Der Mythos vom wiederkehrenden König im Alten Testament [2., durchges. Aufl. Reprint 2019] 9783111387949, 9783111026633

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Der Mythos vom wiederkehrenden König im Alten Testament [2., durchges. Aufl. Reprint 2019]
 9783111387949, 9783111026633

Table of contents :
Vorwort
Der Mythos vom wiederkehrenden König im Alten Testament

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Rus

der

Welt

der

Religion

Forschungen und Berichte, unter Mitwirkung von Heinrich Frick und Rudolf Otto herausgegeben von Erich Fascher und Gustav Mensching

Religionswissenschaft»^ Reihe herausgegeben von Professor Lic. Gustav Mensching in Riga.

1. G. Mensching, Vie Bedeutung des Leidens im Buddhismus und Christentum, 2. verbesserte Rufl. 1930. M. 1,— 2. Fr. Niebergall, Moderne Cvangelisation. 1924. M. 0,50 3. R. Otto u. G. Mensching, Chorgebete für Rirche, Schule und Hausandacht, 2. Rufl. (3. und 4. Tausend). 1928. Kart. M. 1,50 4. R. Otto, Zur Erneuerung und Rusgestaltung des Gottesdienstes. 1925. M. 1,50 5. L. Heitmann, vom werden der neuen Gemeinde. 1925. M. 0,50 6. Th. Odenwald, Nietzsche und das Christentum. 1926. M. 0,50 7. w. Bruhn, vom Gott im Menschen. Ein weg in metaphysisches Neuland. 1926. M. 1,20 8. w. Rn evels, Das Religiöse in der neuesten lyrischen Dichtung. 1927. M. 2,40; geb. M. 3,50 9. O. Pfister, Religionswissenschaft und psychanalyse. 1927. M. 0,60 10. E. Schubert-Christaller, Der Gottesdienst der Synagoge. Sein Rufbau und sein Sinn. 1927. M. 2,— ; geb. M. 3,— M. 0,70 11. h. Frick, Mission oder Propaganda? 1927. 12. G. Mensching, Vas Christentum im Rreise der Weltreligionen. 1928. M. 0,50 13. I. Witte, Vie evangelische Weltmission. Ihre Ziele, Wege und Erfolge. 1928. M. 1,— 14. w. Maurer, Vas Verhältnis des Staates zur Rirche nach humanistischer Rnschauung, vornehmlich bei Erasmus. 1930. M. 1,— 15. Th. Siegfried, Luther und Rant. Cin geistesgeschichtlicher vergleich im Rnschlutz an den Gewissensbegriff. 1930. M. 3,60 16. w. Röhler, Wesen und Recht der Sekte im religiösen Leben Deutsch­ lands. 1930. M. 1,60 17. Fr. Bär, „weniger predigt". 1930. M. 1,60 M. 1,20 18. h. Hoffmann, Reformation und Gewissensfreiheit. 1932. 19. R. Fr. Merkel, Christentum und Sexualethik. 1932 M. 1,60 20. R. Otto, Gottheit und Gottheiten der Rrier. 1932. M.4,50 geb.M.6,50

Fortsetzung der Anzeige auf der 3. Umschlagseite

Der Mythos vom wiederkehrenden König im Alten Testament

Hans Schmidt

Zweite, durchgesehene Auflage

1933

Verlag von Alfred Töpelmann in Gießen

Aus der Welt der Religion Forschungen und Berichte, unter Mitwirkung von Heinrich Frick und Rudolf Otto

herausgegeben von

Erich Fascher und Gustav Mensching Biblische Reihe, heft 10

Printeb in Germany

von lNünchowsche Universitäts-Druckerei (Dito Kin bt ®. m. b. I)., Dietzen

Vorwort Die vorliegende Abhandlung ist ursprünglich als „akademische Festrede zur Feier des Tages der Reichsgründung" am 17. Januar 1925 in der Aula der Universität Gießen vorgetragen worden und

damals als tjeft 1 des Jahrgangs 1925 der „Schriften der hessischen Hochschulen" erschienen. Nachdem sie in erster Ruflage vergriffen und

ein Neudruck nötig geworden ist, besteht kein Anlaß, den Charakter der Gelegenheitsrede aufrechtzuerhalten. Den dadurch ersparten Raum

habe ich zu Nachträgen und Erweiterungen, von denen ich hoffe,

daß sie Verbesserungen sind, verwandt. Herr cand. theol. Herbert Lehmann aus Wittenberg hat mir bei der Korrektur geholfen.

Halle, den 18. Mai 1933.

Hans Schmidt.

Der Kyffhäuser ist nicht der einzige Grt, Friedrich Barbarossa nicht der einzige und nicht der erste Herrscher, von denen der Mythos von der „Wiederkehr" des Weltenkaisers erzählt wird. Ein Mönch, der im Jahre 1257 in Sizilien betend am Meeres­ ufer stand, will gesehen haben, wie der kurz zuvor gestorbene Kaiser Friedrich II. mit einem glänzenden Heere von 5000 Rittern in den Berg Ätna hineinreitet **). Otto III. fand nach der Sage den großen Karl, als er seine Gruft öffnen ließ, lebend auf seinem Thron sitzen2). Und nach einer alten Chronik haben auch die Kreuz­ fahrer gemeint, daß der „König Karl uppgestanden were unde mit in vore unde fe geleidete". von Kaiser Nero sagt Sueton: „Es fehlte nicht an solchen, die lange Zeit hindurch sein Grab mit Frühlingsblumen und Sommerblumen schmückten und auf der Redner­ tribüne bald seine Bildnisse in der praetexta, bald seine Edikte her­ vorholten, gleich als ob er noch lebe und in kurzem wiederkehrest werde"2). Es ist bekannt, daß auch in derApokalypse des Johannes (also von einer dem Andenken des Nero feindlichen Seite) dieser Glaube an die Wiederkehr des nie wahrhaft gestorbenen Kaisers bezeugt wird. HIs Napoleon in Ägypten landete, raunten die arabi­ schen Beduinen einander zu, dieser Mann sei Jskander, Alexander der Große, der also auch damals noch immer als der lebendige galt, dessen Wiederkehr man erwartete. Auch auf dem Boden des Alten Testaments hat dieser Mythos vom wiederkeh­ renden König gelebt, will man ihn hier im rechten Zusammen­ hang sehen, so ist es nötig, die Vorstellung vom König der Endzeit überhaupt, zumal in ihrer ältesten Ausprägung, zu überdenken. Das erste und älteste Stück, in dem diese Vorstellung begegnet, ist der sogenannte Segen des Jak ob im 49. Kapitel der Genesis. 3n diesem Gedicht werden in einzelnen Sprüchen voll dichterischer Kraft, die dem Urvater in den Mund gelegt werden, Wesen und Schicksal der einzelnen israelitischen Stämme beschrieben. Natürlich sind das vaticinia ex eventu. Die Geschichte, die zur Zeit der Gegen­ wart des Dichters abgelaufen ist, der Zustand, in dem er den ein­ zelnen Stamm vor Augen steht, werden betrachtet als durch ein *) Monumenta Germaniae I. S. XVIII p. 568. a) Deutsche Chroniken II (1877) S. 167. •) Dasselbe S. 180. •) Suet.Itero 57; vgl. Geffken, „Studien zur älteren Nerosage", Göttinger Gelehrte Nachrichten 1899, S. 441 —462. vgl. Äpok. Joh. 17,8.

Segensurort des Urvaters gewirkt. Das Gedicht gipfelt in dem Spruch über den alten, kriegerischen Stamm Juda. Dieser Spruch ((Ben. 49, 8—12) heißt so: „Juda, o du — dich rühmen deine Brflber; Deine Zaust liegt aus dem Nacken -einer Zeinde. (Es werfen sich nieder vor dir die Söhne deines Vaters! Lin Löwenjunges war Zudar vom Rauken, mein Sohn, wurdest du groß! 9 Nun hat er sich hingelegt, ausgestreckt wie ein Löwe, wie eine Löwin, wer mag ihn wecken? Nicht weicht das Zepter von Inda, Nicht der Herrscherstav zwischen seinen Zützen."

Bis hierher preisen die Verse Juda als den Königsftamm. Man erkennt deutlich die historische Situation, in der sie geschrieben sind. Noch nicht lange hat der Stamm Juda das Übergewicht über seine Brüder. Noch liegt, um das gebrauchte Bild auszumalen, das zer­ rissene Tier, das die Pranken des Löwen geschlagen haben, blutend am Boden. (Eben erst — ohne Bild gesprochen — sind die Kämpfe vorüber, die zu seinem Aufstieg geführt haben. Nun liegt er da, ausgestreckt wie ein ruhender Löwe und ohne Furcht. Wie der König, der, den hohen Herrscherstab aufrecht zwischen seinen Füßen, auf dem Thron sitzt, so thront der Stamm Suda unter seinen Bruderstämmen. Deren Huldigungen schallen zu ihm empor. (Es ist die gegenwärtig mit Recht fast allgemeine Meinung, daß es die Seit nach dem Auf­ stieg Davids, die Seit der Anfänge seines Königtums ist, die hier geschildert roerben2).* * * * * Aber nun hat der Spruch noch eine Fortsetzung. Da wird über die Herrschaft Judas hinausgeblickt. Gewiß, sie wird lange währen. (Einst aber gibt auch sie einem Größeren Raum. Die Verse fahren fort: „Bis -ah — ich brauche zunächst das hebräische Wort das hier steht - „silöh"8) Kommt. *) Wörtlich: „Bist du emporgestiegen". Das wort muß hier, da es die Verwandlung des Löwenjungen in einen alten Löwen ausdrückt im Sinne von „du bist aufgewachsen" verstanden werden, vgl. hes. 19, 3. 2) vgl.: Kautzsch „Die heilige Schrift des A.T.s" (1909/10); Gunkel „Genesis". *. S. 477; procksch „Die Genesis" S. 269; Greßmann „Escha­ tologie" S. 286, „Der Messias" S. 221 f.; Lornill Zeitschrift für die altt. wiss. 1914,108. Dagegen Eduard König „Die Genesis" S. 754ff. ’) Die Überlieferung schwankt zwischen ri5*^

und i"'-. Die

beiden erstgenannten Lesarten sind gut bezeugt, vgl. zuletzt Sellin „Die Schiloh-Weissagung" S. 12, der sich für die erste und König „Die messia­ nischen Weissagungen des A.T.s" 1 S. 98, der sich für die 2. Lesart entscheidet.

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Dem gehört der Gehorsam der Völker. Er bindet an -en Weinstock seinen Esel, Sn die Ldelrebe seiner Eselin Sohn, Lr wascht in wein sein Gewand, Seinen Mantel im Blute der Trauben. Seine Rügen funkeln 9 von wein, Und weitz sind seine Zähne von Milch." wenn bis zu diesen Versen die einzelnen Sprüche in der Form der Weissagung erzählt haben, was für den Dichter bereits erlebte Geschichte war, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß das ein Ziel setzende „bis daß", mit dem diese Verse beginnen, über die Gegenwart des Dichters hinausweist. Der von ihm erlebten Größe Judas setzt er ein Ende, aber freilich ein fernes und freilich ein herrliches*2).3 *wenn *** der König dieser, auch Judas Macht ablosenden Endzeit kommt, dann handelt es sich nicht mehr darum, über die 12 Stämme des Volkes zu gebieten. Nein, dann werden die Völ­ ker gehorsam sein. Ein „Weltenkaiser", so wird er regieren. Und wenn das Regiment Judas ein Regiment ist, aus blutigen Siegen er­ wachsen, gesichert wie die Ruhe des schlafenden Löwen durch die

*) vgl. Greßmann „Eschatologie" S. 288, flnm. 1, gegen dornill, „Zur Einleitung in das S. T." 1912, S. 4. Such prov 23, 29 meint nicht den „glasigen, verkaterten Blick -essen, -er . . . im Thran liegt* (Lornill), sondern die „fiebrigen Rügen" des vom wein Erregten. 3) Gunkel (Genesis • S. 481 und ähnlich holzinger bei Kautzsch 8, sowie König „Die messianischen Weissagungen -es S. T.s" 2 S. 99) urteilt freilich: „cad — ki, gemeint ist nicht, daß Judas Herrschaft mit dem Messias aufhort, sondern dann erst recht befestigt ist", aber die von ihm zum Beweis der Möglichkeit einer solchen Deutung zitierte Stelle ps. 112, 8, leistet nicht, was sie soll: ps. 112, 8 heißt: „Fest ist sein herz, nicht fürchtet er sich, bis er seine Lust sieht an seinen Feinden". Such hier ist das „bis" zeitlich ausschließend, zielsetzend, wenn die Feinde am Boden liegen, so kann und wird sich das herz entspannen. Daß es „fest" ist und „keine Furcht hat" kommt in Be­ tracht, so lange die Feinde drohen. Liegen sie am Boden, so ist das Ziel dieser inneren Haltung erreicht. Sie ist dann kein Erfordernis mehr. Greßmann in seinem Messias (S. 222, Snm. 5) verweist auf ps. HO: „Setze dich zu meiner Rechten, bis daß ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache". „Das heißt doch nicht" - sagt Greßmann - „bis zu dem Tage soll er sitzen bleiben und danach stehen, sondern fast soviel wie,damit'". Sber auch hier setzt das Wort eine ausschließende zeitliche Grenze: Daß Jahwe dem König zur Seite ist, das ist wesentlich und nötig vor allem und eigent­ lich nur, bis die Feinde dahin sind. Danach mag der König den Thronsitz der Gottheit, auf dem er zur Sicherung seiner Herrschaft Platz nehmen soll, verlassen. — Bezeichnet aber das „bis daß" eine ausschließende Grenze, so ist damit zugleich gegeben, daß die Konjektur moselö „sein Herrscher", die z. B. Greßmann (zuletzt: „Der Messias" $. 221, Snm. 2) und Gunkel (zuletzt R.G.G. 2 f. o. schilöh) wie eine gesicherte Lesart behandeln, kaum richtig ist. Cs kann nicht gemeint sein: Juda hat die Herrschaft solange, bis sein eigener Herrscher kommt, von dem cad — ki aus ist mir zweifel­ haft, ob in dem siloh ein Suffix der 3. Person steckt.

Gewalt seiner wehr, unter jenes Herrschers Zepter wird es anders sein. Da lacht heiterer Friede! Zugleich waltet ein wunderbares, ein märchenhaftes Glück: Er bindet den Esel — es ist ein Zeichen des Alters dieser Weissagung, daß ihr das Pferd noch unbekannt ist1)2 — wenn er absteigt, an den 5tock einer edlen Rebe; denn wo jetzt Dornsträucher stehen, da wachsen dann Weinstocke, wein gibt es dann überhaupt wie Wasser im Land. Man kann sein Gewand darin waschen. Vie Augen dieses Königs funkeln vom wein. Seine Zähne sind weih von Milcht).

Man sieht, dieser König ist keine irdische Gestalt, wie Dionysos, der als kleines Kind aus Ackerschollen und Felsen, wie aus Brüsten, Milch zu saugen wußte, und unter dessen Schritten, als er erwachsen war, der Boden troff von wein und Milch und dem Nektar der Bienen3); so verändert sich auch unter diesem König der Lndzeit die Natur. (Es ist ein Leben im Schlaraffenland, es ist ein goldenes Zeitalter, das mit seiner Geburt der befriedeten Welt gegeben wird. Kein Zweifel: er ist nicht eine historische, sondeM eine naturmythologische Gestalt. Umstritten ist noch heute, wie die seltsame Bezeichnung dieses Königs, das IDort „siloh" zu verstehen ist. In der altjüdischen Über­ lieferung, aber auch durch das ganze Mittelalter; ja, bis ins 18. Jahrh, hinein findet sich für dieses Wort die Deutung: „der Neu­ geborene", „der Jüngstgeborene", wenn diese Auffassung, die dem Wortstamm nach nicht unmöglich ist4), richtig sein sollte, dann wäre T) „Erst seit der Zeit Salomos wurden Pferde in größerem Maße ein­ geführt .... In der älteren und bis in die königliche Zeit hinein war der Esel das Reittier (nicht nur des gemeinen Mannes sondern auch) der Fürsten (Zudic. 10, 4; 12,14; II. Sam. 19, 27)". Greßmann, „Eschatologie" S. 287. $ür den Wandel des Urteils über das Reittier ist es bezeichnend, daß der Messias im Heliand auf einem Pferde reitet. 2) Mein Kollege Hans Bauer macht mich darauf aufmerksam, daß in den jüngst gefundenen Texten von Ras-samra die Worte begegnen: Gedicht B Syria 13; IV 7: cdb gpn °tnt [k] und B IV 12: cdb gpn °tnth, die Worte: „machen" (cdb) „Weinstock" und „deine (seine) Eselin". (Es scheint, als ob hier eine ähnliche Erwartung wie in unserem Text bezeugt wäre. 8) Dgl. h. Usener: Milch und Honig, im Rheinischen Museum für Philo­ logie. R. F. Bd. 57, S. 177: „Schon bei der Geburt des Dionysos hebt Philostratus es hervor, daß die Erde selbst sich an seinem Schwärmen beteiligen werde, indem sie ihm gewähre, wein aus Wasserquellen zu schöpfen und Milch wie aus Brüsten bald aus einer Ackerscholle, bald aus einem Felsen zu ziehen". Ähnlich ist es, wenn von Muhammed erzählt wird: „Der ihn stillenden Frau bewirkte er reichen Segen, so daß sie zum eigenen Kind und Muhammed noch ein drittes hätte stillen können. Aber auch die Euter der Kamelin strotzten von Milch". (Zitiert nach Wilhelm Weber, der Prophet und sein Gott, Leipzig 1925, S. 112). 4) Soviel scheint mir sicher: das „welö“ setzt voraus, daß vorher eine Person als Subjekt des „jabö0“ genannt sein muß (vgl. Sellin, Schiloh-

8 die Hebe von einem Kinbe auf bem Endzeitsthron, einem Gottes­ kinde, dessen wohl absichtlich in das Dunkel eines unausgesprochenen Geheimnisses gehüllte Geburt den Umschwung aus der ehernen Seit in die goldene bedeutet, und das — aber erst, nachdem es zum min­ desten bis zum Knabenalter herangewachsen ist, denn es tritt ja beritten vor unsre Augen — den Frieden, das üppige Fruchttragen und den Schlaraffenlandssegen der Endzeit heraufführt.

In diesem Zuge der alttestamentlichen Eschatologie — ihrem Durchzogensein von der Vorstellung wunderbarer Fruchtbarkeit, be­ sonders reichen Segens an wein und Milch — zeigt sich m. E., daß diese Eschatologie zu Hause ist aus dem Gebiete der vorderasiatischen Vegetationsreligionen, wie die des kanaanäischen Baal eine war. Israel hat diese Eschatologie vorgefunden, als es in das Gebiet der Kanaanäer einbrach. In Has-öamra sind jetzt die Sätze gefunden:

„Der Himmel regnete ®I, Die Sache flössen vor Honigs Und ich erkannte, datz (wieder) lebendig sei Saal Datz (wieder) da Zhl, der Herr der Erde." hier ist bezeugt, datz die Vorstellung vom üppigen Segen der Natur mit dem Glauben an das Wieder-Lrscheinen eines hier in Weissagung S. 5). Damit fällt die herdersche Auffassung („bis er nach Silo kommt") aber auch Königs („bis Beruhigung kommt") hin. Die Auffassung: sällöh — agär 16 „bis daß der kommt, dem es (das Zepter) gehört", oder „der ihm (wem?) gehört", ist trotz ihrer starken Bezeugung (durch mas. Hand­ schriften, Sam. LXX, Pesch. Targ. Dnk. und Targ. Ion., sowie durch die Analogie der Stelle hes. 21, 32) nicht befriedigend, da dem Relativsatz das Subjekt oder das Wort, auf das sich das Fürwort „ihm" bezieht, fehlen. Die Konjekturen, die durch Änderung von vokalen oder Konsonanten helfen wollen, sind zu zahlreich und zu willkürlich, um zu überzeugen. Die altjüdische Deutung ist sprachlich möglich. Mag man nun denken an das hiphil von saläh 2 Heg. 4, 28, das gewöhnlich (auch von den alten Über­ setzungen) mit Rücksicht auf cal — tekazzeb in v. 16 mit „täuschen" „vor­ spiegeln" wiedergegeben wird, das aber im Zusammenhang wohl heißen konnte „laß mich nicht gebären"; oder besser an salal „herausziehen" (Ruth 2, 16). Jedenfalls zeigt das Wort siljäh „Nachgeburt" (Deut 28, 57) und das im Talmud für das ausgetragene neun Monate alte Tmbryon ge­ brauchte selil (dem das arabische salil und vielleicht das von Zimmern mit „neugeboren" übersetzte babylonische sallu entsprechen), daß ein von der Wurzel sll herkommendes Sudstantivum mit der Bedeutung „der Neuge­ borene" wohl vorstellbar, wenn auch im A. T. nicht nachweisbar ist. (vgl. Sellin „Die Schiloh-Weissagung" S. 19 ff., dem ich nur in seiner Betonung des Suffixes n nicht beizustimmen vermag). Daß ein sonst ungebräuchlicher, seltener Ausdruck für das Weltenkönigskind gebraucht wird, ist nicht ver­ wunderlich, es entspricht allen andern Stellen im A.T. und außer ihm, an denen von dem Messias weissagend gesprochen wird.

die Unterwelt (in den Tod) entrückten syrischen Vegetationsgottes, zusammengehört *). (Es ist nichts anderes als ein Zortleben solcher syrisch-kanaanäischen Vegetationsmythologie auf israelitischem Boden, wenn etwa Jes. 35, 1—7 an die Epiphanie des Gottes das Aufsprietzen paradiesischer Vegetation und der Paradiesesfriede in der Natur, auch unter den Tieren, geknüpft erscheint. Auch die Erwartung eines Endzeits­ königs, im Grunde nur eine Variante zu der Erwartung der Epiphanie des Gottes der Natur, ist nicht urisraelitisch. Das ergibt sich schon aus dem ältesten israelitischen Urteil über König und Königtum, wie es etwa in der Iothamfabel (Iud. 9, 8 ff.) lebt. Aus solcher Denkweise kommt keine Königserwartung.

Den Versen aus den Jakobsegen stelle ich zur Seite eine An­ zahl (im Ganzen fünf) Sprüche, die nach meiner Überzeugung alle ziemlich gleichzeitig, nämlich aus dem 8. Jahrh., also zwei Jahr­ hunderte jünger als das soeben besprochene Gedicht sind. Da ist zuerst ein altes Wort, wohl aus der Zeder eines Zeit­ genossen des Propheten Jesaia, des Sacharja bän Berechja. (Sach. 9, 8 b—10)2). *) Gedicht st. Syra 12; III 6-9: smm smn tmtrn wsdc khy 9Iayn Bel nhlm tlk(u)n htm kss Zhl Bel ^rs vgl. S. 7 Hunt 2. Auch diesen Hinweis verdanke ich Hans Bauer. 2) Daß Sacharin 9—11; 13, 7—9 vorexilisch sind, ist mir trotz aller begründeten Einwände gewiß. In 9, 13:

„Denn ich spanne mir Juda als Vogen Und fülle ihn mit Ephraim. Ich ziehe deine Söhne, Zion (wie ein Schwert aus der Scheide); Ich mache dich zum Schwert eines Recken." fällt das der vorletzten Zeile angehängte „wider deine Söhne Javan" so auffallend aus dem Metrum, daß es als Zusatz angesehen werden muß; zumal ja (wenn man diese Wörter stehen ließe) das Suffix von samtikh auf Javan gehen würde. Die beiden Verse 9,11 und 12 sind in sehr schlechtem Zustand überliefert (Jix am Anfang ist ohne Beziehung, die Suffixe des Singulars wechseln sinnlos mit denen des Plurals). Die Abweichung der Septuaginta zeigt lediglich, daß auch sie sich nur durch Raten zu helfen wußten, so daß man auf unsicherm Grunde baut, wenn man sich auf diese Verse und ihre vermeintliche Aussage über ein schon bestehendes Exil auch der Judäer verläßt. 3n 10, 6 ist nicht, wie die meisten tun, haseböthim, sondern höSabtim zu lesen, denn das Erstere, worin eine Anspielung auf das Exil gegeben wäre, würde schwerlich in einer Zeit, deren Gedanken das Exil erfüllen, verlesen und entstellt worden sein: „Ich mache stark das Haus Juda, Ich helfe dem Hause Joseph! Ich lasse sie wohnen (ergänze) in Sicherheit; denn ich habe mich ihrer erbarmt". So verstanden, weist auch dieser Satz in vorexilische Zeit. Und vollends, daß in 9, 7 der Priesterkodex

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X nun habe ich es mit meinen Äugen gesehen^) Juble taut, Sion, du Maid! Jauchze, du Mädchen Jerusalem! _ _ _ _ _ _ Zieh dort: frein2) König kommt zu dir: vorausgesetzt sei, leuchtet mir nicht ein. Wenn Jahwe sich über philistäa -als gebietender Herr erweist, so wird sich das auch in vorexilischer Seit niemand anders haben denken können, als daß ein gründlicher Wandel in den religiösen Gebräuchen der Philister, und zwar natürlich auch in solchen, die die Speisen betreffen, vor sich geht. Der Abscheu vor Blutgenuß und mancherlei „greulicher" Nahrung sonst, ist doch sicher älter als die levitischen Gebote darüber in p. L. Demgegenüber sind die positiven Anzeichen vorexilischer Herkunft ge­ wichtig. Daß das Nordreich neben dem Südreich besteht, daß auch -das Königtum besteht und 13, 7ff. ihm und dem Lande die Katastrophe erst angedroht wird, daß Ägypten und Assur als die Feinde Israels genannt werden und daß die gefangenen Söhne Israels nach Gilead Zurückkehren sollen — alles dar paßt in die 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts. Vas Amos 1 und 2 ähnliche Gedicht 9, 1 —8a, in dem ganz Syrien als Jahwe gehörig und als dem allein im Gericht übrig bleibenden Jerusalem untertan angesehen wird, nennt nur Völker, die im Ausgang des 8. Jahrhunderts im Horizont der Judäer lagen, und setzt z. V. Da­ maskus als noch bestehend voraus. Gaza hat noch einen König. Nach 9, 10 gibt es noch Kriegswagen in Ephraim. Die Ablehnung der Teraphim und Wahrsager entspricht durchaus dem Geist der Zeit (vgl. etwa Jes. 2, 6 ff.). Die Frage, wieweit dieses vorexilische Prophetenblatt eine Überarbeitung -erfahren hat, bedarf besonderer und ausführlicher Erörterung. Da nun Sacharja 1,1 neben dem durch Esra 5, 1 bezeugten Sacharja bän Iddo einen Sacharja bän Verechja nennt, liegt es nahe, einen dieser beiden Namen — dann aber sicher den zweiten — auf das dem protofacharja angehängte Buch (9 ff.) zu beziehen. Tut man das, so kann man an der Vermutung gar nicht vorüber, daß dieser Sacharja bän Verechja mit dem Jes. 8, 2 erwähnten Propheten Sacharja bän Jeberechja, in dessen Seit seine Worte so ausgezeichnet passen, identisch ist. Bekanntlich ist diese Vermutung sehr alt (zuerst bei Verthold 1814). x) Das erste Gedicht veuterosacharjas reicht von 9,1—8a. Das die Nachbarn Israels treffende Gericht Jahwes endet mit der Versicherung:

„vor mein Haus aber lagere ich mich als wache. Kein Bedränger soll mehr über sie kommen!" (Es ist zu lesen massabäh und dahinter zu streichen mecober u missab „vor einem vorüberziehenden und einem zurückkehrenden". Diese beiden Worte sind als ein erklärender Zusatz des zu missabäh „vor einem Heere" verlesenen massabäh anzusehen). Der zweite halbvers eröffnet ein neues Gedicht das dem vorhergehenden gegenüber selbständig, ihm zum mindesten nur locker angeschlossen ist. (Es wird durch den Einführungssatz 8b als eine Vision gekennzeichnet. a) hier hat das Suffix, obwohl auch hier der König von außen (also als ein Fremder) in die Stadt einzieht, nicht das Bedenken, das wir oben (S. 6, Anm. 2) gegen die Erklärung des siloh als eines suffigierten Wortes erhoben. Dort wird die Zeit vor dem Messias seiner Herrschaft durch das -cad — ki gegenübergestellt, hier wird er als der Ersehnte, der der Stadt Bestimmte, der ihr insofern Gehörige empfangen, vielleicht aber auch als der, der einst, früher schon einmal „dein König" war. So verstanden würde bieses Wort aus den Wiederkehrenden weisen.

(Eilt Gerechter, -er -em Llenöen Hilsts. Er reitet aus einem Esel, Leitet Ms einem 8Alen, -er (Eselin Sohn, ver schasst fort 0 die Kriegslagen aus Ephraim Und die Losse aus Jerusalem. Zerschlagen werden die Vogen der Kampfes, Und Glück verkündet er den Völkern. Und seim Herrschaft reicht vom Meer MM Meer, vom Strom bis an die Enden -er Erde." Wieder hören wir, daß der Endzeitskönig, der in Jerusalem seinen Thron haben soll, von irgendwoher — o68sic pvtoaxst, to&sv (Joh. 7,27) — gezogen kommt, wieder, daß seine Herrschaft die Herrschaft eines Weltenkaisers ist. vom Meer zum Meer, „vom Euphratstrom bis an die Enden der Erde" reicht sein Regiment. Ruch hier haben wir wieder den im Rahmen des Riten Testaments ar­ chaischen 3ug, daß der König auf einem Esel beritten ist. Ruch hier als wesentliches Merkmal der von ihm heraufgeführten goldenen Zeit, daß alle Waffen und Kriegswerkzeuge verschwinden. Was aber neu hinzukommt — und da zeigt sich nun der Geist der großen Propheten des 8. Jahrh. — der Endzeitsherrscher hilft dem Elenden. Sein erstes Prädikat ist das Beiwort „der Gerechte". Es war im Jahre 735 v. Ehr. Geb., als zum ersten Mal der prophetJefa ia ein uns überliefertes Wort über den König der End­ zeit gesprochen hat. 3n jenem Jahr, in dem ein sqrisch-ephraimitisches Heer den König von Juda Rhas zum Rnschluß an einen gegen Rssqrien gerichteten Bund mit Gewalt der Waffen zu zwingen versuchte, da tritt Jesaia dem König entgegen, gewillt, ihn Herumzureißen in seine religiöse Betrachtung der Geschichte, in das vertrauen, daß nicht Rram oder Israel, sondern daß der Gott Jahwe die Geschichte der Völker lenkt. So ruft er ihm zu (Jes. 7,14 f.):

„Erbitte vir ein Zeichen von Jahwe, Deinem Gott, tief aus der Unterwelt drunten, oder hoch droben aus der höhe." x) Ver masoretische Text lieft:

„Lin Gerechter und dem hülfe widerfahren ist, Elend (gedrückt) und reitend auf einem Esel". Ist diese Lesart (wenösäc) im Recht so ist vorausgesetzt, daß der König vor seinem Einzug in einer bedrängten Lage war, aus der ihm Jahwe geholfen hat. Dann würde saddik die Bedeutung „für gerecht erklärt" (eben durch die hülfe) gewinnen. Über das dann folgende cäni, das mit dem irpau; der Septuaginta als sanftmütig doch nicht richtig wiedergegeben wird (denn das sollte durch canaw ausgedrückt sein), will zu dem einziehenden lveltenherrn doch zu wenig passen. Mir scheint daher Sellins Vermutung (im Rnschluß an die alten Übersetzungen zur Stelle), daß cani ursprünglich vor hü3 ge­ standen habe und als Objekt eines ursprünglichen mö§iac zu verstehen sei, doch überwiegend wahrscheinlich. Vers 10 lies mit LXX wehikrith.

12 In innerster Erregung, in einer Spannung der Seele, die sich auch des Äußersten mächtig fühlt, die Äugen in verzücktem Glanz, alle Muskeln gespannt, so steht er vor dem König. Der junge, weltlich gestimmte, mit politischen Gedanken erfüllte Fürst schrickt zusammen: „Ich mag Jahwe nicht versuchen, ich mag kein Seichen von ihm erbitten!" Der Prophet spürt bei diesem Ausweichen des andern, wie das Vollmachtsbewußtsein, wie die unerhörte Kraft, mit der er sich noch eben eines Wunders fähig fühlt, schwindet. Und so fährt er den König an: „Ihr V0M Hause Israel»

ist es euch ju wenig, Menschen zu ermüden, daß Ihr meinen Gott ermüdet!" Und nun kommt das Wichtige: „Darum gibt euch der Herr ungebeten ein Seichen: Siehe das junge Weib. Ls iß schwanger und gebiert einen Sohu; dem gibt sie den Namen: „Lin Gott in unsrer Mitte." Sahne und Honig wird er essen, Ws er weift» Böses zu verwerfen und Gutes zu erwählen, wahrlich, ehe der Knabe weift, Böses zu verwerfen und Gutes zu erwählen, soll das Land verödet sein, vor dessen beiden Königen dir graut" 0Das Schwierige in der Auslegung dieser Weissagung ist das: Sie gibt deutlich eine Verheißung: Die Könige, die in Waffen vor Jerusalem stehen, sollen in wenigen Jahren, in der Seit, die nötig ist, bis ein Kind, das von seiner Mutter jetzt unter dem Herzen getragen wird, zu einem verständigen Menschen heranwächst, dahin sein. Aber eben so deutlich sind die Worte im Ton zorniger Rede, also als eine Drohung gesprochen? Wie ist das vereinbar? Der Prophet weist auf die Geburt eines Kindes hin: Ein Seher — so sieht er die Mutter, die dieses Kind tragen wird, gesegneten Leibes vor seinem verzückten Äuge*2). Was für ein Kind? Der Harne Immanuel, den ihm die Mutter gibt, heißt nicht ohne weiteres, wie er gemeinhin gelesen wird, „Gott mit uns" im Sinne von „Gott für uns", sondern „ein El, ein Gott in unsrer Mitte"3). Zu uns *) Sunt Text, zur Übersetzung und besonders zur Abgrenzung des Stückes vgl.: Hans Schmidt „Vie großen Propheten"Göttingen 1923, S. 71—74. E. ffi. Kracling (Journal of biblical Literature 1931, S. 277 ff.) sucht den ursprüng­ lichen (Drt der Erzählung in II Keg. 16. 2) Ähnlich läßt in der von König Cheops berichteten Erzählung ein Prophet den König die $rau im Gesichte schauen, die den künftigen König (den Begründer der 5. Dynastie) unter dem herzen trägt, (vgl. Lrman-Kanke, Ägypten und ägyptisches Leben im Altertum, 1923, S. 436.) s) cimmanü °el heißt nicht „Gott für uns", wie es gewöhnlich verstanden wird, im Sinne von lanü, sondern „ein Gott unter uns" S-sd; -im ist durchaus räumlich zu verstehen „inmitten", „in Gesell­ schaft", „in Verbindung", „nahe bei" (vgl. etwa Gen. 39, 7, Ex. 33,16), Auch z. B. von ps. 46, 12 gilt dies: „Zahwe sebaoth ist in unserer Mitte — (cimmanü) Eine vurg ist der Gott Jakobs für uns — (lanü)“ oder von Sacharja 8,13:

Menschen gehörig, unter uns geboren und unter uns lebend, ist dieses Kiitb doch von übernatürlichem Wesen. So wie dieser Name den Erwarteten als ein Gotteskind von menschlicher Mutter bezeichnet, so mutz es auch überirdisch wunder­ haft gemeint sein, was von seiner Nahrung gesagt wird- Milch und Honig, in den sibyllinischen Büchern und im Buche henoch die Speise der Seligen1), im babylonischen Ritus die Opferspeise der Götter 2), in der griechischen Mythologie z. B. die Nahrung dez Zeuskindes und des Knaben Dionysos^), — diese Worte müssen für das Ohr des alten Israeliten einen Klang gehabt haben wie Nektar und Ambrosia4). Vas Kind wird ernährt mit Götterspeise.

„Wir wollen bet euch bleiben; denn wir haben gehört das bei (unter) euch Gott ist." Steuernagel verweist mich in einer Besprechung der 1. stuft dieser Schrift auf Juö. 6, 16. („Dgl. dagegen nur etwa Jub. 6, 16".) stber man braucht nur einen Dcrs weiter zu lesen, um die von mir betonte Grundbe­ deutung von cim in dem „cimmi" von Jud. 6, 17 unableugbar vor stugen zu haben. Stellen, wie Hiob 6, 4: „Die Pfeile des Allmächtigen sind in mir (cimmadi)" und Hiob 11, 5: „Er öffnete den Mund vor dir, dir ins An­ gesicht (cimmäkh)", in denen cim sogar das „feindlich Nahesein" bedeutet, zeigen, daß die Übersetzung von cimmanü mit „für uns" keineswegs am nächsten liegt, geschweige denn selbstverständlich ist. Das schließt natürlich nicht aus, daß das Nahebeisein auch einmal als tröstlich empfunden werden und im Sinn der Zuversicht auf ein Geschütztwerden gedeutet werden kann, wie das Gideon Jud. 6, 16 tut. „Denn die alles gebärende Erde wird den Sterblichen geben die beste, unermeßliche frucht von Korn, Weizen und Öl; aber vom Himmel herab lieblichen Trank süßen Honigs, und die Erde wird hervorbrechen lassen süße Duellen weißer Milch!" (Sib. III, 794 ff.) „Aber die heilige Erde der Frommen allein wird alles dies hervorbringen, als Naß Honig träufelnd vom Felsen und von der Duelle, und ambrosische Milch wird fließen allen Gerechten." (Sib. V, 281 ff.). „Und es gehen hervor zwei Duellen, die fließen lassen Milch und Honig, und ihre Duellen lassen fließen öl und wein, und sie teilen sich in vier Teile und umgehen mit stillem Lauf, und sie gehen hinab in das Paradies Edens, zwischen Derweslichkeit und Unverweslichkeit." (II. Slav. henoch 8, 5 f.). 2) Dgl. Winckler u. Zimmern, Die Keilinschriften u. d. A. T.8, S. 526, Anm. 5. 8) Das Zeuskind, von seiner Mutter Nhea auf der Flucht in der Grotte Ida geboren, wird von der Ziege Amalthea mit Milch, von den Bienen des Gebirges mit Honig versorgt. Über das Dionysoskind vgl.S.7,A.Z. 4) „Das Land, das von Milch und Honig trieft" (Ex. 3, 8.17; 13, 5 usw.) ist das Land der Derheißung; mit einem Märchenausdruck möchte man sagen: „Das Schlaraffenland". Das zeigt auch Jes. 7,21: „So wird es sein an jenem Tage (d. i. in der Cndzeit, in der Zeit der Seligen, die dem Gericht entrinnen). Jeder einzelne halt sich dann eine kleine Kuh und zwei Schafe. Und wegen der Menge Milch, die sie geben, ißt man Sahne. Ja, Sahne und Honig ißt alles, was im Lande übrig bleibt!" Dieser Spruch, den man meist (zuletzt Karl Budde in „Jesajas Erleben" 1928, $. 65 ff.; (Otto procksch, Jesaja I, übersetzt und erklärt, 1930, S. 127) — verleitet durch die ihn umgebenden Worte, die aber scharf von ihm zu trennen sind — als Ankündigung einer beispiellosen Derarmung und Derööung des Landes durch

14 Unwillkürlich denkt man an das Himmelskind der Apokalypse, das nach seiner Geburt, um es vor dem Drachen zu retten, zu den Göt­ tern entrückt wird^). Wenn aber dann Jahre vorüber sind, dann kommt der große Umschwung in der Welt; dann stürzen die jetzt mächtigen Könige. Ist es das Kind selbst, das diesen Sieg bringt? Nein. Wir haben noch ein Wort des Jesaia über den Immanuel, über den Messias „Gottesmensch". Da hören wir, daß seinem Herr­ schaftsantritt die große Sturmflut der letzten Tage, die bald als ein wirkliches Meeresbrausen (3ef. 28,15), bald als ein „Brausen wilder Völker" (3ef. 17,12—14) geschildert wird, vorangeht. Ein gewal­ tiges Heer breitet sich, alles niederwerfend, über das Land Qef. 8,8):

„Es soll auch über Juda hereinbrechen, soll fluten und über­ schwemmen, -atz es bis