering 1642 Gewissensrüge 1518 in die verschriebene Recept nicht alle ingredientien ..., sondern . . . quid pro quo .. . nehmen . . . Weise 1673 Erznarren 92 [von den Quacksalbern] Vnd wer von der Politischen Quacksalberey reden solle, da man o f f t quid pro quo nehmen müste, der würde vielleicht grössern Betrug antreffen [auch zu Bed. 2]. Woyt 1709 782. Stoppe 1728 Ged. 1155 [ironische Beziehung auf ein Heilmittel]. 2. Mengering 1642 Gewissensrüge 1120 Ob sie . . . düchtige . .. Praeceptores zur Schulinstitution und Jugendlehr . .. gebraucht, oder vielmehr quid pro quo genommen und auffgerafft, was jhnen vorkommen — 1526 Hümpler und Stümpler . . . nehmen [beim Satz] quid pro

quo, und schawen aus Unverstand vberhin, dass o f f t die Gorrectur hernach eben lang ist, wenn ein opus publiciret worden. Pickelhäring 1685 Kleideraffe 228 [vom Heiraten] . . . ungesehenes Dinges kauffen, und offtermals quid pro quo nehmen. Thomaaius um 1700 (Preuss. Jahrbücher 114 (1903) 450). 1704 Auserlesene Anm. I 307 — 1705: I I 105. Sulzer 1745 Kurzer Begriff aller Wissenschaften 37 [jeden Begriff mit dem rechten Ausdruck zu benennen] lehrt die Wörterkunst, und ohne diese würde man gar leicht quid pro quo nehmen, une man im Sprüchwort sagt. Winckelmann 1750 briefl. (Jahrbuch Sammlung Kippenberg I 33) . . .[Bitte um Geldzuwendung...] Ich nehme quid pro quo... Zahlreiche Belege a. Lessing bei Ophausen, Lessing-Wb. Schubart 1774 Deutsche Chronik 464 ein Quid pro quo herunterkratzen. Hermes 1778 Reise I 625 Wer saumselig war, oder gar zu augenscheinlich quid pro quo in seinen Schubkarn warf. Leisewitz 1779 Tagebücher I 26 . . . ein lächerliches quid pro quo ..., das mich aber bald aus aller Contenance gebracht hätte — 1780: I I 39. 1784 Leben d. Eulenspiegels 1138. Laukhard 1797 Leben IV, 2; 308 einen historisch-deutlichen Begriff von den Dogmen zu bilden, damit ich nicht quid pro quo machen mögte. Schütze 1800 Handwb. f. Schauspieler 144 Quid pro quo, l'un pour Vautre, ein X für ein U machen, Nonsens sprechen. . . Hauff 1826 Mem. d. Satans I I 179. Schmeller 1828 Bayer. Wb. I I 403 ( = 2 I 1395) [zum Artikel Quintlein] (Nach einem . . . Quid pro quo heisst quintein an einigen Orten der Schweiz: die Viertelstunden schlagen) [in der Bed. „Mißverständnis"]. 1829 Jahrbücher d. Gesch. 1250 — 1830: 1493. Lang 1833 Reise X I 59. 1842 Dtsch. Chronik I I 31 [Titel einer Novelle]. 1852 Prutz' Museum 1136. Haym 1859 (Ges. Aufs.) 62 Durch das wunderlichste Quidproquo verwandelte sie sich mittelst der naiven Phantasie des Dichters in seine Laura. Schneider 1898 Paris I I 23. Bamberger 1899 Erinn. 268. Gebele 1901 Ausbildung 112 [Beleg für Bayern a. 1807, als Pfarrherren zu Schulinspektoren erhoben

quieszieren wurden] . . . schreiben ein quid pro quo hin, um dadurch den Unerfahrenen Sand in die Augen zu streuen. Liliencron 1903 Bunte Beute (X 60) Wer wird sein Quidproquo zuerst entschleiern? Grenzboten 1911, 4; 194. VSozialgesch. 22 (1929) 376. Sombart 1930 Nationalökonomie 5 Man sollte diese ganze formalistisch eingestellte „Nationalökonomie" nehmen für das, was sie ist: ein Quid pro quo, ein Missverständnis. Frankfurter Allgem. Ztg. 14. 7. 1970 . . . Phase des Verhandeins, . . . wo die Grenzpunkte liegen ..., welche Art von Quidproquo, welche Gegenleistungen für welche Leistungen in Frage kommen . . . 3. Elis. Charlotte 1720 Br. V26 Ein abteckerknecht . . . halt ein quiproquo gethan undt ahnstatt sel vegetal arseniq genohmen. 1762 Gleim-Ramler Briefw. I 325 Gewohnheit, . . . die Nahmen zu verwechseln und über hurtz oder lang es zu bekennen, dass sie ein qui pro quo gemacht hätten. Weisse 1769 Beytrag (IV Nr. 1) Weibergeklatsche oder ein Q. Lustspiel (Titel). Bürger 1770 Gedichte (1114). 1772 Frankf. gel. Anz. 331 . . . führt die Natur ein zärtlich-empfindendes Frauenzimmer hundertmal zu solchem Quiproquo. Lavater 1775 Physiognom. Fragmente 121 Wie vid tausend Menschen beruhigen sich mit einem qui pro quo auf einem ganz beschränkten Gemeinplatze. Böttiger 1791 Literar. Zustände (1138). Götter 1795 Schauspiele 245. Goethe, Ged. (V, 1; 279) — 1795/96 Lehrjahre (XXI39. X X I I 176). Lenz 1797 Waldbruder 56. Heynatz 1797 Antibarbarus I I 616. Foote 1797 Kriegskommissär. (Übers.) (III 180) Was giebts hier? Madam in Thränen? — Ein kleines Quiproquo. —• Wie? Sie haben schönes Zeug gemacht [mich in eine schlimme Lage gebracht], Zelter 1822 briefl. an Goethe [Gesamtstelle unter S t a b e r l im DWb.; Briefwechsel G.-Z. I I I 221]. Waller 1822 Großpapa (Jahrb. D. Nachspiele I 290) Ihr Enkel . .. fand den Namen seiner Geliebten im Sande; es entstand ein qui pro quo und so kam unsre Liebe zum Vorschein. Pückler-Muskau 1834 Tutti I I 362 — I I I 120. Devrient

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1835 G 1205 das lustigste qui proquo, das ich noch erlebte. 1839 Badegäste 113. Dingelstedt 1839—43 Wanderbuch (V 133) ein fatales [„unangenehmes"] qui pro qua. Stahr 1857 Nach fünf Jahren I 71 (Engländer in Paris) so oft sie Französisch zu reden versuchen, (geben sie) die komischsten Quiproquos zum Besten. 1866 Gartenlaube 256 (in der Bed. „Scherzwort") — 1867: 222. Meysenbug 1876 Mem. I I 135. Salon 1886,1; 344 Q. [Titel einer „Novellette"]. Spielhagen 1890 Finder I 145. Reich 1896 (Leben) 19. 56. Wassermann 1910 Masken 36. Kanner 1922 Katastrophenpol. 427 Durch das unaufrichtige Spiel mit den Kriegsursachen und Kriegszielen wurde . . . für den Außenstehenden ein qui pro quo erzeugt. . . . Dieses qui pro quo bewirkte, daß . . . das dtsch. Volk mit schwerer Kriegsschuld belastet schien. Breysig 1928 Werden I I I 329. Tritsch 1954 Erben 250. Niebelschütz 1961 Spiel 345. Offenburger Tagebl. 9. 3.1970 . . . Das „qui pro quo", um in seiner [des Don Juan im ,.Rosenkavalier"] Sprache zu bleiben, zwischen Gesang und Sprechen . . . Gebucht bei Wächtler 1709 Quid pro quo, etwas vor etwas, so gesaget wird, wenn man ein geringes für alles nimmt, oder giebt ... Eingehend bei Sperander 1727 Quid pro quo, pflegt man in der Medicin zu sagen, wann ohne Verstand eines fürs andere verschrieben, oder von den Apotheckern gegeben wird. Heisset auch, wann man nehmen muss, nicht was einem gebühret, sondern was man bekommen kan. — Bei Campe 1801 u. 21813 eingehend Quid oder qui pro quo, mit Scheidung des Gebrauchs in der Umgangssprache und in höherer Schreibart, mit den Verdeutschungen Was-für-Das [begründet], Eins-für's-Andere [von W. Fr. A. Mackensen — A. D. B. X X 16 — stammend]. Bei Heyse 1804 eingehend, bei Petri 21812. Bei Sanders 1871 u. Kehrein 1876 (mit weiteren literar. Belegen). Scherzhafte Weiterbildungen zu 1. Fischart 1575 Garg. 298 Quidproquockitet u. quidproquisiren [u. Varianten],

quieszieren (Staatsdiener, Beamte oder Offiziere) „in den Ruhestand versetzen" vom 17. Jährt. an bis Ende des 19. Jahrh. bezeugt; mit der Wortsippe üblich in den süddeutschen Staaten u. in Österreich, und da im 18. u. 19. Jahrh. reich belegt; heute verdrängt durch p e n s i o n i e r e n , das aus der preußischen Staatsverwaltung vordringt, durch Verdeutschung ,in den Ruhestand versetzen', durch südwestdtsch. mundartliches „invalidizieren". Quelle: lat. quiescere „ruhen; sich vom Staatsleben zurückziehen" zu lat. quies, Gen. quietis (w.) „Ruhe; Zurückgezogenheit vom Staatsleben". Vgl. q u i t t i e r e n .

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Quietismus

Belege: um 1638 Teutscher Michel S. 208. Goethe 1784 Br. (VI 390) [das Studium der Naturlehre u. der vergleichenden Anatomie zurückstellen] bis mich daa Schickaal quieacirt oder iubilirt. Blumauer 1784—94 Virgils Aeneis (1173). Cogniaczo 1794 Geständn. I I 199. 1824 Baier. Int'Bl. (Isar) 845. Schrafel 1835 Schicksale 180. Hallbauer 1848 (1929 Frankf. Pari. 217). 1858 Staats-Wb. I I I 143. Stein 1872 Heerwesen 59 quittirte oder quieacirte Offiziere. Gebucht bei Sperander 1727 Quieaciren, ruhen, sich zur Ruhe begeben. . . . Bei Campe 1801 Quieaciren, ruhen, auaruhen; in der Rechtssprache, sich beruhigen. 21813 mit Zusatz Ein quiescirender Bischof, ist ein in Ruhe gesetzter. Bei Heyse 1804, bei Petri a1812. Bei Heyse 8 1838 . . . in Ruhestand versetzen, zugleich mit den weiteren Bildungen Quiescent, in Ruheatand Veraetzter; Quieacenz, Ruheatand. Bei Sanders 1871; bei Kehrein 1876. Q u i e s z e n t (m.) „in den Buhestand versetzter Beamter", eigtl. Akk. Sing, des Partizip. Präs. zu quieacere und daher „im Buhestand befindlich". Belege: Schlözer 1782 Briefw. histor. Inh. X 13 die Jubilirten und in Quiescenten Stand versetzten [Österreich.] Beamten . . . Lang 1817 Heise 1 7 (u. ö.) — 1819 Hammelburger Conv. Lexikon 30 Pensionärs und Quieszenten.

Westenrieder 1828 Mü. I I 49. Bauer 1836 Überschw. I I 20 [„Ruheständler"]. Grillparzer 1815 Aktenstücke (VI 19) Qu.-en oder Pensionisten. Q u i e s z e n t e n s t a n d 1829 Jahrbücher d. Gesch. I I 135. Übertragen: König 1857 Clubisten 1175 Wie schnell er seinen politischen Eifer in Q. gesetzt hat! Q u i e s z e n z (w.) „Zurruhesetzung; Ruhestand" zum lat. quiescentia „Ruhe". Belege: 1804 Churpfalzbaier. Int'bl. 112. Koch-Sternfeld 1838 Beyträge I I I 441 Anm. Pensionen und Q.-gehalte. — Luise von Kobell 1894 Erinn. 1181. Lingg 1899 Lebensreise 95. Q u i e s z e n z - S t e l l u n g Weizsäcker 1866 briefl. an Weech (ZG Oberrhein 90 (1938) 424) erzwungene Q. an der Bibliothek. Q u i e s z i e r u n g (w.) „Zurruhesetzung; Ruhestand". Lang 1817 Reise 15. 1845 Anemonen I I 89. 1852 Prutz' Museum I I 878.1858 StaatsWb. I I I 142 die Q., die auf unbestimmte Zeit verfügte Einatdlung der Aktivität [eines Beamten] . . . — 1865: I X 701 Ruhestandsversetzung (Q.). Fallmerayer 1860 Aufs. (II 412) nach seiner aus Gesundheitsrücksichten . . . erfolgten Q. Gutzkow 1875 (46) Säkularbilder (VIII223). 1881 A . D . B. XIII583. Bluntschli 1884 Denkw. I I I 448 [„Emeritierung"]. Übertragen: Plümacher 1884 Pessimismus 346 die Q. des WeÜwillena.

Quietismus M. „Gottversenkung, -ergebenheit" (im Sinn einer mystisch-religiösen Richtung des 17. Jahrh.) (1); allgemein „Streben, Sehnsucht nach Ruhe und Frieden; stumpfe Ergebung; Stumpfheit" und so, bei unscharfen Bedeutungsabgrenzungen und erweiterten Anwendungsbereichen seit 19. Jahrh., im gehobenen Schrifttum mit der Wortgruppe weit verbreitet (2), dem Tagesschrifttum und Zeitungen durchaus fremd geblieben. Quelle: Q. ist neulat. Prägung -ismus zum lat. Adj. quietus „ruhig, gelassen", dies zu lat. quies, Gen. quietis (w.) „Ruhe". — Vgl. DWb. (mit Belegen der Elisabeth Charlotte, Goethes, Schillers, Jean Pauls). — Früheste Form ital. quietismo-, e. quietism, quietisi (seit 1687; 1685) NEDict.; frz. quiétisme, quiétiste (17. Jahrh.) Littré. H.-D. — Voßler 1935 Poesie der Einsamkeit I 154. Vgl. Eisler 1929 Wb. philosoph. Begriffe II 577. Belege: 1. z. B.: 1702 Monatl. Auszug. Mai S. 6. Elisabeth Charlotte 1706 Br. [in Versailles—Paris] (LV LXXXVIII 492) eine Art Pietisten, so man quietisten heißt; nicht so schlim, wie die ordinarie Pietisten . . . in TeiUschlandt . . . — Wieland 1757 Gesch. d. Gelehrtheit 58. Zimmermann 1784 Einsamkeit I I 136. Herder 1801 Adrastea I (XXIII101). 1829 Jahrbücher d. Gesch. 1175. Buss 1843 Armenpflege I Vorw. S. XI. S. X X X I X den schönen Q. und die tröstende Heiterkeit .. . über die Gefahr des

Pauperismus\zuTtheilen. Schopenhauer 1844 Welt (II 763). Sallet 1845 Ged. (II 167) Wie edel ist wilder^ Fanatismus 1 Wie schmachvoll zahmer Q.l Bismarck 1847 Br. 56 ein todter Glaube, was ich . . . als Q. bezeichnete. 1854 Prutz' Museum I 555 religiöaen Q. Heyse 1873 Kinder d. Welt 1125 . . . zu den äußeraten Conaequenzen Ihrer Weltanschauung, die auf den sehr vx>hlbekannten mystischen Q. hinauslaufen. Hartmann 1891 Pessimismus 172 Q. [als Weltanschauung],

Quietismus

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Schmid 1909 Mönch 245 stürzten sich die Enttäuschten in den weltmüden Q., der sich ihnen im Schoß der kathol. Kirche oder im Pietismus zur Bettung darbot. Clemen 1941 Lob 61 Vater des span. Q. Miguel de Molinos.

Q. und fin de siècle-Stimmung . . . [in Deutschland zur Zeit Wilhelms II.]. Wagner 1965 Historiker 61 [Droysen] . . . der den Rankeschen Q. bekämpfte und zu den Wortführern der Frankfurter Paulskirche gehörte.

Goethe 1829 Gespr. Eckermann 253 Der Rest des Lebens ist gleichgültig, wir lassen es gehen wie es will, und endigen mit dem Q., wie die indischen Philosophen auch.

Vereinzelt auf die Spitze geführt, zum „Faulenzertum": Fallmerayer 1860 Aufs. (II 438) [Rückgang der griech. Olympiafeiern] . . . Die Vornehmen entsagten .. . der hellenistischen Gymnastik, . . . uberließen es der Plebs, sich unter Schweiß und Lechzen . . . Kränze zu holen, während sie selbst in wollüstigem Q. unter dem heimischen Schattendache lagen. Q. in näher bestimmtem Bereich: Dahlmann 1835 Politik 1181 . . . wird die Nachwelt dem angebildeten politischen Q. die Ehre nicht zollen, die er sich selbst verschwenderisch zuweist. — Baumgarten 1870 Volk 77 Vertreter des politischen Q. Dtsch. Rundschau 1875, 3; 483 innerpolitischen Q. Frankreichs. 1888 Wien I I 492 . . . Als ob der Q. des Salons [Wien; um 1850] nicht voll genügt hätte, wandten sie sich einer Art von literarischem Trianonspiele zu. 1890 Unsere Zeit 1451 . . . in dem Q. der Historischen Schule, in der scharfen Betonung der Notwendigkeit, die ganze Kraft .. . der Vertiefung der Wissenschaft zu widmen — vgl. Nitzschke 1932 Geschichtsphilosophie Lorenz von Steins 21 Anm. 51. — Hartmann 1891 Pessimismus 47 [der Weise in seinem] intellektualistischen Q. 1919 Geist der Volksgemeinschaft 160 bildungshemmenden Q. Rohden 1925 polit. Denken 63. Bonn 1927 Geld u. Geist 27. Glum 1930 Deutschland 18 unfruchtbaren [politischen] Q. 1935 Volk u. Reich 101. Müller-Armack 1949 Diagnose 87 religiöser Q.

2. Stahr 1847 Italien 1406 des jesuitischen Q. Hettner 1850 Schule 176 Romantik dem idealistischen Q. entsprungen. Fallmerayer 1850 Aufs. (II 65) [Sozialismus ist] dem Q. unserer Gemüthsart völlig entgegengesetzt. Gervinus 1853 GDD. V 665 Q. der Romantik. Eichendorff 1854 Drama 182. Scherr 1865 Blücher I I 136 buddhistischer Q. Braun 1881 Bilder 1 4 8 falsche Conservativismus oder Q., welchem die Dynasten und Städte . . . des 16. Jahrh. . .. verfielen . . . Hillebrand 1882 Zeitgenossen 34 — 1885 Culturgesch. 44. Jolly 1898 Irrtum 26 . . . es ist ihm [Jhering] gewiss beizupflichten, wenn er gegen den Q. zu Felde zieht, der erlittenes Unrecht ruhig erträgt und sich gegen widerfahrene Unbill nicht wehrt. Jodl 1898 (Vom Lebensweg 1189) nicht zu einem tatenlosen Q. möchte ich ermuntern. Zfvgl. Lit'gesch. N. F. 15 (1904) 278 die britische Form des Atheismus und Q. Bahnsen 1905 Wie ich wurde 164 [a. 1881]. Hilty 1906 Neue Briefe 344 . . . im Alter, wenn der Wille zum Leben . .. abnimmt, der Q., die Neigung zum sich Zurückziehen von der Welt... [zunimmt], Jmago 2 (1913) 588 der Zynismus . .. als heilsames Gegenmittel gegen den Q. 1918 Deutschland u. Katholizismus I 103 . . . das Stigma des Q. . .. der kirchlichen Frömmigkeit anzuheften. Bock 1920 Tagebücher 36 Q. [im Wesen u. in den Werken Bonsels's]. 1928 ZfPolitik 361 dem träumerischen Q. [des Asiatentums]. Grisebach 1928 Gegenwart 588 Q. ist im Grunde der Glaube an eine Normierung durch den Kosmos (u. ö.). Pfeiffer 1931 Human. Erasm. 16 Q. und Spiritualismus mystischer Art, wie ihn Thomas a Kempis vertreten hatte. Wieser 1932 Poiret 296 [in Guyons Schriften] .. . Maske des Wortes Q Halbe 1933 Scholle 126 Gefahr eines gewissen Q., eines unfruchtbaren Geschehenlassens und Tolerierens . . . Wust 1936 Ungewißheit (IV 117) Der vielgerühmte Heroismus des Amor fati ist . . . ein armseliger Q. Jockers 1946 Goethe 177 [im Sinn goetheschen Schaffens . . . ] muß man wachen, rührig, tätig sein. Bloßes Hoffen führt zum Q., und Q. endet in Erschlaffung. Weizsäcker 1950 Erinn. 275. Horkheimer 1955 Reden 116 Philosophischer

Gebucht bei Sperander 1727 . . . die sogenannten Qietisten, des Molinos Nachfolger. Eingehend bei Campe 1801 Ruhefreunde u. 2 1813 mit Zusatz. Bei Heyse 1804, der auch zuerst Quietismus bucht; 8 1838 auch Gemüthsruhe. Bei Sanders 1871 u. bei Kehrein 1876 (mit Belegen). Q u i e t i s t Burnet 1688 Italien (Übers.) 7. Leibniz 1691 Corr. 1152. Pastorius 1700Beschr. Pensylvaniae 88 Molinas und seine Q.-enSect. . . . 1706 Erlöstes Brabant 39. Sonntag 1714 Voc. pseudomyst. 51 [eingehend!]. Philo 1722 Ruhm des Tobacks 87. 1773 Philosophie d. Natur I 125 nur ein Q. wird sich einbilden, daß er Gott lieben könne, wenn er unter der Last seiner Rache seufzet. Zimmermann 1784 Einsamkeit I 355. 1832 Jahrbücher d. Gesch. 1 5 6 politischen Q. . .. [dazu] 1 5 7 . . . stillen Q. . . . Hillebrand 1885 CulturgeBch. 276. Schulze-Gävernitz 1909

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Quincaillerie — Quincunx

Marx 20 . . . Marx seibat . .. kein Q. — dieser glühende Tatmensch . . . Süddtsch. Mon'hefte 26 (1929) 672. Q u i e t i s t e r e i [verächtlich] 1702 Europ. Fama 407. q u i e t i s t i s c h Adj. Hettner 1850 Schule 169 . . . Verlangen nach dem orientalisch q.-en Weihrauchdufte der kathol. Kirche . . . — 1850 (Schriften 307) . . . q.-en Zurückgezogenheit [Schillers u. Goethes in politischen Dingen], Eichendorff 1854 Drama 183. — Achelis 1890 Prakt. Theologie I 367. Hartmann 1891 Pessimismus 18 q.-en Pessimismus (u. ö.). Birt 1910 Provence 116 q.-es Oemüt. 1918 Deutschland u. Katholizismus I 302 dieses q.-e Verhalten [des Katholizismus im Bereich der Universitäten, bes. den protestantischen gegenüber]. Harnack 1920 (N. F. IV 194) Wirkt die Beschäftigung mit der Geschichte nicht q., lähmt sie nicht das frische Handeln und Leben? Endres 1921 Hirth 91 Mit dem Kismet oder dem christlich q.-en die Hände-in-den-Schoß-legen konnte H. nichts

anfangen. Salin 1924 Gothein, Sehr. I S. XX. 1930 Wohin? Ratgeber 2 dieser q.-e Glaube [daß der Höhergebildete sich selbst genug sei], Bellmer 1932 Rocco 4 Ein Streben nach dem Idyll, ein q.-er Zug [in Roccos Werken]. Clemen 1941 Lob 64 . . . verträumten q.-en Tatlosigkeit. Goethe 24 (1962) 315. Q u i e t i v N. „Beruhigungsmittel des Willens", ungeschickte Wortbildung Schopenhauers (nach Motiv u. ä.), abgegrenzt gegen Q u i e t i s m u s u. quietatio von Mauthner, Wb. Eisler 1929 Wb. philosoph. Begriffe I I 577. Belege: Schopenhauer 1819 Welt (31859) I 299. 1448. Achelis 1890 Prakt. Theologie I 430. — Ludwig 1922 Goethe 1 1 8 [die Frauen in Goethes Jugend] . . . müssen, nach dem Gesetze der Polarität, die Quietive sein, die dieses ungeheure Temperament sich sucht. Borries 1925 Romantik 18 [die romantische Ironie] . . . idyllisches Q. [in der Spätromantik]. Unger 1926 Studien I I 189 [über C. F. Meyer] . . . die stärksten Q.-e des Willens . ..

Quincaillerie F. „Eisen- u n d Kurzwarenhandel" übernommen i n I I . H ä l f t e des 18. Jahrh. aus gleichbed. frz. quincaillerie zu frz. quincaille „Eisen-, Kupfergerät" (zur Herkunft vgl. Gamillsclieg) ; landschaftlich auch „Kurzwaren" u n d bei überreicher Bezeugung gern in verdeutlichenden Zuss. verwendet. H e u t völlig zurückgetreten bis auf gelegentliche süd- u. westdeutsche Geschäftsbezeichnungen u n d einige mundartliche Zeugnisse; vgl. Kinkerlitzchen (Kluge), Kinkerlitzen (DWb.). Belege: wohl um 1767 für Pforzheim belegt Quincailleriefabrik bei Bittmann 1907 Hausindustrie Badens 37. z. B. Riesbeck 1783 Briefe I 59 Q. I I 375 Q.-artikeln. 1787 Journal der Moden I I Intelligenzbl. XCVIII Q.-Waaren. 1788 Beschr. Augsburg 132 Q. oder kurzer Waare. Vgl. dazu ein Augsburger Wörterbuch 1792, frz. u. dtsch. Le Clincaiüeur. . . kurzer Waaren. 1798 Taschenbuch f. Würzburg 175 einen kleinen Kramladen von Q.-n. Ehrmann 1806 Frankr. 146 Q.-Fabriken. Nettelbeck 1821 Leben 174. Börne 1822 Schilderungen aus Paris (II 140). Nebenius 1822 Douanensystem 25. 1825 Eos 411 Nürnberger Q. 1838 Beschr. OA Tettnang 69 Q.-Waaren-Handlungen. Kurz 1843 Schillers Heimatjahre I 166. 1859 Beschr. OA Ludwigsburg 135. Holtei 1863 Letzte Kom. I I 231. Herrmann 1877 Miniaturbilder 180 Tauchen-, Q.- und Bijouteriewaarenfabriken. Kaiser 1911 Lebenserinn. 42 [in Basel

um 1820 . . . ] Seidenwaren, Bänder und Kleiderstoffe, Porzellan- und Glaswaren, Q.-n .. . — Handel-Mazzetti 1929 Maria I 39. Gern verbunden mit gleichbed. engl, hardware z. B. Achenwall 1768 Staatsverf. 316. Kohl 1844 England u. Wales I 77. Vgl. Rhein. Wb. VI 1345 quing-quankeln (Ztw.) „viel tauschen u. dadurch verschwenden"-, Quingquankelei „Tändelei". Gebucht bei Campe 1801 QuincaiUerie kurze Waare u. 21813 mit Zusatz u. neuer Verdeutschung. — Bei Heyse 1804, bei Petri a 1812; bei Heyse 8 1838; bei Sanders 1871 ; bei Kehrein 1876. Im Levantehandel von Marseille aus seit 16. Jahrh. sind Quincailles d'Allemagne und im habsburg. Osthandel im 18. Jahrh. Chincalie di Venezia (nach ital. chincaglie „Kurzwaren") bezeugt. Vgl.: Strieder 1919 Levantin. Handelsfahrten 17. Halm, Habsburg. Osthandel 17.

Quincunx M. eigtl. „nach den fünf Augen auf d e m Würfel angeordnete u. daher i n schräger Linie gesetzte Bäume", ein Fachwort des Obst- u. Gartenbaues, das schon dem klassischen Latein angehört u. bei uns in den Fachbüchern seit 16. Jahrh. belegt

Quinquennium — Quinte, Quint

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ist, z. B. Peschel 1597 Garten-Ordnung (Titel). Text: 84». 138». 158. (auch mit Abb.). — Sturm 1714 Anw. (Architektur) B». — Hermes 1789 für Eltern I 192. — Lat. quincunx (m.) „fünf Zwölftel" zu quinque ,fünf' u. uncia (w.) „Unze; 1 / 12 As". Frz. quinconze u. e. quincunx in unserer Bed. sind im 16. u. 17. Jahrh. bereits belegt (Littrö. H.-D. — NEDict.). Vgl. Eggers 1757 II 533 Quinconce u. Quincunx. Gebucht eingehend u. mit versch. Verdeutschungen bei Campe 1801. 21813 (mit Zusatz). Bei Heyse 1804, bei Petri a1812. Eingehend bei Sanders 1871, der noch hinzufügt Q., die Gestalt einer römischen Fünf (V) oder eines auf

die Spitze gestellten gleichseitigen Dreiecks (Bierzeichens); vgl. dazu Gutzkow 1860 Zauberer (VIII 32) Q. [als Schenkenzeichen in Rom], Bei Kehrein 1876.

Quinquennium N., lat. „Zeitraum von fünf Jahren" u. gleichbed. Quinquennat (m.) (neulat. quinquennatus) im deutschen Schrifttum gelegentlich bezeugt — vgl. S e p t e n n a t — im Bereich der Staatsverfassung, des Staatshaushaltes, der Amtsdauer höchster Staatsbeamter. Belege der jüngsten Zeit für Quinquennat: Massow 1913 Politik 191. 1913 Jahr 1913 67. Berliner Mon'hefte f. internationale Aufklärung 8 (1930) 1055. Ludendorff 1933 Werdegang 149. Quinquennium: a. 1631 (Ann. Ingolstad. Acad. IV 398). — Jenisch 1796 Vergleichung 252. Berlinisches Archiv der Zeit 1798, 1; 378. — Schopenhauer 1851 Parerga I 32 die moderne Tournüre des laufenden Q.-s. Misch 1952 Gesch. 315 Der neue Wohlstand [um 1925] . . . brachte der Weimarer Republik ihr glücklichstes Jahrfünft, ein Q. Neronis, den guten fünf Jahren des schrecklichen Nero zu vergleichen . . . Q. academicum: Ludwig I. 1827 Briefwechsel mit Schenk 36 f. Quinquennium:

Gebucht bei Campe 1801 mit dem Verd'vorschlag Jahrfünf nach Vorbild von Jahrhundert (aber im Verzeichnis S. 311 Jahrfünft). 2 1813 Jahrfünft. Bei Heyse 1804, bei Petri 2 1812. Die Wortgruppe bei Heyse "1838, bei Sanders 1871, bei Kehrein 1876. Ungebräuchlich gewordenes Quinquennal (s.) oder QuinqueneUe (w.) „Schutzbrief auf fünf Jahre" ist im DWb. nachgewiesen; vgl. Luther 1524 Kaufshandlung (W. XV 310) ein Quinquernell kriegen, das ist Keyserlichen brieff; dazu 1539 Wider den bischof (W. L 429) . . . bey dem Keiser ein Kinckernel ausbringen .. .; Dazu noch Kirchhoff 1601 Wendunmuth (LV XCVII155) quinquernal [Saehwichtiger Beleg !]. Quinquennale noch im 20. Jahrh. gelegentlich z. B. V'schr. Sozialgesch. 17 (1924) 214 [in Verbindung mit Moratorium].

Quint, s. Quinte. Quintaner M. „Schüler der Quinta, der ,fünften' Klasse (einer höheren Schule)", (Quelle: lat. quintanu-s. Adj., eigtl. soldatensprachlich „zur fünften Legion gehörig"; substantiv. quintani (Mz.) „Soldaten der 5. Legion"; zu lat. quintus „der fünfte") in lat. und in gleichbed. deutscher Form seit Ende des 16. Jahrh. bezeugt, gebucht bei Sperander 1727 Quintaner .. . diejenigen Schüler, so in der fünften Ordnung der Classe sitzen, dann erst wieder bei Campe 1801. 21813 usw. Zur Bed. Quintus, Quintanus für den Lehrer (vgl. Q u a r t a n e r ) . Vgl. Nyström, Schulterminologie. Quinte, Quint F. Letzte Quelle: lat. quinta (pars) zum lat. Zahlwort quintus „der fünfte". Davon sind abzuleiten mittellat. quintinus = quentinus (durch schon alte Vertauschung der Vier- u. Fünfzahl) „der vierte Teil" und daraus seit späterem Mittelalter im Deutschen quintin und quentin (mit zahlreichen Nebenformen), die ihrerseits Kurzformen Quinten, Quinte, Quint, Quent, Kindel (1) gl. Bed. ergaben. Noch dem 15. Jahrh. gehören an die Verkleinerungsformen Quintchen (2a) und jünge-

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Quinte, Quint

res Quentchen (b), die beide in durchlaufender Belegreihe, in eigtl. u. übertragener Bed. u. i m Sprichwort fast Heimatrecht i m Deutschen erlangt haben u n d auch heute noch in lebendigem Gebrauch sind. Von lat. quintus „der fünfte (der Reihe nach)" gehen seit 13. Jahrh. deutsche Fremdwörter Q u i n t e , Q u i n t in fachsprachlicher Verwendung aus i m Bereich der Musik (3), rechtlicher Regelungen im Spiel, bei Abgaben (4), der Fechtkunst (5); bes. seit 18. Jahrh. ist das volkssprachlich bekannte Q u i n t e , „Ränke, Hinterlist" (6) nachgewiesen. — A n Q u i n t c h e n , Q u e n t c h e n und Q u i n t l e i n , a n Q u i n t e nehmen deutsche Mundarten, auch in eigenständigen Ableitungen u. Weiterbildungen, i n vielfacher, oft örtlich verschiedener Bedeutungsentwicklung teil; vgl. DWb., Schmeller, Bayer. Wb. 2 , Fischer, Schwäb. W b . , Schweizer Jd., Rhein. Wb., Müller-Fraureuth, Obersächs. Wb., Schleswig-Holstein. Wb., Schiller-Lübben (7). Belege: 1. Vgl. DWb. Lexer. Möller. Diefenbach, Gloss. u. Novum Gloss. Schiller-Lübben. — Diese Zeugnisse leiten ins 16. Jahrh. hinüber, nun überwiegend in der Schreibung Quinte u. in der Bed. ,Vierteltet'. Die älteren Gewichtsangaben z. B. für Württemberg bei Fischer, Schwäb. Wb. Schon früh übertragen verwendet, z. B. 1523 Dialogus zwischen einem Vater u. Sohn (Flugschriften Reformation I 39) noch ist der geck (wie Heists?) Joannes Eck, der urirdig her, eyns quintten frümmer den Jvdas. Manuel 1548 Weinspiel Z. 2200 . . . vnd wils erfahren by eim quirlten [ganz genau]. 2 a. (Augsburg, um 1 5 0 0 ) . . . yedes ein quintin [Rezeptanweisung] (1901 Pestblätter Bl. 41). Quintchen, Quintlein in eigtl. Bed. um 1450 Algorismus Rat. 111. Steinhöwel 1474—82 Äsop 314. Murner 1512 Narrenbeschw. 222. 1539 Bad u. Arznei den Bruch zu heilen A 2" [purgieren] mit eynem quintlein de Pillulis gloriosis. Luther 1542 Ztg. (L I I I 405) quentin. Ryff 1548 Confect Buch 10". Thurneißer 1575 Archidoxa 8" — 1583 Onomast. I I 164. Ryff 1608 Kochbuch 141». Duez 1652 Nomencl. 69 . . . ein quintlein, viertheil eines loths . . . Wernicke 1704 Versuch 87 . . . ein gantz Querdin vor ein halbes eines gewissen Chymischen Pulvers in ein Reeept . . . gesetzet. Eisenschmidt 1708 de Pond. 6 Quintin vel Quintlein. 1804 Churpfalzbair. Int'bl. 413. Quintal Fischart 1575 Garg. 218 . . . trug er ein . .. Schreibzeug . . ., wag sibentausent q. nach Venedischem gewicht...; 58 aber auch Quintlein neben lot, Pfündlein u. anderen Verkleinerungen. bildlich „ein (ganz) klein wenig; das Geringste"; gelegentlich in stärkerem Anlehnen an den Gewichtsbegriff „ganz genau" Murner 1512 Narrenbeschw. 135 quintlin schmaÜz [gebratener Gänse]. Eberlin von Günzburg 1523 (III 37) . . . hob ich müssen ein quintlyn gross,

furtragen yr abentewr vnnd darurrib des so wenig, ob . . . — (II 188) SoUich angstlich erzelen der sündt [in der Beichte] bey quintlin, lot, minuten etc. 1525 Sieg der Wahrheit (bei Schade, Satiren I I 243) Dan si dem meister [Duns Scotus] . . . . Hand aU sein wort interpretiert Beim quintlein als uss ponderiert. — H. Sachs wenn einer hört ein zentner schwer, War kaum ein quintlein warheit drin. Manuel 1548 Weinspiel (s. o. 1). Schweigger 1608 Rayßbeschr. 3 . . . mit dem jenigen Quintlein, das mir der Herr verlihen, gearbeitet. Logau ein quintlein glück (DWb.). Vischer 1709 Informator 125 Ein Quintlein oder Scrupel [das eigtl. Apothekergewicht] von Ambition . . . ist doch immer dahinter. Günther 1739 Gedichte 173 ein Q. Vaterhuld gegenüber viel tausmd Centner meiner Schuld . . . Behr 1748 Mat. Med. 134 (u. ö.). 1784 Thomas Hartmann 110 ein quintel Verstand. —• Noch in jüngerer Zeit (volkssprachlich: bair.) gelegentlich z.B.: Schmid 1861 Schwalberl (IV 176) wenn Du ein Quintel Ehr' im Leibe hälfst. b. Quentchen, Quentlein in eigtl. Bed. spät u. selten bezeugt: Halle 1772 Werkstätte der Künste V 350 Quentchen. Nicolai 1785 Reise V 285 nach Unzen und Quentchen. bildlich: Warmund 1664 Geldmangel 669 ein Quentlein Grobheit. —• Belege a. Canitz. Wieland. Herder. Leisewitz. Thümmel im DWb. — Wagner 1776 Kindermörderin 30 es ist grad, als wenn ich kein Quentchen Gatt mehr im Leibe hätte. Michaelis 1783 (132) Quentchen Witz. Nicolai 1799 Bildung 175 Dass ein Quentchen gesunden Menschenverstand . . . mehr Werth ist, als sechs Zentner kritische Philosophie. — 1801 RevolutionsAlmanach 30 wer nur sein Vaterland ein Heines Quentchen liebt. Zelter 1824 Briefwechsel G.-Z. I I I 480. Groth 1845 Br. (VI 21) wissen kein Quentchen Physik. Mombert 1893 Br. 9 . .. Quentchen „Wirklichkeit". — DAZ. 8. 8.

Quinte, Quint 1935 daß das „Quentchen Verstand", das die einzelnen zu ihrer Arbeit aufwenden, recht verschieden groß bemessen ist. Strauß 1940 Lebenstanz 49 . . . um noch ein Quentchen, das letzte Quentchen Hoffnung ärmer. Diesel 1946 Macht 19 Schon ein Quentchen von Wirklichkeitssinn genügt zur Erkenntnis der gegenwärtigen Abhängigkeit des Outen und Bösen. Süddtsch. Ztg. 20.10.1950 Mit Findigkeit, Witz und mitunter einem Quentchen Tücke. Münchner Abendztg. 8. 7. 1957 . . . das letzte Quentchen von Achtung verloren. Stuttgarter Ztg. 23. 9. 1960 . . . das gewisse Quentchen Glück, das . . . notwendig ist . . . Offenburger Tagebl. 10. 7. 1964 . . . Erfahrung, aber auch das notwendige Quentchen Glück . . . Zu beachten bleibt, daß gerade die Fügung vom Q. Glück zum festen Bestand mittelschichtigen Sprachguts gehört und darum immer wiederkehrt. sprichwörtlich nach Ecclesiasticus 6, 7 ff. — Mnd. Belege a. 15. Jahrh. bei Schiller-Lübben I I I 402 z. B.: fründt in der nodt, der ghan vyff vnd twintch vp ein loth, schalt auerst ein hart stant syn, so gheit erer vöfftich vp ein quentin. — Brant 1494 NS 29 Früntschafft wann es gat an ein not Gant vier vnd zweintzig vff ein lot Vnd well die besten meynen syn Gant siben wol vff ein quintin. Vgl. Zarnckes Ausg. S. 318f. — Leicht geändert von Murner 1512 Narrenbeschw. 106. Pauli 1522 Schimpf I 192 Fründ in der Not gon wol 20 uff ein Lot, und wan sie einem sollen behilflich sein, so gon wol 60 uff ein Quintlin. Man verheisst dir gnüg, such aber einen, der dir es leistJ Zur süd(west)dtsch. Heimweisung vgl. noch ZfdA. 3, 29 im Bätseispruch aus dem Anfang 16. Jahrh. Gnaphaeus, Acolastus, übers, von Binder 1537 G 6 a Man spricht das freüntschafft inn der not Gangend ir wol XII. auff ein lot Vnd so sy eirn sond bholffen sein Gand XXVI auff ein qintlein. Schumann 1559 N. 71; vgl. die Anm. S. 397 mit weiteren Nachweisen bis auf Wander, Sprichw. I 1182. 1184. Begardi 1539 Index Sanitatis 37 b . . . eyn gemeyn Sprichwort: Die kranckheyten kommen mit Zentnern, gehnd aber wider hinweg mit quintlin. . . . Spreter 1542 Instr. (Fischer, Schwäb. Wb.). Wohl auch bei H. Sachs (s. o. 2 a). Mathesius 1563 Ehest. I 3 b . . . Vnd ein quintlen gunst wohlbereyt, vberwigt o f f t ein Centner gerechtigkeyt, fast übereinstimmend auch in der Sarepta (Göpfert 72); vgl. dazu Schweizer Id. V 1303. Mörike: Es hätten die Schneider Mut vor dem Feind ein QuenÜein und, wo es sicher, ein Pfündlein. (Fischer, Schwäb. Wb.).

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Im baier. Scherzrätsel der Barockzeit — 1963 Märchen (Festg. v. d. Leyen) 410f. — . . . welcher der geringste Heilige ist? St. Quintinus, dann vier Quintlein gehen auf ein Loth (Variante: fünf); vgl. dazu ähnliche Fassung ZfdA. 3, 29 [s. o.]. Gebucht bei Maaler 1561 Quintle, Der achtest teil einer vntzen. Drachma. Bei Roth 1571 Quintl oder quintat, ein kleins gewicht, deren vier ein lot machen, 128. ein pfundt; und ein quintlein [unter Denarius]. — Die Form Quintat, Quintet auch sonst im 16. Jahrh. belegt; vgl. DWb. u. Turmair 1526 Chr. (IV 402) u. Mathesius 1620. 1679 Sarepta mehrfach (Göpfert 72) Wir Teutschen heissen es ein Quintet, wiewohl es nur der vierdte Theil eines Lothes ist. [Schmeller 2 I 1395] — und Scrupl . . . ist auch ein Gattung des gwichts, gilt den Apoteckern so vil als ein drittheil eins quintlins. — Bei Schottel 1663 Quintin, quintlein s. quentlein. Bei Hübner 1712 Quentin u. Quintlein. Bei Frisch 1741 Quintlein, das vierte Theil des Lots, hat aber doch vom fünfften Namen, drachma, octava pars unciae. Gebucht bei Schottel 1663 QuenÜein, der vierdte Thiel eines Lohts. — Eingehend bei Adelung 1777 u. 1808 Quent u. Quentchen, Quentlein, mit Gewichtsangaben u. mundartlichen Entsprechungen. Bei Campe 1801 u. 2 1813 Quent oder Quentchen, ein VierteUoth. Indess kann man auch jenes Wort, da es unsere Sprach-ähnlichkeit nicht beleidiget, und schon in der Volkssprache lebt, für eingebürgert halten. quinüeinweise Adv. „kleinweis" Belege in übertragner Bed. in schwäb. Mundart 19. Jahrh. bei Fischer, Schwäb. Wb.; im Baier.österreich. quintelweis „nach u. nach" (Lexer, k ä m t . ; Schöpf, tirol.; Stelzhamer). Im Schweizer. entspricht bim Quintli in sprichwörtlichen Redewendungen (Schweizer. Id.). Für's Bairische vgl. auch Schmeller 2 I 1395 Dich soü der Teufel quintlweis z'reiaa'nl (ein Kernfluch), mit Verweis auf einen Beleg im Schnaderhüpfel aus dem Lesachtal: du host mer mei herz'l quintlweis g'stoul'n (Die dtsch. Mundarten IV 499). 3. „der fünfte Ton von einem beliebigen Grundton an gerechnet; die Tonreihe vom Grundton an bis zum fünften Ton"; „die fünfte Saite, die ¿?-Saite der Violine"; belegt vom 14. Jahrh. an (Lexer. Suolahti. Möller); wertvolles Zeugnis für 16. Jahrh. in der Kolmarer Liederhs. Nr. 3, 2 (Lexer). Spangenberg 1598 Musica 90. Herlicius 1606 Musicom. E 8 a . Duez 1652 Nomencl. 160 die quinte einer

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Quinte, Quint

lauten. Reuter 1696 Schelmuffsky 67. Mattheson 1739 Kapellmeister 253 dass die erste dieser Quinten, welche der gemeine Mann die falsche nennet, der Harmonie weit mehr wolldingende Dienste thut, als die vöüige Quint. Comenius 1769 Orbis I I 8. Lenz 1774 Hofmeister (NL L X X X 66) . . . mit dem Laut: Twing, twing, Das ist eine verdammte QJ ... Schubart 1774 Deutsche Chronik 239. Sulzer 1774 Theorie I I 937 u. 21793 I I I 754. 21794 I V 804. Ironisch: Zelter 1815 Briefwechsel Goethe •— Z. I I 169 dass eine Q. gesprungen . . . [in der Bed. „Unbedeutendes ist geschehen."]. Gebucht bei Schottel 1663 Quint, Seite auf der Lauten. Bei Wächtler 1709 Quinte, in der Music, it. die kleineste Saiten auff der Geigen. Eingehend bei Sperander 1727. Bei Frisch 1741. Bei Trichter 1742 eingehend Quint, musicalisches Intervall u. Quinte, Quintsaite. Bei Adelung 1777. 1808; bei Campe 1801, mit leichter Änderung 21813 Quinte. Die vierte Saite auf der Geige. Der fünfte Ton von einem ersten, oder Grundton aufwärts gezählt. Hier sagt man die Fünfte dafür. Ein Klang, der aus fünf zusammenstimmenden Tönen entsteht, der Fünfklang; 21813 außerdem mit dem Zusatz über die Benennung der Geigensaiten ... Ge-saite ... oder noch einfacher G usw. Bei Heyse 1804. Bei Sanders 1871 u. Kehrein 1876 eingehend. Quintsaite vgl. Diefenbach, nov. Glösa.: Beleg a. 1429. — Neusidler 1536 Lautenbuch I a 4a. Büttner 1572 Claus Narr Y 2". AmmannSachs 1586 Ständebuch 101. Helber 1593 Syllabierbüchlein 11. Gebucht bei Krämer 1678, bei Stieler 1691. Gleichbed. auch Quinte im Schrifttum und bezeichnend in einer Reihe von Sprichwörtern u. mundartl. sprichwörtlichen Redensarten, z. B.: Quinten springen leicht, wenn man sie zu hart streicht. — Das ist keine Quinte auf eine Geige, sagte der Musikant, als er ein Ankertau liegen sah. — Up der letzten Quinte fiddeln [,den letzten Pfennig verzehren' oder ,nah am Tod sein'] (Wander. Borchardt-Wustmann6). Rhein. Wb., Schleswig-Holstein. Wb. Q u i n t s e x t a k k o r d Sulzer 1774 Theorie I I 940 u. 21793 I I I 759. Zu den Ztw. quintieren, quintelieren, zum Hauptwort Quinterne, einer Art „Laute", u. den abgel. Ztw. quinternen, quinternisieren, die vom 14. bis 17. Jahrh. bezeugt sind, vgl. DWb. Gebucht bei Roth 1571 Quintern, Ein lauten mit neun seyten . . . — Bei Trichter 1742.

4. als allgem. Spielzahlwort quint z. B.: ölinger 1573 Grammatik 58. Im Piquetspiel: gebucht bei Sperander 1727 Quinte . . . eine Folge von fünf Karten einer Farbe ..., bei Adelung 1777. 1808. Bei Heyse 1804. usw. — Thalberg 1896 Kartenspieler 9 [im Whist]. Sonderbed.: 1609 Aviso Nr. 41 Bl. A 2» . . . schöne Bitterspiel, als zum Ringel vnd Q.-n rennen angestellet .. . Eigtl. Bed. erhalten in Quinte als Fachwort bäuerlicher Abgaben, mit vielen Synonymen aufgeführt 1830 Jahrbücher d. Gesch. I I 489. 5. die „besonders geführte fünfte Stoßart" führt zur Bedeutung „listiger, trügerischer Stoß; verschmitzter Schlag" (vgl. Hildebrandsgriff u. Hilpertsgriff in ihren ursprünglichen Bedeutungen: DWb. — Spiegelfechterei: DWb.), zunächst in latein. Form quinta Sutor 1512 Fechtbuch 78. — Quinte Winckler 1696 Edelmann 5. Reuter 1696 Schelmuffsky 26. Wagner 1724 Soldatenbibliothek 356. Gebucht bei Adelung 1777. 1808. Bei Heyse 1804 usw. 6. Die Herkunft von Quinte in dieser Bed. ist nicht hinlänglich gesichert. Gegen die übliche Annahme aus der Fechtsprache sucht O. Weise (ZfdW. V 251f.) Deutung aus bestimmter Redewendung der musikal. Fachsprache lose quinte „falscher Ton"; lame quinten singen in eigtl. u. übertragener Bed., oder aber aus Mischimg versch. Wörter, wobei mundartliches ndd. Quant „Spaßvogel", Finte u. Quinte (5) mitwirken. — Man wird zunächst noch bei Quinte (5) bleiben müssen, aber mit Volksdeutung rechnen dürfen, dahin dann auch wortspielerisch Fischart 1580 Bienenkorb 120 St. Quintin kan die Quinten im Haupt meistern. In abwertendem Sinn ergeben sich — in mannigfacher Berührung mit lautnahem Finte — allgemeine Bedeutungen und Anwendungsbereiche, auch bestimmte Redewendungen; vereinzelt schon im 16., häufiger seit frühem 18. Jahrh. und gern im Plur. „arglistiger Streich; Ränke; Wunderlichkeiten; Ausflüchte" z . B . Stranitzky 1711 Ollapatrida 160 auf lauter Quinten und Practiquen abgerichtet. Elisabeth Charlotte. Moser verzweifelte Quinten (DWb.). Blumauer 1784—94 Virgils Aeneis (1142). Jean Paul Finten und Quinten (DWb.). Klein 1792 Provinzialwb. I 117. 7. Meisl 1820 Quodlibet (I 222). ( I I I 213). Schmid 1861 Schwalberl (IV 344) „So zier' dich nicht so abgeschmackt!'''' rief die Wirthin, als Trautel zögerte, das angebotene Glas zu er-

Quinterno 1 — Quinteron greifen. „Eine Kellnerin darf keine solche Quinten haben und muß Jedem freundlich sein." Sprichwörtliche Redewendungen auf hochu. ndd. Boden und mundartlich Quinten haben, machen; jd. die Quinten austreiben u. a. (Wander. Borchardt-Wustmann 9 . — DWb., Schmeller, Bayr. Wb. 2 , Fischer, Schwab. Wb., Schweizer Jd., Rhein. Wb., Müller-Fraureuth, Obersächs. Wb., Schleswig-Holstein. Wb., Schiller-Lübben). quintenartige Streiche Krämer 1719. — hvint'n dran „Seitensprünge im Reden machen" Lexer, kämt. Wb. — Quintendreher „Lug- u. Trugmacher" (Schlesw.-Holstein. Wb.), s. auch SB München 1886. 237. — Quintenmächer u. Quintert „einer, der unnütze Arbeiten verrichtet" zu Quinten „unnütze Arbeiten" (Rhein. Wb.). — Quintslag, auch Quinkslag „feiner u. lustiger Streich", dazu quinkderen in der Bed. „Ausflüchte machen" (ebda u. DWb.). — quintein „ungeduldig sein"

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(Rhein. Wb.). quinten Ztw. „verdrehen, lügen" (Schlesw.-Holstein. Wb.); rotwelsch „stehlen" (DWb.); vgl. Stieler 1663 Quint, quinten lucri looo nancisci. — quintelig „kleinlich; genau" (Fischer, Schwab. Wb.); schon 1628 auf alamodischem Bilderbogen quintisch in nicht gesicherter Bed. belegt (Schramm, Schlagworte 11); quintig „verschmitzt" (Bayr. Wb.); quinterig „empfindlich, wählerisch im Essen" zu Quinte (m., w.) „zimperlicher Mensch" (Rhein. Wb.). — ein Quinteschi •neinmachen „einen Plan vereiteln" (MüllerFraureuth, Obers. Wb.), vgl. dazu noch ZfdW. V 252. Gebucht bei 'Sperander 1727 . . . Sonaten heist auch quinte, Grillen im Kopf, wunderliche Phantasey. Eingehend bei Adelung 1777 u. 1808 Figürlich werden Bänke, listige Streiche, Finten, sehr häufig Quinten genannt. (Folgen Redewendungen u. Zuss.), u. ähnlich bei Campe 1801. 21813. Bei Heyse 1804, wo ebenfalls Quintenmacher .. . Bänkeschmid. — usw.

Quinterne1 F. „Lage von fünf Bögen oder zehn Blättern", Fachwort des Schreibund Buchwesens — mittellat. quinternio —• seit 14. Jahrh. im deutschen Schrifttum und in Glossaren (Diefenbach) belegt. Aber gegenüber Quaterne (s. d.) im gleichen Bereich ist Quinterne nicht über die Fachgrenzen hinausgedrungen. Quelle: mittellat. quinterni „je fünf zusammen" zu lat. quintus „der fünfte". Engl, quinternion seit Mitte 17. Jahrh. (NEDict.). Belege: Lexer. Möller. — Geßner-Hager 1740. Gebucht seit Anfang des 18. Jahrh., bei Ludwig; bei Frisch 1741. Bei Adelung 1777 u.

1808 Quinterne., bey den Buchdruckern, eine Lage von fünf in einander gesteckten und nur mit einer Signatur versehenen Bogen. Zum Unterschied von einer Quaterne, Terne, Duerne.

Quinterne2 F. „Fünftreffer"; vgl. Quaterne; wohl aus span. quinterna, dem ital. cinquina (w.) u. frz. quine (m.) gegenüberstehen (H.-D.). Belege: a. Jean Paul u. Heine im DWb. — Willkomm 1857 Ammer 115. 339. Gebucht bei Campe 1801 Quinterne, beim Lottospiel, der unerhörte Glücksfall, da jemand

alle fünf gezogenen Zahlen beim Einsetzen getroffen hat; ein Fünftreffer. 21813 fast übereinstimmend. Bei Heyse 1804 Quinterne (auch Quirn) . . . Bei Petrj 21812. usw.

Quínteme3 F. „mandolinenartiges Instrument zur Akkordbegleitung von Volksliedern" s. Quinte. Quinteron M. südamerikan. Mischling, der vom Weißen kaum noch verschieden ist und gesetzlich als ,Weißer' gilt, deshalb wohl gegenüber Quarteron (s. d.) seltener belegt. Quelle: span. quinteron-, vgl. e. quinteron u. quinfroon (1797 zuerst bezeugt) NEDict. Früher Beleg: Neues Gotting, histor. Magazin 1 (1792) 639.

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Quintessenz

Quintessenz F. Bildung zu lat. quinta essentia (zu esse „sein") („fünftes Wesen" als Übers, des griech. iripnrrri oüaia, fachsprachlich schon bei den Pythagoreern „der feinste Luftstoff, der Ätherstoff", den Aristoteles als neues [„5."] Element den bis dahin erkannten vier Elementen hinzufügte), in der mittelalterlichen Philosophie und Naturlehre „die fünfmal ausgezogene Kraft eines Stoffes, über die hinaus Feineres nicht gewonnen werden kann" und so vom 16. Jahrh. an von Alchimisten, Naturforschern u. Chymisten betrachtet als „feinste Kraft, geistiger Stoff; Grund u. Kernstoff, Auszug aller feinen Kräfte". Vom 17. Jahrh. an bis zum 19. Jahrh. in allgem. Verwendung ,das Beste' von flüssigen u. festen Heilmitteln, von Getränken und Speisen, und auch auf Geistiges bezogen (1). Bildliche Verwendung (2) vom frühen 17. Jahrh. an, die in II. Hälfte des '18. Jahrh. zum Modewort Quintessenz führt, in vielfach schillernder Bed., etwa „kennzeichnendes Merkmal; das Eigentliche und Wesenhafte; das Erhabenste; wichtigster Inhalt; Ergebnis", wobei in Redewendungen (z. B. gezogen aus . . .) noch lang die Herkunft des Begriffes auch sprachlich lebendig erhalten bleibt. Im 19. Jahrh. ist Q u i n t e s s e n z seltener bezeugt, im 20. Jahrh. zunächst stärker zurückgetreten, hat aber noch vor der Jahrhundertmitte im wissenschaftlichen Schrifttum wieder Fuß gefaßt. Deutsche Prägungen oder Übersetzungen (3) sind nicht durchgedrungen; vgl. E s s e n z bei Kluge. E x t r a k t , Q u i n t e s s e n z sind nicht volkssprachlich geworden u. auch nicht in die Mundarten aufgenommen. Vgl. E s s e n z 1180. — Vgl. DWb. •—• frz. quintessence (14. Jahrh.), e. quintessence (Mitte 15. Jahrh.) (Littrö. H.-D. NEDict.). — Zur vorangehenden V i e r s ä f t e l e h r e der Antike vgl. Jäger 1938 Scripta II 236 insbes. II 241. Vgl. Eisler 1929 Wb. philosoph. Begriffe II 577. Belege: 1. quinta essentia Paracelsus 1536 Wundartzney II, XLIII 6 . Wimpinaeus 1570 Vorr. zu Paracelsus Archidoxa 5 a . Paracelsus 1570 Archidoxa G 4 a . Toxites 1574 Onomastica 475. Fischart 1581 Daemonomania 59. ßathgeb 1592 von Kriegssachen 288. Fioravanti 1604 Krön der Artzney 450 (u. ö.) — 1618 Physica 301. Harsdörffer 1645 Gesprechspiele V 163 . . . das subtilste, so aus jedem Kraut, Metall oder Blume gezogen wird ... Glauber 1655 Op. Min. III 32f. die ailerreinste vnd höchst's Substanz [unter Hinweis auf Paracelsus]. Woyt 1709 783. Schwere Schelte, aber ganz selten: Weise 1673 Erznarren 89 . . . Herauss, herauss du q. E., von allen Ertzbernheutern . . . [Ausforderung zum Zweikampf]. quinta essentz Thurneisser 1575 Archidoxa 76. quint Essentia Mangold 1596 Markschiff E 4*. quintessentz Lauremberg 1652 Scherzged. 12 [am Schluß der vornehmen Mahlzeit] . . . So vaken als men drinckt, moet men int Glas in geten Extract vnd q. van braven qvaliteten. Weise 1673 Erznarren 89. 1677 Machiavell. Hokuspokus 708. Bis ins 18. Jahrh. gehen lat. u. dtsch. Formen nebeneinander her; gelegentlich ist

auch frz. quintessence belegt, z. B. Paullini 1715 Bücher Cabinet VI 1873. Faßmann 1729 Narr 130 (u. ö.). 1740 Potsdammisch Q. [Zeitungstitel]. Quintessenz: Stranitzky 1711 Ollapotrida 213 . . . so extrahire ich aus denen Mineralien, Metallen, Perlen, Steinen . .. Vegetabilien, und Animalien ihre Q. und verrichte damit die glücklichsten Curen (aber 105 die latein. Form!). Milton 1754 Verl. Paradies (Übers.) I 142 ätherische Q. des Himmels. 1758 Modezeitung I 20 [die Kochkunst] besteht in der Geschicklichkeit aus verschiedenem Fleischwerck die Q., die nährenden und guten Säfte herauszuziehen. Justi 1769 Betr. 18 . . . in Ansehung des Zeugungsvermögens .. . den männlichen und weiblichen Saamen als eine Q. aus allen Theilen des menschlichen Körpers [herausziehen]. Hufeland 1822 kl. med. Sehr. I 147 [vom Eiter als der Q. aller faulen Massen im menschl. Körper], 2. quinta essentia Rinckhart 1618 JubelComödie (Ndr.) 51 . . . hat er . . . geschmeltzt Quintam Essentiam. o. O. u. J. Speculum imperii (Weimarer Jahrbuch II 66) Weltspiegel, darin Jeden Standes ... Eigenschafft, gleich als eine Quinta essentia extrahiret ... Grim-

Quintessenz melshausen 1669 Simpl. (die Stelle wohl mit unmittelbarem Bezug auf Küffer in Straßburg (vgl. Ortenau 4 (1913) 117). Veroander 1684 Lasterprob 13 den Schultheissen, welcher der Schaum und q.-e der Bauren ist. Stranitzky 1711 Ollapotrida 105 Ich . . . bin die Q. E. der Academicorum . . . Abraham a S. Clara 1737 Beseheid - Essen 30. quinte essentz um 1608 J u d von Venedig 178 q. e. aller Hebreer. Quint Essentz Guarinonius 1610 Greuel 663 von welchen [Blunder] ich . . . vollkommner reden werde, vnd brennen Die Quint Pestilentz, oder soll ich sagen, Essentz darauss. — Q. mannigfaltiger Gelehrsamkeit (im Untertitel einer Zschr.: „Novellen . . ." 1692—97). Thomasius 1701 Kl. Sehr. 616. Callenbach 1714 W. 136 dergestalt qualificirt, dass er schiene die Quint-Essence von allen Hunden zu seyn. Gichtel 1722 Theosophia Practica. Vorr. a 6®. Wagner 1725 Zeitkürzungen 42 alle quintEssentzen der vorlauffenden Staats• und KriegsHändel . . . Marperger 1726 Anleitung 34 (aus Zeitungen, Avisen . . .) [vgl. Faßmann 1729 Narr B 4" Quintessence des Nouvelles]. Stoppe 1728 Ged. I 98 Geld, Geld, Geld, Ist die Q.-E. der Welt. Lessing 1750 Schatz (NL. L I X 110) Lang ist mein Name, das ist wahr; aber ich führe auch einen ganz kleinen, welcher gleichsam die Q. von dem langen ist — 1759 Lit'br. (VIII 127) Die Orthodoxie ist ein Gespötte worden; man begnügt sich mit einer lieblichen Q., die man aus dem Christenthum gezogen hat. Zu Friedrichs d. Gr. Urteil über die Considérations Montesquieus als der Quintessenz dessen, was der menschliche Geist . . . gewinnen könne, vgl. Rehm 1930 Untergang 108 u. Anm. Schönaich 1762 briefl. (Zfvgl.Lit'gesch. N. F. X 484) . . . eine Q., einen Geist aus [Gottscheds] Schriften ziehen ... Herder 1766 (I 123) viel Q. scharfsinniger Beobachtungen. Göser 1767 Judith 433. Lavater 1770 Aussichten I 272 [angenommener Mittelpunkt aller Weltsysteme] . . . würde . . . die Q. aller cörperlichen Stoffe seyn . . . 1772 Frankf. Gel. Anz. 87 Eine Q. des Journal de Trévoux. Schubart 1775 Deutsche Chronik 101 des Lebens Q. — 1780 Originalien 155 alle Wissenschaften Klopstocks, Leasings . . . und die Q. von allen übrigen Gelehrten. Klinger 1780 Plimplamplasko 174 Q. des menschlichen Wesens. Riesbeck 1783 Briefe I I 350 (u. ö.). Blumauer 1784—94 Virgils Aeneis (I 63) (u. ö.). Böttiger 1791 Literar. Zustände (I 56). Ramdohr 1795 briefl. (Schütz, Leben I I 343) die Q. meiner Moral. Kotzebue 1796 Witwe 11 Sich selbst

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für And're vergessen, ist die Q. der feinen Lebensart. Matthisson 1796 Italien (V 84). Goethe 1798 Br. (W. X I I I 151) — 1821 W . M . W . (XXV, 1; 210). Rumohr 1832 Denkwürdigkeiten I I 184. Menzel 1835 Geist 20 der Mensch als die Q. der Erde. 1836 Jahrbücher d. Gesch. I I 37 maritime Präponderanz gleichsam die Q. aller Universalmacht . .. Gutzkow 1838 Blasedow I I 338. Raumer 1842 England I I I 501 Q. der politischen Äußerungen. Bismarck 1854 Br. an Gerlach 160 . . . Q. aller Thorheit und Bosheit, die man in Preußen unier dem Wort „Geheimerrath" begreift. Strauß 1861 Br. 439 [Baurs Kirchengeschichte ist] eine köstliche Q. der Kirchenund Dogmengeschichte des Mittelalters. Hillebrand 1874 Wälsches 177. [Schäffle] 1875 Die Quintessenz des Sozialismus (Titel). Reichenbach 1880 Roman e. Bauernjungen 57. Kretzer 1880 Genossen 82 Q. der sozialistischen Anschauung. Eckstein 1889 Camilla 89. Lombroso 1894 Antisemitismus 80 (Übers.) Die Juden repräsentiren die Q. der Modernität. Deutsche Dichtung XVII (1895) 5 [Spielhagen über seine Problemat. Naturen] Eine . . . Beichte, in der 10 Jahre meines Lebens steckten! Und das ist noch zu wenig gesagt: die Q. meines ganzen bisherigen Lebens! Anders 1912 Glossen 120 die Q. der Lebenserfahrung des reifen Mannes. Lamprecht 1913 DGjV. I I 15 der moderne Demokratismus . . . als Q. einer neuen wirtschaftlichen und sozialen Lage. Brentano 1917 Ekässer Erinn. 27 . . . die Q. sozialer Weisheit. Bahr 1925 Liebe I 118 Das Beste, das Feinste, die Q. Österreichs war sein Alltagsmensch .. . Gebauer 1932 Kulturgesch. 273 [W. von Humboldt sieht] . . . das Eindringen in die Kultur der alten Griechen und Römer als die Q. des höheren Erziehungsund Bildungswesens [an], V. B. 10. 3. 1944 die Q. seines summarischen Überblickes [über Bulgarien]. 1945 Freundesgabe f. Korrodi 278 die Q. des Individuums [Beleg a. C. G. Jung]. Hellpach 1949 Pax 291 Q. [ = Zus'fassung des Inhalts eines Buches usw.]. Pastor 1950 Tagebücher 33 die Jesuiten . .. die Q. des kathol. Geistes. Röpke 1950 Mass 22 Q. der liberalen Sozialethik. Rosenstock-Huessy 1951 Rev. 213 . . . Die fine fleur, die Q. einer Kultur zeigt sich in dem, was sich nicht restlos definieren läßt. De Man 1951 Vermassung 190 . . . ist die psychologische Q. des abendländischen Strebens nach Demokratie der Wunsch, die Angst vor der Geuxilt als Motiv des politischen Verhaltens auszuschalten . .. Smith 1951 Ruf 120 (Übers.) [bei Port Said . . . ] Telegraphenstangen ...,

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Quintett

quer durch die weite Leere gepflanzt... schienen die Q. dieser Öde zu bilden. Hartmann 1954 Begegnung 191 . . . dem Worte nicht nur eine Q. seiner . .. politischen Wirksamkeit sind. Ackermann 1954 Mode 159 [der Zürcher See mit den Alpen . ..] die Q. der Schweizer Landschaft. Bock 1957 Boten 107 . . . Diotima. In ihr ist die Q. der verlorenen OötterweU .. . wieder da. Süddtsch. Ztg. 19. 8. 1957 . . . dem Lied, der Q. alles Romantischen . . . Naumann 1958 Soziologie. Einltg. S. X I [Inhalt der Lehre Saint-Simons]. Goethe 24 (1962) 99 Was noch zu tun übrig ist": in den sechs Wörtern .. . haben wir die Q. von Goethes wissenschaftlicher Ethik. Mühlmann 1962 Homo 410. Offenburger Tagebl. 5. 3. 1969 .. . Q. seiner Reise [„Ergebnis"]. Frankfurter AUgem. Ztg. 19. 4. 1969 Der neue Notenbankzins . . ., die Q. der Meinungen aus Bankenkreisen. 12. 3.1971. Selten ironisch gemeint, z. B. Goethe 1773 Götz (VIII 73) diese Q. des menschlichen Geschlechts, den Phönix Weislingen. 3. F ü n f t e l s a f t , zuerst bei Bürger 1773 Ged. (I 31), deutlicher bei Schubart 1780 Originalien 50 weiß er Arkanen vom F. der Belesenheit, der Weisheit.. .; und ähnliche Bildungen, vgl. DWb. IV 1,1; 576f.; ebda 573 f ü n f f t E s s e n t z seit Toxites 1574 Onomastica 441, dann bei Fischart 1580. 1588 belegt; oder f ü n f t e K r a f f t oder f ü n f t e s E l e m e n t (mit eingehendem Wortzeugnis a. Wieland); oder f ü n f t e s W e s e n Thurneyßer 1578 Historia von Erdgewächsen 136. (Alkmar) Reineke der Fuchs (Gottsched 1752) 242 [die Alchemisten] jagen der Q., oder dem fünften Wesen auf dem Erdreiche und im Meere nach; das fünfte Seiende (Dtsch. Geschichtsbl. 11 (1910) 303); A u s z u g Beleg a. Bodmer (Waldberg, gal. Lyrik 79 Anm.) [Gleim] Der alle Mädchen liebt, doch nur der Doris treu, Als überzeugt, daß sie ihr aller Auszug sei. — Vgl. DWb. V 600 (Kern, Auszug, Begriff, Inbegriff u. a.). Gebucht erst bei Wächtler 1709 Quint Essenz, der beste Extract, oder der Safft und Krafft eines Dinges, z. B. sie ist die QuintEssenz aller galanten Dames. Eingehend bei

Sperander 1727 [zunächst anschließend an Wächtler] Quint-Essentz, das fünfte Wesen, it. ein Extract oder der Saft und Kraft eines Dinges, so aus demselben durch die Ghymie gezogen wird. In einem moralischen Verstand ist quint-essentz dasjenige, was eigentlich und hauptsächlich zu einer Sache gehöret, oder das Vortrefflichste daran ist. Also sagt man, dieser sey die q.-e. eines redlichen Mannes oder eines Bösewichts; die q.-e aus einem Buch ziehen . .., die q.-e. der Berg-Leute ist die Hoffnung. Bei Frisch 1741. Bei Adelung 1777 u. 1808. Bei Campe 1801.21813 (mit Zus.). usw. Bei Sanders 1871 (mit Beleg a. Wieland). Bei Kehrein 1876 (mit Belegen a. Schiller u. Goethe). Bildungen zu Quintessenz sind äußerst selten u. bleiben vereinzelt, z. B.: q u i n t e s s e n t i e l l Lady Morgan 1831 Frankreich (Übers.) I 329 . . . aber ... die Originalität, die Kraft, ein großes Gefühl zu erregen .. entsprechen allein dem geistigen Verlangen, und vermögen allein die fortdauernde Aufmerksamkeit des europäischen Publikums, vorzüglich seiner q.-en Repräsentanten, der Franzosen, auf sich zu ziehen. — Fränger 1925 Humor. Vorw. S. VII Nietzsche hat in q.-er Formulierung das Komische . . . gedeutet. Q u i n t e s s e n z l e r Nordau 1885 Paradoxe 289. q u i n t e s s e n z i e r e n Sonnenfels 1768 Ermunterung (VIII 295) . . . Wörterbücher [der Ästhetik . ..], und wie die schädlichen Werke alle heissen, wdche die Wissenschaften und Künste q. Wieland 1769—70 Koxkox (XIV 95) Seladon . .., wie er ihr in einer süßen Sprache quintessenziierte Empfindungen vorschwatzt. Musäus 1781 Reisen I I I 146 [„auf ein Wort zus'drängen"]. Pulver 1944 Person 17 [Beleg a. Goethe]. 1953 Bildungsfragen 44 [Wortbeleg Hegels]. Reumont 1862 Zeitgenossen 1222 Länder, welche in ihrer Hauptstadt centralisirt, ja qu.-t erscheinen [z. B. England, Frankreich gegenüber Italien], Gebucht bei Sanders 1871, bei Kehrein 1876 (mit Belegen a. Wieland u. Herder).

Quintett N. „Tonsatz für fünf Instrumente oder Stimmen", auch die dabei Mitwirkenden (1); verallgemeinert „beliebige Gruppe von fünf Personen" (2). Als musikalisches Fachwort übernommen im 18. Jahrh. aus gleichbed. ital. quintetto (m.); offensichtlich seltener belegt als Q u a r t e t t (s. d.) — Vgl. e. quintet u. quintette seit frühem 19. Jahrh. (NEDict.); frz. quintette (m.) etwa gleichzeitig belegt (Littré. H.-D.).

Quiproquo —• Quisquilien Belege: 1. Sulzer 1774 Theorie I I 941 u. 1793 I I I 760 Quintetto. — 1802 Homers Od. trav. 45. Verdeutlichende Zuas. z. B. Q u . ' b e s e t z u n g Münchner Stadtanzeiger 15. 4. 55 Kammermusikwerke .. . in Q. — Q u . ' s p i e l Franken 1913 Schneide 15. S ä n g e r q . M. N. N. 11. 11. 38. 2. Tunk 1954 Weltlit'gesch. I 316 fünf würdige, Vertreter [der mittellat. Literatur vor 1200], . . . dieses Q. wie Begleitmusik zu einer neuen Renaissance . . . Flake 1960 Abend 512 [zu s. Roman] Quintett. Süddtsch. Ztg. 7. 9. 1955 lustiges Q. [5 Mädchen auf einem Motorroller], 31.3. 1959 [Motorrennfahrer]. Stuttgarter Ztg. 23. 3. 1961 [5 blinde Passagiere]. 26. 7. 1969 [Leichtathleten]. Frankfurter Allgem. Ztg. 7. 10. 1970 Den Massen der Arbeiter steht eine Q. von Vertretern 2

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der Gesellschaft gegenüber: Offizier, Pfarrer, Politiker, Kaufmann u. Kunsthistoriker . . . Abwertend: „Diebe, Gauner, Verbrecher". Süddtsch. Ztg. 11.5.1957. Offenburger Tagebl. 16. 3. 1961. 30. 6. 1971 . . . "Blüten-Q." . . . fünf „Geldhersteller" . . . Gebucht bei Adelung 1777 u. 1808 Quintett, in der Musik, eine Art von fünf Singestimmen; aus dem Ital. Quintetto. Bei Campe 1801 u. 2 1813 in der Tonkunst, ein Fünfsang, Fünfgesang; als Tonstück, ein Fünf spiel. Bei Sanders 1871; bei Kehrein 1876 (Beleg a. Goethe). Zuss.: F o r e l l e n q . Schubert 1819 (Koch 1956 Lex. 277). — S t r e i c h q . wie S t r e i c h q u a r t e t t (s. d.), berufen, den Etatausgleich .. . vorzubereiten (Offenburger Tagebl. 6. 4., 28. 4., 22. 7. 1966. Frankfurter Allgem. Ztg. 8. 10. 1966, Stuttgarter Ztg. 29. 10. 1966). — Verb r e c h e r q . Süddtsch. Ztg. 5. 4. 1951. Kövary 1960 Schülerstreich-Quintett, Humoristischer Roman (Titel).

Quiproquo s. Q u i d p r o q u o . Quisisana N . == ital. qui si sana „hier gesundet m a n " ; N a m e eines königl. Schlosses in Castellamare di Stabia bei Neapel; Beschriftung auf d e m Aushängeschild, dann Bezeichnung zunächst ital., dann auch deutscher Fremdenheime, Kurhäuser, vornehmer Gasthäuser und Gaststätten seit etwa 1880, offensichtlich unter Einfluß der weitverbreiteten Novelle Quisisana Spielhagens; heute fast außer Gebrauch. Belege: Spielhagen 1880 Quisisana 419 . . . das Haus [auf Capri], welches dir so lieb in der Erinnerung geblieben, daß „du dich immerdar nach ihm sehntest", und dessen Name „so tröstlich, so verheißend klingt! Quisisana/" 422. 423. 428 [mit leichtem Hinüberspielen in übertragene Bed.]. 429 . . . von dem Weh ..., daß dies edle Herz gebrochen. Und das nun still war für immer. [Der Arzt] . . . legte die Hand auf das stille Herz. Qui si sana! sagte er leise. Werner 1913 Erlebn. 505 [a. 1887 am

Lago Maggiore] daß ich, die von keinem Windhauch bewegte balsamwürzige reine Luft atmend, nur die Empfindung hatte: „Qui si sana" — seelisch wie körperlich! . . . — Proelß 1891 Modelle 96. Eckstein 1892 Dombrowsky I 259. — Q. [Name eines Fremdenheims in München seit 1897]. — Dazu seither 1952 [in München, Zeitungsbeleg] die vorzügliche Gaststätte „Q.". Bild 28. 8. 1954 Klinik „Q." in Born. Flake 1960 Abend 390 [Hotel u. Sanatorium in Baden-Baden],

Qoisquilien Plur. „Abfall; Wertloses; Nichtigkeiten; Kleinkram" aus lat. (w.; Mz.) quisquiliae „Abfall; Ausschuß" übernommen i m 17. Jahrh., aber nur selten bezeugt. Latein. Formen: Marperger 1716 Küchendict. 27. Meier 1754 Anfangsgründe 1125 . . . Kleinigkeiten und Narrenspossen {nugae vere tales, pusilla, q., res infimae et nugatoriae, ineptiae). Deutsche: 1689 Polit. Fliegenwedel I I 58. 7 Fremdwörterbuch

Leasing 1771 Briefe I 390 Q. und Ungereimtheiten. Bürger 1776 Daniel Wunderlichs Buch (III 7) Q.-Gdahrtheit. Heuberger 1807 Handwb. 521 Q., Auskehrigt, Plunder. Diesterweg 1836 Lebensfrage I I I 41. Immermann 1838 Oberhof

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quitt

254 (R.) [Sammlungen] mit . . . Q. angefüllt. Scherr 1865 Blücher I I 136. Michelis 1872 Reiseschule 62. Fontane 1898 Zwanzig 447. Harnack 1910 (N. F. 125) [Bedeutung der Veröffentlichungen der Berliner Sozietät . . . unter Leibniz. 1710.] . . . strenge wissenschaftliche Sachlichkeit..., die jede Phrase vermied,... Absehen von allen gelehrten Q., wie die Universitäten sie damals liebten. Morf (1917) Dichtung I I I 191. 1925 Geschichtswissenschaft 245. Friedell 1927 Kulturgesch. 1327 Psychoanalyse, die sich . . . an unergiebigen Q. abmüht. Stemplinger 1932 Jugend in Altbayern 129 Kleinlichkeiten und Q. — (ZfdA. 74 (1937) 1) philologischen Q.... die nun einmal in unserer Zunft durch keinerlei Oeistreichtum zu ersetzen sind. Hofmiller 1943 Versuche 48 Q., tvie die Frage nach der Echtheit der homerischen Gesänge, sind verflogen. Berrsche 1949 Trösterin 26 Ich pfeife auf historische Q. [Bachs Brandenburg. Konzert ohne volle Besetzung zu spielen] und

appelliere . . . an das Ohr . . . des lebendigen Musikers. Frankfurter Allgem. Ztg. 9. 5. 1964. Gebucht bei Sperander 1727 Quisquiliae, alles, das nichts wehrt ist. — Erst bei Petri »1812 Quisquilien, Lumpereien, Plunder. Heyse 8 1838 fügt hinzu Unrath, Auskehricht. Bei Sanders 1871 werthloses, unbrauchbares Zeug...; bei Kehrein 1876. Dem Französ. u. Engl, mangeln Wortgleichungen, deshalb ist das Stichwort z. B. bei Sachs-Villatte, Langenscheidt u. bei Wildhagen in beiden Anordnungen, bei Littré u. im NEDict. nicht vertreten. Frz. vaniti, inutilité, nvllité, e. vanity, inutility, nuttity entsprechen in etwa. Q . - f o r s c h u n g Burckhardt 1889 Br. an Preen 248. Grisebach 1943 Burckhardt 327 Die Geisteswissenschaft blüht im Erinnerungsbereich klassischer Überlieferung, auch sie wurde zu einem technischen Handwerk, zur Q. . . .

quitt unflektiertes präd. Adj. „frei, los, ledig; ab-, ausgeglichen; entlastet, bezahlt; erledigt" im deutschen Schrifttum seit frühem 13. Jahrh. überreich bezeugt; auch in Volkssprache und. Mundart mit reich entwickelter Wortsippe, in eigentlicher und bildlicher Verwendung und in vielen verstärkenden Wortverbindungen oder festeren Redewendungen üblich. Letzte Quelle: lat. quietus Adj. „ruhig, gelassen" (zu quies, Gen. quietis ,Rühe'), das — über mittellat. quietus oder quit{t)ius (als Wort der Handelssprache) — afrz. quite, frz. quitte „frei, ledig" ergab (sofern dieses nicht selber postverbales Adj. unmittelbar aus afrz. Ztw. quiter, frz. quitter „freimachen, verlassen" (s. quittieren) ist) als Vorform zu mhd. quit, quit „los, ledig, frei". — Vgl. zur gesamten Wortsippe DWb. Kluge. Paul. — Schirmer, Kaufmannssprache. — Grimm, RA 4 I 24. — Littrö. H.-D. Gamillscheg; e. quit (13. Jahrh.) NEDict. Belege: Mhd. Wb. Lexer. Möller. Diefenbach, Gloss. u. Nov. Gloss. — I n der Verbindung quitt, ledig und los kaufmannssprachlich schon im 14. Jahrh. üblich. Gebucht seit Roth 1571 Quit, Ledig, loss, zu friden, zu ruh. Eingehend bei Stieler 1691 u. in allen Fremdwb. des 18. u. 19. J a h r h . q u i t t i e r e n „den Empfang einer Leistung, Zahlung schriftlich bescheinigen; bestätigen; heimzahlen" in eigtl. und — jünger — in übertragener Bedeutung; als Wort der Kaufmannssprache seit 15. J a h r h . bezeugt (1); „den Dienst aufgeben, verlassen" (im Bereich der Verwaltung u. des Heeres) (2) geprägt nach gleichbed. frz. quitter le Service; vgl. q u i e s z i e r e n . I n der älteren Sprache —14./15. Jahrh. — „von einer Verpflichtung oder Verbindlichkeit freisprechen", auch „befreien; aufgeben". Quelle: afrz. quiter, frz. quitter „frei machen, verlassen", das auf rechtssprachliches

lat. quietare „beruhigen" zurückgeht. Vgl. R E W . Nr. 6958, Littr6. Gamillscheg, H.-D. — Belege mhd. quiten, quiten: Mhd. Wb. Lexer. Möller. Diefenbach. — quittieren (1): Schirmer. (2) vom 17. bis 19. Jahrh. nachgewiesen. Weitergeführt: Singer 1937 Münsterturm 229 Der Krieg [1618—48] sei längst vergessen und quittiert. Bildliche Verwendung selten u. spät, z. B. Brachvogel 1915 Gauklerin 35 lockende Blicke [auf ein M ä d c h e n . . . ] , die . . . mit einem Gegenblicke quittiert wurden. Gebucht bei Maaler 1561 Quittieren, Quitantz gäben, Ledig vnnd loaa sprächen. Bei Roth 1571 Quitirn, Last sich deutlich ansehen, als soU man sagen Quietirn, das ist ledig machen, lösen.... — Die heut übliche Bed. (1) seit Schottel 1663. — Vgl. noch Adelung 1777. 1808 u. Campe 1801. »1813 mit Zus. (zur Bed. u. Herkunft). — Bed. (2) seit Stieler 1691, bei Fäsch 1726 abdanken,

Quivive 1735 . . . seinen Abschied nehmen . . . Bei Adelung 1777. 1808 auch verlassen..., eingehend bei Campe 1801 u. a 1813 . . . seinen Abschied nehmen, sein Amt oder Stelle niederlegen. . . . usw. in allen späteren Fremdwb. Q u i t t u n g F. „schriftliche Bescheinigung über den Empfang einer Leistung; Zahlungsbeleg" seit 14./15. Jahrh. belegt. Bildung zum Ztw. quiten (s. o.). Weitere Bildungen gl. Bed.: Q u i t t a n z seit spätmhd. Zeit in landschaftlich versch. Form mnd. quitaneie u. hochd. quitanz (zu afrz. quitance, frz. quittance „Zahlungsschein" [12. Jahrh.]) bis 17. Jahrh. belegt; vgl. Mhd. Wb.

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Lexer. Möller. Diefenbach. Maaler 1561. Schirmer. — Q u i t t b r i e f (14./15. Jahrh.) zu quitt. Q u i t t i e r u n g (noch im 19. Jahrh. belegt) zum Ztw. quittieren. Belege: Q u i t t u n g : Möller. Diefenbach, Gloss. Schirmer. Gebucht bei Roth 1571 Quitung, Ledigung, Lösung, freysagung. Quitierung, vnd Quitantz (gl. Bed.). — Die heutige Bed. seit Schottel 1663. Vgl. noch Campe 1801. "1813. usw. Q u i t t a n c e eingehend bei Sperander 1727; bei Sanders 1871 auch mit dtsch. Aussprache Quittanz u. Beleg a. Berlichingen.

Quivive N. = frz. qui(-)vive (seit 16. Jahrh. ; eigtl. vive qui ? Ruf der Schildwache, auf den der Posten in der Parole Antwort fordert vive . ..!) als allgem. Werdaruf und nach der frz. Redensart être sur le qui-vive = auf dem Quivive sein, „auf der Hut sein", auch „vor einer Entscheidung stehen". Im deutschen Schrifttum seit Ende des 18. Jahrh. nachgewiesen in der Bed. „Werdaruf" (la), auch übertragen (lb); in den Redewendungen „auf dem Quivire stehen oder sein" u. ä. noch im oder doch nah am militärischen Bereich (2) ; übertragen u. allgem. verwendet (3) und gern mit beigesetzten Begriffswörtern wie .unaufhörlich, ständig'. In neuerer Zeit offenbar zurückgetreten. Vgl. Littré. H.-D. — e. Qui vive (Anfang des 18. Jahrh.) NEDict. Belege: l a . Laukhard 1796 Leben I I I 5 1 7 als eine französische Patrouille von drey Dragonern auf mich zukam, und mir ihr qui vive? (wer da?) zurief.... — [Zeugnis aus dem Feldzug 1814 in Frankreich:] Malachowski 1897 Erinnerungen 112 erscholl uberall das bekannte qui vive. Aurbacher 1835 V. I I 82 Der Franzose schrie Kiwi! und der Deutsche Wer dal . . . Schwarzenberg 1844 W. I I 101. Rindfleisch 1870 Feldbr. 117 . . . kreischte das bedeutungsvolle Qui vive und im Moment darauf knallten die Schüsse. . . . — Busse 1934 Leute 155. Graff 1951 Goethe 124. b. Diesterweg 1838 Lebensfrage IV 60 auf die Sprache der Zeit und auf das „Qui vive?" der entscheidenden Stunde mit der geltenden Parole . . . antworten. 2. Cogniaczo 1791 Geständn. IV 7 aus Furcht vor einer feindlichen Invasion beständig sur le qui vive! seyn. Schlözer 1867 Rom. Br. 341 die Armee stand auf dem Qui vive. a. 1870 brfl. (Conrady, Leben Werders 205). Kretschman 1870—71 Kriegsbr. 274. 1871 Vier Monate vor Paris 36 . . . auf dem „Quivive/" bei Tag und Nacht, in Regen und Sonnenschein, in Nebel, Schnee und eisigem Frost . . . Gümbel 1890 Erinnerungen 3 . . . beständig auf dem Q. 1891 Frz. Soldatengesch. (Übers.) 37 das für einen Feldzug so notwendige Qui-vive [ = Schnelligkeit im Auffassen u. Handeln]. Jahrbücher f. 7*

dtsch. Armee 109 (1898) 22 [neben] kriegslustigen, rachemchtigen, unzuverlässigen Nachbarn, muß ein Staat stets auf dem „Qui vive?" leben . . . . Kanner 1922 Katastrophenpol. 193 Der permanent hinter . . . [dem Kaiser Franz Joseph I.] auf dem Qui vive? oder eigentlich Qui meure? stehende Thronfolger [der 1914 ermordete Erzherzog Franz Ferdinand]. Weill 1843 Sittengemälde 85 [im elsäß. Hochzeitsbrauch der Wegsperre ruft der Bräutigam] Qui vive? . . . [und löst sich durch Wein]. 3. z. B. Gentz 1815 Br. an Pilat 1175 Die Menschen stehen alle einer gegen den andern so auf dem Qui vive! dass man nie weiss, wie man sie behandeln soll. Wit v. Dörring 1828 Fragmente I I I 33. Kohl 1844 brit. Inseln I I I 383 [beim Pferderennen sind die Zuschauer] auf dem q. v. Stahr 1847 Italien I 5. Barnum 1855 Leben 16. Scherr 1865 Blücher 1105. Schlözer 1868 Rom. Br. 355 . . . mich auf dem Q. v. zu halten. 1869 Magazin des Auslandes 94 Standpunkt des „qui vive" [gegenüber dem Internationalismus]. Gutzkow 1878 Schwulst 88. Fontane 1883 Br. II, 2; 85. Büchner 1898 Sterbelager 238. Berolzheimer 1903 Studien 107. Marholm 1903 Psychologie d. Frau I I 34 Dieses beständige Qui vive verträgt sich eigentlich wenig mit der

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Quiz — Quodlibet

Bequemlichkeit der weiblichen Natur. .. . Dombrowski 1920 System I I 87. Wilhelm 1932 Corpus I Einl. S. X L I I I . . . was einem gewiegten Diplomatiker oder Historiker, wenn er nicht immer auf dem ,Qui vive' steht, zustoßen kann. NZ. (Basel) 27. 5. 1949 . . . Erkältungen . . ., die [den Arzt] . . . ununterbrochen auf dem Qui-vive halten. Gessler 1958 Reichs'pol. 52 hatte unter vielen Aspekten auf dem, ,q. v.' zu

sein. Niebelschütz 1961 Spiel 277. Laforgue 1970 Berlin 1887 S. 28 (Übers.) Der Haushofmeister . . . ständig auf dem Q. [in der Bed. „im Dienst"]. Gebucht bei Petri 41823 qui vi(ve), Wer da? Bei Heyse 81838 qui-va-là? oder qui vit?, wer da? [mit Angabe der franz. Aussprache] . . . Bei Sanders 1871 (mit wertvollen Belegen).

Quiz N . „Frage- u. Antwortspiel" aus e. quiz gl. Bed., übernommen u m 1950, rasch auch in Zuss. durch Rundfunk u n d Fernsehen verbreitet. Zugrunde liegt doch wohl ein e.-amerikan. Slangwort oder dialektalisch bedingter Amerikanismus; vgl. z. B . Mathews, Diet, of Americanisms II: 1951. Zufrüht 1867; dazu, quiz game: 1945. Belege: z. B. Südost-Kurier (Reichenhall) 25. 2. 1950 Das Preisraten „wer weiß mehr?" oder den Quiz, wie er im Ausland genannt wird. Süddtsch. Ztg. 7. 3. 1951 . . . erstmalig eine öffentliche „Quiz-Frage- und Antwortschau" . .. [in München]. 13. 4. 1951. . . . in den Dienst der Pfennig-Parade gestellt. . . . Dazu Ztw. quizen. Becker 1962 Quantität 380 Bildungsvorstellung des Quiz. Peuckert 1967 Q. als Bildungshilfe (Titel).

Frankfurter Ztg. 4. 12. 1968 Krisen-Quiz abschließendes Q. über die Währungskrise. Eick 1971 Wirtschafts-Quiz (Titel). N.Z.Z. 14. 8. 1971 „Die sechs Siebeng'scheiten. Zum Erfolg eines Quiz unter Schülern. Frühe Zuss. R a d i o - Q u i z Münchner Abendztg. 3. 1. 1951. Engl, quiz „Neckerei" u. [dtsch.] quizzen „foppen", Quizes u. Puns belegt Kohl 1844 brit. Inseln I 184. I I I 509ff. —

Quodlibet N . „aus versch. Teilen willkürlich und gern in scherzhafter Absicht zusammengefügtes Ganze"; auch (leicht) abwertend „Gemisch, Ungeordnetes; ein Allerlei; irgend Beliebiges"; übernommen aus lat. quod libet „was beliebt", daneben Q u o t l i b e t aus lat. quot libet „wieviel beliebt", in versch. Bedeutungen seit 15. Jahrh. belegt: i m Bereich der mittelalterlichen Disputation (1), später der Musik (2), der Dichtkunst (3), des Buchwesens (4), der Kochkunst (5); als studentisches Kartenspiel (6); gelegentlich als Titelwort, häufig u n d schon früh i n allgem. u. vielfach verzweigter Verwendung (7). Mit dem 19. Jahrh. tritt, deutlich bei Änderung der zu Ende gehenden Grundlagen gerade der Wirkungsbreite v o n (7), das Wort aus dem Schrifttum zurück. Vgl. D W b . (mit reichen Belegen). Vgl. die reich entwickelte engl. Gruppe Quodlibet (NEDict.) seit Ende des 14. Jahrh.; dagegen frz. quodlibet seit 13. Jahrh. (Littre. H . - D . ) ; Eitzen, Irrgarten 211 f. — Vgl. Rogge 1965 Quodlibet. — Eisler 1929 Wb. philosoph. Begriffe I I 577 [Hinweis auf die Scholastik!]. Belege: 1. Das Quodlibet wurzelt aus scholastischer Grundlage her in der mittelalterlichen Universität, vornehmlich in der Artistenfakultät, bei deren alljährlicher Feier die Disputatio quodlibetaria mit ernsten Erörterungen über verschiedene Probleme gehalten wurde. Das sind die Quodlibetica oder die Disputatio de quolibet, z. B. a. 1452 Heidelb. Urkb. 1164 in der facultet der freien künste das quotlibet disputiret. a. 1481 für Tübingen bezeugt (Haller, Univ. Tübingen I I 40). Schon früh — noch im 15. Jahrh. — wurden scherz-

hafte, ja derbe Stoffe unter den gleichen Stichworten beliebt (Disraeli 1849 Cur. 165. Zarncke 1857 Die dtsch. Universitäten im Mittelalter 1234). Zur ges. Frage s. Kaufmann, Gesch. d. dtsch. Universitäten 129. I I 261. 381. 396 — Ehrismann, LG. Schlußband 356. EOV (Hutten, Op. Suppl. 157). . . . Vos debetis notare quod iam hic (Univ. Wittenberg) celebratur quodlibetum et magistri doctoresque expediunt se artificialiter cum magna doctrina in determinandis, solvendis, proponendis que-

Quodlibet stionibus, argumentia, probleumatibus in omni scibili. Späte Zeugnisse: Frey 1556 Gartengesellschaft 3 . . . bey den alten vorfarenden uff den hohen schulen jars die quodlibet zu ihrer gebürenden zeit gehalten, gemacht und referiert worden. Fischart 1575 Garg. 6 zu allen Zeiten bey allen Nationen solcher art kurtzweiligs Gespötts . . . in Schulen mit deponieren, vnd Quotlibeten . . . — 296 (eingehender). 2. Schmeltzl 1544 Quodlibet (Titel). Fischart 1575 Garg. 52. 1609 Musicalischer Zeitvertreiber, das ist, . . . Q. . . . vnd andere kurtzweilige Liedlein (Titel). Moller 1610 Q. (Titel). Zangius 1620 Q.-en (Titel). Friderici 1622 bis 1635 . . . Musicalisches Q. (Titel). Q. [im Titel] 1814; vgl. Ho.-Boh. 10528. — Vgl. Potpourri. Scheidt 1561 Lob 13 [im Wortspiel] . . . So misch Lateinisch verss zuweilen ein . . . Vnd machs gleich wie ein ander Quodlibet Vnd schreib .. . on schewen quod libet. 3. Wernicke 1704 Versuch 458 fragte alle Quodlibets, Satyren, Cantates und Sonnetas (personifiziert!). Hübner 1712 Poet. Handbuch 122. 1725 Anl. zur Poesie 146. um 1725 (Hoffmann von Fallersleben, Findl. 1132). Gottsched 1742 Versuch 623 Q. Dieses ist nichts anders, als ein Mischmasch von einer Menge kleiner Satiren, die ohne Ordnung und Zusammenhang auf einander folgen. 1743 Reimschmiede-Kunst 98. Rabener 1759 Satiren I I 6 ein buntes Q. Moser 1761 Harlequin (IX 92). Schubart 1780 Originalien 36. Wezel 1787 Herr Q. (Titel eines Lustspiels). Goethe 1790 Jery (XII19) (u. ö. bei Goethe). Herder 1801 Adrastea I (XXIII 177). 1803 Briefe von der Universität 13 eine planlose Posse . . ., ein verunglücktes Q. 1808 Journal der Moden X X I I I 691 theatralisches Q worin . .. Scenen aus Schauspielen, Trauerspielen und Opern . . . buntscheckig wechselten. Meisl 1820—25 Theatral. Q. [10 Bde.]. Nestroy 1835 Geist (45) [Gesangseinlage]. Quodlibet (Titel eines Bühnenspiels Handkes; Uraufführung zu Basel; vgl. z. B. Welt 27. 1. 1970). 4. Gelegentlich als Titel von Zeitschriften; z. B. 1785 Schleswiger Q. (Diesch, Bibliogr. Nr. 950 CN.). — ,Q.' hrsg. von Julius Lasker 1852 (1852 Prutz' Museum I 546). 5. Praetorius 1619 Syntagma mus. I I I 17 ein Quotlibet oder Mixtur von allerley Kräutern Francisci 1672 Histor. Rauchfaß I 717 Neben solchen Quotlibet Speisen .. . auch absonderliche Schüsseln mit Reis von mancherley Farben. Niendorf 1854 Paris 61 ein Q. von Fischen, Krebsschwänzen, Muscheln, Geflü-

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geln . . . Seither zurückgetreten; noch Offenburger Tagebl. 18. 11. 1967 ein heiteres gastronomisches Q. mit Anekdoten . .. 6. Fischart, B. 186 (Sanders). — Erman 1929 Werden 103 [Beleg um 1875 f. Leipzig]. 7. Frieß 1538 Wildbäder a 2 a [Berichte über Wildbäder sind] . . . in alle weg mehr nutz, dann andere quotlibetische bücher, so man yetzund inn teütsch der artzney züschreibt. Fischart 1572 Eulensp. (II 18) allerley Quotlibetische Handtwerck. Comenius 1644 Sprachenthür Nr. 742 q. Buch. Keyßler 1730 Reisen (Ausg. 1776) I I 1215 . . . Lackeyen, Pagen, Pferde, Wagen, Viel Reiten, Fahren, Gehen, Tragen, Viel Drängen, Stossen, Zerren, Ziehn, Dies ist das Quodlibet von Wien. 1752 Leipziger Sammlungen VIII 354 [anstatt tüchtiger Staatsbeamter muß m a n ] . . .in der Noth lauter Qvodlibet und Qvidlibet nehmen, grossen Schaden aber leiden. . . . 1771 Bibliothek der Stutzer 187 [ein modischer Stutzer] sagt ein Q. zu dieser, und eine Galanterie zur andern. Rinck 1783 — 84 Studienreise 113 ein Gemähide, ein sogen. Q. Laukhard 1792 Leben I 292 da er wenig umsste, und alles durch einander vortrug; so glichen seine Lektionen einem Q. Foote 1796 Schriftsteller. Übers. (II 12) ein wahres Q. von Mann — (II 202) ein Q. von Weibe — 1797 Mäzen. Übers. (III 33) [ein Mädchen, dem unmögliche antike Schönheitsideale angedichtet werden] . . . ein wahres Q., ein Oüapotrida, von Reizen. Petz 1804 Neumodisches Q. . .. Burleske gegen die häufigen Feyertage . . . (Titel). Meisl 1820 Quodlibet (II 75) Altes Eisen, Messing, Bley . .. Das ist doch ein Q., das gewiss zum Herzen geht. Schmelka 1822 der Rechte (Jahrb. D. Nachspiele 1107) Ihr Charakter ist ein wahres Q. Vor den Leuten scheint sie freundlich; ihr wahres Wesen ist mürrisch, unerträglich. Raumer 1849 Br. Frankf.—Paris 1168 Q. ergötzlicher Narrheiten. Heine 1856 Reise um die Erde I I 126 Die Kleidung der Männer [in Honolulu] besteht aus einem Q. aller möglichen europäischen Kleidungsstücke. Suckow 1862 Sold'leben 69 . . . grosse Wacht• parade . . ., ein wahres Q. von Uniformen. Luise von Kobell 1894 Erinn. 142 [Umwandlung eines Gartens] in ein Q. von ländlichem, wildem und zahmem Wachstum. Vulpius 1788 Glossar. 101 Q., eine Empfindungsliste der Verliebte. Goethe: Mein Leben ist... ein solches Quodlibet in welchem sich hunderterley Arten von Geschäftigkeiten mit hunderterley Arten von Müssiggang kreuzen [vielfach angegeben, z. B. Englert-Faye 1952 Goethe 149; als Zeitbeleg — 1795 — für Goethes vielseitiges Schaffen

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Quorum — Quote

u. briefl. Gedankenaustausch mit Schiller [die berühmte Bemerkung über die] Tyroler wichtig: W. X 357]. Strophen, die . . . bezeichnen [obwohl!] fragGebucht bei Roth 1571 Quodlibet, Ein Osang mentarisch und q. . . . einen . . . vollkommenen, von mannicherley zusam geklaubten Liedern oder . . . abgeschlossenen Zustand. — QuodlibetTexten, da keim auff das ander geht. Item sonst handel Becher 1668 Discours 76 (im Kopfein zusam, geklaubt ding, es sey tvas es wol, das titel:) Q. von unterschiedlichen Manufacturen, [denen im Text entgegengesetzt wird] das sich doch nindert oder wenig zusamen gattet. Jvbilier-Wesen oder der Edelgestein-Handel. — Ein durch einander misch mäsch. Bei Stieler 1691 QuoÜibetbuch, analecta. Bei Wächtler 1709 quodlibetieren „durcheinanderreden" ZimQuodlibet, ein Buch, darein man allerley schrei- mersche Chronik (Fischer, Schwäb. Wb. IV bet, z. E. sich ein Quodlibet machen; ein Diarium 900). — q u o d l i b e t i s c h : Fischart 1577 Trostbüchlein (NL XVIII 13). Zincgref 1623 Q.-es Journal; fast übereinstimmend bei Sperander Weltkäfig . . . [Titel]; vgl. Ho-Boh. 12117 u. 1727, der noch beifügt ein Misch-Masch, aller12118. Becher 1668 Methodus 144 . . . solch q. ley Zeugs untereinander. Eingehend bei Campe 1801 und leicht ändernd s 1813, mit VerdeutLatein. Philippi 1742 Q.-isches Lob Gedichte auf den Knobloch (Titel). — Q u o d l i b e t u m : schungsvorschlägen ein Was-ihr-wolU, ein Ertl 1712 Buss-Kraut 7 Will man jetziger Zeit Allerlei, ein Mischmasch. Bei Sanders 1871 u. einen Welschen, Frantzosen oder Ungarn, . . . Kehrein 1876 mit weiteren Nachweisen. ansehen, schaue man nur einen Teutschen an, Weiterbildungen: q u o d l i b e t a r t i g Goethe so hat man das Q., und den Abriss von allen 1823 Br. (W. X X X V I I 183) [allerlei Fragen Nationen. berührende Unterhaltung] — 1824 ( I X L 57)

Quorum N. „derer, von denen", Gen. Plur. des lat. Pron. rel. qui „welcher, der", als Eingangswort bei Entscheidungen formelhaft gebundenes Fachwort des röm. Rechts (quorum maxima pars; Cod. Justin.; z. B . Zedier 1740 X X X 410); auch in der mittelalterlichen Rechtsprechung; in neuerer Zeit auf den Wahlvorgang eingeschränkt: die Zahl der Mitglieder einer (meist parlamentarischen) Vereinigung, deren Anwesenheit zur gültigen Beschlußfassung nötig ist, üblich und allgemein bekannt in Süddeutschland, in Zeitungsberichten u. ä. belegt. — Unmittelbare Vorlage im englischen Parlamentsbrauch (16., bes. 17. Jahrh. — vgl. NEDict. — Montgomery 1906 Political phrases 286); frz. quorum (Gamillscheg: Hinweis auf Dict. gön. — H.-D.). Gebucht erst bei Sanders 1871 (mit Belegen); bei Kehrein 1876. Beleg jüngster Zeit Offenburger Tagebl. 7.8. 1971 [wegen ungenügender Wahlbeteiligung der Studierenden] könnte man... ein sogenanntes Q. gesetzlich einführen . . . Frankfurter All-

gem. Ztg. 29. 9. 1971 . . . verfügt. . . über das vorgeschriebene Q. [einen Ausschuß zu verlangen].

Quote F. „(in best. Verhältnis festgelegter) Anteil, Teilbetrag, Beitrag"; auch „Beteiligungszahl" zunächst als Wort der Kaufmannssprache und der Staatsverwaltung belegt (3); von vereinzelten Belegen des 15. Jahrh. abgesehen, ausgangs des 16. Jahrh. übernommen aus lat. quota (pars) (w.) oder quotum (s.) „der wievielte (Teil)" (zu lat. quot „wie viel ?"), von denen Quotum nur im 17. Jahrh. (2), Quota dagegen noch bis Ende des 18. Jahrh. vorkommen (1). Einfluß des gleichbed. ital. quota im 16./17. Jahrh. ist sicher anzunehmen. In jüngster Zeit ist Quote mit vielen Zuss. u. Abi. zum Modewort geworden, nachdem es in die Sprache des Sports, der Behörden und der Wirtschaftslenkung übernommen und allgemein bekannt geworden war, nun abgewertet zu farblosem „Zahl". — Vgl. frz. quote-part u. cote (seit 14. Jahrh.) Gamillscheg. Littrö. H.-D.; e. quote (Mitte 15. Jahrh.), quota und quotum (Mitte 17. Jahrh.) NEDict.

Quote Belege: 1. seit Ausgang des 16. Jahrh. bei Schirmer. a. 1598 (Aretin 1839 Bayerns auswärt. Verh. I — Urkd. Bd. — 8) (Bed. „Steueranteil"). Carolus 1609 Relation, Nr. 29" sein part vnd quotam dess verlliste angeben. 1618 Acta Publica Schles. (Palm) 15 (u. ö.) a. 1620 (Aretin, a. a. 0 . 82) [Bed. „Heereskontingent"] (u. ö.). Mengering 1642 Quartiermeister 24. 1664 Memorial C 3". Becher 1670 Bericht E 3». Schurtz 1695 Kaufmannschaft/Wb. Quota, Theil, Antheil, Anlage, Bestimmung, Part, Portion. Marperger 1717 Beschr. der Banken 86 bei Verlust der Quotae des Wechsels. Marsellus 1741 Kriegs-Staat 19 wann ein jeder Stand des Reichs sein Quota, oder Contingent, nicht an Oelde, sondern an Volck beybringen . . . müste (u. ö.). Boltz 1752 Amts-Actuarius 228. 1786 Journal der Moden I 351 Mit einem . . . Seufzer ziehen wir den gar nicht schweren Beutel, und mit Schrecken beobachten wir dabey den Seitenblick der heranwachsenden Tochter, welche darnach hinschieU, und zu berechnen scheint, wie viel er etwa [nachdem die Rechnungen der modischen Mutter bezahlt sind] für ihre Q. noch enthalt. In jüngster Zeit erneut belegt, diesmal als Übernahme aus dem Engl., im Bereich des Films z. B. Süddtsch. Ztg. 30. 5., 4. u. 31. 7. 1951 es müsse die deutsche Produktion mit allen Mitteln vor der Flut aus Hollywood geschützt werden, auch wenn eines dieser Mittel „Quota" heißt. Ebda auch die Zuss.: Quota-Gesetz. Ebda schon 23. 2. 1951 Q.-Regelung (u. ö.). — Ebda 31.7.1951 „quotawürdige Filme". — Neben Film-Quota-Gesetz (Süddtsch. Ztg. 20. 9. 1951) auch Film-Quoten-Gesetz (ebda 3.7. 1951). Weitere Bildungen: Quotafrage (in einer „Notkundgebung der Filmschaffenden") Süddtsch. Ztg. 10. 8. 1951. — Quotamethode Süddtsch. Ztg. 21. 8.1951 In Amerika bedienen sich . . . Volksbefragungs-Institute der sogen. Q., bei der die Auswahl der zu Befragenden nicht nach dem Namen, sondern nach soziologischen Gruppen getroffen wird . . . — Quotatechnik Hofstätter 1956 Sozialpsych. 74 [im Bereich der Meinungsforschung, angewandt durch Gallup u. a.]. Dagegen gehen frühere Zuss. auf das Lateinische zurück, z. B. A b z u g s q u o t a 1777 Beobachtungen 140. — S t a a t s - Q u o t a [Anteil an Renten, Steuern des Privatbesitzes . . . ] Soden 1811 National-Ökonomie V323. 339. 387. 2. Wallhausen 1615 Kriegskunst zu Fuß 84 in quoto . . . um 1650 Discurs 28 den Schuldner, so in quoto zu zahlen vermag, in toto ledig

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sprechen. Ettner 1697 Chymicus 714 . . . einer der ersten ..., der ein Quotum zu meiner subsistence mit beytragen wolte. — Als bequemes Reimwort auf Votum bei Meisl 1820 Quodlibet (15).

3. Beleg a. 1453 f. Nürnberg (Nachlaßaufstellung) (Mitt. VGNürnbergs 29, 296) 22 gülden . . . für den übergülden pecher meinem herrn . . . für sein quott und gerechtigkeit gegeben. Eyzinger 1591 Rel. I I I 35 das die jenigen welche mit besatzung oder ein legerung des Kriegssuolcks sonderlich nit beschwert jre quoten . .. einbringen. Spätere Belege bei Schirmer. — Leibniz 1670 Denkschrift Festigung (II 51). — Cancrin 1820 Militairökonomie I 293. 1828 Jahrbücher d. Gesch. I I 20. Michelis 1873 Reiseschule 227. Roscher 1888 Ackerbau (System I I 13). Kronberg 1929 Jugend 28. DAZ. 4. 1.1935. Frankf. Ztg. 9.4. 1939. Burckhardt 1942 Fragmente (1865—85) 27 [Q. offenbar Lieblingswort B.'s]. Münchner Stadtanzeiger 20. 6. 1952. Süddtsch. Ztg. 10. 11. 1952 eine feste Q. an Wohnbaumitteln zusagen. 4. 3.1953 die zum Abflug bereitgestellten Flüchtlinge nach der derzeitigen Q. in die Bundesrepublik zu fliegen. 12. 9. 1958 Festsetzung der Q. [wieviel „Flüchtlinge" ein Bundesland aufzunehmen habe]. Münchner Stadtanzeiger 2. 5. 1958 Q. der unehelich Geborenen. Arbeitgeber 20. 12. 1960 relativ hohe Q. der kaufmänn. Angestellten. Frankfurter Allgem. Ztg. 27. 10. 1970 Q. [Verhältniszahl p. c. der von Arbeitnehmern abgeschlossenen Bausparverträge]. 10. 2. 1971 Bildung von Quoten, um das häßliche Wort zu gebrauchen . . . 16. 3. 1971 im Verhältnis zur Bevölkerungszahl sei die Q. . . . gleich geblieben Gebucht bei Wächtler 1709 Quota, Antheil, z. E. ich will meine quotam, (ratam) auch darzu contribuiren. Bei Sperander 1727 Quota, der gebührende Antheil an einem Dinge, den jemand zu fordern oder zu geben hat. Bei Campe 1801 Quote, der verhältnissmässige Antheil, an einem abzutragenden oder zu empfangenden Ganzen. a 1813 Zus. . . . der VerhäUnißtheil oder der VerhäÜnissantheil. Bei Heyse 1804, bei Petri 2 1812; bei Sanders 1871 und bei Kehrein 1876 (mit Belegen u. Zuss.). Zuss. mit Quoten — erst in jüngster Zeit häufiger, z.B.: Q . - a n g e b o t Berl. Illustr. Nachtausg. 13.4.1932. — Q . - a u f s t e l l u n g Lokal-Anz. 18.11.1934. — Q . - f e s t s e t z u n g ebda 13.2.1933. — Q . - h u n g e r Voss. Ztg. 15.5.1929. — Q.-kauf Langen 1931 (Titel). — q . - m ä ß i g Berl. Illustr. Nachtausg. 9.8.1933

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Quotient

eine q. festgelegte Anzahl von Dampfern [zum Fang von Seefischen]. — Q . - p l a n M. N. N. 11.9. 1942. — „ Q . - s c h l ü s s e l " Deutschlands Erneuerung 15 (1931) 327. Süddtsch. Ztg. 8.6.1955. — Q . - s t a t u s Voss. Ztg. 16.1. 1930. — Q . - V e r h ä l t n i s Lokal-Anz. 4. 4.1934. Zuss. mit -quote dagegen z. T. älter, z. B.: A b l i e f e r u n g s - q . Lokal-Anz. 8. 1. 1933 A.-n für Fleisch, Milch und Butter. — A b s a t z q . ebda 23. 8. 1933. — A b s c h r e i b u n g s q . Rehm 1914 Bilanzen 382. — A r b e i t s l o s e n q . Süddtsch. Ztg. 7. 1. 1959. — A u f w e r t u n g s q . Neue Ztg. 8. 11. 1952. Münchner Stadtanzeiger 12. 1. 1959. — A u s f u h r q . ebda 9. 1. 1933. — B o d e n q . Berlepsch 1875 Schweizerkunde 437 B. an Wiesen- und Weideland. — D e c k u n g s q . Handwb. Staatswiss. 1929. Erg'bd. 808. — D u n k e l q . deutliche Prägung nach der Dunkelziffer: Frankfurter Allgem. Ztg. 8. 12. 1962. — E i n w a n d e r u n g s q . Nord u. Süd 53 (1930) 306. — E r f o l g s q . [Schlagwort im Bereich des Studiums an Hochschulen] z. B. Offenburger Tagebl. 1. 8. 1969. — F e h l e r q . Lettenbaur 1927 Morgen 258. — G e l d e n t w e r t u n g s q . Stuttgarter Ztg. 30. 6.1965. — K o p f q. (am 20. 6. 1948 bei der Währungsumstellung erhielt jeder Deutsche die sog. K.), vgl. noch 1952 Freiheit durch Sparen 25. Münchner Merkur 7. 5. 1955. — L i e f e r q . Süddtsch. Ztg. 15. 5. 1957 [von Kohlen], — L o h n q . Hook 1954 Mannheim 133. Süddtsch. Ztg. 27. 10. 1965. — R ü c k z a h l u n g s q . M. N. N. 10.5.1941. — R ü s t u n g s q . 1918 Deutschland 26 (in der Bed. des jüngeren -potentials, s. Bd. I I 622f.; vgl. auch V e r t e i d i g u n g s quote). — S c h a d e n s q . Süddtsch. Ztg. 24. 10. 1957. — S c h a t t e n q . Süddtsch. Ztg. 1949 Nr. 91 (im Zus'hang mit dem Umstellungsgesetz der dtsch. Währung), ebda 31. 5. 1950. — S p a r q . Röpke 1929 Kapitalbildung 30 Progression der Sparq. und Kumulation der Kapitalbildung reichen sich die Hand. Süddtsch. Ztg. 11. 6. 1951. Arbeitgeber 20. 3. 1958 Stabilität der Sparq. Stuttgarter Ztg. 6. 10.1962 Anteil des Sparens am verfügbaren Einkommen. — S t e i g e r u n g s q . [des Umsatzes] Stuttgarter Ztg. 25. 6. 1963. — S t e r b e -

q. [der Diabetiker] Süddtsch. Ztg. 1. 6. 1960. — S t e u e r q . bereits belegt Lötz 1822 Staatswirthschaftslehre I I I 225. 1832 Jahrbücher d. Gesch. I I 82. — S t e u e r l a s t q . Frankfurter Allgem. Ztg. 11. 12. 1970. — U m s i e d l u n g s q . Süddtsch. Ztg. 21. 2. 1951. — U n f a l l q . Süddtsch. Ztg. 4. 9. 1954. — V e r b r e c h e n s q . Homans 1960 Theorie 319 Elendsviertel mit einer hohen V.—Verderb q. [der Lebensmittel] Münchner Stadtanzeiger 12. 7. 1957. . . . mit Hilfe von Chemikalien herabzvdrücken. — V o l k s q . Bad. Allgem. Ztg. 10.5. 1958 Bei den Toto- und Lottospielern kennt man die sogenannten V.-n. Das sind kleine Gewinnbeträge unter vier Mark im Gegensatz zu den Hunderttausendern. . . . — V o r z u g s q . Naumann 1915 Mittelem-. 221. — W a c h s t u m s q . [der Ausgaben für Straßenbau innert 10 Jahren] Stuttgarter Ztg. 24.2. 1969. — W e r t q . GottlOttlilienfeld 1925 W. 57. — Z u s c h a u e r q . [im Fernsehen] Offenburger Tagebl. 22.4.1969. quotal Adj. u. Adv., jüngere Prägung des 19. Jahrh., z. B.: Roscher 1899 Handel (System I I I 378) Quotaldeckung. Ratzinger 1884 Armenpflege (Reg.) Quotallohnvertrag. Süddtsch. Ztg. 7. 2. 1951 den Umfang des Pensionsanspruches quotal zu regeln . . . (u. ö.). 21. 5. 1951 Er forderte . .. den „quotal sozial gestaffelten" Lastenausgleich . .. vgl. ebda bereits 10. 5. 1952. 28. 8. 1957 Quotal werden .. . die verbrieften Forderungen erfaßt. 11. 2. 1959 qu.-e Regelung [der Entschädigungen; Gegensatz: „ s o z i a l e " Regelung]. q u o t i e r e n (u. k o t i e r e n ) in der Fachsprache der Mathematik: Xylander 1562 Euclid (Übers.) Vorr. b 3 a , des Rechtslebens Wehner 1608 Observ. 279 „die verschiedenen Aktenstücke beziffern" u. „zählen"; gebucht bei Sperander 1727, bei Haym 1738 Jurist. Lex. 3 vgl. Sanders 1871; Kehrein 1876. Auf Kaufmanns- u. Börsensprache beschränkt blieben jüngere Bildungen quotisieren, dann Quotierung, Quotisierung, Quotisation „Anteilsbestimmung" u. a., die seit Campe 21813 gebucht werden (vgl. Schirmer).

Quotient M. „Ergebnis einer Teilung; Bruchwert, Teilwert; Zahl" Fachwort der Mathematik seit dem frühen 15. Jahrh. Quelle: lat. (numerus) quotiens (zu lat. quotiens u. quoties, Adv. „wie oft?"), das als vermeintliches Partizip. Praes. angesehen und daher in akkusativ. Bildungsweise Q u o t i e n t geprägt wurde. — Vgl. frz. quotiens (Ende 15. Jahrh.), später quotierU (Littrö. H.-D.), e. quocyens, quocyent (15. Jahrh.), dann ebenfalls und noch im 15. Jahrh. quotient (NEDict.). Belege für Quotiens im deutschen Schrifttum seit 1400; für Quotient seit 1483 bei

Schirmer, dazu noch folgende wichtige: Widmann 1508 Rechensch. 36". Apianus 1527

Quo vadis Newe vnderweysung F 5 b (u. ö.). Rudolff 1532 Künstliche rechnung A 2 b Numerirn, Addim, Summirn, Subtrahirn, MuUiplicim, Diuidirn, quotient etc. sein verzugte lateinische wörtlein, den kaufflewten breuchig vnd wol behaut, Derhalben ich sie auch bleiben lasse. Xylander 1562 Euclid (Übers.) 67 (u. ö.). 1694 Euclides 170. Sturm 1737 wahre Vauban 20.

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Gebucht bei Sperander 1727. Bei Campe 1801. a 1813 u. verdeutscht mit TheikäMer oder -zahl. Bei Sanders 1871; bei Kehrein 1876. Q u o t i e n t e n s y s t e m Süddtsch. Ztg. 3 . 4 . 1958 Sitzverteilung im [griech.] Parlament nach dem sogen. Q. . . .

Quo vadis? lat. .wohin gehst Du?' Frage des Apostels Petrus an Christus in Joh. 13, 36 und in der Petruslegende. Als Titelwort des Romans von Sienkiewicz (1895/96) zum geflügelten Wort geworden (1); im Sinn bedrückender Sorge und der Ungewißheit um die Zukunft eines Staates oder einer Völkergemeinschaft im Titel politischer Schriften usw. mehrfach verwendet (2); in jüngster Zeit herabgezogen u. entwertet durch Hörspiel, Verfilmung und Wettbewerb (3), wenn auch mit ausgesprochenen Besorgnissen beachtet. Domine, quo vadis? Das Kirchlein vor der römischen Porta San Sebastiano verdankt einer der schönsten kirchlichen Legenden Entstehung und Namen. Vgl. von der Hagen 1819 Br. I I I 16. Belege: 1. Büchmann 2, 328. — Vgl. LokalAnz. 18. 2. 1933 der Glaube siegt über die Macht, das Quo-vadis-Motiv. — vgl. Harnack 1890 (115). 2. Aus der Überzahl der auch in jüngster Zeit nicht abreißenden Flut der Zeugnisse mit allen möglichen Zielen, bei versch. Wertung, einige: Kogge 1915 Quo vadis, Romania? (Titel). Niekisch 1929 Gedanken 219. 1930 Die Zeit 673 Quo vadis Germania? Fischer von der Eger 1933 Quo vadis Europa? 1941 Quo vadis America? Der politische und wirtschaftliche Standort der Vereinigten Staaten. Süddtsch. Ztg. 29. 8. 1951 in einem „Quo vadis DGB?" uberschriebenen Artikel . . . 29. 8.1953 „Quo vadis Europa?" ist das Anliegen der Konferenz [des Christi. Vereins junger Männer]. Weitere Titelstichworte: Stuttgarter Zeitung 15.6.1959 [Zukunft der SPD]. 12.6.1960 [Polen], 8. 3. 1961 [Afrika]. 1. 5. 1963 [Italien]. — Juni 1966 Quo vadis, Germania? Dtsch. Wege in die Zukunft. . . . Forum der Dtsch. FriedensUnion. Frankfurter Allgem. Ztg. 14. 5.1969 [Südtirol]. Freiburger Wochenbericht 25. 6. 1970 Quo vadis — öffentlicher Nahverkehrt

Frankfurter Allgem. Ztg. 17. 9. 1971 Quo vadis, Deutschland ? [zur Börsenlage]. 3. Altenloh 1914 Soziologie 99. — Süddtsch. Ztg. 22. 5. 1953 „Quo vadis, Cinema" hieß ein interessanter Vortrag [über] . . . die Krisensituation des internationalen Films. Stuttgarter Ztg. 23.1.1961 [Heilbronner Künstlerball mit dem Motto „Quo vadis, Käthchen?"]. Offenburger Tagebl. 28. 4. 1965. Frankfurter Allgem. Ztg. 5. 10. 67 [Modekleidung] Quo vadis 1967 oder „Rocksaum umhin gehst du?". — Zu 2 u. 3: auch unter der nur dtsch. Fügung Wohin gehstu?; gekürzt: Frankfurter Allgem. Ztg. 4. 1.1971 Wohin, Berlin? Dies wird ein schweres Jahr für Berlin. Auch am Theater [eingehend sorgenvoll erörtert mit Forderung neuer Wege]. Zbinden 1970 Europa umhin? Geistige und politische Voraussetzungen einer lebensfähigen europ. Gemeinschaft (Titel). — Dtsch. Ztg. 9. 7. 1971 Berlin — wohin? [Verf.: Franz Josef Strauß]. Zum niederen Gemeinplatz gesunken 1949 Wort u. Wahrheit 677 f. [Bez. einer Bedürfnisanstalt]. Q u o v a d i s m u s , nach frz. quovadisrne im Gefolge des auch durch Übersetzungen modisch gewordenen poln. Romans gebildet; als Wort u. Sache mit geißelnden Bemerkungen abgelehnt Grenzboten 1902, 1; 166.

R Rabatt M. (-(e)s; selten -e), Mitte 17. Jh. übernommen aus ital. rab(b)atto, wohl auch frz. rabat, 'Nachlaß am Preis' (zu älterem ital. rab(b)attare, frz. rabattre, zurückgehend auf lat. *reabbatuere 'wieder abschlagen'), zunächst in unterschiedlichen Schreibweisen Rebat(t), rabatto, Rab(b)at. Ursprünglich Fachwort der Kaufmannssprache, jetzt allgemein üblich in der Bed. 'prozentualer Nachlaß (in Geld oder Geldeswert) vom festgesetzten oder normalen Preis', eine Vergünstigung, die z. B. bei Abnahme großer Mengen (Mengenrabatt), bei Dauerbezug (Treuerabatt) oder bei Barzahlung gewährt wird, vgl. dem engeren Fachwortschatz angehörendes, gleichzeitig entlehntes und gleichbed. Diskont, Skonto; häufig im Syntagma (5%) Rabatt geben und in den Zss. Rabattmarke 'Klebemarke für (Sammel-)Rabatt auf Waren des täglichen Bedarfs' und Rabattkartell 'Vereinbarung mehrerer Unternehmen (der gleichen Wirtschaftsstufe) über Vereinheitlichung der Rabattgewährung'. Dazu die heute veraltete Verbalableitung rabattieren, Anfang 17. Jh. in Nürnberg als rebatirn aufgekommen (SCHIRMER, Kaufmannssprache), aber nur selten belegt in der Bed. '(als Rabatt) abziehen, Rabatt gewähren'. Rabatt: Harsdörffer 1655 Secretarius Rabat oder Rebat, Zinßkürtzung/Abschlag (JONES); Schürt^ 1662 Buchhalten 32 man lässt sich unverfallene Schulden rabattiren oder verkaufft anderer Leute (Wechsel-)Brieffe gegen rabatto; Leib 1708 2. Probe 11 auch unter denen Handler-Leuten nichts gewöhnlicher ist, als wenn sie die Waaren auf Zeit kauffen, und hernach mit baarem Gelde bezahlen, daß sie einen . . . Rabat ziehen; 1781 Hausball 5 Leute die Geld nöthig sind, mit zweifachen Rabbat zu hintergehen; Goethe 1796 Br. (XI 223) Die Hofmannische Buchhandlung prätendirt mit Cotta i m Verhältniß zu stehen und verlangt 15 bis 20 Exemplare auf Rechnimg. Soll ich sie ihr geben ? oder baar Geld, versteht sich mit einem Viertel Rabat, verlangen?; ebd. 1815 (XXV 392) ich würde den Verleger veranlassen eine Parthie Exemplare mit dem Beding eines gewissen Rabatts in Commission zu geben (GWB); 1829 Jahrbücher der Gesch. 1642 den Betrag der Differenz des Nettound Ladenpreises (den Rabat) höher berechnet;

Strauß 1870 Briefe an seine Tochter 167 wenn ihr in Stuttgart eine Versteigerung [besucht], solltet ihr die Besorgung der Caroline auftragen, die sich dabei einen Rabatt verdienen könnte; Süddtsch. Ztg. 7. 3. 1959 Diese [Rechtsunsicherheit] kommt vielleicht am deutlichsten im Streit um die Zulässigkeit der Rabattkartelle zum Ausdruck; Offenburger Tagebl. 21. 3. 1967 Rabattmarken haben doch ein zähes Leben. „Muttis Sparkasse", die Rationalisierung und der Konkurrenzkampf; FAZ 11.9.1971 Genschers Vorschläge gehen weiter dahin, die Gewährung von „Mengenrabatt" bei der Bildung der Gesamtstrafen für Serientäter einzuschränken, rabattieren: Schürtz 1662 Buchbalten 32 man lässt sich unverfallene Schulden rabattiren; Goethe 1790 Br. (IX 176) Sie haben zu wenig gerechnet. Es sind Sieben Millionen und zweimal hundert Thausend Thaler. Aber auch diese Summe ist das Land wohl werth und müßte auch rabattiren (GWB).

Rabatte1 F. (-; -n), Anfang 17. Jh. entlehnt aus frz. rabat 'Umschlag (an Kleid oder Tasche), Kragen' (zu rabattre in der bes. Bed. 'zurück-, umschlagen, umbiegen'), früher in unterschiedlichen Schreibweisen Rabbat, PI. Rabat(t)en, im Laufe des 18. Jhs. unter Genuswandel (Rückbildung von der weitaus häufigeren Pluralform?) in seiner endgültigen Form; veraltet gegenüber heutigem -> Revers 3 . Fachwort der Schneider8 Fremdwörterbuch

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Rabatte — rabiat

spräche in der Bed. 'Um-, Auf-, Überschlag, Klappe an Ärmel oder Kragen von Kleidungsstücken', bes. an Uniformen, manchmal als andersfarbiger Besatz. 1612 Kursächs. Kleiderordnung 15 [in Dresden wer- schen Policey-Ordnung die lang entblösten Hälse den] wegen der entblöseten Hälse [die Rabaten (JONES); Moser 1774 Phant. (I 112) eine beson'Aufschläge an Weiberkleidern' verboten] (TRÜB- dere Kleidung für die Jugend [in England und NER); Moscherosch 1650 (1643) Gesichte II 147 Italien, auch schon im alten Rom] ein grosses Fest, Dann Vmbschläge / oder Vberschläge (die vnsere wenn der Sohn zum erstenmal ein Kleid mit RabatNewlinge / Rabbat / nennen) (JONES); Zedier ten anlegte. 1741 Universal-Lex. Rabaten heissen in der Sächsi-

Rabatte2 F. (-; -n), Anfang 18. Jh. entlehnt aus gleichbed. niederl. rabat ( < frz. rabat, -»- Rabatte1); Fachwort der Gartenkunst in der Bed. 'schmales, meist mit Buchsbaum und Ziersträuchern besetztes (Blumen-, Rand-) Beet', bes. zur Einfassung von Wegen und Rasenflächen. Amaranthes 1710 Proben 1241 durch die Rabatten (JONES); Frisch 1741 Teutsch-Lat. Wb. Rabatte, bey den Gärtnern, da man einen Saum an das Gartenbeet macht, und Blumen auf diesen Überschlag säet und pflanzt; Goethe 1807 Br. (XIX 295) Was die hauslichen Dinge betrifft, so ist das Spargelquadrat nebst den Rabatten umgegraben (GWB); ebd. 1809 (XX 323) Ich schicke dir einen Kasten mit schönen Äpfeln. Die oben aufgebundenen Pflanzen laß in den Rabatten vertheilen und an Stäbchen anbinden (GWB); ebd. 1830 (XLVI 209) Die allgemeine Schneelast ruht auch auf uns. Ich komme kaum aus meiner Stube und sehe den Garten wie mit einem großen Teppich überdeckt,

weder Beete noch Rabatten sichtbar, kaum die Wege zu unterscheiden (GWB); Riehl 1862 Gesch. aus alter Zeit1235 neben verwilderten Hainbuchengängen wucherten d o r t . . . breite Beete von Nachtschatten und lange Rabatten von Brennesseln in wahrhaft tropischer Pracht (TRÜBNER); Eckstein 1889 Camilla 118 Auf den Rabatten des Vorgartens blühten die Centifolien; Ebertin um 1910 Alles verstehen 110 die prächtigen Teppichbeete und reizenden Rabatten; Die Zeit 14. 11. 1975 die Chrysanthemen in den Rabatten welken, immer noch buttergelb, trotzig dem Komposthaufen entgegen.

rabiat Adj., gebildet nach mlat. rabiatus '(toll-)wütig' ( < rabiare 'toll sein; wüten, toben', zu lat. rabtes 'Wut, Tollheit'), eventuell unter Einwirkung von gleichbed. ital. arrabbiato (daher frühere Schreibung rabbiat); seit Ende 17. Jh., zunächst nur spärlich, belegt in der Bed. a 'wütend, außer sich; rücksichtslos, roh, gewalttätig', auf menschliche Eigenschaften, Gemütszustände, Verhaltensweisen bezogen. Gebucht und häufiger belegt erst seit späterem 19. Jh., wo zum allgemeineren Verwendungsbereich zwischenmenschlicher Zusammenstöße der Bezug auf b politisch weltanschauliches Verhalten und Denken im Sinne von 'maßlos, extrem' tritt; seit Mitte 20. Jh. wieder meist, oft schlagwortartig in Zeitungsmeldungen, für gewalttätige Ausschreitungen gegen Menschen und Sachen, z. B. unter Alkoholeinfluß, verwendet. Dazu in jüngster Zeit die subst. Gelegenheitsableitung Rabiatheit F. (-; ohne PI.) 'extreme Rücksichtslosigkeit'. rabiat a: Abr. a S. Clara 1692 Judas III 477 ist er . . . ob der grausamen Ohn-That/ die er begangen/ fast unsinnig und gleichsam von ihme selbst kommen/ dahero gantz rabiat die Zähne aufeinander begiessen/ die Haar aus dem Kopff geraufft/ die Kleider zerrissen; Gansler 1698 Lugenschmid II 31 [der von einem Gast geohrfeigte Koch] schier

vor Zorn rasend . . . machte als ein rabiater Geist aus Häfen und Schüsseln ein Scherben-Allapatrita; Gaudy 1836 Tagebuch 1160f. Frechheit des Kellners, welcher sich nicht entblödete, noch weit rabbiater als mein ungnädiger Herr sich zu geberden . . . der rebellische Knecht; Hey se 1861 Alm (III 2, 414) und so hätte er [der Jägerbursche] mich [den Wil-

Radar derer] erschossen, so rabbiat machte es ihn, daß ich ihm begegnete; Franken 1913 Schneide 75 Olli braucht von dem Gelde nichts zu wissen, die ist rabiat auf dich; Graf 1925 Gesteht