Der Bär. Illustrierte Berliner Wochenschrift, eine Chronik fürs Haus [7]

Table of contents :
volume
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contents
2. October 1880, Nr. 1
Die Kinder Friedrich Wilhelms III., im Schloßgarten zu Charlottenburg. Originalzeichnung nach einem Kupferstich (gemalt von Döhling, gest. von Meyer) vom Jahre 1805
9. October 1880, Nr. 2
Am Halleschen Thore
16. October 1880, Nr. 3
illustration
23. October 1880, Nr. 4
Die St. Nicolaikirche zu Berlin
30. October 1880, Nr. 5
An der alten Börse
6. November 1880, Nr. 6
Berliner Gänsemarkt. Von Albert Conrad. Nach einer Photographie aus dem Verlage der "Photographischen Gesellschaft" in Berlin
13. November 1880, Nr. 7
Jagdschloß Grunewald. Für den "Bär" nach der Natur gezeichnet von M. Lübke
20. November 1880, Nr. 8
27. November 1880, Nr. 9
Kriegsrath des Großen Kurfürsten mit Tromp und Derfflinger am 1. August 1678. Zeichnung von H. Knackfuß
4. December 1880, Nr. 10
Kurfürst Johann Georg bei Thurneysser. Aus "Die Hohenzollern und das Deutsche Vaterland". Verlag von Fr. Bruckmann in München
11. December 1880, Nr. 11
Bilder von der Stadtbahn ; Bilder von der Stadtbahn
18. December 1880, Nr. 12
25. December 1880, Nr. 13
Berliner Weihnachtsmarkt. Zeichnung von E. Henseler
1. Januar 1881, Nr. 14
Choralblasen vom Rathhausthurm. Zeichnung von J. Ehrentraut
8. Januar 1881, Nr. 15
Prospect der Stadt Berlin, vom Schiffbauerdamm aus gesehen. Nach einem Kupferstiche aus dem Jahre 1717
15. Januar 1881, Nr. 16
Fahrt des Großen Kurfürsten über das Frische Haff am 16. [Januar] 1679. Zeichnung von H. Knackfuß
22. Januar 1881, Nr. 17
In einem Berliner Gartenlokale ; Eine Landpartie ; Berliner Schützenplatz
Stralauer Fischzug ; Ausknobeln (Auswürfeln) ; Berliner Weihnachtsmarkt
29. Januar 1881, Nr. 18
5. Februar 1881, Nr. 19
12. Februar 1881, Nr. 20
19. Januar 1881, Nr. 21
26. Februar 1881, Nr. 22
Die Auffahrt des deutschen [Kaisers]. Zeichnung von H. Lüders
5. März 1881, Nr. 23
12. März 1881, Nr. 24
19. März 1881, Nr. 25
König Friedrich I. im Atelier Schlüter's vor dem Reiterstandbild seines Vaters, des großen Kurfürsten. Gemälde von F. Zöpke. Nach einer Photographie aus dem Verlag von Gustav Schauer in Berlin
26. März 1881, Nr. 26
Bismarck. 9. Juli 1880
2. April 1881, Nr. 27
Bei den "Zelten" in Berlin vor hundert Jahren
Eine Tanzstunde vor 80 Jahren. Nach einem Gemälde von L. Emile Adam
9. April 1881, Nr. 28
16. April 1881, Nr. 29
2. April 1881, Nr. 27
Festzug in Berlin unter Joachim II. im September 1569, anläßlich der Mitbelehnung in Preußen
30. April 1881, Nr. 31
7. Mai 1881, Nr. 32
Die Communs mit [Colonnade] beim Neuen Palais. Nach einer Photographie des Königlichen [Photographen] H. Selle in Potsdam
Platz vor dem neuen Palais. Nach einer Photographie des Königlichen Photographen H. Selle in Potsdam
14. Mai 1881, Nr. 33
Das Friedrich-Wilhelmstädtische Theater in Berlin zur Zeit seiner größten Blüthe 1873-1878
21. Mai 1881, Nr. 34
Ein Frühlingsabend im Berliner Thiergarten. Zeichnung von L. Douzette
28. März 1881, Nr. 35
4. Juni 1881, Nr. 36
11. Juni 1881, Nr. 37
18. Juni 1881, Nr. 38
Schloß Babelsberg. Zeichnung von Hugo Spindler
18. Juni 1881, Nr. 38
Das Schloß in Charlottenburg. Zeichnung von Hugo Spindler
2. Juli 1881, Nr. 40
Blauer Montag. Zeichnung nach dem Gemälde von Th. Hosemann
9. Juli 1881, Nr. 41
In die Ferien! Zeichnung von E. Henseler
16. Juli 1881, Nr. 42
Das Gebäude der Deutschen Reichsbank in Berlin. Zeichnung von G. Theuerkauf
23. Juli 1881, Nr. 43
Felddienstübung in der Mark. Nach einem Gemälde von Moritz Blanckarts
30. Juli 1881, Nr. 44
6. August 1881, Nr. 45
13. August 1881, Nr. 46
20. August 1881, Nr. 47
Das Treppenhaus der Reichsbank in Berlin. Zeichnung von G. Theuerkauf
27. August 1881, Nr. 48
Germanischer Zweikampf (Holmgang). Nach einer Zeichnung von Johannes Gehrts
3. September 1881, Nr. 49
10. September 1881, Nr. 50
Im Reichspostmuseum in der Leipzigerstraße 15. Zeichnung von Wilhelm Claudius
17. September 1881, Nr. 51
24. September 1881, Nr. 52
Kurfürst Johann Georg bei Thurneysser. Aus "Die Hohenzollern und das Deutsche Vaterland". Verlag von Fr. Bruckmann in München

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Der Aär. Illustrirte Berliner eine Chronik

Wochenschrift,

für's Hans.

Unter Mitwirkung von

s. Alfieri, Pastor Ernst Breest, Professor Dr. Georg Büchmann, Professor Dr. Paulus Lastet, Professor L. Dietrich, Stadtarchivar Fidicin, Theodor Fontane, Stadtrath Lrnst Friedet, Prediger L. Landtmann, Qldorica Deiekrel, Dr. Georg Dorn, Major Max Jahns, Ferdinand Meyer, Ferd. pstug, w. von der Schulenburg, Professor Dr. w. Schwartz in pofen, Archidiakonus Schwebet in Küstrin,

w.

P. Tuckermann, Hermann Vogt, Heinrich wagener in Potsdam, Gtto Wenzel rc. rc. herausgegeben von

Lmil Dominik.

Siebenter Jahrgang.

Berlin

1881.

Verlag von Gebrüder paetel in Berlin W.

Lützowstraße

7.

|jj| Stadt! rttcherei Steslttz LauvchrLe

JlbO

3

5^

III

Inhalt. 1.

Wonrane, Wovellen unö GvzäHkungen. Seite

Ludovika Hesekiel, Lottchen Lindholz, eine Berlinische Geschichte aus dem 17. Jahrhundert 1. 17. 29. 41. 59. 65. 77. 89. 101. 113. 125. 137. 149. 166. 178. 189. 201. 213. 225. 237. 249. 261. 273. 285. 297. 309. T. L. M., Aus einem alten Berliner Kaufmannshause, eine Ge¬ schichte vom Anfang unseres Jahrhunderts 321. 337. 349. 361. 373. 385. 397. 415. 431. 445. 457. 471. 487. 503. 517. T. L. M., Der grüne Domino, Novelle 545. 557. 569. 581. 593. 607. 621. 635. 651.

341

dernen

;

531

665 j

2. Größere Abhcrnötungen.

Gegend. Scharfenberg.

Leo Alfieri, Die Insel Dr. G. Berendt, Professor, Vorhistorischer Wasserlaüf in

1778), aus den Memoiren eines alten Franzosen 161. 183 192. 204. 216. 232. 240. 253. 277. 305. 314. 365. 576. 596. 628 642. (Schluß) Bürger, Beiträge zu Schillers Aufenthalt in Paulus Cassel, Sagen.und Gebräuche aus der Zeit zwischen Weih¬ nachten und H. Dannenberg, Der Münzfund von Prof. E. Dietrich, Der bevorstehende Umbau der Königgrätzer-

Berlin.

straße.

Neujahr.152. Mahlow. .... Abzählverse.

Die zukünftige Entwicklung der Berliner Verkehrsverhältnisse (Straßenbahn- und Omnibuswesen) 243. 256. Emil Dominik, 395. — Das älteste Berliner

— — —

— —

— — — — — — — — — —

IV.

Im

.482

Berliner

Fernsprechamt.625

Das Friedrich - Wilhelmstädtische Theater,

Theatergeschichte. Die Berlin.56 eine

Berliner

327. 353. Fürstengruft im Dom zu Die erste Berliner Gasanstalt vor dem Halleschen Thore . Fritz Eine Lessingerinnerung aus dem Kirchenbuche zu Camenz . Das Marmorpalais im Neuen Garten bei Potsdam Etwas von der Martinsgans, den Martinshörnern und den

400

Kühnemann.346 ...

72

358 92

Martinstage.68 Berlin.48 Wittenberg.32

sonstigen Gebräuchen am

Die St. Nikolaikirche zu Die Schloßkirche zu Die Berliner Stadteisenbahn...

— — — Eine

Straße.186 Ablaßkasten.611 10.

39.

98.

135.

247

hochwichtige Tezels

— Fidicin, Thle Wardenbergs Theodor Fontane, Die

Verurtheilung. Werdersche. Aschermittwoch.268

Ernst Friede!, Fastnacht und E. Handtmann, Brand des Schlosses

....

Die Schützengilde von W. Schwartz, Vom Ursprung der Fingerringe — Der Oskar Schwebe!, Ein angebliches Grabdenkmal zu Fürstenberg a/O. W. P. Tuckermann, Ein Urlaub in Berlins Umgebung Oldwig von Uechtritz, Kaiserin-Königin August« und die Rheinland« Hermann Vogt, ein Berliner Heinrich Wagener, Die kronprinzlichen Anlagen beim neuen Palais im Parke von

Fürst Der Campo Santo und der Berliner Die elektrische Bahn an der Hauptkadettenanstalt in Lichter¬

129 369

Eldenburg.423

109

209

234 85

Zeitungen).288 Bismarck.312 Dom.497 felde

.24 343 669

171

Totalisator.82 Charlottenburgs.491 Berlin.154. hauses

605 284

461

Jahren.230 Berlin.405

E. Müller, Der Molkenmarkt vor 500 Karl Neumann-Strela, Göthe und Schiller in A. Orth, Der Platz für das Deutsche Reichstagsgebäude Ferdinand Pflug, Die innere künstlerische Ausschmückung des Rath¬

Reinhold Schlingman», Am Dr. Ferdinand Schultz, Aus der Vergangenheit und Gegenwart

264 520

117

Grunewald.81. Schlüter.301

658 522

Adreßbuch.270

Anekdoten und Charakterzüge aus dem Leben König Frie¬ drich Wilhelms 356. 406. 455. 467. Anekdoten aus dem Leben Papa Wrangels . . 141. 218. Die ersten Berliner Büchcrdrucke und die Geschichte der Berliner Zeitschriften und Zeitungen bis zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts (mit zahlreichen Proben älterer

.

44 560

Berlin. .... Spittelmarkt.585

hausen

640 572

Seite

Kuckuk nach der Vorstellung der alten >md mo¬

A. Hildebrand, Aus der Urzeit Berlins und der Mark Brandenburg Jenny Hirsch, Etwas von den Ziegeleien der Mark Brandenburg . Georg Horn, Ein Hofmann des 18. Jahrhunderts 36. 94. 105. Mar Jähns, Entstehungsgeschichte der Berliner Friedrichsstadt 434. 448. — Zapfenstreich und faule Dr. Jentsch, Die Münzen- von Guben . . Dr. M. Jordan, Ludwig Fritz Kühnemann, Die Gestaltung einer zukünftigeit Industrieaus¬ stellung in 331. F. Labarre, Burg und Domstift Tangermünde a. Elbe Philipp Ludwig, Der Ferdinand Meyer, Jagdschloß — Andreas Friedrich de la Motte Fouque, Die Herrn von Lochow in Nenn¬

der Berliner

Adolf Bötticher, Friedrich Schinkels Bedeutung für Berlin . . . Ernst Breest, Acht Jahre am Hofe des Prinzen Heinrich (1770 bis



121

Völker.418 Grete.50 ..221 Knaus.423

Dr. Heskamp, Der

........ Weihnachtsbaum.197 ....

180 235 171

72 549

Luftschiffer.420



Sanssouci.389 Babelsberg.475

II.534 Markgrafschaft.507 Schönlank.60 Primkenau.377

Schloß und Park Wehner, Stadt und Herrschaft Otto Wenzel, Sie ersten Berliner Bücherdrucke und die Geschichte der Berliner Zeitungen re. W. Wehergang, Das lustige Städtchen an der Oder, eine nur hundert¬

jährige A. Woldt, William

3.

Illustrationen.

Herzogin zu Schleswig-Holstein 373. — Der Admiral mit der Jahreszahl 1881, 260. 320. — Adreßkalender Berlins 271. — Archäopteryx 513. — Auffahrt des Deutschen Kaisers 266. — Aus dem Kirchenbuche zu Camenz 359. — Schloß Babelsberg 477. — C. O. Balde, Oberpostdirektor 225. — Bilder aus dem Berliner Leben von Professor Ludwig Burger 206. — Berlin nach dem Plane von Schultz aus dem Jahre 1688, 8. — Prospekt der Stadt Berlin 182. — Fürst Bismarck 314. — Erbprinzeß Charlotte von Meiningen 545. — Choralblasen vom Rathhausthurm 168. — Die Communs beim Neuen Palais 390. — Berliner Currende 63. — Die erste Berliner Dampf¬ droschke von Lüders 15. — Professor Dr. Droysen 531. — Hermann Sünder, Bürgermeister von Berlin 149. — G. Ebers 607. — Das Eckardstein'sche Palais in Charlottenburg 497. — Elektrische Eisenbahn 481. — Graf Eulenburg 517. — Felddienstübung 551. — Im Fernsprechamt 621. — Festzug unter Joachim II. 367. — An der Fischerbrücke 113. — von Forckenbeck 255. — Dr. Friedberg, Justizmi¬ nister 101. — Friedrich I. im Atelier Schlüters 202. — Kronprinz Friedrich Wilhelm 34. — Das Friedrich - Wilhelmstädtische Theater 403,

Adelheid,

IV Foyer 327. — Frühling 437. — Frühlingsabend im Berliner Thiergarten 421. — Fürstengrust z» Berlin 59. — Gänsemarkt 71. — Erste Berliner Gasanstalt vor dem Halleschen Thore 65. — Kaisers Gcburtstagszimmcr 297. — Geburtszimmer des Fürsten Bismarck 312. — Germanischer Zweikampf 613. — Die Gertrandtenkirche im Jahre 1690, 89. — Professor M. Gropius 285. — Grumbkow 457. — Jagd¬ schloß Grunewald 83 nebst Neliefbild 77. — Professor C. Gussow 161. — Friedrich Haase 237. — Am Halleschen Thore 23. — Graf Hatzfcldt 593. — Friedrich Hitzig 321. — Das Jägerhaus auf dem Werder (1690) 125. — In die Ferien 523. — Der Kaffee des Leier¬ manns 309. — Dietrich Kagelwid 541. — Kanonen im Kastanienwäldchen 451. — Katharinenkirche , Rathhans mit Roland zu Brandenburg a/H. 143. — Karte zum Aussatz „Aus der Urzeit Berlins" 51. — Der dustere Keller 409. — Die Kinder Friedrich Wilhelms III. nach Döhling 13. — Ludwig Knaus 415. — Dr. Kögel, Generalsuperintendent 261. — Fran¬ ziska Kopka 402. — Oberbürgermeister Krausnick 665. — Fritz Kühnemann 337. — Kunstgewerbemuseum 562. — Kunst- und Gewerkschule 291. — Kurfürst Johann Georg in einer Schule 657. — Johann Georg bei Thurneysser 671. — Große Kurfürst als Knabe aus der Jagd 441. — Kriegsrath des Großen Kurfürsten mit Tromp und Derfslinger auf Rügen am 1. August 1678 von H. Knacksuß 106. — Fahrt des großen Kurfürsten über das frische Hass 194. — „Küstenfahrten" 342. 343. — Die lange Brücke und das Berliner Schloß (1690) 249. — Dr. v. Langenbeck 87. — Graf Lehndorfs 487. — Das alte Leipziger¬ thor 581. — von Madai 17. — Das Marmorpalais und Plan von Potsdam ans dem Jahre 1780, 94. — Professor Menzel 503. — Der Molkcnmarkt vor 500 Jahren 231. — Blauer Montag von Hosemann 509. — Monument des Lebuser Bischofs von Dyhern in Fürstcnwalde 173. — St. Nikolaikirche zu Berlin 47. — Nordenskiöld's Facsimile 61. — „Rordlandsahrten" 278. 279. 283. — P. Ossent 651. — Die Petrikirche und der Petrikirchhos zu Berlin (1690) 213. — Platz vor dem neuen Palais 394. — Schloß Primkenau 379. — Proben aus alten Zeitungen 288 re. — Minister von Puttkamer 627. — Graf Wilhelm von Redern 189. — Der erste Deutsche Reichsadler 319. — Reichsbank in Berlin 536. Treppenhaus daselbst 599. — Reichspostmuseum 641. — Reichstagsgebäude 661. — Eugen Richter 41. — Gustav Richter 587. — Heinrich Runge, Stadtrath und Kämmerer der Stadt Berlin 273.— Insel Scharfenberg 119.— Friedrich Schinkel 569. — Graf Schleinitz 635. — Schloßapotheke im Lustgarten zu Berlin 165. — Schloß zu Berlin, älteste Ansicht 378. — Schloß zu Charlottenburg 493. — Schloß zu Schwedt 507. — Schloßkirche zu Wittenberg (Hauptansicht und Portal) 38. 39. — William Schönlank 53. — Sommertag in Treptow 463. — Spandower Thor Berlins (1450) 349. — Bilder von der Stadtbahn: 1. (Jannowitzbrückc) 4. — 2. (am — 4. (bei Moabit) 99. — Packhof) 5. — 3. (bei Monbijou) 29. 5. (Moabiterbrücke) 131. — 6. (Frankfurter Bahnhof) 131. — 7. (Hum— Stettins Schlüssel 656. — boldthasen) 243. — Anschlußbahnhöfe 11. Das Tabackskollegium jetzt 219. — DaS Tabackskollegium zur Zeit Friedrich Wilhelms 1. 223. — Paul Taglioni 445. — Tangermüude 669. — Tanzstunde vor 80 Jahren 329. — Wilhelm Taubert 431. — Tezels Ablaßkasten 617. — Dr. Thielen, Feldprobst 361. — Unter¬ irdisches Berlin 562. — Franz Vollgold 178. — Vorhistorischer Wasserlauf rc. 645. — Wasseromnibus auf der Rotte 575. — Berliner Weihnachtsmarkt 155. — Anton von Werner, Professor 1.— Hermann Wiebe 385. — Kaiser Wilhelm in Babclsberg 471. — Professor Albert Wolfs 557. — Julius Wolfs 201. — Papa Wrangel von C. Rechlin 137. — Bei den Zelten 325. — Ausbau des Zeughauses 333. — Aus dem Zoologischen Garten 397. — nebst

I.

4.

Literatur.

Berlin vor hundert Jahren 136. — Georg Büchmann, Geflügelte Worte 40. — Georg Dipold 483. — Die Deutsche Kaiserstadt Berlin 567. — Gvldschmidt, Leben des Staatsrath Kunth 542. — Wilh. Herbst, Encyklopädie der Neueren Geschichte 76. — Die Hohenzollern und das Deutsche Vaterland 359. 649. — Jahresbericht über den historischen Verein zu Brandenburg a/H. 425. — Otto Jork, Brandenburg in der Vergan¬ genheit und Gegenwart 52. — Küstenfahrten 347. — Rordlandsahrten 278. — Leopold von Ranke und sein neuestes Geschichtswerk 553. — Dr. Conr. Rethwisch , der Staatsminister Freiherr von Zedlitz 51. — G. Sello, Lehniu, Beiträge zur Geschichte von Kloster und Amt 539. — Vor 50 Jahren 589. 674. — Wahl- und Wappensprüche 39. — E. Wernicke, die St. Katharinenkirche zu Brandenburg a/H. 148. —

5.

Kleinere AbHanötungen, WisceLten irnö Aeöichle.

Adelheid, Herzogin 383; Admiral mit der Jahreszahl 1881, 259. 408; Akademie des Bauwesens 187; Anfrage an den Fischereiverein 602; Archäopteryx 515; Graf Harry Arnim 485; Badestuben und die Straße am Krögel 318; Otto Balde 229; Beisetzung des Kurprinzen Carl Emil 427; Bellevue 664; Berlins Commandanten und Gouverneure 271; Berliner Plan von Schultz von 1688, 12; Prospekt der Stadt Berlin 185; Berliner während des dreißigjährigen Krieges 469; Berliner von 1799, 619; Fürst Bismarck 649; Blauer Montag 499. 513; Bockbier 410; Bolle, Zur Spandower Abbruchsrage 62, Veneta 145; G. v. d. Borne, Karpfen in der Spree 111; Boruemann, Der Luft¬ ball 422, Frühlings Anfang 369; Börse 27; Brautsemmeln 27; G. Büchmann, Die Louisenstadtkirche 75; Bursch 543. 620; Calmus zu Pfingsten 579. 590; Canalisation von Berlin 146; Carneval zu Berlin 413; Central-Lagerhaus und Packhof 395. 453; Cola;, Tollatsch 28. 62. 410; Curiosa aus alten Kriegsbüchern 430; Currende 63; Dampfdroschke 6; Denkmäler 372; I. G. Droysen 541; Hermann Duncker 157; G. Ebers 617; Einsperren in die Backöfen 410; Eisenbahn¬ museum 530; Elektrische Bahn 603. 633; Erbssuppe mit Schweineohren 424; Erhaltung der Kunstdenkmäler 187; Etwas vom Kronprinz Fritz 466; Etwas aus Sanssouci 602; Graf Eulenburg 525; Fabrik lackirter Waaren 414; Fernsprechanlage für Berlin 247. 606; Festzug unter Jo¬ achim II. 370; Ursprung der Fingerringe 160; Max von Forckenbeck 258; Freiwerden der Kasernements am Kupfcrgraben 619; Friedrichs des Großen Ausgaben 426; Tafel 527; Der alte Fritz 530; Friedrichs Tod 269; Friedrich Wilhelm I. und Georg 455; Friedrich Wilhelm III. und der Compagniechirurg 526; Friihling von Julius Wolfs 434; Fürsten¬ gruft 631; Gambrinus 443; Gegend vor dem Schlesischen Thore 591; Gegend zwischen Georgenstraße und Kupfergraben 605; Germanischer Zweikampf 618; Glücksröhrchen 176; „Gorken sind auch Compot" 14; Martin Gropius 296; Grumbkow 465; Grüner Tisch, einem grün sein 371; Professor Gussow 174; Friedrich Haase 246; Haarbeutel haben 529; Am Halleschen Thore 26; Graf Hatzfeldt 601; Welche Häuser be¬ finden sich seit 1812 noch heute im Besitz derselben Familien? 14; Ber¬ liner Heiliger 515; Heiligekreuzkirche am Johannistisch 146; Hitzig und der Unibau des Zeughauses 330; Gründungsjahr der technischen Hoch¬ schule 485; Hosordnung Joachims II. 631; Holland in Noth 443; Jä¬ gerhaus aus dem Werder 135; Jugendstreich Friedrich Wilhelms I. 467; Kanone vom Mont Valerien 452; Kinder Friedrich Wilhelms III. 9; Silberner Krebsfang 413; Drei Kreuze als Unterschrift 52; Kurprinz Emils Tod 481; Landtagsgebäude in Berlin 200. 663; Graf Lehndorff 490; Lichteuau'sches Palais in Charlottenburg 499; Ueber den Löffel barbieren 410; von Madai 21; Professor Menzel 514; Osdo-rfer Rieselfelder 272; Osterwolf von Friedel 395; Kaiserliches Palais „unter den Linden" 542; Palmenhaus auf der Pfaueninsel 590; Panke 257. 409; Pantinentragen 27; Parolebücher 97; Petrikirche 223; Pfahl¬ werk bei Zechlin 147; Pfingstbräuche 453; Philister 529; Falsche Pietät 661; Postmuscum 646; von Puttkamer 630; Graf Redern 196; Erster Deutscher Reichsadler 319; Reichstagsgebäude 501. 663; Eugen Richter 50; Gustav Richter 590; Zweite Berliner Ringbahn 259; Schloß Ruhwald 632; Heinrich Runge 276; Schießprügel 529; Schillerstandbild 647; Schlächter 335; Schleinitz 646; Schloßapotheke 173; Schloßpfarrer des Kaisers 267; Schliemann-Banquet 567; W. v. Schulenburg, Spitz¬ buben mit Gewerbe 100; Schultze und Müller und Kladderadatsch 408; Schwänzen 543; Schlvebel, das älteste Vildniß eines Berliner Bürgers 147; Schwippschwager 173; Silberpassion Friedrich Wilhelms I. 427; „So ist's, sagt Neuniann" 283; Berliner Spargel 410; Spiele im Spree¬ walde 515; Spitzbuben 647; Staatsbahnverwaltung 631; Stein an der Schloßbrücke 307; Strohwittwer, Strohmann 28; Paul Taglioni 452; Tanzstunde unserer Großeltern 335; Wilhelm Taubert 442; Dr. Thielen 370; Preußische Tresorscheine 633; Trinkaus, Wrangel 109; Urbar¬ machung des Oderbruches 429; Verblendung des Schauspielhauses mit echtem Material 426; Franz Vollgold 182; Wasseromnibus 578; Weihnachtsmarkt 159; Weißbiergläser 371. 442; Weiterführung der Leipzigerstraße 211; Wendische Ortsnamen 414; Anton von Werner 7; Wie der Berliner Viehmarkt früher ausschaute 618; Wie der Sparkönig zu regieren begann 429; Hermann Wiebe 388; Wiese — Wische 348; Der Prinzeß Wilhelm Stammbaum 443; Wohnungsstatistik 567; Professor Albert Wolfs 566; Julius Wolff 124, Gedicht „Rothhaarig" 123; Zaak — Zeck 283. 371; Zapfenstreich 27; Bei den Zelten 335; Aus dem Berliner Zoologischen Garten 404.

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Unter Mitwirkung von: L. Alfieri, £. Srunold, Prof. Dr. Georg Süchmann, Prof. Dr. p. Lasset, Stadtarchivar Fidirin, Theodor Fontane, Ludovica HefeKiet, Dr. G. Horn, Dr. Hermann Melke, Ferd. Meyer, Dr. Ferd. Pflug, Dr. y. pröhle, li. SdiiUnmnn, Direktor Wilhelm Schrvartz in Pofen, Archidiakonus Schwebet in Cüstrin, Stadtrath Adolf Slrcckfufl, Heinrich Wagener in Potsdam rc.

VII. Jahrgang. Nr. 1.

herausgegeben von Ernst Friede! und

AcrNn, den 2. October

1880.

Emil Dominik.

sowie durch Die Zeitschrift erscheint wöchentlich regelmässig am Sonnabend, lostet vierteljährlich 2 Mark, und ist durch alle Buchhandlungen, Zeitungsspcditioncn und Postämter, — Inserate, pro die Expedition, Berlin >V., Lützowstraste 7, zu beziehe». — Literarische Beiträge sind an die Redaction des „Bär", Berlin W., Liitzowstraste 7, zu senden. 2 gesp. Pctitzeile 40 Psg., werden von allen Annoncenexpeditionen sowie von der Bcrlags-Buchhandlung entgegengenommen.

föttdjcn Liildhol). Eine

Berlinische Geschichte aus dem

Erstes Kapitel. Kriegsöcnte. Haltet treu

zu euren

Fahnen,

Treu zum Branden¬ burger Haus! Vas tied vom vcrfflinger.

Hell schien die Sonne am 21. Junius des Jahres 1675 über

die

Schwester¬

städte Berlin und Kölln

!7. Jahrhundert von

JZmsooica Lesekiel.

Ehrenketten über der Brust, Handwerksmeister im blauen Wanütts, Junker in gestickten Kleidern und Federhüten, Fralicn in Gewändern von .allen Farben des Re¬ Knaben genbogens , mit roth-weißen Fähn¬ lein in den Händen, kleine Mädchen mit Kornblumcndicken kränzen auf den gel¬ Alles ben Haaren, drängte und wogte

durcheinander

an der Spree, die im festlichsten Gewände prangten. Laubge-

lvinde zogen

sich

in

von

dern, im höchsten Putz eilten Mämier und die Frauen dtlrch Straßen. Dazu läu¬

ten das

allen Thürmen, stolze Frcllde leuchtete aus allen Augen, stolze hoher Freude und Ernst, wie er sonst Berliner Kindern nicht eigen und der ihnen

wenn

sie sich

stehen-

herren

die

Thor

besetzt

wehrten der und Menge, daß sie nicht durch das Thor hin¬ Aber durchdrängte. auch jenseits des Thors

standen auf der Land¬ straße zahllose Schaa-

gut steht,

ren in feierlicher ErWartung. Da wälzte

dazu ver¬

Ehrbare Raths¬

in

Rühe

BürgersöhnemitFähnlein und Feld binden und schwarz von tveißem Zindel hiel¬

teten die Glocken von

gar

dessen

Menge Kopf an Kopf stand, lebendigen Mau¬ ern gleich; Berliner

einem Hause zum an¬

doch

dem

Spandauer Thor zu,

schwarzen

Mänteln und weißen

_ Äntoii von Werner.

Kragen, die güldenen

Professor, Direktor der Akademie der bildenden Künste und Mitglied des Senats.

sich heran, dem es Brausen des Meeres , vergleich dar, em JM-

rf(

2 fen, ein Jauchzen, das näher und näher kain, gleich der mächtigen Staubwolke, die sich auf der Landstraße erhob, da fuhr's auch in die Glieder der stattlichen Bürgersöhne, sie reckten die Hälse höher und die muthwillige Jugend, der sie wehren sollten, war kaum noch zu bändigen. Hart am Thor hielt auf einem stattlichen Braunroß ein

junger Bürgersvhn von hohem und breitem Wuchs, blondes Gelock fiel in die weiße Stirn und lief in den Nacken, sein Antlitz mit den regelmäßigen Zügen war finster wie die Nacht, unheimlich fast blitzte es in den stahlblauen Augen und die weißen Zähne bissen sich trotzig in die vollen Lippen, die nach damaliger Sitte kein Bart beschattete. Der junge Mann war sehr reich gekleidet, wie einJunker fast, in ein rostfarbenes Seidenwamms, über das ein Mäntelchen von grünem Sammet fiel, grüne Beinkleider und hohe Stiefel; ein Spitzenkragen lag um den Hals und Federn wehten vom Hute; am Griff des Degens an seiner Seite funkelte sogar ein Edelstein. „Der Lindholz sieht aus wie ein Bräutigam," sprach ein junger Mann zum andern, „und ist doch seit fünf Monden ein Ehemann, der eigentlich gar nicht mehr zu uns gehört." Der Besprochene riß plötzlich so hastig am Zügel seines Thieres, daß es kerzengerade in die Höhe stieg ; als es sich wieder beruhigt hatte, legte sich ihm eine Hand auf die Schulter und der Sprecher von vorhin fragte: „Wie kommt es, daß Du hier hältst in Prunk und Pracht, Heinrich, Du wolltest

ja

gar nicht mit hinaus!" „Hätte auch besser gethan, daheim

erst

zu

bleiben," erwiderte

unwirsch der Angeredete, „packt Dich denn der Zorn nicht, Tieffenbach, daß Du gar nichts zu schaffen hast mit dem Jubel?" „Nein," entgegnete der Andere, der ein gutmüthiges

mit freundlichen braunen Arigen hatte, „ich bin doch kein Kriegsmann." Der Lindholz zuckte die Achseln, aber er kam zu keiner Antwort, denn jetzt gerade brach ein Jubelsturm los, in dem Alles unterging, nicht einmal die Glocken waren mehr zu hören, und ein Ruf war auf allen Lippen: „Hoch Friedrich Wilhelm! Hoch Brandenburg!" Gesicht

Der Lindholz schrie nicht mit, seine Augen aber

leuch¬

teten doch stolzer auf und seine breit« Brust hob sich.

Endlich hörte man durch den ungeheuren Jubel auch Trommelwirbel, dumpfe Paukenschläge uub Trompetenklänge. „Die Pauken und Trompeten von Fehrbellin!" jauchzte es durch die Menge; „da ist der alte Sommerfelden! Hoch, hoch! der hat die Schweden pauken helfen!" Hinter einer Abtheilung von Trompetern, Paukern, Tam¬ bours und Pfeifern ritt ein alter Offizier, den Harnisch um die Brust, und den Federhut auf dem Kopf, deffen Krempe mehr als eine Kugelspur zeigte, deffen Federn geknickt waren. Der silberne Ringkragen, der silberne Degengriff, das gestickte Wehrgeheuk, Alles war geschwärzt, zerdrückt, verbogen, die alte Kriegsgurgel sah schauderhaft aus eigentlich, aber da gab's heut in Berlin und Kölln keinen Jungen, dem der GeneralMajor Sommerfelden nicht nur schöner dünkte, als alle Weiber und Mädchen in ganz Kurbrandenburg zusammen genommen. Als der General am Thor hielt, donnerten von dem¬ selben herab die Geschütze ihm einen Gruß entgegen, ernst und würdig traten die Bürgermeister der Stadt, umgeben von der Geistlichkeit, an ihn heran und begrüßten ihn in wohlgesetzter Rede.

Ein lieblich Mägdlein, die Tochter des

Hof-Apothekers Aschenbrenner, reichte ihm schüchtern und erröthend einen Ehrentrunk in silbernem Becher, den der General bis auf den letzten Tropfen leerte, dann richtete er sich hoch

auf in den Bügeln und rief init hallender Stimme: „Gott hat Seiner Durchlaucht Unserem allergnädigsten Kurfürsten am 18. Junius bei Fehrbellin eine glänzende Victoria ver¬ liehen; seine Armee hat tapfer gestritten und wackere Kriegs¬ beute errungen, die sendet Seine Durchlaucht durch mich Seiner guten Stadt Berlin, er sendet ihr auch die Leiber derjenigen, die den Heldentod gestorben sind in der Bataille und die Gefangenen. Kurbrandenburg triumphirt über den stolzen Schweden, Ihr aber wißt, wer uns mit Gottes Hülfe den Sieg errungen. Unser allergnädigster Kurfürst lebe hoch!" „Hoch, hoch, der Kurfürst, der große Kurfürst!" scholl es ihm entgegen, über des jungen Lindholz Antlitz aber floß eine Thräne zornigen Neides, daß die Bataille ohne ihn war geschlagen worden. Der General Sommerfelden hielt am Thor, neben ihm der Statthalter der Mark Brandenburg, Fürst Johann Georg von Anhalt-Deffau, der die Mark vertheidigt hatte, bis der Kurfürst ihm vom Rheine her zu Hülfe eilte. Der tapfere fürstliche Herr war schon am frühen Morgen in Berlin ein¬ getroffen und hatte zur Begrüßung der Kriegsbeute von Fehr¬ bellin die Stücke lösen lassen. Als die Berliner den in der Blüthe seiner Mannesjahre stehenden Fürsten erblickten, der ohnehin sehr populär bei ihnen war, da er eine Schwester der unvergeßlichen Louise Henriette von Dramen zur Gemahlin hatte, brach ein neuer Jubelsturm los. „Daß unser seliger Kurprinz diesen Tag erlebt hätte", sagte der Hof-Apotheker Aschenbrenner.

„Deir die Holsteinerin vergiftet hat", iilurmelte ein alter Bürger. „Hütet Euch, Mann", warnte der Rathsherr Aerarius, „die Holsteinerin ist ein braves Weib, was kam: sie dafür, daß sie nicht Louise Henriette ist und daß Carl Aemil starb". „Der Kurprinz starb aus Gram um Straßburg und des deutschen Reiches Schande!" sprach citt Anderer. „Brandenburg wird alle Scharten auswetzen", entgegnete feierlich der Diaeoilus Holzhausen von der Petri-Kirche, „bei Fehrbelliil ist unserm deutscheil Lande eine Sonne allfgegangen, die so leicht nicht erlischt". „Sie sollten uilsern Kurfürsteil zum Kaiser nehmen, es stünde bester um's deutsche Reich", rief der Rathsherr Hanenzweig.

„Still",

hieß es von der ailderen Seite, „seht doch die Stücke". Schwerfällig rollten die erbeuteten Kanonen, dreiund-

schwedischen

sechszigpfündige,

durchs Spandalier

Thor; in

durch die sie gekommen ivaren, hatte Ulan

windeil

geschmückt und

„Seht,

sie

Dörfern, mit Laubge-

d'en

mit bunten Bänderil geziert.

seht, die alten Schweden",

jubelte die Jugend

Berlins, die nicht mehr zurück zu halten war und sich dicht an die Geschütze drängte, „mit deilen wollten sie Berlin be¬ lagern, uu, drill sind sie nu in Berlin, aber wie?" Geleitet wurdeil die Geschütze voll brandenburgischen Artilleristen; nach diesen aber kam eine Abtheilung Dragoner in blauen Röcken und ledernen Kollern, die trugen drei er¬ beutete Reiter-Standarten, drei grüne und acht weiße Fahnen, und es fehlte rlicht viel, so hätte die Berliner Gasseiljllgend die

3

Reiter von den Pferden gerissen vor lauter Heller FreudeDas waren ja des alten Derfflinger Mannschaften, denen der Sieg hauptsächlich zu danken war- Dann kamen Pikeniere und Musketiere in dunkelbrauner Uniform, die führten einen endlosen Zug von Wagen, auf denen Pulverfässer, Lunten, Kartätschen, Kugeln und andere Kriegsbedürfnisse aufge¬ speichert waren, eine gar stattliche Kriegsbeute; daran schlossen sich 150 schwedische Gefangene und sieben Wagen mit ver¬ wundeten Schweden, die ebenfalls kriegsgefangen waren. Den gesunden Gefangenen flog manch höhnisches Wort ent¬ gegen, die blessirten sah man schweigend vorüberziehen; da klang plötzlich die eintönige Weise eines Trauermarsches, Alles fuhr zusammen und Todesstille entstand. Alle Hüte und Mützen flogen von den Köpfen, sogar der Statthalter ent¬ blößte sein Haupt, leises Weinen ließ sich vernehmen; von Soldaten geleitet, kamen vier Wagen, darinnen lagen unter Grün und Blumen gebettet in prächtigen Särgen vier brandenburgische Helden, die den Tod gesunden hatten auf breiter Erde für Haus Brandenburg. Gleich als der erste Sarg durchs Thor rollte, nahmen die Frauen den Blumenschmuck vom Busen, ihre Rosen warfen sie auf die Leiche und die kleinen Mädchen ihre Kornblumen¬ kränze.

„Das war

der Oberst

Mörner", flüsterte

cs

von Lippe

zu Lippe.

„Alte märkische Junker, die Mörners", erklärte leise der Stadtschreiber Recz, der ein großer Heraldiker war, „liegt der edle Herr nicht da wie der Stamm in seinem Wappen, gefällt und doch noch grünend, denn er hat Söhne. „Der Obristwachtnleister von der Marwitz", klang es unter Schluchzen und die Rosen fielen auf die Brust, an der die Todesrosen blutig erblüht waren. „Märkisch Blut", murmelte Reez, „aber der Baum ver¬ welkt nicht, wenn auch ein Zweig fällt". „Der Rittmeister Burgsdorf, der schöne, lustige Burgs¬ dorf", man riß das Grün von den Bäumen, die am Thore standen, und die Lippe des schönen, glänzenden Rciteroffiziers schien noch im Tode zu lächeln. Schon nahte der vierte Sarg und das Weinen ward lauter, „Froben, Emanuel Froben", gings von Mund zu Mund. „Des Kurfürsten Stallmeister", hieß es hier, „an der Seite des Durchlauchtigsten traf ihn die Kugel, Herrgott, wenn sie anders ging!" Als die Särge vorüber waren, folgte wieder eine Ab¬ theilung Soldaten, der Statthalter und der alte Sommerselden sprengten jetzt an die Spitze des Zuges und die ganze Menge drängte ihnen jauchzend, weinend, lärmcnb nach. Am Thor ward es still, nur der junge Lindholz hielt noch immer unbeweglich, da sah er einen einzelnen Reiter die Landstraße heraufkommen, der etwas vor sich im Sattel hatte, das der junge Mann erst nach längerem Hinschauen für ein Mägdlein von etwa zehn Jahren vielleicht erkannte. Zugleich schien ihm der Reiter zu winken. Heinrich Lindholz gab seinem Roß die Sporen und war bald dicht bei dem Reiter; als er dessen rvthbraunes, wetter¬ gepeitschtes, von Narben durchfurchtes Antlitz sah, rief er er¬ staunt: „Ohm Andreas, seid Jhrs wirklich und was bringt

Ihr

da?" „Kriegsbeute, Andreas, Kriegsbeute", lachte der Reiter,

Alter sich schwer bestimmen ließ, da ihn offenbar Strapazen aller Art älter erscheinen ließen, als es der Fall war. „In einem verlassenen Gehöft, in der Nähe von Fehrbellin, hat's unser Allcrgnädigster aiu Tage der Schlacht selber gefunden, ich soll's der Frau von Schardcn nach Tempelhof bringen, schlechter Auftrag für 'ucn Kriegsmann, hab' nichts abbekommen auf diese Weise vom Jubel meiner Landsleute, denke eine Stunde zu rasten hei Dir, denn Du wirst doch irgend ein Weibervolk im Hause haben, daß sich Deiner annimmt und mir für das Kind sorgt". „Weibervolk?" entgegnete der Andere mit bitterm Lachen, „eine Hausfrau sogar". „Was!" schrie der Alte, „hat mein Bruder zum dritten dessen

Mal gefreit!" „Euer Bruder, Oheinr Andreas, mein Vater, ist seit Jahr und Tag todt", erwiderte der junge Lindholz, „aber ich habe

vor fünf Monden Hochzeit gehalten". Deinen einundzwanzig Jahren?" fragte un¬

„Du mit

gläubig der Andere.

„Es war

meines Vaters Wunsch

unb Wille", lautete

die kurze Antwort.

Schweigend ritten beide ein paar Schritte fürbaß, die Spandauer Straße entlang. Das fremde Kind achtete nicht viel auf die Reden der Männer, neugierig blickte es auf die alten hohen Giebelhäuser mit ihrem festlichen Schmuck, der jetzt im Schein der heißen Junisonne leise zu welken begann. Endlich fragte der Rittmeister Andreas Liudholz mit gepreßter Stimme: „Wer sitzt an Dein und meiner Mutter Platz im Stuhl der Hausfrau?" „Lottchen Lindholz" entgegnete Hein¬ rich kurz.

„Das einfältige

kleine

Ding

hast

Du geheirathct?" fuhr

der Rittmeister auf.

„Ihr sprecht von meiner Frau, Ohm!" erwiderte der junge Mann nicht ohne Würde; dann setzte er bitter hinzu: „Ihr wißt, wir Lindholze haben keinen eigenen Willen." „Oho! ich hab' den meinigen immer durchgesetzt!" lachte der Rittmeister, dein der Tod seines Bruders nicht sehr zu Herzen zu gehen schien; „aber wie inan sich bettet, so liegt man; wärst Du vor zwei Jahren mit mir davon gelaufen, so könntest Du heut Ruhm und Ehren genug haben, oder einen ehrlichen Soldatentod gestorben sein." „Laßt das, Oheim," entgegnete der Andere düster, „steigt ab im alteir Hause, Lottchen wird Euch und das Kind willko innren heißen." Sie hielten am Mvlkenniarkt vor einein büftern alten Giebelhause, über dessen Thür eine Linde in Stein gehauen prangte. Beide stiegen ab; der Rittmeister nahm das Kiiid an die Haird, Heinrich drehte sich auf der Schwelle noch ein¬ mal um, wie aus weiter Ferne drang der Jubelruf des Volkes noch einmal an sein Ohr, vor seinem Geiste tauchten die Leichen der Helden von Fehrbellin auf, im Schmuck ihrer Blumen und ihrer Wunden, und leise flüsterte er: „Wann breche ich solche Rosen

für Brandenburg?"

Zweites Kapitel. Wolkenmarkt Ar.

'

5.

!

Es geht ein finstrer Geist durch dieses Haus. waltenstcin.

Das dreistöckige Giebelhaus am Molkenmarkt Nr. 5 war das Stammhaus der angesehenen Fainilic Lindholz; im Rath des Kurfürsten saßen diese ehrenwerthen Bürger, ein Liudholz Universität Frankfurt a./O-, Lindholze regierten als Bürgermeister die Städte Berlin und Kölln, und sie dünkten sich nicht schlechter, als die stolzen Lhnars, deren

ivar der

erste Dekan der

I



i

kleine Mädchen aber klammerte sich an eine zarte, fast kindliche Frauengestalt, die es liebreich an sich drückte. Dieses junge

Weib trug ein schlichtes Gewand von weißer Wolle, das den zierlichen Fuß in einem kleinen schwarzen mit einer grünen Bandrosette geschmückten Schuh sehen ließ. Das Kleid hatte lange, zierlich gefaltete Aermel, und war tief ausgeschnitten, aber ein Spitzentüchlein verhüllte Brust und Nacken. Ueber das weiße Kleid fiel ein vorn offener, bis zum Knie gehender grüner Ueberwurf mit kurzen Aermeln und eine grüne Baud¬ rosette hielt das Halstüchlein zusammen. Das dunkle Haar

war glatt

gescheitelt und

fiel an beiden Seiten leichtgelockt

Lildcr von der Stadtbahn. 1. Originalzeichnung von M. Lübke. Blick aus den Bahnkörper im Sprccbett bei der Jannowitz brücke. Im Vordergrund diese Brücke selbst, dahinter Rathaus, Thurm der Parochialkirche, vorn Abiahrtsstelle der Sprecdampser, Thurm der Waisenhauskirche.

Haus nicht lveit von dem ihren stand, trotz deren Grafen¬ krone, denn die Lindholze saßen schon lange am Molkeilmarkt, als die Lhnars erst kamen, und durch Heirath das Haus Nr. 1 von den Distelmever's an sie überging. Heinrich Lindholz schritt durch bett mit rothen Ziegel¬ steinen gepflasterten Hausflur, der in zierlichen Mustern mit weißem Saude bestreut war, lvie er von bett Tempelhofer Bergen hereingeführt wurde. Zwei große Schränke aus Nu߬

bis auf die Schultern; es rahmte ein blütheiUveißes Antlitz mit regelmäßigen Zügen ein, aus dem ein paar ernste braune Augen beinah zagend und doch mit dem Ausdruck der reinsten Herzensgüte in die Welt hinaus sahen. Der kleine Mund war so rosig und frisch, daß man ihm ein Lächeln gewünscht hätte statt des seltsainen Zuckens der Oberlippe, das immer aussah, als wollten die schüchternen Augen darüber zu weinen beginnen. Die Gestalt des jungen Weibes war auffallend klein und zart,

baumholz mit schwerer Holzschnitzerei verengten den Flur, aus dem an der anderen Seite eine Thür in den Hof führte, den eine blühende Linde gar herrlich beschattete- Liilks erhob sich die etwas steile Treppe, die mit einer Guirlande aus dicken hölzernen Rosen geziert war. Droben auf dem Vorsaal fand Lind holz den Ohm mit seiner zarten Kriegsbeute wieder. Das

aber doch von einer ganz anmuthigen Rundung. „Wie heißest Du, mein liebes Kind," ftagte sie mit sanfter

Stimme den kleinen Fremdling.

„Jda," „Das Lindholz.

entgegnete die Kleine,

geht ja schnell mit

„soll Jda

bei

Dir

bleiben?"

der Freundschaft," lachte Andreas

„Die Kinder

mir, Oheim," erwiderte An¬

eckiger Raum, in der einen Ecke führte eine hölzerne Wendel¬ treppe ins folgende Stockwerk, an der einen Wand stand, eine

„Willst Du Deine Gäste nicht in die Stube führen, Lottchcn," fragte jetzt Heinrich Lindholz, ohne die junge Frau weiter zu begrüßen. „Gleich, Vetter," entgegnete sie und öffnete eine Thür, die in ein großes Wohngemach führte. „Vetter!" fragte der Nittmeister erstaunt. „Wir sind so lange Vetter und Base gewesen, lieber Ohm," erwiderte Heinrich für feine abermals tief erröthende

altcrthümlichc Credcnz, auf der allerlei blankes Zinngeschirr prunkte, auch an Silber fehlte cs nicht, denn die Lindhvlze waren ein reiches Geschlecht. Ein viereckiger Tisch mit weißer Decke belegt stand der Credcnz gegenüber, auf dein ein duften¬ der Strauß in zierlicher Vase von Delfter Porzellan sich zeigteStühle mit geradlinigen Beinen und Lehnen, viereckige Sessel, Alles mit Leder bezogen, reihten sich um den Tisch oder befanden sich längs der Wand. Auf einem Simse an der¬ selben lag die Hausbibel, das Gesangbuch, der Kalender,

gehen immer gern zu

die junge Frau und ein liebliches Erröthcn flog über

ihr

gesicht.

Blick auf die

Silber von der Stadtbahn. 2. Originalzeichnung von D. Stadtbahnbrücke von der Brücke, welche zur Kunstausstellung führt. Links ein Lustgarten und Schloß mit Petrikirche.

Im

Frau, „daß die alte Anrede noch iininer auf die Lippen trittNun Willkommen, Ohm, in meinem Hause." Es klaüg fast, als verhöhne der junge Mann sich selbst, der Nittmeister aber murmelte vor sich hin: „Wer so viel begraben wie ich, dein kommt's auf Einen mehr nicht an, aber seltsam ist's doch, daß mein Bruder nun auch hin ist. Der Eine todt, der Andere verschollen, ich bin allein übrig!" Nasch aber überwand er die aufsteigende Rührung und rauh sagte er: „Wenn Du hier Hausfrati bist, Lotte, dann gieb der Kleinen zu effen und bring' uns einen Trunk, denn lange darf ich nicht rasten, das Kind soll noch heute nach Tempelhof!" Sie hatten die Stube betreten, deren Fenster nach dein Molkenmarkt hinaus gingen. Es lvar ein rvcitcr, fast vicr-

Bendheim. Stück vom Packhos, Museum, im Hintergründe Vordergründe rechts Artillerieschmiede rc.

Aber auch Bilder sah man im etliche Leuchter. Raume. Da war vor allen Dingen das Contcrfei des Dekan, der ein ernstes Gelehrtcnantlitz mit tiefen Falten in der Stirn und glattes Haar hatte und eine reiche pelzverbrämte Schaube standen

trug. Das Bild zeigte in der rechten Ecke einen Wappenschild mit der Linde, wie sie auch unten über der Thür stand. Dann hing da noch ein Bild des verstorbenen Kronprinzen Carl Aemil und eins von Luther. Auch ein mächtiger brauner Kachelofen war in denr Gemach, auf der Bank vor demselben lag ein Spinnrocken. Lottchev vernahm die Rede des Oheims, ohne über seine rauhe Art zu Murren, sie streichelte das Köpfchen der kleinen

Jda und

sagte freundlich: „Nach Tempelhof, ei da lvcrde ich Dich oft sehen, wenn ich meine Mutter und meine Weinberge besuche!"

6

„Die Alte lebt

also noch!" rief Andreas,

„na ja, Un¬

kraut verdirbt nicht!" Lottchen hatte sich an der Credcnz zu schaffen gemacht, jetzt drehte sie sich hastig um, ihre Wangen glühten in dunklein Purpur und die braunen Augen flammten. „Ich muß Euch bitten, Ohm," sagte sie mit zitternder Stimme, denn die angeborene Schüchternheit wollte wieder Herr werden über sie, „geziemender von meiner Mutter zu reden."

Der

Rittmeister brach

in ein unbändiges Gelächter aus,

Lottchen aber ergriff schnell das Kind bei der Hand und eilte mit ihm hinaus, um die aufquellenden Thränen den Männern zu verbergen.

Ihr die Kleine?" fragte Heinrich in Tone, „sie thut keinem Menschen Böses." gleichgültigem Der Rittmeister war ans Fenster getreten und blickte auf den Platz hinunter, über den noch immer die geputzte Menge Die Glocken der Nikolaikirche zu ihren Häusern strömte. hallten noch leise nach, aber in des Rittmeisters Seele schien nichts mehr von Festesstimmung: „Nichts Böses," wiederholte er, „ich dächte. Dir hätte sie das Böseste angethan, was einem jungen Kerl geschehen kann. Eine Kette hat sie Dir angelegt, die Du Dein Lebenlang schleppen mußt." Lindholz seufzte, in dem Augenblick kam Lottchen zurück, sie brachte Wein und Backwerk und verließ das Zimmer so geräuschlos, wie sie gekommen. „Wann hast Du sie gchcirathet?" forschte jetzt der Ritt¬ meister. „Vor fünf Monden," erwiderte Lindholz, „als das Trauerjahr für den Vater herum war." „So lange ist Hans schon todt?" fragte der Andere, „nun begreife ich's, damals war ich am Rhein, da erreichte mich keine Botschaft und nachher hielten sie's für eine alte Geschichte, die sie mir nicht erst berichten müßten. Junge, ich weiß. Dein Vater war ein Narr in seiner Liebe zu Dir, er hätte Dich am liebsten in Sammet und Seide gewickelt, warum hast Du's nicht gemacht wie ich und bist davon gelaufen!" „Weil ich meinen Vater trotz alledem und alledem liebte," erwiderte der Andere düster, „Ihr wißt, er hat Schweres erlebt, ein dunkles Geheimniß liegt über dem Tode meines Bruders, den ich nie gekannt, und ein Geheimniß über dem Verschwinden des Eurigen, der zugleich Lottchens Vater ist. Und dann das Unglück, unter dem ich noch heute leide, Ohm, wenn ich noch so schwer mit meinem Vater grollte, daß er mich keinen Kricgsmann, keinen Gelehrten werden, daß er mich kaum lernen ließ, was einem Manne noth ist, wenn er mich verdammte, in unthätiger Ruhe von dem zu leben, was er und seine Väter für mich gesammelt, ein Blick in das gelbe Zimmer uird aller Groll war dahin, ich mußte thun, was er wollte, und in solcher Stunde nahm er mir auch das Versprechen ab, ein Jahr nach seinem Tode Lottchen beirathen zu wollen. Oft ist mirs gewesen, als habe er ein Unrecht gegen den Ohm Peter auf dem Herzen gehabt und es so sühnen wollen, denn Ihr wißt, der Ohm ließ sein Weib in Armuth zurück, sie und Lottchen haben immer von des Vaters Gnade gelebt." „Und das schlaue Weib da draußen hat sich die Heirath für ihre Tochter ausgedacht," hohnlachte Andreas, „ich habe dieser schönen Antonia nie getraut, war nur leider nicht da¬ heim, als alle diese Dinge geschahen, ich hätte schon klarer gesehen, als der gutmüthige Hans. Wir Lindholze habm „Warum ärgert

mit dein Heirathen, Peter hat mit der Antonia in die Familie gebracht, Deines Vaters erste Frau stürzte schon im zweiten Jahr da von der Treppe herab und starb an dem bösen Fall und Deine Mutter —" „Still, still, Oheim," wehrte Heinrich ab, „ich kann's nicht ertragen, ich meine, ich müßte einst ihr Schicksal theilen." „Die unsinnigste Heirath aber hast Du gemacht," fuhr kein Glück den Zank

der Rittmeister wieder auf

und leerte seinen Becher,

„Du

mit dieser Wachspuppe!" „Glücklich, nein, Oheim," entgegnete Heinrich, „wer kann glücklich sein, wenn ihm nicht ein Weib mit frischem Sinn und Muth, sondern ein zitterndes, ängstliches Kind zur Seite steht. Einundzwanzig Jahr ist Lottchen, so alt wie ich, aber kannst nicht glücklich sein

mein Lebenlang habe ich sie schützen und schirmen müssen, oft habe ich mich gefragt, wird sie denn nie wie die anderen Weiber werden, aber sie bleibt sich immer gleich, nicht einmal mit ihr zu schelten oder rauh zu sein, hab' ich das Herz. Als Knabe hatt' ich sie lieb, sie war immer gut und freundlich und ich war stolz, daß ich ein so großes Mädchen schützen

will

manchmal wie Haß in meiner Seele auf¬ mir, könnte ich jetzt hinaus in die weite Welt, könnte Ruhm und Ehre gewinnen, aber sie zittert ja vor Angst, wenn ich nur ein paar Stunden aus dem Hause bin, glaub' auch nicht, daß ich ihr das ganze konnte, jetzt

es

steigen, denn ohne sie, sage ich

Hauswesen anvertrauen könnte.

Ja, Ohm, sogar um Weiber¬

dinge muß ich mich kümmern." „Armer Junge, armer Junge," sagte theilnehmend der Rittmeister. „Und wie ists mit dem gelben Zimmer," fragte er zögernd.

„Das ists ja eben," flüsterte Heinrich, „da ist sie unent¬ behrlich, sogar während des Trauerjahrs mußte sie hier bleiben und ich nahm ihre Mutter deshalb hierher, weil wir doch nicht Beide allein hier leben konnten; da kennt sie auch keine Angst, kein Zittern." „Junge," schrie jetzt plötzlich der Ritt¬ Du Dir nicht wenigstens das Trauerjahr Dir so lange die Welt angesehen, bist Du dein: ganz versimpelt!" „Der Vater hat wohl gefürchtet, ich käme nicht wieder," ertviderte Heinrich mit trübem Lächeln, „ich mußte ihm geloben, in Berlin zu bleiben; gebt Euch keine Blühe, Oheim, mir ist nicht zu helfen. Hätte ich eine andere Frau, der ich sagen könnte, verwalte ineinen Besitz ein paar Jahre, laß mich draußen fechten und streiten und ich will Dirs meister,

„warum

hast

zu Nutze gemacht und

auf meinen Knieen danken, aber sieh, ich liege an der Kette und muß sie schleppen!" „So laß Dein Erbe zu Grunde gehen, sammt dem Weibsbildc, Tod und Teufel," fluchte der Mttmeister, „schaff' Dir selbst Besitz." „Meiner Väter Erbe zu Grunde gehen laffen," fuhr Heinrich auf, „nein Oheim, das thu ich meinem Vater im Grabe nicht an." „Dann stirb und verdirb, mich solls nicht kümmern," murrte der Rittmeister. — (Fortsetzung folgt.)

Die Serliner Dampsdroschke. (Hierzu Illustration Seite 15.)

im Zeitalter der „Elektricität," sagte kürzlich einmal Jemand, das Zeitalter des „Dampfes" ist vorbei. Hi Borsig! ist das Feldgeschrei der Zurückgebliebenen, hi Siemens! der Ru? derer, die an der Spitze des Fortschrittes marschiren.

Wir

leben

7 Und dabei ist die Berliner Stadteisenbahn noch gar nicht einmal fertig, die Siemens'sche Bahn auf dem alten Versuchsfelde Charlottenburg-Berlin erst projektirt und schon tritt ein neues Unternehmen, — ein Rückschritt nach obigem — die Berliner

„Dampfdroschke" in

die Erscheinung, die, will man ihren Lobpreisern und ganz besonders ihren Berliner Adoptivvätern, den Auffichtsräthen der Wöhlert'schen' Fabrik Glauben schenken,

binnen kurzem alle anderen Verkehrsmittel in den Schatten stellen,

ja beseitigen wird. Armer Elwangcr mit deinen Omnibusen, armer Pincus mit Ihr armen Neuß, Anders, Eisenhardt, Kühl¬ stem, König, Ramm und Ihr anderen Wagenfabrikanten alle; und Ihr Aermsten, Ihr Becker und Beeskow, Ihr Veit und Nürn¬ berg und wie Ihr sonst noch heißet, Ihr Equipagcnvermiether packt ein! Nur für die Dampfdroschke, die Dampfomnibus, die Dampflastwagen ist in einem halben Jahre Platz auf den Berliner Straßen! Die Aktien der Wöhlert'schen Fabrik sind bereits drei ganze Prozent gestiegen! Nicht lange mehr wird's dauern und der arme Pincus wird seine Millionen Pferdebahnaktien, die heute noch 163 notiren, als Käsepapier zum Makulaturhändler mit dem deinen Pferdebahnen,

letzten Berliner Pferdebahnwagen fahren lassen. Ich schreibe das in den ersten Tagen des September, weil unsere Probenummer viel Zeit zu ihrer Herstellung gebraucht, es kann also sein, daß all das schon eingetreten ist, wenn dieser Bär das Licht der Welt erblickt. Ernsthaft gesprochen, der Humbug, der mit dieser neuen Dampf¬ droschke gemacht wird, deren Visage wir für alle die haben zeichnen lassen, welche bisher nicht das Vergnügen hatten, ihr ins lebendige Antlitz zu schauen, ist ein wenig arg. Es ist ja möglich, daß die Weiterausbildung dieses Dampfwagens für die Bewältigung des Lastenverkehrs zwischen zwei nahegelegenen Ortschaften, die noch ohne Schienenverbindung sind, so etwa in Ersetzung einer Sckundär-

bahn, gute Dienste leisten kann, daß der Dampfer für militärische Zwecke, als Vorspann für Fortbewegung eines Bclagerungsparks zu gebrauchen ist — und Minister von Kamccke ist ja zu dem Zweck mit der Dampfdroschke gefahren, — für den Verkehr inner¬ halb der Stadt als Lasten- oder Personenfuhrwerk halten Verständige diesen elegant angestrichenen Koloß für ganz und gar untauglich. Alle die Herren, die in den letzten Wochen so kritiklos alle Re¬ klamen über diese neueste französische Erfindung abgedruckt haben, hätten doch einen Augenblick darüber nachdenken sollen, warum, wenn wirklich die Erfindung eine so epochemachende wäre, warum nicht das französische Kriegsministerium auf diese französische

Erfindung des ftanzösischen Ingenieurs Bollee in der ftanzösischcn

Stadt Le Mans die Hand gelegt hat. Es lag doch so nahe, daß eine so weltcrschüttcrnde Erfindung den Weg von Le Mans nach Berlin über Paris gemacht haben würde, ivenn wirklich diese Erfindung eine so hervorragende.

Dampfdroschkenhalteplatz,

wenn unsere Droschkenkuscher ohne Examen als Maschincnführcr der Dampfdroschke fungiren würden, könnte ich mich nicht so leichten Herzens dem gut gepolsterten Wagen anvertrauen. Also ich kann mich des Gefühls nicht entschlagen, dieser von der Wöhlert'schen Maschicnenbauanstalt angekaufte fran¬ zösische Dampfwagen hat keine praktische Bedeutung für den Ver¬ kehr innerhalb einer großen Stadt und wird ganz gewiß nicht einen Umschwung in den öffentlichen Verkehrsmitteln hervorrufen. Bekanntlich ist dieser Berliner Fabrik nach dem Vertrage vom 26. August 1879 die Ausführung aller betreffenden Maschinen und Dampfwagen für die ganze Dauer des Patents, also auf 15 Jahre übertragen worden; ich wünsche der Fabrik von ganzem Herzen ein gutes Geschäft, aber glauben kann ich nicht recht daran. Der von uns abgebildete Wagen würde 10,000 Mk. kosten (und 2 Mann Bedienung), ein „Dampflastwagen," der 800 Centncr fortzubewegen im Stande, würde ca. 45,000 Mk. kosten; mir erscheinen diese Zahlenangabcn von Bedeutung und ebenfalls gegen die allgemeine Verwendbarkeit der Wöhlert'schen oder Bollö'schen

Dampfer zu sprechen.

Im Detail kann ich ja hervorheben, daß der Rauch wenig belästigt und daß er dies eigentlich nur beim Anheizen thut, daß die Lenkvorrichtung äußerst sinnreich und daß die Geschwindigkeit — 3 Meilen in der Stunde — eine respektable Leistung ist. - Ich bin auch erfteut darüber, daß der Kommissar für das öffentliche Fuhrwesen sich so eingehend mit dem Dampswagen beschäftigt, für richtig würde ich es halten, wenn er nicht immer mit Führung des Ingenieurs die Probefahrten überwachen ließe, sondern wenn einmal oder mehreremale weniger eingeübte Führer auf freier Straße und mit markirten Hindernissen fahren würden und wenn so die Lenkbarkeit des Wagens in weniger geübten Händen fest¬ gestellt würde. Ferner, wenn dargelegt würde, wie diese Dampf¬ kolosse auf das Straßen- und Chausseepflaster wirken. Denn wenn, was ich annehme, so ein Dampfomnibus in einem oder in 2 Jahren eine Chaussee ruinirt, wäre der Vortheil im Verhältniß zu den Dammschüttungsausgabcn für eine Sekundärbahn doch auch nur ein sehr mäßiger. —

Äilton von Werner. (Hierzu Portrait Seite 1.) Auf einem Grundstück der Potsdamerstraße ist seit sechs Jahren, um einen Hof gruppirt, ein Complcx von Privathäuscrn, eine „Cite", wie man sie in Paris so häufig findet, entstanden,

zu denen man durch eine offene, pfeilcrgetragene Durchgangshallc im Erdgeschoß des in der Straßenflucht gelegenen Gebäudes Nr. 113 gelangt. Das zweite der jenen gemeinsamen Hof umgebenden Häuser an dessen Ostseite fällt durch manche Eigenthümlichkeit

„damit ist genug gesagt." Man denke an elegantere Dampf¬ equipagen, welche — um ein Beispiel anzuführen — einem Be¬ gräbnisse folgen, an einen Dampfleichenwagen; ja auch als reines Lastenbefördcrungsmittel in den Straßen Berlins, halte ich die Dampfer für viel weniger tauglich, wenn auch eher geeignet, als für diesen Zweck eingerichtete — das Projekt schwebt ja in der Luft — Güterwagen der Berliner Pferdebahnen, welche nach Schluß des Personenverkehrs die sämmtlichen Bahn¬ höfe von den Gütern entleeren, diese in die hunderte Depots der Stadt fahren, von denen aus sie mit kleinem Fuhrwerk an die

Vor Allem durch die Schmalheit seiner Fapadc, es hat nur zwei Fenster in jedem Stockwerk: das zur Linken er¬ leuchtet das Treppenhaus, das sehr breite zur Rechten das einzige nach vorn heraus gelegene Gemach jedes Geschoffes. Zu ebener Erde tritt in der Breite dieses Fensters ein Erker in den kleinen Vorgarten hinaus, dessen Bäume und Gebüsche es fast dem Blick verbergen. Nach der Rückseite hinaus liegen in den unteren Stock¬ werken je zwei Zimmer, im obersten aber nimmt deren geincinsamen Umfang ein einziges großes Gemach ein. Das ist die Werkstatt des Bewohners und Besitzers dieses Hauses, der sich dasselbe nach eigenem Plan erbaut hat, des vielgenannten jugend¬ lichen Direktors der Akademie der Künste, des Malers Anton

Adresie gebracht werden.

von Werner.

Man

denke

an

einen Bahnhof en

Ich bin

einen

so

miniature auf allen Berliner Plätzen und

auch Dampfdroschke gefahren und ich habe mich von

der sicheren Führung des leitenden Ingenieurs überzeugt. Wenn nun aber nicht ein so talentirter Fachmann dm Wagen leitet.

besonders auf.

Im Jahre 1874 richtete sich Werner dies eigene Haus ein und schmückte es in sinnigster Weise. Damals waren die Ver¬ handlungen mit dem Kultusministerium zum Abschluß gelangt.

8 Künste führten. ihn an die Spitze der Akademie der bildenden Reform gründlichen einer zu Vollmacht gegebene Die ihm dadurch

welche

so lange an Alters¬ des gesummten Untcrrichtswesens an diesem Werner mit der schwäche dahin siechenden Institut wurde von ins Werk gesetzt. ganzen durchdringenden Energie seines Wesens Kraft die Ber¬ frische Wie aus langem Todesschlaf erweckte seine Berufung der die liner Hochschule der bildenden Künste. Durch tüchtigsten Lehrkräfte und durch eine ver¬

nünftige,

zweckentsprechende

des neuen Ilnivcrsitatsin Kiel malte er die Farbenskizzen zweier großer sym-

Für die Ausschmückung im Treppenhause gebäudes

bolischcr Wandgemälde, die vier Fakultäten; für den Saal des Rathhauses in Saarbrücken das Kolossalbild „Sturm auf den Spichcrcr Berg mit den Portraits von Moltke und Bismarck," das gegenwärtig im großen Saale der Kunstausstellung am Cantiansplatz die Bewunderung Aller hervorruft.

Organisation

der Unterrichtsklassen gelang cs, hier in kurzer Zeit höchst bedeutende Resultate zu erzielen.

Anton Alexander von Werner ist am 9. Mai 1843 zu Frankfurt a/O. ge¬ boren. Er bezog 1859 die Berliner Aka¬ demie und setzte dann von 1862—1867 seine Studien in Carlsruhe fort, wo er

Adolf Schrödtcr, Viktor Scheffel Dichtungen „Frau Aven-

in nahe Beziehung zu C. F. Lessing und

trat,

dessen

tiurc"

und

„Junipcrus"

er 1863—65

illustrirtc.

In

den Jahren 1865 und 1866 ent¬ standen an selbstständigen Bildern „Luther

und Cajetan," „Conradin," „Götz von Berlichingen," „Georg und Lcrsc," „Kloster-

linde" und „Quartett im Atelier." Werner erhielt 1866 den Preis der „MichaelBeerstistung" in Berlin und ging 1867 Illustrationen nach Paris, wo er die " und „Bergs um d u e a zu Scheffels „ G a wie die Bilder, mehrere sowie psalmen,"

„Entführung des Knaben Heinrich IV. durch Anno von Cöln" cvmponirte. Vom Herbst 1868 bis Ende 1869 brachte er in Italien zu; dort zeichnete er u. a. die Illustrationen zu Scheffels

„Trompeter von Säckingen,"

deren

Originale sich in der „Nationalgallerie" be¬ finden, zu „BergPsalmen" und zu „Hugdictrich" sowie die Entwürfe zu den 1870 ausgeführten Wandbildern im Gymnasium zu Kiel („Luther in Worms" und die „Erhebung von 1813"). Um den Auftrag des Kieler „Museums" auf ein Gemälde „Mvltke vor Paris" auszuführen — das später 1873 beendet worden ist — begab sich Werner 1870 in das Hauptquartier der III. Armee. Er kam dorthin mit warmen Empfehlungen von Seiten des Grcßherzogs von Baden an dessen kronprinzlichcn Schwager ausgerüstet und blieb bis zur Beendigung des Feldzugs in Frankreich. Die gewaltigen Thaten und Ereignisse, deren Zeuge von Werner in der unmütelbaren Nähe des Kronprinzen wurde, wandten seine künstlerische Neigung mehr und mehr der modernen Geschichte zu. Zur Ausschmückung der Siegesstraße am Tage des Einzugs der

Truppen in Berlin malte er das viel bewunderte Velarium. In ähnlichem Styl entwarf er bald darnach die gewaltige Frieskomposition für den Fuß der Berliner Siegessäule, dessen farbiges Original sich im Museum der Stadt Breslau befindet. Zu gleicher Zeit führte er das kolossale, rein realistisch portraitmäßig den bestimmten Vorgang veranschaulichende Bild der Kaiserprollamativn in der Spiegelgallerie zu Versailles, das Geschenk der Deutschen Fürsten an den Kaiser aus, das gegen¬ wärtig im Berliner Schlosse hängt.

Zeichenerklärung zu obigem Plan: 1. Churfürstl. Lusthaus"). 4. Das projectirte Bibliotheksgebäude. 5. in Cölln. 10. „Ihrer Durchlaucht der Kurfürstin Stall." 12. Das „Pi Ki nebst dem Domkirchhof auf dem Schloßplatz. 25. Friedrich-Werdersche Rathhaus. Berlinische Das 31. 29. „Das Joachimsthalische Gymnasium." die Zr 39. Die neue Brücke auf dem Werder (in der äußersten Ecke rechts (In der äußer brücke). 46. Das „Neue Thor".

Beschäftigt ist der Meister mit zwei anderen Kolossalbildern: „des Kaisers Einfahrt in Saarbrücken" sowie mit dem „Berliner Congreßbilde," welches die Stadt Berlin sich zum Gedächtnisse dieses hohen Ereignisses für das Rathhaus malen läßt.

Mit

einer —

schreibt

Ludwig Pietsch —

bei unseren

äußerst besten neliercn deutschen Malern bis zu Werners Auftreten verhältnißin Meister der schafft Werktüchtigkeit seltenen, praktischen

mäßig kurzer Zeit diese Kollossalbilder.

Er dankt

der sicheren Beherrschung

Praxis der ausgedehnter

diese so

Bewältigung, Bildflächcn wesentlich der Noth seiner Jugendjahre, der sorgen¬ vollen Lage seiner Eltern. Hatte er doch trotz des sich ftüh schon niächtig äußernden Talents statt mit dem herkömmlichen Kunstraschen

Ateliers zu beginnen, zu einem studium auf Akademien und in Stubenmaler in seiner Geburtsstadt Frankfurt a/O. in die Lehre Handwerk durch eigene Kraft sich treten müssen, um erst aus dem Er hat Kunst heraufzuarbeiten. zur sonnigen Höhe der reinen Lehrjahre rauhen Schicksal und diese wahrlich keinen Grund, dies vielmehr deren Segen so gut, daß er seinen zu beklagen; er erkennt Schülern einen Kursus der Stubenmalerci, das „Großeheutigen

Gertraudtenkirche seiner Vaterstadt. Im der Zinsgroschen" für die Kunstausstellung" Aufträge des Reichskanzlers leitete er die „deutsche in Paris; man erinnert sich, mit welchem Erfolge. auf der Sein neuestes Aufsehen erregendes Bild befindet sich Es Kronprinzeß. Frau Kunstausstellung und ist im Besitz der der Gegenwart in Daheim schildert „die Taufe" in des Künstlers Kronprinzlichen Herrschaften. Die Werke des Künstlers, der c-in fteudigcs Kunstschaffen in der Ber¬ ftisches liner Künstlerschaft

angeregt hat — eine handwerksmäßige Faustfertigkcit nennt es Schlendrians, ein Anwalt des ehemaligen — find be¬ ein impotenter Kunstkritiker dürfen kannt und sprechen ftir sich. Wir Meisters jugendlichen von dem Talent des Man hat noch vieles Schöne erwarten. über Spielhagen — schreibt Friedrich

Anton von Werner — dem Künstler von

symboli¬ einigen Seiten die Herbeiziehung Vor¬ zum Elemente allegorischer scher und zu nicht ja ist es und gemacht; wurf Gefahr eine Wege dem auf daß leugnen, dieser liegt. Aber ich behaupte, daß er immer bisher glücklich entgangen ist und entgehen wird.

Die Allegorie ist nur für

anderen die wirklich gefährlich, die keine aus¬ in nicht Ausdrucksmittcl oder diese direk¬ alle über reichender Fülle haben; wer

verfügt, ten Mittel der Kunst so souverän wo darf, der Werner, wie Anton von seine Zeichen zum keck diese zu Ende sind, Zuflucht nehmen. Und was Werner als realistischer Maler leisten kann, hat er

— längst auf das Glänzendste bewiesen.

Die Linder Friedrich Wilhelms UI. (Hierzu die Portraits Seite 13.)

Wie uns heute in Stadt und Land, die in Pallast und Hütte, soweit nicht nur

auch die liebe alte schwarz-weiße, sondern ein Bild Wand mancher weht, von stolze schwarz-wciß-rothe Flagge so erblickte darstellt, „Kronprinzen" anblickt, das die Kinder des namentlich Preußen sagen konnte, man in jenen Jahren, von denen preußischen Landen ein Bild, „sie gefallen mir nicht," überall in des Königs". Hier war's Kinder das die Unterschrift trug: „Die an anderen Orten ein Stahlstich, ein sauberer Kupfer-, dort ein Augen hingen mit unzählige aber Holzschnitt,

Lustgarten (daS Memharbtsche „Neue A. Das Ballhaus. 3. Grotte im 9. Churfürstlicher Stall Zeughäuser. 8. Müntze." 6. „Churfiirstliche 20. Die Domkirche Schloß". „Die Niederlage." 17. „Mühle beim Heilige Geistkirche, Die 26. „Fürstenhaus". iathhaus; daneben rechts das (Kurfürstenbrücke), 38. Die Lange Brücke e Stechbahn (das ist die zweite). Hundebrücke (Schlo߬ Die 40. i, die Straße führte zum Leipziger Thore). links „das Feuerwerkslaboratorium", Gießhaus.)

schlecht

illuminirter

Preußen liebte ja seinen König und seine eines anderen Königskinder, wie es kaum die Geschichte irgend will Forschung moderne Volkes aufzuweisen hat. Die superkluge wir aber mäkeln, Wilhelms III. uns auch an dem Bilde Friedrich die Großväter, unserer werden es nicht leiden, denn wir denken Mütze die an Hand die noch lange nach seinem Tode salutireiw Rede war. Und sie waren die Herrn" „alten dem von wenn legten, verschossenen Bande wahrlich nicht zu verachten, jene Alten mit dem Corsen zu grimmigen den im Knopfloch, die ihrem König halfen, sie den dritten warum haben, gewußt bändigen; sie müssen es wohl geliebt haben. Und Friedrich Wilhelm und seine Louise so sehr preußische Herz manches wie Kinder; mit den Eltern liebten sie die spielenden Königskinder gefragt mag beim Blick auf diese sorglos Schicksal sein? Euer haben; was wird

feuchten Blicken daran.

kaum entbehrlichen Zweig Flächen -Streichen -Lernen" als einen dringend empfiehlt. des malerischen Studiums Werner nach Berlin über, hier wurde siedelte 1871 Jahre Im Direktor der Akademie der Künste er am 6. April 1875 zum Künstlerschaft darum petitionirt ernannt, nachdein von Seiten der verwaiste Direktorstelle dem war, die seit Schadow's Tod (1858) entstanden außer den oben Berlin Künstler zu übertragen. Hier in

angeführten noch: Das

„Mosaikfries am Pringsheimschen

„Luther

dieLebensalter darstellend, und Hause" inderWilhclmstraße, malte Werner mit Bei¬ im Familienkreise". Im Jahre 1877 Dekorationen für das „CaP hülse seiner Schüler sechs figürliche Votivbild „Christus und Unter den Linden und 1878 ein

Rauer"

10 Fünf Königskinder spielen im Schloßpark von Charlottenburg, sie heißen Friedrich Wilhelm, Wilhelm, Carl, Charlotte und Alcxandrine; welch' eine Fülle von Gedanken, von Erinnerungen rufen diese Namen wach ; drei von ihnen wandeln noch unter uns, die letzten einer großen Zeit, und Einem davon hat es Gott ge¬ gönnt, der Erste zu sein einer nicht minder großen Zeit, welche die beiden Andern freudig mitgeschaut haben. Im Schloßpark zu Charlottenburg! Dann muß es vor 1806 oder nach 1810 gewesen sein, denn nach der Schlacht von Jena hat die Königin Louise Charlottcnburg nicht wieder betreten, seit Napoleon mit der ganzen Brutalität des Emporkömmlings im Bette der Königin geschlafen hatte. Es thut noth, an solche Dinge zu erinnern, wo falsche Sentimentalität auch den Todfeind unseres Vaterlandes „retten" möchte, wie man eine Livia, eine Messalina retten wollte. Aber was kümmert uns das Jahr, jeden¬ falls ist der Kronprinz schon Offizier, was Preußens Prinzen mit dem zehnten Jahre werden, und Prinz Wilhelm wurde es noch vor seinem zehnten Geburtstage, weil sein Königlicher Vater fürchtete, in der Unruhe jener Zeit nicht Gelegenheit zu haben, den Sohn am Geburtstage selbst einzukleiden. In Charlottenburg also sind wir, im Park der ehemaligen Lietzcnburg, deren Erbauer die großen Meister Schlüter, Goethe und Knobelsdorff sind. Mehr als einmal hat Feindeswuth hier ge¬ haust; sie mögen den königlichen Kindern wohl erzählt haben, wie im siebenjährigen Kriege die Sachsen die kostbare Antiken-Sammlung des Cardinals von Polignac zerschlugen und das Schloß gräulich verwüsteten, und ahnten nicht, welcher Feind hier bald noch ganz anders Hausen würde. Der Garten aber, in dem wir die könig¬ lichen Kinder erblicken, ward nach den Riffen des berühmten Le Notre von Simeon Godeau angelegt; wer kennt ihn nicht mit seinen Fichten, Ulmen und Buchen, seinen Rasenparterres, seinen Karpfen¬ teichen und dem stillen Wasser der Spree. Hart am Waffer spielen die Königskindcr, der Himmel liegt wolkenlos darüber, sie haben, wenigstens die Prinzen, die große Revue der alten stolzen Regi¬ menter gesehen, der Garde-du-Corps, der Gensdarmen, der Leibhusaren, sic ahnen nicht, daß es die letzte war für lange Zeit, in dieser Art überhaupt die letzte. Ein Krieg mit Frankreich droht, die Königskindcr spielen mit Blumen und winden Kränze. Der Kronprinz streckt die Hand aus nach dem Kranze der Schwester Charlotte, Prinz Wilhelm hält den scinigcn fest, Prinz Carl und Prinzeß Alcxandrine enteilen mit dem ihren, vielleicht, um ihn der Mutter zu bringen. Ungewiß mochte manchem wenige Jahre später das Schicksal der Königskindcr dünken und doch ist es ein farbenhelles, glänzendes geworden, wenn auch die Schatten bei Keinem gefehlt haben. Friedrich Wilhelm, der Kronprinz, am Tage der heil. Hedwig, am 15. Oktober 1795 geboren, bestieg 1840 den väterlichen Thron als König Friedrich Wilhelm IV. Den vollen Kranz, nach dem er die Hand ausstreckte, hat ihm das Leben ver¬ sagt, und doch war er mehr als eines Kranzes werth. Prinz Wilhelm, am 22. März 1797 geboren, nun, wir kennen ihn Alle; so fest wie den Blumenkranz in der Kinderhand, hat er auch seinen unverwelklichen Lorbcerkranz gehalten. Seiner Schwester Charlotte Friederike Wilhelmine Louise, geboren 13. Juli 1798 bog sich der Brautkranz um eine Kaiserkrone; die Gemahlin des gewaltigen Nikolaus, deren edel schöne Züge eine der Frauengestaltcn am Denkmal auf dem Krcuzbcrg trägt, ist in Preußen unvergeffen. Prinz Friedrich Carl Alexander, geboren den 29. Juni 1801, bekannt unter dem Namen des Prinzen Carl, hat als Herrenmcister des Johanniter-Ordens eine hervorragende Stellung auf dem Felde christlicher Barmherzigkeit, als „Fcldzeugmeister" eine solche in der Armee; aber er ist, als jün^rer Prinz, so zu sagen immer der erste Unterthan seiner Königlichen Brüder gewesen, allen andern Unterthanen ein seltenes Beispiel. Prinzeß Alcxandrine Friederike Wilhelmine Marie Helene endlich, geb. 25. Okt. 1803,

wurde die Gemahlin des Großherzogs Paul Friedrich von Meck¬ lenburg-Schwerin, dessen Wittwe sie nun schon seit langen Jahren ist. Sie hängt in gleicher Weise an der neuen wie an der alten Heimath und hat ihren fürstlichen Sohn zu Preußens treuestem Bundesgenossen erzogen.

Es ist lange her, seit die Königskinder im Schloßpark von Charlottenburg spielten, wenn jetzt die, welche von ihnen noch am Leben sind, durch den stillen Garten gehen, dann wandern sie zu einem schlichten Bau, der eine geweihte Stätte ist für Fürst und Volk, zum Mausoleum, darinnen Friedrich Wilhelm und Louise schlummern, darinnen das edle Herz Friedrich Wilhelms IV. ruht; wie oft mögen ihre Erinnerungen sie zurücktragen in die Zeit, da sie am Wasser Kränze wanden, die Kränze von damals sind ver¬ welkt, aber einer blüht und grünt in unverwelklicher Frische: „Kaiser

Wilhclnrs Lorbeerkranz!

Georg Foerster.

Die Lerlincr Stadt-Eisenbahn. (Hierzu die Illustrationen Seite 4, 5 und 11.) Von 8»>it Bominili.

Nicht lange mehr wird's dauern und die Berliner Stadt¬ bahn wird eröffnet, und damit in dem Berliner L"kalverkehr eine gewaltige Aenderung hervorgerufen werden. Der gewölbte

Viadukt

der Berliner Stadtbahn wird eine Gesammtlänge von 7860 Meter haben, davon waren bereits am Schluß der vorjährigen Baucampagnc 3A fertig gestellt, das Baujahr 1880 hat denselben bis auf ein Paar kleiner Stücke gefördert. Diese sind ebenfalls schon im Bau soweit vorgeschritten, daß die volle Fertig¬ stellung binnen wenigen Monaten zu erwarten ist. Von den Eisenkonstruktionen für die größeren Brücken ist nur noch diejenige der Spreebrücke in der Nähe der Albrecht¬ straße aufzustellen. Dieselbe wird die Spree mit einem einzigen Bogen von 47,15 m Lichtweite (rechtwinklig zum Strom geniesten) überspannen und wird durch ihre kühne Erscheinung das allgemeinste Aufsehen erregen. Diese ist in der Fabrik bereits in Arbeit. Eiserne Straßenüberbrücknngcn stehen bis jetzt erst drei, nämlich über der Fruchtstraße, Koppenstraße und Straße am Kupsergrabcn. Es sind jedoch eine größere Anzahl in Arbeit. Unter andern werden die der Louisenstraße und der Stall¬ straße zunächst zur Aufstellung gelangen. Tüchtige Zeichner haben für unser Blatt längs der ganzen Stadtbahn die interestantcsten Punkte im Bilde festgehalten, davon wir drei Illustrationen in unserer heutigen Nummer (Seite 4, 5 imd 11) abdrucken; die übrigen werden in den nächstfolgenden Aufimhme finden. Die heutigen Anschauungen im großen Publikum — schrieb kürzlich Baurath Heyden in unserm Blatte — bewegen sich noch in absprechenden Urtheilen über die Vortheile der jetzigen Stadt¬ bahnanlage für die Stadt Berlin; indeß wird, wie bei allen großen Einrichtungen, die neu entstehen, der kritische Sinn so lange sich negirend verhalten, bis die fertige Sache und die praktische Verwerthung derselben ihre weittragenden und wohlthuenden Einstüste geltend gemacht haben.

Es ist fast mit Bestimmtheit vorauszusagen, daß bald nach der Betriebseröffnung der Stadtbahn sich das Augenmerk, wenn auch nicht gleich auf den Bau neuer Stadtbahnen, so doch gewiß auf den von neuen Anschlüssen an hervorragende Zwischenpunkte der Stammbahn, vielleicht auch auf die Anlage kleiner Ab¬

zweigungen Ich will

lenken

wird.

an der Hand von mir fteundlichst zur Verfügung gestelltem Material sowie von Aufsätzen in hiesigen technischen und

11 anderen Zeitschriften*) mittheilen, in welcher Weise der Verkehr auf der eröffneten Bahn stattfinden wird. Diese selbst war

demnächst

bekanntlich von Baurath A. Orth projektirt, vom Geh. Oberbau¬ rath Hartwich inscenirt und wird von der Staatsregierung An der Spitze der Bahn steht gegenwärtig Herr durchgeführt.

Regierungs-Baurath Dircksen. Mitglied der Direktion ist ferner Regierungs-Assessor Maaß. Hilfsarbeiter der Direktion, Herr Eisenbahnbauinspektor Houffelle. Abthejlungsbaumeister sind: Schröder, Schwieger, Barkhausen, Sartig, Wex und Bieske. Die Bahn erhält durchweg vier Geleise, und zwar zwei für den durchgehenden Verkehr, das heißt Geleise, auf welchen die Schnell- und Personenzüge der an die Stadtbahn anschließenden Bahnen (Ostbahn, Niederschlesische, Potsdamer, Wetzlarer, Lehrter, Hamburger und wahrscheinlich auch Nordbahn und Dresdner) durch Berlin hindurchgeführt werden sollen; und zwei Geleise für den

Lokalverkehr. Bahnhöfe

für

den

durchgehenden Verkehr

werden:

1) der Niederschlesische (Frankfurter), 2) der Bahnhof „Königs¬ brücke" (Alexanderplatz), 3) der Bahnhof „Friedrichstraße" (auf dem Platz des ehemaligen Circus Renz), und 4) der Bahnhof

„Charlottenburg" (zwischen der Wilmersdorfer- und

verlängerten

Schloßstraße, etwa 1800 m südlich vom Schloß belegen). Diese Bahnhöfe sind gleichzeitig Haltestellen für den Lo¬ kalverkehr. Für diesen allein werden außerdem noch folgende

Gcpäckcxpedition wird hierbei nicht stattfinden. Der Aufenthalt in den Haltestellen wird ferner so kurz wie möglich bemessen; auch wird das Publikum die Ankunft des Zuges nicht in Wartcräumen, sondern auf dem

Perron erwarten.

(Schon eine der nächsten

Bahnhofs „Moabit" Der Fahrgast löst sein Billet an einem Schalter im Vestibül und wird daraufhin beim Zugang oder Abgang vom Perron kontrollirt. Ein Kontrolleur am Zugangstunncl gestattet Niemandem den Eintritt ohne Billet und ein Kontrolleur am Ausgangstunnel läßt Niemanden hinaus, ohne daß ein auf die Station lautendes Billet vorgezeigt wird. Auf dem Perron hat der Reisende selbst dafür zu sorgen, in den rich¬ tigen Zug zu gelangen. Auffchriften und Wegweiser informiren ihn und außerdem rufen auf dem Perron postirte Beamte Richtung Nummern bringt das bei

Bild

des fast fertigen

Cafe Gärtner.)

und Bestimmungsort der Züge aus. Diese Beamte öffnen auch die Wagenthüren noch während des Anfahrens und schließen die¬ selben während Ingangsetzung des Zuges. Das Zugpersonal, welches mit dem Publikum nichts zu thun hat, besteht nur aus dem Maschinisten, Heizer und Bremser. Dieser Verkehr wird höchst wahrscheinlich mit dem in ähn¬ licher Richtung stattfindenden der Pferdebahn gewaltig konkurriren. Die Wahl des Publikums zwischen Pferdebahn und Stadt¬ bahn wird einmal davon abhängig sein, welches von den beiden Verkehrsmitteln dem Ausgangspunkte oder dem Ziele am bequcm-

Üerliner Ztadteileiibahn.

I

anno Witz brücke, 2) ander 5 Haltestellen angelegt: 1) An der „Neuen Promenade", 3) am Lehrter Bahnhof, 4) zwischen der Brückenallee und der Spree bei Moabit (an der nördlichen Ecke des Bellevuegartens, dicht beim Käse Gärtner) und 5) am

zoologischen Garten. Es wird also künftig zunächst der Lokalvcrkchr in's Leben treten. Und zwar der Lokalverkehr der Innenstadt zwischen den einzelnen Stadttheilen derselben unter sich und mit Charlottenburg, zweitens der Lokalverkehr zwischen der Innenstadt und den Vororten Berlins, welche Stationen der Ringbahn bilden, und drittens der Lokalverkehr zwischen der Innenstadt und den mehr entlegenen Vororten Berlins, westlich: Wannsee, Potsdam und Spandau, östlich: Köpenick, Friedrichs¬ hagen und Erkner. Damit das Publikum den Fahrplan im Gedächtniß behalte, werden sich die Züge in gleichen Intervallen von etwa fünf Mi¬ nuten folgen und zwar in der Weise, daß vielleicht jeder sechste Zug (beim Anwachsen des Verkehrs natürlich entsprechend häufiger) auf die Ringbahn übergeht, und daß vielleicht jeder 12. Zug, also jede ganze Stunde ein Zug bis nach Potsdam, bezw. Span¬

dau oder Erkner hinausgeführt wird. allgemeine Gestaltung des Verkehrs auf der Berliner Stadtbahn und auf den Endbahnhöfm Ber¬ lins." Deutsche Bauzeitung 1874. Nr. 24 und 26. Ferner „der östliche Anschlußbahnhof der Berliner Stadtbahn" vom Reg.-Baumeister Schwieger,

*) Anmerkung: „lieber

die

spätere

Bauzeitung 1878 Seite 241 und 251. — Norddeutsche Allgem. Zeitung 1879 Nr. 37.

liegt; und ferner, welches am billigsten und schnellsten*) be¬ fördert. Weitere Pferdebahnstrecken zu benutzen, wird nach Er¬ öffnung der Stadtbahn kaum noch räthlich sein. Für kleinere Strecken wird die Pferdebahn ilnniP das bequemere Verkehrsmittel bleiben. Und das schon aus dem Grunde, weil sie vom Wege selbst aus bestiegen werden kann, weil nicht Bahnhöfe oder Haltestellen auf¬

sten

gesucht zu werden brauchen.

komme nun zu dem externen Verkehr der

Stadtbahn Das ist der Verkehr Berlins mit den Pro¬ vinzen und dem Auslande. Soweit die in Berlin mündenden Bahnen an die Stadtbahn anschließen werden, also für 1. die

Ich

(mit Gepäckverkehr).

Berlin-Hamburger,

2. die

Berlin-Lehrter,

3.

dieVerlin-

Potsdam-Magdeburger, 4. die Niederschlesisch-Märkische 5. die Ostbahn 6. die Wetzlarbahn und wahrscheinlich auch für 7. die Nordbahn und 8. die Dresdner Bahn wird der externe Verkehr hinsichtlich seiner Bewältigungsweise eine sehr wesentliche Aenderung erfahren, nicht nach der Seite der

Mächtig¬

keit.

Denn wenn ich auch annehmen darf, daß alle Fremdlinge, welche die Leiden einer Droschkenfahrt von den Bahnhöfen des Ostens, Westens und Nordens zum Kaiserhof oder zu anderen

*) Anmerkung.

Die Pferdebahn

Berlin Charlottenburg

fährt

zum Beispiel viel zu langsam. Man wird künftig vom Bahnhof „Friedrich¬ straße" der Stadtbahn bis zum Bahnhof „Charlottenburg" derselben Bahn in Zeit der jetzigen Pferdebahnfahrt Friedrichstraße — Char¬

lottenburger Schloß gelangen. Wird dann der Preis für die Eisenbahn¬ fahrt nicht höher wie 25 Pf. sein, dann wird alle Welt natürlich die Eisenbahnfahrt vorziehen.

geändert — werden. Es liegen mir keine statistischen Nachrichten von der Droschkenbcnutzung der einzelnen Bahnhöfe vor; soviel mir bekannt, verschlingt der

Hotels ausgestanden haben, dieselbe Kritik über unsere Droschken und über die gefüllt haben werden, deren Beruf es wäre, Berlin auch „nach der Drofchkenscite" hin weltstädtisch zu machen; so meine ich doch, unsere Stadt hat auch immer wieder die ausgestandenen Droschken- und Straßenpflasterleiden durch ihre Schönheit vergessen

geschmälert,

Die Stadbahn ist für den externen Verkehr als ein durch die ganze Stadt vertheilte! Centralbahnhof der zu betrachten, vermöge eben der Ein¬

richtung, daß auf allen Stadtbahnhöfen Passagiere der sämmt¬ lichen anschließenden Bahnen abgesetzt und aufgenommen werden sollen. Und das müßte natürlich alles — wenn möglich — ohne Wagenwechsel durchgeführt werden können.

Zur Bewältigung dieses Verkehrs (mit Gepäckexpedition) werden aber wahrscheinlich noch Sammelzüge in's Leben treten, welche den Zweck haben, den externen Verkehr der Ringbahnstationen von und nach den Stadtbahnstationen zu vermitteln. Die Ueberführung der Kourier- und Schnellzüge der an die Stadtbahn anschließenden Bahnen über die Stadtbahn wird also etwa in der Weise gehandhabt werden, daß beispielsweise ein Kourierzug auf die

Berlin-Potsdamer Bahn

zügen von Berlin abgelassen vom Ostbahnhofe ausgehend Stadtbahn sammelt, während in herkömmlicher Weise vom

werden

gleichzeitig in

wird, von

zweiTheil-

denen der eine

längs der ganzen der entsprechende andere Thcilzug eignen Bahnhöfe der Potsdamer Bahn abgelassen werden wird. In Potsdam oder in einer näher liegenden Station, Zehlendorf v. a., vereinigen sich beide Theilzüge zu einem einzigen, weiter laufenden Kouricrzuge. Das Gepäck wird bcigeladcn, soviel Zeit wird schon auf den einzelnen Stadtbahnhöfen gegeben werden müssen. (Siehe Skizze des Betriebsbahn¬ hofs der Stadtbahn bei Charlottenburg und des Oestl. An¬ schlußbahnhofes, Seite II.) Es tvird sich ein sehr buntes Treiben auf den Bahnhöfen der Stadtbahn*) entwickeln. Bedenkt man, daß gegenwärtig auf den Berliner Bahnhöfen täglich etwa 10 Züge aus der Provinz kommen und dahin abgehen, und daß später alle diese Züge aller Bahnhöfe auf allen Bahnhöfen der Stadtbahn Passagiere absetzen resp. aufnehmen werden. Sehr nothwendig wird cs sein, daß die Fahrpläne der anschließenden Bahnen

in gegenseitige Beziehung

In

die

zu

Passagiere

einander treten.

Man wird „auf der Stadtbahn reisen" lernen müssen. wenigen Jahren aber wird cs nur noch wenige Reisende geben,

welche aus Bequemlichkeit an dem Endbahnhof landen und schwer¬

fällige Droschkcnfahrt benutzen, alles wird denjenigen Stadt¬ bahnhof wählen, der seinem Reiseziel am nächsten liegt. Rach der Bedeutung der Verkehrsbezirke fallen die dichtbe¬ völkertsten Stadtthcile, nämlich die Königsstadt, Berlin, Cöln und das Spandauer Viertel, in welchem zugleich auch die Handels- und gewerbrcichste Thätigkeit herrscht, dem Bahnhöfe „Königsbrücke" zu, dagegen die vornehmsten Stadttheile, nämlich Friedrichs-, Dorotheenstadt und Friedrichwilhelmstadt, in welchen der größte Fremdenverkehr herrscht, dem Bahnhöfe „Friedrichstraße". Aus diesem letzteren Grunde geschah auch der Bau des „Centralhotels", das eher fertig gestellt ist, als die Zufuhrquclle. Es ist sehr wahrscheinlich, daß durch den Bahnhof „Königsstraßc" eine weit bedeutendere Bebauung des umfangreichen Terrains zwischen Brunnenstraße und der Schönhauser Allee, sowie zwischen dieser und der Prenzlauer Chaussee und weiter östlich bis zur Greifswalder Straße stattfinden wird, als das selbst in den Gründerjahren begonnen wurde. Die Droschkenfrequcnz der jetzigen Bahnhöfe wird durch die Eröffnung der Stadtbahn ganz wesentlich berührt — nicht

j

j

rufen werden müssen. Der Verkehr wird an dieser Stelle über Nacht riesengroß da¬ stehen und die Abladung nach den Hotels der Linden, nach den umliegenden Stadttheilen wird kaum ermöglicht werden können. Zumal wenn man berücksichtigt, daß der Neubau der Wcidendauimcrbrücke nicht, wie das ordnungsmäßig zu geschehen hätte, jetzt zugleich mit dem Bau der Stadtbahn stattfindet, sondern daß derselbe sofort nach der Eröffnung des Bahnhofs

„Friedrichstraßc" in Angriff genommen werden wirdes werden, daß zugleich mit dem Neubau der „Weidendammerbrücke" die Spreeuferstraße nach Südwest zum Stadtbahnhof gebaut wird, die den Verkehr vom Bahnhof „Friedrichstraße" nach Nord ganz wesentlich entlasten würde. Von der Durchlegung der Charlottenstraße ist alles still geworden und von der sehr nothwendigen Negulirung der Straße „Am Weidendamm" — Fremde finden hier mitten in der Stadt noch eine alte Brücke über dem Graben beim Montirungsdcpot aus der Zeit des Großen Kurfürsten wohlerhalten vor — verlautet noch gar nichts.

Sehr nothwendig wird

(Fortsetzung folgt.)

Kliscellen. Kopie des

erste Stück der Londoner

Stadtbahn trat 1863 in Betrieb,

Claris von ZSerkin von Joh. ZLernhard

Schukh

Wenn die ver¬ (Siche Seite 8 und 9.) ehrten Leser sich ein wenig mit dem vorliegenden Plan vertraut gemacht haben, tvcrdcn sie mit mir der Meinung sein, daß der¬ selbe zur Kenntniß des Berlin vor 200 Jahren mehr beiträgt, als ein starker Band voller Erläuterungen. Ich habe die Zeichen¬ erklärung gleich unter das Bild setzen lassen und hätte dieser

vom Jahre 1688.

eigentlich nichts hinzuzufügen.

Berlin war schon vor 200 Jahren eine Stadt, die sich sehen Der Lustgarten, das Schloß, Schloßplatz und laßen konnte. Brcitestraße, der Werder gewähren ein Bild, wie es hübscher nicht viele alte Städte haben werden. Schon schwammen Schwäne auf der Spree, wie das auf dem Graben deutlich zu sehen, der genau dort floß, wo jetzt das alte Museum steht und der wenige Jahre vorher gezogen war. Wir empfangen ein deutliches Bild, wie das Schloß zu Berlin ausschaute, ehe Meister Schlüter den gegenwärtigen Umbau schuf, wir sehen das Ungethüm von Gloria, der mit seinem Falle den und damit der sonst so zu lobenden brachte Meister Schlüter zu dunklen Flecken geschaffen hat. einen I. Friedrichs Baugeschichte sich in seiner ganzen repräsentirt Berlin Dom Der zu

Münzthurm in

seiner ganzen

Fall

Schönheit und wirkt freundlicher als der heute stehende Neubau Friedrichs des Großen an der Stelle, wo die alte Bibliothek im Lustgarten projectirt war. Hierbei möchte ich mir noch eine Bemerkung erlauben. Jetzt, in letzter Zeit, durchliefen als Anhängsel zu den Nachrichten über die ausgcgrabencn Gegenstände auf dem Schloßplatz oft ganz un¬ glaubliche

Blätter. *) Das

doch

Verkehr der in Ost und Nord gelegenen Bahnhöfe die größte An¬ zahl Droschken, je 4—500 täglich. Das wird sich wesentlich ändern, in welcher Weise, wird der Verkehr erst ergeben. Mir scheint, daß bei Zeiten gerade für einen sehr umfangreichen Drosch¬ kenhalteplatz des Bahnhofs „Friedrichstraße" gesorgt werden müßte, für Schaffung neuer Zufahrtstraßen dorthin und daß in dieser letzteren Beziehung alle betheiligten Behörden energisch wach ge¬

gemacht.

anschließenden Bahnen

aber

Doms

Sachen

die Spalten

unserer sogenannten politischen

Ausgrabungen die genaue Lage des feststellen und was nicht für Unsinn noch. Nun ist ja nicht

Da sollten

diese

13 zu verlangen, daß meine Herrn College» von der Politik die Geschichte des alten Berlin so kennen, daß ihnen die Unwistenheit in solchen Reporternotizen sofort vor Augen stände, sie sollten sich

s

j

-

aber doch ein wenig bester die Leute ansehen, die ihnen diese No¬ tizen bringen, um sich vor Schaden zu schützen. Was war das neulich für Faselei über den Schlüterscheu Münzthurm in der

1808.

Jahre

vom

Meyer)

von

gest.

Döhling,

von

(gemalt

Kupferstich

einem

nach

Originalzeichnung

Charlottrnlmrg.

zu Zchloßgartrn

im HI.,

Wilhelms

Friedrich

Kinder

Ale

Erklärung

ZU

diesrin Silbe:

1. Prinz Friedrich Wilhelm Ludwig (Kaiser

Wilhelm); 2. Kronprinz Friedrich Wilhelm (nachher König Friedrich

IV); 3. Friedericke Luise Charlotte Wilhelmine, geb. den 13. Juli 1798 (später Kaiserin von Rußland); 4. Friedericke Wilhelmine Alexandrine Marie Helene, geb. den 20. Februar 1803 (Großherzogin Mutter von Mecklenburg-Schwerin); 5. Friedrich Karl Alexander (heute Prinz

Wilhelm

Karl von Preußen). —

14

V. Z. aus

der Feder eines Baumeisters, und wie fast durchgängig waren die täglichen Notizen über die Ausgrabungen auf dem Schloßplatz. Wir besitzen vom Jahre 1644 bis 100 Jahre später zur Zeit etwa des Abbruchs des alten Doms*) eine Reihe ganz vorzüglicher Specialkartcn und Spccialschriften über den Dom, daß die jetzigen Ausgrabungen dem darin Gegebenen nichts hinzufügen können. Ausgrabungen auf dem Schloßplatz im Nordostcn von den jetzt vorgenommenen, also „in der todten Ecke zwischen Schloß und falsch

Spree" können über den ersten Schloßbau**,) die jetzt ge¬ führten über die älteste Form der Domkirche vor 1440, andere Ausgrabungen über die Lage des „schwarzen Klosters"***) Auskunft geben, sie können über die verschwundenen Hohcnzollcrnsärge aufklären; über die Form der zum Theil unter Friedrich Wilhelm 1., dann 1747 ganz abgebrochenen Domkirche haben wir aber keine näheren Nachrichten durch Spaten und Hacke mehr nöthig. Der Marstall in der Breitenstraße zeigt bereits die heute noch genau vorhandene hübsche Front, nur der Thurm ist nicht mehr vorhanden, der auf dem nach dem Wasser zu gelegenen Hintergebäude sitzt. Was war das für ein Thurm? Und kann mir ein hochverehrter Leser und Mitarbeiter darüber Auskunft er¬ theilen, tvic alt dieses Hintergebäude sein mag. Heute befinden sich dort, wie bekannt, die Stallungen der Pferde des Königs. Einer dieser Räume, in dem die Reitpferde Sr. Majestät heut stehen, ist besonders durch seinen

würdig.

mächtigen Säulengang

merk¬

Wie alt mag dieses Gebäude sein?

Auch die schöne

Schloßfreiheit

ist schon vorhanden; schade,

daß nicht schon damals der Münzthurm, statt Meister Schlüter zu

Fall

bringen, diesen unschönen Fleck Berlins in seinem Falle zerschlagen hätte. Wir hatten dann nicht heute nöthig, unsere werthen Köpfe zu zerbrechen, wie dieser Schmutzfleck wegzuschaffen. An Stelle des wenige Jahre später gebauten Zeughauses stehen noch Gebäude mit Gärten, und das heutige Kronprinzliche Palais, damals am „Neuen Thor" gelegen, zeigt sich in de* Gestalt, wie ich dasselbe schon einmal im vorigen Jahrgang ab¬ zu

konterfeien ließ.

Einen hübschen Anblick gewährt die Königsstraße mit ihren Querstraßen und wir empfangen ferner eine klare Vorstellung über Lage und Form des damaligen Nathhauses.

Als im alten Dom zu Berlin im Jahre 1614 die reformirte Religion durch Johann Sigismund eingeführt wurde und alle Bilder und Zierrathen in einem Anfall von Bilderflürmcrei herausgenommen wurden (worüber- bekanntlich ein großer Tumult *) Anmerkung der Ned.

entstand), da kam, wie ich das des Näheren schon einmal nach alten Zeitungsnachrichten erzählt habe, ein Theil der Bilder nach Hohcnziethen und Dertzow. Diese Bilder, geborene Berliner, sind beim Brand der Kirche in diesem Jahrhundert sämmtlich bis aus eins verbrannt. Ein anderer Theil dieser denr alten Bcrliirer Dom entzogenen wcrthvoUcn Bilder nahm der Johannitermeister Fürst Johann Moritz von Nassau (gest. 1679) an sich, und ließ damit die Kirche zu Sonnenburg schmücken. Ich frage, cxistiren diese Bilder noch in der Sonnen¬

burger Kirche? **) Ich

mochte bei dieser Gelegenheit allen wirklichen Bcrlinkennern

die gewiß freudige Mittheilung machen,

kundigster Feder —

daß

binnen Kurzem von sach¬

den Namen dieses verdienten Mannes zu nennen

habe ich keine Erlaubniß —

ein Werk über das Königliche Schloß er¬ langjährigen genauesten Untersuchungen — Keller- und Grundrißstudien — basirend eine sehr nothwendige Ergänzung zum Dohme'schen Werke bilden wird, das bekanntlich die alte Schloßbaugeschichte und was damit zusammenhängt nicht in der Ausführlichkeit be¬ handelt hat, wie die neuere Sch^oßgeschichte. ***) Das Kloster lag wahrscheinlich am Eingang der nach den „schwarzen Brüdern" genannten Brüderstraße aus dem Platze, wo später¬ hin die Häuser 1—4 erbaut worden sind. scheinen

tvird,

welches

aus

Ich werde dieses Mittelstück des alten Schultz'schen Planes später vervollständigen durch Reproduktion des Theils, welcher die damalige Entstehung der

Dorotheenstadt

re. darstellt.



Dominik. „Korken lind

Bei welcher Gelegenheit auch ßompot!" Redensart und ob dieselbe in Berlin geboren wurde, er¬ Ein Freund unseres Blattes kundigte sich kürzlich ein Leser. Die „Restau¬ kann darauf die nachstehende Auskunft geben. diese

ration von Frank" in

der Heiligengeiststraße war in

den

zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts ein vielbesuchtes Speise¬ haus, in welchem junge Leute gut und wohlfeil zu Mittag aßen. Der Wirth war wegen seiner guten Speisen und seiner außer¬ gewöhnlichen Grobheit eine stadtbekannte Persönlichkeit. Als nun einmal sich ein junger Mann darüber beschwerte, daß das Menu bereits seit drei Tagen kein Cvmpot brächte, rief Herr Frank: „Saure Gorken sind auch Compot!" Es ist das derselbe Mann, von dem auch die folgende später oft illustrirte Anekdote erzählt wird. Als wieder einmal ein Gast da¬ rüber Beschwerde führte, daß er in seiner Suppe einen Faden gefunden hätte, rief ihm Frank zu: „Nun nein! Soll vielleicht in Ihre Zweigroschen-Suppe eine Sammetmantille schwimmen?" —

Welche Käufer Werkins vcfinde« sich feit 1812 noch heute Westh dcrfelöeu Iamilien? Der kürzlich in Nr. 34 ver¬ öffentlichte Auffatz des Herrn Ghmimsialdirektors Schwartz hat einen vortrefflichen Freund unseres Blattes, dein wir schon so

im

manchen wcrthvollen

der beiden Bücher:

Beitrag verdanken, veranlaßt, an der Hand

„Allgemeiner Straßen- und Wohnungs¬

anzeiger für Berlin, herausgegeben von S. Sachs, König!. Bauinspektor" und „Berliner Adreßbuch für das Jahr 1880," diejenigen Hausbesitzer namhaft zu machen, deren Vorfahren vor 60 Jahren bereits im Besitz der betreffenden Grundstücke waren. Ich will nur gleich vorherschicken, cs sind ihrer nicht viele, die Continuität im HauSbesitz ist eine verschwindende. Unser Blatt wird nach und nach die sämnitlichen Straßen aufführen. Heute nur den Anfang, und ich werde mich dabei so kurz wie möglich fassen. Um Vervollständigung wird gebeten.

Heiligegeiststraße 21 (ehemals Wittwe Doussin, heute Doussin & Comp., Tabakfabrik). Spandauerstraße 65 (damals und heute Goldschmidt, Kaufmann) und Nr. 74 (Oehme, Seidenwaarenfabrikant 1812 und heute Oehmes Erben), Nr. 36 (damals Lentz, Zinngießermeister, heute Rentier Lentz), Nr. 46 (Mädicke, Knopf¬ fabrik ehedem, heute Mädicke, Fabrikbesitzer Charlottenburg). Neue Markt 4 und 5 (Wache, verw. Kammergerichtsassessor heute, damals Wache, Amtschirurgus). Königsstraße 56 und 57, (ehemals L. M. Bamberger, Geldwechsler, heute Bamberger, Ban¬ quier), dir. 40 früher Caspary Weinhandlung, heute wohnen im Hause Milsche & Caspary, Weinhandlung, der Besitz ist in andere Hände übergegangen. Poststraße 23 ehedem Kaufmann Knoblauch, heute Prof. Geh. Regierungsrath Knoblauch. Stralauerstr-'üe Nr. 28. 29 heute wie damals im Besitz der Familie Ravens. 4—6 ebenso im Besitz der Brauerfamilie Bier. Nr. 16 besaß 1812 Seifenfabrikant Sarre, heute ist der Besitz ein anderer und nur das Geschäft von Sarre & Comp, befindet sich noch in demselben Hause. Nr. 42 heute wie damals Kauftnann Stein¬ haufen. Nr. 52 damals Kaufmann Kcibel, heute Kommerzienrath Klosterstraße 70 damals wie heute Gasthofbesitzer Kcibel. Neucndorff (Grüner Baum). 72 damals Kade, Schlächtermeister, Nr. 87 damals wie heute heute Rentiers T. und R. Kade. & Bankgeschäft. Hoher Steinweg 9—10 Fetschow Sohn H. F. damals Kaufmann Reetz, heute Wittwe Reetz. Schloß frei heit Nr. 2 damals wie heute Hofjuwelier Humbert, Nr. 4 damals Kauftnann Godet, heute Hofjuwclier Godet. Schloßplatz 12

/ 15 damals Kaufmann Krüger, heute Krüger & Peterson, Tabaksfabrik und Samenhandlung. Brüderstraße 13 damals wie heute Fr. Nicolais Erben. Nr. 30 damals wie heute Bäckermeister Spreegasse 1 damals Schlosser, heute Klempner Hamann. Barthel. An der Schleuse 3 daiitüls Goldarbeiter Bichlie, heute Bichlie's Erben. Nr. 5 Färber Gain damals, heute Kaufmann Gain. Gertraudtenstraße 16 heute wie damals Gebr. Schicklcr, Nr. 24 Leddihn, Rentier damals wie heute. Grünstrahe 20 damals Landeck, König!. Wagenmeister, heute dessen Erben. Kölnischer Fischmarkt 1 und 2 Kaufmann Bräutigam, heute Roßstraße 15 ehemals Kaufmann, heute Rentier dessen Erben. Neumann. Nr. 16 ehedem Schreiber, Viktualienhandlung, heute Schreiber Erben. Petri- (damals Lappstraße) 1 und 2

Mr

erste

Briefkasten. Amtsgerichtsrath Kl. Gr. Brief an Font. ist besorgt, der sich über denselben sehr gefreut hat. Frager Neumark. Ich kenne für die Entstehung der Redensart „Verbessert durch Johann Ballhorn" die eine Version: Dieser Ballhorn soll um 1550 ein Buchdrucker zu Lübeck gewesen sein. Er machte eine neue Auflage von einer damals gewöhnlichen Kinderfibel, welche auf dem Titelblatte einen Holzschnitt hatte, der einen großen Hahn mit großen Sporen darstellte. Diesen Hahn ließ er nun von neuem in Holz schneiden und ihm einige Eier zulegen, wodurch er sich dann berechtigt glaubte, auf dem Titel hinzusetzen zu können „vermehrt und verbessert durch I. B." Büchmann in seinen „Geflügelte» Worten" berührt Seite 192 den Gegenstand ausführlichst. L. v. Ro. Die Heilquellen von Carls bad sind 1370 bei Ge-

I.

Srrtiner Dampf-Droschke.

Originalzeichnung von H. Lüders.

damals wie heute Rentier Leddihn. Fischerstraße 5 ehemals Brantweinbrenner, heute Rentier Wiesecke. Schornstein¬ fegergasse 5 ehedem Kaufmann heute Rentier Reumann. Kur¬ straße 37 damals wie heute Rentier Lederer. Niederwall¬ straße 34 Schumann & Hensel Gold- und Silberfabrik heute wie damals, Nr. 37 Petzold, Schmied, heute Klempner. Alte Leipzigcrstraße 11 Schumann & Hensel ehedem, heute Henscl'sche Erben. Nr. 16 beidemale Wittwe Lederer. Nr. 17 Boese, Oblaten¬ fabrikant, heute Boeses Erben. Oberwallstraße 6 Lange, Conditor ehedem, heute Wittwe Lange. Unter den Linden 1 beidemale Graf Redern, Nr. 10 ehedem Hofrath Rück, heute Kanzleirath Rück, Nr. 30 beidemale Weinhandlung von Habel, Nr. 53 beidemale Apotheke von Lucae, Nr. 75 Graf Schwerin. Dorotheen(ehedem Letzte-) Straße 34 (ehedem Nr. 31), Nobiling, Holz¬ verwalter früher, heute Nobiling Seifenfabrik. Nr. 93 (ehedem 60) Thiede, Tischler. Mittelstraße 12 Hoepke Destillateur, heute Rentier. (Fortsetzung folgt.) Wiesecke,

legenheit einer Jagd Karls IV., des für die Märkische Geschichte so bedeutsanien Fürsten, entdeckt worden. Leser des Bär seit 1876. Die Hasenhaide gehörte in älterer Zeit den Gemeinden Tempelhof und Nixdorf, kam im 17. Jahrhundert in den Besitz des Kurfürsten und wurde zu einem Wildgarten

bestimmt, woher

ihr heutiger Name rührt An unsere Leser. Wer kann dem Leben Papa Wrangels erzählen?

Frl. K.

Louisenstraße.

„Bär"

gute Anekdoten aus dem

Ein guter Gesang wischt

den

Staub vom

Herzen.

Inhalt. Lottchen Lindholz,

eine Berlinische Geschichte aus dem 17. Jahr¬ Hesekiel. Die Berliner Dampsdroschke (mit Illu¬

hundert von Ludovika stration von H. Lüders). Anton von Werner (mit Portrait von Kolb). Die Kinder Friedrich Wilhelms III. (mit Portrait aus dem Jahre 1805) von Georg Foerster. Die Berliner Stadteisenbahn (mit drei Illustra¬ tionen) von Emil Dominik. Miscellen: Copie des Plans von Berlin von Bernhard Schultz vom Jahre 1668 (mit Illustration); Gorlen sind auch Compot; Welche Häuser Berlins befinden sich seit 1812 noch heute im Besitz derselben Familien? Briefkasten. Inserate.

16

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dungen werden sowohl von diesen wie von der unterzeichneten Verlags¬ handlung jederzeit entgegengenommen. Das Werk wird bis Weihnachten d. J. vollständig vorliegen. Ausführliche Mustrirte Prospekte stehen gern zu Diensten.

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Dör Bär. lllustrirte Berliner

Wochenschrift. Eine Chronik für’s Haus. Herausgegeben von Stadtrath Ernst Friedei und Emil Dominik. (Preis pro Quartal 2 Mark, bei direkter Versendung der einzelnen Nummern unter Kreuzband seitens der Verlagshandlung Preis pro Quartal Mark 2,40.) VH. Jahrgang No. 1 u. ff. (Oktober — December 1880.) Ort, Datum und Wohnungs Name und Stand:

Für

die Redaction verantwortlich:

Emil Dominik in Berlin W. Druck:

ÜB.

— Verlag von SRceftt HefSuchdruckerei in Berlin.

Gebrüder Paetel in Berlin W.

Unter Mitwirkung von: C. älfieri, f. ürunold, Pros. Dr. tSeorg Lüchmann, Prof. Dr. p. Lasset, Stadtarchivar Fldicin, Theodor Fontane, Qidovica HeseKiel, Dr. W. Horn, Dr. Hermann ülellte, Ferd. Meger, Dr. Ford, pssng, Dr. tz. pröhte, l!. Schillmann, Direktor Wilhelm Achwarij in Posen, Ärchidiakonns Schwebet in Cüsirin, Stavtrath Adolf Streckfuß, Heinrich wagcner in Potsdam re.

VII. Jahrgang. Nr. 2.

herausgegeben von Ernst Friede! und

Werkin, dett 9. October

1880.

Emil Dominik.

Die Zeitschrift erscheint wöchentlich regelmäßig ant Sonnabend, kostet vierteljährlich 2 Mark, und ist durch alle Buchhandlungen, Zciiungsspeditionen und Postämter, sowie durch Berlin \V., Llitzowstraße 7, zu senden. — Inserate, pro die Expeditioti, Berlin W., Liitzowstraße 7, zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Redaction des 2gcsp. Petitzeile 40 Pfg., werden von allen Annoncencrpcditioncn sowie vott der Berlags-Buchhandlung entgegengenommen.

„Bär",

Lottchen Lindholz. Eine Berliitische Geschichte aus dem 17. Jahrhundert von £tusoulca fiefcsuct.

Lottchen kam

ihr her lief, um Jda lief so

mit der kleinen Jda

den

zurück, die fröhlich vor Männern einen frischen Trunk zu bringen.

zu Heinrich und schmiegte sich zutraulich an sein Knie,

daß er, obschon sonst kein Kinderfreund,

streichelte.

„Seltsam,"

sagte

Lottchen

plötzlich, bald ihren Mann, bald das Kind anblickend,

„will mirs

dünken, als sähe Jda ähnlich, Heinrich!" doch

Dir

„Sie hat Recht," rief der Ritt¬ meister,

„hab'

ich

mir

doch auch

schon überlegt, an wen mich das

Gesicht erinnerte."

In

der

That hatte Jda das

schöne blonde Kraushaar des jungen Lindholz, dieselben blauen Augen, auch der Schnitt des Gesichtes war

derselbe, sie sah aus wie eine jüngere Schwester von ihm. Alles Fragen nach der Herkunft der Kleinen aber war vergebens; sie wußte nur, daß sie viel mit ihrem Vater gereist sei, auch von fremden Ländern erzählte sie, in denen ihre

ihr blondes Haar

(Fortsetzung.)

und Schreck über das Schlachtgetümmel. Aber kein Abzeichen, kein Merkmal irgend einer Art, fand sich an ihren Kleidern, an ihrem Körper, nichts als eine kleine Narbe im linken Arm, die von einem Fall auf einen spitzen Stein herrührte. Sie behauptete, ihren Vater gleich zu kennen, wenn er ihr begegnete, aber beschreiben konnte sie ihn nicht, nur das wußte sie, daß er schwarze Haare gehabt habe. Ehrfürchtig fast betrachtete man das Kind, das der große Friedrich Wilhelm in seinen Schutz genommen, der Rittmeister wies Lottchen an, es noch eine Stunde schlafen zu lassen, dann wolle er sich auf den Weg inachen. Heinrich erbot sich, ihn zu begleiten und ging hinaus, um sich seinen Braunen wieder satteln zu lassen. Der Rittmeister blieb allein Er dachte seiner tollen zurück. Jugend und seiner Brüder, Peter war ein trotziger Geselle gewesen gleich

ihm, der

erst

in

späten

Jahren das Joch der Ehe auf sich genommen, gerade als Hans eben Dann zum zweiten Mal freite. Mutter gestorben sei. Dann habe Bruder heim gekonunen, der war er sie ihr Vater zu einein Manne und vou Hintun, war verschollen seit Jahr und Tag, einer Frau in einem Walde gebracht Polizeipräsident von Berlin, Domkapitular von Brandenburg. Hansens Sohn aus seiner ersten und sie habe ihn nicht wieder¬ Ehe, der rüstige Philipp, war todt, gesehen. Mt dem Ehepaare war verloren, von seiner Frau flüsterte es, sie sei wahnsinnig und dürfe das sie vor den Schweden geflüchtet, sie hatte dasselbe alte Vaterhaus mitleidige Menschen hatten sie aufgenommen, bis sie sich am Tageslicht nicht sehen, da wurde ihm das hatte keine und langen Pausen sah es in er Rur brennenden zuwider. Tage von Fchrbellin allein und verlassen in dem trübsinniger Mann, war stiller, Bruder ein daran; sein wie Freude Gehöft sah, aus dem der große schöne Mann mit Augen und Wittwe die Knabe, die verschüchterter sein Neffe ein Feuer sie gerettet; war sie doch halb todt gewesen vor Angst

Tochter seines Bruders Peter liebte er noch weniger, nun war auch seine Hoffnung, in Heinrich wenigstens einen Kum¬ pan für sein wildes Neiterlcbcn zu finden, dahin und um der schwarzhaarigen Dirne willen,

ihn

deren

wandte sich nach den oberen Gemächern, und als sie im Abend¬ dämmer wieder herab kam, da zeigte sich der harte Zug um den sonst so weichen Mund noch deutlicher. Lottchen Lindholz war in wenigen Stunden eine Andere geworden.

zimperliches Wesen

Kinde geärgert hatte. Unter dem Eindruck dieser Stimmung stand der alte Hagestolz noch, als Lottchen wieder eintrat und an der Thür stehen bleibend, schüchtern fragte, ob sie den Männern eine Wegzehrung mitgeben solle„Fragen und kein Ende, Hin- unb Herrcnnen und kein Ende", grollte der alte Hagestolz, „eine vernünftige Frau weiß so etwas ganz allein, aber Lottchen trat einen Schritt näher. „Was habe ich Euch gethan, Oheim?" fragte sie schüchtern, „daß Ihr nur Schelt¬ worte für mich habt!" „Was Du mir gethan hast" fuhr der Rittmeister her¬ aus, „mir nichts, aber meines Bruders Sohn hast Du un¬ glücklich gemacht und zum alten Weibe dazu!" Wie von einem Schlage getroffen zuckte die junge Frau unter dieser schweren Anklage zusammen; „was meint Ihr damit, Ohm?" rang es sich von ihrer Lippe. „Was ich meine", und die rücksichtslose alte Kriegsgurgel gollerte nun Alles heraus, was ihm Heinrich vor wenigen Minuten gesagt hatte. Todtcnbleich, mit fast erloschenen Augen starrte ihn Lottchen an; als er geendet, sagte sie tonlos: „Ich danke Euch, Oheim, Ihr habt mir Dinge gesagt, die mir ganz unbekannt waren, seid überzeugt, Ihr habt nicht in den Wind gesprochen, vielleicht seht Jhrs eines TageS ein, daß ich nicht umsonst Lindholz heiße durch meine Geburt und dann wieder durch die Ehe, daß es nicht mein Wunsch war, meinen Mann un¬ glücklich und zum alten Weibe zu machen!" Sie ging, aber ein Blick aus ihren Augen traf ihn, der verstummen ihn machte und ihre Gestalt kam ihm plötzlich höher vor. „Was war denn das!" fragte er sich selbst, aber eine Antwort erhielt er nicht. Ein paar Stunden später saßen die beiden Männer im Sattel, Lottchen hob die kleine Jda dem Oheim hinauf; das Kind trennte sich nur schweren Herzens von der jungen Frau und wandte sich immer wieder um, ihr mit dem blonden Krauskopf und den Händchen zuwinkend. Einmal drehte sich auch Heinrich um, Lottchen war so sonderbar ge¬ wesen, weder an die Mutter, noch an ihre Taufpathin, die edle Frau von Scharben, hatte sie ihm einen Gruß aufge¬ tragen und als er sich jetzt umwandte, da kam cs ihm vor, als sähe sie auch anders aus, wie sie da in der Thür des alten Hauses stand, es war als wäre etwas hinweggewischt aus dem Kindcrgesicht, als trage sie das Haupt auftechtcr. Der Rittmeister wandte sich nicht um, er hatte das Bewußtsein, Jemand Unrecht gethan zu haben und in dem rauhen Gesellen lebte noch bcfferes Gefühl genug. Er hielt nur jeden jungen Mann für verloren, der nicht unter Derfflingcr diente, und haßte Jeden, den er für Schuld daran hielt. Lottchen Lindholz aber sah den Männern noch lange nach, ihre kleinen Hände waren zornig geballt, aber sie weinte nicht, ivie sie cs heut Morgen vielleicht noch gethan hätte; es lag im Gegentheil etwas Starres in ihren Zügen und als sie ins Haus zurückschritt, da erstaunten die Mägde über den herrischen Ton, den die kleine Frau sonst nie annahm. Diese aber schon an dem

Drittes Kapitel. Die Zohannitcrin. Helfen ist der hohe Beruf der Frau

die."

in der

menschlichen Gesellschaft.

Katharina, Königin von Württemberg.

Auf einer heißen, sandigen Landstraße ritten die Reiter dahin, spärlich zeigte sich der Baumwuchs, nur aus Kiefern

I

bestehend, die über ihre grünen Nadeln einen grauen Staub¬ mantel geworfen hatten. In dem Sandboden, darinnen sie standeil, kam nur dürres Gras fort, aus dem höchstens hie und da cüle verkümmerte Scabiose ihr Haupt erhob. Die beiden Männer sprachen nicht viel, es war jeder mit seinen Gedanken beschäftigt, unb das Kind war eingeschlummert. Das goldige Köpfchen lag voll Zutrauen an der breiten Brust des Nittineistcrs inid eilt eigenthümlich weiches Gefühl kam über deil rauhen Gesellen; mit feuchteil Augen schaute er nieder und zog deil Schleier, den Lottcheil über das Hallpt der Kleiileil gelegt, fester um das Gesicht, damit die Sonne sie ilicht zu sehr quäle. Ihn, der nie Weib nnd Kind besessen, der sich bis zur Stunde auch nicht nach solchen Ketten gesehnt hatte, überkam es wie ein leises Berlailgen nach dem Glücke der Familie. Lange aber sonnte er sich mit so wunderlicheil Gedanken nicht aufhalten, denn schoil lagen Schloß lind Dorf Tempclhof vor ihnen. Die beiden Reiter trennten sich noch vor dem Dorfe; Heinrich ritt nach seinein Weinberge, der hart an der nach Dresden führenden Landstraße lag, während Andreas sich dem Schlöffe zuwandte. Dies Schloß lag westlich von der alten Feldsteinkirche mit den Rundbogenfenstern und dem vierblättrigen Kleeblatt darin; es war ein massiver Steinbau von mäßiger Größe; in einem Achteck legte sich das Haupthaus um den in der Mitte allfragendeil Thurm; eine Backsteiilinaller umgab das Ganze. Sicherlich hatte „Der Tempelhof", wie das Schloß noch immer kurzweg hieß, früher anders ausge¬ sehen; cs war an- unb umgebaut worden, seit erst die Templer, dann die Johanniter hier geherrscht und blutige Fehden mit der Stadt Berlin geführt hatten. Eigeiltlich war kein Steiil mehr von dem alten Ritterschlosse an dein jetzigen Bau, der auch keine Burg zur Vertheidigung, sondern ein friedliches Wohnhaus war. Das Wappenschild über dem Thor, das in Roth einen Schrägrechtsbalkcn mit drei Rosen belegt und von zwei fliegenden Vögeln begleitet zeigte, war noch ganz neu, aber doch nicht so neu, daß es Andreas Lindholz fremd gewcseil wäre. Als er vor der Backsteiilmauer hielt, erwachte Jda lliid sah init deil großen blaueil Allgen erstaunt um sich. Eiil Diener in rother Tracht erschien und fragte, den blauen Rock der Derfflingerschen Dragoner erkennend, ehr¬ furchtsvoll nach dem Begehr des Herrn. „Ist Frau von Scharben daheim?" fragte der, „der Rittmeister Lindholz hat eineil Auftrag von ©einer Durchlaucht dem Kurfürsten selbst ail die edle Danle." „Wollen der Herr Ritmeister und das kleine Fräulein absteigen," erwiderte der Diener, „damit ich sie melden kann."

19

Er pfiff zwei Mal hintereinander und ein Knecht

erschien,

Herrn das Pferd abzunehmen. Auch dessen große wasserblaue Augen wurden noch größer beim Anblick

u>n dem fremden

des blauen Rockes.

„Geh gut um mit dem Thier,"

herrschte

ihn der Ritt¬

meister an-

„Mit Verlaub, gestrenger Herr," begann der Knecht schüch¬ tern, „war das Roß mit in der Schwcdenschlacht?" „Freilich," lachte Lindholz, „es hat die Schweden wacker mit gejagt; ist ein gutes Thier, meine Victorie, so heißt sie, weil sie mich nur zu Victorien tragen sollte und das hat sie redlich gethan." Der Rittmeister war ein Berliner und sprach als solcher gern viel, der Knecht aber war ein märkisch Kind und die reden nicht gern, war schon eine mächtige Anstrengung für

ihn

gewesen, die obenerwähnte Frage zu

thun, auf die Rede

des Rittmeisters gab er keine Antwort, aber er schaute der Vic¬ torie in die Augen wie ein Anderer seiner Braut, wobei ihm die runden wafferblauen Augen fast aus dem Kopfe sprangen und streichelte mit seiner breiten Hand den Hals des Pferdes. Der Rittmeister war beruhigt; er sah, daß dieser lange un¬ geschlachte Kerl mit Reitthieren Bescheid wisseJetzt kam der Diener zurück und meldete, die edle Frau sei bereit, den Herrn Rittmeister zu einpfangen. Lindholz nahm Jda bei der Hand und folgte dem Diener in eine Halle,

die kühl und

luftig einen angenehmen

Gegensatz

gegen

die

draußen herrschende Hitze darbot. Altes Gcwaffen hing hier an den zur halben Höhe mit Holz vertäfelten Wänden, Schilde mit den Rosen und Vögeln; Bänke liefen ringsum, auch ein paar hochlehnige, mit rothem Utrechter Sammet bezogene Stühle standen da; sonst war die Halle leer. Als der Rittmeister mit seiner Schutzbefohlenen den weiten Raum betrat, rauschten ihm gegenüber Frauenkleider, zwei Damen waren eingetreten,

von denen die Eine jedoch ehrerbietig hinter der Anderen zu¬ so daß Lindholz ihr Antlitz nicht sehen konnte. Die Eine aber trat vor und fragte mit eigenthümlich wohl¬ thuender Stimme, aber in einer Art, als sei ihr das Deutsch eine fremde Sprache: „Was befiehlt mir mein allergnädigster Herr und Kurfürst?" Es war eine hohe stolze Frauengestalt, über deren hoch¬ getragenes Haupt wohl schon sechzig Winter hingezogen sein mochten; der Schnee des Alters lag auf ihrem Haar, aber die großen dunkeln Augen leuchteten wie die einer jungen Dirne; dies Weib mußte nicht nur einst mächtig schön gewesen sein, sie war es noch und der kecke Rittmeister verneigte sich so tief vor ihr, wie vor einer Fürstin. Die Dame tnig ein schlichtes einen schwarzen Schleier um das schwarzes Gewand, Haupt, dessen Endeil unter dein Kinn in einander geschlungen waren und keinen Schmuck, nur aus der linken Seite der Brust war ein achtspitziges Kreliz aus weißer Leintvaiid auf das Kleid genäht, das Ordenszeichen der Johanniter, die einst mächtig waren in dieser Gegend. Der seltsame Schmuck mußte dem Rittmeister auffallen, denn er sah verivundert aus und entgegnete ehrfurchtsvoll auf die Frage der Daine: „Seine Durchlaucht befahlen mir, der edlen Fraii von Scharden, derer von Gönouillac und Vaillac ein Stück seiner Kriegsbeute zu überbringen und in Verwahrung zu geben," damit führte er Jda vor und theilte ihr mit, wie der Kurfürst das Kind

rück blieb,

gefunden.

„Tritt

näher, liebe Kleine," gebot die Daine und reichte Jda ehrfurchtsvoll küßte, „willst Du gern bei mir bleiben?" Das Kind blickte die Dame an und erwiderte: „Ich will gern da bleiben, bis mich mein lieber Vater holt." Durch das Fenster der Halle siel jetzt ein Sonnenstrahl auf Jda's Gesicht, ein leiser Schrei ward hörbar und die dein Kinde die Hand, welche

andere Frauengestalt, die sich bisher hinter Frau von Scharben gehalten, trat rasch hervor. Sie war jünger als die Edelfrau,

ihr Haar war

noch dunkel,

aber

ihr

sicher einst auch sehr

früher gealtert; es trug die Spuren tiefen Grames und die braunen Augen sahen inüde und ver¬ weint aus- Ihre hohe Gestalt war hager und eckig geworden; übrigens trug sie sich ganz ähnlich wie Frau von Scharden, schönes Angesicht hatte

nur fehlte das Achtspitzenkreuz. „Was habt Ihr, Lindholzin," fragte die Edelfrau erstaunt, „ich sagte Euch ja, daß Euer Schwager im Tempelhof ein¬ geritten." „Nicht darüber erstaunte ich, gnädige Frau," erwiderte die Lindholzin, „verzeiht mir, aber das Kind, das Kind —" „Was ist mit ihm?" forschte Frau von Scharden und legte fast mütterlich besorgt ihre Hand auf das Haupt des Kindes. „Es erinnert mich an einen Todten!" erwiderte die Lindholzin leicht zusammen schauernd, „es sieht aus wie Philipp Adam, als er im Sarge lag."

„Ich habe Euren Neffen nicht gekannt, erwiderte die Dame, „aber auch mich erinnert die Kleine an Jemand, den ich schon einmal gesehen." „Mit Vergunst, edle Dame," nahm der Rittmeister das Wort, „das Kind sieht nicht meinem todten, sondern meinem lebenden Bruderssohn ähnlich, dem Heinrich Lindholz zu Berlin."

„Ihr

habt Recht," nickte Frau von Scharden, „kommt, Lindholzin, laßt die alten Geschichten ruhen, helft mir kommt. ausdcnken, wo wir dies Kindlein unterbringen, und leistet Eurem Schwager Gesellschaft bei einem Imbiß." Die Frauen nahmen das Kind mit sich und verschwanden, doch kehrte die Lindholzin bald wieder und hieß den Schwager willkommen- Er berührte ihre Hand kaum und sagte finster: „Hab' keinen Grund, freundlich mit Euch zu sein, Antonie!" „Wir waren niemalen sonderliche Freunde," entgegnete sie ebenso düster, „was habt Ihr jetzt wider mich!"

„Warum habt Ihr Eure Tochter an den Heinrich ver¬ kuppelt," fuhr er heraus. „Sein Vater wollte es," antwortete sie. „Und ihr sagtet nicht „nein," höhnte er. „Warum sollte ich," erwiderte sie, „habt

Ihr

vergessen,

daß ich das Weib des Peter Lindholz bin, von dem sie sagten, er habe seines Bruders Sohn erschlagen; Andreas, Euer

Bruder Hans kannte seines Sohnes Mörder, aber er hat ihn niemalen nennen wollen, würde er seinen Sohn die Tochter eines Mannes haben hcirathen lassen, der ihm den Nettesten geinordet. Mein Kind darf nun nicht mehr als die Tochter eines Mörders gelten, darum habe ich die Heirath gut geheißen. Solltet Euch auch drüber freuen, denn von Eures Bniders Haupt fällt damit der schlimme Verdacht!" Der Rittmeister sah vor sich nieder; die Sache gewann ein anderes Ansehen für ihn, er konnte der Schwägerin nicht so Unrecht geben,-aber eingestehen mochte er ihrs nicht.

20

„Wundert mich nur," nahm

Wort, „warum Ihr so besorgt um Eures Mannes Unschuld seid, war doch keine so große Liebe zwischen Euch, sie sagen ja —" „Still," rief die Frau und wurde todtenblaß, „wiederholt er wieder das

nicht, alle die elenden Gerüchte, die über uns Lindholze einst umgingen, dankt Gott, wenn sie vergessen sind. Warum ich besorgt bin für meines Mannes Unschuld? Wen geht es an, ob ich ihn liebte oder nicht, aber er war mein Heu und meines Kindes Vater. Andreas, ich bitte Euch, laßt die beiden Kinder in Berlin nichts hören von den alten bösen Geschichten, sie wissen nichts davon und haben au dem einen Kreuz genug, das sie im Hause haben." sie

„Au

das Glück der Beiden scheint

Ihr

sonst nicht sonder¬

lich gedacht zu haben," murrte Andreas. „Ich trug dazu bei," erwiderte sie sich stolzer aufrichtend, „daß die Flecken von ihrem Namen schwanden, ein reiner Name ist Glück's genug!"

„Ihr

ja stolz wie eine Edelfrau," entgegnete der Rittmeister, der zum erstell Btal etwas wie Achtung vor seiner seid

Schlvägcrin fühlte. „Oder wie ein Berliner Bürgerkind," antwortete sie ruhig. dlirch Diener unterbrochen, die einen stattlichen wurden Sic Abend-Imbiß auftrugen, dein der Rittmeister alle Ehre anthat, so daß jedes Gespräch während des Essens unterblieb. Rlir einmal, als ein Gericht Kartoffeln vor ihil hingesetzt wurde, die mit Wein, Butter, Salz und Gewürz gekocht waren, nachdem man die Schaale entfernt hatte fragte er: Sind die Tartusfcln, die ich vor zwailzig Jahren zlierst als rare Selten¬ heit sah, jetzt so gemein in der Mark Brandenburg, daß mail sic an Wochentagen zum Abendbrot ißt? „Jedwedcnl würde sie die edle Frau ilicht vorsetzen," entgeglletc die Liudholziu, „übrigens gedeihen sie in unserm Sande besser als die Weintrauben." Stach dem Abendbrot erschien Frau von Scharben wieder in der Halle und fragte, ob der Gast ein Nachtlager begehre; der Rittmeister aber schüttelte bcn Kopf, er wolle im Hahnehofe übernachten, allwv auch sein Brudersohn sich aufhalte. So erfuhr Antonie Lindholz jetzt erst, daß allch ihr Schwiegcrsohn in Tcmpelhof anwesend. „Ich werde mit euch gehen, Schwager," sagte sie „und euch unser Gaststübchcil

öffilcn."

Rittmeister Lindholz verabschiedete sich mit Verbeugung uild Handkuß von Frau von Schardeil; er bat um Erlaubniß, seinen Schützling am alldem Morgen noch ein Mal sehen zu dürfen, dann aber müsse er eilig wieder in's Hauptquartier zurück und die Schweden weiter hetzen helfen. Nach dem ihn Frall von Scharben entlasicn, begab er sich mit seiner Schwägerin iil den nahe gelegenen Hahnehof. Dort hatte einst die Vorburg zu dem Schlöffe der geistlichen Ordensritter gelegen, jetzt war's ein schlichtes weißes Gehöft, das schon dern Vater des Rittmeisters gehört hatte und in dem unterirdischen Gange, der vom Hahnehof nach der Kirche führt, hatten die drei Brüder oft genug Ritter und Bürger gespielt, darail erinnerte sich jetzt Andreas und dabei fiel ihm das Achtspitzenkreuz auf der Brust der Frau von Scharben wieder ein. Alis einem Baumstamm vor dem Hause, der namentlich als Flachsbreche zu dienen pflegte, saß Heinrich Liildholz, sein Gesicht war heiterer als dcil gailzeii Tag über, er fühlte sich hier draußen wohler als

in dein düstern Stadthause, freilich erinnerte ihn der Anblick

seiner Schwiegermutter sofort wieder an seine Feffeln, besoilders

da ihre erste Frage natürlich Lottchen galt; Frau Antonie war mit deil kurzeil Antivorteil ihres Schwiegersohnes ganz zrifrieden, offeilbar war sie keine besonders ängstliche oder gar zärtliche Miltter. Sie bliebeil alle Drei vor dem Hause sitzen, denn der herrliche Juniabend war draußen noch angenehmer als drinneil, die Soilne war hinunter, Knechte und Mägde

hatteil Feierabend geinacht und stailden plaudernd umher, am wolkeiilosen Himmel stand die Mondsichel, ein fast beranschender Duft vou Rosen und Lindeilblüthen schien die ganze Lust zu durchziehen. Friedlich und still lagen Dorf und Schloß im Abenddänlmer. Auch die Drei im Hahilehof hatten lange ge¬ schwiegen, bis Heinrich, den Oheim plötzlich aus allerlei Ge¬ danken ail seine Jugend mit der Frage aufstörte: ihr eure Victvrie gelassen, Ohm?"

„In

„Wo habt

den Händen eines lailgen Kerls, der sehr

gut mit

ihr umging" entgegnete der Rittmeister, „morgen früh deilke ich sie mir zll holen, dabei fällt mir ein, Schwägerin, ihr seid ja immer eine halbe Gelehrte gewesen, giebts denn auch weib¬ liche Johanniter?" „Ihr fragt so, weil ihr Frau von Scharben mit dem Achtspitzenkreuz saht," entgegnete Frau Antoiüe, „kennt ihr die Geschichte der Dame nicht?" „Weiß wohl noch, wie der Scharben vor dreißig Jahren Teinpelhof fauste und mit seiner jungen Frau herkam, sie war das schönste Weib, das ich im Leben sah, ich weiß auch, daß er sie sich aus Frankreich geholt, aber ihre Geschichte anzuhören, habe ich niemals Zeit gehabt." „Nun," erwiderte Frau Antonie „als vor langen, lailgen Zeiteil in Jerusalem der ritterliche Orden der Brüder voin Spital gegründet wurde, die wir geivöhnlich die Johanniter nennen, iveil ihr erstes Hospital dem heiligen Johannes ge¬ weiht war, da gab's auch Schwestern dieses Ordens, die ebenso wie die Johannesbrüder die Werke der Barmherzigkeit: beten. Kranke Pflegen und Almosen gebeil zu üben hatten. Sie trugeil wie die Ritter ein rothes Kleid mit weißem Kreuz; als aber Rhodus verloren ging, das der Ritter theuerstes Besitzthum war, legteil die Schwestern schivarze Kleidung zur Trauer an und tragen sie noch heut, denn ihr müßt wissen, daß es in Frankreich unb Spanien noch heute Johaniteriuncn giebt. Seht, solch eine Johaniterin war Galcotte von Genouillac uild Vaillac, so geheißeil nach ihrer Vatersschivester, die auch eine berühmte Oberin der Johanniteriiliien gewesen, und diese schöne Johanniterin Pflegte den Kapitän von Scharben, der war ein Magdeblirgischer Patrizier uild stand in französischen Diensten, im Heere des Marschalls Schoiilberg. Der Delltsche gewann das Herz der schöileil Französin, sie verließ ihreil Orden, ihren Glauben, ihr Vaterland und folgte dem Geliebten. Schweres haben sie ausgestailden auf der Flucht, aber glücklich sind, sie nach Dcutschlaild gekommen und habeil sich hier zu Teinpelhof niedergelaffen. Die edle Frail ist jung Wittwe geworden, da hat sie ihr altes Ordcnskleid wieder hcrvorgesucht und nur den Werkeil der Barmherzigkeit gelebt. Mehr als einmal hat sie das ganze Schloß iil ein großes Lazareth verivandclt und dabei hat sie noch ihren einzigen Sohn, den Junker Levin, erzogen, der ist jetzt auch beim Heer des Kurfürsten. Die edle Frau aber heißt überall die Johamiiterin, sie steht in so hoher Achtung, daß die Ritter in Sonnenburg sie Schwester nennen und der Kurfürst ihr mehr als ein Werk der Barmherzigkeit

21

aufträgt. Ihre Geschichte aber hat sie mir selbst so erzählt, tvie ich Euch gesagt habe. Von ihrem Vaterlande redet sie selten, vergessen hat sie's nicht, denn mit dem Junker Levin spricht sie fast immer in der Sprache ihrer Heimath, aber sie bleibt hier, wo ihr geliebter Gemahl begraben ist, möchte auch eine Heimkehr nicht ganz ungefährlich sein, denn die Evange¬

Handhabung übertragen und im Jahre 1742 erließ Friedrich 11. eine Verordnung, nach welcher der jedesmalige Stadtpräsidcnt gleichzeitig als Polizcidirektor zu fungircn habe. Am 20. Februar 1782 erschien dann wieder eine ausführliche

Instruktion, nach welcher der Polizcidirektor nur vom Könige und dem Gencraldirektvrium abhing — Berlin hatte inzwischen 145,000 Einwohner erhalten — und dieser Zustand hat bis zur Ein¬ führung der Städteordnung, bis zum Jahre -1808 gewährt. Es entstand für alle Zweige des Polizeiwescns ein eigenes Polizei¬ präsidium zu Berlin, welches einige Zeit, als ein Polizei¬ ministerium eingerichtet wurde, von diesem reffortirte, später aber und heute noch von dem Ministerium des Innern abhängt. Anfänglich bestand das Polizeipräsidium aus einem Präsidenten, vier Mitgliedern, sieben Subalternbeamten und zwei Stadtphvsicis. Zu seinem Reffort gehörten damals die Eichungskvminission, die Commission zur Prüfung der Bauhandwerker, die Charite, die königliche Thicrarzneischule und die Straßenbeleuchtungsinspektion. Ferner waren alle approbirten Aerzte von demselben abhängig. Zur Unterstützung seiner ausübenden Gewalt dienten anfänglich

in Frankreich." Der Rittmeister nickte. Er begriff jetzt, warum ihn der Kurfürst mit der kleinen Jda gerade zur Frau von Scharben lischen sollen» hart haben

geschickt hatte.

„Mir ist die edle Frau wie eine Schwester gewesen," nahm Antonie wieder das Wort, „sie hat mein Lottchcn aus der Dause gehoben und ich schließe sie alle Tage in mein Gebet ein."

„Gott

segne

die

edle

Frau," rief

der Ritineister aus

„und seid bedankt für Eure Erzählung, Schwä¬ gerin; da saßen mal wieder drei Lindholze im Hahnchofe, tiefster Seele,

zürnt der alten Kricgsgurgcl nicht, wenn sie auch einherpoltert, sie ist von derber Art, aber sie meint's nicht schlecht mit denen, die ihren Namen tragen." Die drei legten bewegt ihre Hände in einander, am Hahnehofe vorüber aber schritt mit freundlichen: Gruß die Johanniteriu, die von einem Kranken-Besuch im Dorfe kam, und im Mondlicht schimmerte hell auf ihrer Brust das Acht¬ spitzenkreuz des Johanniterordens. —

dem Polizeipräsidium die in

gebildete

bei Anwesenheit der Franzosen

Dieselbe war 1812 in Bürgerbataillone verwandelt worden, nämlich in zwei Eskadrons Cavallerie, eine Schützenkompagnie, acht uniformirte und fünf nicht uniformirte Bataillone zu Fuß, die sämmtlich unter dem Stadtkom¬ mandanten und dem Polizeiintendanten als Obersten standen. Später wurde die Polizei, nachdem die Bürgenniliz eingegangen war, von der am 30. Juli 1812 errichteten „Land- und Grenz-

(Fortsetzung folgt.)

!

gensdarmerie" unterstützt, die aber hinsichtlich ihrer Disciplin unter dem Kommandanten von Berlin stand. Am 22. Juli 1848 starben die Berliner Gensdarmen aus, und zwei Tage darauf erschienen — eine Schöpfung des damaligen

Polizeipräsidenten von Bardeleben —

Der Polycipräsidcnt von Berlin.

die

ersten

blau-

Schutzleute aus den Berliner Straßen mit Säbel und numerirtem schwarzen Hut, so daß also die Berliner Schutzmann¬ schaft am 24. Juli 1883 ihr 25 jähriges Jubiläum feiern kann. Die Vervollständigung dieser kleinen Polizeiskizze nach der berockten

(Hierzu Portrait Seite 17.) Die Ortspolizei stand ehedem dem Magistrate allein zu, wie olches noch die Polizeiordnung für Berlin und Cöln vom Jahre 1580 beweist. Vom Jahre 1693 ab bis zum Jahre 1808 gehörte die Polizeigewalt bald königlichen Beamten, bald wieder dem Magistrat und während einer ganzen Zeit beiden Behörden ge¬

Seite der Persönlichkeiten, welche in diesen 187 Jahren an der Spitze des Berliner Polizeiwesens standen, will ich einem Artikel vorbehalten, welcher in unserem Blatte ausführlichst die Geschichte

meinschaftlich; seit 1808 existirt das Polizeipräsidium von Berlin und seit 1822 gehören demselben die Angelegenheiten, welche die vormalige „Regierung von Berlin" inne hatte, ferner die gesammte Ortspolizeiverwaltung, damit so etwa — einige Aenderungen bewirkte die Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 — all das, was gegenwärtig dem Polizeipräsidium untersteht. Im Jahre 1693 war die Polizeiverwaltung, soweit sie die Beauffichtigung der Marktordnung, der Maße und Gewichte, des Verkaufs der Lebensmittel betraf, in einer Polizeidirektion

vereinigt worden, und die Räthe Kleinsorgen und Protzen waren mit der Leitung der Polizei beauftragt worden. Eine Ver¬ besserung des Polizeiwesens hatte sich damals mit. der schnell wachsenden Einwohnerzahl — Berlin zählte 22,000 Einwohner — dringend nothwendig gemacht, daß Kurfürst Friedrich 111. sich zu einer solchen entschloß und dieselbe seinen eigenen Beamten übertrug, da der Magistrat durch mancherlei Saumseligkeit geradezu traurige Zustände verschuldet hatte. Ich weiß nicht, ob's wahr ist, damals aber wurde die Einsetzung der königlichen Polizei mit der schlechten Aufführung des Magistrats motivirt. Das Polizeidirektorium erhielt einigeZimmer auf dem kurfürst¬ lichen Schloß, um in denselben seine Sitzungen zu halten und 2 Marktmeister und 15 Aussetzer wurden der Direktion zur Ver¬ fügung gestellt. Im Jahre 1735 wurde wieder die Besorgung der Polizei neben dem Gouvernement dem Magistrate zur gemeinschaftlichen

Berlin

Bürger- und Nationalgarde.

der gesammten Stadtverwaltung schildern soll. Nur eine Persönlichkeit will ich ausnehmen, die unseres gegen¬ wärtigen Herrn Polizeipräsidenten von Madai, dessen Potrait unsere heutige Nummer schmückt. Der Polizeipräsident der Stadt Berlin, von Madai, ist eine

der bekanntesten Persönlichkeiten der Hauptstadt, ein eigenartiger, interessanter Beamtencharakter. Von Madai ist vor Allem ein

feiner Mann von den gewähltesten Umgangsforinen, sehr geistreich, dabei von mildem Charakter, diplomatisch klug, geduldig und doch eisern energisch in der Verfolgung seines Zieles. Das hat ihn befähigt, stets in den schwierigsten Lagen das Passende zu thun, Gegensätze auszugleichen und allmälig mit der sanftesten Eisenfestigkeit, die denkbar, was ihm als seines Amtes schien, durch¬ zuführen. Da man schließlich merkte, daß das, was Herr von Madai wollte, zum Nutz und Frommen der Allgemeinheit war, so wurde der zuerst nicht gerade günstig betrachtete Beamte beliebt und populär, so in Frankfurt nach der Annexion, so in

Berlin.

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j :

!

Guido von Madai ist 1810 in Halle geboren, besuchte die Anstalt von Schulpsorta, studirte, trat in die RegierungsCarriere und war von 1848—1866 ein recht beliebter, aber sonst ziemlich unbekannter Landrath im Posen'schen.

Frankfurt a/M.

Das Jahr 1866

— Frankreich am Main, sagt Fürst Bismarck — wo er seine obengenannten Eigenschäften in so glänzendem Maße bewährte, daß er noch heut in fast brachte von

Madai

nach

allen Kreisen Frankfurts Verehrer und Freunde zählt. Im Herbst 1872 kam von Madai nach Berlin. Es war dies gerade die erregte

Zeit

der Berliner Dreikaiser¬ begegnung und v. Madai

war genöthigt, das Berliner Polizeiwesen einem Reinigungs- und Erfrischungsprozeß zu

unterwerfen. Er organifirtc das Schutzmann¬ schaftswesen, verschärfte

und ordnete die Straßenund Sittenpolizei, war streng und durchgreifend

und wird doch von seinen Beamten und den Ber¬ linern geachtet und ist — wie schon gesagt — eine volksthümliche Per¬ son der Reichshauptstadt geworden. Die Stellung wird dem Polizeipräsi¬ denten allerdings sehr erleichtert durch das persönliche Wohlwollen des Kaisers, welches

Madai genießt. Zweimal in der Woche berichtet Herr von Madai von

Kaiser von den großen und kleinen

dem

Dingen, die in

seinem

Ressort passiren, freilich

in jener geistesfeinen Forni, welche dem er¬ fahrenen und in den Künsten eines vornehmen Lebens geschulten hohen

Beanitcn

besonders

eigenthümlich ist.

Madai

Bon

ist jetzt sicbenzig

Jahre, aber von einer unverwüstlichen Frische und Lebendigkeit.

Der Berliner Polizei¬ präsident thront immer noch in den für die Eilfmalhunderttausendstadt viel zu klein gewordenen Räumen des Häusercomplexes am Molkenmarkt 1. Für die Ver¬ hältnisse des heutigen Berlins ist der Molkenmarkt kaum noch ein Platz zu nennen und dennoch

war er

ehedem

ein Hauptplatz Berlins, dessen ältesterMarktplatz, noch vor 180 Jahren

Paradeplatz und wurde von 1728 an eine Zeit lang nach der dort gewesenen befindlich

Schlüter'schen Bild¬ säule König Friedrichs I. Königsmarkt geheißen.

Das Haus Nr. 1 war schon im 16. Jahr¬ hundert ein kurfürstliches Haus, das um 1572 der berühmte Branden¬ burgische Kanzler Lam -

Diestelmeier

pert

und im Jahre 1645 der um das Salzwesen in Berlin und der Mark Brandenburg verdiente

Graf von Lynar wohnte. es

der

be¬

Nachher besaß Obermarschall

von Grumbkow und alsdicser verstorben war, kam es an den Gencralfeldmarsch all, Reichs-

grasen von Barfuß, den

von

Gouverneur

Berlin unter Friedrich Wilhelm I., der vieles daran bauen und den bis zur Spree belegen gewesenen Garten ver¬ schönern ließ, wie Küster im 3. Theil seines be¬ kannten

Werkes

Berlin erzählt.

über Nach

Ableben seiner kam dies Haus an den Generallieutenant

dem

Wittwe

Grafen von Dönhoi und die verehelichte Gcnerallieutenant von Wreech, 1763 an den Banquier Schultz und 1776 wurde es der Gencraltabakscompagnie überlassen.

Als

diese

aufgehoben wurde, kam es wieder an den Fis¬ kus, der es 1791 dem

Berliner Magistrat zur Einrichtung eines Stadt¬ gefängnisses

schenkte^

welches auf dein Hinteren

Theile des Grundstücks erbaut wurde. Das Vorderhaus wurde von dieser Zeit an Sitz der Berliner Polizeiverwal¬ tung.

D.

24

Die innere künstlerische Ausschmückung des berliner Rathhauses. Von fttifinoms

Seit 1870,

also seit einem vollen Jahrzehnt, tagen die Ge¬

meindebehörden von

Berlin in

dem neuen Rathhause.

noch steht dieser Prachtbau jedoch unvollendet.

Auch heute

Derselbe entbehrt,

außer in seinen beiden Sitzungssälen, den Festräumen und der Bibliothek, noch durchaus des inneren künstlerischen Schmucks, ohne den das Nathhaus der Hauptstadt des Druschen Reichs und der drittgrößten Stadt Europas schlechter¬ dings nicht gedacht werden kann. Eine gemischte Deputation, welche die innere und äußere Aus¬ schmückung des Nathhauses vorberathen und die betreffenden Vor¬

Magistrat und der Stadtverordneten-Versammlung zur Begutachtung und Beschlußfassung unterbreiten sollte, ist bereits am 5. Februar 1863 eingesetzt worden. Der Voranschlag für die Gesammtausschmückung war von dem Erbauer desselben, dem Bau¬ rath Wäsemann auf 200,000 Thlr. bemessen worden, wovon 100,000 Thlr. von dem Baukapital rcservirt behalten werden sollten, von denen 21,000 Thlr. zur Ausschmückung der Sitzungssäle und der Festräume gleich bei Fertigstellung des eigentlichen Baues eine Verwendung gesunden haben. Nach einer endlosen Folge von Kommissionssitzungen und der wiederholten Einsetzung von Subkommissionen, wie nach dem Eingehen der von einer großen Zahl namhafter Künstler, Kunstgelehrter und Geschichtsforscher eingefor¬ derten Gutachten erfolgte in der Kommissionssitzung vom 28. Juni 1860 die definitive Feststellung des Entwurfs zu der inneren und schläge dem

Im Anschluß hieran wurde von der da¬ mals der Stadtverordneten-Versammlung noch beigeordneten Geld¬ bewilligungs-Deputation der Antrag gestellt, daß zur Ausführung der in Aussicht genommenen künstlerischen Arbeiten 105,074 Thlr. aus der für den Bau des neuen Rathhauses gemachten Anleihe, 73,726 Thlr. aber aus den laufenden Einnahmen entnommen werden sollten, womit sich unter Hinzurechnung der schon vorweg zu dem gedachten Zweck bestimmten 21,000 Thlr' die beanspruchte Summe gedeckt befunden haben würde. Bereits in ihrer Sitzung vom 11. November 1869 entschied sich jedoch die StadtverordnetenBersammlung sowohl für die Ablehnung der beanspruchten Geld¬ bewilligung wie des ganzen Ausschmückungsplans, wobei der Magistrat von derselben zugleich ersucht wurde, die künstlerische Ausschmückung des Rathhauses vorerst auf die mit der architekto¬ nischen Vollendung des Baues in einem unmittelbaren Zusammen¬ hang stehenden Arbeiten, und speciell auf die für die Balkonbrüstungen des Rathhauses bestimmten Reliefs zu beschränken. Mit der Ausführung dieses Beschlusses hat es bisher sein Bewenden gehabt. Die äußere Ausschmückung ist mit der Aus¬ stellung der beiden Statuen des Kurfürsten Friedrichs I. und des Kaiser Wilhelm in den Nischen über dem Hauptcingangsportal und der Einfügung der Reliefs in die Balkonbrüstungen jum Ab¬ schluß gelangt. Die endliche Ausnahme auch der inneren Aus¬ schmückung herbeizuführen, ist hingegen in den vollen zehn Jahren seither nur einmal versucht worden, woraus später zurückgekommen äußeren Ausschmückung.

werden mag.

Es ist eine seltsame Lage, in welche sich diese Angelegenheit gegenwärtig versetzt befindet. Die beiden Grundbestimmungen des 1869 in den vorbezeichneten Kommissionen zur Feststellung gelangten Ausschmückungsplanes siitd nämlich durch die Reliefs der äußeren Ausschmückung und durch die großen Ereignisse der Jahre 1870/71

vollständig überholt. Die Entscheidung war in der Kommission dahin gefallen, daß Darstellungen aus der Stadt- und Staats¬ geschichte die Gegenstände des künstlerischen Schmucks an und im Rathhause bilden sollten. Als Beschränkung wurde dem jedoch die Bedingung hinzugefügt, daß die Wahl der Stosse nicht über

den

Regierungsantritt der Hohenzollern zurückgreifen

dürfe,

und mit den Befreiungskriegen abschließen müffe. Die Reliefs umfassen jedoch einerseits die ganze Geschichtsentwicklung der Marken und des preußischen Staats von der Wendenzeit bis zur Siegesfeier von 1870, und andererseits bleibt nach der Wieder¬ ausrichtung des Deutschen Reichs doch unmöglich daran zu denken, daß in dem Rathhause der Hauptstadt desselben dessen Bilderschmuck mit den Befreiungskriegen seinen Abschluß finden könnte.

Im Hinblick aus diesen letzten Umstand muß es somit eigent¬ lich als ein Glücksfall erachtet werden, daß jener Ausschmückungs¬ plan nicht zur unmittelbaren Ausführung gelangt ist. Der Sach¬ verhalt mit den Reliefs stellt sich gegenwärtig aber dahin, daß wenn die geschichtliche Darstellung als Grundschmuck für die inneren Räume des Rathhauses festgehalten werden soll, jetzt kaum noch ein größerer Geschichtsmoment der Berliner, der brandenburgischen und der preußischen Geschichte vorhanden ist, der nicht bereits auch diesen Steinbildern an der Außenfläche des Gebäudes seine Ausnutzung gesunden hätte. Darüber, daß jener Plan in der Beschränkung auf die Be¬ freiungskriege eine Erweiterung erfahren muß, kann unmöglich ein

in

obwalten. Ein erster Blick auf die leeren Nischen im Vestibül der großen Eintrittshalle, aus die so unschön hervortreten¬ Bedenken

den, nackten, grauen Wandslächen des zweiten Treppenhauses und aus all die anderen Wandflächen und Superporten, die unbedingt einen künstlerischen Schmuck beanspruchen, drängt hingegen jedem urtheilsfähigen Besucher des Berliner Rathhauses mit absolut zwingender Gewalt die Ueberzeugung auf, daß dieser thatsäch¬ lich einer Weltstadt unwürdige Zustand in dem Central¬ punkt des städtischen Lebens derselben unmöglich noch länger aufrecht erhalten zu werden vermag. Auch bliebe

jetzt, wo die großen Ansprüche, welche das riesige Anwachsen der Stadt an deren Finanzstand und an die Steucrkrast ihrer Bevöl¬

kerung erhoben hatten, für beinahe sämmtliche zunächst geltend ge¬ machten und als unabweisbar anerkannten Forderungen entweder

bereits ihre Befriedigung gefunden haben, oder sich doch in einen normalen Verlaus übergeleitet erweisen, für eine noch längere Ver¬ zögerung der Erfüllung dieser Ausgabe um so weniger eine Ent¬ schuldigung abzusehen, als sich die hierzu zunächst benöthigten

Mittel in

dem Rest jener vorerwähnten von der Bauanleihe reser-

virten Summe

noch vorhanden finden müssen. Selbst wenn dem nicht so sein sollte, würde darin jedoch ein Grund, auch ferner noch von der Erfüllung dieser Aufgabe abzu¬ sehen, nicht gesehen werden können. Auch hätte ein noch längeres Hinausschieben dessen, was schließlich unabweisbar doch geschehen muß, einfach keinen Sinn; denn die verhältnißmäßig geringe Auf¬ wendung, um die es sich hier handelt, und die sich überdies auf den Zeitraum von Jahren vertheilen würde, wird von einem so großen und gewaltigen Gemeinwesen wie Berlin immer und zu jedem Zeitpunkte ohne jede Beschwer aufgebracht und getragen

werden können. So unwesentlich

die Frage der Beschaffung der Geldmittel gefaßt werden kann, so groß muß hingegen die Schwierigkeit er¬ achtet werden, welche die Wahl der zur bildjlichchi Darstellung geeigneten Ges chichtsmomenteder Ausführung der inneren Aus¬ schmückung unseres Rathhauses schon entgegengestellt hat und jetzt

mit

der nunmehr nothwendig gewordenen Erweiterung des 1869 festge¬ stellten Ausschmückungsplans ohne Zweifel wieder entgegenstellen wird. Auch muß in dieser Schwierigkeit vor allem Andern gewiß die

Hauptursache erkannt werden, welche eine Wiederaufnahme dieser Angelegenheit so lange verzögert hat. Berlin besitzt, namentlich

in dem Zeitraum von 1448 bis zur uninittelbaren Gegenwart keine Geschichte, die, groß an sich, zu einer bildlichen Darstellung einzelner besonders hervorragender Momente, etwa wie die von

Wien, Köln a. Rh., Prag, Magdeburg gleichsam von selber

her¬

25 ausfordert. Die Staatsactionen, deren Schauplatz die Stadt während des vorgedachten Zeitraums gewesen ist, lassen hingegen diese als solche meist so wenig hervortreten, daß für deren Auf¬ nahme in den Bilderschmuck des Berliner Nathhauses ebenso die Begründung wie das Verständniß fehlen würden. Wie schwierig die Wahl der zu dem in Rede stehendenZwcck geeig¬ neten Stoffe gefaßt werden muß, erhellt daraus, daß, soweit die Erin¬ nerung des Unterzeichneten reicht, bisher nur drei Künstler mit positiven Vorschlägen hervergctreten sind. Bei allen drei Vorschlägen handelte es sich um den Bilderschmuck der großenWandflächen

des zweiten Treppenhauses, das unbedingt ja auch das Haupt¬ objekt der Ansschinückung bildet. Der eine dieser Entwürfe betrifft dabei den vorerwähnten einen Versuch, mit welchem im Verlauf der letzten zehn Jahre darauf abgezielt worden ist, die Ausschmückungs¬ frage ihrer endlichen Lösung zuzuführen, und war hierzu von Anton von Werner der Siegeseinzug von 1871 als allei¬ niger Gegenstand der Darstellung in der vorbezeichneten Halle in Vorschlag gebracht worden. Lange vorausgehend, noch während der Berathungsperiode, in welcher der Ausschmückungsplan von 1869 festgestellt wurde, hatten hingegen als Hauptbilder für die Treppcnhalle Adolf Menzel die Annahme der Refor¬ mation durch Joachim II., und Georg Bleibtreu, die Fahnenweihe des Jork'schen Korps hier im Lustgarten

von Berlin

bei dem Auszug dieses Heertheils zu den Kämpfen von 1813 in Vorschlag gebracht. Ein schönerer und besser geeigneter Moment, als der von Bleibtreu vorgeschlagene, kann für die Periode der Befreiungskriege unmöglich gedacht werden. Jork, der Mann, dessen kühner Ent¬ schluß von Tauroggen die Entwicklung des Vaterlandes in die bestimmenden Bahnen übergelenkt hat, hier, auf einem der Haupt¬

punkte unserer Stadt, vor der Front seiner zum Ausbruch gerüsteten Truppen bei der feierlichen Verkündigung seines Schwurs: „So wahr mir Gott helfe, nur ein befreites Vaterland sieht inich wie¬ der!" — Wahrlich es würde zu bedauern sein, wenn dieser eine,

Stadt so unmittelbar angehende, herrliche Moment jener großen Vergangenheit bei der Ausschmückung unsres Rathhauses nicht seine Stelle finden sollte. unsere

Den gleichen Anspruch könnte auch Anton von Werners Ent¬ derselbe sich auf den Hauptmoment jenes einzig dastehenden Siegeseinzuges, auf die Enthüllung des Denkmals Friedrich Wilhelm III., oder auf das Einreiten des greisen Sieges¬ kaisers in seine Hauptstadt und auf den Empsangsvorgang am Brandenburger Thor beschränkt hätte. Den Ort der Handlung bei Annahme der Reformation durch Joachim II. bildete hingegen nicht Berlin, sondern die Nicolai-Kirche zu Spandau, und das Drittel Katholiken in der Bevölkerung des Deutschen Reichs be¬ dingt ganz von selbst, daß jetzt, wo Berlin zur Hauptstadt desselben

wurf erheben, wenn

aufgestiegen ist, in dem Bildcrschmuck seines Rathhauses den Hin¬ weis aus die Reformation nie die Hauptstelle einnehmen kann. Seltsamerweise hat einer der zur Darstellung bestgeeigneten

die von dem Magistrat und der Bürger¬ schaft von Berlin und Cöln dem ersten HohenzollernHerrscher, dem Kurfürsten Friedrich I. im Saale des Hohen Hauses geleistete Huldigung, während der Fest¬ Geschichtsmomente,

stellung des Ausschmückungsplans nicht einmal eine Erwähnung gesunden. Jetzt, nachdem durch die Reliefs der Bann gebrochen worden ist, der die Darstellung auf ein gegebenes Zeitmaß be¬ schränken

warum

wollte, bleibt in der That aber nicht mehr

sich der Bilderschmuck noch durch jenen

abzusehen,

früheren Beschluß gebunden finden soll. Fest steht, daß Berlin während der Herr¬ schaft der Ascanicr sein deutsches Stadtrecht erworben hat, und eine einfache Ehrenpflicht schon erfordert, daß in dem Berliner Rathhause mindestens doch durch ein Bild die Erinnerung an jenes Heldengeschlecht wach gerufen werde, daß die Marken Deutsch¬

lands zurückgewonnen und weit über die Grenzen derselben hinaus der deutschen Kultur die Bahn gebrochen hat. Wohl ist hiergegen während jener Verhandlung der Gedanke aufgestellt worden, die große Eintrittshalle mit Einschluß der Säulenhalle vor dem Stadtverordneten-Saal und des zweiten Treppenhauses allein nur der Darstellung der bürgerlichen Gewerbe, des Handels, der Industrie und des Verlaufs der Entwicklung der städtischen und Staats-Institutionen vorzubehalten, die Bilder aus der Stadt- und Staatsgeschichte hingegen auf die kleineren

Wandflächen in den zum Sitzungssaal des Magistrats führenden Korridor zu beschränken. Einen Anhalt fände diese Auffassung darin, daß nach dem Ausschmückungsplan in der Säulenhalle vor dem Stadtverordneten-Saal die Statue Steins, des Begründers der Städte-Ordnung, ihre Aufftellung findensoll. Auch können ja un¬ zweifelhaft noch manche andere befürwortende Momente für diese Idee angeführt werden. Bei der Unmöglichkeit, sich ohne die An¬ lehnung an einen künstlerischen Entwurf von derselben ein greisbares

Bild

zu gestalten, ist derselbe jedoch wieder fallen gelassen worden.

Die vorangeführten einzelnen Darstellungsstoffe liefern den Be¬ weis, daß so schwierig sich die vorgedachte Wahl immerhin auch gestalten mag, ein glücklicher Vollzug derselben doch nicht als außer den

Grenzen

der Möglichkeit

liegend

angesehen

werden kann. sich eine der Forderungen, welche bei der Feststellung des Ausschmückungsplans von 1869 mit die Hauptschwierigkeiten bereitet hat, jetzt in ein weit günstigeres Verhältniß übergeleitet findet. Der von der Ma¬ jorität der betreffenden Kommission vertretene Standpunkt gipfelte

Vortheilhaft stellt

sich

dafür noch der Umstand, daß

dainals in den Anspruch, daß, um die denkbar größte Einheit der Ausschmückung zu erzielen, diese nur an einen Künstler übertragen werden könne, woriwvon derselben schließlich nur darin nachgegeben wurde, daß einem Künster die Ausführung des Bilderschmucks

im Treppenhause, einem zweiten die der kleineren Geschichtsbilder in dem Magistrats-Corridor, und einem dritten die allegorischen Darstellungen »in den Thürbogen der Säulenhalle vor dem Stadt¬ verordneten-Saal und die andern kleineren Arbeiten übertragen werden sollte. Der bereits festgestellte Ausschmückungsplan der Ruhmeshalle im Berliner Zeughause bestimmt jedoch, im vollstän¬ digen Bruch mit jener ftüher nahezu alleingültigen Auffassung, daß dort die Bilder der gerade auf dem betreffenden Darstellungs¬ hervorragendsten Meister, ohne jede Rücksicht -auf jene Einheit, in einen und denselben Raum vereinigt werden, und nichts steht dem entgegen, das gleiche Verfahren auch auf das Treppenhaus des Rathhauses anzuwenden. Dasselbe bietet Wandsläche genug, um außer dem Haupt- und Mittelbilde an den langgestreckten Seitenwänden die Ausführung von noch vier und selbst sechs Bildern zu gestatten. Was bei einer Uebertragung der Ausführung derselben an mehrere Künstler aber an der Einheit gebiet

künstlerische

des Grundgedankens der Ausschmückung etwa verloren gehen möchte, dürfte durch die so ermöglichte erhöhte Spezialität dieser Einzel¬

leistungen wahrscheinlich mehr als ersetzt werden. Nichts steht somit, wie im Vorigen ausgeführt, zur Zeit für die Erfüllung der hier in Rede stehenden Aufgabe fest, nichts als

das Eine, daß der Zustand, wie er sich gegenwärtig so abstoßend und unschön in dem hervorragendsten Monu¬ mentalbau eines so großen und mächtigen Gemeinwesens wie Berlin dem Auge darbietet, unmöglich noch länger fortbestehen kann. Die Ueberzeugung hiervon in den künst¬

lerischen, in den gesammten intelligenten Kreisen der Berliner Be¬ völkerung wach zu rufen, ist der Zweck dieser Zeilen. Wo in dem Lärm der ausschließlichen Vertretung der nächsten und unmittel¬ baren Tagesinterressen der schwache Schall einer vereinzelten Stimme ungehört verhallt, würde sich eine von diesen Kreisen er¬ hobene Forderung sicher leicht verständlich zu machen wissen.

26

Misrellen. Am Kalleschen Thore. (Siehe Illustration Seite 22 und 23). Es sind gerade 100 Jahre her, da schrieb Friedrich Nicolai über die Gegend am und vorm Halleschen*) Thore das Nachfolgende: „An diesem Thore ist, außer der gewöhnlichen Thorwache, die

Hauptwache des Zietcn'schen Husarenregiments. Hinter dem Rondelc rechter Hand des Thors ist eine Kaserne für das Möllendorf'sche Regiment, 1767 erbaut, weshalb die Stadtmauer über dem dicht vor dem Thore fließenden Floßgrabcn oder Landwehrgraben rechter Hand herausgerückt ist. Weiter hinaus, an dieser Seite an der Mauer sind die Krankenhäuser des Herzog FriedrichAn der Mauer linker Hand schen und Braun'schen Regiments. ist das Krankenhaus des Möllendorf'schen Regiments und weiter herunter das Magazin für das Zieten'sche Husarenregiment. Dicht vor dem Thore geht über den Floßgraben eine Brücke — man nennet sic ohne Grund die steinerne Brücke — und noch eine zweite über einen im Jahre 1733 von Sr. Excellenz dem Staatsministcr von Blumenthal veranstalteten Abzugsgraben.**) Gleich linker Hand liegt ein „königlicher Holzmarkt" dicht am Floßgraben (jetzt Platz zwischen Waterloo- und Planufcr), weiterhin linker Hand eine „holländische Grütz- und Mahlmühle" nebst dazugehö¬ rigen Wirthschaftsgebäuden und Gärten. Die Gebrüder Ephraim 1783 kaufte sie der Bäcker haben sie 1764 neu erbauen lasten. Herr Goldhammcr, am Dönhoff'schen Platze wohnhaft. Der Ort

Johamiistisch! Weiterhin liegt der Kirchhof für die Friedrichsstadt, er liegt

hieß vorher der

vor dem Holzplatze, ferner die Barth'schc Kattunbleiche und Garten rechter Hand (da, wo jetzt die Rothcrstiftung sich befindet). Vom Thore ab führt eine einfache Allee nach den Tempelhof'schen Bergen. Am Wege befindet sich der „dustere Keller", ein Erdfall Er ist angenehm mit Bäumen bepflanzt. zwischen den Bergen. Weiterhin die „HasenHaide", ein Fichtenholz. Diese Haide ent¬ hielt um 1650 viel Eichen und Bauholz und war sonst viel größer. Zwischen den Tempelhofschcn Bergen und dem Dorfe Tcmpelhof ist der Platz, wo jährlich die Musterung der in und um Berlin liegenden Regimenter gehalten wird. — So das Bild des Halleschcn Thores und seiner Umgebung vor 100 Jahren. Hören wir nun, was Fidicin 60 Jahre später über dieselbe Gegend schrieb: Vor dem Halleschcn Thore ist sogleich links an der Mauer zwischen dieser und dem Landwehrgraben eine Straße mit 8 bebauten Grundstücken, auf welchen sich verschiedene größere Fabrikanlagen und die im Jahre 1826 eingerichtete Gasbereitungsanstalt befinden. Jenseits der am Thore befindlichen Brücke theilt sich sogleich der Weg nach verschiedenen Richtungen: links führt eine mit wohl gebauten Häusern besetzte Chaussee (die Pionierstraße) zur Hasen Haide, einem Fichtengehölz auf einer Anhöhe, 'A Stunde von der Stadt, in der sich die zum Theil mit großem Fleiße angelegten Schießstände mehrerer Truppcnabtheilungen, und am Saume dieses Gehölzes mehrere Sommer¬ wohnungen der Berliner und Kaffeehäuser befinden, die besonders des Sonntags sehr stark besucht zu werden pflegen. Die HasenHaide gehörte in älterer Zeit den Gemeinden Tempelhof und Rixdorf, kam im 17. Jahrhundert in den Besitz der Kurfürsten und ward zu einem Wildgarten bestimmt, woher ihr heutiger Name rührt. Links von der Pionicrstraße Wege zum sogenannten Plane oder der Schlächterhütung.

führen mehrere

*) Anmerkung der Red. Das HaUesche Thor selbst war unter Friedrich Wilhelm 1. im Jahre 1734 angelegt worden. Die Maner ist zwischen 1733—38 gebaut worden. 1706 endigte die Friedrichsstadt noch mit der Mauer- und Junkerstraße. **) Die Karten aus dem Jahre 1780 zeigen noch 2 Gräben ani Hallschen Thore.

Dies ist eine sich zum Rixdorfer Damme hinziehende Wiesenfläche von 268 Morgen, welche nördlich vom Landwehrgraben und südlich von der Hasenhaide begrenzt wird. Sie gehört der Stadtcommune und dient zur Viehweide für das Vieh der Berliner Schlächter und der Gemeinde Tempelhof. In älterer Zeit war dieser Plan mit Gebüsch bedeckt, von dem ein Theil, der Comthurbusch, den Namen vom Ordenscomthur in Tempelhof führte, wie denn auch eine Besitzung zwischen der Wiese und der Pionierstraße, der

Johannistisch,

an den

Johanniterorden

erinnert, der

diese

Gegend als Tisch gut besessen zu haben scheint. Der zweite Weg vom Thore führt über den Kreuzberg und Tempelhof die Poststraße nach Trebbin, Luckenwalde re., die eine

Meile

chaussirt ist.

Von der Tempelhoferstraße (Bellealliance-

straßc) führt die Bergmannstraße am Fuße der Tempel hofer¬ ber ge zur Hascnhaide hin. Für die Einwohner Cölns hatten

Berge, wegen ihrer Lehmgruben, schon im 13. Jahrhundert Wichtigkeit; wie sich denn auch bei denselben eine Ziegelei befand, die im Jahre 1290 den grauen Mönchen zur Erbauung ihres diese

Klosters mit der Kirche von einem Ritter von Nybede geschenkt wurde, und der sogenannte dustere Keller, die älteste Lehm¬ grube, die villeicht zu den ersten Hütten Cölns das Material lieferte, Im 16. Jahrhundert befanden sich auf gewesen zu sein scheint. diesen Höhen Weinberge des Kurfürsten und cölnischer Bürger, welche letztere der Gemeinde in Tempelhof dafür Zins geben mußten. Sie gingen nach und nach ein und gegenwärtig (1842) befinden sich daselbst einige Gastwirthschaften, eine chemische Fabrik, eine Meierei re. Neben dem Kreuzberge, zwischen diesem und dem Wege nach Tempelhof, befindet sich

Tivoli,

ein von den Gebrüdern

Gcricke im Jahre 1829 hergestellter Vergnügungsort, welcher dem gleichnamigen in Paris nachgebildet ist. Diese An¬ lage führte zugleich die Erbauung einer Menge von Sommerhäuschen herbei, welche neben zierlichen Gärten den sonst unerfreulichen Sandbcrg bedecken. Außer jenen beiden chaussirten Straßen führen noch zwei andere Wege rechts ab vom Halleschen Thor. Ueber die Hirschel¬ brücke gelangt man zur Hirschelstraße, welche an der Mauer von der Hirschelbrllckc zum Anhaltischen und Potsdamer Thore läuft; und ferner über das Feld und die Anhaltische und Pots¬ damer Eisenbahn, über die Potsdamerstraße hinweg und bei der Fasanerie hinterm Thiergarten vorüber zum Dorfe Lietzow hin, läuft der bisher sogenannte Lietzower Weg, der zwischen dem Halleschen Thore und der Potsdamcrstraße im vorigen Jahre (1841) den Namen Lietzowerwcgstraße erhalten hat. (Ich be¬ merke, um Irrthum zu vermeiden, daß diese Beschreibung sich auf den Straßenzustand vor der Regulirung des Canals bezieht). In der Nähe des Halleschen Thores (am Canal) befindet sich die im Jahre 1825 von einem wohlthätigen Vereine gegründete Erziehungs¬ anstalt für sittlich verwahrloste Knaben und Mädchen. (Kam 1867 von dort weg, das Terrain, bis zur Lankwitz- und Teltowerstraße gehend, wurde parcellirt). Weiterhin ist die Straße erst in neuerer Zeit bebaut worden. Früher sind dagegen schon die in der Nähe der Pvtsdamerstraße belegenen Häuser, von welchen wir besonders die Hänel'sche Buchdruckerei nennen, entstanden." So ivar also der Zustand der Straßen vor und bei dem Halleschen Thore einmal vor 100 Jahren und dann vor

40 Jahren.

Mit der Regulirung des Canals und besonders mit dem Bau der Kaserne des ersten Garde-Dragoner-Regiments kam eine größere Baulust über die Grundstücksbesitzer der Tempelhofcrstraße, wie dieselbe bis 1867 hieß. Ebenso wie die Colossalbauten der Kasernen längs der Pionierstraße die Privatbauthätigkeit dort anspornten. Zunächst entwickelte sich der Straßcnzug am Canal, dann die Tel¬ towerstraße, Bülow-, Baruther-, Nostizstraße. Die Bellealliance¬ straße endete an der Bergmann- und Kreuzbergstraße, von da ab

27 führten noch 1869 zu beiden Seiten Baum- und Strauchanlagen Nach 1870 entstand zunächst zum „Bock" und nach „Tivoli". der Ausbau der Straßen zwischen Möckernstraße und Bellealliance¬ straße und den Straßen östlich von der Bellcalliancestraße. Ebenso

wie in der letzten Jahren die Weiterführung der Bellealliancestraße bis zu dem Halt gebietenden Steuerhause stattfand. Für die rechte kräftige Entfaltung dieses Stadttheils fehlt zweierlei. Das eine wird nie zu erreichen sein, das ist die Be¬ bauung der Tcmpelhofer Chaussee und die damit herbeige¬ führte Verbindung des Stadttheils mit Tempelhof, dagegen spricht eben die Erhaltung des nun 150 jährigen Tempelhofer Exercierfeldes; das zweite muß — und zwar recht bald — mit allen Mitteln zu erreichen versucht werden, das ist die Verbindung mit dem Weststadttheil mittelst drei oder vier Straßen, die unter die Bahnen weggeführt werden müssen. — D.

Der Erweiterungsbau des Wörfeugcbäudes in Merli«, Minister Mapbach zur Genehmigung vorliegt, würde sich — wie wir dem Wochen¬ blatt f. Architekten und Ing. entnehmen — nach demselben fol¬ gendermaßen gestalten: Nach Hinzunahme des Terrains der Heiligengcistgasse, eines in dieser an die Börse stoßenden, zum Hospitale gehörigen Grundstückes und der südlichen Häuser dieser Gasse, sowie der Häuser Heiligegeiststraße Nr. 1, 2, 3 und eines Theils von Nr. 4, endlich des Hauses Burgstraße Nr. 24 und eines Theils des früheren Turnplatzes des Joachimsthalschen Gymnasiums soll das Börsengebäude in der Burgstraße um 23,50 m verlängert und eine neue Straße von 19 m Breite von der Burg- nach der Heiligengeiststraße als nothwendiger Ersatz für die eingehende Heiligegeistgasse angelegt werden. In der neuen Straße bildet sich so eine stattliche Front von 76,75 m, in der Heiligengeist¬ straße eine solche von 43,30 m mit einem zweiten Haupteingang. Die Erweiterung der alten Börsenräume soll nun in der Weise vorgenommen werden, daß die beiden jetzigen Säle für Fonds und Producten zusammen nur für die Fo nd s b ö rse verbleiben, zu welchem gegenwärtig ein letztes Projekt dem

und an ihrer Verlängerung ein neuer Saal von derselben Tiefe und quadratischer Form allein für Producten angefügt wird, dem sich an der neuen Straße eine helle Gallerie zur Besichtigung der Getreideproben vorlegt, während an der Burgstraßc Räume für die Presse, ein Courszimmer und ein Zimmer für Sachverständige und Parteien angeordnet sind.

Von dem Eingänge in der Heiligengeiststraße tritt man in ein geräumiges Vestibül mit Garderoben, aus welchem man auch durch einen Verbindungsgang direkt in den Productensaal gelangen kann. Rechts und links vom Eingänge liegen zu¬ nächst Treppenhäuser, links ferner einKündigungssaalvon 14,5:13,5 m (der jetzige hat nur 9,5:8,5 m), Zimmer für die Kündigungsbe¬ 'Treppenraum, amten und noch ein rechts aber die Räume der Telegraphie (Annahmesaal 20 m: 9,50 m), die auch direkt von den Börsensälen zu erreichen sind. Zwischen Telegraphie und Vestibül befindet sich ein großes, sich nach beiden Sälen öffnendes Buffet von 13,25 : 9,50 m. Auf der rechten Treppe gelangt man in den Apparatensaal, auf der linken in die sogen. Vorbörse mit einer Lesehalle an der neuen Straße von 35 m: 7 m und einem großen, sich quer durch das Gebäude erstreckenden Saale von 36 m Länge und 10 m Tiefe mit seitlichen Erweiterungen von zwei daneben angeordneten Höfen zu Buffets und Nebenräumen. Von der Vorbörse kann man auch auf der zweiten linksseitigen Treppe zur Produktenbörse gelangen. Ueber die übrigen Räum¬ lichkeiten der ersten Etage ist noch nicht disponirt; die zweite soll zu Wohnungen benutzt werden. Die jetzt von der Telegraphie und der Presse innegehabten Räume fallen zur Fondsbörse. Durch die Einfahrt in der Neuen Friedrichstraße und die Sommerbörse findet dann Verbindung nach der Heiligengeiststraße statt.

Die Architektur ist durchaus die des alten Börscngebäudes, war cs Hauptbedingung, die abgeschlossene Fapade in der Burgstraße als Haupttheil für sich bestehend zu behandeln, und doch

ihren Eindruck zu stören, in einfacher bescheidener Architektur anzuschließen. In der Burgstraße tritt der Anbau um ca. 2 m zurück und bildet an der Ecke ein um diese herumgehendes Risalit. Zwischen diesem und einem entsprechenden in der neuen Straße springt im Erdgeschosse die Gallerie zum Probircn der Ge¬ treidesorten etwas zurück, und auf ihr erhebt sich eine Säulenhalle wie in der Burgstraße. Hiermit schließt auch im Aeußern der nur bis hierher mit einer Attika gekrönte eigentliche Börsenbau ab, und die übrige Front der neuen Straße und der Heiligengeiststr., hier noch durch ein Mittelrisalit und ein durch Säulen getheiltes Eingangsportal ausgezeichnet, charakterisirt sich mehr als Verwal¬ tungsgebäude. Ganz steht übrigens die Architektur auch jetzt noch nicht fest. Das Project ist nach Angaben des Herrn Geh. Reg.-Raths Hitzig von Herrn Baumeister Stock ausgearbeitet, der schon seit langer Zeit bei Hitzig beschäftigt war und unter anderem für ihn das Palais von Kronenberg in Warschau ausführte. Ihm assistiren als Architekten die Herren Engel und Kretschmer — es sind also nicht 6 Privatbaumeister mit den Specialarbeiten für den Erweiterungsplan der hiesigen Börse betraut, wie das B. T. v. 15. August mittheilte. L. sich derselben, ohne

Das Weröot des Kantinen - Magens. Anknüpfend an die Notiz in unserer Nr. 37 theilt uns Herr Pastor Bremer aus Nennhausen die Abschrift eines Ediktes vom 7. December 1726 mit, aus dem hervorgeht, daß der Krieg gegen das PantinenTragen schon am 6. Juli 1717 eröffnet war, und daß das Ver¬

Pantinen-Tragen zum Schaden und Nachtheil der Schuster geschehe, denen dadurch die Nahrung entzogen werde." Die Auffrischung des Verbots geschah, „weil bey jüngsthin botdeshalb erfolgte, weil „das

geschehener Haussuchung viele Paare hölzerner Schuhe und Pan¬ toffeln hin und wieder gefunden und weggenommen wären." Der Wiederbetroffene wird mit Halseisen und Gefängniß bedroht, das Dorf aber, wo solches Unrecht geschähe, mit Strafe von 200 Ducaten zur Rekrutenkasse. Die gute alte Zeit!

In

gilt Kochzeitsgevrauch (Arautfcminclnj. Luckau in der Lausitz bestand noch 1850 — wie lange später, weiß ich nicht — der Gebrauch, daß das Brautpaar nach der Trauung an der Hausthür Gaben austheilte, die Braut Kuchen oder Semmeln, der Bräutigam kleine Geldstücke. Es fanden sich 20—30 Kinder, meist, doch nicht ausschließlich, ärmere dazu ein: die Annahme der ersteren Gabe galt nicht für despektirlich. Absingen eines Spruches

war dabei nicht üblich. die

Sitte

noch

Auf den Nachbardörsern Luckau's dürste In der Stadt war der Brauch

heut bestehen.

übrigens keineswegs etwa auf die Vorstädte beschränkt, sondern allgemein. — b. —

Bezüglich des Hebels zum Zapfenstreich erlaube ich mir Ihnen mitzutheilen, daß wir während des französischen Feldzuges beim 24. Infanterie-Regiment der Melodie folgenden, in den Compagnie-Singschulen eingeübten Text unterlegten: Geschoß und

Schwert entsinkt den Müden.

Nimm uns, o Herr, in Deine Wacht, Die Nacht verkündet süßen Frieden; Kriegsmann segnet sromm die Nacht. Dir, lieber Gott, sei stets hinieden Dank und Ehre dargebracht. — Amen.

W. 0.

28

Strohwittwer — Strohmann. ich

mir

A.

Licht

$c

mit

[67]

Meyer.

Paetel in Berlin W.

Unter Mitwirkung von: £. Alflen, £. Lrunold, Prof. Dr. Georg Lüchmann, Prof. Dr. p. Lasset, Stadtarchivar /idicin, Theodor Fontane, tudovica HeseKict, Dr. G. Horn. Dr. Hermann Metke, Ferd. Keyer, Dr. Ferd. Pflug, Dr. H. pröhle, R. SchiUmann, Direktor Wilhelm Achwartz in Posen, Archidiakonus Schwebet in Cüstrin, Stadtrath Adolf Sireckfuß, Heinrich Magener in Potsdam re.

VII. Jahrgang. Nr. 5.

herausgegeben von Ernst Friede! und

Werkin, den 30. Oktober

1880.

Emil Dominik.

sowie durch Die Zeitschrift erscheint wöchentlich regelmäßig am Sonnabend, kostet vierteljährlich 2 Mark, nnd ist durch alle Buchhandlungen, Zeitungsspeditione» und Postämter, — Inserate, pro die Expedition, Berlin V-, Liitzowstraße 7, zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Redaction des „Bär", Berlin "W., Lützowstrasie 7, zu senden. L gesp. Petitzeilc 40 Pfg., werden von allen Annoncenexpeditionen sowie von der Berlags-Buchhandlung entgegengenommen.

Lottchen Lindhotz. Eine Berlinische Geschichte aus deni 17. Jahrhundert von Luiloima Kcscliiel.

Sechstes Kapitel. Zm Tändchcn Aellin.

fehlts nicht an hellen blanken Wassern, da schimulert der Rhin im Sonnenglanz, an dessen Ufern die Bellin, die Brcdows und die

selbst

Und sprich: Woher kommt Liebe? „Sic kommt und sie ist

hausten. Zieten Freilich die Burg

da!"

Bellin

Lr. kjalm.

das Städtlein Bcllin, das die Leute

liegt das Ländchen

Bellin; ein ausge¬ dehntes Torfmoor umgiebt es; Sand

dem

Fehrbellin nannten, obgleich die Fähre einge¬

jetzt

Lehmboden

ab,

aus

einzelne

Ge-

gangen

birgstrümmer ver¬

nur

hie und da von Baumgruppcn un¬

terbrochen.

Wei߬

land soll Bellin be¬ deuten, nmr weiß ist der Sand, an

Kurfürst ging zu Fuß, der Saldern

weiß ist

fuhr mit schnauben¬ den Rossen. „Wer

das Land allerdings

im Gegensatz gegen das düstere Torf¬ moor, von dem es umgeben ist.

Ländchen

Im Bellin

seit

nicht hatte aus¬ weichenwollen. Der

dem das Ländchen reich ist,

war,

derDamm angelegt wurde; zu der Fähre hatten einst die Sal¬ den! das Holz her¬ geben müssen, weil der Sage nach einer Geschlechts ihres Kurfürsten dem Joachim Friedrich

streut liegen. Einförinig zieht sich die Ebene dahin,

ver¬

langen mit Weiden besetzten Dammes

Mark Brandenburg

wechseln

war

schwunden, dafür lag am Ende des

Zwischen Linum nnd Lentzke in der

und

(Fortsetzung.)

Ihr?" fragte Joachim Friedrich. seid

William Zchünlank.

(Siehe Seite 60.)

Originalzeichnung.

„DerreicheSalderu aus Plattenburg,

54

„Wohlan, ich bin der arme Schulze aus erwiderte der Kurfürst, „und wenn Du der reiche Saldern aus Plattenburg bist, so sollst Du künftig das Holz zur neuen Fähre geben." Also erzählte eine große schlanke Dirne, die neben einem Reiter auf dem Fährdamm entlang schritt; ihr kurzes, braunes Wollenkleid ließ die Füße und ein Stück der kräftigen Beine war die Antwort.

Sie hatte

Berlin,"

nackten Arme auf den Tisch gelegt;

frei, die mit blauen Strümpfen und derben Lederschuhen be¬ kleidet waren. Um den Kopf trug sie ein weißes Tuch, dessen Enden unter dem Kinn zusammengeknüpft waren; es rahmte ein Oval von lieblicher Rundung und köstlicher Frische ein, man mußte bei dem Mädchen unwillkürlich an Schneewittchen denken: Weiß wie Schnee, roth wie Blut, schwarzhaarig wie Ebenholz. Unter den dunklen Brauen lagen etwas versteckt ein paar Augen, die funkelten so klar blau wie das Wasser, wenn der Himmel sich darin spiegelt, aber auch ebenso kühl war der Blick dieser Augen. Keinen Schmuck, kein Band trug das Mädchen, aber in ihren derben Schuhen schritt sie so fest und sicher einher, als sei sie die Herrin der Stadt, die so freundlich vor ihnen lag. Der Reiter war kostbar ge¬ kleidet; das rothfarbene Scidenwamms und den grünen Sammetmantel trug Heinrich Lindholz an dem Tage, da Kurfürst Friedrich Wilhelm seinen lieben Berlinern die Kriegs¬ beute aus der Fehrbelliner Schlacht sandte; er hatte es wieder angelegt, denn er hatte ja die Stätte aufgesucht, wo die Schweden inne wurden, daß Einer über sie gekommen, an den ihr alter Kriegsruhm verloren ging. Mächtig war auf's Neue das Verlangen in ihm erwacht, zum Heer des Kurfürsten zu eilen, um auch seinen Lorbecrzweig zu brechen, so mächtig, daß er manches Wort überhörte, das die Dirne neben ihm

in ihr schönes frisches Gesicht schauteEr hatte drunten in der Stadt um einen Führer gebeten, der ihm genau zeige, wo der Kurfürst am rothen Junitage

sprach, obgleich er gerne

die Schweden geschlagen und erstaunt ob solch eines wunder¬ lichen Ansinnens, hatte der Wirth endlich gesagt: „Die Hanne kann mit dem Herrn gehen." Da war die Dirne eingetreten, die jetzt neben ihm herschritt und die sich in der niedrigen Umgebung gar seltsam ausnahm. Sie hatte ihm das weite Schlachtfeld gezeigt und ihm wunderliche alte Sagen erzählt, daß er sich vorkam wie eingesponnen in einen seltsamen Märchenzanbcr. Jetzt waren sic auf dem Rückweg und trotz der Schönheit der Johanne dachte Heinrich nun doch wieder

mehr und mehr an den Kurfürsten, an die Schivcden und an den Kriegsruhm, den er erringen wollte. Als das Mädchen gewahr wurde, wie weit seine Gedanken ab waren, schwieg cs endlich still und ließ nur ab und zu seine Augen auf dem stattlichen Reiter haften. Sv kamen sic wieder im Wirthshause an; Heinrich stieg ab; die Dirne trat nach ihm in die Gaststube. Das war ein dunkles Gemach, in dem die Fliegen summten; rothbraun angestrichene Bänke und Tische standen darin, aber kein Mensch zu sehen, nicht einmal der Wirth. Johanne brachte dem jungen Patrizier auf sein Begehr einen Krug ziemlich

war

saures Bier, Brod, Wurst und Eier, Alles von sehr zweifel¬ hafter Güte. Er achtete nicht darauf, denn sie wußte ihn mit einer Art zu bedienen, die dieser einfachen Kost einen seltsamen Reiz verlieh. Dazu blickten ihn die großen blauen

Augen immer wärmer an, und er vermochte bald seinen Blick nicht mehr von diesem schönen frischen Antlitz zu wenden-

sich

ihm gegenüber

gesetzt;

und ihre beiden vollen

nur wenig hatte die Sonne waren weiß wie der Hals, von dein

Arine gebräunt, sie das Kleid ein Stück frei ließ„Wer bist Du, Mädchen," hatte er sie endlich gefragt, als sie eine Pause machte in ihrer Erzählung der Sage vom Irrlicht bei Fergesar, denn sie hatte wieder begonnen, ihm mit eintöniger Stimme allerlei Sagen mitzutheilen. „Ich bin diese

Johanna," entgegnete sie einfach. „Meine Mutter war die Tochter des vorigen Wirthes hier, mein Vater soll ein vor¬ nehmer Herr gewesen sein, sagen sie, ich weiß es nicht, denn meine Mutter ist lange todt und aus Barmherzigkeit haben die

sie mich

hier im Hause behalten."

„Und Du

hast es gut hier!" forschte Lindholz, dessen Theilnahme mehr und mehr wuchs. Sie zuckte mit den Schultern. „Wie mans nimmt," entgegnete sie, „was sie mir geben, arbeite ich ab und das Mannsvolk weiß ich mir vom Halse zu schaffen." Es war eine kecke Dirne, die da lachenden Mundes ihm gegenüber saß, aber es war nichts Freches in ihrer Art, als sie jetzt offen¬ herzig fortfuhr: „Ihr gefallt mir, Herr, Ihr seid fteundlich

und herablassend zu mir gewesen, ohne mich auch nur mit Wie ich so dasitze, könnt' ich denken,

einem Finger anzurühren.

wär' eine Dame." Sie lachte in sich hinein und sagte dann ernster: „Nennt mir Euren Namen, Herr, daß ich Eurer denken kann, wenn ich hier fort muß!" „Warum mußt Du hier fort!" fragte er überrascht. Ein Schatten flog über das blühende Gesicht. „Sie sagen, ich hielte es mit dem Hauswirthe," murmelte sie, „die Wirthin sieht scheel dazu, ich habe nichts auf der Welt, als meinen guten Namen, den sollen sie mir nicht verlästern, darum gehe ich."

ich

Sic war aufgestanden und

sah traurig vor sich nieder. Auch Heinrich hatte sich erhoben und stand jetzt neben ihr.

„Wohin es

gehst Du, Johanne?" fragte er, seine Stimme bebte, war eine Aufregung über ihn gekommen, wie er sie noch

nie empfunden.

„Weiß ichs," entgegnete sie düster, „ich habe keine Heimath, aber ein tiefes Wasser giebt es überall." Er schrie auf und schlang feinen Arm um ihre Gestalt. „Nimmermehr," rief er, „bleib bei mir, Johanne." „Könnt Ihr mir eine Hcimath geben, Herr," fragte sic und sah ihn durchdringend an, aber sie machte sich nicht los aus seinem Arm, „seid Ihr auch wie alle Anderen?" Mit der geballten Fällst schllig er sich vor die Stiril. „Du hast Recht, ich bin ja kein freier Mann, ich hab' ja ein Weib daheim, ein Weib!" Wie ein heißer Klagelaut klang es von seinen Lippcil, war allch draußen in der Welt die Kette fühlbar, die ihn fesselte? Johanne aber machte sich jetzt mit eiiter einzigen Bewegung frei. „Ihr habt ein Weib," fragte sie mit erblaßten Lippen,

„Ihr

so

jung noch!"

Heiilrich Liildholz knirschte mit den Zähnen, dann um¬ schlang er das Mädchen aufs Nelle uild sagte leidenschaftlich: „Hätte ich kein Weib, so nähme ich Dich auf meine Arme, du schöne wilde Rose, lind trüge dich in mein Vaterhaus, da hättest

Du

eine

„Das würdet von

sich

Hcimath!"

Ihr

Herr,"

ihn stoßend, dann wäre die Johanne ein Spielzeug für nicht thun,

entgegnete sie,

55 Euch und nimmer dächtet Haus zu führen."

Ihr

daran,

sie

in Eures Vaters

Sie hatte beide Hände auf die wogende Brust gedrückt; Heinrich schaute sie mit flammenden Augen an, die Leiden¬ schaft war über ihn gekommen, dies heiße Verlangen des einundzwanzigjährigen nach Frauenliebe.

Da legte ihm Johanne Plötzlich die Hand auf die Schulter, sagte sie, „ich habe eine Stunde lang einen garschönen Traum geträumt, für den Traum danke ich Euch, ich werde Euch nie vergessen, aber sagt mir eins, warum

„Herr,"

habt Ihr Euer Weib verlassen; habt grämen muß, um ihr Liebstes?"

„Das bin

ich schwerlich

Ihr

bedacht, wie sie sich

Euch

für mein Weib!" erwiederte

er

nicht," fragte sie mit einem so ungeheuihm das Blut in die Wangen schoß,

chelten Erstaunen, daß

denn sagten ihre Augen nicht deutlich: Euch nicht zu

„Wie

ist es möglich,

lieben!"

Ihr?"

„Und

setzte sie

athcmlos hinzu. fuhr er auf, „erst seit wenigen

habe sie nie geliebt,"

„Ich

Minuten weiß ich, was Liebe ist." Die blauen Augen leuchteten so wunderbar hell, wie er noch kein Frauenauge hatte leuchten sehen, aber kühl entgegne-

ten die Lippen:

„Das

sie gefesselt.

So verließ Heinrich Lindholz das Ländchen Bellin, in Nieinand im Hause hatte sich um ihn und Johanne gekümmert, wer achtet dem er seine erste Liebe gefunden und verloren.

bitter.

„Sie liebt

er ihr zum Angedenken, er dachte garnicht daran und sic ver¬ langte nicht danach. Nur das Eine mußte sie ihm geloben, sich kein Leids anzuthun, wie sie vorhin angedeutet hatte. Er nahm sich vor, wieder ins Ländchen Bellin zurückzukehren, sobald die Kriegsläufte es gestatteten. Dann ritt er dahin, Johannes Bild vor der Seele und tiefen Groll gegen Lottchcn im Herzen, der sich seit jenem Tage immer fester fraß. Wo ihm das Schicksal ein Hinderniß in den Weg warf, da machte er sein Weib verantwortlich dafür und fluchte ihr, daß er an

ist ja schnell gegangen, muß keine

auf eine Schenkinagd, und Gäste waren nicht weiter dagewesen. Johanne sah ihm noch lange nach, dann murmelte sie: „Ich weiß, wohin mein Weg geht, ich muß ihn frei machen von seiner Kette, wenn auch nicht für mich, ich muß das Weib sehen, das ihm vertraut ist und das ihn nicht liebt!"

Siebentes Kapitel. Stralower Iischzug. Ich wein-, daß du es weißt, um Freud', Die mir nicht werden kann! Oes ünaben Wunderhorn.

be¬

ständige Liebe sein, die so plötzlich gekommen!" „Ist sie Dir denn langsainer gekommen?" fragte er hastig.

Von: Stralower Thor aus führte ein mit Weiden bepflanzter Weg nach dein uralten Fischerdorfe Stralow, das nur eine Viertelmeile von Berlin auf dem Niedcrbaruiiii liegt. Hart an der Spree zogen sich die elf Höfe hin, die das Dorf bil¬

gen eine ganze Weile, dann ergriff sie doch zuerst wieder das

tete sich eine iveite Wiesenfläche aus,

Wort.

Kirchlein erhob, das aus der letzten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammt. Es spiegelt sich in den Fluthen heut wie damals, rund herum liegen die Gräber derjeitigen, die einst in diese Kirche zur Taufe getragen wurden, denen sie zur Hochzeit und zum Begräbniß geläutet; es ist schwer zu unterscheiden, wo der Kirchhof aufhört und die Wiese beginnt, die mit Tausenden von gelben Blumen besäet ist. Sie nennen unsere Mark spottend des deutschen Reiches Streusandbüchse, in und bei Stralow spürt man nichts von Sand, da ist blaues Wasser und grüne Wiese, so weit das Auge reicht und schier malerisch liegt das

„Was wißt Ihr, ob und wen ich liebe," erwiederte sie beinah höhnisch. Wo war das kecke, frische Wesen? Etwas herb Jungfräuliches schien über sie ausgebreitet. Beide schwie¬

„Ich weiß Euren Namen noch immer nicht, Herr!" „Heinrich Lindholz," erwiederte er tonlos. „Und wo wohnt Euer Weib," fuhr sie rasch fort. „Was willst Du mit meinem Weibe?" „Sagt mirs immerhin," bat sie. „Zu Berlin, am Molkenmarkt." Sie wiederholte die Worte und nickte mit dem Kopfe. geht,

„Nun vergeh ichs nicht," sagte Herr," drängte sie plötzlich.

leise.

sie

„Und

jetzt

deten, zwischen dem Flusse und dem Runimelsburger See brei¬

in deren Mitte

sich

das

„Soll ich gehen und Dich nimmer wiedersehen?" rief Heinrich Lindholz im Ton des tiefsten Schmerzes. Da stürzten die Thränen aus den Augen des Mädchens, leidenschaftlich umschlangen ihre Arme den Nacken des jungen Mannes und unter seinem Kusse zusammenschauernd, stammelte sie: „Ja Heinrich Lindholz Du mußt gehen, denn Du weißt, daß ich nichts habe als meinen guten Rainen, wenn ichs mit Dir hielte, so könnte ichs auch mit dem Hauswirth halten,

Fischerdörflein dazwischen. Ein Jahr und mehr ist hingeschwunden, seit Heinrich Lindholz seiner Väter Haus zu Berlin verlassen, heiß brütet die Augustsonne über der Stadt, kein Lüftchen bewegt die

nur, daß

ebenfalls leichte Gewänder trug.

ich Dich liebe und ihn nicht. Aber ich werde Dich wiedersehen, ich weiß nicht wo, ich weiß nicht wenn, doch einmal wirds geschehen." „Ja ich muß Dich wiedersehen," flüsterte er, „Du mußt mir wieder Sagen und Märchen zählen, sieh, mit denen

hast

Du

in den Zauber." nennen mich ja die Märchen-Hanne," erwiederte sie weinend und lachend, „leb wohl, leb wohl!" mich eingesponnen

„Sie Und

so heiß sein

auch schlug

daß er sich

Blut

auch

wallte,

so

mächtig sein Herz

für das schöne Mädchen, sie gewann es über ihn, von ihr trennte. Keinen Ring, kein Kettlein gab

Blätter der Bäume, die längs der Straße nach Stralow standen, obgleich cs noch früher Morgen war. Aus dem Stralower Thor kam eine schlanke zierliche Frauengestalt, ganz in Weiß gekleidet, die ein kleines Mädchen an der Hand führte, das Beide gingen langsam fürbaß, das Mädchen aber machte sich bald von der führenden Hand los, um hier ein Vergißmeinnicht zu pflücken, das hart am Rande der Spree blühte oder bunte Wiesenblumen, an denen kein Mangel war. Das Kind, dessen Blondhaar im Sonnen¬ schein aussah wie fließend Gold, schien von der Hitze kaum etwas zu spüren; wie ein großer weißer Schmetterling flog es dahin über die grüne Wiese und wohlgefällig folgten ihm die stillen braunen Augen seiner Begleiterin. So wanderten sie miteinander, bis sie das Dorf Stralow erreicht hatten, hier blieben Beide unwillkürlich stehen und

56

mit saurer Milch und den Schnitzen schivarzen Brodes, die man vor sie hingesetzt. Sie fand sich aus all' diesen lachenden,

ihre Augen schweiften über den weiten Wasserspiegel, an dessen Rande die alten Fischerdörfer Treptow, Nummelsburg und wie sie Alle heißen, mit ihren Strohdächern liegen, über denen sich eine Wolke von Störchen erhob, die sich zum Abzug

fröhlichen Gesichtern nicht heraus, die obenein Alle einander mehr oder ininder ähnlich waren. Da ivaren verheirathete Töchter mit ihren Kindern, die von den unvermählten Schwestern nur die Wette geliebkost wurden, da waren erwachsene Brüder und halbwüchsige Basen, denn das Pfarrhaus hatte heut zahllose Gäste, und Lottchen beneidete Jda, die sich schnell in dieser Verwandtschaft zurechtfand und bald jeden bei Namen nannte. Endlich begann die junge Frau zu esien und danach aus ihrem Binsenkober die Geschenke herauszulangen, die sie mitgebracht. Da waren seidene Bänder und weiße Halstüchlein, gläserne Schalen und zinnerne Becher, so daß über dem An¬ schauen solcher Herrlichkeiten die ganze lachende Schaar stumm ivurde und die Frauen die Hände über dem Kopf zusannnen schlugen. Als Alles gehörig bewundert worden und wortreich Dank gesagt worden war, bemächtigte sich die Frau Pastorin des Binsenkorbes, der am Abend mit Kuchen und Fischen als

rüsteten.

„Wieder ein Sommer vorbei," sagte Lottcheu Lindholz vor sich hin, „wenn die Störche ziehen, kommt der Herbst, sei es auch noch so warm." Sie seufzte und strich das dunkle Haar glatt, dann rief sie das Kind. „Komm Jda, der Herr Pastor und die Frau Pastorin warten auf uns und der Ohm Anton auch!" Leichtfüßig kam Jda herangesprungen und Beide gingen nun zu dem kleinen strohgedeckten Psarrhause. In der Thür standen ein paar junge Mädchen, eine hatte den Arm um den Hals der Andern geschlungen, die Eine trug auf dem freien Arm ein wenige Monate altes Kindlein, die Andere hielt die linke Hand wie zum Schutz gegen die Sonne über die Augen; auf den Grabhügeln spielten ein paar derbe Jungen mit großen grauen Augen Brandenburger und Schweden. Als Lottcheu und Jda näher kamen, erhob sich lauter Jubel, die Jungen hörten im Spiel auf, die Mädchen lösten ihre Arme imb eilten den Kommenden entgegen, hinter ihnen aber quoll aus der Thüre des Pfarrhauses noch eine ganze Wolke von jungen Männern, Mädchen und Kindern, daß Lottcheu Lindholz einen Augenblick wie betäubt dastand. Das war ein Umarmen, ein leise

Gegengabe gefüllt werden sollte.

ihr eigen Wort hörten. Lottchens Augen aber wurden immer größer, sie schaute wie in eine ftemde unbe¬ kannte Welt, wenn sie sah, wie die Frau Pastorin Po sorg¬ lich um ihren greisen Eheherrn sich mühte und dieser ihr mit der Hand über die runzlige Wange strich, als sei es die des schönsten jungen MädchensDort stritten sich unter Lachen zwei Schwestern um eine der kleinen Nichten, jede wollte das Kind warten, während die junge Mutter eins ihrer eigenen kleineren Geschwister im Arme hielt. Hier machte ein junger Student, der von Frankfurt herüber gekommen war, einer hübschen Base den Hof, unbekümmert um die Neckereien der Schwestern; da erzählte ein schmucker Reiter-Offizier, der seine Wunde voin Fehrbelliner Schlachtfeld hier ausheilte, wunder¬ bare Kriegsgeschichten, und die beiden Alten schauten glückselig in dies lachende blühende Leben um sie herum. In Lottchens Augen stiegen die Thränen auf, sie wußte selbst nicht warum, eine heiße Sehnsucht kam über sie, sie wußte nicht wonach, aber wieder einmal fühlte sie, daß ihrem Leben etwas gefehlt hatte. Da fiel ihr Blick auf ein junges Mädchen, das allein ain Fenster stand und mit großen stillen Augen unverwandt hinaus blickte den Weg entlang, der nach Berlin führte. Sie rief Jda an ihre Seite, die lustig mit dem Strome schwamm und nicht zu fühlen schien, daß ihr, der Heimathlosen, dies laute Familienleben etwas Fremdes war. Leute kaum

Händeschütteln, ein Lachen und Jauchzen, sie begriff es selbst nicht, wie sie in eine weite kühle Stube zu ebener Erde gelangt, vor deren kleinen Fenstern eine riesige Weide stand. Hier fand sie den Herrn Pastor, einen würdigen Greis lind seine nicht viel jüngere Ehehälfte, sowie den Oheim Anton. Pastor Atemhardt war ein Berliner Kind, er hatte mit Anton Lindholz gespielt und war eigentlich dessen einziger Freund gewesen und

Alljährlich im Sommer wanderte der Stiesel auf Stralow, und in diesem Jahr hatte der Pastor Lottcheu aufgefordert, den Oheim einmal draußen zu besuchen. Er hatte sie bei diesem im Hospital gefunden, die bleiche stille Frau that ihm leid, und sie hatte seine Einladung angenommen. Wohl kannte sie den Pastor seit langen Jahren, aber noch nie war sie nach Stralow gekommen, wenn sie Berlin verließ, so ging sie nach Tempelhof in ihr Eigenthum. Allein aber hatte sie sich nicht zu den fremden Menschen gewagt, sondern wenigstens Jda mitgenommen. Der Kurfürst hatte seinen Schützling zwar der edlen Frau von Scharben anvertraut, aber mehr noch als an diese, hatte sich das verwaiste Kind an Lottcheu angeschlossen und Frau von Scharben trat dem nicht entgegen. War doch Lottcheu ohnehin einsam genug, da war ihr die Gesellschaft des allzeit fröhlichen Kindes wohl zu gönnen. Uebrigens klagte sie nie über ihre Einsamkeit, ja sie schien sich wohl zu fühlen in ihrem unumschränkten Frauen¬ geblieben.

einige Wochen nach

recht und Heinrich kaum zu vermißen. Dazu hatte ihr Herz Ihre Mutter war ihr ein nicht genug an ihm gehangen. lieber Gast, aber die stolze Frau konnte es nicht vermeiden, neben der Tochter gleichsam als Null dazustehen und spann sich grollend immer mehr in die Einsamkeit ihres Wittwensitzes zu Tempelhof ein. Unendlich lieblich in ihren weißen Gewändern, mit ihren dunklen Locken und den schönen tiefen Augen, aber ängstlich und verlegen, saß die junge Frau vor der irdenen Schüssel

Dann brach das Reden,

Lachen, Schwatzen und Spielen wieder los, so daß die älteren

(Fortsetzung folgt.)

Die Mrstengruft im Dome }i\ Berlin. Mit einem Plane, aufgenommen und gezeichnet von Tito 8-gee. „Die Gewölbe unter dem Dome dienen" — schreibt Friede. Nicolai — „zum König!. Erbbegräbnisse", und fügen wir hinzu, 1749. In diesen Tagen waren auf Anordnung Friedrichs II. die Särge seiner Vorfahren aus dem alten Dome übergeführt worden. Wir kommen auf diese Uebersührung, bei welcher 12 Särge nicht mehr aufgefunden wurden, noch einmal zurück, wenn einer unserer Herrn Mitarbeiter — wie versprochen — die kürzlich geschehene Ausgrabung des seit dem 25. resp. 31. Dezember

i

j I

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Schloßplatzes in unserem Blatte beschreiben wird. Ueber das Gewölbe unter dem heutigen Dome, das unsere

57 schreibt Nicolai: „Die Königliche Gruft unter dem Dome ist hell, luftig und geräumig. Die ältesten Särge aus dem 14. und 15. Jahrhundert sind simpel, viereckig von bleiernen Platten und zugelöthet, oben meist mit einem Kruzi¬

der Anne Sydow) hatte fertigen lassen. Dasselbe stellt den auf einem Sarkophag ruhenden Kurfürsten im vollen Ornat dar, während die vier Eckträger mit einer starken, auf dem Estrich ruhenden

fixe geziert. Aus den folgenden Jahrhunderten finden sich viele von Erz und Blei gegossene, die mit Kunstwerken geziert sind. Der schönste darunter ist der des 1707 geborenen und 1708 verstorbenen

Meisterhand

Illustration zeigt,

Marmorplate verbunden sind. Diese, ebenfalls aus PeterVischers hervorgegangen, zeigt das erhabener Arbeit.

lebensgroße

Bildniß

Joachims I. in halb

Als an den letzten Dezembertagen die Ucberführung der neun¬ undvierzig Särge geschah, wurden unter anderen auch die Särge Johann Ciciros und Joachims II. vermißt. Die beiden zinnernen, stark vergoldeten Prachtsärgc des Großen Kurfürsten und dessen zweiter Gemahlin Dorothea, an der nördlichen Seite des Kirchenschiffes, sind aus Schlüters Meister¬ hand hervorgegangen. Bei Ueberführung derselben ließ Friedrich der Große denjenigen seines Urgroßvaters öffnen, und im Anblick der noch wohlerhaltcncn Züge desselben sprach er: „Messieurs, der hat viel gethan!" Wir verlassen das Kirchenschiff und treten in die geräumige säulengetragcne Vorhalle. Durch eine Pforte rechter Hand gelangt man in ein Zwischengemach, dessen Thür mit Querbalken und

Prinzen von Oranien und Preußen Friedrich Ludwig, von Schlüter aus Blei gegossen und vergoldet. Der Prinz ist auf demselben aus einem Kissen sitzend in mehr als Lebensgröße dargestellt. Der Sarg der Königin Sophie Dorothea, Mutter Friedrichs des Großen, ist von schwarzem Marmor. Die neuesten Särge sind meist mit Silberstuck überzogen und mit vielen schwarzen Adlern besät, auch die Räthe und Ecken mit vielen breiten goldenen Tressen und Troddeln besetzt. Die Gruft wird gewöhnlich nicht gezeigt." In der ersten Nummer des ersten Jahrganges unserer Zeit¬ schrift hat Ferd. Meyer bereits ausführlichst die „Fürstcngrust der Hohenzollern" behandelt. Für alle die, welche nicht Abonnenten des ersten Jahrganges waren, theile ich hier auszüglich das Wichtigste noch einmal mit. Nicht alle gekrönten Häupter der Hohenzollern schlummern in der Fürstengruft unter dem Dome den ewigen Schlaf. Der erste Friedrich ruht in dem Kloster Heilsbronn in Oberfranken, auch sein Sohn, Friedrich der Eiserne ist dort bestattet, ebenso birgt die Krypta des Heilsbronner Klosters die sterblichen Ueberreste des Bruders und Nachfolgers jenes Fürsten, Albrecht

schweren Schlössern versehen ist.

Dann einige Stufen beim Schein der angezündeten Lichter hinabgestiegen, — und vor uns dehnen sich die weiten Gewölbe mit ihren mächtigen, wie für die Ewigkeit gegründeten Pfeilern aus. Langsam schreiten wir vorwärts durch die dumpfe Stille der Grabesgasse, die sich zunächst längs der Vorderseite des Domes hin erstreckt. Fünfzehn schlichte Metallsärge, in Form

Achilles. Johann Cicero und Joachim I. fanden zunächst im Kloster Lehnin ihre Ruhestätte, deren Särge wurden jedoch später nach Berlin gebracht. Denn nachdem Kurfürst Joachim II. im Jahre

Größtentheils mit einer Lade, schimmern uns hier entgegen. einem Kreuz geschmückt, mit Wappen und Inschrift versehen, ruht hin und wieder noch ein von dem Roste der Jahrhunderte zcrfteffenes Schwert auf den Sargdeckeln.

1536 die schwarzen Mönche (Dominikaner) aus Berlin verwiesen, erhob er die Klosterkirche derselben zu einem Domstift und errichtete

leblosen Gebeinen vorüber.

„unter

Jahrhunderte mit ihren gewaltigen Bildern zogen an diesen

Fürstengruft, in die er (Johann Cicero), Vater

dem hohen Chor eine

Herrn Großvater (Joachim I.), seine Mutter und sein erstes Herzfreund¬ liches Gemahl, junge Herrschaft begraben und zum Theil von Lehnin bringen lassen." Dies seine eigenen

seinen

Worte aus der an die Domherrn gehaltenen Einweihungsrede. Bei dem Tode des Kurfürsten Georg Wilhelm (1649) war die fürstliche Todtenkammcr in der, mittlerweile dazu erhobenen Schloß- und Kathedralkirche gefüllt — Georg Wilhelm wurde in Königsberg i/Pr. bestattet. Ebenfalls unter dem hohen Chor jener Kirche ließ dann d er große Kurfürst ein neues Grabgewölbe für sich und seine Nachkommen errichten: doch nur der erste König von Preußen (Friedrich I.) sollte hier neben seinem großen Vater bestattet werden. Am 10. Juni 1705 wurde die „philosophische" Königin Sophie Char¬ lotte hier beigesetzt. In der Garnisonkirche zu Potsdam ist König Friedrich Wilhelm I. beigesetzt, ihm zur Seite ruht in unscheinbarem zinnernen Sarge Friedrich II. Im Dome im Lustgarten ruht

In

!

|

Mann der

schönen

„Gießerin",

Elisabeth Christine.

Unsern der Nische steht der kolossale Metallsarg Friedrich daneben derjenige seiner am 25. Febr. 1805 verstorbenen Wittwe Friederike. Zur Rechten des Königspaars ruhen die Kinder Friedrich Wilhelms III. — zwei derselben im zartesten Alter verstorben und eine todtgeborene Tochter. Wer, mit der Geschichte unseres Königshauses vertraut, wird da-

Wilhelms II.,

des Altartisches

(den

des

In

Gemahlin

seine

Dietrich aus Burgund

Davor erhebt sich der Sarg der Lieblings¬ großen Königs, der geistreichen und kunstsinnigen dem nördlichen Seitengang ruht Friedrichs Prinzessin Amalie. Friedrichs des Großen.

schwester

Friedrich Wilhelm II. Im Mausoleum des Schloßgartens von Charlottcnburg ruhen Friedrich Wilhelm III. und seine Gemahlin Luise. In der Friedenskirche bei Sanssouci vor den Stufen ruht König Friedrich Wilhelm IV., ihm zur Seite Gemahlin Elisabeth. Beschauen wir uns nun noch einmal die Domkirche und die hier befindliche Ruhestätte unserer Fürsten. Betreten wir zunächst das Schiff der Domkirche, so stehen an der Nordseite desselben fünf kolofiale Sarkophage. Zuvörderst das prächtige Bronzedenk¬ mal, welches Joachim I. für seinen am 9. Januar 1499 zu Ar¬ neburg verstorbenen Vater Johann (Cicero) durch den Gießer

Johann Sicgismund, Joachim

und Johann Georg schlummern hier im engen Raum. Jener halb verfallene Sarkophag soll die Aschereste des ritterlichen prachtlicbenden Joachims II. enthalten. Dort ein anderer, ebenso verfallener, birgt die Gebeine der Mutter dieses Fürsten, der dänischen Königstochter, welche in der Nacht zum 25. März 1520 aus dem älteren Schlosse, verkleidet und aus einem Bauernwagen nach der altsächsischen Residenz Torgau flüchtete, um als eine Anhängerin Luthers den Drohungen ihres Gemahls zu entfliehen. dem zweiten Pfeilerdurchgangc rechter Hand stehen vier kleinere Särge mit den im frühen Alter verstorbenen Kindern des Kronprinzen (nachmaligen Königs Friedrich Wilhelm I.). Wir lenken unsere Schritte vorüber an dem dritten Pfeilerdurchgang, in dessen Raum die erste Gemahlin Königs Friedrich I. und dessen fünf Kinder ruhen. Mit tiefer Ehrfurcht betrachten wir im ersten Pfeilerdurchgang auf der nördlichen Seite den schlichten, schwarzen Marmorsarkophag der Königin Sophie Dorothea, der Mutter

Friedrich

| .

j

bei nicht an jene verhängnißvolle Treppe in dem damaligen und

j

jetzt wieder Kronprinzlichen

i

nach der am 22. September 1794

Palais erinnert!

Etwa 14 Tage erfolgten Rückkehr des Kron¬ prinzen aus dem polnischen Feldzuge gewährte der Hosmarschall einem Fremden die Erlaubniß zur Besichtigung des Palais, in

58 bcr Meinung, daß die Kronprinzeß dasselbe bereits verlassen habe. Diese, eben im Begriff, die nach dem Arbeitszimmer ihres Gemahls führende Treppe hinabzusteigen, wird plötzlich des ftemdcn, gerade auf sie zuschreitenden Mannes gewahr und stürzt, auf das heftigste erschreckt, die Stufen hinab, um bald daraus von einer todten Tochter entbunden zu werden. Wir betreten das zweite Schiff des Gewölbes. In dem mittleren Pfcilerdurchgang desselben steht ein brauner Sarkophag von Holz, der des bei Saalfeld gefallenen Prinzen Ludwig

12. Joachim, Markgraf, Sohn Kurfürst Joachim Friedrichs; geb. 13. April 1583, gest. 1600. 13. Ernst, Markgraf, Sohn Kurfürst Joachim Friedrichs; geb. 13. April 1583, gest. 18. September 1613. 14. Anna Sophia, Tochter Kurfürst Johann Sigismunds, Herzog. Wittwe von Braunschwcig-Lüneburg; geb. 17. März 1598, gest. 19. Dezember 1659. 15. Joachim Sigismund, Herrenmeister, Sohn Kurfürst Johann

Sigismunds; geb. 25. Juli 1603, gest. 22. Februar 1625. 16. Albert Christian, Markgraf, Sohn Kurfürst Johann Sigis¬ munds; geb. und gest. 1609.

Ferdinand.

Im

dritten Gange längs der Spreeseite steht ein reich geSarkophag, der eines anderen Helden, eines Neffen des Großen Kurfürsten, der bei Mollwitz 1741 starb. Markgraf Friedrich von Brandenburg und Schwedt war es. Im Mittelschiff des Gewölbes ruht Prinz Friedrich Wilhelm Heinrich August, einstmals Generalinspektcur der Artillerie. Er starb 1843. Ferner Prinz Waldemar, Prinz Albrecht (ff 14. Oktober 1872) und Prinz Adalbert (ff 6. Juni 1873). Die Särge aus neuerer Zeit sind ebenfalls mit Silberstoff überzogen und mit schwarzen Adlern besetzt, Nähte und Ecken werden von goldenen Gurten und Quasten geziert. Sämmtliche schmückter metallener

!

I

j

die Nummern 63. 64. 66. 76. 77. 78. 65. 59. 56. 58. 60. 30. 32. 31. 69. aus 70. 33. 91. 92. 93. 94. 40. 95. 38. Zwischen den Pfeilern an der Ostseite: Nr. 61. 49. 74. 73. 72. 39. 90. 85. Im Mittelraum: Nr. 54. 62. 80. 48. 57. 55. 81. 68. 75. 79. 88. 84. 87. 86. 96.

83. 34. 82. 67.

Zwischen den Pfeilern an der Westseite (Lustgarten¬ seite): Nr. 26. 27. 28. 29. 45. 53.52. 51. 50. 11. 21. 19.20. 16. 10. 4. 12. 97.

An der Westseite (Lustgartenseite): Nr. 24. 47. 17. 9. 2. 6. 3. 7. 5. 18. 22. 13. 14. 15. 8. Es fehlen: 1. 23. 25. 35. 36. 37. 41. 42. 43. 44. 46. 89. A. bedeutet Wasserbehälter, B. Versenkungsapparat. 1. fehlt; nach Annahme des Ministeriums des königlichen Hauses. 2. Elisabeth Magdalena von Brandenburg, Herzogin von Braunschweig-Lüneburg, Wittwe, Schwester Johann Georgs; geb. 6. November 1538, gest. 22. August 1595. 3. Johann Georg, Kurfürst, geb. 11. September 1525, gest. 8. Januar 1598. (Eingefallener Zinksarg.) 4. Elisabeth von Anhalt, dritte Gemahlin Kurfürst Johann Ge¬ orgs; geb. 25. September 1563, gest. 25. September 1607. 5. Joachim Friedrich, Kurfürst; geb. 22. Januar 1546, gest. 18. Juli 1608. 6. Catharina Sophie von Brandenburg-Cüstrin, erste Gemahlin Kurfürst Joachim Friedrichs; geb. 10. August 1549, gest. 30. September 1602. 7. Heleonora von Brandenburg-Preußen, zweite Gemahlin Kurftirst Joachim Friedrichs; geb. 12. August 1583, gest. 1. April 1607. 8. Johann Sigismund, Kurfürst, geb. 8. September 1572, gest. 23. Dezember 1619. 9. August Friedrich, Markgraf, Sohn Kurfürst Joachim Friedrichs; geb. 1580, gest. 23. April 1601. 10. Inschrift bis jetzt nicht gelesen; höchst wahrscheinlich Albrecht Friedrich, Sohn Kurfürst Joachim Friedrichs; gest. 3. De¬ zember 1600. 11. Hölzerner Sarg ohne Inschrift.

18. Catharina Sophia, Tochter Friedrich's IV. von der Pfalz, unvermählt; geb. 10. Juni 1594, gest. 25. Februar 1665. 19. Johann Sigismund, Markgraf, Sohn Kurfürst Georg Wil¬ helms; geb. und gest. 1624. 20. Georg, Markgraf, Sohn des Markgrafen Johann Georg von Brandenburg-Jägerndorf; geb. 1613, gest. 1614.

21. Catharina Sybilla, Markgräfin, Tochter Johann Georgs; geb. und gest. 1615. 22. Ernst, Markgraf, Sohn des Markgrafen Johann Georg von Brandenburg - Jägerndorf; geb. 8. Januar 1617, gest. 24. September 1642. 23. fehlt; nach Annahme des Ministeriums des königlichen Hauses. 24. Louise Henriette von Oranien, erste Gemahlin Friedrich Wil¬ helms des Großen Kurfürsten; geb. 17. November 1627, gest. 8. Juni 1667. fehlt; nach Annahme des Ministeriums des königlichen Hauses. 25. Markgraf, Zwillingssohn des Kurfürsten Friedrich Heinrich, 26. Wilhelm; geb. und gest. 1664. 27. Amalia, Markgräsin, Zwillingstochter des Kurfürsten Friedrich Wilhelm; geb. 1664, gest. 1665. 28. Kindersarg, Wilhelm Heinrich. 29. Dorothea, Prinzessin, Tochter des Kurfürsten Friedrich Wil¬ helm; geb. 1675, gest. 1676. 30. Ludwig, Markgraf, Sohn des Gr. Kurfürsten Friedrich Wil¬ helm; geb. 28. Juni 1666, gest. 28. März 1687. 31. Philipp Wilhelm, Markgraf von Brandenburg-Schwedt, Sohn des Kurfürsten Friedrich Wilhelm; geb. 9. Mai 1669, gest.

aber ruhen aus mächtigen Granitschwellen. Ich gebe in Nachfolgendem noch das genane Verzeichniß der in der Fürstengrust des Doms befindlichen Särge. Zum besseren Verständniß des von uns gegebenen Planes bemerke ich noch:

daß an der Ostseite stehen:

17. Elisabeth Charlotte von der Pfalz, Gemahlin des Kurfürsten Georg Wilhelm; geb. 7. September 1597, gest. 16. April 1660.

19. Dezember 1711. 32. Friederike Dorothee Henriette, Tochter Markgraf Philipp Wilhelms; geb. 1700, gest. 1701. 33. Georg Wilhelm, Markgraf, Sohn Markgraf Philipp Wilhelms; geb. und gest. 1704. 34. Earl Philipp, Markgraf, Sohn Kurfürst Friedrich Wilhelms; geb. 1672, gest. 1695 vor Casale. 35—37 fehlen; nach Annahme des Ministeriums des königlichen

Hauses.

!

38. Louise Wilhclmine, Prinzessin, Tochter Markgraf Albrecht Friedrichs; geb. 11. Mai 1709, gest. 19. Februar 1726. 39. Prinz Carl Albrecht, Sohn Markgraf Albrecht Friedrichs'; geb. 10. Juni 1705, gest. 22. Juni 1762. 40. Prinz Friedrich, Sohn Markgraf Albrecht Friedrichs; geb. 13. August 1710, gest. 10. April 1741 in der Schlacht bei

Mollwitz. 41—44 fehlen; nach Annahme des Ministeriums des königlichen Hauses.

45. Elisabeth Henriette von Heffen-Caffel, erste Gemahlin Kurfürst Friedrichs III.; geb. 7. November 1650, gest. 27. Juni 1683. 46. fehlt; nach Annahme des Ministeriums des königlichen Hauses. 47. Carl Emil, Kurprinz, Sohn Kurfürst Friedrich Wilhelms; geb. 6. Februar 1655, gest. 27. November 1674.

59

An der eilten'Börse

Nach der

Dir Mrstengrust im Dome zu Lrriin. Natur aufgenommen und für den „Bär" gezeichnet von Otto Seger.

60 48. Friedrich August, Sohn Kurfürst Friedrich III.; geb. 1685, gest. 1686. 49. Königin Sophia Dorothea, Gemahlin König Friedrich Wil¬ helms I.; geb. 27. März 1687, gest. 28. Juli 1757. 50. Prinz Friedrich Ludwig, Sohn Kronprinz Friedrich Wilhelms; geb. 23. November 1707, gest. 13. Mai 1708. Friedrich Wilhelm, Sohn Kronprinz Friedrich Wilhelms; Prinz 51. August 1710, gest. 31. Juli 1711. 16. geb. Ludwig Carl Wilhelm. Kindersarg, 52. 53. Kindersarg, Sophie Charlotte Albertine. 54. Königin Elisabeth Christine, Gemahlin, Wittwe König Friedrichs II.; geb. 8. November 1715, gest. 13. Januar 1797. 55. Prinzessin Amalia, Aebtissin von Quedlinburg, Tochter König Friedrich Wilhelms I.; geb. 9. November 1723, gest. 30. März 1787. 56. Prinz Friedrich Heinrich Carl, Sohn von August Wilhelm, Prinzen von Preußen; geb. 30. Dezember 1747, gest. 26. Mai 1767. 57. Wilhclmine, Prinzessin von Hessen-Cassel, Gemahlin, Wittwe Prinz Friedrich Heinrich Ludwigs; geb. 23. Februar 1726, gest. 8. Oktober 1808. 58. August Wilhelm, Prinz von Preußen, Sohn König Friedrich Wilhelm I.; geb. 9. August 1722, gest. 12. Juni 1758. 59. Louise Amalie, Gemahlin des Prinzen August Wilhelm. 60. Prinz Georg Carl Emil. 61. König Friedrich Wilhelm II.; geb. 25. September 1744, gest. 16. November 1797. 62. Königin Friederike Louise, zweite Gemahlin, Wittwe König Friedrich Wilhelms II.; geb. 16. Oktober 1751, gest. 25. Fe¬ bruar 1805. 63. Sarg ohne Inschrift. 64. Friederike Christiane Amalie Wilhelmine, Prinzessin; geb. 1772, gest. 1773. 65. Prinz Ludtvig Friedrich Carl, Sohn König Friedrich Wil¬ helms II.; geb. 5. November 1773, gest. 28. Dezember 1796. 66 Wilhelm Carl, Sohn Ludwig Friedrichs. 67. Prinz August Ferdinand. 68 . Prinzessin Anna Elisabeth Louise, Gemahlin, Wittwe Prinz August Ferdinands von Preußen; geb. 29. April 1738, gest. 10. Februar 1820. 69. Friedrich Paul Heinrich August. 70. Friedrich Wilhelm Heinrich Carl Kinder Friedrich Wilhelms von Bran¬ Elisa¬ 71. Friederike denburg-Schwedt. Dorothea beth Henriette 72, Prinz Heinrich Friedrich Carl Ludwig, Sohn des Prinzen August Ferdinand von Preußen; geb. 11. November 1771, gest. 8. Oktober 1790. 73, Prinz Louis Ferdinand von Preußen, Sohn des Prinzen August Ferdinand von Preußen; geb. 18. November 1772, gest. 10. Oktober 1806 im Gefecht bei Saalfeld. 74. Sarg ohne Inschrift. 75. Prinz Friedrich Wilhelm Heinrich August von Preußen, Sohn des Prinzen August Ferdinand von Preußen; geb. 19. Sep¬ tember 1779, gest. 19. Juli 1844. 76, Todtgeborener Sohn Friedrich Wilhelms III. 77, Prinzessin Friederike Caroline Auguste Amalie, Tochter König Friedrich Wilhelms III.; geb. 14. Oktober 1799, gest. 30. März 1800. 78, Prinz Friedrich Julius Ferdinand Leopold, Sohn König Friedrich Wilhelms III.; geb. 13. Dezember 1804, gest. 1. April 1806. 79, Prinz Friedrich Thassilo Wilhelm, Sohn des Prinzen Friedrich .

Wilhelm Carl von Preußen; geb. 29. Oktober 1811, gest. 10. Januar 1813. 80. Todtgeborener Prinz, Sohn des Prinzen Albrecht von Preußen; geb. 4. Dezember 1832. 81. Markgräfin Philippine Auguste Amalie von BrandenburgSchwedt, Gemahlin des Landgrafen Friedrichs II. von HessenCassel; geb. 10. Oktober 1745, gest. 1. Mai 1800. 82. Prinz Friedrich Wilhelm Ferdinand von Hessen-Cassel; geb. und gest. 1806. 83. Sarg ohne Inschrift. (Todtgeborener Sohn von Oranien.) 84. Prinzessin Maria Anna von Hessen-Homburg, Gemahlin Prinz Friedrich Wilhelm Carls von Preußen; geb. 13. Oktober 1785 gest. 14. April 1846. 85. Prinz Friedrich Heinrich Carl von Preußen, Sohn König Friedrich Wilhelms II.; geb. 30. Dezember 1781, gest. 12. Juli 1846. 86. Prinz Friedrich Wilhelm Waldemar von Preußen, Sohn des Prinzen Friedrich Wilhelm Carl von Preußen; geb. 2. August 1817, gest. 17. Februar 1849. 87. Prinz Friedrich Wilhelm Carl von Preußen, Sohn König Friedrich Wilhelms II.; geb. 3. Juli 1783, gest. 28. Sep¬ tember 1851. 88. Prinzessin Anna Bictoria Charlotte Auguste Adelheid, Tochter des Prinzen Friedrich Carl von Preußen; geb. 26. Februar 1858, gest. 6. Mai 1858. 89. Sarg ohne Inschrift. 90. Markgräfin Albrecht. 91. Markgraf Albrecht Friedrich. 92. Friedrich Albrecht Kinder des Vorigen. 93. Friedrich Wilhelm 94. Prinz Wilhelm, gefallen 1774 bei Prag. 95. Markgraf Christian Ludwig. 96. Prinz Heinrich Wilhelm Adalbert, Sohn des Prinzen Friedrich Wilhelm Carl von Preußen; geb. 29. Oktober 1811, gest.

6. Juni 1873. 97. Unbekannt, 1875

auf dem

Schloßplatz

beim

Canalisiren

gefunden.

Schon Friedrich Wilhelm III. projektirte einen neuen Dom (auf dem Leipziger Platz), und Friedrich Wilhelm IV. ein gro߬ artiges Campo Santo in dem zu erbauenden Dome zu Berlin am Lustgarten, denn der jetzige Dom sammt seiner Fürstengruft ist wohl eigentlich nie schön gefunden worden. Trotz der Kuppel¬ thürme macht der Bau den Eindruck eines zum Schlosse gehörenden Stallgebäudes, und dies ftüher, als nur ein Thurm das Gebäude schmückte, noch mehr, wie gegenwärtig. Die Geschichte der Dom¬ und der Dombaukonkurrenzen ist einem eigenen Artikel vorzubehalten und es ist anzunehmen, daß sobald die Kaiser-Wilhelmstraße zur Ausführung gelangt, die Dombaufrage von selber auf dem Plane erscheinen wird. Gewiß ist,

bauprojekte

daß in kurzem das Campo Santo, eine der Hohenzollern würdige Fürstengruft, gebaut wird. Kronprinz Friedrich Wilhelm sagte einst, daß er dafür Sorge tragen werde, daß seine Ahnen eine ihrer würdige Stätte erhalten werden. Seitdem ist fteilich schon einige Zeit vergangen, wie ich aber höre, soll in allernächster

Zeit der Bau in Angriff genommen werden. —

v.

William Schönlank von fl. IDotitt. (Hierzu das Portrait auf Seite 53.)

Schon seit einer Reihe von Jahren fallen den Besuchern Berliner zoologischen Gartens hier und da an einzelnen Käfigen mit Thieren kleine weiße Porzellanschilder in die Augen, unseres

61 welche die

Inschrift tragen:

„Geschenk des Herrn

William

Schön¬

lank." Es sind nicht etwa Thiere gewöhnlicher Art, wie sie in allen derartigen Instituten vorkommen, und durch Kauf von einem zum andern übergehen, sondern oft hervorragende Seltenheiten. Noch wird vielen unserer Leser die Sensation erinnerlich sein, welche hervorgerufen wurde, als Herr William Schönlank das erste Paar-

lebender Oran Utans nach Europa importirtc und es trotz der verlockenden Kaufofferten, welche von London aus gemacht wurden,

in uneigennütziger, patriotischer Weise

unserem

Berliner Garten

schenkte.

Selten verging ein Jahr, in welchem Schönlank dem ge¬ nannten Institute nicht irgend einen Beweis seines wohlthätigen Sinnes gab: Bald war es einer jener, gleichfalls in Europa bis dahin noch nicht gezeigten Schabracken-Tapire, bald Kraniche von Birma, Fasane aus China, Pfauen-Fasane von Assam, bald wieder Renthiere aus Lappland, die er wild hatte einfangen und im hohen Norden erst Monate lang mit deutschem Moos füttern lassen, damit sie sich an unsere heimische Kost gewöhnten. Als das erste

Paar Oran-Utans gestorben war, schenkte er ein zweites, welches gleichfalls inzwischen zu seinen Vorvätern versammelt ist, ferner erst vor we¬

parden. Und, gleichsam um sich

praktischer, le¬

benskluger

nigen Mona¬ ten ein Paar prächtig ge¬ zeichneter Leo¬

Hintergründe und selbst die Zeitungen erfuhren über ihn nichts Näheres. Erst in den beiden letzten Jahren war es, wo er da¬ durch, daß er als Mitglied in einige der angesehensten wissen¬ schaftlichen Gesellschaften eintrat, in größeren Kreisen bekannt wurde; hier wurde auch mir die Ehre zu Theil, mit ihm persönlich in Berührung zu treten, und ich darf wohl mit Freude gestehen, daß sich daraus beiderseitige herzliche Freundschaft entwickelt hat. Williani Schönlank ist der Typus eines Mannes, der Alles aus sich selbst heraus geworden ist. Lediglich seiner eigenen Energie, seinem eisernen Fleiße und seiner Ausdauer verdankt er seine gesellschaftliche Stellung; ausschließlich seinem klugen, kauf¬ männischen Blick ist es zuzuschreiben, daß er sich zum Chef eines der maßgebenden Kaufmannshäuser in Europa aufgeschwungen hat. Im Laufe dieses Sommers waren — falls ich nicht irre — 63 oder 64 Jahre verflossen, seitdem er in dem kleinen Städtchen Märkisch-Friedland als Sohn eines in bescheidenen Verhältnissen lebenden Kaufmanns das Licht der Welt erblickte. Da die Familie mit Kindern reich gesegnet war, so spielte die Sorge um die äußere Existenz eine große Rolle und schon frühzeitig wurde William auf den Ernst des Lebens hingewiesen. Der Vater, ein

Pusri

Mann,

C^u^y-

gute

Lehren

zu geben, sie schon

selbst zu

in jun¬

gen Jahren in

die Welt hin¬

seine großher¬

Gesin¬

Kindern

nen

/CltvxuJ

übertreffen, so bethätigte er zige

ver¬

stand es, sei¬

Q-'c-var nicht von ihnen zu sehen, und auf der andern Seite dehnte sich einförmig und sandig der Teltow aus. Hie tmb da ein Stück Kiefcrnhaide, ein Kirch-

Lcvin und Jda merkten es, wie wenig willkommen sie waren und entfernten sich bald; der junge Mann hielt Lottchens Hand in der seinen- und sich zu ihr niederneigend sagte er, während seine Augen freundlich auf ihrem Gesicht ruhten: „Wenn Du erst nach dem Fest heimkehrst, geleite ich Dich hinüber, ich sehe Dich aber doch noch bei

thurin am Horizont, ein Kornfeld,

Hand, während Jda an der jungen Frau hinaufsprang und sie stürinisch umarmte. Dann gingen

eine Wiese, die eben zu

grünen begann, auf der Landstraße nach Dresden zu alte Lindcnbäume, die auch noch recht kahl waren, drüben nach Maricndorf zu hie und da ein „Puhl", dessen Wasser hell blitzte, wenn ein Sonnenstrahl darauf fiel und an dessen Rande Vergißmeinnicht dem Geplauder des Röhrichts lauschten. Drüben an dem einen Wasser rechts von der Landstraße lag eine Schmiede, das Hämmern und Pochen schallte bis herüber und die rothe Flamme leuchtete auf gegen den wolkigen Aprilhimmel. Jda gab keine Antwort aus die Frage des Junkers, aber sie breitete plötzlich beide Arme aus. „Was hast Du?" fragte Levin und in seinen dunkeln Augen schimmerte es feucht. „Ich möchte Alles an mein Herz drücken, was ich sehe," sagte sie leise, das lachende Gesichtchen war ernst geworden, „es ist so wunderschön!" „Das sandige Teltow," lachte der Junker, aber in seiner Stimme klangs wie tiefe Rührung. „Und Du willst kein märkisch Kind sein?" „Gchts Euch denn auch so?" fragte sie erstaunt, daß zwei Menschen dasselbe Gefühl haben sollten. „Freilich," nickte er, und manchmal draußen in der Fremde, selbst in meiner Mutter sonnigem Heimathlande, hat mich die Sehnsucht gefaßt nach Sand und Sumpf, nach Kicfcrndust und dem alten Hause hier." Das Mädchen hing sich an den Arm des jungen Mannes; „ich weiß aber, wo es noch schöner ist, als in Tempelhof, so sehr ichs liebe," sagte Lottchen näher tretend. „Das möchte ich wissen," sagte Lcvin lachend. „In Berlin auf dem Molkeninarkt," entgegnete sie ganz

der alten Frau

meiner Mutter."

Er

sie

küßte die kleine

Beide und Lottchen

neben die

setzte sich,

ebenfalls zum Rocken greifend,

Mutter-

Eine Weile spannen Beide schweigend, dann nahm die Mutter in hartem Ton das Wort: „Ich wundere mich, daß Du so ruhig von Hause weg bleiben kannst, da Marie doch nur Heinrich und Dir gehorcht." „Sie schläft," entgegnete Lottchen, „Ihr wißt, daß ich diese Tage immer benutzte, um nach Tempelhof zu kommen, mein Haus hütet dann die alte Röse, die ist ja mit der Armen aufgewachsen."

„Aber Marie schläft nicht sechs Tage und die bist Du hier, wenn Du das Fest über bleiben willst, Röse kann nicht allein mit ihr fertig werden, wenn sie erwacht." „Ich habe seit Monden eine Magd, der sie fast bester gehorcht als mir und die sich auch mit der Röse verträgt!" „Also einer Magd überläßt Du Dein Haus und Deine schwerste Pflicht," ries Frau Antonia heftig, „dainit Dir hier ein Junker schön thun kann. Dir, einer verheirathcten Frau!" „Gott sei's geklagt, daß ich's bin," entgegnete Lottchen,

„Ihr

habt mich nicht gefragt, Mutter, Ihr habt mir be¬ fohlen, den Vetter zu heirathen, ich hab's gethan, weil ich nicht wußte, was ich that, nun aber laßt mich meines Weges gehn, ich sagte es Euch schon mehrfach und den Junker laßt ganz aus dem Spiel; bin ich eine verhcirathctc Frau so weiß ich auch, was einer solchen ziemt!" „Ehrerbietung und Liebe bis ins Grab gegen die Bkutter, sollte ich meinen," schalt die ältere Lindholzin. „Die schuldige Ehrerbietung versage ich Euch nie, Liebe

Ihr

„Ja, Du bist eben mit Sprcewasser getauft," meinte der Junker, „aber draußen auf dem Weinberg ists doch bester." Lottchen wandte ihre Schritte jetzt wieder der Wohnung ihrer Mutter zu, Lcvin und Jda begleiteten sie, aber ohne sich eigent¬ lich um sie zu kümmern; die Beiden hatten beut so viel mit¬ einander zu flüstern und zu lachen, daß in Lottchcns Seele eine leise Bitterkeit aufstieg. War sic schon wieder einmal

mir wenig gegeben und noch weniger verlangt." Die alte Frau starrte ihr Kind an, war es hart und böse getvorden durch das Unglück gleich ihr? Langsam ging Lottchen aus dem Zimmer, ruhelos wandelte sie auf und ab im Hause, sie dachte nicht daran, zur Ruhe zu gehen, auch als im ganzen Dorfe die Lichter erloschen waren und sogar Frau Antonia schlief. Der Mutter Wort hatte sie tief getroffen, nicht das von der Vernachlässiignng ihrer Pflichten, sondern das vom Junker- War es wirklich Lcvin, der sie nach Tempelhof zog,

überflüssig?

dachte sie des glänzenden, schönen, ritterlichen Junkers mehr

Drinnen im Hahnchof saß Frari Antonia in ihrer unver¬ änderlichen Trauertracht am Spinnrocken; ihre hageren Züge hatten mehr und mehr etwas Starres bekommen, düster und

als der verheirathcten Frau geziemte?-Sie war hinaus ge¬ treten auf den kleinen steinernen Altar, zu dem einige Stufen hinauf führten und blickte gedankenvoll hinaus in die schwei¬ gende, stille Osternacht. Drunten im Hof stand eine Wanne mit Wasser, die Mägde hatten sie dorthin gesetzt, um bei Sonnenaufgang das Osterlamm darin springen zu sehen. Hier und da huschte eine weibliche Gestalt, den Krug im Arm, den Kopf in ein Tuch gehüllt, durch die Dorfstraße, um Osterwaster zu holen; vorsichtig folgte ihr ein Bursche, um durch irgend

ernsthaft.

unfreundlich blickte sie darein, am düstersten aber aus die beiden jungen frohen Menschenkinder, die mit ihrer Tochter über die Schwelle traten. Je einsamer das Leben um die alternde Frau ward, desto feindseliger trat sie Allem gegenüber, was schön, froh und sorglos war, auch hier ein Widerspiel ihrer Tochter, die sich heimlich stets zu den Gliicklichen und Frohen hingezogen fühlte.

habt

eine Neckerei die eitle Dorfschönc zum Reden und um das ge¬

zu bringen, denn schweigend muß das Osterwaster geschöpft werden, wenn es Mitternacht schlägt.

priesene Schönheitsmittel

*) Die heutige Reichsbank.

79 erkannte den Junker von Scharben, der jetzt lustig einen Ball ergriff und sich in das Spiel stürzte, als sei er selbst noch

Die Luft war kühl, der Mond versilberte das junge Grün, das sich hcrvorgcwagt hatte, Lottchen hatte gerade heute keine Freude darau, sie dachte des altcu Spruches, daß Mondschein im April der Baumblüthe schade und wunderte sich, wie sie 'da ihr doch ganz andere Ge¬ an solche Dinge denken könne, danken das Herz schwer machten.

Sic hob

ein Schuljunge.

Wie eine große Enttäuschung kam cs über Lottchen; sie wußte mit einem Mal, daß die Mutter Recht gehabt, daß sic mehr an den schönen Junker gedacht, als nöthig gewesen, Sie daß cs aber mit dieser Stunde anders geworden sei. hatte in ihm einen Helden, einen Ritter gesehen, und nun war er ein übermüthiger Knabe, der mit Schulkindern Possen trieb. Die kleine Frau war sehr hart gegen den lustigen Junker, aber ihre ernsthafte Seele begriff es. nicht, daß man auf einem Schlachtfcldc dein Tod tausendfach ins Auge ge¬ schallt haben könnte, und in einer Osternacht die Dorskinder als Gespcilst erschrecken. Dann wunderte sic sich über Jda, daß diese den Muth hatte, einem Gespenst Stand zu halten und den Junker so schnell erkannt hatte. Sie lvar ärgerlich über die Thorheiten des Kindes und beschloß, der edlen Frall von Scharben ein Wink zu geben, daß diese ihren Sohn etwas ferner von ihrem Pflcgekindc halten möge. Sie zürnte ans Levin, auf Jda, auf die ganze Welt, und sie dachte, ob wohl Heinrich je in seinem Leben so thörichte Einfälle hätte haben können und cs kam mit einem Riale über sie wie Sehnslicht Sic fühlte sich als verlassene nach seinem ernsten Antlitz. Frau so allein, so schutzlos, der Mann, auf dessen Schutz sie sich seit Monden verlassen, der spielte Ball, nnb der, auf den sie durch göttliches nnb menschliches Recht angewiesen war, der war in der weiten Welt. „Heinrich, Heinrich," rief sie klagend in die Nacht hiilaus, aber Niemand antwortete ihr. „Heinrich, Heinrich," schrie sie ans in wilder Verzweif¬ lung und hörte nichts als Jdas helles Lachen, als Leviils

die Augen zum

Himmel auf, die Sterne grüßten so freundlich hernieder, der Orion und der Löwe, die Kassiopeia und der Schwan funkelten um die Wette, Lottchen kannte sic alle mit Namen, Oheim Anton hatte sie ihr schon in frühester Kindheit gewiesen und gestern noch hatte Lcvin sein Staunen über solche Kenntnisse geäußertWaren die Gedanken doch schon wieder bei ihm, plötzlich fuhr sie zusammen, drüben an der Kirche regte sichs so seltsam, leuchtete es so weiß, was war das? Lottchen wußte wohl von dem unterirdischen Gauge, der den Hahuehof, den Tempelhof und die Kirche mit einander verband, und im Hahuehvf sollten die alten Ritter den Teufel angebetet haben in Gestalt eines Hahnes, darum haben sie keine Ruhe im Grabe und wandern gespenstisch über die umgestürzten Grabsteine au So erzählte die alte Sage, wurde sie der Kirchhofspforte. lebendig? Die junge Frau bebte an allen Gliedern, der Frost schüttelte sie, stand sie doch seit Stunden hier im Nachtthau. Da wurde es wiederum lebendig auf dein Kirchhof, kleine Ge¬ stalten huschten barfuß von allen Seiten herbei, man sah die nackten Füße iin Mondschein leuchten, und eine der Gestalten war zierlicher als die andern; im weißen Nachtkleid, über das lang herunter das goldene Haar fiel, flog Jda mehr heran als sie ging. Ein leiser Jubelruf empfing sie und im nächsten Augenblick sah Lottchen undeutlich ein halb Dutzend Bälle Mitten in der Osternacht begann gegen die Wolken fliegen. Lottchen wußte recht gut, daß die ein lustiges Ballspiel; hier Schuljugend sich alljährlich auf diese Weise zu belustigen pflegte, daß kein Wetter sie davon zurück hielt, mochte cs auch noch so schlecht sein, aber sie wußte schwerlich, daß weit, weit von Mark Brandenburg in Armenien die Christen noch heute Ball spielen, daß die Griechen ain Feste des Apollo Ball spielten. Der Ball ist das alte Bild der Sonne, die ain Ostermorgen tanzt, so gehen Anfang und Ende des Menschengeschlechtes Hand in Hand und die große weite Welt dünkt oft dem recht klein, der da weiß, wie ähnlich sie sich aller Orten sieht. Ueber ihr Erstaunen, Jda beim Ballspiel zu sehen, vergaß

frohes Gelächter. Und die Nacht ging hin, der Horizont färbte sich roth, den Augenblick aber, wo die Sonne tanzt, tvo das Lamm im Wasser springt, den hatten sie Alle verpaßt, die Einen beim Spiel, die Andern beim Schlaf, wie in jedem Jahre. Lottchen hatte endlich ihr Lager aufgesucht mit dem festen Entschluß, gleich nach der Kirche Tcmpclhof zu verlassen und ihre Mutter mitzunehmen. Sie wollte jetzt tvedcr Levin noch

Jda

Die Ballspiclcr hatten sich verlaufen, Jda und Lcvin standcil allein auf dem Kirchhof; das Auge des jungen Mannes hing wie bewundernd an der leichten Gestalt, deren große

die noch immer

Lottchen die gespenstige weiße Erscheinung, am Grabhügel lehnte und bis jetzt von den spielenden Kindern Aber Levins und Jdas Flüstern nicht bemerkt worden war.

blaue Augen zu ihm aufschauten, glänzend vor Wonne über

das genossene Vergnügen. „Das war schön," plauderte sie, „wenn ich auch die Sonne nicht tanzen sah, aber ich konnte doch barfuß laufen." Und sic blickte freudig auf ihre kleinen nackten Füße.

wurde ihr jetzt erklärlich; offenbar war der Junker dem wilden Dinge behülflich gewesen, den Hof zu verlassen, und sie schüt¬ telte verdrießlich den Kopf zu solchen Thorheiten, in denen Levin und Jda immer einig waren, so viel sie sich sonst auch Plötzlich hörte sie die Kinder aufschreien, die weiße zankten. Erscheinung, die Lottchen vorhin schon erschreckt hatte, war unter sie getreten, ein Ritter in Erz gepanzert, den Helm mit

Mantel mit den wehenden Federn aus dein Kopf, den weißen Ein Theil der Kinder dem rothen Kreuz auf der Schulter. weinte, stürzte entsetzt davon, puselte über einander, schrie, ihres Ausdruck den stehen, oder betete; nur Jda blieb aufrecht Mal einem mit Gesichts konnte Lottchen nicht erkennen, aber Andern hörte sie, wie das Mädchen hell auflachte und den

rief: „Seid Dann

doch keine

zu¬

Narren!"

sah sie, wie das Gespenst den Helm

abwarf, und

sehen.

„Jetzt sie

j

müssen

wir aber heim," mahnte Lcvin und

faßte

bei der Hand.

So schritten sie dahin, er immer noch in seinem weißen Tcmplcrmantcl, sie ini 'Nachtkleid und Keinem kam der Gedanke, daß ihr Aufzug doch recht verwunderlich. „Woran erkanntest Du mich denn? fragte Lcvin, und warum hast Du Dich nicht gefürchtet?" „Mein Vater," cntgegnetc sie, „sagte mir einmal, wenn's Gespenster giebt, dann fürchten sie sich ebenso vor uns, wie wir vor ihnen, das wollte ich gern sehen und da ging ich näher und sah, daß in dem Mantel des Spukdings das Wappen

80 der Scharben eingestickt

war,

gerade so wie

sich nach der von ihm angedeuteten Richtung und inehr als ein Gesicht wurde jetzt ebenso roth wie das des Fcldmarschalls, während Friedrich Wilhelms Augen Blitze sprühten. An dein schlanken spitzeir Thurm der Marienkirche, der über das fürstliche Haus uiid die BefestigiNigen hinweg¬ ragte, hängten eben schwedische Soldaten ein ungeheures Bild heraus, das selbst aus dieser Entfernung an der riesigen Elle uiid Scheere als ein Schneider zu erkeiinen war. Niemaiid aber war sich im Zweifel darüber, wem solcher Hohn gälte. Seit geraumer Zeit schon ging bei deii Schweden die Sage,

in Eurer Frau

alle Augen wandten

Mutter Bettüchern." Der Junker lachte hell auf, hob das Kind auf seine Arme und trug sie ins Haus; dann küßte er ihr Goldhaar, was sie nach einigem Sträuben geschehen ließ und dann schlüpften Jda schlief gleich fest ein, der Junker sic in ihre Kammern. aber lag noch eine Weile wach im Bett und fügte Reim an Reim in seinen Gedanken, bis ein artig Licdlein daraus wurde, das er am Tage aufzuschreiben gewillt war, denn Levin von Scharben war auch Dichter und hätte Lottchen Lindholz das bedacht, wäre Possen

sie

der Feldinarschall Derfflinger, besten Herkunft sich ins

vielleicht nachsichtiger gewesen gegen seine

Diiiikel

verlor, sei eigentlich ein Schneidergeselle gewesen, darlim zögen

in der Osternacht.

drüben das Bild des Schneiders auf, denn Jedermann wußte, daß nichts die sonst ilnvcrwüstliche gute Laune des Feldinarschalls so zu stören vermochte, wie eine Hindentung auf dieses Gerücht. „Will's deii verfluchteir Hunden anstreichen," grollte der alte Krieger, „meine Elle soll ihnen inal wieder um die Köpfe fahren, sie haben den rothen Juni-Tag wohl schon wieder sie

Neuntes Kapitel. Vor Stettin. Die Mannen ziert ein muntrer Muth

Bis

sie der

Tod getroffen. Edda.

Mit 25 Regimentern und4000 Mann Lüneburgischer Hülfstruppen lag der Kllrfürst Friedrich Wilhelm vor der schwe¬ Schon das Jahr zuvor hatte er ver¬ dischen Festung Stettin. gebens gesucht, sie zur Uebergabe zu zwingen und nun lag er bereits wieder seit Monden vor der festen Stadt, ohne zu seinem Ziel zti gelangen. Aber der gewaltige Kriegsheld ver¬ lor die Geduld ebensowenig wie seine braven Truppen, obgleich die Strapazen der Belageruitg fühlbarer wurden, je kühler der Herbstwind über die Stoppeln pfiff. Ein rauher November¬ tag graute über dem Braitdenburgischen Lager; grau und neblig, in der Luft lags wie nahender Schnee, bleigrau wälzte die Oder ihre Flutben dahin; frierend mit den Zähnen klappernd fuhren Friedrich Wilhelms Krieger in die Montur, als der Trom¬ melwirbel und das Geschmetter der Trompeten die Reveille ver¬ kündete. Dem Tambour wurden die Finger beinah steif und der Trompeter sah seinen eigenen Hauch, von dem sein Instru¬ ment anlief. Trotz alledem aber stand nach kurzer Zeit das ganze Heer geordnet unter den Augen seines obersten Kriegs¬ herrn. Und wie die Augen des Adlers flogen sie die Reihen auf und ab, dann glitt ein Lächeln der Befriedigung über das stolze Herrscher-Antlitz und in den von Narben durchfurchten, von Pulverdampf geschwärzten Gesichtern der Streiter von War¬ Sie hatten schau, Fehrbellin und Wolgast leuchtete es auf. es Alle gesehen, Friedrich Wilhelm war zufrieden mit seinen Soldaten. Neben dem Kurfürsten aber nickte mit schier grim¬ migem Lächeln ein großer starker Mann den Truppen zu, der hatte dickes krauses Haar, eine breite Stirn, funkelnde Augen, eine große Nase und ein breites Kinn, einen Schnurrbart auf der Lippe und eine gar stramme Haltung. Schön war der Mann nicht, er war eigentlich furchtbar anzuschauen und doch hingen die Augen aller Soldaten an ihm mit beinah abgöttischer Liebe. Der alte Derfflinger, der kain für Brandenburgs Krieger gleich neben dem Kurfürsten. Friedrich Wilhelm und sein Generalfeldmarschall hatten die Truppen Revue passiren lasten, da wurde der alte grimme Derfflinger plötzlich kirschroth im ' Gesicht, er hob seinen Stock und stammelte unverständliche Worte, aus denen sich nur ein derber Fluch heraushören ließ. Mehrere höhere Offiziere sprengten heran, besorgt blickte auch. Friedrich Wilhelm auf seinen Getreuen, als fürchte er, ein Schlagfluß könne denselben treffen. Derfflinger aber deutete mit der geballten Faust nach der belagerten Stadt hinüber; ! !

!

vergessen."

Und grimmig rüttelte er an der Waffe von Fehrbellin. „Wollen's ihnen schon eintränken, Excellenz," sprach eine klaiigvolle Stimme dicht neben dem Ergriminteii, ein feines kluges Aiitlitz blickte unter dein Federhut hervor, Excelleiiz sind zwar keiir Freund meiner Waffe, aber zu denen da drüben kaiiii man nur mit Bomben und Granaten reden." Es war der Artillerie-Obrist Weiler, der also sprach uiid Derfflinger entgegncte finster: „Er irrt sich, Obrist, ich erkenne seine meriten allezeit an; jedes zu seiner Zeit, und denen da drüben gönne ich Seine Stückkugeln von Herzen!" Da deutete der Krirfürst hinüber nach dem höhnenden Bilde iind sich zu den Truppen wendend, rief er mit seiner mächtigen Stimme, die durch Mark und Bein drang: „Keiii Kind läßt seinen Vater verhöhnen, meine Soldaten werden Stettin muß unser ihren Vater auch nicht höhnen lasten. werden mit Gottes Hülfe! Pflanzt den brandenburgischen Adler auf, wo jetzt das Bild hängt." Lauter Jubel brauste durch die Reihen, man drängte sich um Vater Derfflinger, der bewegt des Kurfürsten Hand Friedrich Wilhelm aber sagte gütig: „Der Kurfürst küßte. weiß doch, was er an seinem Derfflinger hat, wenn er ihn auch manchmal hudelt!" „Ja, weiß Gott Durchlaucht, das ist wahr," entgegnete

Derfflinger mit seinem rücksichtslosen Freimuth, „und das Schlimmste ist, daß Durchlaucht meist Recht haben." Der Kurfürst lachte, da krachte es, als wolle die Erde bersten, Weiler hatte ein Geschütz abfeuern lasten, die Bela¬ gerten antworteten, bald war ein heftiges Feuer im Gange. Unbeweglich hielten der Kurfürst und sein Fcldmarschall, um¬ geben von einer Schaar erprobter Offiziere; scharf spähend, folgten sie dem Gange der Belagerung. Die vierzig Feuer¬ werker, die Friedrich Wilhelm mit ins Lager genommen, thaten unter Weilers Commando das Ihrige mit unermüdlicher Aus¬ Ueber der Stadt flammte glühend roth ein Feuerschein auf; Friedrich Wilhelms Augen wurden immer ernster, immer einsamer ihr Adlerblick. Er wußte, dort geht Hab und Gut vieler unschuldiger Menschen in Rauch auf, der rothe Schein war die Todesfahne über den Leichen nicht nur braver Krieger, sondern auch friedlicher Bürger; er wußte, daß der Hunger

dauer.

81

in

Straßen der Stadt wüthete, und er konnte dem Helden¬ muthe seine Anerkennung nicht versagen, der so tapfer ihm Stand hielt. „Stettin, Stettin," murmelte er, „wenn ich Dich ge¬ wonnen habe mit des Schwertes Schärfe, dann will ich Dich noch einmal erobern mit rechter Milde, daß Du mich lieben sollst, gleichwie Du mich jetzt hassest." — den

(Fortsetzung folgt.)

Jagdschloß Gruntwald

„Im

von LeriliuLml Älcijcr. (Hierzu zwei Illustrationen Seite 77 und 83). Grunewalö wächst zu allermeist — eine Wurzel vom

preußischen Reitergeist", — dieser Ausspruch des Oberstlieutenants und ehemaligen Adjutanten des Prinzen Carl, von Prittwitz und Gaffron, bei Gelegenheit der 1300. Parforcejagd im Gruitcwald, führt uns zurück auf Joachims I.' Zeit. Als leidenschaftlicher Jäger durchstreifte der Kurfürst das große Waldrevier aus vor¬ wendischer Zeit, welches von Spandau aus — hier als frühere Spandauer Forst — mit seinen ewig grünen Föhren, den üppigen Farrenkräutern und schilfumkränzten Seen sich bis gen Köpenick erstreckte, in dessen Haide bekanntlich der Juirker von Otterstädt das Leben des jugendlichen Fürsten einst bedrohte. Die Prachtliebe des ritterlichen Joachims II. schuf einen glänzenden, in den benachbarten Landen angestaunten Hof; aus Aftika's Wüsten brachte man Löwen, aus dem kalten Norden Wölfe und Auerochsen zu Thierhetzen und blutigen Kämpfen zivischen den wilden Bestien, in die Residenz, — neben der Ausschmückung So auch Jagdschloß der alten Schlösser entstanden neue. Grunewald, das einer Tradition zufolge aus der Stätte erbaut sein soll, wo Joachim II. einst zwei kämpfende, mit den Geweihen eng verwickelte Hirsche erblickt hatte.

Darauf bezieht

bunte Sandsteinrelief über der Eingangspforte des darunter befindlichen Inschrift: „Nach Christi

sich auch

das

Schlosses mit der

Geburt 1542, unter Regierung des Kaiserthums Carls V. hat der durchlauchtigste hochgeborene Fürst und Herr Joachim II-, Markgraf zu Brandenburg, des heiligen Römischen Reichs Oberfeldhauptmann, dies Haus zu bauen ange¬ fangen, und den 7. März den ersten Stein gelegt und Ueber jenem Sandsteinrelief zum grünen Wald genannt". prangt das kurfürstliche Wappen; zuoberst, in dem damals noch nicht von mächtigen Baumkronen beschatteten Giebelfelde ist eine Sanduhr angebracht. Der Erbauer des Schlosses zum „grünen Wald", dem ersten Jagdrevier und Lieblingsaufenthalt unserer brandenburgischen Herrscher, war der hochberühmte Caspar Theyß *), welcher im folgenden Jahre den Joachim'schen Schloßbau zu Berlin (Siehe

Bär 1880 Nr. 34) längs der Spree begann. Treten wir in die Halle des thurmartigen Vorbaus, von

dem

der Rath zu *) Anmerkung der Redaktion: „1540 verdung Spandau, daß C. Theyß die 1537 vom Blitz getroffene und abgebrannte Spitze der Nikolaikirche zu Spandau für 30 Gulden wieder anrichten,

Jahre und was die Arbeit betrifft, verfertigen sollte. Noch in demselben Fl. mit Mafetzte er den Knopf auf und erhielt die Bezahlung der 30 mär¬ terialien, nemlich 10,000 Mauersteinen, das Tausend für 1 Schock Bretter Schock das Bretter; Dielen und Schock 2 kischer Groschen und für 3 Schock märkisch gerechnet, welches zusammen 30 Gulden machen. Kurfürst Aus dem Rathhaufe zu Spandau ist noch ein Schadlosbrief er denl Joachims II, vom Sonntage Jnvocavit 1544 im Original, worin MühlenRathe, der für ihn gegen Caspar Theyßen seinen Bau- und verspricht meister für 1000 Gulden Rh. Bürgschaft geleistet, deßhalb halten. zu schadlos und zu vertreten, zu benehmen

aus eine breite Wendeltreppe bis in das dritte Stockwerk des führt, so zeigt sich dem Blicke rechts an der Wand bunt bemaltes (Siehe Illustration Seite 77.) ein Sandsteinrelief. Die wohlbeleibte Gestalt des Baumeisters im Werktagsgewande hält mit beiden Händen ein mächtiges Trinkgefäß mit der gol¬ ihm zur Linken denen Aufschrift: „Caspar Theys es steht der Kurfürst, dessen Profil ein schmaler dunkler Bart uinrahmt; eine dritte Figur, Cvnz Bunt sch ug (vielleicht der kurf. Kellermeister) hält ein kleineres Trinkgefäß in der Hand. Unter der Gruppe ist in lateinischen Minuskeln die auf einen Bcwillkommnungsgruß hindeutende Inschrift angebracht: Jagdschlosses

gilt“;

„Caspar Theyß, was soll die kleine Flasch'! Die Conz Buntschug hat in der Tasch'? Dieser Willkomm' muß zuvor heraus,

Sonst wird ein solcher Lärmen draus".

Caspar Theyß erfreute sich der hohen Gunst seines fürstlichen Herrn und erhielt, in Anerkennung seiner Verdienste um den Ber¬ linischen Schloßbau, das seit. 1443 im Besitze der Aebte von Lehnin befindlich gewesene, zur Zeit der Reformation von Joachim Ile 'dazu gehörigen aber wieder eingezogene Haus Nr. 10 und den fteien Raum Nr. 11 in der Heiligengeiststraßc — ersteres seit 1763 die Militair-Akademic. Der Meister liegt unter dem steinernen Estrich unserer Nikolaikirche bestattet; sein Epitaphiuin befand sich noch vor 30 Jahren „links am dritten Pfeiler". Wie bei jedem leidenschaftlichen Jäger, so wurde auch trotz der wohlwollenden Menschenfreundlichkeit des von seinen Unterthanen „der Gütige" genannten Fürsten, nicht selten das Wohl der Menschen dem der Hirsche und wilden Schweine geopfert. Wehe dem Bauer, der es wagte, das Wild zu verscheuchen, welches seine Saaten, die einzige Hoffnung des langen Jahres, zerstörte! Ihm wurden (wenn man den Angaben des Gallus darf Glauben schenken) die Augen ausgestochen. Einer sorgfältigen Behandlung hatten die kurfürstlichen Packer, Wind- und Hühnerhunde sich zu erfreuen; der „englische Hund", das Lieblingsthier des Fürsten, stand sogar unter der Obhut eines eigenen Hofmeisters, welcher nebst den Jägern einen besonderen Tisch bei Hofe hatte. Das Verzeichniß des den Kurfürsten 1542 nach Speyer begleitenden Hofgesindes führt am „Jägertisch" auf: den Jägermeister, 9 Jäger, einen Knecht, 7 Jägerjungen und einen gewissen Moses, dem die War¬ tung jenes englischen Hundes oblag. Von den inneren Ausschmückungsgegenständen und Reliquien des Jagdhauses erinnert nichts mehr an seinen fürstlichen Erbauer, der hier oft und gern verweilte; aber aus der charaktervollen Waldregion mit ihrer Poesie und ihren historischen Erinnerungen taucht manches Bild vor unseren geistigen Blicken auf . . . Die Sonne sinkt; ihre letzten Strahlen vergolden die Zinnen und Al¬ tane des Hohenzollernschlosses, sie spiegeln sich wieder in der ruhigen blaßgrünen Fläche des Sees an seinem Fuß und gleiten zitternd über die dunkelgrünen Wipfel des jenseits liegenden Föhrenwaldcs. Erschöpft von den Mühen des edlen Waidwerks, sucht Joachim die kühlen Gemächer des Schlosses auf, — eine hohe, wahrhaft fürstliche Gestalt, edel und angenehm von Gesichtsbildung, iin Blicke Wohlwollen und Menschensreundlichkeit. An seiner Seite schreitet ein schönes Frauenbild . . . Stiller wird's draußen in den grünen Hallen, der Drossel Laut verstummt — Waldeinsamkeit breitet mit leisem Flügelschlage ihren Schleier über die unerme߬ liche Kuppel dieses Tempels aus . . . Joachims weiches Herz war ganz für die Freude und — — für die Liebe geschaffen. Nach jenem unglücklichen Ereigniß im Jagdschloß Grimnitz, woselbst seine zweite Gemahlin Hedwig 1549 durch den Fußboden des zweiten Geschoffes brach und dabei an einem Hirschgeweih sich dermaßen verletzte, daß sie bis an's Ende ihres Lebens der Krücken sich bedienen mußte, brachte Joachims fürstliches Herz den Schönen des Landes seine Huldigungen dar.

82

Bon ihnen War

es

Anna Sydow,

die „schöne Gießerin",

Natürlich vollzog

wußte, daß er jeden Lebensgenuß mit ihr theilte. Und überall hin, selbst aus die Jagd, begleitete sie ihn mit ihren Kindern. „Ist das unseres gnädigen Herrn unächte Frau?" so riesen die Bauern ein¬ ander zu, als sie in den Wäldern von Beelitz 1561 das Wild aus der Jagd zusammentrieben. „Sind das seine unächtcn Kinder? Warum erlaubt er sich, was er uns verbietet?" Joachim vernahm die lauten Stimmen und flüsterte seiner Geliebten zu: „Warum kannst Du nicht bei Seite gehen, daß man Dich nicht sehet?" Ihr Schicksal nach dem Tode des Kurfürsten, der ihn am welche sein Herz am längsten und so ganz

zu

2. Januar 1571 aus seinem Jagdschlösse zu Köpenick überraschte, ist bekannt; zu ewiger Gefangenschaft auf die Veste Spandau ver¬ dammt, schmachtete sie bis zu ihrem Lebensende hier im tiefsten Elend. Die Sage aber, welche ihren Geist als „weiße Frau" rächend durch die Hallen des Fürstcnschlosscs schweben läßt, knüpft sich bezüglich ihrer auch an das Jagdschloß Grunewald. Von der Wasserseite aus führt eine zweite, schmalere Wendeltreppe ebenfalls zu den obersten Gemächern. Noch jetzt ist die Eingangs¬ pforte zu dieser'Treppe vermauert, und erst im zweiten Stockwerk, woselbst ihr unterer Raum mit breiten Fliesen überdeckt ist, tritt sie wieder zu Tage. Hier nun soll, der Sage nach, auf heimlichen Befehl des Kurfürsten Johann Georg die unglückliche Geliebte seines Vaters hinabgestoßen worden sein. Eine andere Version läßt freilich dies schreckliche Ereignis; einer Hofdame widerfahren, welche auf Geheiß der eifersüchtigen Kurfürstin hier ihren Tod get funden hätte. Noch manche Ai ähr von mitternächtigem Spuk knüpft sich an das Schloß, wie solche Sagen fast gleichartig bei allen übrigen Schlössern sich vorfinden und schon Göthe in seinem „Faust" aus¬ rufen lassen: „Verschwindet doch! wir haben ja aufgeklärt. Das Teusclspack, es fragt nach keiner Regel, Wir sind fo klug, und dennoch spukt's in Tegel.'"

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Pferderacen mit niederer Gewinnsucht verquickt wurde. Das neue Wahrzeichen dieser Bastardart des Turfs wurde der Totalisator, Er ist der Fortunatempel der Rennbahn, an welchen! die Wetten auf die muthmaßlichen Sieger durch eine Umrechnung zum Austrag gebracht werden. Man könnte es zweifelhaft lassen, ob die alten Griechen, wenn sie die Gewohnheit gehabt hätten, bei ihren olym¬ pischen Spielen Wetten auf die Sieger anzustellen, nicht einen anderen Bau errichtet hätten; sie hätten wahrscheinlich einen säulengctragenen Rundtempel gebaut und ihn dann mit plastischen

Er ist ein langstreckter schuppenartiger Bretterbau und Bedürfniß gebotene Gliederung besteht in der Theilung von 6 einzelnen, durch schmale Eingangsj und Ausgangsbarrivren garnirten Billetschaltern. Aber in seinem Charakter ist das Glücksspiel an ihm eigentlich nur das der Roulette. Man nehme die Rennbahn als den grünen Tisch, die lichkeit.

seine einzige, durch das praktische

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Rennpferde und

bunten Jockeys statt der rollenden Kugeln und als den Croupier — und man hat vor in auferstandener Gestalt das aus allen Bädern vertriebene, allen Schlupfwinkeln schonungslos verfolgte Hazardspiel. —

den Totalisatorbeamten sich |

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Äm Totalisator.*) Von steinsiostl Sditinginann.

Der soziale Fortschritt unserer Zeit nimmt immer deutlich«: eine echt amerikanische Physiognomie an; einen charakteristischen Zug derselben bildet die Demokratisirung des Turfs. Dieser war bisher eilte feste Domaine der Aristokratie und der Fachinteressenten gewesen; der großen gewerbtreibendcir Menge galten die Wett¬ rennen nur als ein spannendes Schauspiel. Jetzt aber ist das

Interesse dafür in Kreise gedrungen, welchen die Rennbahn nie

*) 31 tim. der Red. Wir bringen später einmal von der Hand des talentvollen H. Luders eine Illustration ivelche das Leben und Treiben des Totalisators bildlich darstellt.

Popularisirung des Sports nicht,

Friesen und Ornamenten geschmückt. Der Baustil des modernen Glückstempels hat mit solcher Architektur nicht die geringste Aehn-

(Schluß folgt).

mehr werth war, als die Circusarena. Es soll hiebei indessen nicht außer Acht gelassen werden, daß daneben auch die ganze Gruppe des großstädtischen Lohnfuhrgewcrbes ein praktisches Jntcreste an der Zucht des Wagenpferdes hatte. Wenn dieses über das Etablissement eines zweiten Sportsclubs in Berlin, das des sogenannten Traberclubs, genügend erklärt, so weist doch die Er¬ richtung einer dritten Rennbahn bei Berlin, der von LankwitzLichterfeldc, aus die mächtige Erweiterung des sportlichen Jnteressenkreises hin, die um so deutlicher in die Augen-fällt, wenn man die wahren Völkerwanderungen aller Gesellschaftsklassen, derjenigen nicht ausgeschloffen, die aus der Hand in den Mund leben, nach Hoppegarten, nach Wcißensee und nach Lankwitz-Lichterfcldc be¬ Die plebs contribuens der Spreestadt verlangt nun obachtet. einmal, wie einst die der Tiberstadt, ihre circenses.

sich diese

ohne daß das verhältnißmäßig ideale Interesse an der Zucht edler

umstricken

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Die Genesis des Totalisators liegt in dem Bedürfniß der Rennbahnbesucher und Vollblutzüchter, ihre Meinung bezüglich der Siegesaussicht eines Renners durch Anlage einer bestimmten Summe für oder gegen denselben zu bekräftigen. Das Motiv zur Wette war ursprünglich und ist es ja wohl bei edler angelegten Naturen auch noch heute, der Ehrgeiz, in der ausgesprochenen Schätzung eines Racenpferdes Recht zu behalten; die Freude am Gewinn spielte dabei eine sekundäre Rolle. Aber dieser subjektive Charakter mußte um so mehr verloren gehen und in Spielsucht ent¬ arten, je mehr der eigentliche Pserdekenner, der doch seine Ansicht aus dein Fundament eines fachmännischen Urtheils aufbaut, in der Masse des Laienelements verschwand. Aus dein Lebendigen wurde nun eine Abstraction gemacht; cs sollte nicht aus dies oder jenes Pferd gewettet werden, man wollte überhaupt wetten; das Wo¬ rauf? kain nun aus der ersten Linie in die zweite. Aber nun ist es bei Wetten häufig schwer, einen Widerpart zu finden. Hätte die Sache Zeit, so würde der Wettlustige seinen Mann vielleicht durch die Zeitungsannonce suchen, aber die Sache ist eilig und muß innerhalb einer Viertelstunde abgewickelt werden. Da mußte nun wieder das große volkswirthschaftliche Prinzip/ das Alpha und Omega unserer modernen Nationalökonomie, das von Nachftagc und Angebot dran, und dies ist auch die große Mutter des Totalisators. Hier ist Nachfrage gemeldet, hier auch Angebot. Du brauchst die Person nicht mehr in dem Gewühl heraus zu suchen; sic ist bereits da, aber als die unbekannte Größe X; Du verlierst an sie und kennst sie nicht; Du steckst ihr Geld in die Tasche und sic grollt Dir nicht einmal dafür, denn sie kennt ja Dich auch nicht. Die Vielköpfigkeit bürgt Dir dafür, daß auch genug Meinungen vertreten sein tverden, die mit der Deinigen in Widerspruch stehen. Du gehst also zum Totalisator und zahlst einen Einsatz; dafür crhälst Du eine Karte, die Dir Deine Meinung bescheinigt und Dich versichert, daß, wenn sie sich durch den Erfolg bestätigt. Du und diejenigen, die sie mit Dir theilen, das Geld derer erhalten sollen, die auf den Sieg eines anderen Pferdes ge¬ rechnet haben. Deine Gegner sind also die Personen, die am andere Pferde gewettet haben, und die Proportion des Gewinnes erhöht sich, je mehr die nicht siegenden Pferde besetzt sind, als das Deinige, wenn es siegt. Ter Totalisator ist nunmehr nur noch die todte Rechenmaschine, welche dies Verhältniß ztvischen den Spielern aus¬ rechnet.

Die Organisation dieser Rechenmaschine ist nun folgende.

83

Der Glückstempel hat fünf durch Barrieren von einander getrennte Schalter, deren Zahlüberschriften anzeigen, daß hier drei Mark, dort 5 Mark, in den nächsten Abtheilungen 10 Mark, 20 Mark und endlich als der höchste Einsatz, 50 Mark gewagt werden

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larifenden Pferde. Jedes einzelne Feld hat einen Mechanismus, auf dessen Knopf der Tvtalisatorbeamtc drückt, so bald eine Einzahlung auf eins der zur Konkurrenz stehenden Pferde erfolgt, Sowie das Geld im Kasten springt, springt an dem Theil der

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An jedem Schalter ist ein Apparat in Form einer ein¬ gerahmten Tafel mit etwa 10 runden Seffnungen angebracht. Tie an diesen Löchern gemachten Abtheilungen entsprechen den Reimbahn verschiedenen Nummern der programmmäßig auf der können.

'Nummer bestimmt ist, in welche Dich davon unterrichtet, daß sich bereits so und so viel einsichtsvolle Männer vor Dir eingestellt haben, die Deine Meinung theilen, damr aber

Tafel, welcher für die von Dir

besetzte

der betreffenden Rundöffnung eine

Ziffer hervor,

84 auch den erhofften

zeitig

setzt

Gewinn mit Dir zu theilen gedenken.

Wie oft im Leben wirft Fortuna dies Glücksloos gerade den: in den Schoß, der in seiner Dummheit weder reflektirt noch taxirt, sondern ganz nach den Einfällen seiner Laune handelt.

Gleich¬

schauen.

der Beamte aber auch eine am Kopf des Apparats an¬

Zahl in Bewegung; es ist die Gcneralzahl; an dieser Du beim Schluß der Einzahlung mit einem Blick übersehen,

gebrachte kannst

wie viel im Ganzen und wie viel auf jeden einzelnen Nenner gesetzt worden ist. Die Entscheidung der ain Totalisator geschlossenen Wetten hängt unweigerlich von dem Urtheilsspruch der Preisrichter ab. Eine Ausnahme von dieser Bestimmung findet nur dann statt, wenn der thatsächlich errungene Sieg wegen anderer Umstände annullirt wird. Der Besitzer des siegenden Renners hat vielleicht nicht seinen Einsatz bezahlt; ein Pferd hat ein nicht deklarirtes Uebergcwicht getragen, oder cs wird ein Protest angemeldet, weil eine mangelhafte Anmeldung erfolgt und das Pferd nicht die für das Rennen In vorgeschriebene Qualifikation besessen hat und dcrgl. mehr. solchem Falle gilt die Totalisatorwettc für gewonnen, obwohl der Sieger des Preises für verlustig erklärt wird. Die Rennbahn hat, so gut wie die Bühne, jenen geheimnißvollcn Ort, den man als „hinter den Coulissen" bezeichnet; hier heißt er der Sattclplatz. Bei ihm finden sich die Habitue's des Nennsports ein; hier machen sic ihre Studien, bilden sich ihre Meinungen und verschmähen nicht, in vertrauliche Berathungen mit den Jockev's, diesen Comparsen der Rennbahn, zu treten, um sich ihre Informationen einzuholen. Hier werden die Sieges¬ chancen ausgeklügelt, hier werden die Beine und Gelenke der Rosse geprüft, hier die Pferde von vorne, von hinten und von der Seite beguckt und alle kritische Laienweisheit über Pferdcbau zu Hilfe gerufen. Aber für die Abschätzung kommen noch andere Momente in Betracht. Man hat das Pferd vielleicht bei dem gestrigen Proberitt beobachtet und eine günstige Ansicht dafür ge¬ wonnen, dieser Renner hat eine ruhmvolle Vorgeschichte, jener eine Reihe edler Rennerahnen aufzuweisen und ganze genealogische Legenden sind über dasselbe verbreitet. Zwar jenes Renners „Faust" Vater gilt als dunkler Ehrenmann und aus das Vollblutsproß wird nicht viel gegeben, aber Matador war die edle Mutter der schlanken „Ophelia," und diese siegte dreimal über den berühmten Renner „Lacrtcs" und noch im vorjährigen Rennen schlug sie den nicht minder schätzenswerthcn „Puck" um drei Rasenlängen. Aber was helfen der Ophelia alle ihre Vorzüge, wenn Kincsem, die unvergleichliche Fuchsstute, mit ihr in die Schranken treten will? Man hätte wohl sonst 50 Mark auf sic gesetzt, jetzt möchte man kaum mehr 5 Mark aus sic wagen. Ein lautes Glockenzeichen ruft die Habitues vom stillen Brütcplatz ihrer Kalküle zum Parquct der Bahn. An einer er¬ höhten Tafel, die eben an der Stange aufgezogen ist, sind die Nummern der im nächsten Rennen laufenden Pferde in Ziffern, die den im Programm genannten Pferden entsprechen, bezeichnet. Jetzt ist's Zeit zur Entscheidung am Totalisator. Der große Kenner tritt mit seinem gereiften Plane an ihn heran; er besetzt „Humbug" zweimal mit 50 Mark, Ophelia vorsichtig mit 30 Mark, die andern in abwärts steigender Ziffcrskala bis zum niedrigsten Einsatz. Hier aber wogt die Menge der Wettlustigen, die sich in der Unselbstständigkeit ihres Urtheils erst durch Meinungsaustausch zu einem Entschluß stärken wollen, planlos umher. Gewöhnlich hat dies Publikum seine Favoriten, mit denen cs in blindem Autoritäts¬ glauben durch dick und dünn geht; ein solches Pferd wird am Meisten „gebackt" — d. h. in der volksthümlichen Turfsterminologie mit Einsätzen bedacht. Aber je größeren Ruf solch Renner genießt, um so mehr setzen Viele auf seinen Sieg und dadurch wird auch Das große Loos ist in diesem die Spekulation unergiebiger. Falle nur dann zu erwarten, wenn man einen hohen Einsatz auf ein Pferd macht, dessen Genie erst an diesem Tage sich der Sportswclt verkündet. Man sucht hier ebenso eifrig, einen „Stern" zu entdecken, wie die Impresarios nach dein ihrigen sehnsüchtig aus¬

Fragst Du ihn, nach welchen Principien er seine Einsätze macht, wird er Dir im Berliner Jargon antworten: „Ich wette aus das Pferd, aus das ich gerade „Mumm" habe." Inzwischen hört man unaufhörlich an allen fünf Billetschaltern die Zahlrufe der Wcttnummern, den Anschlag an den Mechanismen, und den Klang der Geldmünzen. In diese Laute mischt sich auch noch der heisere Lockruf des Bookmakers, der zu seinen Privatwctten einladet. Die Rolle, welche diese Figur spielt, ist in kurzen Zügen folgende: Der Spieler sucht sich den Renner aus, der nach seiner Meinung den Sieg davontragen wird; er überläßt dem Bookmaker die andern laufenden Pferde und unterhandelt mit ihm, wie vielfaches Geld er gegen das Pferd gebe. Dieser kalkulirt, daß doch von den sechs laufenden Pferden nur eines gewinnen könne; wenn nun für jedes Pferd 100 Mark, also für alle zusainmen 600 Mark „gebucht" werden, so könne er Wohl annehmen, daß sie alle gleiche Gewinnchancen haben und somit seinerseits gegen den Sieger 500 Mark setzen und so 100 Mark verdienen. so

Glaubt er indessen selbst, daß dies oder jenes Pferd, für dessen Sieg ihm Wetten angeboten werden, große Gewinnchancen habe, so wird er auch in dem Verhältniß seines eigenen Vertrauens den Procentsatz seiner Versprechungen Herabdrücken. Die buntbejackten Jockey's sind längst in der Rennbahn er¬ schienen und damit beschäftigt, ihre Pferde noch ein wenig einzu-

reiten. Man sollte meinen, ihr Interesse wäre jetzt eine richtige Oekonvmie mit den Kräften der edlen Renner; aber diese Weisen schauen ja in alle Tiefen der Pfcrdeseele hinab und wissen, daß solch ein Probehagen nur noch den feurigen Ehrgeiz zu größeren Thaten spornt. Jetzt ist auch das Richtercollegium auf der hohen Richterloge vollzählig; die Pferde stehen zun: Ablauf am Start versammelt; gleichzeitig mit dem Glockenzeichen wird als Signal

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für

den Beginn des Wettkampfs die rothe Fahne zur Stangen-

— die Renner stürmen dahin. — Dem wirren Brausen der Unterhaltung ist jetzt erwartungs¬ volle Stille gefolgt. Nobel — schwarze Aermel, gelbe Kappe — nimmt die Führung — doch das flößt noch kein besonderes Vertrauen für ihn ein. Denn wie selten tritt der Fall ein, daß das Pferd, das zuerst davon gestürmt, auch zuerst am Ziele angelangt wäre? — Er bleibt zwar eine Zeitlang seinen Mitbewerbern vor¬ aus, aber auch das wird ihm nicht viel Helsen, denn man weiß, Ophelia wird erst zuletzt ihre vollen Beinkräfte unentwegt einsetzen. Ophelia — grün und weiß gestreift, desgleichen Kappe — läßt ihn ruhig vorauseilen — ihr Sturmlaus zeigt immer noch ein edles Blaß; nach Hamlets goldener Bühnenregcl hat sie sich mitten im Sturm und Wirbelwind der Leidenschaft eine edle Mäßigung zu eigen gemacht, die ihre Leistung noch immer als Spiel erscheinen läßt. „Salamander" und „Pfeil", ersterer roth und grüngestreiste Jacke und violette Kappe, der andere blaue Jacke mit gelben Tupfen und weiße Kappe — folgen. Humbug endlich — blau und weiß gestreift, rothe Schärpe, schwarze Kappe — bleibt an 100 Meter hinter beiden Rennern zurück. Der Aermste! Kurz zuvor noch der Günstling der Menge, jetzt erntet er nur bittre Schmährcde und beißenden Spott, und erfährt, wie vor ihm mancher Günstling des Menschengeschlechts, den Wankelnmth der Menge. Einmal ist jetzt die Bahn schon durchmessen. Jetzt stürmen Roß und Reiter an der Tribüne ventre ä terra vorüber — spitze emporgehißt

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„Im

Brausen des Windes das Echo des Rufs „Verdoppelt den Donnergaloppschlag des Hufs, „Verdoppelt die Stürme der Nase" —."

Wieder entschwinden die bunten Erscheinungen dem Auge zu undeutlichen farbigen Punkten. dieser Pause reizt der Book¬ maker noch einmal mit seiner heiseren Stimme. Der hält noch immer

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85 auf Nobel; wer will mit ihm 2 gegen

1 setzen?

Aber auch unter dieser hat

den Spielern werden noch kleine Geschäfte abgewickelt;

Muth für Humbug verloren, jener sieht schon den sicheren der Ophelia vor sich und beide sind nicht abgeneigt, jetzt Sieg ihre Chancen wieder zu verkaufen und feilschen nur noch um den

jetzt den

Proportionssatz. Inzwischen haben die Renner auch in dein zweiten Rundlauf die Hälfte der Bahn durchmessen. Ophelia hat sich immer hart an den vorstürmenden Nobel gehalten; jetzt plötz¬ lich überholt sie ihn an der Biegung; er freilich wendet auch alle seine Kräfte auf, um den von ihr genommenen Vorsprung wieder einzuholen, aber — vergeblich — 100 Meter vor dem Ziel nimmt

Ophelia ein noch stärkeres Tempg^an, jetzt erst setzt sie ihre Re¬ servekräfte ein, und unter donnerndem Jubel stürmt sic an der Richterloge als Sieger vorüber — Nobel zwar bald hinter ihr — Humbug dagegen braucht noch eine ganze Weile, um als später Nachzügler heranzukommen. Jetzt erst ist der Humbug als Humbug erkannt und gebührender Maßen verachtet. Mit einer kleinen Schaar Glücklicher hat Einer von den Wet¬ tenden vollauf Ursache, zu triumphiren und er wird jetzt auch in seinen Freundeskreisen nicht allein als Orakel und Prophet, sondern als kenntnißreicher Mann in allen Pferdesachen laut ge¬ priesen. Das ist der Mann, der „Mumm auf Ophelia" hatte.

Er heimst ein beträchtliches Goldsümmchen ein und singt daheim im Familienkreise laut dem Totalisator sein Loblied. Während die Fanfaren die siegreiche Ophelia begrüßen, stürmt Hier zum Totalisator wieder hin, wer da etwas zu holen hat. hatten gesetzt: an der 50 Markstelle: 50 Personen aus „Humbug", 50 auf Pfeil, 15 auf Salamander, 10 auf Nobel, 5 auf Ophelia; an der 20 Markstelle setzten: 75 auf Humbug, 35 auf Pfeil, 75 auf Salamander, 40 auf Nobel, 25 auf Ophelia; an der 10 Mark¬ stelle: 70 auf Humbug, 180 auf Pfeil, 140 auf Salamander, 60 auf Nobel, 50 auf Ophelia; an der 5 Markstelle: 220 auf Hum¬ bug, 80 auf Pfeil, 90 auf Salamander, 160 auf Nobel, 100 auf Ophelia; endlich an der 3 Markstelle: 300 auf Humbug, 135 auf Pfeil, 110 auf Salamander, 180 auf Nobel und 125 auf Ophelia. Dem Totalisator ist also folgendes Rechenexempel zur Lösung ge¬ geben :

-

2550 850 mal ä 3 Mark — 3250 650 - - 5 — 5000 500 - - 10 — 5000 250 - - 20 — 6500 50 130 22300 Mark. Von diesem Totaleinsatz zieht sich nun die Kasse des Totali¬ sators zunächst 6 Prozent, also 1338 Mark für sich ab, so daß für die Berechnung des Gewinn-Airtheils nur noch 20,962 übrig bleiben. Da der Favorit der Menge schmählich unterlegen ist, die nur mit 2125 besetzte Ophelia aber den Sieg davon getragen hat, so participiren diese 2125 Mark gleichmäßig an der Totalsumme von 20,962 Mark; die Odd's, d. h. die Verhältnisse stellen sich also auf 9,86, d. h. für 3 Mark giebt es 29 Mark, für 5 Mark 49 Mark, für 10 Mark 98 Mark, für 20 Mark 197 Mark, für 50 Mark 483 Mark. In diesem Verhältniß wird jetzt an den Schaltern der Rückseite des Totalisators den glücklichen Gewinnern ihr Antheil ausgezahlt, nachdem der Kontrollbcamte denselben auf Einzelne der vorgewiesenen Karte mit Blaustift bezeichnet hat. Tage nächsten erst am sehen damit nicht; sie sich beeilen Gewinner Bureaux den in Gewinne ihre und erheben nach Zeitungsberichte die

Grenze des Hazards bezeichnen soll, so hindert ihn doch nichts, so viel Mal Karten ü 50 Mark zu lösen, als er eben Lust hat. Wie Viele ziehen mit leeren Taschen heim? Wer aber auf diesem Wege sein Glück versuchen will, der möge damit nicht zu lange zögern, denn vielleicht — wer kann cs wissen? — sind die Tage des Totalisators schon gezählt. —

Der Mitnzfund von Mahlow. Münzen aus der älteren Zeit, namentlich auch aus dem Mittel¬ eben selten in der Mark Brandenburg ausgcgraben, wenngleich die Literatur nicht gerade zahlreiche Beschrei¬ bungen derselben aufzuweisen hat*), ja sogar römische Münzen werden bisweilen bei uns gefunden**), dennoch aber wird es gestattet sein, die Leser dieser Blätter, von denen übrigens wohl nur wenige jemals Gelegenheit genoinmen haben mögen, einem Gegenstände dieser Art näher zu treten, von einem unlängst entdeckten Schatze zu unterhalten, welcher um deshalb eine gewisse Bedeutung zu beanspruchen hat, weil er in der Nähe unserer Stadt, beim Dorfe Mahlow unweit Zossen, gemacht sein soll. Und !vie das, was in unserer nächsten Umgebung sich zuträgt, selbstredend unser Interesse in höherm Maße herausfordert, als Begebenheiten aus der Fremde, so darf wohl dieser fast vor den Thoren Berlins zu Tage geför¬ derte Schatz verlangen, daß wir ihn nicht der Vergessenheit an¬ heimfallen lassen, der er soeben erst entrissen ist, obschon der Münzkenncr durch ihn etwas Neues kaum erfährt, denn alle in ihm be¬ griffenen Münzen gehören zu den bereits bekannten. Es sind aber ämmtliche 418 Stück, welche er nebst 28 Hälften geliefert hat, Brandenburger Gepräge, alle der Zeit um 1300, also dein askanischen Hause angehörig, das mit Albrecht dem Bären (1134) in die Mark kain und mit Heinrich dein jüngeren 1320 ausstarb, worauf dann, nach Beendigung der Kämpfe unter den Prätendenten, das Haus Baiern zur Regierung gelangte. Unsere Münzen sind von Silber, dem damaligen alleinigen Münzmetall, sie sind ohne Ausnahine zweiseitig, und zwar größtcntheils ganze Denare oder Pfennige, nur 7 sind Halbdenarc oder Obole, während die ged. 28 halbirten nicht etiva zufällig in diesen Zustand gerathen, sondern absichtlich durchschnitten sind, um sie als Scheidemünzen zu benutzen, da die spärlich ausgeprägten Halb¬ denare dem Bedürfnisse nicht genügen mochten. Der Gehalt dieser Denare ist etwa 14 löthig und es gehen ihrer ungefähr 22 auf das Loth, so daß wir den Werth des Denars nach heutigem Gelde zu 8 bis 9 Pfennige R. W. setzen können. Man faßte 12 solcher Denare zu der Rechnungsmünze des Schillings (so>icku8) zusammen und rechnete 20 Schillinge, also 240 Denare auf das Zählpfund. Münzen von größerem Werthe wurden damals in der Mark nicht geschlagen, erst die Hohcnzollern führten um die Mitte des XV. Jahrhunderts Groschen ein, während Kurfürst Joachim die ersten Thaler und Goldmünzen prägen ließ.

alter, werden nicht

Dies vorausgeschickt gehe ich zur Beschreibung der einzelnen Fundstückc über, von denen 8 wegen schlechter Erhaltung unkenntlich

Die beigefügten Citate beziehen sich auf Wcidhas: Bran¬ denburger Denare, Groschen und kleine Münzen (Berlin 1855), ein Buch, dessen Text in jeder Hinsicht verwerflich ist, während die beigefügten 17 Tafeln mit Abbildungen ihm allein Werth ver¬ leihen. sind.

der Stadt.

Der Umsatz beläuft sich Wohl an einen, Renntage auf 100,000 Mark Einsätzen. Dabei sind die nicht unerheblichen Geschäfte der Bookmaker noch gar nicht in Betracht gezogen. Mancher spielt bei ihm und an den Totalisator zugleich; mancher Spieler wettet große Summen, denn wenn auch die Summe von 50 Mark die

*) s. z. B. Köhne's Zeitschr. f. Münzkunde. Bd. II. S. 60, Ad. II. S. 123, Berl. Blätter (. Münzkunde, Bd. III. S. 220, Bd. VI. S. 197, v. Sallet unmisinat. Zeitschrift, Bd. IV. S. 21. **) Sv bei Potsdam, bei Werder, bei Lehnin und bei Nauen, s. Berl. Bl. s. Münzkunde, Bd. V. S. 325.

86

Markgraf Otto IV., mit dem Pfeil (1266—1308) und sein Bruder Konrad (1266—1304). 1) Beide Brüder sitzend und gemeinschaftlich ein Lilienscepter haltend. Rückseite: OTOC (d. h. OTto ET Conrad) in den 3 StckWinkeln eines Kreuzes. (Wdh. Ts. V, 14.)

der Könige Wenzel (1278—1305) und Johann (1310—1346) und 1 Florentiner Goldgulden (s. Kühne a. a. O. Bd. S. 120. Preuß. Staatsztg. und Spenersche Ztg. vom 29. Mai 1841). Auch wird in dem Verzeichnisie der Reichel'schen Münzsammlung Bd. IV, Nr. 664 ein seltener Frankfurter Groschen Joachims von 1499 beschrieben, der beim Bau der Berliner Stadtvoigtei

2) OTTO MARCHIO um eine vierblättrige Rosette. 11. Baumstamm mit vier klecblattartig auslaufendcn Aesten, zwischen 26 Stck. denen der Adlerschild. (Wdh. IV, 6.) Markgraf Albrecht III. (des Vorigen Vetter) 1267—1303. 3) Geflügelte Figur, stehend. II. Der Adlcrschild über einer mit 2 Thürmen bewehrten Mauer, in deren Thore der Buchstabe A. 69 Stck. (Wdh. V, 13.) Markgraf Otto V. mit seinen Brüdern Albrecht III. und Otto VI. gemeinschaftlich, 1280—1298. 4) Ein Markgraf mit zwei Helmen, sitzend. R. Zwei sitzende Markgrafen, eine zwischen ihnen stehende Säule berührend. (Wdh.

(1831) gefunden sein soll. Obiger Fund ist in Berlin bei einem Wechsler (Herrn Paasch, Cöllnischcr Fischmarkt 4) von dem Finder, einem Bauern, der ihn unter seinem Stalle ausgrgraben hatte, verkauft worden. Zufällig erfuhr Herr Alfieri von jenem Ankauf und konnte den fast noch ganz erhaltenen Münzfund im Interesse des Märkischen Museums erwerben, wobei die Bereitwilligkeit und Coulanz des Herrn Paasch besonders anerkannt zu werden verdient.

Markgraf Otto IV. allein.

IV, 10.) Vielleicht von dem Triumvirate Johann Konrad (s. Kühne a. a. O. Bd. IV, 45).

R. 5) Der stehende Markgraf, mit Schwert und Lanze. der Brandenburgische Helm mit dem Adler¬

6 Stck. (Wdh. V, 5.) 6) Auf einem Bogen sitzt der Markgraf baarhäuptig mit Schwert 1 Stck. und Vogel. R. Der (heraldische) Adler. (Wdh. IV, 12.) 7) Der behelmte Markgraf mit Schwert und Adlerschild, auf einem Bogen sitzend. R. Lilienscepter zwischen zwei mit dem

sluge.

1 Stck. Helme bedeckte Adlerschilden. (Wdh. IV, 11.) sitzt der Markgraf mit einer Bank einem Schlüssel in 8) Auf jeder Hand. R. Fünf Kreuze, in Kreuzesfonn gestellt, in jedem 5 Stck. Winkel ein Halbmond. (Wdh. IV, 15.)

9) Der Markgraf, ein Kreuz in jeder Hand, sitzt auf einer Bank. R. Ein in Lilien endigendes Kreuz, den Brandenburgischen 23 Stck. Helm in jedem Winkel. (Wdh. V, 20.) das Schwert umgegürtet, mit Der Markgraf, Fahne und 10) Adlerschild stehend. R. Ueber einem dreifachen Bogen der Adler¬ 1 Stck. schild zwischen zwei Helmen. (Weih. V, 3.) Adlerschild linkshin Der Markgraf, mit Fahne und reitend. 11) R. Breites Kreuz mit einem Thürmchen in jedem Winkel. (Wdh.

III,

5 Stck.

16.) 12) Der Biarkgraf steht zwischen zwei auf je zwei Bogen, ruhenden Thürmchen. R. Der gekrönte Adler. (Wdh. IV, 14.) 24 Stck. R. 13) Der Markgraf mit Schwert und Fahne stehend. 17.)

H. Dannenberg.

10 Stck. und

+ BRANDEBORG

Der Adler unter einem mit drei Thürmen

I

Misrcllen.

II., Otto IV.

Aus derselben Zeit, aber ungewiß von welchem Markgrafen.

III,

I

besetzten

Thore.

Aesstng-Standöikd. Die zur Zeit hier anwesenden Mitglieder zur Errichtung eines Lessing-Standbildes in Berlin haben sich vereinigt und beschlossen, das begonnene Werk von Neuem aufzunehmen. Die auswärtigen Mitglieder des Komitös hatten ihre Zustimmung hierzu schriftlich erklärt. An Stelle der durch den Tod Ausgeschiedenen wurden aus den hervorragenden Kreisen unserer Hauptstadt neue Mitglieder gewählt, deren Namen wir gern in Erfahrung bringen möchten. Sobald die Annahme der Wahl seitens der Gewählten feststeht, wird das GesammtKomitv in einer Sitzung die fernerhin nothwendigen Schritte zur Förderung des Unternehmens berathen. Die Vossische Zeitung, der wir diese Notiz entnehmen, glaubt schon jetzt die gesicherte Hoffnung aussprechen zu können, daß der bevorstehende hundert¬ jährige Todestag G. E. Lessing's (Lessing starb am 15. Februar des Komitäs

1781 zu Braunschweig), nicht vorübergehen werde, ohne die Er¬

füllung einer nationalen Pflicht dem Dichter gegenüber gesichert zu sehen.

Jur inneren Ausschmückung des Wathhauses. Die be¬ kannte gemischte Deputation unserer städtischen Behörden beschloß, — vergleiche Nr. 2 d. Jahrgangs — für das große Wandgemälde im oberen Treppenhause des Nathhauses (Hauptwand vis-a-vis der Treppe und zwei Seitenwände) den Entwurf des Meisters Anton von Werner zur Ausführung bringen zu lassen. Bekanntlich soll das Wandgemälde den großen Siegeseinzug darstellen, der 1871 stattfand.

(Wdh. 66 Stck.

14) Aus einer Mauer zwischen zwei Thürmchen sitzt der Markgraf, ein Scepter in jeder Hand. R. Vier Thürme auf

doppelten Stufe, unter derselben ein Kreuz. (Wdh. 56 Stck. 19.) 15) Der Markgraf mit zwei Schwertern, auf einer Bank sitzend. R. Doppelliniges Kreuz, in jedem Winkel eine Art Rosette. (Wdh. 107 Stck. V, 2.) einer

IV,

16) Brtiftbild des Markgrafen mit einem Schwerte in jeder links¬ Hand, über einem Bogen. R. Der Brandenburgische Helm ' 2 Stck. hin gekehrt. — Halbdenar. (Wdh. III, 19.) 17) Brustbild des Markgrafen mit Schwert und Lanze, über einem Bogen. R. Adlerschild von drei Bogen umgeben. — Halb¬ 5 Stck. denar. (Wckh. III, 21.) Bemerkt sei schließlich noch, daß am 27. Mai 1841 hier in Berlin selbst beim Bau des Hauses Papenstraße Nr. 6 Münzen des XIV. Jahrhunderts ausgegraben worden sind, nämlich Brandenburger Denare ähnlicher Art, außerdem aber einige Prager Groschen

Wernhard von Tangenöeck. (Hierzu Portrait Seite 87.) Am 9. November feierte der berühmte Chirurg, dessen Portrait unsere heutige Nummer bringt, seinen siebenzigsten Geburtstag. Einer Familie entstammend, welche bereits zwei berühmte Aerzte zu den Ihrigen zählte, wurde Langenbeck am 9. November 1810 zu Hannover geboren. Sein Onkel war der 1776 zu Horneburg geborene ausgezeichnete Anatom und Chirurg Konr. Joh. Martin Langenbeck. Bernhard von Langenbeck studirte zu Göttingen, wo er sich, nachdem er 2 Jahre lang Studien halber in England und Frankreich sich aufgehalten hatte, 1838 als Privatdocent der Physiologie habilitirte, und gleichzeitig als praktischer Chirurg thätig blieb. Vier Jahre darauf wurde er als Profeffor der Chirurgie nach Kiel und 1848 in gleicher Stellung nach Berlin berufen.

Chirurgie hat besonders auch die Kriegs¬ chirurgie wesentlich gefördert, wozu ihm die Theilnahme an den Kriegen gegen Dänemark, Oestreich und Frankreich reiche GelegenLangenbeck

hat

sich

namentlich um die operative

sehr große Verdienste erworben und

87 heit bot. Seine sehr zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten befinden sich größtentheils in Zeitschriften. Seit 1860 giebt er in Verbin¬ dung mit Billroth und Gurlt das „Archiv für klinische Chirurgie" Heralis.

1779 einen Acker jenseits des Schaf- oder Landwehrgrabens dicht an ihrer Meierei, welche der Kirche zu Lietzow zustand, in Erb¬ pacht, legte darauf mehrere Partien an und baute auch eine Brücke über den Schafgraben und seit der Zeit betrieb ihr Mann der

Hofjäger eine Gastwirthschaft in dem Etablissement, zu dessen An¬ nehmlichkeit besonders ein hölzerner Altar gerechnet wurde, der in einen alten Baum hineingcbaut war, dessen sich die älteren Leser Wohl noch erinnern werden." Ist dies der alte Baum an der Straße und ist das Grund¬ Ph. L. stück etwa früher so weit gegangen?

Akademie des Wauwesens. Die seitens der Akademie des Bauwesens auf die Zeit vom 1. Oktober 1880 bis dahin 1883 erfolgte Wahl des Ministerial- und Obcr-Baudirektors Schneider zum Präsidenten der Akademie des Bauwesens, des Ober-Bau¬ direktors Schönfelder zum Dirigenten der Abtheilung für das Ingenieur- und Maschinenwesen uild der Geheime Regicrungsrath Hitzig zum Diri¬ genten der Abthei¬

Literatur.

lung für den Hoch¬ bau dieser Akademie

sicht

ist

an Allerhöchster Stelle bestätigt wor¬

erschien

den.

Kunstwerkstatt, Ber¬

Eine gute An¬ von

N., WörthcrDas Bild

lin

straße 5.

In

stellt Berlin „von der Siegessäule aus

Raumcr'schen

dem

in

Paul Geißler's

Kurfürst Al¬ brecht Achill.

Berlin

soeben

Buche „der Thier¬

gesehen" dar, ist auf

garten bei Berlin" befindet sich Seite 69 bei einer Beschrei¬ bung des Bran¬

schwerem

gelblichen Kupferdruckpapicr gedruckt und hat die

Größe von 81 zu Centimetcrn. 105 Der Ladenpreis für Exemplar ist ein

denburger Tho¬ res

die

aus

„Mila,

jedenfalls Ge¬

schichte

von Berlin,

1829

Seite

Mark. D i e Leser des „Bär" sechs

382"

das Bild sowohl bei Bestellung direkter als auch durch die können

entnommene 9loti$ : ein wenig beachtetes

jedoch

Basrelief am Gebälk aber stellt Kurfürst Albrecht Achill dar, wie er in einer Schlacht gegen die Nürnberger mit ei¬ gener Hand eine Fahne erobert, und hat das Verdienst, das einzige öffentliche Kunstwerk in Berlin zu sein, dessen Ge¬ genstand der älteren vaterländischen Ge¬ schichte entnommen ist. Als Schreiber dieses vor beinahe

Jahresfrist, nachdem

Verlagshandlung für 4,50 Mark beziehen. unserer Zeitschrift

Vorgeschichtliche

Funde aus Berlin und Umgegend, Fest¬ schrift für die cilste allgemeineVcrsamm-

vr. Srrnhard von Langrnbrck. Geheimer Obermedizinalrath, Professor. Generalarzt 1. Klasse ä la suite des Sanitätscorps. Mitglied der wissenschaftlichen Deputat, f. d. Medicinalwesen. Direktor des klinischen Instituts für Chirurgie und Augenheilkunde. er

verschiedene Erkundigungen nach diesem

Da von Raumer aber im Jahre Ausdrücken doch noch gesehen zu seinem nach Relief 1840 das jetzt Lebende aus ihrer Jugend¬ doch müßten scheint, so haben sich — können. entsinnen desselben gut zeit ganz angestellt worden.

Daran füge

In vom

dem

Hofjäger

eine andere Trage: Räumers vom „Thiergarten"

sehen ist,

ich noch

Buche

Seite 55:

„Die Wittwe

heißt

es

Borsdorf (eines Hof-

nahm im ^ahre jägers) jetzt verehelichte Hahn (auch Hofjäger)

E.

S. Mittler und

Sohn Berlin, so nennt sich eine sehr verdienstliche Schrift meines Herrn Mitheraus¬ gebers Ernst Friedel. Eine erschöpfende Mittheilung der vor¬ geschichtlichen Funde von Berlin und Unigegcnd fehlte bisher, darum sei die vorliegende, die außerdem mit einer sehr guten kartographischen Darstellung der Funde in dreifachem Druck ver¬

verschwundenen Relief vergeblich angestellt, im „Kleinen Journal" diese Angelegenheit veröffentlicht hatte, sind auch von der Königl. Ministerial-Baukommission eingehende aber stuchtlose Nachfor¬ schungen

lung der deutschen Gesellschaft für An¬ thropologie, Ethno¬ logie, Verlag von

*

allen Interessenten bestens empfohlen.

Paul Moser's Notizkalender als Schreibunterlage für 1881. eleg. Glanzleinwandmappe mit grünem Tuchpapier In überzogen. 2 Mark. (Verlag des Berliner Lithogr. Instituts in Berlin W., Potsdamerstraße 110). Der Kalender bringt auf 72 Seiten liniirtcn weißen Schreib¬ papiers, welche mit Löschpapier durchschossen und mit den Tagen re.

88 des Jahres bedruckt, den eigentlichen Notizkalender.

Kicßliiig's Große Karte der Provinz Brandenburg, im Maßstabe von 1:432,690, entworfen von Th. Delius, umfassend sämmtliche Städte, Flecken, Dörfer und Cvlvnicn, sowie sämmtliche Wasserstraßen, Eisenbahnen, Chausseen und Landstraßen, nebst einem

vollständigen, alphabetischen Ortschasten-Verzeichniß der beiden Regierungs-Bezirke Potsdam und Frankfurt, in 6farbigem, Druck cartonnirt 2 Mark, erschien soeben und sei hiermit bestens empfohlen.

Von dein kürzlich begonnenen neuen Jahrgang der „Jllustrirten Welt" (Stuttgart, Eduard Hallberger) liegt uns das neueste Heft vor, das sich bildlich wie textlich den vorhergehenden würdig anreiht. Wir geben nachstehend den reichen Inhalt dieses Heftes: Die „Donna Anna". Roman von Rosenthal-Bonin. (M. Jll.) — Aus Prinzip. Novclettc von Reinhard Barle. — Der erste Gottesdienst in einer neuen Synagoge. (M. Jll.) — Fluchbeladen. Roman nach Emile Richebourg von Emile Vacano. (M. 4 Jll.) — Venctianische Perlenindustrie. Nach einem Gemälde von C. van Hannen. — Eine Konservefabrik wilder Kaninchen. Von Oskar Kalt-Reuleaux. — Fischauktion.

-

-

(M. Jll.) Schloß Berg. (Ai. Jll.) Empfangshalle in Ba(M. Jll.) — Elsaß und Lothringen. Zeichnung von Knut Ekwall. — Aus Natur und Leben: Die Sympathie der Seelen. — Eine Fuchssamilie »ach dem Frühstück. (M. Jll.) — Aus

6 Originalzeichnungen. — Aus Aiappe. allen Gebieten: Sammeln von Briefmarken; Knoblauchbutter; An¬ wendung der Elektrizität in der Bienenzüchtung; Vertilgung der Blutlaus. — Das gelöste Räthsel. 6 Skizzen von G. Lucke. — Interessante Bücher. — Humoristische Blätter. — Bilderräthsel.

unserer humoristischen

s.

f.

I.

Allerhand Hochachtung für die Postexcellenz, aber ohne alle Fehler sind unsere Posteinrichtungen denn doch nicht. Hier nur ein Beispiel: Drucksachen kosten bis 50 Gramm 3 Pfennig und darüber gleich 10 Pfennig, das ist ein viel zu großer, den Verkehr schädigender Sprung, für den es natürlich hundert postalische Entschuldigungen, aber keine einzige vernunft¬

G.

wird.

gemäße geben

Die große Fontäne zu Sanssouci ließ ihre'Wasser am 23. Oktober 1842 um 12 Uhr Mittags zum erstenmal Leser aus der Mark.

springen.

Abonnent des Bär in Rischiza (Rußland). Eilf Fragen auf einmal ist 1. Der billigste Bezug ist doch der durch eine ihnen nächst gelegene deutsche Buchhandlung. 2. Weil Leipzig größere Druckereien hat als Berlin. 3. Nein, benutzt den Potsdamer Bahnhof. 4. Siehe Brockhaus. 5. 1,000,000. 6. Ruht vollständig. 8. 10 Mark. 9. Hier ist Alles über¬ 7. 10. 11 sind nicht zu be¬ setzt und könnte Ihnen nicht dazu rathen. ein bischen viel.

antworten. vr. U. H.

Gewiß, wir bringen nach und nach die Sachen zum

Abdruck.

Das fürstliche

G. von H.

Sachsenspiegel schwäbischen

Geschlecht

Ursprungs

von Anhalt soll sein.

nach dem

„De von Anehalt sint

suavee“ heißt cs dort. Die Vorfahren der früheren Grafen von Ballen¬ stedt sollen um 570 in das Land gekommen sein. G. L. Gereimte Geschäftsanpreisungen kamen lange vor Bestehen der „goldenen 110" in Berlin vor. Wenn Sie das bekannte:

Wo kommt der beste Taback her? Merk' auf, mein Freund, von Ermeler! nicht dazu rechnen wollen, so erinnere ich Sie an die allen alten Berlinern bekannte Pfefferkuchcnanzeige von Wagencr und Kasemir Klosterstraße 104.

rvda.

— Schach u.

Briefkasten.

Auf ferneren

20 Seiten sind alle nöthigen Portotaxen, Tabellen, Städtcverzeichnisse, Familienkalendcr re. enthalten, außerdem liegt eine Eisen¬ bahn-Karte des deutschen Reiches bei. Die sehr praktische Mappe bietet in Verbindung mit dem Kalender eine sehr bequeme und cmpfehlcnswerthe Schreibunterlage.

Druckfehlcrbcrichtignng zu dem Aufsatz „Zapfenstreich und faule engl. Wort für Zapfenstreich lautet nicht „tassoo“ sondern

Grete": Das , tattoo“.

Inhalt. Lottchen Lindholz, eine Berlinische Geschichte aus dem 17. Jahr¬ hundert von Ludovica Hesekiel (Fortsetzung). Jagdschloß Grunewald von Ferdinand Meyer. (Hierzu 2 Illustrationen). Am Totalisator Der Münzsund von Mahlow von von Rcinhold Schlingmann. H. Dannenberg. Miscellen: Lessing-Standbild; Zur inneren Aus¬ schmückung des Rathhauses; von Langenbeck (mit Illustration); Akademre des Bauwesens; Kurfürst Albrecht Achill und eine Frage. Literatur.

Briefkasten. Inserate.

In

Reich Ulustrirtes prachtwerk ersten Ranges!

unterzeichnetem Verlage erschienen soeben:

Die kleine Welt.

In Schilderungen von Lh. Simons.

»pamen. Dieses gediegene,

Reich

illustrirt von Prof. A. Wagner

Drei Novellen

in München.

Kudolph Lindau.

mit allen Vorzügen neuerer vuchdruckcrkunst prachtvoll ausgestattete

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werk erscheint in größtem .Polioformat in circa 29 Lieferungen zum Preise von 2 Mark und enthält ungefähr 550 Illustrationen, darunter mindestens 35 Vollbilder. Die Zeichnungen find sämmtlich von Professor Wagner an Ort und Stelle aufgenommen; die volzschnittc wahre Meisterwerke der Lxlographie. Die ersten Lieferungen liegen in allen Buchhandlungen zur'Ansicht aus; Subfcriptionsanmcldungcn werden sowohl von diesen wie von der unterzeichneten Verlagshandlung jeder¬ zeit entgegengenommen.

Berlin,

Ende Oktober 1550.

VON

6sbrüüer Pustel in Berlin Naturwissenschaftliche

Llegant geheftet Mark 6,—, elegant gebunden Mark 7,50.

Inhalt:

Schildereien

Friedrich Oetker. Vctav.

Inhalt:

Llegant qehestct Mark 4,—, elegant gebunden Mark 5,50.

— Di¬ Der vollmeier und der Lagelöhncesohn. — Die Iahet zum .frcischichcn.

Hausrichtung.

W her!" ll Lang', lang'Erzählungen

erschien soeben:

Novellen und

Thatsachen und Probleme. Populäre Vorträge

[74]

W. Preyer,

Professor der Physiologie und Director des Physiologischen Instituts der Universität Jena. Gr. S°. Elegant geheftet 9 Mark.

Für die Redaction verantwortlich:

von

Villamaria.

SB.

Llegant geheftet Mark 5,—, elegant gebunden Mark 6,50. Nur ein Kind. — patbe Kinkefoot. Line Dorfgeschichte. — Der Ring der seligen

Octav.

Inhalt: Muhme.

Humoreske. — Vagabundenblut.

Berlin,

>">

©dob« isso.

W. — Verlag von Mörser Hosbuchdruckerei in Berlin.

Emil Dominik in Berlin Druck:

Die Ncini well. — Lin entehrtes Leben. — Der Schee.

Aus dem norddeutschen Bauernleben.

(75)

Gebrüder Paerei. In, Vorlage

[76]

Novelle. —

Im

Abcndfonnenfcheiu.

Novelle.

Gebrüder paetel.

Gebrüder Paetel in Berlin W.

vii.

Unter Mitwirkung von: C. Aitieri, £. ürunotd, Pros. Dr. ©rorj üiichmann. Pros. Dr. p. Lasset, Stadtarchivar Fiditin, Theodor Fontane, ssudovica HeseKiek, Dr. L. Horn, Dr. Hermann Hletkc, Ferd. LUeacr, Dr. Ferd. Pflug, Dr. H. proisir, u. Lchiitmann, Direktor Wilhelm Lchwartz in Posen, Archidiakonus Schwebet in Cüstrin, Stadtrath Xtiolf Sircriifufi, Heinrich wagener in Potsdam ec.

Jahrgang. Nr. 8.

herausgegeben von Ernst Friedet und

Berlin, de» 20. November

Euiil Dominik.

:

1880.

Die Zeitschrift erscheint wöchentlich regelmäßig am «onnabend, kostet vierteljährlich 2 Mark, und ist durch alle Buchhandlungen, Zeitungsspcdittonen und Postämter, sowie durch — Inserate, pro die Expedition, Berlin W., Liitzowstraße 7, zu beziehen. — Literarisch- Beiträge sind an di- Redaction des „Bär", Berlin \V., Liiyowftraße 7, zu senden. 2 gejp. Petitzeile 40 Pfg., «erden von allen Annoncenexpeditionen sowie von der Verlags-Buchhandlung entgegengenommen.

L'ottchcn

Lindholj.

Eine Berlinische Geschichte aus dem 17. Jahrhundert von Luilomm Leset,iel.

Das ununterbrochene Feuer schwieg einige Augenblicke, da zeigte sich am anderen Ende des Lagers plötzlich eine Be¬ Derfflinger wurde aufmerksam und sandte einen wegung. Offizier ab, um zu sehen, was es gäbe. Aber auf halbem Wege kehrte er um, begleitet von einem Reiter-Offizier im blauen Rock, hohen Stulpstiefeln, den mit einer Borte um¬ säumten Fcderhut etwas schief

auf der Perrücke.

„Was giebts, Ritt¬ meister Lindholz," ries der.

Feldmarschall

dem

An¬

kommenden entgegen. „Der Feind versucht einen

Ausfall, Excellenz,"

meldete

Andreas

Lind¬

holz.

sonst

kein

Freund

(Fortsetzung.)

des Fußvolks

war,

zu

lautem Beifall

hinriß.

Er war ein junger Mann im braunen Tuchrock der Pi¬ keniere, der ihm bis zum Knie ging. Darüber trug er einen ledernen ärmellosen Koller, der mit blauer Litze besetzt war. Die

hoch

hinaufgehenden Stri'nnpfe waren durch Schnallen und Nesteln mit dem weiten Beinkleid verbun¬

den,

die

Füße

steckten

obenein in hohen Schu¬

hen, die mit Schleifen verziert waren. Auf dem Kopfe trug er das eiserne Kaskett, unter dem lan¬ ges blondes Haar in dichten Locken auf die

Ueber Schultern fiel. den Ringkragen fiel das weiße Halstuch mit kurzen Zipfeln; in der Hand „Holla, da muß ich trug der junge Gesell die dabei sein," rief Derff¬ fünfzehn Fuß lange Pike, linger, in beinahe jugend¬ Dir Grrtraudrnkirchr (Spitteikirchc). dies letzte Stück mittel¬ lichem Feuer aufwallend. Originalzeichnung nach einem Bilde aus dem Jahre 1690. alterlicher Bewaffnung, Das ganze Lager das vor Jahr und Tag kam in Bewegung, Comeinen die Oestereicher ganz abgeschafft hatten. Es ging die Sage, mandorufe flogen hin und her, die Ausfallenden trafen auf auch der Kurfürst Friedrich Wilhelm denke daran, die Pike¬ die hatte unerwarteten Widerstand. Der Rittmeister Lindholz niere durch eine andere Waffe zu ersetzen, wollte der junge dem verdächtige Bewegung zuerst bemerkt und Derfflinger, bei daß die Pike auch Gesell seinem Kriegsherrn zeigen, schüttelte ihm dankbar die er ohnehin in hohen Gnaden stand, Ausfall nicht jetzt noch in der Hand eines Brandenburgers eine rechte Hand. Die Cavallerie kam übrigens bei dem Der Kurfürst beobachtete von einer Infanterie den Platz Waffe sein könne! recht zur Verwendung, sie mußte bald der Gefechtsfeld dlirch sein holländisches das erhöhten Stellung den mit räumen, die denn auch beinahe ins Handgemenge Als der entging ihm nicht. Pikenier junge Fernrohr, der Kriegern Ausfallenden gerieth. Unter den brandenburgischen die Schweden schlug, als er Kaltblütigkeit und Uner¬ Siegesruf seiner Leute an sein Obr zeichnete sich besonders Einer durch Derfflinger, der mit Zurücklaffung von Todten, Bertvundeten und Gefangenen schrockenheit aus, welche sogar den alten

„Cavallerie oderJnfanterie?" „Beides, Excellenz!"

90

in

die Festung fliehen sah, sprengte er ans die Wahlstatt, der

heut durch das preußische, durch das deutsche Heer geht, den

junge Pikenier hatte eine Wunde im Arm, aber nicht der Feldscheer, sondern der Rittmeister Lindholz selbst verband sie ihm. Ungeschickt genug stellte sich der grobe Gesell dazu an, aber die hellen Thränen rannen ihm über das Angesicht und in den verwitterten Zügen zuckte und zitterte es wie lauter grim¬ mige Freude. „Wer sind die Beiden?" fragte der Kurfürst den Feldmarschall. „Zwei Berliner Kinder, Durchlaucht," erwiderte Derfflingcr, der sich an dem Bilde ergötzte wie ein Anderer an dem Anblick der schönsten Frauen, „der Rittmeister Lindholz und sein Brnderssohn, der Pikenier Lindholz, sie haben die meisten Ehren vom heutigen Tag!" „Obcrstwachtmeister Liudholz!" rief der Kurfürst mit seiner Fcldherrnstimmc. Andreas fuhr zusammen, im nächsten Augenblick stand er in der gehörigen Haltung vor seinem Kurfürsten die Augen zu ihm aufgeschlagen, so stolz, so freudig, daß er fast schön aussah.

War's nur

die neue

Würde, die ihn

hatten die Offiziere des großen Kurfürsten schon, und daß

ihil hatten, das war eüls der unsterblicheil

alten Derfflinger, der diesen Geist erweckte und nährte, wo er Er lvar nicht nlir der grimme Haudegen, der die Schlachten schlug, er war auch ein Erzieher, ein Zuchtmeister im edelsten Siilne des Worts. Heinrich Lüldholz ließ Alles konnte.

mit

|

die schönen blauen Angen schimmerten felicht, seines Lebens stolzester Augenblick

sah, da habe ich mich gesehnt, auch solche Rosen zu brechen für Brandenburg, was frage ich danach, daß diese Rosen auch Dorilcil haben, die mir die Haut ivund ritzen!" „Meine Herren," wandte sich der Kurfürst an die ihn umgebcildcn Offiziere, „ist's Euch genehm, weiln der Pikenier

Lindbvlz Einer der Euren wird, ich denke, es schadet ihm nicht, daß er von der Pike auf gedient, willst Du mein Offizier sein, mein Sohn?" fragte er den jungen Mann, als die Herren eilunüthig nickten. „Bis in den Tod," rief dieser und das Knie beugend berührte auch er mit seiner Lippe in tiefster Ehrfurcht die Hand seines Kurftirsten, der langsam sein Roß wandte und mit seinem Gefolge seinem Zelt zliritt. Die Offiziere umringten den neuen Kameraden, sie beglückwünschten ihn und führten ihn im Triumph mit sich fort. Der Name Lindholz hatte einen guten Klang nnb das Offiziercorps des großen Kur¬ fürsten bestand durchaus nicht aus lauter Edelleuten. Mcht Geburt und Wappen, die persönliche Tapferkeit allein öffnete im brandenburgischen Heer den Weg zu den höchsten Stellen und die adligen Offiziell verkehrten mit den bürgerlichen wie mit ihresgleichen. Jener Geist der Kameradschaft, der noch

die Gesellschaft der Offiziere that ihm

wohl;

ihn nicht sehr, besonders seit der wenig kunstgerechte Verband des Oberstwachtmeisters durch einen neuen ersetzt worden war. Man kleidete beit neuen Offizier in die ihm zu¬ kommende Tracht, das heißt, man gab ihm den mit goldener Borte umsäumten, ansgekrempten Federhut, man setzte ihm die Perrücke über die goldenen Locken, gab ihm Schärpe und Degen. Glänzend sah der junge Offizier nicht ans, denn die Kameraden hatten ihn vorläufig aus ihrem eigenen Vorrath heraus staffirt und die Garderobe der Herren war durch die monatclange Be¬ lagerung nicht besser geworden. Dann vereinigte man sich zu einem fröhlichen Mahl, auf dem sogar der Feldmarschall Derff¬ linger erschien und die erste Gesundheit auf seinen neuen Oberst¬ wachtmeister und den neuen Lieutenant ausbrachte, obgleich der nur vom Fußvolk war. Daß er das war, ließ sich nicht ändern, und cs war der einzige bittere Tropfen in dem Freudenkelchc, den der Obersttvachtmeister Lindholz heut leerte. Jubelnd hatte er den jungen Mann empfangen, dem es gelungen war, das Lager des Kurfürsten vor Stettin zu erreichen, aber seine Freude hatte sich gemäßigt, als ihm Heinrich erzählte, er habe Warum war er nicht sich bei den Pikenieren anwerben lassen. ein frischer, fröhlicher Rcitersmann geworden? Aber Heinrich wollte nicht bei der Waffe dienen, unter der sein Oheim stand; der sollte ihm die Wege nicht ebnen, er wollte sie ganz allein gehen und Niemand sollte sagen können: Dazu habe ich Dir geholfen. Auch war ihm das Wesen des Oheims nicht immer recht, er wollte nicht unter seine Zucht kommen. Heute erst hatten sich die beiden Verwandten eigentlich gefunden, der Händedruck, den sie tauschten, war ein wärmerer, und beinah zärtlich schaute Andreas dem Brudcrsohn in die Augen. Es war doch gut, daß der seinen Rath befolgt hatte und seinem dummen kleinen Weibe davongelaufen war; nun aber sollte schmerzte

so stolz aus¬

war gekommen. „Durchlaucht," erwiderte er fest und doch bescheiden, „als sie die Leichen der Helden voil Fehrbcllin durchs Spandaucr Thor trugen lind ich die Schlachtenrosen auf ihrer Brust blühen

sich geschehen;

er fühlte sich uilter seines gleichen, denn der Berliner Patrizier¬ sohn dünkte sich jedem Edelmanne ebenbürtig. Seine Wuilde

schauen ließ?

„Ihr habt hellt einen Ehrentag, Lindholz," redete der Kurfürst feinen neuen Obcrstwachtmeister an. „Ja, Durchlancht," rief der mit hellem Jubel in der Stimme, „einen Ehren- und Frelldentag, beim meine Augen sahen meines Bruders einzig Kind bluten für Brandenburg und seinen Kurfürsten." „Ihr seid ein wackerer Degen, mein alter Lindholz," erividerte der Kurfürst gütig nnb reichte ihm die Hand zum Kliffe. „Bist Du schwer verwundet, mein Sohil," ivandte er sich dann an Heinrich, der das Kaskett abgenommen hatte; so daß ihm die Sonne hell auf die goldenen Locken schien;

sie

Verdienste des

|

!

]

;

!

er auch sein Leben genießen.

j

j

„Ein rechtes fideles Bierhuhn sollst Du werden," rief er ihm zu, mit beiden Händen einen riesigen Humpen emporhebend, der mit schäumendem Bier gefüllt war, „ein fideles Bierhuhn, wie wirs Alle sind!" „Ja, fidele Bierhühner sind wir!" riefen die Andern, deren Köpfe auch zu glühen begaunen. „Weißt Du, lvas ein fideles Bierhuhn ist?" fragte Lind¬ holz den jungen Offizier, nachdem er einen schier unglaublichen Zug, einen mächttg tiefen Trunk aus seinem Humpen gethan. Heinrich schüttelte den Kopf. „Nun so will ich Dir's sagen," lachte der Oberstwachtmeister, die Zeltwände geriethen immer bedenklich ins Schwanken, wenn Andreas Lindholz lachte, „ein fideles Bierhuhn kann keinen leeren Humpen stehen sehen, er muß ihn sich stracks füllen lassen," damit reichte er den seinigen rückwärts dem Aufwärter, der ihn aufs Neue vollzapfte, dann sprach er weiter, indem er den Humpen abermals mit beiden Händen faßte und

91 beide Ellenbogen auf den Tisch stützte, „wenn es aber einen vollen Krug vor sich sieht, dann muß es sich mühen, denselben

'

Drohend blickten die blauen Augen sich um; man beeilte sich, ihm zu versichern, daß er vollkommen im Rechte sei, er aber wandte sich zu dem jungen Memhardt und sprach längere Zeit mit ihm; nach Lottchen fragte er freilich nicht mehr, worüber sich der junge Offizier im Stillen wunderte. Als sich Heinrich von seinem Oheim verabschiedete, sagte dieser: „Ein Narr bist Du doch, Heinz, wärst im Stande ein Duell auszufechten um die dumme Lotte!" „Sie hat noch Keinem Grund gegeben, schlecht von ihr zu denken," cntgegnetc Heinrich. „Wird schon kommen," lachte Andreas, „ein junges verlaffenes Weib, werden schon Tröster kommen und mir soll's lieb sein, vielleicht läuft sie mit einem davon, dann bist Du

eiligst zn leeren. Ans Dein Wohl und daß Du auch bald ein fideles Bierhuhn werden mögest!"

Wieder versenkte er seine lauge Habichtsnase in den Hum¬ pen, aber ein anderer Offizier, es war ein Knesebeck, ergriff das Wort: „Mit Verlaub, Herr Oberstwachtmeister, aber ein fideles Bierhuhn hat noch andere Eigenschaften, es ist auch

Frauen hold." Andreas lachte ingrimmig. „Verbotene Frucht für den Lieutenant Lindholz, er ist beweibt!" Alles lachte; einmal konnte man sich das junge Gesicht nicht mit der Würde eines Ehemannes zusammen reimen, daun aber wußte man, daß auch die beweibten Krieger nebenbei gern manche holde Blume pflückten, obgleich der Kurfürst streng auf Zucht und Sitte hielt. Heinrich Lindholz biß die Zähne zusammen; haftete ihm denn der Fluch des Lächerlichen unlösbar durch diese unselige Heirath an? Noch hatte er sich nicht entschließen können, eine Botschaft in die Heimath zusenden; wenn er Ruhm und Ehre errungen, wenn er sagen kormte, „ich stand wie ein Branden¬ burger," dann wollte er Lottchen einen Brief schicken, damit sie sah, daß sie doch nicht nur einem Knaben vermählt sei; heute hätte er's thun können, er hatte heut Auszeichnung genug erfahren, und der Kurfürst sandte Boten nach Berlin an seine Gemahlin, er hätte einen Brief mitgeben können, aber der Groll gegen Lottchen nahm wider überhand; was lag ihr daran, von ihm zu hören, sie liebte ihn so wenig wie er sie, er, der um ihretwillen auf Frauenliebe verzichten mußte. Manche blonde unb braune Schöne hatte sein Herz schneller schlagen lassen, seit er im Ländchen Bellin gewesen, der Märchen-Hanne gedachte er kaum noch, aber wie Andreas Lindholz sagte, es war verbotene Frucht für ihn. Da wandte sich ein junger OWer an ihn mit der ganz unerwarteten Frage: „Um Vergebung, wenn Ihr Lindholz heißt, Herr, und beweibt seid, dann seid ihr der Alaun der schönen blassen Frau mit den großen traurigen Augen, die Euren Minen trug und die ich in Stralow bei meinem Großvater sah, ich heilte damals meine Wunde von Fehrbellin aus." Erstaunt horchte Heinrich auf. Große traurige Augen, ja die hatte seine Frau, bleich war sie auch, aber schön, das war sie nie gewesen. Dennoch sagte er leicht hin: „Ihr mögt

schönen

Herr!" Man trank ihm

Recht haben,

frei!" „Um

Wohl seiner

schönen

„Oheim, „Der ist

!

:

„Ich danke Euch Herr," erwiderte Heinrich nicht ohne Würde,

„inskünftig aber überlaßt es mir, meiner Frauen Ehre zu ver¬ theidigen; ich hoffe, es wird Niemand wagen, sie anzutasten!"

Lindholz!"

zu Haus bleiben müssen," erwiderte

Ihr

seid

ein

auch nicht so schwarz,

„Hundert und acht große

Geschütze, 31

Mortiers,

die

bis sieben Centncr werfen, 15,000 Centner Pulver, 200,000 Stiickkugelu, 800 große Granaten, 10,000 Brand¬ kugeln, 300 Büchsenmeister, 40 Feuerwerker und 24 Minirer hat des Kurfürsten Durchlaucht bei anbrechendem Frühling ans Berlin mit ins Lager genommen," erzählte Meinhardt, „ohne was die treffliche Festung Ciistriu gegeben und von Lippstadt, Bielefeld und Minden zugeführt worden. Mit 25 ansehnlichen Regimentern und 4000 Lüneburgischen liegen wir hier vor Stettin und haben» nicht übermocht." Die grauen Augen des jungen Mannes funkelten zornig, seine breite Brust hob sich höher. allen kurfürstlichen Landen wurde Mittwochs vor Pfingsten ein Buß- und Bettag gehalten," erwiderte Heinrich, „aber bis jetzt scheint Gott die Gebete nicht erhört zu haben." „Es ist noch kein deutscher Fürst besser ausgezogen, fuhr Memhardt fort, sie müssen über kurz oder lang doch acevrsechs

„In

diren." Endlich begab !

Der Oberstwachtmcister lachte hell auf, mehrere der jün¬

während er im Felde ist."

schrie Heinrich Lind¬

„Wir müssen es doch haben," sagte Dorotheas Memhardt. „Wir werden es auch haben," entgcguete Lindholz.

annimmt."

geren Offiziere lächelten. „Ihr braucht nicht zu hohnlachen," fuhr Memhardt auf, „Frau Lindholz steht in höchster Achtung in der ganzen Stadt, ich hab' das dem Herrn Lieutenant nur erzählt, weil ich dachte, es sei ihm lieb zu hören, daß sein Weib nicht ohne Schutz,

den Namen

Teufel," fuhr ihn Heinrich an. wie er gemalt wird," erwiderte Andreas, „nichts für ungut, Junge." Widerstrebend nur schlug Heinrich in die Hand des Oheims ein, dann ging er in das Zelt, das Memhardt für diese Nacht mit ihm theilte. Schweigen herrschte im Lager, nur die Posten wurden von Zeit zu Zeit untersucht oder abgelöst. Das jungfrauliche Stettin lag ebenso schweigend, ebenso bewacht.

schön mußte sic sein, da

sehr treu

für

Andreas.

Frau,

Lieutenant Memhardt cs gesagt hatte, galt. Kenner Er nahm es kühl ans, doch Memder für einen hardt filhr fort: „Da war auch ein Jugendgespiele von Euch, ein Junker von Scharben, ich höre, daß er sich Eurer Krau

Preis nimmermehr,"

„Dann hättest Du

j

zu auf das

diesen

holz fast auf, „Schmach

j

:

j

j

;

sich

auch

Memhardt zur Ruhe, Lindholz

zögerte noch immer, er dachte an seine Frau, nicht in Liebe, aber doch vermochte er die Gedanken nicht von ihr abzuwenden.

Große traurige Augen! Das Wort ging ihm im Kopfe herum und es war ihm, als sähe er durch die Finsterniß die großen traurigen Augen auf sich gerichtet. Sein Gewissen klagte ihn an, es sei nicht recht, daß er ein so junges Weib allein und schutzlos zurückgelassen habe,

aber jetzt konnte er nicht um-

kehren auf dein Pfade, den er

betreten, jetzt, wo leuchtend Ruhm und Ehre ihm die schönsten Ziele zeigten. Als er sein Lager aufftichtc, sprach Aiemhardt im Traume, wie vorhin im Wachen: „Wir muffen es doch haben!"

Da wichen alle anderen Gedanken,

er

war nur

noch

92 feines Kurfürsten Offizier. er

mit

fester

„Wir

Kurfürstenzeiten an unzählige Besitzer vertheilt und mit bunt in¬ einander liegenden, durch Zäune getrennten Ackcrstücken, Weingärten, Obst- und Maulbeerplantagen, auch Privatlandhäuschen bedeckt, nebenher sandig und sumpfig, so daß es einer besonderen Vorliebe bedurfte, hier so Ausgedehntes zu unternehmen. Der erste Anlaß, der zugleich den Kern für die ganze Anlage brachte, war der folgende: Im Jahre 1779 hatte ein Potsdamer

werden es auch haben," sagte

Stimme.

Am 13. Dezember begannen Garnison und Bürgerschaft zu capituliren; der Kurfürst bestätigte die Privilegien der Stadt, sandte die schwedischen Truppen nach Livland und eroberte, wie er cs sich selbst gelobt hatte, die Stadt zum zweiten Mal durch seine Milde und Klugheit. Seine wackeren Truppen ließ er ausruhen, er selbst ging in seine brandenburgischen Lande, aber Heinrich Lindholz folgte ihm nicht. Der lag, von einer Kugel beim letzten Ausfall ge¬ troffen, schwerverwundet in Stettin und Oheim Andreas, das fidele Bierhuhn, pflegte ihn wie eine Mutter. Und

sie

hatten es-

Kaufmann Namens Punsche! zwei an der Mitte des nordwest¬ lichen Seerandes gelegene Felder von dem früheren Besitzer Anger¬ mann erkauft, dieselben zu einem Weingarten umgewandelt und darin zwei Gebäude aufgeführt, deren eines, dem Ufer nahe, eine schöne Aussicht über den Wasserspiegel hatte, dazu im oberen Geschoß einen geräumigen Saal. Diesen überließ der Besitzer zu¬ weilen den Offizieren der Potsdamer Garnison zu ihren Tanzfesten, bei denen auch der Thronfolger öfter zugegen war und dabei die Lokalität mit ihrer schönen Aussicht lieb gewann. Als hierauf das Grlindstück mit beiden Gebäuden sub basta gestellt, den 1. April 1783 an den Kommerzienrath Tamm über¬ gegangen, ließ der Kronprinz daffelbe noch an demselben Tage für 3300 Thaler durch den Büchsenspanner Kynast ankaufen. Von besonderen dortigen Verschönerungen vor der Thronbesteigung findet sich keine Nachricht, nur einer Pflanzung von Akazien im Norden des erkauften Lusthauses wird Erwähnung gethan, tvelche der Prinz

(Fortsetzung folgt.)

Otis Marmorpalais im Neuen Garten bei Potsdam.*) (Hierzu Illustration Seite 95 und Plan Seite 94).

Das junge Fürstenpaar, Prinzessin Auguste Victoria und Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen, wird im kommenden Jahre, wie man sagt, am 26. Februar, seine Vermählung feiern und alsdann in, Winter im Königlichen Stadtschlosse zu Potsdam, im Sommer aber im Marmorpalais residiren. Damit werden der schöne „Neue Garten" und das Schloß Friedrich Wilhelms II. wieder aus ihrer beschaulichen Ruhe heraustreten, in der sie seit dem Todestage ihres Schöpfers dahin gelebt haben, und die nur wenige Male und zuletzt nur auf kurze Zeit in den Jahren unterbrochen wurde, als Prinz Friedrich Carl und seine schöne Gemahlin vorübergehend dort residirten. Schon arbeiten geschäftige Hände, das hübsche Schloß für

eigenhändig pflanzte. 1786 am 1. November besuchte Friedrich Wilhelm II. zuerst als König den kleinen, kaum neun Morgen enthaltenden Garten. Schon iin März 1787 begannen die Ankäufe der zunächst liegenden Grundstücke und in demselben Jahre erging auch an den Major

das junge Hohcnzollcrnpaar wohnlich einzurichten und nicht lange mehr wird's dauern, und das Schloß am Heiligen See rückt wie seine stolzen Nachbarschlösser, Sanssouci, Babelsberg und Neues Palais, wieder in die Geschichte unseres Vaterlandes ein.

Man

sprach

Anfangs davon. Schloß

Charlottenburg der

dem

Plan

jungen Paare zu überlassen, und ich weiß nicht, ob wirklich bestanden. Die Nothwendigkeit aber, einen Aufenthalt in der Nähe einer größeren Garnison zu wählen, haben wohl ebenso sehr gegen Charlottenburg gesprochen, wie der ungesunde Aufenthalt in dem einst so schönen, jetzt aber von Bauten und Eisenbahnen eingepferchten, und mitten in der nichts weniger als reinen Charlottenburger Sumpf-Luft gelegenen Schlosse der „philo¬ sophischen" Königin.

alles Wissenswerthe über das Marmorpalais und den Neuen Garten mit und habe zum besseren Verständniß einen Plan herstellen lasten, der zeigt, wie die Gegend des heutigen „Neuen Gartens" vor 100 Jahren aussah, ferner eine Illustration vom heutigen Marmorpalais hin¬

Ich theile

also im Nachfolgenden

zugefügt.

König Friedrich Wilhelm II. wählte Sanssouci für die ersten Jahre zu seinem Sommeraufenthalt; ließ aber unterdeß die schon früher ihm lieb gewordene kleine Gartenbesitzung mit dem Lusthäuschen am Heiligen See zu der königlichen Anläge erweitern, die unter dem Namen des Neuen Gartens mit

!

j

!

>

dem Marmorschlosse**) weltbekannt geworden.

Vorher hätte wohl Niemand vermuthet, daß dort Aehnliches entstehen könne; denn die Umgebung des Heiligen Sees war seit

*) Wiederabdruck nur mit ausführlicher Quellenangabe gestattet. **) Literatur: August Kopisch, die Königlichen Schlösser und Gärten zu Potsdam von der

Zeit ihrer Gründung bis zuin Jahre 1852. Berlin

1854; der Königliche Neue Garten und das Marmorhaus an dem Heiligen See bei Potsdam. Potsdam 1819. Horwath und Sohn.

!

!

von Gontard der Befehl zur Erbauung eines Marmorschlosses. Ein inzwischen aufgeführter Kahnschuppen, ebenso das von Punschel herrührende Lusthaus wurden eingerissen und das Schloß an der¬ selben Stelle erbaut. (Auf der beigegebenen Karte ist die Stelle deutlich zu erkennen.) Da es aber weit größere Dimensionen er¬ hielt, als das bisherige Gebäude gehabt hatte, und leicht die Akazienpflanzung gedeckt haben würde, ließ es Gontard in den See hinein Raum gewinnen, indem er es mit der einen Hälfte auf das Land, mit der andern auf einen sicheren Uferbau von eingerammten Pfählen stellte. Es wurde zu Anfang ohne Flügel entworfen, jede Seite erhielt 70" Länge. Das Ganze erhob sich von einem Souterrain in zwei quadraten Geschossen, darüber noch mit einem runden Belvedere. Nach der Wasserseite ließ Gontard einen auf 6 Säulen ruhenden Balkon vorspringen, der wie alle Einfassungen, Simse und Plinthen von Marmor projektirt wurde, während man zu dem Gemäuer dazwischen Ziegelbau anwendete. Von der Gartenseite her erhielt es im ersten Geschoß mitten einen Säulcncingang mit drei Stufen, durch diesen trat inan in ein Vestibül, aus diesem gerade in das von oben durch die Belvedere¬ fenster erleuchtete Treppenhaus und durch dieses einige Stufen wieder steigend gerade in den Grottensaal, der mit einer mittleren Thür und zwei Fenstern nach der Colonnade unter dem Balken und zu deren Vorplatz führte. Letzterer erhielt eine Marmor¬ balustrade und rechts und links Stufen hinab zum Wasser. Neben Grottensaal, Treppenhaus und Vestibül wurden jcdcrseits nördlich wie südlich drei Zimmer angelehnt. Im zweiten Geschoß bildete Gontard um den mitten auf¬ steigenden Treppenflur sechs Räume; nach der Wasserseitc (in Er¬ innerung an den früheren) einen die ganze Schloßbreite füllenden Festsaal mit drei Balkonthüren, nach der anderen Richtung aber symmetrisch vertheilt fünf Zimmer. Das Souterrain wurde durch einen unterirdischen Gang mit der 150 Schritt südwestlich am User angelegten Küche in Verbin¬

Diese dekorirte Gontard im Sinne seiner Zeit als einen halbversunkenen Tempel des Mars und ließ daraus den friedlichen Rauch des Königlichen Heerdes auffteigen.

dung gebracht.

93

Für landschaftliche Anlagen boten damals im nördlichen Harpke und Wörlitz die ersten II. war dadurch bewogen worden, einen Zögling des Wörlitz-Gartens, Eiscrbcck den widerstrebenden Gärtnern alten Stils in Sanssouci vorzuziehen und übertrug dem¬

Die Hauptwege wurden mit Kiessand beschüttet, den man von der Pawelsmühle (am Baberow) und vom Templiner Ufer holte. Der Bau des Marmorschlosses schritt ziemlich rasch vorwärts, aber der Baumeister von Gontard, der rhn begonnen, fiel in Ungnade und führte ihn nicht einmal äußerlich zu Ende. An seine Stelle trat schon 1788 der Oberbaurath Langhaus (der Erbauer des Brandenburger Thores in Berlin). Am Aeußern wurde alles Konstruktive und die Zierathen von grauem und weißem schlesischen Marmor gebildet, die Zwischenwände von rothen Ziegeln ohne Putz, das Dach von Kupfer. Zum Relief¬ schmuck über den Fenstern wählte man im ersten Geschoß Fruchtund Blumengehänge, im zweiten Darstellungen der vier Jahres¬ zeiten. Die Entwürfe waren dazu von Rhode, die Ausführung übernahmen die Bildhauer Eckstein, Schumann und die beiden Wohler. Ich übergehe die innere Ausschmückung. Der Bau wurde so eifrig betrieben, daß der König sein Lieblingsschloß im Herbst 1790 bereits beziehen konnte. Auch die übrigen Gebäude der ganzen Anlage waren so iin Stande, daß schon damals 104 Personen im Neuen Garten wohnten. Das Orangenhaus baute Krüger nach Langhaus Ent¬ wurf, es erhielt unter andern auf der Sonnenseite einen Saal, der im Sommer zu Concerten diente; von demselben rührt auch

Deutschland die Gärten zu Muster. Friedrich Wilhelm

selben auch das Entwerfen der Anlagen am Heiligen See.

Für die technische Leitung und Ausführung wurde ein Gärtner Morsch (ein späterer Morsch war Hofgärtner zu Charlottenhos) besümmt, und dem Geh. Kämmerier Rietz, dem Gatten der späteren Gräfin Lichtenau, wurde auf speciellen Befehl des Königs die Oberleitung übertragen. Im März 1787 begann man mit der Arbeit. Die äußeren Umzäunungen wurden mit dichten Grenzpflanzungen gedeckt, RasenPlätze mit Baumpflanzungen dazwischen gelegt, die westlichen Baulichkeiten beider Grundstücke zu Gärtnerwohnungen und kleinen Treibereien umgebildet und in ein Gehöft vereinigt. Im folgenden Jahre 1788 standen nördlich zwei andere Grundstücke, früher Punschels Wittwe und Homburg gehörig, zu Eiserbecks Disposition. Er säumte nicht, das nächste sogleich mit einer Fahrallee zu durchziehen, diagonal vom Schlosse nach Er konnte im Plan hier nördlich schon dem westlichen Thore. keckere Schlingen von Wegen und mannigfaltige Laubparthien schräg hinauswerfen, da der Ankauf weiterer Grundstücke hier in naher Aussicht stand und ihm hier noch in demselben Herbst 1788 alles Terrain bis zu einem geraden, vom nördlichen Ende des Sees nach Werder laufenden Fahrwege zu Gebote stand. Letzterer bildet hier vorläufig einen festen Abschluß. Diese Grundstücke hatten vordem Tamm und von Götze gehört. Im folgenden Jahre 1789 wuchsen die Flügel der ganzen Anlage im Nordost durch Erwerbung der Kambly'schen Gärten und der sogenannten „Sacrow'schen Haasen" bis zu dem da¬ mals schon vorhandenen Hasengraben; im Südwest aber durch Ankauf der Weiskopf-Rosenow'schen Grundstücke. Letztere ge¬ währten den erwünschten Vortheil, eine gerade Fahrallee vom Schlosse zu dem Fahrwege nach Behlerts Brücke anzulegen und so nähere Verbindung mit der Stadt zu gewinnen. Inzwischen wurde der Bau von allerhand Nebenhäuscrn im holländischen Geschmacke begonnen. Einem Portierhause ließ man



das Bibliotheksgcbäude her. Dem Marmorhaus sollten landeinwärts zwei Flügel durch einen halbzirkelförmigen Corridor verbunden werden. Gegen den

von Marmor

vom Thor ab zwei Domestiquenhäuser, eine kleine Fasanerie, zwei Castellanshäuser, einen Reitpferdestall, eine Wagenremise und eine Cavalierwohnung folgen. An passenden Stellen im Garten wurden Monumente, Mar¬ morbänke und Vasen placirt, ein maurischer Tempel entstand, eine Eremitage rc. 1791 wurde der Uferweg zur Glienicker Brücke geschaffen und die im Norden am Jungfernsee gelegene Hasenhaide, die fiskalisch war, in den Bereich des Gartens gezogen, ebenso die dazwischen gelegenen Gärten von Glitze, wie die Maulbeerplan¬ tagen von Bock und Wilbrandt. An der nördlichen Uferstelle

wurde eine Meierei und eine dazu gehörige Küche errichtet. Um rascher vom Gartenthor in den angenehmeren Weg der Nauener Allee zu kommen, ließ der König zuletzt nach neuen Terrainankäufen die schöne Platanenallee zur holländischen Windmühle anlegen und zu Anfang des Gartens ein Birken-

j

Wäldchen.

Die für die Anpflanzung nöthigen Bäume kamen nur zum Theil aus den königlichen Gärten Sanssouci's, zum Theil aus Dessau, von den Besitzungen des Grafen Hoym in Dyhernfurth in Schlesien, von Tegel, Malchow, Wörlitz, Schwedt, Scheidelwitz, Dieskau, Leipzig und Zerbst. Fliedersträucher kamen aus Barnim,

Linden aus Berlin. Was den Boden betraf, so hatte der Hofgärtner des Neuen Gartens Morsch mit allerlei Schwierigkeiten zu kämpfen. Aus der näheren Umgebung mußte an viele Stellen bessere Erde in Käbnen herangeschafft und mit der schlechten vertauscht werden.

Hof aber sollten die geraden Flügel Colonnadcn bekommen. 100,000 Thaler wurden sogleich dazu angewiesen und man beeilte sich, des Königs Befehl nachzu¬ kommen. Als man in solcher Eile wegen der Marmorcolonnaden in Verlegenheit war, erinnerte sich der Geh. Kämmerier Rietz plötzlich der im Park von Sanssouci, wie er meinte, müßig da¬ stehenden Marmorcolonnade, brachte daher in Vorschlag, die Säulen lieber von dort, als aus den schlesischen Marmorbrüchcn zu holen. Sein Vorschlag wurde ausgeführt. Die Säulen, lauter Monoliten, kamen leider mehrere Zoll verkürzt noch im Herbst zum Stehen, die Flügel auch unter Dach; aber mit des Königs am 17. November 1797 im Marmorpalais erfolgten Tode ruhte der Bau über vierzig Jahre. Denn Friedrich Wilhelm III. lies; den Bau nicht fort¬ setzen. Im Jahre 1812 befahl er, die Statue seines Vaters von Sandstein, welche der Geheime Kämmerier Rietz in seinem Garten gehabt, anzukaufen und in einer Parthie des Neuen Gartens auf¬ zustellen, zwischen der Bibliothek und der Pappelallee des Ein¬ gangs. Nach der Rückkehr aus Paris, 1815, gestattete er dem ältern Morsch, die mittlere westlich vom Marmorpalais gelegene, da¬ mals zu dicht bestandene Partie des Neuen Gartens zu bearbeiten. Diese Aenderung fiel aber nicht zu des Königs Befriedigung aus. Morsch hatte zu viele prächtige Baumgruppen, zum Theil aus den seltesten amerikanischen Arten niedergelegt. In dieser Zeit, am 14. April 1816, trat Scnite, ein Rhein¬ länder aus Bonn, auf Empfehlung des sachkundigen Oberland¬ forstmeisters von Hartig in des Königs Dienst. Er sah mit frischem Auge, daß man die gärtnerischen Fehler des Neuen Gartens, die durch das stückweise Erwerben entstanden, nicht durch stück¬ weises Projektiren verbessern könne, und entwarf einen das Ganze

so entstehenden

umfassenden !

j

Verschönerungsplan. Dieser wurde vom Könige genehmigt und kam nach und nach zur Ausführung. Das unnütze kleinliche Wegenetz wurde beseitigt, die langweilig wirkenden Pappeln sielen, der Garten wurde sieundlicher und allmählig ein Lieblingsaufenthalt des Königs.

Friedrich Wilhelm IV.,

der Neuschöpser aller Königlichen

Gärten, dessen Verdienste um die Verschönerung Potsdams wie Berlins noch lange nicht genug gewürdigt sind, ließ auch 1844 durch Persins und nach dessen Tode 1845 durch Hesse das

94 Nach dieses Baumeisters Anordnung Klöber, Lengerich das Innere und

Marmorpalais fertig bauen.

Rosendahl,

schmückten

Aeußere des Palais. Die Fensterpfeiler der äußeren Säulenhalle schmückte Ossowsky mit arabeskenartig geordneten Darstellungen aus dem Nibelungen¬

ul fresko, nach Kompositionen von Kolbe, welche der von Lombeck darüber gemalte Fries mit bezüglichen Vedouten vom liede

zur Donau begleitete. Persius hatte schon begonnen, die Meierei am Jungfernsee nach Ideen des Königs umzubauen, auch diese brachte Hesse

Rhein

zu Ende.

Den der Sage nach von Friedrich Wilhelm II. schon gehegten der aber in Folge von des Königs Tode nicht zur Aus¬ führung gelangte, den Pfingstberg durch Parkanlagen mit dem Neuen Garten zu verbinden, hat zum Theil wenigstens König Friedrich Wilhelm IV. verwirklichen lassen.

Plan,

So knüpfen

sich denn also

an dieses freundliche Hohenzollern-

schloß und seine schöne Umgebung die Namen dreier Preußischen

Könige,

so

wie die der Bau¬

meister Gontard, Langhaus, Persius und Hesse und der

großen Gartenkünstler Eisen¬ beck und Morsch, Senne und

Meiner. Gegenwärtig nächst

Tempel

wird

zu¬

einem verfallenen nachgebildete Küche

die

westlich vom Schloß am Ufer des Heiligen Sees

in der Art

verändert, daß von den zwei Küchenräumen darin nur einer

Eothenius, Leibarzt des Königs, war aus Havelberg nach Sans¬ Friedrich II. hielt große Stücke auf ihn souci berufen worden. und hatte ihn auch mehreremal nach Baireuth zur Markgrästn ge¬ sandt; der König schien in den Baireuther Leibmedicus Wagner kein allzu großes Vertrauen zu setzen. In Baireuth scheint auch Marquis v. Montperny, markgräflicher Kammerherr und Hof¬ bauintendant, der Hülfe des Berliner Aesculaps sich bedient zu haben.

Bereits oben haben wir der Ehe der ältesten Marwitz mit Das junge Ehepaar lebte in einem Grade über seine Verhältnisse, daß es zuletzt nichts mehr besaß und dem Hofe in Baireuth zur Last war mit seinen immer neuen und größeren Ansprüchen; und dazu maßte sich die ftühere Hofdame die vollständige Herrschaft über die Markgrästn an, so daß Diese diese sich genöthigt sah, die Hülfe des Königs anzurufen. Heirath hatte der Fürstin viele Unannehmlichkeiten bereitet, sie zlvei Jahre lang mit ihrem königlichen Bruder vollständig ent¬ zweit. Als nämlich der General von der Marwitz seine Töchter an den Baireuther Hof gab, war solches unter der Bedin¬ gung des Königs Friedrich dem Grasen von Burghaus erwähnt.

Wilhelm I. geschehen, daß sie nicht in das Ausland sich verheiratheten, damit das nicht Vermögen des Generals nicht außer Landes käme. An dieser Bestimmung hielt auch Friedrich II. fest. Daher sein Unwille und Zorn, als sich die junge Dame, hauptsächlich aus Veranlassung

unbedeutende

bleibt, der andere zu Wohnräumen dienen soll, auch ist man bereits dabei, den unter¬ irdischen Gang, der von dort

der Markgräfin, die sie los sein

zum Marmorpalais führt, zu vertiefen und völlig gegen

einem Briefe vom

die Feuchtigkeit abzuschließen. Ebenso sind

schon

die Stal¬

wollte, dennoch mit einem in österreichischen Diensten stehen¬

den Offizier verheirathete.

In

2. März 1748 schrieb Friedrich an seine Schwester, daß er den Grafen

Podewils, seinen Minister,

be¬

auftragt habe, der Schwägerin lungen und Remisen, welche seines Neffen sagen zu lassen plan von Potsdam aus drin Äahrr 1780. an der nördlichen Seite des (dieser Neffe, Graf Schönburg, Hauptweges liegen, im Um¬ hatte die dritte Schwester Kabau begriffen. roline geheirathet), wenn sie sich entschliehen wolle, Baireuth Dieser Weg selbst dürste umgelegt werden, weil für die Zeit zu verlassen, so würde man ihr ihren Pflichttheil auszahlen der Anwesenheit der- Prinzlichcn Herrschaften der hinter dem lassen. Daraus hat die Stelle im nächsten Briefe Bezug. — Schloß gelegene, schön mit Rosen, Orangenbäumen und Blüthen In demselben ist auch des Fortgangs der Entfremdung zwischen und Blattpflanzen aller Art geschmückte Garten reservirt bleiben muß. Dominik. dem Könige und Voltaire, „le dies de la bände“, Erwähnung gethan. Von den Rittern der Tafelrunde aus Schloß Sans¬ souci befand sich Graf Algarotti damals, seinen diplomatischen Neigungen folgend, auf Reisen; der Marquis d'Argens war auch Ein Hofmann -es 18. Jahrhunderts. für längere Zeit abwesend; der Liebling des Königs, Graf Rothen¬ Von Georg llorn. (Fortsetzung aus Nr. 3.) burg, lag krank danieder; es war still und einsam um den König auf Sanssouci. Der Arzt La Metrie, der Verfasser des „L’homme II. machine“, war Lector, Darget literarischer Secretär. Prinz Pöllnitz hatte im Jahre 1748 steine dritte religiöse ConverHeinrich ist der zweite Bruder des Königs, der spätere Sieger von sion gemacht. In Geldverlegenheit, hatte er den König gebeten, ihn aus derselben zu befreien. „Ich weiß wirklich nicht", war Freiberg, Prinz Ferdinand der jüngste; sein Regiment stand in die Antwort Friedrich's, „wie ich das machen soll. Wenn Sie wcitigstens noch Katholik wären, dann könnte man Ihnen doch ein Kanonikat geben." Der geschmeidige Höfling ließ sich das nicht zum zweiten Male sagen, ging hin, schwur die gereinigte Lehre Calvin's ab und kehrte in den Schoß der alleinseligmachenden

Aber das Kanonikat bekam er doch nicht; der König lachte ihn nur aus. — Der im nächsten Briefe erwähnte Kirche zurück.

Neu-Ruppin und jedes Frühjahr pflegte er dahin zu gehen. Der vorerwähnte Brief lautet: „Madame. Sobald ich die Befehle Eurer königlichen Hoheit in Betreff des Hrn. von Frechapel erhalten, habe ich ste vollzogen und er¬ warte in wenig Tagen, Ihnen das Resultat meiner Unterhand¬ lungen mittheilen zu können. Was Hrn. Eothenius anbelangt.

95 warten müssen, bis er vom Marschall von Schwerin Er sagte mir, daß er vor einigen Tagen an Hrn. Wagner sowohl betreffs Eurer königlichen Hoheit als des Hrn. von Montperny geschrieben hat, und sügte in einem sehr doktoralen Tone bei, daß ich sür ineine hohe Beschützerin und sür meinen Freund außer Sorge sein könnte. Mit hoher Freude habe ich diese Worte vernommen. Möchte dieses Orakel sicherer als das des Kalchas sein! Eure Königliche Hoheit machen sich über mich lusüg und sagen, daß man mich künftig den Sankt-Pöllnitz nennen würde. Das ist gar nicht Mit Glauben, so unmöglich, und ich strebe mit allem Eifer dahin. mit Gebeten und Ausdauer kann man wohl zum Himmelreich ein¬ Davon sind vielleicht Eure königliche Hoheit nicht so sehr gehen. so habe ich

zurückgekehrt war, zu dem ihn der König geschickt hatte.

Stoff

zu vielem Spotte zu bieten. Es giebt keinen schlechten Poeten, der nicht sein Müthchen an ihm kühlte. Er selbst inacht täglich irgend einen dummen Streich. Neulich kam er zum Kanzler und sagte ihm, er käme, um ihm einige Bemerkungen zu über¬ geben, welche er über das von Sr. Excellenz eben veröffentlichte Gesetzbuch gemacht habe, in dem große Verstöße, namentlich in Bezug aus das Wechselrecht seien. Der Kanzler war ihm für die Bemerkungen sehr dankbar, versprach, für die Zukunft daraus Nutzen zu ziehen, mußte aber zu seinem Bedauern bemerken, daß die Dinge bis sein Prozeß entschieden wäre, noch auf dem alten Fuße bleiben mühten. Der Poet hatte nicht erwartet, auf diese Weise abgefertigt

Zorn von dannen, schüttelte den Staub von seinen Schuhen und rief den Schatten des Ninus an, daß er zu werden, ging im heftigen

Originalzeichnung nach einer Photographie aus dem Verlage von

überzeugt als ich. Ihre Stunde ist noch nicht gekommen, aber sie wird kommen, und mein Ruhm wird es sein, sie herbeizuführen. Sobald ich im himmlischen Zion angelangt bin, werde ich mit meinen Bitten sür Sie nicht mehr aufhören. Es ist mir schon, als hörte ich alle Heiligen meinen Vorschlag billigen und ein¬ zu stimmig rufen: Sie hat zu viel Tugenden, um nicht katholisch Sonnenstrahl einen sein! Dann sehe ich, Madame, die Gnade wie auch Sr. Durchlaucht dem Mark¬ herabsteigen und

auf Sie sich Pöllnitz, grafen mittheilen und höre Sie beide sprechen: Heiliger eingehen, Himmel zum bitte sür uns! bis Sie dann lebensmüde dem begleitet von dem Schalle der Flöten und Cymbeln und beide Sie können aber dahin heiligen Gejauchze der Engel. Bis Tage in Einigkeit und Liebe glücklich und zufrieden leben und die zurückrufen. Gegenwart in die Baucis' Philemon's und unsern Eure Königliche Hoheit wünschen Nachrichten von des Hofe vom ist Bande der Haupt Das haben. Schöngeistern zu immer Augustus noch immer verbannt, aber in seiner Ungnade noch wohnt Er war. Gunst in dieser noch da Ovid, als bester behandelt alles ftei, dazu noch im Berliner Schlöffe, hat Tafel, Wagen, klagen und 5000 Thlr. Pension und die Freiheit, gegen Israel zu

mit

I.

T. Stiehm.

(Siehe Seite 92).

dem Kanzler, dessen Weibe und Kindern zur Grube fahren Da ich in der Lage eines Minderjährigen bin und keine

möchte.

Artikel des nur begnügt, daraus etwas

Wechsel machen kann, so habe ich auch den betreffenden Gesetzbuchs nicht nachgesehen und mich

zu lernen, was jedermann vor dem Codex wußte, nämlich: daß die väterliche Gewalt über den Sohn entweder durch den Tod des

Vaters oder durch den Tod des Sohnes erlischt. Und doch hat uns das der Herr Kanzler als einen ganz neuen Gedanken aufge¬ Sein Sohn, welcher in der Garde ist, und den ich vor stellt. einiger Zeit auf diese Gedankenlosigkeit seines Vaters aufmerksam machte, antwortete mir scherzend, ich möchte darüber nicht ver¬ wundert sein, sein Vater habe, als er das Gesetzbuch entwarf, gerade Eselsmilch getrunken. Dieser junge Mensch ist voll Geist und wäre wohl werth, um Ew. königl. Hoheit zu sein. La Metrie, der ihn in der Moral und in der Religion unterrichtet hat, sagte, daß er Mühe gehabt habe, das Feuer seiner Einbildungskraft zu dämpfen und daß sein Zögling nur zu bald dahin kommen werde, alle Laster der Franzosen ohne ihre Tugenden zu kennen. Ver¬ zeihen Eure königliche Hoheit diese kurze Abschweifung! Ich glaubte.

Sie

zu unterhalten, und fürchte.

Sie

zu langweilen.

Ich

komme

96 wieder auf unsern Poeten zurück. So sehr er ausgelacht und verspottet wird, so fängt man doch bereits an, einzusehen, daß der Jude unrecht hat. Nächsten Mittwoch oder Donnerstag wird alles entschieden werden und Herr von Voltaire aus dieser Affaire Der Graf gekrönt von den Händen der Themis hervorgehen. Algarotti hat sich endlich entschlossen, nach Potsdam zurückzukehren. Die ersten Tage lschien es, als wäre er vom Schlage getroffen; man sprach mit ihm und er fing an zu stammeln, doch wird er bald seine Sprache wieder erlangen. Herr von Maupcrtuis behauptet sich aus der Höhe mit mehr Bescheidenheit, als man von einem Manne erwarten sollte, der sich von der Aeußerung des Abbe Terrö geschmeichelt fühlte, als ihm dieser in offener Versammlung der Akademie sagte, daß die Erde nicht groß genug sei, sein Ver¬ dienst zu fassen. Der Marquis d'Argens sitzt immer noch bei seiner Omphale in Mentone bei Monaco am Spinnrocken; man fühlt seine Abwesenheit und wünscht ihn zurück, aber weder Bitten noch Versprechungen können seine Philosophie wankend machen, daß er mit Beginn des Frühlings zurückkehren Zweifel um Fastcnpredigten zu halten. La Metrie ist so, wie ihn Eure königliche Hoheit verlassen haben, beseelt von dem Wunsche, Ihnen seine Huldigung darzubringen. Darget ist immer melancholisch, voll Anhänglichkeit an den König und treu seinen Pflichten; in seinen Mußestunden spricht er vom Hängen, Herr von aber Gott hat ihn noch nicht soweit kommen lassen. Keith und Graf Rothenburg sind krank in Berlin zurückgeblieben, doch sollen sic außer Gefahr sein. Graf Podcwils ist von Wien zurückgekehrt; er sagte mir, daß er den Grafen und die Gräfin von Burghaus dort gelassen habe; sic seien entschlossen, in Wien ihren bleibenden Aufenthalt zu nehmen. Graf Podewils ist sehr bereit, auch mit der Gräfin von Schönburg zu Ende zu kommen. Er glaubt nur, daß cr's nicht dahin bringen wird. Da die Cabinetsordre des Königs, welche Eure königliche Hoheit erlangt haben, nur der anheimzufallenden und nicht der bereits anheim¬ gefallenen Zinsen Erwähnung thue, so wünscht er, daß Eure könig¬ liche Hoheit den König bäten. Seine Majestät möge ihm, dem Grafen, erlauben, die der Frau von Schönburg schuldigen Zinsen vom Tode ihres Vaters an heimzuzahlen. Sowie er weiß, daß Eure königliche Hoheit geschrieben haben, wird er cs ebenfalls thun, dann hofft er auch, eine befriedigende Antwort zu erhalten. Die Prinzen Heinrich und Ferdinand sind seit Donnerstag in Berlin, um sich durch die Darstellung einiger heiligen Stücke auf die Eommunion, welche sie morgen empfangen werden, vorzubereiten. Montag wird der Prinz Heinrich zurück sein, und Prinz Ferdinand wird in Ruppin den Carneval angenehm beschließen. Nun aber habe ich Eurer königlichen Hoheit eine Masse Einzelheiten geschrieben, viel Papier verkritzelt und Ihnen, Madame, viel Langeweile verursacht. Im Namen des Himmels, lesen Sie cs nicht an einem Tage, lesen Sic überhaupt meine Briese nicht, lassen Sic sich einen Auszug davon machen. Eure königliche Hoheit werden weniger Zeit damit verlieren und ich kann dabei nur gewinnen. Mit dem allergrößten Respekt bin ich, Madame, Eurer königlichen Hoheit unterthänigster und gehorsamster Diener Potsdam, den 13. März 1751. Pöllnitz." doch

wird,

sagt man, ohne



Wir haben hier einen Brief, der des allgemeinen Interesses ermangelt, übergangen. Um in dem nächsten die Stelle „Ich lache nicht über diejenigen, welche :c." verstehen zu können, wäre cs nöthig, den corrcspondirendeu Brief der Markgräfln zu kennen. Wahrscheinlich hatte ihr Potsdamer Eorrespondent den Versuch einer Anleihe bei ihr gemacht und sie in dem ihr eigenthümlichen graziös scherzhaften Tone geschrieben, daß ihre Kasse eben nicht sehr brillant bestellt sei, weil sie ftir die Baireuthcr Oper neue

Theatercostüme habe machen lassen. Im Jahre 1748 war nämlich das neue, prächtige, heute noch stehende Baireuthcr Opernhaus fertig und seinem künstlerischen Zwecke übergeben worden; der Italiener Bibiena, dessen ebenfalls in den folgenden Zeilen Er¬ wähnung geschieht, hatte die Decorationen und die innere Ein¬ richtung desselben geschaffen. Der Markgräfin war es aber doch nicht beschiedcn, wie man sehen wird, der drohenden Contribution von Seiten des „Sklaven seiner Phantasien" zu entgehen, das gefürchtete Wort entglitt dennoch seiner Feder — Pöllnitz wollte Geld haben, unerachtet der Theatercostüme. Er schreibt:

„Madame. die Ebre, Eure

königliche Hoheit von dem Erfolg meiner Unterhandlungen mit Hrn. von Frechapcl in Kenntniß zu setzen, als ich von ihm einen sehr verbindlichen Brief vom 16. dieses Monats erhielt. Ich hoffe, daß mein Bericht Ihnen zugekommen sein wird. Hätte doch Herr von Frechapel die Gebieter, auf deren Dienst er verzichtet, so gut gekannt wie ich, wahrhaftig, er hätte sie den gekrönten Häuptern, deren Eben hatte ich

schlechten

Grinst nicht inrmer eine Erbschaft ist, vorgezogen. Der neue Krampfanfall Eurer königlichen Hoheit beunruhigt mich sehr; alles in mir empört sich gegen die so sehr gerühmte Wahrheit, wozu ist die reinste Gerechtigkeit des Himmels. bewahrt, welche auch die Leiden nicht vor den Tugend, wenn sie Verworfensten erdulden! Cothenius, dem ich meine Klage vor¬ brachte, hat mich zur Geduld ermahnt; er sagt, daß es nur schwache Rückfälle seien und daß mit der Zeit, mit gehöriger Be¬ achtung seiner Rathschläge und mit einem geregelten Leben Eure königliche Hoheit sich noch einer recht vollkommenen Gesundheit

In

Spräche er doch diesmal wahr! Madame, über diejenigen, welche kein Geld Ich haben, weil sie Theateranzüge haben machen lassen. Seit 60 Jahren Sklave meiner Phantasien, wäre es lächerlich von mir, die zu tadclll, welche die ihrigen befriedigen. Im übrigen sind mir die erfteuen werden.

lache nicht,

Eurer königlichen Hoheit viel zu achtenswerth, als daß ich sie tadeln möchte. Sie haben kein Geld, Madame, aber Sie waren vergnügt und wozu ist das Geld weiter da, als um Gebrauch davon zu machen? Ich wage nicht, mich mit Eurer königlichen Hoheit in eine Linie zu stellen, sonst würde ich Ihnen sagen, daß ich mich entschlossen habe, mir eine Eremitage zu bauen, welche mich derartig in Schulden gebracht hat, daß ich wünschte, für die nächsten fünf oder sechs Wochen in einen Bären verwandelt zu werden, um von meinen Pfoten zu zehren. Ein Hospital wäre mir eine große Hülfe. Der Geburtstag der Königin-Mutter wurde mit großer Feierlichkeit begangen, obwohl der König dem Feste nicht beigewohnt

hat, da Blutwallungen ihm nicht erlaubt haben, nach Berlin zu Von allen Potsdamiten war ich der einzige, der dort war. Die Oper „Armida" schien mir würdig, selbst vor Eurer königlichen Hoheit aufgeführt zu werden. Musikkenner sagen, daß es das Meisterstück von Graun sein; ich ftir meinen Theil liebe die Adagios nicht mehr als Muskatnuß in einem Ragout, ich finde etwas wie von einem Miserere darin, welches erbaut, aber nicht erfreut. Die Costüme sind schöner als gewöhnlich, das Theater ist bester beleuchtet, man hat die Lampen wieder hergerichtet und steckt auch Lichter auf. Die Ballete sind kurz, aber hübsch und werden sehr gut ausgeführt; von vier neuen Dekorationen, eine von Bcllavita und drei von Bibiena, hat die erstere den Preis davongetragen. Es scheint, daß Herr Bibiena nur dann etwas Gelungenes zu Stande bringt, wenn Eure königliche Hoheit ihn dabei leiten. Armida's Zauberpalast, den er gemalt hat, gleicht eher einem Orgclchor als einem Palast; das Zusammen¬ stürzen geht aber ziemlich geschickt vor sich, und das Feuerwerk,

kommen.

welches

ihn zu verzehren scheint, ist ganz gelungen, kurz

iese

97 ein Wort von Herrn von Montperny zu sagen, und er ist doch nicht der Mann, der Nachrichten giebt. Alles läßt mich jedoch hoffen, daß er sich wohl befindet. Mit dem tiefsten Respekt bin ich,

Oper ist die schönste, die je in Berlin aufgeführt wurde. Der Zudrang war ungeheuer und die Hitze zum Ersticken. Nach dem Schauspiel soupirte die Königin-Mutter bei der Königin, dann war großer Ball. Den Tag darauf bin ich hierher zurückgekehrt und fand den König so vollständig wieder hergestellt, daß Seine Majestät ohne Zweifel in einigen Tagen nach Berlin gehen werden, wo sich ver¬ schiedene Fremde aufhalten, unter andern zwei Neapolitaner. Der eine ist aus dem Hause Aragon, den andern nennt man Herzog von St.-Elisabeth; der letztere soll der Sohn des verstorbenen Prinzen RLköczy sein. Dieser hatte wirklich zwei Söhne hinter¬ lassen, denen der Wiener Hof den Namen ihres Hauses genommen hat. Der ältere mußte den Titel eines Herzogs von St.-Charles Diesem annehmen, der jüngere den eines von St.-Elisabeth.

Madame, Eurer königlichen Hoheit unterthänigster und gehorsamster DienerPöünitz." Potsdam, den 30. März 1751. (Fortsetzung folgt.)

M i s 11 1 i c n. Aus alten Hwrolcliüchern *) der Acrlincr Karnison zur Zeit Iriedrichs des Kroßen. „Das erste Bataillon" — lautet ein Befehl vom 19. Mai 1752 — mit leinenen Hosen und weißen

hätte man unbedenklich den Namen Nükäczy lassen können, ich müßte mich sehr irren, wenn er jemals Parteichef würde. Unsere Schöngeister sind auf verschiedene Weise in Anspruch genommen. Herr von Maupertuis stirbt in Berlin am Blutaus¬ wurf. Der Gras Algarotti macht Fräulein von Danckelmann, welche Eure königliche Hoheit in Ems gesehen haben, den Hof und man kann eben nicht sagen, daß er für frühreise Früchte Geschmack zeigt. Herr von Voltaire ist isolirt, geistig und körperlich abge¬

Stiefeletten, auch gut gepudert. Das 2. Bataillon mit schwarzen Stiefeletten und tuchenen Hosen. Diese sind nicht gepudert. Daß keiner besoffen kommt, bei Gassen laufen." Ein anderer Befehl vom 25, April 1780: „Einige Herrn Officiers und die meisten Unteroffieiers vom Regiment müssen sich durchaus abgewöhnen, wenn sie Züge führen, daß sie nicht so viel mit die Hände wehen. Die Herrn Officiers, so heute gewehrt haben, möchten sich selbst corrigiren und ins Künftige sich bessern." Die Civilpraxis der Militärärzte war zu jener Zeit weit be¬ schränkter, als heut zu Tage, lvie aus dem Befehl vom 1. August 1754 hervorgeht. Das Gouvernement läßt auf das Schärfste ver¬ bieten, daß die Regiments- und Compagnie-Fcldscheers sich nicht unterstehen sollen, Civilpersonen und Leute vom Bürgerstande in die Cour zu nehmen." Vor Beginn des siebenjährigen Krieges, datirt den 9. Oktober 1754, existirt ein Befehl des Königs, der zeigt, wie besorgt der König um die Gesundtheit seiner Armee war: „Es haben Jhro König!. Majestät ein Recept vor Hämorrhoidalischc Zufälle an die Regimenter geschickt, welches die Regimentsfeldscheere prakticiren sollen." Der Wachtdienst zur Zeit Friedrichs des Großen wurde über¬ aus streng gehandhabt, er galt, und ich füge hinzu, gilt nicht mit Un¬ recht noch heute als ein vorzügliches Mittel, den Soldaten für den Krieg auszubilden. In damaliger Zeit hatte derselbe auch noch die Ausrechthaltuug der polizeilichen Ordnung zu bewirken und die Garnison (in der Armee dienten 80,000 Ausländer) am Desertiren zu verhindern. Trotz aller Strenge kamen damals wie heute dennoch Wachtvergehen vor, das beweisen die nachstehenden Befehle. Vom 17. November 1752: „Die Schildwachen sollen die Schilderhäuser nicht nach dem Winde drehen, sondern sie gerade stehen lassen." Ferner „der Kalfaktor soll allens an die Zäune und Schilderhäuser abwaschcn, was darein gemalen ist, wonach die cku jour sehen sollen." Vom 4. April 1781: „Die Officiers sollen auf den Wachten nicht schießen, wenn Klage eiul iuft, kommt der Officier vier Wochen auf den weißen Saal." „Wenn Da mens von Condition ein- und auspassiren, sollen sie dem Am Kynialicku- sfFd rc wird Grasen Haack gemeldet werden." keinen fremden Bctteliuden herein-' Wachten die daß verboten, hart

spannt und fast nicht mehr zum Erkennen. Gestern war er zwei Stunden bei mir; unsere Unterhaltung war sehr stumm, er sprach nicht aus Gram, ich nicht aus Ehrfurcht vor seinem Genie. In einem der Zwischenakte unserer Unterhaltung sagte er mir, daß er im Begriff stände, nach Italien zu gehen, und fragte mich, ob er einen großen Umweg mache, wenn er über Baireuth ginge. Einen Augenblick darauf bat er mich, ihm das Haus, welches ich gegen¬

wärtig bewohne, mit allen Möbeln zu überlassen, mit dem Bei¬ sehe wohl, daß er sich nicht entschließen könne, sich aus

fügen, er

den hiesigen Verhältnissen zurückzuziehen, indem er den König zu sehr verehre, um sich je von ihm zu trennen. Eine Viertelstunde später fragte er mich, ob ich nichts in Paris zu besorgen habe, er¬

hoffe am 15. oder 16. Mai dort einzutreffen; seine Angelegenheiten erheischten das, seine Nichte wünsche es, und seine Freunde drängen aus seine Rückkehr. Auf alles antwortete ich, daß ich nur um die

Fortdauer seiner Freundschaft bäte, vorausgesetzt, daß das nicht ein zu großes Ansinnen an seine Freigebigkeit sei. Sein Sieg ist ihm theuer zu stehen gekommen, und wollen Sie wissen, worin dieser Sieg besteht? Es war ihm der Schwur zugeschoben worden, daß die Diamanten, welche der Jude ihm geliefert hatte, nicht ausgetauscht worden seien.

Da aber Beweise

des Gegentheils

vorhanden waren, welche ihn hätten überführen können, so hat sein Gewiffen ihm nicht erlaubt, diesen Schwur zu leisten, und um Thaler. der Sache los zu sein, zahlte er an seinen Gegner 1500 Hätte er das von Anfang an gethan, so hätte er sich vielen Kummer erspart, namentlich vielen Spott, mit dem man ihn in Paris überhäuft, wo man sehr aufgebracht gegen ihn ist. Hier Geist hat sich die Frau Gräfin von Bentinck, die für alles, was Beschützerin auf¬ heißt, außerordentlich eingenommen ist, zu seiner als sie es gehen, geworfen. Keine Romanheldin könnte weiter erlaubt Götzendienst der thut, und neulich sagte sie mir, wenn Voltaire von Herrn und wäre, so würde sie Eurer königlichen Hoheit wollen Altäre errichten. „Das heißt", antwortete ich ihr, „Sie haben." thun zu mit den Engeln und Teufeln zugleich Ihnen einen Euere königliche Hoheit haben mir befohlen. ich bestrebt sehr wie sehen, Sie schreiben; recht langen Brief zu Geist in ihren Sie wollen Vermuthlich gehorchen.

bin. Ihnen zu Möchten Sie meine dieser Fastenzeit wieder zu Leben bringen. von Schlieben Gräfin Frau Die ermüden! sehr Schwätzereien nicht zu von Fink hat Marschallin Frau die danieder; liegt ohne Hoffnung überstanden und befindet sich jetzt wieder

|

tagensoüK."

!

fünf heftige Fieberanfälle Wohl.

Gnade, mir Eure königliche Hoheit erweisen mir nicht die

-—■

Am 10. März 1783 heißt es: „Die Unterofsiciers auf den

j

Wachten, nebst dem Gefreiten und Schildergästen müssen sehr genau Acht haben auf die großen Frauenzimmer, damit sich kein Soldat verkleidet herausschleicht." Hierdurch mögen Damen von hohem Wüchse nicht selten arg geängstigt worden sein. Berliner Garnison °) A. von Witzleben. Aus alten Parolebüchern der zur Zeit Friedrichs des Großen. Berlin, Mittler Sort.

98 Am 7. Oktober 1751 heißt es:

in

„Wenn Lärm oder Schlägereien Patrouillen

den Gassen und Wirthshäusern vorfallen, so sollen die

allens arretiren und wenn auch des Prinzen von Preußen Domestiques mit dabei wären." Zur Aufrechterhaltung der Disciplin bestand noch das Spießruthen- oder Gassenlaufen. Der Schuldige mußte mit ent¬ blößtem Rücken durch die aufgestellte Gasse seiner Kameraden gehen, deren jeder, mit einer Ruthe versehen, dein Vorübergehenden einen Hieb gab. Das geschah bei Trommel- und Pfeifenklang, dessen Melodie die Soldaten den Text untergelegt hatten: „Warum bist du fortgelaufen? Daruin mußt du Gassen laufen. Darum bist du hier!" Ein Befehl vom 12. März 1783 lautet: „Die 2 Schild¬ wachten, so gestern Abend von 6—7 vor Prinz Heinrich Palais gestanden, sollen in Arrest und morgen 6 mahl Gassen laufen, weil sie statt vorne hinten sich aufgehalten." Ein anderer vom 31. Januar 1781 lautet: „Morgen ist Execution über den Grenadier Muska des Capitain von Zenge Compagnie, weil er sich hat den Hals abschneiden wollen. Er läuft 16 inal Spießruthen in 2 Tagen." Der Lebensmüde hat dadurch gewiß das Zeitliche gesegnet.

Hier

sei

bemerkt, tvie man Soldaten, welche entehrender Ver¬

brechen wegen aus der Armee gestoßen wurden,

brandmarkte,

um sich gegen den Wiedereintritt solcher Leute zu sichern. Ein Befehl vom 21. Januar 1754 sagt hierüber: „Wenn die Regimenter Leute wegjagen, so sic ein 8 auf die Hand brennen lassen, so soll solches tief eingeschlagen iverden und dann sollen sie noch einige Tage sitzen bleiben, damit sic es nicht können wieder ausmachen und sich in der Armee wieder anwerben lassen." Eine besondere Industrie der alten Soldaten war es, die Hunde vornehmer Leute zu stehlen und dann dieselben gegen eine gute Belohnung wieder zu bringen oder sie als Braten zu verzehren, wozu die damaligen fetten Möpse vielleicht auch ganz verlockend waren. Die verloren gegangenen oder roetius gestohlenen Hunde wurden daher immer mittels Parole-Befehls zurückverlangt und scheinen

sich

aus

diese Weise

denn der Befehl vom 14.

Juli

auch

stets

eingefunden zu haben,

1712 lautet: „Es ist Ihrer Durchlaucht dem Herzog von Holstein ein dänischer Hund weggekommen, über und über gelb, auf dem Kopfe aber einen weißen Srrich. Wer davon Wissenschaft hat und es bei Ihrer Durchlaucht anzeigt, soll eine gute Recompense haben." Dieser Befehl findet sich mindestens sechsmal alle Jahre wieder, so daß Jhro Durchlaucht von Holstein schon vor 100 Jahren einen vollen Begriff von unserer heutigen Hundesteuer gehabt haben. Am 23. Juli 1701 heißt es: „Parole ist Schwedt. Es ist Ihrer Hoheit dem Markgrafen Carl ein dänisches Windspiel weggekommen, gelb von Couleur". Auch die Königin Mutter und die Prinzessinnen scheinen Hunde gehabt zu haben, zum wenigsten erwähnen die Parole-Be¬ fehle mehrmals weggekommener Bologneser Hündchen „der Prin¬ zessin Heinrichen" und verschwundener Möpse der Königin Mutter. Bekannt ist, daß Friedrich der Große seine Hunde so verehrte, daß sie von den Lakaien „Sie" genannt werden mußten, („Biche seien Sie doch artig!" oder „Alkmene bellen Sie nicht!") und daß, wenn dieselben zur Karnevalszeit in einer sechsspännigen Kutsche nach Berlin fuhren, der Lakai allemal auf dem Rücksitze Platz nehmen mußte, während die Windspiele den Vordersitz einnahmen. Ganz besonders schwer hielt es, das Spiel aus der Gar¬ nison zu verbannen. Den Wirthen wurde bis 100 Dukaten Strafe verboten, Hazardspiel bei sich zu dulden. Während die

Officiere sich beim Becherspiel, Landsknecht oder Pharao ergötzten, hatten die Soldaten andere Glücksspiele, mit denen sic sich die Zeit zu vertreiben oder Geld zu erwerben suchten. Vorzüglich be¬ liebt waren bei ihnen das Scheffel- und das Töpschenspiel, und vor allem das Riemchenstechen. Wir finden diese Spiele in Gouvernements-Befehlen erwähnt, in denen dieselben verboten oder doch nur um Pfefferkuchen, Gläser u. s. w., nicht aber um Geld erlaubt werden; namentlich wird es den Soldaten und deren Frauen untersagt, dergleichen Spiele zum Geldgewinnen auf den Straßen zu halten. Mit dem „Riemchenstechen" verhielt es sich folgendermaßen: Derjenige, welcher die Bank hatte, legte den 3/4 Zoll breiten und 2 bis 3 Ellen langen Riemen mit gewissen Kunstgriffen zu¬ sammen, behielt die beiden Enden in der Hand und ladete nun gewöhnlich mit abgedroschenen Reimen zu einem Riemstechen ein. Wer nun sein Glück wagen wollte, nahm einen Pfriemen oder dergleichen und stach durch die Mitte der zusammengelegten Schnecke in den Tisch, ohne den Riemen selbst zu durchstechen, woraus der erstere den Riemen mit beiden in der Hand behaltenen Enden

War der Riemen um den Pfriemen herum wegzuziehen, hatte der Bankleger gewonnen, wurde hingegen der Pfriem von dem Riemen umfaßt, so war der Spieler der Gewinner. Es gab nun verschiedene Arten, den Riemen zu legen, und jeder hatte wegzog.

so

Die war folgende: Der Riemen wurde in zwei nicht ganz gleiche Hälften zusammen¬ gelegt und dann beim geschlossenen Ende anfangend, in eine Schnecke

sein Geheimniß, wodurch er hoffte, den andern zu überlisten.

gewöhnlichste

Art

des Zusammenlegens

ausgewickelt, wobei das kürzere Ende nach oben zu liegen kam.

Schlug man nun das überstehende Stück des längeren inwendigen Riemen zuletzt noch einmal allein um die Schnecke und rollte dann, beide Enden angefaßt, den Riemen wieder ab, so wurde natürlich die ursprüngliche Schleife aufgelöst, und derjenige, der darin sein Glück zu finden gehofft hatte, angeführt. Von diesen: Spiele ist bei unseren Soldaten nichts übrig ge¬ blieben, als daß hier und da ein recht gewitzter Mensch ein Riemchenstecher genannt wird.

Milder von der Stadtbahn (Siehe Illustration Seite 99). Wenn die Stadtbahn den Humboldtshafen und «den Bahn¬ körper der Lehrter Bahn in der Nähe der Jnvalidenstraße über¬ schritten hat, läuft sie südwestlich im Zuge der Lüneburgerstraße zur Spree, überschreitet diese südwestlich von der Moabiterbrücke, berührt den Bellevuegarten und pausirt ein wenig an der „Haltestelle Moabit" dicht bei Cafe Gärtner. Diese erste Stationshalle unserer Stadtbahn ist nahezu fertiggestellt, und wir führen sie darum unsern Lesern im Bilde vor. Eine Bahnhofsanlage von so origineller Anlage, wie die unweit Moabit, hat unsere gute Reichshauptstadt bisher noch nicht zu vermerken gehabt. Ja, man kann sogar behaupten, daß Viele höchst un¬ gläubig mit dem Kopfe schütteln werden, sobald sie erfahren, daß es sich hierbei um eine hoch oben in den Lüften — wenn auch nicht gerade fteischwebende, so doch daselbst gelegene Ankunfts- und Abgangshalle handelt, während die unerläßlichen Restaurations¬ und Wartesäle tief im unterirdischen Gewölbe untergebracht sind. Der gegenwärtige Stadtbahnviaduct ist nämlich an der genannten Haltestelle ganz beträchtlich erweitert und den Bahnhofsanlagen Wie behaglich es sich unter Umständen entsprechend ausgebaut. verkehrt, das dürste — so schreibt das in diesen Gewölbebögen — Gewerbeausstellung her in aus der „seligen" noch „Tagebl." Sälen ist da drunten aus von Erinnerung sein. Eine ganze Flucht flachtonncnförmigen Gewölbe¬ geschaffen Die worden. den Bögen Verblendsteine gelbe ab¬ durch Weise sauberste kappen sind auf die durch mächtige Räume die werden erhellt geschlossen. Reichlich Hier unten werden auch die Billetausgabestellen Seitenfenster.

99 Breite Sandsteintreppen führen in die aus dem Niveau Planums der Stadtbahn gelegene Halle, welche so einfach als möglich aus Eisengesperrc und Mauerwerk hergestellt ist. Es lohnt wahrlich der Mühe, diesen höchst bemerkenswerthen Bahnhofsbau gründlich in Augenschein zu nehmen. Unser Herr Zeichner hat den Bahnhof und seine Umgebung so gezeichnet, wie sich Beide Anfang Oktober 1880 präsentirten. eingerichtet.

von dem Köllnischcn Ministerium besorgt worden, uud als im Winter 1675/76 die Pest ausbrach, wurde ein besonderer Pestilcnzprediger dabei angestellt. Seit dieser Zeit erhielt sic einen eigenen Prediger, in neuerer Zeit wurde der Dienst von den Predigern der St. Petrikirche mit vertreten. Das Gertrautenhospital wurde in seinem ältesten Bau 1641 bei Abbrennung der Vorstädte zum Theil verwüstet, 1646 aber durch die Gutthätigkeit einer Wittwe Freytag auf Stansdorf wieder gebaut. 1734 geschah auch mit ihm ein größerer Umbau und seit dieser Zeit lebte es schlecht und recht in der Leipzigerist der Gottesdienst

des

'

Die KertraudenKirche (SpitlekKirche) nach einem Witte aus dem Jahre 1690. (Hierzu Illustration Seite 89). Der

Sitter von der Stadtbahn. Bahnhof

Moabit

4. Originalzeichnung von M. Lübkc.

(bei Cafe Gärtner) von der Brückenallee aus gesehen.

straße 62, bis es 1872 abgerissen und an seiner Stelle die „Bcuthstraße" geschaffen wurde. 1873 aber entstand das neue Hospital,

hatte im Jahre 1690 mehrere Berliner Ansichten entworfen, die wir nach und nach reproduciren lassen werden. Heute bringt unser Blatt die Kirche, welche in den nächsten Monaten für immer verschwinden wird, die Spittel¬ kirche, wie diese nebst dem dazu gehörigen Hospitale vor 200 Jahren aussahen. Der Spittelmarkt ist noch Kirchhof und unter seinen schattigen Bäumen wurde in der Sommerszeit gewöhnlich noch

Zeichner

Johannes Stridbeck

Die um 12 Uhr Mittags an Sonntagen die Predigt gehalten. Hospital dem nebst wurde „Gertrauten- oder Spitalkirche" 1405 zu Ehren des heiligen Matthäus, des heiligen Bartholomäus wie und der heiligen Gertraut erbaut und zwar in der Gestalt, 1777. 1734 und ebenso erneuert, sie wurde unser Bild zeigt. 1711 1738 wurde die Kirche mit einem Thurm nach Dietrich's Zeich¬ und nungen versehen, und 100 Jahre später 1834 wurden Kirche Jahrhunderts des 17. Mitte die in Bis ausgebaut. Thurm neu

(Siehe Seite 98).

„St. Gertrautenstift" genannt, in einem wirklichen Prachtbau an der Ecke der Großbeeren- und Wartenburgstraße, Anfänglich war es zur und ist von 102 Hospitaliten bezogen. Aufnahme von 12 adeligen Jungfrauen bestimmt, später für 24 bürgerliche Personen. Kurfürst Joachim II. beschenkte cs 1547. Ueber die Stiftung der Messe ist noch eine Urkunde von 1474 jetzt

vorhanden. — j

Illustration zeigt noch einen Theil der ehemaligen Fortifikation. Die zwischen der Kur- und Wallstraße,

j

sowie auf der nördlichen Seite dieses Platzes bclegenen Häuser gehören zum ersten Anbau dieser Gegend, welche ehemals „Am

Unsere

j ,

Gertrautenkirchhofe"

genannt wurde.

D.

100

In

Friedrich Will) eiln I., kein Freund

Thiergartens. Büchelchen „Der Thier¬ des

dem 1840 bei Lüdcritz erschienenen garten bei Berlin" u. s. w. von D. Naumer befindet sich S. 40 die Bemerkung: „Unter König Friedrich Wilhelm den Ersten, der einen Widerwillen gegen Charlottcnburg hegte, ist auch für die Verbesserung des Thiergartens, so viel bekannt ist, nichts geschehen, indessen war cs jedenfalls eine falsche Beschuldigung, deren

Bielefeld gedenkt, das; der König die Absicht gehabt habe, den ganzen Thiergarten niederhauen zu lassen. Der König war ein Feind aller Dinge, die keinen Nutzen brachten; ein Lustwald, der weder ein Obst- und Küchcngartcn noch zur Jagd ereignet war, schien ihin ein überflüssiger Luxus, und er that nichts zur Verschönerung desselben, wiewohl er ihn erhalten hat." Wo ist diese Beschuldi¬ kt». L. gung Vielefeld's zu finden.

Spitzbuben mit Gewerbe. Vor einiger Zeit schrieb Jemand im Bär (unter den Miscellen) von Spitzbuben mit „Gewerbe" zum Stehlen, scheinbar wenigstens wie von einer geschichtlichen That¬ sache. Ich weiß nicht, ob Spitzbuben jemals thatsächlich solche Erlaubniß hatte», aber jedenfalls ist dieselbe in dieser Hinsicht sehr sagenhaft.

unter den Wenden über sic gehört, habe ich in S. 202, in den Hauptsachen zusammen¬ Es heißt:

Was

ich

meinen tvcndischcn Sagen, gestellt.

Die Weißkefam*) haben ein Gewerbe. Sie können gewisse Stunden auf den Markt gehen, schneiden die Geldtaschen ab und dergl. Sie sind verkleidet und gehen für gewöhnlich nicht in solcher Kleidung wie auf dem Markte. Denn wenn sic etwas geinacht haben, kleiden sie sich gleich wieder um, alle 10, alle 5 Minuten

Sie haben Wechsclthalcr und

sind sie anders.

reisen umher, sie

werden ausgerufen und die Leute vor ihnen gewarnt. Ueber einen Weißkefar ist kein (Bericht, da braucht man bei Niemand zu klagen, ein Taschendieb dagegen kommt vor Gericht. Jeder, der sic faßt, kann sie auf der Straße todtschlagen.

Wenn sie aber über den Ninnstein unter das Dach kommen, darf man ihnen nichts thun, aus freier Straße so viel man will. Manche sagen: es giebt jetzt keine mehr. W. v. Schulenburg.

I

1

:

;

!

!

!

:

Geschwister des Schwagers oder der Schwägerin bekannt, ohne daß ich bisher erfahren konnte, woher der Ausdruck stammt. Gubcir fragt, woher der Ausdruck rag ölen, rigolen stammt. Ich bitte unsere freundlichen Leser um Auskunft. Prof. Bergau, Hier. Ihren bitterbösen Brief hat der unterzeichnete Redacteur und Leiter dieser Zeitschrift erhalten. Meine Abrechnung mit Ihnen und Ihren Auftraggebern — diese letzteren sind's, die ich meine, aus Sie schlage ich nur dann und wann, wie's im Sprichwort heißt — ivird prompt erfolgen, sobald Sie mit Ihrer „in vollster Un¬ kenntnis! des Brandenburgischen Landes" gefertigten Inventarisation werden auf dem Trapez erscheinen. Sic sollen persönlich ja ein sehr liebenswürdiger Mann fein, ich muß aber im Interesse der Sache Sie vornehmen, damit Ihre Auftraggeber — ich meine auch nicht Ihre Empfehler — nicht bei ähnlicher Gelegenheit zum zweiten Male tüchtige Gegen heimische Kräfte übergehen und in Deutschland umherstolpern. diese richtet sich mein Angriff und diese werde ich in der allerpersönlichsten Weise angreifen, sobald Sie mit Ihrem Buche erscheinen werden. Und Ihr Buch kann nichts Gutes bringen, weil man nur das gut schreiben kann, was man weiß, und Sie kennen unser brandenburgisches Land so wenig, wie ich Ihr ostpreußisches. M. 100. Die mir offerirten Anekdoten sind immer gern ge¬

I.

sehen.

Leser. Von den Zelten heißt es bei Raumer: „Dieser Zirkel war unter der Regierung König Friedrichs d. Gr. der Sammelplatz der schönen Welt u. s. w. Alles dies gab nun Veranlassung, daß man

i.

I.

1745 zweien Refügies Namens Dort» und Thomassin erlaubte, an dieses Platzes einige Leinwand-Zelte hinzusetzen, und allerhand Erfrischungen zu verkaufen. Bald folgten andere nach, bis 6 Zelte aufgerichtet waren. Die Erlaubniß, Bretterhütten aufzuführen, wurde aber versagt, bis 1767 der Restaurateur Mourier zuerst die Genehmigung erhielt, eine Hütte neben seinem Zelt zu errichten, was sein Nachbar Spreeseite

der

mißbrauchsweise gethan hatte. Mourier gab seiner Hütte eine gol¬ Gans zum Schilde, mit der Inschrift: Monnoie (mon oie — monnaie) i'ait tout.“ Wir bringen gelegentlich ein Bild von den Zelten aus diesen Jahren. Patti-Enthusiast. Sie haben keine Billets zu den Patti-Vorstellungen erhalten können? Sie sind hier nur ein angesehener Mann, daneben Hausbesitzer, wie können Sie den Anspruch auf Berücksichtigung bei der ober— weisen Generalintendantur erheben? Werden Sie Billethändler und Sie erhalten Billets so viele Sie wollen. schon

dene

Inhalt.

Briefkasten. L. S.

Ihre Frage hierher: Woher

kommt der Ausdruck „Schwippschwager" resp. „Schwippschwägerin" ? — eventuell auch „Schwip — Schwitb — Schwib"—schwager oder -schwägerin zu schreiben. — Mir ist der Ausdruck seit langen Jahren als Bezeichnung für die

Ich

setze

Briefkasten.

*) wajskejfar, der Weißkäufcr.

Acich illustrirtes prachtwerk ersten Ranges!

'pamen. litfca

In Schilderungen von Lb. Simons. Reich

Lottchen Lindholz, eine Berlinische Geschichte aus dem 17. Jahr¬ hundert von Ludovika Hesekiel (Fortsetzung). Das Marmorpalais im Neuen Garten bei Potsdam von Emil Dominik (mit 2 Illustra¬ tionen). Ein Hofmann des 18. Jahrhunderts von Georg Horn (Fort¬ setzung). Miscellen: Aus alten Parolebüchern; Bilder von der Stadt¬ bahn (mit Illustration); Die Gertraudenkirche nach einem Bilde aus dem Jahre 1690 (mit Illustration); Friedrich Wilhelm I., kein Freund des Thiergartens; Spitzbuben mit Gewerbe von W. von Schn len bürg.

illustrirt von Prof. A.Wagner

Soeben erschien Katalog Nr. 118 meines antiquarischen Bücherlagers, enthaltend

Werke über die Geschichte rc. des Königreichs Preußen (Bibliothek des Grasen Mannteuffell in Dorpat). Auf Wunsch ivird das Verzeichniß franko gesandt. [78]

Stuttgart,

in INünchen.

mit allen Vorzügen neuerer Luchdrurkerkunst prachtvoll auogestattcte Iverk erscheint in größtem Mioformat in 2$ Lieferungen zum Preise non 2 Mark und enthält ungefähr SöÜ Illustrationen, darunter mindesteno öS Vollbilder. Xic Zeichnungen sind sämmtlich von Professor Wagner an Ort und Stelle aufgenommen;

Inserate.

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1880.

gediegene,

die Solzschnitte wahre Meisterwerke der Anlograpdie.

Die ersten Lieferungen liegen-bi allen Buchhandlungen zur Ansicht aus; Subscrintionsaumeldungkn werden sowohl non Kiesen wie non der unterzeichneten verlagohandlung jeder,

Im Verlage von Gebrüder Paetel in

im November JSSO.

[77]

Gebrüder Metel. Für die Redaction vcrantivortlich:

erschien soeben:

Naturwissenschaftliche

Thatsachen und Probleme. Populäre Vorträge

zeit entgegengenommen.

Bctlin,

Berlin

Antiquar.

W. Preyer,

[79]

Professor der Physiologie nud Dircctor des Physiologischen Instituts der Universität Jena.

Emil Dominik in Berlin W.

Gr. 8°.

Elegant geheftet 9 Mark.

— Verlag von Gebrüder Paetel in Berlin W.

Druck: W. Moeser Hosbuchdruckerei in Berlin.

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VII. Jahrgang. Nr. 9.

Unter Mitwirkung von: t. Alfieri, f. Srunold, Prof. Dr. Lcorg Süchmann, Prof. Dr. p. Lasset, Stadtarchivar Fidicin, Ehcodor Fontane, tudoviea HeseKict, Dr. G. Horn, Dr. Hermann ÜtetKc, Ford. Meyer, Dr. Fcrd. Pflug, Dr. H. pröhte, U. Schillmann, Direktor Wilhelm Zchwartz in Posen, Archidiakonus Schwebe! in Cüstrin, Stadtrath AdolfStrcckfuß, Heinrich Wagener in Potsdam re.

herausgegeben von Ernst Friede! und

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Scharfenberg kennen zu lernen ; mancher wird nun sehnsüchtig von den Ufern des Sees nach

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men Thuiseo führt, sorgt die Scharfenberger Gemeindeschule

„Bolleanum“ genannt, an die Mütter der Kinder

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die einzigen und besten Lehre¬ rinnen sind.

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Gestaden; ungleich schwieriger, den Tegeler See umwandelnd,

Und nun zum Schöpfer dieses Paradieses! Er führt hier ausruhend von städtischen Drangsalen , periodisch ein wirkliches Robinson-Leben, nur daß der geistige Eonner mit der Außenwelt ein andrer wie bei jenem Crusoe ist. Alles

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oder die Havel oberhalb Span■.

die

Insel

dau's übersetzend, gelaugt man

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fryy/^,

und

das aus das Huhn dort geboren, die Kir¬ schen und Erdbeeren, die Ma¬ Zv-iU-pJ ronen und Feigen dort ge¬ wachsen, die Citronen werden am Hause gepflückt, und die Lorbeerblätter wie der Dill des prächtig zubereiteten See¬ schlei sind aus dem Garren; ja sollten, — was ich kaum glaube, — die Insel, außer einer großen Anzahl schöner Falter einmal ausnahmweise auch böse Insekten bewohnen wollen, so blüht dort im Garten, solchen Feinden zur War¬ nung , „echt persisches Insektenpulver". — Aber einsam in dieser Idylle steht der Besitzer! "Nur ein Strauch, der zum hohen Baume heranzuwachsen verspricht, jene Türkestaner Silberpappel,

an das der Insel benachbarte Heiligenseeer-Ufer, wo die Fähre steht, und der Scharsenzu errufen ist. Personen, wenn sie sich vorher anmelden, wozu per Post via Tegel gewöhnlich zwei Tage erforderlich sind,

berger

Hos

Einzelnen

was zur Nahrung erforderlich,

bringt

dichtumbuschten

hin? wer erlaubt die Landung, und wer führt durch den Schilfwall sicher den Kahn an das Land? — Ich glaube den Weg dorthin darf ich, was für Freunde des Hauses nicht noth¬ wendig, verrathen. Am leich¬ testen gelangt man von Saat¬ winkel, wo der Fährmann die Landungsstellen kennt, zu jenen

besten an¬

jüngstes Glied den "Na¬

grünen

Insel hinüber schauen, und fragen: wie kommt man dort

hänglichsten Leute, ebenso sehr

Freunde als Diener ihres Herrn sind. Für das geistige Wohl

vielen unserer Leser

wird der Wunsch lvach wetbilli,

Wasser: das Brod ist Scharfenberger Korn,

gestattet Herr

Dr. Bolle, wohl

auch gern den Besuch der Insel,

—/*

y

und giebt dann den liebens¬ würdigen instruetivsten Führer ab, den im Fall der Abwesen¬ heit sein Gärtner Earl Bergemann, gern vertritt. — Jeder scheidet von Scharfenberg dann mit dem Gefühl, daß unsre Mark, selbst dicht bei Berlin, — mit fesselnden Reizen aus¬ gestattet ist und das sie Söhne erzeugt, die liebend an ihr

hangen und durch tausend un¬ zerreißbare Fäden mir dem selbst gewählten Heim verknüpft, auf ihrem Boden „ubi Ions, ubi nemus placuit,“ als freie Männer leben und sterben wollen.

124 Fachschrift. In den vorstehenden Zeilen athmet Alles ein Gefühl von Glück und sorglosem Vertrauen. Während dieselben der Oesfentlichkeit übergeben werden, ist indeß plötzlich ein Umschwung der Dinge eingetreten, der das Verbleiben der schönen Insel in den Händen ihres Besitzers in Frage, ihr selbst aber die Alter¬

native stellt, ob sie fortan, ja in beständig sich steigendem Maße, ein Paradies der Bäume, das große, dem Gemeinwohl dienende Arboretum unserer Hauptstadt, oder ob sie ein wüster Kugelfang sein solle. So gestaltet sich die Zukunft Scharfenbergs zu einer fast brennend zu nennenden Berliner Tagcsfrage, so wird sein Eigenthümer wider seinen Willen in eine Situation hineingedrängt,

die in bedenklicher Weise getvissermaßen derjenigen eines Müllers

von Sanssouci des 19. Jahrhunderts entspricht. Wir zweifeln keinen Augenblick daran, daß inmitten dieser schweren Ungewißheiten dem Schöpfer der Scharfenberger Pflan¬ zungen die Sympathien aller seiner Mitbürger zur Seite stehen werden; wünschen ihni aber zugleich auch, was noch viel mehr werth ist, die Fortdauer jenes von ihm bereits einmal dankbar empfundenen Schutzes, mit welchen: das erhabene Hohenzollernhaus noch heut ebenso gerecht und unpartheiisch, wie zu den

Zeiten des

!

siebenunddreißigstes Lebensjahr fällt seine erste Publikation, ein Bändchen Kriegslieder, betitelt: „Aus dem Felde", welches 1871 bei Lipperheide erschien. Darauf folgte im Grote'schen Ver¬ Eulenspiegel redivivus" lage, Berlin Ende 1874: (jetzt 8 . Aufl.), Ende 1875 „Der Rattenfänger von Hameln" (jetzt 12 . Aufl.), Ende 1877 „Der wilde Jäger" (jetzt 9. Aufl.), 1876 Schauspiele („Kambyses" und „Junggesellensteuer") 1878

„Till

„Drohende Wolken" (Schauspiel) und endlich in diesem Jahre wiederum ein größeres Gedicht „Tannhäuser", das in den wenigen Wochen seit Erscheinen bereits in zwei Auflagen ver¬ kauft wurde.

tvir im Facsimiledruck eines der schönsten Lieder Wolffs: „Rothhaarig" aus seiner bekanntesten Dichtung „dem Unsern Lesern bringen

Rattenfänger von Hameln." Es ist ein echter Poet, dessen Werke tvir unseren Lesern hiermit bestens empfehlei:, ein Meistersänger, der noch ganz ander Volk als Ratten mit seinen Spielmannstönen fangen wird, ein echter und voller Poet von der Muse Gnaden, ein Beherrscher der deutschen Sprache — die so viele andere Leute behandelt: wie der Esel die Flöte — in ihrer Kraft und Reinheit, wie sehr wenige neben ihm, und — durch sie — ein Sinn- und Herzensbezwinger, ein Bezauberer der Phantasie — ein Dichter.

D.

großen Friedrich wacht.

Briefkasten.

Julius WM'. (Hierzu das Gedicht in Facsimiledruck Seite 123).

Wir bringen heute und zwar als ein erstes, dem die Fort¬ setzung mit des Dichters Portrait und einer ausführlicheren Be¬ sprechung seiner Werke folgen soll, in: Facsimiledruck ein Lied dieses

bedeutendsten eben erschien.

für doch

Porten, dessen neuester Gesang „Tannhäuser" so¬ Das Lied schrieb der Dichter den: Bärenredactcur

unsere Leser.

Julius Wolfs ist, wenn auch kein geborener Spreeathener, ein Berliner Poet. Er wurde an: 16. Scpteinber 1834

in Quedlinburg geboren, besuchte das Gymnasium seiner Vater¬ stadt und ließ sich später aus unserer Universität immatriculiren, um sich humanistischen und literarischen Studien zu "widmen und nebenbei ei» fröhliches Studentcnleben zu genießen. Seine Familie — ein altansässiges, angesehenes Bürgergeschlecht — stammt in

ihrer männlichen Linie aus Westfalen, wo sein Urgroßvater Rcceptarius der Aebtissin von Lemgo und Cappel war; eine Generation später war ein Großoheim von ihm Kammer-Rath der letzten Aeb¬ tissin von Quedlinburg Sophie Albcrtine, Prinzessin von Schwede». ')lm besaß seit länger als hundert Jahren die Familie unseres Dichters eine bedeutende Tuchfabrik, zu deren Leitung er selber als ältester Sohn seiner Eltern bestimmt wurde. 'Nachdem er sich in rheinländischen und sächsischen Tuchfabriken sowie auf ausgedehnten Reisen im Auslande praktische Fachkenntnisse erworben hatte, übcr»ahm er die Leitung der Fabrik. Ungunst der Verhältnisse aber, auch wohl wenig 'Neigung und geringes Talent zu diesem Beruf, veranlaßten ihn, das Geschäft nach einigen Jahren aufzugeben. Er gründete nun in Quedlinburg die „Harz-Zeitung", von deren Redaction ihn 1870 der Ruf zur Fahne abholte, was mit den: Eingehen des täglich erscheinenden Blattes gleichbedeutend war. Wolfs nah»: am Deutsch-Französischen Kriege von Anfang bis zu Ende als Landtvehroffizier Theil und wurde vor Tvul mit dem Eisernen Kreuz dekorirt. Nach den: Kriege siedelte er mit seiner Familie, einer Frau und vier Söhnen, nach Berlin über, wo er seitdem als Schriftsteller in den glücklichsten Verhältnissen lebt. Hier rcdigirte er eine Weile die „Jllustrirtc Fraucnzeitung". Früh regte sich in Wolfs die poetische Ader, doch erst in sein Für die Redaction verantwortlich:

Emil Dominik Druck: W.

Ob die Mecklenburger ihren Großherzog kurzweg den Schulzen nennen? — Von Wismar ist mir das bekannt. Dort heißt es, wenn der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin sich einmal in der Stadt, was selten geschieht, sehen läßt: „Uns' Schölt is allwcd der hier west!" („Unser Schulze ist schon wieder hier gewesen!") Das hat in der großen fast reichsfreien Ungebundcnheit seinen Grund, deren sich die alte wohlhabende Hansestadt seit Jahrhunderten erfreut. Der richtige Wismarancr behauptet noch heut, eigentlich ganz unabhängig

Ans Fcrchesar.

zu sein, höchstens giebt er zu, daß er so ei»

Mittelding

zwischen Mecklen¬

burger und Schweden ist. Dies kommt daher, daß allerdings 1803 die Stadt von Schiveden an Mecklenburg nicht förmlich aufgelassen, sondern nur für 1,250,000 Thaler Hamburgisch Banko auf 100 Jahre verpfändet 1903 den ist, so daß an sich völkerrechtlich Schweden, falls es i. Pfandschilling zahlt, das Rückforderungsrecht hat. — Auch sonst kann das Wort Schulz« hier nicht gerade als anstößig aufgefaßt werden. Denn was sagte der Große Kurfürst zu dem dicken pricgnitzer Edelmann, der sich ihm in der Enge des havelländischen Luchs so recht pratschig als

I.

„ich bin der arme Schulze von Berlin!" — F. !)i, in Cöpenick. Ob Reutlingen mit Lalenburg, Schilda, Meder reiche Salden: von der Plattenburg vorstellte:

Rixdorf, Potsdam, Buxtehude und ähnlichen angekränkten Orten auf «ine Stufe im Volkswitz gestellt wird? — „Ich kann es nicht anders leugnen!" — Man erzählt z. B., daß ein Sterbender, der seinem geistlichen Herrn alle möglichen Sünden gebeichtet, erklärte, er habe noch eine Sünde auf dem Gewissen, die wäre aber zu schrecklich, als daß er sie eingestehen könnte. Auf vieles Zureden erklärt er endlich, es habe ihn zeitlebens als die schwerste Sünde gedrückt, daß er aus Reutlingen ge¬ bürtig sei. — „Guter Freund", antwortete der Pfarrer, „sterbt ruhig,

seritz, Teteroiv,

aus Reutlingen gebürtig zu sein, is zwar

's ischt aber kei'

a

große Schand',

Sünd'!" —

Für die kleine Veronika.

Ludwig Löwe ist an: 27. November 1837

Da „Bär" 14 Tage Zeit für die Herstellung gebraucht, habe Ihnen zu meinem Bedauern — da Sie keine Postadresie angabci: —

geboren. ich

nicht früher antworten können.

Inhalt. Lottchen Lindholz, eine Berlinische Geschichte aus dem 17. Jahr¬ hundert von Lndovica Hesekiel (Fortsetzung). An der Fischerbrücke (hierzu Abbildung). Ein Hosmann des 18. Jahrhunderts von Georg Horn (Schluß). Insel Scharfenberg von Leo Alsieri (mit Illustration von G. Theuerkauf). Julius Wolsi (hierzu Gedicht in Facsimiledruck).

Briefkasten.

in Berlin AV. — Verlag von Mo ser Hofbuchdr uckerci in Berlin.

Gebrüder Paetel in Berlin

AV.

VII. Jahrgang. Nr. 11.

Unter Mitwirkung von: £. Älfieri, f. Srunoid, Prof. Dr. Georg öüchmann, Prof. Dr. p. Cassel, Stadtarchivar Fidicin, Cheodor Fontane, tudovica HefeKiel, Dr. G. Horn, Dr. Hermann LletKe, Ferd. Meyer, Dr. Ferd. pfiug, Dr. H. pröhlc, N. Schillmann, Direktor Wilhelm Schrvartz in Posen, Archidiakonus Schwebet in Cüstrin, StaLtrath Adolf Ztrcckfuß, Heinrich wagener in Potsdam re.

herausgegeben von Ernst Friede! und

Merlin, u den

«

Emil Dominik.

11. December 1880.

Postämter, sowie durch Die Zeitschrift erscheint wöchentlich regelmäßig am Sonnabend, kostet vierteljährlich 2 Mark, und ist durch alle Buchhandlungen, Zeitungsspeditionen und Berlin \V., Lützowstraße 7, zu senden. — Inserate, pro die Expedition. Berlin W., Lützowstraße 7, zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Redaction des „Bär", entgcgengenonunen. Verlags-Buchhandlung Annoncenexpeditionen sowie von der 2 gesp. Petitzeile 40 Pfg., werden von allen

Lottchen Lindhost. Eine Berlinische Geschichte aus dem 17.

Jahrhundert von £msooita Leseliicl.

Zwölftes Kapitel. Zwei Audienzen.

Ihr

Fürsten, adelt euer Herz durch reine Güte,

Seid gegen Freunde sanft, vor Feinden traget Hochgemüthe, Stärkt das Recht, und danket Gott der großen Ehre, '

Daß Gut und Blut

so

mancher muß zu euren Diensten kehren. Walter v. d. llogelwcide.

Das alte Jahr neigte sich seinem Ende zu, das Jahr 1678, eines der größesten in den Annalen der Brandenburgi¬ schen

Geschichte,

denn

in

(Fortsetzung.)

in Pelz eingehüllte Frauengestalt

einstieg und

fuhr dann weiter

In

jeder anderen Zeit würde dem kurfürstlichen Schlosse zu. erregt haben, heute hüteten großes Aufsehen Schlitten der

mit Moos verstopften Fenster zu öffnen und nur ein paar müßige Jungen, die sich bis dahin mit Schneebällen beschäftigt hatten, hielten in diesem sich selbst

die Neugierigsten, die

löblichen Vornehmen inne und betrachteten das Gefährt, das offen¬ bar aus viel früherer Zeit stammte. Die Kufe des Schlittens bil¬ dete ein Gewässer, welches zwei gekrönte Schwäne durchschnitten, zwischen deren Hälsen auf

Jahre hatte Friedrich Wilhelm ganz schwedisch Pommern erobert und war

einer Weltkugel eine Forttnia

unbestreitbar der mächtigste

in

diesem

Fürst in Europa; der mär¬

Sand war den Feinden Brandenburgs so in die Augen geflogen, daß sie ihnen übergegangen waren. Aber wenn auch groß Hel¬ denthum niminer trügt, wie kische

Albrecht Achilles sagte, seine Spuren läßt es an Leib und Seele zurück, das mußte auch der große Kurfürst er¬

Der Kasten war mit breiten gebogenen Bändern

stand.

verziert, ebenso die Decken der Pferde mit wirklichen Bändern und auf dem Kummet saß wieder Die ein kleiner Schwan. angemalt, Kufe war blau die Schwäne weiß, die Krone vergoldet, Schellen und Fe¬ Holzschnitzerei

dern weiß, die Decken aber

blau. ZweigewaltigeBraunrosse zogen den Schlitten, Das Jägerhaus auf dem Werder (Die heutige Rrichsdank) in dem drei Damen und ein nach einem Bilde des Malers Stridbeck aus dem Jahre 1690. Seite Herr in dunkler Tracht (Siehe 135.) fahren. Die strenge Kälte, Die Damen waren saßen. welche der Dezember mit die edle Frau von Scharben, Jda und Lottchen Lindholz, der sich brachte, vermehrte die podagrischen Anfälle und der gewaltige Held stand Höllenqualen aus, die ihn aber nicht Herr aber der Kammerrath Lindholz, ein hochangesehenes im Geringsten hinderten, seinen Regierungsgeschästen obzu¬ Mitglied der Familie Lindholz. Der Schlitten hielt endlich vor der kurfürstlichen Residenz, liegen. An solch einem bitterkalten Dezembertage, da die guten die Friedrich Wilhelm neu hatte ausbauen lassen, freilich nicht Städte Berlin und Köln im Schnee wie vergraben lagen und zu einem einheitlichen Ganzen, denn Thürme, Höfe, Häuser und Palläste waren noch bunt zusammen gewürfelt, aber sich nur wenige Menschen draußen zeigten, rollte ein Schlitten An die alte stattlich und fürstlich sah das Ganze doch aus. durch die Straßen, hielt auf dem Molkenmartt, lvo eine kleine

126

Burg

mit den eisernen Zähnen, von der man heute noch den runden Thurm am Wasser sieht, der den Namen des grünen Hutes führt, lehnte sich jener Bau, dessen Erker heute noch erkennbar sind, und der bis zur alten Kapelle reichte, deren Inneres heute noch er¬ des gewaltigen Kurfürsten Friedrich

halten und vielfach neu geschmückt, die äußerlich aber ganz verbaut ist. Dann kam der Prachtbau des alten Caspar Theiß, den er für den Kurfürsten Joachim Hector errichtet hatte, mit seinem Säulen-Portal, dem Balkon darüber, und den Erkern 511 beiden Seiten; einer davon befindet sich heut noch an der Ecke des Schlosses nach der langen Brücke zu. Von hier ans führte ein bedeckter Gang nach dem Dom, welcher der Stcchbahn gegenüber mitten ans dein Schloßplatz stand. Friedrich Wilhelm hatte nach dem westphälischen Frieden durch seinen Baumeister Memhardt viele der baufällig gewordencn Gebäude des äußeren Schloßhofes erneuern lassen, auch war unter ihm das obere Schloßthor neu nach dorischer Ordnung erbaut worden. Dann aber kamen aufs neue schwere kriegerische Zeiten; Friedrich Wilhelm ließ seine Residenzstadt befestigen und der Schloßban blieb liegen. Noch war man nicht einmal mit diesen Befestigungen zu Ende, freilich die beiden alten Stadttheile waren mit Wällen und Bastionen umgeben, aber der Werder, Neu-Cöln und die neue Auslage, wie man die seit acht Jahren erbaute Dorothcenstadt nannte, sollten noch mit in die Befestigung eingeschlossen werden, da konnte der Kurfürst jetzt nicht an die Verschönerung seines Hauses denken.

Der obenerwähnte Schlitten hielt am Lustgarten, der sich von den Schloßgebäuden an bis zu den Bastionen erstreckte, die hinter den jetzigen Museen lagen. Es war ein prachtvoller mit Statuen und anderen Bildwerken reich verzierter franzö¬ sischer Garten, an dessen Ende ein kurfürstliches Lusthaus stand. Jetzt war er tic; verschneit, die Orangen und die anderen empfindlichen Gewächse waren in der Orangerie untergebracht, die Bildsäulen und Fontänen mit Stroh umwickelt. An der großen Pforte, die ans dem Lustgarten in den Vorhof führte, hielten kurfürstliche Musketiere die Wache, rasch schritt ein junger Herr an ihnen vorbei, der eilig auf den Schlitten zu¬ ging und den Damen beim Aussteigen half; es war Levin von Scharben in reicher Hofkleidung; einen Rock von kirschrothem Sammet, über den das Spitzenhalstuch in mächtigen Zipfeln fiel, Beinkleider von gelbem Sammet mit breiten Man¬ schetten, die auf die fleischfarbenen Strümpfe niederfallen; auch die Schuhe und Strümpfe sind mit Bandrosetten und Schleifen versehen. Der junge Mann trägt einen Degen, besten Griff und Scheide vergoldet sind, in der Hand einen Stock mit vergoldetem Knopf; den Hut mit den weißen Federn hält er unter dem Arm, das Haupt bedeckt die Perrücke, gegen die seine dunkeln Pcrlcn-Augen seltsam abstechen. Vorsichtig hält er sich ans dem sauber gekehrten Mttelgange, der von dem Schloßportal nach der Ausgangspforte des Lustgartens führt und ebenso vorsichtig führt er auf diesem Wege seine Mutter in den Schloßhof. Lottchen folgt am Arme ihres Vetters, des Kammerraths Lindholz, Jda läuft lustig nebenher und will sich über Levins Perrücke halb todt lachen. Sic wurde aber ganz still, als sie nun an den Wachen vorbei das Schloß N'irklich betreten und unwillkürlich faltete sic die Hände unter ihrem Pelzmäntelchen. Das warm ja die Räume, die Gänge und Höfe, durch welche alle die gewaltigen Kurfürsten ge¬

schritten waren seit den Tagen des Eisenzahns, hier hatten sie gearbeitet Tag und Nacht für ihres Landes Wohl und Größe,

Berlins Trotz brach, der ritterliche Albrecht Achill, der milde Johann Cicero, der seiner Marken rechter Vater war, die stolzen Joachim, der sorgsame Johann Georg, der fromme Joachim Friedrich, der Johann Sigismund mit dein scharfen politischen Blick, der unglückliche Georg Wilhelm und sein großer Sohn, wie leise Schauer zog es durch JdaS Kinderseele, jene Schauer, die uns allemal um¬ fassen, wo unser Fuß über ein Stück Weltgeschichte hinschreitct. Frau von Scharben sah mit mütterlichem Stolze nur ihren Sohn, der war ihr wichtiger als alle todten Kurfürsten, deren Geschichte der Französin auch kaum so gegenwärtig war, wie dem jungen Mädchen. Lottchen dagegen schmiegte sich ängstlich an den Arm des Kammerraths, und hütete sich, die langen dunkeln Gänge hinabzuschauen, in der Angst, die gespenstige der mächtige Eisenzahn, der

weiße Frau zu erblicken

oder das heimliche Pförtchen,

zum Brautgemach der eisernen Jungfer führte,

die

das

den Ge¬

liebten in ihrer furchtbaren Umarmung tödtcte, den des Richters Spruch ihr verlobte. Und es gab doch nicht einmal ein Ge¬ fängniß mehr im Schlosse, seit der grüne Hut, in dem einst ein solches gewesen, zu Gemächern eingerichtet worden war, weil Friedrich Wilhelm in seinem Hause kein Gefängniß haben wollte. Levin von Scharben und der Kammerrath Lindholz führten ihre Damen bis zu einem kleinen Vorzimmer, es waren ihnen nur tvenige Leute begegnet, die Herren und Damen vom Hofe mochten sich bei der grimmigen Kälte auch lieber in ihren Gemächern als auf den zugigen Fluren des Schlosses aufhalten. Von Wachen und Dienern wurden die

hier wohlbekannten Herren nicht weiter aufgehalten. Vorzimnier, das kein Ameublement irgend welcher Art zeigte, eine an der Wand hinlaufende mit rothen Kissen belegte Bank ausgenommen, brannte ein helles Feuer in dem großen Kamin, der den »leisten Platz einnahm und zwei kurfürstliche Lakaieil in rothen goldgestickten Röckeil dehnten sich faul auf der Bank, erhoben sich aber beim Eintritt der Herr¬ schafteil ulld einer verschwand auf einen ihm zugeflüsterten Be¬ fehl Levins im anstoßenden Gemach. Die Herren halfen mm den Damen sich ihrer Pelze zu entledigen ; Frau von Scharben war darunter in schwarzen beiden

In

dem kleinen

Sanlinct gekleidet; die weiten mit schwarzeil Spitzen besetzteil Acrmel ließen ein Stück noch eines immer schöneil blendeild weißen Armes seheil, bm breite Goldreifen zieren. Ueber der Stirn erhebt sich eiil diademartiger Kopfputz voll schwarzem Sammet, voll dein ein schwarzes Schleiertuch lose über Nackeil und Schulter fällt. Mit dem Achtspitzenkrellz auf der Brlist sicht die Johanniterin in ihrem taugen Schleppkleide so schön uild stattlich wie eine Fürstin ans. Lottchen hatte ihr bestes Staatsklcid ailgelegt, das gelb und blaue, das sie an jenein Tage trug, da der Familienrath Rechenschaft über ihre Verivalttliig voil ihr forderte. Jda trägt eineil ganz ähillicheil Anzug in rosa und weiß, sie kommt sich sehr erwachsen darin vor, sieht aber auch grade heute besoirders hübsch aus. Der vorhin abgesandte Diener kehrte mit einer

Meldllilg

ail Levin zurück, dieser verbeugte sich vor seiner Mutter uild sagte: „Seine Durchlaucht will die Gnade haben, uns jetzt zu empfangen!" Dann wandte er sich nach Lottchen um und sagte frelmdlich: „Du wirst noch kille Weile wartcil müssen, liebe Charlotte, ängstige Dich nicht zu sehr."

127

„Der Herr Vetter bleibt bei mir," erwiderte Lottchcn, dankbar zu dem alten Herrn aufsehend, der gravitätisch nickte. „Ich werde vor Seiner Durchlaucht au Dich denken, mein Kind," sprach Frau von Scharben, „vielleicht darf ich bei Deiner Audienz gegenwärtig sein." „Das wäre mir sehr tröstlich," erwiderte Lottcheu und küßte die Hand der Dame. Levin reichte der Mutter seinen Arm, Jda folgte den Beiden, während der Diener, die Thüre öffnend, vor ihnen herging. Sie betraten endlich einen weiten Raum, dessen Wände mit kostbaren Tapeten bedeckt waren, die auf silbernem Grunde den brandenburgischcn Adler zeigten. Tische mit ver¬ goldeten Füßen, Lehnsessel, deren Bezug mit der Tapete übercinstimmte, kostbare Vasen und Uhren zogen Jdas Aufmerk¬ samkeit auf sich, bis ihre Kinder-Augen auf die beiden Men¬ Waren es denn wirk¬ schen fielen, die in dem Gemach waren. lich gewöhnliche, sterbliche Menschen? Es umgab sie etwas wie eine höhere Weihe, obgleich der Herr saß und sein rechter Die Fuß in Tücher eingewickelt auf einem Kissen ruhte. kühne Stirn, die gewaltige Nase, das kräftige Kinn hoben sich deutlich genug aus der großen Pcrrücke, die für dies stolze Fürstcnhaupt wie geschaffen schien, mit ihren mächtigen wallen¬ den Locken. Vor allen Dingen aber sind's die gewaltigen Augen, in denen keine Schwäche, keine Krankheit zu spüren, die scharf spähend auf dem Bau-Riß ruhen, der auf dem lackirten Tische vor ihm liegt. Der Kurfürst trägt einen Uebcrrock von dunkelblauer Seide mit goldenen Nesteln und Schlingen, großen Taschen und weiten Aermeln, weite Beinkleider von dunkelblauem Sainmet mit breiten Manschetten, schwarzseidcnc Strümpfe und Schuhe; handbreit um den Leib zeigt sich eine weißscidcne mit schwarzen Fäden durchzogene Schärpe, deren Zipfel mit Goldspitzen besetzt sind. Ueber der Lehne seines Sessels hängt ein schlichtes Wehrgehänge von braunein Leder, das einen schweren Reitersäbel trägt, dessen Vergoldung längst blind geworden ist, die Waffe von Fehrbellin; ein Stock mit goldenem Knopf, in dem Edelsteine funkeln, lehnt neben ihm. Ihm gegenüber sitzt die Kurfürstin Dorothea, die viel Gehaßte, vielfach Unverstandene, die ihm doch eine treue Hausfrau, eine kluge Mitregentin seit zehn Jahren ist. Die Kurfürstin, die ihren Gemahl als Wittwe geheirathet, ist über die erste Blüthe der Jugend hinaus, aber sie ist eine stattliche schöne Frau, eine etwas derbe, üppige Schönheit vielleicht, aber die kühlen Augen haben einen klugen Blick, der das volle Gesicht vcrgcistigt; die ticfrothen Lippen stechen gut ab gegen die blendend weißen Zähne und in vollen Locken fällt das dunkle, an den Seiten hoch frisirte Haar auf die Schultern. Sie trägt ein violettes Schleppkleid über einem grünen reichverzierten Untergewände; Corset und Aermel sind mit Bandschleifen und mit tveißem Schwan besetzt, der sich dicht um den Hals zieht. Die Kurfürstin hielt eine Stickerei in der Hand, die sie beim Eintritt der Drei fortlegte, worauf ste sich erhob, uin der alten Dame entgegen zu gehen. Frau von Scharden verneigte sich tief vor der Kurfürstin und Jda versuchte es, die vollkommen hofgerechte Verbeugung der Edelftau

gut wie möglich nachzuahmen. Dorothea Dame die Hand entgegen, und verhinderte deren Handkuß dadurch, daß sie rasch ihre Hand ergriff und sie zu ihrem eigenen Seffel führte„Niein Durchlauchtigster Gemahl gestattet, daß Frau von streckte der

so

Scharden während der Audienz sitzt?" fragte sie dann in freundlichem Ton. „Der Durchlauchtigste hat noch nie eine Frau vor sich stehen lasten," entgcgnctc Friedrich Wilhelm gut gelaunt trotz des Podagras, „am wenigsten seine Freundin, die edle Dame von Scharden."

„Durchlaucht sind sehr gnädig," entgegnetc Dame Galivtte, mit Liebe und Verehrung zu beiden Herrschaften aufschauend. „Habt Ihr mir das Kind von Fehrbellin mitgebracht?" forschte der Kurfürst und Frau von Scharden gab Jda ein Zeichen näher zu treten-

Rasch eilte diese heran

und sank

vor dem Kurfürsten aufs Knie, sic wollte etwas sagen, aber die Stimme erstickte ihr und die Hände faltend sah sic mit Thränen in den Augen zu ihm empor. Die Kurfürstin war an sie herangetreten, ihre kühlen Augen blickten weicher als sonst und ihre volle weiche Hand legte sich wie segnend auf das goldene Haar„Steh auf, mein Kind," sagte der Kurfürst gütig, „bist Du zufrieden mit der Heimath, die ich Dir gegeben?" „O Durchlaucht," rief sie, jetzt ihre Stimme wiederfindend und ohne dem Gebot Folge zu leisten, „eine Heimath und ein Mutterherz habe ich gefunden; alle Abend und alle Morgen bete ich für meinen Retter." „Das thue, das kann ich gebrauchen," entgegnetc der Kurfürst ernst, „und da ich doch einmal die Stelle Deines Vaters vertrete, hast Du eine Bitte, einen Wunsch?" Sie schüttelte das Köpfchen. „Doch einen," sagte sie dann, „ich möchte Euch öfter sehen dürfen, Durchlaucht, nur sehen; drei Jahre hab' ich mich darnach gesehnt!" „Nein, Du sollst nicht wieder drei Jahre warten müssen," erwiderte der Kurfürst, „aber jetzt stehe auf und Frau von Scharden soll mir sagen, ob sie auch mit Dir zufrieden ist. Scharden," wandte er sich an den jungen Mann, „zeigt doch dem Kinde das Schloß, wenn's ihm Freude macht."

„Ich

habe doch noch eine

Bitte, Durchlaucht,"

sagte da

Jda mit glühenden Wangen„Sprich, mein Kind!"

„Ich sich

möchte Eurer Gemahlin die Hand küssen!"

„Mir," rief die Kurfürstin, ein beinah harter Zug zeigte um den üppig schönen Mund, „wer hat Dich auf den

Gedanken gebracht,

warum!"

Furchtlos sah das Mädchen die zürnende Frau an- „Niemand hat mich auf den Gedanken gebracht, es ist mein eigener Wunsch, o Durchlauchtigste Frau, ich liebe Nieinand auf Erden mehr als den Herrn Kurfürsten, denn mein armer Vater weilt wohl auch schon im Himmel, muß ich da nicht auch die lieben und verehren, die ihm sein Hans lieb macht, die feine treue Pflegerin und Begleiterin ist." Der Kurfürst nickte, Dorothea aber fragte: „Wer hat

Dir

gesagt, daß ich das

„Levin,"

bin."

entgegnet? sie leise.

Die Kurfürstin sah den jungen Mann gütig an. „Ihr Berliner?" sagte sie herb. „Auch mancher Berliner verehrt die Durchlauchtigste Frau hoch," erwiderte Levin mild. „Zeigt sie mir," entgegnetc sie bitter, „nein, zwischen mir und den Berlinern ist keine Freundschaft, und ich bin froh, wenn ich drüben in Potsdam bin." „Wer zwischen mir und meinen Berlinern steht nichts,"

seid kein

128 nahm der Kurfürst das Wort, „und meine Dorothea wird auch noch mit ihnen aussöhnen müssen, sich beide Mühe geben, aber geh' hin, Kind, küß der Frau Kurfürstin die Hand und sag, ihr, ein Berliner, der noch dazu am Dorotheatage geboren, der trage eine ganz sonderliche Liebe zu ihr." „Und dieser Eine wiegt alle Anderen auf," rief die Kur¬ fürstin leidenschaftlich, ihrem Gemahl einen Blick voll heißer Liebe zuwerfend. Dann reichte sie Jda ihre Hand zum Kuß und sagte weich: „Habe mich ein wenig lieb, mein sich

Kind." „Arme Frau,"

als er mit Jda draußen war, „habe sie recht lieb, sic kann's brauchen." „Ihr denkt immer an Andere," sagte Jda, „aber warum gicbts Leute, welche die Kurfürstin nicht lieb haben." „Weil sie Narren sind," entgegnete Levin, „und statt einer Kerze einen Stern haben wollen." „Junker," sagte da Jda plötzlich, „mir wär' ein Stern auch lieber als eine Kerze." „Mir auch," sagte er noch immer nachdenklich, „wofür wär' ich Poet, aber dankbar kann man der Kerze darum doch sagte Levin,

sein

für ihr Leuchten und braucht nicht an ihr herumzuputzen,

bis

sic ganz

trübe wird."

Nur mit Jda

sprach der junge

Mann

so

in Bildern und

Gleichnissen, und sic verstand seine wunderlichen kuriosen Reden

immer. Unterdcß dauerte die Audienz der Frau von Scharben noch eine ganze Weile; der Kurfürst sprach davon, Jdas Zu¬ kunft sicher zu stellen und Frau von Scharben hegte den Wunsch, die Kurfürstin möge sic später, wenn sic erwachsen, an ihren Hof nehmen. „Sie hat ein feines, vornehmes Wesen," meinte die alte Dainc, „freilich weiß man nichts über ihre Geburt." „Ei, kann ich einen Edelmann machen, wie ich den Treffenfeld dazu gemacht, trotz dem Kaiser, so kann ich auch ein Edclfräulein machen," entschied der Kurfürst. Die stolze Dame schüttelte den Kopf. „Edelleute werden

geboren," sagte sie ernst. „Ihr habt recht," meinte der Kurfiirst, „aber Ausnahmen müßt Ihr zulassen." „Ich ergebe mich in Euer Durchlaucht Willen," entgcguetc die alte Dame lächelndAber nicht nur über das verlassene Kind sprachen die Drei, der Kurfiirst legte Werth auf die Meinung der Johan¬ niterin, er sprach ihr von seinen Plänen für die Erhebung Brandenburgs im Inneren, er klagte über die Schwere dieser Aufgabe, wie es Levin ihr vor etlichen Wochen berichtet. Aber die Dame erinnerte sich auch des noch inimer im Vor¬ zimmer harrenden Lottchcns und wußte geschickt das Gespräch auf die junge Frau zu bringen. Der Kurfürst gestattete ihr gern, bei der Audienz, die er derselben auf Wunsch des Kammer¬ raths Lindholz in einer Prozeßsache bewilligt hatte, beizu¬ wohnen. Es handelte sich um Lottchcns geliebten Weinberg, von dem die kurfürstlichen Behörden ihr einen guten Theil streitig machen ivollten. Der Weinberg war während des dreißigjährigen Krieges von den Lindholzen erkauft worden, die Kaufkontrakte aber nicht vollständig in der Ordnung. Lottchen hatte einen Prozeß begonnen, der eine fiir sie be¬ denkliche Wendung nahm, als der Kammcrrath Lindholz ihr den Rath gab, sich an den Kurftirsten selbst zu wenden.

Zwar

vor dem bloßen Gedanken zurück, dem hohen Herrn unter die Augen zu treten, da aber der Vetter sich erbot, sie zu begleiten, entschloß sie sich schweren Herzens dazu. Sie lernte es mehr und mehr, daß die Familie doch eine gute Mauer sein kann in schweren Tagen, wie Base Dorothea gesagt hatte. Sehr zufrieden aber war sie, als sie zufällig zu dem Tage, da ihr tvirklich durch des Vetters Bemühungen eine Audienz bewilligt worden war, auch Frau von Scharben und Jda nach Berlin befohlen wurden. Nun konnte sie unter deren Schutze ins Schloß fahren, denn wenn sie dem gravitätischen Vetter auch dankbar war für seine Hülfe, so fürchtete sie sich doch auch ein wenig vor ahmbebte sie anfangs

Furcht und Bangen stand wieder einmal sehr deutlich auf ihrein lieblichen Antlitz, als sie nun vor das Herrscherpaar treten mußte, aber die leutselige Art des Kurfürsten beruhigte sie bald. „Nur näher, kleine Frau," sagte er gütig, „ich bin kein Ahab, der seinen Unterthanen ihre Weinberge mit Gewalt abnimmt, wie steht die Sache?" Lottchen faltete die Hände und sah zu Boden. „Fürchte Dich nicht, nrein liebes Kind," nahm die Frau von Scharben das Wort, „und sage dem Durchlauchtigsten Herrn Alles ganz genau." „Sagt mir doch erst, kleine Frau," fragte der Kurfürst, „warum besteht Ihr denn so auf dem Weinberge, wollt Ihr nicht einen gütlichen Vergleich eingehen?"

„Durchlaucht," entgegnete die junge Frau leise, aber mit Stimme, „wäre mein Mann daheim, so möchte er nach seinem Belieben thun, aber in seiner Abwesenheit kann ich es nicht leiden, daß ein Stück seines Eigenthums mir ge¬ fester

nommen

wird."

„Brave Frau," nickte der Kurfürst, „aber Ihr habt auch einen braven Mann, hat mir helfen Stettin erobern, nachher ist er mir freilich aus dein Gesicht gekommen; ist er denn nicht heimgekehrt zu seinein hübschen Frauchen, die Herren Schweden haben uns ja Ruhe gelassen diesen ganzen Herbst

und Winter." Einen Augenblick kam Lottchen der Gedanke, ob sic den Kurfürsten nicht bitten solle, ihrem Manne die Heiinkehr an¬ zubefehlen, denn es war doch furchtbar schwer, so allein in der Welt zu stehen, aber rasch kämpfte sie ihn nieder, denn sic hätte ihin dann ja auch bekennen müssen, daß sie gar nicht wisse, wo ihr Gatte jetzt weile. Und sie selbst hatte ihin ja gesagt, gehe und steh' wie ein Brandenburger, konnte sie nicht stolz sein auf eilten Mann, den der Kurfürst selber lobte. Ruhig entgegnete sie: „Mein Mann ist auswärts in Ge¬ schäften."

Ihre Wimper zuckte nicht, es klang, als sei sie seine Vertraute, als sei sie die glücklichste Ehefrau und als sei es ihr eine alte bekannte Sache, wie ihr Mann sich vor Stettin ausgezeichnet, und doch hörte sie heut zum ersten Mal davon. Wer hätte ihr auch davon erzählen sollen? Nur Levin hatte mit Lottchen nie von ihrem Manne. Nun setzte sie dem Kurfürsten klar und ruhig die streitige Sache auseinander, und als sie geendet, sprach Friedrich Wilhelm güttg: „Ihr sollt Euern Weinberg behalten. Lindholzin, Ihr seid eine wackere Frau, zu der ich Eurem Manne Glück wünsche." Dankbar blickte Lottchen den gewaltigen Herrscher an. einzelne Gerüchte vernommen, und er sprach

129 aber ein tiefes Weh zog durch keine Glückwünsche, dem

war

Ihr Mann brauchte nur eine Lastja

ihr

sie

indem er ihn mit einer seiner Töchter verheirathete und seine Schwächen dergestalt zu benutzen verstand, daß derselbe, um nur der peinlichen Lage zu entgehen, den völligen Besitz seines Landes

Herz.

Gerade als der Kurfürst auch diese zweite Audienz beenbet hatte und Alle verabschieden wollte, wurde draußen im Vorzimmer ein Lärmen laut, wie er in der Nähe des Herr¬

j

j

abtrat. Wie die Regierung des im Jahre 1377 verstorbenen Kaisers, so auch waren die gesellschaftlichen Zustände im ganzen Reich und besonders in der Mark Brandenburg beschaffen. Wegelagerung und Befehdungen, alle Ausbrüche frecher Gewalt und entfesselter Leidenschaften lasteten auf dem Volke und — Hülfe war bei den Fürsten nicht zu erlangen. Jeder mußte sehen, wie er sich selbst half. Darum vereinigten die Städte des Landes sich zu einem Bunde, um Gewalt und Unrecht mit gewaffneter Hand zu be¬ kämpfen und sich gegenseitig, wenn es Noth that, ausgerüstete Bürger zu senden. Die Feinde einer Stadt wurden als die allerübrigen betrachtet. Die baierischen Fürsten hatten diesen Städtebund geduldet, obgleich in der goldenen Bulle das alte Fehdegesetz aufs Neue anerkannt und den Städten, bei Verlust ihrer Privilegien, jede Verbindung unter einander verboten worden war. Die Besorgnis; nun, daß der Kaiser, wenn er in den Besitz der Mark gelangt, bei der strengen Befolgung seiner Gesetze den Städten auch das Mittel der Selbsthülfe entziehen würde, lag damals gewiß sehr nahe. Die Geschichte spricht es zwar nicht ge¬ radezu aus, aber die Thatsachen und Umstände lassen entnehmen, daß der im Jahre 1373 erfolgte Uebergang jenes Besitzes an den Kaiser nicht von Allen mit gleicher Sympathie begrüßt wurde. In dem Schooße der Städte, und namentlich in Berlin, dem Haupte des märkischen Städtcbundcs, bildeten sich Parteien; die eine aus Hoffnung und Vorsicht für den Kaiser, eine andere aus Besorgniß und Abneigung gegen denselben. An der Spitze der

unstatthaft war. Die Augen Friedrich Wilhelms blitzten auch sofort zornig auf, so daß Lottchcn heftig er¬ schrak. Die Kurfürstin und Frau von Scharben erhoben sich; der Kammcrrath ging nach der Thür, aber schon wurde diese aufgerisien und mit verdrückter Perrücke, schiefem Halstuch, den Säbel in der Faust, stürmte Derflinger herein.

schers höchst

(Fortsetzung folgt.)

Tylr Wardtnbergs Verurtheilimg. Sittenbild aus Berlin's Vorzeit. Bon .tillinn.

Vorwort. Zum besseren Verständniß des zur Darstellung gelangenden, mittelalterlichen Gerichtsverfahrens erscheint es nothwendig, einige historische Bemerkungen vorauszuschicken, um einen allgemeinen Ueberblick von den Zcitverhältnisscn zu gewinnen, in denen die Thatsachen sich zugetragen, auf welche das Prozeßverfahren Bezug nimmt. Der ritterliche Kaiser Ludwig der Baier war im Jahre 1347 verstorben, nachdem er seinen drei Söhnen, Ludwig dem Aelteren, Ludwig dem Römer und Otto, den Besitz der Mark Brandenburg und deren Erbfolge gesichert hatte. Sein Nachfolger war der König von Böhmen, welcher nicht ohne Widerspruch eines Theils der Kurfürsten, und nur durch Vermittelung des Papstes Clemens VI. als Karl IV. zum deutschen Kaiser gewählt wurde. Zwar besaß er nicht den edlen, ritterlichen Sinn seines Vorgängers, aber eine für seine Zeit hohe Bildung und Staatsklugheit, sowie Sinn und Verständniß für Künste und Wissenschaften. Er gründete 1348 zu Prag die erste deutsche Universität, schuf daselbst herrliche Bau¬ werke, und belebte in Böhmen Handel und Gewerbe. Von seiner Tüchtigkeit als Finanzniann spricht auch das Landbuch der Mark Brandenburg — ein Verzeichniß aller Ortschaften und der dem Kaiser daraus zu leistenden Abgaben, — welches er im Jahre 1375 austrehmen ließ, und das noch heut eine Quelle für unsere Ge¬ schichtsforschung bildet. Aber seine Handlungen bezweckten nur den Glanz und die Verherrlichung seiner Krone, die Befestigung seiner Dynastie, so wie die Begünstigung und Vergrößerung seines Erblandes Böhmen. Für das große deutsche Vaterland besaß Karl IV. kein Herz; und schon das im Jahre 1356 zur Feststellung der fürstlichen Gewalten in Deutschland erlassene Gesetz — wegen des daran befestigten goldenen Majestätssiegels die „goldene" Bulle genannt — trug dazu bei, die Gesammtmacht Deutschlands zu zersplittern und die Freiheiten der Städte zu beschränken.

Tyle Wardenberg, ein Mann von großer Energie und vielleicht allzugroßcr Freihcitsliebe. Zu den wohlhabensten

Letzteren stand

und angesehensten Bürgern gehörig, hatte er es verstanden, dic Mehrheit derselben für seine Ansichten zu gewinnen und ihnen eine gleiche Abneigung gegen den Kaiser einzuflößen. So gelang es ihm, seine Gegner im Rath und in der Gemeinde zu überstimmen und sie zur Rüstung gegen den Kaiser zu zwingen. Wie aber die Thaten gewöhnlich nach den Erfolgen gerichtet werden, so auch unterließen Wardenbergs Gegner nicht, nach dem unglücklichen Ausgange jenes Kampfes alle Schuld auf ihn zu wälzen, seine Handlungen während der Zeit seines Stadtregimcnts auf feindselige Weise zu tritisiren und in Form eines Sündenregisters im Stadtbuche zu verzeichnen. So hoffte man den Kaiser wieder zu versöhnen. Aber gleichwohl gelang es nicht, Wardenbergs Po¬ pularität zu schwächen. Nur auf kurze Zeit wurde er — lediglich vielleicht, um der Anordnung des Kaisers zu genügen — seines Amtes entsetzt. Dann wieder in den Rath gewählt, übte er nach wie vor an der Spitze der Verwaltung eine Macht und einen Einfluß aus, die in der heutigen Zeit kaum zu begreifen, wenn man nicht erwägt, daß in den ersten Jahrhunderten des Städte¬ lebens dem regierenden Bürgermeister vom Züchter der Gottes¬ und Gerichtssriede gewirkt, er dadurch gewissermaßen unantastbar gemacht, und in der Achtung und Meinung des Volkes gehoben

Was aber dem Charakter des Kaisers am meisten zum Vor¬ wurf gereichte, war, daß seiner Staatsklugheit die Ehrlichkeit fehlte;

wurde.

er vermied den Krieg nicht aus Friedensliebe, sondern aus Feig¬ heit; er suchte nach dem Grundsatz, daß der Zweck die Mittel

Für Wardenbcrgs überwiegende Klugheit und außergewöhn¬ am besten der Umstand, daß er sich trotz seiner Gegner beinahe fünfzehn Jahre hindurch in seiner Stellung und in der Gunst der Mehrzahl zu behaupten wußte. Diesen, von seiner Zeit gerichteten Mann nach seinem Charakter zu schildern, soll in der heutigen Darstellung versucht werden. liche Eigenschaften spricht

heilige, auf Schleichwegen und durch List seine Ziele zu erreichen. So verfolgte er auch, langsam aber sicher, den Plan: die Mark Brandenburg den baierischen Fürsten zu entziehen und seinen

Staaten einzuverleiben. Zunächst stellte er dem Markgrafen Ludwig eine zweifelhafte Person, den „falschen Waldemar", als Präten¬ denten gegenüber; nahm dann, als er seinen Zweck nicht erreicht, aus einen Erbfolgevertrag mit den baierischen Fürsten Bedacht, und umgarnte den Jüngsten derselben, Otto, mit stets engeren Fesseln,

Um das

Bild

zu beleben, ist von der streng historisch erzäh¬

lenden Form abgewichen, und da hiermit zugleich die Darstellung verbunden sein sollte, so ist

eines alten Gerichtsverfahrens j

die dramatische Form gewählt.

130 Daß der Verfasser den historischen Daten sich so eng wie möglich angeschlossen und nur von solchen Folgerungen hat leiten lassen, zu denen er nach den Quellen und den bisherigen For¬ schungen berechtigt war, davon möge man sich überzeugt halten. Um aber ganz ehrlich zu sein, muß der Verfasser die Bemer¬ kung hinzufügen, daß die Begnadigung Wardenbcrgs durch den regierenden Bürgermeister ein anticipirtes Recht desselben war; denn das Begnadigungsrecht der Stadt wurde erst einige Jahre später mit der höchsten Gerichtsbarkeit vom Landesherrn erworben. Nichts desto weniger darf aber die Handlungsweise des regie¬ renden Bürgermeisters — da Wardenberg die Gunst und den Schutz des Landesherrn genoß, — als vollkommen gerechtfertigt erscheinen.

(Prveonsul, Aldermann).

Thomas Hey decke

Perwenitz

Doblcr Kragens ut Hennig Denc

Gerichtsschöffen.

)

Rutger Peter Fenstermaker Hans von Alken, Fiskal, öffentlicher Ankläger der Stadt.

Jan von Wulkow, Ritter Abgeordnete des Markgrafen Dobbel, Rathmann von Brandenburg Stglsmnnd. Bastian Mertens, desgl. ) Tyle Wardcnberg, ehemaliger Aldermann von Berlin. >

Rathmannen von Berlin und Cöln. Ein Stadtschrciber. Ein Frohnbote. Ein Büttel. Umständer des Gerichts, Biirger und Volk. Ort der Handlung: Die Berliner Gerichtslaube. Zeit: October 1882.

Blankenfelde (mit erhobener Stimme nach Außen). Bürger von Berlin unb Cöln! Ihr seid durch Läuten der Bürgerglocke hier versammelt, um eine Botschaft unseres gnädigen Herrn, des Markgrafen, zu vernehmen. Ich mahne Euch, dies mit derjenigen Ruhe und Bescheidenheit zu thun, welche Ihr dem Landesherrn," der Obrigkeit der Stadt und dem Orte schuldig seid, vor dem Ihr Euch im Angesicht von Richter und Schöffen befindet. (Zum Stadtschreiber, dem er eine Urkunde übergiebt): Stadtschrciber, verleset laut und deutlich diese Botschaft, daß ein Jeder höre, was unser Herr Markgraf von der Stadt verlangt. Stadtschrciber (liest). „Wir Sigismund von Gottes Gnaden, Markgraf von Brandenburg und Herr des Königreichs Polen, entbieten den vorsichtigen Rathmannen, den vier Gewerken

und auch der Gemeinschaft der Bürger unserer Stadt Gunst und Gnade. Lieben Getreuen! Vor uns ist Tyle Wardenberg, Euer Mitbürger erschienen und hat uns wohl geklagt, daß Ihr ihm Ungnade und Ungunst beweiset, so daß er nicht in die Stadt kom¬ men und aus derselben ziehen kann, wie andere Eurer Mitbürger. Wir gebieten Euch ernstlich und wollen und haben dem Herrn

Jan von Wulkow und

den Rathmannen Dobbel und Alerten von Brandenburg anbefohlen. Euch dessen zu erweisen und mit Euch darum zu reden, daß Tylen zu seinem Rechte verhelfet, wenn-

Ihr

er dessen bcnöthigt ist.

Denn wir befehlen ernstlich und wollen jemand an seiner Person oder an seinen Gütern vergreife, daß Ihr unsere schwere Ungunst vermeiden wollt. Gegeben zu Posen, am Sonnabend vor St. Michaelislage anno 1382."

nicht, daß

sich

Schreiber (giebt

Blankenfelde

die Urkunde*) zurück). (dieselbe cmporhaltend).

*) Dipl. Btrg. IV, öl.

gestern von Abgeordneten des Herrn Markgrafen, in deren Ge¬ folge Tyle Wardcnberg sich befand, übergeben worden. Ich habe sie sofort im sitzenden Rath verlesen, worauf beschlossen wurde, auf heute die Gewerke und die Gemeindebürger zusammenzuberufen und mit den biedern Männern, den Abgeordneten und Tyle Warden¬ berg eine Tagfahrt zu halten und zu versuchen, ob zwischen diesem und der Bürgerschaft Gleich und Recht herzustellen sei. Noch waren aber die Vorbereitungen hierzu nicht getroffen worden, als sich in der Stadt bereits die Kunde von der Botschaft des Markgrafen verbreitet und diese große Mißbilligung hervorgebracht hatte. Man versammelte sich in den Wein- und Bierstuben, in den Conventen und Gewerkshäusern und sprach sich laut und heftig gegen jeden Sühneversuch mit Wardenberg aus, forderte sogar deffen Verwei¬ sung aus der Stadt. Viele eilten aber nach dem „grünen Baum" in der Spandauerstraße, wo Wardenberg seine Herberge genommen,

hießen ihn einen „Woldenberger", beschuldigten ihn des Diebstahls,

Personen.

Blankenfelde, regierender Bürgermeister Tyle Brügge, Richter in Berlin. Peter

mir

Diese Botschaft ist

warfen mit Steinen und riefen, daß er herauskommen und sich verantworten solle, man wolle ihm auf dem neuen Markte ein warmes Lager bereiten, wie einst dem

des Meineides und Friedebruchs,

frommen Probste von Bernau, der auch für seine Vergehungen den Feuertod habe leiden müssen; — und nur den Stadtknechten und einer Zahl von Bürgern war es gelungen, den so Bedrängten der Wuth der empörten Menge zu entziehen und in sicheres Ge¬ wahrsam zu bringen. Einer aus dem Volke. Ja, hinten ist ein Durchgang nach dem neuen Markte, da sind sie mit ihm durchgegangen und haben ihn nach dem Oderberger Thorthurm gebracht. Ein Anderer. Aber nur zum Schein. Wir sollten glauben, sie hätten ihn schon festgesetzt. Büttel. Ruhe da draußen, die Herren in der Laube können ihr eigenes Wort nicht hören. Blankenfelde (fährt fort). Inzwischen waren Abgeordnete der Gewerke und Bürgerschaft bei mir erschienen, die um eine Biirgersprache baten, um die Gemiither zu beruhigen und sie auf den Weg des Rechts zu leiten. Nachdem sofort die Bürgcrglocke geläutet worden und Rath und Bürgergcmeinde sich versammelt hatten, vereinigte man sich zu dem Beschlusse, den Sühneversuch mit Wardenberg auszusetzen und durch Richter und Schöffen zu¬ vörderst über das Klagegeschrei des Volks durch Urtel und Recht entscheiden zu lassen. Es wurde daher der Fiskal der Stadt sofort beauftragt, den Richter zu ersuchen, den Angeklagten in Verfestung zu nehmen, heute die Schöffen zu berufen und in Gegenwart der Abgeordneten des Herrn Markgrafen die Anklage des Fiskal's zu vernehmen und darüber von den Schöffen entscheiden zu lassen. Von dein Ausspruch des Gerichts soll es nun abhängen, ob der heutige Tag ein Tag der Sühne oder der Strafe sein werde.

Bürger,

Ihr

(Nach Außen)

hierinit einverstanden? Stimmen aus dem Volke. Wir sind damit einverstanden. Blankenfelde (zum Richter). So bitte ich Euch denn, HerrRichter, zu beginnen, wenn es Euch an der Zeit zu sein bedünkt. seid

Richter (zu den Schöffen). Schöffen, ich ftage Euch, ob es an der Zeit ist, ein Nothgeding zu hegen?

Ein Schöffe. Die Schöffen urtheilen für Recht, daß Ihr möget ein Nothgeding hegen. Richter. So hege ich hier ein Nothgeding von unseres Herren Gotteswegen, von wegen der Herren dieser Stadt und von Gerichtswegen. Ich verbiete alles, was ich verbieten soll und er¬ laube alles, was Recht ist; ich ftage die Schöffen, ob ich dies Geding also geheget, daß ich mag einen Frieden wirken. Ein Schöffe. Die Schöffen urtheilen für Recht: Ihr habt dies Nothgeding also gehegct, daß Ihr uns möget einen Frieden wirken. Richter. So wirke ich hiermit diesem Gedinge und Allen,

131

Sitdrr von der Stadtbahn.

Im

Hintergrund die Moabiterbrücke.

5. Originalzeichnung von

Rechts im Hintergrund ein Theil der

SB.

Lübke.

Borsig'schen Fabrik.

Links vorn der Bellevue-Park.

»IS

Der

öüöir von der Stadtbahn. 6Frankfurter Bahnhof von der Ecke der Koppen-

Originalzeichnung von Li. Lüb ke. und

Langenstraße aus

gesehen.

rechts der Gasometer der Gasanstalt am Stralauerplatz.

Ueber der Mittellaterne

132 die zu diesem Gedinge gekommen sind, meinen Frieden. Und es komme der Friede Gottes, der Friede des Herren dieses Landes, der Friede der Herren dieser Stadt und des Gerichts, dem Richter

auf dem Stuhle, den Schöffen auf der Bank und Allen, so jetzt auch Allen, die sich an Gleich und Recht wollen genügen lassen. Wer aber diesen Frieden brechen würde, mit dem soll man verfahren, wie mit einem Friedcbrecher. Ankläger (Fiskal). Herr Richter, ich frage, ob das Zeter¬ geschrei oder Gerüste, was außerhalb der Bank geschehen ist, soll Kraft und Macht haben? Richter. Was urtheilen die Schöffen? Ein Schöffe. Die Schöffen urtheilen für Recht; das Ge¬ rüste und Zetergeschrei hat Kraft und Macht. Ankläger. Herr Richter, ist cs an der Zeit, die Klage zu zugegen sind,

!

!

.

erfolgen konnte.*)

Einer aus

die Klage mag beginnen. Richter (zum Frohnbote»).

Frohnbote,

Ankläger. Geldkisten der

fordere den An¬

Einer aus dem Volke.

denke,

selbst genug zu sein, meine Sache zu führen.

(zum Ankläger).

Ankläger,

so

bringt Eure Klage

vor.

Ankläger. Herr

Richter und ehrbare Schöffen! Ich klage. der Gewerke und der Bürger dieser Stadt über Thle Wardcnberg, der sich vergangen hat gegen den Kaiser und den Rath dieser Stadt, der den Frieden gebrochen und Land und Städte in großen Schaden gebracht hat.. Ich klage Euch, wie es in unserem Stadtbuchc verzeichnet und von ehrbaren Leuten bestätigt worden ist. Zur Zeit, als die baierischen Fürsten noch zusammen in der Mark regierten, hatten sie die Herren, Mannen und Städte in Berlin versammelt, um mit ihnen über die Noth des Landes zu berathen. Thle Wardenberg war damals Aldcrinann; er hatte die Pvlizeigewalt, mußte über Frieden und Ordnung in der Stadt wachen und während des Landtages dasjenige besorgen, was die Fürsten ihm für denselben auszurichten hießen. Da geschah es, daß dieselben von dannen ziehen und schleunig Euch im Namen der Herren,

noch die Abgeordneten versammeln wollten, um ihnen den Land¬

tagsabschied zu ertheilen. Sie sandten deshalb zu Wardcnberg, daß er die guten Leute, welche in der Stadt bei den Bürgern Herberge genommen hatten, schnell zusammenberiefc.

Als an Wardenberg

dieser Befehl überbracht wurde, setzte er

auf's Pferd und eilte auf das Feld, so daß die Fürsten und Mannen davon ritten, was dem Lande und der Stadt zu

!

!

|

!

!

sich

!

Schaden kam.*)

Einer aus

dem Polkc.

Ja, das Wegreitcn war Wardcn-

bergs Leidenschaft.

Büttel.

Ruhig draußen. Ankläger (fortfahrend). Bald hierauf geschah cs, daß eine Pilgerin von Rom durch Berlin zog, die von Wärdenberg's Freunden in der Nähe der Stadt beraubt und geschunden wurde. Als das Zetergeschrei in die Stadt drang, sandten die Rathmannen *) Dipl. Beitr. I. 176.

ge¬

mals gefallen!

werden.

Richter

Das wäre gar nicht dumm

wir aber noch den neuen Schoß dazu gekriegt. Ein Anderer. Fort mit den Steuern! die haben mir nie¬

wesen, nun haben

Schranken geführt.) Angeklagter, Thle Wardcnberg, ich ftage Dich: Richter. Fürsprecher haben, so soll Dir ein achtbarer Willst Du einen Zahl der Umständer des Gerichts zugeordnet Bürger aus der

Herr Richter, und

er sich an den einen zwiefachen

anzustiften.

Thle Wardenbcrg! Ich heische Dich zum ersten Male, — zum andern Male — und zum dritten Male! (Wardenberg wird vom Büttel mit gebundenen Händen in die

danke Euch,

Damals geschah es auch, daß Stadt vergriff. Dieselben hatten

Ehre und Pflicht gehandelt, werden die Schöffen entscheiden. Man hatte ihn aber im Verdacht, daß er sich Gelder angemaßt habe, deren er bedurfte, um sich damit Freunde zu machen.**) Auch ver¬ sprach er den Gemcindebürgcrn, wenn sie ihm folgen würden, sie schoßftei zu machen. Dies haben die Leute dem Rath bekannt sic wohl wüßten, er könne dies nicht möglich und gesagt, daß machen und daß er nur darauf ausginge, Zank und Zwietracht

Frohnbote.

Wardcnberg. Ich

ich ge¬

Verschluß, wozu die beiden Kämmerer die Schlüssel verwahrten. dem einen der Kämmerer den Schlüssel ab, den er wohl sechs Tage bei sich behielt. Ob er dabei nach

geklagten vor Gericht.

Mann's

Die alte Schraube habe

Da forderte Wardenberg

daß der Ankläger so

dem Volke.

sehen, sie schrie Zeter, wie ein Landsknecht.

beginnen?

Richter. Was urtheilen die Schöffen? Ei» Schösse. Es ist wohl an der Zeit,

Diener aus, um die Räuber zu suchen, welche schon wieder in die Stadt zurückgekehrt waren. Als die Rathmannen dies erfuhren, drangen sie in Wardenberg, daß er die Thäter verhaften ließe, damit auf Zetergeschrei über sic im Nothgedinge gerichtet werden könnte, welches er aber versagte, so daß weder Strafe noch Sühne

!

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!

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i

Ein Dritter. Wir müffen mehr verschossen, als die in Bernau und Köpenick; da kriegen sie sogar noch was 'raus. Büttel. Wenn Ihr nicht schweigt, so werdet Ihr bestraft! Mehrere aus dem Volke. Ruhe! Ruhe! Richter. Fahr fort, Ankläger. Ankläger. Mit seinen Kumpanen im Rath lebte er in Wenn die biederen Rathmannen nach ihren steter Zwietracht. geschworenen Eiden ihr Wort reden wollten, das ihm nicht zu Sinne war, so fuhr er sic hart an und befahl ihnen, zu schweigen, so daß sie nicht zum Frommen und Nutzen der Stadt rathen konnten. Wie er aber seine Freunde und Anhänger benutzte, um seine Pläne durchzuführen, lehrt der folgende Klagepunkt: Es war im Jahre des Herrn 1373, als der Markgraf Otto ein Gebot erließ, daß Land und Städte sich zum Kriege rüsten sollten gegen den Kaiser Karl, seinen Schwiegervater, der mit einem Kriegshcere gegen ihn heranzog, ihn zur Abtretung der Herr¬ schaft über die Mark Brandenburg zu zwingen. Der vom Mark¬ grafen beschlossene Krieg mußte jedem ruhig Denkenden als eine verlorene Sache erscheinen, da man die Schwächen des Markgrafen kannte und der Kaiser mit seinem Heere sich schon der Mark näherte, als der Markgraf erst zu rüsten begann. Man sah voraus, daß der Kaiser siegen und die Mark erlangen werde — hielt dies sogar für ein Glück, da seine Klugheit, Friedens- und Ord¬ nungsliebe bekannt waren und man fürchten mußte, daß Berlin, wenn es gegen ihn rüstete, seine Ungnade empfinden würde. Die Mehrzahl ini Rath war deshalb für den Frieden und gegen die Mästung. Dagegen lehnte Wardenberg sich mit aller Macht auf. Er ließ durch seine Freunde und seinen Anhang die übelsten Gerüchte über den Kaiser verbreiten und arbeitete mit aller Beacht darauf hin, den Rath und die Bürger dafür zu stimmen, daß die Stadt Als er aber sah , daß er gegen den Kaiser in den Krieg zöge. auf diese Weise seinen Zweck nicht erreichen konnte, wiegelten er und seine Freunde das Volk auf, den Rath durch offene Gewalt zu zwingen, seinem Plan beizutreten. Bewaffnete Haufen durchzogen lärmend die

Stadt,

*) Dipl. Beitr. I, 178. **) Dipl. Beitr. I, 178.

erbrachen die Glockcnkammcr, zogen die

133 Sturmglocke, traten mit Gewalt jedem Hinderniß entgegen, zogen

Tumulten, Rath, Ge¬ versammelt hatten, und forderten

nach den: Nathhause, wo, wie immer bei

werke und Gemeindebürger sich von denselben, bewaffnet und gegen den Kaiser geführt zu werden.

Da trat Wardenberg auf und sagte, daß man auf die Stimme des Volks hören müsse, denn der Wille deffclbcn sei Gottes Wille. Er sprach unter dem Zujauchzen des Volkes so lange, bis der Rath unter dem Druck der Umstände die Rüstung wirklich beschloß, Wardenberg welcher Gewerke und Gemeindebürger zustimmten. sorgte aber dafür, daß dieser Beschluß sogleich zur Ausführung Es wurde die Rüstkammer geöffnet, Panzer, Armbrust und Pfeile wurden ausgetheilt, die Heerwagen aus den Marställen der Stadthöfe am Stralaucr- und Teltower-Thor vor das Rathhaus gezogen und die Kriegsfahne daselbst ausgestcckt. Damit aber der kam.

kriegerische Geist nicht erkalte und die Rückkehr zu Friedensgcdankcn

bei den Bürgen! verhindert würde, ordnete er Waffenübungen an, ließ die Thore und Rathhäuser besetzen und die Mannschaften mit

Bier aus den Stadtkellern versorgen. Einer aus dem Volke. Hurrah! da ging's lustig her. Das „Bernauer" schmeckt mir noch heute! Ein Anderer. Die Rathmanncn riefen immer: „Gebt ihnen nur Stadtbier!" Wir aber riefen: „Bernauer, Bernauer"! Ankläger. Alle Vorbereitungen zum Abzüge wurden mit solcher Hast betrieben, daß in kurzer Zeit der Heereshaufe beider Städte dem Markgrafen zugeführt werden konnte. Und wie man gefürchtet hatte, so kam es. Der Markgraf, vom kaiserlichen Heere gedrängt, warf sich nach Frankfurt und Lebus, wurde be¬ lagert, Lebus bcrannt und eingeäschert. Der Markgraf mußte im Lager des Kaisers bei Fürstcnwaldc um Frieden bitten, seinen Ansprüchen an die Mark entsagen und Berlin verlor manchen guten Bürger, der getödtet wurde, mußte auch den kaiserlichen Hauptleutcn für die Auslösung der Gefangenen große Summen in Silber*) entrichten. Der Kaiser aber, von der Rolle unterrichtet, tvelche Warden¬ berg gegen ihn gespielt hatte, befahl, denselben aus dem Rathe zu stoßen, was auch geschah. Berlin hatte aber das Vertrauen des Kaisers verloren. Nie hat er die Stadt mehr betreten und die Bitte der Rathmanncn, die Huldigung der Bürger in unserer Stadt zu empfangen, kurz abgelehnt. Wie Wardenberg aber bedacht war, selbst bei der kleinsten Gelegenheit sich auf Kosten der Stadt zu bereichern, zeigte sich auch in der Zeit, als die Stadt zum Kriege rüstete. Es kam darauf an, dem Heereshaufen der Stadt erfahrene Führer zu geben, wozu die Ritter Zclgow und Bardeleben sich alsbald bereit fanden. Bei ihrer Ankunft in Berlin wurde Zelgow zu Warden¬ berg und Bardelcbcn zu Petze Jacob in Herberge gelegt. Als die Stadt beide Ritter aus ihrer Herberge lösen wollte, berechnete Petze Jacob für Meth und Bier, welches getrunken worden, nur 2 Pfund Pfennige, während Wardenberg acht Pfund dafür ver¬ langte. Beide Ritter behaupteten jedoch, daß bei Jacob mehr getrunken worden sei als bei Wardenberg. Dieser würde sie aber genommen haben, wenn man sie ihm gegeben hätte.

Einer aus dem Volke.

Na, getrunken

auch rechtschaffen und freigebig waren sie auch.

haben sie aber

Da hat Mancher

mitgetrunken, der nicht 'mal Rathmann war. Ankläger. Nachdem Wardenberg aus dem Rathe entfernt worden, suchte er Haß und Zwietracht zwischen demselben und den Bürgern beider Städte zu stiften. Zu den Bürgern sagte er: Nicht auf Verlangen des Kaisers sei er aus dem Rathe entfernt, sondern weil er nicht habe dulden wollen, daß die Rathmannen das Geld der Stadt heimlich vom Rathhause wegtrügen. Wegen dieser schweren Beschuldigung klagte der Rath wider ihn vor Gericht, wo

*) Dipl. Beitr. IV, 177.

Wardenbcrg seine Unschuld beschwören wollte.

Als

er

den

Eid

leisten wollte, erschienen 40 Bürger vor Gericht, um seine Rede zu bezeugen; er aber gestellte wohl 50 Bürger und inchr als seine

Eideshelfer, leistete den Reinigungseid und der Rath konnte nichts dagegen thun.*)

I,

cs waren ihrer ja noch mehr Einer aus dem Volke. als fünfzig, das wissen die, die heute auf der Schöffcnbank sitzen, die waren auch dabei. Ankläger. Hierauf gelang cs ihm und seinen Freunden, wiederum in den Rath zu kommen; man wählte ihn sogar zum Abgeordneten nach Brandenburg, wo Ritter und Städte zusammen-

kamen, um einen Landfrieden zwischen dem Erzbischof von Magde¬ burg und der Mark zu vermitteln. Statt aber für den Frieden zu sprechen, beredete er sich mit den übrigen Städten, die Aner¬

bietungen des Erzbischofs zurückzuweisen, so daß der Landfrieden zum Schaden des Landes nicht zu Stande kam und Berlin hier¬ auf noch in vielfache Fehden mit Rittern und Knappen verwickelt wurde.**) Dies war die letzte Unthat, welche Wardenbcrg vollbringen konnte. Der Haß, welcher die Bürger gegen ihn ergriffen hatte, steigerte sich von Tag zu Tag und drohte, in Gewaltthätigkeit auszuarten, der er nur durch seine Flucht und Abwesenheit entging. Jetzt kehrt er mit einem Schutzbrief des Königs zurück und fordert dieselben Rechte, die nur dein guten und achtbaren Bürger Darum, Herr Richter, unserer Stadt zu Theil werden können. bitte ich im Namen der Bürger, über die angebrachten Klagepunkte entscheiden zu lassen.

Der Richter. Tyle Wardenberg, Du

hast die Klage gehört;

was sagst Du dazu?

Wardenbcrg. Ich

sage, daß

mir Gewalt und Unrecht ge¬ Königs stehe und Ihr über

schieht, daß ich unter dem Schutze des

mich nicht richten dürft.

Richter. Du bist auf Zetergeschrei vcrfcstct und gefesselt vor Gericht gebracht, und deshalb muß trotz Deines Schutzbriefes über Dich die Klage vor den Schöffen gcurtheilt werden. Ich frage Dich daher zum Andern und zum dritten Male: Was hast Du auf die Klage zu antworten?

Wardenbcrg. So will

Antwort geben, Die Fürsten hatten Landtage versammelten Herren Mannen und Städte ich Euch denn eine

kurz und recht, die Vielen nicht gefallen mag.

die auf dem lange auf den Abschied warten lassen, denn sic konnten vor Fest¬ lichkeiten, Mummereien und Zitherspiel nicht dazu kommen. Fiel es

Ihnen nun plötzlich ein, von dannen

zu ziehen und die wich¬

tigsten Sachen des Landes in den letzten Augenblicken zu verab¬ schieden, so glaubte ich, daß der folgende Tag dazu besser geeignet sein würde.

Mehrere Stimmen. Wardenbcrg

Büttel.

hatte Recht. Und wenn er auch Recht hatte, so sollt

Ihr

doch

schweigen.

der

Wardenberg. Dem Uebcrsall der Pilgerin in Stadt würden meine Kumpane im Rath nicht ein

Mitgefühl

der Nähe so

großes

auf die Ergreifung der Thäter nicht so hartnäckig bestanden haben, wenn sie nicht gewußt hätten, daß die Thäter Söhne einige meiner Freunde waren. Aber nicht darum habe ich die Verfestung unterlassen, sondern weil die Thäter junge Narren waren, die weder durch die Schönheit des alten fahrenden Weibes, noch durch deren Pfennige zu solchem dummen Streich hingerissen werden konnten. Hätte ich sie verfesten und vor Gericht stellen lassen, so würde die Todesstrafe unausbleiblich gewesen sein. Das Weib erhielt Zehrung und Herberge und zog wohlgcmuth des andern Tages von hinnen. Die jungen Tollköpfe blieben aber geschenkt und

*) Dipl. Beitr. I, 179. **) Dipl. Beitr. I, 179.

134 nicht ohne Strafe, freilich war sic eine mildere, die sie besserte. Sic gehören noch jetzt zu den besten Bürgern der Stadt. Mehrere. Das sind die Winse und die Rathenow's! Brave Jungens! Hoch! Ein Anderer. Ich habe die lange Spille am andern Morgen abziehen sehen. Sie hatte die Nacht im grauen Kloster geschlafen und die Schwestern aus dem Beghinenhause und zwei. graue aus der Klosterstraße gaben ihr das Geleit. Sie hatten alle gut ge¬ frühstückt und zogen ganz sidel zum Odcrbergcr Thore hinaus. Richter. Wenn das Voll nicht ruhig ist, so rufe der Büttel die Stadtknechte. Büttel. Der Herr Richter will Ruhe, also Ruhe hier draußen.

Richter (zu Wardenberg). Fahr' fort. Wardcnberg. Daß ich dem zweiten Kämmerer

die Schlüssel

zur Geldkistc der Stadt abforderte, geschah zu seinen Gunsten, um mich zu überzeugen, ob der Verdacht der Untreue, der im Stillen gegen ihn umhergetragen wurde, gegründet sei, oder nicht. Ich er¬ fand ihn treu und erhielt der Stadt einen redlichen Diener. Freilich sind den Rathmannen, die während meiner Abtvcsenhcit mein Siindcnrcgister im Stadtbuche verzeichneten, solche Maßregeln un¬ erhört und hätten sic wohl gerne gesehen, daß ich deshalb vor den Richter gestellt worden wäre. (Außen anhaltendes Gemurmel.) Büttel. Ruhe, oder ich rufe die Stadtknechtc. erst

Einer aus dem Volke. Man jetzt noch nicht, wir wollen Wardenbergcn hören und wollen wissen, was sic aus ihm

machen.

Richter. Wardcnberg, fahre fort. Wardenberg. Ferner legt man mir

zur Last, Aufruhr Berlin und Cöln zum Kriege gegen ihn gezwungen zu haben. Man hat aber vergessen, daß Markgraf Otto unser rechtmäßiger Landesherr war, dein wir Treue geschworen hatten. Man hatte seine Schwächen wohl im Gedächtniß behalten, gegen den Kaiser erregt und

aber vergessen,

sagen, daß er oft ein Herz für die Mark Stiftungen geinacht und manche der Städte, so-

mein Getränk besser war als das bei Petze Jacob, und das meinten auch die Rathmannen, so mit ihnen getrunken hatten. Aber wie viel sie getrunken, wollte keiner wissen, deshalb habe ich auf die Bezahlung verzichtet.

Einer aus dem Volke. Was wahr ist, muß wahr bleiben. Wardenbergs Bier war immer das Beste. Wenn er gebraut hatte und die Kiepe 'raushing — was da hieß: „Jetzt kommt ein frisches Faß d'ran" — so hatte er gleich das Haus voll Gäste. Wardenberg. Und was nun endlich den Landfrieden be¬ trifft, zu dem der Erzbischof sich erboten hatte, so erinnere ich an das alte Berliner Sprüchwort: „Pfaffen und Laien sind selten gut' Freund; das kommt von der Pfaffen Gierigkeit." Einer aus dem Volke. Und, Wardenberg, die Unkeuschheit vergiß nicht. Büttel (sehr eifrig). Ruhe, oder es thut nicht gut! Ein Anderer. Du, stille! Jetzt wird er wild, denn seine Olle wartet ja auf im Kloster. Wardenberg (fortfahrend). Wir wissen ja aus alter Er¬ fahrung, daß wir mit den Herren Pfaffen, besonders den Hohen, selten Glück hatten und mit ihnen nur dann ein leidliches Geschäft machten, wenn man ihnen die Zähne wies. Diese Ansicht theilten auch meine Mitdeputirtcn von den Städten und deshalb kam der Landfrieden mit dem Erzbischof nicht zu Stande. — Ich bin jetzt fertig, Herr Richter. Sollte ich mehr sagen, so würden meine Gegner erröthen müssen. Richter. Ich frage den Ankläger, ob er auf Wardenbergs Rede noch etwas zu entgegnen hat. Ankläger. Ich habe weiter nichts anzuführen und vertraue den ehrbaren Schöffen, daß sie Wardenbergs Gegenrede nach ihrem Werth beurtheilen und als freie Männer nach strengem Recht er¬ kennen werden.

Richter. So fordere ich die Schöffen auf, und das Urtheil zu finden.

sich zu

bewiesen, fromme

weit seine bedrängten Verhältnisse dies gestatteten, begünstigt hatte. Seine Sache war also zur Zeit noch keine verlorene und es kam nur darauf an, daß jeder Bundesfreund, jeder Unterthan seine Schuldigkeit erfüllt hätte. Aber als, wo es galt, Treue zu üben, die Verbündeten, — was Gott geklagt sei! — als, sage ich, die meisten seiner Vasallen zum Kaiser übergingen: da war es an der Zeit zu zeigen, daß Berlin und Cöln zu diesen Abtrünnigen nicht gehörten.

Viele im Haufen. Sehr wahr! Berlin immer vorauf! Wardcnberg (fortfahrend). Sie mußten mit gutem Beispiel vorangehen! und dazu war es nöthig, meine Gegner im Rathe und bei den Gemeindebürgern zur Rüstung zu zwingen. Daß dies nur durch außerordentliche Mittel geschehen konnte, wird Jeder Leider waren durch das Ausbleiben aller Hülfe, durch einsehen. Verrath im eigenen Lande, durch das schnelle Vorrücken des Kaisers, hauptsächlich aber durch die Muthlosigkeit, welche den Markgrafen niederdrückte, alle Anstrengungen umsonst. Er gab den Kampf aus und sich damit in die Hände des Kaisers. Was ich jetzt hierüber gesagt, das habe ich ebenso dem König Sigismund gesagt und er, der Sohn des Kaisers, dessen Gegner ich war, war hochherzig genug, mir nicht zu zürnen und zum Beweise dessen mir einen Schutzbrief zu geben. Die biederen Männer, seine Abgeordneten, welche grade zugegen waren, können dies bezeugen.

sich zu

berathen

(Diese reden leise miteinander.) Schöffen urtheilen für Recht gegen Tyle „Wegen Friedebruch — Tod durch das Schwert!"

Ein Schöffe. Die Wardenberg:

Richter (zum Volke). Ich verkünde das Urtheil der Schöffen wider Tyle Wardenberg: „Wegen Friedebruch — Tod durch das Schwert!" (Zum Büttel) Büttel, führe den Verurtheilten in's Gefängniß zurück und ihn streng, bis zu seiner Hinrichtung. Blankenfelde. Halt, Büttel! Löse ihm die Fessel! (Es geschieht.)

bewache

Uinständer und Volk (rufen wiederholt). Gnade! Gnade! Blankenfelde (zu Wardenberg). Tyle Wardenberg! Die Schöffen haben nach dem strengen Buchstaben des Gesetzes und nach der That geurthcilt und dürfen die Beweggründe ungesetz¬ licher Handlungen nicht in die Wagschale des Rechts werfen. Aber ich, der Aldermann dieser Stadt, habe die Macht, den Ausspruch des Gerichts zu mildern: —

Ich begnadige Dich.

bestätigen die Wahrheit. mir zum Vorwurf gemachten

(Außerhalb.) Der Aldermann hoch! Wardenberg hoch! Blankenfelde. Doch ganz ohne Strafe darfst Du nicht bleiben, damit der Friede in der Stadt und dein eigener, fürder nicht gestört und der Würde des Gesetzes, wie des Gerichts nicht gänzlich entgegengetreten werde. Veräußern darfft Du Dein Erbe in der Stadt und Deinen Besitz in Pankow, den Du von und zu Lehn trägst, wozu Dir bis über 14 Nächte freies und sicheres Ge¬ leit ertheilt wird. Aber alsdann wirst Du über die Grenze unseres

Mcth und Bier der beiden Hauptleute hätte man billig schweigen sollen, denn sie und ihr Gefolge haben so lange getrunken, bis alle Fäsier in meinem Keller geleert ivaren. So viel wußten sie nur, und das haben sie mir selbst gesagt, daß

Weichbildes geführt werden und nie wiederkehren. Du kennst ja die Strafen, welche Dich treffen würden, wenn Du es dennoch thun wolltest. (Er faßt Wardenbergs Hand und geht mit ihm zur Seite)

Die Abgeordneten. Wir Wardenberg. starken Verbrauchs von

Wegen

des

135 gebe nicht mit (Stimm von hinnen. Sei überzeugt, daß ich nie zu Deinen Gegnern gehört, sondern immer gut über Dich geurtheilt und das, was ich an Dir nicht verstanden. Deinem über¬ spannten Freiheitssinn und Deinen wunderlichen Ansichten, die Du

Tyle,

in den Hansastädten und auf Deinen Sendungen eingesogen, wie Deinem heftigen Temperament zu Gute gehalten habe. Lebe Wohl!

(Sie

Wardenberg

Theil des Terrains, das dein Oberjägcrrncister von Herlefeld im Jahre 1709 von der „Bastion am Jägerhofe", die auf unserer Illustration rechts vorn Jägerhause sichtbar, zur Bebaurmg gegeben wurde.

drücken sich die Hände.)

(nach außen).

beiden Jägcrstraßen ihren Namen. Die „Hausvoigtei" (seit 1750 Sitz dieser Behörde) bildete ehedem einen Theil des alten Jäger¬ hofes und das Haus von „Treu und Nuglisch" steht auf einem

Ich weiß, daß mir Freunde

zurückbleiben, denen ich von Herzen danke und deren ich nimmer vergesicn werde. Ich sage ihnen Lebewohl. Was mich tröstet in dem Augenblick, wo ich von Euch und von dem Ort scheide, für dessen Freiheit, Ansehn und Wohlfahrt ich mein Herzblut gerne hingegeben hätte, ist die Ueberzeugung, daß die alten Vorurtheile, die unseren Geist gefangen halten, von der Vernunft besiegt, endlich verschwinden und unsere fernen Nachkommen, wenn sie die längst vergilbten Blätter unseres Stadtbuchs lesen, milder über mich

richten werden!

(Der Vorhang fällt.)

Miscellen.

In

diesem alten Jägerhause wohnten also die kurfürstlichen

Jäger, und als das „Neithaus" in eine Kirche (die Werdersche) verwandelt wurde, verwahrte man auch im Jägerhofe das Jagd¬ zeug. Im Lause des Jahrhunderts wurde das alte Gebäude bau¬ fällig und inan dachte an einen Neubau. Der Baumeister Nering, der schon früher für den Minister Danckelinann das Fürstenhaus (in der Kurstraße), ferner das schöne Haus des Marschall Derfflinger (ain kölnischen Fischmarkt Nr. 4) errichtet hatte, baute 1790 das neue Jägerhaus in der Jäger¬ straße, sowie es unsere Illustration zeigt, als eine Wohnung des Oberjägermeisters, zwei Geschoß hoch, mit einer ionischen Säulen¬ stellung, das jetzige Bankgcbäude. Ich bemerke hier, daß die Bank, che sie ihren gegenwärtigen Wohnsitz einnahm, auf der „Do¬ rotheenstadt im ehemaligen Thilo'schcn Hause" residirte.

im Jahre 1690

Dieses neue Prachtgebäudc wurde, wie das alte, die Amts¬ wohnung des Oberjägermeisters, oder wie Herr von Pöllnitz sagt: La Venerie royale est un grand et magnifique bätiment, ou

lich jenseits der Schloßbrücke sehr breit und hatte damals und noch bis 1660, wo die Befestigungen angefangen wurden, drei Aus¬

loge le Grand Veneur avec tous les officiers de la Venerie. II y a aussi le Grand-Cheuil et des Magasins pour tous les equipages de la chasse.“ Im Jahre 1770 wanderte das Jagd¬ zeug nach Schloß Gruncwald. In die Räuine des Jägerhauses

Das Jägerhaus auf dem Werder (die heutige WcichsbanK) Kurfürst Frie¬ (siehe Illustration Seite 125). Schlosses in 1442 Platze zum des mit dem Bau drich 11. erhielt war näm¬ nahegelegenen Werder. Die Spree den Kölln zugleich

Hierdurch waren zwei Inseln oder Werder gebildet worden. 1585 beginnt die Bebauung des Werders. In diesem Jahre ließ Johann Georg ein schönes Haus neben dein Schlosie erbauen „worin die Alchymisten künstelten", ferner einige Häuser für Hofbediente. Alle diese Häuser verfielen wieder in den argen Zeiten Auf dem zweiten Werder — mit des dreißigjährigen Krieges. dem wir es hier zu thun haben — scheinen im 16. Jahrhundert Ein kurfürstlicher Holzgarten keine Wohnungen gewesen zu sein. war an der Stelle, wo gegenwärtig noch die Holzgarten st raße

flüsse.

befindet, im übrigen befanden sich hier Gärten kölnischer Bürger. Einer dieser Gärten, der etwa dort lag, wo jetzt Ober¬ wall- Jägerstraße und Hausvoigteiplatz, gehörte dem Tobias sich

daneben befand sich ein kurfürstlicher Jägcrhof*) und bei diesem endete damals oder begann der Thiergarten. Als der Jägerhof baufällig geworden, wurde im Jahre 1604

Spiegel,

— um die Kosten eines neuen Baues zu ersparen — das „Ge¬ bäude des Vorwerks der Kurfürstin Katharina" zum

Mit diesem Vorwerk verhielt es sich fol¬ Johann Georg hatte den in der kölnischen Vor¬

Jägerhofe gewidmet. gendermaßen.

jetzigen Jäger- und Kronenstraße gelegenen Garten angekauft und die Kursürstin Katharina hatte § hier einen Viehhof, ein Vorwerk errichten lassen. Bekanntlich spricht man dieser Fürstin das Verdienst zu, die Milch wirthschaft in die Mark eingeführt zu haben. Dieses Vorwerk also, von dem man die dort gewonnene Milch nach Kölln und Berlin zum Ver¬ kauf brachte, wurde zum „Jägerhose" gemacht und gab später den

stadt zwischen der

i Spiegelschen

aber war schon 1765 die „Königliche Banco" eingezogen, mit deren Geschichte wir uns in Nr. 14 und 15 beschäftigen werden.

Anfänglich benutzte die Bank nicht alle Räume des großen Ge¬ bäudes, in den oberen Geschossen befanden sich noch 1785 das „Oberbaudepartemcnt" und die „Haupt-Nutz- und Brennholzad¬ ministration". Nun breitet sich die Bank immer mehr aus und nicht lange mehr wird es dauern, und das kleine häßliche Ge¬ bäude der „Hausvoigtei" ist mit zur Bank gezogen worden. Auf unserm Bilde, das nach der Stridbcck'schen Aquarelle aus dem Jahre 1690 gezeichnet ist, sieht man den ehemaligen Wall, welcher der Wallstraße den Namen gab. Ferner erblickt man in der Ferne — jedoch in nicht ganz richtiger Perspektive — die Gertraudten- (Spittel-) Kirche. —

Dominik. Wilder von der Stadtbahn (Hierzu die Illustrationen Seite 131). Diese erklären sich von selbst. Die erstere gewährt ein überaus hübsches landschaftliches Bild, die untere zeigt den großen östlichen Endpunkt in einer allerdings weniger malerischen Gegend unseres „schönen Berlin". Der Frankfurter Bahnhof selber hat einen gewaltigen Umbau erfahren, und kann sich jetzt voll und ganz mit den großen Konkurrenten, dem „Anhaltischen" und „Potsdamer" messen. Vielleicht trägt die Eröffnung der Stadt¬ bahn auch dazu bei, daß seine Umgebung ein fteundlicheres Ansehen

erhält.

Wagolen. *) Anmerkung der Redaktion: Küster

|

pflanzer ist. — schreibt

(Theiln. S.

616)

wie folgt: „Zwischen dem Strom, der die Mühlen treibt und der Schleuse lag der eigentliche Werder, eine Insel. Auf dieser Insel stund sonst ein Häusgen, besten sich die Jägerei bediente und von einem Jäger bewohnt worden. Aus der andern Seite der Schleuse war ein Garten, in welchem Bären gehalten wurden und soviel das sehr morastige Erd¬ reich leiden wollen, Brennholz darum gesetzt worden; wie denn noch itzo auf dem Friedrichswerder eine Straße den Namen von Holzgartenstraße

f führt."

der französischen

war, bin

Antwort an Guben von Einem der auch Kirsch¬ einer Zeit wurzelnd, wo eine genaue Kenntniß Sprache an einem Berliner noch etwas Alltägliches

In

im Stande Auskunft zu ertheilen. Rigoles sind Gräben, in welchen das Wasser, zur Ueberrieselung bestimmt, in die Gärten läuft. Man braucht es auch für jede im Garten zum Zweck des Pslanzens aufgeworfene Längs¬ vertiefung. Rigoles — zu Deutsch Stürzen (ein dem Volk bei uns nicht geläufiges Wort) — Rigolen im Sinne des wagenden Gubens, heißt, wie jeder weiß, das Erdreich tief auflockern, indem

Rinnen,

ich

auch kleine

136 man Gräben zieht, die dann sogleich wieder mit anderer Erde ausgefüllt werden. Najolcn ist landesüblicher Berolinismus oder Marchismus; vielleicht, was das a statt des i anbelangt, in dieser Form schon dialektisch von den Refügiäs des 17. Jahrhunderts mitgebracht; Rijolen nur Bücherwort.

Der Scharfenberger.

des

Antwort aus Herrn Ph. L.'s Anfrage S. 100 , 1 . Spalte „Bär". — Die Beschuldigung Bielefeld's findet sich in den

„Bottres familiäres et untres de Monsieur le baron de Bielefeld,“ Brief 13, (it la Haye chez Pierre Gosse Junior et Daniel Pinet, 1763) S. 121 und lautet: „On pretend meme qu’il avait dessoir de reduire eette ville (nämlich Charlottenburg) en simple bailliage et de faire couper le superbe parc qui y eonduit depuis les portes de Berlin.“ Kurz vorher heißt es: Be veu roi (Friedrich Wilhelm I.) qui avait une espece d’aversion pour tout ee qui venait de Frederic 1. et ne pouvait souffrir cet air de magnificence que ce prince a imprime ä tous ses etablissements,

Auflage ausnterzen. In das Berlin des großen Friedrich gehört — soll schon ein Plan beigegeben werden — der von Schienen,

Schmettau

Rohden; der Schulz'sche Plan von 1688, Theil aus unserer diesjährigen Nummer eins

oder von

den unsere Leser zum

kennen, bleibe immer der Regierungszeit des Großen Kurfürsten zu eigen. Ich möchte wünschen, daß die Kunsthandlung von Amsler L Nuthardt diesem Bande einen zweiten zuftigen möchte, welcher das Berlin von 1580 tmd 1680 in ähnlicher Weise dar¬ stellen möchte, wie im vorliegenden Werke das von 1780. Mit Hülfe der großen Oesseldschen Sammlung, mit Meister Stridbecks Skizzenbuch und einzelnen älteren Kunstblättern ließe sich ein Band herstellen, der fast noch malerischer und interessanter sein würde, als der jetzt erschienene, und der jedenfalls eine schätzenswerthe Ergänzung des vorliegenden bieten würde.

Briefkasten.

avait temoigne, pendant les 27 annees de son regne, une vraie antipathie pour Charlottenbourg. G. B.

Gi. Ä. Das Alter Leser.

Schlesische

Thor hieß

ehedem „Wendisches

Thor."

Herrn Clausing

das kindliche

Vergnügen, Jubiläen ju feiern, wo keine zu feiern sind.

Der Mann

will

Lassen

Sie

doch dem

Geschäfte machen.

Ich verspreche Ihnen, wenn ich einmal die Berliner Dummheiten" schreiben sollte, daß ich auch diese

Alter Biirger Berlins.

Literatur. Merlin vor 100 Jahren,*) so nennt sich ein Prachtalbum, das soeben die bedeutendste Kunsthandlung unserer Stadt heraus¬ gegeben hat. Die Herstellung der Kunstblätter — Rosenbergs Stadtansichten vor 100 Jahren und der bekannte Schulz'sche Plan von 1688 — geschah durch Lichtdruck, der erklärende Text rührt von Ludwig Pietsch her. Das Prachtbuch in seinem echten Per¬ gamentbande ist ein überaus schönes Weihnachtsgeschenk für den Berliner, und sei hiermit bestens empfohlen. Die kleinen redaktio¬ nellen Schwächen des Werkes lassen sick) vielleicht bei einer zweiten

„Geschichte der

Angelegenheit mit allen handelndeil Personen aufnehmen werde. E. v. L. Der feierliche Einzug des Kronprinzlichen Paares in Berlin fand am 8. Februar 1858 statt. Am 6. Februar waren die in London am 25. Januar Vermählten in Potsdam eingetroffen. Ich kann Ihnen keine Auskunft darüber geben, wo die Vermählung des jungen Fürstenpaares — des Prinzen Wilhelm und der Prinzessin Auguste Victoria — stattfinden wird, ob iir London, Primkenau oder Berlin. Vielleicht weiß das einer unserer Leser.

Inhalt.

') Anmerkung. Der genaue Titel lautet „Berlin vor 100 Jahren. Zwanzig Prospekte interessanter Bauten, Straßen und Plätze der Residenz Friedrichs des Großen von Jean Ro send erg. Dazu ein Titelbild von Adolf Menzel und begleitender Text von Ludwig Pietsch. In Lichtdruck neu aufgelegt durch die Kunsthandlung von Amsler & RutHardt. Berlin 1880. wird: Antiqu. Verzeichnis« Mo. 182 . Bibliothek Hagen’s (Königsberg) I. Abtli. Geschichte, besonders «st¬ und West-Preussen. [83] Berlin. Jägereir. 53 . J. A. Stargardt.

Lottchen Lindholz, eine Berlinische Geschichte aus dem 17. Jahr¬ hundert von Ludovica Hesekicl (Fortsetzung). Tyle Wardcnbergs Verurtheilung, Sittenbild aus Berlin's Vorzeit, von Fidicin. Miscellen: Das Jägerhaus auf dem Werder (die heutige Reichsbank) im Jahre 1690 (mit Illustration); Bilder von der Stadtbahn 5 und 6. (Brücke bei Moabit und lieb ergänz beim Frankfurter Bahnhof); Ragolen; Beschuldigung Bielefeld's. Literatur. Briefkasten. Inserate. —

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Theodor Fontane, Unter Mitwirkung von: £. Aifieri, f. Ürunold, Prof. Dr. Georg Süchmann, Prof. Dr. p. Cassel, Stadtarchivar Fidicin, Horn, Dr. Hermann ületkc, Fcrd. Meyer, Dr. Ferd. Pflug, Dr. H. pröhle, L. Achillmann, Direktor Fudovica HescKiel, Dr. rc. wagener Potsdanr in Wilhelm Zchwartz in Posen, Archidiakonus Zchwebel in Cüstrin, Stadtrath Adolf Streckfuß, Heinrich

VII. Jahrgang. Nr. 12.

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