Deutsche Umsatzsteuer im europäischen Kontext: Festgabe 25 Jahre UmsatzsteuerForum 9783504382599

Behandelt werden Risiken, Chancen und Perspektiven in der Umsatzsteuer aus deutscher und gemeinschaftsrechtlicher Sicht.

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Deutsche Umsatzsteuer im europäischen Kontext: Festgabe 25 Jahre UmsatzsteuerForum
 9783504382599

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Nieskens (Hrsg.) · Deutsche Umsatzsteuer Im europäischen Kontext

Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 24 Herausgegeben vom Umsatzsteuerforum -Vereinigung zur wissenschaftlichen Pflege des Umsatzsteuerrechts e.V.-

Deutsche Umsatzsteuer im europäischen Kontext Festgabe 25 Jahre UmsatzsteuerForum

Herausgegeben vom Umsatzsteuerforum -Vereinigung zurwissenschaftlichen Pflege des Umsatzsteuerrechts e.V. durch

Prof. Dr. Hans Nieskens Vorsitzender des Vorstandes, München

2008

Verlag

Dr.OftoSchmidt Köln

Zltl.erempfehlung: Autor in Nieskens (Hrsg.), Deutsche Umsatzsteuer im europäischen Kontext, Köln 2008, S....

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 0221/937 38-01, Fax 0221/937 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-62224-4 ©2008 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für V ervielfältigungen. Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung nach einem Entwurf von: Jan P. Lichtenford Druck und Verarbeitung: Bookstation, Sipplingen Printed in Germany

Vorwort 25 Jahre UmsatzsteuerForum, Vereinigung zur wissenschaftlichen Pflege des Umsatzsteuerrechts e.V. - das am 26. März 1982 gegründete UmsatzsteuerForum feierte aus diesem Anlass am 21. Juni 2007 sein 25-jähriges Bestehen. Zu Gast war das UmsatzsteuerForum mit seiner Jubiläumsveranstaltung in den repräsentativen Räumen der HypoVereinsbank in der Landeshauptstadt München. Der besondere Dank des UmsatzsteuerForums gilt daher der HypoVereinsbank, die dies mit ihrem großzügigen Sponsoring ermöglicht hat. Sowohl das Grußwort des Mitgliedes des Vorstandes der HypoVereinsbank, ROLF FRIEDHOFEN, als auch das Grußwort der Bayerischen Landesregierung durch den Finanzstaatssekretär PRANZ MEYER zeugen von der engen Verbundenheit mit dem UmsatzsteuerForum. Der vorliegende Band dokumentiert die anlässlich dieses Jubiläums gehaltenen Vorträge. Im Mittelpunkt der Jubiläumsveranstaltung stand zum einen ein kritischer Blick zurück auf 25 Jahre Umsatzsteuer. Der Festbeitrag von WERNER WIDMANN "UmsatzsteuerForum - ein viertel Jahrhundert wissenschaftliche Pflege des Umsatzsteuerrechts" untersuchte die Entwicklung des Vorsteuerabzugs in den letzten 25 Jahren. Er kam zusammenfassend zu dem Schluss, dass die alten Probleme auch die neuen Probleme sind. Dr. WILFRIED WAGNER betrachtete die umsatzsteuerliehe Behandlung des privaten Konsums unternehmefiseher Gegenstände in den letzten 25 Jahren. Er zeigte neue Denkansätze zur Behandlung der unentgeltlichen Wertabgabe vor allem im Zusammenhang mit Grundstücken auf. Unverzichtbar aufgrund der dynamischen Entwicklung der Umsatzsteuer - gerade auch in den letzten 25 Jahren - ist aber auch der Blick in die Zukunft. Besondere Beachtung fand hierbei der auf englisch gehaltene Vortrag des EU-Mehrwertsteuer-Kommissars LAsL6 KovAcs, der den Weg der europäischen Umsatzsteuer (The way to the European VAT) beschrieb. Aus deutscher Sicht antwortete die parlamentarische Staatssekretärin Dr. BARBARA HENDRICKS, indem sie die Risiken, Chancen und Perspektiven in der Umsatzsteuer beschrieb. Welche Dynamik die Umsatzsteuer zukünftig gewinnen wird, verdeutlichte der diesen Komplex abrundende Beitrag von Prof. Dr. PAUL KIRCHHOF zu

V

Vorwort

den neuen Ansätzen zur Umsatzsteuer im Rahmen von Verfassungsund Europarecht Ein dritter Themenkomplex war den zurzeit dominanten Problemen der Umsatzsteuer-Betrugsbekämpfung gewidmet. Dr. WOLFGANG NOLZ vom Bundesministerium der Finanzen, Wien, zeigte die in Österreich angedachten Strategien zur Bekämpfung des Umsatzsteuer-Missbrauchs auf, einem Land, das mit Deutschland nicht umsonst Vorreiter in der Reverse-Charge-Debatte auf Europäischer Ebene ist. Gänzlich neue Wege beschrieb das UmsatzsteuerForum mit der Einladung an die beiden Spieltheoretiker Prof. Dr. VOLKER BIETA und Prof. Dr. HELMUTH MILDE, beide aus Trier. Sie zeigten auf, welchen Beitrag die Spieltheorie zur Bekämpfung des Umsatzsteuer-Betruges leisten kann und welche Konsequenzen sich hieraus für das Risikomanagement der Finanzverwaltung ergeben könnte. Es war für das UmsatzsteuerForum eine besondere Ehre, unter den zahlreichen und hochrangigen Vertretern der Wissenschaft, der Wirtschaft, der steuerberatenden Berufe, der Gerichtsbarkeit und der Finanzverwaltung auch Gäste aus dem europäischen Ausland begrüßen zu dürfen. Der herzliche Dank des UmsatzsteuerForums gilt allen Sponsoren, die wesentlich zum Gelingen der Jubiläumsveranstaltung beigetragen haben, allen voran die HypoVereinsbank für die organisatorische Hilfestellung und die Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten, aber auch HDI Gerling, die DATEV eG und die Verlage Deubner, Dr. Otto Schmidt, Stollfuß und Verlagsgruppe Handelsblatt für ihre großzügigen Spenden. München, im April2008

VI

Prof. Dr. HANS NIESKENS

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort

V

ROLF FRIEDHOFEN Mitglied des Vorstandes der HypoVereinsbank, München

Grußwort der HypoVereinsbank ...................................................

1

Prof. Dr. HANS NIESKENS Vorsitzender des Vorstands des UmsatzsteuerForums-Vereinigung zur wissenschaftlichen Pflege des Umsatzsteuerrechts e.V., München

Begrüßung und Eröffnungsansprache ............ ........ ......................

3

FRANZMEYER Mitglied des Landtages, Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium der Finanzen, München

Grußwort der Bayerischen Landesregierung ..............................

9

WERNER WIDMANN Ministerialdirigent im Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz, Mainz

UmsatzsteuerForum- ein Vierteljahrhundert wissenschaftliche Pflege des Umsatzsteuerrechts I. II. III.

Persönliche Vorbemerkung ...................................................... 13 Steuerbare Vorleistungen als Voraussetzung des Vorsteuerabzuges ...................................................................... 16 Vorsteuerabzug nur für die vom leistenden Unternehmer für seinen Umsatz geschuldete Steuer ........................................... 18

VII

Inhaltsverzeichnis Seite

IV. V. VI. VII. VIII. IX. X. XI. XII. XIII. XIV. XV.

Richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechtsauch zu Lasten der Steuerpflichtigen ...................................... Anwendungsvorrang von EU-Vorgaben am Beispiel des § 15 UStG .................................................................................... Anwendungspausen für die 10-v.H.-Grenze gern. § 15 Abs. 1 UStG ...... ............ ............................. ..... .... .... ..... ... ..... Demokratieprinzip-Defizite des Verfahrens zur Genehmigung von Sondermaßnahmen durch die Mitgliedstaaten ..... § 15 Abs. 1a UStG ....................................................................... Sofortentscheidung über den Vorsteuerabzug ....................... Neufassung des§ 15a UStG zum 1.1.2005 ............................... Betrugsanfälligkeit des Mehrwertsteuersystems ......... ........... Systematische Ansätze zur Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung ........... ............. .................. ...... ..... ... ............... ......... Bemühungen zur Einführung des Reverse-ChargeVerfahrens ...................................................... .......................... .. Einzige Anlaufstelle (One-Stop-Shop) ..................................... Schlussbemerkung .....................................................................

19 20 22 22 24 25 27 27 29 30 32 32

LASZLÖ Kov Acs Member of the European Commission, Commissioner for Taxation and Customs Union, Bruxelles

The Way to the European VAT - Der Weg der europäischen Umsatzsteuer-

I. II. Ill. IV. V.

Introducbon ................................................................................ Conventional measures ............................................................. Taxation of intra-Community supplies ................................... Introducbon of a general reverse charge ..... ............ ... ........ ..... Other future developments......................................................... 1. VAT rates ............................................................................ 2. VAT treatment of Financial Servicesand Insurances ....

VI.

Closing ........... ............................................................................. 42

VIII

35 37 37 39 41 41 41

Inhaltsverzeichnis Seite

Dr. BARBARA HENDRICKS Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen, Berlin

Risiken, Chancen und Perspektiven in der Umsatzsteuer aus deutscher Sicht I.

Risiken der Umsatzsteuer ......... ............ ..... ........ ........... ..... ....... 43 Erörterungen auf EU-Ebene ............................................. 44 2. Studien in Deutschland .................................................... ; 45

1.

Il.

Ill.

Chancen und Perspektiven der Umsatzsteuer ........................ 1. Deutschland hält eine Besteuerung innergemeinschaftlicher Lieferungen für nicht zielführend ............... 2. Zwei Lösungen gegen Vorsteuerbetrug denkbar ........... 3. Auch andere Mitgliedstaaten haben gute Erfahrungen mit Reverse-Charge gemacht ...... ..... .. .......... .. ............... .... 4. Wir wollen lediglich eine Option für das ReverseCharge-Verfahren ...................... ........ ................................ 5. 5000-€-Grenze ..................................................................... 6. Die europäischen Vorbehalte gegen das Reverse-ChargeVerfahren sind kaum nachvollziehbar ............................ 7. Kann es Auswirkungen auf den Binnenmarkt geben? .. 8. Es gibt heute schon eine Vielzahl unterschiedlicher Regelungen im Gemeinschaftsrecht ....... ............... ...... .....

46 46 46 47 48 48 50 51 51

Ergebnisse der deutschen Ratspräsidentschaft Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs ................. .... .. 52 2. Mehrwertsteuerpaket ............ ................... ........ ..... ..... ... .... 53 1.

Prof. Dr. Dres. h.c.

PAUL

KIRCHHOF

Ruprecht-Karls-Universität Beideiberg

Reform der Umsatzsteuer im Rahmen von Europarecht und Verfassungsrecht I. Il.

Rechtfertigung der Umsatzsteuer ............................................ 55 Rechtsquellen des europäischen und des nationalen Rechts 58

IX

Inhaltsverzeichnis Seite III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. X.

Zwischenunternehmerische Umsätze ...................................... Entlastung des Unternehmers und Belastung des Endverbrauchers .. ..... ........ ...... .... ........... ... ..... .. .... ...... .... .... ........ Ist-Besteuerung .......................................................................... Bagatellfälle ................................................................................ Betriebe der öffentlichen Hand ................................................ Integration der besonderen Verkehrsteuern ........................... Steuerbefreiungen und ermäßigter Steuersatz ....................... Zusammenwirken zwischen Finanzbehörde und Steuerpflichtigem .... ............. ......................... ..... .... .. ..... ........... ..

59 63 65 65 66 67 69 71

Dr. WOLFGANG NOLZ Leiter der Sektion für Steuern und Zölle, Bundesministerium der Finanzen, Wien

Strategien zur Bekämpfung des Umsatzsteuermissbrauchs in Österreich I. II. III.

Ausschöpfen der bestehenden Instrumente ............ .... ............ 73 Besteuerung innergemeinschaftlicher Lieferungen ................ 74 Beseitigung der fraktionierten Erhebung der Umsatzsteuer . 75

Dr. VOLKER BIETA Technische Universität Dresden Prof. Dr. HELLMUTH MILDE Universität Luxemburg

Beitrag der Spieltheorie zur Betrugsbekämpfung in der Umsatzsteuer - Konsequenzen für das Risikomanagement der Finanzverwaltung -

X

I.

Problemstellung ......... ........... .......... .... ................... ........... ... ...... 79

II.

Statistische Datenanalyse 1. Grundmodell ...................................................................... 82

Inhaltsverzeichnis Seite

2. 3. III.

IV. V.

Ablauf ... ... ...... ..... ...... ........... ..... ...... ...... .................. ..... ....... 83 Ergebnis .............................................................................. 86

Spieltheorie 1. Grundidee ...... ..... ...... ..... ............ ..... ....... ....... .... .. .. ....... ... .... 2. Kontroll-Spiel ..................................................................... 3. Betrug-Spiel ............. .............. ... .............. ...... ...... .. .............. 4. Einfache Intuition ......... .... .. .... ...... ..... ........ ..... ........... ... .....

88 90

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96

Zusammenfassung ..................................................................... 98 Schlussbemerkung ..................................................................... 98

Dr. WILFRIED WAGNER Vizepräsident des BFH, München

Umsatzsteuerliche Behandlung des privaten Konsums unternehmerischer Gegenstände in 25 Jahren UmsatzsteuerForum I. II. III. IV. V. VI.

"Eigenverbrauch" -ein deutsches Leiden? ........................... Deutsche Besteuerungspraxis vor 25 Jahren ......................... Diagnose im Licht des Gemeinschaftsrechts ......................... Armbrecht-Seeling-Wollny-Syndrom des deutschen Gesetzgebers und seine Folgen .............................................. "Vorsteuerverbrauch" mit Besteuerungsverbot mit Ablauf des "Abschreibungszeitraums"? ............................................ Ergebnis: unternehmerischerund privater Endverbrauch bleiben gravierend ungleich behandelt .................................

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Stichwortverzeichnis ........................................................................... 117

XI

Grußwort der HypoVereinsbank ROLF FRIEDHOFEN

Mitglied des Vorstandes der HypoVereinsbank, München

Sehr geehrter Herr Kommissar Kov Acs, sehr geehrter Herr Professor Dr. NIESKENS, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie ganz herzlich in den Räumen der HypoVereinsbank und hoffe, dass Sie hier ein erfolgreiches Umsatzsteuer-Jubiläumsforum durchführen werden. Ich freue mich sehr, dass Sie heute bei uns zu Gast sind. Denn das Thema Umsatzsteuer begleitet die Wirtschaftauch die Banken, aber vielleicht noch mehr unsere Kunden - auf Schritt und Tritt. Einmal sozusagen das "who is who" der deutschenin Anführungszeichen - "U msa tzsteuerszene" · im eigenen Haus zu Gast zu haben, ist auch vor diesem Hintergrund ausgesprochen attraktiv. Wir haben Ihnen jedenfalls sehr gern unsere Türen geöffnet- und das nicht nur, weil wir selbst Mitglied des UmsatzsteuerForums sind! Als ich im Rahmen eines Abendessens davon berichtete, dass in unserem Haus demnächst einen Tag lang zum Thema Umsatzsteuer diskutiert werden würde, trafen mich- ich darf dies heute vielleicht sagenfragende Blicke. Viele meiner Tischgesellen unterstellten sofort eine staubtrockene Veranstaltung und wunderten sich, wie man sich mit einem Teilaspekt des Steuerrechts so ausführlich beschäftigen kann. Aber, meine Damen und Herren, ein Blick auf das Veranstaltungsprogramm zeigt schon, dass es sich keineswegs um eine langweilige Themenstellung handelt. Ganz im Gegenteil, die Umsatzsteuer beeinflusst maßgeblich die finanzielle Gestaltungskraft des Staates. Sie ist ein Instrument der gesellschaftlichen Gestaltung, das immer wieder leidenschaftlich diskutiert wird. Ich erinnere nur an die politischen Auseinandersetzungen im Vorfeld der jüngsten Mehrwertsteuererhöhung. Die Debatte um direkte oder indirekte Steuern ist letztlich eine Debatte um Umverteilung und gesellschaftspolitischen Kurs- also keineswegs langweilig, sondern hoch emotional und politisch.

1

FRIEDHOFEN,

Grußwort der HypoVereinsbank

Die Umsatzsteuer ist ein Werkzeug - und beileibe nicht das unwichtigste - der europäischen Harmonisierung. Sie beeinflusst die Wettbewerbsverhältnisse zwischen den Volkswirtschaften und den Grad ihrer Integration. Und sie ist - last but not least - eine der grundlegenden Zutaten für besonders spannende Fälle der Wirtschaftskriminalität: Stichwort Umsatzsteuermissbrauch. In diesem Zusammenhang bin ich besonders gespannt auf den Beitrag der Spieltheorie zur Umsatzsteuer-Betrugsbekämpfung. "Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist da ganz Mensch, wo er spielt", hat Friedrich von Schiller festgestellt. Ich habe bisher weder Steuerexperten noch Betrüger für Spieler gehalten, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren. Doch kommen wir von dieser nicht ganz ernst gemeinten Bemerkung zurück zu unserem heutigen Thema: In den kommenden Stunden werden auf diesem Forum hoch interessante, kontroverse und für die übergroße Mehrheit der Bevölkerung relevante Themen angesprochen werden. Und ich bin überzeugt davon, dass meine eben zitierten Dinnergäste am Ende dieses Tages nicht mehr der Meinung sein würden, dass wir es mit einer unspannenden Thematik zu tun haben! Ich freue mich jedenfalls sehr auf den Diskurs zur Umsatzsteuer und zu den Problemfeldern, die - direkt oder indirekt - mit ihr zusammenhängen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen einen informativen und diskussionsfreudigen Verlauf der Veranstaltung! Ich hoffe, dass Sie sich bei uns wohl fühlen werden und darf jetzt den Vorsitzenden des UmsatzsteuerForums, Herrn Professor Dr. HANS NIESKENS, bitten, das Mikrofon und die Regie für den heutigen Tag zu übernehmen. Herzlichen Dank!

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Begrüßung und Eröffnungsansprache Prof. Dr.

HANS NIESKENS

Vorsitzender des Vorstands des UmsatzsteuerForums-Vereinigung zur wissenschaftlichen Pflege des Umsatzsteuerrechts e.V., München

Sehr geehrter Herr Kommissar Kov Acs, sehr geehrter Herr FRIEDHOFEN, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Mitglieder des UmsatzsteuerForums, ich darf Sie zum 25-jährigen Jubiläum des UmsatzsteuerForums, Vereinigung zur wissenschaftlichen Pflege des Umsatzsteuerrechts, auf das Herzlichste begrüßen. Ein schöneres Ambiente als das HVB-Forum kann man sich als Veranstalter einer Jubiläumsveranstaltung kaum vorstellen. Deshalb gilt unser herzlicher Dank, Herr FRIEDHOFEN, der HypoVereinsbank, dass wir unser 25-jähriges Jubiläum in diesen Räumlichkeiten feiern dürfen. Um Ihren Gedanken vom spielenden Steuerexperten, Herr FRIEDHOFEN, aufzugreifen: manchmal beschleicht mich schon der Verdacht, dass wir Umsatzsteuerrechtier wie einem Spieler gleich, suchttrunken nach der nächsten Gestaltung, der nächsten Auslegung gieren, um aktuell, noch aktuell oder wieder aktuell zu sein. Kommen wir aber wieder zurück zum Anlass unserer heutigen Veranstaltung: Vor 25 Jahren, am 26. März 1982, wurde das UmsatzsteuerForum in Regensburg gegründet. Wie der damalige Gründungsvorsitzende Prof. Dr. HERMANN SöLL formulierte, war das Ziel der Vereinigung die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Umsatzsteuer und den übrigen Verkehrsteuern sowie die Schaffung des organisatorischen Rahmens für notwendige Gespräche zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, steuerberatenden Berufen, Finanzgerichtsbarkeit und Finanzverfassung.

3

NJESKENS,

Begrüßung und Eröffnungsansprache

Diesem Ansatz ist das UmsatzsteuerForum - wie nicht zuletzt auch Ihre Anwesenheit heute zeigt- bis heute treu geblieben. Wir bieten nicht zuletzt mit unseren Hochschulkongressen, aber auch unseren UmsatzsteuerForen einen Diskussionsrahmen für alle beteiligten Wirtschaftsteilnehmer. Vor allem die Diskussion mit der Praxis ist uns ein verstärktes Anliegen, da jeder wissenschaftliche Disput nur so gut ist, wie er einen Nutzen für die Praxis hat. Folgerichtig wurde aus der Vereinigung zur wissenschaftlichen Pflege des Umsatzsteuerrechts im Jahre 2001 durch Umbenennung das UmsatzsteuerForum mit eigener Hornepage und eigenem Logo. An der ursprünglichen Zielrichtung veränderte dies nur graduell etwas. Allerdings pflegen wir jetzt nicht mehr allein das Umsatzsteuerrecht, sondern haben erkannt, dass es diskutiert, belebt und weiterentwickelt werden muss, ganz im Sinne einer öffentlichen Diskussion, eben eines Forums. Dass die Umsatzsteuer eine solch rasante Entwicklung genommen hat, war kaum vorhersehbar, und es entsprach schon der Weitsicht der damaligen Gründungsväter im Jahr 1982, eine Vereinigung ins Leben zu rufen, die sich nur und ausschließlich mit dem Umsatzsteuerrecht beschäftigen wollte. Die Entwicklung der Umsatzsteuer in den letzten 25 Jahren ist atemberaubend: Von einer reinen Buchhaltersteuer hat sie sich zu einem komplizierten Gebilde aus nationalem Umsatzsteuerrecht, EU-Recht, BFH- und EuCHRechtsprechung, flankiert durch eine bisweilen sehr stark pro-fiskalische Sichtweise der Verwaltung, entwickelt, eingebettet in eine eigentümliche Begriffswelt von richtlinienkonformer Auslegung und Anwendungsvorrang. Der Durchschnittsverbraucher, nicht mehr länger der Unternehmer, ist Herr des Verfahrens. Diese Entwicklung zwingt förmlich zu einer separaten Darstellung und Behandlung dieser Steuer. Angesichts dieser Bestandsaufnahme muss man dem Altmeister der Umsatzsteuer, POPITZ, fast hellseherische Fähigkeiten zuweisen, als er im Jahre 1928, also vor fast 80 Jahren, feststellte:

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NIESKENS,

Begrüßung und Eröffnungsansprache

"Die Umsatzsteuer steht abseits von allen anderen Steuern, sie ist problematischer als die anderen".

In der Tat: die Umsatzsteuer scheint sich mehr und mehr zu einer Geheimwissenschaft für die wahren Umsatzsteuer-Eingeweihten zu entwickeln, oder wer, meine Damen und Herren, möchte schon die Hand dafür ins Feuer legen, die letzte Entscheidung des EuGH und seine Auswirkungen auf das deutsche Recht zu kennen, zu wissen, welche nächste Gesetzesänderung uns beglücken wird und was die Europäische Kommission als nächstes vorhat. In letzter Konsequenz kann für den mittelständischen Unternehmer und auch seinen Steuerberater nur gelten: Glauben ersetzt Wissen. Vielleicht hilft aber auch schlicht ein Rückbesinnen auf die systematischen Wurzeln und Grundsätze der Umsatzsteuer, um mit den Unwägbarkeiten besser umgehen zu können. Das UmsatzsteuerForum hat hierzu seinen Beitrag bereits geleistet. Während 1982 die Umsatzsteuer noch als Verkehrsteuer behandelt wurde, huldigen wir nunmehr - ebenfalls wie von POPITZ vorgegeben -der Umsatzsteuer als einer allgemeinen Verbrauchsteuer. Welches sind aber nun unter systematischen Gesichtspunkten die umsatzsteuerlich relevanten Themen im Jahre 2007? Da ist zum einen der unbestrittene europäische Einfluss auf das deutsche Umsatzsteuerrecht mit der Frage, wie der Weg der europäischen Umsatzsteuer in Zukunft aussehen wird. Ich freue mich daher ganz besonders, dass es uns gelungen ist, mit Herrn LASLÖ Kov Acs den für die Mehrwertsteuer verantwortlichen EU-Kommissar gewonnen zu haben, und sein Thema kann gar nicht anders lauten, als "The W ay to the European VAT (der Weg der Europäischen Umsatzsteuer)". Welcome Mr. KovAcs, we are very glad to have you herein Munich. So sehr der europäische Einfluss auch unbestritten ist, gilt für den deutschen Rechtsanwender immer noch deutsches Recht, vor allem deutsches Verfassungsrecht. Wer anders als Prof. Dr. KIRCHHOF ist legitimiert, sich der Frage zu widmen, welches die neuen Ansätze zur Umsatzsteuer im Rahmen des Verfassungs- und Buroparechts sein können?

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NIESKENS, Begrüßung und Eröffnungsansprache Auch Ihnen, Herr Prof. Dr. KIRCHHOF, ein herzliches Willkommen. Ich weiß es besonders zu schätzen, dass Sietrotz einer unvorhergesehenen Terminkollision es sich nicht haben nehmen lassen, an unserem Jubiläum, wenn auch zeitlich als erster Referent, teilzunehmen. Ob die Sichtweise des Verfassungs- und Steuerrechtiers auch die der Verwaltung ist, wird uns Frau Dr. HENDRICKS, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, unter der Überschrift "Risiken, Chancen und Perspektiven in der Umsatzsteuer aus deutscher Sicht darstellen. Ich freue mich, Frau Dr. HENDRICKS, dass Sie die schon traditionell guten Beziehungen zum UmsatzsteuerForum durch Ihren abermaligen Besuch weiter festigen. Ganz besonders freue ich mich, dass Herr WIDMANN den Festvortrag "25 Jahre UmsatzsteuerForum" halten wird. Herr WIDMANN begleitet das UmsatzsteuerForum seit seinen Anfängen, und beim Stöbern in den Annalen stößt der Chronist auf einen Beitrag des Regierungsdirektors Werner WIDMANN zum Thema "Der Eigenverbrauch und seine Bemessung" auf dem ersten Hochschulkongress 1982. Wie die Zeit vergeht! Wie wenig sich die aktuelle Problematik ändert, zeigt der Beitrag von Herrn Dr. WAGNER, Vizepräsident des BFH und Vorsitzender des V. Senats, der just zu Ihrem Thema 1982, Herr WIDMANN, heute, 25 Jahre später, referieren wird unter dem Titel "Die umsatzsteuerliche Behandlung des privaten Konsums unternehmerischer Gegenstände in 25 Jahren Umsatzsteuer Forum". An dieser Stelle, Herr Dr. WAGNER, danke ich den Vertretern des BFH an der Spitze der Finanzgerichtsbarkeit, allen voran des V. Senates, die stets und umfassend die Aktivitäten des UmsatzsteuerForums mit gestaltet haben. Nach der hoffentlich erfolgreichen Stärkung am Mittagsbuffet, freue ich mich auf die Ausführungen von Dr. NOLZ, der uns die Strategien Österreichs zur Bekämpfung des Umsatzsteuermissbrauchs darlegen wird. Respektvoll müssen wir anerkennen, dass die Alpenrepublik, Herr Dr. NOLZ, in der Umsatzsteuer zum Schrittmacher geworden ist. Recht herzlich willkommen.

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NIESKENS,

Begrüßung und Eröffnungsansprache

Auch das UmsatzsteuerForum bemüht sich, über den Tellerrand zu schauen, um mit Hilfe anderer Wissenschaftsdisziplinen Erkenntnisse für die Umsatzsteuer zu sammeln. Aus diesem Grund freue ich mich ganz besonders, zwei Spieltheoretiker, die Herren Prof. Dr. BIETA und MILDE von der Universität Trier, zu begrüßen, die uns darlegen wollen, inwieweit die Spieltheorie zur Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung eingesetzt werden kann und welche Konsequenzen dies für das Risikomanagement der Finanzverwaltung hat. Ich freue mich, meine Damen und Herren, dass auch unsere Jubiläumsveranstaltung wieder so starke Resonanz gefunden hat. Stellvertretend für die Angehörigen der steuerberatenden Berufe darf ich den Vize-Präsidenten der Bundessteuerberaterkammer, Herrn Dr. BECHERER und den Vizepräsidenten des Deutschen Steuerberaterverbandes, Herrn Dr. KüFFNER, begrüßen. Auch Herr Dr. KÜFFNER war im übrigen Redner auf dem ersten Umsatzsteuerkongress 1982 mit dem Thema "Umsätze zwischen Personengesellschaften und ihren Gesellschaftern". Das gleiche Thema, Herr Dr. KÜFFNER, könnten Sie heute zum Gegenstand eines Referates machen, allerdings wurde auch hier die deutsche Rechtsauffassung aufgemischt durch die EuGH-Rechtsprechung zur Holding. Hieraus folgt, meine Damen und Herren: "Das einmal gesprochene Wort in der Umsatzsteuer lebt!" Ich bitte um Verständnis, dass ich an dieser Stelle nicht alle Leistungsträger namentlich erwähnen kann. Den Gästen aus dem Ausland, den Vertretern der Wirtschaft, der Verbände und den Hochschullehrern gilt unser herzliches Willkommen. Persönlich Dank sagen möchte ich schließlich all denjenigen, die in der Vorbereitungsphase für diese Jubiläumsveranstaltung tatkräftig mitgewirkt haben, insbesondere Frau WAGNER und Frau GRÄTZ von der Hypo Ver eins bank. Mein besonderer Dank gilt den Sponsoren: der DATEV, dem DeubnerVerlag, dem Gerling Konzern, der HypoVereinsbank, dem Dr. Otto Schmidt Verlag und dem Stollfuß-Verlag und der Verlagsgruppe Han-

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NIESKENS,

Begrüßung und Eröffnungsansprache

delsblatt, ohne deren großzügige Unterstützung der heutige Tag und unsere Abendveranstaltung nicht möglich gewesen wäre. Lassen Sie mich zum Schluss noch mit einem letzten Zitat von POPITZ meine Begrüßung schließen: "Die Umsatzsteuer ist unentbehrlich; es gibt nur die Möglichkeit, die Umsatzsteuer in der gegenwärtigen Form beizubehalten."

Angesichts einer Steuereinnahme von ca. 180 Mrd. € im Jahre 2007 ist diese Aussage richtiger denn je und verlangt geradezu nach weiteren 25 Jahren Begleitung des Umsatzsteuerrechts durch das UmsatzsteuerForum. Ich wünsche uns allen einen erfolgreichen Verlauf unserer Jubiläumsveranstaltung hier in München. Ich freue mich, dass ich als erstes das Wort an Herrn Staatssekretär MEYER aus dem Bayerischen Finanzministerium für ein Grußwort weitergeben darf. Ich bedanke mich, Herr Staatssekretär, für die uns durch das Grußwort entgegengebrachte Wertschätzung.

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Grußwort der Bayerischen Landesregierung FRANZMEYER

Mitglied des Landtages, Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium der Finanzen, München

Sehr geehrte Damen und Herren, im Namen der Bayerischen Staatsregierung begrüße ich Sie recht herzlich in der Bayerischen Landeshauptstadt München. Ich freue mich, dass Sie für die Jubiläumsveranstaltung zum 25-jährigen Bestehen des UmsatzsteuerForums München als Tagungsort gewählt haben. Die Erhebung und Diskussion von Verbrauchsteuern wie die Umsatzsteuer haben hier eine lange Tradition. Die Stadt München verdankt ihre Gründung beispielsweise einem Streit über die Befugnis zur Erhebung solcher Abgaben: Heinrich der Löwe machte dem Bischof Otto I. von Freising das Recht zur Abgabenerhebung am Isarübergang bei Föhring streitig. Heinrich der Löwe ließ die Brücke am Isarübergang abbrennen und eine neue Brücke flussabwärts aufbauen. Er wählte dafür eine günstig gelegene Stelle "bei den Mönchen" und gründete dort einen neuen Markt, die Stadt München. Was daraus geworden ist, können Sie alle sehen: eine der schönsten und beliebtesten Städte Deutschlands. Sie haben die bayerische Landeshauptstadt als Ort Ihrer Jubiläumsveranstaltung aber nicht nur historisch, sondern auch unter aktuellen umsatzsteuerliehen Gesichtspunkten klug gewählt. Bayern bietet nämlich ein weites und fruchtbares Feld für verschiedenste umsatzsteuerrechtliche Gestaltungen und Fragen: Bayern ist- trotzmöglicherweise anders lautender Gerüchte -ein Teil Deutschlands. Umsatzsteuerrechtlich ausgedrückt ist Bayern Inland. Gleichzeitig ist Bayern selbstverständlich auch EU-Gebiet und hat im Süden und Osten Binnenmarktgrenzen zu anderen EU-Mitgliedstaaten.

9

MEYER,

Grußwort der Bayerischen Landesregierung

Gab es bis vor einigen Jahren auch eine größere Drittlandsgrenze zu Tschechien, sind Drittlandsgrenzen inzwischen nur noch in geringem Umfang, nach der Schweiz hin, vorhanden. Selbst einen Freihafen gab es bis vor kurzem, und das mitten in Bayern, in Deggendorf. Kurz: das Umsatzsteuerleben in Bayern floriert. Und gibt es dann doch einmal Streit über die Erhebung der Umsatzsteuer, kann der ebenfalls in München ansässige Bundesfinanzhof für klare Verhältnisse sorgen. Zwischenzeitlich ist die Umsatzsteuer die wichtigste Einnahmequelle Deutschlands - auch bedingt durch die Steuersatzerhöhung zum 1.1.2007 von 16 % auf 19 %. Das aktuelle Mehrwertsteuersystem hat allerdings auch Nachteile. Beispielsweise missbrauchen Steuerbetrüger das bestehende System und lassen sich die Vorsteuer erstatten, ohne später tatsächlich Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen. In Deutschland geht man davon aus, dass sich allein durch Karussellgeschäfte jährlich Umsatzsteuerausfälle in Höhe von mehr als 2 Mrd. € ergeben. Solche Betrügereien gehen zu Lasten des ehrlichen Steuerzahlers. Das kann und darf nicht sein, meine Damen und Herren. Der Freistaat Bayern hat sich daher bereits in der Vergangenheit für die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs eingesetzt. In den vergangenen Jahren wurden bundesweit zahlreiche Maßnahmen getroffen, um dem Umsatzsteuerbetrug Herr zu werden: Maßnahmen sowohl steuerrechtlicher, organisatorischer als auch technischer Art: In steuerrechtlicher Hinsicht sind die im Jahr 2002 in Kraft getretenen Änderungen des Umsatzsteuerrechts zu nennen. Auch auf bayerische Initiative wurden damals insbesondere folgende Regelungen eingeführt: Angabe der Steuernummer in der Rechnung(§ 14 UStG), Erhebung von Sicherheitsleistungen bei Steuererstattungen in kritischen Fällen (§ 18f UStG), Haftung für schuldhaft nicht abgeführte Umsatzsteuer (§ 25d UStG) und -

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nicht angekündigte Umsatzsteuer-Nachschau (§ 27b UStG).

MEYER,

Grußwort der Bayerischen Landesregierung

Der Freistaat Bayern bekämpft Umsatzsteuerbetrügereien auch durch organisatorische Maßnahmen wie: Einrichtung von Zentralstellen für Unternehmensneugründungen in allen Finanzämtern, Installation eines Sachgebietsleiters als Risikomanager und Bildung eines Zentralteams Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung auf Landesebene. Als Maßnahme technischer Art ist die Einführung des Risikomanagementsystems OIS II zu nennen. Das System wurde in Bayern entwickelt und wird inzwischen in ganz Deutschland eingesetzt. Die bundesweit und damit auch in Bayern ergriffenen Maßnahmen haben sich bewährt. Das Münchener ifo-Institut hat dies auch jüngst bestätigt. Es bedarf jedoch weiterer Anstrengungen, um den Umsatzsteuerbetrug noch effektiver zu bekämpfen. Es ist beispielsweise für die Finanzverwaltung immer noch schwierig, im Rahmen des Verfahrens der Umsatzsteuervoranmeldung, einem wirklichen Massenverfahren, Umsatzsteuer-Betrügereien zu erkennen und zu verfolgen - geschweige denn, sie zu verhindern. Der Freistaat Bayern setzt sich daher für die Einführung des ReverseCharge-Verfahrens ein. Die bayerische Finanzverwaltung hat hierzu bereits im Jahr 2005 ein Planspiel durchführen lassen. Das Ergebnis war eindeutig: Mit dem Reverse-Charge-Verfahren können Umsatzbetrügereien deutlich reduziert werden. Das Steueraufkommen könnte deutlich besser gesichert und die Steuereinnahmen erhöht werden. Der ehrliche Steuerbürger würde für seine Steuerehrlichkeit nicht mehr bestraft. Inzwischen hat die Finanzverwaltung ein Feinkonzept erarbeitet, das zeigt, wie das Reverse-Charge-Verfahren in Deutschland funktionieren und durchgeführt werden könnte. Der ehemalige rheinland-pfälzische Finanzminister MITTLER hat zusammen mit dem bayerischen Finanzminister Prof. Dr. FALTLHAUSER entscheidend dazu beigetragen, dass die Arbeiten an diesem großen Projekt weitergingen und zu diesem vorläufigen - Ergebnis führen konnten. Wir müssen uns jetzt dafür einsetzen, dass die EU der Einführung des Reverse-Charge-Verfahrens zustimmt. Deutschland ist mit seinem An-

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MEYER,

Grußwort der Bayerischen Landesregierung

liegen auch nicht allein. Unser Nachbarland Österreich hat ein ähnliches Verfahren entwickelt. Wenn die Genehmigung aus Brüssel da ist, muss Deutschland die Chance nutzen und auch die anderen Mitgliedstaaten überzeugen, dass die EU-weite Einführung des Reverse-Charge-Verfahrens vorteilhaft wäre. Die Unterstützung der Politik bei diesem Vorhaben durch die Umsatzsteuerexperten - und damit meine ich Sie, verehrtes Publikum - kann dabei nur hilfreich sein. Abschließend möchte ich die Gelegenheit nutzen, dem UmsatzsteuerForum zum 25. Geburtstag im Namen der Bayerischen Staatsregierung herzliche Glückwünsche zu überbringen. Möge die fruchtbare Arbeit der letzten 25 Jahre auch in den nächsten Jahrzehnten fortgeführt werden und so positiver Einfluss auf Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung genommen werden.

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UmsatzsteuerForum- ein Vierteljahrhundert wissenschaftliche Pflege des Umsatzsteuerrechts WERNER WIDMANN

Ministerialdirigent im Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz, Mainz

Inhaltsübersicht I. Persönliche Vorbemerkung ................................. 13 II. Steuerbare Vorleistungen als Voraussetzung des Vorsteuerabzuges ........... 16 lll. Vorsteuerabzug nur für die vom leistenden Unternehmer für seinen Umsatz geschuldete Steuer ......... 18 IV. Richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts - auch zu Lasten der Steuerpflichtigen ..... 19 V. Anwendungsvorrang von EU-Vorgaben am Beispiel des § 15 UStG .................. 20 VI. Anwendungspausen für die 10-v .H.-Grenze gern. § 15 Abs. 1 UStG ............. 22 VII. DemokratieprinzipDefizite des Verfahrens

I.

VIII. IX. X. XI. XII.

XIII.

XIV. XV.

zur Genehmigung von Sondermaßnahmen durch die Mitgliedstaaten ........ § 15 Abs. 1a UStG ........... Sofortentscheidung über den Vorsteuerabzug ....... Neufassung des§ 15a UStG zum 1.1.2005 ......... Betrugsanfälligkeit des Mehrwertsteuersystems Systematische Ansätze zur Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung .................... Bemühungen zur Einführung des Reverse-ChargeVerfahrens ... ....... ...... ....... Einzige Anlaufstelle (One-Stop-Shop) ............. Schlussbemerkung .........

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Persönliche Vorbemerkung

Wer, wie das UmsatzsteuerForum, es sich seit nunmehr 25 Jahren oder - um dem angemessenen sprachlichen Pathos eines Festvortrags we-

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WIDMANN, UmsatzsteuerForum- ein Vierteljahrhundert wissenschaftliche Pflege

nigstens einmal gerecht zu werden - seit einem Vierteljahrhundert und das sogar über eine Jahrtausendwende hinweg- zum Ziel gesetzt hat, die Umsatzsteuer wissenschaftlich zu pflegen, geht, wenn er einen der Pflegekräfte zum Festredner bestellt, hinsichtlich allzu kritischer Reflektionen bestimmt kein hohes Risiko ein. Ich betrachte es heute aber auch gar nicht als intellektuelle Herausforderung, entlang des mir gestellten Themas nachzuweisen, welche visionären umsatzsteuerliehen Erkenntnisse im Schoße unserer Vereinigung gefunden oder versäumt, befördert oder bekämpft wurden. Es wird mir vielmehr nur darum gehen, den Vorsteuerabzug als zentrales Systemelement der Mehrwertsteuer zum Beispiel und Beleg dafür zu nehmen, mit welcher Konstanz bestimmte Fragestellungen in europäische Dimensionen hineingewachsen sind und wie sich unsere Vereinigung ständig und nachhaltig diesen Problemen gewidmet hat. Dabei ist es unvermeidlich, dass ich nicht alle der ungezählten Referate und Diskussionsbeiträge würdigen kann, die unter der Flagge unserer Vereinigung segelten. Aber es sollte doch erwähnt werden, dass auf unserem ersten Kongress in Regensburg im Herbst 1982 der unvergessene DIETER W ACHWEGER zu aktuellen Fragen des Vorsteuerabzuges referierte.! Beim zweiten Kongress in Göttingen im Jahr 1985 beschäftigten sich sogar drei Beiträge mit dem Vorsteuerabzug und seiner Berichtigung.2 Auch der für seine Geradlinigkeit nicht nur in unseren Vorstandssitzungen bekannte GERHARD MößLANG beschäftigte sich beim dritten Kongress im Jahr 1988 in Regensburg mit Vor-

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WACHWEGER, Aktuelle Probleme des Vorsteuerabzugs, in LohsejSchöll (Hrsg.), Urnsatzsteuerkongreß-Bericht 1982/83 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 1), Köln 1983, S. 125. 2 GEIST, Die Tatbestandsvoraussetzungen des Vorsteuerabzugs, in Costede (Hrsg.), Umsatzsteuerkongreß-Bericht 1985 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 2), Köln 1985, S. 75; DZIADKOWSKI, AusschlufS des Vorsteuerabzugs und Vorsteueraufteilung, in Costede (Hrsg.), UmsatzsteuerkongrefS-Bericht 1985 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 2), Köln 1985, S. 103; HALLERBACH, Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG, in Costede (Hrsg.), Umsatzsteuerkongreß-Bericht 1985 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 2), Köln 1985, S. 135.

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WJDMANN, UmsatzsteuerForum-einVierteljahrhundert wissenschaftliche Pflege steuerabzugsproblemen3, ebenso wie BENDA4 und THEISEN5. WAGNER sprach schon auf dem Trierer Kongress 1991 zum Thema "Umsatzsteuer und Gemeinschaften - Vorsteuerabzug bei Gesellschaftsgründung" .6 Zu diesem Dauerbrenner ist die Diskussion anlässlich des BMF-Schreibens vom 26.1.20077 und des Vorabentscheidungsersuchens des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 5.10.20068 unter dem Stichwort Sphärentheorie immer noch in vollem Gange. Beim Kongress in Darmstadt im Jahr 1977 beschäftigte sich EVA-MARIA PERSKE mit gemeinschaftsrechtlichen Gestaltungsfragen des Vorsteuerabzugs.9 1999 in Nürnberg waren die Binnenmarkt-Praxisprobleme des Vorsteuerabzugs in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden ein Thema.lO

3 MößLANG, Zur Bedeutung des Tatbestandmerkmals "für sein Unternehmen" in § 15 Abs.1 UStG 1980 für den Vorsteuerabzug des Unternehmers, in Soell (Hrsg.), Umsatzsteuerkongreß-Bericht 1988/89 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 3), Köln 1989, S. 207. 4 BENDA, Aufteilung von Leistungen aus der Sicht des Vorsteuerabzugs, in Soell (Hrsg.), Umsatzsteuerkongreß-Bericht 1988/89 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 3), Köln 1989, S. 75. 5 THEISEN, Vorsteuerabzug bei gemischter Ver~endung, in Soell (Hrsg.), Umsatzsteuerkongreß-Bericht 1988/89 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 3), Köln 1989, S. 139. 6 WAGNER in Mößlang (Hrsg.), Umsatzsteuerkongreß-Bericht 1991/92 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 6), Köln 1992, S. 63. 7 BMF, Sehr. v. 26.1.2007- IV A 5 - S 7300- 10/07, BStBI. I 2007, 211; s. dazu EGGERS/KORF, DB 2007, 361; KÜFFNER/ZUGMAIER, DStR 2007, 472; ENGLISCH, UR 2007, 290; HEINRICHSHOFEN, EU-UStB 2007, 23. 8 FG Nds., Beschl. v. 5.10.2006- 5 K 109/05, EFG 2006, 1946; s. jetzt EuGH,Urt. v. 13.3.2008 - Rs. C-437/06 - Securenta, UR 2008, 344m. Anm. Eggers; Siehe dazu auch EggersjKorf, DB 2008, 719. 9 PERSKE in Dziadkowski/Reiß (Hrsg.), Umsatzsteuer-Kongreß-Bericht 1997/98 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 11), Köln 1998, S. 52. 10 Siehe WIDMANN, Vorsteuerabzug im Binnenmarkt- Praxisprobleme in Deutschland, in Nieskens/Scheffler (Hrsg.), Umsatzsteuer-Kongreß-Bericht 1999/2000 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 14), Köln 2000, S. 133; VIEGENER, Vorsteuerabzug im Binnenmarkt - Praxisprobleme in Frankreich, in Nieskens /Scheffler (Hrsg. ), Umsatzsteuer-Kongreß-Bericht 1999/2000 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 14), Köln 2000, S. 155; BIJL, Vorsteuerabzug im Binnenmarkt - Praxisprobleme in den Niederlanden, in Nieskens/Scheffler (Hrsg.), Umsatzsteuer-Kongreß-Bericht 1999/2000 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 14), Köln 2000, S. 191.

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WIDMANN, UmsatzsteuerForum-einVierteljahrhundert wissenschaftliche Pflege Und es ist kein Zufall, dass die Dissertation von LOHSE - er ist Gründungsmitglied unserer Vereinigung - zur Zuordnungslehre im Mehrwertsteuerrecht im Jahr 1999 als Band 13 in unserer Schriftenreihe erschienen ist.ll

II.

Steuerbare Vorleistungen als Voraussetzung des Vorsteuerabzuges

Ohne Übertreibung wird man also sagen können, dass jemand, der den Vorsteuerabzug nicht versteht, die Mehrwertsteuer nicht verstehen kann, und mit Übertreibung könnte man deshalb unsere Vereinigung auch als "Gesellschaft zur wissenschaftlichen Pflege des Vorsteuerabzuges" nennen. Wir brauchten für dieses "Vorsteuer Forum" unsere Aktivitäten nicht zu verändern und würden der Satzung eines derartigen Zusammenschlusses ohne weiteres gerecht. Auch dann übrigens stellte sich die Frage, ob die Mitgliedsbeiträge steuerbar sind, denn immerhin erlauben sie z.B. freien oder ermäßigten Eintritt zu unseren Veranstaltungen. Ob die in Rechnung gestellte Steuer aus dem Mitgliedsbeitrag Unternehmerischen Mitgliedern den Vorsteuerabzug vermitteln könnte, hängt davon ab, ob wir mit unseren Aktivitäten gegenüber den Mitgliedern einen steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz ausführen. Für eine verlässliche Antwort auf diese Fragen muss das deutsche Umsatzsteuerrecht erst einmal europäisch gepflegt und ertüchtigt werden, denn im Urteil vom 21.3.2002 in der Rechtssache Kennemer Golfclub12 hat der EuGH zwar das Vorliegen eines Leistungsaustausches zwischen einem Golfverein und seinen Mitgliedern bejaht, wobei die Mitgliedsbeiträge das Entgelt für die Leistungsbereitschaft des Vereins darstellen. Als weitere Frage wäre aber zu klären, ob sich unsere Vereinigung für ihre Mitgliedsbeiträge, wenn diese auch als Entgelt für eine Leistungsbereitschaft zu qualifizieren wären, auf eine EU-rechtlich vorgegebene Steuerbefreiung oder vielleicht wenigstens auf eine 11 LOHSE, Die Zuordnung im Mehrwertsteuerrecht (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 13), Köln 1999. 12 EuGH, Urt. v. 21.3.2002 - Rs. C-174/00 - Kennemer Golfclub, UR 2002, 320; siehe dazu WAGNER, UVR 2002, 158; WIDMANN, UR 2002, 325; KüFFNER, DStR 2002, 1387; NIESKENS, UR 2002, 345.

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WIDMANN, UmsatzsteuerForum-einVierteljahrhundert wissenschaftliche Pflege Befreiung nach§ 4 UStG berufen könnte. Da fällt einem dann sofort§ 4 Nr. 22 Buchst. a UStG ein: "Vorträge oder andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die ... von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden". Also brauchen wir, wenn ich die Berichte des Schatzmeisters richtig verstehe, keine Sorge zu haben: diese Subsumtion ginge bei uns angesichts der Höhe der Mitgliedsbeiträge bestimmt noch lange auf. Man könnte allenfalls fragen, welche Qualität die Kosten haben müssen, die mit den Einnahmen gedeckt werden. Für die Vortragshonorare und die Reisekosten der Referenten wäre das bestimmt unproblematisch, für die Bewirtung der Teilnehmer schon nicht mehr ganz zweifelsfrei. Deshalb will ich mich hier nicht weiter zu dem heutigen gemeinsamen Mittagessen äußern; ich bin allerdings sicher, dass es den Anforderungen des EuGH13 hinsichtlich der Qualifikation als Dienstleistung und nicht nur als Lieferung genügen wird. Dazu kann ich auf die Ausführungen von SCHETTLER bei unserem Kongress in Nürnberg im Oktober 1999 verweisen14, bei dem die Teilnehmer freilich nach meiner Erinnerung ihr Essen in der Selbstbedienungs-Hochschulmensa selbst bezahlen mussten. Der erwähnten Steuerbefreiung gern. § 4 Nr. 22 UStG könnten wir uns nur durch Verzicht auf die Gemeinnützigkeit entziehen. Das steht in unserer Mitgliederversammlung zu recht nicht zur Debatte, und deshalb wird es auf die Mitgliedsbeiträge auch weiterhin keinen Ausweis von Umsatzsteuer geben. Die Mitglieder haben gern. § 14 Abs. 2 UStG keinen Anspruch auf eine Rechnung mit offenem Steuerausweis. Eine gleichwohl in Rechnung gestellte Steuer wäre nicht als Vorsteuer abzugsfähig, würde aber von der Vereinigung nach§ 14c Abs.2 UStG geschuldet.

13 Vgl. EuGH, Urt. v. 2.5.1996- Rs. C-231/94- Faaborg-Gelting Linien, UR 1996, 220; Anm. WEiß, UR 1996,220. 14 SCHETTLER, Rechtsänderungen in der Umsatzsteuer 1999/2000, in Nieskens/ Scheffler (Hrsg.), Umsatzsteuer-Kongreß-Bericht 1999/2000 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 14), Köln 2000, S. 111.

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111. Vorsteuerabzug nur für die vom leistenden Unternehmer für seinen Umsatz geschuldete Steuer Dass nur die für einen Umsatz gesetzlich geschuldete Steuer dem Vorsteuerabzug zugänglich ist, hätten wir in Deutschland zwar schon seit dem Genius-Holding-Urteil des EuGH vom 13.12.198915 wissen können, aber erst das BFH-Urteil vom 2.4.199816 hat der deutsche Gesetzgeber zum Anlass genommen, das Gesetz in§ 15 UStG mit Wirkung ab dem 1.4.1999 entsprechend zu ändern, nachdem durch ein BMF-Schreiben17 die Praxis ab dem 6.11.1998 - dies war der Tag der Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 2.4.1998 - auf die Linie des EuGH und diesem folgend des BFH umgestellt worden war. Der Chronist könnte auch zu diesem Thema feststellen, dass es uns schon auf den Regensburger Hochschultagen im Jahr 1988 beschäftigt hat.18 Der BFH hat sich in dem Urteil vom 2.4.1998 über die Vorgaben des damaligen deutschen Umsatzsteuergesetzes unter Berufung auf den EuGH hinweggesetzt, denn bis Ende März 1999 war gern. § 24 Abs.1 UStG der Vorsteuerabzug "abweichend von§ 15" nur bis zur Höhe der vom leistenden Unternehmer geschuldeten Umsatzsteuer zulässig. Daraus war ganz klar ersichtlich, dass der deutsche Gesetzgeber dem Leistungsempfänger bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen den Abzug der in einer Rechnung offen ausgewiesenen Steuer gestattete, auch wenn die Steuer zu hoch ausgewiesen war, weil sie z.B. für einen steuerfreien Umsatz gesetzlich gar nicht geschuldet gewesen wäre. Wir haben auch hierüber auf dem schon erwähnten Umsatzsteuer-Kongress 1999 übrigens diskutiert.19

15 EuGH, Urt. v. 13.12.1989- Rs. C-342/87- Genius-Holding, UR 1991, 83; siehe dazu DZIADKOWSKI, UR 1988, 237; WIDMANN, BB 1990, 2311. 16 BFH, Urt. v. 2.4.1998- V R 34/97, BStBI. II 1998, 695; siehe dazu STADIE, UR 1998,351. 17 BMF, Sehr. v. 23.12.1998- IV D 1- S 7300- 31/98, UR 1999, 83. 18 Vgl. WIDMANN, Beschlossene, beabsichtigte und wünschenswerte Änderungen des Umsatzsteuergesetzes, in Soell (Hrsg.), Umsatzsteuerkongreß-Bericht

1988/89 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 3), Köln 1989, S. 317. 19 Vgl. WIDMANN, Vorsteuerabzug im Binnenmarkt- Praxisprobleme in Deutschland, in Nieskens/Scheffler (Hrsg.), Umsatzsteuer-Kongreß-Bericht 1999/2000 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 14), Köln 2000, S. 133.

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IV. Richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts - auch zu Lasten der Steuerpflichtigen Die vom BFH im Urteil vom 2.4.1999 vorgenommene richtlinienkonforme Auslegung des § 15 Abs. 1 UStG in seiner damaligen Fassung geschah zu Lasten der Steuerpflichtigen. Damit hielt sich der BFH nicht an die mitunter so genannte "Rosinentheorie" des EuGH, wonach sich nur die Steuerpflichtigen auf eine für sie gegenüber dem nationalen Recht günstigere EU-Norm berufen können, nicht aber die Mitgliedstaaten, die es versäumt haben, das EU-Recht rechtzeitig korrekt umzusetzen. Sie müssen die für die Steuerpflichtigen günstig wirkenden nationalen Normen gegen sich gelten lassen. Diese Konsequenzen des Anwendungsvorranges des EU-Rechts im Sinne eines Berufungsrechts des Steuerpflichtigen durchzieht die Themenliste unserer Hochschulkongresse, Mitgliederveranstaltungen und Umsatzsteuerforen von Anfang an, wobei es um der historischen Wahrheit willen nicht verschwiegen werden darf, dass der vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 4.11.198720 verworfene Ansatz des BFH aus dem Urteil vom 25.4.198521, wonach die Rechtsprechung des EuGH zum Berufungsrecht des Steuerpflichtigen auf für ihn günstige EU-Normen gegen die vom deutschen Gesetzgeber bei der Zustimmung zum EWG-Vertrag verfolgten Vorstellungen verstoße, auf unserem 2. Hochschulkongress in Göttingen im Jahr 1984 von Angehörigen des BFH vehement verteidigt wurde. Die Leitsätze des Bundesverfassungsgerichts in dem Beschluss vom 4.11.1987 sind als Meilensteine auf dem Weg der deutschen Umsatzsteuer nach Europa anzusehen. Sie verdienen es, hier wörtlich zitiert zu werden: "(1) Der EWG-Vertrag ist integrierter Bestandteil des deutschen Zustimmungsgesetzes. Bei der Frage, welche Rechtswirkungen eine gemeinschaftsrechtliche Handlung von Organen der EG im Hoheitsbereich der Mitgliedstaaten und damit auch im innerstaatlichen Bereich der Bundesrepublik Deutschland entfaltet, handelt es sich deshalb um Auslegung des EWGVertrages und nicht lediglich um die Auslegung und Anwendung von Recht aus deutscher Rechtsquelle.

20 BVerfG, Beschl. v. 4.11.1987 - 2 BvR 687/85, UR 1987, 355; siehe dazu WIDMANN, UR 1990, 7; PROBST, UR 1990, 302; siehe auch BVerfG, Beschl. v. 4.11.1987- 2 BvR 763/85, UR 1988, 25. 21 BFH, Urt. v. 25.4.1985- V R 123/84, UR 1985, 174. 19

WJDMANN, UmsatzsteuerForum-einVierteljahrhundert wissenschaftliche Pflege (2) Die dem Gerichtshof durch Artikel 177 EWG-Vertrag im Verhältnis zu den Gerichten der Mitgliedstaaten zugesprochene abschließende Kompetenz zur Entscheidung über die Auslegung des Vertrages sowie über die Gültigkeit und die Auslegung der dort genannten gemeinschaftsrechtlichen Akte umfasst auch die Befugnis, im Wege der Rechtsfortbildung die Rechtswirkungen zu bestimmen, welche diese Akte im innerstaatlichen Bereich der Mitgliedstaaten entfalten. Die Übertragung dieser Befugnis ist mit Artikel 24 Abs. 1 GG vereinbar. (3) Stellt sich in einem Rechtsstreit vor Gerichten der Bundesrepublik Deutschland die Frage, welche Rechtswirkungen ein gemeinschaftsrechtlicher Akt in den Mitgliedstaaten besitzt, so ist ein letztinstanzliches Gericht, vor den dieser Rechtsstreit gelangt, zur Anrufung des EuGH verpflichtet. Unterlässt es dies, so liegt darin eine Verletzung des Artikels 101 Abs. 1 Satz 2GG." Noch einmal: mit dieser Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht ein neues Kapitel in der Europäisierung der deutschen Rechtsanwendung speziell bei der Umsatzsteuer aufgeschlagen, denn seither stellt sich bei jeder Auslegungsfrage zur deutschen Umsatzsteuernorm die unausweichliche Vorfrage, ob der nationale Wortlaut die EU-Vorgaben korrekt trifft und rechtzeitig in Kraft getreten ist. Dazu ist vielen von uns sicher noch das tiefschürfende Referat von SCHÖN auf dem Osnabrücker Kongress im Jahr 2001 mit dem einprägsamen Titel "Umsatzsteuer zwischen Binnenmarkt und Steuerstaat" in Erinnerung.22

V.

Anwendungsvorrang von EU-Vorgaben am Beispiel des § 15 UStG

Gerade im Bereich des Vorsteuerabzugs haben wir reiches Anschauungsmaterial zum Anwendungsvorrang des EU-Rechts. Erinnern wir uns z.B. an den Fall Lennartz aus dem Jahr 199123. Die von der deutschen Verwaltung seit der Einführung der Mehrwertsteuer zum 1.1.1968 bei der Zuordnung von Vorbezügen zu Unterneh-

22 SCHÖN, Umsatzsteuer zwischen Binnenmarkt und Steuerstaat, in Nieskens (Hrsg.) Umsatzsteuersteuer-Kongress-Bericht 2001/2002 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 16), Köln 2002, S. 17. 23 EuGH, Urt. v. 11.7.1991 - Rs. C-97/90- Lennartz, UR 1991, 291; siehe dazu RONDORF, UVR 1991, 296; WIDMANN, UR 1991, 294; LOHSE, UVR 1992, 22; SPETZLER, DB 1992, 22.

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WIDMANN, UmsatzsteuerForum-einVierteljahrhundert wissenschaftliche Pflege men postulierte Mindestgrenze von 10 v.H. für die Unternehmerische Nutzung24 hatte keine EU-rechtliche Fundierung. Dies musste der EuGH im Urteil vom 11.7.1991 erst feststellen, nachdem die deutschen Gerichte sich bis zur Vorlage des Falles an den EuGH durch das FG München25 an der Praxis der Finanzverwaltung nicht gestört hatten. Es dauerte dann immerhin bis zum 1.4.1999, bis der Gesetzgeber eine 10-v.H.-Grenze, freilich nur für körperliche Gegenstände, in § 15 Abs. 1 UStG schuf- damals im Zusammenhang mit der als fiskalisch ergiebig eingeschätzten Einschränkung des Vorsteuerabzugs für gemischt-genutzte Fahrzeuge auf 50 v.H. gemäß dem dann einigermaßen unrühmlich Ende des Jahres 2002 wieder aufgehobenen § 15 Abs. 1b UStG. Diese EU-rechtlich umstrittene Einschränkung des Vorsteuerabzugs war u.a. ein Aufregerthema unseres Kongresses 1999 in Nürnberg, auf dem der damalige Staatssekretär im BMF, Professor Dr. ZITZELSBERGER - in unserem Gedächtnis auch als Vorstandsmitglied unserer Vereinigung -, die politischen Hintergründe dieser gesetzgeberischen Maßnahme sehr offen schilderte.26 Bekanntlich hat der EuGH die Maßnahme des deutschen Gesetzgebers ab dem 1.4.1999 in seinem SudholzUrteil vom 29.4.200427 im Grundsatz für erlaubt gehalten. Allerdings fehlte es zunächst an der wirksamen Ermächtigung gern. Art. 27 der 6. EG-Richtlinie. Diese gab es erst ab dem 4.3.2000.28 Und der deutsche Gesetzgeber mochte an der Vorschrift dann trotz der EU-rechtlichen Unbedenklichkeit ab dem 1.1.2004 nicht mehr festhalten.29

24 Siehe noch Abschn. 192 Abs. 17 UStR 1998. 25 FG München, Beschl. v. 24.1.1990- 3 K 3266/87, UR 1990, 255. 26 ZITZELSBERGER, Eröffnungsansprache, in Nieskens/Scheffler (Hrsg.), Umsatzsteuer-Kongreß-Bericht 1999/2000 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 14), Köln 2000, S. 7. 27 EuGH, Urt. v. 29.4.2004 - Rs. C-17 /01 - Sudholz, DStR 2004, 860 m. Anm. KÜFFNER/ ZUGMAIER; s. dazu auch WIDMANN, UStB 2004, 244. 28 Vgl. dazu WIDMANN in Plückebaum/Malitzky /Widmann, UStG, § 15 UStG Rz. 280/13 ff. 29 Siehe dazu das BMF, Sehr. v. 27.8.2004- IV B 7- S 7300- 70/04, BStBl. I 2004, 864.

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VI. Anwendungspausen für die 10-v.H.-Grenze gern. § 15 Abs. 1 UStG Die 10-v.H.-Grenze gern. § 15 Abs. 1 UStG hat nun eine europäische Leidensgeschichte besonderer Art: Am 1.4.1999 ins deutsche Gesetz gekommen, fehlte ihr, ebenso wie dem gerade erwähnten§ 15 Abs. lb UStG bis zum 4.3.2000 die erforderliche EU-rechtliche Ermächtigung gern. Art. 27 der 6. EG-Richtlinie, denn diese trat ohne Rückwirkung erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft- zunächst bis Ende des Jahres 2002. Weil es, aus welchen Gründen auch immer, nicht zu einer rechtzeitigen Verlängerung dieser Ermächtigung gekommen ist und die schließlich am 13.5.2003 bis Ende Juni 2004 erteilte erneute Ermächtigung keine Rückwirkung zu Lasten der Unternehmer entfalten konnte, gab es also nach der Anlaufverzögerung auch noch eine Anwendungspause für die 10-%-Grenze vom 1.1.2003 bis einschließlich 17.5.2003.30 Damit nicht genug: Dieses Ereignis wiederholte sich im Jahr 2004: Auch damals gelang es nicht, eine nahtlose Fortsetzung der Ermächtigung zu schaffen; es gab wieder eine Anwendungspause, dieses Mal vom 1.7. bis zum 2.12.2004. Man darf auf die Abläufe zum Ende des Jahres 2009 gespannt sein, dertn die letzte Ermächtigung vom 19.11. 2004 ist bis Ende 2009 befristet.31

VII. Demokratieprinzip-Defizite des Verfahrens zur Genehmigung von Sondermaßnahmen durch die Mitgliedstaaten Das alles bleibt dem Leser des deutschen Gesetzestextes und auch des Bundesgesetzblattes leider verborgen. Der deutsche Gesetzgeber hat zwar in § 27 UStG für zahlreiche Vorschriften, sogar für § 15 UStG, bestimmte Anwendungszeiten vorgeschrieben. Aber der einfache Umstand, dass eine Norm unter einer zeitlichen Befristung auf EU-rechtlicher Grundlage steht, scheint dem Gesetzgeber so trivial zu sein, dass er es dem Gesetzesanwender nicht deutlich und selbst sagt. Das liegt vielleicht auch daran, dass der Gesetzgeber manchmal gar nicht weiß, 30 Vgl. OFD Koblenz, Vfg. v. 24.4.2006- S 7300 A-St 445, DB 2006, 1295; siehe auch KüFFNER/ZUGMAIER, DStR 2005, 280; WIDMANN, UR 2004, 607. 31 Siehe dazu Ratsentscheidung vom 19.11.2004, ABI. EU Nr. L 357, 33.

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ob die nicht von ihm selbst, sondern von der Bundesregierung zu beantragende Maßnahme nach Art. 27 der 6. EG-Richtlinie- jetzt Art. 395 MwStSystRL- womöglich nur eine befristete Genehmigung erhält. Da darf man doch wohl auch die Frage stellen, ob es sich nicht empfehlen könnte, dem Gesetzgeber, d.h. dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat, eine Mitwirkungsmöglichkeit an dem Verfahren zur Ermächtigung für Sondermaßnahmen zumindest innerstaatlich zu eröffnen. Es kann unter dem Gesichtspunkt des Demokratieprinzips und der Gewaltentrennung doch schwerlich überzeugen, dass Angehörige des BMF die Anträge gern. Art. 395 MwStSystRL an die Europäische Kommission formulieren und unterschreiben, mit denen vom deutschen Gesetzgeber bereits beschlossene Gesetze, die nach der Ausfertigung durch den Bundespräsidenten schon im Bundesgesetzblatt stehen, nachträglich in ihrer sachlichen oder zeitlichen Anwendungsaussage eingeschränkt werden.32 Die tägliche Lektüre des Amtsblattes der EU durch die Rechtsunterworfenen zur Verifizierung des deutschen Gesetzes und seines Anwendungszeitraums kann schwerlich als Ziel der anzustrebenden Tax Compliance postuliert werden. Bei diesem rechtstatsächlichen Befund fällt es auch einem durchaus selbstbewussten Angehörigen der Steuerverwaltung wirklich schwer, die gerne kolportierte These, in Wahrheit mache die Verwaltung viele Steuergesetze selbst33, empört zurückzuweisen. Das despektierliche Wort "Oberamtsratssteuer", das der Umsatzsteuer seit jeher nachgeht, bekommt hier eine neue Bedeutung. Jedenfalls sollte das Inkrafttreten von Gesetzen nur stattfinden, wenn die erforderliche Genehmigung gern. Art. 395 MwStSystRL vorliegt. Erfreulicherweise hat es dies bei der Novellierung des § 13b UStG zum 1.4.2004 schon einmal gegeben.34

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Vgl. dazu WIDMANN in Deutsches Wissenschaftliches Institut der Steuerberater e.V. (Hrsg.), Die Finanzverwaltung - ein Ersatzgesetzgeber? (DWS-Schriftenreihe Nr. 9),Berlin 2006, S. 38. Siehe dazu MöSSNER in Deutsches Wissenschaftliches Institut der Steuerberater e.V. (Hrsg.), Die Finanzverwaltung - ein Ersatzgesetzgeber? (DWS-Schriftenreihe Nr. 9),Berlin 2006, S. 11; SANGMEISTER, ZSteu 2007, 126; SANGMEISTER weist hin auf TIPKE, Ein Ende dem Einkommensteuerwirrwarr!? - Rechtsreform statt Stimmenfangpolitik, Köln 2006. Vgl. Art. 29 Abs. 2 HBeglG (Haushaltsbegleitgesetz 2004 v. 29.12.2003), BGBI. I 2003, 3076; Berichtigung, BGBI. I 2004, 69. Siehe auch BMF, Sehr. v. 31.3.2004IV D 1- S 7279- 107/04, BStBI. I 2004, 453.

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WIDMANN,

VIII.

UmsatzsteuerForum-einVierteljahrhundert wissenschaftliche Pflege

§ 15 Abs. la UStG

Zurück zu § 15 UStG und zu seiner partiellen Entkleidung von europarechtlich unerlaubten Accessoires durch die Finanzgerichtsbarkeit. Da kommen wir zunächst zu§ 15 Abs. 1a UStG i.d.F. ab dem 1.4.1999: Das Urteil des BFH vom 23.11.200035 war ein Schlag von besonderer Art auf die Europapauke. Der BFH verwarf in diesem Urteil das Vorsteuerabzugsverbot gern. § 15 Abs. 1a Nr. 2 UStG i.d.F. ab dem 1.4.1999 bezüglich der unternehmerisch veranlassten Übernachtungskosten. Dazu berief er sich auf die klaren und eindeutigen Vorgaben in Art. 17 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie, welche den nationalen Gesetzgebern die Einführung derartiger Vorsteuerausschlüsse nicht erlauben. Der BFH hielt es angesichts des Anwendungsvorrangs dieser sog. Stand-Still-Regelung nicht für nötig, die Norm zur verfassungsrechtlichen Überprüfung dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Auch ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH war bei dieser klaren Rechtslage nicht geboten. Derartiges Durchentscheiden des BFH auf der Grundlage vorrangigen EU-Rechts zugunsten der Steuerbürger können wir übrigens mittlerweile nicht nur bei der Umsatzsteuer beobachten, sondern auch z.B. bei der Körperschaftsteuer, wo der BFH mit Urteil vom 9.8.200636 den § Sb KStG für unbeachtlich erklärt hat bei der Fiktion der nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben beim Bezug von Dividenden von ausländischen Kapitalgesellschaften. Das gleiche Argumentationsmuster zum Vorrang der EU-Normen wiederholte sich bei dem Vorsteuerabzugsverbot gern. § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG i.d.F. ab dem 1.4.1999 bis zum 19.12.2006 hinsichtlich der angemessenen Bewirtungsaufwendungen. Der BFH erklärte mit Urteil vom 10.2.200537 die gesetzliche Regelung als unvereinbar mit dem bereits erwähnten Art. 17 der 6. EG-Richtlinie. Die Verwaltung konnte im BMF-Schreiben vom 23.6.200538 nur mit der Formulierung, "§ 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG ist im Vorgriff auf eine gesetzliche Neuregelung nicht mehr anzuwenden ... " die Finanzämter 35 36 37 38 24

BFH, Urt. v. 23.11.2000- V R 49/00, BStBI. II 2001,266. BFH, Urt. v. 9.8.2006- IR 95/05, DStR 2005, 2079. Vgl. BFH, Urt. v. 10.2.2005- V R 76/03, BStBI. II 2005, 509. BMF, Sehr. v. 23.6.2005- IV A 5- S 7303 a -18/05, BStBI. I 2005, 816.

W!DMANN, UmsatzsteuerForum-einVierteljahrhundert wissenschaftliche Pflege darüber unterrichten, dass die Befolgung des Gesetzeswortlautes in diesem Fall unrechtmäßig war. Natürlich waren mit dieser Suspendierung des Gesetzes auch die Anweisungen in Abschn. 197 Abs. 6 und 7 UStR 2005 obsolet. Beim Vorsteuerabzugsverbot gern. § 15 Abs. 1a Nr. 3 UStG für unternehmerisch veranlasste Wohnungswechsel hat der Gesetzgeber die EU-rechtliche Unzulässigkeit noch vor einer BFH-Entscheidung, aber immerhin auch erst nach einem Urteil des FG Harnburg vom 4.4.200639 selbst erkannt. Die Vorschrift wurde durch die vollständige Neufassung des § 15 Abs. 1a UStG, die das Jahressteuergesetz 200740 mit Wirkung ab dem 19.12.2006 verfügte, aufgehoben. Es kann aber nicht zweifelhaft sein, dass die Steuerpflichtigen bereits vorher ein Berufungsrecht auf die für sie günstigere Rechtslage nach Art. 17 der 6. EG-Richtlinie hatten. Die Regierungsbegründung zur Neufassung des § 15 Abs. 1a UStG durch das Jahressteuergesetz 2007 hat dies ausdrücklich erwähnt41, nachdem bereits ein BMF-Schreiben vom 18.7.200642 die Nichtbeachtlichkeit der Vorschrift - auch wieder "im Vorgriff auf eine beabsichtigte gesetzliche Neuregelung"- angeordnet hatte.

IX. Sofortentscheidung über den Vorsteuerabzug Das Zusammenspiel von beim Bezug einer Vorleistung für das Unternehmen geltend zu machenden Vorsteuern und deren Korrektur im Falle einer nicht absichtsgemäßen Verwendung war in Deutschland lange Zeit von abgabenrechtlichen Hilfestellungen gekennzeichnet. War die Frage, wie ein Vorbezug im Hinblick auf den Vorsteuerabzug gern. § 15 Abs. 2 ff. UStG verwendet würde, ungewiss, dann behalf man sich mit dem Offenhalten der Steuerfestsetzung durch den Vorbehalt der Nachprüfung gern.§ 164 Abs. 2 AQ.43 Auf dem ersten Umsatzsteuer-Kongress in Regensburg im Jahr 1982 hat diese Verfahrens39 FG Hamburg, Urt. v. 4.4.2006 - IIl 105/05, DStR 2006, 1362; s. dazu GRÜNWALD, DStR 2006, 1356. 40 Siehe dazu NIESKENS, UR 2007, 125. 41 Vgl. BR-Drucks. 622/06 v. 1.9.2006- Einzelbegründung zu Art. 7 Nr. 8. 42 BMF, Sehr. v. 18.7.2006- IV A 5- S 7303a- 7/06, BStBI. I 2006,450. 43 Vgl. Abschn. 203 Abs. 4 UStR 2000.

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WIDMANN, UmsatzsteuerForum- ein Vierteljahrhundert wissenschaftliche Pflege

weise überhaupt nicht zur Debatte gestanden beim Thema "Umsatzsteuer und Abgabenordnung".44 Sie war auch dem BFH lange Zeit nicht zweifelhaft. Erst mit dem Schloßstraßen-Urteil vom 8.6.200045 und mit dem Breitsohl-Urteil vom gleichen Tag46 hat der EuCH dieser Praxis in Deutschland den Boden entzogen. Das ist nicht weiter erstaunlich, denn der EuCH kann sich bei der Lösung derartiger umsatzsteuerlicher Fragen nicht an den Verfahrensordnungen einzelner Mitgliedstaaten orientieren, sondern muss selbst eine in allen Mitgliedstaaten geltende Regelung aus den systematischen Zusammenhängen der EU-Richtlinien entwickeln. Der gelegentlich zu lesende Vorhalt, der EuCHmasse sich ihm nicht zustehende Kompetenzen zum Verfahrensrecht an, geht deshalb fehl. Der EuCH verlangt beim Bezug eines mit der ernsthaften Absicht zur Verwendung im Unternehmen bezogenen Vorbezuges die Sofortentscheidung über den Vorsteuerabzug. Falls sich dann später herausstellt, dass die ursprüngliche Verwendungsabsicht nicht verwirklicht werden konnte oder eine andere tatsächliche Verwendung eben stattfindet, wird der ursprüngliche Vorsteuerabzug nicht rückwirkend nach verfahrensrechtlichen Vorschriften korrigiert, sondern es greift der zeitlich gestreckte Mechanismus der Vorsteuerabzugsberichtigung gern. Art. 20 der 6. EG-Richtlinie47, auf dem unser § 15a UStG beruht. Dazu ist der § 15a UStG zum 1.1.2005 vollständig - sicher nicht vollkommen, denn zum 1.1.2007 wurde er schon wieder geändert48 - umgekrempelt worden. Sinnigerweise geschah die Neufassung durch ein Gesetz, dass den Namen Richtlinien-Umsetzungsgesetz trug49, obschon sich an der 6. EG44 Vgl. HOFMANN in Lohse/Schöll (Hrsg.), Umsatzsteuerkongreß-Bericht 1982/83 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 1), Köln 1983, S. 189. 45 EuGH, Urt. v. 8.6.2000- Rs. C-396/98- Schloßstraßen, BStBl. II 2003, 446. 46 EuGH, Urt. v. 8.6.2000- Rs. C-400/98- Breitsohl, BStBl. I 2003, 492; siehe dazu BMF, Sehr. v. 24.4.2003- IV B 7- S 7300- 15/03, IV B 7- S 7316- 1/03, BStBl. I 2003,313. 47 Seit 1.1.2007: Art. 184 ff. MwStSystRL. 48 Vgl. Art. 8 Nr. 1 des Ersten Gesetzes zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft v. 25.8.2006, BGBl. I 2006, 1970; beachte die Anwendungsregelung in § 27 Abs. 12 UStG. Siehe dazu NIESKENS, UR 2007, 125. 49 Richtlinien-Umsetzungsgesetz v. 9.12.2004, BGBl. I 2004, 3310.

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WIDMANN, UmsatzsteuerForum-einVierteljahrhundert wissenschaftliche Pflege

Richtlinie gar nichts geändert hatte. Vielmehr wurde erst zum 1.1.2005 Art. 20 der 6. EG-Richtlinie umfassend in das deutsche Recht übernommen.

X.

Neufassung des§ 15a UStG zum 1.1.2005

Seither findet die Berichtigung des Vorsteuerabzugs auch statt bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens oder, um die Wortwahl des Gesetzes entsprechend Art. 20 der 6. EG-Richtlinie zu verwenden, bei Gegenständen, die nur "einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden". Zudem können seit dem 1.1.200550 auch sonstige Leistungen Gegenstand der Vorsteuerberichtigung sein (vgl. § 15 Abs. 3 und 4 UStG). Die praktischen Abgrenzungen dazu lassen sich wissenschaftlich-pflegerisch kaum vornehmen. Der Gesetzgeber hat hier im Bemühen um die Schließung möglichst jeder Lücke eine vormals durchaus robuste Vorschrift sehr pflegebedürftig gemacht. Das UmsatzsteuerForum darf übrigens für sich in Anspruch nehmen, bei der Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zum Richtlinien-Umsetzungsgesetz am 29.9.2004 durch Herrn Professor Dr. REiß den Gesetzgeber davon abgehalten zu haben, noch kompliziertere Regelungen in § 17 UStG zur Änderung der Bemessungsgrundlage geschaffen zu haben. 51

XI. Betrugsanfälligkeit des Mehrwertsteuersystems Dass das Mehrwertsteuersystem in hohem Maße betrugsanfällig ist, hatte sich längst herausgestellt, bevor unsere Vereinigung gegründet wurde. Auf unserer Veranstaltung zum 50-jährigen Jubiläum der Umsatzsteuer-Rundschau im Herbst 2002 stellte REiß die plakative Frage "Vorsteuerabzug - Achillesferse der Mehrwertsteuer?"52. Da der sagenhafte Achill allerdings nur und ausschließlich an seiner Ferse verletzbar war, scheint mir dieser Vergleich nicht ganz passend, denn die 50 Beachte die Anwendungsregelung in§ 27 Abs. 11 UStG. 51 Siehe dazu NIESKENS, UR 2004, 640. 52 REiß, UR 2002, 561.

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WIDMANN, UmsatzsteuerForum-einVierteljahrhundert wissenschaftliche Pflege Mehrwertsteuer ist gewiss nicht nur an der einen systematischen Stelle des Vorsteuerabzuges verwundbar. Das zeigt sich allein schon an den sog. Schwarzumsätzen. Schon auf dem Kongress 1988 in Regensburg hatte REiß die Missbrauchsgestaltungen, denen die Umsatzsteuer ausgesetzt ist, untersucht.53 Und auch der damalige rheinland-pfälzische Finanzminister MITTLER wählte das Bild von der Achillesferse, mit dem er auf unserer Veranstaltung in Berlin im Jahr 2004 die Mehrwertsteuer gar zum fiskalischen Unsicherheitsfaktor Nr. 1 in Europa erklärte. 54 Nicht nur betrügerische Machenschaften schwächen übrigens das Aufkommen, sondern auch die insolvenzbedingten Steuerausfälle in jährlicher Milliardenhöhe sind im System unvermeidlich angelegt. Die fingierte steuerfreie Ausfuhr zur Erlangung des Vorsteuerabzugs aus Scheinlieferungen war für Betrüger so einfach, dass sie schon sehr bald nach Einführung der Mehrwertsteuer in Deutschland zu Aufsehen erregenden Strafurteilen durch den BGH führten.55 Der BFH hatte zur Sanktionsvorschrift des § 14 Abs. 3 UStG 1967/80 hinsichtlich des Steuerausweises für vorgetäuschte Umsätze einen strengen Standpunkt eingenommen. 56 Unsere Vereinigung hat sich schon auf einer Tagung im Jahr 1993 in Nürnberg - Anlass dafür war das 75-jährige Bestehen der Umsatzsteuer in Deutschland57 - mit der Frage beschäftigt, ob die sog. Binnenmarkt-Übergangsregelung, die seit dem 1.1.1993 gilt, als Einladung an die Steuerbetrüger zur Ausweitung ihrer schädlichen Aktivitäten verstanden werden müsse.58 Die damalige Skepsis an der fiskalischen Verlässlichkeit der Binnenmarkt-Übergangsregelung war berechtigt, wie auch die Zweifel an der baldigen Schaffung einer endgültigen Regelung für den Binnenmarkt auf der Grundlage des Ursprungslandprinzips. Die zahlenmäßigen Beweise durch die Entwicklung des Umsatzsteueraufkommens blieben zwar zunächst aus. Sie kamen dann jedoch recht unfreiwillig ins Blickfeld der Finanzpolitiker, als ab dem Jahr 2000 das Umsatzsteueraufkommen in Deutschland in konjunk53 REiß, Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten im Umsatzsteuerrecht, in Soell (Hrsg.), Umsatzsteuerkongreß-Bericht 1988/89 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 3), Köln 1989, S. 43. 54 Vgl. MITTLER, UR 2004, 1. 55 Siehe z.B. das BGH, Urt. v. 9.10.1979- 5 StR 586/79, UR 1980, 114. 56 Vgl. z.B. BFH, Urt. v. 21.2.1980- V R 146/73, BStBI. II 1980, 283. 57 Siehe KLEIN, UR 1994, 2; SOELL, UR 1994, 3. 58 Vgl. WIDMANN, UR 1994, 32.

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WIDMANN, UmsatzsteuerForum- ein Vierteljahrhundert wissenschaftliche Pflege turell unerklärlicher Weise rückläufig war - erstmals seit dem Jahr 1968! Die Untersuchungen des Ho-Instituts zum sog. V AT-GAP in ganz Europa59 legten auch für Deutschland erschreckende Erkenntnisse nahe. Selbstverständlich war die systematische Ursache im Mehrwertsteuersystem schnell erkannt: Es ist der Vorsteuerabzug.60 Die schon erwähnte Veranstaltung in Köln bot im besten Wortsinne den Systemrüttlern ebenso wie den retardierenden Stimmen ein Forum zur Frage, ob die Mehrwertsteuer mit ihrem Allphasenprinzip verändert werden müsse, um auch unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsneutralität den Betrügern nicht einen für die rechtstreuen Konkurrenten uneinholbaren Vorsprung zu belassen.61

XII. Systematische Ansätze zur Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung Auch persönlich bei diesem Thema weniger betroffene Chronisten als ich werden hier die Mainzer Vorschläge zur Umsatzsteuer - das sog. MITTLER-Modell- vom August 200162 nicht unerwähnt lassen können, obschon es schon früher Vorschläge zur Entkrampfung der Probleme des unvalutierten Vorsteuerausweises gegeben hatte63. Auf unserem zweiten Umsatzsteuerforum im Mai 2001 bei Audi in Ingolstadt war

59 Siehe ifo-Forschungsbericht "Entwicklung des Umsatzsteueraufkommens und finanzielle Auswirkungen neuerer Modelle bei der Umsatzbesteuerung" unter Bezugnahme auf Nam/Parsche/Schaden, Measurement of Value Added Tax Evasion in Selected EU Countries in the Basis of National Account Data, ifoStudien 2001. 60 Vgl. REiß, UR 2002, 561. 61 Siehe dazu die Beiträge im UR-Festheft 2002: REiß, UR 2002, 561; NIESKENS, UR 2002, 577; HIMSEL, UR 2002, 593; WIDMANN, UR 2002, 588. 62 MITTLER, UR 2001, 385. 63 Vgl. AMMANN, Vorsteuerverrechnung verhindert Umsatzsteuerbetrug, in Nieskens (Hrsg.) Umsatzsteuersteuer-Kongress-Bericht 2001/2002 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 16), Köln 2002, S. 77; AMMANN, UR 1994, 109; AMMANN, UR 1998, 217; AMMANN, UR 2001, 428; AMMANN, UR 2002,258 m.w.N.; MATTES, UR 2001, 378.

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WIDMANN, UmsatzsteuerForum-einVierteljahrhundert wissenschaftliche Pflege bereits die Idee der branchenbezogenen Vorstufenbefreiung in die Öffentlichkeit gelangt.64 Unser Kongress in Osnabrück im Oktober 2001 widmete sich wegen der damals aktuellen Aktivitäten des Gesetzgebers zum Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz65 erneut ausgiebig den Systemfragen66. So wie auch heute ging unser Blick über die Grenzen, wo vor allem im Österreichischen Bundesfinanzministerium ähnliche systematische Ansätze wie in Deutschland gesucht wurden. Bekanntlich hat sich aus dem MITTLER-Modell das Ziel eines generellen Reverse-Charge-Verfahrens im Unternehmerischen Bereich bei Umsätzen mit einem höheren Entgelt als 5 000 € herausgeschält. Immerhin ist dies Gegenstand der Koalitionsvereinbarung der die gegenwärtige Bundesregierung tragenden Parteien.

XIII.

Bemühungen zur Einführung des Reverse-Charge-Verfahrens

Es ist nicht überheblich, wenn man feststellt, dass es wohl selten eine so grundsätzliche und gründliche Vorbereitung einer für nötig gehaltenen Systemmodifikation im Steuerrecht gegeben hat wie bei diesem Thema der Verlagerung der Steuerschuld auf den Unternehmerischen Leistungsempfänger. Die von der Münchner Steuerberatungskanzlei PSP zusammen mit der Verwaltung durchgeführten Überlegungen im Rahmen eines Planspiels, die im September 2005 abgeschlossen wurden67, brachten so überzeugende Ergebnisse, dass die Reaktion der Europäischen Kommission hierauf schon als enttäuschend bezeichnet werden muss. Denn auch wenn selbstverständlich die Europäische Kommission bei ihren Überlegungen zur Verbesserung der Betrugsresistenz des Mehrwertsteuersystems sich nicht allein nach den Vorstellungen richten kann, die nur in einem oder zwei Mitgliedstaaten

64 Vgl. den Tagungsbericht von NIESKENS, UR 2001, 285. 65 Siehe dazu die Stellungnahme des UmsatzsteuerForums, UR 2001, 473. 66 Siehe NIESKENS (Hrsg.) Umsatzsteuersteuer-Kongress-Bericht 2001/2002 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 16), Köln 2002. 67 Vgl. PSP, Pressemitteilung v. 20.10.2005, UR 2005, 659; MATHEIS/GROß, UVR 2006, 276; GRüß/MATHEIS/VOGT, UVR 2006, 44; FINANZMINISTERKONFERENZ, Mitteilung v. 20.10.2005, UR 2005, 662.

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WJDMANN,

UmsatzsteuerForum-einVierteljahrhundert wissenschaftliche Pflege

angestellt werden, so ist es doch erstaunlich, mit welcher Beharrlichkeit grundlegende Erkenntnisse zum System in Frage gestellt werden. Die Überbewertung der Wirkungsweise der fraktionierten Zahllast, die auch in amtlichen Verlautbarungen der Europäischen Kommission zum Ausdruck kommt- so z.B. in der Begründung zur Ablehnung des Österreichischen und des deutschen Antrages auf Genehmigung einer Sondermaßnahme nach Art. 27 der 6. EG-Richtlinie68 -,legt offen, dass es grundsätzliche Unterschiede im Verständnis der Mehrwertsteuer gibt, die nur schwer zu überbrücken sind. Die diffuse Furcht vor unkalkulierbaren Folgen für den Binnenmarkt, die sich mit der optionalen Einführung des Reverse-Charge für bestimmte Umsätze in einzelnen Mitgliedstaaten ergeben könnten, können nicht überzeugen. NOLZ hat auf einer Veranstaltung unserer Vereinigung am 16.2.2006 in Berlin dazu das Nötige deutlich gesagt, ebenso wie auf einer FiscalisKonferenz im Bundesfinanzministerium in Berlin im März 2006. Allerdings scheint die Bereitschaft, sich diesen Argumenten anzuschließen, nicht sehr hoch entwickelt zu sein. Immerhin soll entsprechend einer Verabredung auf dem informellen ECOFIN-Treffen Ende April2007 in Berlin nun bis zum Jahresende eine grundsätzliche Analyse der Österreichischen und deutschen Ansätze durch die Europäische Kommission vorgenommen werden. Und als Erfolg der deutschen Ratspräsidentschaft wird die Zusage der Europäischen Kommission auf dem ECOFIN-Rat am 4.6.2007 in Luxemburg gewertet, einen Richtlinienvorschlag vorzulegen, nach dem ein Land - voraussichtlich Österreich ermächtigt werden soll, in einem Pilotversuch das generelle ReverseCharge-Verfahren für Umsätze ab einer bestimmten Größenordnung im Zwischenunternehmerischen Bereich einzuführen. Weil selbstverständlich auch diese Richtlinie erst noch einstimmig beschlossen werden muss, gibt es keinen Anlass zu euphorischen Erwartungen hinsichtlich einer baldigen Einführung des generellen Reverse-ChargeVerfahrens in Deutschland.

68 Vgl.

EUROPÄISCHE KOMMISSION,

MANN,

Presseerklärung v. 19.7.2006; zitiert bei WID-

UR 2006, 624.

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WJDMANN, UmsatzsteuerForum-einVierteljahrhundert wissenschaftliche Pflege

XIV.

Einzige Anlaufstelle (One-Stop-Shop)

Die Europäische Kommission muss sich gegenwärtig leider die Frage gefallen lassen, ob sie bei ihrem Eintreten für die einzige Anlaufstelle als vermeintliche Vereinfachung für die Unternehmen im Binnenmarkt69 die systematischen Zusammenhänge und praktischen Folgen für die Betrugsbekämpfung wirklich ausgelotet hat. Die monatliche Diskussionsspalte, die wir in der Umsatzsteuer-Rundschau als deren Mitherausgeber verantworten, war im März 2007 deshalb die geeignete Plattform für den mutigen Beitrag von FILTZINGER70, der anhand ganz einfacher praktischer Fragen nachgewiesen hat, dass der sog. One-Stop-Shop eine höchst problematische Idee ist, die erst noch für den Alltag tauglich gemacht werden müsste.

XV.

Schlussbemerkung

Eine Frau darf einen Mann lieben, ohne ihn beherrschen zu wollen, und umgekehrt gilt das natürlich auch für den Mann. Wir alle lieben die Mehrwertsteuer, beherrschen sie aber wahrscheinlich nicht. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die Europäische Kommission, die die Mehrwertsteuer wegen ihrer fiskalischen Ergiebigkeit so lieben, können und dürfen sich diese für den Bestand einer Beziehung sicherlich probate Zurückhaltung nicht leisten. Sie sind verpflichtet, dass System für die Steuerpflichtigen in rechtlicher und formaler Hinsicht so beherrschbar zu gestalten, dass auch die Verwaltung bei der Administration keine unverhältnismäßigen Mittel einzusetzen hat und vor allen Dingen: es darf nicht dazu kommen, dass durch leichte Ausweichreaktionen der Steuerpflichtigen das Ziel der gleichmäßigen Belastung des Letztverbrauchs verfehlt wird. Der europäische Richtliniengeber sowie der nationale Gesetzgeber, die Verwaltungen, aber auch die Gerichte sollten niemals vergessen, dass der EuGH schon in seiner Entscheidung vom 14.7.1988 - Jeunehomme71 - die Forderung aufgestellt hat, dass die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts nicht durch eine" Technizät" der Regelungen" praktisch unmög69 Siehe dazu NIESKENS, UR 2004, 410. 70 FILTZINGER, UR 2007, 169. 71 EuGH, Urt. v. 14.7.1988 - Rs. 123 und 330/87 - Jeunehomme, EuGHE 1988, 4517 =UR 1989, 380.

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WIDMANN,

UmsatzsteuerForum-einVierteljahrhundert wissenschaftliche Pflege

lieh oder übermäßig erschwert" wird. Das Verbot der "übermäßigen Technizität" ist als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes72 ein rechtsstaatliches Grundgebot für alle Steuerarten. Unsere Vereinigung darf für sich in Anspruch nehmen, seit 25 Jahren an den Bemühungen zur Erreichung dieser Ziele durch systematische Verbesserungen unablässig mitgearbeitet zu haben. Aber noch einmal 25 Jahre darf es nicht dauern, bis die erkannten Mängel des geltenden Systems abgestellt sind - auch wenn wir uns heute schon auf die Feier zum 50. Jubiläum unserer Vereinigung freuen!

72 Siehe dazu ELICKER, DVBI. 2006, 480; WIDMANN, UR 2006, 108.

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The Way to the European V AT -Der Weg der europäischen Umsatzsteuer-

Liszl6 Kovacs Member of the European Commission, Commissioner for Taxation and Customs Union, Bruxelles

Table of Contents I. lntroduction ....................... 35

II. Conventional measures

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111. Taxation of intra-Community supplies ................ 37 IV. Introduction of a general reverse charge .. ... .......... .. ... 39

I.

V. Other future developments 41 1. VATrates ............................ 41 2. VAT treatment of Financial Servicesand Insurances .... 41 VI. Closing .. ........... ... ... .... ...... .. 42

Introduction

Ladies and Gentlemen, lt gives me great pleasure to speak at this 25th anniversary conference of the Turnover Tax Forum.

Today I'm going to talk to you about the future of VAT developments in the European Union. But firstly, I would like to remind you that the 2005 Spring European Council endorsed a new start for the so-called 'Lisbon strategy', with a focus on growth, competitiveness and jobs. A major priority of the European Union is therefore to improve its competitiveness while preserving its social model, based on a high Ievel of social protection. In this context, it is very important to ensure that our businesses can operate with the least possible burdens while at the same time

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Kovacs, The Way to the European VAT

ensuring that tax administrations can satisfy themselves that all the taxes due have been paid. However, I am sure that you are all aware of the difficulties which have been created for Member States because of VAT fraud. As a response to this problem, in May 2006, I presented a Communication which examined various possibilities to tackle tax fraud and VAT fraud in particular. VAT fraud has a significant impact on the receipts to Member States' treasuries. The revenues not reaching the treasuries could be put to good use such as for educational, social and other purposes. The Commission and the Member States must therefore work tagether to reduce the level of VAT fraud and to maximise the receipts into their treasuries. In this context, my communication suggested three possible methods of reducing VAT fraud: (1) to make a more efficient use of the existing arrangements for cooperation between Member States, (2) to tax intra-community transactions, (3) to introduce a reverse charge procedure. While the Commission is open to examine each of these three methods, two Member States in particular; Germany and Austria, believe that reverse charge is the only method which would tackle VA T fraud, and especially the so-called "missing trader" fraud and insolvency fraud. The Commission looks at the possibility of reverse charge with an open mind but many Member States are firmly opposed to the idea. For its part, the Commission has to be conscious of the impact of any change in V AT legislation on the lnternal Market, on businesses and on the citizens in general. For this reason it has taken upon itself the task of carefully examining each of the three possibilities mentioned above. At the ECOFIN meeting of 6 June 2007, the Council gave the Commission a clear mandate to look at the taxation of intra-community supplies and the reverse charge procedure. The Commission will report to the Council before the end of this year on these two areas. In tandem the Commission is working closely with Member States to examine areas where they can change their administrative procedures

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Kovacs, The Way to the European VAT

so that they can operate tagether more closely for the purpose of fighting VAT fraud. I personally do not have a preference regarding which of the three solutions would be the ideal one. Nevertheless the Commission in its role as guardian of the treaties must ensure that whatever we come up with is workable, proportionate and does not put too many obligations on taxable persans or on tax administrations.

II.

Conventional measures

In regard to what could be described as "conventional measures" for fighting VA T fraud, the Council has asked the Commission to look at the following areas: -

the reduction of the length of time given to taxable persons to declare that they have made exempted intra-Community supplies,

-

the reduction in the length of time taken for Member States to pass information regarding intra-Community supplies between themselves,

-

the possibility of introducing joint and severalliability between the purchaser and supplier where the supplier has not declared the intra-Community supplies where there is a VAT loss in the Member State of the purchaser,

-

to provide for enhanced confirmation of the bona fides of a taxable person making an intra-Community acquisition.

The Commission has already been working hard with Member States in the context of an expert group which has been especially set up to look at these possibilities of improving the existing arrangements which should result in additional security of revenue for Member States without unnecessary additional burdens on honest businesses.

111. Taxation of intra-Community supplies I have being thinking about the taxation of intra-Community supplies so as to provide a disincentive for fraudsters to engage in carousel fraud. The current rules make it relatively easy for fraudsters to charge

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Komics, The Way to the European V AT

VAT and disappear without paying this tax to the exchequer. However, if a supplier in one Member State charged VA T to his customer in another Member State, rather than exempting the supply, then there would be far less incentive for abuse since the amount which could be "stolen" from the Government would no Iongerbe the full VAT on the subsequent supply, but only the VAT on the "value added". In this context, I see two possibilities: taxation in the Member State of arrival (country of destination), or taxation in the Member State of departure (country of origin) at a uniform rate of 15 % and using abilateral (microeconomic) clearing procedure. While there are arguments for and against both of these possibilities, the Council has asked the Commission to first work on the idea of taxation in the Member State of departure, and only if this dues not appear fruitful, to Iook at taxation in the Member State of arrival. Specifically in relation to taxation in the Member State of departure, the Council has asked the Commission to: examine the general effects of a clearing procedure on the budgets of Member States and specifically on principally "importing" Member States and on principally "exporting" Member States; -

provide a rough estimate of the additional costs for taxpayers and tax administrations caused by introducing the taxation of intraCommunity supplies; examine the risk of new forms of fraud and the efficiency in eliminating existing fraudulent activities; explore the allocation of responsibilities and risks between the Member State of departure, where tax is paid, and the Member State of arrival, where tax is deducted; Iook at the competitive aspects of taxation of intra-Community supplies in relation to domestic tax rules and in comparison to the current scheme.

The Commission has been asked to Iook at all of these aspects and report back to the Council by December 2007. I am sure that you will agree that this is a very tall order indeed, and it will keep my services extremely busy over the coming months.

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Kovacs, The W a y to the European VA T

IV. Introduction of a generalreverse charge As you will know, both Germany and Austria introduced applications to be allowed to derogate from the provisions of Community VA T legislation in the sense of being allowed to apply a generalised reverse charge. In July of last year, I rejected these requests on the basis that such a significant change to the VAT system as was being proposed by these two Member States could not be allowed by means of a derogation, but required a full proposal from the Commission in accordance with the provisions of Article 93 of the Treaty which includes the consultation of the European Parliament and the European Economic and Social Committee. Such a proposal would require the Commission doing a full impact assessment which would examine the potential costjbenefits, the impact on the internal market and the impact on businesses and other stakeholders. As we have to assess the concept of a generalised reverse charge a number of issues must be borne in mind: Firstly, any change to the VAT system should not lead to new opportunities for fraudsters. However, as a general reverse charge system is not yet operational anywhere in the world there are no direct camparisans that can be made on which to assess new fraud opportunities. Nevertheless, what can be said is that the resulting system would be, in many respects, not far removed from a retail sales tax. In this context it is worth noting that the IMF has concluded that a sales tax could only be fraud-proof for tax rates not exceeding 10 %. The minimum Community VAT rate on the other hand is 15% and the highest rate is 25 %. This is possible because of the fractionated method of tax payment under the VAT system which encourages taxpayers to comply in order to exercise their right of deduction of tax incurred at the previous stage in the production chain. If we abandon the fractionated payments currently used in the VAT system, this would result in almost all of the VAT having to be collected from the taxable person who was in the penultimate stagein the transaction chain (normally the retailer). A shift to collecting VAT at the retail stage will mean that the bulk of the tax previously collected from large businesses within the production chain will instead be paid by a !arger number of smaller taxpayers. The effects of this need to be analysed further.

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Kovacs, The Way to the European VAT

Secondly, we need to examine the compatibility of reverse charge with the principles of the internal market. I could not support a system where barriers to trade in Member States were created by virtue of the complexities of what is perceived tobe a new tax system. Thirdly, reverse charge put in place by only a few Member States could have an impact on future VAT, and could make further progress in VAT harmonisation more difficult. Fourthly, reverse charge could create weakness in the control of VAT in those Member States not introducing reverse charge. Certain Member States have already expressed concerns that their taxpayers would have the opportunity to buy tax free goods in a Member State operating a reverse charge and sell them on their domestic market. As well, there is a risk of certain frauds, such as carrousel fraud, simply moving to another Member State. Fifthly, reverse charge could add significant compliance costs to businesses trading in different Member States. Finally, plans to oblige foreign businesses to identify for VAT in the Member States applying generalised reverse charge could create market access difficulties, especially for SMEs. At the ECOFIN meeting of 6 June 2007, the Council has asked the Commission to study the concept of generalised reverse charge. To the extent possible, such study will in particular focus on: the effects on Member States that do not apply the reverse-charge system, especially the effects on their budgets, including with regard to the competitiveness of their companies; the coherence and harmonisation of VAT law in the EU; the costs for taxpayers and administrative authorities of implementing a reverse-charge system; the migration of fraud cases to those Member States that do not apply a reverse-charge system; the risk of new forms of fraud; the possibility of running a pilot project for a limited period of time in an interested Member State. In order to be better placed to judge the overall effects of a generalised reverse charge, the Council has asked the Commission to consider

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Kovtics, The Way to the European VAT

whether it would be prepared to put forward a proposal to amend the VAT Directive to enable one Member State to apply a reverse charge on an experimental basis. We are looking into the possibility of making such a proposal before the end of this year. On the other hand, any proposal to fundamentally change the VAT system for all Member States will not be a short term option and it is therefore clear that Member States should in the meantime continue to concentrate on improving classical VAT control to ensure a level playing field for all taxable persons.

V.

Other future developments

Just to finish with a couple of other future developments in the VAT field.

1.

VAT rates

The Commission will shortly report to the Council and the European Parliament on the result of its study on the impact of reduced V AT rates. The purpose of this Communication is to start a reflection with all Stakeholders with the objective of finding a sustainable solution to the thorny question of VAT rates.

2.

V AT treatment of Financial Services and Insurances

Later on this year, the Commission will make a proposal on the VAT treatment of financial services and insurances. lt is clear that Member States and other Stakeholders are broadly supportive of the need to update the existing legislation and that leaving things as they are is not an option. There is also agreement that the definitions of exempt financial services and insurances do not reflect the industries of today and need to be significantly revised. In this regard, business Stakeholders are keen that the Commission uses the opportunity to rectify at least some of the economically distortive effects of the exemption model these include a bias against outsourcing and cross-border consolidation, both of which they consider as essential for international competitivity. On the other hand, Member States are cautious on such broader structural changes - they fear they willlead to revenue losses. lt will not be easy

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Kovtics, The Way to the European VAT

to convince them of the potential for wider compensating benefits. The Commission's task is to take a middle role in this approach- insisting on internal market objectives but also being realistic about tax revenue considerations.

VI. Closing Ladies and Gentlemen, I want to thank you for g1vmg me this opportunity to share my vision with you of what I see happening in the field of VAT in the immediate future. I am sure that you will agree with methat we are facing challenging and exciting times. I would also like to thank Professor NIESKENS for having invited me to speak to you this morning.

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Risiken, Chancen und Perspektiven in der Umsatzsteuer aus deutscher Sicht Dr.

BARBARA HENDRICKS

Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen, Berlin

Inhaltsübersicht I. Risiken der Umsatzsteuer 43 1. Erörterungen auf EU-Ebene 44 2. Studien in Deutschland ..... 45

II. Chancen und Perspektiven der Umsatzsteuer .............. 1. Deutschland hält eine Besteuerung innergemeinschaftlicher Lieferungen für nicht zielführend ................ 2. Zwei Lösungen gegen Vorsteuerbetrug denkbar .. 3. Auch andere Mitgliedstaaten haben gute Erfahrungen mit Reverse-Charge gemacht .............................. 4. Wir wollen lediglich eine Option für das ReverseCharge-Verfahren ............ ..

I.

5. 5 000-€-Grenze .................... 6. Die europäischen Vorbehalte gegen das ReverseCharge-Verfahren sind kaum nachvollziehbar ....... 7. Kann es Auswirkungen auf den Binnenmarkt geben? .. 8. Es gibt heute schon eine Vielzahl unterschiedlicher Regelungen im Gemeinschaftsrecht .........................

46

46 46

47

48

50 51

51

111. Ergebnisse der deutschen Ratspräsidentschaft 1. Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs 52 2. Mehrwertsteuerpaket ........ 53

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Risiken der Umsatzsteuer

Die Risiken der Umsatzsteuer liegen nach wie vor darin, dass die Steuer hoch betrugsanfällig ist. Die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs hat in Deutschland - auch politisch - sehr hohe Priorität. Ziel auf allen Ebenen der Politik, seien 43

HENDRICKS,

Risiken, Chancen und Perspektiven in der Umsatzsteuer

es die Länder oder der Bund, ist es, ein betrugssicheres Umsatzsteuersystem zu schaffen. Dieses Ziel ist auch im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD verankert. Auch auf EU-Ebene sind wir uns mit der Kommission und allen Mitgliedstaaten einig, dass Steuerbetrug, speziell aber der Umsatzsteuerbetrug und -missbrauch effektiv bekämpft werden muss. Denn Umsatzsteuerhinterziehungen gehen nicht allein zu Lasten des Fiskus. Auch die Volkswirtschaft wird zu Lasten der Allgemeinheit in hohem Maße geschädigt. Es entstehen erhebliche Wettbewerbsverzerrungen. Steuerehrliche Unternehmen können mit steuerunehrlichen Unternehmen, die ihre Produkte mit Hilfe der hinterzogenen Umsatzsteuer wesentlich preiswerter auf den Markt bringen können, nicht konkurrieren. Dies führt zu Wettbewerbsverzerrungen. Steuerehrliche Unternehmen werden vom Markt verdrängt, müssen ihre Unternehmen aufgeben, sodass durch Umsatzsteuerhinterziehungen letztlich Arbeitsplätze vernichtet werden. Für Deutschland schätzt das Ho-Institut für 2006 Einnahmeausfälle durch Umsatzsteuerhinterziehungen in Höhe von ca. 15 Mrd. € (in Deutschland entspricht 1-%-Punkt Umsatzsteuer ca. 8,1 Mrd. €, das wären in Deutschland also etwa knapp 2-%-Punkte Umsatzsteuer). Diese Ausfälle müssen zwangsläufig anderweitig kompensiert werden. Dass dies notgedrungen ebenfalls auf Kosten der Steuerehrlichen geht, liegt auf der Hand. Steuern können nicht weiter gesenkt werden, die staatliche Aufgabenerfüllung wird beeinträchtigt oder es müssen gar Steuererhöhungen vorgenommen werden.

1.

Erörterungen auf EU-Ebene

Die Finanzminister der Mitgliedstaaten haben sich daher bereits im November letzten Jahres im ECOFIN mit der Frage befasst und hatten das Thema auch im ECOFIN Anfang dieses Monats auf der Tagesordnung. Unter der deutschen Ratspräsidentschaft konnten auch in diesem Bereich deutliche Fortschritte erreicht werden: Die Kommission wird insbesondere zur Verbesserung des Informationsaustausches über innergemeinschaftliche Lieferungen, des Bestätigungsverfahrens sowie in Bezug auf eine Haftung bei unrichtigen Zusammenfassenden Meldungen bis Ende 2007 Vorschläge vorlegen, sodass der Rat sie bis Ende 2008 verabschieden kann.

44

HENDRICKS,

Risiken, Chancen und Perspektiven in der Umsatzsteuer

Die Kommission wird bis Ende 2007 Analysen vorlegen zur Besteuerung der innergemeinschaftlichen Lieferungen und fakultativen Nutzung des Reverse-Charge-Verfahrens, wobei sie sich hier insbesondere auch mit einem Pilotprojekt für Österreich befassen wird. Das ist ein Punkt, der für Deutschland von besonderem Interesse ist. Soll der Steuerbetrug und speziell der Umsatzsteuerkarussellbetrug wirksam unterbunden werden - und der politische Wille ist erkennbar vorhanden -, dann ist es wichtig, die Ursachen des Betrugs zu erkennen. Dies bedarf einer entsprechenden Analyse.

2.

Studien in Deutschland

In Deutschland haben wir umfangreiche Studien durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unter realistischen bzw. realen Bedingungen durchgeführt, was etwa zwei Jahre in Anspruch genommen hat. Ergebnis der Analyse ist, dass der Karussellbetrug dadurch gekennzeichnet ist, dass Ware grenzüberschreitend in der EU, aber auch zunehmend unter Einbeziehung des Drittlandes gehandelt wird. Der steuerliche Schaden entsteht dadurch, dass eine Person, der sog. missing trader, Ware aus dem Ausland erhält, sie weiterverkauft, Umsatzsteuer in Rechnung stellt, diese aber nicht an den Fiskus abführt. Der Rechnungsempfänger macht - zu Recht - den Vorsteuerabzug geltend. Der entscheidende Punkt ist also der unvalutierte Vorsteuerabzug, d.h., dass der Vorsteuerabzug nicht abhängig ist von der korrespondierenden Umsatzsteuer auf Seiten des leistenden Unternehmers. Die Tatsache, dass innergemeinschaftliche Lieferungen und Exporte steuerfrei sind, macht den Karussellbetrug finanziell noch attraktiver, ist aber nicht das entscheidende Moment. Darüber hinaus hat die Lieferung über mehrere Staaten für Steuerkriminelle den Vorteil, dass grenzüberschreitende Sachverhalte für die Behörden nur mit zusätzlichem Aufwand aufzudecken sind. Ausgehend von dieser Erkenntnis wurde in der Studie aber auch festgehalten, dass der unvalutierte Vorsteuerabzug nicht nur im Rahmen von Karussellbetrug auftritt. Der unvalutierte Vorsteuerabzug ist ein

45

HENDRICKS, Risiken, Chancen und Perspektiven in der Umsatzsteuer

generelles Problem, das u.a. im Zusammenhang mit Scheinrechnungen, aber auch bei Insolvenzen regelmäßig auftritt.

II.

Chancen und Perspektiven der Umsatzsteuer

Angesichts dieser Analyse und der Höhe der Steuerausfälle sind wir in Deutschland zu dem Schluss gekommen, dass es am zielführendsten ist, die Ursache "an den Wurzeln zu packen" und nicht Lösungen zu favorisieren, die lediglich die Symptome bekämpfen. Ich komme damit zu den Chancen und Perspektiven der Umsatzsteuer. 1.

Deutschland hält eine Besteuerung innergemeinschaftlicher Lieferungen für nicht zielführend

Das bedeutet, dass wir zu dem Schluss gekommen sind, dass eine Besteuerung der innergemeinschaftlichen Lieferungen keine Lösung des Problems darstellt, insbesondere nicht mit Blick auf die Exporte. Im Gegenteil, die Möglichkeit des unvalutierten Vorsteuerabzugs würde für diesen Bereich erstmals neu eröffnet. Es wäre mit noch höheren Steuerausfällen, als das heute schon der Fall ist, zu rechnen. Mit dieser Meinung stehen wir innerhalb der Mitgliedstaaten nicht allein. Die Frage, die es also zu beantworten gilt, ist: Wie kann man das Problem des unvalutierten Vorsteuerabzugs möglichst von Grund auf - nur das ist effektiv - lösen? Welche Maßnahmen belasten die Wirtschaft am Wenigsten? 2.

Zwei Lösungen gegen Vorsteuerbetrug denkbar

Will man den unvalutierten Vorsteuerabzug verhindern, gibt es zwei Lösungen: 2.1

Neuregelung des Vorsteuerabzugsrechts

Das Vorsteuerabzugsrecht würde danach voraussetzen, dass die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer zuvor an den Fiskus abgeführt wurde, was von dem Vorsteuerabzugsberechtigten nachzuweisen wäre.

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HENDRICKS,

Risiken, Chancen und Perspektiven in der Umsatzsteuer

Aus fiskalischer Sicht wäre das die ideale Lösung. Der gravierende Nachteil ist aber, dass die Wirtschaft und auch die Verwaltung ganz erheblich belastet würden. Aus unserer Sicht, sollte dieser Weg nicht gegangen werden. 2.2

Generelles Reverse-Charge-Verfahren ab 5000 €

Wir sind der Meinung, dass den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gegeben werden sollte, ein Reverse-Charge-Verfahren für nationale Umsätze ab einem Rechnungsbetrag von 5 000 € einzuführen. Die Schlussfolgerungen des Rates vom 5. Juni sind ein erster Schritt in diese Richtung. Das Reverse-Charge-Verfahren macht den unvalutierten Vorsteuerabzug unmöglich. Gleichzeitig muss der Unternehmer nicht mehr die Umsatzsteuer vorfinanzieren. Das ist gerade für kleinere Unternehmen ein Vorteil, weil sie - angesichts ihrer Marktstellung - nicht die Zahlungsbedingungen bestimmen können, sie vielmehr diktiert bekommen. Anzumerken ist auch, dass es sich bei dem "Reverse-Charge-Verfahren" nicht um einen Systemwechsel bei der Umsatzsteuer handelt, sondern um partielle Änderungen bei der Durchführung der Besteuerung. In Deutschland bestehen bereits seit dem 1.1.2002 Regelungen zur Verhinderung von Missbrauch, wonach sich bei bestimmten Umsätzen die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger verlagert. Ich denke hier insbesondere an Grundstücksumsätze und Leistungen im Bausektor. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht.

3.

Auch andere Mitgliedstaaten haben gute Erfahrungen mit Reverse-Charge gemacht

Auch andere Mitgliedstaaten haben damit offenbar gute Erfahrungen gemacht. Alle Mitgliedstaaten wenden das Reverse-Charge-Verfahren bei Leistungen von nicht im Inland ansässigen Steuerpflichtigen an wenn auch in unterschiedlichen Bereichen. Eine Vielzahl von Mitgliedstaaten (nach meiner Kenntnis derzeit zehn) setzen Reverse-Charge gezielt zur Betrugsbekämpfung ein- allerdings

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HENDRICKS,

Risiken, Chancen und Perspektiven in der Umsatzsteuer

für unterschiedliche Sektoren und in unterschiedlicher Ausgestaltung. Die Zahl wird wahrscheinlich weiter zunehmen. Ganz aktuell haben bei der Verabschiedung der Ermächtigung für das Vereinigte Königreich (Reverse-Charge bei Umsätzen mit Mobiltelefonen, Mikrochips) sieben weitere Mitgliedstaaten erklärt, dass sie ebenfalls eine solche Ermächtigung anstreben. Darüber hinaus ist nicht auszuschließen, dass gerade der Karussellbetrug auf andere Güter als Mobiltelefone und Mikrochips ausweicht. Ich wage die Prognose, dass weitere Anträge auf Ermächtigungen nach Art. 395 MwStSystRL gestellt werden.

4.

Wir wollen lediglich eine Option für das Reverse-ChargeVerfahren

Was Deutschland anstrebt, ist keine Systemänderung. Wir wollen lediglich eine Option für die Mitgliedstaaten, ein inzwischen bewährtes Mittel auf einen weiteren Bereich auszudehnen. Das Reverse-ChargeVerfahren wäre nicht durch eine Branche eingegrenzt, sondern durch einen Rechnungsbetrag. Wenn Sie so wollen, ist dies ebenfalls eine sektorale Lösung. Wir sind auch nicht der Meinung, dass wir den Steuerpflichtigen Unzumutbares abverlangen würden. Im Gegenteil, um die Regelung praktikabler zu gestalten, soll jeder Steuerpflichtige eine Kennung an seiner Steuernummer erhalten. Darüber hinaus wird ein Bestätigungsverfahren eingerichtet, wie wir es im Rahmen des innergemeinschaftlichen Handels bereits kennen. Das bedeutet: anders als bei den bestehenden Reverse-Charge-Verfahren bekommt der Steuerpflichtige ein Instrument an die Hand, mit dem er die notwendige Differenzierung zwischen Unternehmern und privaten Endverbrauchern vornehmen kann. Aus meiner Sicht ist dies ein klarer VorteiL

5.

5 000-€-Grenze

Zur besseren Handhabung soll das Reverse-Charge-Verfahren erst bei Umsätzen ab einem Rechnungsbetrag von 5 000 € greifen, wobei die

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HENDRICKS,

Risiken, Chancen und Perspektiven in der Umsatzsteuer

5 000-€-Grenze Ergebnis einer gründlichen Prüfung im Rahmen der bereits erwähnten Studie und von entscheidender Bedeutung ist. 5.1

Vorteil der 5 000-€-Grenze

Der Karussellbetrug wird trotz der Betragsgrenze effektiv bekämpft. Die Grenze ist niedrig genug, so dass sie nur mit ganz erheblichem Aufwand umgangen werden könnte. Bei den bei Karussellbetrug üblichen Millionenumsätzen müssten die Rechnungen schon so zahlreich gesplittet werden, dass es mühsam- aber vor allem sehr auffällig- wäre. Derzeit muss der Unternehmer wissen, welcher Mitgliedstaat für welche Branche in welcher konkreten Ausgestaltung das Reverse-ChargeVerfahren anwendet. Für Unternehmer- insbesondere auch für solche aus anderen Mitgliedstaaten- ist es deutlich einfacher, sich auf die Abgrenzung 5 000 € einzustellen, als auf die derzeitigen unterschiedlichen Reverse-Charge-Regelungen in den Mitgliedstaaten. 5.2

Kleine und mittlere Unternehmen werden kaum belastet

Das Handwerk und der Einzelhandel werden von der Regelung wietestgehend nicht berührt. Umsätze ab 5 000 € kommen im Einzelhandel - zumindest in Deutschland - nicht und im Handwerk auch nicht regelmäßig vor. Eine Ausnahme ist hier zwar das Bauhandwerk. Dort hat Deutschland - aber auch viele andere Mitgliedstaaten - jedoch heute schon das Reverse-Charge-Verfahren, mitallseinen Abgrenzungsproblemen. Das bedeutet, dass gerade die kleinen und mittleren Unternehmen bei einem generellen Reverse-Charge-Verfahren in aller Regel nicht belastet werden. Die 5 000-€-Grenze ist aber auch hoch genug, um das Risiko eines unversteuerten Letztverbrauchs stark einzuschränken. Konsumartikel erreichen nur in Ausnahmefällen diese Grenze. Die Ausnahmefälle sind bekannt (z.B. Kfz, Möbel, u.ä.) und daher auch gut zu überwachen. Rechnungen ab 5 000 € stellen - in Deutschland - lediglich 0,5 % aller Rechnungen dar. Der Anwendungsbereich für das Reverse-Charge-

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HENDRICKS,

Risiken, Chancen und Perspektiven in der Umsatzsteuer

Verfahren ist also deutlich eingeschränkt - und damit auch nur sektoraL 5.3

Kontrollen flankierend zu diesem Verfahren sind sachgerecht

Der Unternehmer, der einen Umsatz mit Rechnung ab 5 000 € erbringt, muss dafür eine Einzelmeldung abgeben - aber elektronisch (das ist wichtig). Dies ist im Interesse eines sachgerechten Risikomanagements und damit einer zuverlässigen Kontrolle notwendig. Wir sind uns mit vielen Mitgliedstaaten einig, dass eine elektronische Meldung keine wirkliche Belastung darstellt. Die Daten sind ohnehin in der Buchführung enthalten. Mit entsprechender Software sollte die Meldung also kein Problem sein.

6.

Die europäischen Vorbehalte gegen das Reverse-ChargeVerfahren sind kaum nachvollziehbar

Wir wissen natürlich, dass gegen den Wunsch eines optionalen Reverse-Charge-Verfahrens seitens anderer Mitgliedstaaten Vorbehalte bestehen. Aus der Kommission waren zum Teil auch kritische Stimmen zu hören. Inzwischen ist die Kommission aber sehr offen. Kommissar Kov Acs hat bereits im ECOFIN-Rat am 5.6.2007 angekündigt, dass er- vorausgesetzt die Analyse führt zu einem positiven Ergebnis -zur Vorlage eines Richtlinienvorschlags für das Pilotprojekt bereit ist. Dafür danke ich ihm ausdrücklich. Die geäußerten Vorbehalte sind unterschiedlich - für uns zum Teil überraschend. Beispielsweise wird geltend gemacht, Deutschland sollte nicht die Möglichkeit für ein solches Reverse-Charge-Verfahren gegeben werden, da sich dadurch der Steuerbetrug von Deutschland in andere Mitgliedstaaten verlagern würde. Interessant daran ist, dass dies bedeuten würde, dass das ReverseCharge-Verfahren seinen Zweck erfüllt und effektiv ist. Doch davon unabhängig dürfte- dieser Logik folgend- kein Mitgliedstaat mehr seine Betrugsbekämpfung verbessern oder gar künftig noch eine Ermächtigung gern. Art. 395 MwStSystRL erhalten.

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HENDRICKS,

Risiken, Chancen und Perspektiven in der Umsatzsteuer

Weiter wird geltend gemacht, die sog. fraktionierte Zahlung dürfe nicht in Frage gestellt werden, da sie das Aufkommen sichere. Angesichts der festgestellten Steuerausfälle sollte es erlaubt sein, diese Aussage zu hinterfragen. Darüber stellt sich die Frage, weshalb das Reverse-Charge-Verfahren in den Mitgliedstaaten bereits derart weitgehend angewandt wird.

7.

Kann es Auswirkungen auf den Binnenmarkt geben?

Andere Vorbehalte sind in der Tat sehr ernst zu nehmen. Der wichtigste Gesichtspunkt hier ist die Frage: Ist eine Option für die Mitgliedstaaten, ein Reverse-Charge-Verfahren- wie von Deutschland und Österreich angestrebt - einzuführen, mit dem Binnenmarkt vereinbar? Wir meinen: ja. Zunächst ist wichtig festzuhalten, dass sich diese Frage in allen Fällen stellt, in denen die Mitgliedstaaten eine Option haben, Regelungen einzuführen. Die Frage ist also: was ist Maßstab für die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt? Wir meinen, Maßstab kann nur der heute real existierende Binnenmarkt sein.

8.

Es gibt heute schon eine Vielzahl unterschiedlicher Regelungen im Gemeinschaftsrecht

Diese Realität ist insbesondere auch eine politische Realität. Dabei stellen wir bei einem Blick in die bestehende Mehrwertsteuersystemrichtlinie fest, dass es letztendlich eine unübersehbare Zahl von Optionen gibt, angefangen mit der Definition des Unternehmers, über die Besteuerungsgrundlage, die Steuerbefreiungen, die Rechnungsinhalte, die Steuersätze, die Erklärungspflichten, die Kleinunternehmer, die Land- und Forstwirte, bis hin zu Umsätzen mit Gold und anderem. Hinzu kommt die Vielzahl von Ermächtigungen, die es ermöglichen, aus Gründen der Steuervereinfachung und der Betrugsbekämpfung von der Richtlinie abzuweichen.

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HENDRICKS,

Risiken, Chancen und Perspektiven in der Umsatzsteuer

Diese Optionen sind Ausdruck dafür, dass die Verhältnisse in den Mitgliedstaaten nicht einheitlich sind. Dies ist Ergebnis der notwendigen Subsidiarität. Für uns steht fest, dass diese Situation für Unternehmer nicht immer einfach zu handhaben ist, insbesondere dann nicht, wenn sie grenzüberschreitend tätig sind und daher das Steuerrecht verschiedener Mitgliedstaaten anzuwenden haben. Gleichwohl wird dies von den Mitgliedstaaten und letztendlich auch von der Kommission als binnenmarktverträglich angesehen, denn es besteht Einigkeit, dass Subsidiarität notwendig ist. Wird mit gleichem Maß gemessen, können wir nicht erkennen, warum die von uns und Österreich angestrebte Option den Binnenmarkt stören sollte und insbesondere den Zugang zum deutschen (oder österreichischen) Markt in nicht hinnehmbarer Weise behindern würde. Dies gilt auch, wenn man sich genauer ansieht, welche Regelungen ein nicht in Deutschland ansässiger Unternehmer erfüllen muss, der in Deutschland Umsätze tätigt, wenn Deutschland das Reverse-ChargeVerfahren zur Anwendung bringen kann. Es gibt da nicht viel Neues an Verpflichtungen. Außer der ReverseCharge-Kennung, der Angabe der Reverse-Charge-Umsätze und -Erwerbe in der Steuervoranmeldung und der Abgabe der Einzelmeldungen ändert sich nichts Wesentliches. Das liegt aber durchaus im Rahmen dessen, was andere Mitgliedstaaten auch an Besonderheiten haben. Ich darf daran erinnern, dass es in manchen Mitgliedstaaten z.B. heute vorgeschrieben ist, den Steuerbehörden regelmäßig besondere Aufstellungen über Verkäufe und Einkäufe vorzulegen. Bis dato hat niemand behauptet, dass damit der Marktzugang erschwert wird.

111. Ergebnisse der deutschen Ratspräsidentschaft 1.

Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs

Abschließend möchte ich die Ergebnisse der deutschen Ratspräsidentschaft ansprechen.

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HENDRICKS,

Risiken, Chancen und Perspektiven in der Umsatzsteuer

Wie bereits eingangs erwähnt, konnten unter deutscher Präsidentschaft in dem Bereich - auch mit Unterstützung der Kommission deutliche Fortschritte erreicht werden. Von besonderer Bedeutung ist hierbei aus deutscher Sicht, dass ein Pilotprojekt für das Reverse-Charge-Modell ins Auge gefasst wurde. Ich begrüße ausdrücklich, dass die Kommission die Möglichkeit eines solchen Pilotprojekts analysiert. Wie auch viele andere Mitgliedstaaten bin ich der Meinung, dass das generelle Reverse-Charge-Modell für Rechnungsbeträge ab 5000 € ausprobiert werden sollte. Nur so kann es beweisen, was in ihm steckt. Ein generelles Reverse-Charge- Ve1jahren als eine denkbare Variante der Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug wird somit weiterhin auf der Tagesordnung bleiben.

2.

Mehrwertsteuerpaket

Zudem freue ich mich, dass wir gute Fortschritte beim Mehrwertsteuerpaket erreichen konnten. Der Rat hat eine politische Einigung über die meisten Komponenten des Pakets erzielt. Er hat den portugiesischen Vorsitz ersucht, die endgültige Einigung über das Mehrwertsteuerpaket herbeizuführen, und erklärt, dass er das Mehrwertsteuerpaket vor dem 31.12.2007 förmlich verabschieden will, sodass es spätestens zum 1.1.2010 in Kraft treten wird.

53

Reform der Umsatzsteuer im Rahmen von Europarecht und Verfassungsrecht Prof. Dr. Dres. h.c. PAUL KIRCHHOF Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Inhaltsübersicht I. Rechtfertigung der

II.

III. IV.

V.

I.

Umsatzsteuer .................. Rechtsquellen des europäischen und des nationalen Rechts .. .. ......... ...... . Zwischenunternehmerische Umsätze ............... Entlastung des Unternehmers und Belastung des Endverbrauchers ..... Ist-Besteuerung ...............

55

58 59

63 65

VI. Bagatellfälle ..... ... ........ .. .. VII. Betriebe der öffentlichen Hand ................................ VIII. Integration der besonderen Verkehrsteuern ........ IX. Steuerbefreiungen und ermäßigter Steuersatz .... X. Zusammenwirken zwischen Finanzbehörde und Steuerpflichtigem ...

65 66 67 69

71

Rechtfertigung der Umsatzsteuer

Wenn wir heute auf der grünen Wiese eines Staates ohne Steuern überlegen würden, wie wir eine Steuer freiheits- und marktgerecht gestalten sollen, würden wir uns zunächst bewusst machen, dass ein freiheitlicher Staat, der Berufs- und Eigentümerfreiheit garantiert, die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital in privater Hand belässt, deshalb auf eine Staatsfinanzierung durch Staatsunternehmen strukturell verzichtet und sich aus der Teilhabe am Erfolg privaten Wirtschaftens -aus Steuern- finanziert. Sodann hätten wir zu prüfen, ob die Steuer auf die Zahlungsfähigkeit der Steuerpflichtigen in der Phase des Einkommenserwerbs, des Vermögensbestandes oder der Vermögensverwendung zugreifen soll. Eine Steuer schont die Freiheit der Erwerbenden und der Eigentümer

55

KIRCHHOF,

Reform der Umsatzsteuer im Rahmen von Verfassungs- und Europarecht

am deutlichsten, wenn sie ihn nicht in einem ruhenden Eigentumsbestand- durch Vermögensteuer, Gewerbekapitalsteuer, Grundsteuerbelastet, den Eigentümer insoweit - bei Fehlen anderweitigen Eigentums - jeweils ein Stück aus seinem Eigentum vertreibt, die Steuer vielmehr nur dann zugreift, wenn der Berechtigte freiwillig Arbeitskraft oder Kapital am Markt einsetzt, um zu erwerben oder zu tauschen. Diese freiheitsschonende Steuer erfasst das am Markt erzielte Einkommen und die dort eingesetzte Kaufkraft, rechtfertigt also ein Besteuerungssystem, dessen Schwerpunkt im Einkommen- und Umsatzsteuerrecht liegt. Die Einkommensteuer verteuert den Preis für den Einsatz von Arbeit und Kapital, die Umsatzsteuer den Preis für den Leistungstausch. Auf diesen rechtlichen Rahmen des Marktes hat sich der Marktteilnehmer eingerichtet, wenn er Leistungen anbietet oder nachfragt. Eine Besteuerung des Umsatzes erscheint vor allem einsichtig, weil die Rechtsgemeinschaft- repräsentiert durch den Staat- wesentlichen Anteil am Gelingen des Umsatzes hat, sie deshalb die Steuer fordert, um auch in Zukunft die Infrastruktur für Markt und Umsatz zu erhalten. Der Konsument erwirbt vom Unternehmer eine Leistung gegen Entgelt, weil er über Kaufkraft verfügt. Weitere Voraussetzung allerdings ist, dass der Staat eine Rechtsordnung bereithält, nach der Verträge geschlossen werden können; er eine Währung anbietet, in der Preise vereinbart werden; er inneren Frieden, auch den Schutz des Rechts und der Gerichte gewährt, damit ein ungestörtes Marktgeschehen möglich macht; er durch schulische Allgemeinbildung jedermann die Teilnahme am Markt erschließt, durch besondere Qualifikationen Unternehmer und Arbeitnehmer zu Produktion und Leistung befähigt; vor allem aber die Infrastruktur eines vielfältigen Angebotes stützt, ohne die Kaufkraft nicht eingesetzt werden könnte.l Wer einen 500-Euro-Schein in der Tasche trägt und einen gewaltigen Durst verspürt, würde diese Kombination von Geld und Durst hier in München zu einem reinen Vergnügen machen; in der Wüste würdeertrotz seiner Kaufkraft verdursten. Die Besteuerung des Endverbrauchers trifft allerdings auf die praktische Schwierigkeit, dass der Verb~~ucher in der Vielzahl der Umsatzfälle nicht besteuert werden kann. Die Finanzbehörde kann nicht an

1

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PAUL KIRCHHOF, Entwicklungsmöglichkeiten der Umsatzsteuer im Rahmen von Verfassungs- und Europarecht, UR 2002, 541 (542).

KIRCHHOF, Reform der Umsatzsteuer im Rahmen von Verfassungs- und Europarecht

jedem Gemüsestand auf dem Viktualienmarkt einen Beamten mit einer zweiten Kasse aufstellen. Deswegen fordert der Staat die Umsatzsteuer vom Unternehmer, bei dem sich die Umsatzvorgänge bündeln und der deshalb als Steuerschuldner die Steuer anzumelden und zu zahlen hat. Die Steuerlast wird über den Preis auf den letztlich gemeinten Konsumenten überwälzt. Dieser bleibt in der Anonymität des Marktes; das Steuergesetz nimmt seine persönlichen Einkommens-, Vermögensund Familienverhältnisse nicht zur Kenntnis, kann also nicht unterscheiden, ob der Bettler oder der Millionär die Umsatzsteuer zahlt, ob die eingesetzte Kaufkraft aus Kapitalreichtum, aus Arbeitseinsatz, aus Lotteriegewinn, einem Darlehen oder einer soeben durch den Bettler empfangenen Zuwendung herrührt. Die Umsatzsteuer ist nicht auf die individuelle Leistungsfähigkeit des Steuerträgers ausgerichtet, sondern vermutet in der Art der erworbenen Leistung eine steuerliche Belastbarkeit. Den existenznotwendigen Bedarf könnte man deswegen allenfalls durch Steuerfreiheit der existenznotwendigen Güter verschonen, einen Luxusbedarf durch eine Luxussteuer belasten, besondere Bedarfsgüter wie Tabak, Alkohol oder Energie mit einer Zusatzsteuer oder einem erhöhten Steuersatz erfassen. Die Umsatzsteuer kann Belastungsgleichheit nicht je nach individueller Zahlungskraft des Steuerträgers herstellen, sondern nur im Typus der Nachfrage vermuten. Nach dieser sehr groben Typisierung allerdings würden bei Freistellung des Broterwerbs der Bettler wie der Millionär entlastet, bei einer Zusatzbesteuerung von Tabak und Alkohol Bettler wie Millionär belastet. Zudem wirkt die Umsatzsteuer regressiv, weil der Bezieher eines kleineren Einkommens sein gesamtes Einkommen konsumieren, damit den indirekten Steuern unterwerfen muss, während der Bezieher eines größeren Einkommens sparen, insoweit die indirekten Steuern gänzlich vermeiden kann.2 Deswegen sagt }OHANNES POPITZ, die indirekte Steuer sei die "brutalere, primitivere unter den allgemeinen Besteuerungsformen" 3. Diese Einwände können wir im modernen sozialen Rechtstaat auffangen. Wenn der soziale Staat jedermann durch Sozialhilfe befähigt, sei-

2 3

Zur Regressionswirkung der Umsatzsteuer siehe TIPKE, Die Steuerrechtsordnung, Band II, 2. Aufl., Köln 2003, S. 1005. JOHANNES POPITZ, Allgemeine Verbrauchsteuer, in Gerloff/Meisel, Handbuch der Finanzwissenschaft, Band II, 2. Aufl., Tübingen 1927, S. 180 (182).

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Reform der Umsatzsteuer im Rahmen von Verfassungs- und Europarecht

nen existenznotwendigen Bedarf zu decken, in der Bemessung dieses existenznotwendigen Bedarfs auch die indirekten Steuern berücksichtigt, wird diese Verzerrungswirkung der Umsatzsteuer im Leistungsrecht ausgeglichen. Ein das Existenznotwendige sichernder Staat kann es sich dann erlauben, für die Umsatzsteuer nur einen Steuersatz vorzusehen, damit das Recht wesentlich zu vereinfachen und einsichtig zu machen. Zugleich muss das Steuersystem eine gewisse Balance in Belastung und Ertrag zwischen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer herstellen, so eine Besteuerung des Einkommens nach individueller Leistungsfähigkeit mit einer gleichgewichtigen Umsatzsteuer nach vermuteter Zahlungskraft in einem Gesamtbelastungssystem regeln.

II.

Rechtsquellen des europäischen und des nationalen Rechts

Alle Reformvorschläge sind sich bewusst, dass das Umsatzsteuerrecht seine wesentliche Rechtsquelle im Europarecht findet, der nationale Gesetzgeber vor allem die Verantwortlichkeit für die Steuersätze trägt.4 Diese Verschränkung von Entstehens- und Erkenntnisquellen für das Umsatzsteuerrecht darf aber nicht dazu führen, dass jeder Reformimpuls im Sande verläuft, die Zuständigkeit der Europäischen Union für einen offenen, durch Umsatzsteuerregelungen nicht erschwerten Markt also dazu führt, dass bestehende Erschwerungen, Gleichheitswidrigkeiten und Regelungslücken zementiert werden. Deshalb muss die Neukonzeption eines Umsatzsteuergesetzbuches als Entwurf einer geschlossenen Umsatzsteuerkodifikation formuliert werden, die den gegenwärtigen Reformbemühungen innerhalb der Europäischen Union eine Inspiration geben mag, zugleich aber als nationales Umsatzsteuergesetzbuch - im Rahmen einer dann erweiterten Europäischen Richtlinie - geeignet ist. Im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die indirekte Besteuerung (Art. 93 EG) kann die Europäische Union grundsätzlich zwischen Verordnung und Richtlinie wählen.S Dabei bietet sich weiterhin die Richtlinie an, 4 Vgl. Art. 93 EG. 5 Vgl. Vüß in Grabitz/Hilf, EGV, Loseblatt, Stand Oktober 2006, Art. 93 EG Rz. 12.

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Reform der Umsatzsteuer im Rahmen von Verfassungs- und Europarecht

die sich an den Gesetzgeber, nicht unmittelbar an den Steuerpflichtigen wendet, auf Ergänzung und Vervollständigung durch den nationalen Gesetzgeber angelegt ist, damit insbesondere im Steuersatz, aber auch bei den Steuerbefreiungen auf die nationalen Standards der Wirtschaftskraft und des sozialen Ausgleichs abgestimmt werden kann.6 Gegenwärtig allerdings regelt die Mehrwertsteuersystemrichtlinie das Umsatzsteuerrecht so dicht, dass für den nationalen Gesetzgeber-jenseits des Steuersatzes - nur wenige Entscheidungsräume verbleiben. Bei der Umsatzsteuer dürfte für eine Richtlinie auch nicht die allgemeine Regel gelten, dass bei nicht rechtzeitiger Umsetzung durch ein nationales Gesetz der betroffene Bürger sich bei begünstigenden Normen unmittelbar auf die Richtlinie berufen kann.7 Eine solche Anwendbarkeit der begünstigenden bei gleichzeitiger Nichtanwendbarkeit der belastenden Steuernormen trägt systematisch eine Ungleichheit in das Steuerrecht hinein, die kaum zu rechtfertigen ist. Deshalb wird diese Rechtsprechung - die im Steuerrecht einen Ursprung hat - neu zu überdenken sein.

111. Zwischenunternehmerische Umsätze Beobachten wir das System einer Umsatzbesteuerung, das den Endverbraucher belastet, den Unternehmer aber entlastet, aus der lichten Höhe einer Dogmatik und rechtspolitischen Unbefangenheit, sehen wir die Gesellschaft von Unternehmern und Konsumenten aus dieser Vogelperspektive nur in ihren Grobstrukturen, gewinnen damit aber den Blick für Prinzipien und Reformbedarf, die rechtspolitisch Impulse geben können. Bei näherem Hinsehen wird sich zeigen, dass die Grundstruktur der Umsatzsteuer den Anforderungen eines freiheitlichen Verfassungsstaates und einer marktoffenen Union fast idealtypisch entspricht, dass 6 Vgl. NETTESHEIM in Grabitz/Hilf, EGV, Loseblatt, Stand Oktober 2006, Art. 249 EG Rz. 78, 124. 7 Zu diesem Grundsatz vgl. erstmals EuGH, Urt. v. 6.10.1970- Rs. 9/70- Grad, EuGHE 1970, 825; zu den Inhalten dieser Regel vgl. EuGH, Urt. v. 23.2.1994Rs. C-236/92 - Comitato di coordinamento per Ia difesa della Cava u.a., EuGHE 1994, I-483: Der Staat hat die Richtlinie nicht fristgemäß oder unrichtig in nationales Recht umgesetzt, die Gemeinschaftsbestimmung ist unbedingt und hinreichend genau, begründet also unzweideutig Verpflichtungen.

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KIRCHHOF, Reform der Umsatzsteuer im Rahmen von Verfassungs- und Europarecht

einzelne Ausgestaltungen und Ausnahmen dieses Ideal aber so zu überwuchern drohen, dass die Rechtsstruktur der Umsatzsteuer und damit ihre Rechtlichkeit, ihre Gerechtigkeit kaum noch erkennbar ist. Dieses System einer Umsatzsteuer, die den Endverbraucher belastet, den Unternehmer verschont, ist gegenwärtig durch eine AllphasenNettoumsatzsteuer mit Vorsteuerabzug verwirklicht, die auf jeder Produktions- und Handelsstufe Umsatzsteuer erhebt, zur Entlastung der Unternehmer aber den Vorsteuerabzug gewährt. In diesem Verfahren wird etwa die vierfache Summe des späteren Umsatzsteueraufkommens in Deutschland in Rechnung gestellt, bezahlt und dokumentiert. Im Jahr 2003 betrug die Gesamtsumme der in Rechnung gestellten und vom Leistungsempfänger gezahlten Umsatzsteuer vor Abzug der Vorsteuerbeträge 546 Mrd. €. Diese Summe führte aber nur zu einem Ertrag aus Umsatzsteuer - einschließlich Einfuhrumsatzsteuer - von 137 Mrd. €.8 Damit haben die Leistungserbringer ca. 400 Mrd. € an Liquidität mit hohem Verwaltungsaufwand und allen Risiken einer Hinterziehung und einer Insolvenz bewegt, ohne dass diese Wertbewegungen einen Umsatzsteuerertrag begründet hätten. An diesem "Nullsummenspiel" setzt der Reformbedarf an. Das MITTLER-WIDMANN-Modell stellt Zwischenunternehmerische Leistungen von der Umsatzsteuer frei, nimmt jedoch die alltäglichen Kleingeschäftsvorfälle über eine Bagatellregelung von der Steuerbefreiung aus.9 Das Reverse-Charge-Verfahren entwickelt dieses Modell weiter: Die Zwischenunternehmerischen Leistungen bleiben steuerpflichtig. Steuerschuldner oberhalb der Bagatellgrenze ist jedoch nicht der Leistende, sondern der Leistungsempfänger. Dadurch fallen Umsatzsteuerschuld und Vorsteueranspruch beim Leistungsempfänger in einer Person zusammen und werden unmittelbar saldiert. Vorsteuern können

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STATISTISCHES BUNDESAMT, Fachserie 14 / Reihe 8, Finanzen und Steuern, Umsatzsteuer, 2003, vom 6.7.2005, Zeitreihen 1, 1.1 Übersicht über steuerliche Merkmale. MITTLER, Einführung von Vorstufenbefreiungen als Mittel zur UmsatzsteuerBetrugsbekämpfung, UR 2001, 385; WIDMANN, Zu den Mainzer Vorschlägen zur Umsatzsteuer, UR 2002, 14; WIDMANN, Chancen und Risiken eines Umsatzsteuer-Systemwechsels - Vermeidung des Umsatzsteuerbetrugs durch das Mittler-Modell, UR 2002, 588.

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grundsätzlich nicht entstehen.lO Dieses Reverse-Charge-Verfahren gilt in seiner Kernkonzeption gegenwärtig bereits bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen innerhalb der EU.11 Diesen Reformweg gehen wir folgerichtig weiter: Es entspricht nicht der Umsatzsteuer als Endverbrauchersteuer, dass beim zwischenunternehmerischen Erwerb der leistende Unternehmer vom leistungsempfangenden eine Liquidität entgegennimmt, die ihm nach dem Umsatzsteuersystem nicht zusteht. Deshalb werden alle Umsätze zwischen Unternehmen von vornherein von der Umsatzsteuer (Vorsteuer) freigestellt, wenn die Unternehmer sich in ihrer Rechnung durch ein Kennzeichen (U) als ein von der Finanzbehörde anerkannter Unternehmer ausweisen und die Umsätze unbar über Gewährkonten abgewickelt werden, die der Kontrolle der Finanzbehörden unterliegen und eine jederzeitige Nachprüfung erlauben. Dieses Freistellungsverfahren entlastet den leistungsempfangenden Unternehmer von sachlich nicht begründeten Zahlungspflichten, befreit die Umsatzsteuervorgänge von einem bürokratischen Aufwand, vermeidet ein In-Rechnung-Stellen der Umsatzsteuer und damit ein betrugsanfälliges, zur Vorsteuer berechtigendes Wertpapier, macht das Umsatzsteuersystem als Besteuerung des Endverbrauchers transparent und einsichtig. Soweit ein Unternehmer ein Geschäft mit einem anderen Unternehmer jenseits der Gewährkonten abwickelt, er insbesondere bar oder per Kreditkarte zahlt, belastet ihn der leistende Unternehmer wie einen Endverbraucher. Er hat den Kaufpreis zuzüglich Umsatzsteuer zu bezahlen, erhält eine dementsprechende Rechnung, kann sich dann allerdings im herkömmlichen Vorsteuerabzug entlasten. Als zusätzlichen Schutz vor dem Auszahlen unberechtigter Vorsteuern wird ein Vorsteuerüberschuss zumindest einen Monat eingefroren. In der Praxis wird die Bedeutung des Vorsteuerabzugs immer mehr schwinden, weil die Unternehmen sich daran gewöhnen werden, im Zwischenunternehmerischen Umsatz nur Nettobeträge zu bezahlen und den Vorsteuerabzug zu vermeiden. Wer hier Umsatzsteuer aus10

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PSP PETERS SCHÖNBERGER GMBH, Planspiel zur systembezogenen Änderung bei der Umsatzsteuer "Reverse Charge Verfahren", Zusammenfassender Ergebnisbericht, November 2005; dazu WAGNER, Vor- und Nachteile des ReverseCharge-Modells aus der Sicht der Gerichtsbarkeit, UVR 2006, 141. Vgl. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG.

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weist oder Vorsteuern geltend macht, läuft Gefahr, nicht mehr als "ordentlicher Kaufmann" zu gelten. Die Vorsteuer bleibt jedoch erheblich, soweit Leistungen branchenüblich gegen Barzahlung erworben werden, etwa im Baumarkt oder an der Tankstelle. Dieses Verfahren der umsatzsteuerfreien Unternehmergeschäfte hat verschiedene Vorteile: Die Vorstufenbefreiung weist die Liquidität dort zu, wo sie hingehört: Der Leistende schuldet die Umsatzsteuer nicht, soll sie deshalb auch nicht vorfinanzieren. Der Leistungsempfänger empfängt keinen ungerechtfertigten Liquiditätsvorteil in der Zeit zwischen Zahlung des Preises und Zahlung der Umsatzsteuer. Bei grenzüberschreitenden Leistungen braucht nicht mehr zwischen innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Leistungen unterschieden zu werden: Beide sind von der Umsatzsteuer befreit. Die Verantwortlichkeiten der beteiligten Länder - des Ursprungslandes und des Bestimmungslandes - sind klargestellt: Das Ursprungsland besteuert die unternehmerische Leistung nicht, erwartet kein Aufkommen und begründet keine Verwaltungslast Lediglich die Wirtschaftsidentifikationsnummer (" U") weist den Unternehmer als Teilnehmer an der Vorstufenbefreiung aus, macht auf dieser Grundlage das Bestimmungsland für die Erhebung und Verwaltung der Umsatzsteuer verantwortlich. Das Bestimmungsland kommt bei hinreichender Verwaltungskraft zu seinem Steuerertrag. Ist die Verwaltungskraft unzulänglich, bleibt das Ursprungsland davon unberührt. Die Vorstufenbefreiung gilt für grenzüberschreitende Lieferungen ebenso wie für Dienstleistungen. -

Sind Leistungen zwischen Unternehmern von der Umsatzsteuer befreit, ist der Vorsteuerbetrug weitgehend ausgeschlossen, weil keine Umsatzsteuer mehr in Rechnung gestellt ist, ein für den Vorsteuerabzug berechtigendes Wertpapier also nicht entsteht, außerdem das Geltendmachen von Vorsteuern unüblich wird und bei der Verwaltung erhöhte Aufmerksamkeit veranlasst. Vorsteuern rechtfertigen sich nur noch bei Geschäften jenseits der Gewährkonten. Ebenso wird der Karussellbetrug deutlich eingeschränkt. Beim Karussellbetrug bezahlt der Leistungsempfänger nur einen Nettopreis, lässt sich aber einen Bruttopreis in Rechnung stellen und nutzt die-

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se Rechnung zum Vorsteuerabzug.l2 In Zukunft hingegen kann der Abnehmer eines Missing Traders in der Regel keine Vorsteuern mehr geltend machen. Ein Antrag auf Vorsteuerabzug alarmiert die Finanzverwaltung, so dass sie beim Buffer den Missing Trader ermitteln und auf diesen zugreifen kann, bevor er verschwunden ist. Dem Leistungsempfänger kann der Vorsteuerabzug verweigert werden, bis er bewiesen hat, dass er von dem Betrugsvorhaben des Missing Traders nichts gewusst hat. Beim innergemeinschaftlichen Handel braucht der Ort der Leistung für Leistungen zwischen Unternehmen nicht mehr bestimmt zu werden. Die Regelungen zum Leistungsort sind nur noch für Leistungen an den Endverbraucher erheblich.

IV. Entlastung des Unternehmers und Belastung des Endverbrauchers Das geltende Umsatzsteuerrecht trennt nicht klar zwischen dem Unternehmer, der von der Umsatzsteuer zu entlasten ist, und dem Endverbraucher als dem eigentlichen Steuerträger. In einer folgerichtigen Umsatzbesteuerung ist der Unternehmer von der Umsatzsteuer freizustellen - Vorstufenbefreiung, Vorsteuerabzug -, soweit er in seiner Funktion als Leistungsanbieter tätig wird, jedoch mit der Umsatzsteuer zu belasten, soweit die Aufwendungen seinen privaten Bereich betreffen. Weil das Gesetz keinen nachträglichen Vorsteuerabzug bei einer Einlage ermöglicht, ist die "Seeling" -Rechtsprechung13 entstanden, die es einem Unternehmer erlaubt, ein Gebäude insgesamt dem Unternehmen zuzuordnen, wenn es zu über 10 % unternehmerisch genutzt wird. Die Rechtsprechung gewährt dieses weit reichende Zuordnungswahlrecht, weil der Unternehmer möglicherweise die 10-prozentige

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Zur Funktionsweise des Karussellbetrugs siehe Schlussanträge des Generalanwalts MADURO, EuGH v. 16.2.2005 - Rs. C-354, 355 und 484/03 - Optigen, Fulcrum und Bond Hause Systems, EuGHE 2006, 1-483. EuGH, Urt. v. 8.5.2003 - Rs. C-269/00- Seeling, EuGHE 2003, I-4101 = UR 2003, 288; Anm. ST ADlE, UR 2004, 597; zur Zuordnung von privat genutzten Wohnungsteilen vorher schon EuGH, Urt. v. 4.10.1995- Rs. C-291/92- Armbrecht, EuGHE 1995, I-2775 =UR 1995,485.

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Unternehmerische Nutzung in Zukunft aufstocken wird, ermöglicht damit aber auch einen Vorsteuerabzug für die 90-prozentige private Nutzung, selbst wenn sich die Nutzungsverhältnisse nicht ändern. Der Unternehmer muss zwar die 90-prozentige private Nutzung über die unentgeltliche Wertabgabe versteuern, ihm bleibt jedoch ein beachtlicher ZinsvorteiL Um diesen ungerechtfertigten Vorsteuerabzug für den privaten Konsum ("umsatzsteuerliche Eigenheimzulage") zu vermeiden, sind Zuordnungsvorschriften für Unternehmensgegenstände zu schaffen: Immobilien können nur im Umfang ihrer Unternehmerischen Nutzung dem Unternehmen zugeordnet und auch nur insoweit von der Umsatzsteuer entlastet werden. Ungerechtfertigte Liquiditätsvorteile, die entsprechend dem "Seeling"-Modell durch den Vorsteuerabzug für privat genutzte Immobilienteile erzielt werden können, werden auch nicht mehr möglich sein. Sollte die Immobilie nach dem Erwerb unternehmerisch genutzt werden, kann der Unternehmer zeitanteilig Vorsteuern aus dieser Einlage geltend machen. Bei gemischten Aufwendungen, bei denen sich die Unternehmerische nicht von der nichtunternehmerischen Veranlassung objektiv einwandfrei trennen lässt - Geschäftsessen, Arbeitszimmer in der Privatwohnung -,gewährt die Rechtsprechung großzügig den Vorsteuerabzug.14 Beim Erwerb dieser Leistungen wird der Unternehmer aber nicht primär in seiner Funktion als Leistungsanbieter, sondern als Endverbraucher tätig. Er sollte daher diesen Konsum insgesamt versteuern. Die konsequente Ausgestaltung der Umsatzsteuer als Endverbrauchersteuer erfordert auch, dass beim Eigenverbrauch nicht die Herstellungskosten als Bemessungsgrundlage herangezogen werden, sondern das, was ein vergleichbarer Endverbraucher aufwenden müsste. Auf der anderen Seite belastet der Gesetzgeber den Unternehmer bei den Steuerbefreiungen, indem er dort den Vorsteuerabzug auf die Eingangsleistungen ausschließt. Diese Belastung des Unternehmers als Leistungsanbieter ist systemwidrig und muss entfallen.l5

14

Nachweise bei STADIE in Rau/Dürrwächter, UStG, Loseblatt, Stand April2007, § 15 UStG Anm. 233 ff.

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Siehe unter IX.

KIRCHHOF, Reform der Umsatzsteuer im Rahmen von Verfassungs- und Europarecht

V.

Ist-Besteuerung

Die Umsatzsteuer entsteht, sobald das Entgelt zugeflossen ist. Der leistende Unternehmer schuldet - entgegen dem derzeitigen Prinzip der Sollversteuerung16 - die Umsatzsteuer erst, wenn er das Entgelt einschließlich der Umsatzsteuer vom Endverbraucher vereinnahmt hat. Er nimmt die Steuer für den Fiskus ein, hat sie deswegen erst dann abzuführen, wenn der Leistungsempfänger die eine Umsatzsteuer rechtfertigende Kaufkraft durch tatsächliche Zahlung belegt hat. Der leistende Unternehmer braucht die Umsatzsteuer nicht vorzufinanzieren. Der Leistungsempfänger erhält den Vorsteuerabzug nicht, bevor er an den Leistenden bezahlt hat. Das verringert auch die Ausfälle bei Insolvenzen.l7 Die Ist-Versteuerung verteilt auch hier die Verantwortlichkeiten und Lasten sachgerecht. Der Unternehmer ist letztlich Helfer des Steuerträgers und der Verwaltung, steht deswegen nicht für die steuerliche Bonität seines Schuldners, sondern vermittelt die Umsatzsteuerzahlung vom Steuerträger an den Steuerfiskus. Will der Fiskus seine Umsatzsteuerforderungen im Falle der Insolvenz bevorrechtigt sichern, muss diese Sicherheit im Insolvenzrecht für die Konkurrenz verschiedener Gläubiger geregelt werden.

VI. Bagatellfälle Die Umsatzsteuer belastet grundsätzlich jeden Umsatzsteuervorgang, der eine ins Werk gesetzte Kaufkraft des Endverbrauchers tatbestandlieh abbildet. Allerdings ist es notwendig, die Vielzahl der Unternehmer mit Bagatellumsätzen- bis zu 20000 € pro Jahr- gänzlich aus dem Umsatzsteuersystem zu nehmen, dort also die geschuldete Umsatzsteuer nicht zu erheben, aber auch keinen Vorsteuerabzug zu gestat-

16 Bei der Sollversteuerung schuldet der Leistende die Umsatzsteuer, sobald er die Leistung erbracht hat, vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG; der Leistungsempfänger erhält den Vorsteuerabzug, sobald er hierüber eine ordnungsgemäße Rechnung besitzt, vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG. 17 Es kann keine Vorsteuerkorrekturen mehr geben, weil der Leistungsempfänger nicht mehr insolvent werden kann zwischen Erstattung der gezahlten Umsatzsteuer als Vorsteuer vom Fiskus und Bezahlung des Entgelts an den Leistenden. Vielmehr erhält er die Vorsteuer nur erstattet, wenn er das Entgelt bezahlt hat.

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ten. Diese Bagatellregelung lässt sich wesentlich vereinfachen, wenn ein Unternehmer bei Gründung seines Unternehmens bis zum Überschreiten einer Umsatzgrenze von 20000 € pro Jahr von der Umsatzsteuer freigestellt wird, er im ersten Jahr eines 20000 € übersteigenden Jahresumsatzes vollständig in das Umsatzsteuersystem eingebunden wird und dieses bleibt, bis er in drei aufeinander folgenden Jahren wieder unter der 20000-Euro-Grenze geblieben ist, er dann wiederum die Bagatellregelung in Anspruch nimmt. Diese Regelung gibt dem Unternehmer zu Jahresbeginn die Planungssicherheit bei der Frage, ob er bei seinen Preisen die Umsatzsteuer hinzurechnen muss, im Zwischenunternehmerischen Verkehr an der Umsatzsteuerbefreiung und am Vorsteuerabzug teilhaben kann. Sie hält die Regelfälle der bisherigen "Kleinunternehmer"18 generell von der Umsatzsteuer fern. Fällt der Unternehmer mit seinen Umsätzen erstmals wieder unter die Bagatellgrenze zurück, ist es sachgerecht, es bei der bis dahin vollzogenen Umsatzsteuerbelastung zu belassen, ihm aber nach drei Jahren wieder die Bagatellregelung zu gewähren.19 Der tragende Gedanke dieser Bagatellregelung ist die Vereinfachung für Verwaltung und Unternehmer. Der Vorschrift kann nicht durch eine Option ausgewichen werden, so dass auch hier eine strikte Gleichheit vor dem Gesetz gilt.

VII. Betriebe der öffentlichen Hand Die öffentliche Hand ist grundsätzlich Steuergläubiger, nicht Steuerschuldner. Würde das Steuergesetz die öffentliche Hand zu Gunsten eines anderen öffentlich-rechtlichen Ertragsberechtigten besteuern, wäre diese Belastung eine Maßnahme des Finanzausgleichs, nicht der Besteuerung. Deswegen werden bei den direkten Steuern Betriebe der öffentlichen Hand nur besteuert, wenn sie in Konkurrenz zu privaten

18 Vgl. § 19 UStG: bei der bestehenden Kleinunternehmerregelung entscheidet

19

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der Unternehmer selbst, ob er von dieser Vorschrift Gebrauch machen möchte; optiert er zur Umsatzsteuerpflicht, wird er in das System der Erhebung und Abführung der Umsatzsteuer und der Berechtigung zum Vorsteuerabzug integriert. Dies verhindert die - vom System her mögliche -jährlich alternierende Teilnahme und Nichtteilnahme an der Kleinunternehmerregelung.

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Unternehmern auftreten, sie in diesem Wettbewerbsverhältnis also keinen steuerlichen Kalkulationsvorteil erhalten sollen. Die Umsatzsteuer soll im Gegensatz zu den direkten Steuern jedoch nicht Wettbewerbsneutralität herstellen, sondern möglichst jede eingesetzte Kaufkraft belasten. Umsatzsteuerschuldner ist deswegen, wer die Kaufkraft des Endverbrauchers entgegennimmt. Der Steuerschuldner vermittelt lediglich die am Markt eingesetzte Kaufkraft des Konsumenten an den Staat. Deswegen kann Unternehmer und Steuerschuldner jede natürliche oder steuerjuristische Person einschließlich der öffentlichen Hand sein, weil der Steuerschuldner in einem System, das auf Überwälzung der Umsatzsteuer angelegt ist20, nicht die Steuerlast trägt. Bei Beurteilung der Unternehmereigenschaft wird - entgegen dem geltenden Recht21 - also nicht mehr zweistufig geprüft, ob die Unternehmereigenschaft und ein Betrieb gewerblicher Art vorliegen; entscheidend ist lediglich, ob die öffentliche Hand bei ihrer Tätigkeit die Voraussetzungen eines Unternehmers erfüllt. Dies bestimmt sich in der Regel nach der verlangten Gegenleistung: Fordert die öffentliche Hand einen Verwaltungspreis (Gebühren), ist sie hoheitlich tätig und neutralisiert mit der Gebühr den in der Staatsleistung enthaltenen Vermögensvorteil; verlangt sie ein marktwirtschaftliches Leistungsentgelt, wird sie unternehmerisch tätig und vermittelt dann die Umsatzsteuerlast auf die Kaufkraft ihres Vertragspartners.

VIII.

Integration der besonderen Verkehrsteuern

Die Umsatzsteuer belastet alle Umsätze, schöpft insoweit die eingesetzte Kaufkraft gleichheitsgerecht für jeden Konsumenten ab. Diese Konzeption führt zu der Frage, ob die neben oder an Stelle der Umsatzsteuer erhobenen besonderen Verkehrsteuern in das Umsatzsteuergesetz integriert werden sollen.

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21

Der eine Leistung empfangende Unternehmer kann die auf ihn überwälzte Steuer als Vorsteuer abziehen (vgl. § 15 Abs. 1 UStG), so dass er nicht Steuerträger wird. Der leistende Unternehmer gibt die Umsatzsteuer wiederum an seinen Leistungsempfänger weiter und weist die Steuer in der Rechnung aus, vgl. § 14 Abs. 4 Nr. 8 UStG. Vgl. STADIE in Rau/Dürrwächter, UStG, Loseblatt, Stand April2007, § 2 UStG Anm. 780 f.

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Die besonderen Verkehrsteuern - die Grunderwerbsteuer, die Versicherungsteuer, die Feuerschutzsteuer, die Rennwett- und Lotteriesteuer- belasten den entgeltlichen Erwerb von Leistungen, der grundsätzlich bereits durch die Umsatzsteuer erfasst ist. Diesen Steuern fehlt deshalb die innere Rechtfertigung. Zwar sind die mit besonderen Verkehrsteuern belasteten Umsätze gegenwärtig von der Umsatzsteuer befreit.22 Da aber gleichzeitig der Vorsteuerabzug versagt wird, bleibt die Umsatzsteuerbelastung auf den Vorstufen- auch für unternehmerische Leistungen - bestehen; insoweit entsteht eine doppelte Belastung. Die Feuerschutzsteuer begründet außerdem eine Doppelbelastung neben der Versicherungsteuer, die nur unzulänglich durch ermäßigte Steuersätze bei der Versicherungsteuer berücksichtigt wird.23 Deswegen fordert das Gebot einer folgerichtigen und widerspruchsfreien Gesetzgebung24, alle diese Umsätze ausschließlich der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Für die Grunderwerbsteuer allerdings gilt eine Besonderheit. Die Umsatzsteuerbefreiung für Grundstücksgeschäfte will die Vermögensverwendung für Wohnbedürfnisse entlasten; der Steuersatz der Grunderwerbsteuer ist niedriger als der Steuersatz für die Umsatzsteuer. Durch die Versagung des Vorsteuerabzugs beim Veräußernden wird dieses Ziel einer Entlastung allerdings insbesondere beim Erwerb von Neubauten verfehlt.25 Außerdem ist der Anwendungsbereich der Grunderwerbsteuer auf Umsätze auch jenseits unternehmerischer Grundstücksumsätze erweitert. Deswegen hängt die Integration der Grunderwerbsteuer rechtspolitisch davon ab, ob der Gesetzgeber den Grundstückserwerb vom Nichtunternehmer von indirekten Steuern freistellen will (und dann einen Ausgleich für die kommunale Ertragshoheit schaffen muss), sodann von der Frage, ob er die Grundstücks22 Für die Grunderwerbsteuer: § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG; für die Versicherungsteuer: § 4 Nr. 10 UStG; für die Rennwett-und Lotteriesteuer: § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG. 23 Vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 1 VersStG. 24 BVerfG, Urt. v. 27.6.1991 - 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239 (271) - Zinsbesteuerung; BVerfG, Beschl. v. 25.9.1992- 2 BvL 5/91, BVerfGE 87, 153 (170) Grundfreibetrag; BVerfG, Beschl. v. 22.6.1995-2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (136)- Vermögensteuer; BVerfG, Urt. v. 7.5.1998- 2 BvR 1876/91, 1083, 2188, 2200/92, 2624/94, BVerfGE 98, 83 (97 f.)- Landesabfallabgabe; BVerfG, Urt. v. 16.12.1997- 2 BvR 1991, 2004/95, BVerfGE 98, 106 (118 f.)- Verpackungsteuer. 25 Vgl. zu den verschiedenen Fallvarianten KLENK in Rau/Dürrwächter, UStG, Loseblatt, Stand April2007, § 4 Nr. 9 UStG Anm. 16.

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lieferung des Unternehmers mit dem hohen, nach der Systembereinigung aber zu mäßigenden Regelsteuersatz erfassen will. Spezielle Verbrauch- und Aufwandsteuern hingegen sind für eine Integration in die Umsatzsteuer nicht geeignet. Diese Verbrauchsteuern greifen beim Hersteller oder Händler zu, wenn die belastete Ware das Steuerlager verlässt und in den freien Verkehr übergeht. Außerdem wird auch der Unternehmerische Verbrauch belastet. Zudem sind diese Steuern deutlich von Lenkungsfunktionen geprägt; sie belasten Tabak und Alkohol, werden insoweit mit gesundheitspolitischen Zielen gerechtfertigt; erfassen Mineralöl und Strom, sind deshalb Teil einer ökologischen Besteuerung, führen in der Belastung von Bier und Kaffee noch traditionelle Belastungsgründe fort, erfassen auf kommunaler Ebene den örtlichen Verbrauch und Aufwand (Getränkesteuer, Vergnügungsteuer, Hundesteuer, Schankerlaubnissteuer, Jagd- und Fischereisteuer, Zweitwohnungsteuer). Die Rechtsprechung rechnet die Kfz-Steuer zu den Verkehrsteuern, weil sie an den öffentlich-rechtlichen Akt der Zulassung anknüpfe.26 In der Sache jedoch belastet die Kfz-Steuer das Halten des Fahrzeugs. Sie ist 1906 als Luxusaufwandsteuer eingeführt worden, in dieser Entwicklung auch heute noch als Konsumsteuer zu qualifizieren. Auch sie kann in das Umsatzsteuergesetz nicht integriert werden.

IX. Steuerbefreiungen und ermäßigter Steuersatz Die Gesamtkonzeption eines möglichst einfachen Umsatzsteuerrechts mit lediglich einem- niedrigen- Steuersatz hat zur Folge, dass Steuerbefreiungen soweit wie möglich entfallen und auf einen verringerten Steuersatz verzichtet wird. Der Vorsteuerabzug bleibt bei allen Steuerbefreiungen erhalten. Die Abschaffung des Vorsteuerabzugsverbots bei den "unechten" Steuerbefreiungen verhindert die systemwidrige Belastung des Unternehmers mit Umsatzsteuer. Durch den Wegfall komplizierter und streitanfälliger Vorschriften, die diesen Systemwiderspruch begleiten - insbesondere der Vorsteueraufteilung und -korrektur27 -, wird das Um26 BFH, Urt. v. 27.6.1973- Il R 179/71, BStBl. Il 1973, 807; BFH, Urt. v. 22.4.1986VII R 167/83, BStBl. II 1986, 763. 27 § 15 Abs. 4 und§ 15a UStG.

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Satzsteuerrecht wesentlich vereinfacht. Die Option28 als Hilfsmittel zum Erlangen systemgemäßer Ergebnisse - Umsatzsteuerentlastung in der Unternehmerkette - wird überflüssig, weil die Grundregel systemgerecht ausgestaltet ist. Dies hat auch zur Folge, dass auf eine gesetzliche Regelung zur Organschaft verzichtet werden kann. Wollen Unternehmer Unternehmensteile ausgliedern, so können sie das künftig allein nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten tun, ohne darauf achten zu müssen, wie sie durch steuerliche Gestaltung in den Genuss des Vorsteuerabzugs gelangen. Die Steuerbefreiung für Zwischenunternehmerische Leistungen im Gemeinschaftsgebiet, die durch Banküberweisung zwischen Gewährkonten bezahlt werden, ist Ausdruck des Grundsystems, das nur den Endverbraucher belastet, befreit also nicht von einer prinzipiell bestehenden Steuerpflicht, sondern bestätigt die systematisch gemeinte Endverbrauchersteuer. Eine verbleibende Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen ist ebenfalls systemkonform. Eine Umsatzsteuerbefreiung im Bereich geltender besonderer Verkehrsteuern (Versicherungsteuer, Grunderwerbsteuer, Feuerschutzsteuer, Rennwett- und Lotteriesteuern, Börsenumsatzsteuer) entfällt, soweit diese in die Umsatzsteuer integriert sind, deswegen als eigenständige Steuern nicht fortbestehen. Umsätze, die einen gemeinnützigen Zweck zum Inhalt haben, sind ebenfalls steuerbefreit, weil dort die Kaufkraft insgesamt einem Zweck dient, der andernfalls vom Staat zu erfüllen oder zumindest zu gewährleisten wäre. Die Entlastung der Gemeinnützigkeit entspricht insoweit dem Grundverständnis der Steuer, die dem Staat einen Zugriff auf das privatnützige Einkommen und die privatnützige Kaufkraft erlaubt. Im Übrigen mag das Gesetz wie bisher intervenierend bestimmte Leistungen durch Steuerverzicht verbilligen, insbesondere medizinische Leistungen, die Überlassung von Wohnraum und Versicherungen, die der persönlichen Zukunftssicherung dienen. Entlastungen des Bank- und Börsengeschäftes rechtfertigen sich heute nicht mehr aus der Spezialität der - entfallenen - Börsenumsatzsteuer,

28 § 9 UStG.

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KIRCHHOF, Reform der Umsatzsteuer im Rahmen von Verfassungs- und Europarecht

müssen aber als Bedingung eines weltweiten Finanzmarktes in Kauf genommen werden. Auf dieser Grundlage genügt ein Steuersatz, der alle Umsätze gleich belastet, damit Einfachheit und Sicherheit in die Umsatzsteuer trägt, Tatbestandsdifferenzierungen wegen der Steuerbefreiung oder des Steuersatzes erübrigt, ein deutliches Signal für die Allgemeinheit der Steuer im Bewusstsein der Bürger setzt. Diese Verallgemeinerung des Regelsteuersatzes stützt sich allerdings auf Leistungen des sozialen Staates, der jedermann das Existenzminimum- einschließlich der Umsatzsteuer - sichert, und auf ein Einkommensteuerrecht, das den existenznotwendigen Bedarf für den Einkommensbezieher und seine Familie realitätsgerecht - wiederum einschließlich der Umsatzsteuer verschont.

X.

Zusammenwirken zwischen Finanzbehörde und Steuerpflichtigem

Die grundlegende Reform der Umsatzsteuer sollte auch genutzt werden, um die Zusammenarbeit zwischen Finanzbehörden und den Steuerpflichtigen einschließlich ihrer Berater zu verbessern. Gegenwärtig ist dieses auf Kooperation angelegte Dauerschuldverhältnis geprägt durch eine Steuervermeidungsstrategie des Steuerpflichtigen, der die Grenzen des Gesetzes ausreizt, teilweise auch die Schranken der Legalität überschreitet, während die Finanzverwaltung ihre begrenzte Verwaltungskraft angesichts einer komplizierten Gesetzgebung erlebt, deshalb teilweise resigniert und sich mit gelegentlichen Strafverfahren beruhigt. Sachgerecht wäre es demgegenüber, ein auf Einvernehmen angelegtes Verwaltungsverfahren zu organisieren und die Rechtsfolgen für Verwaltungsunrecht grundsätzlich auch im Verwaltungsrecht zu regeln. Eines der Instrumente könnte sein, bei der Steuerbefreiung für ZWischenunternehmerische Umsätze einen Verlässlichkeitstatbestand für den Unternehmer und für seinen Berater zu schaffen. Diese besondere steuerrechtliche Verantwortlichkeit korrespondiert mit einem Vertrauensschutz, den die Finanzbehörden für die Wirtschaftsidentifikationsnummer, möglicherweise auch für vermehrte Zusagen in Grenzund Streitfällen zu verantworten haben.

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KIRCHHOF,

Reform der Umsatzsteuer im Rahmen von Verfassungs- und Europarecht

Bloßes Verwaltungsunrecht bleiben auch solche Verstöße, die eine Kontrolle der Zwischenunternehmerischen Leistungen erschweren, aber keinen Steuerschaden verursacht haben. Das gilt insbesondere, wenn die Leistungspartner die Gewährkonten nicht verwenden oder gegen Rechnungsvorschriften oder Aufzeichnungspflichten verstoßen. Auch hier gilt eine rechtsstaatliche Kultur des Maßes. Der Staat muss sich gegen dieses Verwaltungsunrecht mit Verwaltungssanktionen wehren, darf aber die Beteiligten deshalb nicht zu Straftätern machen. Das europäische wie das deutsche Umsatzsteuerrecht kann selbstbewusst sein Grundprinzip - die Besteuerung der Kaufkraft- verwirklichen, sollte selbstkritisch die Allphasen-Nettoumsatzsteuer mit Vorsteuerabzug überdenken und vereinfachen, die Entscheidungen über die Steuerbefreiungen und den Steuersatz in der Verantwortung des Mitgliedstaates und seines Sozialsystems belassen. So kann es gelingen, der Königin der Steuern - der Einkommensteuer - einen König -die Umsatzsteuer- an die Seite zu stellen.

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Strategien zur Bekämpfung des Umsatzsteuermissbrauchs in Österreich Dr.

WOLFGANG NOLZ

Leiter der Sektion für Steuern und Zölle, Bundesministerium der Finanzen, Wien

Inhaltsübersicht I. Ausschöpfen der bestehenden Instrumente ... .. .. .. . 73 II. Besteuerung innergemeinschaftlicher Lieferungen ... 74

I.

III. Beseitigung der fraktionierten Erhebung der Umsatzsteuer ..................... 75

Ausschöpfen der bestehenden Instrumente

Welches die besten Strategien zur Bekämpfung des Umsatzsteuermissbrauchs sind, ist in der EU heiß umstritten. Viele sagen, dass man zunächst alle konventionellen Mittel ausschöpfen müsse. Hier wird ein ganzes Bukett an Maßnahmen vorgeschlagen, also etwa erschwerte Registrierung bzw. verstärkte Ungültigerklärung von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern, Verrechnung von Umsatzsteuerguthaben nur mit künftigen Umsatzsteuerfälligkeiten, Ausweitung der Gesamtschuldregelungen, Intensivierung der Prüfungstätigkeiten usw. Eine von der Europäischen Kommission im Frühjahr 2007 in Brüssel abgehaltene Veranstaltung mit Repräsentanten der Unternehmer hat eine große Skepsis gegen die meisten dieser Maßnahmen gezeigt, weil durch sie natürlich auch "unschuldige" oder "gutgläubige" Unternehmer betroffen sein könnten. Lediglich die Beschleunigung des Informationsaustausches bei steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen stieß auf eine gewisse Sympathie.

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NOLZ, Strategien zur Bekämpfung des Umsatzsteuermissbrauchs in Österreich

II.

Besteuerung innergemeinschaftlicher Lieferungen

Diese Idee wurde von der Europäischen Kommission zunächst unter dem Titel "Übergang auf das Ursprungslandprinzip" portiert. Wenn die bisher steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen steuerpflichtig gemacht würden, würde aus Anlass eines Karussellbetruges (üblicherweise als "Missing Trader Intra Community" fraud = "MTIC"fraud bezeichnet) der Profit des Betrügers deshalb niedriger sein, weil der Betrüger - um nicht entdeckt zu werden - auf den Abzug der Vorsteuer aus der in Zukunft steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Lieferung verzichten müsse. Diese Idee der Besteuerung innergemeinschaftlicher Lieferungen hat einige entscheidende Schwächen. Zunächst muss man darauf hinweisen, dass die derzeitige Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferungen auch als "Reverse Charge System über die Grenze" gedeutet werden könnte; auf Grund der Steuerfreiheit dieses Umsatzes kann nämlich die Unternehmerkette nicht in und mit diesem Umsatz, sondern nur durch einen nachfolgenden steuerpflichtigen innerstaatlichen Umsatz durchbrachen werden. Darüber hinaus ist die Grenze zwischen den früheren klassischen, im Ausland beginnenden (aber doch immer nur durch Umsätze im Inland - natürlich bei Übertritt in einen anderen Mitgliedstaat auch im dortigen Inland, aber eben nicht im Zuge des Übertrittes selbst - die Umsatzsteuer verkürzenden) Karussellen und einer bloß im Inland erfolgenden (einmaligen, vielleicht auch ohne Kenntnis des Leistungsempfängers erfolgenden, aber ebenso auch ohne Zusammenwirken mehrfach möglichen) Durchbrechung der Unternehmerkette völlig fließend. Wenn das MIAS-System in Zukunft einmal tagaktuell Daten an die Empfängerstaaten lieferte und der MTIC-fraud daher wirklich sofort entdeckt werden könnte, dann würden die Betrüger diese Form des Umsatzsteuerbetruges fallen lassen und auf den gewöhnlichen innerstaatlichen Betrug umsteigen, der keinerlei Bezug zu einer vorangehenden innergemeinschaftlichen Lieferung hat. Im übrigen ist auch beim derzeit "langsamen" MIAS-System nach einigen Monaten die Entdeckung des Umsatzsteuerbetruges sehr wahrscheinlich (und der Betrüger muss - der Bezeichnung als "missing trader" Ehre machend - tatsächlich zu einem bestimmten Zeitpunkt das Weite suchen). Also auch hier spricht vieles dafür, den Steuerbetrug nur "nebenbei" und ohne vorhergehende innergemeinschaftliche Lieferung zu machen und darauf zu vertrauen, dass bei der

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NOLZ, Strategien zur Bekämpfung des Umsatzsteuermissbrauchs in Österreich

Vielzahl der regulären Unternehmerischen Transaktionen die wenigen betrügerischen im Regelfall einfach nicht entdeckt werden. Die Besteuerung der innergemeinschaftlichen Lieferungen wäre aber auch deshalb nicht erfolgreich, weil die Vorsteuer auf Grund einer in Zukunft steuerpflichtigen Lieferung selbstverständlich dann abgezogen werden kann, wenn genügend "korrekte" Geschäfte gemacht werden, sodass sich keine Vorsteuerüberhänge ergeben. Dies wird schon deshalb allgemein die Regel werden, weil die Vergabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in den meisten Staaten erst nach intensiven Prüfungen erfolgt und der Möchtegern-Betrüger daher alles unterlassen wird, was ihn in den Augen der Finanzverwaltung als verdächtig erscheinen lässt. Dazu kommt noch, dass der Umsatzsteuerbetrug, von dem wir hier sprechen (Vorsteuerabzug eines Unternehmers ohne gleichzeitige Steuerabfuhr des Vorunternehmers), im Ergebnis auch dadurch erreicht wird, dass ein Leistungsaustausch überhaupt nicht erfolgt und Leistungen durch gefälschte Rechnungen und dergleichen fingiert werden. Somit ergibt sich meines Erachtens zwingend, dass die Besteuerung der innergemeinschaftlichen Lieferungen nicht zu einer Beseitigung, sondern lediglich zu einer Verlagerung des Umsatzsteuerbetrugs (und auch zu einer weiteren Form des Umsatzsteuerbetruges in diesem dann steuerpflichtigen "zwischenstaatlichen" Umsatz) führen würde und daher im Endeffekt wirkungslos bliebe.

111. Beseitigung der fraktionierten Erhebung der Umsatzsteuer Österreich hat schon frühzeitig äußerst erfolgreiche sektorale ReverseCharge-Bestimmungen eingeführt, insbesondere im Zusammenhang mit Bauleistungen. Österreich ist weiterhin davon überzeugt (viele andere EU-Mitgliedstaaten sind hier allerdings noch skeptisch), dass ein Reverse-Charge-System, das auf Transaktionen ab einer bestimmten Rechnungshöhe Anwendung findet, derzeit das optimale Mittel zur weitestgehenden Eindämmung des gegenwärtigen Umsatzsteuerbetruges darstellt. Es trifft unseres Erachtens auch nicht zu, dass durch ein

75

NOLZ,

~trategien

zur l:lekamptung des Umsatzsteuermissbrauchs In Osterreich

solches System neuen Betrugsmöglichkeiten Tür und Tor geöffnet wird. Es würde zu weit führen, hier auf die Gegenargumente der Skeptiker einzugehen; die Reverse-Charge-Befürworter haben immer wieder versucht, diese Argumente zu widerlegen, waren damit aber oft nicht erfolgreich. Auch Unternehmer, die das Reverse-Charge-System nicht prinzipiell ablehnen, fürchten eine angeblich überbordende Administration insbesondere durch die Meldeverpflichtungen. Sie übersehen hier freilich die immensen Belastungen, denen im derzeitigen System auch jeder steuerehrliche Unternehmer ausgesetzt ist. Auch jedes Umsatzsteuer-Karussell (so es solche überhaupt noch gibt) beginnt irgendwann einmal mit einem ehrlichen Unternehmer (einem "honest trader"), der damit nichts zu tun hat (zB dem Importeur von Mobiltelefonen). Wenn dann plötzlich der ehrliche Unternehmer nachweisen muss, dass er von dem Karussell keine Kenntnis hatte oder haben konnte, um nicht als Gesamtschuldner in Anspruch genommen zu werden (vielleicht wusste doch ein Mitarbeiter von der Sache?), wenn er im Rahmen von Belegprüfungen immer wieder Belege vorlegen muss, wenn vor der Auszahlung von Umsatzsteuer-Guthaben zuerst ein Finanzprüfer erscheint oder - wie offenbar in Deutschland - Banksicherheiten erforderlich sind, dann sind das doch alles das Leben des ehrlichen Unternehmers extrem erschwerende Umstände. Überdies können die Meldungen im Zeitalter der EDV automatisch aus den Fakturierungsprogrammen generiert werden. Bei den Meldungen ist freilich darauf zu achten, dass jedem Unternehmer bewusst ist, dass seine Transaktionen innerhalb des ReverseCharge-Systems leicht nachverfolgbar sind. Es ist daher durch eine intelligente Form der Meldungen (mit einer in gleicher Form für beide Meldungen angewendeten Aggregierung nach Umsatzsteuer-Identifikationsnummern) sowohl auf der Seite des leistenden Unternehmers als auch auf der Seite des Leistungsempfängers sicherzustellen, dass Differenzen sofort aufklärbar sind und nicht erst auf Grund von Risikoanalysen entweder (zu Unrecht) ignoriert oder im Einzelfall (vielleicht auch zu Unrecht) nachgeprüft werden. Vieles spricht daher dafür, die Sache einmal "auszuprobieren". Ursprünglich wollten dies Deutschland und Österreich gemeinsam machen, Deutschland hat jetzt Österreich gleichsam den Vortritt gelassen und Österreich würde die Sache tatsächlich gerne ausprobieren. Anders als in Deutschland sind die Verbände in Österreich nicht generell

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NOLZ, Strategien zur Bekämpfung des Umsatzsteuermissbrauchs in Österreich

skeptisch, sondern vorsichtig günstig gestimmt, und vielleicht lässt sich auf Grund der begrenzten Implikationen des Experiments - die Gegner des Reverse Charge schwanken üblicherweise zwischen dem Argument, es würde zu mehr Umsatzsteuerbetrug führen, dem Argument, es würde so erfolgreich sein, dass die Betrüge alle in andere Länder überwechseln müssten, und dem Argument, beides würde gleichzeitig zutreffen- doch eine entsprechende Entscheidung des ECOFIN erzielen. Entscheidend dafür werden die Gespräche sein, die in den nächsten Monaten zwischen Österreich, der Europäischen Kommission und den übrigen Mitgliedstaaten der EU geführt werden. Das, was einmal als die Stärke des Umsatzsteuersystems gesehen wurde, wie KIRCHHOFl in seinem Beitrag überzeugend ausgeführt hat, aber keinesfalls eines ihrer fundamentalen Prinzipien ist - die fraktionierte Erhebung der Umsatzsteuer -, stellt sich schon seit längerem als ihre fundamentale Schwäche heraus. Allerdings sperren sich noch viele gegen diese Einsicht. Sie werden bald "via facti" eines besseren belehrt sein.

1

KIRCHHOF, Reform der Umsatzsteuer im Rahmen von Europarecht und Verfassungsrecht, in Nieskens (Hrsg.), Deutsche Umsatzsteuer im europäischen Kontext- 25 Jahre UmsatzsteuerForum (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 24), Köln 2008, S. 55.

77

Beitrag der Spieltheorie zur Betrugsbekämpfung in der Umsatzsteuer - Konsequenzen für das Risikomanagement der Finanzverwaltung -

Dr.

VOLKER BIETA

Technische Universität Dresden

Prof. Dr.

HELLMUTH MILDE

Universität Luxemburg

Inhaltsübersicht I. Problemstellung ................ 79

II. Statistische Datenanalyse 1. Grundmodell ...................... 82 2. Ablauf ................................. 83 3. Ergebnis .............................. 86

2. Kontroll-Spiel ..................... 90 3. Betrug-Spiel ........................ 94 4. Einfache Intuition .............. 96 IV. Zusammenfassung ............ 98 V. Schlussbemerkung ........... 98

111. Spieltheorie 1. Grundidee .. ... ..... .... .. .... .. .. .. 88

I.

Problemstellung

Das uns vom Organisator der Tagung genannte Thema führt die "Umsatzsteuer-Betrugsbekämpfung" explizit im Titel. Die folgenden Ausführungen gelten generell für jede Form der Steuerhinterziehung, also Umsatzsteuer, Einkommensteuer, Körperschaftsteuer usw. Man kann sogar noch weiter gehen: Die Ausführungen gelten für jede Art von Betrugsdelikten im wirtschaftlichen Bereich, von Geldwäsche bis zu illegalen Preisabsprachen. 79

BIETA/MILDE, Beitrag der Spieltheorie zur Betrugsbekämpfung in der Umsatzsteuer

Der Grundgedanke unseres Beitrages kann folgendermaßen charakterisiert werden: Die Entscheidungsträger, die in Erklärungs- oder Prognosemodellen auftreten, haben ganz andere Verhaltensmuster als die Entscheidungsträger im real existierenden Wirtschaftsleben. Es existiert also eine tiefgreifende Diskrepanz zwischen Realität und Theorie. Natürlich kann und soll die Theorie kein perfektes Abbild der Realität sein; es muss immer abstrahiert werden. Es darf jedoch nicht der Fall eintreten, dass die Theorieannahmen den empirischen Beobachtungen komplett widersprechen. Dieser Tatbestand liegt aber bei dem uns interessierenden Betrugsproblem vor. Die von uns betrachteten Steuerbetrüger sind in der Realität sehr agile und bewegliche Personen. Genau dieser Tatbestand bereitet den Steuerfahndern in der Praxis die größten Probleme. Die Fahnder müssen zumeist den Betrügern hinterher laufen. Die zentralen Eigenschaften der real existierenden Steuersünder können folgendermaßen umschrieben werden. Sie sind: a) flexibel; b) reaktionsschnell; c) anpassungsfähig. Bei der Steuerfahndung werden heute hauptsächlich Verfahren der statistischen Datenanalyse, also Querschnittsanalysen und Zeitreihenanalysen, eingesetzt. Im Abschnitt II werden wir diese Verfahren genau erklären. Ein wichtiger Tatbestand sollte jedoch nicht vergessen werden. Jede Datenanalyse benutzt zwangsläufig Zahlen aus der Vergangenheit. Damit datengestützte Modellüberlegungen widerspruchsfrei anwendbar sind, muss Deckungsgleichheit von Vergangenheit und Zukunft unterstellt werden. Wenn diese Unterstellung in der Realität richtig ist, hat man mit der Datenanalyse ein brauchbares und sinnvolles Verfahren gefunden. Oben sagten wir jedoch, die Realität sei durch flexible Anpassungen charakterisiert. Die Daten der Vergangenheit sind dann "outdated", also unbrauchbar. Wenn man die Datenanalyse dennoch einsetzt, macht man einen Fehler. Der Fehler besteht darin, dass völlige Passivität beim Anpassungsverhalten unterstellt wird. Die Anpassungsreaktion ist überflüssig, weil Vergangenheit und Zukunft annahmegemäß identisch sind. In der Datenanalyse sind Steuersünder: a) inflexibel; b) realitätsfern;

80

BIETA/MILDE, Beitrag der Spieltheorie zur Betrugsbekämpfung in der Umsatzsteuer

c) anpassungsunfähig oder anpassungsunwillig. Der Widerspruch zur Realität ist offensichtlich. Aus unser Sicht ist Datenanalyse ein unbrauchbares Instrument zur Betrugsbekämpfung. Das Bekämpfungskonzept unterstellt Passivität; in der Praxis beobachten wir sehr aktive Akteure. Es ist daher nicht überraschend, dass die Steuertahnder und Steuerkontrolleure hoffnungslos unterlegen sind. Sie haben bei den derzeitig praktizierten Fahndungsmethoden nie eine Chance, mit den Betrügern auf Augenhöhe zu operieren. In seinem Beitrag hat KIRCHHOFl dieses KatzeMaus-Spiel schon angesprochen. In unserem Beitrag wird die Passivität im Modell durch systematische Anpassungsaktivitäten ersetzt. Damit gelten bei uns in der Theorie die gleichen Bedingungen, die wir in der Realität beobachten. Es existiert nicht mehr eine Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis. Der analytische Rahmen für eine Modellstruktur mit durchweg aktiv agierenden Entscheidungsträgern heißt Spieltheorie. Im Abschnitt III 1 werden die Grundüberlegungen vorgestellt. In den Abschnitten III 2 und III 3 werden diese Überlegungen auf zwei unterschiedliche Spieltypen angewendet. Nur der zweite Spieltyp ist für die Lösung unseres Problems wirklich brauchbar. In Abschnitt III 4 wird die Lösung im Detail erklärt. Interessanterweise deckt sich unser Lösungsvorschlag mit Ideen von KIRCHHOF, der nicht nur vom Katze-Maus-Spiel, sondern auch vom Maus-Maus-Spiel gesprochen hatte. Spieltheoretische Konzepte verwendet man heute in vielen Bereichen von Wirtschaft, Verwaltung und Politik. Man spricht auch von strategischen Entscheidungen. Die Grundidee besteht darin, dass annahmegemäß jeder Akteur die Reaktion des Gegenspielers bei seiner Entscheidungstindung explizit einkalkuliert. Auch in der Rechtsprechung hat die Spieltheorie heute eine verbreitete Anwendung gefunden. Anwälte treffen strategische Entscheidungen bei expliziter Berücksichtigung der Interessen und Möglichkeiten aller beteiligten Parteien. Wir werden unten sehen, dass gerade die Kronzeugenregel ein zentraler Baustein des spieltheoretischen Lösungsvorschlages für unser Betrugsproblem ist. 1

KIRCHHOF, Reform der Umsatzsteuer im Rahmen von Europarecht und Verfassungsrecht, in Nieskens (Hrsg.), Deutsche Umsatzsteuer im europäischen Kontext- 25 Jahre UmsatzsteuerForum (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 24), Köln 2008, S. 55.

81

BIETA/MILDE, Beitrag der Spieltheorie zur Betrugsbekämpfung in der Umsatzsteuer Eine besonders für Juristen geeignete Einführung "Decision Analysis, Game Theory, and Information - Analytical Methods for Lawyers" stammt von den Harvard Professoren KAPLOW und SHAVELL.2 Beide Autoren sind Inhaber von Professuren für "Law and Economics". In ihren Beispielen gehen sie immer von ganz realistischen Situationen bei tagtäglichen Rechtsstreitigkeiten aus. Am Anfang erklären sie die Grundmodelle der Spieltheorie anhand sehr einfacher Fälle. Dazu gehört auch das Prisoners' Dilemma. Wir werden mit diesem Grundspiel unten eine Teillösung unseres Betrugsproblems erklären. Am Ende ihres Buches werden von KAPLOW und SHAVELL hochkomplizierte Versicherungs- und Verhandlungslösungen diskutiert. Alle Lösungen werden jedoch mit ganz konkreten Zahlen durch gerechnet und sind für jeden Leser nachvollziehbar, der "zwei plus zwei" zu addieren gelernt hat.

II.

Statistische Datenanalyse

1.

Grundmodell

Es soll noch einmal betont werden, dass die Kontrolleure sich heute mit der von ihnen eingesetzten "Detection Software" auf Zeitreihen und historische Daten stützen.3 Jede Datenanalyse unterstellt, wie schon gesagt, dass die künftige Entscheidungssituation genauso aussieht wie die Situation in der Vergangenheit. Weil sich annahmegemäß dann nichts verändert hat, brauchen die Entscheidungsträger nicht zu reagieren. Dass bei dieser Modellstruktur kein gutes Ergebnis zu erwarten ist, braucht nicht extra betont zu werden. In einem Beitrag von ROMEIKE4 wird ein schönes Beispiel erzählt. Ein Fahrer steigt in sein Auto und will losfahren. Die Frontscheibe ist beschlagen. Er kann nicht durchschauen. Was tut er? Er schaut in den Rückspiegel und fährt los. Der Blick in den Rückspiegel ist mit dem 2 KAPLOW /SHAVELL, Decision Analysis, Game Theory, and Information Analytical Methods for Lawyers, New York 2004. 3 Vgl. CAVUSOGLU/RAGHUNATHAN, Configuration of Detection Software: A Camparisan of Decision and Game Theory Approaches, Decision Analysis 3/2004, S. 131-148. 4 ROMEIKE, Frühwarnsysteme im Unternehmen: Nicht der Blick in den Rückspiegel ist entscheidend, Rating Aktuell2/2005, S. 22-27.

82

BIETA/MILDE, Beitrag der Spieltheorie zur Betrugsbekämpfung in der Umsatzsteuer

Blick auf historische Daten vergleichbar. Es ist klar, dass er an der nächsten Ecke einen Unfall bauen wird. Die Grundidee der Datenanalyse wird nun auf Probleme der Steuerehrlichkeit angewendet. Steuerhinterziehung ist eine Entscheidung, die auf vier Faktoren basiert: a) Vorteile aus der Steuerhinterziehung; b) Wahrscheinlichkeit der Aufdeckung; c) Wahrscheinlichkeit der Verurteilung; d) Strafhöhe bei Verurteilung. Die zentrale Schlüsselgröße ist die Aufdeckungswahrscheinlichkeit. Bei seiner Doping-Beichte im Fernsehen sagte der Rennfahrer ZABEL im Juni 2007: "Es gab damals kein Risiko der Aufdeckung." Wenn diese Wahrscheinlichkeit gleich Null ist, dann sind alle anderen Faktoren irrelevant. Wir konzentrieren uns in unseren Überlegungen ausschließlich auf die Aufdeckungswahrscheinlichkeit Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass es ehrliche und unehrliche Steuerzahler gibt. Ehrlichkeit ist kein beobachtbares Merkmal. Auf den ersten Blick kann man die unterschiedlichen Typen der Steuerzahler nicht identifizieren, klassifizieren und sortieren. Man muss einen Umweg nehmen. Transaktionen sind jedoch beobachtbar. Jeder Steuerzahler tätigt Transaktionen. Mit speziellen Transaktionen kann sich der Steuerzahler verraten. Das Problem besteht darin, dass man bei der Auswertung der Transaktions-Analyse Fehler machen kann. Es gibt zwei Fehlertypen: a) Fehler 1. Art; eine richtige Hypothese wird abgelehnt; b) Fehler 2. Art; eine falsche Hypothese wird angenommen. Man spricht auch von Irrtumswahrscheinlichkeiten. So etwas gibt es nicht nur in der Statistik. Auch die Rechtsprechung kennt diesen Tatbestand: Ein Unschuldiger wird verurteilt; ein Schuldiger wird freigesprochen.

2.

Ablauf

Der datenbasierte Aufdeckungsprozess läuft folgendermaßen ab. Man definiert eine konkrete Transaktion, die "verdächtiges" Verhalten signalisieren kann. Als Kandidaten kommen aus Erfahrung z. B. in Betracht:

83

BIETA/MILDE, Beitrag der Spieltheorie zur Betrugsbekämpfung in der Umsatzsteuer

a) Höhe der Werbungskosten; b) Anzahl der Flugreisen bei Vielfliegern; c) Bandbreite der Schwankungen beim Jahreseinkommen. Wir demonstrieren das Vorgehen anhand des Beispiels "Werbungskosten". Wir bezeichnen bei den Steuerzahlern die Höhe der Werbungskosten mit X. Aus Daten der Vergangenheit berechnet man für eine große Anzahl legaler Transaktionen die Wahrscheinlichkeitsdichte f(X); die gleiche Vorgehenswiese wendet man auf nachweislich illegale Transaktionen an. Es ist empirisch problemlos nachweisbar, dass illegale Transaktionen im Durchschnitt mit höheren Werbungskosten verbunden sind als legale Transaktionen. Man stellt aber auch fest, dass es überlappende Bereiche gibt (siehe Abb. 1):

f(X)

illegal

\ X] egal

Xiilegal

X

Abb. I: Dichtefunktionen für legale und illegale Transaktionen

Wir sprachen oben davon, unbeobachtbare Eigenschaften durch "verdächtiges" Verhalten zu signalisieren. Um den Signalprozess durchführen zu können, muss man eine kritische Höhe Y der Werbungskosten definieren. Der Y-Wert hat folgende Eigenschaften: a) wenn X ::;; Y, dann liegt definitionsgemäß eine legale Transaktion vor; b) wenn X > Y, dann liegt definitionsgemäß eine illegale Transaktion vor.

84

BIETA/MILDE, Beitrag der Spieltheorie zur Betrugsbekämpfung in der Umsatzsteuer

Man zerlegt die Gesamtheit denkbarer X-Werte in zwei Teilbereiche. Damit macht man aber die oben genannten Fehler 1. Art und 2. Art. In Abb. 2 werden die Fehlertypen dargestellt. f(X)

legal

X 0,50 einen Anreiz, von der Strategiekombination (Y, Y) abzuweichen. Diesen Tatbestand wird das Finanzamt erkennen; später werden wir sehen, wie das Finanzamt aus der Not eine Tugend macht. Ferner zeigt das NashGleichgewicht, dass die wirkliche Ursache für Betrug nur zu einem geringen Teil in den Spielregeln des Steuerrechts liegt. Sie liegt hauptsächlich im Anreizverhalten der Steuerzahler, d.h. in der menschlichen Natur. Eine Änderung der Spielregeln, z.B. durch das neue "Reverse Charge-Verfahren", kann daher an der wichtigsten Ursache für den Steuerbetrug nichts ändern.

95

BIETA/MILDE, Beitrag der Spieltheorie zur Betrugsbekämpfung in der Umsatzsteuer

4.

Einfache Intuition

Das Nash-Gleichgewicht (X, X) ist nicht nur ein Prisoners' Dilemma; es ist auch dadurch charakterisiert, dass beide Spieler betrügen. Aus diesem Grunde muss der Gesetzgeber mit neuen Vorschriften und scharfen Kontrollen eingreifen. In der Finanzindustrie ist der von der USJustiz 2002 auf den Weg gebrachte Sarbanes Oxley Act (SOX) das wohl prominenteste Beispiel dafür. Das Bindeglied zur effektiven Bekämpfung von Steuer- und Finanzbetrug sind die Whistle-Blowing Paragraphen des SOX: § 301 SOX (Pflicht zur Installation eines Beschwerdesystems), § 806 SOX (zivilrechtlicher Schutz für Betrug aufdeckende Informanten) und§ 1107 SOX (strafrechtlicher Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen gegen Informanten).? Whistle-Blowing heißt "Alarm schlagen" oder "verpfeifen". Als Kronzeugenregel ist Whistle-Blowing ein Hinweisgebersystem oder Frühwarnsystem. Es soll erreicht werden, dass Regelverletzungen frühzeitig erkannt, potenzielle Gefahren identifiziert und Verhaltensrisiken im Keim erstickt werden. Whistle-Blowing ist auch ein vertraulicher Informationsprozess, der durch Beschwerdekanäle institutionalisiert werden kann. Die Kontrollinstanzen erhalten neben den Informationen über statistischen Kennzahlen (harten Faktoren) auch die sehr wichtigen Insiderinformationen (weiche Faktoren). Ganz entscheidend ist, dass Kontrollinstanzen durch Whistle-Blowing jetzt auf das vollständige Spektrum möglicher Informationen zugreifen können: Informationen über weiche Faktoren (statistisch nicht messbare Größen) sind sensibel und kritisch, weil diese Informationen sonst nicht verfügbar gewesen wären. Insider, die nicht die Macht haben, direkt einzugreifen, können sich durch Information vertraulich an Kontrollinstanzen (Kontrolleur als Beschwerdeempfänger) wenden, um illegale Praktiken zu melden: Sie blasen in die Pfeife.8 Das hat nichts mit Denunziation zu tun. Whistle-Blowing ist ein effizienter Mechanismus zur Aufdeckung von Steuerbetrug. Dies begründet ein einfacher Sachverhalt: Im Steuer-

7 Vgl. BERNARD/BIETA, Betrugsprävention durch Frühwarnsystem, Die Bank, 9/2007, S. 47-52. 8 Vgl. BERENTSEN u.a., On Cheating and Whistle-Blowing, Institute for Empirical Research in Economics, University of Zurich, 2003; SELTEN u.a., Blowing the Whistle, Faculty of Economics, University of Bonn, 2004.

96

BIET A/ MILDE, Beitrag der Spieltheorie zur Betrugsbekämpfung in der Umsatzsteuer

Betrug-Spiel (siehe Abb. 7) werden, wie gesehen, beide Spieler betrügen. Dass beide Spieler betrügen, macht das Steuer-Betrug-Spiel für das Finanzamt nun gerade interessant. Hier ist der entscheidende Punkt: Im Normalfall werden die Spieler nicht im gleichem Ausmaß vom Steuerbetrug profitieren; einer der beiden Spieler wird der "erfolgreichere" oder "bessere" Betrüger sein. Wir bezeichnen sie als "Sieger" und "Verlierer". Das Finanzamt hat auf Grund der Daten der Vergangenheit die Möglichkeit, verschiedene Betrügertypen zu unterscheiden. Es kann aber ohne Insiderinformationen nicht sagen, "who is who". Diese Information kann nur vom Whistle-Blower bereit gestellt werden. Das Finanzamt kann die verschiedenen Betrüger nun in die richtige Klasse einsortieren. An dieser Stelle sehen wir auch, dass die Datenanalyse nicht vollständig überflüssig ist; sie ist die Voraussetzung für eine brauchbare Lösung des spieltheoretischen Ansatzes. Mit der Annahme unterschiedlich hoher Betrugsergebnisse für die beteiligten Spieler verändert sich die Spielsituation ganz entscheidend. Wir wussten zunächst nur, dass im Prisoners' Dilemma beide Spieler betrogen haben. Jetzt gibt es eine entscheidende Zusatzinformation. Wie oben gesagt wurde, existiert ein "Sieger" und ein "Verlierer". Der Verlierer wird den Spielausgang nicht problemlos akzeptieren. Als Whistle-Blower wird er den Sieger verpfeifen. Der Verlierer kennt zwei Tatbestände sehr genau: 1. er hat selbst betrogen; 2. der Sieger hat stärker betrogen als er selbst. Genau diese Insiderinformation wird er dem Finanzamt zur Verfügen stellen. Für das Finanzamt ist diese Information wertvoll. Das Finanzamt tritt jetzt in dem Whistle-Blowing-Spiel als dritter Spieler auf. Der Einfachheit halber nehmen wir an, das Finanzamt verfüge nur über die Strategien X (kontrollieren) und Y (nicht kontrollieren). Der Ablauf im Whistle-Blowing-Spiel sieht folgendermaßen aus; Nach dem Zufallsprinzip werden die Steuerpflichtigen vom Finanzamt getrennt befragt. Bei dieser Befragung ist es fast unvermeidlich, dass Insiderinformationen zur Sprache kommen. Die Insiderinformationen sind damit für das Finanzamt verfügbar. Das Finanzamt wird reagieren und die Informationen benutzen. Die Regel sieht folgendermaßen aus; Wenn Insiderinformationen vorliegen, findet eine Kontrolle statt; andernfalls findet keine Kontrolle statt. Die Trefferwahrscheinlichkeit ist jetzt sehr hoch. Fast alle Steuersünder können tatsächlich "erwischt"

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BIETA/MILDE, Beitrag der Spieltheorie zur Betrugsbekämpfung in der Umsatzsteuer

werden. Auch der Whistle-Blower ist ein Steuersünder. Sein Strafe ist aus zwei Gründen geringer als die Strafe für die anderen Betrüger: 1. er hat weniger betrogen; 2. er erhält einen Strafbonus als Kronzeuge. Jetzt wird auf der Basis von Insiderwissen geprüft. Bei der oben erklärten Datenanalyse wurde dagegen nur mechanisch geprüft. Der Unterschied ist gravierend. Das Whistle-Blowing-Spiel hat interessante empirische Ergebnisse. Erste Modellrechnungen zeigen substanzielle Verbesserungen gegenüber der Situation mit dem Standard-Kontroll-Spiel I: a) die Betrugswahrscheinlichkeiten sind signifikant kleiner; b) die Häufigkeit der Kontrollen ist signifikant kleiner; c) die Spieler erreichen eine Nutzenerhöhung (größere Auszahlung); d) die Kontrollkosten der Finanzverwaltung werden wegen kleinerer Kontrollhäufigkeit sowie besserer Überwachung durch Selbstkontrolle signifikant sinken; für die Finanzverwaltung ist der Tatbestand der Kostensenkung von zentraler Bedeutung.

IV. Zusammenfassung Bei der Bekämpfung von Steuerbetrug wird heute zumeist die Datenanalyse eingesetzt. Dieses Verfahren hat schwerwiegende Defizite. Als Alternative werden spieltheoretische Konzepte vorgeschlagen. Dabei zeigt sich, dass Whistle-Blowing sehr erfolgreich sein kann. Hier kommen systematisch Insiderinformationen zur Sprache. Eine stark erhöhte Aufdeckungswahrscheinlichkeit von Betrug ist die Folge. Die Konsequenz für die künftige Betrugshäufigkeit ist wichtig: Die Betrugshäufigkeit wird stark sinken.

V.

Schlussbemerkung

Dass Whistle-Blowing-Mechanismen keineswegs mathematische Spielereien sind, zeigen jüngste Erfolge bei der Aufdeckung von kriminellen Praktiken in anderen Wirtschaftsbereichen. Die EU-Kommission konnte in den Niederlanden das Kartell der Bierbrauer Heineken, Bavaria, Grolsch und Inbev nur aufbrechen, weil Inbev als Whistle-

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BIETA/MILDE, Beitrag der Spieltheorie zur Betrugsbekämpfung in der Umsatzsteuer

Blower die illegalen Preisabsprachen zwischen 1996 und 1999 anzeigte. Es kam zu drastischen Strafen für Heineken, Bavaria und Grolsch. Natürlich wurde Inbev als Whistle-Blower weniger hart bestraft. Viele neue Entwicklungen in der Dopingszene sind ausschließlich auf Whistle-Blowing zurück zu führen. Ohne die Insiderinformationen hätten die Kontrolleure nie und nimmer belastendes Material in der heute bekannten Größenordnung beschlagnahmen können. Die Ermittler waren so schnell, dass die Betrüger keine Zeit mehr hatten, das belastende Material zu vernichten. Hier wurde ein Traum der Kontrolleure wahr. Sie mussten nicht mehr hinterher laufen; sie waren schneller als die Betrüger. Es soll noch ein Wort zum "Reverse Charge-Verfahren" gesagt werden. Aus unserer Sicht bringt das neue Verfahren keine substanzielle Verbesserung. Der Grund dafür ist einfach: An den Anreizen zur Steuerhinterziehung wird nichts geändert. "Reverse Charge" ist nach unserer Auffassung nur ein Flicken an Symptomen. Die Datenanalyse mit falschen Verhaltensannahmen bleibt nach wie vor das dominierende Fahndungsverfahren. Wie oben gesagt, sind wir der Meinung, dass die Datenanalyse nur durch ein wirklich neues Verfahren ersetzt werden muss. Das neue Verfahren ist die Spieltheorie.

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Umsatzsteuerliche Behandlung des privaten Konsums unternehmerischer Gegenstände in 25 Jahren UmsatzsteuerForum Dr.

WILFRIED WAGNER

Vizepräsident des BFH, München

Inhaltsübersicht I. "Eigenverbrauch" -ein deutsches Leiden? ............. 101 II. Deutsche Besteuerungspraxis vor 25 Jahren .......... 102 III. Diagnose im Licht des Gemeinschaftsrechts ......... 104 IV. Armbrecht-Seeling-WollnySyndrom des deutschen Gesetzgebers und seine Folgen ................................ 106

I.

V. "Vorsteuerverbrauch" mit Besteuerungsverbot mit Ablauf des "Abschreibungszeitraums"? ............. 108 VI. Ergebnis: unternehmerischer und privater Endverbrauch bleiben gravierend ungleich behandelt .. 114

"EigenverbrauchJJ- ein deutsches Leiden?

Während der bisher abgelaufenen 25 Jahre seit Gründung der Vereinigung zur wissenschaftlichen Pflege des Umsatzsteuerrechts ist der "Eigenverbrauch" - als Kurzformel des privaten Verbrauchs von Unternehmensvermögen - intensiv "behandelt" worden. Besserung ist nicht in Sicht. Man muss den Eigenverbrauch wohl als Dauerkrankheit der Umsatzsteuer sehen, die als Pflegefall anerkannt ist und als solcher möglichst lange am Leben gehalten werden soll.

101

WAGNER, Privater Konsum unternehmerischer Gegenstände Die Ersetzung des Begriffs "Eigenverbrauch" durch den der "Wertabgabe"l - seit 1.4.1999 sogar Verwaltungspraxis2 - brachte jedenfalls keinen Systemgewinn3. Möglicherweise ist die Suche nach dem richtigen Eigenverbrauch nur· eine deutsche Besonderheit- ein deutsches Leiden- das hier mit Liebe gepflegt wird. Von britischer Seite gibt es jedenfalls Äußerungen in diese Richtung. Nach meiner Erinnerung fragte PAUL FARMER, seinerzeit Referent am EuCH, sinngemäß, im deutschen Umsatzsteuerrecht gebe es wohl nur den Eigenverbrauch. In der Rechtssache Armbrecht vor dem EuCH vermerkte (der britische) Generalanwalt FRANCIS A. JACOBS in seinen Schlussanträgen vom 6.4.19954 unter der Randnummer 22: "Dies ist die vierte von deutschen Gerichten vorgelegte Rechtssache, in der der Gerichtshof Gelegenheit hat, die Bestimmungen der Richtlinie über die private Verwendung zu behandeln." Bekanntermaßen ist es nicht bei den vier Vorlagen geblieben. Was war der Hintergrund für die Vorlagen?

II.

Deutsche Besteuerungspraxis vor 25 Jahren

Ich kann auf die Zusammenfassung des Vortrags von WERNER WIDMANN beim ersten Umsatzsteuerkongress im Oktober 1982 zum Thema

1 So zunächst die Rechtsprechung, z.B. BFH, Urt. v. 3.11.1983- V R 4173, BFHE 140, 115 = BStBl. II 1984, 169 m.N. 2 Gesetzliche "Umsetzung" der Vorgaben der 6. EG-Richtlinie 77I388IEWG in § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG- unter Streichung des bisherigen§ 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 UStG. 3 Aus heutiger Sicht ist die "Umbenennung" überflüssig, zumal sie nicht der gemeinschaftsrechtlichen Terminologie entspricht. So erwies sich die Aufgabe der sog. Fiktionstheorie durch BFH (BFH, Urt. v. 3.11.1983- V R 4173, BFHE 140, 115 = BStBI. II 1984, 169) letztlich als begriffliches Nullsummenspiel, weil das Gemeinschaftsrecht in Art. 5 Abs. 6 und Art. 6 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie 77I 388 I EWG die "unentgeltlichen Leistungen" des Eigenverbrauchs den entgeltlichen Leistungen gleichstellt (vgl. u.a. KLENK in SölchiRingleb, UStG, § 3 UStG Rz. 307). 4 Schlussanträge des Generalanwalts JACOBS, EuGH v. 6.4.1995 - Rs. C-291192, UVR 1995, 273 m. Anm. DZIADKOWSKI.

102

WAGNER,

Privater Konsum unternehmerischer Gegenstände

"Der Eigenverbrauch und seine Besteuerung"5 zurückgreifen und gebe drei seiner Thesen wieder: Die Besteuerung des Eigenverbrauchs durch die den Letztverbrauch erfassende Umsatzsteuer dient der Gleichstellung des Selbstversorgers mit dem Fremdversorger. Die Eigenverbrauchsbesteuerung ist im Mehrwertsteuersystem nicht abhängig von einem vorherigen Vorsteuerabzug; sie soll auch nicht nur den Vorsteuerabzug rückgängig machen, sondern zusätzlich den vom Unternehmer geschaffenen Mehrwert erfassen. Das Umsatzsteuergesetz hat die Bestimmungen der 6. EG-Richtlinie zur Eigenverbrauchsbesteuerung nur modifiziert übernommen; diese Vorschriften können unterschiedlich ausgelegt werden. Letztere Aussage hätte die Pflege des Eigenverbrauchs weiterhin dem nationalen Recht als eigene Spielwiese gesichert. Dabei blieb es aber nicht. Der BFH wollte 1985 nämlich wissen, ob die Europäischen Richtlinien sich an den ihnen beigegebenen Wirkungsgrad halten müssen und sich nur an den Mitgliedstaat richten, der sie dann relativ eigenständig umsetzen darf, oder ob die Ausdehnung der Richtlinienwirkung durch den EuGH auf den einzelnen EU-Bürger gilt, d.h., dass sich dieser auf ihm günstiges Richtlinienrecht berufen kann, wenn dessen Bestimmungen "hinreichend klar und genau und nicht an Bedingungen geknüpft" sind.6 Der BFH verneinte das mit Urteil vom 25.4.19857 und wurde- auf Verfassungsbeschwerde hin - vom BVerfG mit Beschluss vom 8.4.19878 auf den gemeinschaftsrechtsfreundlichen Weg gewiesen. Seither ist die BFH-Rechtsprechung Gemeinschafts-Rechtsprechung. Damit löste sich der zuletzt erwähnte Ausgangspunkt zur alten Rechtslage- Modifizierbarkeit der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts zum Eigenverbrauch- auf. Denn damit stellte sich die "Berufbarkeitsfrage" auch auf die Richtlinienregelungen zum Eigenverbrauch.

5

in Lohse/Schöll (Hrsg.), Umsatzsteuerkongreß-Bericht 1982/83 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 1), Köln 1983, S. 51. 6 Z.B. EuGH, Urt. v. 6.7.1995- Rs. C-62/93 - Soupergaz, Slg. 1995, I-1883 =UR 1995,404 m. Anm. LOHSE. 7 BFH, Urt. v. 25.4.1985- V R 123/84, BFHE 143, 383 = StRK UStG 1980 Allg. R. 1. 8 BVerfG, Beschl. v. 8.4.1987-2 BvR 687/85, UR 1957, 355m. Anm. WEiß. WIDMANN

103

WAGNER, Privater Konsum unternehmerischer Gegenstände

Es war allerdings ein sehr langsamer Auflösungsprozess. Gesetzgeberisch wurde umfassend erst zum 1.4.1999 reagiert. Erst damals wurden die Art. 5 Abs. 6 und Art. 6 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie in§ 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG umgesetzt- da war es bereits allerhöchste Zeit. Mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 kam allerdings auch

das Zwischenspiel der umsatzsteuerrechtlichen Halbteilung9 in § 15 Abs. 1b UStG. Die Vorschrift ließ - vereinfachend gedacht - bei Anschaffung und Betrieb gemischt genutzter Betriebsfahrzeuge nur den halben Vorsteuerabzug zu. Störend daran war weniger die mangelnde Akzeptanz bei den Nutzern, sondern mehr die mangelnde gemeinschaftsrechtliche Ermächtigung. Der - an sich lobenswerte -Versuch des Gesetzgebers, eine Bevorzugung des Unternehmerischen Endverbrauchers pauschal einzugrenzen, hielt der Prüfung der gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen nicht stand und wurde vom BFH mit Urteil vom 15.7.2004 in der Sache Sudholz10 "bereinigt". Wie stand es um die frühere deutsche Praxis? Wie bereits gesagt, kamen schon Anfang der 90er-Jahre bis zum Armbrecht-Fall vier Vorlagen zum Thema an den EuGH.11

111. Diagnose im Licht des Gemeinschaftsrechts Die Betrachtung des deutschen Systems durch "fremde Augen" erscheint mir hier plakativer als die verschiedenen nationalen Darstellungen. Der Weckruf für Deutschland kam jedenfalls deutlich im schon angesprochenen Schlussantrag vom 6.4.1995 des Generalanwalts JACOBS in der Rechtssache Armbrecht (Rz. 22 ff.): 9 Rechtsgeschichtlich gab es zu solchen "gemischten Beförderungsmitteln" offenbar eine interessante Vorläuferregelung bei den Schildbürgern, denen der Kaiser die Umsatzsteuer erlassen wollte, wenn sie ihm "halb geritten und halb gegangen" entgegenkamen (vgl. ERICH KÄSTNER, Die Schildbürger). 10 BFH, Urt. v. 15.7.2004 v. 15.7.2004- V R 30/00, BFHE 206, 465 = BStBl. Il 2004, 1025. 11 EuGH, Urt. v. 27.6.1989- Rs. 50/88 -Kühne, Slg. 1989, 1925; EuGH, Urt. v. 11.7.1991- Rs. C-97 /90- Lennartz, Slg. 1991, l-3795; EuGH, Urt. v. 25.5.1993Rs. C-193/91- Moshe, Slg. 1993, I-2615.

104

WAGNER,

Privater Konsum unternehmerischer Gegenstände

"Aus diesen [drei vorherigen] Entscheidungen ergibt sich, dass den deutschen Durchführungsbestimmungen das Prinzip zugrunde liegt, dass ein Steuerpflichtiger, der Gegenstände oder Dienstleistungen für private Zwecke nutzt, für die Zwecke der Mehrwertsteuer seinen Kunden gleichgestellt werden muss, um die Steuerneutralität zwischen Steuerpflichtigen und Privatpersonen zu gewährleisten. Die deutsche Regelung verlangt deshalb von Steuerpflichtigen, Gegenstände, die teilweise für den Unternehmerischen und teilweise für den privaten Gebrauch erworben werden, dem Unternehmen zuzuordnen. Der Steuerpflichtige gilt als gern. Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie für diese Gegenstände voll vorsteuerabzugsberechtigt, muss jedoch dann für die private Nutzung dieser Gegenstände gern. Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie eine jährliche Steuer entsprechend der Abschreibung der Gegenstände entrichten. Wenn er die Gegenstände später verkauft, wird auf den Verkauf gern. Art. 2 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie in vollem Umfang Mehrwertsteuer erhoben.

(Rz. 23) Die Systematik der deutschen Regelung verlangt, dass der Steuerpflichtige verpflichtet ist, auch dann eine Steuer auf die private Nutzung zu entrichten, wenn er beim Erwerb der Gegenstände die Vorsteuer nicht abziehen konnte, weil diese beispielsweise von einer Privatperson erworben wurden (... Kühne ... ). Sie verlangt auch, dass er verpflichtet sein muss, Steuern für die private Nutzung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Gebrauch der Gegenstände zu entrichten, selbst wenn die Mehrwertsteuer auf die Dienstleistungen nicht abzugsfähig war, weil diese Dienstleistungen von der Steuer befreit waren oder nicht besteuert wurden (... Moshe ... ). In beiden Fällen würde ein Kunde des Unternehmens des Steuerpflichtigen die volle Mehrwertsteuer auf die Gegenstände oder Dienstleistungen entrichten müssen, selbst wenn der Steuerpflichtige die Vorsteuer für diese Gegenstände und Dienstleistungen nicht abziehen konnte.

(Rz. 31) Somit hat der Gerichtshof in diesen Urteilen zwar die Grundmethode, die die deutsche Regelung für die Berücksichtigung der privaten Nutzung anwendet, nicht in Frage gestellt, er hat jedoch die dieser zugrunde liegende Auffassung abgelehnt, dass ein Steuerpflichtiger seinen Kunden gleichzustellen sei. Es reicht aus, dass der Steuerpflichtige der gleichen Steuerbelastung unterliegen sollte, der er unterlegen wäre, wenn er die in Rede stehenden Gegenstände oder Dienstleistungen selbst privat erworben hätte. Somit wird deutlich, dass der den deutschen Bestimmungen über die private Nutzung zugrunde liegende Begriff der Steuerneutralität von dem Verständnis abweicht, das

105

WAGNER, Privater Konsum unternehmerischer Gegenstände der Gerichtshof von den einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie hat "12

Als "gleiche Belastung" folgt für mich daraus die auf dem Gegenstand bei Erwerb lastende Umsatzsteuer (als nicht abziehbare Vorsteuer). Jetzt mache ich einen kleinen Zeitsprung in die Gegenwart- in die Zeit nach dem EuCH-Urteil Wollny vom 14.9.200613.

IV. Armbrecht-Seeling-Wollny-Syndrom des deutschen Gesetzgebers und seine Folgen Mit dem Wollny-Urteil hat der EuCH die deutsche Gesetzesänderung des§ 10 Abs. 4 UStG mit Wirkung vom 1.7.2004 als mit den Vorgaben der 6. EG-Richtlinie vereinbar beurteilt. Was die Neuregelung besagt, ist wohl allseits bekannt: Als Bemessungsgrundlage bei sonstigen Leistungen i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG sind jetzt die bei Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben anzusetzen, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Dazu gehören auch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten ... Betragen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindestens 500 €, sind sie gleichmäßig auf einen Zeitraum zu verteilen, der dem für das Wirtschaftsgut maßgeblichen Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG entspricht. Bei bebauten Grundstücken ergibt das eine drastische Verkürzung der "Abschreibung" von 50 auf 10 Jahre - und damit eine fünffache Erhöhung der Eigenverbrauchsbemessung für diese 10 Jahre. Dieser gesetzlichen Neuregelung durch das Richtlinien-Umsetzungsgesetz14 mit Wirkung vom 1.7.200415 ging das BMF-Schreiben vom 13.4.200416 voraus, das für den damals geltenden Begriff der "Kosten" in§ 10 Abs. 4 UStG eine entsprechende Verteilung der Anschaffungsoder Herstellungskosten auf 10 bzw. 5 Jahre anordnete, ebenfalls mit 12 13

Hervorhebung durch mich. EuGH, Urt. v. 14.9.2006 - Rs. C-72/07- Wollny, UR 2006, 644 m. krit. Anm. WIDMANN und zust. Anm. STADIE = BFH/NV Beilage 2007,66. 14 EURLUmsG v. 9.12.2004, BGBI. I 2004, 3310. 15 Art. 22 Abs. 3 i.V.m. Art. 5 Nr. 7 EURLUmsG. 16 BMF, Sehr. v. 13.4.2004 - IV B 7- S 7206 - 3/04, BStBl. I 2004, 468 = UR 2004, 331.

106

WAGNER, Privater Konsum unternehmerischer Gegenstände

Wirkung vom 1.7.2004, aber mit Rückwirkung auf "offene Fälle", soweit der Unternehmer sich auf die Grundsätze des Seeling-Urteils des EuGH vom 8.5.200317 bzw. des BFH-Nachfolge-Urteils vom 24.7.200318, das erst im BStBl. II 2004, 371, veröffentlicht wurde. Nach dem Seeling-Urteil ist die unentgeltliche private Nutzung (i.S.v. § 3 Abs. 9a UStG) eines dem Unternehmen zugeordneten gemischt-genutzten Gebäudes (durch einen Unternehmer mit steuerpflichtigen un-

ternehmerischen Umsätzen) nicht steuerfrei - wie nach der ständigen deutschen Praxis nach § 4 Nr. 12 UStG -, sondern steuerpflichtig, weil die Befreiungsvorschrift für Mietumsätze insoweit nicht gilt. Da somit auch insoweit besteuerte Umsätze vorliegen, ergibt sich das Recht auf vollen Vorsteuerabzug. An sich sehr zutreffend gingen das BMF und der Gesetzgeber davon aus, dass die Seeling-Rechtsprechung zu einer erheblichen Ungleichbehandlung von Nichtunternehmern und Unternehmern führte. Unternehmer hatten durch die Zuordnungsgestaltung von gemischt genutzten Gebäuden zum Unternehmen einen erheblichen Liquitätsvorteil und die Möglichkeit unversteuerten Letztverbrauchs nach Ablauf der Vorsteuerberichtigungszeiträume (wozu auch beitrug, dass Deutschland die gemeinschaftsrechtliche Spanne der Vorsteuerberichtigungszeiträume- bis 20 Jahre- nicht ausschöpfte). Man kann wohl konstatieren, dass das Zuordnungs-Gestaltungsmodell - jedenfalls in Deutschland seit der Erhöhung des Steuersatzes von 16% auf 19%- weniger interessant geworden ist.19 Man muss aber fragen, welche Folgen darüber hinaus die Neuregelung bringt.

17 18

19

EuGH, Urt. v. 8.5.2003- Rs. C-269/00- Seeling, Slg. 2003, l-4101 = BStBI. II 2004, 378 =UR 2003, 288m. Anm. BURGMAlER = BFH/NV Beilage 2004, 378. BFH, Urt. v. 24.7.2003- V R 39/99, BFHE 203, 206 = BStBI. II 2004, 371 =UR 2003, 539 = BFH/NV 2003, 1513; nach Vorabentscheidungsersuchen des BFH, Beschl. v. 25.5.2000- V R 39/99, UR 2000, 325 = BFH/NV 2000, 1175. Vgl. z.B. Anm. zum Wollny-Urteil des EuGH: WIDMANN, UR 2004, 644.

107

WAGNER, Privater Konsum unternehmerischer Gegenstände

V.

"VorsteuerverbrauchJ/ mit Besteuerungsverbot mit Ablauf des "AbschreibungszeitraumsJ/?

Ich will das an einer Reihe von Beispielen durchgehen: Ausgangsfall Gartenbauunternehmer S hatte Ende 04 (umsatzsteuerpflichtig) ein Gebäude hergestellt. Er nutzte es zu 50 % unternehmerisch, im Übrigen als seine Wohnung. Er ordnete das gesamte Gebäude seinem Unternehmen zu, zog die gesamten Vorsteuerbeträge ab und versteuerte die Privatnutzung.20

a) bei späterer Verwendung des Unternehmensgegenstands § 10 Abs. 4 Nr. 2 n.F. UStG betrifft die Verwendung des Unternehmensgegenstands (Gebäude) zur unentgeltlichen Nutzung für Zwecke außerhalb des Unternehmens. Alternative 1 Er überlässt nach Ablauf von 10 Jahren der Tochter die Wohnung im Gebäude unentgeltlich zur Nutzung.

Folge: Nach Ablauf des Berichtigungszeitraums kann nach § 10 Abs. 4 UStG jedenfalls keine Bemessungsgrundlage im Umfang der anteiligen Herstellungskosten mehr angesetzt werden. Folglich darf die spätere nichtunternehmerische Verwendung insoweit nicht mehr besteuert werden. b) gilt dies auch für spätere Entnahme des Unternehmensgegenstands?

Hat die Neuregelung Auswirkungen auf die Besteuerung von Lieferung

I Entnahme eines gemischt genutzten Unternehmensgrundstücks nach Ablauf des Berichtigungszeitraums?

20

108

Übereinstimmend mit dem EuGH-Urteil Seeling (EuGH, Urt. v. 8.5.2003- Rs. C-269/00 - Seeling, Slg. 2003, I-4101 = BStBl. II 2004, 378 = UR 2003, 288 m. Anm. BURGMAlER = BFH/NV Beilage 2004, 378) und der Neuregelung der Bemessungsgrundlage für die· private Verwendung durch § 10 Abs. 4 Nr. 2 Satz 3 UStG mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar gern. EuGH, Urt. v. 14.9.2006 - Rs. C-72/05 - Wollny, Slg. 2006, I-8297 = BStBl. II 2007, 32 = UR 2006,638 m. Anm. WIDMANN und STADIE = BFH/NV Beilage 2006,66.

WAGNER, Privater Konsum unternehmerischer Gegenstände Alternative 2 Nach Ablauf von 10 Jahren veräußert er das Gebäude (Lieferung ohne Option zur Steuerpflicht).

Da es sich um die Veräußerung eines Unternehmensgegenstands handelt, ist die - entgeltliche- Lieferung steuerbar. Grundsätzlich ist die Lieferung des Gebäudes gern. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei. Eine Vorsteuerberichtigung gern. § 15a UStG aufgrund der steuerfreien Veräußerung des steuerpflichtig mit Vorsteuerabzug erworbenen Gebäudes nach Ablauf des Berichtigungszeitraums scheidet aus. Sofern der Unternehmer auf die Steuerfreiheit gern. § 9 UStG verzichtet, das Grundstück also steuerpflichtig veräußert, bleibt es nach herrschender - gemeinschaftsrechtlich gestützter - Praxis bei dem Entgelt als Bemessungsgrundlage. Eine volle Vorsteuerentlastung (auch von sog. "Restmehrwertsteuer" bei von Privat erworbenen und dem Unternehmen zugeordneten Gegenständen) spielt keine Rolle.21 Noch spannender ist die Entnahmefrage. Alternative 3 Nach Ablauf von 10 Jahren entnimmt er das Gebäude ins Privatvermögen.

21

Nach dem EuCH-Urteil Baksci (EuCH, Urt. v. 8.3.2001 - Rs. C-415/98 Baksci, Slg. 2001, I-1831 = UR 2001, 149 = BFH/NV Beilage 2001, 52 = UVR 2001, 262 m. Anm. HUSCHENS - Rz. 47) ist der "Umstand, dass der Steuerpflichtige den Gegenstand gebraucht von einem Nichtsteuerpflichtigen erworben hat und daher nicht die auf ihm lastende restliche Vorsteuer abziehen konnte, ... insoweit ohne Bedeutung". Das meines Erachtens bestehende Problem der Ungleichbehandlung von entgeltlicher Lieferung und Entnahme löst der EuCH nicht etwa durch richterliche Lückenschließung, sondern durch Hinweis auf eine - zum entsprechenden Ergebnis führende - Gestaltung: Der Steuerpflichtige möge den Gegenstand entnehmen (wofür das Besteuerungsverbot besteht), anschließend könne er den Gegenstand aus dem Privatvermögen - unversteuert- veräußern. Meines Erachtens besteht hier noch Gleichstellungsbedarf (zumindest de lege ferenda).

109

WAGNER, Privater Konsum unternehmerischer Gegenstände

Da die Entnahme eines Grundstücks aus dem Unternehmensvermögen ins Privatvermögen nicht unter das Grunderwerbsteuergesetz fällt, ist die Entnahme (als "gleichgestellte unentgeltliche Lieferung", § 3 Abs. 1b UStG) nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei22, sondern steuerpflichtig (anders als bei Entnahme durch unentgeltliche Lieferung an Dritte23). Man kann also die Systemfrage stellen: Darf diese Entnahme gern. § 3 Abs. 1b Satz 2 UStG besteuert werden? Die Neuregelung in § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG betrifft zwar nur die Gegenstandsverwendung, nicht die Entnahme. Der BFH hatte aber bereits mit Urteil v. 28.2.198024 zum Verhältnis von Entnahme- und Ver-

22

Vgl. bereits JbFfSt 2005/2006, S. 515, 516. Dagegen tritt KLENK für eine Berufbarkeit der Steuerbefreiung durch Art. 13 Teil B Buchst. g und h der 6. EGRichtlinie (Grundstücke und Altbauten) ein, vgl. KLENK, UR 2004, 145 (149). 23 Dazu folgendes Beispiel: Alternative 4 Nach Ablauf von 10 Jahren überträgt er das Grundstück unentgeltlich (schenkweise) seiner Tochter. Es handelt sich eine Entnahme, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fällt (wenn auch nach § 3 Nr. 2 GrEStG grunderwerbsteuerfrei) und damit umsatzsteuerfrei gern. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG ist. Hier sehe ich noch ein Gleichbehandlungsprobleme in der gegenwärtigen Verwaltungspraxis: 1. Das BMF (BMF, Sehr. v. 13.4.2004- IV B 7- S 7206- 3/04, BStBI. I 2004, 468 [469] = UR 2004, 331 -nach Beispiel 5 zum Seeling-Urteil) ordnet die Besteuerung der Entnahme ohne Differenzierung (siehe oben Alternativen 2 und 3) an -unter den Voraussetzungen des§ 3 Abs. 1b UStG: "Die Entnahme ist nicht nach§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerbefreit Bei einer richtlinienkonformen Auslegung reicht die Gleichstellungsfiktion des Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie nicht so weit, dass die Entnahme bei der gebotenen engen Auslegung des Art. 13 Teil B Buchst. g der 6. EG-Richtlinie steuerfrei ist." Gegen die Bundesrepublik hat die Kommission inzwischen ein Vertragsverletzungsverfahren (IN /2005/4909) gern. Art. 226 EG wegen Verstoßes gegen Art. 13 Teil B Buchst. g und Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie, Art. 16 und Art. 135 Buchst. j MwStSystRL (Richtlinie 2006/112/EG v. 28.11.2006, ABI. EU Nr. L 347 v. 11.12.2006, 1) eingeleitet. Dessen Begründung ist abzuwarten. 24 BFH, Urteil v. 28.2.1980- V R 138/72, BFHE 130, 111 = BStBI. II 1980,309 =UR 1980,179 m. Anm. WEiß.

110

WAGNER, Privater Konsum unternehmerischer Gegenstände wendungseigenverbrauch (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b UStG 1967) ausgeführt: "Im Falle der Entnahme ... geschieht dies mit der Absicht einer endgültigen Entfernung aus dem unternehmefischen Bereich; der Eigenverwendungsverbrauch ... ist dagegen eine ,Entnahme auf Zeit'. Die Entnahme löst die Bindung des Gegenstandes an den Unternehmerischen Bereich; dagegen besteht diese Bindung beim Eigenverwendungsverbrauch fort." Geht man davon aus, dass durch die Neuregelung die besteuerungsrelevante Bindung des Gegenstands an das Unternehmen auf 10 bzw. 5 Jahre begrenzt wird, weil nach Ablauf dieser Zeitspanne für die nichtunternehmerische Verwendung keine Bemessungsgrundlage mehr angesetzt werden darf, so hat das wohl auch für die Entnahme zu gelten: Da der gesamte Vorsteuerabzug auf den Erwerb des Gegenstands (als Unternehmensgegenstand) bis zum Ablauf der Berichtigungszeitraums des § 15a UStG "rückgängig gemacht" werden sollte, bestehen Zweifel an einem Besteuerungsrecht für die Entnahme nach Ablauf des Zeitraums. WIDMANN führt in einem Beitrag25 aus, das Wollny-Urteil - das die nichtunternehmerische Verwendung von Unternehmensgegenständen betrifft - gebe keinen Anlass zu einer Neubesinnung bei der Besteuerung von Entnahmen solcher Gegenstände. Er bezieht dies auf die Auffassung von STADm26, dem das Wollny-Urteil des EuCH zur Hoffnung Anlass gibt, der EuCH werde - bei Gelegenheit - die Rechtsfortbildung dahin treiben, dass die Richtlinienbestimmungen zur Gegenstandsentnahme und Gegenstandsverwendung (Art. 5 Abs. 6 und Art. 6 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie) und zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs (Art. 20 Abs. 2 und 3 der 6. EG-Richtlinie) trotz der unterschiedlichen Gesetzestechnik zur Vermeidung willkürlicher Ergebnisse in den Rechtsfolgen aufeinander abzustimmen seien, weil sie dasselbe Ziel verfolgten: Aus Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie folge, dass nach Ablauf des Berichtigungszeitraums von 5 bzw. 10 Jahren der Gegenstand umsatzsteuerrechtlich als verbraucht gelte. Aus dieser Wertung folge für die Besteuerung der "Nutzungsentnahme" (Gegenstandsverwendung) i.S.v. Art. 6 Abs. 2 der 6. EG-

25 WIDMANN, UR 2007, 13. 26 Anm. zum Wollny-Urteil des EuGH: STADIE, UR 2006, 645.

111

WAGNER,

Privater Konsum unternehmerischer Gegenstände

Richtlinie, § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG, dass sie hinsichtlich des Gegenstands nicht mehr besteuert werden dürfe. Und da es bei der Entnahmebesteuerung nur um die Neutralisierung des Vorsteuerabzugs gehe, folge aus der Wertung des Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie, § 15a UStG, dass nach Ablauf des Berichtigungszeitraums auch die Entnahme nicht mehr besteuert werden dürfe. WIDMANN27 ruft hier zu Recht wieder die Grundsatzfrage auf, wie der Selbstversorger gegenüber dem Fremdversarger belastet werden soll. Er sieht den Maßstab in der gleichmäßigen Belastung des Endverbrauchers; die These STADIES von der bloßen Vorsteuer-Neutralisierungsfunktion des Eigenverbrauchs begünstige hingegen den Selbstversorger, denn dies konserviere den ursprünglichen Einkaufspreis und widerspreche dem Ziel der Umsatzsteuer, wonach der Unternehmer die in seinem Unternehmen erzielte Wertschöpfung der Umsatzsteuer unterwerfen solle. Letztlich stützt sich WIDMANN auf die Thesen zur Rechtfertigung des Eigenverbrauchs, die er am ersten Umsatzsteuerkongress 198228 vorgetragen hatte. Die Thesen zum gemeinschaftsrechtlichen Ziel der Eigenverbrauchsbesteuerung, wie sie JACOBS in seinen Schlussanträgen zu Armbrecht29 -abgrenzend zur damaligen deutschen Praxis- zusammengestellt hat, kann man aber für ein anderes Ergebnis heranziehen: Wie bereits wiedergegeben heißt es dort unter Randnummer 31, der EuGH habe die "Auffassung abgelehnt, dass ein Steuerpflichtiger seinen Kunden gleichzustellen sei. Es reicht aus, dass der Steuerpflichtige der gleichen Steuerbelastung unterliegen sollte, der er unterlegen hätte, wenn er die in Rede stehenden Gegenstände oder Dienstleistungen selbst privat erworben hätte." Das verstehe ich so, dass bei Erwerb als Nichtunternehmer vom Unternehmer ein auf dem Gegenstand liegender Mehrwertsteuerbetrag nicht abziehbar ist und den Erwerber somit belastet. Die Gleichstel27 28

UR 2007, 13. in Lohse/Schöll (Hrsg.), Umsatzsteuerkongreß-Bericht 1982/83 (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 1), Köln 1983, 5. 51. 29 Schlussanträge des Generalanwalts JACOBS, EuGH v. 6.4.1995- Rs. C-291/92, UVR 1995,273 m. Anm. DZIADKOWSKI. 112

WIDMANN, WIDMANN

WAGNER, Privater Konsum unternehmerischer Gegenstände

lung ergibt sich also aus der bloßen Rückabwicklung des Vorsteuerabzugs.30 Das meines Erachtens stärkste Argument für die Auffassung von WIDMANN von der maßgeblichen gleichmäßigen Belastung des Endverbrauchs ist aber die ausdrückliche Bestimmung des Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-Richtlinie: "Die Besteuerungsgrundlage ist: ... b) bei den in Artikel 5 Absätze 6 und 7 genannten Umsätzen der Einkaufspreis für die Gegenstände oder mangels eines Einkaufspreises der Selbstkostenpreis, und zwar jeweils zu den Preisen, die im Zeitpunkt der Bewirkung dieser Umsätze festgestellt werden" .31

Nach Auffassung von STADIE32 ist der in dieser Bestimmung (auch § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG) vorgeschriebene Ansatz der Wieder-

beschaffungskosten inkonsequent und widerspricht dem Richtlinienbzw. GesetzeszieL Es ist wohl nicht weniger peripher, dass auch ich ein entsprechend gebrochenes Verhältnis zur Richtlinienformulierung habe.33 Gewichtig ist jedenfalls die Äußerung des EuGH im Fischer- und Brandenstein-Urteil vom 17.5.200134. Dort heißt es unter Rz. 80: "Die Bezugnahme auf den im Zeitpunkt der Enh1ahme festgestellten Einkaufspreis mag widersprüchlich erscheinen, da es um einen Gegenstand geht, der begriffsnotwendig vor der Enmahme erworben wurde; sie findet sich jedoch im Wortlaut von Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-

30 So bereits grundlegend WALDEN, Die Umsatzsteuer als indirekte Verbrauchsteuer, 1988, S. 193 ff.; WALDEN sieht die Forderung nach einer "verbrauchsteuerkonformen" Steuerbemessung mit einem "Letztverbrauchereinkaufspreis" (S. 198) als Gefährdung einer "ausschließlich als Vorsteuerkorrekturregelung" zu rechtfertigenden Eigenverbrauchsbesteuerung; s. auch DZIADKOWSKI/WALDEN, Umsatzsteuer, 4. Aufl. 1996, S. 137 ff., 141. Sekundär ist für mich die Frage, ob der gleiche Betrag - d.h. der gleiche Steuersatz - anzuwenden ist. Das ist Steuertechnik denn auch bei "gestreckter" Eigenverbrauchsbesteuerung eines Wirtschaftsguts über den Berichtigungszeitraum ergibt sich nicht die identische Rückbelastung (Zinsvor- oder Nachteile). 31 Hervorhebung durch mich. 32 Anm. zum Wollny-Urteil des EuGH: STADIE, UR 2006,645. 33 WAGNER in Sölch/Ringleb, UStG, § 10 UStG Rz. 345 ff. 34 EuGH, Urt. v. 17.5.2001 - Rs. C-322/99 - Fischer und Brandenstein, Slg. 2001, I-4049 =UR 2001, 293 = BFH/NV Beilage 2001, 177.

113

WAGNER,

Privater Konsum unternehmerischer Gegenstände

Richtlinie. Unter diesem Preis ist der Restwert des Gegenstands im Zeitpunkt der

Entnahme zu verstehen."35

Das bedeutet wohl Maßgeblichkeit des Wertverzehrs und damit des Vorsteuerverbrauchs. Angesichts dieser Auslegung bleibt für den Gleichstellungsgedanken - unter Ansatz aktueller Einkaufspreise für einen bei sich selbst einkaufenden Unternehmer - wenig über - meine ich36. Folge: Ich neige ebenfalls dem Ergebnis zu, dass eine (steuerpflichtige) Entnahme nach Ablauf des Vorsteuerberichtigungszeitraums nicht mehr nach§ 3 Abs. lb UStG besteuert werden darf.

Ausschlaggebend ist für mich die deutsche Neuregelung des§ 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG. Ihr ist der umsatzsteuerrechtlichen Verbrauch des ursprünglichen Vorsteuerabzugs während der Vorsteuerberichtigungszeiträume als zugrunde liegende Gedanke zu entnehmen. Dieser Grundgedanke erfasst auch die - an sich nicht neu geregelte -Bemessung der Entnahme gemischt genutzter Unternehmensgegenstände. Bei der Verwendung solcher Gegenstände werden die Anschaffungsoder Herstellungskosten "fraktioniert" als Bemessungsgrundlage bis zum Ablauf des Berichtigungszeitraums angesetzt. Bei der Entnahme kann für die in die Bemessungsgrundlage einbezogenen Anschaffungsoder Herstellungskosten (Restwert zur Zeit der Entnahme) nichts anders gelten. Für die Entnahmebesteuerung kann nach Ablauf des Berichtigungszeitraums keine Bemessungsgrundlage mehr angesetzt werden (bezogen auf Einkaufspreis oder Selbstkosten für den Gegenstand).

VI. Ergebnis: unternehmerischerund privater Endverbrauch bleiben gravierend ungleich behandelt Was bringt uns das alles im Hinblick auf unser leuchtendes Ziel der Gleichbehandlung bzw. Gleichbelastung des Unternehmerischen und nichtunternehmerischen Endverbrauchers?

35 36

114

Hervorhebung durch mich. Vgl. WALDEN, Die Umsatzsteuer als indirekte Verbrauchsteuer, 1988, S. 193 ff.

WAGNER,

Privater Konsum unternehmerischer Gegenstände

Letztlich hat die "Bereinigung" des bisherigen deutschen Eigenverbrauchsystems durch die EuCH-Rechtsprechung - trotz der "Notbremse" des § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG - dazu geführt, dass über die Zuordnungsmöglichkeit eines nichtunternehmerischen Grundstücksteils zum Unternehmen insoweit der Sofortabzug der Vorsteuerbeträge mit nur fraktionierter Rückzahlung auf zehn Jahre in Betracht kommt. Dies verbessert zwar die Stellung des Fiskus. Es bleibt aber nach wie vor grundsätzlich ein Nachteil des nichtunternehmerischen Endverbrauchers, der ein Gebäude zur Privatnutzung erwirbt. Nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung gleicher Verbrauchsvorgänge ist dieser Unterschied nicht vertretbar (die Auswirkungen der Steuersatzerhöhung in Deutschland (höhere Steuerbeträge auf den Eigenverbrauch als der ursprüngliche Vorsteuerbetrag) will ich hier außer Acht lassen). Was gibt es an Lösungsvorschlägen? Vielleicht kommt ein Vorsteuer-Abzugsverbot für den nichtunternehmerisch genutzten Gegenstandsanteil - ähnlich der deutschen Praxis vor 2003, aber mit einer zum Vorsteuerabzug berechtigender Einlagemöglichkeit in das Unternehmen bzw. einer Vorsteuerberichtigung - dem Ziel der Gleichbehandlung unternehmerischer und nichtunternehmerischer Endverbraucher entgegen. Über weitere Vorschläge brauche ich mir im Rahmen des mir vorgegebenen Überblicks keine Gedanken zu machen. Schließlich drängt das Reverse-Charge-Verfahren als die Remedur in der Gesetzgeber-Pipeline. Dem Vernehmen nach (wie ich die in diesem Band vorangegangenen einschlägigen Stellungnahmen werte) hält Österreich das Verfahren für schon so weit entwickelt, dass es sich zum Versuch an lebenden Menschen bereit erklärt hat. Gleichwohl: die Erfassung des nichtunternehmerischen Endverbrauchs des Unternehmers bleibt ein Problem auch dieses Reverse-Charge-Verfahrens. Wenn alles gut geht, wird es dann vielleicht zum einzigen Problembereich der Mehrwertsteuer. Dann hatte PAUL FARMER37 die Situation weitsichtig eingeschätzt.

37 So oben zu I.

115

Stichwortverzeichnis

Abgabenerhebung 9 Abgabenordnung 26 Alkoholsteuer 69 Alpenrepublik 6 Anlaufstelle - einzige 32 Anonymität - Endverbraucher 57 Anwendungsvorrang - EU-Recht 20 Aufdeckungswahrscheinlichkeit 83, 86 f. Aufwandsteuer 69 Ausfall - Insolvenz 65 Auslegung - richtlinienkonforme 19 Bagatellgrenze - Reverse-Charge-Verfahren 47 ff. - Vorteil 49 Bagatellumsatz 65 f. Bayern - Drittlandsgrenze 10 - Umsatzsteueraspekte 9 Belastbarkeit - Vermutung 57 Belastung - eingesetzte Kaufkraft 67 Bemessungsgrundlage - Grundstücksverwendung 106 ff. Berichtigung - Vorsteuerabzug 27

Beschäftigung - wissenschaftliche 3 Besteuerungsverbot - nach Ablauf des Vorsteuerberichtigungszeitraums 108 Bestimmungsland 62 Betrieb - öffentliche Hand 66 f. Betrug-Spiel 94 f. Betrugsanfälligkeit - Umsatzsteuer 28 Betrugsbekämpfung - Umsatzsteuer 29, 93 Betrugswahrscheinlichkeit

87 Bewirtungskosten 24 Biersteuer 69 Binnenmarkt 15 - Auswirkung des ReverseCharge-Verfahrens 51 - Übergangsregelung 29 Börsenumsatzsteuer 70 Datenanalyse 82 ff. Dauerschuldverhältnis 71 Demokratieprinzip 23 Deutschland - Ratspräsidentschaft 52 ff. Dienstleistung 17 Differenzierung - nicht nach Steuerträger 57 - nur nach Leistungen 57 Disput - wissenschaftlicher 4

117

Stichwortverzeichnis

Drittlandsgrenze - Bayern 10

Existenzminimum - und Umsatzsteuer 71

Eigenverbrauch 101 ff. - Systematik der früheren deutschen Regelung 105 - Systematik des EuGH 105 - Wiederbeschaffungskosten 113 Einlage ins Unternehmen - mit Vorsteuerabzugsrecht 115 Einnahmeausfall - Umsatzsteuer 44 Einvernehmen - Steuerverfahren 71 Einzelmeldung - flankierende Kontrolle zum Reverse-Charge-Verfahren 50 Einzige Anlaufstelle 32 Endverbrauch - Ungleichbehandlung des Unternehmerischen und des privaten 114 Endverbraucher 56 - in der Anonymität des Marktes 57 - Steuerträger 63 Entlastung - Unternehmer 63 Entnahme - Grundstück aus dem Unternehmensvermögen ins Privatvermögen 108 ff. Entwicklung - Umsatzsteuer 4 Ermächtigung - Sondermaßnahme 22 EU-Kommissar 5 Europarecht - Anwendungsvorrang 20 - Reform der Umsatzsteuer 55 ff.

Fehlertypen 83, 85 ff. Festvortrag 6 Feuerschutzsteuer 68 Finanzamt - Zentralstelle 11 Finanzbehörde - Zusammenwirken mit Steuerpflichtigem 71 Finanzdienstleistung - Gemeinschaftsrecht 41 f. Freistellung - Zwischenunternehmerische Leistung 60 f. Freistellungsverfahren 61 Frühwarnsystem 96

118

Gefangenen-Dilemma 82, 89, 95 f. Gemeinnützigkeit 17 Gesellschaftsgründung 15 Gestaltung - Umsatzsteuer 1 Getränkesteuer 69 Gewährkonto 61 Gleichbehandlung - unternehmerischer und privater Endverbrauch 114 Grunderwerbsteuer 68 Grundstücksentnahme - Entnahme aus dem Unternehmensvermögen ins Privatvermögen 108 ff. - Nichtsteuerbarkeit nach Ablauf des Vorsteuerberichtigungszeitraums 114 - Restwert 114 - Schenkung an Dritte 108 ff. - Wiederbeschaffungskosten 113

Stichwortverzeichnis

Grundstücksverwendung - Bemessungsgrundlage 106 ff. - Besteuerungsverbot nach Ablauf des Vorsteuerberichtigungszeitraums 108 - Steuerpflicht 106 ff. Grundsystem 70

Körperschaftsteuer 24 Kontrolle - flankierende zum ReverseCharge-Verfahren 50 Kontroll-Spiel 90 ff. Kraftfahrzeugsteuer 69 Kronzeugenregel 81,89

Haftung - Umsatzsteuer 10 Handel - innergemeinschaftlicher 63 Harmonisierung - Umsatzsteuer 2 Heinrich der Löwe 9 Hinweisgebersystem 96 Hundesteuer 69 HypoVereinsbank - Grußwort 1 f.

Leistung - Freistellung einer zwischenunternehmerischen 60 f. - grenzüberschreitende 62 - unentgeltliche 101 ff. - Vermutung der Belastbarkeit 57 - Zwischenunternehmerische 70 Leistungsbereitschaft 16 Leistungsempfänger 18 Lieferung 17 - innergemeinschaftliche 37 f. Liquiditätsvorteil 62

Identifikationsnummer 61 f. Innergemeinschaftliche Lieferung 37 f., 46 - Besteuerung 74 - Steuerpflicht 46 Insolvenz 28 - Steuerausfall 65 Integration - besondere Verkehrsteuer 67 ff. Ist-Besteuerung 65 Jagd- und Fischereisteuer 69 Kaffeesteuer 69 Karussellbetrug 40, 45, 62, 74 - Umsatzsteuerausfall 10 Kaufkraft - Umsatzsteuer 67 Kleinunternehmer 66

Mainzer Vorschläge - Umsatzsteuer 29 Mehrwertsteuerpaket 53 Mehrwertsteuersystem 28 Mehrwerts teuersys temrich tlinie 59 Meldeverpflichtung - Reverse-Charge 76 Mineralölsteuer 69 Missbrauch 18, 73 ff. Missing trader 63, 74 Mitgliedsbeitrag 16 Mittler-Modell 30 Mittler-Widmann-Modell 60 München - Stadtgründung 9 Nash-Gleichgewicht 88, 91 f., 95

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Stichwortverzeichnis

Nichtsteuerbarkeit - nach Ablauf des Vorsteuerberichtigungszeitraums 114 Öffentliche Hand - Betrieb 66 f. - Unternehmereigenschaft 67 One-Stop-Shop 32 Option 70 Organschaft 70 Popitz 4,8 Preisabsprache 79, 99 Prisoners' Dilemma 82, 89, 95 f. Rahmen - organisatorischer 3 Ratspräsidentschaft - deutsche 52 ff. Rechnung 18 - Steuernummer 10 Rechtfertigung - Steuer 55 - Umsatzsteuer 56 Rechtsquelle - deutsche 58 f. - europäische 58 f. Rechtsstruktur - Umsatzsteuer 60 Rennwett- und Lotteriesteuer 68 Restwert - Grundstücksentnahme 114 Reverse-Charge-Verfahren 11 f., 30, 47 ff., 60, 75 ff., 95, 99, 115 - Auswirkung auf den Binnenmarkt 51 - Bagatellgrenze 47 ff. - Einführung eines allgemeinen 39 ff. - Einzelmeldung 50

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- flankierende Kontrolle 50 - Meldeverpflichtung 76 - Option für ein 48 - Pilotprojekt 76 f. - Studien 45 - Vorbehalt gegen ein 50 Richtlinienumsetzungsgesetz 27 Risikomanagement 7, 11 Sachgebietsleiter - Risikomanager 11 Schankerlaubnissteuer 69 Schenkung - Grundstücksentnahme 108 ff. Seeling-Rechtsprechung 63 Sicherheitsleistung - Steuererstattung 10 Sofortentscheidung - Vorsteuerabzug 25 Sollversteuerung 65 Sondermaßnahme - Ermächtigung 22 Sozialrecht - Zusammenwirken mit Umsatzsteuer 58 Sphärentheorie 15 Spieltheoretiker 7 Spieltheorie 81, 88 ff. Sponsoren 7 f. Stand-Still-Regelung 24 Steuer - Rechtfertigung 55 Steuerausfall - Insolvenz 65 Steuerausweis 18 Steuerbefreiung 69 ff. - echte 69 - unechte 69 Steuereinnahme 8

Stichwortverzeichnis

Steuererstattung - Sicherheitsleistung 10 Steuerexperte 3 Steuerhinterziehung 79 ff. Steuernummer - Rechnung 10 Steuerpflicht - Grundstücksverwendung 106 ff. - innergemeinschaftliche Lieferung 46 Steuerpflichtiger - Zusammenwirken mit Finanzbehörde 71 Steuersatz - ermäßigter 41, 69 ff. - nur einer 71 Steuerschuld - Verlagerung 30 Steuerträger - Endverbraucher 63 - Vermutung der Belastbarkeit 57 Steuerverfahren - auf Einvernehmen angelegtes 71 Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz 30 Steuerzugriff - drei Phasen 55 Stromsteuer 69 Tabaksteuer 69 Technizität - Vorsteuerabzug 33 Übergangsregelung - Binnenmarkt 29 Überwälzung - Umsatzsteuer 67

Umsatz - zwischenunternehmerischer 59 ff. Umsatzsteuer - Belastung eingesetzter Kaufkraft 67 - Betrugsanfälligkeit 27 - Betrugsbekämpfung 10 f., 29, 36 f., 73 ff. - Einnahmequelle 10 - Europäische Kommission 35 ff. - Existenzminimum 71 - Funktion 67 - Gestaltungskraft 1 - Haftung 10 - Harmonisierung 2 - Mainzer Varschläge 29 - Rechtfertigung 56 - Rechtsstruktur 60 - Reform 55 ff. - Steuerausfall 10 - Überwälzung 67 - Verbrauchsteuer 5 - Verkehrsteuer 5 - Weg der europäischen 35 ff. - Wettbewerbsneutralität 67 - Zusammenwirken mit Sozialrecht 58 Umsatzsteuerbetrug 43 ff. - Bekämpfung 10 f., 29, 36 f., 73 ff. - Einnahmeausfall 44 - Wettbewerbsverzerrung 44 UmsatzsteuerForum 13 ff. Umsatzsteuermissbrauch 2, 6, 10, 36 f., 73 ff. Umsatzsteuer-Nachschan 10 Umsatzsteuervoranmeldung - Massenverfahren 11

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Stichwortverzeichnis

Umsetzung - nicht rechtzeitige von Gemeinschaftsrecht 59 Ungleichbehandlung - unternehmerischer und privater Endverbrauch 114 Ungleichheit - bei nicht rechtzeitiger Umsetzung von Gemeinschaftsrecht 59 Unternehmen 20 ff. Unternehmer - Entlastung 63 f. Unternehmereigenschaft - öffentliche Hand 67 Ursprungsland 62 Veranlassung - nichtunternehmerische 64 - Unternehmerische 64 Verbrauchsteuer 69 Verfassungsrecht - Reform der Umsatzsteuer 55 ff. Vergnügungsteuer 69 Verhaltensmuster 80 Verkehrsteuer - Integration der besonderen 67 ff. Verlagerung - Steuerschuld 30 Vermutung - Belastbarkeit 57 Verpfeifen 96 ff. Versicherungsdienstleistung - Gemeinschaftsrecht 41 f. Versicherungsteuer 68 Verwendungsabsicht 26 Vorsteuerabzug 14 ff., 45 ff., 60, 103, 108 ff. - Berichtigung 27

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- Sofortentscheidung 25 - Technizität 33 - unvalutierter 45 - Verbot 24 Vorsteueraufteilung 69 Vorsteuer berichtigungszeitraum 108 ff. - Besteuerungsverbot nach Ablauf 108 Vorsteuerbetrug 62 - Nichtsteuerbarkeit nach Ablauf des Zeitraums 114 Vorsteuerkorrektur 69 Vorstufenbefreiung 30, 62 Wettbewerbsneu tr ali tä t - Umsatzsteuer 67 Wettbewerbsverzerrung - Umsatzsteuerbetrug 44 Whistle-Blowing 96 ff. Wiederbeschaffungskosten - Eigenverbrauch 113 - Grundstücksentnahme 113 Wirtschaftsidentifikationsnummer 62 Wohnungswechsel 25 Zahllast - fraktionierte 31 Zentralteam - Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung 11 Zuordnung 20 Zuordnungslehre 19 Zusammenwirken - Finanzbehörde und Steuerpflichtiger 71 - Umsatzsteuer und Sozialrecht 58 Zweitwohnungsteuer 69

"Schriften zum Umsatzsteuerrecht" Umsatzsteuerkongreß-Bericht 1982/83 Referate und Diskussionsprotokolle der Regensburger Hochschultage für das Umsatzsteuerrecht in der Praxis vom 11./12.10.1982. Hrsg. von Richter am FG W. Christian Lohse und Richter am FG Dr. Werner Schö/1. 292 Seiten DIN A5, 1983, gbd. 29,80 €; für Mitglieder 24,80 €. Band 1 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62201-5 Umsatzsteuerkongreß-Bericht 1985 Referate und Diskussionsprotokolle der Göttinger Hochschultage für das Umsatzsteuerrecht in der Praxis vom 10. und 11.6.1985. Hrsg. vori Prof. Dr. Jürgen Costede. 258 Seiten DIN A5, 1985, gbd. 39,80 €; für Mitglieder 34,80 €. Band 2 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62202-2 Umsatzsteuerkongreß-Bericht 1988/89 Wahlrechte und Gestaltungsmöglichkeiten im Umsatzsteuerrecht Referate und Diskussionsprotokolle der Regensburger Hochschultage für das Umsatzsteuerrecht in der Praxis vom 13. und 14.10.1988. Hrsg. von Prof. Dr. Hermann Soe/1. 272 Seiten DIN A5, 1989, gbd. 44,80 €; für Mitglieder 39,80 €. Band 3 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62203-9 Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Gesellschafterbeiträgen bei Personengesellschaften Von Dr. Gernot Blanke. 194 Seiten DIN A5, 1991, brosch. 34,80 €; für Mitglieder 29,80 €. Band 4 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62204-6 Die Umsatzsteuer-Harmonisierung in der Europäischen Gemeinschaft Entwicklung und Zukunft unter besonderer Berücksichtigung der freien Berufe. Von RA Dr. Stefan Menner. 231 Seiten DIN A5, 1992, brosch. 38,- €; für Mitglieder 34,80 €. Band 5 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62205-3 Umsatzsteuerkongreß-Bericht 1991/92 Referate und Diskussionsprotokolle der Trierer Hochschultage für das Umsatzsteuerrecht in der Praxis vom 10. und 11.10.1991. Hrsg. von Dr. Gerhard Mößlang. 232 Seiten DIN A5, 1992, gbd. 47,80 €; für Mitglieder 44,80 €. . Band 6 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62206-0 Wettbewerbsneutralität der harmonisierten Umsatzsteuer Theoretischer Anspruch und praktische Umsetzung. Von Dipi.-Ök. Dr. Carsten Theile. 374 Seiten DIN A5, 1995, brosch. 47,80 €; für Mitglieder 44,80 €. Band 7 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62207-7 Umsatzsteuer-Kongreß-Bericht 1995/96 Umsatzsteuer-Binnenmarkt • Österreichisches Umsatzsteuerrecht • Innergemeinschaftliches Kontrollverfahren und Einzelauskunftsersuchen. Referate und Diskussionsbericht der Regensburger Hochschultage für das Umsatzsteuerrecht in der Praxis am 12. und 13.10.1995. Hrsg. von Dr. Gerhard Mößlang. 238 Seiten DIN A5, 1996, brosch. 47,80 €; für Mitglieder 44,80 €. Band 8 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62208-4 Öffentliche Hand im System der Umsatzsteuer Von Dipi.-Wirtschaftsing. Dr. Bernhard Weich. 344 Seiten DIN A5, 1996, brosch. 47,80 €; Mitglieder 44,80 €. ISBN 978-3-504-62209-1 Band 9 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" Umsatzsteuer bei Erbfall und vorweggenommener Erbfolge Von Dipi.-Kfm. Dr. Oliver Mensching. 372 Seiten DIN A5, 1997, brosch. 49,80 €; für Mitglieder 44,80 €. Band 10 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62210-7 Umsatzsteuer-Kongreß-Bericht 1997/98 Referate und Diskussionsbericht der Darmstädter Hochschultage für das Umsatzsteuerrecht in der Praxis am 9. und 10.10.1997. Hrsg. von Prof. Dr. Dieter Dziadkowski und Prof. Dr. Wolfram Reiß. 262 Seiten DIN A5, 1998, brosch. 62,80 €; für Mitglieder 49,80 €. Band 11 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62211-4

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"Schriften zum Umsatzsteuerrecht" Zuschüsse und Subventionen im Umsatzsteuerrecht Von Dr. Jürgen Streng. 330 Seiten DIN A5, 1999, brosch. 49,80 €; für Mitglieder 44,80 €. Band 12 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62212-1 Die Zuordnung im Mehrwertsteuerrecht Von Dr. W. Christian Lohse. 426 Seiten DIN A5, 1999, brosch. 49,80 €; für Mitglieder 44,80 €. Band 13 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62213-8 Umsatzsteuer-Kongreß-Bericht 1999/2000 Referate und Diskussionsbericht der Nürnberger Hochschultage für das Umsatzsteuerrecht in der Praxis am 14. und 15.1 0. 1999. Hrsg. von Prof. Dr. Hans Nieskens und Prof. Dr. Wolfram Scheffler. 254 Seiten DIN A5, 2000, brosch. 62,80 €; für Mitglieder 49,80 €. Band 14 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62214-5 Besteuerung innergemeinschaftlicher Reihengeschäfte Von Dr. Christoph Wäger. 228 Seiten DIN A5, 2001, brosch. 49,80 €; für Mitglieder 44,80 €. Band 15 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62215-2 Umsatzsteuer-Kongress-Bericht 2001/2002 Referate der Osnabrücker Hochschultage für das Umsatzsteuerrecht in der Praxis am 11. und 12.10.2001. Hrsg. von Prof. Dr. Hans Nieskens. 218 Seiten DIN A5, 2002, brosch. 47,80 €. Band 16 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62216-9 Leistung und Entgelt im Europäischen Umsatzsteuerrecht Von Dr. Lars Dobratz. 266 Seiten DIN A5, 2005, brosch. 49,80 €. Band 17 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht"

Umsatzsteuerliche Behandlung des sog. E-Commerce 266 Seiten DIN A5, 2005, brosch. 49,80 €. Band 18 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht"

ISBN 978-3-504-62217-6 Von Dr. Lars Henschel. ISBN 978-3-504-62218-3

Umlagen und Verrechnungspreise für konzerninterne Dienstleistungen in der Umsatzsteuer Von Dr. Joachim Eggers. 322 Seiten DIN A5, 2005, brosch. 59,80 €. Band 19 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62219-0 "Steuerpflichtiger" und Unternehmerbegriff im Umsatzsteuerrecht Die Vorgaben der 6 EG-Richtlinie und das deutsche Recht. Von RA Dr. Marcus M. 8/ankenheim. 424 Seiten DIN A5, 2005, brosch. 74,80 €. Band 20 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62220-6 Verbrauchsteuerkonforme Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen Plädoyer für die Abschaffung unechter Steuerbefreiungen. Von Dipi.-Kff. Dr. Heidi FriedrichVache. 342 Seiten DIN A5, 2005, brosch. 69,80 €. Band 21 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62221-3 Umsatzsteuer-Kongress-Bericht Zukunft der Umsatzsteuer - Grundstücke und Grundstücksgeschäfte - Gesellschafter- und Gesellschaftsleistungen. Bamberger Hochschultage für das Umsatzsteuerrecht in der Praxis am 7. und 8.1 0.2004. Hrsg. von Prof. Dr. Hans Nieskens. 156 Seiten DIN A5, 2007, brosch. 44,80 €. ISBN 978-3-504-62222-0 Band 22 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" Outsourcing im Finanzdienstleistungsund Versicherungssektor Umsatzsteuerliche Beurteilung. Von Dipi.-Kfm. Dr. Martin Schiller. 290 Seiten DIN A5, 2006, brosch. 69,80 €. Band 23 der "Schriften zum Umsatzsteuerrecht" ISBN 978-3-504-62223-7

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