Der Bär. Berlinische Blätter für vaterländische Geschichte und Altertumskunde [2]

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Berlinische Blätter für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde. Unter Mitwirkung von Brecht, Prof. Dr. Paulus Cassel, Stadt-Archivar Fidicin, Th. Fontane, Geh. Regier.-Rath Frhr. Dr. von Ledebur, Geh. Hofrath L. Schneider, Archidiaconus Schwebet in Cüstrin re. re.

herausgegeben von

George

HM

und

Ferdinand Meyer.

Zweiter Jahrgang.

Berlin 1876. Verlag von Alfred Weile.

«NWS

.i'l A% Wicfce Gros

L^i-jb-yy J

Abhandlungen . — Srzählung. — Gedichte. 159

Lange.172

Mark Branden¬ 93. 103. Von Alex. Niederlausitzische Sagen, Märchen und Legenden.

149.

(Mit

.....

Schwebel. (Mit

E. Harlungerberg bei Brandenburg. Von vr. G. Sello 57. Heinrich, Prinz, der Bruder Friedrich des Großen. Historisches Gedenkblatt von A. v. Crousaz. (Mit Abbildung) 121. 136. 142. 151. Hinrichtungswerkzeuge, Berlinische und Märkische. Von Ferd.

199 85

Wernicke.189. (Mit

.

161

.

vr.

G.

Sello

Briefe mitgetheilt von

vr.

H.

Theaterplaudereien, Berliner, aus den zwanziger und dreißiger

128. 138. 167. 186. 305. Thurneiffer's Flucht aus Berlin im Jahre 1582. Vom Frhrn.

224

Ledebur.77

vr. L. v. Von A. Lieber . . Ueberlieferungen aus dem Heidenthum. Urnenfundstätten bei Bölkendorf und auf den Inseln des ParsteinSee's. Bericht von H. Verfassung, Aelteste, in den Marken. Von A. Hosfers . .

115

Lange.107

— — Berichtigung

hierzu.216

Wappen und Farben der Stadt Berlin.

Von

197

Fidicin. (Mit

.185 F.41

Schwebe!.25 Hiltl. (Mit

Wasser und seine Bewohner in der Sage der

....

Mark Branden¬

burg. Von Oscar Zeughaus, Das Königliche, in Berlin.

Von G. 33. 42. 67. 75. 81. 106. 127. . Zuckersiederei-Compagnie, Berlinische. Von Ernst Rühl. Zum hundertjährigen Geburtstag der Königin Luise. Gedicht

Abbildung)

.

.

145 217

von L.

Mircellen.

.176 Kolonisten.80 Schriften. Eisen.72 Originelle.72 Sonderbare.111. Abbildung). Sagen.130 Clop.176 Bibelleser.120 Neumark.130

Abendmahlskelch Joachims

Ausflug

nach

Friedrich

I. und

Berlin 1784

II.

(Mit Abbildung)

Grabschriften, Joachim II. und der Jesuit Lampert der

Seite

Prinzessin Friederike Charlotte

Küstrin.176 Mark.148 ©fite

'

Siegel, Heinr., Prediger zu Sterndeutung in der Strübe, Georg, Diakon zu Havelberg Titel geistlicher Bücher und Ueberschwemmung des Rondeel's (Belle-Allianceplatz) 1829.

96 195

die französischen

Gold gab ich für Grabschrift,

Mohrin in

19

Uhde.235 Jahren.

Theater, Berliner, unter Döbbelin.

Eine abenteuerliche Geschichte aus den Tagen Friedrich Wilhelms I. Von Ludovica Hesekiel. 9. 17. 30. 39. 49. 70. 78. 88. 99. 109 Knokenhouwer Berlins. Von Ferd. Meyer. (Mit Abbildungen) 179. 193. 203. 213. 223. 234 Königin Luise. Ein Gedenkblatt von Emma Handen . . 56 Königs-Geburtstag in Berlin. Von Ferd. Meyer . . . 53 Lehninische Weiffagung. Von vr. G. Sello. (Mit Abbildg.) 101 Lenzen, Stadt und Burg. Von Ferd. Meyer. (Mit Abbildung) 141. 154. 174. 191 Leutinger, Nikolaus, und die Berolinenfia seiner märkischen Chronik. Von stur. Jur. Holtze . . . 29 1. 15. Literat, Ein Berliner, aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Von

Hiltl

6

Abbildung).61

27

an von Dalberg.

Fontane.180

G.

116

Schwartz.86 Quandt.182 ....

Von vr. H. Uhde 83. 96 Jnsel-Actiengesellschaft in Berlin. Von R. Böringuier . . 118 Joachim Friedrich's Kost- und Kleiderordnung für die Städte Berlin und Cöln, vom Jahre 1604. Von P. Quandt 229 v. Katte'sche Familiengruft in Wust bei Jerichow. Von Th. Kleement.

...

4 133. 147. 155. 164 Schwcizer-Colonien im Ruppinschen unter Friedrich III. Von vr. W. Siegelschaale, Hohenzollernsche. (Mit Abbildung) . * . . 201 Sommerresidenz Joachim Friedrich's von Brandenburg (Joachimsthal). Von P. 87 Spandau, Ueber den Namen der Stadt. Von vr. Beck . . Stralauer Fischzug. Von R. Böringuier 157. 170 Tempelhof bei Berlin. Von Oscar Schwebe! . . . . 125 Tempelhofer Fehde vom Jahre 1435. Von vr. Brecht. (Mit

Abbildung).169

Abbildung).3.

(Mit

vr. W. Schwartz

Meyer. (Mit Abbildung) . Sagen und Gebräuche, Märkische. Von

Horsteines jungen königlichen Aar's. (Rheinsberg) VonA. Meyen.

Jffland's Briefe

Von

Prüfer.231 Lange.47

vr. Brecht. (Mit Abbildung)

ans Brandenburg a. H.

Dr. F.

Rabenau. Mit Anmerkungen von E. Friede! . . Nicolaikirche in Berlin. Von Th. Oderberg in der Mark. Von Perleberger Rechtsalterthum. Von vr. G. Sello . . . . Podewils'sche Palais in Berlin (Klosterstraße 68). Von Ferd.

64

192

Beiträge zur,

Meyer.

burg.

73

177. Von

Glockenkunde,

— — Ergänzung von

Abbildungen).113

Von

48 221

Nachlese zu den Sagen und alten Geschichten der

209. 219 Von

Dom zu Fürstenwalde. Von Oscar Schwebet. (Mit Abbildung) Eckenberg, Johann Carl von, der starke Mann. Eine Studie zur Theater-Geschichte Berlins von L. Schneider 13. 21. 35. 43. Elends-Gilden und Kalands - Brüderschaften. Von Oscar Gesundbrunnen bei Berlin.

Hiltl.

Von Eduard Krause.

Bombe, Eine verlaufene (1767). Von W. Buch, Johann von. Von F. Budczies Civil - Ehrenzeichen der Gemeinde Lunow und Stützkow.

Seite

Abbildung).88 Pflug.95

Abbildung).153 S.215

Bischof der Berliner Schmiedegesellen.

H.

Seite

Märkische Alterthümer. Von E. Friede!. (Mit Abbildungen) 24. Merian's Brandenburgische Topographie. Vonvr. G.Sello 211. (Mit Mohren, Die, aus der Behrenstraße. Von G.

Bär, Der, als Stadtwappen Berlins. Von vr. Paulus Cassel

9

120

Ulrike.120

.131

(Mit

Zehdener

j

Zorn, Bartholomäus, als

Literatur.

Album.227 Preußen.236

Sagen.207 .120 Heimath.91 Jahrhunderts.196 Nachrichten.208 ...

Seit«

Seite

Brandenburgisches von Hahn W., Friedrich Henckel, Paul, Gedenkblatt für seine

Kritzinger, Kloster Lehnin und seine Prüfer, der Todtcntanz zu St. Marien in Berlin Riesel's Ausflüge in die märkische Scheube, die Frauen des 18.

Hopfner, Perleberger — Potsdamer Hohenlohe-Waldenburg, das heraldische und decorative Pelzwerk 227 Kahler, der große 80 Kießling's Topograph. Karte der Umgegend von Berlin . . — Touristenkarte von

Schneider, Berlinische Schwebet, der Tod in deutscher Sage und Dichtung — Kulturhistorische Bilder aus der alten Mark Brandenburg Thomae, Geschichte der Stadt und Herrschaft Schwedt Werner, Bonifacius der Apostel der Briefkasten 20. 40. 52. 60. 80. 112. 120. 131.

Freunde.12 Hiltl, Wetterwolken.20 Reimchronik.60 Liederchronik.111

Kurfürst.60 Potsdam.131

...

.

.

.

...

90 227 51

Deutschen.80 227

1.

II.

Januar 1876.

Das Nlatt

erscheint

Inhrqang.

Nr

1.

Ä'rcis vierteljährlich

monatlich zweimal

I

AK. 50 2'lg.

,A

h/ck- QK2

GABBBSC,

Unter Mitwirkung von Dr. Drecht, Pros. Dr. HaulttS Kassel, Stadt-Archivar Jidicin, Uheod. Fontane, Geh. Regier.-Rath Freiherr Dr. von Ledebur Geh. Hofrath L. Schneider, Archidiaconus Schwebe! in Cüstrin k. rc. herausgegeben von

George

AM

und

Jerdinand Meyer.

Das Blatt ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. 8) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Verlagshandlung von Alfred Weile in Berlin zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, vro 3gesp. Petitzeile 25 Pfg., werden von den Herren Haasenstein u. Vogler, Rud. Mosse, Beruh. Arndt, sowie von der Verlagsyandlung (Puttkamerstr. 6) entgegengenommen.

Nikolaus Leutinger, vom 8tuä. zur. Holtze. — Der Horst eines jungen königlichen Aar's, von A. Mcycn. — Das ehemalige Podewils'schc Palais in Berlin (Klostcrstraßc Nr. 68) (Mit Abbildung), von F. Meuer — Niederlausitzische Sagen, Biärchen und Legenden, von Alexander Rabenau, mit Anmerkungen von Ernst Friedet. — Die.Neberschwemmung des Rondeels (Belle-AIliance-Platz) in Berlin, 1829. (Mit Abbildung). — Kleement, Erzählung von Ludovica Hesekicl. — Literatur. — Briefkasten.

Inhalt.

Nikolaus Leutinger Berolinensia in seiner märkische» Chronik.

und die

Ätus wir

Urkunden

über die

überreich

und

aintlicheu

Mittheilungen

brandenburgischen Verhältnisse

anderer

Vo,n 8tuä. zur. Kokh-.*) Art sind 14 Jahr alt war, eine Freistelle au der Fürstenschule zu Meißen

im 1ö. Jahrhundert

unterrichtet; der einzige zeitgenössische Schriftsteller jedoch,

in schöner Form ein zusammenhängendes Bild dieser Periode ent¬ worfen hat, ist Nikolaus Leutinger. — Als zum ersten Male für die Freiheit des Glaubens in Deutsch¬ land die Schwerter gezogen wurden, im Jahre 1547, ward dem Pfarrer Nikolaus Leutinger zu Landsberg an der Warthe, von seiner Gattin Lucia geborene Birnbaum, ein Sohn geboren, welcher in der Taufe den Namen Nikolaus erhielt. Noch während der Kinderjahre dieses Knaben griff die Hand des Todes in das Familieuglück des Predigerhauses ein: binnen wenigen Stunden raffte eine damals in der

Landsberg wüthende Pest die Pfarrftau und fünf von ihren sieben

Kindern dahin. Der Vater, tief gebeugt durch diese furchtbaren Ver¬ luste, versuchte durch liebevolle Sorgfalt den beiden ihm übrig ge¬ bliebenen Kindern, unserm Nikolaus und seinem jüngeren Bruder Balthasar, so viel als möglich den Verlust ihrer Mutter zu ersetzen; er arbeitete redlich an seinem Theil mit daran, den Geist dös auf¬ lim aber Nichts an der Erziehung geweckten Nikolaus zu entwickeln, zu versehen, vertraute er ihn gewiffcnhaften Pädagogen in Landsberg, Bernau und Spandau an, obschon seine Stellung ihm, die Kosten

einer so sorgfältigen Erziehung zu erschwingen, nicht leicht machte. es sich denn sehr glücklich, daß ein Herr von Reubel, wel¬

Da traf cher

Nikolaus aus der Taufe gehoben hatte, seinem Pathen, der jetzt

*) Bortrag, gehalten Geschichte

Berlins.

an, 27. November 1875

in

dem Verein

für

die

er¬

wirkte — eine Wohlthat , deren sich sonst nur geborene Sachsen zu erfreue» hatten. Hier in Meißen erweckte das Beispiel seines Lehrers Georg Fäbricius, eines namhaften Historikers, in dein Knaben Lust üud Liebe zu geschichtlichen Studien; auch der elegante lateinische Styl Leutinger's so wie seine große Gewandtheit, lateinische und

wir wohl als Früchte seines Die anregende Beschäftigung mit Wissenschaften, das gesellige Zusammenleben mit vielen Gleich¬

griechische

Verse zu

bauen,

dürfen

Aufenthalts in Meißen bezeichnen. den

strebenden, vielleicht auch die freundliche Umgebung der ehrwürdigen

Elbstadt, machten dem bevorzugten Günstlinge des Fabricins den Abschied von der ihm liebgcwordenen Stätte ziemlich schwer, als er auf Befehl seines Vaters die Meißener Schule mit der Universität Wittenberg vertauschte. Auch hier, wo er sich sehr wohl fühlte, war seines Bleibens nicht so lange, als er es wohl gewünscht hätte; denn da sein Landes¬ herr, Kurfürst Johann Georg, durch eine Verfügung bekannt gemacht hatte, er werde keinem seiner Unterthanen eine Stelle in Kurbrandenburg geben, der nicht wenigstens einen Theil seiner Studien auf der Landes-Universität Frankfurt a. d. Oder absolvirt hätte, sah er sich genöthigt, diese Universität zu beziehen, was wahrscheinlich 1571 In Frankfurt wirkten damals unter Anderen: Matthäus geschah. Hostus, aus Köln an der Spree gebürtig, wohlerprobt in der griechi¬ schen Sprache, und die gelehrten Kenner brandenburgischer Geschichte, welche sie oft im Gewände der Dichtung verherrlichten: Johann Schosser und Michael Haslob.

Diese Männer, besonders der stets gastfreie Hostus,

nahmen

in liebevoller Weise an, und noch in in dankbarer Erinnerung. Bis zum ihrer gedachte er späteren Jahren Frankfurt; in diesem Jahre bewarb er sich Jahre 1575 weilte er in nämlich, aus dringendes Anrathen seines Baters, dem es unmöglich wurde, bei seinen geringen Mitteln auch noch seinen jüngeren Sohn sich des strebsamen Leutinger

Balthasar ans

der Universität zu erhalten,

um die erledigte Rektor¬

ihm

Doch sie sagte

und empfing dieselbe auch.

stelle zu Krossen,

Durch eigene Anlage befähigt, durch Beispiel angeregt, beschäftigte er sich in

wenig zu, die neue Stellung. Schosser's

und Haslob's

mit

Mußestunden

seinen

geschichtlichen

Forschungen;

die

Kirchen-

Bibliothek in Krossen lieferte zu neuen Studien reichhaltiges Material. Kein Wunder daher, wenn ihm sein Rektorat, das zu vernachlässigen ihm seine Gewissenhaftigkeit verbot, überall störend im Wege .stand. Kurz entschlossen dankte er deshalb nach anderthalbjähriger Amts¬ führung ab, übernahm jedoch, durch seine Mittellosigkeit gezwungen, bald darauf das Rektorat zu Spandau. Da indeß auch hier die schon oben erwähnten Umstände hindernd

kurzer Amtsverwaltung,

eben so

wie

eingriffen,

iu Krossen,

so

legte er, nach

auch diese

Stelle

und blieb bis an sein Lebensende ein unabhängiger Mann.

nieder,

Nur einmal noch opferte er i dessen auf drei Jahre diese Frei¬ heit, als sein Landesherr, der Kurfürst Johann Georg, welcher durch einige Gedichte auf ihn aufmerksam gemacht worden war, ihm die durch den Tod seines

übertrug.

Leutinger.

Vaters zu Landsberg erledigte Pfarrstelle, 1580, der sonst jeden Vorschlag, mochte er eine

Heirath, ein Schul-

oder Kirchenamt betreffen, beharrlich von der Hand gewiesen hatte, glaubte sich dieser ehrenvollen Aufforderung nicht entziehen zu dürfen; länger aber als drei Jahre konnte er auch hier, wie gesagt, nicht aushalten. Dann verließ er 1583 die kur-

brandenburgischen Laude und siedelte nach seinem geliebten Wittenberg das er zum Ausgangspunkt seiner

über, machte.

jetzt

beginnenden Reisen

Diese Reisen führten ihn durch ganz Deutschland,

Italien,

Frankreich, England und Dänemark (hier krönte ihn König Friedrich

III.

zum Dichter und erhob ihn in den Ritterstand); ferner durch Schweden, Polen, Preußen und Rußland.

Es ist kaum glaublich,

mit wie kargen Mitteln

unter wie harten Entbehrungen und der schon alternde Mann diese für die da¬

malige Zeit ganz ungeheuren Reisen machte;

doch

freudig griff er

ihn 1612, auf einer Reise durch die Altmark, der Tod zu Osterburg als einen Mann ereilte, der „vieler Menschen Städte gesehen und Sitte gelernt hat." —

stets wieder zum Wanderstabe, bis

Dies ist, allerdings in dürftigen Umrissen, der Lebensgaug eines Mannes, welcher für die Entwickelung der brandenburgischen Geschichts¬ schreibung nicht ohne Einfluß gewesen ist. Er verfaßte nämlich, außer einer ganzen Reihe Gelegenheitsreden bei Familiencreignisfen des branden¬ burgischen und sächsischen Fürstenhauses, und außer vielen lateinischen

unter Umständen die für dieselbe nöthige Auskunft daraus schöpfen konnte.

So hatten

auch die Stadtschreiber

großen Publikunis im Auge, und

sie

Andrerseits waren die Werke über märkische Geschichte, welche den Gclehrtenkreisen, namentlich Universitäts-Professoren, wie

logische Abhandlungen über die Herrscher derselben und über altadelige

Familien.

So

gab es

also bis

gegen Ende des 16.

Mark im heutigen Sinne, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil beim Publikum kein Interesse dafür vorhanden war. Als aber im Reformations-Zeitalter die Renaissance das Wiederauf¬ blühen der Wissenschaften, auch im Nordosten Deutschlands, Lust und Liebe für die vaterländische Geschichte zu wecken begann, wurde das

Bedürfniß

nach einer

für weitere Kreise

allenthalben rege; und

so

Städte, in Klöstern und Bischofssitzen Jahr für Jahr

wissenhaft aufgezeichnet, was

sich

ge¬

Bemerkenswerthes ereignet hatte.

geschriebenen märkischen Chronik

treten seit dieser Zeit Männer auf, die es zu

ihrem Berufe machten, eine für das gebildete Publikum bestimmte vaterländische Geschichte zu liefern. Abgesehen nun von dem, als Quelle sehr brauchbaren, aber doch nur in sehr kleinem Maßstabe angelegten „ Mikrokronikon Marchicum", d. h. kurze märkische Chronik des Berliner Rektors Peter Hafft, sind es zwei Männer, die der bezeichneten Aufgabe näher treten: Angelus Engel und Leutinger — freilich in verschiedener Weise.

In

dem Wunsche, einem Jeden, selbst dem minder Gebildeten ver¬

ständlich zu schreiben, bedient der

In

deutschen Sprache.

Werke sagt er, daß er

sich

sich

Engel in seiner märkischen Chronik 1598 edirten

der Vorrede zu diesem,

„sonderlich befliessen habe, aus sehr vielen

glaubwüdigen Scribenten die Historien und Geschichte, so sich im Chur- und Fürstenthumb Brandenburg und derselben incorporirten Land und Herrschaft vor und nach Christi Geburt bis

auf

diese

unsere

betrübte Zeit begeben und zugetragen haben, auszuklauben und in Weiterhin versichert er, daß er eine richtige Ordnung zu bringen." mancherlei Oerter, Lande, Bibliotheken, Kirchen und Klöster besucht

Hieraus ersehen wir, daß Engel das, was er uns mittheilt, aus den beiden oben charakterisirten Gattungen von Chronikanten ge¬ Da er nun aber eines Theils, nach dem Beispiele der schöpft hat. gelehrten alten Historiker, topographische und genealogische Notizen

habe.

in allzu reicher Fülle in

die einfache

chronologische Reihenfolge der

anderen Theils den von den städtischen und

Begebenheiten einsticht,

klösterlichen Chronisten reichlich überlieferten Mißgeburten,

Kometen

und anderen Wunderzeichen eine zu ausführliche Behandlung widmet, so ist der Werth seines Werkes als Kunstleistung, nur ein geringer, wenn es auch als historische Quelle recht brauchbar ist.

Sein Hauptbestreben war, Da er nun in der

Ganz anders Leutinger.

Schon seit längerer Zeit wurde in den Stadtschreiber-Chroniken

Jahrhunderts keine

Geschichte der

eine vollendete Kunstform zu geben.

größerer

Schosser,

Jobst und Reineck ihre Entstehung verdankten, im Grunde genommen nur topographisch-geographische Beschreibungen der Mark, oder genea¬

Zeitraum von 1501 bis 1594, also so ziemlich das ganze 16. Jahrhundert, behandeln. Um die Bedeutung dieses Werkes zu verstehen, müssen wir einen Blick auf die, Leutinger vorauf gegangenen Chronisten werfen.

tragen deshalb, wie Jene, den

Charakter großer Einseitigkeit. —

und griechischen Gedichten, sein Hauptwerk: dreißig Bücher märkischer Geschichte, welche den

nur die Verherrlichung

und den praktischen Nutzen ihrer Heimath, nicht die Belehrung des

seinem Werk erst mangel¬

Muster dafür fand, auch nicht so war Genie genug besaß, sich Hieraus erklärt es er genöthigt, sie in der antiken Welt zu suchen. sich, daß er, im Gegensatz zu Hafft und Engel, seine märkische Chronik in lateinischer Sprache abfaßte. Für ein größeres Publikum schreiben,

haft entwickelten

deutschen Sprache kein

eine solche selbständig zu schaffen,

und

lateinisch

schreiben,

möchte uns heute,

wo die Kenntniß des

Doch schon der Umstand, daß jede Stadt, jedes Kloster derartige Jahr¬

Lateinischen nicht mehr zu den durchaus nothwendigen Erfordernissen

bücher anlegte,

des gebildeten

zeigt zur Genüge den Charakter derselben.

beispielsweise das so

Bisthum Brandenburg ein

geschah dies nicht

in

solches

Wenn

Jahrbuch führte,

der Absicht, irgend eine außerhalb des

Stiftes

stehende Person über den Entwickelungsgang und die Geschicke desselben

zu belehren; nur

für

Bischof, die Domherrn und die anderen geistlichen Angehörigen des Sprengels wurden die Aufzeichnungen ge¬ den

macht, damit diese daraus die Geschichte deffelben lernen, und man

Mannes gehört, unvereinbar erscheinen; in der Zeit aber, für die Leutinger schrieb, lagen die Dinge anders. Die lateinischen Schulen, die aller Orten bestanden, bewirkten es, daß Allen, die eine wissenschaftliche

Bildung

besaßen,

ja

einem großen

Theil Derer,

überhaupt lesen konnten, das Lateinische beinahe eben

so

welche

geläufig wie

das Deutsche war. —

Livius und Curiius

sind es nun, die Leutinger sich zu

Vorbildern

3

Unweit der mecklenburgischen Grenze liegt nun solch' ein Städt¬ was namentlich Aussehen und Comfort anbelangt, dennoch aber berühmt und unvergeffen dem Geschichtsfreunde. Es ist Neu-Ruppin, das man per Dampf, über Neustadt an der

wählte, und in deren Nachahmung er so weit geht, daß er manche Reden, die Jene bei Begebenheiten in der griechischen und römischen Geschichte halten lassen, in seine märkische Chronik aufnimmt, wenn er hier Vorgänge schildert, bei denen sie eben so gut hätten gehalten werden können. So ist es natürlich, daß bei Leutinger die Wahrheit der Schönheit die erste Stelle einräumen muß, seine Chronik daher als Geschichtsquelle einen geringeren Werth als die Engel'sche hat. Aber kein niärkischer Chronist giebt in so lesbarer, anmuthiger Form ein Bild von dem Entwickelungsgänge der Mark im 16. Jahrhundert, mit einem so klaren Blick für die Verhältnisse im Reiche, die Politik Frankreichs und der Pforte, das breite Treiben und Wogen der Refor¬ mation — Faktoren die sämmtlich von eingreifenden Folgen für die

— mit einem

chen, unbedeutend,

er

in

mit

für

gewiesen, den man jedoch leicht, ohne Schaden

Stelle

an¬

das Ganze, aus¬

Auch wird Leutinger durch seine weise Mäßigung, nur

sondern kann.

verstrickte.

Er behandelt nur

Neu-Ruppin bietet nur

Durch diese Pforte, deren Vorhandensein man trotz aller Vermauerung noch recht wohl zu erkennen vermag, eilte der junge, nun flügge gewordene königliche Aar hinaus, um mit den Lincamenten.

jenen unentwirrbaren Knäuel von Sage und Geschichte hineinzugerathen, sich

aber bei der

jegliches Schnörkelwerk oder Benutzung von Verzierungen und

ohne

die Geschichte des 16. Jahrhunderts schreiben zu wollen, davor gewahrt, in

in den Engel ihn umwehte,

Unregel¬

Gnaden aufgenommene

nicht ganz, und jenen hat

diese

dessen

Standpunkt hatte, und der von seinem gestrengen Herrn Vater in „Fritz", dem selbiges zuertheilt worden, oft von seinem Horste mußte niederstcigen, um nach dem Rechten zu sehen, damit nicht etwa bei der Specialrevue ein Hagel von Vor¬ würfen und Donnerwettern über sein jugendliches Haupt sich ergösse. In der alten, theilweise verwitterten und ziemlich hohen Stadt¬ mauer befand sich ein Pförtchen, im Style des Jahrhunderts,

so sicheren

einem zusammenhängenden Theile der Chronik ihre

denke

kindlicher Freude jubelnd begrüßt wurde»!

der Genauigkeit eines anatomischen Handbuches

Freilich übergeht er

zu behandeln.

und

insofern Interessantes, als das Regiment von Glascnapp dort seinen

graphische noch genealogische Auseinandersetzungen störend einzustreuen, oder Mißgeburten

das Steinpflaster

Einfahrt in das Thor nicht an die weithin berühmten Bilderbogen der Firnia „Kühn und Söhne" daselbst, welche den Geburtstags- und Weihnachtstisch in unserer Jugendzeit vielfach zierten, und von uns mit unverfälschter, Man

erreichen vermag.

Taktgefühl, das Wichtige vom Nichtigen zu sondern, und in sein Werk weder topo¬ märkische Geschichte waren,

alsdann in einem,

Dosse,

mäßigkeiten so recht zur Empfindung kommen lassenden Omnibus zu

eine Zeit, deren Hauch

gab Leutinger einzeln oder zu kleinen Gruppen vereinigt heraus, jedesmal

seines Regiments im sogenannten „Tempelgarteu" die in einem halb offenen Tempel zuzubringen. Der betreffende Garten ist in Wahrheit höchst malerisch, und namentlich überreich an durch Alter ehrwürdig gewordenen, herrlichen Bäumen. Der gegen¬ wärtige Besitzer — es ist ein Bruder des Malers Gen tz in Berlin — läßt es sich angelegen sein, so viel als irgend möglich, Alles beim Alten zu belassen. So enthält der bewußte Tempel noch das Ameublement aus jener Zeit, während der Garten zahlreiche Figuren aus Marmor oder Sandstein besitzt, die, oft vor dichtem Gebüsch und Laubwerk kaum gleich zu entdecken, das Zeitalter der Allongenperrücke und des Zopfes, in des Wortes verwegenster Bedeutung,

mit einer Dedication

verkünden.

Theil, durchlebt hatte. Und

die er selbst, wenigstens zum

in

Offizieren

Einzelnheiten nicht immer gleich zuverlässig ist, ein in frischen Farben entworfenes Bild des Lebens und Webens, Dichtens und Trachtens einer Zeit, in der so

giebt uns seine Chronik, wenn

sie auch

Abende

den



Staat. Wort über die Art der Abfassung der Leutinger'fchen Chronik. Sie umfaßt 30 Bücher, von denen zwei, das 19. u. 20., die schon oben erwähnten topographischen Mittheilungen behandeln, und das 30. eine außer dem Zusammenhange mit dem Ganzen stehende das Alte abgestreift und Alles neu wurde in Kirche und

Noch ein

Abhandlung über die Jülich-Klevesche Erbfolge enthält. Diese 30 Bücher an den oder jenen seiner Gönner, oder an eine

Nicht allzuweit davon liegt Rheinsbcrg, das der Dasselbe blieb bisher Grenzscheide noch näher gerückt ist. berührt von dem Treiben und Schwindelwcsen der Zeit, Eisenbahnprojckt ist durch den Bankerott einer Gesellschaft

Stadtgemeinde, um dafür ein, nach unseren Verhältnissen oft recht karges Geschenk zu empfangen. — Dieses Einzclerscheincn zerstreute die ohnedies nicht zahlreichen Exemplare der Chronik derart, daß man

im Anfange des 18. Jahrhunderts, wie ein Zeitgenosse es ausdrückt, eher den Stein der Weisen in den Küchen der Chemiker, als Leutinger's Werke auf den Bibliotheken hätte finden können. Da ist es denn ein schöner Beweis, wenn das Verlangen nach einer neuen Ausgabe

nebeneinander,

ist von dem, um die berlinische Geschichte hochverdienten Georg Gott¬ fried Küster besorgt, die andere von einem Leipziger Profeffor Krause.

umgab,

!

>

„Die Stätte, die ein guter Mensch betrat, Die ist geweiht für alle Zeiten." Göthe. Unsere

Mark, spöttisch einst

Reiches Streusandbüchse

des

heiligen römischen deutschen

geheißen, entbehrt doch nicht gänzlich aller

Reize, namentlich aber einer äußeren Romantik oder gar historischer

Denkwürdigkeiten nicht. und

An Letzteren besonders herrscht kein Mangel,

nur ein achtloser Wanderer schreitet daran vorüber.

seine

Schwingeir

großer König, Friedrich

(Fortsetzung folgt.)

Von K. fllojcn.

un¬

zu Wasser

äußerst fried¬

man Rheinsberg je in den Mund nehmen, wenn eben nicht ein junger königlicher Aar, von der väterlichen Strenge minder bedrückt, weniger von perfiden Creaturen umgeben, in dem hart an einem Sec belegenen Schlosse, das ein umfangreicher, Herrlich-schöner Park

Sammlung zwei Männer, unabhängig 1729 die bis dahin in alle Gegenden Deutschlands zerstreuten Abschnitte sammelten und herausgaben. Die eine Ausgabe

Versuche zur Herstellung dieser

Aufgefunden bei einer Wanderung durch die brandenbnrgischen Marken.

seinen etwa dreitausend

noch

selbst ein

liebenden Bewohnern, hat dafür seine stattlich im Grün prangenden Kastanicnalleen behalten, welche sowohl dem Markte, wie auch dem Triangelplatze zu Nutz und Frommen gereichen. Schwerlich würde

seiner Werke so rege wurde, daß nach dem Scheitern einiger früheren

Der Horst eines jungen königlichen Aar's.

Rheinsberg mit

geworden.

genannten

II,

der

Sonne

entgegentrug.

Preußens

der nachherige Philosoph und Held des

siebenjährigen Krieges, verlebte hier in ungezwungenster Weise, in echt französischer Lebensart seine glücklichsten, ungetrübtesten Jahre.

Friedrich Wilhelm

I., vielleicht von

etlichen Gewissensscrupeln heim¬

gesucht, besonders aber wohl dadurch hoch erfreut und beglückt, sein

„Fritz"

Querelen" einem

die ihm ausgesuchte

aus seiner

Braut, wohl

daß

oder übel und „ohne viel

väterlichen Hand entgegennahm,

zeigte

mit

Male eine ungewohnte Freigebigkeit — Etwas, was man früher

alten-, wunderlichen Herrn wahrgenommen hatte. Im Jahre 1734 wies der gestrenge Herr Papa seinem „Fritz" Rheins¬

nie an den,

berg sammt Park und Zugehörigem an, und zwar

für für

mit

dem ausdrück¬

Arbeite» Regierungslaufbahn — aber auch nur solche, — der Sorge sein Regiment, und speciell mit der Gartenkultur und der Feder-

lichen Vorbehalt, daß seine

„Fritz"

sich,

außer wissenschaftlichen

4

Zum Zeichen, daß letzteres Beides

Viehzucht zu beschäftigen habe.

sollten Proben zu jeder Jahreszeit an die königliche Küche

geschehe,

zu

Berlin prompt abgeliefert

in

dem

werden.

„Er

wolle sehen," heißt

„ob Fritz ein tüchtiger Mann

betreffenden Schreiben,

|

!

j

sonst

frei von jedweder Ziegelbedachung,

!

da

!

uns in der historischen

Denkstätten, und beeile sich, je eher je lieber, alte Zeichen daran zu tilgen. Am Rheinsberger Schlosse kann man leider das mit vollem Recht und gläubiger Ueberzeugung aussprechen.

!

j

j

Die Thürme, plump jetzt nicht nur die ja

Nischen und den pausbäckigen Amoretten darin,

Thürfüllungen sind

mannigfachsten

Art umgeben;

Anblick

gewähren

besetzt sind,

dem Vermuthen nach

richtete er

sich

seinen

„Horst" ein, um an

zu

der

sein.

„Dolce far niente“

sich

hinzugeben.

(Mit Abbildung auf S.

!

!

Als

liebsame zu entfernen), war er so befriedigt von Allem, was er sah, daß er eine Anweisung ans fünfzigtausend Thaler hinterließ, um

Schloß wie Park mit den längst schon angeregten, bis dahin aber stets abschläglich beschiedenen Erweiterungen und Verschönerungen zu versehen.

Der Eingang zum Park, von der sogenannten alten RuppinerSanssouci: ein Salon, dem eine offene Halle sich anschließt, fesselt zunächst den Blick; hier in diesen Räumen wurden Souper's und Diner's gegeben. Ein prachtvoller, mit Blumen und Anlagen aller Art geschmückter Platz hält das Auge momentan gebannt. Marmorfiguren, die vier Jahreszeiten ver¬ straße aus, gleicht demjenigen zu

sinnbildlichend, zieren den saftig-grünen Rasen; eine schöne und breite, vor allen Dingen prächtig schattige Allee führt zu einer Grotte, der Egeria geweiht. Die Statue und der Muschelschmuck sind ver¬ schwunden, der sprudelnde Quell ist längst versiegt.

Ein längerer Aufenthalt stimmt zur Melancholie, die alsdann bald einer elegischen Stimmung weicht. Wohl erhalten ist die Sphvnrtreppe, von der

vorbenannten Hauses läßt

Dieser, um die Baukunst auch in Berlin hochverdiente Mann

sah

er

Geschichte des

Angaben, errichten ließ. wurde 17760 in Paris geboren.

trefflich

nun in höchsteigener Person unverhofft seinem Fritz einen Besuch abstattete und glücklicherweise nichts ihm Anstößiges vorfand (man hatte hier schon dafür gesorgt, alles Ungespeist zu haben.

•*).)

letzten Regierungsjahre des großen Kurfürsten

prachtvolle saftige Früchte; ferner: fette Tauben, Enten, Hühner,

Man

— ist stark dem

sich bis in die hinauf verfolgen. Da¬ mals gehörte das Grundstück, dessen Gartenland sich längs des Fahr¬ weges zur Stadtmauer (die jetzige Parochialstraße) bis zum soge¬ nannten Bullenwinkel erstreckte, dem Ober-Empfänger Cantius. Gegenüber, an der anderen Seite des Fahrweges (wo seit dem Jahre 1703 die Parochialkirche sich erhebt), lag das Besitzthum Kunkel's, des berühmtesten Chemikers seiner Zeit. Die Häuserreihe in der jetzigen Klosterstraße, und zwar am grauen Kloster bis zur Stralauerstraße — also mit Einschluß des vorbezeichneten Hauses — führte damals die Benennung „Neben dem grauen Kloster", während die gegenüber gelegene „Gegen dem grauen Kloster" hieß. Nach Cantius' Tode heirathete die Wittwe desselben den Hofrath Rademacher, welcher das alte Gebäude niederreißen, und in den Jahren 1701 bis 1704 das gegenwärtige, nach Johann v. Bodt's

Die

er eine

einem Donnerwetter dazwischen gefahren wäre, und zum Dessert die

so

II.,

Das ehemalige podewils'sche Palais in Berlin. sLlosterüraße Nr. 68.)

Schaar Geister und berühmter Zeitgenossen an seinem prinzlichen Hof, die, bis ans wenige Auserwählte und Erkorene, bis zu seinem Regierungsantritt, im Jahre 1740, mit ihm ftohe und heitere Tage verlebten, dann aber in alle vier Winde auseinanderstieben , als der Königsaar seinen Horst verließ. „Die Possen haben nun ein Ende!" Der berühmte Ausruf des jungen Herrschers dröhnte gewaltig in manches Ohr, und warnte frühzeitig vor bitterer Enttäuschung. Daniit nun aber der gestrenge Herr Papa auch keine Ursache zur Unzufriedenheit habe, wurde eifrigst Gartenkultur und Federvieh,zucht betrieben, denn sonst wäre es leicht möglich gewesen, daß er mit

Gänse, Kapaunen und recht feist gemästete Truthühner. dem alten Herrn bei der Tafel das selige Behagen an,

mit

(Schluß folgt.)

Seite seiner jungen,

„Federfuchser", unter Beihilfe seines wuchtigen Bambus, zu allen Teufeln gejagt hätte. Vortrefflich mundeten dem darob hocherfreuten Monarchen die als Probe eingesandten Produkte von Fritzen's landwirthschastlicher Thätigkeit. Da gab cs exquisite Gemüsearten und

stark

Verfall nahe.

Behaglich

Bald sammelte

Dächer

stämmigen Eichen.

vom Bruder Friedrichs

inmitten — eine Verlängerung der Hauptallee vorstellend,

sehr befangenen und nichts weniger als geistreichen Gemahlin einem

süßen

deren

der sogenannten Krähenberge erbaut

dem Prinzen Heinrich,

selbst

dem

Aufsicht und Zuchtruthe enthoben

Pavillons,

die

zwischen den dicht belaubten,

beklext zu werden, nicht entronnen.

väterlichen

viele Musen und Götter-

noch

bilder lugen aus dem Blumen- oder Blüthendickicht hervor. Im Park und seinen Anlagen haben die nachfolgenden Besitznehmer sich fast gar keine Aenderungen gestattet — eine heilige Scheu hielt sie hiervon ab. Wäre eine solche ihnen lieber bei den inneren Ein¬ richtungen des Schlosses überkommen, es wäre besser gewesen! Einen

Ein Leuchtthurm,

Verhängniß, mit besagter Schmutzfarbe Es giebt eben Dinge, über die man am besten schweigt, will man nicht das Aergste sagen. — Der junge Aar mit dem Sonnenblick war überglücklich, der

die

der

Moos

Wände, sondern selbst die Sandsteinsäulen; die Verbindungskolonnade

mit ihren

der

Blumenbosquets, überreich an wohlgezogenen Stockrosen, zur gewissen Einige koloffale Vasenungethüme sind von Blumenfeldern Zierde.

eigenen

sehen entsetzlich

hernieder; eine widerliche, schmutzgraue Farbe bedeckt

und Daphne,

|

Knobelsmachen,

Apollo Andere,

es

ge-

worden sei."

Bon der ursprünglichen Schloßgestalt, wie solche dorff ausführte, ist nur geringe Spur ausfindig zu Alles einen modernen Anstrich erhalten hat. Es dünket That öfters, als habe die Nachwelt eine Scheu vor

Eine Anzahl Marmorgruppen, wie Raub der Proserpina und noch viele zwar etwas verstümmelt, gereichen doch noch immer den

Tannenallee malerisch begrenzt.

!

!

!

!

!

er heimlich

das elterliche

Als 16jähriger Jüngling verließ Haus, um den, nach dem Widerruf des

Edikts von Nantes über die protestantischen Glaubensgenossen herein¬ brechenden Verfolgungen zu entgehen. Als Capitain der Artillerie und des Ingenieur-Corps begleitete er den Prinzen von Oranten nach England, wo er sich namentlich tu der Schlacht am Boynefluß auszeichnete, und demnächst das Patent eines Engeneer of the Tower erhielt. Nachdem er in London, auf Verlangen des Parla¬ ments, den Bauplan zu dem schönen Schlosse von Whitehall ent¬ worfen, berief ihn Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg (nach¬ malige König Friedrich I.), welcher jenen Plan gesehen, 1698, mit Genehmigung des Königs von England, als Hofbaumeister in seine Dienste. Zum Kammerjunker ernannt, erhielt Bodt eine Conrpagnie der Garde, die Jnspection der Civil- und Militair-Gebäude, und die Aufsicht über die Schlösser zu Potsdam, Caput, Glinicke, Bomheim und Fahrland.

Sein

erstes

Werk war die Vollendung des Zeug¬

hauses, dem er, nach Schlüter's Entsetzung,

seine heutige Gestalt Schloßbau zu Potsdam, dessen Portal mit der Kuppel sein eigentlichstes Werk ist. Im Jahre 1706 zum Chef der Artillerie ernannt, sandte ihn der König nach Wesel,

gab.

Eben

so

vollendete er

den

um die dortigen Festungswerke in Stand zu setzen, und erhob ihn

5 zum Kommandanten der Citadelle.

Dann im Jahre

1715

zum

Generalmajor, und 1719 zum Kommandanten der Stadt und Festung Wesel ernannt, nahm und erhielt v. Bodt 1728 seinen Abschied, weil der aus holländischen in preußische Dienste getretene Oberst Wallrabe, bei den Angaben zur Befestigung Magdeburgs, mehr Gehör

Am 4. Januar 1745 endete der hochverdiente Mann, als General der Infanterie und Gouverneur der Neustadt, in Dresden seine irdische Laufbahn. Nach seinem Entwürfe wurde »och das Johanniter-Ordens-, jetzige Palais des Prinzen Karl, am Ziethenfand.

Platz, 1739 vollendet.

Das

Haus Nr. 68 in der Kloster¬ in seiner 1756 herausgegebenen Chronik, als und geräumigste auf dieser Seite der Straße, mit einem

nach seinen Angaben erbaute

straße bezeichnet Küster,

das schönste sauberen

modernen

Portal, vier - jonischen Pilastern Treppe.

Die Frau

des

und

einer

dauerhaften,

Hofraths Christian Rademacher

-; 1749, die Podewils'schen Erben: Frau Präsidentin von Fuchs und Frau von Haeseler, beide geborene von Podewils. Im Jahre 1761, am 11. September, gelangte das Grundstück für 18,600 Thlr. in den Besitz des Amtmanns Fiedler, und in der Subhastation, am 27. Juli 1763, für 10,050 Thlr. an den Kauf¬ mann und Colonic-Bürger de Comblc. Von diesem erwarb es, 1786, der Lieferant Jacques Huot für 20,000 Thaler. Als demnächstiger Besitzer, seit dem Jahre 1803, tritt der Juwelier Brendel auf, welcher die Kaufsumme von 30,000 Thalern zahlte.

Von

Kaufmann Brendel, erwarb das September 1856, für 80,000 Thlr.; hieraus der Kaufmann Wolff, genannt Paradies, dessen

Nachfolger,

dem

Grundstück der Kaufmann Loewenherz, am 27.

am 3.

April 1873, für 185,000 Thlr., und

endlich der hiesige

Das ehemalige Podewils'sche Palais in Berlin.

hatte ihren Gatten zum Universal-Erben eingesetzt, welcher nach ihrem Tode

das

ansehnliche

dem Gesimse,

Haus von

mit vergoldeten,

drei

römischen

Stock erbauen, und unter Buchstaben

die

Inschrift

Magistrat, seit 215,000 Thlr».

Mit

Dezember

1874,

tritt

wenigen Veränderungen

Palais in

uns

wils'sche

Oonjugi dum viveret optima«, ei post pia fata desideratissimae Catharinae Crelliae, Sibi Amoris, Honoris et Gratitudinis Momentum posuit. C. Rademacher. Seine zweite Frau, Karoline Marie Miezen, verheirathete sich nach seinem Tode mit dem General-Lieutenant und Gouverneur von Peiz, Andre du Veyne. Um diese Zeit (1728) ist der Werth des Grundstücks auf 8000 Thlr. angegeben. Von den Erben du Veyne's erwarb dasselbe im Jahre 1732, für die Summe von 12,000 Thlrn., der Wirkliche Geheime Kriegs-, Etats- und Kabinets-Minister, Graf Heinrich v. Podewils, welcher

Parterre-Gemächer zur Linken, beim

Januar

das

Eintritt in

Kaufsumme

von

ehemalige Pode-

Die

den weiten Treppen-

slur, enthalten noch den dekorativen Wandschmuck der Staffelei (Del-) Gemälde, die von der Hand des berühmten Antoine Pesne her¬ rühren sollen. Aus diese, so wie auf die beiden Büsten des Treppen¬

flures u. A. m. hatten richtet,

doch

sich

die Blicke

wurde der bereits

eines deutschen Fürsten ge¬

abgeschlossene

Kauf, auf

energischen

Einspruch des Magistrats, wieder rückgängig gemacht. Rechter Hand

sind

neuerdings

die

Bureaur

der

Städtischen

Sparkasse etablirt, während über denselben, im ersten Stockwerk, das

Märkische Provinzial-Museum

mit

seinen bereits reichhaltigen Samm¬

lungen der baldigsten Eröffnung entgegensieht.

eine stattliche Erneuerung des Hauses vornehmen ließ.

eine

seiner ursprünglichen Gestalt vor Augen.

anbringen ließ:

Die demnächstigen Besitzer desselben waren, seit dem 27.

gegen

F. Meyer.

6

H. Die Sage von der Katzensteg'schen Mühle.

Nederlausitzische Zagen, Märchen und Legenden. Aus dem Volksmunde für das Märkische Museum gesammelt,'

Dicht bei dem Dorfe Leipe im Spreewalde lag ftüher die Katzen¬ Mühle, von der folgende Sage geht. Vor ungefähr 50—60 Jahren, hieß es im Volksmunde, trieben dort böse Geister ihr un¬ heimliches Wesen; denn seit einiger Zeit schon, um Mitternacht, erhob Speetakel, der sich in Poltern und sich Tag für Tag ein furchtbarer Katzengeschrei äußerte, so daß die Leute ganz um den Schlaf kamen. Sie wandten alle mögliche Mühe an, um diesen Spuk zu vertreiben, steg'sche

von jllcranäer itaßcimu in Vetschau.

Mit Einleitung

und

Anmerkungen

von Ernst Fricäck.

(Vergl. Catalog XIl.: Handschriften, Manuseript Nr. 140.) (Mir gütiger Erlaubniß der Direktion abgedruckt.)

Die nachstehenden Sagen und Erzählungen hat Herr

Alerander

half nichts, und die Mühle wurde bald von ihren Bewohnern Da eines Tages kam ein reisender Scharftichter an der Mühle vorbei, dem dieses seltsame Treiben mitgetheilt wurde. Dieser meinte: „Da will ich bald helfen!" und wie gesagt, so gethan. Er begab sich Nachts in die Mühle, und stellte in das größte Zimmer derselben einen Tisch sowie zwei Leuchter mit brennenden Kerzen darauf. Dann machte er einen großen Kreis um den Tisch, und setzte sich auf aber es

Rabenau in seiner Vaterstadt Vetschau, Kreis Ealau, gesammelt. Ihn be¬

verlassen.

fähigte zur Anlegung derartiger Sammlungen, die nunmehr gegen 700 Nummern zählen, anzulegen, außer einem natürlichen Gefühl und der Vor¬ liebe für das Volkstümliche, vor Allem auch die Kenntniß desWendischen.

Vor

den Deutsche»

hat

sich

die Scheu der Wenden,

namentlich im

weiblichen Geschlecht, noch immer nicht ganz verloren; wer die Wenden aber in ihrer heimathlichen Mundart anzureden versteht, dem wird Manches anvertraut, was man auf deutsche Vorsprache nicht erfährt.

einen

vor

Wer den Kirchgang in Vetschau, Burg oder Cottbus mit angesehen, wer

und

noch

den

vorhandenen,

jetzt

nationaler Trachten dabei gemustert hat, der muß

in

Reichthum

erstaunlichen

sich sagen, daß da,

,

Stuhl in

sich

auf

die

Mitte

dieses Kreises, legte auch ein scharfes Messer

Alle Wächter Stunde, als auf einmal ein

be» Tisch, und begann seine Beschwörungen.

der Umgegend bliesen die zwölfte

furchtbares Poltern und Katzengeschrei entstand. Eine Menge dieser Thiere von allen Farbe» kamen zur Thür herein, gingen aber nur

wo der sonst Alles gleichmachenden Mode noch so urkrästig Widerstand geleistet wird, noch manche Erinnerungen aus der Vorzeit haften, und

bis zu der Stelle, wo der Kreis anfing, und erhuben dann ein jammer¬ volles Geschrei. Mitunter auch wurde eine Stimme laut, welche leise

manche Erscheinungen gefunden werden müssen, die erweisen, wie der

„Geh Du hinüber, geh Du hinüber!" aber keine der Katzen Endlich nahte sich eine alte dicke Katze sich über den Strich. mit in den Kreis hinein. Da hieb der Scharf¬ ihrer Pfote und langte richter mit seinem Messer nach derselben und traf die Pfote dergestalt, Plötzlich zerstob die ganze Gesellschaft mit großem daß sie blutete. Am andern Tage hieß Geschrei, und es wurde still in der Mühle. es in der Umgegend, die Frau Amtmann vom nächsten Dorfe habe Die Leute wußten aber eine kranke Hand, sie hätte sich geschnitten. gar wohl, was ihr fehlte: sie war eine Here, und hatte mit den ander» Frauen der Umgegend allnächtlich ihr Wesen in der Mühle. sagte:

alte wendische Volksgeist noch fortlebt und fortzeugt. Aber auch Sind sie gernianische Anklänge finden sich in den Sagen vielfach. hier zu, gekommen, oder trifft auch init den Deutschen in's Land was

Kuhn

und

Schwartz

(besonders

der Letztere)

so

wagte

scharfsinnig

sich das alte Germanenthum versprengt unter dem Slaventhum von der Urzeit her erhalten? Oder muß man gar in die indogermanische Urzeit, wenigstens in eine Völkerschichtung zurück¬ greifen, wo im fernen Osten Germanen und Slaven noch unge¬ trennt waren und aus Einer Volksseele empfanden und wiedergaben? — Das Hauptwerk für die Ueberlieferungen der Gegend ist Karl Haupt's vortreffliches Sagenbuch der Lausitz (2 Theile, Leipzig 1862), aber die Umgegend Vetschan's und die'Stadt selbst ist darin

aufgespürt, wie

wenig bedacht,

Rabenau'schen Er¬

insbesondere fehlen dort die

zählungen.

I. Die Sage

von der Todten-Christnacht.

;

!

von den in Katzen verwandelten Hexen ist weit Erzählung hörte ich in Sylt, als vor Eine ähnliche verbreitet. wenigen Jahren daselbst auf der Braderuper Haide einem jungen Matrosen passirt. Er hieb mit dem Messer einer der Katzen, die ihn umschwärmten, in die Pfote. Nach einigen Wochen fand er in Rotterdam seine Stubenwirthin mit verbundener Hand.

A ii m. Der Glaube

In

sie

einem Dörfchen bei Lübbenau war einer Frau, als hörte Glockengeläute, und zwar in der Nacht vom Weihnachtheiligen¬

Sie stand aus ihrem Bette auf und kleidete in die Christnacht zu Da fiel der Frau auf, daß sich noch Niemand iui Dorfe regte, Die Frau dachte bei sich: „Na, heut' bist du die Erste."

III.

abend zum ersten Feiertag. sich

an, um,

geheil.

und

sie

wie

sie sich

giirg also in die Kirche. In derselben war zwar Alles erleuchtet, aber Sie sah in den Bänken sehr viele Männer, es brannte kein Licht. Frauen und Kinder sitzen, und auch ihre kürzlich verstorbene Nachbarin, welche, als die Frau sich ebenfalls in eine Bank setzen wollte, zu ihr sagte: „Was willst Du denn hier? geh Deiner Wege, sonst wird es nicht gut;

Da ging Ein Uhr.

hier halten heut nur die Todten Christnacht." aus der Kirche, und vom Thurme schlug

es

die

Frau

A um. Tie Sage von dem Kirchenfest der Todten geht durch ganz Vgl. die Todtenmesse zu Wesenberg, bei Kuhn und Schwartz „Nordd. Sagen S. 5 und 467. — Müllenhofs Schlesw.Holstein. Sagen Nr. 232. 233. Wolf Niederländ. Sagen 581. Grimm D. S. 175. Bechstein Thüring. S. III. S. 135." Ge¬ wöhnlich entgeht die Besucherin großer Gefahr.

Gerade beim Heraus¬

treten schlägt die Kirchenthür zu und ein Zipfel des Tuches

verloren, der, von Todten in kleine Stückchen zerfetzt,

dem Dorfe Reuden bei Calau wohnte zu Anfang dieses Jahr¬

hunderts ein Schäfer mit seiner Frau, von dem die Leute des Dorfes behaupteten, daß er den Drachen in seinem Hause beherbergte. Einst wurden beide Eheleute zu einer Kindtanfe eingeladen, und beauftragten

Magd, daß wenn sie voni Hause fort seien, sie auf den Boden gehen und um die Mittagszeit einen Topf mit Milchhirse in eine Tonne, die sie der Magd näher bezeichneten, stellen sollte. Die Magd die

aber hatte eine Liebschaft

mit

dem Schäferknecht, welcher sie beredete, daß

Milchhirse allein essen wollten, und daß es ganz gleich wäre, ob mit Hirse oder ein Tops mit Wasser in die Tonne gestellt Die Mittagsstunde schlug, und die Magd begab sich auf den werde. Boden mit einem Topf Wasser. Sie goß das Waffer in die Tonne, sie die

ein Topf

Deutschland.

Tage gefunden wird.

In

vorgenommen hatte,

Die Sage von dem Drachen des Schäfers zu Reuden bei Calau.

geht

aber zu ihrem Schrecken sprang schwarzes

krachte.

in

demselben Augenblick ein großes,

fuhr zum Dache hinaus, daß Alles Genau zu derselben Zeit, als dies in dem Hause der beiden

Thier aus

derselben und

Eheleute geschah, wurden dieselben an dem Tisch, wo sie beinr Schmause saßen, in den Gesichtern ganz schwarz; sie gingen erschrocken nach Hause, um den Verlust des

Gelddrachens für immer

zu beklagen.

am nächsten

Anm. DerDraak(Drache) und der Kobold sind zumeist identisch;

es

ist der Spiritus familiaris Dessen, der sich, um reich zu werden, dein Bösen ergeben. Der Kobold nimmt schlechte Behandlung, namentlich ungehöriges Essen, in der Regel sehr übel, und läßt es dem Bauer derartig entgelten, daß er mitunter an den Bettelstab kommt.

IV. Die Sage Auf

von dem

Irrlicht

bei Raddusch.

dem Wege vom Spreewalde nach Raddusch wurde ein

Mann

von der Finsterniß überrascht, so daß er den rechten Weg verfehlte. Da sah er in der Ferne ein Licht und ging darauf zu, aber dieses

Da

Licht blendete sehr und verführte ihn ganz. dem Licht,

in welchem

er ein sogenanntes

sprach der

Irrlicht

will Dich dafür bezahlen."

mich nach Hause, ich

Mann zu

„Führe Das Jrrlichtchen Der Mann aber

erkannte:

ging mit und brachte ihn nach feiner Wohnung. trat in sein Haus, machte die Thüre zu und gab dem Lichtchen kein Geld. Da klopfte es bald an diesen,, bald an jenem Fenster und

Nun öffnete der Mann ein Fenster, nahm eine Holzkelle, legte einen Dreier darauf und reichte denselben zum Fenster hinaus. Als der Mann seine Kelle zurückzog und bei Licht besah, war sie ganz versengt, der Dreier aber in einen kleinen Holzhaufen gefallen. Das Irrlicht wühlte nun in dem Haufen herum, daß der Mann es drinnen hörte, bis es das Geldstück gefunden hatte. ließ den Bewohnern keine Ruhe.

An m. Die Irrlichter sind verwunschene Seelen, die herumspuken, ohne Ruh', zur Strafe ewig glühend. Wer ihre ausgestreckte Hand er¬ greift,

Drum hält

dem Wehe!

hin, und der zeigt

sich

der

Vorsichtige ihnen einen Stock

nachher als von dein glühenden Händedruck

wie jene Holzkelle. Auch dem Pfarrer aus Rauen Fürstcnwalde wurde von Lichtcrmännchen redlich heimgeleuchtet.

versengt,

bei

Er

mußte ihnen aber ein Trinkgeld

vom Wagen werfen, worauf sic (Nordd. Sagen verschwanden. Nr. 88.) Die Lichtermännchen sind also nicht immer trügerische Irrlichter.

V. Die

mit klagender Geberde an der Brücke sitzt und, Leute dort vorbeigehen, verschwindet, hernach aber den Vor¬ sowie die übergehenden aufhockt, so daß die Leute eine schwere Last zu tragen erschienen, die

Die also Geplagten sind froh, wenn Dorfes erreichen, wo der Spuk verschwindet. haben.

Anm. Die Sage von sie

denn schon

sie

die ersten Häuser des

eine

weit nach Asien, wie Nacht" vorkommt. Bald sind es

liebliche Gestalten, bald Unholde, bald Thiere, die aufhocken. Vorstehendes bezieht

sich auch

VI. Die Bei

dem

Die Sage von dem Begräbniß des Wendenkönigs auf dem Freiberge bei Ogroscn.

Es wird erzählt, daß der letzte der Wendenkönige, als derselbe von seinen Getreuen oben auf der höchsten Bergesspitze drei Särgen, wovon der eine aus Eichenholz, der zweite aus Zinn in und der dritte aus Silber gefertigt wäre, begraben worden sei, und daß bis heute noch Niemand diese Stelle aufgefunden habe. Ferner wird von den Frcibergen berichtet, daß dort der Schatz dieses Wendengestorben,

königs vergraben liege. gerade

in

der

Vor ungefähr 30 Jahren ging ein Arbeiter

Mittagsstunde

nach

den

Freibergen, um dort weißen

Sand zu holen. Wie er so fleißig grub, erblickte er auf einmal eine Braupfannc, mit Geld angefüllt, vor sich. Darüber erschrocken, sagte er ziemlich laut: „Weiß der Teufel, so viel Geld habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen!" Kaum waren diese Worte gesprochen, als auch der Schatz verschwand. Es war der erste Mann, von welchem in diesem Jahrhundert der Schatz gesehen wurde, der auf feine baldige Hebung wartet. Ferner geht die Sage, daß über¬ haupt in dortiger Umgegend böse Wesen hausen. Vor ungefähr 30 Jahren starb der Graf Lynar zu Ogroscn und wurde am dritten Tage begraben. Noch am Abend desselben Tages fuhr ein Bauer aus diesem Dorfe, der in Vetschau zu Markt gewesen und sich ver¬ spätet hatte, an dem Kreuzweg, der uach den Freibergcn die Mitternachtsstunde vorbei, als auf einmal der todte

führt, um Graf auf

einem

schwarzen, schnaubenden Pferde vorbei geritten kam. Nicht allein der Bauer, sondern auch seine Tochter und alle übrigen Leute versicherten einstimmig, diese Erscheinung gesehen zu haben, und daß

vollständig nüchtern gewesen seien.

sie

Sagengebieten mehrfach beibringen.

VIII.

Das dreibeiuige Pferd in der Eichower Haide.

Es geht die Sage, daß in der Forst von Eichow, auf dem von Zeit zu Zeit ein Schimmel, nur drei Beine hat, sich blicken lasse. Diese Erscheinung ist von

Wege von Eichow nach Weissagk, der

mehreren Personen, welche noch jetzt leben, deutlich gesehen worden, und sie versichern, daß sie jede Stunde bereit feien, diese Aussage zu be¬

den Aufhockern geht bis

in „Tausend und

VII.

Anm. Für das Begräbniß des Wendenkönigs, die Schatzsagc, den Reiter auf schwarzem Roß, lassen sich Parallelen aus rein deutschen

weiße Frau bei Stradow.

Auf der Stradower Brücke ist cs auch nicht richtig, wie die Bewohner des Dorfes versichern; denn dort ist schon Vielen eine weiße Frau

Vergl. E. Friedet: Der Uglei. Zur Kunde des Ostholsteinschen Seegebiets. Zeitschrift für Ethnologie. Bd.II. 1870. S.210.

Eutin.

Noch vor 30 Jahren wurde dieser dreibeinige Schimmel von einer Frau mit ihrer Tochter gesehen, wie derselbe wenige Schritte

schwören.

an ihnen vorüberzog. Es soll dies, nach der Versicherung der um¬ wohnenden Leute, ein böser Gutsbesitzer von Eichow gewesen sein, der die Leute sehr gemartert und geplagt hat, und dafür zur Strafe nach

auf Sage X.

versunkene Schänke.

seinem Tode umgehen muß.

Dorfe Eichow befindet

kleinen Wäldchen,

sich ein Wasserloch in einem dicht an dem alten Babower Wege. Im Volks¬

Anm. Das dreibeinige Pferd spukt an

getanzt, als ein starkes Gewitter heraufzog.

vielen Orten, z. B. in in den Straßen Nachts gesehen. Dgl. die Vorstellung von den kopflosen Männern. In Cöpenick versicherte mir im Jahre 1871 ein Schiffer, wie er auf der Brücke, über die man von Cöpenick nach Bellevue geht, einen kopflosen Mann habe über

dadurch nicht stören, und statt

das Geländer lehnen sehen.

mund heißt es, daß in diesem Wasferloch eine Schänke mitsammt ihren Bewohnem und Gästen versunken sei. Es wird darüber Folgendes

berichtet:

es

Dort hatten

flott weiter.

an einem Feiertage junge Bursche und Mädchen

Die Leutchen ließen sich in ihrem Tanze inne zu halten, ging Plötzlich schlug der Blitz in das Haus; mit donner¬

ähnlichem Gekrache versank die Schänke nebst allen Menschen, wurde daraus dieses Wasferloch.

Cöpenick, wo es alte Leute

Vorstehendes bezieht

sich auch

aus Sage

IX.

und

IX. Die Männer

ohne

Kopf in der Eichower Forst.

eitzlsame'Waldseen und Wiesenlachen knüpft sich die Sage von versunkenen Schlössern, Häusern u. Meist werden Gott¬ s. w.

Ferner ist in der Forst zu Eichow, in dem sogenannten ZabeltitzGarten, den Holzlesern und andern Personen vielerlei Spuk begegnet. Es gingen vor einiger Zeit drei junge Burschen in diesen Forst, um

lose, bei Entstehung derselben (wie in Sodom und Gemorrha) vernichtet, nicht selten aber Unschuldige dabei gerettet, wie im Uglei-See bei

dort Haselnüsse zu pflücken. Wie sie in der besten Arbeit sind, sehen sie zu ihrem nicht geringen Schrecken drei Männer ohne Köpfe, einer

Anm. An

8

den andern schrocken,

krampfhaft festhaltend, auf

sich

zukommen.

Furchtbar

er¬

ergriffen die jungen Leute die Flucht.

!

!

VIII.

Siehe Anmerkung zu Sage

X. Die Aufhocker bei Vetschau.

z

In der Gegend von Müschen und Burg sollen vor grauen Zeiten, als die Gegend noch von heidnischen Slaven bevölkert war, großartige Verehrungsstätten ihrer Götter sich befunden haben, und die verzauberten Götter, wie sich in dortiger Gegend die Landlcute erzählen, noch an gewissen Tagen ihr Wesen dort treiben, und in verschiedenen Gestalten gar Manchem erschienen sein. Vor etlichen Jahren ritt ein Student zur Nachtzeit von Burg nach Vetschau,

und mußte diese berüchtigte

Kaum war der¬ selbe auf der Brücke angelangt, so sprang eine verschleierte Dame von Er hatte sich noch nicht blendender Schönheit vorn auf das Pferd. recht von seinem Schrecken erholt, als er einen Ruck verspürte und hinten auch Etwas sich bewegte. Beim Umblicken schaute ihn ein

Stelle, wo

sich

jetzt eine Brücke befindet, passiren.

Das Pferd bäumte sich, der nicht Stelle zu bringen. Dem war von fing an zu schnauben und und vom Schrecken übermannt, Berge, Studenten standen die Haare zu sprang er vom Pferde. Am andern Tage schwur er hoch und theuer, Und so sind in verschiedenen Ge¬ daß dies die reine Wahrheit sei. stalten viele Erscheinungen den dortigen Bewohnern der Umgegend vor

mit feurigen Augen an.

großes Schwein

_

Augen getreten.

Siehe Anmerkung zu Sage V.

XI. Die Sage in

In

Lübbenauer Spreewald.

den Lübbenauer

Theilen

des

Spreewaldes, im sogenannten

Bürgerwald, befindet sich eine Stelle, von der seit undenklichen Zeiten erzählt wird, daß in ihre Grenzen der Geist des in früheren Zeiten übelberüchtigten Grasen Christian verbannt oder hineingebannt sei, und daß der Geist des Abgeschiedenen schon vielen Personen zu allen Zeiten

in verschiedenen Gestalten erschienen sei. Es werden darüber die fol¬ genden beiden Sagen mitgetheilt: Vor ungefähr 25 Jahren gingen drei Böttchergesellen, die jetzt noch leben, nach dem Lübbenauer Bürger¬ wald, um dort heimlich Reifstöcke abzuschneiden. Sie hatten sich an die Arbeit gemacht und wollten die Stöcke in Bündeln zusammenlegen, um dieselben in den Kahn zu tragen. Kaum hatte der eine junge

Mann das

erste

wind erhob, bäume

sich

so

Bund in

den

Kahn gelegt, als

sich

ein großer Wirbel¬

daß das Fahrzeug schwankte und die Aeste der Nadel¬

bogen und brachen.

Da kam ihn

doch ein leiser Schrecken

von ihrer Arbeit aussahen, stand vor ihnen ein Mann in einer längst entschwundenen Tracht, der mit funkelnden Augen sie Die Männer, darüber erschrocken, ergriffen die Flucht und anschaute.

an, und als

sie

versicherten, daß keine Macht der Erde sie bewegen würde, diesen

Ort

Auch ist der Fremde fast zu derselben Zeit zwei Mägden aus der Dubkomühle im Spreewalde erschienen. Beide waren von ihrer Herrschaft nach dem Busch geschickt worden, um dort Gras Es dauerte wohl den Mädchen zu lange, hier das zu schneiden.

wieder zu betreten.

winzige, dürre Gras zu schneiden, weshalb die eine sagte: „Ich werde mich nicht plagen und so oft bücken, ich gehe nach dem Verbannungs¬ platz, dort ist befferes Gras?' — Sie ging also hin, und fing dort emsig an zu schneiden,

gebracht hatte.

Da

so daß sie

bald eine große Hucke zusammen¬

dachte sie: jetzt

ist's genug! legte das Gras in

und band sich daffelbe aus den Rücken, um sich auf den Heimweg zu machen. Aber siehe da, auf einmal saß Etwas oben

ihr Tuch

auf ihrer GraShucke,

so daß die

Baum, wie

der Wachholdcr u. a. m.

XII. Spuk

In

in Vetschau.

Stadt Vetschau, auf dem alten Kirchhofe, der sich mitten in der Stadt befindet, ist am Charfreitag des Jahres 1830 der

zwei Männern

widerfahren.

Folgendes

Dieselben hatten

sich

ver¬

wählten daher den nächsten Weg, der ihre Schritte über den alten Kirchhof lenkte. Es mochte ungefähr 12 Uhr Nachts sein, als sie den Kirchhof be¬ traten. Kaum an der alten Kaplanei angelangt, stand plötzlich, wie aus der Erde gewachsen, ein schwarzer Hund vor ihnen. Der eine

spätet und wollten nach ihrer Wohnung gehen;

sie

von den jungen Männern ergreift die Flucht, der andere aber geht weiter und sieht, wie der Hund neben ihm herläuft und mit drohen¬

Er kommt bis

der Geberde ihn anschaut.

an die große Linde, dicht

an dem Gehöfte der Kaplanei, als plötzlich der Hund in einen Mann Rocke bekleidet, unbeweglich vor sich verwandelt, der, mit einem langen

Es war heller Mondschein, und der eine von den jungen Keiner Leuten hatte aus der Ferne Alles deutlich wahrgeuomme». in der Stadt von Beiden war betrunken gewesen oder als Schwindler bekannt; auch wollten sie nichts von einer Sinnestäuschung wissen, ihm steht.

in Wirklichkeit gesehen zu haben. Ferner giebt es in dortiger Stadt eine kleine Gasse, der neue Weg benannt, und wie der Volksmund versichert, treibt dort etwas Böses sein Wesen, so daß oft die Leute erschreckt worden sind. War zuweilen sondern behaupteten, Alles

von der Verbannung des Grafen Christian den

:

A n m. Hier blickt die Sage von den Bannforsten, d. h. den heiligen Hainen, die keine Art entweihen durfte, durch. Vergl. F. Grimm: Ausnehmenden Frevel Deutsche Myth. IV. Ausg. 1875. I. S. 59. übten jene Böttchergesellen, als sie Haselruthen schnitten, um Reifstöcke zu machen; denn die „Frau Haselin" ist ein besonders heiliger

Magd nicht im Stande war,

sich

von der Stelle zu bewegen, und sie beinahe im Morast versunken wäre. Endlich wurde es ihr leichter und sie konnte nach Hause gehen. Folge des erlittenen Schreckes erkrankte sie und verstarb nach zwei Tagen.

In

Jemand in später Mitternachtsstunde durch dieses Gäßchen gegangen, so hat er wohl Klagetöne vernommen, ähnlich dem Wimmern eines Kindes. Auch ist es vorgekommen, daß den Durchgehenden Etwas auf den Rücken gesprungen ist, und sie nicht eher davon befreit worden sind, als bis

sie

das Ende des neuen Weges erreicht hatten.

Wo heut das Perschke'sche Haus steht (auf dem Berge), ist früher ein großer Sandberg gewesen. Zur Zeit des Heidenthums hat aus diesem Berge, so berichtet die Sage, ein einsames Haus gestanden,

in welchem

die Geliebte eines der letzten Wendenfürsten ihren Wohn¬

Von diesem Hause soll bis nach dem Schloßberge zu Burg ein langer, unterirdischer Gang führen, den der Fürst allabend¬ lich benutzte, um seine Geliebte zu besuchen. Diese hatte nun zwei Kinder von dem Wendenfürsten, und als derselbe seine Versprechungen nicht erfüllte, brachte das Weib in einer Nacht die Kinder um, sitz

gehabt.

Als dies der welche sie dann, nach wendischer Sitte, verbrannte. Wendenfürst erfahren, erstach er im Zorn die Geliebte, und ließ sie mit allen ihren Kleinodien in diesem Hause oder in der Nähe des¬ Seit jener Zeit, so erzählt der Volksmund selben begraben. weiter, hat der Geist der Gemordeten keine Ruhe und treibt in dem Auch ist noch in den vierziger Jahren eine groß-

Hause sein Wesen.

artige Spukgeschichte in diesem Hause passirt, wobei Erscheinungen von Wendensürsten und ein Aschenregen eine große Rolle gespielt haben.

A n m. Der in Vetschau vorkommende schwarze Hund ist wohl identisch mit dem schwarzen Hund Morro mit feurigen Augen in der Umgegend von Cöpenick. Ein alter Mann sagte mir dort vor einigen Jahren, aber er könne mit einem heiligen Eide er sei nicht abergläubisch ,

betheuern,

Morro ihm den Weg auf der Chauffee Berlin vertreten, und ihn mit seinen feurigen

daß der Hund

zwischen Cöpenick und

Augen wie ein Gnidstein angeglotzt habe.

XIII, Die Luttchen in den Sandbergen bei Weissagt. In der Gegend von Weissagt sind einige Sandberge, woselbst noch Reste von vielen Urnenscherben gefunden

werden.

Bei näherer

sich, daß dort in früherer Zeit altheidnische Begräbnißstätten gewesen sind. Die Leute in der Gegend sagen, daß diese Berge einst von kleinen Menschen, den sogenannten Luttchen, bewohnt gewesen sind, und wie oft die alten Leute versichern, daß

Untersuchung ergießt

ihre Eltern und Groß-Eltern dieselben noch gesehen hätten, und daß sie überhaupt in innigem Verkehr mit den Menschen standen. Ferner erzählen sie, daß die Leute sehr arm, aber von großer Redlichkeit

ge¬

oft zu ihnen in das Dorf gekommen sind, und sich Brod und Milch, sowie verschiedenes Hausgeräth geborgt haben.

wesen, daß sie

Wenn die Luttchen ihre Feste feierten, haben sie sich bei den Dorf¬ bewohnern dazu ihre großen Kuchenschieber geborgt, und zuweilen etwas Gebäck, das immer sehr sandig gewesen ist, zum Dank da¬

für mitgebracht.

Aber

so

wie in

den

umliegenden Städten und

Kirchdörfern die Glocken angeschafft wurden, sind die Luttchen für immer verschwunden, denn das Glockengeläute ist den Unterirdischen überaus verhaßt.

Anm. Die Luttchen find die Ludki,

d. h. die kleinen Leute, die Zwerge

S. 45.)

(Haupt a. a. O.

der Wenden.

Sie wohnen in Hügeln,

da, wo sich Urnen finden. Solche Hügel heißen dann in der NiederLausitz Ludkowa gora, Ludkenberg, oder Ludkowa gorka, Ludkenhügel.

Im

Uebrigen ist ihr Charakter überall derselbe: gutmüthig, aber So geht es bis zum äußersten Westen Europas bis nach

reizbar.

Irland, wo,

Ort und Stelle überzeugt, tds good people, die guten Leutchen, noch heut so frisch leben, wie zur Zeit Brian Born's, des großen Königs der Milesier. wie ich mich 1874 an

Die Ueberschwemmung des Nondeels (Gelle-Ällianceplatz) in Gerlin, 1829. Es war im Frühjahr jenes Jahres, als der Landwehr-Kanal, Spree überfluthet, seine Wasser überall da ergoß, wo dessen User nur niedrig und durch tiefer liegendes Terrain begrenzt waren. So namentlich am Halleschen Thore, durch das Anschwellen der

Die Ueberschwemmung war damals

so

bedeutend,

gehemmt und die Verbindung

Häusern nur durch

Platzes, von welchem die Rede ist,

des

daß dadurch jede Passage über denselben zwischen den,

den

Platz umstehenden

erhöhte Bretterlagen vermittelt

werden

konnte.

wo das Rondeel, der

Man fuhr, nament¬

jetzige Belle-Alliance

lich die Jugend, in

Platz, noch eine Ver¬ tiefung bildete. Diese

fast 3 Fuß

Waschfässernaufdem

Niveau - Beschaffen¬ heit erklärt sich da¬ durch, daß

der um

Mitte

des fünf¬

die

zeugen wollten wahr¬

genommen daß

Jahrhun¬

zehnten

hohen

Wasser, und Augen¬

haben,

daselbst Hechte

gestochen

wurden,

derts zur Entwicke¬

welche aus dem Land¬

lung der Kölnischen

wehrgraben

Bürgeräcker

das, damals nur die

ange-

Stadt

legte„Fluthgraben",

durch

abschließende

aus der Spree abge¬

Gitterthor Eingang in dieselbe gefunden hatten. Die hier bei¬

leitet^ seinen

gegebene

wie

er

genannt

wurde, bei Treptow

und

Abbildung, auf der die Leichenträgcr, um in der Be¬ gleitung des Leichen¬

Richtung über

wagens zu bleiben,

sprünglichen über

tiefliegenden

Wiesengrund, seine den

ur¬

Lauf

heutigen Belle-

sich

Alliance-Platz der¬ gestalt nahm, daß

Die Ueberschwemmung

des

er die Punkte berührte, wo heut die Linden-, Friedrichs- und

Wilhelm¬

straße endigen. Durch die Lindenstraße führte die Heerstraße nach Tem-

pelhos über eine kleine „Steinerne Brücke"

des

Fluthgrabens, deren

Fundamente bei der in neuerer Zeit erfolgten Regulirung des Platzes, neben dem Hause Lindenstraße

Nr. 127,

noch zu

Tage traten.

auf

retirirt,

Rondeels (Bellc-Alliance-Platz) in Berlin, 1829.

denselben

ist

ein

Factum, das da¬ mals in der Stadt viel besprochen und als Bild colportirt wurde. Als dann zur 25jährigen Friedensfeier, am 18. Juni 1839, der Grundstein zur Friedenssäule daselbst gelegt wurde, deren Ein¬ weihung am 3. August 1843 erfolgte, fand auch die Aufhöhung des Platzes statt.

F.

Lleement. Eine abenteuerliche Geschichte aus den Tagen Friedrich Wilhelms I. Erzählt von Luckooicli üefe&iet.

Im

Erstes Kapitel. Reuß'schen Garten.

Berlin lag der Nebel eines Septemberabends des Jahres 1718; in der Stadt war es still, zu sehen gab's Nichts, und wer nicht draußen zu thun hatte, hielt sich lieber im Hause. Da, wo die Weidendammer Brücke über die Spree geht, um die Neustadt mit Ueber

der

Spandauer Dorstadt zu verbinden, waren einige kräftige Dirnen

beschäftigt, eilig die Wäsche herab zu nehmen, die sie zum Trocknen

an den Geländern aufgehängt hatten; eine, ohne Weiteres

in

den

die

einen Kehrichteimer

Fluß ausschütten wollte, wurde von ihrer Dienst¬

herrin ängstlich am Rock zurückgezogen, und stürzte fast in den dunklen Flur eines Hauses, als sie langsam einen Wagen über die Brücke rollen sah.

Vier Personen

saßen

in

diesem

Wagen,

aber

nur

die

Eine

10 blickte aus hellen blauen Augen scharf um sich, nur die Eine schien Dirnen so in die Flucht zu jage», denn zwei von den Insassen

Gott wacht

geben am liebsten die Könige, aber

auch am liebsten über

die

dieselben!"

waren Pagen Seiner Majestät des Königs von Preußen, schmucke Jungen mit rothe» frischen Gesichtern, die gar keine anderen Namen

hat Recht," unterbrach Friedrich Wilhelm die eintönige der in seinen letzten Worten eine Ansicht ausgesprochen hatte, die in der Seele des Königs wieder¬ hallte. Der Garten war sehr umfangreich, eine Allee von alten Linden durchschnitt ihn; die Zweige, die zum Theil schon entlaubt waren, hingen bis auf den Boden herab; es hatte geregnet, das gefallene Laub und der aufgeweichte Grund gaben einen häßlichen, schmutzigen Pfad, und der König blickte ebenso besorgt auf seine weißen Stiefeletten wie seine Begleiter, aus angeborener Abneigung gegen Schmutz, die Anderen aus Furcht vor dem Zorn ihres Gebieters, wenn er sie nachher „malpropper" fand, das größte Versehen in

tragen konnten, als Bredow und Stechow, vor denen auch kein Menschenkind fürchtete.

aber sicher

sich

Die dritte Person war

ein ältlicher

Herr in Generalsunisorm, der sinnend vor sich hinblickte, der Vierte aber, der war's, vor dem die Weiber so ängstlich Reißaus nahmen; ein großer stattlicher Herr von dreißig Jahren mit rundem blühenden Antlitz, in dem, wie schon bemerkt, zwei feurige blaue Augen blitzten, denen wohl auch noch ein Anderer ausgewichen wäre, als die beiden Dirnen, falls er kein ganz heiles Gewissen gehabt hätte. Das dichte Haar war kurz abgeschnitten und mit einem kleinen Hute be¬ deckt. Er trug eine blaue enganschließende Uniform, Degen und Stiefeletten, in der Hand aber einen Stock, wie ihn dainals, Anno 1718, noch Jeder trug, der irgendwie Etwas zu befehlen hatte. Jetzt erhob er diesen Stock und deutete auf die Dirnen. „Warum laufen diese albernen Weibsbilder so eilig davon, von Bredow?" fragte er mit herrischer Stimme. „Die Dienstherrin jagt sie hinein, Majestät, weil sie den Keh¬ richt in den Fluß werfen wollte," rapportirte der eine Page, ohne eine Miene zu verziehen. „Ist recht, ist die Frau Wiesel, ein wackeres Weib!" lobte der König, denn Niemand anders als Seine gestrenge Majestät Friedrich Wilhelm I. von Preußen war es, der da über die Weidendammer Brücke fuhr. Die Frau Wiesel mochte recht gut wissen, warum sie ihre Dirnen so eilig hineingejagt hatte, denn es war bekannt, daß der König seine Residenzstadt Berlin gern so sauber gehabt hätte, wie seine geliebten holländischen Städte, in denen man allerdings keinen Kehricht in den Fluß warf. Plötzlich wandte er den Kopf nach dem Pagen um: „Er ist ein Spitzbube, von Bredow, aber ein guter Kerl!"

„Majestät," stammelte

„Er

der Page.

brauchte nur seine Worte anders zu setzen,

so

hätte die

Frau Wiesel kein Lob bekommen, sondem den Dirnen wäre ein Donnerwetter auf die Köpfe gefahren. Auch hat Er sich nicht erst lange auf Seine Antwort besonnen, das gefällt mir." Das vorhin so strenge Auge des Königs ruhte freundlich auf dem Jüngling, und hatte in diesem Augenblick etwas Hinreißendes, gleich darnach blickte er wieder scharf spähend um sich. Der Wagen nach dem Brandenburger Thor und hielt vor einem Garten, den eine niedrige Mauer nach der Straße zu abschloß. Ein Pförtchen

fuhr

in der Mauer, ohne Klingel oder Glockenzug. „Wir sind zur Stelle, Majestät," nahm der bisher stumm vor hinblickende Herr zum ersten Mal das Wort, während die

befand

sich

„Er

Rede des resignirten Edelmannes,

seinen Augen.

Uebrigens konnte er nicht viel sehen, denn es dunkelte Bäume nahmen schon jene gespensterhaften Umrisse an, die ihnen namentlich in der Dämmerung eigen, die Schritte hallten bereits, die

eigenthümlich

Blatt

von

wieder

den

Brücke,

hölzerne

und

die

unheimlich

raschelte

wenn

es,

ein

Einmal schritten sie über eine über ein Flüßchen führte, das den Garten

Linden

herabfiel.

durchschnitt.

Endlich wurde ein aus einem Gartenhause,

schwacher

das

Lichtschimmer

sichtbar.

an der Stelle stand,

gleiche Linden-Alleeu sich in Kreuzform durchschnitten.

Fensterläden, durch deren Spalten

kam

Der W ,id rüttelte

an der Fahnenstange, die auf der Spitze steckte, und rau geschlossenen

Er

wo vier ganz

au den

der erwaa.aie Licht¬

schimmer drang.

Jetzt wurde die Thür geöffnet, ein ältlicher Herr in der schwarzen Kleidung eines Geistlichen trat, sich tief verneigend, auf die Schwelle. Der König winkte seinen bisherigen Begleitern mit der Hand. „Um¬ kehren, mich im Wagen envarten", befahl er in seiner kurzen Weise, und lautlos gehorchten alle Drei. „Gehen Sie voran und zeigen Sie uns den Weg, Herr Bischof", wandte sich Friedrich Wilhelm an den Geistlichen. So fehr er auch der Kirche gegenüber der allmächtige Selbstherrscher blieb, so gab

austichtige Frömmigkeit seinem gewöhnlichen barschen Wesen

doch seine

von Ehrfurcht, wenn er mit Geistlichen sprach, freilich nur so lange, wie sie sich innerhalb ihrer Grenze» hielten. Der Bischof von Groß-Polen und Preußen, Hofprediger Daniel Ernst Jablonski, ein ticfgelehrter Herr, gehorchte schweigend der Aufforderung des Königs, der ihm langsam folgte. Sie gingen über einen Zug auch

einen schmalen, schwach erhellten

Thür und trat,

sich

Flur, dann

Der kleine Saal, in dem der König

sich

öffnete der Bischof eine

verneigend, zurück. sich

befand, war nur dürftig

ausgestattet, das Gartenhaus wurde offenbar nur zur Hochsommerzeit benutzt, und mit dem Eintritt des Herbstes die Meubel entfernt;

Pagen heraus sprangen und den Schlag offen hielten. Der König stieg ans, der Andere folgte ihm, er sah in der Dämmerung, daß die Züge des Monarchen eine ungewöhnliche Er¬ regung zeigten und ein leichtes Zittern durchflog seinen Körper. Das

selbst diejenigen, die man darin gelassen hatte, waren

Pförtchen in der Mauer öffnete sich, ohne daß ein Zeichen gegeben worden war, rasch und entschieden betrat der König den dämmernden

düsterrothen Lichter

mit

Ueberzügen

grauer Lernwand versehen. Einen behaglichen Eindruck machte nur der mit sauberen, blau und weiß glasirten Platten von gevon

branutenr Thon belegte Kamin, in denr ein Feuer brannte, das seine

warf,

die

sich

auf den kahlen Raum und die einzige Person darin befand. Ein Talglicht in einem zinnernen

Garten; der Herr folgte langsam und die Pagen sahen sich erstaunt an. Sie wagten kaum zu athmen, die Ahnung von etwas Unheim¬

Leuchter, der auf einem Tisch stand, vervollständigte die Beleuchtung.

lichem kam über sie.

plumpen Holzschemel

„For^ade",

redete der

König seinen Begleiter an, „glaubt Er

an Gefahr?"

mit uns auf: wir

wir von ihnen,

so

wären

es

Kommandant von das Angesicht des effen

aus unserer

mit uns zu Bett

des

sich

ein

Mann,

der

gesessen

dunklen Augen in dem

auf einem Es

gebräunten Gesicht

mit

mit

scharf ge¬

fremdartigen Zügen. Seine Kleidung war einfach: ein blauer Rock mit rothen Aufschlägen, weiße Strümpfe und Schuhe, Manchetten und Jabot von feiner Leinwand mit schmalen Spitzen

schnittenen,

besetzt;

au der Seite trug er einen Degen,

wissen nichts von ihnen, denn wüßten

er einen

keine Gefahren

König machte

mehr; Gefahren um¬

Königs Eintritt erhob

und blieb in ehrerbietiger Haltung. war eine noch jugendliche Erscheinung, nicht groß, aber stark, großen,

Jean Querin de For^ade, Herr von Biair, Berlin, blickte mit seinen ernsten Augen fest in Königs: „Gefahren sitzen an unserem Tisch, sie Schüssel, trinken aus unserem Glase, legen sich und stehen

Bei

dreieckigen

Hut mit

es sichtlich einen

schmaler

und in der Hand hielt

silberner Treffe.

Auf

den

guten Eindruck, daß er keine der ihnr

11

verhaßten Perrücken, sondern das Haar an jeder Seite in drei Locken und gepudert trug. War das absichtlich oder zufällig? Auch der

>

blaue Rock schien aus den Geschmack Friedrich Wilhelms berechnet. Dagegen war die Haltung weniger die des Soldaten, als die des

Diplomaten, wenn er sich auch schließlich Mühe gab, die erstere anzunehmen. Die Falkenaugen des ersten Friedrich Wilhelm, die wunderbaren Hoheuzollern-Augen, blitzten den Fremden herrisch und drohend an, die Hand hob unwillkürlich den Stock.

„Wie heißt Er?" fragte die Komiuandostimme „Johann Michael von Kleement," antwortete furchtsvoll, aber ohne mit der Wimper zu zucken.

des

stahl er

Der König

unmerklich fast in sein Herz.

„Ich

lasse

Ihn

Aber gleich gab

aushängen, wenn

Er lügt!"

er

sich

schrie der

König, schäumend vor Zorn. „Wen will Er noch nennen?" „Prinz Eugen," klang es fast tonlos von Kleements Lippen. Der Stock fiel aus den Händen des Monarchen, sein Gesicht wurde aschfarben, seine Fäuste packten die geschmeidige Gestalt des Fremden bei den Schultern und rüttelten ihn, aber unersch.üttert sprach er: „Würde ich dies Alles Euer Majestät zu sagen wagen, wenn ich

Königs.

der Andere ehr¬

„Beweise!"

Wilhelm und ließ ihn los.

keuchte Friedrich

„Wo

sind sie?"

„Hier", lautete

Antwort, und Kleement zog aus der BrustBriefe hervor. „Da ist das Project des Herrn Grafen Flemming, er hat es selbst zu Papier gebracht und mir gegeben, um es nach Wien zu schicken, ich habe eine Copie davon genommen. Der Herr Baron von Manteusfel stand dabei, als mir der Auftrag wurde." „Wie kam Er zu dem Flemming?" warf der König dazwischen. „Prinz Eugen hatte mich in wichtigen Aufträgen nach Wien die

tasche seines Rockes ein Packctchen

„Sachsen und Oesterreich."

sich ans den Schemel, den Kleement vorher eingenommen, das ruhige, sichere Wesen dieses Mannes, der ihm ohne Scheu gerade in's Gesicht blickte, imponirte dem gewaltigen Manne,

setzte

Umgebung, vor seinem Löwenzorn zitternd, längst verlernt hatte, ihn anders, als mit einer gewisien Scheu zu betrachten, die ihn nur

sich

nicht.

noch

„Er hat an den Bischof Jablonski .geschrieben, und durch ihn einen Brief geschickt, indem Er Uns vor einer Gefahr warnt." „Majestät haben darauf den Herrn Bischof nach Baruth ge¬ schickt, wo ich mich dermalen aufhielt." „Er hat aber Sein Maul nicht aufgethan, und habe ich Ihm den Jablonski noch einmal sammt dem Knyphausen geschickt und Ihn hierher holen lassen, damit er in meine eigenen Ohren seine horrenden Geheimnisse rede. Antworte Er mir also wie ein Christ der Wahrheit gemäß: Wer sind meine Feinde?" In den heißen, dunkeln Augen flammte es auf, kalt und ruhig sprach die Lippe:

Die Stimme klang weich und einschmeichelnd, sie sprach von Wort, das der arme Herr so selten hörte und nach dem er doch lechzte, so gewaltig, daß er's aus seinen Unterthanen hätte herausprügeln mögen. Erst hatte ihm dieser Mann imponirt, jetzt Liebe — ein

geschickt."

dessen

,

„Und was hat Er auf das saubere Project geantwortet?" sei facile auszuführen, aber doch von großer Consequenz; der Kaiser könne sich nicht darein meliren, wenn nicht Hannover ein¬

„Es

noch mehr reizte.

verstanden sei, doch könne er es geschehen lassen."

„Was will man mir anthun?" fragte der König weiter. „Berlin überfallen, in Wusterhausen sich der Person Eurer Majestät bemächtigen, die Minister Jllgen, Kraut, vor allen Dingen

„Hannover wird Nichts dagegen gehabt haben!" lachte der König ingrimmig. Seine Abneigung gegen seinen Schwager war beinahe eben so stark, wie seine Liebe zu seiner Gemahlin. „Hat sich Prinz Eugen noch weiter darein melirt?" „Der Prinz hat mit mir über das Enlevement Eurer Majestät correspondirt; er läßt monatlich 15,000 Fl. an geheime Correspon¬ denten zahlen, diese Gelder aber gehen durch die Hände des Kauf» mannes Hohmann; Graf Flodrop ist nach England geschickt worden, um das Consentemcnt des dortigen Hofes einzuholen. Der Ingenieur de Pups in Wusterhausen aber hat mir für 100 Dukaten einen Plan von Berlin gegeben, den ich dem Prinzen geschickt habe." Der König stand auf; diese Dinge waren zu ungeheuerlich, um erfunden zu sein, aber noch ein Bedenken kam ihm. „Und Er ehrloser Kerl verräth Leute, die Ihm vertrauten?" „Ich bin nicht ehrlos, Majestät, und wenn ich es bin, nun so habe ich eben meine Ehre zum Opfer gebracht, um Preußen und seinen König zu retten, der als ein anderer Gustav Adolph der Evangelischen Schutz sein muß, und den die Katholischen verderben wollen." Wieder hatte Kleement einen der empfindlichsten Punkte in der Seele des Königs getroffen; voll und klar war er sich bewußt, daß Preußen ein Bollwerk sein müsse gegen den Katholicismus, und daß man Preußen eben nicht liebte, wußte er auch. Die horrenden An¬

aber den Tresor entführen."

Wie von einer Natter gestochen, schnellte der König empor. „Wer hat denn dieses saubere Projekt erfunden?" sagte er mit heiserer Stimme. Wieder flammten Kleemeuts Augen, Friedrich Wilhelm konnte den Ausdruck teuflischen Hasses nicht sehen, der in ihnen lag, als er,

die

Hand fester

an

Flemming." Der König stutzte, Mitschuldige?"

seinen Degen legend, erwiederte:

dann fragte er weiter:

„Graf

„Hat Flemming

„Der frühere sächsische Gesandte am preußischen Hof, Baron von Manteusfel, der Erbmarschall von Limburg, Graf Flodrop, der Ingenieur de Puys in Wusterhausen, der Kaufmann Peter Hohmann in Leipzig, der sich jetzt Edler Panner von Hohenthal schreiben darf, sind in das Komplott des Enlevements Eurer Majestät verwickelt." „Sind das Alle oder weiß Er noch mehr?" fragte der König spottend, und nur mit Mühe einen Zornausbruch unterdrückend. Es war zu abenteuerlich, was er hörte, als daß er es glauben durste. Wer aber war der freche Gesell, der es wagte, ihm mit so dreister Stirn solche Ammenmärchen aufzubinden? Wenn doch Etwas daran war? Leise, leise regte sich das in seiner Natur schlunimernde Mi߬ trauen; der Andere aber entgegnete, ohne auch nur einen Schritt vor

schuldigungen Kleement's gewannen doch eine leichte Wahrscheinlichkeit, die einschmeichelnde

dem drohend erhobenen Stock Friedrich

den

„Ich

setzen

weiß noch Einen, aber ich

Wilhelms zurück zu weichen: wage nicht, ihn Eurer Majestät zu

nennen."

„Er

es

nicht?"

höhnte der König.

„Nun, Er hat

schon

viel gewagt heute, daß es auf einen Namen mehr oder weniger nicht ankommt. Heraus damit oder —* Er schwang den Stock, der Abenteurer aber entgegnete: „Nicht die Furcht vor dem Stock, uur die Liebe zu Euer Majestät werden mir mein Geheimniß entreißen." recht

sprach

weiter: „Man würde dann Kaisers, auf den Thron

des

und katholisch erziehen lassen."

Der Stock wagt

Stimme aber

Kronprinzen, unter Vormundschaft

sauste so heftig aus den Tisch nieder, daß das Licht

Jetzt herrschte völlige Dunkelheit im Saal, nur in, Kamin glühten die Kohlen, wie feurige Augen, und leise tropfend schlug der Regen an's Fenster. (Fortsetzung folgt.) umstürzte und verlosch.

12 oder der

Literatur. Paul Henckel, Gedenkblatt für

Thätigkeit

wir in unseren Blättern gedacht haben. Paul im noch nicht vollendeten 32. Lebensjahre durch den Tod dahingerafft, hatte sich, ungeachtet seiner anderweitigen, vielfachen Thätigkeit, und trotz andauernder Kränklichkeit ein seltenes Wissen auf Seine äußeren dem Gebiete der Numismatik zu erwerben gewußt. Verhältnisse begünstigten ihn, eine Sammlung anzulegen, glücklichen wie sie zun» zweiten Male ein Privatbesitzer wohl nicht aufzuweisen vermag. So rettete er unter Anderm auch durch Ankauf die berühmte A. Durand'sche Sammlung von Medaillen auf Numismatiker, Graveure, Münzbeamte, denkwürdige Münzbesuche und was überhaupt mit der Münzpräge zusammenhängt, vor der Zerstückelung; seine Bibliothek münzwissenschaftlicher Werke, Dedications-Eremplare rc., ist von einer Reichhaltigkeit, wie kaum eine andere. Wir entnehmen der obige» verstorbenen, dessen auch

Henckel,

Schrift

eine Episode, die von der Bescheidenheit und Uneigennützigkeit

des auch

uns befreundet gewesenen Verstorbenen spricht.

Henckel hatte

auf einer Reise durch Salzburg vernommen, daß ein Galarock Mozart's zum Verkauf ausgeboteu wurde, in dessen Besitz das „Mozarteum"

mit feinem unzureichenden Fonds nicht gelangen konnte. Er kaufte daher das Kleidungsstück an, und machte dasselbe der Anstalt unter der Bedingung zum Geschenk, daß er vou demselben — einen Knopf als Reliquie bewahren dürfe. Der Verfasser des „Gedenkblattes" schließt dasselbe mit dem Wunsch, daß es gelingen möchte, dem Staat Soeben erschien:

Zweiter Band. des Großen

Ferdinand Weyer Vereins für die Geschichte Berlins rc.

8°. geh.

des

ersten

graphien folgender für die Entwickelungsgeschichte des Vaterlandes wichtigen Persön¬ lichkeiten: Zorda». — Null an de 3nndim. — Sa¬ muel von (Coceeji.— Gral von Kcrzhcrg.— Duanh.— Graun. — Freiherr von liuütietsilürf!. — .fflauperlu>8.— Mole» Mendelssohn. — IleitekKeineEphraim.— Gotzhowshg. — dianiker. — Nicolai.

Berlins und

Der dritte Band

dieses Werkes

die Kriegshelden Friedrichs deß

_Alfr

wird

sich über Großen verbreiten.

ed

„Bär"

richtet an alle Freunde

der vaterlän¬

Desgleichen: Münzen, wirthre. sind besonders erwünscht. swaftliche Geräthe, Waffen, Glas und Oelgemälde, Bücherrc. auch wenn solche bereits dem Mittelalter angehören. Ferner: Urkunden auf Pergament und Papier, Siegel, kirchliche Geräthschaften.

Waffen

Gegenstände, welche nicht der Mark angehören, sind der Vergleichung wegen ebenfalls willkommen. vielen Familien- und amtlichen Wohn- und Geschäftsräumen finden sich noch Gegenstände vor, welche dort fast unbeachtet unter Staub und in dem Dunkel der Corridore, der Böden re. begraben liegen, für eine Samm¬

In

lung aber immerhin werthvoll sind.

Ein Hervorziehen solcher Gegenstände lohnt sich fast immer und die dem Museum überiaffenen Objecte werden, mit dem Namen der Geber versehen, einen würdigen Platz in den Reihen der Sammlung erhalten. Die Redaction des „Bär" nimmt dergleichen Zusendungen bereitwilligst entgegen.

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Ekcincns Brentano, Aus der Chronica eines fahren¬ den Schülers. Lkcmen» Brentano, Geschichte vom braven Casperl und dem schönen Annerl. Beides anerkannte Perlen der romantischen Poesie.

Matthias Claudius, Briefe von Andres. Diese Briefe bilden den Glanzpunkt auö den Werken des Wandsbecker Boten.

Georg Licbnod,, Elisabeth von Dänemark,

fürstin von Brandenburg.

Kur-

Das Lebensbild der Kursürstin Elisabeth wird seine große Anziehungskraft stetsbehaupten.

Arnold M-llmer, Auferstanden! Eine Ostergeschichte. Eine reizende Erzählung.

„Ueber Land und Meer" sagt am Schlüße einer längeren Besprechung dar» über: „Es ist ein Avrilwetter von Sonnenschein, Regen, Stunn und lächelnder Frühlinasftille, von Humor und Realismus, von zarter Schwärmerei und tiefem HerzenSkummer."

Kilkard Äcindard, Der Tanz zum Tode. Ein Nachtstück aus dem 14. Jahrhundert. Nach urkundlichen Mittheilungen des Prof. Franz Delitzsch erzählt. Dieses vor einigen Wochen erst erschienene Bändchen des Versagers deS „DiotrepheS" und der „Zwei Herren von Bnlow" wurde bereits von mehreren dervorragenden Blättern in anerkennendster Weise besprochen und auf's Wärmste empfohlen.

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Abschluss bringen.

mit so großem Theils: „Vom 16. Jahrhundert bis zur Zeit Friedrichs des Großen", und enthält, nach einer längeren Einleitung, welche sich über die in geringerem Maße hervor¬ ragenden Männer jener Zeit verbreitet, die Bio¬

Beifall aufgenommenen

ist auch einzeln zu haben.

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feine Porzellan-Vasen, Figuren, Tassen, Waffen, Möbel, Dosen, Uhren rc., werden zu kaufen ge¬ wünscht von Friedrich Meyer, am ZeugHaufe

des

Stamm- und Wappeiibnch weiland J. Stellmachers,

gegeben und solbui ca.

Preis 2 Mark 25 Pf.

Dieser Band bildet die Folge

Berlin,

Die Redaction

(Irosse

Zeitalter.

Ein Freund der Berlinischen

dischen Geschichte die

scheinende

Nach urkundlichen Quellen bearbeitet

des

Briefkasten.

schichte. Die Anftage bezüglich des Hauses am Belle-Alliance» Platz Nr. 2 wird in der nächsten Nummer ausführlich beantwortet werden. — H. F. in B. Eine ausführliche und eingehende Schilde¬ rung der Sammlungen des Zeughauses von G. Hiltl, wird voraus¬ sichtlich schon in der nächsten Nummer beginnen.

Alle Heraldiker, Genealogen, Wappen¬ sammler, Siegelstecher und Graveure machen wir auf das in unserm Verlage er¬

uud ihre Wohnstätten.

Secretär

des

Sammlung — das Resultat eifriger, unverdrossener Verewigten — zu erhalten. F. M.

jene

seine Freunde, von Adolph

Meyer. Unter diesem Titel ist im Selbstverläge des Verfassers eine kleine Brochüre erschienen, die uns nähere Kunde giebt von einem Jüngst¬

Friedrichs

Stadt

Nr.

1.

Verlag von

Alfred Weile in Berlin.

Gustav Laute ^^^^^erlinJjjtjjraubenstr^O^^^

— Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck: Bahlke u.

Hindersin in Berlin.

Unter Mitwirkung von Dr. Brecht, Prof. vr. Brutus Kassel, Stadt-Archivar Aidicin, Uheod. Aontanc, Geh. Regier.-Rath Freiherr Dr. von Ledebur Geh. Hofrath L. Schneider, Archidiaconus Schrvebel in Cüstrin :c. jc. herausgegeben von

George

AM

und

Ferdinand Weyer.

Das Blatt ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. S> beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Verlagshandlung von Alfred Weile in Berlin zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro Sgcsp. Petttzcile SS Psg., werden von den Herren Haasenstein u. Vogler, Rud. Masse, Bernh. Arndt, sowie von der Verlagshandlung sPuttkamerstr. 8) entgegengenommen.

Inhalt.

Johann Carl von Eckenberg, der starke Mann, von L. Schneider. — Nikolaus Leutinger, vom 8tuä. ,jur. Holtzc. (Fortsetzung.) — Die Wappen und Farben der Stadt Berlin, von Stadtarchivar Fidicin. — Kleement, Erzählung von Ludovica Hesekiel. (Fortsetzung.) — Ein Perleberger Rechtsalterthum. — Literatur. —

Briefkasten.'

Johann Carl von Cckenberg, der starke Mann. Eine Studie zur Theater-Geschichte Berlin's.

Vorgetragen in. Verein für die Geschichte der Mark Brandenburg von £. 8

Fig. 4 den Durchschnitt des Schwertes von Fig. 1 im Prosil ab.") — Auffallend ist es, daß bereits ein recht ähnlicher Schwertpfahl Er befindet sich in der Gymnasialbei Triplatz gefunden ist. Sammlung zu Ruppin, ist scheinbar etwas kleiner, und das Schwert im Verhältniß zum Stab etwas kürzer als bei unserm Exemplar. Wegen weiterer Auskunft über die mythologischen und historischen Beziehungen der Schwertpfähle verweise ich auf den Vortrag, welchen ich über den Winterfeld'schen Schwertpfahl am Sonnabend, den 22. Januar 1876, in der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte gehalten habe, und der in den Ver¬ handlungen der Ges., Jahrgang 1876, abgedruckt ist. *) Zeichnungen entworfen vom Herrn Architect Ed. Krause hierselbst.

sich

zu besinnen, wo¬

hin er seine Schritte lenken solle; endlich mochte er einen Entschluß gefaßt haben, und kurze Zeit darauf stand er im äußeren Schloßhof, wo sich der Eingang zu den Gemächern des Königs befand, die nach dem Lustgarten, vom zweiten Portal bis um die Ecke nach der Schlo߬

freiheit hinaus, lagen.

vermieden

mit einer Prunk-Waffe zu mit aufgestecktem Schwert

thut mit offenen Augen, was Lehmann in Blindheit fehlt." Er suchte den Ansgang nach der Straße, nachdem er das Zim¬ mer verlassen, und fand ihn auch bald. Frau Wernicke fühlte sich nicht bewogen, die Gäste ihres Sohnes, die sie hereingelassen hatte, auch wieder hinauszugeleiten.

Form verlockt zu dieser letzteren Annahme; dennoch hat dieselbe große Die Befestigung des schwertförmige» Kopfes auf dem Bedenke». Stab (Siehe Fig. 1) ist nämlich bei sämmtlichen Schwertpfählen eine so

treue Dienste gegen seinen König, der Sohn wird in Spandau enden, denn er

nach welchem unser

Andere Forscher

ansieht.

„Dinstag" benannt ist, halten die Schwertpsähle für Zeichen der als Commandostabe. Endlich ist auch

die Köpfe in tiefem Schlaf auf den Tisch sinken ließen; Lehmann und Bube waren schon früher gegangen. Der Ungar warf

Wernicke

Die Art, wie er daselbst auftrat, zeigte an, Male hier war; auch ließen ihn die riesigen

Grenadiere, welche die Wache hatten, ungehindert passiren. Unten im Flur trat ihm eine Ordonnanz entgegen, mit der er flüsternd einige Worte austauschte, und die ihn dann bis zu den Ge¬ mächern des Königs führte.

gesehen,

Friedrich Wilhelm

mitten in seinem mit übertriebener Einfachheit ausgestatteten Zimmer, und streckte dem Eintretenden die Hand entgegen, die dieser ehrerbietig küßte. stand

„Es ist also Sein fester, unwiderruflicher Entschluß, zum reformirten Bekenntniß überzutreten?" redete er ihn an. „Mein fester Wille, Majestät," lautete die Antwort. „Ich kam jetzt — " „Schweige

Er",

herrschte der

König ihn an, „und inetire Er

nicht religiöse Dinge mit der weltlichen Politik

— davon nachher!

werde jetzt mit Ihm in meine Hof- und Domkirche gehen, das heißt, Er wird mir in einer Viertelstunde folgen, unterdessen werde

Ich ich

für Ihn beten." Eine Wolke flog über Kleements Gesicht, offenbar hätte er gern

Lleement. Eine abenteuerliche Geschichte ans den Tagen Friedrich Wilhelms I. Erzählt von Luäovica .-fielehict. (Fortsetzung.)

Er verließ

das Gemach; Wernicke, Bube und Heydekam lachten

hell auf, Lehmann war noch bleicher geworden. und schon

mit

Kleement bemerkte es,

den Andern am Tische Platz nehmend, sagte er:

„Ich

habe

als wir uns in Leipzig kennen lernten, zu Euch ge¬ mein lieber Herr Resident, daß bei unseren Sachen Nichts

damals,

äußert,

Euren Unterthaneneid; bin ich doch weit entfernt, ein im Gegentheil, ihn vor Gefahr hier zu warnen. Was können Euch also solche Reden anfechten?" „Ich weiß es", entgegnete Lehmann, „und es tröstet mich, denn ich habe kein ruhiges Gewissen mehr, seit ich Ench gesehen." geschieht gegen

Feind Eures Königs zu sein,

„Ihr

seid ein

Narr!"

unterbrach ihn Heydekam.

„Ich

freue

mich, den Monsieur Clement kennen zu lernen."

Stundenlang saßen sie beisammen; Kleement lenkte die Unter¬ haltung nach seinem Willen, nach seinen Launen, ohne daß sie etwas merkten. Während ihre Köpfe immer schwerer wurden, die Bierkrüge immer rascher sich leerten, rührte der Ungar das Getränk kauin an. Er erfuhr auf diese Weise viel mehr über die Berliner Verhältniffe, als aus den Nachrichten, die ihm die ungetreuen Beamten etwa zu¬ kommen ließen.

Er entfernte

sich

aus der Gesellschaft erst,

als Heydekam und

|

'

auf der Stelle von weltlichen Sachen gesprochen, aber der tiefe Ernst des Königs ließ es nicht zu; er war entlassen, und mußte eine ganze Weile in einem kleinen Vorzimmer warten. Der Abend war unterdessen hereingebrochen, und auch in dem Gemache wurde es dunkel. Da vernahm Kleement draußen eine Stimme, bei deren Klang er zusauimensuhr: „Dann werde ich hier innen die Rückkunft Seiner Majestät erwarten, mag's noch so lange dauern. Meine Nachrichten sind wichtig!" Zugleich wurde die Thür geöffnet, und der Geheimrath von Bieberstein trat in's Zimmer, un¬ bekümmert um die Ordonnanz, die ihn vergeblich zurückzuhalten suchte. Als er eine» Fremden im Gemach bemerkte, verneigte er sich höflich und sprach: „Ah, ich warte nicht allein, das trifft sich günstig. Mit wem habe ich die Ehre —" plötzlich fuhr er zurück, der letzte Strahl der scheidenden Sonne war auf Kleenicnts Gesicht gefallen. „Baron Rosenau!" rief er überrascht. Klcement hatte sich gefaßt. „Euer Ercellenz sind so gnädig, sich meiner zu erinnern", erwiederte er ruhig. Bieberstein lachte. „Wie sollte ich nicht," antwortete er, „haben wir uns nicht auf dem Friedens-Congrcsse zu Utrecht oft an Euren klugen, scharfsinnigen Discursen ergötzt, Graf Metternich und ich? Was führt Ench jetzt hierher?" Kleement zuckte die Achseln und schwieg, die eintretende Ordon¬ nanz machte jedem weiteren Gespräch ein Ende, indem

einige Worte zuflüsterte, worauf dieser

sich gegen

sie Ktcemcnt Bieberstein verbeugte

und das Gemach verließ.

Der Geheimrath stand am Fenster und trommelte an den „Wenn das der Schreiber des gehcimnißvollen Briefes

Scheiben.

50 wäre, den mir Jablonski damals brachte, dessen Person man mir nie Er nannte sich zwar Kleement, und ich kannte ihn zeigen wollte?

nur als Rosenau. Pah, diese politischen Abenteurer führen tausend Namen, und der Abenteurer sah ihm schon aus den Augen, als ich ihn zu Utrecht fand, wo er Racoczys Interesse nicht ohne Geschick vertrat. Dann ist er mir aus den Augen gekommen. Muß doch mal i» Wien ansragen, ob sie da Etwas von ihm wissen. Wenn es am Ende mit dem unbesiegliche» Mißtrauen zusammenhinge, das seit einigen Tagen den Allergnädigsten befallen, daß mir sogar eine Intrigue aus der Hand genommen wird, deren ersten Faden ich zwischen den Fingern hatte?" Während der Diploinat so in Gedanken verloren war, legte Kleement vor dem Altar in der Hof- und Domkirche in die Hände des Bischofs Jablonski das Bekenntniß der reformirten Kirche ab. König Friedrich Wilhelm saß aufrecht in seinem Stuhl, unbedeckten Hauptes, die gewaltigen Hände über dem Stock gefaltet, in tiefem Gebet. Seine ganze Seele war bei der Feier, offenbar mehr als

fort!

Wenn Bieberstein erfährt, welche Dienste — wenn Jela es hört, so trifft mich ihre Verachtung, und das könnte ich nicht ertragen. — Dies Weib hat mich zu ihrem Sklaven gemacht! . . Es sei! Der

„Ich

melnd:

muß

Baron Rosenau

dem Wiener Hofe leistete,

König weiß, daß ich heut gehe, Knyphausen werde ich benachrichtigen — es gilt nur noch den Abschied von ihr!" Er erhob sich und ging hinüber in den Saal, wo er Jela am

Mit einem lauten Schrei wandte sie sich um in seine Arine. sich „Du willst gehen? ich habe es gehört, wie dieser Preußenkönig es dem Vetter sagte!" rief sie leidenschaftlich. „O, wann kommst Du wieder?" „Bald, bald, Jela!" tröstete er. „Wenn ich am Ziel bin, wenn ich der stolzen Tököly ebenbürtig sein werde!" Ein fast harter Zug zeigte sich um den schönen Mund, als wollte sie sagen: „Das wirst Du nie!" Sie entgcgnete aber nur: Fenster stehend fand.

und warf

„Willst Du kommen,

wenn ich die Sehnsucht nach

Dir

Dir

nicht mehr

Sieg davon trägt über wenn Du Dein Ziel noch nicht erreicht

die Kleemcnts, der mühsam eine heftige Unruhe niederkämpfte.

meistern kann, wenn die Liebe zu

Als die heilige Handlung zu Ende war und Kleement zum König trat, reichte ihm dieser abermals die Hand zum Kuß, und schmückte ihn dann mit dem Orden äo In GLiuwositö. „Dieser Orden," bemerkte der König in dem eigenthümlich lehr¬ haften, würdevollen Ton, den er zuweilen annahm, während er ihm das achtspitzige, himmelblau-emaillirte Kreuz mit dem goldenen F, dein emaillirten Kurhute und der Devise „Generosite“ an einem

den

Stolz der Tököly, auch Willst Du kommen, wenn hast?

den

ich

Dir

sagen

lasse,

ich

will

Dein sein?"

breitgewässerten,

„Mein Ehrenwort darauf!" rief er, hingerissen von ihrer Schön¬ heit, ihrer Leidenschaftlichkeit. Dann zog er den Ring mit dem seltsam leuchtenden blauen Stein von der Hand, und sagte ebenso erregt wie das schöne Mädchen: „Nimm ihn hin! Der große Racoczy trug ihn einst am Finger und belohnte treue Dienste damit, aber erst

von meinem

nach

auch sein Herz pochte; er wußte, daß jedes verlegene, unsichere Wesen

und färbt

Königs weckte; verdankte er doch hauptsächlich seiner unerschütterlichen Sicherheit den Einfluß aus den Herrscher. „Komme Er heut Abend noch einmal in's Schloß", sprach Friedrich Wilhelm, als er merkte, daß Kleement noch weiter reden wollte; „hier im Gotteshaus ist es unstatthaft, und jetzt wird der

mir einst

„dieser Orden ist schwarzen Bande umhängte, in Gott ruhenden Herrn Vater, da er noch Kurprinz war, ausgerichtet, und Er erhält ihn, weil er mich vor schwerer Ge¬ fahr gewarnt." Fest und sicher sprach Kleement seinen Dank aus, so ängstlich den

Zorn

des

Jahren wurde ich durch Gelehrte über seinen wahren Werth be¬ lehrt, den auch der Fürst nicht gekannt hat. Er ist aus AlchymistenGold gefertigt, der Stein durch Zauberkraft geweiht und gefeit; er leuchtet blau, so lange Derjenige Dir treu bleibt, den Du liebst,

Der Abenteurer wagte das Unglaubliche, er wagte zu wider¬ sprechen. „Ich muß Euer Majestät sprechen, ehe Sie Bieberstein empfangen," sagte er fest. Der König sah ihn durchbohrend an. „Gehört Bieberstein auch zu Jenen, die Er mir genannt?" fragte er, und seine Stimme schien

küßte seine

Botschaft

Stirn des

sie sich

„aber

noch

keine

Beweise",

entgcgnete

Kleement

traue ihm nicht." Friedrich Wilhelm stöhnte wie in schmerzlicher Erregung.

„Ich

mit Euch zu Knyphausen gehen", entschied er. Dann entließ auch den Bischof Jablonski mit einigen huldvollen Worten. Im Hause des Herrn von Knyphausen widerfuhr dein König

er

sofort ein Aerger:

nämlich bedenklich nach Kaffee, und die sich vor Friedrich Wilhelm blicken zu lassen, der sogar seinen getreuen Knyphausen ziemlich ungnädig abwinkte und mit Kleement allein blieb. Was sie da verhandelt, hat

Frauen

es roch

des Hauses vermieden cs,

denn auch Niemand erfahren; nur erhielt Knyphausen, als der König

endlich ging, den Befehl, dem Abenteurer 2000 Dukaten auszuzahlen, damit er weitere Entdeckungen niachen könne. Der Minister schüttelte den Kops, als er die Treppe wieder hinaufstieg, nachdem er seinen Monarchen bis an die Thür geleitet hatte. „Gestern 7000 Thaler, heut 2000 Dukaten, wer kann sich rühmen, das vom König erlangt zu haben?!" Und doch schien Kleement sich aller seiner Erfolge nicht zu freuen, er iaß in seinem Zimmer, düster vor sich blickend und mur¬

sich fest

blau

sei!

Du folgst

leuchten, immer und

der

ewig!"

umschlungen eine lange Weile, dann rissen

In

der Nacht noch reiste Kleement ab



Viertes Kapitel.

Das treue

In

werde

Du

wohin? hatte, er Knyphausen nicht mitgetheilt.

leise,

ich

„Es

und sagte jauchzend:

Ringes, — er wird

von einander los.

zu beben.

habe

Sendest

Ring, so will ich kommen, und wenn ich am anderen Ende der Erde verweilte!" Er war vor ihr niedergeknieet und reichte ihr das Kleinod; sie

Sie hielten

Bieberstein auf mich warten."

„Ich

dunkelroth, wenn er die Treue bricht.

sich

diesen

Blut

von Anhalt.

der Spree war schwule Herbstwitterung draußen; Gewitterluft, trotz der scharfen naßkalten nicht allein die Diener huschten ängstlich die Treppen hinauf und hinab, nicht nur die Pagen unterdrückten jedes Lachen, jedes lautere Wort, selbst Minister und Generale, die zum Vortrage in die Ge¬ mächer des Königs schritten, seufzten hörbar und kehrten mit gefurch¬ ten Stirnen zurück; die Königin und ihre Kinder schienen unsichtbar

dem Königsschloffe

geworden zu sein

—,

ganz

zu

Köln an

Berlin und Potsdam zitterte.

Des

Königs Löwenzorn war ja bekannt genug, aber man hatte sich all¬ gemach daran gewöhnt; die Laune jedoch, in welcher sich Friedrich

war unerträglich; seinen Mißtrauen, das sie bis ins innerste Herz kränken mußte. Er sprach nur von Verrath und Falsch¬ heit — kurz, Niemand begriff, was mit dem Herrscher vorgegangen war. In Potsdam lud er sich ganz unbekannte Bürger ein, die

Wilhelm

seit

Treuesten

begegnete

einigen

er

Wochen

mit

befand,

einem

zitternd kamen, ahnungslos, wie sie diese hohe Ehre verdient hätten; nur seine gewohnte Umgebung hielt er gänzlich fern. Namentlich in Berlin sckien es ihn nicht zu leiden; sobald die nöthigen Geschäfte

In

beiden Schlössern abgethan, fuhr er wieder hinüber nach Potsdam. er wenn ein nur, paar geladene Pistolen vor seinem aber schlief er

Bett hatte. An einem trüben Herbstmorgen befand

dieser Beziehung Schwedts zu unserm Herrschergeschlecht,

darf das vor¬ liegende Buch ein allgemeineres Interesse in Anspruch nehmen. Aber auch die Gründlichkeit und Sicherheit der Forschung und die Besonen-

der von

heit im Urtheil, die wir überall im Werke antreffen, sowie die breitere historische Grundlage, die der Verfasser seiner Arbeit zu geben ver¬ standen hat, empfiehlt es Allen, welche den literarischen Erscheinungen

auf

auf

sich For^-ade

im Schloß

und blickte trübe in den Lustgarten hinab; er wartete auf den König,

Potsdam kommen sollte, und wenn der Getreue sich sonst Stunden gefreut hatte, so wünschte er jetzt sie überstanden Es war nicht Furcht, die den tapferen Soldaten finster zu haben. stimmte, es war ein tiefes Mitleiden mit dem geliebten Herrscher, solche

denn seinem scharfen Auge war es nicht entgangen, daß Friedrich Wilhelm selbst unsäglich in den letzten Wochen gelitten hatte. Am Kamin in der Ecke des Saales standen von Bredow und von Stechow, und suchten sich an der spärlichen Flamme die Hände zu wärmen, denn noch war der Wagen des Allergestrengsten nicht vorgefahren. In ihren vergeblichen Versuchen wurden sie, eben so wie der General in seinem finstern Brüten, durch einen mächtigen

Tritt

unterbrochen, der sporenklirrend die Treppen heraufkam.

„Der Fürst von Dessau!" raunten Thür

sich die

öffnete und der berühmte Held

sich

Pagen zu, als die

von Hochstedt und

Turin

Er war damals noch nicht der alte Dessauer mit dem finstern Angesicht voll Runzeln und Falten; nein, er war ein großer schöner Mann mit blitzenden Augen unter der kühnen Stirn, einer mächtigen, aber edel geformten Nase und einem auffallend schönen eintrat.

Munde, der weiche Linien genug zeigte. Das volle Haar war lockig, und konnte nur mit Hülse von Bürste und Puder in die vorschrifts¬ mäßige Frisur gebracht werden. Er trug eine blaue Montur mit dem

Stern

des schwarzen Adlerordens aus der

bekanntlich nie ablegte,

so

linken Brust, den er

daß Dessauer's Leumund noch heut be¬

hauptet, er habe ihn auch im Bett getragen; dazu die unvermeidlich pralle Weste, einen Degen mit silbernen Gefäß, eine reich gestickte Feldbinde und einen dreieckigen Feldzeichen

seiner

Hut mit

brandenburgischen

einem Eichenzweiglein, dem Truppen im spanischen Erb-

solgckriege.

Von Bredow und von Stechow grüßten militaicisch, der Fürst Hand hin, die dieser seufzend

annahm.

„Noch immer schlechtes Wetter?" fragte der Fürst, in das Ge¬ Edelmannes blickend.

sicht des

„Alles beim Alten, Durchlaucht," lautete die Antwort. „Dem Dinge muß ein Ende gemacht werden!" sagte Leopold und setzte den Fuß fester aus.

„Aber wie?" seufzte Fortzade. meine Sache", entgegncte Anhalt kurz.

„Ist

„Wann fing's

an? laßt sehen!"

„Das weiß Niemand

besser,

als ich und die beiden Knaben da,"

erwiederte For^ade.

„Wenn Fürst

es

kein Staatsgeheimniß ist, so

theilt mir's mit", sagte

sich setzend.

(Fortsetzung folgt.)

Literatur. Thomae, G. vr., Geschichte der Stadt und Herrschaft Schwedt. Mit einer photographischen Ansicht des Schlosses Schwedt und einer Stammtafel des Hauses Brandenburg-Schwedt.

S. VIII. 319. Berlin, 1873. Puttkammer L Mühlbrecht. Dies Buch, deffen Widmung Kaiser Wilhelm huldvoll ange¬ nommen hat, behandelt, wie der Titel sagt, die Geschichte der Stadt und Herrschaft Schwedt, und dabei die der Herren dieser Besitzung: der

BeDem Verfasser lagen bereits Vorarbeiten vor, 1) v. Probst, Beiträge zur Geschichte und Statistik der Herrschaft Schwedt, 2) dasselbe Werk in einer Umarbeitung: Stadt und Herr¬ schenken.

Ein historischer Beitrag (1834), 3) v. Medem, Ge¬ Stadt Schwedt und des Schlosses Vierraden. Allein die

schaft Schwedt. schichte der

beiden erstgenannten Werke behandeln eigentlich nur das Jahrhundert der Markgrafen, das letzte,

welches

mit vielen Urkunden ausgestattet

hat einen vorwiegend diplomatischen Charakter. Da zudem alle drei Werke längst aus dem Buchhandel verschwunden sind, so ist die Arbeit des Verfassers, die ja auch viel Neues bietet, gewiß dankeusist,

werth und verdient unsre Aufmerksamkeit. Thomae hat den ganzen Stoff in 5 Abschnitte eingetheilt. Der erste umfaßt die ältesten Zeiten bis zum Jahre 1481, in welchem Schwedt insofern zu einer gewissen Selbständigkeit

Mittelpunkt der Herrschaft mählig tritt aus dem Nebel,

der

breitet ist

gelangt,

des Grasen von Hohenstein

als

wird.

der um die Gründung der Stadt — der Verfasser entscheidet sich für die Ableitung

es

Allver¬ des

Namens der Stadt von dem slavischen Adjektiv swjatj und hält den Ort für eine alte Culturstätte, — diese selbst mehr und mehr hervor. Schwedt wird ein wendischer Burgflecken, und bei Gcrmanisirung der

Mark und Pommerns Burgvogtei.

Unter den Anhaltinern kommt weiter empor, wird aber dann von den bairischen Markgrafen an Pommern abgetreten und erst von dem Hohenzoller Friedrich II. zu¬ rückerobert. Albrecht Achill veräußerte an den Grafen Hans v. Hohen¬ sie

stein, der aus. der kelbra-heldrungen'schen Linie stammte und theils Drang nach Krieg und Abenteuern folgend, theils durch Schulden gedrückt, beim Kurfürsten Dienste genommen hatte, das Amt Dier-

seinem

nickte freundlich und streckte Fortzade die

der

dem Gebiete heimatlicher Geschichtsforschung theilnehmende

achtung

Grafen von Hohenzollern und der Markgrafen von Brandenburg. Schwedt, einer Seitenlinie des preußischen Königshauses. Schon wegen

als erbliches Lehen, zu dem der Graf 1430 Schwedt für 300 rheinische Gulden hinzu erwarb. (2. Abschnitt). Unter dessen Nach¬ folgern, von denen einer, Graf Wilhelm, zur Reformation übertritt,

raden

machte sich

verdient.

namentlich

Martin

Nach dessen Tode

wegen

seiner Fürsorge um Schwedt

(1609) fiel — hier beginnt

der 3. Ab¬ schnitt — Schwedt als offnes Lehen an das Kurhaus zurück. Von da ab ist Schwedt wiederholt Wittwen-Ausstattungsgut brandenburgischer

Kurfürstinnen, zuerst Wittwengut der Knrfüstin Anna, darnach Aus¬ stattungsgut von Elise Elconora. In diese Zeit fallen die schrecklichen Verheerungen des 30jährigen Krieges. Von 1638—39 war die

Stadt

so verödet, daß die Kirchenrechnungen cessirten. Im Jahre 1670 kommt Schwedt (4. Abschnitt) durch Kauf in den Besitz der Kurfürstin Dorothea, unter deren Regierung die persönliche Dienst¬

barkeit in Schwedt aufgehoben, eine große Anzahl französischer Flücht¬ linge aufgenommen, und die seither berühmt gewordene Tabakskultur eingeführt wird. Nach ihrem Tode fällt Schwedt als Majorat an ihren ältesten Sohn, den Markgrafen Philipp Wilhelm, der sich um die Hebung der Herrschaft große Verdienste erworben hat. Ihm folgte Fftedrich Wilhelm, für den anfänglich der preußische König Friedrich Wilhelm I. die Vormundschaft führte. Die Charakterzeichnung dieses Markgrafen ist dem Verfasser besonders gelungen. Er zeigt, wie dieser es sich eifrig angelegen sein läßt, dem genannten König, seinem Schwiegervater, bis ins Kleinste in seiner Regierungs¬ weise nachzuahmen, namentlich in militärischer Hinsicht und in der Art der Polizei- und Gerichtspslege. Einige Anekdoten, die S. 223

und folgende mitgetheilt worden, sind für die Derbheit des Margrasen wie für den geistlichen Hochniuth der danialigen protestantischen LandPastoren gleich bezeichnend.

Ihm folgte 1771

sein Bruder Friedrich

52 Die Redaction

„Bär"

richtet an alle Freunde

Heinrich, unter dem Schwedt das „lustige Städtchen an der Oder" Ein düstres Bild bietet dagegen das Verhältniß zu seiner wurde. armen Gattin Lepoldine, die, auf die nichtige Anklage der Untreue hin, von ihren geliebten zwei Töchtern getrennt wurde und einsame Jahre in der Festung Kotberg zubringen »mßte, wo sie 1782 ihrem Kummer

Bitte, das im Entstehen begriffene märkische Pro» Vinzial-Museum mit Einsendung von Gegenständen, welche zu der Ge¬ schichte der Mark in kulturhistorischer Beziehung stehen, bedenken zu wollen. Grabfunde, wie: Urnen, Stein- und Bronze-Werkzeuge,

Als 1788 ihr Gemahl im 80. Lebensjahre starb, wurde die Herrschaft, nach dem Erbrecht von 1690, den preußischen Kron-FideiKommiß-Domänen einverleibt. An dieser Stelle verweilt der Ver¬

schaftliche Geräthe, Waffen, Glas und Oelgemälde, Bücher rc., auch wenn solche bereits dem Mittelalter angehören. Ferner: Urkunden auf Pergament und Papier, Siegel, kirchliche Geräthschaften. Gegenstände, welche nicht der Mark angehören, sind der Vergleichung

Waffen

erlag.

fasser bei der fruchtbaren Betrachtung, welchen materiellen Segen, aber welche Nachtheile

auch

kleinen

Stadt

in moralischer Hinsicht die Erhaltung

gebracht hat.

Vergnügungssucht

und leichte

Zahl. Aus dem Einführung der constitutionellen Regierung bei des Staatsfiscus Zweifel darüber entstanden,

ohne nach

Desgleichen:

Münzen, Wirth-

Ein Hervorziehen solcher Gegenstände lohnt sich fast immer und die dem Museuni überlaffenen Objecte werden, mit dem Namen der Geber versehen, einen würdigen Platz in den Reihen der Sammlung erhalten. Die Redaction des „Bär" nimmt dergleichen Zusendungen bereitwilligst

der Verwaltunsbehörde ob die Herrschaft dem

Durch Cabinetsodre v. 1. 5. 1854 Fiscus Entscheidung gebracht, welche in allen rechtlichen wurde die Sache zur Die Publikation des Krone ausfiel. drei Instanzen zu Gunsten der Urtheils des Obertribunals erfolgte am 28. Juni 1872. oder der Krone gehöre.

Dr.

rc. sind besonders erwünscht.

In

Sitten

in einer kleinen Residenz; das lehren Beispiele 5. Abschnitt haben wir noch zu erwähnen, daß

der vaterlän»

wegen ebenfalls willkommen. vielen Familien- und amtlichen Wohn- und Geschäftsräumen finden sich noch Gegenstände vor, .welche dort fast unbeachtet unter Staub und in dem Dunkel der Corridore, der Böden rc. begraben liegen, für eine Samm¬ lung aber immerhin werthvoll sind.

dieser

sind unausbleiblich

des

dischen Geschichte die

entgegen.

Adreffc: Alfred Puttkamerstraße 8.

Weile.

Verlagsbuchhandlung in Berlin, 8.5V., Die Redaction des „Bär."

Ergebenste Bitte. Der Endesunterzeichnete beabsichtigt, eine

Radtke.

Berliner

Geschichte des zu schreiben und ersucht daher ganz ergebenst alle Diejenigen, welche auf denselben bezügliche Mittheilungen in Händen haben oder solche persönlich zu geben im Stande sind, ihm diese baldgefälligst zu¬ gehen lassen zu wollen.

Wontags-Klubbs Briefkasten. M. in B. Das König!. Lcihamt hier ist auf Grund Allerh. Kabinets-Ordre vom 24. Februar 1834 nach dem Regl. vom 8. des¬ selben Monats (Gesetz-Samml. de 1834 Nr. 6) errichtet, und hat einen Zu¬ sammenhang mit dem ehemaligen Adreßhause niemals gehabt.

Aufruf! Am 10. März 1876 100 Jahre, daß Königin Lomse, die Mutter unseres geliebten Kaisers, das Licht der Welt erblickte. Königin Luise! Diese edle Fürstin und Frau lebt ewig fort, nicht nur im Gedächt¬ nisse des Volkes, sondern auch im Herzen dessel¬ ben. Wohlan! begehen wir diesen 100jährigen Geburtstag würdig, indem wir einen Luisen¬ fonds bilden, um begabten Kindern aus den Volksschulen bis zu ihrer Selbstständigkeit beizustehen, wobei jedes 2. Jahr die Kinder von Volksund Elemcntar-Schullehrern, welche Mitglieder Jährlicher Beitrag sind, bevorzugt werden. Eijnc Mark. Die Beitrctendcn wollen genaue Adreffc (Namen, Stand, Wohnung) dem mitunterzeichnetcn Marienfcld, Berlin W., Frobenstr. 33,1., aufgeben, womit zugleich die Genehmigung als ertheilt angeseben wird, ihren Namen als Mitbegründer veröffentlichen und unter die nöthige Eingabe an die Behörden setzen zu dürfen. Bei¬ träge werden erst nach der Genehmigung der Be¬ hörden und nach Bildung eines Kaffcn-CuratoMöge jeder Wohlwollende riums angenommen. in seinem Kreise sich mit Liebe für diese Stiftung interessiren. Insbesondere richten wir diese Bitte an die Herren Lehrer, dann wird eö an Gottes Segen nicht fehlen. Berlin, im Januar 1876. Geheimrath Dr. Georg Kurs. O. Marienfeld, Berlin W., Frobenstraßc 33." es



für



3

Europa.5 .

der vormals souverän.Staaten

in

Reichs.6

der Städte (232) des Deut¬ schen

Verlag von

Alfred Weile in Berlin.

Perleberger Neimchromk. Perleberg von 1200—1700.

Gedichte mit historischen Anmerkungen. Von

N- Köpfner. gr. 8.

geh.

90

S.

Preis

1

M. 20 Pf.

Diese interessante poetische Chronik der alten __ Stadt von dem bekannten Verfasser der „ Berliner Reimchronik" war bisher nur im engeren Kreise

Der Tod

1) Das Märkische Museum ist bis auf Weiteres

Uhr für

Museum aufgestellten Gegenstände dürfen nicht berührt werden. Berlin, den 18. Dezember 1875.

Direktion



des Märkischen

Provinzial-Musenms.

Friede!. Virchow. Pflug. Hermes.



Älex.Pribil, Berlin, j

in deuifdiee Sage und Siliung,

12 bis

das Publikum geöffnet. Durchreisende Fremde, sowie solche Personen, welche die Samm¬ lungen zum Studircn oder zu ähnlichen bestimmten Zwecken benutzen wollen, erhalten auf Meldung werktäglich zwischen 12 und 2 Uhr Zutritt. 2) Der Besuch ist unentgeltlich, den Aufsehern die An¬ nahme von Geschenken verboten. 3) Die Besucher haben den Anordnungen der Aufseher Folge zu leisten. 4) Kinder werden nur in Begleitung Er¬ wachsener, Kinder unter zehn Jahren überhaupt nicht zugelassen. 5) Nur reinlich gekleidete Per¬ sonen haben Zutritt. 6) Das Rauchen und das 2

Mk.



Alfred Weile in Berlin.

Verlag von

der

Mitbringen von Hunden ist verboten. 7) Die im

— der Deutschen Kaiser . . 4^ „ Sämmtlich neu oder in neuen Auflagen. Vorräthig in der Polytechnischen Buchhandlung in Berlin, Leipziger Str. No. 72, b. Dönhofsplatz.

Uhr.

Soeben erschien:

Provinzial -Museum Stadtgemeinde Berlin.

das Märkische

Montags und Donnerstags von

der souveränen Staaten der

Erklärender Text hieran

III., W.

zwischen 11 und 2

verbreitet.

in Frank¬

Erde.6

Wapwen

Vormittags

öesuchsordnung

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— Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck: Bahlke u.

Hindersin in Berlin.

Unter Mitwirkung von Dr.

Dr echt,

Pros. Dr.

Daulus

Kassel, Stadt-Archivar Z-idicin, Thcod. Aontane, Geh. Regier.-Rath Freiherr Dr. von Ledebur

Geh. Hofrath

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Schneider, Archidiaconus Schwebet in Cüstrin

re. rc.

herausgegeben von

KM

George Das

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Jerdinand Meyer.

Blatt ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. 8) zu in Berlin zu senden, welche sie oer Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro 3 gesp. Petitzeile

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Lömgs-Getmrtstag in Berlin. Bon .fcnlinnml .ftkijcr. ine Fülle geschichtlicher Begebenheiten knüpft

175

DL nunmehr

Jahren

an

sich

seit

die Geburtstagsfeier

der

preußischen Könige, speciell in Berlin. Von einer frü¬ heren Geburtstagsfeier unserer Regenten verlautet dagegen nur wenig; zweifelsohne, weil inan den Schwerpunkt auf den mit dem Sakrament der Taufe verbundenen Namenstag legte, welcher denn auch mit dem glänzendsten Pomp be¬

IV. zu Tangerinünde erbauten Burg zu halten. Von dort kam er nur zeitweise und bei besonderen Gelegen¬ heiten nach Berlin. So im Jahre 1420 mit seiner Ge¬ mahlin Elisabeth (von den Märkern die „schöne Else" genannt), welche ihm hier in dem „hohen Hause" der Klosterstraße die Prinzeß Dorothea, uachherige Gemahlin des Herzogs Heinrich Kaiser Karl

von Mecklenburg, gebar.

Mit

gangen wurde.

Gleichwohl hat Berlin über die ersten Landesherren auch von derartigen Festlichkeiten Nichts aufzuweisen. Die An¬

haltischen Markgrafen hielten ihre

ff

meist

in

der Altmark, namentlich zu Salzwedet,

Tangermünde., sich

gewöhnliche Hofhaltung

Nur von Zeit

brachte, zogen sie

zu Zeit, wie die

Stendal und es mit

Sitte

im Lande umher, um über

den Frieden

und die Handhabung der Gesetze zu wachen. Zuweilen wurde dann auch Berlin für einige Zeit der Sitz ihres Hoflagers, dessen

Territorium

der alte „markgräfliche

Hof" in

der Kloster-

straße, gegenüber dem Lagerhause, bildete.

Häufiger aus dem unter den

geschah dieser

Aufenthalt unter

den

Markgrafen

Bayrischen Hause, während von einer Residenz Luxemburgischen Markgrafen in der Mark nicht

die Rede war.

I., aus dem Hause Hohenfür gewöhnlich seinen Hof in der von

Auch Kurfürst Friedrich

zollern,

pstegte

Erbauung

(1442 — 1451),

des eigentlichen

durch seinen

Kurfürstlichen Schlosses

Sohn Friedrich II., trat zugleich

Gewalt der Landesherrschaft und eine Ordnung der Dinge ein. Auch die nächstfolgenden Fürsten bewohnten sehr häufig die Burg zu Köln an der eine unumschränktere

festere

Spree, denn'dieselbe bot ihnen mehr Räumlichkeiten dar, als auch Tangermünde nicht ganz von ihnen

Spandau, obwohl

verlassen blieb. Eben so verweilte der Hof abwechselnd zu Arneburg und in dem Jagdschlösse Grimnitz in der Uckermark. Im klebrigen war der Haushalt der ersten fünf Kur¬ fürsten des Hohen; ollern'scheu Hauses einfach, wenigstens wird

nirgends erwähnt, daß eine besondere Pracht geherrscht habe. Sie ergötzten sich durch Unterhaltungen, die damals an den

Höfen gebräuchlich waren: fröhliche Gelage und Bankette, Jagden und Ritterspiele. Und wie sie namentlich den Letzteren an auswärtigen Höfen gern beiwohnten, so auch wurde ihr Hof nicht selten von Fürsten besucht, welche die ritterlichen

I

54

Spiele liebten, mit

denen insbesondere

Taufen und Hochzeiten

ge¬

feiert wurden.

Eine andere Gestalt gewann der Hof zu Berlin unter dem ritter¬

II.

Die alte Burg, Bürger ohne¬ hin nicht mehr bedurfte, wurde niedergeriffen und der Bau eines lichen und prachtlicbendcn Kurfürsten Joachim

deren

cS

bei dem ruhigen und treuergebenen

Sinn

der

das in seiner längs der Spreeseite noch Gestalt vorhandene» und Einrichtung den veränderten Geist der Zeit und Sitten darstellte. Auch jetzt noch gaben Taufen und Vermählungen allein Gelegenheit zu glänzenden Festen; wie im Jahre 1537 aus Veranlassung der Taufe der ersten Tochter Joachims II., Elisabeth Magdalena, die Stechbahn unmittelbar an der, bis zum heutigen Hauptportal sich erstreckenden Front des Schloffes entstand. Nach de» Drangsalen des dreißigjährigen Krieges folgte Kurfürst Friedrich Wilhelm, in Bezug auf äußeren Glanz des Hofes, dem Beispiele Joachims II. Unter ihm tritt uns zuerst, im Jahre 1669, während seines Aufenthalts in Königsberg, die Feier des fürstlichen Geburtstages durch Aufführung eines Ballets entgegen. Die studirenden Adeligen hatteir das Fest im großen Schloßfaale daselbst veran¬ staltet, und der Kurfürst selbst eine Rolle dabei übernommen. Frie¬ drich Wilhelm hegte eine große Vorliebe für das Ballet, welches häufig bei festlichen Gelegenheiten von jungen Adeligen, auch wohl unter Mitwirkung der Prinzen und Prinzessinnen seines Hauses aufgeführt wurde; selbst die Kurfürstin verschmähte es nicht, bei diesen Vor¬ stellungen mitzuwirken. Nicht minder waren die sogenannten „Wirth¬ schaften" oder Muniinereien, in denen Personen und Charaktere der alten Zeit auftraten, bei Hofe beliebt. An den Geburtstag des Kurfürsten Friedrich III. (nachmalige König Friedrich I.) knüpfen sich mannigfach denkwürdige Begebenheiten. Nach der alten Kalenderrechnung am 1. Juli 1657 zu Königsberg neuen Schlosses begonnen,

berichtet zunächst die Tradition von einer Prophezeiung,

geboren,

die ihm am Tage der Geburt verhieß, daß einst die Königskrone

auf

seinem Haupte strahlen würde.

des

Kurfürsten bewegten,

so entwickelte sich doch schon

damals seine Neigung für äußere Pracht, die den Höfen der mächtig¬ sten europäischen Fürsten

faltete

Pracht

diese

sich

in Nichts nachgab.

Zum

ersten

Male

ent¬

bei der Erbhuldigung der Kurmark, am 12.

Juni 1688, in Berlin; seines

demnächst folgte das grandiose Leichenbegängniß Vaters, am 12. September desselben Jahres.

Seit Friedrich

der Rückkehr aus dem ersten Feldzuge am Rhein wendete

III.

seine besonderes Augenmerk den Künsten

der Baumeister und

Maler wurde

bedeutend vermehrt.

zu; die Zahl Zu den Letz¬

teren gehörte namentlich der aus dem Haag gebürtige Geschichtsmaler

Terwesten,

welcher im

Jahre 1694, als

der

Kurfürst eines seiner

Gemälde beifällig aufgenommen, die Gelegenheit benutzte, um den

Kurfürsten den von jenen Künstlern gestifteten Privatverein als eine Anstalt zu empfehlen, aus der eine Akademie, ähnlich wie in Rom und Paris, sich bilden ließe. Der Fürst nahm diese Idee mit Leb¬ haftigkeit auf, und traf ohne Verzug die zu ihrer Ausführung er¬ forderlichen Anstalten; indessen wurde dieselbe durch die Streitigkeiten wegen des Direktorats verzögert, bis im Jahre 1699 die feierliche Einweihung der Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften, am Geburtstage des Kurfürsten, erfolgte. Schon vorher hatte derselbe den hohen Werth, welchen er auf die Wiffenschasten legte, durch die prächtige und glänzende Einweihung der von ihm gestifteten Friedrichs-Universität zu Halle, an seinem Geburts¬

tag im Jahre 1694, kundgegeben. dies Bestreben durch die

Stiftung

In gleicher Weise dokumentirte

III.

sich

der Berlinischen Akademie der Wissen¬

schaften, ebenfalls an des Kurfürsten Geburtstag,

im Jahre 1700.

verweilte an diesem Tage in der .Lietzenburg" — baS heutige Königliche Schloß zu Charlottenburg, welches von seiner Friedrich

Ueber die mit einem Maskenfest verbundene Feier im Jahre 1700 berichtet Leibniz in einem Brief an die Mutter der Fürstin: „Ein barockes Quodlibet von maskirten Aufzügen, lebenden Bildern, dramatischen Scenen und Schaustellungen aller Art entfaltet sich vor unseren Augen. Die Scene stellt ein Jahrmarktsfest in einenr kleine» Dorfe dar; die Bühne, im Orangeriehause aufgeschlagen, ist mit

Art besetzt. Man verkauft — natürlich — Schinken, Wurst, Thee, Chokolade, kühlende Getränke; ein phantastisch ausstaffirtes Publikum bewegt sich zwischen den Zelten der Krämer. Die Hauptrolle spielt der Buffo der deutschen Jahr¬ märkte, der Doktor Empinger — der Quacksalber. Selbst auf einein nachgemachten Elephanten reitend, zieht er ein ganzes Heer von aben¬ teuerlichen Gestalten, Charlatanen in seinem Gefolge mit sich: Springer, Seiltänzer, Wahrsager. Besonderen Beifall erwarb ein Taschenspieler, der seine Kunst mit staunenswerther Fertigkeit ausübte — es war Verkaufsbuden mannigfacher ohne Geld

Kronprinz (nachmalige König Friedrich Wilhelm I.), der sich dieser mit dem größten Beifall aufgenommenen Rolle unterzogen hatte. Besondere Aufmerksamkeit erwarb sich ferner die Frau des Quacksal¬ bers , die von der Kurfürstin dargestellt wurde; sie erschien in einer

der

Portcchaise, die von ihren Dienern getragen wurde.

Quacksalbers folgt ein Ballet von Zigeunerinnen. selben, Sophien Charlottens Liebling, die

Den, Zuge

Die Führerin

des der¬

Fürstin von Hohenzollern,

richtet an die Hörer eine poetische Ansprache, die der Hofdichter und Ceremonienmeister, der unverwüstliche v. Besser, gedichtet hat. Aber neben solchen Vergnügungen fehlt es auch nicht an burlesken Späßen.

Ein Zahnarzt tritt auf, um an einer Hofdame figürlich — der ausgerissene Zahn hatte

seine Kunst

Armes." in seiner Muttersprache redete, und die Gesandten von Polen, Dänemark, Holland rc. an¬ zu verrichten

Da jeder Theilnehmer

die Länge eines

dieser Maskerade

wesend waren, so herrschte, wie Leibniz weiter berichtet, eine

Wenngleich die wichtigsten politischen Verhandlungen den Re¬

gierungsbeginn

Gemahlin Sophie Charlotte nach dem Muster des Versailler Schlöffe; erbaut wurde, und deffen Einweihung im Jahre 1699, am Geburts¬ tage des Kurfürsten stattfand.

wahrhaft natürlich der Effekt des Ganzen noch besonders erhöht wurde. Zum Schluß erschien der Kur¬ fürst aus seiner Loge, in der Tracht eines holländischen Matrosen. So waren denn Alle auf das Aeußerste contentirt, und man gestand sich, daß selbst eine Oper, die Tausende gekostet hätte, die Gesellschaft nicht besser amüsirt haben würde. Unter glänzenden Festlichkeiten fand dann, nachdem der Kur¬ babylonische

Sprachverwirrung,

wodurch

fürst die Königskrone sich aufgefetzt, die Feier seines Geburtstages im Jahre 1703 durch die Aufstellung der Reiterstatue seines Vaters auf der Langen (Kurfürsten-) Brücke, am elften Juli statt. Denn seit der Einführung des verbesserten Kalenders, im Jahre 1701, war durch die Einschaltung von zehn Tagen der Geburtstag des Königs auf den 11. verlegt worden. Eine Nachfeier bildete am folgenden Tage die Enthüllung des Standbildes mit militairischen Pomp, unter Ab¬

haltung eines Gottesdienstes in sämmtlichen Kirchen. Besonders glorreich gestaltete die Feier sich im Jahre 1709 durch die Zusammenkunft der Könige von Dänemark und Polen mit dem König von Preußen in Berlin, zur Berathung der nordischen Angelegenheiten. Diese Zusammenkunft gab damals zu mancherlei Betrachtungen Ver-

anlaffung. Die drei Monarchen führten den Namen Friedrich; an jenem Tage stand die Sonne mit den beiden Planeten Satum und Venus in einer geraden Linie; an ihm unterlag Karl XII. von An jenem Juli fand Schweden feinem Schicksal bei Pultawa. auch, nach dem glänzenden Einzuge der drei Monarchen, die Taufe der Kronprinzlichen Tochter Friederike Sophie Wilhelmine statt. Sonst mögen, bei der besonderen Vorliebe des Königs für

II.

Wafferfahrten und Thierhetzen, welche letztere der Oberjägermeister von Pannewitz in vorzüglicher Weise anzuordnen wußte, solche nebst den damals gebräuchlichen Feuerwerken stattgefunden haben.

55

I.

bewohnte die zweite Etage neben der Schloß-

ein größeres Gewicht zu geben, die Taufe in demselben Monat, am

Apotheke, und ließ dann die Fluchträume längs der Lustgartenseite bis zum Weißen Saal erbauen.

31., in der Schloßkapelle unter glänzenden Festlichkeiten statt. Als dann im folgenden Jahre der Kronprinz zur Geburtsfeier dieses seines Sohnes ein Fest veranstaltete, war es der letzte freudige Glanz, der in das Leben Friedrichs I. fiel —: zum letzten Male er-

König Friedrich

Friedrich Wilhelm I.,

am 15. August 1688 zu eigentlich drei hatte Geburtstage. Sein wirklicher Berlin geboren, war der 4. August, der dann durch Einfügung eines Schalttages auf den 5., und nach Einführung des neuen Kalenders auf den 15. August

König

schien er öffentlich bei de», seinem Enkel bereiteten Feierlichkeiten,

bald daraus in die

Nur mit

verlegt wurde.

Der strenge und haushälterische Sinn dieses Monarchen gab schon in den ersten Tagen seiner Regierung dem Hoflebeu eine gänzlich veränderte Gestalt; die Pracht eines glänzenden Hofes hielt er für die entbehrlichste Zierde eines

und

in

den

Staates,

in

einem schwächlichen Körper ausgestattet, hatte man

Jahren mehrfach für das Leben des Kronprinzen ge¬ An seinem vierzehnten Geburtstage wurde er zum Haupt¬

mann, am folgenden zum Major, und am siebenzehnten zum Oberst¬ Es war die tiefbedeutsamste Zeit seiner Jugend,

lieutenant befördert.

Aufenthalts folgten.

In

Waffen geübtes Kriegsheer eine fester begründete Achtung

der dann die heiteren Tage des Rheinsberger

Mit

der Zeit der Mühen und welterschütternden Kämpfe schrieb dann der König, an seinem Geburtstage 1760, an Voltaire: „Meine Lauf¬

verschaffe.

dem überaus prachtvollen, das Andenken seines ver¬

Mai 1713, König Friedrich I. dem Berliner Hofe

ewigten Vaters ehrenden Leichenbegängniß desselben, am 2. verschwand der Charakter, den gegeben

um

seiner Ahnen hinabzusteigen.

den jüngeren

fürchtet.

ein wohleingerichtetes

dem

Gruft

hatte, sogleich bis auf die letzte Spur.

Vermummungen, weder Feuerwerke noch Thierhetzeu, sondern kriegerische Uebungen zahlreicher Truppen und die Abhaltung von Jagden bildeten nunmehr die Festlichkeiten bei Hofe.

bahn ist rauh und voll Dornen und Disteln. Ich habe alle Arten von Kummer erfahren, welche den Menschen nur treffen können, und mir oft die schönen Verse wiederholt: Wohl Dem, der einsam in dem

Weder Concerte noch

Die mit

so großem Pomp be-

j

Heiligthum der Weisen rc."

Im

j

klebrigen wurden die Geburtstage des Königs, wenn nicht

Krönungsfeier unterblieb, eben so wurde die Feier der Geburts- und Namenstage in der Königlichen Familie abgeschafft.

die kriegerischen Ereigniffe

nur zwei geschichtliche Begebenheiten au den Geburtstag Königs Friedrich Wilhelm I.: die Verhaftung von Katte in Berlin, nach dem mißlungenen Fluchtversuche seines Sohnes, des Kronprinzen, — und am 15. August des folgenden Jahres die

an seinem Geburtstage der Madonna der Jesuiten in Glatz ein neues Gewand; 1743 wurde die alte Akademie zu einer Königlichen erhoben, und erhielt im folgenden Jahre, eben¬ falls am Geburtstage des Monarchen, neue Statuten; Abends fand

Wiederversöhnung mit dem Letzteren, auf dem Gouvernementsgebäude

Aufführung der Oper „Cato" statt. Im Jahre 1748 dinirtc Friedrich II. au diesem Tage bei der Königin-Mutter, wohnte dann

gangene

So knüpfen

sich denn

in Küstrin.

König Friedrich Wilhelm I. bewohnte die parterre gelegenen Zimmer des Schlosses an der heutigen sogenannten Adlerecke. Als ihm dieselben nicht Licht genug gewährten, ließ er die Fenster nach der Schloßfreiheit zu ohne Weiteres verbreitern, und eben so nach der Lustgartenseite aus einem der Fenster eine Thür herstellen, um direct nach dem davor gelegenen (damaligen) Paradeplatz der Truppen gelangen zu können. Ein hölzernes Stacket, vor welchem zwei

bildete die Umgrenzung jener Pforte.

Schilderhäuser standen,

In

König eine bequemere Verbindung mit den jenseits des mittleren Portals befindlichen Gemächern her, indem er mitten durch das Portal einen hölzernen Gang ziehen ließ, kaum hoch genug von der Erde, um dasselbe aufrecht passiren zu können. Die Beseitigung des Ganges erfolgte erst im ersten Drittel dieses Jahr¬ gleicher Weise stellte der

hunderts.

König Friedrich II. erblickte an einem Sonntag, den 24. Januar 1712, Vormittags 11'/, Uhr, im Schlosse zu Berlin das Licht der Welt. Sein Großvater (Friedrich I.) erhielt die Nachricht bei eben begonnener Tafel, und eilte sofort zu dem dereinstigen Thronerben, auf dem nun die Hoffnung der Königlichen Familie beruhte. Frie¬ drich I. hatte nur einen Sohn, und diesem waren zwei Söhne bald nach der Geburt verstorben — der erstere, wie die Aerzte behaupteten, in Folge der starken Kanonade zur Feier des Tages, an dein er das Licht der Welt erblickt. Der zweite dieser Prinzen, am 16. August 1710 geboren, wohnte noch wenige Tage vor seinem am 31. Juli 1711 erfolgten Tode mit der Stiefgroßmutter, der Königin, dem prächtigen Mittagsmahle zur Geburtstagsfeier seines damals in Hol¬ land verweilenden Großvaters bei. Auch bei König Friedrichs IL Geburt Kanonen auf den Wällen, und das Läuten der Glocken den Bewohnern der Residenz das frohe Ereigniß kund; den Wohlhabenden wurden machte der Donner der

BeTheil. Als eine günstige Vorbedeutung betrachtete man die Geburt des Prinzen im Krönungsmonat, und so fand noch, um derselben Freudenfeste

bereitet,

sörderungen aller

den

Art, und

Beamten

Gnadenbezeugungen

und

den Arnren reichliche Geldspenden zu

ihn fern von

die einfachste Weise begangen.

1742,

schenkte

Friedrich

der

Hauptstadt hielten, auf

Während seines Aufenthalts in Schlesien,

II.

die

der sich

Schauspiels „I'Lnkaut prodigue“ bei, und fand Abends zur großen Cour bei seiner Gemahlin ein. ähnlicher Weise erfolgte die Feier mit wenigen Unterbrechungen

Aufführung

des

In

bis zum Jahre 1758, in welchem der König die Gratulationen der anwesenden Prinzen, Generale und Minister, der Königlichen und Städtischen Behörden entgegennahm. Großartiger gestaltete sein Ge¬ burtstag sich nach beendetem siebenjährigen Kriege, 1764. Zunächst große Cour en Galla; von dem Thurm der Parochialkirche ertönten die feierlichen Weisen des Glockenspiels; die Freimaurerlogen, die Akademie der Künste und Wissenschaften,

so

wie die Gymnasien feierten

Tag durch Festreden; auf dem Schloßtheatcr führten die franzö¬ sischen Hofkomödianten das Lustspiel „l’Arlequin vauvage“ auf, und Abends fanden bei der Königin große Cour, Ball und Souper statt. In den folgenden Jahren wurde Königs-Geburtstag abwechselnd bei der Königin gefeiert, oder es speiste der ganze Hos, nach der Gratulations-Cour, bei dem Prinzen Heinrich in dessen, 1754 bis den

1764 durch Boumann erbauten Palais, dem heutigen UniversitätsHochstehende Personen erhielten seitdem Königliche Geschenke,

Gebäude. die Armen

Berlins Tausende von Thalern als Unterstützung.

Friedrich

II.

bewohnte die Zimmer in der zweiten Etage des

Schlosses, vom Portale zunächst der Kurfürstenbrücke bis zu dem so¬ genannten „grünen Hut" auf der Spreeseite. Dieselben Räumlich¬

keiten

in

der dritteir Etage dienten seiner Gemahlin zum Aufenthalt.

Noch bis in neuerer Zeit hingen an den Wänden eines dieser Ge¬ mächer die von dem jugendlichen Kronprinzen (nachmaligen König

Friedrich Wilhelm

III.)

Derselben

gewidmeten Geburtstagswünschc

Einrahmung. König Friedrich Wilhelm II. erblickte wenige Tage nach der Kapitulation von Prag, am 25. September 1744, das Licht der

in

schlichter

Welt. Da Friedrichs II. Ehe kinderlos geblieben, hatte er seinen Bruder August Wilhelm unter dem Titel „Prinz von Preußen" zu So war nun die Thronfolge des Königseinem Nachfolger erklärt. lichen Stammes durch den ersten Sprößling einer neuen Generation gesichert, und der König hing, am zweiten Tage nach feiner Rückkehr

56 aus dem böhmischen Feldzuge, dem Neugeborenen eigenhändig den

Schwarzen Adlerorden um, dadurch bekundend, wie hoch er das günstige Zeichen des Schicksals schätze.

Friedrich Wilhelm

II.

beging seinen Geburtstag zumeist in dem

von ihm erbaute» Marmor-Palais zu Potsdam, woselbst er auch am

16. November 1797 verschied.

Schon seit einem Jahre kränkelnd,

Sechs Jahre später (1787) wurde der Geburtstag des nun¬ mehrigen Kronprinzen zum ersten Male öffentlich gefeiert. Sein Vater gab in Charlotteuburg eine große Mittagstafel, Abends fand ein

Ball pari; statt.

die Wachtparade seiner Garde zu kommandiren.

Am

Monats kam er zur Feier seines letzten Geburtstages von Potsdam nach Berlin. Hier bewohnte der Monarch für gewöhnlich die Zimmer in der ersten Etage nach der Lustgartenseite, woselbst auch der Kaiser Napoleon I. im Jahre 1806 residirte. Die Geburt Königs Friedrich Wilhelm III., am 3. August 1770 zu Potsdam, begrüßte Friedrich II. mit Freudenthränen, und 25.

Pauken- und Trompetenschall von dem Thurme der dortigen Nikolai-Kirche verkündeten unter dem Donner von 72 erhabenen Bestimmung.

Stadt. Noch lebhafte Freude schriftlich gegen Voltaire:

Kanonenschüssen das frohe Ereigniß den Bewohnern der

äußerte Friedrich

„Ich

wünsche,

II.

seine

daß dies

Kind die Eigenschaften habe, die

es haben

»luß, und daß es, fern davon, die Geißel des menschlichen Geschlechts Und an einen andern zu sein, vielmehr dessen Wohlthäter werde."

„Ein Ereigniß,

für mich und für hat mit der leb¬ wichtig ist, mich so haftesten Freude erfüllt; und was mir diese Freude noch inniger macht, daß sie das ganze Vaterland mit mir theilt. Könnte es dereinst auch mit mir die Freude theilen, diesen jungen Prinzen aus den ruhmvollen

Freund schrieb der Monarch: mein ganzes königliches Haus

das

Bahnen seiner Vorfahren schreiten zu sehen." An seinem sechsten Geburtstage erhielt der Prinz ein monat¬ liches Taschengeld von zehn Thalern in Gold, das sein Erzieher Behnisch in Silber umsetzen sollte, damit es einen „größeren Haufen" mache. Der Prinz aber sollte darüber „ordentliche Rechnung führen und Alles hübsch bemerken, wie es verwendet, und jeden Groschen aufschreiben." Im folgenden Jahre erhielt er eine „hübsche" Uniform. Aus dem Tagebuche des jungen Prinzen entnehmen wir die schlichte Schilderung seiner Geburtstagsfeier im Jahre 1781: „Der 3. August war mein Geburtstag. Nach sieben Uhr stand ich auf, man zog mich bis nach achten an; da kam, als ich beim Frühstück just saß, ein Orangenbaum und drei Kupferstiche von meiner Schwester. Nach achten kam der Hauptmann von Boulet, welcher einen Blumen¬ topf mit Heliotropium, auch kam Herr Behnisch, welcher eine Amsel und einen Farbenkasten brachte; die Königin schickte Plane und meine älteste Schwester Friederike ein paar Sporen. Der Gärtner Fischer schickte einen Granatbaum. Bis gegen 10 Uhr spielte ich meistens mit der Drossel, ich habe mich oben verschrieben, denn es war keine Amsel. Der Oberst von Witz leben kam auch bei mir. Die Frau von Keith schickte mir eine rothe Blume in einem Topf und einen arabischen Jasminstock; die Fräulein von Pannewitz und Arnstadt schickten beide Blumen, die Fräulein von Pannewitz aber auch einen Blumentopf mit Heliotropium. Gegen 10 Uhr kam der Herr von Winterfeld und der Herr von Walbrunn, auch kam der Herr von Schwenkfeld und Knobloch. Hernach kam mein Bruder, welcher brachte einen Weinstock,

einen Judenkirschbaum und

einen

Dompfaff. Herr Gautier brachte einen Mirthcnbaum, Herr Bourdets brachte einen Granatenbaum. Die sämmtlichen Offiziere von Papa'S Regiment kamen. Nach 12 Uhr ging ich bei Mama, sie gab mir 9 Hirsche, 4 Jagdstückc und 4 Vögel in Kupferstichen; ich speisete bei Mama, da blieb ich bis nach 5 Uhr, dann ging ich nach Hause; gleich kam meine Schwester Mimi (Wilhelmine), sie blieb bis gegen sieben Uhr. Dann las ich in verschiedenen guten Büchern bis nach sieben Uhr, dann ging ich eine Minute bei der Fräulein von Pannewitz, hernach ging ich bei Mama, wo ich zu Abend speisete."

das Fest durch

eine

von

Am Geburtstage des nunmehrigen Königs, 1803, verstarb der Bruder Friedrichs II.

Prinz

Heinrich,

desselben

gab dem Neugeborenen in einem Kusse gleichsam die Weihe zu seiner

Berlin wurde

verfaßte, im Nationaltheaier gesprochene Rede begonnen, und mit einem von Reichardt komponirten Chor beschlossen.

vermochte er im September seit geraumer Zeit wieder ei» Pserd zu besteigen und

In

Ramler

Bald gestaltete Königs-Geburtstag

einer allgemeinen Volks-

mit großer So hatte der Landesvater 1808 in Königsberg, „auf dem Huben" genannt, eine Somnier-

seier, die selbst während der

Herzlichkeit begangen einem Dorfe bei

sich zu

französischen Fremdherrschaft

wurde.

wohnung inne. Hier erging das Edict vom 27. Juli, wodurch das beschränkte Nutzungsrecht der Ost- und Westpreußischen DomainenBauern aus ihre Höfe in deren volles Eigenthum umgewandelt wurde. Aus Dankbarkeit errichteten die Dorfbewohner Ehrenpforten am Ge¬

burtstage des Königs, während ihm die Einsassen der Umgebung von Königsberg ihren Erntekranz überreichten. Auch in Berlin wollte die Freude laut sich äußern, das fremde Regiment ließ sie aber bald wieder verstummen. Im Theater, wo fast höhnend nur „Oedip auf Colonos" zum Besten des Friedrichs- und Luisenstifts ausgeführt werden durfte, mußte der Festprolog unterbleiben. Ja, mehrere Be¬ wohner des Thiergartens, welche ihre Häuser mit Blumenguirlanden

hatten, mußten dieselben nicht nur entfernen, sondern hielten zur Strafe doppelte und dreifache Einquartirung. geschmückt

er¬

An diesem seinem Geburtstage erließ der König auch das mit Jubel begrüßte Edict, die Aufhebung der Spießrnthenstrafe, das „Fuchteln" der Unteroffiziere und das theilweise Verbot der Stock¬ schläge betreffend. Nur Kenntnisse und Bildung sollten von nun ab in Friedenszeiten, Tapferkeit und Ueberblick im Kriege einen Anspruch für Jedermann auf Ofsiziersstcllen gewähren. Als dann die Friedenssonne wieder schöneren Tagen leuchtete, gewann Königs-Geburtstag einen immer festlicheren Charakter; die Hauptstadt ging auch hierin dem Lande voran, und allgemach war der Typus der Feier ein stehender geworden. Daß bei dieser Gelegen¬ heit die damals unentbehrlichen Belustigungen der Berliner: Stangenklettern und Sacklaufen, Carousfel. und Feuerwerke re. auf „Tivoli" und anderen öffentlichen Vergnügungsörtern eine Hauptrolle spielten, ist Vielen aus eigener Wahrnehmung noch in: Gedächtniß. An Königs-Geburtstag wurde 1819 die Wadzeck-Anstalt, und im Jahre 1824 das Königstädtischc Theater eröffnet. Eine Episode, welche sich 1830 an diesem Tage in Berlin zutrug, theilt die „Vossische Zeitung" folgendermaßen mit: Als die Soldaten des 2. Garde-Regi¬ ments zu Fuß auf dem Kasernenhofe sich zum Festmahle versammelten, war vor je zwei Tischen die Büste des Königs unter Laubfestons aufgestellt, vor denen wiederum Töpfe mit den fchönfteu Sommer¬

blumen prangten. Nach Beendigung des Mahles packte eine schlichte diese Töpfe wieder auf einen Einspänner und war eben im Begriff abzufahren, als ein stiller Beobachter, dem das Ganze auf¬ gefallen, sich nach dem Zusammenhang erkundigte. Die Frau theilte

Frau

von einigen Leuten des Regiments gehört, wie man bei dieser Gelegenheit die Büste des Königs auszuschmücken beabsich¬ tigte. Da hatte sie sich denn mit den Blumentöpfen aufgemacht, um doch auch Etwas zur Verherrlichung des Festes beizutragen. Es

ihm mit, daß

sie

war die Wittwe

des

in Moabit

ermordeten Gärtners Schade.

An demselben Tage brachten die hiesigen Zeitungen die Nachricht von dem Ausbruch der Juli-Revolution

befürchtet,

in Paris,

die zwar langst

aber doch in solcher Heftigkeit nicht vorauszusehen war.

Das Ereigniß veranlaßte in ganz Europa eine große Aufregung, und auch in Berlin fand — nicht wie vielfach angenommen, an KönigsGeburtstag — am 17. September ein unter dem Namen „Schneider-

57

Revolution " bekannter Auflauf statt, der Veranlassung zu Unordnungen gab, im Uebrigen aber ohne alle Bedeutung blieb. Im Jahre 1831 wurde am 3. August in Berlin das BilderMusenln eröffnet; 1833 genehmigte der Monarch an seinem Geburts¬

Der Harlungerberg bei Lrandenburg. Bo» Di',

(ß. Setto.

tage die Besitznahme des Schlosses Babelsberg an seinen Sohn, den jetzt regierenden König und Kaiser.

im Jahre 1835 wurde

dieser Tag auf die festlichste Weise begangen, leider- aber bei einbrechender Dunkelheit durch einen Erceß in Berlin unangenehm gestört. Das Verbot gegen das Schießen

Auch

und Abbrennen von Feuerwerkskörpern war in Folge des dabei ver¬

übten Unsugs erneuert worden.

Dennoch ließ der auf dem Erercierplatz versammelte Volkshaufe sich darin nicht stören, trieb vielmehr den Unfug bis zur ungebundensten Zügellosigkeit. Die hiergegen ein¬ schreitenden Gensdarmen

Steinen

geworfen,

und Polizisten

wurden

insultirt und mit

Anzahl von Truppen kommandirt Die Ruhestörer zogen sich nun in die Stadt zurück,

werden mußte.

so

daß

eine

zertrümmerten Fenster und Laternen, und setzten den ruhig vorrückenden Truppen mit Steinwürfen einen Widerstand entgegen, bis Kavallerie sie

zerstreute.

die heutige Wohnstätte des Kronprinzlichen Enkels.

Hier erblickte König Friedrich Wilhelm IV. am 15. Oktober 1795 (einem Donnerstag), in der sechsten Morgenstunde das Licht der Welt. Einige Stunden später wurde seine Geburt durch das drei¬ malige Abfeuern von 24 im Lustgarten ausgestellten Kanonen der Hauptstadt bekannt gemacht. An.seinem Geburtstage 1805 in Paretz zum Offizier ernannt, gestaltete die Feier

artigsten

am

sich

dann zu einer der gro߬

gleichzeitigen Tage der Huldigung im Jahre

Friedrich Wilhelm

IV.

bewohnte im

1840.

hiesigen Schlosse die Zimmer

Königs Friedrich II. Der jetzt regierende König und Kaiser Wilhelm I. wurde eben¬ falls in dem Kronprinzlichen Palais, am 22. März 1797 (einem Mittwoch), Nachmittags zwischen 1 und 2 Uhr geboren. Zweiundstebzig Kanonenschüsse

im Lustgarten verkündeten der Hauptstadt seine „Auch sie rief" — wie die Berlinischen Zeitungen dem frohen Ereigniß Ausdruck gaben — „jeden Einwohner der Hauptstadt Geburt.

zu herzlichen Wünschen

für

die

erhabene Prinzessin und den neuen

Zweig des Königlichen Hauses, unter dessen Scepter wir glücklich sind." Und wie die Königin Luise im Jahre 1806 über ihre Kinder schrieb: „Ich wünsche, daß die Welt von mir sagen möge: sie gab Kindern das Dasein, welche besserer Zeiten würdig waren, sie herbei¬ zuführen gestrebt und endlich sie errungen haben" — so auch richtet der Blick unwillkürlich nach dem stillen Schlößchen auf der Pfauen¬ insel, wo die Thränen der Verewigten in den Jahren des Mißgeschicks sich

so

oft mögen

gestossen sein,

— wo

auch

ihr Sohn in jenen sturm¬ im Kreise

bewegte» Märztagen des Jahres 1848 seinen Geburtstag der engeren Familie mit wechselnden Gefühlen beging.

Noch aber lebt die Erinnerung frisch in Aller Gemüther, wie der erste

Geburtstag des deutschen Gauen begangen wurde!

Kaisers, 1871, in

den deutschen

Stiftung

des

denburg bestätigte,

selbe an seinem

beging Friedrich Wilhelm III. seinen Geburtstag meist im Kreise der Königlichen Familie auf der Pfaneninsel in schlichter Einfachheit. Und schlicht, wie seine Lebensweise überhaupt, war auch sein Palast —

die

Domkapitels auf der Burg zu Bran¬

Nachdem der Gesundheitszustand des Monarchen den Gebrauch einer Brunnen- und Badekur erforderlich gemacht hatte, verweilte der¬

Geburtstage entweder in Karlsbad oder Teplitz. An dem letzteren Orte feierte Friedrich Wilhelm III. im Jahre 1839 seinen letzten Geburtstag. Zehn Jahre später wurde dann an diesem Tage in Stettin das Denkmal des Verewigten enthüllt, und im Thier¬ garten der Grundstein zu seinem Marmorstandbilde gelegt. Sonst

im

Brandenburg Jahre 1166

ward in der darüber ansgestellten Urkunde zum ersten Male der Name des Berges erwähnt,

auf welchem der letzte Wendische Fürst in Bran¬ denburg, Pribislav-Heinrich, nach seiner Bekehrung die der heiligen Jungftau Maria geweihte Kirche (von deren einstiger Gestalt vor¬ stehende Initiale eine Anschauung giebt) erbaut haben soll: ecciesia beatac Mariae in montc qui dicitur Harlungberg, und seit der Zeit findet man denselben mit geringen orthographischen Varianten (1217: Mens Harlungorum, 1234: Harlungeberch) häufig wieder (dieHeffterfche Karte vom Jahre 1850 nennt ihn Marienberg). Unwillkürlich denkt man bei seiner Nennung an das berühmte Breisacher Brüderpaar der Hartungen, von dem uns die Sage freilich kaum mehr als sein Ver¬ wandtschaftsverhältniß zum Gothenkönig Ermenrich und zu Dietrich von

Bern

(dem geschichtlichen

Theodorich

den

Gr.),

sowie

sei»

Nicht einmal über die Zahl der Brüder — bald werden zwei, bald drei, mit wechselnden Namen, genannt — und über Namen und Persönlichkeit ihres Vaters ist man im Klaren. Letzterer müßte Harilo heißen, wovon Harlunge Die Vorrede zum alten Heldenbuch patronymische Ableitung ist. tragisches Ende am Galgen überliefert hat.

nennt ihn fälschlich selbst Härtung, der Pegauer Annalist Hcrlibo, das mhd. Gedicht von Dietrichs Flucht Diethe» den rieben, die

Aki Arlungatrausti. Sie selbst heißen nach Quedlinburger Annalen Embrica und Fritla (Annal. Pegav.: Emelricus, Vridelo, Herlibo. Thidreksaga: Aki und Egard; in letzterer heißt ihr berühmter Pfleger nicht Eckart (Aki) wie in der deutschen Sage; sie giebt diesen Namen einem der Harlungen und ihrem Vater, wie in den Annal. Pegav. Vater und ein Sohn auch gleiche Namen führen, und überträgt einen der Harlungennamen, Fritila, auf jenen. Man sieht, daß die Verwirrung in den Name» nordische Thidreksage gar

den

Sie werden, gleich Dietrich v. Bern, Brudersöhne heillos ist. Kaiser Ermenrichs genannt, der sie auf den Rath des ungetreuen Sibich hängen ließ; warum, weiß die deutsche Sage nicht, wohl Sibichs Gattin, der einst Ermenrich Gewalt angethan, verleumdet sie, der Gattin Ermenrichs, Odila, in Unehren begehrt zu haben. Ihre reichen Schätze riß ihr Oheim nach ihrem Tode an sich. (Unrichtig scheint die Angabe bei Saxo Grammaticus: llawnerieus-Ermenrich habe ihnen ihr väterliches Erbe vorenthalten; sie hätten deswegen die Waffen ergriffen, und auf die angegebene aber die Thidreksaga:

Weise ihren Tod gefunden.) Schon früh leitete man von ihnen den Namen des Branden¬

burger Berges her.

Merian,

in

seiner

topograpbia electoratus

Brandenburgici Quelle»

sich

(1652.

p. 32),

sagt,

wahrscheinlich

stützend, bei der Beschreibung der

auf

ältere

Stadt Brandenburg:

Vou Mitternacht ist ein Berg mit Reben besetzt (Weinberge am Riedel, cod. diplom. Harluugerberg wurden bereits 1209 erwähnt. Brandeub. I 8, p. 127), so vor Zeiten Harlungus oder Harlungerberg, von den Harlungis, einem edlen Geschlecht aus dem Elsaß oder Breisgau, ist genannt worden, welche Carolus M., nachdem er diese Stadt den Wenden entzogen, hierher gesetzt, die auch die Stadt 109 Jahre besessen haben sollen, bis ihnen die Wenden solche wieder abgedrungen. Dagegen bemerkt Abel, daß Karl der Große nie so weit vorgedrungen sei; er hält aber doch an der Ableitung von den Hartungen fest, indem er zwischen solchen in Breisach und in Bran¬ Den Namen deutet er kühn: junge Herren, denburg unterscheidet. Herrlein, und meint, der Berg heiße Herren- oder Herrleinberg, weil etwa Fürsten (Emelricus, Vridelo und Herlibo, wie er sie nach den Pegauer Annalen nennt), ihn aufgebaut und bewohnt hätten. Jacob Grimm will in den Harlungen, ags. Herelingas, die Heruler wieder finden (in der eaedes Herulorum durch Ermenrich, von der Jornandes weiß, wäre dann vielleicht der historische Kern unserer Sage gefunden); doch auch dann, wenn dies richtig wäre (im 16. Jahrh, wußte man im Breisgau anscheinend nichts mehr von den Harlungenbrüdern und dachte sich unter den Harelungi ein ganzes Volk, welchem die Brisgoi in der Herrschaft gefolgt wären), würde der Schluß, daß nach etwa einst hier wohnhaften Herulern unser Berg seinen Namen führe, vor¬ eilig sein. Auch daran, daß der Name vielleicht ostfriesischen Coloniste» aus dem Lande der Herlinger seinen Ursprung verdanke, ist nicht zu denken; es bleibt nur das Einzige übrig, eine Beziehung zu den Breisacher Harlungen zu finden, und nicht eine Verpflanzung der Sage hierher, die Heffter mit Recht eine unbegreifliche nennt, sondern die selbständige Existenz der Sage bei uns nachzuweisen. Ein solches Unternehmen erscheint um so gerechtfertigter, als mit Hartung zusammengesetzte Namen (vornehmlich Bergnamen) weit verbreitet sind in Germanischen Landen, von den Niederlanden durch Thüringen, Baiern und Oesterreich, und unmöglich angenommen werden kann, daß überall dorthin die Breisacher Sage übertragen worden sei (wie es W. Grimm von dem Brandenburger Harlungenweil das

Sage zu fern gelegen habe), zumal auch an Breisach selbst die Sage nur mit vcrhältnißmäßig schwachen Fäden hastet. Von den Lebensschicksalen der sagenhaften Harlungen ist, wie gesagt, wenig bekannt. Eins aber ist bemerkenswerth: sie sind be¬ rühmt wegen ihres Schatzes. Nach dem Beowulfsliede erwarb ihn Heime für Ermenrich, von dem es im mhd. Gedicht von „Dietrichs Flucht" heißt: er Imt daz Harlunge golt; berg behauptet,

und

ans

süddeutsche Breisach der norddeutschen

unzugänglichem Felsenschloß

Von der Persönlichkeit des Vaters der Harlungen wißen wir Nichts; vielleicht war es einer jener mächtigen kunstreichen Zwerge, die in den sagenhaften Stammbäumen eine so große Rolle spielen, und aus seiner Werkstatt stammte alsdann der sagenberühmte Reich¬ thum seiner Söhne. Oder er hatte ihn, gleich Siegfried, seinen elbischen Hütern entrissen, und nun knüpfte sich ein Fluch daran, wie an den Nibelungenhort: Die Harlungen mußten um seinet¬ willen in den Tod (das scheint mir der Kern der deutschen Sage); Heime, nach angelsächsischer Sage das Werkzeug Ermenrichs bei dem Schatzraube, zog sich dadurch den Haß seines Herrn zu und starb (so hat man wenigstens die dunkle Stelle des Beowulfliedes gedeutet), und Ermenrich selbst ward des Besitzes nicht froh; um des Schatzes willen fand auch er ein gewaltsames Ende; die alte Vorrede zum Heldenbuche berichtet, daß Eckart, seine Pfleglinge rächend, ihn erschlagen habe (nach anderen Quellen tödtete er den treulosen Rathgeber Sibich), wodurch er sich den ehrenden Beinamen des Treuen in der Sage erwarb. Es eröffnet sich so eine weite Perspektive in nebelgraue, mythische Ferne. Wie das Volk es überhaupt liebt, Schätze, um deren Besitz einst Streit und blutiger Kampf getobt, den Händen der Menschen entrückt, in Bcrgestiefe zu versetzen, bis die Erlösungsstunde schlägt, so mochte mau sich auch dort, wo die Sage von den Harlungen heimisch war, ihr Gold in irgend einem nahen Berge ruhend denken. Und da die Harlungensage ursprünglich nicht in Breisach lokalisirt war, wie wir gleich sehen werden, sondern mit der Göttermythe zu¬ sammenhängend Gemeingut aller Germanen bildete, würde sich auf diese Weise die stattliche Reihe von Harlungenbergeu durch ganz Deutschland erklären, indem man annimmt, daß überall dort die Sage eine eigene heimische Stätte gehabt habe. Berge von aus¬ fallender Form, oder Berge überhaupt in flachen Gegenden gaben der Phantasie des Volkes stets viel zu schaffen; in Bergen schlummern Könige und Helden, bis die Noth ihres Volkes sie weckt, in Bergen thront die Götterkönigin als Frau Venus, welche den edlen Tann¬ häuser an sich lockte, in Bergen schläft der Drache aus schimmerndem Golde; nach nordischer Sage muß Etzel auf Siegfrieds Gold, das ein Berg verschließt,

erhöhung angewiesen wurde, wie

So

erscheint es nicht wunderlich,

sie

der Harluugerberg bei Brandenburg

darstellt, von welchem Bellamintes singt:

Dort, wo die Burg der Brennen, (Ich meine Brandenburg), des Alters Krone trägt. Scheint der Marienberg die Wolken zu zertrennen, Wenn sich derselben Schwall um seinen Gipfel legt.

barg Jarmericus-Ermenrich

dem Bericht des Saxo Grammaticus seine überall durch List Gewalt erworbenen unermeßlichen Schätze. An diese Schätze, an das Harlungengold, werden sich, wie an den Nibelungenhort, Schatzsagen geknüpft haben, die Karl Simrock in seinem Amelungenliede neu zu beleben versucht hat. Nachdem die Harlungen gefallen und Breisach den Flammen überliefert, erinnert sich Heime, welcher

verhungern.

in einem Landstrich, in welchem die Harlungensage so bekannt war, wie wir es von den Havclgegenden annehmen müssen, dem Harlungenschatze eine Ruhestätte in einer so auffallenden Terrain¬ daß

Daß die Harlungensage bei uns wohl im Schwange gewesen muß, deutet schon der Umstand an, daß der Annalist des Klosters

nach

sein

oder

Pegau (bei Merseburg) unsere sagenhaften Helden an den Ansang des Stammbaums der Grafen von Groitsch setzt, und ihrem Vater Brandenburg als Herrschersitz anweist; merkwürdig stimmt dazu die vorhin mitgetheilte , anscheinend nicht auf den Annales Pegavienses

im Heere Ermenrichs gefochten, dunkler Kunde vom Harlungengolde, welches im Burlenberge (so schreibt der Marner, ein gelehrter Dichter des XIII. Jahrhunderts, und man hat dabei an den Bürglenberg

in

der Nähe von Breisach gedacht; andere lesen Lurlenberg,

Lurlei?

und statt Jmelungen- Amelungenhort: Nibelungenhort), liegt. Mit gewaltiger Armkraft hebt er die riesige Deckplatte der Höhle und findet

Des aitgemünzten Goldes, des rothen, einen Berg, Wie Elberich ihn hatte mit Goldemar dem Zwerg, DeS Silbers große Haufen, Kleinode mancherlei Fand Heime iin Burlenberge, viel edler Steine dabei.

beruhende

lang in

Notiz

des

17. Jahrhunderts, daß die Harlungen eine Zeit

Brandenburg geherrscht hätten

(mit

dem

rexHarlungorum,

der

nach einer Havelberger Chronik Havelberg gegründet haben soll, Riedel

nov. cod. diplom. Brandenb. IV. 1 p. 289, weiß ich Nichts anzufangen). Damit in Einklang steht, daß der treue Eckart, ihr Pfleger, vornehmlich im nördlichen Deutschland, besonders in Thüringen, als Herold des wilden Heeres, und Warner vor dem Venusberge genannt wird (ich erinnere dabei an die schöne Göthe'sche Ballade vom getreuen Eckart). Die Meißenschen Markgrafen liebten den Namen Eckart, und hießen darnach im 11. Jahrhundert die Eckardinge; einer von ihnen wird in einer Urkunde Kaiser Heinrichs HI. fidelissimus fidelis noster Eccardns

genannt), wozu noch die interessante Bemerkung Conrings über Eike von Repgow, den Verfasser des Sachsenspiegels, gehört: nonnullis

etiam Eccardus audit, crediturque is esse fidus Eccardus, qui in proverbium apud Germanos abiit. Auch darf nicht übersehen werden, daß die nordische Thidreksage, welche uns verhältnißmäßig am ausführlichsten über die Harlunge berichtet, durch skandinavische Männer aus Liedern, die in Sachsen¬ land gesungen wurden, zusammengestellt ist. Erwägen wir ferner, daß dem Ostgothenkönig Ermanarich (Ammian. Marcell. nennt ihn: rex bellieosissimus et per multa variaque kortiter kaeta vieinis nationibus kormidatus), die Völker des nordöstlichen Germanien mit den Wenden unterworfen waren, und daß de» Sagen, welche sich um ihn gruppiren, die Kämpfe zu Grunde liegen müssen, welche er zu bestehen gehabt, bevor sein Reich so gewaltige, historisch-beglaubigte Dimensionen annahm, daß Jornandes ihn mit Alerander d. Gr. vergleichen konnte, und daß Dietrich v. Bern, der Härtungen Vetter, nach der eben erwähnten Thidreksage die wendischen Witzen bei Bran¬ denburg besiegte, allerdings im Dienste Attilas, der, nach Ermenrichs sagenhafter Versetzung auf den römischen Thron, dessen Stelle in Norden und Osten einnimmt, wie er ja auch faktisch seinem Reiche ein Ende machte. (Merkwürdig ist es dabei, daß die Sage auch Beider moralische Eigenschaften austauscht. Ermenrich, nobilissimus Amalorum, der Beherrscher eines großen, glücklichen, blühenden Reiches, wird zum bösen Geist der deutschen Sage, während Attila, den Charakter der Gottesgeißel völlig verleugnend, zum Hort und Schirm

wird,

kränkt oder verfolgt.) Vergessen wir Ermenrich, obwohl er in Romabnrg wohnt, dennoch in lebhaftester Beziehung zum Norden steht, indem er seinen Sohn Friedrich um Schatzung zu heischen nach Wilkinaburg schickte — eine Erinnerung an den historischen Ermenrich, welchem die Wenden tributpflichtig waren — so wird man die Behauptung natürlich finden, derer

die

schließlich nicht,

Ermenrich

daß

welche recht eigentlich in den Kreis der Ernur künstlich mit der jüngeren Dietrichsage menrichsage gehört und in Verbindung gesetzt wurde, in Norddeutschland vornehmlich bekannt

daß die Harlungensage,

gewesen sei,

ja wohl dort ihre Entstehung gefunden

59

Im 11. Jahrhundert wurde in den Havelgegenden Frigg, Wuotans Gemahlin, trotz wendischer Herrschaft, vor allem verehrt, wie sie noch heutzutage in denselben Gegenden als Frau Frick, Frü Freke, Frü Freen, in allerlei Sagen fortlebt. Deßwegen müssen wir auch annehmen, daß die Kunde von ihrem Goldgeschmeide hier be¬ sonders im Schwange gewesen sei. In welchem Verhältniß zu ihr wir uns die Harlunge zu denken haben, so daß ihr Gold auch diesen Namen führen konnte, ist nicht mehr erkennbar. Bestanden hat aber ein solcher Zusammenhang, das lehrt schon der Umstand, daß der Harlungen-Pfleger Eckart als Warner vor dem wilden Heer, dem Umzug der Göttcrkönigin, erscheint. Man mag sich die Harlungen etwa als ihre Diener oder Priester denken, denen als Hütern des Tempelschatzes auch göttliche Verehrung zu Theil wurde. Waren sic etwa jene kamiliares, denen nach Saxo's Bericht sich Frigg hingab, damit sie ihr den Schmuck gewännen, und die Odhin hängen ließ? Ermenrich wäre dann an Odhins Stelle getreten; nach der Thidrcksaga werden die Harlunge eines erotischen Verhältnisses mit Ermen¬ Gattin beschuldigt. Auf die Aehnlichkeit der Harlungensage Biloisus und Bolvisus, Hagbart und Sygne, hat WilHelm Hertz in „Deutsche Sage im Elsaß" hingewiesen; Hagbart wird um seiner Liebe willen von Sygnes Vater Sigar auf den Rath des Bolvisus (wörtlich: übeler Berather, der ungetreue Sibiä) richs

mit

der von

Sage) gehängt, und der Berg, wo der Galgen stand, 9tuf dem Harlungerberg könnte Galgen gestanden haben, an dem die jungen daher auch vielleicht der Harlungenhelden ihr Leben endeten. Es ist ein schönes Beispiel für die Poesie im Recht unserer Vorväter, daß sie es liebten, die Richtstatten dort anzulegen, wo dem armen Sünder der Abschied vom Leben ganz besonders schwer werden, wo ihm das Bewußtsein seines Verbrechens ganz besonders drückend auf die Seele fallen mußte. Eine Reihe schöner Volkslieder hat dies in ergreifender Weise zu Eines derselben legt dem Peter Unverdorben, benutzen verstanden. als er die Todesleiter betreten sollte, die Worte in den Mund: der deutschen

empfing von ihm seinen Namen.

gesegen dich, löb; got gesegen dich, gras, got gesegen alles, was da was! ich muoß mich von hinnen schaiden.

Got

habe.

allein in Breisach, lokalisirt erscheint ob nicht der Name bei

Wenn dem nun entgegenzustehen scheint, daß

sie

und zwar urkundlich seit dem 12. Jahrhundert,

Lieber engel, gang mir bi, biß sel und lib bi einander si, daß mir min herz nit breche. Got gesegen dich, sunn, got gesegen dich, mon!

(wobei immer noch zu erwägen bliebe, Brandenburg in die Zeit hinaufteicht, wo Wenden noch nicht an der Havel saßen), so wird dieser Einwand durch die jetzt feststehende Thatsache beseitigt, daß die Lokalisirung in Breisach (Brisaca,

Got gesegen dich, schönes lieb, wa ich dich ich muoß mich von dir schaiden.

Pri-

allein auf Namengleichklang beruhendem Mißverständniß seinen Ursprung verdankt.

sach)

Das Gold

Harlunge ist nämlich nichts anderes als jener berühmte Schatz der Freyja, das berühmte Brisinga Mene, jener köstliche Goldschmuck, der, wie der Gürtel der Aphrodite, durch seinen Zauber aller Götter und Menschen Herzen bezwang, und der in Oberdeutschland, wo das nördlichem Dialect angehörige Wort fremd klingen mochte, leicht zum „Breisacher" Schatz wurde, ein interessan¬ tes Beispiel ältester sogen. Volksetymologie, sodaß die Harlunge, die Herren des Brisinga Mene, des Breisacher Schatzes, naturgemäß in „Brlsach" wohnen mußten. (Sagenhafte und historische Schätze ältester Zeit bestehen regelmäßig weniger aus gemünztem Golde als aus Ringen und Spangen und ähnlichem Geschmeide.) Brisinga Mene ist das Werk von vier kunstreichen Zwergen, die unter der Erde hausten, und vielleicht die Brisinge hießen. Wie Freyja es gewann, gehört nicht hierher; sie bewahrte es in einem unzugänglichen Gemach, bis Loki es ihr durch Lift entwendete, Heim¬ dall aber wieder erkämpfte. Aehnliches, nur sehr entstellt, erzählt Saxo Grammaticus mit der wichtigen Variante, daß der Schmuck der Frigg gehört habe, eine Behauptung, die uns bei der ursprüng¬ lichen Identität beider Göttinnen nicht wunder nimmt. der

hon!

Die eben berührte erotische Seite des HarlungenmythuS gestattet übrigens den Schluß, daß wir es bei den unglücklichen Brüdern — mögen es nun ihrer zwei oder drei gewesen sein — mit ursprünglichen Gottheiten zu thun haben, die später aus irgend einem Grunde zu menschlichen Helden umgewandelt wurden, eine Er¬ scheinung, die aus der griechischen Göttersage bekannt ist. Sie er¬

klärt uns auch, warum der treue Eckart, der Harlungentrost, vor dem Venusberge sitzt, und die vorwitzigen Menschen vor Venus, der „edlen Minne" und ihren schönen Frauen mit lachendem rothem Munde, funkelnden braunen Augen und lockendem Gesänge warnt. Drei Harlunge sollen eS, dem Pegauer Annalisten und dem

Dichter von Dietrichs Flucht zufolge, gewesen sein — also wiederum eine von jenen

Brüdertrilogien,

die

in

der deutschen Göttersage eine

Rolle spielen (nach dem Gedicht vom „hürnen Slfrit" sind es drei Zwergenbrüder, denen von ihrem Vater Nibling der Nibelingshort hinterlassen wird), — und merkwürdiger Weise verehrten die Wenden aus dem Harlungerberg bei Brandenburg, wie aus dem gleichnamigen Berge bei Stettin, den dreiköpfigen Triglaf (nimmt man die von Simrock, Handbuch der deutschen Mythologie p. 305, gegebene Deutung der Brifinga-men-MythuS an, so werden eS auch so große

drei, nicht vier Zwerge gewesen sein, welche das köstliche Kleinod die Jahreszeiten bedeuten, und deren kannten unsere Vorsahren nur drei). Im unzugänglichen Berggemach hüteten die mythischen Harlunge den Schatz der Frigg-Freyja. Diese

:

schmiedeten; sie würden dann

ist es, die

in

so zahlreichen deutschen

Jungfrau iu

Ruinen

Sagen als weiße

gespenstische

zeigt, und ihreni Erlöser unermeßliche Schätze, welche zu erblicken einem Sonn¬ tagskinde bisweilen vergönnt ist, verheißt. Sollte nicht auch auf unserem Harlungerberge ab und an eine solche weiße Jungfrau erscheinen, sollte nicht auch dort die schatz¬ kündende Wunderblume geblüht, das blaue Flämmchen geleuchtet haben? Daß Schätze dort liegen, erzählt man im Volke, und die Sucht nach Schätzen war es, welche die gründliche Zerstörung der ehrwürdigen Marienkirche aus unserm Berge durch den Oberstlieutenant v. Picny im Jahre 3 722 herbeiführte. An die Stelle der heidnischen Göttin trat häufig die Jungfrau

Maria;

den

zerstörter

Bergschlösser

sich

mit Bedacht zur Patronin der neuen Kirche gewählt worden sein? Man müßte dann annehmen, daß neben der Verehrung Triglafs auch Frigg ihre Bedeutung nicht ver¬ loren gehabt hätte, und daß neben ihr die mythischen Harlunge (etwa als Gottheiten der Jahreszeiten) »och nicht in Vergessenheit sollte diese deßwegen

gerathen waren, was bei der unzweifelhaften

Sprache,

Sitte und Religion in

Fortdauer germanischer

unseren Gegenden unter wendischer

Herrschaft sehr wohl denkbar ist. In einer gewisien, wenn auch ziemlich äußerlichen Beziehung

That Frau Frigg, wenn sie, als Stöllenschen Bergen thronend, mit einem Stein¬

gewählt; er behandelt eine lange Reihe Perleberg'fcher Denkwürdig, in schlichten Versen, ohne poetischen und künstlerischen Aufwand, ja nüchtern. Darunter verliert die Poesie, aber die historische Treue gewinnt. Uebrigens soll lobend hervorgehoben werden, daß es dem Verfasser an einer gewissen Gewandtheit durchaus nicht fehlt. Doch auch für den Mann der Wissenschaft ist das Büchlein nicht ohne Werth; jedes Gedicht ist von historischen Notizen begleitet. Für eine künftige Auflage möchten wir dem Verfasser rathen, eine keilen

!

weiter

kurze oder

gefaßte Geschichte Perlebergs zu

geben

und die

Gedichte einzuschalten, oder wenigstens den historischen Zusammenhang

genauer zu vermitteln.

Auf

jeden

Fall ist das Buch werthvoll, und wir

wünschen ihm

weite Verbreitung, namentlich unter Denen, die es zunächst angeht,

unter den Einwohnern von Perleberg.

i

L. F.

Der große Kurfürst. Von Käehler, Major im Großen General¬ stabe. Berlin. F. Schneidern. Co. (Goldschmidt u. Wilhelm!.) 1875. gr. 8. 224 S. Unter den zahlreichen Festesschristen, welche die Feier des TageS von Fehrbellin im vergangenen Jahre hervorgerufen hat, sind nur wenige von bleibendem Werthe gewesen. Zu ihnen zählt in erster Linie das vorliegende Werk. Durch das fleißigste Studium dazu besähigt, hat Major Kaehler in lichtvoller Weise die politische, mili¬ tärische und administrative Bedeutung des großen Kurfürsten dargestellt.

Besonders interessant erscheint der kriegswissenschaftliche Theil

Der Kenner der brandenburgischen Geschichte trifft hier zu einem anschaulichen Bilde all' die zerstreuten Notizen vereinigt,

zum Harlungcrberg erscheint i» der

des Buches.

Frau Harke auf den wurf die Marienkirche zu zerstören sucht. Der christliche Tempel war iu ihren Augen, oder vielmehr in den Augen des Volkes, bei welchem die Sage entstand, eine Entweihung ihrer uraltheiligen Cultusstätte, und i» dem ohnmächtigen Beginnen der zu einer ungeschlachten Riesin

stellen mußte; der Laie findet von sachkundiger Hand hier eine Be¬

herabgewürdigten hehrsten Göttin spricht nachhallende

Groll

sich recht deutlich der lang

der besiegten Wendisch-Semnonischen Bevölkerung

gegen die christlichen Sieger und ihre mit Feuer und Schwert auf¬ gedrungene Religion aus, welche die Liebe stets im Munde führten, und doch für die Unterworfenen keinen andern Platz in ihrer Gemein¬

schaft hatten, als den steuerzahlender Sclaven.

Literatur. Perleberger Reimchronik. dichte

die

mit

Perleberg von 1200—1700.

historischen Anmerkungen von A.

Höpfner,

Ge¬

Lehrer

in Perleberg. Berlin, Verlag von Alfred Weile. IV. 90, gr. 8°. Daß ein wohlgesinnter, gebildeter Städter es unternimmt, Chronik seiner Vaterstadt seinen Mitbürgern und weiteren Kreisen

zugänglich zu machen, ist nicht eben etwas Neues: cs ist für den Historiker und Culturhistorikcr von unschätzbarem Werth, wenn städtische Chroniken dieser Art im Druck erscheinen. Etwas ganz Neues aber ist es, wenn es Jemand unternimmt, Stoffe dieser Art in Versen herauszugeben; er wendet sich damit von vornherein weniger an das wiffenschaftlichc, als an ein weiteres Publikum. Ein solches Wagnis; ist

in einer Zeit, die für die Vergangenheit selten pietätvoll ist, kühn, Werth; schon um Dessen willen kann man dem Ver-

aber nicht ohne

fasicr des vorliegenden Büchleins, der auch die Berliner Reimchronik verfaßte und demnächst eine Potsdamer im gleichen Verlage heraus¬

nur bestens Erfolg wünschen. Eine poetische Bearbeitung alter Chroniken kann eine doppelte sein: entweder sie greift einzelne Momente in rein poetischem Interesse

geben wird,

heraus und sucht

sic zu einem Kunstwerk zu gestalten, oder sie be¬ das Reale i» einfachen Versen, nach dem Vorbild alter Reimchronikcn, zu behandeln. Der Verfasser hat den letzteren Weg

müht

sich,

Verlag von

Alfred Weile in Berlin.

die er sich sonst mühsam

aus einer Menge von Werken zusammen¬

lehrung, über hochwichtige Verhältnisse, die in den landläufigen schichtscompendien kaum erwähnt sind. Trefflich gelungen ist die schreibung des Zuges nach dem Havellande und der Schlacht Fehrbellin, die durch eine gute Karte illustrirt ist. Die Sprache Werkes ist schlicht und sachlich, ohne

Wärme eingebüßt zu haben.

Wir

GeBe¬ bei des

dabei ihre herzliche patriotische

rechnen das Buch zu den werth-

vollsten Gaben der neuere» historischen Literatur, soweit sie Mono¬ graphien brandenburgischer Geschichte umfaßt. O. Schwebet.

Briefkasten. W. E. hier. Der Name der sogenannten .Jungfern¬ brücke', welche die Alte Leipziger mit der Spree-Straße verbindet, soll im Munde des Volkes entstanden sein, indeß kann die Veranlassung dazu histo¬ risch nicht verbürgt werden. Dort soll zur Zeit, als die französischen Refugies sich in Berlin niederließen, ein gewisser Blanchet eine Bude besessen haben, in welcher seine Töchter feine Stickereien und andere Modeartikel feil hielten. Wegen ihrer Geschicklichkeit eben so berühmt, wie ihrer scharfen Zunge halber in Berlin allgemein bekannt geworden, hatten die Jungfern Blanchet an der .Spreegaffen-Brücke', wenn es sich um die Anfertigung von Damenartikeln handelte oder Etwas zu klatschen gab, sich eines großen Zu¬ spruches zu erfreuen. So soll denn nach ihnen der Name.Jungfernbrücke' im Volksmunde entstanden sein. 8. v. Die Schriften der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Eth¬ nologie und Urgeschichte erscheinen in der hiesigen Buchhandlung von Wiegandt, Hemp'el u. Parey. — Ueber das mittlere der drei Geschütze im hiesigen Kastanienwäldchen eristiren verschiedene Versionen. Hiernach galt dasselbe allerdings bei Vielen für die .faule Grethe", jenes Geschütz, mit dem Kurfürst Friedrich I. gegen Dann wieder die Raudschlösier des widerspenstigen märkischen Adels zog. soll die „Feldschlange" bei der Belagerung und Einnahme von Ofen, 1686, an der brandenburgische Hülfstruppen Theil nahmen, eine Rolle gespielt der That aber stammt die Kanone, eine 48pfündige, deren Rohr haben. 78 Centner wiegt, aus Lübeck. Und zwar lautet die auf dem Bodenfriese befindliche ' Inschrift: „Albert Benningk me fecit, Lubeccae. Anno 1669.“ Auf dem Rohr ist in erhaben gravirter Arbeit Merkur mit seinen Attributen:c. dargestellt, während das Zapfenstück eine Seeschlacht enthält, das Bodenstück und die Schildzapfen aber mit dem holländischen Löwen geschmückt sind. Napoleon I. nahm die Kanone, nebst einer ähnlichen zweiten, den Lübeckern fort, und stellte beide vor dem Jnvalidenhause in Paris auf. Anno 1815 wurde das in Rede stehende Geschütz von den Preußen, das andere von den Oesterreichern nach Berlin resp. nach Wien mitgenommen.

In

Die Fortsetzungen von .Eckenberg, der starke Mann", sowie der Erzählung D. Red. .Kleement" folgen in nächster Nummer.

— Verantwortlich für Redactton: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck: Bahlkc u.

Hindcrsin in Berlin.

Unter Mitwirkung von Dr. Brecht, Prof. Dr. Baulus Kassel, Stadt-Archivar Jidicin, Theod. Aontanc, Geh. Regier.-Rath Freiherr Dr. von Kedekur Geh. Hofrath A. Schneider, Archidiaconus Schwebet in Cüstrin :c. :c.

George Das

Blatt

Mtl

herausgegeben von

und

Jerdinand Weyer.

ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. 8) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Verlagshandlung von Alfred Weile welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro 3gesp. Petitzeile 25 Pfg., werden von den Herren Haas enstein u. Vogler, Rud. Mosse, Bernh. Arndt, sowie von der Verlagsyandlung (Puttkamerstr. 8) entgegengenommen.

in Berlin zu senden,

Inhalt.

Die Tempelhofer Fehde vom Jahre 1435, von Dr. Brecht. — Johann Earl von Eckcnberg, der starke Mann, von L. Schneider (Schluß).— Das Königliche Zeughaus zu Berlin, von George Hiltl. III. — Die Wappen und Farben der Stadt Berlin, vom Stadtarchivar Fidiein VIII. (Schluß). — Kleement , Erzählung von L. Hesekiel. (Forts.). — „Gold gab ich für Eisen!" — Originelle Grabschrift.

Ute Tempelhoser Fehde vom Zähre 1435. Von Dr. ürdit.

Hon

Alters saßen vor Berlin die Johanniterritter ; Nun trübten sie die Nachbarschaft, das war dem Rathe bitter. Um ihre Grenzen stritten sie. Wie stark der Hauptstadt Mauern, So führten doch die frommen Herrn zum Kampfe ihre Bauern. Und als mit blut'gen Köpfen sie die Bürger heimgesendet, Da hat ein großes Kaufgeschäft den argen Streit geendet. So singt der Lehrer A. Hopfner in den ersten Zeilen seines

Reim-Chronik abgedruckten Liedes „Berlin und die Johanniter", und schildert damit in wenigen Worten ein Ereigniß, welches für die Städte Berlin und Cöln von hoher Bedeutung war und, allerdings mit einer kleinen, aber recht wesentlichen Ausnahme, durch Urkunden des Staats- und des Städtischen Archives als evidente

in

der Berlinischen

Thatsache hingestellt wird.

Die vierte Strophe nämlich:

„So führten

doch die

frommen Herrn zum Kampfe ihre Bauern",

läßt dem Abschluß des Kaufgeschäfts, auf welches weiter unten zurück¬ gekommen wird, einen Kampf der Johanniterritter mit den Städten Berlin und Cöln vorangehen. Wenn nun auch eines derartigen kriegerischen Ereigniffes in den meisten Chroniken, welche seit dem vorigen Jahrhundert über Berlin gedacht wird, so ist es doch auffällig, daß ein so wichtiger Vorgang, in welchem zwei Städte mit dem hochangesehenen, mächtigen Orden kämpfen und obenein als Sieger hervorgegangen sein sollen, in keiner der älteren Chroniken sich verzeichnet findet. erschienen sind,

Man

möchte deshalb versucht sein, zu glauben, daß jener Vorgang auf einer Uebertreibung oder einer unrichtigen Auffassung derjenigen Quelle beruhe, welche einzig und allein eines kriegerischen Conflictes der Städte mit dem Orden gedenkt. Diese Quelle ist die Aussage einiger Cölner Bürger, welche ini Jahre 1513, bei Gelegenheit eines Rechtsstreites der Tempelhofer

Bauern mit der Cöln'schen Bürgerschaft über das Nutzungsrecht der Urlake (der späteren Schlächterwiese), ad memoriam vernommen wurden. Von diesen Zeugen erwähnen die über 70 Jahr alten Bürger W erb ich und Palm mit keinem Worte eines kriegerischen Conflicts mit den Johannitern, dagegen sagt der gleichfalls über 70 Jahr alte Bürger Jacob Kone „bey gethanem eide" Folgendes aus:

„Er

Vater gehört, daß die Grenze schon zur Zeit des Comthurs mit Cöln streitig gewesen: Also, das der Comptor sich vnterstanden, di Colniscben deswegen mit 300 pferden vnd vier Dorfschaft, Bauern gewaltsam zu ober¬ fallen. Alss aber beide Stete, Colin vnd Berlin, aus trcwer nachbarscbafft Ihm den Kopf wider gebotten, das der Comptor wieder abgewichen vnd seinem wegk nach Coepnick ge¬ habe von seinem

nommen etc."

80 Jahr alte Zeuge Valentin Bechlin „zu Coln im bospital" und der 70jährige Zeuge AndreasMitte lstr aß an, welcher letztere noch hinzufügte: wie er von seinem Vater wisse, daß der Comthur die Grenze angefochten, „als aber die Cöln'schen sieb der defension ge¬ Diesen Angaben schloß

braucht“, davon

sich

der

abgestanden.

Bekunden die letzgenannten Zeugen auch nur Thatsachen, welche

auf Hörensagen beruhen, da zur Zeit des Conflicts Kone und Mittel¬ straß noch nicht geboren waren, und Bechlin erst im Alter von zwei Jahren gestanden haben kann, so verdient es doch ganz besondere Beachtung, daß ihnen die Mittheilungen von ihren Vätern überliefert worden sind, welche aus eigener Erfahrung im Stande waren, darüber zu berichten.

Man wird

daher nicht umhin können, solchen Berichten

volle Glaubwürdigkeit beizumessen, zumal gängen Unterstützung finden.

sie

in geschichtlichen Vor¬

62

Städte niit dem Orden wird dem¬ als Kampf und Abzug der Gegend logisch im Johanniter aus hiesiger unmittelbaren Zusammen¬ hange stehen. Es drängt sich indeß hierbei unwillkürlich die Frage auf: ob die Städter im offenen Felde gekämpft, oder ob sie nur einen Sturm der Ritter abgeschlagen haben. Für die erstere Annahme liegen gar keine Momente vor, und man wird deshalb veranlaßt sein, die letztere Alternative als die richtige zu erachten, denn es lag in der damals in Norddeutschland allgemein üblichen Art der Kriegführung der Städte, die Ringmauer als hauptsächlichstes Vertheidigungs-Object zu benutzen, sich mithin angreifen zu lassen. Die citirten Zeugenaussagen reden jener Alter¬ native gleichfalls das Wort. Kone sagt allerdings nur: „beide Städte hätten dem Comthur den Kopf geboten", Mittel¬ straß drückt sich indeß präciser dahin aus: „die Cölnschen hätten die Defeilsioil gebraucht". Hiernach kann also nur ein Sturm des Comthurs mit seinen Mannschaften gegen Cöln stattgefunden haben, welcher mit Hülfe der Berliner Bürger abgeschlagen worden ist, und für die Ritter mit

Ein

kriegerischer Conflict der

der

Pferdes entdeckte, jedoch gleich darauf verschüttete, unterirdische Gang gewichtig dafür, daß das jetzige Herrschaftsgebäude theilweis aus dem Fundament des alten Schloffes erbaut wurde. Soviel beobachtet ist, soll der entdeckte unterirdische Raum

Die zu jedem Templer-

rationsgebäudes bis zur

angezeigt

erscheinen,

be¬

be¬

daß die Schlösser der Templer- resp.

halber,

Zahl

eine

Schilderung des Kampfes selbst zu versuchen, wie er nach Lage der damaligen Verhältnisse stattgefunden haben kann. Dabei möge es gestattet

sein,

Meisterwerke

des

berühmten

forschers von Kloeden in ihrem System

für

liegenden Gegenstandes zum Anhalt dienen zu lassen.

Tempelhof mit den Dörfern Mariendorf, Marienfelde und Rixdorf, feit ungefähr 1198 im Besitze der Tempelritter, war nach der Vernichtung dieses Ordens im Jahre 1316, dem ritterlichen Orden vom Hospital zu Jerusalem zugefallen. Die Ver¬ waltung dieser vier Dörfer führte ein Comthur des Ordens, welcher

die

Natur gebildet worden, Seite einen Zu¬

gang ließen.

In

der

Mitte

dieses so

umwährten Terrains muß westlich der

Schwierigkeit der Verpflegung

der Schlösser beim Auftreten des Ordens

während die größere

in seiner Gesammtzahl

allerdings ermöglichte, ein beträchtliches Heer zusammenzubringen. Die Ursache des kriegerischen Conflictes zwischen dem Comthur

Ein

diesem

schon durch

der

lustigen Bürgern und teil kriegerischen Rittern Veranlassung gegeben und es bedurfte daher nur noch des leisesten Anstoßes, um das glimmende Feuer der langjährigen Zwietracht zu hellen Flammen auflodern zu lassen.

St. Johannis

südlich vorhandenen Teiche,

weil sie,

auf Tempelhof und den Städten Cöln und Berlin lassen sich, nach vorhandenen Material, auf folgende thatsächliche Momente zurückführen: Die Grenzen der Orte Tempelhof und Rixdorf stießen mit den¬ jenigen der cölnischen Bürgeräcker und Wiesen und mit der sich bis Treptow erstreckenden Stadthaide zusammen. Diese Grenznachbarschaft hatte schon häufig zu verschiedenen Mißhelligkeiten zwischen den streit¬

Märkischen Geschichts¬

welche obenein nur auf der östlichen und westlichen

waren,

stets nur kleine Besatzungen hielten,

dem

die Behandlung des vor¬

auf dem festen Schlosse, dem „Tempelhof", an der Südseite des nach genannten Dorfes gelegen, seinen Sitz hatte. Wenn nun auch eines festen Schlosses zu Tempelhof in keiner Urkunde gedacht wird, so liegt es doch außerhalb jedes Zweifels, daß der Orden den Sitz eines seiner Comthure nicht ohne die damals übliche Befestigung gelaffeu hat. Man wird nicht fehlgreifen, das Ordenshaus in der Nähe der noch stehenden uralten Kirche zu suchen, und das Terrain, auf dem diese utjb das jetzige Herrschaftsgebäude stehen, als den „Tempelhof", oder wie er später nach dem Ordensbeamten genannt wird, als den „Comthurhof" anzusehen, da dies die einzige Gegend war, welche fortificatvrische Anlagen des 13. und 14. Jahrhunderts zuließ. Hier war es auch möglich, die von den Tempelrittern allgemein angewandte Befestigungsnorm auszuführen, und ein durch eine steinerne, 10 —12' dicke Mauer gebildetes Viereck, deffen Seiten 50 — 70 Schritt lang waren, zu errichten und mit einem Graben zu umgeben. Für die Größe der Befestigung war der nöthige Raum gerade vorhanden, und der Graben um die Vertheidigungsmauer, wegen der nördlich und

der Chaussee, ebenfalls

Johanniterritter nie

merkt,

es

es

Mitte

Wenn hiermit eine Schilderung der muthmaßlichen Lage des

an jeder urkundlichen Ueberlieferung

dürfte

Johanniter-Schloß gehörige Vor¬

Schlosses und seiner Vertheidigungswerke gegeben ist, so sei noch

ist jedoch festzuhalten,

daß es

resp.

schont gebliebene Fenster, welche noch heut die Schießschartenform zeigen.

sonders groß

diesem Grunde

der

in der Richtung verfolgt werden kann, und von mir bis zu der Stelle, wo eine in der Neuzeit gemachte Vermauerung ein weiteres Vorgehen hindert, besichtigt worden ist. Dieser Gang, aus rohen Feldsteinen gemauert, ungefähr 5 Fuß hoch und 4 Fuß breit, sicherte den Vertheidigern der Vorburg den Rückzug nach der Kirche, und muß diese, da auch das Schloß mit ihr durch einen Gang in Verbindung gestanden hat, als das Reduit der Befestigung angesehen werden. Daß die Kirche zur Vertheidigung eingerichtet war, dafür sprechen noch einige, von der Veränderung ver¬

läßt sich aber keineswegs schließen, daß derselbe überhaupt niemals stattgefunden, und daß die zum Theil eidlichen Aussagen der Zeugen in das Reich der Fabeln und Märchen zu bringen sind. Immerhin

fehlt, und aus

nach

nach der Kirche zu, gegenwärtig noch

Silbe erwähnt wird. Aus dieser stillschweigenden Uebergehung für die damalige Zeit allerdings nicht unerheblichen Ereignisses

eines

der Richtung

s. g. Hahnehof (das jetzige Kreideweiß'sche Grundstück) gewesen sein, von dem ein noch theilweis vorhandener unterirdischer Gang, von dem Keller des jetzigen Restau¬

gelten, daß keine der alten Chroniken des Kampfes gedenkt, und daß desselben auch in den bald darauf abgeschlossenen Kaufverträgen mit keiner

in

burg muß, nach Lage des Terrains, der

wie schon oben bemerkt,

es,

sich

Kirche hinziehen.

einer Niederlage, endete.

Als auffällige Erscheinung darf

Stein erbaute Schloß gestanden haben, und es spricht vor Kurzem in einem Stallgebäude durch das Einbrechen eines

Kirche das aus

nach um so weniger zu bezweifeln sein,

solcher Anstoß blieb denn auch nicht aus.

Nach uralt-deutscher l

in. jedem Jahre

Sitte

fanden nämlich nach Schluß der Ernte

sogenannte Grenzbesichtigungen

statt.

Die junge

Bürgerschaft zog,. Musik voraus und mit Armbrust und Hellebarde bewaffnet, in Begleitung der in dem betreffenden Jahre gefirmelten Knaben nach den Grenzen der Stadt, wo sie von den Bürgermeistern und Rathmännern empfangen und von diesen die Grenzen entlang

geführt wurde.

Die Knaben erhielten bei

den

Grenzsteinen

zur

Schärfung ihres Gedächtnisses Ruthen- und Backenstreiche, wurden

mit Kuchen und Leckereien Als nun bei der Grenzbesichtigung zu Bartholomäi (24. August) 1435, zu welcher der Comthur aus TempelHof mit einigen Rittern ebenfalls erschienen war, die Wahrnehmung an den Haaren gerauft, gleich darauf aber

beschenkt und

|

bewirthet.

gemacht wurde, daß die Ordensleute in der Gegend des Johannistisches

heutigen Variete-Theaters) die Grenzsteine eigen¬ mächtig verrückt hatten, gab sich über diesen Frevel an Ort und Stelle heftige Entrüstung bei den auf ihre Rechte stolzen Bürgern kund. Wie stark das Selbstgefühl der Berliner und Cölner zu jener Zeit (das Terrain des

war und wie hoch die Rechte und Freiheiten ihres Gemeinwesens ge¬ halten wurden, ist auch dadurch bewiesen, daß sie selbst dem Landes¬ herrn, dem Kurfürsten, das Oeffnungsrecht, d. h. Truppen in die Städte zu legen, versagten; um so viel weniger werden sie geneigt

,

gewesen sein,

von ihren vermeintlichen oder wirklichen Rechten, die Grenzen ihres Eigenthums respektirt zu sehen, auch nur das Mindeste zu opfern. Der Comthur Nickel von Colditz, welcher kurz zuvor erst dieses Amt übernommen haben muß, da im Juni 1432 noch

Heinrich Ratzenberger als Comthur in Tempelhof fungirte,

er¬

schien indeß nicht minder und

auf's Tiefste verletzt und beschloß so¬ gleich, mit Gewalt der Waffen seine geschädigte Ehre und die ihn: bestrittenen Rechte wiederherzustellen. Diesem Entschlüsse folgte bald die That, denn der Conithur säumte nicht, seine streitbare Mannschaft durch Heranziehung von Mannschaften anderer Comthureien zu complctiren und die Bauern der Ordensdörfer zum Ueberfall auf die Stadt Cöln aufzubieten.

Da

der Statthalter der Mark, Markgraf Johann, gerade zu Zeit eine Reise nach Palästina angetreten hatte, und dessen Vertreter, der Landeshauptmann von Bredow, nicht im Geringsten i» die Angelegenheit eingriff, so drängt sich unwillkürlich die Frage auf, ob die Reise blos zufällig mit jenem blutigen Ereignisse zu¬ sammenfiel, oder ob nicht vielmehr der Markgraf, welcher selbst nicht die Macht hatte, die Städte der landesherrlichen Botmäßigkeit zu unterwerfen, mit dem Unternehmen des Comthurs im Geheimen einverstanden war und nur deshalb keine Hindernisse in den Weg legte. Denn gelang es dem Comthur, die Städte Cöln und Berlin zn er¬ obern, so mußten diese doch dem Markgrafen übergeben werden, der dann allerdings mit wenig Mühe und ohne daß ihm der Vorwurf einer gewaltsamen Maßregelung gemacht werden konnte, den Ruhm dieser

für

sich

in Anspruch nehmen durfte, das Ansehen

!

Da die Vorbereitungen zu dem Unternehmen nicht verschwiegen blieben, so waren die Bürger Cöln's und Berlin's hinreichend veran¬ laßt, ihre Wachsamkeit zu verdoppeln und die Hülfe verbundener

des Landesherr» zn

höherer Geltung gebracht zu haben.

Sei

Städte heranzuziehen. Kaum hatte der Wächter auf der städtischen Warte, in der Gegend des Johannistisches, das Signal von dem An¬ rücken des Feindes gegeben, als die Glocken von St. Marien, Nikolai und Petri die Bürger gn den Waffen riefen und der Rath der Städte

dem nun wie

ihm wolle, faktisch war Nickel von Colditz in seinem Vorhaben in keiner Weise behindert und glaubte sich in der ersten Hälfte des September stark genug, zur Ausführung der beabsichtigten Unternehmung schreiten zu können. Unter dein Wehen des Ordensbanners mit dem achtseitigen Kreuze

auf dem Rathhause sich in Permanenz erklärte. Unterdeß die Viertels¬ meister ihre Abtheilungen ordneten und demnächst die bedrohte Seite

in der Nacht mit 300 Rittern, angeworbenen Söldnern und den aufgebotene» Bauern der Dörfer Mariendorf, Marienfelde, Tempelhof und Rixdorf gegen Cöln auf, uur im Morgen¬ brach er von Tempelhof

grauen die

Stadt

besetzten, sammelte sich die schwer geharnischte berittene Bürgerschaft und nahm Aufstellung in der Nähe des Teltow'sche» Thores.

Inzwischen war der Ordenscomthur bis auf Bogcnschußwcite vor das Cöpnicker Thor gerückt und hatte hier, also in der Gegend der jetzigen Alten Jakobs- und Roß-Straßen-Ecke, seine Schaaren zum

zu überrumpeln.

Die Vertheidigurigswerke

der

Stadt Cöln

bestanden damals

in

mit

einer

Sturnie geordnet. In der vorderen Reihe standen die Bauern der Qrdensdörfer mit Faschinen, Wollsäcken, Schippen, Hacken und Aerten, zwischen ihnen die Träger mit den Sturmleitern, darauf kamen die

Weichhäusern und Thürmen versehenen steinernen Mauer, welche von dein'jetzigen Grundstücke Jnselftraße 1 mit einem großen

Thurm anfangend,

sich die Spree entlang bis zur heutigen Schleuse und von dieser ab in einem Bogen bis zur jetzigen Friedrichs-Brücke zog und auch hier mit einem Bogen endete. Die Mauer selbst war bis zur Scharrn-Straße theils durch die Spree, theils durch einen

mit

derselben parallel gezogenen Graben, dann aber bis zu ihrem Endpunkte nur durch den hier sehr breiten Fluß und dessen verschiedene Nebenarme, welche morastige Wiesen umschlossen, gesichert. Der letz¬

Theil war mithin für die damalige Kriegführung, während des Sommers, fast unangreifbar. In dem ersten Theile der Mauer, d. h. von der Insel- bis zur Scharrnstraße, befanden sich zwei Thore, und tere

zwar an der heutigen Roßstraßen-Brücke das CLpnicker, und an der heutigen Gertraudten-Brücke das Teltow'sche Thor.

Als der Thurm

keinem

schwächste

Punkt dieser Befestigung durfte das von

geschützte Cöpnicker-Thor erachtet werden und

tiger Erkenntniß

in

rich¬

dieses thatsächlichen Umstandes

wählte deshalb auch Nickel von Colditz dies letztere zu seiner Angriffsftont, wobei er freilich die Rückzugslinie nach Tempelhof preisgab und die Anlehnung an die Spree ihn auch der Gefahr aussetzte, bei etwaigen Ausfällen der Belagerten, gegen den Fluß gedrängt zu werden. Andererseits hatte

Vortheil, feine rechte Flanke durch den Hauptarm der Spree und seine linke dnrch die große Wasferschlenke gedeckt zu sehen, welche sich seitwärts der heutigen Grüustraßen-Brücke bis zur jetzigen er jedoch den

Kuirasfier-Straße ausdehnte.

I

!

j

Söldner mit Lanzen, Morgensternen, Hellebarden und Schwertern, hinter diesen standen die Armbrustschützen und die Reiterei, deren größter Theil als Fußvolk focht. Colditz gab den Befehl zum Vor¬ marsch, und unter dem Schlachtruf des Ordens „St. Johann!" setzte sich die feindliche Sturm-Colonne gegen das Thor in Bewegung. Der Bürgermeister von Cöln, Sigmund von Rathenow, welcher auf gegnerischer Seite den Befehl führte, ermunterte die Seinen zur Tapferkeit und diese überschütteten die erste Reihe der feindlichen Colonne derart mit Pfeilen und Steinkugeln, daß sie ins Wanken gcrieth und die Bauern die Flucht ergriffen. Nnterdeß war die Reiterei der Städte dnrch das Teltow'sche Thor getrabt, hatte die Wasferschlenke, welche die linke Flanke der Johanniter deckte, umgangen und war im Rücken des Feindes erschienen. Da man ihr Anrücken von den Thürmen aus deutlich sehen konnten, so sielen im geeigneten Momente die Zugbrücken des Cöpnicker Thores und heraus stürzte unter Leitung ihrer Gewerksmeister das Fußvolk der Innungen. Die Söldner, welche dem ersten Angriff ausgesetzt waren, wehrten sich tapfer, die Ritter eilten zu ihren Rossen, saßen auf und warfen sich der Reiterei entgegen. Längere Zeit schwankte der so entbrannte Kampf, von beiden Seiten wurde mit gleicher Erbitterung gefochten, endlich aber blieb dem Comthur nichts Anderes übrig, als den Befehl zu geben, sich

durchzuschlagen und den Rückzug anzutreten, wobei, da die Rich-

64

hing nach Teinpelhof

sich

Rittern bereits verlegt fand,

den

diese

sehr

oft

den

Eigenthümer wechselte.

die Ringmauer abgebrochen hat, ist nicht bekannt, doch scheint es sehr-

Noch während von dem Fußvolke der Bürgerschaft dieser letzte

möglich, daß beide schon im Jahre 1448 in der Fehde des Berliner-

B oytin

Abschluß des Kampfes erzielt und ausgefochten wurde, trabte deren

Bürgers

Reiterei nach Tempelhof und bemächtigte sich mit leichter Mühe des dortigen Schlosses, in welchem die Ritter, um zu der beabsichtigten Ueberrumpelung alle ihre Kräfte zusammenzufassen, nur einige kriegs¬ untüchtige Knechte zurückgelassen hatten. Einer Besatzung, welche demnächst dort zurückblieb, wurden, wie urkundlich feststeht, am fol¬

fürsten Friedrich

genden Tage von

So

Berlin und Cöln reichlicher Proviant und

mehrere

Bier zugeführt.

Wagenkasten

gewesen sein mochte, so war Städten doch sehr theuer zu stehen gekommen. Außer einer beträchtlichen Anzahl Kleinbürger und Gewerksgenossen, zählten auch viele Angehörige der in beiden Städten ansäßigen Ge¬

der

Sieg

groß die Siegesfreude auch selbst den

schlechter und

Großbürger zu

den

Todten und Verwundeten.

Der Ehre war Genüge geschehen, indem beide Theile ihre Kräfte gemessen hatten, aus jeder Seite waren schwere Verluste entstanden und

so

erklärt cs

sich denn auch,

daß nunmehr die Parteien zu Friedens-

Die Städte aber wünschten die gefährliche Nachbarschaft für immer los zu werden.

Verhandlungen sehr geneigt erschienen.

dringend, Hierzu bot

als die Besitzungen des Ordens anzukaufen. Die Johanniter erklärten sich auch zur Ver¬ äußerung bereit und schon ain Freitag, den 25. September 1435, sich

iikdeß kein anderer Answeg,

wurde der betreffende Kaufcontract abgeschlossen,

nach

welchem der

Städte Berlin und Cöln Dorf Tempelhof mit dem Rittcrsitze und allein Zubehör, das Dorf Rirdorf mit der Haide, dem Bruche, den dabei belegenen

Rath

der

das

Wiesen, das

Dorf Marienfelde mit Dorf Mariendorf mit

der Windmühle und

bei Teltow Zahlung einer Summe von 2439 Schock 40 Groschen (nach heutigem Gelde rund 40,260 Mark) mit der Verpflichtung erwarb, die genannten Güter vom Orden als Lehen zu empfangen. Drei Tage später, am 26. September, quittirte Balthasar von Schlieben, Meister des Ordens St. Johannis vom Hospital zu Jerusalem, in der Mark, in Sachsen, Wendland und in Pommern, mit dem Kapitel über den Empfang des Geldes und ertheilte gleichzeitig die Belehnung. In dieser Urkunde wird Nickel von Colditz als „Comthur zu Lagow" ausgeführt. Aus der Fassung des Schriftstücks ergiebt es

das

dem „Hegesee"

gegen

sich

Wer von diesen das Schloß und

gezwungen wurden.

schließlich den Weg »ach Coepenick einzuschlagen

indeß, daß der Genannte mit dem Nickel von Colditz identisch

noch in Tempelhof seinen Sitz hatte. Es Comthur von Lagow im Kampfe gegen die Städte gefallen ist, so daß von Colditz, dessen Comthurei mit ver¬ kauft wurde, diejenige in Lagow als Nachfolger des Gefallenen er¬ halten hat. So kamen die Ordensdörfer Tempelhof, Rirdorf, Mariendorf und Marienfelde in den Besitz der Städte. Der glückliche Ausgang der Fehde mit den Johannitern kann nicht verfehlt haben, das Selbstgefühl der Berliner und Cölner wiederum bedeutend zu steigern. Nicht unmöglich ist es, daß derselbe mit zu den iutellcctuellen Ursachen des auch dem zweiten Kurfürsten trotzig entgegengesetzten Widerstandes beider Städte zu rechnen ist. Die Geschichte lehrt uns, daß Friedrich II. nur in Folge des im ersten Jahre seiner Regierung ausgcbrochcnen Streits zwischen Bürgerschaft und Rath, die von seinem Vater ausgestellte Forderung des Oeffnungsrechts durchsetzen konnte, daß sich erst nach mehrjährigem, selbst be¬ waffneten Widerstände und in Folge eines Urtheilspruches, im Jahre 1448 Berlin und Cöln dem Landesherr» unterwarfen. Das Schloß in Tempelhof mit dem dazu gehörigen Areal erkaufte, gleich nach Abschluß des Kaufvertrages mit dem Orden, der Berliner Bürgermeister Jacob Heydecke, nach dessem Tode die Besitzung

war, welcher kurz zuvor

scheint daher, als ob der

wider Berlin und Cöln durch die Truppen des Kur¬

II.,

welche

die Boytin'sche Sache

unterstützten und

Da

notorisch Teinpelhof besetzt hatten, zerstört worden sind.

daraus der Schloßbau in Cöln mächtig gefördert wurde,

in

so

kurz

liegt

es

Kurfürst die Baumaterialien des Schlosses und der Vertheidigungswerke in Tempelhof zu seinem eigenen Bau verwandte und so erklärt es sich, daß die Zerstörung mit großer Sorgsalt und Gewissenhaftigkeit vor sich gegangen ist. Mit Aus¬ nahme der nicht sichtbaren unterirdischen Gänge, erinnert kein Wall, kein Stein mehr an das frühere Vorhandensein eines alten, festen Schlosses. Nur der Kirche, einer der ältesten der Mark, war es vor¬ behalten geblieben, bis zu ihrem vor etwa 10 oder 15 Jahren er¬ folgten, leider ziemlich unschön ausgeführten Umbau, namentlich in dem vierblätterigen Kleeblatt ihrer Spitzbogenfenster, äußere Zeichen der Erinnerung an ihre einstigen Erbauer, die Tempelritter, den der Möglichkeit, daß der

späteren Generationen zu überliefern.

Außer der. kleinen Kirchen-Glocke mit dem Johanniter-Ordens¬ erinnert in Teinpelhof Nichts mehr an die Männer mit dem

zeichen,

.

rothen Kreuz, welche vor jetzt 441 Jahren die Städte Cöln und Berlin mit einer sehr ernsten Gefahr bedroht hatten. Nichts aber ruft in

Berlin die Erinnerung an die Großthaten der Bürger wach, welche mit ihrem Blute für das Wohl ihrer Stadt einstanden. Noch hat sich keine Stimme erhoben, den Kamps von 1435, diesen Glanzpunkt in der Stadtgeschichte, dieses Zeichen einer kräftigen und gesunden Bürgerschaft, im Rathhause bildlich zu verherrlichen. Möge diese Andeutung bei der Commission zur Ausschmückung des Rathhauses nicht ohne Nachhall bleiben, und würdig befunden werden, zu weiteren Betrachtungen und Entschließungen erwünschten

Anlaß zu geben.

Johann Carl von Eckenberg, der starke Mann. Eine Studie zur Theater-Geschichte Berlin's. Vorgetragen im Verein für die Geschichte der Mark Brandenburg von £. Sdmoidcr.

(Schluß.)

Es ist, wie gesagt, nicht zu ermitteln gewesen, ob diese starke Zurechtweisung in Folge der Klagen unseres Eckenberg oder eines Jedenfalls stehen die Vorgänge in anderen Prinzipals erfolgt ist. freilich nicht mehr vollständig zu über¬ die jetzt einiger Verbindung, Universität Halle steht indessen nicht Die Weigerung der sehen ist. Eckenberg im dlpril 1742 allein, auch Frankfurt a. d. O., wohin wollte, nachdem er den Winter von 1741 zu 1742 abermals in Berlin und zwar im Wettstreit mit der Hilserding'schen Truppe gespielt hatte, wandte sich an das General-Direktorium, und dieses berichtete unterm 24. April an den König: Es hat der Magistrat zu Frankfurt unterm 21sten dieses be¬ richtet, wasgestalt der Principal derer Königl. Hoff-6omoediauten

Eckenberg an Ihn geschrieben, daß er mit seiner Bande 4 Wochen vor künfftige Margaret!) Messe nach Maaßgebung seines von Ew. Königl. Majestät erhaltenen Privilegio dahin kommen, das dortige sogenandte Ballhauß beziehen und seine Theatralische Actiones oder Modeste Comedien darin presentiren wollen, und dieserwegen von Ihnen Antwort zu haben verlangt. Gleichwie er aber ein for allemal dahin instruiret, daß er der¬ gleichen Theatralische Actus nicht verstatten sollte ohne Königl. Verordnung, so muß er dahin gestellet seyn lassen, ob sothanes Privilegium demselben die Freyheit daselbst zu agiren ertheile? — Gesetzt aber, daß Ihm solches ftey stehen sollte, müßte ihn wegen des Ballhauses erinnern, daß Solches dem nunmehro ver¬ storben Kauf Mann Wölben gehörig uud ad instantiam besten v.

berg

Erben nunmehro zum 5ten Male sixljhastirt sey, also vor dieses Hauß in keinem Wege disponirt werden kann, zumahl der 30ste hujus terminus adjudicationis pro omni erst gesetzet, mithin es von der Willkühr des Käuffers dependiret, wie und welchergestalt er sich wegen dieses Hauses mit gedachtem v. Eckenberg So sey auch das Geld daselbst unter den Leuten setzen könne.

Mai

welches aber wegen seiner Abreise aus keiner Malice geschehen, Wann nun aber mein sondern dieser Tagen hier sey» wird. Bruder ex Privilegio gratiosissimo Regio ein Jus quaesitum erlanget, Se. Königl. Majestät auch selbsten allergnädigst ver¬ ordnet, daß nur ein Comoediant sein solle, und der Hamburger kein 8pecial-Privüegium erlanget noch erlangen kann, daß mein Bruder excludiret sein sollte, welches ohne dem nicht geschehen möge, weilen mein Bruder, da nur ein Comoediant sein soll, ex antiquitate temporis aus vielen besondern Umständen ein Jus potius hat, und weilen ich mich erbiethe, nomine meines Bruders die restirenden 22 Thaler nebst denjenigen, so ein

durch

Magistrat von Frankfurt a. O. aus dem Wege, befohlen wird, daß das Privilegium in allen Fällen zu

respektiren sei.

Während der diesjährigen Abwesenheit Eckenberg's trat aber als beide Universitäten gegen ihn auf. Es war

ein gefährlicherer Feind

Schauspiel-Prinzipal Johann Friedrich Schönemann, Berlin eigentlich die bessere Zeit für das deutsche Theater erst beginnt. Plümicke giebt zwar an, daß Schönemann schon im Jahre 1740, gleich nach dem Regierungsantritt Fyj^richs des Großen, ans Lüneburg nach Berlin berufen worden fest tmd daß er nur deswegen damals nicht schon gekommen sei, weil ein Anderweitiger Kontrakt ihn gebunden. Die nachfolgend mitgetheilte Nngabe Schöne mann 's an den König erwähnt dieser Einladung aber mit keinem Worte, was doch gewiß geschehen wäre, stellt also unseres Bedünkens die Angabe Plümicke's in Zweifel. dies der

von dessen Eintreffen in

(Titel.) Ich erkühne mich, Ew. K. Maj. mit der tiefsten Unterthänigkeit um die Erlaubniß zu bitten, mich einige Zeit mit denen regelmässigen Schau-Spielen, welche unter meiner Aufsicht aufgeführet werden, in Deroselben Residenzstadt Berlin zeigen zu dürfen. Da ich so glücklich bin, in Ew. Königl. Majestät gesegneten Landen gebohren zu sein, und mich folglich unter der glücklichen Zahl von Ew. Königl. Majestät gehorsamste Unterthanen zu befinden, so hoffe ich um so viel mehr eine aller¬ gnädigste Erhörung meiner demüthigsten Bitte zu erhalten. Nach¬ dem die starke Feuersbrunst zu Crossen mich veranlaßt, nach Berlin zu gehen, so habe ich den Vorzug genossen, in dieser berühmten Stadt erzogen zu werden. Meine Neigung zu den schönen Wissenschaften trieb mich au, seit einigen Jahren die eifrigste Mühe anzuwenden, eine deutsche Schaubühne zu Stande zu bringen, welche der französischen in allen Stücken ähnlich wäre. Vor allen Dingen suche ich durch meine und meiner Gesellschaft Aufführung das Vorurtheil aus dem Wege zu räumen, nach welchem man sich bisher in Deutschland von den Comoedianten sehr schlechte Begriffe gemacht hat. Nichts würde mir angenehmer sein, als wenn ich in meinem Vaterlande erfahren könnte, ob meine redlichen Bemühungen den Beyfall der Ver¬ nünftigen verdienen. Ich ersterbe

HochEdler Magistrat den Sommer über pro Theatro festsetze» wird, binnen 24 Stunden zu erlegen; Also bitte ich Ew. — demüthigst, sie wollen hochgeneigt geruhen, meinen Bruder nach dem Königl. Privilegio in Schutz zu nehmen und ihm vor an¬ dern in Possessorio zu consecriren, bey dem Theatro zu Rathhause zu schützen, und daß er hiernächst seinen theatralischen Actus ferner ohngehindert exerciren möge, auch dieserhalb allen¬ falls nacher Hoffe zu berichten. Ich getroste Gebrüder v. Eckenbergen. Berlin, den 3. Sept. 1742. Diese Eingabe des Bruders schickte der Magistrat von Berlin

sofort mit folgendem Promemoria an den König, welches in der That ganz eigenthümliche Rechtsansichten entwickelt. ;

(Titel.) Es hat der v. Eckenberg im vorigen Jahre auf dem Rathhause eine große Bude mit Unserer Bewilligung auf¬ gerichtet und darin den Winter über Comoedie gespielet, auch vor jeden Tag, wann sich anheischig gemachet, der Cämmerey Schauspiele gehalten werden, 16 Gr. zu bezahlen. Er ist aber bis Ostern ante cujus nicht nur 37 Thaler schuldig verblieben, sondern hat auch die Bude stehen lassen und bey seiner Abreise vorgegeben, daß er solche Schuld in wenigen Wochen abführen wolle, wir wegen des residui auch an selbiger genugsam gesichert waren, indem er dem Zimmer Meister Adam sein Arbeit und die zur Bude gehörigen Materialien bezahlet, weshalb er auch von selbigem einen Schein produziret hat. Jnmittelst haben wir von ihm weder den vorgedachten Rückstand, noch den Sommer über, da die Bude nicht gebrauchet worden, das Geringste er¬

|

!

!

halten. Dahingegen hat

den 7.

Juli

1742.

Der König dekretirt auf

diese

Supplik ad marginem: „ Gut, aber

muß nur einer das Privilegium bekommen, überall in den König¬ lichen Landen zu spielen." Und am 25. Juli, an demselben Tage, wo

es

er den

Frieden mit Oesterreich unterzeichnete, erging auch das Reskript

S ch ö n e m a n n, welches ihm die Concession für die Residenzstadt Berlin ertheilt. Dieser kam nun im September 1742 hier an, und trat sofort in Unterhandlungen mit dem Magistrat wegen des im Rathhause vorhandenen Theaters. Der Magistrat, der dem Ecken-

an

ein Comoediant aus Hamburg, Namens eingefunden, welcher von Ew. Königl. Majestät ebenfalls die Erlaubniß, Theatralische Aufführungen Hierselbst zu produziren, erlanget, und dieser hat bei Uns angesuchet, ihm desfallß aus dem Rathhause eine Bude aufzuschlagen Wie nun der Schöne in a n n täglich, wann ge¬ zu vergönnen. spielet wird, 20 Gr., und also ein Mehreres, als der v. Eckeuberg zu geben sich offeriret, mit diesen auch sowenig jemahls ein Vergleich eingegangen worden, daß er beständig auf dem Rathhause Comoedien spielen lassen sollte, als wenig er seine gesammte Schuld bis dato bezahlet hat, dem Publikum auch nicht weniger daran gelegen, daß wann den Winter über wohlausgearbeitete Comoedien in hiesigen Residentzien produziret werden sollen, solches auf einen Platz geschehen möge, wo die Spectateurs vor Frost und Kälte gesichert seyn. Alß sind wir sich

Schönemann, allhier

Johann Friedrich Schönemann. Berlin,

zu vermiethen.

Ich habe diesen Augenblick durch den Quartel, als einen Com¬ pagnon von der Gesellschaft der Theatralischen Actum, so mein Bruder der von Eckenberg bishero allhier ex Privilegio Regio excerciret, dergestalt vernommen, daß ein gewisser Hamburger Comoediant von Sr. Königl. Majestät die allergnädigste Er¬ laubniß erhalten, anff einige Zeit allhier Comoedien zu tractiren, desfalls auch an Einen HochEdlen Magistrat ein Notilicatorium ergangen, sich danach cum instructione wegen der Accise allergehorsamst zu achten: welcher auch practcndiren wolle, daß meines Bruders sein Theatrum auf dem hiesigen Rathhause weggebrochen und nach dem Oalands-Hoff gebracht werden solle, weilen mein gedachter Bruder v. Eckenberg etwa 22 Thaler an Einen HochEdlen Magistrat schuldig geblieben,

ein Reskript an den

in welchem

Schönemann

Kaum erfährt dies ein in Berlin wohnender Bruder Eckenberg's, als er in der folgenden Eingabe Einspruch dagegen thut.

wegen des vielfältigen Durchmarsches so knapp geworden, daß die Einwohuer ihre onora publica abzuführen fast nicht mehr vermögend, also bedenklich dem Publico eine Solche zu Geldtsplitternde Gelegenheit zu suppeditiren, dem gedachten v. Ecken¬ berg auch dieses Wenig eintragen würde, da zu mahl der Numerus derer Studiosorum darselbst vor jetzo sehr schwach, und stellete Er dahero anheim, ob bemeldeten v. Eckenberg vor kommenden Umständen nach, die Herkunft nicht könne verboten, wenigstens denselben so lange Anstand gegeben werden, biß das Ballhauß wieder einen Possesorem bekomme», und daselbst bessere Zeyt sein wird. Wie nun bey Uns kein Acte von dem Ecken¬ der g'sche» Privilegio vorhanden, so stellen Wir Allerunte» thänigst anheim, welchergestalt dem Magistrat dieserhalb Be¬ scheid werden solle?

Auch dies Hinderniß räumt der König unterm 9.

wegen seiner vielen Schulden nicht besonders grün war, erklärte

sich auch gleich bereit, dies Theater dem

,

der Meynung, daß des v. Eckenberg's Bude abgebrochen nnd die Materiales davon insgesamt, so lange, bis Wir des Rückstands wegen von ihm

befriedigt worden, in gerichtlichtlichen Verwahrsam gebracht werden, und daß dagegen der Schöne¬ mann eine Bude aptire und darin die Comoedien spielen lassen könne. Hierwieder hat sich des v. Eckenberg Bruder mit beygefügtem Supplicato moviret und vermeinet, daß sein Bruder . Hierselbst allein Comoedien aufzuführen berech¬ tigt sey, und könnte ihm Schöne mann darin keinen Einhalt thun, es müsse auch die Bude nicht abgebrochen werden, weil er seines Bruders Schuld sofort zu bezahlen bereit wäre. Auch hat sich der Zimmer Mann Adain gleichfalls angegeben und machet an des v. Eckenberg's Bude annoch einen Anspruch von 190 Thaler mit Bitte, solche dieserhalb stehen zu lassen. So viel das Eckenberg'sche Vorgeben, daß er allein Hier¬ selbst Comoedien spielen könnte, betrifft, so gehet Uns solches gar nichts an, weilen Ew. König!. Majestät dem Schönemann gleichfalls eine Permission dieserhalb ertheilet, zu cognosciren nicht befugt. Jnmittelst da solcher ebeufallß die Freyheit erlanget und derselbe ein Mehreres als der v. Eckenberg pro locario gebe» will, zudem mit diesem Niemals auf eine gewisse Zeit und auf etliche Jahre contrahiret worden. Ucberdieß des Zimmer Meisters Adams anjetzo vorgebrachte Obmotanz eine offenbahre Collision marquiret bevorab noch vor mentionirtem Protokoll der v. Eckenberg deffen Schein, daß er an der Bude kein Recht mehr habe, sondern deshalb bezahlet sey, produziret und wenn gleich sothaner Revers sich nicht mehr ad aeta befindet, sondern zurückgenommen seyn mag, das Protokoll sein fidem behalten oder der o. Eckenberg eine Falschheit committiret haben muß, der Zimmer Meister Adam auch keinen Regreß an den Platz, sondern nur an denen Brettern haben kann, Ueberdieses Uns wohl nicht verwehret werden kann, eintzig nnd allein zum Nutz der Cämmerey einen Platz auf dem Rath¬ hause zur Haltung einiger Schauspiele an wen wir wollen, ohne daß jemand sich desfalß eine Possession anmaßen kann, zu

fiat! .dem Schönemann au remittiren.

In

Bürger Meister und Rath allhier. Coch. den 6.

Reichhelm.

Kircheysen.

Thiele.

Sept. 1742.

Das anliegende Protokoll besagt: Es erscheint der Herr v. Eckenberg auf Erfordern in Person und saget: daß er in der Bude auf dem Spittel-Kirchhof von Ostern bis Michaeli 1741 in allem nur 25 mahl gespielet habe, täglich ä 12 Gr., macht 12 Thlr. 12 Gr. Von Michael;' 1741 bis Ostern 1742 Habe er auf Hiesigem RatHHaufe 54 Tage ge¬ — spielet, täglich ä 16 Von Ostern bis den 13. April habe er nur 14 Tage vorgestellet, ä 16 Gr. 9 8

...... Gr.36 ...

Summa 57 Thlr. 20 Gr. Eckenberg sogleich 20 Wann Hr. v. Thaler bezahltet, nächstdem dociret, daß au der auf dem Rathhause stehenden Boutique

Niemand etwas zu fordern, so kann zur Bezahlung 14 Tage nachgesehen werden.

Berlin,

den 16.

(Titel.) Unsern u. s. w. Demnach Uns vorgetragen worden, daß wegen der von dem v. Eckenberg zu Aufführung seiner Comoedien auf dem Rathhause im vorigen Jahre auf¬ gerichteten großen Bude, und wegen des von ihm der Cämmerey dafür annoch restirenden locarii den 6ten hujus allerunterthänigst

Ihr



vermiethen. So haben bey Ew. Königl. Majestät Wir hierdurch zur Ver¬ meidung Aller Weitläufigkeit allerunterthänigst ansragen sollen. Ob nicht bewandten Umständen nach des v. Eckenberg's Bude abgebrochen und die Ma¬ terialien davon so lange, bis die Cämmerey des fiat! wie oben Rückstandes halber von ihm befriedigt, in ge¬ schon gesagt. richtlichen Gewahrsam gebracht, dahingegen aber dem Schöne mann eine neue Bude zur Haltung der Theatralischen Schauspiele auf dem Rathhause aufzuschlagen permittiret sein solle! tiefster Devotion verharren

Berlin,

allein an demselben Tage, den 6. Sept., erfolgte, sondern auch aus. gefertigt und Schönem ann zugestellt wurde.

April 1742.

Kircheysen.

Ein Beweis, wie sehr dem Könige daran lag, mann beffere Schauspiele in Berlin eingeführt zu daß die Resolution auf diese Eingabe des

des Restes

durch

Schöne-

sehen, ist wohl,

Berliner Magistrats nicht

vorgestellet und angefraget habt. Alß ertheilen Wir Euch danach hierdurch zur Allergnädigsten Resolution, daß der von Euch angeführten Umbftände halber, des v. Ecken berg Bude abgebrochen und die Materialien davon insgesammt, so lange bis die Cämmerey des Rückstandes wegen von ihm befriedigt fein wird, in gerichtlichen Gewahrsam ge' bracht werden, dahingegen aber dem Comoedianten Schöne¬ mann eine neue Bude auf dem Rathhause aufzuschlagen und darin seine theatralische Schauspiele zu halten permittirt sein solle. Und da Wir Allerhöchstselbst diese Erlaubniß dem Schönemann und zwar ohne Nachtheil des dem v. Eckenberg er¬ theilten Privilegii allergnädigst accordiret haben, so ist dieser letztere um so weniger befugt, dawider sich zu moviren, als ihm solches durchgehends conservirt bleibt, dem Schöne in a u n accordirte Freyheit , zu spielen und sich sehen zu lasse», aber nur auf einige Zeit ist. Berlin, den 6. Sept. 1742.

Nun begann Schöne mann sofort seine Vorstellungen. Unter feinen Schauspielern befand sich Eckhos, welcher damals erst 2 Jahre beim Theater war, Elers, Stein, Heyderich, Uhlich und Starke, so

wie die

und die

Rainerinn

Er gab regelmäßige Schauspiele,

nerinn). sched,

Spiegelberginn

den

(später

Cato

Zayre, Alzire, Mahomet, Moliere'sche

von

GantGott¬

Lustspiele und

auch einige Posten von durchgängig besserem Geschmack als die Ecken-

Schönemann's

berg'schen. ersten

Bestrebungen erfreuten

Jahre seines Wirkens eines

berg, als mußte,

so

er Ende September nach

seine

Zeit

sei

gekommmen.

sich

in

diesem

allgemeinen Beifalls, daß Ecken¬

Berlin

zurückkam, wohl erkennen

Diese Ueberzeugung

wenigstens leicht aus der de- und wehmüthigen

liest

sich

Supplik heraus,

die

König richtete: Ew. Königl. Majestät Höchstseeliger Herrn Vaters (Titel.) Majestät haben mich zum Hoff-Cornoedianten in Dero Landen bereits vor 13 Jahren allergnädigst bestellet unter der Condition, daß mich in hiesigen Residentzien possessionirt machen sollte, zu dem Ende habe ich ein Hauß auf der Friedrichs Stadt erbauen müssen, welches Mir an die 18000 Thaler zu stehen gekomrnen. Ew. Königl. Majestät haben bei Antritt Dero Glorwürdigsten Regierung dieses erhaltene Privilegium, allein Comoedien im Lande aufzuführen, Allergnädigst confirmiret. Ich kann aber auf keinen grünen Zweig kommen, denn nicht zu gedenken, daß die auf meinem Hause hafftenden Schulden mich sehr drücken, so finden sich auch andere Comoedianten, welche mir das Brodt wegnehmen. Im verwichenen Jahre war der erdin g oder sogenannte Pantalon. Dieser erhielte unter dem Versprechen, sich gleichfalls possessionirt zu machen, ein ebenmäßiges Privi¬ legium, er hat aber sein Versprechen nicht gehalten, dennoch

er sofort an den

Hilf

gespielet und durch seine Comoedien mir vielen Schaden zuge¬ füget. Dieses Jahr kömbt sogar ein Fremder, Nahmens Schönemann, erhält Erlaubniß, seine theatralischen Actiones aufzu¬ führen, und thut solches sogar auf hiesigem Rathhause auf dem Mir vom Magistrat angewiesenen Platze, und Magistrat reißet zu meinem Schaden mein Theatrum und Auditorium nieder, und hat keine andere Uhrsache, als daß ich noch einige 30 Thaler der Cämmerey schuldig wäre, welche ich doch gern sogleich bey meiner Ankunfft zahlen wollte und noch zu thun erbötig bi». Komme ich mit meiner kostbahren Rande hier an, muß solche müßig liegen, im Kalten Winter läßet sich nicht aus der Straße Comoedias aufführen, der Platz im Rathhause ist mir benommen, die hiesigen Zuschauer werden der Spiele satt, weil sie dergleichen noch vor meiner Ankunfft gesehen, und ist bekannt, daß die erste Comoedien dasjenige eintragen müffen, was die übrigen den gantzen Winter hindurch kosten. Es hilfst mir auch nichts, wann es gleich nur heißet, der Schönemann soll nur eine Kurtze Zeit fpiehlen. Und Ew. Königl. Majestätt schadet es,

67 dergleichen frembder Mensch eine Summe Geldes in den Landen zusammen bringet, und wiederumb damit außerhalb Landes gehet, ich aber muß als ein Bettler das Thor suchen. Bey diese Umbstände bitte Ew. Königl. Majestät ich allerunterthänigst, dem Sch ö n e m a n n die Schau Spiehle sofort zu untersagen, dem Magistrat hiesiger Residentzien aber aufzugeben, mein Theatrum mir wiederumb im vorigen Stand zu setzen. Dahingegen ich an demselben die gehörige praestanda zu ent¬ richten nicht ermangeln werde, und übrigens in tiefster Er¬ niedrigung lebenslang beharre daß

Ew. Königl. Majestät Joh. Carlo. Eckenberg. Berlin, den 28. Setzt. 1742. Es half aber nichts; der König wollte Schöne mann schützen und befahl dem Minister Happe, folgende Resolution zu ertheilen: Dem tzrivilegirten Hoff-Cornoedianten Joh. C. v. Eckenberg wird aus sein unterthänigstes Memorial vom 28sten pass., worin er gebeten, daß dem srembden Comoedianten Schönemann die Schau Spiehle sofort untersagt werden möchten, hierdurch zur Resolution ertheilet, daß des Supplieanten Privilegium bishero in völliger Kraft geblieben sey und bleiben werde — da aber dasselbe niemahls exdusiv gewesen, und Se. Königl. Ma¬ jestät sich auch durch eine gantz neue Ordre allergnädigst vor¬ behalten haben, daß keine Bande Comoedianten in dem König¬ reich und Landen geduldet werden solle, welche nicht mit spezieller von Sr. Königl. Majestät Höchst Selbst unterschriebener Con¬ cession versehen sey, so wird der Supplieant auch dadurch bey ,

Privilegio geschützt, wann auch gleich der srembde Comoediant Schönemann dergleichen Concession erhalten, sich hier in Berlin mit seinen theatralischen Schau-Spielen sehen zu seinem

Supplieanten ist inzwischen unverwehrt, hier auch zu spielen, und wenn seine theatralische Stükke beim Puhlico mehr Beyfall als des Schönemanns seine finden, wird letzterer ihm keinen Schaden zufügen, sich auch noch ein Platz in der Stadt finden, wo Supplieant seine Spiele ungehindert aufführen könne.

lassen.

Berlin,

Dabei beruhigt sich nun unser Eckenberg keinesweges, sondern petitionirt am 17. Okt. weiter, wird aber wiederholt am 24. Okt. Mit diesem Bescheide mußte er sich ab- und zur Ruhe verwiesen. begnügen,

und

so

endet eigentlich der starke

Wirksamkeit und Bedeutung.

Daß

er

gegen

Mann für Berlin

Schönemann

ausrichten würde, sah er wohl ein; er verließ daher

seine

nichts

Berlin und ging

Rhein, wo er 1748 im Lager bei Luxemburg starb. Im Februar dieses Jahres war er wieder in Halle gewesen, von wo er abermals an den König schreibt und um Erlaubniß bittet, während der Fasten spielen zu dürfen. Diesen Brief unterzeichnet er Eggen¬ berg, nicht Eckenberg. Wahrscheinlich ist es ihm abgeschlagen worden, weshalb er nach Luxemburg ging, wo der Tod ihn in einem Alter von 63 Jahren überraschte. Das letzte Aktenstück, welches seiner erwähnt, ist die Supplik seiner Tochter Sophie um Uebertragung des Hofkomödianten-Titels und Privilegiums auf ihren Ehe¬ au den

mann

Ra dem in.

Sie lautet:

(Titel.) Ew. Königl. Majestät höchst seeligst verstorbener Herr Vater haben meinen Vater Johan E. v. Eckenberg in Anno 1732 zum Hoff-Cornoedianten allergnädigst benennet und ihme dieserhalben die gehörige Bestallung ausfertigen lasten. Dieses Privilegium haben Ew. Königl. Majestät unterm 22. Fe¬ bruar 1741 allergnädigst zu confirmiren geruhet und ist er auch dabey in Ew. Königl. Majestät Landen geschähet worden. Dieser mein Vater ist nun vor einigen Wochen in Luremburg, allwo er

agiret, verstorben, und mich also alß eintzige Tochter hinterlassen. Wann ich nun von meinem

mit

seine

die Freyheit haben mögen, honnette Schauspiele aufzuführen, und also meines Vaters Privilegium auf Uns zu extendiren, auch Uns dieserhalb die gehörige Bestallung ertheilen zu lasten. Für diese Mir erzeigende Gnade ersterbe ich allerdehmüthigst Sophia v. Eckenbergiun,

Berlin, den 24. April 1748. verehelichte Rademin. Das Gesuch wurde abgeschlagen, und so erlosch das Eckenbergsche Privilegium für immer. Werfen wir einen Blick auf das Mitgetheilte, so läßt sich nicht leugnen, daß Eckenberg eine jener interessanten Persönlichkeiten ist, deren Schicksale, verschuldete und unverschuldete, sie zu einem dankbaren

Stoffe für die Novelle und den Roman machen. Geschicklichkeit, Schlauheit und Unternehmungsgeist ersetzte bei ihm Bildung und Fähigkeit. Vom Zufall gehoben, von unsittlicher Neigung wieder herabgedrückt — unmäßig im Glück — regsam im Unglück, hätte er in anderer Sphäre vielleicht Bedeutendes geleistet — so endete er wie die Meisten seiner Art: in Elend und Vergessenheit. Das von ihm erbaute Haus steht noch und wurde dadurch merkwürdig, daß die ersten öffentlichen Gerichtssitzungen in ihm gehalten wurden; sein Name aber ist bis auf wenige Notizen in Theatergeschichten ver¬ schollen, und unbenutzt lag bis jetzt das in dieser Studie mitgetheilte Material unter alten Akten! — Solcher interessanter und hervorragender Persönlichkeiten giebt

der Gesellschaft

Vater nichts zu

erben habe, indem er alle sein Vermögen besonders in Erbauung seines Hauses aus der Friedrichstadt an¬ gewendet, so würde dieses annoch ein Trost für mich seyn, wenn Ew. Königl. Majestät geruhen wollten, dieses meinem Vater

allergnädigst ertheilte Privilegium auf mich und meinen Ehe Mann zu extendiren. Und deshalb gelanget an Ew. Königl. Majestät meine Allerdehmüthigste Bitte, Sie wollen Allergnädigst gernhen, mir und meinen Ehe Mann als Hoff-Cornoedianten dergestalt anzunehmen, daß in Ew. Königl. Majestät Landen

es

übrigens in der Geschichte des Berliner Theaters, für deren vollstän¬ dige und

mit

Aktenstücken belegte Darstellung ich früher viel

Material

gesammelt, noch viel Andere, und werden einem künftigen Bearbeiter der Theatergeschichte unserer Vaterstadt wenigstens unendlich reichhaltigere Materialien zur Benutzung vorliegen, als der so fleißige und achtungs-

Plümicke

werthe

Happe.

4. Oet. 1742.

den

wir privative

sie

gekannt.

Das Königliche Zeughaus ;u Gerlin. Von

Gcorstc L>iltl.

III. Der König, dem trotz seiner Vorliebe und Pietät für

den Aus¬

bau des Zeughauses stets darum zu thun war, die möglichsten Er¬ sparnisse zu machen, hatte an den Rand einer Vorstellung des Obersten von Linger eigenhändig die Worte geschrieben: „Von Kreutz soll ein Dessin machen lassen von 1200 Thaler nur zum Unterhalte, daß das Gewölbe, das geritzet ist, nit

einfällt, soll mein Tage keiner davon sprechen, das zu bauen als 1200 Thaler." Die Kirche St. Anna zu Stendal hatte man eingehen lassen; sie war ebenso wie das daselbst befindliche alte Schulhaus eingerissen worden.

Beide Baulichkeiten hatten Kupferbedachungen und das also wurde im August 1717 an Linger überwiesen.

gewonnene Kupfer,

Es waren etwa 10—12 Eentner. Linger machte unterm 2. Mai 1718 dem Könige folgende Vorstellung:

„Zu Ausbauung und Perfeetionirung der nothwendigen Stücke an dem großen Arsenal, als die beiden Treppen und die Hälfte der oberen Etage, als worauf das Gewehr plaziret und verwahret werden solle, ingleichen, wo das Schanzzeug und andre nothwendige Dinge können in guter Ordnung und Verwahrung behalten werden, wie dann auch die Thüren und Steinmetzer-Gesims-Arbeit anzu¬ streichen, damit es nicht ferner verderben könne, ist ein ganz genauer Ueberschlag gemachet worden, und beläuft sich die Summe aufs Genaueste, weil die Steinmetzer alleine noch an 1800 Thaler zu fordern haben, 4000 Thaler. Bitte allerunterthänigft um allergnädigsteOrdre zu dieser Summe, damit der Bau bei guter Saison vollführet und also Alles gut und

dauerhaft gemacht werden könne. Berlin, d. 2. Mai 1718. Randbemerkung des

Geld.

so

viel

F. W." war noch eine Restforderung von 754 Thalern zu Die Minister von Grumbkow, von Ereutz und von Kraut,

Außerdem

tilgen.

von Linger."

Königs: „Dieses Jahr habe nit

68

König, jenen Rest, welchen die Berliner Steinmetzmeister

ersuchten den

Geyer und Anger noch aus dem Jahre 1717 zu fordern hatten,

be¬

hufs der Auszahlung bewilligen zu wollen.

Hierauf entschied der König: „Sollen 150 Thaler ein vor Alle Mal haben. Wollen sie damit nit zufrieden fein, sollen nichts haben. F. W." Gegen solche Befehle des Königs war kein Einwand zu machen.

Die Verlegenheit der betreffenden Behörden mag daher ihnen durch

Sie mußten sich ein kurzes Marginal

„Oportet"

befohlen ward.

gewesen sein.

Wie der König

sich

zu helfen wissen, des

keine geringe

bei solchen Gelegenheiten Geld machte, geht

aus der nachfolgenden Ordre vom 6. August 1720 hervor.

„Demnach Se. k. Majestät in Preußen :c. :c., unser Aller¬ gnädigster Herr, in Gnaden resolviret, daß so wie Dero rc. von Anger bereits bekannt ist, das hiesige große Arsenal mit Schiefer gcdecket und die Kosten dazu zum Theil, von denen alten Bomben

uud Kugeln,

die Se. Majestät zu verkaufen geordert, genommen werden sotten. Als befehlen Sie Dero :c. von Linger hierdurch allergnädigst, dazu alle behörige Anstalten zu machen, den Verkauf besagter Bomben und Kugeln möglichstermaßen zu besor¬ gen, dann auch die Anschaffung besagter Bomben und Kugeln möglichstermaße» zu besorgen, dann auch die Anschaffung des

Mit

dem Schieferdecker

König einen Kontrakt das Zeughaus

uud über Alles

mit

George Wilhelm Leydeck hatte

der

(Januar 1721), nach welchem Leydeck mit Schiefer von Goslar und Elbingerode decken mußte; geschlossen

Es scheint also, daß Kupfer nicht recht vorwärts innerhalb eines Zeitraumes von drei

der projektirten Bedachung aus

Die Kosten beliefe» sich Jahren auf 10,160 Thaler. Linger hatte einen Anschlag für den weiteren Ausbau gemacht; diesem zufolge bewilligte der König im Februar 1723 die Summe von 4564 Thlr. 23 Gr., um die Hälfte der 2. Etage auszubauen. Die Gelder wurden aus der Artilleriekasse entnommen. Es verging nun einige Zeit, während welcher, wie es scheint, allerlei kleinere Reparaturen vorgenommen wurden, ehe wieder nam¬ hafte Arbeiten gemacht werden konnten. Im Jahre 1728 reichte Linger einen Anschlag über 4805 Thaler ein, um den Fußboden im ging.

Königl. Zeughause in dem gegen das Gießhaus gelegenen Flügel und für Schalung der Decke und Fertigung des oberen Fußbodens die Bewilligung zu erhalten. Der König resolvirte: „Gut; soll in Gottes Namen anfangen zu 4000 Thaler, daß es gegen den Winter fertig werde. Fr. W." Die an Linger, der inzwischen General geworden war, gegebene Ordre des Königs lautete: „ Seine Majestät in Preußen, unser allergnädigster König und Herr, taffen Dero General-Major von Linger hierdurch in Gnaden bekannt machen, daß die Churmärkische Kriegs- und DomainenKammer befehligt sei, zu völliger Ausbauung der letzten Face am herzustellen,

hiesigen großen Zeughause, die specificirten Bau-Materialien und zwar den Kalk nebst Gips, Steine, gegen Bezahlung, Brenn» und Brecherlohus, die Bretter, Bauholz :c. aber gegen die gewöhnlichen Transportkosten, und hat er, der von Linger, darunter das Nöthige zu besorgen.

Signatum Berlin, den 24. Juni 1728. Fr. Wilhelm." Im März 1729 wurde der königliche Befehl gegeben, die noch fehlenden Gewehr-Stettagen im Preise von 1213 Thlrn. zu erbauen. Höchst wichtig aber war ein im Februar 1731 erlaffener Befehl des

Königs:

„Seine Königliche Majestät in Preußen :c., unser allergnädig¬ Herr, laßen Dero General-Major von Linger hierdurch in Gnaden bekannt machen, daß wegen der ip der Beilage specificirten, ster

Dieser Ordre war beigelegt eine:

„Specificati on folgender Kriegs-Sachen, worüber Ordres an die Gouverneurs und Kommandanten geboten wird.

Friedrichsbnrg,

an den Kommandanten: 25 Fahnen und 8 Estandarten. Memel, an den Kommandanten: 7 Fahnen und 1 Paar Pauken. Pillau, an den Kommandanten: 22 Schlachtschwerter, 16Fahnen, 11 Estandarten. Magdeburg, an den Kommandanten: 10 Estandarten, 41 Fahnen. Wesel, an den Gouverneur: 75 Fahnen. Stettin, an den Gouverneur: 87 Fahnen, 13 Estandarten, 40alte Kurzgewehre und 44 Espontons. Peitz, an den Kommandanten: 44 Paar Pistolen."

Eine sehr interessante Ordre des Königs an den Gouverneur von

Stettin, General-Major von Anhalt-Zerbst, lautet: „Aus der Schlo߬ kapelle zu Stettin die dort vorhandenen 16 blanken Harnische" dem Zeughause einzusenden.

die bisherige Schindelbedachung wurde beseitigt. es



was gewöhnlich

Königs, bestehend in dem Worte

Schiefers und was ferner nöthig, zu befördern, richtige Rechnung führen zu lassen. Berlin, d. 6. August 1720."

in den Arsenalen noch befindenden Sachen, als Fahnen, Estandarten :c. aus denen Festungen Friedrichsburg, Memel, Pillau, Wesel, Magdeburg, Stettin und Peitz anhero gesandt und zum hiesigen Zeughause abgeliefert werden sollen, (lato die nöthigen Ordres an die Gouverneurs und Kommandanten ergehen und solche Sachen theils zu Wasser, zum Theil zu Lande, bei erster Gelegenheit anhero schicke» und zum hiesigen Zeughause abliefern zu lassen. Signatum. Berlin, d. 15. Februar 1731. Fr. Wilhelm." sich

Daß der König durchaus nicht einer effektvollen und künstlerischen Dekorirung abgeneigt war, beweist die Bewilligung von 600 Thlrn. für die Ausschmückung der inneren Räume. Mit dem Jahre 1728 ist das Zeughaus in all seinen einzelnen Theilen als fertig anzusehen. Die Gesammtkoften von 1723—1731 betrugen ungefähr 279,342 Thaler. Eine für jene Zeiten sehr be¬ deutende Summe. Schöning hat »ach dem von dem trefflichen Generalv.Peucker ihm übergebenen Aktenstücke ein Verzeichniß derjenigen Geschütze auf¬ geführt, welche zur Zeit Friedrich Wilhelms I. in dem Berliner Zeughause vorhanden waren. Jenes Verzeichniß thut zur Genüge dar, daß von Kunstgeschützen der schönsten

führung

Art der

meisterhaftesten Aus¬

in dem Berliner Zeughause zu einer Sammlung vereinigt gewesen ist, wie sie glänzender wohl kaum ein zweites Arsenal aufweisen konnte. Da wir beabsichtigen, eine Dar¬ stellung der in neuester Zeit noch vorhandenen und neu hinzugekom¬ menen Schätze zu geben, so dürfte dem Waffen- und Kunstfreunde eine Wiedergabe dieser Specification nicht unwillkommen sein. Man wird allerdings nicht ohne Bedauern die Wahrnehmung machen, daß viel — sehr viel abhanden gekommen und wahrscheinlich vernichtet worden oder zum großen Theil in freuide Hände gelangt ist. eine

große Anzahl

„Specification aller metallnen Kanonen, Mortiers und Haubitzen, nebst deren Jnscription und Devisen, welche sich in dem großen Arsenal zu Berlin September 1713. befinden. Ein 100pfündiges Kanon, genannt „Asia", gegoffen zu Berlin, wiegt 370 Centner. Zwei 64pfündige Kanons, vom Markgraf Hans zu Brandenburg, gegoffen in

Stuttgardt 1583.

Lübeck wieder umgegossen, werden

Eine von diesen ist 1681 in genannt: „die scharfen Metzen", post, funera virtus!“

auf dem Langfelde steht: „Vivit Zwei 64pfündige Kanons, vom Herzog schenkt; die eine

Julius

von Braunschweig

ge¬

1570, die andere 1573 in Stuttgardt gegoffen,

darauf steht:

Die scharfe Metze bin ich genannt, Vom Herzog Julius hierhergesandt. Zwei 48pfündige Kanons, von George Wilhelm, Kurfürst zu Bran¬ denburg, gegoffen in Cüstrin, eins 1624, das andere 1625, ä 88 Centner.

69

Vier 40pfündige Kanons, voui Markgrafen Hans, darauf ein dop¬ Eins von diesen ist 1681 neupelter Adler; gegossen 1553. gegosfen.

in Berlin

Zwei 40pfündige Kanons, von Friedrich Wilhelm, 1652. Eins ca. 76 Centner, das andere 75 Centner 40 Pfd. Ein 40pfündiges Kanon, von Friedrich Wilhelm, gegossen 1652; wiegt gegossen

74y2

III. Das

aber

eigenthümliche und von

einander abweichende Ver¬ damals der König Friedrich I. zu einer einzigen Stadtgemeinde unter nur einem Magistrate und unter dem fassungen hatten,

Vom Stadtarchivar filicin.

VIII. drich

I.)

eines neuen Stadtsiegels vorbehalten blieb.

(Schluß.)

Jahre 1688 wurde von Friedrich die Anlage der

III.

(nachh. König Frie¬

des Friedrichswerders übertragen, jedoch

dem

erhielt die Friedrichs¬

stadt eigenes Bürgerrecht, eigene Gewerbeverfassung und Gerichtsver-

waltnng,

so

No. 15),

reichen,

welche

der

„Nachdem

ein

Wir

von

(S.

denen von Euch aller-

nämlich den halb

unterthänigst einge¬

Wappen

eigenes

halb

wie

in colorirten Abbildungen ein¬ König unterm 6. Dezember 1709 dem OberHeroldsamte zur Prüfung übergab und das genehmigte Projekt dem Magistrate mit folgendem Rescripte zurückgab: das Projekt zu einem Gesammtsiegel

Die Gemeindeverwaltung wurde zwar anfänglich

Magistrate

Der vereinigte Magistrat mußte hierauf sämmtliche bis dahin im Gebrauch gewesene Siegel und Wappen von Berlin, Cöln, Friedrichswcrder, Dorotheenstadt, Königsstadt und Friedrichsstadt, sowie

Friedrichsstadt begonnen.

beschloß

Gesammtname» Berlin zu verschmelzen. Dies erfolgte durch das Patent vom 17. Januar 1709, in welcher zugleich die Ertheilnng

Die Wappen und Farben der Stadt Berlin.

Im

Derlin.

Alle die obengenannten Städte, Stadtheile und Vorstädte, welche im Jahre 1709 bei 49855 Civil-Einwohnern fünf verschiedene Magisträte (mit Einschluß des Magistrats für die französische Colonie) mit mehr als 60 Rathsgliedern und über 200 Beamten und Dienern, außerdem

Centner."

gesammte

sandten

schwarzen,

Projekten

rothen Adler im silber¬

beikommcnde

nen Schilde.

nung eines Siegels

Die Luisenstadt, früher

auch

Zeich¬

Allergnädigst appro-

birt, als habt

kölnische

Ihr

und Cöpeniker Vorstadt

Euch dessen hinfürder

benannt, ist,

zu gebrauchen.

obgleich

Cvln,

im 17. Jahrhun¬

schon

d. 6. Febr.

dert daselbst Ansiedelun¬

gez. von

gen stattfanden, welche

Dieses Siegel (No.

im Jahre 1694 die Er¬ bauung

einer

1710. Prinz."

eigenen

18) erhält ein in drei

Kirche

(zuerst

Seba¬

Felder getheiltes Schild,

stians-

später Luisen¬

deren erstes den branden -

kirche)

burgischen Adler,

nöthig machten,

zweite den preußischen

nur langsam angewach¬ sen, und hat erst in neuester Zeit mit über¬

Adler und das dritte den schwarzen, aufrecht

raschender Schnelligkeit

stehenden

ihre jetzige bauliche Aus¬

diese

Ein

Bären,

alle

Figuren in weißen Feldern enthält. Ge¬

dehnung undVollendung

erhalten.

das

schmückt ist dieses Wap¬

beson¬

mit Laubwerk und oben mit dem Kurhute. Unten steht das Jahr

Wappen ist der¬ selben früher nicht bei¬ gelegt worden, weshalb

pen

ebenfalls zu den oben

der

deres

berührten Zwecken das

Vereinigung aller Magistrate, 1709, und

Wappen No. 16 erhielt,

zwischen diesen Zahlen

sie

das sich dem von Neu-Cöln anschließt, und zur Unterscheidung von demselben auf der Brust des Adlers ein I- führt, zuni Andenken an die

Hochselige Königin Luise, von welcher dieser

Stadtheil

de» Namen

führt.

Auch den

Friedrichs-Vorstädten, welche

gewonnen und sogar die Grenzen des alten Cölner Weichbildes gegen

Schöueberg und Tempelhof überschritten haben,

gleichem Zwecke das Wappen sich

No. 17

beigelegt.

folgerecht dem Wappen der Friedrichsstadt an,

der halb

wurde zu

Dasielbe

in

der

schließt

Art,

Stadt im Jahre 1839 ertheilt.

III.

verlieh damals dem Oberbürger¬ meister und dem Stadtverordneten-Vorsteher goldene Ketten und Me¬

Der König Friedrich Wilhelm

nachgeahmtes sich ein dem Siegel No. 18 Wappen befindet, welches sich im Wesentlichen von diesem nur darin unterscheidet, daß es statt des Kurhutes die Königskrone, und zwischen den beiden oberen und deni unteren Felde des Schildes die Mauer¬ krone

führt. Nach dieseui Wappen ist das neueste Stadtsiegel angefertigt und

daß

rothe halb schwarze Adler wachsend über der Stadt dar¬

gestellt ist.

neues Wappen wurde der

daillen, auf welchen letzteren

in neuerer Zeit eine bedeutende Ausdehnung und Aufnahme

Lützow,

Ein

mit

der Umschrift:

Berlin"

„Siegel

versehen worden.

der

Haupt- und Residenzstadt

70

„Anhalt,

Die Farben der Stadt Berlin. Ueber die Frage: welche Farben die

Stadt Berlin

habe, ist erst in neuerer Zeit verhandelt worden.

zn führen

Aus dem vorhandenen

Material ergab sich nur, daß im l5. und 16. Jahr¬ hundert die Bürger Berlins im Felde und bei Aufzügen „Fähnlein und Feldbinden von weißem und schwarzem Zindel", also die Hausfarben der Hohenzollern, als Landesfarbe geführt hatten; daß Berlin historischen

aber jemals eigene Farben gehabt hätte,

davon ergab

sich

nirgend

erinitteln, mußte nach derselben Regel verfahren werden, welche die Städte befolgten, die schon seit Jahr¬ hunderten eigene Farben führen und solche aus ihren Wappenbildern entlehnt hatten. Hiernach stellten sich für Berlin aus den verschiedenen Wappen eine

Spur.

solche aber zu

Um

desselben: dem rothen Adler dem schwarzen

im weißen Felde,

Bär im

weißen Felde, und

im weißen Felde, weiß uud schwarz als die Berliner Stadtdie drei Farben roth, farben fest, womit die Komniunalbehörden sich unterm 19. Dezember 1861 einverstanden erklärt haben. dem schwarzen Adler

das treue

Blut!"

sprach die tiefe

Stimme

des Fürsten,

und zugleich flog der Degen desselben, den er aus der Scheide gezogen hatte, weit hinein in das Zimmer. „ Waffenlos stehe ich vor meinem König, aber ich gehe auch nicht eher von der Stelle, als bis ich weiß, waruin Friedrich Wilhelm mit seinen Getreuen zürnt. Kenne manchen märkischen Dickkopf, hab' heut wieder ein Beispiel erlebt, aber gegen einen anhaltischen Dickkopf kommt selbst ein märkischer nicht

Wäre

auf."

es nicht so dunkel gewesen, so hätte der Fürst sehen können,

Königs sich zu einem schwachen Lächeln verzogen. „Laßt nur wenigstens erst Licht bringen, Ihr — anhaltischer Dickkopf", sagte er in einem Ton, wie ihn seine Umgebung seit daß die Lippen des

Wochen nicht vernommen.

Der Fürst gehorchte, denn Friedrich Wilhelms Sparsamkeit litt daß eher Licht angesteckt wurde, als bis er wirklich da war. Der Lakai, der die Lichter brachte, erzählte sofort im ganzen Schlosse, der Fürst von Dessau sei beim Könige und dieser habe ihm, dem Lakaien, zum ersten Mal wieder freundlich zugewinkt, so daß Alles voller Hoffnung aufathmete. „Und nun, was wollt Ihr von mir, Durchlaucht?" fragte Friedrich Wilhelm den Fürsten kalt. „ Bei Malplaquet, als wir zusammen fochten und siegten, sprachen Euer Majestät in einem anderen Ton mit mir", erwiderte Leopold nicht,

ehrerbietig aber entschieden.

üleement. Eine abenteuerliche Geschichte ans den Tagen Friedrich Wilhelms I. Erzählt von £udopico Jkfcliicf. (Fortsetzung.)

und erzählte dem Fürsten die Erlebnisie jenes Abends, da er mit den beiden Pagen vor dem ReußLeopold wollte nun auch die beiden Junker schen Garten gehalten. ausfragen, stieß aber aus einen hartnäckigen Widerstand, denn Beide erklärten, der König habe ihnen Stillschweigen befohlen, und das würden sie auch dem Fürsten gegenüber nicht brechen. Dieser schwankte

For^ade

nahm ebenfalls Platz

zwischen dem Aergcr über den Eigensinn der Beiden und der Freude

über ihren tapferen Gehorsam, aus dem er Nichts weiter herauslockte als das Zugeständniß, daß die sonderbare Laune des Königs aller¬

dings mit jenem Tage begonnen, den sie sich auf die Mahnung des Nicht einmal das er¬ Generals For^ade besonders gemerkt hatten. fuhr der Fürst, daß die beiden Pagen den König am andern Tage „Mär¬ ohne For^ade wieder nach demselben Garten begleitet hatten. kische

Dickköpfe!" murmelte For^ade.

„Bei mir, in Anhalt, giebt's

deren auch", bemerkte der Fürst. wirbelten Da unten die Trommeln, alle Bier fuhren auf und stellten sich in Positur. Polternd und scheltend hörte man gleich darauf den König die Treppe heraufkommen, die Lakaien riflen die

Thür auf; finster

„Er

blickte er die Anwesenden an.

kann gehen, For^ade!

Mal empfangen!"

Euer Liebden will

ich ein anderes

herrschte er die beiden Herren an.

For^ade verneigte sich, Leopold von Deffau winkte den Lakaien, den Pagen, kehrte sich auf den Hacken um und schritt ruhig hinter dem Könige her, der hastig durch die Zimmer stürmte. Wohl sah er sich

mehrere

Male um, aber

es

Regen und Wind, die Tritte; auch mochte er den für den dienstthuenden Lakaien

war dunkel,

an die Scheiben schlugen, dämpften die

ihm Folgenden, wenn er ihn bemerkte, halten.

Endlich in feinem eigenen Gemach angelangt, warf er

in

Stuhl

einen

sich

und schrie nach Licht.

„Gestatten Euer Majestät" — trat Leopold von Anhalt auf ihn zu. „Wer ist da?" fuhr der König auf und griff nach dem Degen. „Will man mich ermorden? Wer ist da?"

„Malplaquet!" rief der König und seine Augen leuchteten, es war feine stolzeste Erinnerung; dann fetzte er fast wehmüthig hinzu: „Ja, damals glaubte ich noch an Liebe und Treue." „Majestät", fuhr der Dessauer auf, „der große Kaiser Mar nannte meinen Ahnherrn, Rudolf den Tapferen, nie anders als das „treue Blut von Anhalt"; ich habe mir vom Prenßenkönige keinen besseren Titel verdienen wollen! Wer hat es gewagt, meine Treue zu verdächtigen? Da liegt mein Degen noch — aber dem Schuft, der mir solchen Schimpf angethan, renne ich ihn durch den Leib!"

„Ich sprach nicht von Euch, nicht von Euch allein", entgegnete König immer in demselben finster grollenden Ton; „ich glaube überhaupt nicht mehr an Treue." „Dann lassen sich Euer Majestät im Dom zu Berlin neben Höchstdero Herrn. Vater beisetzen, denn dann können Majestät nicht mehr König fein!" erwiderte der Fürst barsch. „Zeigt mir Treue, gebt mir Beweise!" rief Friedrich Wilhelm. „Zeigen, beweisen?" schüttelte der Fürst den Kopf. „Die Treue steht eben nicht an jeder Straßenecke, daß man sie nur so heraufholen könnte, die sitzt tief innen; aber halt, eben, ehe Euer Majestät das Schloß betraten, gaben mir zwei kleine Junker, von Bredow und von Stechow geheißen, ein Erempel von Treue gegen Eure Majestät." der

Der König hob das Haupt und horchte hoch auf; Leopold von Dessau aber war auf diese Weise dahin gelangt, wohin er wollte, zu der geheimnißvollen Fahrt nach dem Reuß'fchen Garten.

König, sichtbar erfteut, vor sich „Aber was hilft mir hin, als der Fürst feine Erzählung beendet. reinen Herzens sind, die das, wenn die Kinder treu sind, die noch Hat nicht For^ade zu Euch geredet, der Erwachsenen sind's nicht! auch schweigen sollte?" „Die Liebe zu Euer Majestät trieb ihn und er hatte mehr Vertrauen zu der Treue Leopolds von Dessau als Euer Majestät." Ja, er war wirklich ein Dickkopf, dieser kluge Anhaltiner, er redete auf den König hinein unermüdlich; fteilich wußte er ihn zu behandeln, kannte seine schwachen Seiten und hielt immer den spa¬

„Brave Jungens!"

sprach der

in der Reserve. Und endlich gelang es ihm, König in eine weichere Stimmung zu bringen, in welcher dieser ihm den Namen Kleement nannte und ihm mittheilte, welche Entdeckung ihm derselbe gemacht habe. Entsetzt fuhr der Fürst zusammen über nischen Erbfolgekrieg

den

diesen

Wust ungeheuerlicher Verleumdungen, dennoch hütete er

sich, dag

71 krankhafte Mißtrauen des Königs noch mehr dadurch zn reizen, daß er sofort Alles

für

„Der Teufel

Lüge erklärte.

lauer Straße,

lag ein Wirthshaus, der Stelzenstug genannt, der, wie der größte Theil der Grundstücke dieser Gegend, zum Vorwerk der

Diplomaten!" entgegnete er; „weiß nicht,

Königin Sophie Charlotte gehört hatte, dann aber von Friedrich I. dem Jnvalidenhause geschenkt worden war, nebst dem Rechte des aber Prinz Eugenius, der edle Ritter, der hat mit solcher Teufelei . Grundzinses jener Grundstücke, die daher den Namen „Jnvalidensteiheit" nichts zu thun. Wollen mir Euer Majestät diesen Monsieur Clement bekamen. Der Stelzenkrug aber hatte noch seine besonderen Rechte: einmal aufführen?" die Freiheit von bürgerlichen Lasten, das Recht, Weine, stemde und „Er ist abgereist", bekannte der König. einheimische Biere ohne Magistrats-Einlage zu verzapfen; er erhob Der Dessauer unterdrückte mit Mühe einen Fluch, Friedrich den Grundzins von allen ans der „Jnvalidensteiheit" stehenden Häusern, Wilhelm aber sprach weiter: „Er schrieb mir aus Cleve, daß er auf von den dazu gehörigen Fleischscharren den sogenannten Erbkanon; er Befehl des Prinzen Eugen dort sei; der Prinz habe gefährliche äesdnrste Reisende und besonders Viehhändler mit Vieh aufnehmen, seins, in allen Städten des preußischen Landes bestimmte Correspon¬ welches dort das ganze Jahr verkauft wurde. Es war ein immer¬ denten; das Project eines Generalanfruhrs sei ihm bekannt. Das währender Viehmarkt im Stelzenkruge, der entstanden war, als der ist's, Leopold", schloß der König, „was mich lähmt; ein König von Kurfürst das Mästen der Schweine in der Stadt verboten hatte; daher Preußen erträgt Alles, nur keinen Aufruhr." wurden nur die zum Schlachten bestimmten Thiere in die Thore hin¬ „Nein, Majestät!" rief Anhalt mit dunkelrothem Gesicht, „weil eingelassen und hier draußen der Viehmarkt angelegt. Linker Hand er eine Armee hat, die ihn zu Boden schlägt; und ich glaube es vom Kruge lag die Königliche Schäferei; die Häuser auf der „Jnnicht, in alle Ewigkeit nicht! Wo ist dieser Monsieur Clement jetzt?" validenfreiheit" waren von Leuten erbaut worden, denen Sophie „In Amsterdam." Charlotte die Grundstücke geschenkt hatte. „Er muß wieder her; Majestät sind das sich und dem Lande, Hier in einem Zimmer des Stelzenkruges, in dem immer viel hole die

was der Flemming und das Wiener Cabinet miteinander aushecken,

den

fremden Cabinettcn schuldig."

„Wer aber soll ihn holen?"

„Die Beiden,

die das

ganze Unheil angefangen

blonski und Bieberstein. Teufel, die werden doch nicht

haben,

Ja-

mit ihm unter

einer Decke stecken?"

Der König lachte bitter. „Packt es Dich auch, das Mißtrauen, Du mich heilen willst? Aber vielleicht ist es wahr, es kommt auf zwei Betrüger mehr nicht an." Leopold biß sich auf die Lippen, er hatte einen Fehler gemacht bei aller Klugheit. „Wir werden ja sehen", lenkte er ein, „jedenfalls von dem

muß die Sache genau untersucht werden."

Das versprach sich

denn auch der

König, dem

es

offenbar recht war,

endlich einmal aussprechen zu können; lag doch Verstecktheit und

Geheimthuerei am allerwenigsten

in

seiner

Natur.

Lange, lange saßen die beiden Fürsten beisammen; endlich kamen

Arm in Arni aus

in das Vorzimmer, wo aui Kamin stören. Der König legte Jedem eine Hand auf die Schulter und sagte mit der hinreißenden Freundlichkeit, die er haben konnte: „Brave Jungens, gehorsam und treu ist Preußenschmuck, bleibt so!" sie

den inneren Gemächern

Lärm und Bewegung herrschte, finden wir den Wirth desselben im Gespräch mit Kleement, der offenbar in großer Unruhe schwebte. „Seid doch ruhig", mahnte der Wirth, „es fällt Keinem auf, wenn eine Dame hierherkommt, es ist das schon öfter dagewesen; meine Viehhändler kümmern sich um Keinen, der nicht mit ihnen handeln

Ihr

Den beiden Funkern, die wohl ahnten, worauf der König an¬ in die Augen, sie bückten sich, die Hand des Herrschers zu küssen; der aber sagte: „Märkische Dickköpfe, meine Besten!" Dann drehte er sich zu dem Fürsten um: „Ich gehe jetzt zur Königin"; zum Lakaien gewendet, befahl er: „For^ade, Grumbkow, Kreutz, Knyphausen, Natzmer, Finckenstein gleich einladen; auch Ihr kommt, mein treues Blut von Anhalt! Und -fast lustig schloß er: „Heut Abend ist Tabackscollegium!"

Fünftes Kapitel.

Im

Stelzenkruge.

aber cs sucht auch Keiner hier eine Dame, darum seid

Wirth mit der Hand, ihn allein zulassen; Der Abenteurer durchmaß das Zimmer mit großen angegriffen und aufgeregt aus; mehrmals blieb er

Kleement winkte dem dieser gehorchte.

Schritten, er sah tief seufzend stehen und sprach nach seiner Gewohnheit leise vor sich hin: „Schwere, schwere Arbeit; dieses Berlin ist mein Verderben,

aber ich muß immer wieder hierher, ich muß sie wieder sehen!" Er hatte die Thür nicht gehen hören, aber zwei weiche Arme legten sich um seinen Hals, süße ungarische Worte klangen an sein

Ohr, und: „Jela, Jela!" jubelte

„Du

von Bredow und von Stechow noch immer

spielte, schoß das Wasser

will;

ganz sicher."

„O,

bist ohne meinen

Ring ist blau geblieben!" Sie hielt ihm die Hand mit

„Ich mit

dem

komme

Du

Dann

ja wieder",

dem

funkelnden

Stein

entgegen,

tröstete er;

„Du

hast ja den Ring,

saßen sie nebeneinander und plauderten sorglos heiter wie

glücklich Liebende; nur einmal zeigte

sich Kleement ernster, als er die nicht auf etwaige Anklagen zu hören, die sich wahrscheinlich in nächster Zeit wider ihn erheben würden. „Ich habe Feinde", bemerkte er, „aber keine ärgeren als den Geheimrath von Bieberstein, merke das wohl."

Geliebte ermahnte,

Drunten in der Gaststube zechten Viehhändler und Fuhrleute; ein Fuhrmann hatte die Arme auf den Tisch gelegt, den Kopf darauf, und schien zu schlafen. Neben ihm saß ein Viehhändler, der sich tief

wüsten Raume beiden

Draußen in der Vorstadt, zwischen der Bernauer und der Prenz¬

sagte sie.

mich rufen kannst."

warum.

konnte

Dir!"

„Aber ich bleibe nicht lange bei Dir", seufzte Kleement; „der König von Preußen schickt mich nach Holland." „Gehe nicht", flehte die schöne Magyarin.

namentlich waren

Alles vergessend.

die er leidenschaftlich küßte.

seines eben beendeten

^aune

er,

gekommen, ich danke

der

Alle Höfe und Cabinette Europas waren in heilloser Verwirrung, Spionage und Mißtrauen waren an der Tagesordnung, es fanden Verhaftungen statt, für die sich kein Grund angeben ließ; es wurde

in Berlin immer unheimlicher, und doch wußte Niemand Der Bischof Jablonski und der Geheimrath Bieberstein in einer geheimen Mission nach Holland geschickt; des Königs war selten einmal heiter, nicht einmal fein Tabackscollegium ihn feinen finsteren Gedanken entreißen.

Ruf

zu einem niächtigen Hunde hinabgebeugt hatte, den er

Männer

„Er

Mahles fütterte.

Niemand

mit den Knochen in dem weiten,

voll Tabacksqualm und Bicrdunst merkte, sich

daß

die

unausgesetzt leise unterhielten.

ist also bei seinen Behauptungen geblieben?" in französischer Sprache.

fragte der

anscheinend Schlafende

„ Er hat mir in Jablonski's Gegenwart die Namen Aller dictirt, die an der angeblichen Verschwörung theilnehmen und kaiserliche Pen-

fronen bekommen sollen; Ehrenmänner wie Danckelmaun, Alvensleben,

sogar der Fürst von Dessau sind dabei."

König glaubt ihm?" er sieht einen Beweis seiner Aufrichtigkeit darin, Nun beruft er sich auf daß er ui^s ruhig nach Berlin begleitet hat. Briefe des Prinzen Eugen, die er aber selber aus dem Haag holen müffe, wo er sie einem Freunde anvertraut habe, der sie nur ihm ausliefern werde." „Und der König läßt ihn gehen?" „Ich habe es wenigstens erreicht, daß man ihm den Major Dumoulin als Begleiter mitgiebt; wenn ich an Dergleichen glaubte, so müßte ich denken, er habe dem König einen Zaubertrank gegeben, denn ihm, dem Abenteurer, dessen Laufbahn ich ihm klar dargelegt

„Und

der

„Immer wieder;

er."

habe, glaubt er und uns mißtraut

Knyphausen und Bieberstein, denn einer Weile

Nach

waren es, seufzten.

sie

„Wenigstens habe ich ihn

begann Bieberstein wieder:

und glücklich herausgebracht, daß er hier zu Berlin eine amour hat, die ihn auch wohl hierher gezogen haben mag.

scharf beobachten lassen

Der Stelzenkrugwirth hat mir das Rendezvous verrathen; ich will mir das Weibsbild merken, ihm folgen, vielleicht kann man später dadurch einmal an

sich

Knyphausen ließ den Kopf

immer mehr,

sie

blieben die Einzigen.

schwer aus die Arme sinken,

im Stuhl zurück und

sich

zu Berlin, jedoch ohne nähere 'Angaben). k) eristirt eine Monographie über diese Objecte des Knnstgewerbes? (Die ausgezeichnete Schrift des Herrn Geheimen Regierungs¬ raths Cramer in Halle verbreitet sich über diese Gegenstände nicht.)

ihn."

Die Gaststube leerte legte

und silbenie Ringe (Trauringe, Siegelringe, Schmuckringe u. s. w.) gegen eiserne eingetauscht wurden, welche die patriotischen Geber fortan Viele, wenn nicht alle dergleichen Ringe, sind in am Finger trugen. der Königlichen Eisengießerei Hierselbst angefertigt worden. Manche trugen Inschriften, unter welchen die sinnige „Gold gab ich für Eisen" namentlich gewöhnlich gewesen sein soll. Obwohl diese mit Inschrift versehenen Ringe gewiß zu Tausenden eristirt haben, ist es uns bis¬ her noch nicht gelungen, einen zu erhalten. An unsere Freunde und Gönner richten wir deshalb die ergebenste Bitte, uns zur Erwerbung solcher Ringe zu verhelfen. Aus den Acten der ehemaligen Kgl. Eisengießerei scheint über die Anfertigung der Ringe nichts hervorzugehen; wir gestatten uns deshalb die fernere Bitte, uns über folgende Fragen möglichst ein¬ gehend zu belehren: a) von wann bis wann sind diese Ringe verfertigt? d) welches sind die verschiedenen Formen derselben? c) welche Inschriften sind bekannt? ck) wo sind überhaupt solche Ringe angefertigt worden? e) sind für gleiche Zwecke auch andere eiserne Schmucksachen (Arm¬ bänder, Halsringe, Spangen, Busennadeln u. dgl.) verfertigt worden? (Das Märkische Museum besitzt eine größere Anzahl älterer eiserner Brochen und Medaillons der Kgl. Eisengießerei

ebenfalls

schien

Berlin,

Bieberstein

zu schlafen;

den

15. März 1876.

Direction

der

des

meldete es den Beiden oben, welche diese günstige Gelegenheit

Wirth

benutzen wollten, um bis zu

Jela's Sänfte

Sie war

zu gelangen.

vorher über eine Hintertreppe gekommen, jetzt schritt sie an Kleeinent's Arm durch die Gaststube und hatte es nicht einmal für nöthig gehalten, sich zu verschleiern, da die beiden einzigen Gäste nach des

Originelle Grabfchrift. (Gräbendorf, Kreis Teltow.)

Wirthes Versicherung fest schliefen.

Als fuhren

sich die

die

Thür

Grabschrift auf einem eisernen Grabkreuz des Kirchhofes zu Gräbendorf b. Königs-Wusterhausen. Das Grabkreuz ist im Jahre 1844 von einem Bauer seiner verstorbenen Frau errichtet worden. „Was besprochen, ist gehalten; Ja, es fanden sich noch Spalten, die das Besprochene wollten spalten; Gott gab mir einen kräftigen Sinn, Es ist ein köstlich Ding, geduldig sind, Und auf die Güte Des Herrn hoffen." (Ed. Krause.) Zu Gräbendorf im Jahre 1872 aufgezeichnet.

hinter ihnen geschlossen hatte, wie vom Donner gerührt, von ihren

der Gaststube

beiden Schläfer,

Stühlen empor.

„Jela!" war das

einzige

„Gold

Wort, das Beide sagten.

(Forts, folgt.)

für Eisen!"

gab ich

In de» Jahren 1813, 1814, 1815 wurden in Berlin und in Provinz die Werthsachen auf dein Altar des Vaterlandes zum Opfer dargebracht. Vielfach geschah dies in' der Form, daß goldene der.

Brandenburgisch - Preußische Münzen.

Heraldische Tafeln

..6

in Gold- und Farbendruck. Im Yerlag von Wilhelm furt a. NI. ist erschienen:

Warnten

Rommel

in Frank¬

der souveränen Staaten der Mk. Erde Erklärender Text hierzu . . 3 „ — der vormals souverän. Staaten 5 „ in — der Städte (232) des Deut¬

Europa.

schen

Reichs.6



— der Deutschen Kaiser . . . 41 „ Sämmtlich neu oder in neuen Auslagen. Vorräthig in der Polytechnischen Bachhandlung in Berlin, Leipziger Str. No. 72, b. Dönhofsplatz.

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Ergebenst« Bitte. Der Endesunterzeichnete beabsichtigt,

eine Gezu schreiben und ersucht daher ganz ergebenst alle Diejenigen, welche auf denselben bezügliche Mit¬ schichte des

Zl Köpfner. gr. 8.

Märkischen Provinzial-Museums. Friedet.

Aerliner Ilonlags-Klubbs

theilungen in Händen haben oder solche persönlich zu geben im Stande sind, ihnr diese baldgefälligst zugehen laffen zu wollen. Berlin, 19. Februar 1876.

Stadt von verbreitet.

Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck:

Max von Oesfeld, Hl., W.

117. Leipziger Straße,

Vormittags

Bahlke

u.

zwischen 11 und 2 Uhr.

Hindersin in Berlin.

Unter Mitwirkung von Dr. Vrecht, Prof. Dr. Paulus Kassel, Stadt-Archivar Mdicin, Khcod. Z-ontane, Geh. Negier.-Rath Freiherr Dr. von ScdkLur Geh. Hofrath S. Schneider, Archidiaconus Schwebe! in Cüstrin rc. w. herausgegeben von

George DaS

KM

und

Jerdinand Weyer.

Blatt ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. 8> zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Berlagßhandlung von Alfred Weile in Berlin zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro Sgeip. Petltzeile Li Psg., werden von den Herren Haascnstein u. Vogler, Rud. Moisc,

Bernb. Arndt,

Inhalt.

sowie von der Verlagshandlung (Puttkamerstr. 8) entgegengenommen.

Der Dom zu Fürstenwalde, von Oscar Schwebe!. (Mit Abbildung.) — Das Königliche Zeughaus zu Berlin, von George Hiltl. IV. — Thurneisser's Flucht aus Berlin im Jahre 1582, von vr. L. Frhrn. v. Ledebur. — Kleement, Erzählung von L. Hesckiel. (Forts.). — Literatur. — Miscellen. — Briefkasten.

Der Dom M Fürstenwaldc. Bon Hgcar (Mit Abbildung

Es

ist ein schöner Theil der Mark Brandenburg, diese südliche Hälfte Lebus mit ihren grünbewaldeten Höhenzügen, welche die

8cl>ek.

aus

S.

77.)

Stephan II.

und Littauer in das Land.

Grenze gegen die Herrschaft Beeskow-Storkow bilden; es ist ein an¬

in langer,

Bild, das sich dein Wanderer darbietet, wenn er von Norden der Stadt Fürstenwalde, der Residenz der alten Lebuser Bischöfe, nähert — ein Bild, um so anziehender, je schärfer der Gegensatz

ziehendes

her sich

ist zu der sandigen, baumlosen Fläche, die man so eben durchstreift hat. In weitem Bogen fließt die Spree durch grünes Wiesenland, dann und wann sich zwischen Elsen und Kiefern versteckend; von drüben her grüßen in schöner, sanftgeschwungener Linie die Rauener

dort ziemlich auf der höchsten Spitze unter der prächtigen Waldung ruhen die fagenumraukteu Markgrafensteine, gewaltige, be¬ Aus dem Thal aber, das ein bläulicher Duft mooste Granitblöcke.

Höhen;

zart verschleiert, blickt die Stadt herauf mit ihren fteundlichen, von Busch und Baum halb verborgenen Landhäusern, ihrer alten Ring¬ mauer und dem hohen Kirchthurme. Wenn dann in der Sonntagsftühe die alten Glocken ihr feierlich dumpfes Geläut weit ins blühende 's ist auch ein Augenblick, in dem sich das Herz Land hinausfenden, des Märkers ftoh und freudig zur Heimath bekennt.

Fürstenwalde

ist eine der wenigen Märkischen Landstädte, die sie verdankt dieselbe ihren alten Herren, den Bis jetzt ist es der Geschichtsschreibung noch Lebus. Bischöfen von Anfänge dieses Bisthums ein klares Licht die nicht gelungen, über eine Geschichte haben;

Aus Rußland wegen ihres Römischen Bekenntnisses zu verbreiten. vertrieben, wanderten die Bischöfe nach Breslau und tauchen inr 14. Jahrhundert in der Mark aus. Es war das gerade der schreck¬

voll unendlicher Wirren und schwerer Irrung; die Bischöfe nahmen naturgemäß Partei gegen die Baierischen Herrscher; liche Zeitabschnitt

XXII. Befehl die Polen Arbeit zumeist der Kirche

von Lebus rief auf Johanns

des Landes

Was

die treue

langer Zeit ans Märkischem Boden geschaffen, schwand durch die Schuld der Kirche in dem einen Sommer des Jahres 1326 unter dem entsetzlichen Wüthen der heidnischen Horden. Aber die

Märker nahmen

schwere

Rache an dem Vaterlandsvcrräther.

Der

Bogt des Landes Lebus, Erich v. Wulkow, bot die Mannen und die Bürger von Frankfurt und Müncheberg auf, und zerstörte mit ihnen des Bischofs Residenz zu Göritz an der Oder. Der Päpstliche Bannfluch lag dafür 27 Jahre auf den Theilnehmern des Zuges; fast all' die Märkischen Männer, welche die kühne That gewagt hatten, waren dahingestorben ohne die Segnungen der Kirche, ohne ein Begräbniß in geweihter Erde zu erhalten; da erfolgte endlich 1354 der Vergleich zwischen dem Markgrafen und dem Bischof, durch den auch Fürstenwalde ein bischöfliche Stadt wurde.

Die

erste Regcntenhand-

lung, welche der geistliche Herr in seinem neuen Besitzthum hier vor¬ nahm, war eine Handlung des Friedens; unter den Linden auf dem Marienkirchhof zu Fürstenwaldc erfolgte am 5. Juli 1354 die Los¬ sprechung aller Schuldigen vom Jnterdict. Vom Jahre 1385 ab wurde Fürstenwalde bischöfliche Residenz, die Marienkirche daselbst des Bisthums Stifts- und Domkirche. Nach der Plünderung Fürstenwaldes durch die Hussiten in der Marter¬ woche des Jahres 1431, wurde 1446 der Grundstein zum heutigen Fürstenwalder Dom gelegt. Obgleich die Kirche also eins der jüngeren Märkischen Bauwerke sie ein hohes Interesse, sowohl als ehemalige bischöfliche Kathedralkirche, als auch wegen der vielen Denkniale alter Kunst, die

ist, erregt

ihr

geblieben sind.

Sechs Säulenpaare bilden eine drcischiffige Halle,

74 der sich ein siebenseitiger Chorschluß mit hohen, graziösen Fenstern anschließt. Leider ist das frühere Kreuzgewölbe in der Kirche selbst

zerstört und nur noch in der Bibliothek erhalten; die flache Decke

be¬

einträchtigt natürlich die Wirkung der Kirche bedeutend. Dazu kommt eine überreiche Menge von Licht, die durch die vielen Fenster herein¬ dringt und jeden Winkel grell erhellt. Ehemals sah das Gotteshaus anders aus. Da stiegen aus

Pfeilern schlank und stet- die Gurten der Gewölbe auf, und auf die Steinfliesen fiel der farbige Wiederschein von all den Heiligenbildern, die in den Fenstern prangten. Der Hoch¬ altar strahlte in bischöflicher Pracht, und nimmer erlosch der Glanz Die alten Steine mit der Kerzen an den Seiten-Altären ringsum. dort hohen Chor, wissen im von der alten Pracht den Bischofsgestalten, zu erzählen; sie sahen's, wenn sich die Platten des Estrichs über der diesen mächtigen, achteckigen

Bischofslciche schlossen,

mit Stab und Insul Stimme der Glocken,

sie

sahen's, wenn der neu geweihte Nachfolger

ertheilte, sie vernahmen die die unberührt von Freud' und Leid damals so den ersten Segen

Die Steine

ertönte, wie heut uns zu Haupt.

wissen auch von den

Bilderstürmern zu berichten, die unter Fackelschein in die Kathedrale einbrachen und die Heiligen von ihren Postamenten warfen, den Schweden, die ihre Pferde

Nun denn,

lassen

wir

— von

in die Kirche führten. sprechen

sie

von den Lebuser Bischöfen

und den alten Geschichten der Mark.

Die Bischöfe von Lebus waren tüchtige, regsame Kirchenfürsten; Herzog Wenzlaw v. Liegnitz, dieser Johann v. Borsch¬

so dieser

bedeutende Rolle

auf den Concilen von Pisa und Bischofs-Brüderpaar aus dem Geschlechte von W a l d o w, o h a n n V. und o h a n n VI. — Namen, wohlbekannt und von gutem Klang in der Brandenburgischen Geschichte. All' ihre

witz,

der eine

Costnitz spielte,

I

so

dieses

I

Monumente sind zerstört. Johann VI. erlebte den weltgeschichtlichen Actus fidei von Costnitz; er gehörte zu den Männern, welche die Kirchenversammlung am 1. Juli 1415 an Johann Huß entsandte, um ihn zum Abschwören seiner Behauptungen zu vermögen. Dort liegt ein Grabstein vom Jahre 1426. Das Wappen unter der Prälatenfigur mit dem feinen Kopfe, der mit den gesenkten Augenlidern uns wunderbar ruhig und ernst entgegentritt und das Requiescat in pace der Inschrift schön und ergreifend darstellt, ge¬ hört einer alten, reichsritterlichcn Familie des fernen Franken an; dieser Bischof ist Christoph v. Rotenhan. Mit dem ersten Hohenzollcrn inö Land gekommen, war er ihm ein treuer Rath und Helfer, gleich feinem hochgelehrten Landsmann und Nachfolger im Bisthum, Friedrich Sesselmann, ft 1483, dem jener Grabstein mit der Wenn wir nun schon schönen, gothischen Architectur dort angehört. seit Jahrhunderten die Früchte ernten von jener Aussaatszeit,

in der

wir

Mark auch jene Männer nicht ganz vergeffen, die mit den Hohenzollern der Arbeit Mühe theilten. Unter ihnen steht Friedrich Sefselmann in erster Reihe; er bekleidete das Kanzleramt bei Friedrich II. und Albrecht; der letztere hat ihm bei seinem Scheiden aus der Mark die Regent¬ schaft für Johann (Cicero) übertragen, „bewogen, wie der Fürst in der Urkunde sagt, durch die treMche Regierung des Bischofs in seinem Sprengel." Zwei andere Monumente der Kirche erhalten Bildniß und Andenken des Bischofs Johann VII. aus der Schlesischen Familie gewonnen,

die Hohenzollern die

dann sollen

oder Dyherr ft 1455; von ihnen ist besonders die große, Tafel merkwürdig, auf der sich zu Füßen des geistlichen Herrn ein Drache krümmt und neben ihm ein Oelbaum aufwächst.

von

Dehr

messingene

Ebenfalls

zwei Denkmale

Lebuser Bischöfe, selben ist

von

den

der Kirche

großen

feiern

Dietrich

v.

den

berühmtesten

Bülow,

der

das eine der»

hohem Kunstwerth und stellt ihn vor dem

Crucifir

kniecnd dar, das andere ist seine Grabesplatte. Mit Unrecht hat man gemeint, daß die Gelehrsamkeit des Mittel¬

alters wenig in der Mark heimisch

gewesen;

viele Mitglieder der

Familien Alvensleben,

Königsmark, Schlabrendof, Rohr

Schulenburg

haben den Doctorhut über die Alpen mit auf die heimischen Bischofssitze und in die märkischen Collegiatstifter ge¬

und

bracht.

All' ihren Ruhm übertrifft Dietrich

v.

Bülow,

den der

im Briefwechsel „die Rüstkammer aller Gelehrsamkeit" zu nennen pflegte. In die Hand Dietrich's v. Bülow gelehrte Abt von Spanheim

war die Erziehung des Kurprinzen gelegt; es ist ein hochehrendes Zeugniß für den Bischof, daß ein Joachim I. aus seiner Schule hervorging, ein Charakter, der

es

wagte,

sich

der Zeitströmung ent¬

that aus redlicher, religiöser Ueberzeugung und der trotz seines gewaltigen Willens kein Ketzerrichter seiner Unterthanen geworden ist. Als Erzieher und Berather dieses Fürsten hat Dietrich v. Bülow entscheidenden Einfluß auf zwei Stiftungen gehabt, die heut noch in Segen fortbestehen, das Kammergericht und die gegenzustellen, der das

Frankfurter Universität. übergab dem ersten Rector und weihte der

höheren

Er selbst, als Kanzler derHochschule, Conrad v. Buchen die goldenen Scepter geistigen Bildung die erste Stätte in der

Mark Brandenburg. Bischof Dietrich ist 1523 gestorben; vielleicht sind's Verse von ihm didactisch kühlen Worte seines Grabsteins: Mortem vivit homo ut debilis oppetat, Ut vivat moritur perpetuusque homo. Mundus, divitie, Stemmata transeunt, At virtus, vicium, factaque pristina Sectantur gelide mortis Imaginem. Sis nostro volumus dogmate caucior, Lector, disce mori et vive perenniter. Dietrich v. Bülow hatte den Anbruch der neuen Zeit .erlebt,

selbst, diese sonderbar verschlungenen,

Wittenberger Schloßkirche her er¬ In seiner Residenz selbst hatte das Evangelium Wurzel gefaßt; der Bürgermeister von Fürstenwalde, Claus Tischer, erregte einen Auftuhr zu Gunsten der neuen Lehre, fiel in des Bischofs Ge¬ walt und entging nur aus Fürbitte der Kurfürstin Elisabeth und welche die Hammerschläge von der

weckt hatten.

des unglücklichen

Christian

Dänemark,

der sich damals am Vorzüglich schwierig zeigten sich die adeligen Vasallen des Hochstifts, und unter Dietrichs Nach¬ folger, George v. Blumenthal, entlud sich der langgehegte Haß der lutherischen Nachkam gegen den Bischof und seine Residenz. In der Nacht des 8. Juli 1528 bewegte sich von der nahen Sächsischen Grenze her ein seltsamer Reiterzug gegen Fürstenwalde; vermummte, kriegerische Gestalten auf starkknochigen Gäulen, voran zwei Ritter in blankem Harnisch, und neben ihnen ein Greis, dem das Feuer des Haffes und der Rachedurst aus den Augen blitzt. Es ist ein ritterlicher Vasall des Bischofs, Heinrich Queiß zu Plössin, dem George von Blumenthal Recht versagt hat gegen einen mordbrennerischen Unterthanen. Da hat sich nach langem Warten und langen Verhandlungen der gekränkte Edelmann an zwei Freunde drüben in der Lausitz gewandt, den Nicolaus v. Minkwitz auf Sonnen¬ walde, und den Otto v. Schlicken auf Baruth; sie wollen dem Standesgenossen Recht schaffen und freuen sich als gute Lutheraner, dem geistlichen Herrn, der so eifrig für die alte Lehre eintritt, an's Zeug zu gehen. Mit 60 Reitern ritten sie Morgens von Sonnen¬ walde ab; der ganze Adel der Nachbarschaft hat sich unterwegs zu ihnen gesellt, und wo ein Weg ihren Ritt kreuzt, immer warten ihrer noch neue Gefährten. Jetzt sind sie in der dichten Haide, die Kiefern streifen die Helme der Reiter, da — blitzen dort am Waldessaum nicht Waffen im Mondlicht? — auch die Krachte von Lindcnberg,

von

Berliner Hofe aufhielt, strenger Strafe.

Lehwaldts

und Löschebrands stoßen zu dem Zuge. 400 Pferde stark, ist die Reiterschaar bis auf die Höhe vor Fürstenwalde gelangt. Ruhig liegt die Stadt zu ihren Füßen, Alles im Schlaf; nur aus den Fenstem des bischöflichen Schlosses glänzt hin und wieder ein Licht und spiegelt sich in den Wellen der Spree. Ein Reisiger Schliebens reitet voran. Vor der Zugbrücke, die die

75

Stadt führt, warten grade Kaufleute aus Leipzig, die noch in's Nachtquartier wollen. Die Brücke fällt nieder, ein Dolchstoß fährt Eilig dem Wächter in die Kehle, die Reiter sprengen in die Stadt. zur

zu den Waffen gerufen, versuchen die Bürger Widerstand; Minkwitzens Erklärung, daß es nur auf den Bischof beabsichtigt sei, beruhigt sie, Nun doch Bischof George war bereits in Frauenkleidung entflohen.

richtet

sich der

Groll

der Lutheraner

gegen

nachdem die Bürgerhäuser geplündert sind,

und zerstören des

Bilder und Altäre;

Kirchthurms

Rückzug, den

die

unglückliche

dringen

sie

in

Stadt;

die Kirche

die Flammen des Rathhauses und

leuchten ihnen weit

hinaus in die Nacht auf

den

reich beladen antreten.

sie

Es ist bekannt, wie sich die Minkwitz'sche Fehde sechs Jahr lang Sie war nicht die einzige Angelegenheit, die dem Bischof Georg sein Leben verbitterte. Das ganze Land Lebus war lutherisch hingezogen.

geworden; die

Stadt Fürstenwalde

stellte einmal das naive Ansinnen

an den Prälaten, doch auch die evangelischen Prädicanten bezahlen zu

wollen! Zeitlebens hatte der Bischof eine treue Stütze au dem ge¬ lehrten Domherrn Dr. Wolfgang Rehdorsfer, der wider Luther ein

„Erzney-Püchlein"

Stinimen

nach Georgs Tode auch die

geschrieben,

der Capitulare zum Bischof erhielt,

aber abdankte, da die

Churfürstliche Bestätigung ausblieb. Von da ab war das Lebuser Bisthum nur noch ein Name; l554 kam das Land Lebus selbst

unter die Regierung Markgraf Johann Georges, welcher der Vater des postulirten 9jährigen Bischofs Joachim Friedrich war. Außer ihren Grabsteinen drei Kunstdenkmale,

besitzt

die Fürstenwalder Kirche

die an die Bischöfe

gothischer Architektur gehaltene Taufstein,

noch

erinnern; das ist der in der Bischof Sessel¬

den

mann

schenkte, ferner ein 9 Fuß hoher siebenarmiger Leuchter den Bischof Georg v. Blumenthal 1538 für die Kirche gießen ließ, — fein einzig Denkmal, denn sein Grabstein ist zerstört; endlich

ein Sacramentshäuschen von schöner, spätgothischer Arbeit, das unter

Bischof

Dietrich

ein kunstfertiger Steinmetz aufführte.

Das

Letztere

bildet den Hauptschatz der Kirche: zwischen zwei Pfeilern des Chors erhebt sich, 40 Fuß hoch, die schlanke Pyramide mit ihren Säulchen, Tabernakeln und Heiligen. Ein Schädel, vielleicht der Kopf einer hochgeschätzten Reliquie, liegt drinnen; auf dem Sockel hat Bischof Dietrich den Spruch: „Herr, ich habe lieb die Stätte Deines Hauses" einmeißeln lassen.

einst

Das sind die Monumente, die der Fürstenwalder Dom aus dem Sturm der Zeiten sich von den alten Bischöfen zu Lebus gerettet hat. In der Geschichte der Mark hat das Lebuser Bisthum die hohe Stellung nicht einnehmen können, welche den Bischofssitzen zu Brandenburg und

Havelberg gebührt, weil es erst dann in die Mark verpflanzt ward, als das von den beiden letzteren geistlichen Stiftungen so glorreich

mit durchgeführte Werk ziemlich beendet war.

der

Colonisation und Civilisation

bereits

Aber noch ist sein Name nicht vergessen im

Munde des Volkes, eben so wenig wie die Minkwitz'sche Fehde. Möge der historische Sinn recht sorgsam über den Fürstenwalder Monumenten wachen, als den letzten Zeugen eines einst bedeutsamen

Instituts

der

Mark;

möge er besonders das schöne

Dietrichs

v.

Bülow

vor fernerem Verfalle schützen,

kirchlich-politischen

Sacramentshaus

ist ja die Stiftung eines Mannes, der mit Anselm v. Havel berg und Matthias v. Brandenburg die erste Stelle einnimmt unter den Prälaten der Mark. Verweilen wir zum Abschied noch einmal vor dem Denkmal, das ihn am Kreuz des Heilandes zeigt, es

tritt der milde Matthias v. Jagow unwillkürlich als sein Gegen¬ bild uns vor Augen und unsere Gedanken wenden sich einer anderen Kirche der Mark zu, vor deren Hochaltar der Fürst den Abendmahls¬ kelch sich reichen ließ. Aber Achtung fordert dieser altgläubige Bischof auch; er fordert sie als consequenter kirchlicher Charakter, er fordert sie als Freund der Wissenschaften und Erzieher eines unserer trefflich¬ so

sten Regenten.

_

Das Königliche Zeughaus ;u Gerlin. Von

George

£i[lt.

IV. Ein 24pfünd. Kanon, Brandenburgisch,

gegossen 1563 von Joachim II. Zwei 24pfündige Kanons, Sächsische, von Johann George II., Kur¬ fürst zu Sachsen. Vier 24pfündige Kanons, Brandenburgische, gegossen 1660—61. Drei 24pfündige Kanons, Brandenburgischc, gegossen 1671, genannt:

„Europa", „Asia", „Afrika". Zwei 24pfündige Kanons, aus dem Bodenstück das kurfürstliche, auf dem langen Felde das Magdeburger Wappen; gegossen 1669, ü 44 Ctr. 54 Pfd.,

„Als

mit folgender Jnscription:

Dir Dein Magdeburg thät schwören, darauff uns Beide Dir verehren; Wir waren Beide zwar zum Streite nur gemacht, Doch hat uns Lieb und Treu in dieses Haus gebracht." Friedrich Wilhelm,

Da thät

es auch

Es folgen nun in dem Verzeichnisse eine Anzahl minder hervor¬ ragender Erzeugnisse der Gießerkunst, ehe wieder interessantere Eremplare erscheinen; von diesen sind besonders hervorzuheben die — leider nicht mehr in unserm Besitze befindliche» 12 Apostel, von denen nur

ein Stück

noch

im Geschützrauin

des Zeughauses sich

vorfindet.

Wir

kommen an geeigneter Stelle noch auf diesen großen Verlust zurück.

Die Notiz in

Specification lautet: die „Kurfürsten" genannt, wiegen zu¬ sammen 784 Ctr. 24 Pfd., welche Ihre Höchstseel. Majestät Friedericus haben gießen lassen, und folgen solche in der Ord¬ nung vom 1. Kurfürsten zn Brandenburg bis auf den 12. Kur¬ fürsten und I. König in Preußen, als: der

„Zwölf 24pfündige Kanons:

natus

Nr.1. Friedericus I. „ 2. Friedericus II. „ 3. Albertus „ 4. Johannes

1373, wiegt 65 Ctr. 85 Pfd. 1418, II 64 II 85 II 1414, „ 63 „ (Magdeburg). 1455, „ 66 II 85 ii 1484, II 66 II 61 it „ 5. Jacobinus Joachimus 6. 1505, II 65 II 95 ii II.. „ 1525, „ 64 II 91 ii „ 7. Johann George „ 8. Johann Friedericus 1572, „ 65 II 51 ii 75 II 72 „ 9. Johann Sigismundus 1572, „ „10. George Wilhelm 1595,. II 67 II 25 „ „11. Friedrich Wilhelm 1620, II 63 II 95 „ 1657, II 65 II 44 „ (Magdeburg). „ 12. Friedericus III. Ein 24pfündiges Kanon, genannt „der erste König von Preußen", gegossen 1708, wiegt 65 Ctr. 44 Pfd." hat dieses Geschütz zu der Sage Veranlassung I. 13 Prunkgeschütze habe gießen lassen, unter denen zwei auf feinen Namen — eins mit dem Namen Friedrich III., das andere mit der Königlichen Krone und dem Namenszuge Friedrichl.— gefertigt worden seien. Es folgt nun: Wahrscheinlich

gegeben, daß Friedrich

„Ein 24pfündiges Kanon,

welches Seine Königliche Hoheit Jhro K. Majestät au Jhro in Gott ruhenden Herrn Vater, Höchstseel. Königs Majestät, auf Dero hohen Geburtstag geschenket. Darauf

stehet:

Anno 1708 hat

Sr. Kgl. Majestät in

Preußen Friedrich

I.

bei Dero glücklich erlebtem Geburtstage Se. Königliche Hoheit der Kronprinz Friedrich Wilhelm mich mit Herz und Hand und Mund, zu Bezeugung nnterthänigster Devotion und ewiger Liebe, in gehorsamstem Respect offeriret. Wiegt 74 Ctr. 9 Pfd.

Gott

segne und erhalte den

König.

(Magdeburg.)

Ein interessantes Stück ist im Verzeichniß: „Ein 24pfündiges Kanon, welches Se. Hochfürstliche

Durchlaucht

**)

Sr. Königlichen Majestät geDarauf stehet: Anno MDCCXI hat mich Fürst Leopold ;u Anhalt-Dessau,

Fürst Leopold von Anhalt-Dessau schenket.

.

Herzog zu Sachsen, Engern, Westphalen, Gras zu Ascanien, Herr zu Zerbst und Bernburg, Seiner Königlichen Majestät in Preußen General der Infanterie, Gouverneur zu Magdeburg und Oberster über ein Regiment zu Fuß in Berlin, gießen und dieser Gesellschaft (!) einverleiben lassen mit dem Wunsch: Wiegt 65 Ctr. Lange lebe und immerdar siege der König.

40 Pfd. (Magdeburg.) Drei 12pfündige Kanons, brandenburgische Schlangen, von Johann George, gegossen 1580 (Magdeburg); auf einer ist die Schrift: Die Schlang' hat gar ein scharf Gesicht, Dafür hilft Panzer und Harnisch nicht. Es folgt nun im Verzeichniß ein höchst originell verziertes Eremplar auS der Mitte des 16. Jahrhunderts (1546 gegossen), dessen Bildwerke und Inschriften die, auch in Schriften und Predigten Auf dem ausgedrückte Feindschaft gegen den Papismus bezeugen. Rohre ist der Papst in Gestalt eines wilden Mannes oder Wald¬ teufels (!) dargestellt. Aus dem Munde speit er aus: Feuer, Kröten und Schlangen, welches (sagt das Verzeichniß) seine schädliche Lehre hält er das dreifache Kreuz, in der

bedeuten soll; in der einen Hand

Petri; aus dem Kopf die dreifache Krone, zu Ablaßbrief mit vielen Siegeln und diesen Worten: Habt Gott und Menschen Euch fern, Ich und der Teufel sind die Herrn.

andern den Schlüssel seinen Füßen ein

Ueber dem

Zwei 8pfündige Kanons, auf einem hinter dem Schildzapfen stehet: Eine halbe Schlange heiß ick), Eiserne Kugeln und Feuer scheuß ich, Was ich trif, das zerbrich ich. — Anno 1534. Auf dem andern, auf dem langen Felde, stehet: Y. D. M. I. E. (verbum domini manet in aeternum.) Hinter dem Schildzapfen: Eine halbe Schlange bin ich genannt, Meinen Bruder nehm ich bei der Handt Und beschütze das Tecklenburger Landt. 1539.

Ein 4pfündiges Kanon, auf

All Unglück

hat gerichtet an,

Was Gott und Mensch nicht leiden kann.

Es folgen verschiedene Stücke, meist 12-Pfünder. Dann: Kanon, lüneburgisch, „Marcus" geheißen, gegossen 8pfündiges Ein darauf steht: 1563; In Godtes Gewalt hab ichs gestalt, Was Godt will, das will ich och.

Daumt (?)

zu

Kanons, von

den Schweden erobert. Ein 36pfü»diges, fürstlich pommersches Kanon, aus Stettin von Philipp primo, darauf ein Hund mit 3 Köpfen, mit dieser Schrift: Ich bin genannt der Höllenhund, Wenn ich mit Zorn ward entzundt, So bin ich Gottes Instrument Und straf die Bösen ganz behendt, Besriedge die fromm und gehorsam sein, Wenn mich gebrauet (brauchet) der herre mein. 1546. Zwei 36pfündige Kanons aus Stralsund, darauf ein Rhinozeros mit diesen

Wolfenbüttel Anno LX1II.

nannt, stehet: Heinrich, der jüngere Herzog zu Braunschweig und Lünebürg, hat mich lassen gießen, Daß mich Markgraff Hans kann genießen. Im Jahre 1563 in Wolffenbüttel. Aus der zweiten, „Matheus" genannt, stehet: Matheus doit me Mich nennen, Minen treen Bruder helf ich behend, Marggraff Hans findt do Wenden 1563."

Es folgen wiederum einfachere Geschütze; dann: Siebzehn 2pfündige Schlangen, von Markgraf Hans, gegossen 1566, genannt „die Raphühner", darauf: Das Raphun mit feinen Schnabel pickt, Daß Mancher drob zu todt erschrickt.

Kanons aus der Grafschaft Tecklenburg. Ein I2pfündiges Kanon, 55'/2 Kugel lang, auf lenburgische Wappen; über demselben stehet:

Gott

sog

(!)

es

zum besten.

demselben das Tcck-

Worten:

Ich heiß und bin Rhinozeros, Zu schützen Land, Leut, Mark, Städt und Schloß, Dem Elephant, Wolf, Löwen und Bären* ) Ihren Stolz und Muthwillen stet helf währen,

Zwanzig 8pfü»dige Kanons, holländische, welche von den Herrn Gene¬ ralstaaten jährlich eines dem hochseligen Carolo Aemilio (der zu

Straßburg verstorbene Kurprinz) zum Pathen-Geschenk verehret worden und ist das erste von 1654, das letzte aber von 1674. Donatus (Magdeburg). Zwei 4pfüudige Lüneburgische Schlangen, auf einer, „Lucas" ge¬

Conrad Graf und Herr to Y. D. I. E.

Raum bat Feld, so heit ich Scharffe Schütte schött ich, Wann ick sprecke, so höte die, Rack ick die, dat verwis mi. 1544.

ander Herrschaft ist von Godt,

Zu hüls dem Menschen in der Noth; Der Satan und sein päpstlich Rott Sind Herrn, zu stiften Sünd und Todt. Der Papst heißt recht der wilde Mann, Der durch seinen falschen Schalkesbann

welchem:

Tecklenborch, Linche und Rhede.

Bildniß steht:

All

(Magdeburg.)

Unter dem Wappen: Conrad Graf unde Herr zu Tecklenborch, Linge und Rehde. Auf dem Stoßfelde stehet: Gades Wort blei in ewicks. Das Stoßfeld zeiget einen Reim: Brekke Muer bin ick gehetten, Conrad Grave unde herr to Tecklenborch Linge unde Eehde haet mich lassen geten. Darum me haet fredde of Tickvil Commen unde bringen mine Gesellen megde dann. Wille: wi um me einen Friede spreckeu Dar schollen Toerme unde Muerren van brekken. Anno Domini 1546.

Wenn sie dem Greift") widerstreben, Den rechten Lohn ich ihn will geben.

Ein 24pfündiges Kanon aus Stettin, von Philipp Julio, darauf ein Greif mit diesen Worten:

1662,

Der Pommersche Greif bin ich genannt, Zu streiten vor das Vaterland; Herzog Julius hat mich verehret, Herzog Adolf feinem Freunde wehret. — 42 Ctr.

Ein 24pfündiges Kanon, fürstlich

Pommersches

aus

Stettin, von

Elisabeth, geb. Herzogin von Schleswig-Holstein, 1662. die Pallas mit dieser Jnscription: Wo Gott nicht baut das Haus, So wird vergebliche Arbeit draus.

Darauf

Zwei 18pfündige Kanons, fürstlich Pommersche aus Stettin, von Philipp I., 1552. Darauf ein Löwe mit den Worten: Dem Stolz und Trotz gib Straff zu Lohn, Demuth und Gehorsam ich verschon.

*)

Wahrscheinlich Namen anderer, feindlicher Geschütze.

**) Der

pommersche

Greif. (Fortsetzung folgt.)

77

Thurneisser's Flucht aus Serlin im Jahre 1582. Mitgetheilt von dem Geh. Reg.-Rath vr. L. Frhr. v. L-ä-bur.

Das „Leben Leonhard Thurneisser's

zumThurn",

welches

Moehsen als einen Beitrag zur Geschichte der Alchymie, und als einen Nachtrag zu seiner 1781 erschienenen Geschichte der Wissenschaften in

Mark Brandenburg 1783 herausgab, darf mit Recht als die erste fachkundige Würdigung einer für allgemeine Cultur- wie für die Berliner Special-Geschichte bedeutenden Persönlichkeit gelten. Eine der

bisher unbenutzt gebliebene, dem Schlüsse des 16. Jahrhunderts un¬ gehörige, freilich entschieden von einem der vielen Gegner Thurneisser's herrührende Aufzeichnung, verdient ihrem wörtlichen Inhalte nach in

Blättern veröffentlicht zu werden. „Geschichte, so sich mit Gerhard (Leonhard) Thurnhäuser Anno 1582 begeben. Damals hat Gerhard Thurnhäufcr zum Thurn der Mark

diesen

Brandenburg gute Nacht gegeben, aber wenig Leute Habens gehöret. DieserMann ist der Landarth ein Schweitzer, und sei¬ nes Handwerks ein

nicht in continenti auf bestimmte Zeit eingelöset, es verstanden seyn müflen. Auf welche Art er ein sehr großes Gut zusammen gebracht, daß er auch einen großen Rüst-Wagen mit 4 starken

Pferden und 4 Trabanten voll Silber-Geschirr gegen Basel in sein Hauß, das er mitlerweile dort erkauft, gesandt hat; daß auch ein hochw. Rath daselbst (wie er das muß, und wegen seines heraus¬ gegebenen famösen Buchs seinen Kopf ins Baselfche Thor .nicht stecken dürfen) kündbar gemacht, daß sie 9 Centner gut gemacht

Silber in

seinem Hause dort gefunden und

in des Administratoris zu Magdeburg große Gnade war, hat er angefangen, Gold zu machen, wiewohl er selbst zuvor be¬ kannt hatte, daß es damit lauter Betrug wäre. Dahero viel Leute auch

es

dafür gehalten, daß er die gnädigste Herrschaft also bezaubert ihm so großen Glauben beygemessen. Welches daher praesumiret; dann er einen Hundt ge¬ habt, der stets in

habe, daß sie

der

Thür feines

Ge¬

maches gelegen, wel¬

erste

allemahl das Stück Fleisch

aus

der

chem er

Schüssel ,

wo er nur gegessen,

vorgeworffen hat.

Mark zu Fuß

Daraus Biele die Meinung geschöpft, es müsse der Hundt ein malns Spiritus seyn. Wie man dann

Gedächtniß, ableben die

Dck

und nach seinen Gefallen ins Chur-Fürsten zu Brandenburg, wie

Gold - Schmidt ge¬ wesen. Wie er kurtz vor Sr. Churfürstl. Durchl. zu Branden¬ burg, lloaebimi secundi, Höchstseelig.

in

inventiret hätten.

er nun gemerkt, daß er die längs zuvor gesuchte Schlüssel gefunden

kommen,

dergleichen auch liefet,

hat er sich vor einen Artzt ausgegeben, der in desperatis casibus, da andere medici nichts praestiren kön-

daß der Bube Cor¬

ten, helfen wolte und

Geist in Gestalt eines

Es hat ihm

Hundes umb und bey

gelausten

könte.

nelius Agrippa, der

„De Yanitate sententiarum“ geschrie¬ ben hat, einen solchen

auch das Glück zu¬

sich

weilen

damahlen glaubwür¬

beygestanden

gehabt.

Es ist

rnibfavorisiret. Weil

dig ein Gerüchte

er nun ein beschwatz¬

gangen,

ter, verschmitzter und

seiner Flucht derselbe Hund sich auf deui Mühleudamm vor

unverschämter

Man

D-r D°m zu war, hat er sich zu Hoffe beym Chur-Fürsten Johann Georgen, da er zur Regierung kommen, eingeflickt, etliche Ertracte von Stärke-Master und Oehle gemacht; und ob er wohl gar ungelehrt, daß er nicht ein lateinisch Wort verstanden, so hat er doch zu Leipzig, Würtenberg (Wittenberg?) und Berlin gelehrte Leute und Schreiber gehalten, die ihm Calender, Prognostica und andere Dinge vorgearbeitet, die er nachgehends in seinen Nahmen im Druck hat lassen aus¬ gehen und sich dadurch ein groß Ansehen und Nahnien bey männiglich gemacht, daß auch von weiten Orten zu ihm geschickt und Rath bey ihm gesucht worden, wodurch dann der Chur-Fürst bewogen, ihn zu seinem Leib-Artzt anzunehmen und ihm eine statliche Besoldung zu inachen, 4 Pferde auf der Streu zu halten und ihm das Grawe Kloster zu Berlin einzuräumen. Wie er nun also sich eingenistelt und Veste gebauet, hat er hin und wieder auf silberne Kleynodien Geld geliehen, und vieler Leute Becher und ander Silber-Geschirr an sich gebracht, solcher gestalt, daß, wer's

Fürstemvalde.

daß

ge¬

nach

ins Wasser gestürtzt haben. Ob nun wohl gedachter Thurnhäuser etliche Gold-Proben ge¬ macht, die vom Chur-Fürsten zu Sachsen Auguste und in vielen berühmten Städten sind probiret und recht befunden, so hat er's doch wohl thun können, und zur Bestätigung seiner Kunst solch Gold geringe geachtet, sinthemal er der Chur-Brandenburg wohl genossen und darinnen ein groß Geld und Guth zusammengeschlagen hat. Dann er nicht allein Leute gehalten, die hin und wieder in der Mark umhergezogen, umb geringes Geld Bärtlein und andere Narrendinge, das beste und feinste Silber von Stirn-Kräntzen denen Mägden abvexiret, abgehandelt und ihm gebracht haben,

denen dortigen Flucht-Stecken solle

sondern auch die Kelche

und Patenen

aus denen aufgebrochenen

Kirchen sind ihm zugestochen; daß, seit er im Lande gewesen, wenig Kirchen auf den Dörfern gefunden, die ungebrochen und unbestohlen

Wie er nun dieses Stücklein auch verrichtet, hat er auf allen großen Jahr-Märkten alles Geld lassen auswechseln, geblieben.

78 damit

zur Flucht sein möchte.

er desto leichter und bequemer

Soll

auch der Landschaft alhier, wie die Rede gangen, angemuthet haben,

ihm 20,000 Thlr. von Ostern bis Pfingsten zu leihen, mit Ver¬ pflichtung, alsdann 30,000 Thlr. dafür wiederzugeben. Allein die Landschaft hat den Braten gerochen und ihm solches abgeschlagen.

Indessen hat er die Kloster-Kirche renoviren lassen, viel darin gebanet, einen

Taus-Stein darin

gesetzt, die Fenster ausgebessert, die

Kirche abweissen. die Gemählde ausputzen lassen, einen besonderen Prediger dabey angenommen und sich überall angestellt, als woll

Zeit seines Lebens daselbst Hausen, alles zu dem Ende, daß man destoweniger Vermuthung von seiner vorhabenden Flucht haben er

mögte.

Endlich, als der Chur-Fürst zu Brandenburg nach Dresden Fräulein Sophia Beylager, und Thurnhäuser

gezogen aus seiner auch

dahin beschieden worden, hat er

sich

entschuldiget, daß er

mit

der Probe, die er dem Chur-Fürsten von Sachsen

mitbringen sollte, allerdings noch nicht fertig und ein paar Tage noch Verzug haben müßte; da hat er umb weniger Verdacht willen seine 4 KutschenPferde bis gen Hahn (Großenhayn) vorangesandt; er selbst aber ist hernach am Dingstag mit einer andern gediengten Kutschen heimlich

davougewischet,

und

mit

also

frischen

dazu

bestellten

Pferden schläunigst fortgegangen, bis er gegen Coblenz gekommen, da er

in ein Schiff getreten und

dabey gesagt haben soll:

„A dio

Germania und das Römische Reich!" Obb nun wohl nicht ohne, das ein Geistlicher Vater, sein vertrauter Bruder, damals vermcsscntlich gesprochen: er woltc seine Seele für ihn zum Pfande setzen, daß er gewißlich wiederkommen würde, so ist er doch aus¬ geblieben und sehr zu besorgen, daß der Teuffel indessen werde sich an das Unterpfand so lange halten, biß er sich an den Principal und selbstschuldigen Bürgen seines Schadens genugsam erholet. Alsobald nun Thurnhäuser zu Rom angekommen, hat er sich bey denen Papisten insinuiret, zwei güldene Dienst offeriret, hat auch bei ihnen ziemliche Beförderungen gehabt, biß endlich anno 1596 zu Cölln am Rhein in großer Armuth gestorben."

Lleement. Eine abenteuerliche Geschichte aus den Tagen Friedrich Wilhelms I. Erzählt von Luckooica Lesckick. (Fortsetzung.)

.Das ist ja

ein Satansstreich,

Kerl uns da gespielt nur angefangen; aber der Henker traue diesen Magyarinnen, Polinnen und was es mehr für schwarzhaariges Weibsvolk giebt." .Vielleicht ist es doch nicht so unrecht", unterbrach Bieberstein sinnend. .Was gilt's, die schöne Tököly ist eine große Patriotin; wer weiß, wozu sie zu gebrauchen ist. Hätte der König ihn nur

hat", begann Knyphausen.

„Und

den der

das Mädchen, wie hat sie es

nicht reisen lassen." sellen,

Aber der König hatte ihn reisen lassen, den abenteuerlichen Ge¬ von dessen Zauber er sich nicht losmachen konnte, und kaum

war er fort,

so

wurde

es

ärger, als es vorhin gewesen.

Was halfen

Bluts von Anhalt —

der

König war mißtrauischer denn je; Briefe wurden aus der Post

ge¬

Reden, Versicherungen,

Bitten

des treuen

öffnet, alle Personen, die Kleement dem Könige genannt hatte, wurden auf's Schärfste bewacht, ja der treue Knyphausen wurde unter falschem Namen nach Wien geschickt, um den Prinzen Eugen und Flemming zu beobachten.

steins

Auf

alle Vorstellungen des Dessauers und Bieber¬

nur eine Antwort: „Ich habe ihre Briefe Kleement wird andere bringen." Bieberstein war in Verzweiflung; hatte der Ungar den König hatte der König

gesehen und

Briefe getäuscht, dann mußte er ein unglaublich ge¬ Männern, wie Prinz Eugen, Flemming, Manteuffel, Grumbkow war ja dem König so gut bekannt, fast wie seine eigenen Schriftzüge. Es gab nur ein Mittel, Licht in all' diese Dunkelheit zu bringen: man mußte sich Kleement's versichern. Aber wie war seiner habhaft zu werden; er saß mit seiner Beute in Holland, wer konnte ihn hindern, von da aus das Weite zu suchen? Als eine Woche nach der andern verstrich, durch gefälschte

schickter Fälscher sein, denn die Handschrift von

ohne daß der Abenteurer zurückkam,

machte Leopold von Dessau den

König darauf aufmerksam. „Wäre er ein ehrlicher Mann, so käme er, denn was hätte er zu fürchte», wenn er die Wahrheit gesprochen?" „Dich und Deinesgleichen!" antwortete der König rauh. „Denn wenn er die Wahrheit gesprochen, müßt Ihr ihn fürchten und Ihr könntet versuchen, ihn stumm zu machen, ehe er die Beweise Eurer Verrätherei beigebracht hätte." Der grimmige Askanische Bär tobte und wetterte, was half es ihm? Bieberstein seufzte und das hals eben so wenig.

Vier Wochen schon weilte Kleement unter dem Namen eines Herrn von Zorek in Holland; so viel hatte man erfahren, Dumoulin beobachtete ihn scharf, hatte auch auf einen Wink Biebersteins ver¬ sucht, ihn zur Rückkehr zu bewegen, war aber bis jetzt auf Wider¬ stand gestoßen.

Es war Winter geworden, als Herr von Bieberstein eines Morgens der Gemahlin seines Freundes Knyphausen eine Visite machte, um anzufragen, wann sie die Rückkehr desselben erwarte. Steif und stattlich saß die würdige Dame auf einem steifen, mit rother Wolle überzogenen Divan, ihr grünes Kleid mit den drei großen Frisuren war von Seide, darüber trug sie eine Robe von rothem Damast mit weiten Aermcln, die mit breiten Spitzen aus¬ gefüllt waren, um den Hals hatte sie eine Pelzboa geschlungen, über derselben zeigte sich eine enganliegende Perlenkette. Eine weiße, netz¬ artige Haube hüllte den Hinterkopf ein, sprang dachartig über der Stirn empor, ein grünes Band mit einer Zitternadel befestigt, war darum geschlungen und fiel in langen Enden über den Rücken hinab. Das Haar war gepudert, lange Handschuhe verdeckten den Arm bis zum Ellenbogen. Frau von Knyphausen war bei Hofe gewesen und eben von der Königin zurückgekehrt, daher die reiche Toilette. Herr von Bieberstein, der in einem dunkelblauen, mit Pelz besetzten Rock, weißem Spitzenjabot, Schuhen und Strümpfen, den dreieckigen Hut in der Hand, der Frau Ministerin sehr ehrerbietig Conversation machte und allerlei kleine Elogen sagte, hatte auch Fräulein Jela im Zinimer gefunden, was ihm nicht unlieb zu fein schien. Die schöne Ungarin trug nicht die kleidsame Tracht ihres Vaterlandes, sondern schloß sich der Mode des Tages an, die König Friedrich Wilhelm so

mit der er doch vergeblich kämpfte. Das eng anliegende Kleid Jela's war gelb, die Robe grau mit weißen Spitzen besetzt, den Hals schmückte eine Perlenkette, wie die ihrer Verwandtin, aber ihr köstliches blauschwarzes Haar war nicht gepudert, sie hatte einen schwarzen Schleier darum gelegt, dessen Enden auf der Brust in einen großen Knoten geschlungen waren, in dem ein Brillant von seltener Größe und Schönheit funkelte. Jela vermied fast alle Ge¬ haßte und

sellschaft,

auch Bieberstein hatte sie bis dahin vermieden; jetzt blieb

denn sie wollte den Mann kennen lernen, den ihr der Geliebte als seinen schlimmsten Feind bezeichnet hatte.

sie,

Der vornehme Diplomat schien wenig Notiz zu nehmen von der Ungarin, aber mit einer Geschicklichkeit, wie sie eben nur alten Diplomaten eigen, wußte er das Gespräch auf Kleement zu lenken in einer Weise, die selbst der schlauen Tököly absichtslos scheinen mußte. „Monsieur Clement war Ihr Hausgenosse, meine gnädige Frau", plauderte der Geheimerath, „man machte damals ein großes Geheimniß daraus, mon Dien, wozu, war doch Monsieur Clement ein alter schönen

Bekannter von

mir!"

-

79

~

Ihr

„Von Ihnen, mein Herr Geheimerath?" fragte die Ministerin erstaunt und streichelte ihren Mops, der neben ihr auf dem Divan lag. „Gewiß, ich lernte den Herrn zu Utrecht kennen, wo er unter

„Warum fahrt nicht ein, Risbeck?" herrschte er den neben dem Kutscher sitzenden Diener an, sich über den Schlag des Wagens beugend.

dem Namen eines

„Halten zu Gnaden, Herr Baron", rief der Diener — „das Thor ist gesperrt!" — „Was soll das heißen?" rief der Reisende und blickte verwundert auf das Bild, das sich ihm darbot. Draußen vor dem Thore, neben seinem Wagen, hielt eine Reihe von Getreidewagen, deren Eigenthümer nicht in die Stadt durften; drinnen, innerhalb des Thores, sah man Bauern mißmuthig auf ihren leeren Wagen sitze», die nicht hinaus durften. Eine Staffette, welcher ebenfalls der Eintritt verweigert wurde, fluchte das Blaue vom Hinunel herunter, während eine starke Patrouille durch die Straßen niarschirte.

Barons von Rosenau die Interessen

des Fürsten

Racoczy vertrat."

Bieberstein sah nicht nach Jela hin, als er diese Worte aus¬ sprach, aber er hörte, daß sie einen leichten Schrei ausstieß.

„Was fehlt Dir,

meine Charmante?"

wandte

sich

Frau von

Knyphausen an Jela.

„Nichts, Liiere Lou8me, in den Finger", sie erhob

schnitt mich mit dem Messerchen

ich

That Blutstropfen herabrieselten. Die Ministerin erhob sich rasch. „Bleibe sitzen, man eukant, wickele Deine Hand in Dein Taschentuch, mon Dieu, bei einem Andern wäre es gar nichts, aber Du gehörst zu den Blutern, Deine Mutter starb an einem Nadelstich. Ich will selbst ein Pflaster holen. Bleiben Sie, Geheimerath, sie könnte ohnmächtig werden. Ja, vor zwanzig Jahren hätte mich meine gnädigste Frau Mutter nicht mit Ihnen allein gelassen" — damit trippelte die gute Dame auf ihren Stöckchenschuhen von grüner Seide davon. Sowie sich aber die Thür hinter ihr geschlossen, sprang Jela auf und rief mit zornfunkelnden Augen: „Wie können Sie behaupten, daß Clement und Rosenau eine Person sind, wissen Sie, wer Rosenau war?" „ Seit wenigen Tagen bin ich durch ein Schreiben des Wiener Cabinets davon unterrichtet, daß Rosenau seinen Herrn in Utrecht verrieth, seine Papiere an Oesterreich verkaufte", lautete die ruhige Antwort. „Wußten Sie das schon lange?" „Jeder Ungar wußte es und fluchte ihm; und Janos — Kleement", verbesserte sie sich, „soll dieser Rosenau sein, o, nicht umsonst nannte er Sie seinen Feind!" In ihrem Zorn vergaß das leidenschaftliche Weib jede Vorsicht, hier

die zarte Hand, von der in der

die

fand es nicht einmal auffallend, daß Bieberstein sich gar nicht über ihre Theilnahme an einem politischen Abenteurer wunderte, sondem nur kalt entgegnete: „Wenu Ihnen das Wort eines Edelmannes nicht genügt, will ich Ihnen noch andere Beweise geben." sie

ihr ganzer Stolz als Ungarin, als Trägerin eines der berühmtesten Namen bäumte sich auf gegen den Gedanken, betrogen worden zu sein; und doch sagte ihr eine innere Stimme: Der Mann da hat Recht! Sie glaubte nicht blind an den Todesbleich fuhr sie zurück;

Geliebten und hätte

sich

hassen können, daß sie es nicht

werden

finden", flüsterte er, als fürchte er einen Lauscher. Bei dem Wort „Stelzenkrug" taumelte sie, wurde aber von der eintretenden Ministerin aufgefangen, die jammemd die Wunde verband. Als Bieberstein sich verabschiedete, benutzte Jela einen Moment, in dem sich ihre Cousine abgewendet hatte, um ihm zuzuflüstern: „Morgen

Sie im Stelzenkruge; wer von

Euch Beiden gelogen,

zittere vor der Rache einer Tököly!"

Sechstes

Kapitel.

Der Fuchs in der Falle. Am Morgen

des neunten Dezembers

rollte ein schwer bepackter

Stadt Berlin zu. darin, und blickte mit klugen

Reisewagen, langsam von Tempelhof kommend, der

Ein alter Herr in dunkler Kleidung saß Augen in die frostige klare Winterlandschaft hinein.

Seine Gedanken mußten aber weit ab sein von der Königlichen Residenz, vor deren Thor sein Wagen jetzt anhielt, denn er fuhr wie aus einem Traume auf, als das Gefährt

sich

nicht mehr bewegte.

nicht vom gnädigen Herrn! Ach

Gott, hätte

ich

nur seinen Namen

nicht gesagt!"

„Steig' ein!" befahl Dankelmami,

welcher sich ruhig

in das

Unvermeidliche fügte, und nur noch die Frage an den Gensdarmen

als zu den Anderen: „Ich bin unschuldig." „Da hab' ich drinnen beim Thorwächter einen Mann aus Teltow getroffen", begann Risbeck, „der hat mir gesagt, daß er vorige Woche Jemand von zwanzig Mann Gensdarmen und dem Gouverneur von Spandau, dem General von Schwendy selbst, hat nach Spandau escortiren sehen; ein ganz Vornehmer ist's auch gewesen, ein dicker schwarzbrauner Herr in einem ungarischen Pelz mit einem Stern darauf, aber Niemand hat gewußt, wer er war. Es geht jetzt alle Tage so." Der Präsident achtete kaum auf das Geschwätz des Dieners. „Spandau", murmelte er vor sich hin — „mein Bruder Eberhard lernte dich auch kennen, und er war ein besserer Mann als ich." .. Da wurden Haus¬ Heillos sah es allerdings in Berlin aus. suchungen gehalten, Briefe weggenommen, und dem Präsidenten kam es vor, als sei die Residenz nur von Gensdarmen und Verhafteten bewohnt. Er war beinahe froh, als er die Stadt hinter sich hatte nun geradewegs auf Spandau losging. und es So lang und ein¬ durch den Thiergarten bis förmig war dem Präsidenten der Weg Charlottenburg, und von da bis nach Spandau noch nie geworden; er seufzte tief auf, als sie endlich vor der alten Veste hielten. Der Gouverneur, Generallieutenant von Schwendy, kam selbst

sprach mehr zu sich,

mich dort

erwarte ich

Maßregel zu erfahren; endlich winkte ihn sein Herr an den Schlag. „Was giebts, Risbeck?" fragte er den Diener. „Das mag der Teufel wisien, gnädiger Herr, der heut' in Berlin sein Spiel zu treiben scheint", antwortete der Diener; „aber heut ftüh sind plötzlich alle Thore gesperrt worden, alle Posten und Rei¬ senden werden angehalten, eine Menge Menschen sind verhaftet, Niemand darf hinaus noch herein. „Mau wird mit mir eine Ausnahme machen", rief der Reisende, „melde dem Thorwächter meinen Namen." Risbeck ging, aber an seiner Stelle traten nach einige Minuten zwei Gensdarmen an den Schlag. Der Eine salutirte und ftagte dann kurz, aber nicht unhöflich: „Präsident v. Daiikelmann aus Halle?" „Der bin ich!" entgegnete der Herr erstaunt. „Ich habe Befehl, den Herrn Präsidenten zu verhaften, und nach Spandan zu escortiren." Der Präsident — er war der sechste der sieben berühmten Brüder — stieß einen Ruf des Erstaunens und Unwillens aus, der Gensdarm zuckte die Achseln und stieg in den Wagen, während der Andere auf dem Bock Platz nahm. Schon wollte sich das Gefährt in Bewegung setzen, als Risbeck athemlos herbeistürzte. „Ich muß mit, ich gehe

richtete: „Weiß Er, weshalb ich verhaftet werde?" „Wegen Hochverrath", sagte der Mann leise, als fürchte er schon Der Präsident erblaßte, dann athmete er tief aus und das Wort.

that.

„Es kann nicht,, es darf nicht sein!" keuchte sie. „Wollen Sie Beweise?" ftagte Bieberstein. „Wo sind sie?" „Begeben Sie sich morgen ftüh in den Stelzenkrug, Sie

Risbeck war vom Bock gesprungen und begann ein lebhaftes Gespräch mit den Bauern, um etwas Näheres über diese sonderbare

an den Wagen und sprach sein Bedauern aus,

daß er den Herrn als Gefangenen empfangen müsse; es könne nur ein Mißverständniß sein, denn der Herr Präsident habe doch unmöglich Etwas mit der Gesellschaft zu thun gehabt, die seit einigen Tagen bei ihm eingekehrt sei. Auch ließ er dem in ganz Preußen hochverehrten Beamten die beste Zelle anweisen und gestattete ihm, seinen Diener bei sich zu behalten, worüber Risbeck ganz närrisch vor Freude wurde. Als Herr von Schwendy seinen Gefangenen verlassen hatte, kam ihm auf dem Gange ein Soldat entgegen mit der Meldung, es halte draußen am Thor eine Dame, welche vorgäbe, Erlaubniß zu haben, Einen der Gefangenen zu sehen und zu sprechen. Schwendy nickte und ging wieder selbst an das Thor; er half der tiefverschleierten, ganz schwarz gekleideten Dame aus dem Wagen, bot ihr den Arm, und führte sie durch alle Gänge und Treppen der Festung; aber er sprach kein Wort mit ihr. „Wißt Ihr, wer ich bin?" fragte niitten in ihrer Wanderung die Dame. „Ein Weib, dem der Preuße in mir dankbar ist, weil es meinem Könige vielleicht einen Dienst geleistet", sprach Schwendy rauh. „Ein Weib, das der Mann verachtet, weil es seinen Geliebten verrieth. Delila wird bezahlt, aber wir verachten sie!" „Herr!" fuhr die Verschleierte auf; „wo habe ich Bezahlung

Präsidenten, statt als hochgeehrten Gast,

verlangt?"

„Ihr nehmt sie jetzt in Empfang", lautete die scharfe — „Eure Bezahlung heißt Rache! Oeffne Er dieser Dame die Thür", herrschte er den Schließer an; „sie verweilt, so lange sie will, wir wollen nicht geizig sein mit unserer Bezahlung." Der finstere Gang dröhnte unter dem schweren Tritt des Generals; die Dame lehnte, einer Ohnmacht nahe, an einem Pfeiler, während der Schließer langsam mit dem Oeffnen der Thür begann. Endlich trat sie über die Schwelle; durch die vergitterten Fenster fiel Licht genug, uni ihre Gestalt, ihr Gesicht völlig erkennen zu lasse». Es war Jela, aber nicht mehr die schöne Jela, sondern nur ein bleicher Schatten dessen, was sie einst gewesen; ein Gesicht mit beinahe verzerrten Zügen. sic

Kleement an;

Mit

unheimlich glühenden, dunklen Augen

Dieser, ebenso bleich, erhob

bedeckte die Augen mit der Hand; Jela aber, ruhig mit angehört hatte, sagte trotzig: „Ich mußte mich an Dir rächen, — mich und ganz Ungarn!" Kleement ließ die Hand von den Augen sinken. „Ich wußte es immer, daß ich an jenem ersten schwersten Verbrechen zu Grunde gehen würde, aber daß es durch Dich geschieht, thut mir weh."

sich

Sie thaten einander

keinen Schritt entgegen, als die Thür hinter Schloß gefallen war — sie blickten sich nur an. Das Jela ins Mädchen zitterte wie Espenlaub, und in den Augen des Mannes

schimmerte es wie Thränen.

(Fortsetzung folgt.)

Literatur. Bonifaeius,

der Apostel der Deutschen, und die Romanisirung von Mitteleuropa. Von August Werner, ev. prot. Pfarrer. Leipzig. T. O. Weigel. 1875. 8° YI. u. 466 S. Es ist kein gewöhnliches Verdienst, das sich Pfarrer Werner durch die vorliegende, höchst fleißig gearbeitete Biographie des großen Missionärs und Staatsiuannes erworben hat. Indessen dürfen wir nicht zu erwähnen vergesien, daß der polemische Charakter der Dar¬ stellung dem hohen Werthe des vorliegenden Buches stellenweise Ein¬

trag thut.

Wir

haben hier weniger die Polemik gegen ftühere Bio¬

graphen des Bonifaeius im Auge,

als vielmehr die Beurtheilung, Der Eifer, der wohlberechtigte Groll gegen

welche dieser selbst erfährt.

Römlinge unserer Tage, verleitet den Verfasser mehr als billig zu bitteren Urtheilen über den Mann, der die deutsche Kirche mit Rom verband.

begann er endlich mit weicher, milder Stimme, „warum

Du mir

das gethan, warum mußtest

Du

mich verrathen?"

leglichen Beweise Deiner Schuld brachte,

da habe ich einen Schlag aufs Herz bekommen, der Alles in mir gemordet hat, was weich und mild an mir war; — da habe ich von Stunde an nur nach Rache gelechzt — ich, die ihr Leben für Racoczy hingeben wollte, und die in den Armen seines Verräthers gelegen!"

Du

jenen

Brief

an mich,

dürfen nicht vergessen, daß die römische Kirche des

In dieser stark subjectiven Färbung der Darstellung, in dieser Beurtheilung einer fernen Vergangenheit, vom Standpunkte des 19. Jahrhunderts aus, scheint uns die einzige Schwäche scheinlich nie erreicht hätte.

im Uebrigen vortrefflichen Schrift zu liegen. Als sehr gelungen, treten einzelne Schilderungen aus dem Buche hervor, in denen der Verfasser das spröde und spärliche kulturhistorische Material jener der

entlegenen Zeit geschickt und wirkungsvoll verwendet hat.

Oskar Schwebet.

Kießling's Topographische Karte der Umgegend von Berlin. Entworfen und gez. von Th. DeliuS. 8. Auflage. Verlag von Al. Kießling. Preis 1 Mark. — Diese in sehr sauberem Farbendruck ausgeführte Karte zeichnet durch treffliche Genauigkeit aus, und reicht bis Freienwalde,

Müncheberg, Königs-Wusterhausen und Werder.

deffen Sprache so süß

Die

concentrischen

Kreise (nach halben Meilen) lassen leicht die Entfernungen finden.

Einen wilden Weheschrei stieß das Mädchen aus. „Wer begann mit dem Verrath, wer verkaufte Racoczy's Briefe an Oesterreich? O, als Marschall von Bieberstein mir im Stelzenkrug die unwider¬

schriebst

Wir

Mittelalters einen wesentlich pädagogischen Beruf für die germanischen Völker hatte, und daß sie diesen ohne jene Institutionen, die Bonifaeius auch auf deutschem Boden heimisch machte, wahr¬ ftühesten

sich

„Jela",

„Da

schwieg und

die seine ganze Rede

verwundert

von seinem Sessel.

hast

Bieberstein's höhnische Miene sagte mir

verrathen,

mich

die

Antwort.

starrte

Du Alles!" Er daß

Miscellen. Als König Friedrich I. mit

den

den ftanzösischen Kolonisten gleiche Rechte Einwohnern seines Landes verlieh, glaubten sich namentlich

so hoch begnadigten Franzosen in ihren Erwerbs¬ Nach mancherlei vergeblichen Petitionen wußten beeinträchtigt. quellen sie es zu bewerkstelligen, daß dem Monarchen ein alter Storch vor¬ geführt wurde, der auf dem Schloßhof einige Jahre hindurch von den Küchenjungen unterhalten worden war. Das Thier trug im

die

Berliner durch die

_

Du wolltest

Schnabel eine Bittschrift, worin die Klage ausgesprochen war, daß

mit dem ungeliebten Manne vermählen; ich sollte kommen, Dich entführen nach Holland; Du hättest schon Pläne gemacht, wie wir heimlich dahin gelangen könnten! Ich war seelig bei dem Ge¬ danken an das Glück, das meiner wartete; ich schrieb Dir, und ich

die Franzosen ihm die Frösche aus der Spree beim Schlosse vor dem

und lockend klang: man wolle Dich verheirathen, und

Dich nicht

entfernte mich wirklich von meinem Aufenthaltsort. Es war nicht schwer für meine Aufpasier, mir zu folgen — Du unterrichtetest sie

ja von meinen Schritten. O, wie ein Schulknabe war der Fuchs in die Falle gegangen! Als sie zu Cleve mich verhafteten, wußte ich, Verlag von

Alfred Weile

Schnabel wegfingen, die ihm doch bisher allein zugehört hätten. Der Einfall wurde belacht, ohne indessen den beabsichtigten Erfolg herbeizuführen.

Zu Nr. 6. Briefkasten. Der

Name der Jungfernbiücke in Guben nach einer von dort erhaltenen Nachricht dadurch erklärt, daß diese schmale Brücke von jeher nicht mit Fuhrwerk befahren werden durste (tntoxer).

wird

Zrucksehlcr-Derichtigung.

In Nr. 7, S. 64, Sp. 2, Z. 22

statt „rothen Kreuz" heißen: „weißen

Kreuz".

in Berlin. — Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck: Bahlke u.

v. o. muß

Hindersin in Berlin.

es

II

Mai 876

Das Matt erscheint monatlich

Nr

Jahrgang

T'rcis vierteljährlich

zweimal

I

Nk. 50 3»fo.

CRpKLi^.qez Dr.

Dr echt,

Unter Mitwirkung von Prof. Dr. Daulus Kassel, Stadt-Archivar Jidicin, Uhevd. Fontane, Geh. Regier.-Rath Freiherr Dr. von Scdcbur Geh. Hofrath L. Schneider, Archidiaconus Schwebet in Cüstrin rc. rc. herausgegeben von

George DasBlatt

KM

und

Jerdinand Meyer.

ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. 8) zu beziehen. — Literarische Beiträge find an die Verlagshandlung von Alfred Weile zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro 3gesp. Petitzelle 25 Pfg., werden von den Herren Haas enstein u. Vogler, Nud. Mosse, Bernb. Arndt, sowie von der Verlagshandlung (Puttkamerstr. 8) entgegengenommen.

in Berlin

Inhalt.

Hiltl.

V. —Zwölf Briefe Zfflands an W. H. v. Dalberg, von vr. Hermann Uhdc. — Das Königliche Zeughaus zu Berlin, von George Ueber den Harlungerberg. — Zur Geschichte der Sckweizer-Colonien im Ruppinschen unter Friedrich III., von vr. W. Schwartz. — Ueber (Mit Abbildung.) — Kleement. den Namen der Stadt Spandau, von vr. Beck. — Die Mohren aus der Bchrcnstraße, von George Erzählung von 8. Hefe kiel. (Forts.). — Literatur.

Hiltl.

Das Königliche Zeughaus zu Berlin. Bon Ocorgc Hills.

V. 2 Stück

1

Spfüubtge Kanons aus

Stettin, darauf

ein Löwe und die

Worte: Gieb Friede Herr zu aller Zeit, Du vor uns den Streit. — 46 '/2 Ctr.

Führe

Ein 18pfündiges Kanon aus Stettin von Philipp I., darauf ich genennt,

Ganz ungesäumt, schnell und behend Etsetzen will den Herren mein, Alle die ihm treu und gehorsam sein. Und strafe Ungehorsam und Unrecht, Verschone nicht Herrn oder Knecht.

Ein

zweites Eremplar, welches den Papst als Waldteufel darstellt

und die schon oben angeführten Verse trägt, ist ebenfalls vor¬ handen.

Es folgen dann verschiedene' einfache Stücke; reicher verziert ein lOpfündiges Kanon aus Stettin, von Philipp I., 1544, darauf:

Der

In

edle

ganz

Greiff bin Ich genannt,

Stettin

und Pommerland.

Beschütze meinen Herrn Adel und

Städt',

Wo Jemand sich vergewaltigen thät; Handhaben thu den Frieden und Recht Meinen Herrn und alle sein Geschlecht. Interessant sind im Verzeichnisse die Notizen: 3 Stück 6pfündige Kanons, königlich schwedische, aus der Schlacht bei Fehrbellin, darauf: Car. E. 8. und wiegt 19 Ctr. 84 Psd., gegossen

1660—61 in

Gl atz.

2 Stück 4pfündige Kanons aus

Stettin, auf

Wappen: Hans Markgrafen Brandenburg, 1555, auf dem andern: „Die Stadt alte» Stettin hat mich lassen gießen 1552. — 17 Ctr. Noch 3 Stück Zpsündige Kanons ans der Schlacht bei Fehrbellin,

1660—65 ein

fliegender Drache, gegossen 1545, und die Worte:

Der fliegende Trach bin

|

gegossen.

Eine 2pfündige Schlange

aus

Stettin,

gegossen

1564, mit der

Schrift: Die alten Leut des Kaufmanns haben mich Das Manchen hat thun (!) verdrießen. —

lassen gießen,

Eine 2pfündige Schlange ans Stettin, darauf ein Strauß und die

Worte:

Ick het Wat ick

Strus, nnde lege en racke, dat gct entzwei.

de

Ei MDLXY.

2 Stück Ipfündige Schlangen aus Greifswalde, gegossen 1554, auf der einen:

„De van dem Grypswald heb nii laten geten." Der größte Theil der bisher aufgeführten Geschütze besteht aus solchen, die entweder auf Bestellung gefertigt, aus den Zeughäusern anderer Städte genommen oder den brandenburgischen Fürsten als Geschenke verehrt worden sind. Es befand sich aber in den Räumen des Zeughauses auch eine

ziemliche Anzahl eroberter Stücke,

welche

an ruhmvolle Tage der braudenburgisch-preußischen Armee erinnerten. So z. B. Kanons von den Polen erobert, aus der Warschauer Schlacht. 2 Stück 12pfündige Kanons, fürstlich Radziwillsche, aus der War¬ schauer Schlacht, gegossen

1636—37. Einige sogenannte Drachen

und Schlangen, den Polen abgenommen. 2 Stück 6pfündige Kanons aus der Warschauer Schlacht, von Job.

dem einen nebst dem

Casimir; Seven (issimi) Princips Toa. Casimir Pol. et Suci.

82

Begie Potentissim. Accord. Av. v. Fceri Grodzikcarbt Eegis Profectus.; gegossen in Warschau 1652. Ein 3pfündigcs Kanon, genannt der Bauerntanz, 1526, u. s. w. An bairischen Kanonen finden sich ebenfalls verschiedene in dem Verzeichniß, so wie 6Pfünder ans der Bataille von Blenheini. Ein merkwürdiges Stück bewahrte das Zeughaus als Erinnerung an die Theilnahme der Brandenburger an den Türkenkriegen. Es hieß: „die Sängerin" und war unter Joaä)im I., 1522, gegossen; welches lange Jahre in türkischen Händen gewesen, aber bei Eroberung der Festung Ösen 1686 wieder an das Haus Brandenburg gekom¬ men, darauf stehet: „Zu Singen ist mein Nam erdacht, Hat Manchen in groß Schaden bracht." Sehr zahlreich vorhanden waren französische Kanonen. Aus dem Treffen von Turin, aus Aire, Nancy, Bonchain rc. hatte man sehr schöne Eremplarc gewonnen und ihnen in dem Geschützraume des Zeughauses ihre Plätze angewiesen.

Desgleichen fanden fich spanische und holländische Geschütze, mnthmaßlich den Franzosen (z. B. in Huy)

abgenommen.

Ein 4pfü»diges Kanon

anS Rheinbergen,

1591

1703 ab-

gegossen,

gcnomnien, trug die Aufschrift:

An Mortiers und Haubitzen war eine große Zahl vorhanden, Kanonen von dem Prinzen von Oranien und aus Meurs stam¬ mend, werden ebenfalls in der Specification angeführt,

auch

einige



Sanunlung im Laufe der Zeiten bedeu¬ tend vermindert hat, so wird auf die Frage: Wohin kamen so viele der zum Theil berühmten Prachtexemplare? — die Antwort leicht zu sein:

geben

die kostbare

Viele der herrlichen

Stücke

erlagen

dem

Umgusse.

Namentlich wurden während der großen und bewegten Regiernngszeit Friedrichs des Einzigen die Zierdegcschütze nid)t geschont.

So

ließ

König unter andern and) die von Schlüter modellirte und von Jakobi, am 31. Ociober 1704, gegossene „Asia“ im Jahre 1743 Friedrich I. hatte die Absid)t, 4 solcher Geschütze — umgießen. lOOPfünder — gießen und ihnen die Namen der vier Wclttheile: Asia, Europa, Afrika und Amerika geben zu lassen. Jakobi hatte die Asia gegossen, er verbrauchte dafür 664 Ctr. Gußstahl; es wur¬ der

den dazu

wahrscheinlich auch von den

keine

welche

besondere künstlerische

oben

angeführten Kanonen,

Ausführung zeigten, einige

ver¬

wendet.

Man trieb mit 50 Pfund Ladung das Geschoß 5400 Schritt Das Geschütz soll 150 Ctr. gewogen haben, und kostete in¬ clusive der Ciselirarbeit und Herstellung der Lafette 13,617 Thaler. Alle Verzierungen waren vergoldet, das Wappen und der Titel des

weit.

Generalfeldzengmeifters befanden

sich

auf dem Langfelde, und am angebracht. Die Henkel

Bodenstück erschien das königliche Wappen

bildeten zwei knieende Kameele.

I. hatte das Prachtstück noch vor dem Um¬ bewahrt, und das nicht ganz vollendete Gegenstück: die Afrika, zerschneiden lassen, aber Friedrich der Große ließ die Asia umgießen. Friedricb Wilhelm

gusse

Der große König hat in

der Folge

verschiedene

andere der

Kunft-

und Prunkgeschütze in die Schmelzöfen wandern lassen, um das Me¬

tall für

neue und

seiner Armee

nutzenbringende

Feuerschlünde

zu

Der König hatte hier entschieden das Rechte getroffen, wenn auch der Kunstfreund das Verschwinden dieser Meisterstücke be¬ dauern muß; allein die Lage, in welcher sich Friedrich befand, recht¬

verwerthen.

der

winnen —

Auch um Geld zu

ge¬

allerdings ebenso nothwendig bedurfte — veräußerte er manchen historisch werthvollcn Gegenstand, den die Räume des Zeughauses bargen, und so ist denn das Verschwinden vieler Waffen¬ dessen er

ebenfalls zu erklären. Eine große Anzahl derselben soll schon damals nach England gewandert sein. Wir werden au geeigneter stücke

Stelle von

den

Schicksalen einzelner Gegenstände berichten,

welche

theilweis in fremde Hände geriethen, oder in obscure Orte verbannt, erst in der Folge wieder zum Vorschein kamen. Eine andere Ursache der Verringerung der Geschützsammlung des Zeughauses war die im Jahre 1760 von den Russen unter Tottleben und den Ocsterreichern unter Lascy bewirkte Invasion Berlins. Die Russen benahmen sich hier bei Weitem anständiger und civilisirter

als die Oesterreicher, welche sich sowohl in der Friedrichs- als Doro¬ theenstadt die gröbsten Ausschweifungen erlaubten, Möbel, Spiegel, Tische zerschlugen, Betten aufschnitten, Frauen und Kinder mißhan¬ delten und ihre Rohheit namentlich an allen Bildnissen des großen Königs bethätigten, die sie auffinden konnten. Sie wütheten außerdem

in den Schlösiern von Charlottenburg und Schönhausen, man in Berlin auf das Aergste gefaßt sein mußte. Die Russen hielten entschieden bessere Mannszucht, allein

so

es

Tottleben mußte doch auch von ihrer Seite und Czernitscheff die möglichste Nachsicht mit Berlin hatten — sie wurden jedoch durch Fermor gedrängt, auch machte sich der schlimme Einfluß des französischen Gesandten, Marquis von Montalambcrt, geltend. Tottleben ließ also ein Fourage - Magazin ausplündern, etwas geschehen, obgleich

darunter 60 Stück mit conischen, 4 mit cylindrischen Kanonen.

sich

hergestellten, aber äußerst schwerfälligen Stücke.

daß

Dar mit wi guten Freden macken. Leber Broder holde fast!

Wenn

Er bedurfte weit dringender

entsetzlich

De Lerke het Ick; De Lerke bin ick genanndt, Der Nachtigall bin ick bekanndt; Den ofer mit Sturen und Straffen,

russische Gesd)üpe nachgewiesen.

fertigt sein Verfahren vollkommen.

praktischen Kriegswerkzenge als jener, zwar in künstlerischer Vollendung

Stein mit Vorräthen für die Armee ge¬ daß Stein hier 57,583 Thaler bemerkt, sei Beiläufig füllt da alle Vorräthe noch nidst vergütet wurden, verlor, die ihm niemals Privateigenthum, welches als daher den Militairbehörden übergeben, weld)es der Oberkonimiss ar

hatte.

erst abgeliefert werden sollte,

angesehen wurden.

Letzteres ist jedoch

Durch den patriotischen den Zufällen deS Krieges unterworfen. Gotskowsky kam, wie bekannt, eine Einigung mit dem Feinde zu

Stande. Berlin mußte tüchtig bezahlen. Tottleben wollte indessen auch Trophäen aus diesem Zuge mit¬ bringen und es war ihm darum zu thun, einige für die Kriegs¬ bedürfnisse wichtige Etablissements zu zerstören, weil der Führer eines Corps nun einmal den Auftrag nnd die Verpflichtung hat, dem Feinde so viel Abbruch und Schaden als nur möglich zu thun. Tottleben machte sich, was die erstere Absicht betraf, an das Er scheint dabei einem vorhandenen Verzeichnisse gefolgt Nach seinen Angaben zu fein und begann ausräumen zu lassen. hat er fortgeführt: Metall gegossen (später 1) die Statue König Friedrichs I. aus in Königsberg aufgestellt, dem Schlöffe gegenüber), Zeughaus.

2) 3) 4) 5) 6)

16 Stück Kanonen ohne Laffetten,

4 Mörser ohne Laffetten,

800 Gewehre, 300 Kreuzgewehre, 50 Offizierspenters, 7) 2500 Säbel, 8) 300 Küraffe, 9)

Eine große Menge alter Rüstungen!!

10) 900 Soldatenröcke, 11) 4000 Hüte, 12) 12,000 Ranzen oder Brodsäcke, 13) 1500 Grenadier-Mützen, 14) 48 alte und neue Fahnen.

Die

Letzteren werden noch heutigen Tages

im kaiserlichen Arsenale

zu Petersburg aufbewahrt und tragen die Jahreszahl der Eroberung.

Was nun die angeführten Entwendungen an Geschützen betrifft, so scheint die Zahl derselben zu gering angegeben, außerdem aber darf mau annehmen, daß alle entführten Stücke besonders schöne und

| i

heit nicht zuläßt , auch für mich selbst, den die letzte kleine Unruhe, nach der Entscheidung in den wichtigen Folgen gleichfalls betrifft, einige Worte zu schreiben.

werthvolle gewesen seien, denn ein Mal lagen diese, längst außer Gebrauch gesetzten, überhaupt nur des Kunstwerthes wegen erhaltenen Röhren nicht ans Laffetten, was bei Prunkgeschützen häufig und noch jetzt der Fall ist, dann aber waren jedenfalls die kriegstüchtigen und

die Sache erlaubt es

brauchbaren Kanonen nicht im Zeughause, sondern bei den betreffenden

beschützen und

Die ganz großen und fast unmöglich zu transportirende» Röhre mag Tottleben zurückgelassen haben. Daß an werthvollen Harnischen ungeheuer viel geraubt wurde,

zu dürfen.

Armee-Corps, die vor

dem Feinde standen.

bedarf keiner besonderen Erwähnung, sicherlich ist durch die russische Invasion das Werthvollste entführt worden und die oft ausgeworfene Frage: Wohin sind die Harnische, Waffen rc. unserer ritterlichen Mark¬

grafen und Kurfürsten hingekommen? dürfte damit beantwortet sein.

Da Tottleben auch Pulvervorräthe entführen wollte, sandte er mit 25 Mann in das vor dem Unterbanm gelegene

einen Offizier

Vorrathshaus der Pulvcrmühle. Es scheint, als hätten die Russen, um mit dem Zerstören der Gebäude schneller fertig zu werden, das

Magazin in Brand

Plötzlich ward Berlin durch eine furcht¬ die Lust und zer¬

gesteckt.

Das Magazin flog in

bare Erplosion erschreckt. schmetterte die 25 Mann.

X

Abstandes,

des

von Ew.

solte das nicht ohne Einkleidung

seyen können,

sagen; in

ich

Ercellenz zu mir herunter,

geschehe».

Diese aber entkräftet;

Sie das Theater erhalten, erlauben Sie mir mit Freimüthigkeit reden

also bitte ich Ew. Excellenz, bey dem Eifer, womit

Jhro Ercellenz sagten

bei

Bestätigung Herrn Meiers'):

der Ausschuß die Geschäfte gemeinschaftlich behandeln solle;

die

daß

Jn-

Gewiße Geschäffte, die sich die Bestätigung vor. Ordnung betreffend, blieben dem ersten Ausschuß allein,

teudance behielte mechanische

andere sollte er mit dem zweiten Ausschuß gemeinschaftlich besorgen. Jhro Ercellenz erklärten, Herr Meier sey nicht mit Seylers") ehe¬ maliger Gewalt bekleidet, nicht Regisseur. Ein weises Verhältniß, wornnter noch Niemand Unbilligkeit erfuhr. Und nur unter diesen Bedingungen konnten wir einen Mittschanspieler, wegen seiner GeschäfstsOrdnung, ein gewißes prae in Außenseiten wohl ge¬ statten , da wir in reellen Dingen unmittelbar unter Ihre Ercellenz standen. So war es Anfangs, Herr Meier gebrauchte sich seiner Stelle mit Eifer und Bescheidenheit, er nahm die getheilten Geschäffte

allein auf sich, ohne davon zu sprechen, oder über Arbeit zu klagen. Es war ein Fehler daß, der zuerst 2te Aus¬ schuß war, daß er diese Geschäffte, sich vergab. Nim waren sie ein¬ mal weg, nun betrachtete sie Herr Meier, als ihm gehörig, das schlich sich ein, dann klagte Herr Meier über Arbeit, endlich über Geschäffte, und wenn man ihn aus die Unterstützung des 2ten Aus¬ schußes vcrwieß, beantwortete er es nicht, oder so, als ob es sich ver¬ stände, daß Jener hierzu nicht angewiesen, oder nicht tauglich seyc. der beiden Ausschüße

(Fortsetzung folgt.)

Zwölf Briefe

Gefühl

dem

Ich werde nicht ganz kurz Einige Warheiten muß

nicht.

W. Ifflands an W. H. von Dalberg.

Mitgetheilt von Dr. fiermann liiulc.

I. Jhro Excellenz Haben die Gnade gehabt, mich mit einem Schreiben zu beehren.

Mit

den

meinen unterthänigen Dank abzustatten

des

2ten Ausschußes, die anscheinende Gewalt des Regißeurs ver¬

in

sich der völlige Ton des reisen¬ Prinzipals, wenn er keine Gage schuldig ist, gesellte. Der zweite Ausschuß, ist also jetzt eine Figur, die bey allen Proben, ans der linken Seite des Souffleurs, ohne zu reden 2 Stun¬ den stehen und nach Sechs Monaten sich 50 fl. dafür auszalen laßen darf. Es ist also ein notwendiger Vorschlag, daß Jhro Ercellenz

Verzeihen Jhro Excellenz

meine Ungeduld,

vor Dero

Zurückkunft

für die Güte womit meiner Ich würde mir ein Verbrechen daraus gemacht haben, langer als einen Augenblick mit der Idee der Hamburger Reise mich zu unterhalten. Ich weiß wie viele Ver¬ bindlichkeiten ich gegen Jhro Excellenz habe, und es beschämt mich diesem Schreiben

gedacht

wird.

äußerst, daß ich hier nichts anders thun konnte als nur meine Pflicht.

Jhro Ercellenz haben auch die Gnade gehabt, mir eine Einname zu bewilligen — Wie ich daß erkenne, wie ich mich vorzüglich jetzt bei dieser zuvorkommenden Belonung fühle? — Davon mögen mein Fleiß und mein Betragen bey Ew. Ercellenz für mich reden. Sollte nicht mein Lustspiel diesen Karneval neben den Bataille Pfer¬ den,

Julius Cäesar, Agnes, Faust

und

Sturm von Boxberg

sich

allein an

gewitzenen Geschäffte», war das NichtAnsehen

sich

bunden, wozu in den letzten Monaten

den

den zweiten Ausschuß wieder herzustellen geruhen

Instruktion

desselben,

hat er mit dem

gemeinschaftlich zu besorgen.

Geben

9 Punkte, nach Dero Ermcßen

sehen,

so

kaun er nützen.

Jhro Ercellenz

allein

ihn dafür hält, hat er bewiesen, indem

ihn alsdann auch dazu ankündigen wollen? Zudem ist mein Lust¬ spiel nicht unter die feinere Gattung zu zehlen. Das Gemälde hat starke Züge. Was im Karneval unter der annonce von „Poße" mit durchglitscht, amüsirt — könnte jetzt leicht als Lustspiel betrachtet, verdammt werden — die ersten Fehlschritte aber — thut man nie

Probe aufhob.

Doch erwarte ich hierüber die Befehle Ew. Ercellenz.

Ich freue mich sehr, daß nun die Zeit herannahet, wo Ew. Excellenz unseren Schauspielen mehr beiwohnen können. mich vorzüglich das Unglück, daß ich einen glücklichen

Ihre Ercellenz

Immer trift

abwesend sind, wenn

Tag habe.

Ich bin in tiefster Ehrerbietung Jhro Ercellenz den

gehorsamst verbundener Diener

Mannheim, 22. August 1781.

Wilhelm August Jffland.

II. Jhro Ercellenz Erlauben mir gnädigst, im Namen Herrn

Nach

demselben lieber

hat er An¬ Daß Herr Meier

er

in

deßen

Gegenwart eine

Ueberhaupt, Herr Meier ist nicht Regisseur, für uns kaun es

nie werden;

ich befehle,

warum

gebraucht er

sich

deß

icli will

gegen Leute die nachdenken können.

er¬

es so —

Er hat, um ihm

das nachzusehen, weder Jahre, Erfahrung, Wissenschafft, noch Karaktcr genug. Erempel von diesem Ton würden redender seyn, als dieser

Brief, wenn ich mich zum Delator herabwürdigen könnte. Ich komme nun auf Herrn Meiers Betragen bey dem lezten Vorgang. Einem Manne in seiner Stelle gebührte es, zum Nachdruck einer Notwen¬ digen Forderung (das war diese nicht) aus Befehlen der Jntendance, ohne Prätension für sich, mit Festigkeit zu beharren. Daß ich aber, Szenen die ich mit der Rennschöb schon 6mal gespielt hatte, Szenen von 2 Personen, verbotenus probire» mußte, daß war persönliche Neckerei;

so

wie nachher, um widerrechtliche Herausnahme des Tons die Fahne des Eifers für die Gesetzlichkeit, aufge-

zu entschuldige»,

*) Er war, als

s. g.

„erster Ausschuß', faktisch, wenn auch nicht uomi-

nev Regisseur.

Becks, dem es Krank-

der

25 Punkte

zu besorgen, so

Jetzt ist er Nichts.

beßer ausnehmen, als Schenk, wovon man glauben mögte, ich habe

wieder zurück.

mögen,

ersten Ausschuß

**) Vormals dirigircnder

Regisseur der Mannhciincr Bühne.

fteft werden mußte. Auch mag die Fackel schon lauge hinter dem Mantel gebrannt haben, die Herr Meier, so rasch , so leimend auf...') das Dach warf. Warum sonst gleich die höchste Instanz im Lande I und Ihre Excellenz zugleich um Rettung anschreien? Es war ein Wortwechsel unter gesitteten Leuten, und die Ordnung würde bis zur Ankunft Ihrer Ercellenz nicht gelitten haben. Amt-Niederlegen —

und Herrn Meiers allein gemachten Anordnungen

!

Jhro Excellenz

was soll das Spicgelsechten ?

Wozu soll das?

wenn man cs annähme.

Herz oder Kopf muß sehr

gering seyn, wenn inan alles zum Extremum schraubt!

Es sollte wohl nur die Sache, also auch die Entscheidung wichtiger machen, und wenn das Glück gut genug, seine Gewalt vergrößern. Es ist uns ehrbringender, neulich iu Herrn Meiers schlimmen Handel, un¬ aufgefordert, edler und weiser gehandelt zu habe», als es Herr Meier hier warlich nicht that. Die Herren Beil und Beck') haben Ihrer Excellenz eine Erzählung des Vorfalls bey der Lästerschule ge¬

Jhro Ercellenz uns

Intenckanee heüehlt, zu verweisen."

wir gegen Herrn Meier ohne alle Erbitterung. Sey er, was er im Anfang war, und wir erkennen, was wir durch unsere Wahl erkannten, Herrn Meier am fähigsten, die Stelle des l. Ausschußes zu bekleiden: Aber alles — alles an ihm ist nicht

dieser Sache ist

wirft

sie

wichtig.

die

ehemalige vortreffliche Behandlung verlieren;

die

sind

für

die

wir in

auf welche Freude

Blüthe unserer Jahre an einem einsamen unge¬ sunden Orte rechnen? Wir leben in der gewissen Hoffnung, Jhro Ercellenz werden diesen Brief nicht als eine unnütze, auf Unruhe ab¬ zielende Klage ansehen; da er unleugbare Realitäten enthält, die

sollen

geradezu

sich

Ihrer Wir

So wie Ew. Er¬

den

der

Ercellenz von selbst beweisen.

Jhro Ercellenz

verharren

Mannheim, 22. August 1782.

unterthänigste

A. W.

(für

unser bisheriges Verhältniß

Jfflaud

mich selbst und Herrn Beck).

III.

Ihrer

über den Hausen, zeigt uns den Unwillen, das Mißtrauen

Wir

Gewalt eines Regisseurs.

Art privilegiren könnte. Es sind überlegte, billige Dinge, welche wir Jhro Ercellenz vorstellen, Dinge die auf der Grundverfaßnng, welche Jhro Ercellenz der Truppe gaben, be¬ ruhen. Wenn wir nicht mehr von Jhro Ercellenz abhängen, und

vergrößern!

Die Entscheidung

für

nichts zu thun was die

die keiner

cellenz sie da gegeben haben,

Ferner

Meier an die Rede, Die

Sache, aber wider die Art, und bitten Jhro Ercellenz unterthänigft,

Ordnung sich unterwerfen wollen, machen unsere häuslichen Umstände uns zum Vorwurf, und wollen Herrn Meier Vollmacht geben, so fort zu handeln, wo nicht gar seine Vollmacht

für Leute,

so haben, Herrn

Uebrigens sind

hinreichend

macht; allein Jhro Ercellenz habe» auf eine Art geantwortet, die uns alle Faßung benimmt! Uns — denn die Entscheidung drückt Ohne den wichtige» Punkt von Herrn MeierS eigen¬ mich auch. mächtigen Tone zu berühren, erklären

lob wills

werden

Hintansetzung der Ausschußversammlung,

und die wachsende Eigenmächtigkeit gesehen haben.

statt

|

Herr Meier wäre warlich verlegen,

diese

Jhro Ercellenz

Ercellenz, eine gewönliche Theater-Behandlung, einen Mann, der ohne

Systemen, unser Direkteur ist. Jhro Ercellenz versprachen uns, wir würden allezeit unmittelbar unter Urnen stehen; diesen Vorzug der

Der Gegenstand worüber ich schreibe, ist Hochdemselben nun be¬ reits bekannt, durch Freunde und Nichtfreunde bekannt — meine schnelle Reise nach Hannover. Wenn Gesundheit alles übertrifft,

Mannheimer Bühne vor andern, können wir nie abschwinden,

wenn es wahr ist, daß ein siecher Körper, die Wirkung der Seele

den

Namen

zu

führen,

bey

Schöneinannschen

altkomödiantischen

kleinern oder vertheilen laßen, am wenigsten durch Chikanen,

ver¬

hemmt;

die so

so

ist das was ich nach dem Zeugniß

zweier

Aerzte thun

offen liegen, daß man sie leider zu deutlich sieht.

mußte,

Jhro Ercellenz erlauben mir zu sagen, Sie können Sich von Kleinigkeiten nicht unterrichten, also urtheilen Sie nach Wahrschein¬

entschuldigen, wenn ich nun bald die Gnade haben werde,

lichkeit, wer hat

Ordnung

sie

dem Anschein nach mehr

für

sich,

beständig gegen uns zu Felde ziehe» laßen?

die ökonomischen

noch von

Verlegenheit nothgedrungeu sind, wie jener.

wir, also finden Sic

können das nicht so sehen wie

Jhro Ercellenz

auch, leicht mög¬

liegt; daß Jhro Ercellenz mir

lich, die Wahrheit nicht, die iu dem was ich gesagt habe ich sie aber sagte, und

wie ich

sie

sagte, werden

Jhro Ercellenz sehen ans wie mau Ihre Befehle empfängt; aber nicht wie man sie ausführt. Wir bitten Jhro Ercellenz, hören Sie jene Parthey nicht, hören Sie uns nicht. Habe» Sie die Gnade nach Ihrem eigenen Ermeßen das Gleich¬ gewicht ferner zu erhalten. Wir wollen, (wie wir schon mit dem

verzeihen, die Sache entscheidet zu

allen

Seiten

Dienstwuth,

Sie

viel.

sehen

Esser aus eigner Bewegung anfiengen) alle Stücke wörtlich probiren. Aber wir stehen unmittelbar unter Ihrer Ercellenz, und Herrn Meiers

Instruktion werden Jhro Ercellenz nicht vergrößern, nach Dero Ver¬ Für jeden Befehl einer hohen Jutendance als solcher vom 1. Ausschuß angekündigt: versteht sich die gehorsamste Folgeleistung. Doch werden Jhro Ercellenz die Gnade haben, „dem ersten Ausschuß das Willkührliche, ohne Zuziehung des ganzen- oder bey schnellen Vorfällen des 2. Ausschußes

sprechen.

zu benehmen.

Aus den sparsamen Berichten

Die Art, wie

ich diese

|

der Mannheimer Bühne.

Ihnen

Niemand litt empfindlicher bei dem Gedanken, Jhro Ercellenz, Die bis daher die beßtcn Nachrichten empfangen konnten, zu beunruhigen, als ich, Niemand hatte zwischen Gesundheit und KunstEifer mehr zu kämpfen, als ich. Wie stolz erwartete ich die Rückkunft

Ihrer Ercellenz, da,

daß darf ich sagen, der beßere Fortgang des Ganzen, vorzüglich das Werk meiner Thätigkeit, meines Eifers, und des gründlichen Fleißes Herrn Becks ist. Ich weiß nichts, was über die Trennung von einer schäzbaren Familie mich beruhigen kann, als die Freude unter den Augen Ihrer Excellenz, mit erneuten Kräften, mit verstärkter Anhänglichkeit an die

Kunst (wenn die stärker möglich wäre) alles das zu leisten, was so angenehme Pflichten, als die der Dankbarkeit, der Hochachtung und — erlauben Sie mir Jhro Ercellenz zu sagen, was jeder von uns fühlt — der herzlichen Ergebenheit an Den, der die Sache der Kunst, mit großmüthigem Eifer führt — was diese heiligen Pflichten fordern.

Ich bin gewiß, ganz gewiß, Jhro Ercellenz können keine schiefe Meinung von mir in Ansehung der Sittlichkeit dieses Schrittes haben. Diese Gewißheit, entsteht aus dem Bewußtseyn meines Betragens, und aus der Neberzellgung, daß Jhro Ercellenz den Menschen zu gut kennen, als daß Achselzucken und kleinliche Besorgniße, der Menschen

die mich nicht

lieben können,

Einfluß wider mich

bey dem haben

könnten, bey dem ich Alles zu gewinne» habe.

Ich bin mit tiefer Hochachtung Jhro Ercellenz

des Ausschußes

Hannover,

*) Schauspieler

Erlaubniß nahm, werden Jhro Ercellenz

aufzuwarten.

als die welche

Allein Verhältniße stehen hier, wo vom Theater die Rede ist, nicht gegen einander. Ueberhaupt verfährt man, um uns zu schaden, gerade wie gegen Seyler, außer daß man de» Wein nicht gegen uns anführen kann; nur vergißt man, daß wir weder 56 Jahr, ihre

nicht zu viel erlaubt gewünscht.

den

6. Julius 1783.

unterthänigster Diener

August Wilhelm Jffland.

IV. Gestern schon, wünschte ich Jhro Ercellenz etwas, daß mich be¬

Grabesstille — das Haus zum Brechen voll und Enthusiasmus für das Stück, daß man am Ende uns rief. Großmann verschmerzt es uicht als Direktor, Dichter und Mensch!

unruhigt, vorzutragen; allein ich fand den Augenblick dazu nicht. Es betrifft die Medaille von der Kürfürstl. deutschen Gesellschaft.

Die Truppe bekam moralische Gichter. Von Mainz weiß ich 24 Personen aus den beßten Häusern hier. Heut ist die „väter¬

Jhro Ercellenz

Daß alles, was ich außer meinem Dank, hierüber zu sagen mich eben jezt, gegen Jhro Ercellenz in Verlegen¬

liche Rache".

Sie die Gnade habe», von mir vorauszusetzen. Meiner Ehre liegt daran, daß ich die Anerkennung dieser Me¬

Eile.

genöthigt bin, heit sezt, werden daille

jezt

bekannt gemacht sehe; oder daß ich die Medaille verbitte.

Erlauben Sie mir fteimüthig zu reden, damit nicht der Ver¬ dacht der Uebertreibung leiser Skrupel auf mir ruhe. Die lange Pause, welche die deutsche Gesellschaft zwischen dem Antrage Jhro Excellenz und ihrer Antwort, (warum? weiß ich uicht —) hat gehen laßen, veranlaßt zu meinem empfindlichen Schaden-, fol¬ gende

Gerüchte:

Einestheils, „ich wolle diese Ehrenbezeugung erschleichen, er¬ betteln". — Dann — „die deutsche Gesellschaft habe das

Stück') geprüft und nicht

des Preises wehrt gefunden, da¬

her die lange Dauer der Entscheidung'.

Diese sind mir die widrigste»; anderer, gedenke ich nicht. sind allgemeine Gerüchte, Gerüchte, von einzelnen

Es Mitgliedern, durch

Verzeihen Jhro Ercellenz die Kürze dieses Briefes, wegen der

Ich bin

Jhro Ercellenz Frankfurt, den 1. May 1784.

unterthänigstcr

A. W. Jffland.

VI. Jhro Ercellenz Es ist geschehen. Sie ist von uns genommen.') Wer eine Gemalinn hat wie Sie, weiß den Verlust des armen Becks zu ermeßeu. Ich wende mich in diesem Unglück, an Ihre Excellenz — an Ihr Herz! Beck verdient, und wird Sie Michaelis erhalten, 1200 fl. Ich glaube zwar, daß nur 1100 bestimmt waren. Aber Jhro Er¬ cellenz werden als Mensch, als Kenner der Kunst, als Theilnchmer an dem höchsten Schmerz, nicht zugeben, daß um 100 fl, die Kaße den Kredit der Billigkeit verliere. Beck, hat 600 fl. Abzug, 100 fl. jährl. Jntereße — soll häuslicher Jammer das größte Seelenelend

Schweigen, Lächeln und Achselzucken bestätigt.

begleiten?

Formalitäten, die einem Kollegio eigen sogar notwendig sind, aber ich gestehe auch, daß ich mein Stück lieber verbrannt; als durch den jungen von Stengel rezensirt gesehen hätte. Es ist geschehen — ich habe es verschmerzt! Aber diese

Nein, nimmer, Jhro Ercellenz, daß werden Sie uicht, daß werden Sie wahrhaftig nicht wollen. Sollte man Jhro Ercellenz eines andern bereden wollen — so beschwöre ich Jhro Ercellenz, handeln Sie nach Ihrem Gefühl! Würdigen Sie mich einer gütigen Antwort. Ich sehe mit Zuversicht, (mitten in gränzenlosen Elend,) auf Ihr Herz! einer günstigen Entscheidung, entgegen. Jezt will man den Engel begraben. O die Kunst leidet, wie die Liebe! So ein Weib, und sie ist hin. Jhro Ercellenz

Ich

unterscheide und ehre die

Gerüchte kann ich nicht verschmerzen.

Haben Jhro Ercellenz die Gnade und rathen mir, und be¬ stimmen mich über das, was ich jezt Ihnen so vortrage, als wären Sie uicht Präsident dieser Gesellschaft.

Ist

die Medaille anerkannt,

Anerkennung

gleich bekannt

so

bitte ich um die Gnade, diese (denn die Stunde der Ge¬

zu machen,

unterthänigstcr

währung, nicht die des Empfangs, entscheidet hier). Ist sie es uicht, oder ist sie es nur mit einem Schatten von Widerwillen — nur mit dein schwächsten Schatten! — Dann Jhro Ercellenz, bey allein

Sie hierüber Selbst fühlen, haben Sie

was

bezeugung von

mir zu entfernen,

A. W. Jffland.

(Schluß folgt.)

die Gnade, eine Ehren¬

welche durch die

Art

„Der Harlungerberg

der Gebenden,

ganz erkältet. Mein Stück — ich bescheide mich seines kritischen Unwehrts — ließ Volcks - Stimmung entstehen —: hat die deutsche Gesellschaft oder ein Theil derselben, der Theil derselben, der mir jezt schadet, — haben diese die Herzlichkeit, gewißen Rücksichten untergeordnet; ie nun — so bin nicht ich der verlierende Theil. den

e

(Zu Nr.

Danck des Empfängers

Glauben mir Jhro Ercellenz, von Ihnen vorgeschlagen zu seyn, mit Ihrer fürtrefflichen Art, mit so viel warmen Antheil behandelt zu seyn — ist mir unendlich wchrter, als alles was von anderer Seite

geschehen kann.

Daß sagt mein Herz — ohne Bi-egung, ungedrnngen von irgend einer Rücksicht. Der ich mit der vollkommensten Hochachtung bin

Jhro Ercellenz

V. H.

den 27. Apr. 1784.

bei örandenburg". 6)

Der Harlungerberg, wie der jetzige Marienbcrg bei Brandenbürg im Mittelalter genannt wurde, wird zuerst im Jahre 1166 erwähnt. Auf ihm stand einst der Tempel Triglaff's, bis an deffen Stelle Pribislaw, nach seinem Uebertritt zum Christenthum, die Marienkirche erbaute. Der deutsche Name „Harlungerberg" erscheint aber allein in einer Zeit, wo noch das Wendische fast allgemeine Landessprache war, und kein wendischer Name ist uns dafür bekannt Es leidet keinen Zweifel, daß wir es mit einem Nanieu geworden. zu thun haben, der sich aus der germanischen Vorzeit die Wendenzeit hindurch erhalten und den Wechsel der Landessprache überdauert hat.

Er bietet

einen schwachen Lichtstreifen in das Dunkel, welches auf

der Vorgeschichte unserer Marken liegt, denn wem sollte es nicht bei

gehorsamster

A. W. Jffland. V.

Jhro Ercellenz Größeren Triumph kann die gute Schauspielkunst nicht erleben.")

*) Berbrechen aus Ehrsucht, Fainiliengemälde in 5 Akten, von Jffland. Dieser erhielt übrigens die seiner Ungeduld zu lange ausbleibende Denkmünze wirklich. Sic hatte einen Werth von 25 Dukaten. **) Jffland und Beil waren (mit Schiller) nach Frankfurt a. M. gereist, um dort bei der Großmann'schen Gesellschaft zu gastiren.

diesem Namen an jenes Heldenvolk gemahnen,

welches einst an der

Donau herrschte. Wir meinen die Heruler, welche mit mundartlicher Wortbiegung „Harlungec" genannt wurden. Der Ort, wo ihre Königsburg an der Donau gestanden, war als „ane Harlungorum“ In Oberösterreich liegt der Ort den: deutschen Mittelalter bekannt. — Urkunden Herlinnga, dann mittelalterlichen in er hieß Herolfing des Volkes der Heruler Reste daß Herlwingen, und ist ein Zeugniß, oder

Harlunger in Oesterreich

auch zurückblieben.

•) Caroline Beck, geb. Ziegler. Deutschen Museum, 1785, Februar, Nekrolog der Künstlerin.

So ist

denn auch

Sie starb am 29. Juli 1784. In, veröffentlichte Jffland einen

S. 172,

86

„Harlungerberg" an der Havel ein Denkmal des früheren Aufent¬ halts der Heruler. Sie hatten jedenfalls Wohnsitze an der Havel und auch von dieser wahrscheinlich den Namen, und gehörten zu dem hundertgauigen Gcsammtvolke der Semnonen, welches in der Völkerwanderung sich in seine Theile auflöste und daher den Gesammtder

namen so schnell verlor.

Schon Helmold nennt in seinem Chronicon Slavorum die Be¬ wohner des Havellandes Hevelder oder Heruler, und deutet damit die

Ueberlieferung an, welche

sich

über letztere erhalten.

Heveller oder

Hevelder war der deutsche Name des Slavenstammes, welcher das Havelland oder Heveld bewohnte; der wendische Name war Stodorani, und das Land hieß Stodor. da

Daß der Name der Havel mundartlich sehr wechselt, sehen wir, in Urkunden oft wohl mit der slavischen Form „Obole"

er

„Obula" genannt wird, noch jetzt ist die plattdeutsche Aussprache Hüagel, was besonders in zusammengesetzten Worten hervortritt; so konnte die Havel sehr wohl in der Vorzeit auch den Namen Hart führen, welches ein deutschet Flußname ist. den

Wir

verweisen hierbei ans

der Fluß „die Harle" der Landschaft Harlingen Namen gegeben hat. Als ei» Theil der Heruler nach dem Jahre 510 wieder nach

Ostfriesland,

wo

Norden zog, um seine alten Wohnsitze aufzusuchen, fand er unsere Gegenden bereits von slavischen Stämmen besetzt, und soll erst in

Scandinavien neue Sitze gesunden haben. Berlin, den 15. März 1876. Noch

x.

einmal „der Harlungerberg". Entgegnung von Dr.

.

die auch sonst aus schwachen Füßen steht,

Beglaubigte Nachrichten über die ursprünglichen Wohnsitze der Heruler fehlen; ob Herolfingen in Oberösterreich von ihnen den Namen führt, ist in diesem Falle gleichgiltig; daß sie eine Zeit lang ein Reich in den Donaugegenden gehabt, ist ja bekannt; die Identität der österreichischen Harilungoburg (des Sitzes Rüdegers v. Bechelaren) mit der Königsburg der Heruler soll noch bewiesen werden; man nimmt an, daß die Letzteren damals nicht an der Donau selbst, sondern an der Theiß gesessen haben, die Geschichte kennt sie als ein flüchtiges, unstätes Volk, das sich bald hier, bald dort, zur See oder zu Lande, aus Raubzügen furchtbar macht, weniger ein Heldenvolk als ein Volk von Landsknechten. Daß sie alle Gegenden in Deutschland durchzogen haben, ist möglich; erklärt werden aber dadurch die zahlreichen Harlnngerberge nicht. Stätten, die damals noch dem Götterkultns angehörten, nannte man nicht nach Räuber¬ banden, und überall dort laugandauernde Wohnsitze der Heruler an¬ zunehmen, wo sich Harlnngerberge finden, erscheint ebenso unthunlich. Nach seinem eigenen Namen nennt ein Volk auch keine Oertlichkeiten; es überläßt dies späteren Geschlechtern, und in unserm Falle müßten dann wenigstens

germaniens durch die Wenden stamme, mag sein;

ich

habe auch die

Vermuthung ausgesprochen; Beweise für seine Behauptung giebt der Herr Verfasser nicht. Woher weiß er, daß im 1166 das Wen¬

I.

fast allgemeine Landessprache im Havellande war? Die Be¬ völkerung wird stets eine gens permixta Slavonica et Saxonica ge¬

von Heruler sein; möglich wäre allein, sowohl Harlung als Heruler'

auf denselben Ursprung zurückzuführen und den Vater der mythischen Harlunge zugleich als Heros eponjmios der Heruler anzunehmen. So lange aber die Etymologie von .Hernlus" noch so sehr schwankt, und bei der großen Zahl von Varianten noch nicht einmal über¬ zeugend nachgewiesen ist, wie der Name authentisch zu lauten hat, kaun darüber nichts Bestimmtes geäußert werden. Die Vermuthungen Jacob Grinim's und Rieger's mögen trotzdem richtig sein; der Zu¬ sammenhang des Harlungerberges mit den Herulern ist sprachlich aber nur durch das mythische Brüderpaar möglich. Den Beweis dafür, daß Heruler an der Havel gewohnt haben, findet v. Raumer in der Sage von der Verpflanzung der Harlunge nach Brandenburg durch Karl d. Gr. Dies Argument kann, so lange die Identität beider Namen nicht überzeugend nachgewiesen ist, von keiner Bedeutung sein. Helmold sagt allerdings, daß an der Havel die Heruler oder Hevelder wohnten; er mag eine Notiz Adam's von Bremen mi߬ verstanden haben: Slavonia a Winulis incolitur qui olim dicti sunt Wandali, Heveldi vel Heruli — verdächtig ist jedenfalls, daß er die Heruler Slaven nennt. Bei den unsicheren Nachrichten über die alte Topographie der Slavenländer ist es bedenklich, einer Idee zu Liebe,

Wenden

Namenspender

gewesen

sein,

will.

Möglich wäre vielleicht, daß die Heruler selbst ihren Stammheroen, den Härtungen, auf Bergen Heiligthümer errichtet hätten, wogegen nur wieder die weite Verbreitung derselben durch ganz Deutschland streitet. Die Ableitung des Namens der Heruler, von der Havel, ist die vierte mir bekannt gewordene Etymologie; ob sie Aussicht hat, all¬ acceptirt

werden,

zu

Sprachkundigere

mögen

entscheiden.

Obula, Obola sind sicher nicht slavische Formen des Wortes Havella, sondern nur von unwissenden Chronikanten beliebte Varianten; Hügel (oder Haogel) für Havel erklärt sich spraä)lich völlig ungezwungen, weil Labiale und Gutturale sehr leicht ineinander übergehen, auch in modernen

Hart

hat unser blauer Heimathsstrom nie ge¬ heißen; ich wüßte wenigstens nicht, wie dies zum Aeseldan Alfreds d. Gr. geworden sein sollte. Ob die ostsriesischen Harlinger von ihrer Harle germanischen Dialekten.

den

dische

nannt. Härtung ist unzweifelhaft patronymische Ableitung von einem uomen proprium und kann daher nicht „mundartliche Wortbiegung"

die

wozu wieder der Name nicht passen

gemein

Der ungenannte Verfasser der obigen Zeilen sucht den Nachweis zu führen, daß der Name dieses Berges ein Denkmal des früheren Aufenthalts der Heruler an der Havel bilde. Der Gedanke ist nicht neu; seine Begründung aber giebt mir Veranlassung zu einigen Be¬ merkungen. Daß der Name aus der Zeit vor der Occupatio» Nord-

einer durch nichts weiter

bestätigten Angabe unbesehens Glauben zu schenken.

Namen erhalten haben, ist dabei völlig irrelevant. Daß der Harlungerberg seinen Namen nicht direkt den Herulern

verdankt, scheint mir aus sprachlichen Gründen unzweifelhaft; ob sie mittelbar von Einfluß daraus gewesen sind, kann bei der Mangel¬ haftigkeit unserer Quellen nicht festgestellt werden, am allerwenigsten durch das „wenn und aber" des Herrn Anonymus; es würde das aber immer eine cura posterior sein, welche der meines Erachtens allein zulässigen sagenmäßigen Deutung des Namens nicht präjudi-

cirlich sein kann.

In

meinem Aufsatz habe

ich

gesagt, die Weinberge am Har¬

lungerberg seien .bereits 1209" erwähnt.

Es

geschieht dies aber schon

St.

Brandenburg rc. p. 196 früher, wie Schillmann, Gesch. d. auch mitgetheilt hat, nämlich im Jahre 1173; ek. Riedel, eod.

Diplom.

Zur

I 8,

p. 109.

Geschichte der Schrvcher-Colonien

unter Friedrich Mitgetheilt von Dr.

im Kuppinschen

III.

19. Sdmmclj.

Nachfolgendes interessante Actenstück findet

sich

im Archiv

der

alten reformirten Superintendentur zu Neu-Ruppin. „Wir Friederich der Dritte von Gottes Gnaden Marggraff zu Brandenburg des heyl. Rom: Reichs Ertz Eämmerer unnd Churfürst, in Preußen, zu Magdeburg, Cleve. Jülig, Berge Stettin Pommern der Caßuben und Wende, auch Schlesien zu Croßen und Schwiebus,

Hertzog,

Camin,

zu Nürenberg, Fürst zu Halberstadt, Minden und Grast zu hohen Zollern der Mark und Ravensberg, Herr zu

Bnrggraff

>

Ravenstein und der Lande Lauenburg und Bntow. p. Uhrkunden und bekennen hiermit, daß, ob Wier zwar unser im Ambt alten Ruppin telegenes

Schultendorfs mit

Vorwerk

gnädigst resolviret, Wier

Schweitzern

doch hernach befunden,

zu

besetzen

daß die Wenigsten

unter ihnen Bauern gewesen, und dahero die Wirtschafft und Haus¬

haltung auff dein Lande nicht verstehe», dahero entstanden, daß Sie vor alters woll angeleget gewesen, gantz verkeret, keine

die Aecker so

Ordnung in den Feldern halten, sandern Oonkuss in allen Feldern pflügen und säen, feer wenig Mist auff die Aecker gebracht, sondern den in den Vorwerks-Schaff und andern Ställen noch gefundenen

und Gärten, sambt der hälffte der von den Bauern und sonsten in Dorffe fallenden Straffen, gantz frey von Oontribution, Schoß, Einqoartirung, Jagtlauffen und reiten auch allen andern praestatioueii, wie die immer Nahmen haben und erdacht werden mögen, Wier unser» Erben und Nachkommen Marggraffen zu Brandenburg p. wollen meecgemeldten unsern lieben getreuen Gottfried Laugen Bürgermeistern zu Neuen Ruppin und seinen Erben bey diesen Schultzen Gericht und deffen Zubehörungen,

wieder jedermänniglich jederzeit schützen und Uhrkundlich haben Wier dieses eigenhändig unterschrieben und mit unsern Churfürstlichen Gnaden Siegel bedrücken lassen.

handhaben.

Theils von zwey Jahren hero darin gelegenen Mist unausgeführet liegen und großen Theils darin vergehen lassen, und den wenigen so Sie noch ausgeführet, nicht auff dieselbe Aecker, wohin

So

und

Er eigentlich gehöret, gebracht,

den Acker

geschen

Cöln an der Spree

d.

18. Jan. Ao. 1693.

(L. S.)

Friederich

E. Danckelman.

gar schlecht bestellet und

theils gar unbestellet liegen lassen, das Ihnen übergebene gute Rind

Schaff-Vieh, theils eoirsnmirot, theils verkanffet und theils ver¬ tauschet, das Getreidig nicht selbst ansgedroschen sondern solches durch andere Leuthe umb Tagelohn, da Sie es doch fettsten verrichten können und sollen, mit großen Kosten thun laßen, und solches ver¬ kanffet, so daß fast Keiner weder Brodt- noch Sommer Saath-Korn mehr hatt, den unter sich selbst gemachten Schnitzen, welcher ihres Gleichen ist, und so wenig als Sie von dieser Landes Arth weis,

Ueber den Namen -er Stadt Spandau.

und

besorgen, daß

Der Name Spandau ist bis jetzt in allen Chroniken, auch neuerdings wieder nach Annahme älterer Etymologien in der Geschichte der Stadt und Festung Spandau (abgedruckt in der in Spandau bei Carl Jürgens erscheinenden Havelzeitung) von meinem Freunde vr. H. Jahn von einem wendischen Worte spanja abgeleitet. Derselbe verwirft zunächst die Erklärung aus dem plattdeutsche» Worte „span ut"; diese Ableitung kann überhaupt nur als Spielerei angesehen werden, und verdiente höchstens als Curiosum Ausnahme in eine Ge¬

die

schichte der

und dahero nichts nützliches anordnen kann, nicht respectiren, und zu

Wan hier unter keine andere Anstalt gemachet wurde, Haushaltung bey so beschaffenen Zustande unmöglich werde be¬

und dahero gnädigst bewogen worden, einen Schnitzen, welcher Atiroritüt hatt, zusetzen, dergestalt, daß Er die VorwerksGebäude, soviel Er davon benothiget ist und gebrauchen kann, zum stehen können,

Schultzen Gericht ümb eine billige taxa käufflich an vor das

Kanff pretium

bäuden, so abwerths

sich

nehmen und

die andere außer seinen noch bleibenden Ge¬

stehen,

entweder zu Bauerhöffe oder Scheunen,

wie es sich am füglichsten und solle, damit ein ordentliches Dorff,

bequemsten schicken

wird, employren

nach der zumachenden richtigen

Stadt.

Soviel

steht fest, daß der Name, wie alle Eigen¬

namen auf ow, woraus jetzt bei vielen die moderne Endung au

ge¬

ist, aus dem Slavischen stammt. In der eben angeführten Geschichte von Spandau heißt es: „Weit mehr Nebcrzeugungskraft worden

(als die plattdeutsche Erklärung) hat eine andere Annahme, welche „Spandow" aus dem wendischen Worte „spanja", zu

de» Namen

„ruhen, schlafen" ableitet, denn hier brauchte an den Namen „span" nur die wendische Endung „dow" zu treten, um den Namen in ganz ungezwungener Weise entstehen zu lassen. In diesem Falle deutsch

„Spandow" etwa „Schlasquartier" bedeuten. Jahn bernft für die Richtigkeit seiner Deutung aus einen Fähr-

Abtheilung angeleget, ein jeder sein Wohnhaus, Ställung und Mist¬ hoff allein habe und also nicht nur aller fernere Streit unter Sie

sich

vermeidet werden, sondern auch wegen besorgender Feuers Gefahr (da

krug oder eine Gastwirthschaft auf dem ehemaligen Benz, dem heutigen

Sie allesainbt in

Behnitz, wo Fremde zu übernachten pflegte»; dieser Fährkrng solle Spandow geheißen und später dem ganzen Orte denselben Namen

den

Vorwerksgebäuden so seerr

enge

zusammen

wohnen und schon an zwey Orten Feuer, welches das Dach ergriffen, entstanden) die Vorwerks Gebäude sambt aller habseeligkeit nicht auff einmahl in Rauch auffgehen mochten, dan soll Er auch die Schweitzer in hiesiger Landes Wirtschafft mit Nachdruck anweisen laßen, und

würde

zum Beweise

verliehen haben.

wollen, zur Gnädigsten Verordnung mit den förderlichsten referiren,

Gegen diese Deutung läßt sich zunächst einwenden, daß nicht „dow", sondern „ow" die wendische Endung für Ortsnamen ist, z. B. Rathenow, Pankow, Stralow, Teltow, Lützow, Prenzlow u. s. w.; findet sich „dow", wie in Spandow, Bredow, so gehört das d zum

gute Ordnung im Dorffe und Ackerbau halten, die justitz

Namen des Wortes.

die vermögende Schweitzer, daß

nur diesem Theile der Stadt den Namen geben können; das ist aber nicht der Fall, sondern der Name Benz oder Behnitz besteht heute noch neben dem Namen Spandau. Bei dem Interesse, welches ich für meine Heimatstadt habe, ließ ich es mir angelegen sein, nach einer Erklärung für den Namen

von deuenjenigen, welche Nicht capable seyn, noch sich hiezu anschicken

administrireii, Sie aus ihren Mitteln bauen müßen, anhalten. Und weiln die Schweitzer, allen Ansehen nach, wen Sie nicht märkische Bauern unter sich habe», werden schwerlich fortkommen möchten, den 4tcn Theil, nemlich 3 gute tüchtige Märkische Bauern, die gegen gewiße trey Jahre aus ihren eigenen Mitteln bauen können, wohingegen die von Schultzendorff abgehende 3 Schweitzer auff Wüste Dauerhoffe in den Ruppinischen >md

Liudowischen Ambts Dörffern wieder unter gebracht werden müffen,

anschaffen und dieses

Dorff

nach Möglichkeit vollbesetzen und conser-

vireit und in allen des Dorffs bestes

suchen

und hier unter nichts

»erabseumen.

Und weiln Wier hierzu unsern lieben getreuen Gottfried Langen, Bürgermeistern unserer Stadt Neuen Ruppin, eapable befinden; Als

Wier denselben zum Schultzen zu obgedachten Schultzendorff, Er vorgedachtermaffen alles in guter Ordnung bringen: Conseriren demnach unsern lieben Getreuen Gottfried Langen p. und seinen Erben, aus sonderbaaren Gnaden das Schultzengericht zu schultzendorff, mit fünff Huben und den dazu gehörigen Wiesewachs

lcheu daß

oder

Behnitz;

Ferner aber stand der Fährkrug auf dem Benz

er hätte also

Spandau zu suchen, die sprachlich und sachlich zu rechtfertigen ist. Die Formen, in denen der Name in alten Urkunden vorkonimt, weichen wenig von einander ab: es ist meistens die Form „Spandow", einige¬ mal „Zpandow" (so 1264, 1271). Sehr viele Städte, und ganz besonders slavische, haben ihre Namen von dem Terrain erhalten, auf dem sie angelegt sind. Meine Bemühungen indeß, den Namen Spandau in Verbindung zu bringen mit den slawischen Ausdrücken für Sumpf oder Wald, woran die Umgebung Spandaus sehr reich war, erwiesen sich als ver¬ Endlich fiel mir ein, ob nicht etwa der Name im Zusammen¬ geblich. hange stände mit der Vereinigung von Spree und Havel. Zu meiner großen Freude fand sich deirn auch eine Erklärung des Namens Span¬ dau so passend, als ich sie mir nicht besser wünschen konnte, und

zwar ist die Deutung aus der lausihischen Sprache, die mit dem Wendischen der Havelgegend nahe verwandt ist.

geht aber in das Haus der

Bären

Es heißt nämlich

spsjtati (spr. spontati) heften, vereinigen, spatnica (spjatnica) Ver¬ einigung. Hiervon ist abgeleitet sp%tawa (spr. spontawa) Stauung des Wassers, Widerwoge. Es erleidet keinen Zweifel, daß spontmva und Spandowe zu¬ sammengehören, und die Bedeutung des Namens Spandau fällt so¬ mit zusammen mit der Bedeutung des römischen OontluentkL, des

welchem die beiden

nun nicht

kann

mehr

Anwendung

G. H.

finden.

Meement. Eine abenteuerliche Geschichte aus den Tagen Friedrich Wilhelms I. Erzählt von Luilovicll Kekckuck.

Daß die ersten Ansiedler an dem Zusammenfluß von Spree und Havel dem neuen Orte den Namen Spandow, das ist Zusammenfluß, gegeben haben, war sehr natürlich; denn gewiß war dieser Zusammenfluß zweier für die Schifffahrt und den Fischfang so wichtiger Ströme die Hauptveranlassung für die Anlage eines Ortes. heutige» Koblenz,

Mohrenstraße, vor

— zu suchen,

stehen

am Zusaiunienfluß von Rhein und Mosel.

(Fortsetzung.)

Die Thränen, die ihr wider Willen in die Augen stiegen, dämpften den

Trotz, und milder entgegnete sie: „Die Liebe zu Dir hat mächtig dem glühenden Verlangen nach Rache, darum

in mir gekämpft mit wollte ich er mußte

Dr. Beck.

Dir noch einen Ausweg lassen; ich sandte Dir den Ring, Dir ja durch seinen Farbenwechscl meinen Verrath anzeigen

und Dich warnen."

Kleement schüttelte den Kopf.

Die Mohren aus der Lehrenllrake. (Mit Abbildung auf S.

Wir

geben

heut als

„Das Alchymisten-Kleinod versagt dem Verräth« feinen Dienst." Ein Zweifel an der Kraft des Ringes stieg nicht auf in der feurigen Südländerin; der Glaube an geheime Naturkräfte, die durch Zauber zu bannen seien, war damals noch mächtig in den Geistern. „Hast Du Deine Rache nun befriedigt?" fragte Kleement nach einer langen Pause; „dann laß uns Abschied nehmen für's Leben!" Jela lachte spöttisch: „Lässest Du die Flügel hängen? Ist es zu Ende mit Deiner Gewalt über den König?" und fast höhnisch sagte sie:

die Abbildung der

beiden, dem geschäftlich durch die Straßen Berlins Eilenden, so wie deitf Flaneur hinlänglich bekannten Mohrenfiguren.

Der heutigen Generation sind dieselben wohl nur von ihrem Standorte vor dem Hause Behrenstraße Nr. 62 her in der Erinne¬ rung, wo sie lange, lange Jahre hindurch paradirten, ein Gegenstand der Bewunderung aller Handwerksburschen, Dienstmädchen, Schulitnb Straßenjngcnd, welche Letzteren in der Dämmerstunde die schwarzen Menschenbrüder-Statuen zur Zielscheibe für nasse Lehmkugeln — im Winter für Schneebälle — zu wählen pflegten. Der Mangel an Raum in dieser Nummer unseres Blattes

„Nein",

bens,

welche

ver¬

in der That Stücke unseres alten Berlins sind, eine

seren

Lesern

Wir

werden

nicht für immer schuldig bleiben.

bereits vorhanden.

Die Mohren haben, wie

so

sie indessen

Material

un¬

Große», wurde.

als Laternenträger für den Fuß au der freiliegenden Treppe, welche zu dem Vorsprunge des Mitteleingangs führte. In der Folge wurden sie beim Umbau des Palais mit manchen anderen Werk- und Baustücken verkauft und — durch ihre stattliche Erscheinung wohl vor der Zerstörung bewahrt — dem Eigen¬ thümer des Hauses in der Behrenstraße, einem Schmiedemeister, über¬ liefert, der sie zu beiden Seiten der Hausthür postirte.

Sie dienten damals

schon

Bekanntlich wurde das Palais des Prinzen Ferdinand Sr. kgl. Hoheit dem Prinzen Karl von Preußen übergeben, welcher noch heut der Besitzer deffelben ist und es in seiner jetzigen Gestalt aus- und

umbaut.

Da

die Mohren

zum alten Palaste gehörte»,

hat der Herr

Geh. Commerzien-Rath v. Bleichröder, als Eigenthümer des Hauses in der Behrenstraße, beide Figuren Sr. kgl. Hoheit dem Prinzen

Karl zum

Geschenk

gemacht und sie sind nunmehr wiederum, wenn

auf ihrer alten Stelle,

auf alten Grund und Boden angekommen und befinden sich jetzt — ihrer alten Bestimuiung getreu — als Laternenträger vor dem Eingänge zum HofmarschallAmte Sr. kgl. Hoheit im Hofe des Palastes. Der alte wohlfeile Straßenwitz: Ein Mann wird in das Haus der Behrenstraße bestellt, vor welchem die beiden Mohren stehen — auch nicht

so

doch

weil ich es Daß meine

Sind

Dir,

nicht

ich gehe

nur wenn ich will!" Jela trat dicht an ihn heran. „Und wenn sie Dich — foltern?" Er fuhr zurück. . . „Dann gestehe ich Alles!" rang es sich von

zu Grunde,

eben¬

falls ihre Geschichte. Für heut sei nur bemerkt, daß die Afrikaner aus Stein, bei Beginn ihrer Laufbahn vor dem Palaste des Johaunitermeisters Markgrafen Karl standen und daselbst verblieben, als der Palast die Wohnung des Prinzen Ferdinand von Preußen, Bruders Friedrichs des

Verhaftungen genug vorgenommen worden? Ich sage

dazu ist

Vieles Andere,

entgegnete der Abenteurer, sich hoch aufrichtend, „denke die Mauern

überhaupt nicht, daß es mit mir zu Ende ist, weil mich von Spandau einschließen. Es ist zu Ende mit mir, will! Dein Verrath hat mich gebrochen, nichts Anderes! Macht die alte ist, haben die letzten Tage bewiesen.

bietet es, den berühmten stummen Beobachtern unseres Straßentrei¬

ausführlichere Besprechung zu widmen.

er ist

blau geblieben!" Er hielt ihr das Kleinod hin, das im alten Feuer schimmerte,

89.)

Jlluftrations - Beilage

„Es war Nichts damit,

|

seinen bebenden Lippen.

ihren Augen blitzte es aus. „Ich will gehen", sagte sie mit dumpfer Stimme, „uns Beiden taugt kein Beisammensein mehr! Das Eine will ich Dir indessen sagen: ich hab' Dich viel mehr ge¬

In

liebt, als ich selbst ahnte; in der Stunde, da ich Deinen Untergang beschloß, habe ich es gefühlt, aber die Liebe geht der Magyarin nicht über das Vaterland!"

Sie

reichte

ihm die Hand nicht mehr,

sie sah

ihn kaum an,

er

machte aber auch nicht die leiseste Bewegung, sie zurückzuhalten. . . An demselben Tage, da Jela den ehemals Geliebten in der ein¬

samen Gefängnißzclle zu Spandau besuchte, kam Herr von Knyphauscn von seiner Mission aus Wien zurück, und nun begann ein Kampf

auf Leben und Tod zwischen sämmtlichen Kabinetten, Engen und deni Monsieur Clement. So ganz überdrüssig mußte er indeß seines über¬ Lebens doch nicht sein, denn er wehrte sich gewaltig, und hatte dies an dem

König immer einen heimlichen Bundesgenossen.

Die Dresdener sielen aus den Wolken über die ungeheuerliche Tiefste Geschichte; Prinz Eugen, der „edle Ritter", zeigte sich aufs zu¬ habe gekränkt, daß ihm Friedrich Wilhelm eine solche Schurkerei trauen können; Couriere, Depeschen und Berichte flogen wieder hi» erwartet und her, und es kam Manches zu Tage, was uian nicht lassen. hatte: — aber nur eine Verschwörung wollte sich nicht entdecken verlangte An allen Höfen sprach man von dem Lügner Kleement und hauptsächlich welcher Lehmann, Der Resident strenge Untersuchung. dieser mit Kleement verhandelt hatte, war nach Sachsen geflüchtet, als

89 verhaftet wurde, aber Sachsen lieferte ihn wieder aus. Licht in die Sache war nur zu bringen, wenn Kleement ein offenes Geständniß ablegte; aber dies war nur zu erlangen, wenn der General von Bieberstein wieder eine Zusammenkunft mit Jela Tököly gehabt hatte. Wenige Tage darauf ging es wie ein Lauffeuer durch die diplo¬ matische Welt: „Kleement hat gestanden!" Man hatte ihm mit der

Folter gedroht, und darauf hin legte er das Bekenntniß ab, alle vor¬ gezeigten Briefe selbst geschrieben, alle seine Erzählungen erdichtet zu haben. Mau jubelte, da er gezwungen worden, vor des Königs Augen dessen Handschrift nachzuschreiben, und er hatte es so geschickt aus¬ geführt, daß sie der König kaum von seiner eigenen unterscheiden konnte. Das Leben des Abenteurers war verwirkt — die Angeschul¬

die

auf

ihn verrieth — aber

daß ich

Betrug habe

ich genug gespielt,

es

ich

will nicht! Verrath und gegen wen, ich will

ist gleich,

Strafe leiden." Der König ließ Hut, Stock und Dokument fallen und trat dicht den Abenteurer zu.

„Er

bereut?"

„ Aufrichtig,

Majestät."

„Dann mag Gott Ihm gnädig sein — ich muß der Gerechtigkeit freien Lauf lasten! . . Hat Er mir noch Etwas zu sagen?" „Ja, Majestät! Die Menschen, die ich Ihnen genannt, sind meist unschuldig; aber eine Verschwörung zwischen Wien und Dresden, gegen Berlin, bestand doch und wird stets bestehen."

Die Augen der beiden Männer

digten standen rein da.

Aber Friedrich Wilhelm beruhigte

nicht; sein Mißtrauen gegen Wien und Dresden war eben so tief gewurzelt, wie sein Glaube an Kleement. Noch im letzten Augenblick fand er eine Entschuldigung: „Jetzt will er die beiden Höfe rein waschen, damit sie sich seiner sich noch

annehmen."

Die Mohren in

senkten sich ineinander, dann König ihm die Hand hin und sagte weich: „Er hätte fein Glück bei mir finden können, wenn Er ein ehrlicher Kerl ge¬ streckte der

wesen wäre.

Als Kleement diese Aeußerung des Königs vernommen, zuckte „Das verdiene ich nicht!" murmelteer. Nein, er soll nicht länger betrogen werden — er soll Alles wissen!" Es kam eine weiche, milde Stimmung über ihn; und fast un¬ muthig hörte er den Schließer die Thür seines Gefängnisses öffnen. Wie erschrak er jedoch, als er den König mit geballter Faust, glühend¬ rothem Gesicht und wuthsunkelnden Augen, in der Linken den Stock und einen Brief schwingend, eintreten sah. das Schandstück geschrieben?" schrie ihn der Monarch

.

.

Ich

verzeihe

Ihm!"

Der Abenteurer beugte sich über die Königliche Hand. Als Friedrich Wilhelm den Kerker verließ, standen Thränen in seinen Augen.

der Behrenstraße zu

er zusammen.

„Hat Er

zeigen,

Er hatte

Berlin. den

letzten

treue, ehrliche Seele

Glauben an die Menschen verloren, und seine schwer darunter.

litt

Siebentes Kapitel.

In

der Hausvogtei.

Anno 1720 stand die Hausvogtei noch in der Unterwasserstraße neben der Münze, die Anno des

1704 aus

Münzthurm Bei ihrer Erweiterung

dem sogenannten

Schlosses hierher verlegt worden war.

läumdungen starrte, die gegen feine Person gerichtet waren. „Ja", entgegnete Kleement ruhig; und vor dieser Ruhe wich

wurden die Gebäude der Hausvogtei mit ihr verschmolzen und diese wurde zwischen Ober- und Niederwallstraße an der Stelle, wo bis dahin die Stallungen des Jägerhofes sich befunden hatten, eingerichtet.

der zornige Herrscher zurück.

In

an, und hielt ihm ein Erpose hin, das von Schmähungen und Ver-

„Hat Er Nichts

zu Seiner Vertheidigung zu sagen?"

Friedrich Wilhelm schon milder. „Nein", erwiederte Kleement.

„Ich

mir nur als Maske gedient, um

dem

fragte

könnte zwar sagen, es habe

Grafen Flemming nicht zu

jener alten Hausvogtei nun auf der Unterwafferstraße finden wir April des genannten Jahres den Abenteurer Kleement wieder.

am 17.

Es ist ein volles Jahr verflossen, seitdem König Friedrich Wil¬ helm Abschied von ihm genommen; sein Prozeß hat sich in die Länge gezogen, aber je länger er gedauert, desto mehr Freunde hat sich der

Seine ruhige, vornehme Art, die Offen¬

Mann gewonnen.

seltsame

der er bekannte und gestand, erschütterte selbst manchen seiner

heit, mit Richter und

es

gab manchen

Tag, an

welchem Friedrich

Wilhelm

geneigt war, aus's Neue des Abenteurers Partei zu nehmen. Eine jammervolle Rolle spielte der unglückselige Lehmann, der immer nur bat, ihm. sein Leben zu lassen, da er aus Unwissenheit gehandelt.

Kleement selbst bat für ihn, aber er war ein geborner Preuße und hatte deshalb das strengste Gericht zu erwarten. Ebensowenig konnte Kleement das Schicksal der Andern wenden, die ihm

zugetragen

richten

hatten

und

in Berlin Nach¬

mit ihm verhaftet worden waren:

Heydekam, Wernicke und Bube; nur die völlige falls verhafteten Secretairs Runkel konnte er beweisen,

Unschuld des eben¬ so daß dieser

nicht nur frei gelassen, sondern sogar Entschädigung erhielt. Uebrigens war es nicht Kleement, sonder» Lehmann, der die Verhaftung der

Andern veranlaßte; Jener wälzte keine Anschuldigung mehr auf An¬ Der Präsident dere, er suchte nur den Verdacht hinwegzunehmen.

Dankelmann wurde bald in Freiheit gesetzt und erhielt jährlich 300 Thaler Gehaltszulage als Entschädigung; auch der Bischof Jablonski, deu Einige bereits für einen Mitschuldigen Kleements gehalten hatten, stand völlig rein in den Augen Aller da. In einem letzten Verhör hatte Kleement den unseligen Lehmann, mit dem man ihn confrontirt hatte, um Verzeihung gebeten, daß er ihn in's Unglück gebracht habe, dann fällte das Preußische CriminalCollegium zu Berlin sein Urtheil. Es lautete für Kleeiuent und Lehmann auf Tod, für Letzteren unter härteren Martern; für Heydekam auf Staupbesen und Festung, für Wernicke und Bube ebenfalls auf Festung.

Der Wiener und Dresdener Hof, die ja gleichfalls bei dem Prozeß betheiligt waren, bestätigten das Urtheil, und die Execution wurde auf den 18.

April

festgesetzt;

schon acht

Tage vorher waren

Hausvogtci gebracht worden. Kleement nahm fein Urtheil ruhig rmd würdig hin; er empfing täglich den Besuch des Geistlichen, der ihn völlig vorbereitet auf seinen Tod fand. Es war am 17. April, dem letzten Abend, den Kleement auf Erden verleben sollte. Der Prediger Schmidt, den er am liebsten von allen Geistlichen Berlins, die ihn auf Königlichen Befehl be¬ suchen mußten, um sich sah, hatte sich entfernt; der zum Tode Verdie Delinquenten nach der

saß bei einem flackernden Lichte an seinem Tischchen und Eben legte er die Feder hin, als der Schließer ihm meldete, der Geheimerath Marschall von Bieberstein stehe draußen und begehre ihn zu sprechen. Kleenient nickte Gewährung. Der gewandte Diplomat war so erschüttert, daß er erst einige

urtheilte schrieb.

Grün und volle Blüthenbüsche", die Pforten jener dunklen Höhle ver¬ hüllen, vor denen Jeder gern vorüberschleicht, dem Leser vorzuführen, Absolute und er hat diese Aufgabe in dankenswerther Weise gelöst. angestrebt; freilich nicht Vollständigkeit hat er, wie er selbst sagt, nur „den vernehmlichsten Accorden hat er lauschen wollen, welche der Gedanke an die Ewigkeit im menschlichen Herzen ertönen läßt;" aber er

hat

es

verstanden, aus dem überreichen und zugleich verworrenen

Material das Wesentliche herauszugreifen, ren und,

das

es ansprechend zu

gruppi-

scheinbar Widersprechende geschickt aneinanderreihend,

unter Benutzung der skandinavischen Mythologie eine anschauliche Thanatologie unserer Vorväter, die zum Theil heut noch fortlebt, zu entwerfen, welche zwar an einzelnen Stellen der Ergänzung bedarf, auch wohl hier und da zum Widerspruch reizt, aber doch nicht blos jedem

Gebildeten, sondern auch dem Sagenforscher

von Fach eine

willkommene Gabe sein wird. Dabei zeichnet sich das kleine Schriftchen durch edle Einfachheit der Sprache und Wärme der Empfindung

Vortheilhaft aus.

Zu bedauern ist nur,

daß der Herr

Verf., der in

unsern märkischen Sagen besonders heimisch ist, auf diese nicht mehr Rücksicht genonrmen und so mit dem allgemeinen weiteren das näher

„wie die Märker den Tod ge¬ bildet haben". Auch würde ein genaueres Eingehen auf die Dichtun¬ gen des Mittelalters dem Ganzen nicht zum Schaden gereicht haben. Die Schrift zerfällt in fünf Abschnitte, von denen der erste die Vorzeichen des. Todes behandelt. Von dem Gedanken ausgehend, daß unsern Vorvätern die ganze Welt beseelt gewesen (wofür sich noch

liegende

Ziel verbunden hat,

zu zeigen

prägnantere Beispiele jüngerer Zeit hätten finden lassen, als das aus einem Minnelied Heinrichs v. Breslau entnommene, so z. B. das schöne Lied in „des Knaben Wunderhorn", in welchem Laub und Gras

Tod Christi beklagen), bespricht der Herr Verf. die todkündenden Blumen, Rose und Lilie. M. E. hat der Ersteren nicht bloß ihre äußere Erscheinung diese Rolle erworben; die Beziehung zwischen Tod

den

wir einen Einblick gewinnen werden, G. E. Meyer in Bremen seine Arbeit über die Rosengärten im Mittelalter wird veröffentlicht haben. Soviel steht wohl jetzt und Rosen ist eine tiefere, in die wenn

vr.

schon fest, daß die Rosengärten, auch jener der

und des

Königs Laurin,

Chriemhilde bei Worms,

irdischer Abglanz des Todtenreiches sind.

Führen doch auch jetzt noch häufig Kirchhöfe den poetischen Namen: Rosengarten, wie.der kleine in einsamer Waldespracht versteckte Fried¬ hof im Brunnenthal bei Freienwalde a./O. Auch das ftevle „in Rosen baden", dessen der stolze Burkhart Münch sich rühmte, als er über das Schlachtfeld von

Daran reihen sich taube, Eule, Schwan.

St.

Jakob

ritt,

würde hierher gehören.

die todkündenden Thiere: Nachtigall, Turtel¬

Bei

Letzterem hätte der weiße Schwan

in

In

Minuten brauchte, ehe er im Stande war, den Gefangenen anzureden: „Ich komme um Ihre Vergebung zu holen, Monsieur Clement, denn

dieser ihrer Kemnitz bei Potsdam passende Erwähnung gefunden. Eigenschaft sind die Schwäne nichts als die altgermanischen Walküren,

gestürzt und obenein durch das Weib,

die freilich nun nicht nrehr blos die auf dem Schlachtfeld Gestorbenen

ich habe

das

Sie in's Verderben

Sie liebten." „Ich habe Ihnen

zu Wuotans Freuden führen, sondenr zu ganz ordinären Leichenbittern

mir hierher halfen", Sie sogar dafür."

vergeben und Allen, die

entgcgnete Kleement; „ich segne

herabgesunken sind.

Auch das Pferd als Todesbote, und die damit

verbundene Potsdamer Sage hätte erwähnt werden können.

Dafür,

(72 Seiten.)

Boten des Todes sind, sprechen m. E. deut¬ lich genug eine Lehniner Sage und die Vorrede zum alten Heldenbuch. Es folgen die todweissagenden Träume (bei denen der berühmten Träume in den gernranischen Epen, Kostberas und Glaumwörs im eddischen Atlamal, Chriemhildens im Nibelungenlied und Gotelindens im Lied von der Klage hätte gedacht werden können); im Zusammen¬ hang mit dem, den Waffergöttern geweihten Johannistag die Vor¬ zeichen, welche anzudeuten pflegen, daß ein Mensch ertrinken soll (in Haoelberg singen und lachen alsdann vorher die Niren, was nicht

Preis 1 Mk. 60 Pf. Der Herr Lerfaffer hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Bilder und Symbole, unter welchen der Tod in dem Gemüth unseres Vol¬ kes, in Sage und Dichtung lebt, und die „wie auf Friedhöfen üppiges

erwähnt worden ist), der Klabautermann, das Todtenschiff nach ColeridgeS Beschreibung (es zeigt sich auch auf dem Bierwaldftädtersee), die Sagen vom Glück der Alvenslebens, Malzahns und Ranzaus, vom luck of Edenhall, und schließlich in ausführlicherer Besprechung,

„Wie ist das möglich?" fragte der Geheimerath überrascht. „Leser: Sie dies", erwiderte der Gefangene und reichte ihm das

Blatt,

das er beschrieben.

(Fortsetzung folgt.)

Literatur. Der Tod in deutscher Sage und Dichtung, Schwebet.

Berlin 1876.

Alfred Weile.

von

Oskar

daß Hirsch und Zwerg

91

wir bereits im Feuilleton der Berliner Nationalzeitung vom 5. Februar 1876 begegnet sind, die weißen Frauen in den fürst¬ lichen, vornehmlich hohenzollernfchen Schlössern.

der

Der zweite Abschnitt ist

de» verschiedenen Erscheinungsformen, objectiv gedachten welche man dem Tode gab, gewidmet. Ursprüng¬ liche Todesgöttin der Germanen ist die große Göttermutter selbst, als Hel (woher unsere Hölle) und in einer Nebenform als Meeresgöttin

Ran. Daneben Wuotan, Loki, Ziu. Sie alle erscheinen aber nur als Herrscher des Todtenreichs; die Personification des Todes selbst gehört einer späteren Zeit an. Bald erscheint er als Bote, von Gott gesandt, um den müden Wanderer zur Ruhe zu leiten, bald als Jäger, Fischer, Gärtner, Förster oder als Ankläger vor Gericht. Wenn er sich als Bote im Schlapphut und Mantel, oder als Reiter zeigt, (hierbei wird der Leuorensage und der eddischen nnd germanischen Ana¬ logien dazu gedacht), ist wiederum an Wuotan zu denken. Die vom Herrn Verfasser gegebenen Erklärungen des angeblich erst seit Matthias Claudius gebräuchlichen „Freund Hein" scheinen mir nicht zutreffend; ich möchte an Jacob Grimms Deutung festhalten: der Tod erscheint auch in märkischen Sagen als Riese; und Henne, Hüne ist Riese (daher die vielen Heineberge in märkischer Topographie, die vielleicht auf uraltheilige Grabstätten deuten). Auch als Ritter, der den Gegner im Touruier erlegt, dachte man sich den Tod (Dürer und Holbein beispielsweise haben ihn so bildlich dargestellt), besonders häufig aber als Führer einer großen Armee, mit eigenen Farben und Wappen, ja sogar als Gevatter, als Pathen des Menschen. Sein Auftreten als Spielmann im Reinardus Yulpes gibt dem Herrn Verfasser Ge¬

Inschriften an Häusern und Kirchen sprechen noch heut von der „Reise" ins Jenseits. Andreas Gryphius singt: Verreist, doch nur voran, sind diese, die der Welt Nu» gute Nacht gesagt, und in einem Soldatenlied auf deu Tod Friedrichs d. Gr. heißt es: Wir wünschen dir bald nachzureisen. Dem Verreisen geht in der Regel ein Abschiednehmen voraus, und so reden denn dieselben Dichter auch vom Sterben, als von eineiu „Urlaub begehren". Namentlich in de» Volksliedern finden wir häufig dieses Bild wirkungsvoll benutzt. Am Ende der Reise winkte die ewige Heimath, wie Walther v. d. Vogelweide in seinem Abschieds¬

„Frau Welt" spricht: Cot gebe in, krourve, guote naht und wil ich ze herberge varn. liede an die

Zum Schluß dieser Abtheilung werden allerlei an die Bestattung sich

knüpfende Gebräuche und Aberglauben,

darunter der entsetzliche

Vampyrismus, und zuletzt die namentlich in Süddeutschland (aber auch in Westfalen) heimische Sitte des Todaustreibens erwähnt. Der fünfte und letzte Abschnitt schildert den Aufenthalt und den Zustand der Seele nach dem Tode, die skandinavischen Himmelsburgeu, die Verschmelzung der christlichen Hölle mit dem germanischen Mus-

pilli.

Den Nobiskrug, in welchem die an ihren Bestimmungsort wandernden Seelen Einkehr halten, und der aus märkischen Sagen anschaulicher hätte geschildert werden können, einfach mit Nachbars¬ krug (wie auch Kuhn es gethan hat) zu erklären, geht ohne Weiteres m. E. nicht an; schon die märkische

legenheit, die Todtentänze des Mittelalters zu besprechen, und einzelne

Form „^.berskrug" steht ent¬ Freilich sind die sonstigen Erklärungsversuche ebenfalls wenig befriedigend. Auch glaube ich nicht, daß bei der Sage von der Rich-

Strophen aus den Unterschriften des in der Berliner Marienkirche be¬ findlichen mitzutheilen. Als Gerippe, wie wir ihn heutzutage bilden,

Wiederkehrende",

erscheint der personificirte Tod erst seit dem 16. Jahrhundert.

gegen.

modis v. d. Aducht und ähnlichen an „eine aus den Fesseln des Todes also, um es deutlicher zu sagen, „Auferstandene" Allein um eine Scheintodte handelt es sich, was um zu denken ist.

Der dritte Abschnitt handelt vom Tod im subjectiven Sinne, vom Sterben. Den in der Schlacht rühmlich Gefallenen führten die Walküren nach Walhall, und darum ritzte sich der skandinavische Greis (was mittheilen swerth gewesen wäre), dem Schlachttod nicht gegönnt war, mit dem Speer blutig, um Wuotans Ehren theilhaftig zu werden, eine Idee, die noch im 17. Jahrhundert nicht verwischt ge¬

so

wesen sein kann, wenn der kühne Freischaarenführer des dreißigjährigen Krieges, Ernst von Mansfeld, dem herannahenden Tod gewappnet,

und, im Gegensatze dazu, die „dankbaren Todten", woran die schöne Sage von unserm auch nach dem Tode für sein Volk arbeitenden großen König und der Bittschriftenlinde geknüpft wird, die der Herr Verfasser leider wiederum nach dem Schloß Sanssouci hinaus versetzt. Ich schließe hiermit die Besprechung des übrigens auch typo¬

stehend und von seinen Freunden unterstützt, mit dem Schwert in der Hand, entgegensah. Die aus dem Körper entwichene Seele zeigte sich wohl als Vogel, Maus oder Schlange, oder sie wuchs als Blume aus dem Grabe hervor, wobei die sinnige Sage (bei Ulrich v. Turheim und Heinrich v. Freiberg) von Rosenstock und Rebe, die aus Tristan nnd Isoldens Grab hervorwuchsen und über dem Kirchendache sich umschlangen, er¬ wähnt werden konnte. Die Sage von Tannhäusers wieder ergrünendem dürren Stabe gehört m. E. nicht hierher; sie stellt eine im Mittelalter häufige Art von Gottesgericht dar. Anläßlich der Leichenbestattung im vierten Abschnitt, deren ver¬ schiedene Arten: Aussetzung im Schiff, Verbrennen, Begraben, be¬ sprochen werden, erwähnt der Herr Verfaffer die Sitte, dem Todten Schuhe anzulegen, weil mau glaubte, daß ihm eine weite, mühselige Reise bevorstehe. Dieser Gedanke ist von den Dichtern des Mittel¬ alters mit Vorliebe behandelt worden, leider aber hat sich der Herr Verfaffer auf dieses lohnende Thema nicht eingelaffen. Sehr häufig bezeichnen dieselben das Sterben als ein „vam, hinvarn“, wie heut das Volk in gleichem Sinne noch von „abfahren" spricht. In seinem Poetischen Testament sagt Walther von der Vogelweide mit einem hübschen Wortspiel: lob wil nu teilen, e ich var Min varnde guot und eigens vil. Andere Beispiele mitzutheilen, würde zu weit führen. Allerlei

zweifelloser wird, wenn man Petersens mythische Erklärung dieses Sagencyclus acceptirt. Mit einem verdienten Seitenhieb auf Richard Wagners Verarbeitung wird die Lohengrinsage analysirt; de» Schluß

bilden die Gespenster, d. h. die, welche um irgend einer Frevelthat willen die ewige Ruhe verscherzt haben und aus Erden umgehen müssen (hierüber existirt bereits eine treffliche Monographie von Pabst),

graphisch hübsch ausgestatteten und mit einer, den gefallenen Krieger gen Himmel tragenden Walküre nach einen bekannten Bilde als Titelvignette geschmückten Büchleins. Jeder, der Sinn und Ver¬ ständniß für die Sagenwelt unseres Volkes hat, wirdeine Fülle von Belehrung und Anregung ans demselben ziehen.

Wenn hier und da Ausstellungen gemacht wurden,

so

beweist das nur,

daß der Gegenstand des allgemeineren Interesses werth

dürfen uns freuen, daß ihn eine unterworfen hat.

so

berufene Hand

ist, nud wir

der Bearbeitung

vr.

G. S.

Riesel's Ausflüge in die Märkische Heimath. I. Buckow. II. Neuftadt-Eberswalde; Chorin. III. Freienwalde. IV. Oder¬ V. Potsdam, Lehnin, Brandenburg. VI. Spreewald. (Immens Verlag. Berlin) Die historische Bedeutung der sind allen Touristen zu empfehlen. Als einzelnen Orte ist in erfreulicher Weise berücksichtigt worden. Fremdenführer erscheinen jedoch nur III u. V als sehr zuverlässig. bruch.

—e.

'

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Frederle le Grand,

diesen Tagen erscheint:

Oeuvres historiques Memoires pour servir ä Tome l’histoire de Brandebourg. Nouvelle edition, revue et corrig6e. 3 Mark. Tome II.: Histoire de mon temps, 1. partie

Potsdamer

I:

choisies.

Mark.

2

Diese Ausgabe der historiseben Werke Friedrichs des Grossen hat den Zweck, dieselben möglichst populär zu machen, der Text ist von deu anstössigen Stellen gereinigt., so dass jede Familie, jede Schule diese Ausgabe be¬ nutzen kann; etwaige Altertüümlichkeiten und Fehler der Sprache sind von Herrn Prof. Semmig mit gewissen¬

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Von Oüpjner, Ehrenmitglied des Vereins für die Geschichte Pctsdams. — 8°. — (Sieg. geh. — Mit einem Kupferstich der Garnison-Kirche. Preis 1 Mk 50 Pfg.

hafter Sorgfalt beseitigt und historische Irrthümer be¬ richtigt worden. — Das Buch empfiehlt sich daher ebenso¬ wohl für das Stadium der französischen Sprache als unserer vaterländischen Geschichte. ZZ Jeder Band der Oeuvres historiques wird anch ein* zeln abgegeben. ZZ

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I. von Hartmann, Krieg 1870 1871, u.

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Der deutsch-französische

redig. von der kriegsgesch. Gencralstabes.

Franz Dingelstedt, Eine Faust-Trilogie. I.

****

Die Lage im Orient.

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(Schluß.)

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Dichtung im XI. u.

und Isolde in Berlin.

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In

Erich Schmidt» deutschen

den

letzten drei Jahrhunderten.

6. 7.

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Nr.

1.

dem 1.

April

1876 begann die

Deutsche Heeres-Zeitung, Organ für Offiziere aller Waffen des deutschen Heeres und der Marine, das zweite Quartal, und laden wir zum Abonne¬

v9

werden

ment hierdurch ein, nachdem der außerordent¬ liche Erfolg, welchen das Blatt zu Folge seiner Vielseitigkeit und Gediegenheit in der kurzen Zeit seines Bestehens zu verzeichnen hat, sicher zu dem Ausspruche berechtigt, daß die Deutsche

Heeres «Zeitung heute schon eine deutsche Militair-Zeitschrift allerersten Ranges ist. Die Deutsche Heeres-Zeitung erscheint jeden Freitag und ist zum Preise von 6 Mark vierteljährlich durch jede Buchhandlung und Postanstalt zu beziehen. Die Deutsche Heeres-Zeitung verbreitet Anzeigen in allen Theilen des deutschen Heeres und berechnet dafür für die dreigcspaltene Zeile 50 Pfennige. Die Deutsche Heeres-Zeitung liefert Probenummern an Jedermann gratis und franco. Haupt-Inhalt jeder Nummer: Leitar¬ tikel. — Mittheilungen ans der Presse. — Umschau ans deu Kriegsschauplätzen der Erde. — Berichte aus dem Auslande. — Abhandlungen. — Eingesandtes. —

Wichtige Allerh. KabiuetS-Ordreö und kriegsmiuisterielle Derfüguugeu. — Lite¬ ratur. — Feuilleton. — Kleine Nach¬ richten. — Briefwechsel der Redaktion. — Anzeigen. Luckhardt’sche Verlags-Buchhandlung in Berlin SW.

Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck: Bahlke u.

Hindersin in Berlin.

**)

15.

II.

Mai 1876.

Jahrgang.

Nr.

10.

Unter Mitwirkung von Dr. Irecht, Prof. Dr. Banlus Kassel, Stadt-Archivar Ziidicin, Kheod. Iontane, Geh. Regier.-Rath Freiherr Dr. von KedeLm Geh. Hofrath L. Schneider, Archidiaconus Schwebe! in Cüstrin rc. re. herausgegeben von

George

KM

Jerdinand Weyer.

und

Das Blatt ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. 8) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Aerlagshandlung von Alfred Weile in Berlin zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro 3gesp. Petitzeile 25 Pfg., werden von den Herren Haasenstein u. Vogler, Rud. Mosse,

Bernh. Arndt,

Inhalt.

sowie von der Verlagsyandlung (Puttkamerstr. 8) entgegengenommen.

Mark Brandenburg, von vr. W. Schwartz. — Die Mohren in der Behrcnstraße, Er¬ — Der Abendmahlskelch Joachims II. (Mit Abbildung.) — Zwölf Briefe Jfflands an W. H. v. Dalberg, von Uhde. (Schluß.) — Kleement, Erzählung von L. Hcsekiel. (Forts.).

Nachlese zu den Sagen und alten Geschichten der

gänzung von

vr. Ferd. Plug.

Dr. Hermann

Nachlese

M den Zagen nnd alten Bon

vr.

Geschichten der

A. Sagen. 1.

Mark

Krandenbnrg.

3B. 8 Anmerkung 2.

**)

es

für

Otto,

sich

ge¬

Gemahlin,

daran die Sage

welche den abziehenden

1250; I p. 258. p. 5; die Mark :c.

I,

p. 264,

**)

I.

Klosterbrüdern zurief: redeatis, nihil vobis deerit; , und sie dadurch * zur Umkehr bewog — eine wiederholte Gründungssage. ) Wichtiger aber, als diese historischen Sagen und Legenden, sind

nannt werden.

eine Reihe mythischer Sagen, wichtiger und interessanter darum, weil

verstohlenen Auftreten in den Jahren 1683 oder 1684 bis auf unsere

uns mit seltener Deutlichkeit die Continuität germanischen Volks¬

Tage herab, unzählige Gläubige gesunden, es ist immer wieder und wieder gedruckt worden, Berufene und Unberufene, Gelehrte und Laien aller Confessionen und politischen Parteiungen haben ihren Witz an

sie

glaubens, seit den Zeiten,

ehe die slavische

Sinfluth über Nordgermanien

hereinbrach, bis auf unsere Tage herab zeigt, und damit uns einen

Blick in die Urgeschichte unserer Mark gönnt, von der die sonstigen Quellen nichts zu melden wissen. Noä) lebt in und um Lehnin die Kunde von der wilden Jagd und dem wilden Jäger, der dem crfiudnngsreichen Menschenkinde reich mit Gold lohnt; noch ist die Erinnerung an die große Göttermutter, die Ahnfrau aller berühmten deutschen Fürstengeschlechter, lebendig, wenn auch verwischt und entstellt. Sie, die sonst als Frau Holle im Teiche hausend, die Kinderseelen hütet, wird hier als schöne Seejungfrau ge¬ dacht, welche den Menschen als Wehemutter hülfreiche Hand leistet, oder, um Mitternacht in den Klosterruincn umhenvandelnd, als wei߬ gekleidete Frau, deren Erscheinen stets allerlei Unglück verkündet. Es ist gewiß kein Zufall, sondern ein höchst bemerkenswerthes Zusammentreffen, daß an den Grabstätten der askanischen Markgrafen, hierin Lehnin und in Chorin, dieselbe weiße Frau erscheint, oder wenigstens erschien (denn jetzt soll sie erlöst sein), welche als Todesbotin so oft Schrecken und Bestürzung in den Schlossern hohenzollernscher Fürsten erregte, und die Herzen treuer Unterthanen in banger Erwartung höher hat schlagen lassen. Mit der weißen Frau von Lehnin aber wandelte bisweilen ein finster blickender, gespenstiger Mönch über den Gräbern der Askanier,") und auch der weißen Frau der Hohenzollern können wir einen mönchi¬ Während sie einzelnen Fürsten de» Tod schen Gefährten zugesellen. anzuzeigen Pflegte, und als populäre Erscheinung dem gemeinen Manne wohlbekannt war, spukte der Schatten eines Mönchs, eines Le hn in er Mönchs, seit dem Ende des 17. Jahrhunderts an unserm Fürsten¬ hofe und in den Kreisen literarisch Gebildeter, und verkündete Unglück über Unglück für den Staat, und in nicht allzu ferner Zeit den rühm¬ losen Untergang der ganzen Hohenzollern-Dynastie - auf dem preußi¬ schen Throne. Ich meine den Bruder Hermann von Lehnin, den sagenhaften Verfasser der vielbesprochenen Lehninischen Weissagung. das

Jahr 1300

dicht in 100

soll um ein lateinisches Ge-

gelebt haben; und sein Werk, g.

s.

leoninischen Herametern,

Er

wurde, der Sage nach,

in gleichzeitiger Handschrift im Kloster Lehnin, in einer Mauerhöhlung, bei

Gelegenheit

der

Anwesenheit

des

großen

Kurfürsten daselbst,

gefunden.

In

Wahrheit hat aber unser Prophet zu Ende

des 17. Jahr¬ und wahrscheinlich hunderts gelebt, ist Niemand anders gewesen, als der in späterem Lebensalter zum Katholicismus übergetretene Propst

an

St. Petri in Berlin,

schrift

sich

Andreas Fromm, der durch diese Schmäh¬

an seinem Gegner, dem großen Kurfürsten, zu rächen, und

seinen neuen Glaubensgenossen

sich

angenehm zu erweisen meinte.

Daß von einer früheren Abfassung

des Gedichts

nicht die Rede

sein kann, ergiebt sich, abgesehen von andern Beweismomenten, daraus, daß es bis zu dem gedachten Zeitpunkt genau mit den geschichtlichen

in etwas, sibyllinivorträgt, dann aber in schrankenlose Phantasien ausartet, deren Thema der Haß gegen die Hohenzollern, und die Verherrlichung der katholischen Kirche des Tridentiner Concils ist. Diesen richtigen Sachverhalt hat man bereits in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts erkannt, wenn man auch über die Person des Verfaffers und seine Tendenz viel und eifrig debattirt hat, ohne zu einem bestimmten Resultat zu gelangen; als Vater der einschlägigen Thatsachen übereinstimmt, wenn es dieselben auch schcm

Stil

*) Kuhn, mark. Sagen und Märchen No. 74. 7ö.

**)

Kuhn, l.

c.

No. 72. 77. 83.



Kritik muß

der wackere Lehninische

Trotzdem hat das

Vaticinium

Pfarrer

C. Weise rühmend

ge¬

zu allen Zeiten, seit feinem ersten

hat sich eine stattliche Literatur von Commentaren und Erläuterungsschriften, von Angriffs- und Ver¬

seinen Räthseln verschwendet, und es

theidigungsschriften gebildet, die reiches Material zu den interessantesten kulturhistorischen Studien bietet. Zuerst in wenigen handschriftlichen Exemplaren vorsichtig ver¬ breitet, erregte die Weissagung Aufsehen und Bestürzung am kurfürst¬ lichen Hofe; dann drang sie, anfänglich bruchstückweise, ins Publikum, welches derartig

in Angst und Schrecken dadurch versetzt wurde, daß

man versuchte, die böse Wirkung von Hermanns Worten durch eine

pia frans zu paralysiern : man verbreitete andere, den Hohenzollern günstige vaticinia Lehninensia. Aber die Aufregung legte sich nicht, mit Bangen sah man der Zukunft entgegen. Das Leben des großen Kurfürsten neigte sich seinem Ende zu, und von seinem Erben wurde allerlei Böses verkündet: Sein Nachfolger wandelt nicht die Wege des Vaters; betet, ihr Brüder, weint, ihr Mütter;

sein Namen, sonst ein Friedenszeichen, ist eitel

Trug,

alle Tugend verschwindet.') So gut wie es ging, paßte man die dunkeln Worte den Zeit¬ läuften an, und grübelte und deutete weiter. Wie sehr auch starke Geister in dem allgemeinen Wahn befangen waren, zeigt der Um¬ stand, daß Friedrich der Große, als Kronprinz, sich die Weissagung erklären ließ, und von der auf ihn zu deutenden Stelle tief erschüttert wurde: Der nun folgt, ist der verruchteste seines Geschlechts! (gut sequitur, pravos imitatur pessimus avos.) Bis zum elften Fürsten, von Joachim II. an gerechnet, soll das Gift des Protestantismus andauern, welches eine Frau, befleckt von dem Pesthauch der neuen Schlange, in die Mark gebracht hat (so geschmackvoll äußert sich der Verfasser über die Einführung der Re¬ formation in der Mark);") endlich, hebt der Prophet im 95. Verse mit

an,, endlich führt das Scepter der Stammes! Dieser Letzte konnte, nach ungezwungener Be¬ rechnung, nur Friedrich Wilhelm III. sein; und als daher der preußische Staat unter den Schlägen von Jena und Auerstädt znsammenbrach, jubelten die Feinde Preußens und des Protestantismus aus: jetzt mußte die Prophezeihung ganz erfüllt werden, Preußen mußte ver¬ schwinden, ganz Deutschland in den Schooß der allein seligmachenden einem Seufzer die Erleichterung Letzte seines

Kirche zurückkehren.

Daß

es anders

kam, ist bekannt; die Wundergläubigen waren legten sie nicht

aber nicht geschlagen; dem Rathe Göthe's folgend,

mehr

aus; sie legten unter. Als dem IV. die deutsche Kaiserkrone angeboten

kinderlosen Friedrich Wil¬

wurde, sollte er nun, auf Grund eines kühnen Rechen-Exempels, der Elfte sein, und mit Hülse des Vaticiniums wollte man ihn bewegen, zum Katholicismus überzutreten. Freilich wiederum ohne Erfolg. Trotz alledem behauptete noch im Jahre 1874 die Germania: „Da in den beiden letzten Jahrhunderten alle Vorhersagungen des Vati¬ ciniums notorisch eingetroffen, könne dasselbe nicht das Werk eines Schalks oder Narren sein; es müsse ihm vielmehr ein höheres als blos menschliches Wissen zu Grunde liegen."

helm

*) V. 76—79. Qui successor erit, patris band vestigia terit. Orate fratres, lacrimis non parcite, matres! Fallit in boc nomen, laeti regiminis omen; Nil superest boni. **) V. 47—49. Inferet at tristem patriae tune femina postem, Femina, serpentis tabe contacta recentis. Hoc et ad underum durabit stemma venenum.

103 um dieses „notorische Eintreffen aller Vorher¬

Das einst verwaiste Vaterland hat seinen Hirten, seinen Kaiser

sagungen" bestellt ist, habe ich bereits einige Beispiele gegeben; auf das Einzelne einzugehen, ist hier nicht der Ort, und dürfte auch überflüssig sein.') Ueber die Möglichkeit einer Offenbarung der Zukunft will ich mit der Germania nicht streiten; sagt doch schon Hamlet, daß es mehr Dinge gebe zwischen Himmel und Erde, wovon sich Meiner Ansicht nach unsere Schul-Weisheit nichts träumen läßt. hat aber der Verfasser des Vaticiniums selbst gar nicht prophezeihen wollen. Dafür sprechen die berühmten Schlußverse in Beckmann's Ueber-

wieder, vorbei und vergessen sind die Tage der Schmach und der Ab¬

Dafür, wie

es

hängigkeit von fremdem Machtgebot, der Wolf der Ardennen darf nicht mehr ungestraft in Deutschlands Gaue einbrechen, und die prisca

tecta Lehnini erheben sich wieder; am Tage der Proklamation des Kaiserthums in Versailles befahl unser Kaiser den Ausbau

neuen

Lehnins.

Wir dürfen auf eine solche Erfüllung des Vaticiniums stolz sein — et pastor gregem, recipit Germania regem. Möchte nur noch der Theil der Weissagung bald in Erfüllung

setzung:

gehen, daß die teeta

Und der hierauf das Scepter führet diesem

Haus.

8.

In

der

jetzt

Zukunft

die Klöster neu erbaut, der

eingesetzt, und kein Feind

kann diesem Gottesreich mehr schaden.

Und daß in diesem utopischen Reich das einzige Heil zu finden, sucht er dadurch zu motiviren, daß er alles Unglück, welches Deutsch¬

land und seine engere Heiniath, die Mark betroffen hat, aus der Das Unheil hat, nach des Protestantismus herleitet. seiner Anschauung, immer mehr überhand genommen, und darum

Einführung

darf er über seine Zeit hinaus immer ärger werden müsse. Diese Schilderungen der Zukunft sind ganz allgemein gehalten und enthalten nur die allein richtige positive Behauptung, daß sein geträumtes Gottesreich nicht verwirklicht werden schließen,

daß

es

Daß er den so lange ein Hohenzoller das Scepter führt. elften Hohenzoller den Letzten fein läßt, erklärt sich leicht: er schrieb unter dem großen Kurfürsten, von dem er anerkennt, daß derselbe durch feine persönlichen Tugenden das Elend der Zeit etwas gemildert könne,

Nach seinem Tode aber mußte

gehen; über Friedrich

HL

es

seiner Ansicht nach bergab

hegte man allgemein keine großen Erwar¬

Der fünfte Fürst, rückwärts gerechnet, ohne den großen Kur¬ fürsten mitzuzählen, hatte die Pest des Protestantismus eingeführt; so erscheint es nur als ein luckus ingenii, mit seinem fünften Nach¬ tungen.

folger diese Pest wieder verschwinden zu lassen. Dies ist der Grundgedanke des ganzen Gedichts, dem der Ver¬ fasser, einem Zuge seiner Zeit folgend, die nicht ungeschickt durch¬ geführte Form einer Vision gab. Es ist ein wunderbares Walten der Vorsehung, daß der Kern seiner sogen. Prophezeihung, sein Traunr vom Deutschen Zukunftsreiche, dennoch

Wahrheit geworden ist, freilich in ganz anderer Weise, als

er es gemeint hat.

feld,

Hilgen¬ *) Ich verweise hier auf das vortreffliche Buch von Prof. Dr. A. „die Lehnmische Weissagung über die Mark Brandenburg nebst der

Weissagung von Benedictbeuern über

Bayern'. Leipzig 1875.

Sagen ans der Gegend von Belzig.')

der Nähe

im Munde

des

des

Volkes den Namen

„Wühl-Mühle". In

„alte MohlMühle „zum Böseweil". In den Kirchenbüchern der Parochie Lüsse kommt sie als Mühle zum „bösen Wielb" oder „Wiel", oder kurzweg als „Wiehlinühle" vor. In einer Erd-Vertiefung unweit der Mühle soll vor Zeiten ein Teich gewesen sein und davon die Mühle ihren Namen tragen. Von dem Teich und von der Mühle znm Bösewiel gehen im Volke allerlei Sagen um. So erzählen sich die Leute Folgendes. Ein Bauer aus Lüsse pflügte mit seinen Ochsen aus seinem Acker nicht weit von dem Teich. Weil die Thiere müde sind und der Pflug die schweren Schollen nicht mehr recht durchschneiden kann, fährt ihm der Gedanke durch den Kopf: hättest du doch ein Paar tüchtige

stedt" erwähnt.

lichen Hirten, d. h. den Papst, der zugleich sein König ist, ähnlich wie der Schwabenspiegel dem Papst das Schwert weltlicher und geist¬ licher Gewalt in die Hand giebt, und ihn ersteres nur dem Kaiser

habe.

30. 8nrl).

einer Urkunde vom Jahre 1558 wird sie bereits als eine

nach seinem Herzen schildern: ganz Deutschland hat wieder einen geist¬

consequenteriveise

Mark

Dorfes Lüssow (Lüsse) bei Belzig, rechts ab vom Wege nach Neschholz, liegt, ganz versteckt im Erlengebüsch, eine Wassermühle, die von der Plane getrieben wird. Diese Mühle führt

Lehnin kömmt wiederum empor, Chorin wächst aus dem Staub hervor, Die Pfaffheit kommt aus ihren Nöthen, Der Wolf will auch kein Schaf mehr tobten.

läßt; die Juden werden vertrieben, Clerus in alle seine alten Ehren wieder

wie die ihrer

a. Gespenstige Ochsen helfen pflügen.

Nur für die Landeskinder sein, Das eh' von Fremden war besessen.

leihen

auch wieder erheben,

Lrandenbnrg. Von Dr.

Dann wird die Mark ihr Leid vergessen; Das ganze Land wird insgemein



sich

tlachlese ;u den Sagen und alten Geschichten der

Wenn ab.er dieses ist gescheh'n, So wird, eh' man sichs hat verseh'n, Die Heerde sich zum Hirten fügen, Und Deutschland einen König kriegen.

Der Dichter will unzweifelhaft ein ideales Reich

Gliorini

Schwester Lehnin.

Wird in Die Juden richten etwas aus, Dafür mehr als der Tod gebühret. sein der Letzt'

Sie heißt damals

die

Ochsen, dann könntest du den Acker heut vor Abend »och

Kaum

umpflügen!

hat er's gedacht, da sieht er an dem Rande des Teiches zwei

grasen, von denen er vorhin nichts erblickt. Er geht sogleich auf sie zu, spannt sein mattes Vieh aus und die neuen Nun geht das wie der Wind; die Ochsen hinein in das Geschirr. starke Ochsen

Schollen fliegen nur so zur Seite, und im Nu ist das ganze Stück gepflügt. Jetzt will er das fremde Vieh wieder ausspannen; aber da ist an ein Halten nicht zu denken: die Ochsen laufen mit dem Pflug von dannen. Um sie besser halten zu können, bindet er sich Da stürzen sich die Thiere auf den Teich zu, die Leine um den Leib. und er hat gerade noch soviel Zeit, sich die Leine wieder loszubinden, als die Ochsen mit dem Pfluge in den Teich springen und spurlos Noch ganz verblüfft am Ufer stehend, hört er eine verschwinden. Stimme aus der Tiefe rufen: „Das war Dein Glück, Bauer!"") — b. Der

Müller von Bösewiel.

Die Müller auf der Mühle zum Bösewiel waren oft arge Menschen, die den Bauern allerlei Schabernack zufügten, und mit *) Obige

beiden Belziger Sagen verdankte ich im

1.1871, aus welcher

schon stammt, der freundlichen Mit¬ theilung des damaligen Herrn Kandidaten Mühlmann in Belzig. **) Diese Sage stellt sich offenbar zu den von dem gespenstigen Bullen, der aus dem See kommt, wovon u. A. Kuhn, Westph. Sagen I. 292 ff. handelt. Denn wenn auch die vorliegende Version der Sage dies nicht aus¬ drücklich ausspricht, so deutet doch die ganze Scenerie, und besonders der Schluß darauf hin, daß die Thiere, alö aus dem Wasser herstammend, ge¬ dacht wurden. Ueber die Bedeutung des Pflügens übrigens cf. Schwartz, Ursprung d. Myth. p. 188. 211. 240. 245.

Zeit überhaupt diese Nachlese

immer ganz

denen es nicht

So kommt einmal-ein

geheuer war.

will in

Mühle übernachten. Die Magd, an die er sich wendet, räth ihm aber dringend ab; er solle lieber weiter wandem, hier könne ihm leicht etwas Schlimmes passiren. Der Bursche ist jedoch nicht furchtsam und beharrt auf seinem Wunsch. Es wird ihm ein Nachtlager in der großen Stnbe zurecht Handwerksbursche gegen Abend an und

der

gemacht, und nachdem er ein wenig gegessen und getrunken, geht Alles

Bett. Der Bursche legt sich aber, eingedenk der Warnung der Magd, nicht auf seine Streu nieder, sondern bleibt auf der Ofen¬

zu

So wartet

ganze Weile und merkt

auf jedes Endlich schlägt's zwölf. Da geht plötzlich die Thür nach dem Hausflur auf, und herein tritt der Geselle, geht durch die Stube durch und zur andern Thür hinaus, die in die bank sitzen.

er eine

Geräusch; aber es kommt nichts.

„Wenn das Alles ist" — denkt

Mühle führt. ausstehen,

eben

nach dem

in

um

sich

niederzulegen — da öffnet sich die

Flur auf's Nene,

derselben.

der Bursch und

hat

es

Thür

und ein furchtbares Ungethüm erscheint

ein Paar

krumme Bockshörner;

sie

vermeiden,

10.

Dem Burschen wird es sich an ihm in die Höhe. wohl zu Muthe, aber er beschließt, ruhig sitzen zu bleiben. DaS Gespenst richtet sich immer höher auf, befühlt mit seinen Tatzen von unten auf den ganzen Leib und haucht ihm dabei in's Gesicht. und grunzend richtet

— er merkt, daß

der Bursche kann kaum

ihm die Kehle zusammendrücken will. Da fällt ihm ein, daß er ja sein Beil unter dem Rock im Gürtel Er hat noch soviel Kraft, es heraus zu ziehen, holt ans, und habe. giebt dem Ungeheuer einen Hieb mit aller Macht. Der muß wohl gut gesessen haben, denn das Thier läßt von ihm ab und wankt lang¬ sam zur Thür hinaus, von wo es gekommen. „So", denkt der Bursch, „du bist kein Gespenst, du hast genug." — Er legt sich nun ruhig Nachdem er sein Früh¬ nieder und schläft bis in den Morgen hinein. stück verzehrt, will er weitergehen und sagt zu dem Gesellen, er wolle den Meister sprechen und sich bei ihm bedanken. Der erwiederte, das würde sich nicht thun lassen, denn der Meister sei in der Nacht krank geworden. Er besteht aber darauf, den Meister zu sehen und setzt es wirklich durch, daß er in die Kammer gelassen wird. Der Müller auch sieht sehr krank aus und hat einen verbundenen Arm, den er nicht rühren kann. „Aha", denkt der Bursch, „nun weiß ich Bescheid!" Er nimmt Abschied, bedankt sich für's Nachtquartier und Imbiß, und noch athmen,

es

Bei Oderberg

9.

In

gewagt.

In

Die Berge bei Oderberg. sind

dem Berge liegt

wenn er Glück bringen soll.

11.

man ihn, so bringt er Unglück über das Haus, und der von seinem Kothe Getroffene ist ein Kind des Todes?")

*)

In

dieser Form der Sage ist ein Beispiel des Uebergangs einer denn von einer Hexe wird die Sage ge-

Hexen- zu einer Räubergeschichte,

wohnlich (und ursprünglich) erzäblt. ok. Kuhn und Schwartz, Nordd. Sagen No. 225. **) Der Kobold erscheint auch sonst als Vogel (Märk. Sagen No. 187); als Rebhuhn, soviel ich weiß, hier zuerst. ***) Erinnert an ähnliche Züge, die beim Drachen, wie beim wilden Jäger auftreten und ursprünglich auf das Gcwitterwesen gehen, welches unter

dem Kloster nach

Junker Hansens Kehle.

Pritzhagen bei Buckow, in der sogen, märkischen Schweiz').

Das Dorf Pritzhagen war ftüher im Besitz derer von Nutze"). Es waren gewaltige Jäger und ließen nicht davon ab, obwohl eine alte Sage ihnen prophezeit hatte, das edle Waidwerk würde der Untergang des Geschlechts sein. So war denn auch Junker Hannes von Nutze, welcher der letzte des Stammes sein sollte, ein leidenschaftlicher Jäger. Einmal jagte er nun auch hoch zu Boß, die Peitsche in der Hand, hinter einem mächtigen Hirsch her, welchen die Hunde aufgetrieben hatten. Zuletzt stürzte sich das verfolgte Thier in eine der tiefen Kehlen (Schluchten), an denen die Landschaft so reich ist, — der Jäger in die grauenvolle Tiefe ihm nach. Obgleich das Pferd unter ihm zerschmettert zusammenbrach, setzt er doch die Verfolgung zu Fuß fort.

Da kehrt

geängstigte Hirsch,

sich der

wie er keinen Ausweg weiter

sieht, um, und spießt den kühnen Verfolger

So starb

der letzte Nutze, denn,

da er noch

mit seinem Geweihe aus. jung war, hinterließ er

keine Erben.

Des Nachts geht er noch um,

durchtobt die Schlucht, welche ihm „Junker Hansens Kehle" bis auf den heutigen Tag heißt, mit lautem Halloh und versinkt zuletzt, wenn die Thurmuhr Eins schlägt, mit dem wimmernden Rufe: „Helpt, helpt!""') nach

12.

Das Hufeisen in der Oberkirche zu Frankfurt

In Teufel

der Oberkirche

zu

fliehen.

aufgehalten und dort sein Wesen getrieben haben.

sich

Er

sprang daher

mit

Plötz¬

sich sehr beeilen, zu ent¬

seinem Pferde zu einem Fenster hinaus.

Unglücklicher Weise blieb aber ein

Mauer

a. O.

Frankfurt a. d. O. soll einstmals der

lich aber wurde er vertrieben, und er mußte

Hufeisen

von seinem Pferde in

sitzen, welches heutzutage noch zu sehen ist.

13.

Verfolgt

Steig von

Kirchplatz ist verbaut.

Das Rittergut Tobelhofff), bei Berlinchen.

In

lich aufnehmen und füttern,

Etwas verborgen.

der Kirche heißt der Mariensteig, und ist heute noch vorhanden; der

(Mitgetheilt von Herrn Gymnasiallehrer Grubel.)

Straußberg erzählt man sich von einem Drachen, der sich in der Gestalt eines Rebhuhns") zu zeigen pflegt, und meist hoch auf den Dächern und Böden der Häuser aufhält. Man muß ihn freund¬

noch

Oderberg ist auf dem Kietz auch ein Kloster gewesen, mit

einer Kirche etwas entfernt davon; der

der

Sagen aus Straußberg.

zu dem sie

Berge, der Pimpinellenberg, die Schlo߬ Der Zwergberg liegt dicht bei Oderberg, da haben Zwerge drauf gewohnt. Unten im Grunde bei den Schlo߬ bergen liegen drei Prinzessinnen begraben. An dem einen Schlo߬ berge ist ein unterirdischer Gang mit einem Gitter davor — ob es jetzt noch ist, kann ich nicht sagen, — da hat sich Niemand hinunter¬

Vorfall Anzeige.

Es wird Haussuchung gehalten; — da findet man tief unten im Keller einen Das waren die Ueberbleibsel der ganzen Haufen Menschenknochen. Leute, denen der Müller Nachtlager gegeben und den Garaus gemacht hatte. Er mußte seine Verbrechen mit dem Tode büßen?) macht sofort bei den Gerichten von dem

Man muß tritt, muß im Verlauf des

berge, der Zwergberg.

Augen glotzen unter dem Pelz hervor. So kommt es auf seinen vier Tatzen langsam angegangen und gerade auf den Mann zu. Schnobernd

Jetzt sind die Tatzen schon an der Brust;

denn der,

schreckliche

doch nicht

sich

Jungfrau

am Ufer niedersetzen sehen.

Jahres sterben.

will

Lange, zottige Haare hängen ihm am Leibe hernieder;

aus dem Kopfe

Die Spaziergänger am See wollen mitunter eine aus dem See steigen und

Dicht bei Berlinchen, an

Tobelhof,

gut Entstehung

des

dessen

der südöstlichen

Seite, liegt das Ritter¬

Die erzählt:

Gebäude grenzen an den großen See.

Gutes und seines Namens „Tobelhof" wird

so

Schwefelgestank im Blitz zu todten schien. S. der heutige Volksglaube und das alte Heidenthum. II. Aust. p. 20. 33 f. 38. 120. 122. *) Nach Mittheilung vom Herrn Oberprediger Slevogt in Buckow. **) Nach Ledebur waren die Nützen (sie) Besitzer von Pritzhagen nach¬ weislich von 1537—1708. ***) Wenn der letzte Zug an den Schluß der Sagen von der weißen Frau, die erlöst sein will, erinnert, so scheint das ganze eine (nur eigenthümlich lokalisirte) Version der Sage vom wilden Jäger. t) Die folgenden Neumärkischen Sagen und Volksgeschichten verdanke ich der stcundlichen Mittheilung des Herrn Lehrers Tangermann in Zehden.

Ein Kurfürst von Brandenburg, es soll Kurfürst Sigismund hatte eine Geliebte in jener Gegend, die er öfters be¬ suchte. Sie bekam von ihm ein Kind, einen Knaben. Da er nun

eine

Jungfrau

ans dem See, die

gewesen sein,

und dann hört man

Kind gern zu etwas gemacht hätte, ohne sich gerade öffentlich als Water desselben zu bekennen, so hieß er der Mutter, an einem be-

stein

das

stimmten Tage das Kind an dem Wege, wo er mit seinem Gefolge vorüberreiten würde, auszusetzen. Dies geschah, und zwar in der Ge¬ gend, wo noch heut die Gebäude

Kind in einen Kober (Täbel) gelegt, und der in der TLbel sei; man brachte ihm den¬ selben, da rief er aus: „Das ist der Junker vom Tobel, und die Gegend, wo wir ihn gefunden, soll sein Wohnsitz sein." So schenkte Kinde daS

Gut,

welches

nach

stürzte

Gott

das feste Schloß

genannt.

Auf

dieser

hat

Da

Aber in einem schrecklichen Unwetter mit allen Bewohnern in den Hopfensee.

— An jedem Johannistage, Mittags 12 Uhr, erscheint eineNire, die sitzt aus einem

heißt

Stein an dem See und kämuit ihr Haar, der Stein Die Nire soll eine Kammerfrau bei Herrn

der Nirenstein.

von Woß gewesen sein,

und großen Antheil an seinen Gräueln

ge¬

j

habt haben.')

Clausdorf bei Berlinchen, .zur Gerichtsbarkeit des Tobelhofes und waren ihm zinspfiichtig.

15. Zehden.

In 14.

„Berg"

das ein Herr von Woß bewohnt haben

ihn zur Rechenschaft ziehen.

seinem Namen Tobelhof ge-

nannt wurde, und in früherer Zeit eine bedeutende Gerechtsame und Ausdehnung besaß, denn es gehörten mehrere Dörfer, worunter auch

der Seite, wo die Chaussee nach Bern¬ der

sein Schloß sehr hoch war, so bot er Jeden: Trotz, und Niemand konnte

bemerkend, fragte, was da

er dem

ein dreimaliges Wehe aus,

Dieser war als Wegelagerer in der Umgegend bekannt.

soll.

Sie hatte Kurfürst, diesen

Las

Dicht am Hopfensee, auf hinläuft, ist eine Höhe,

einst ein Schloß gestanden,

des Tobelhoses stehen.

ruft

in der Tiefe läuten.

der

Stadt

Zehden stand sonst noch (vor etwa 30 Jahren)

Zwei Sagen vom Hopfensee.

Die Stadt Berlinchen liegt zwischen zwei Seen, dem großen See und dem Hopsensee. Der Hopsensee ist nur klein aber tief. Wo dieser See jetzt ist, stand früher ein Mönchskloster. Das ist unter¬ gegangen wegen der Sünden der Mönche. An einem Johannistage nämlich erhob sich ein furchtbarer Sturm und ein gewaltiges Regen¬ wetter, daß die Umwohner glaubten, es käme das Ende der Welt.. Das dauerte bis zum Abend. Als darauf die Sonne wieder hervor¬ brach aus den Wolken und es still wurde, war das Kloster verschwunden und an seiner Stelle der See. An jedem Johannistage aber kommt

•) Die obigen Sagen sind bekannte mythische Scenerien von dem „im Unwetter untergegangenen und im See versunkenen Schloß (oder Kloster)' und „der Jungfrau, die am See zur Sommersonnenwende erscheint und ihr Haar kämmt.' Was der alte Mythus von der im Gewitter sich „aufthürmenden Wolkenstadt» und der „himmlischen Sonnenjungfrau, die an den Wolkenmassen erscheint und ihr goldenes Haar (die Sonnenstrahlen) kämmt', erzählte, erscheint hier, wie anderweitig in Bildern, die aus dem Mittelalter entnommen sind, irdisch lokalisirt, gerade wie oben Nr. 8 eine, gewöhnlich sonst von Hexen erzählte Sage, unter der Form einer Räubergeschichte auf¬ tritt. Bergl. Schwartz, Ursprung d. Mythol. 1860 p. 263. 266; die poetischen Naturanschauungen, 1864 x. 26, 34 u. s. w.

106

Rolandsstatue auf

eine

dem Markte, die war von Holz und liegt Solcher Rolande soll es sieben geben. An

jetzt im Spritzenhause.

Roland war ein großer Stein, der Kaakstein, auf dem mußten Diejenigen stehen, welche gestohlen hatten. diesem

Posthof Zehden.

16.

Der Posthof Zehden liegt dicht bei Zehden und war früher ein Das Amtsgebäude war aber ursprünglich ein Kloster, und zwar ein Nonnenkloster. Die letzte Nonne ist vom Gewitter erschlagen worden. Das Gewitter hat drei Tage über dem Kloster ge¬ standen, und die Nonne hat gesagt: „Dasselbe stehe ihretwegen da, und müßte sie todtschlagen." Die Schüler haben sie dann hinausgesungen. Zu dem Kloster hat auch eine Kirche gehört, die Peterskirche, die hat gestanden aus dem Petsberg (Petersberg) bei Zehden; beide, Kloster und Kirche, sind durch einen unterirdischen Gang mit einander Auch in den» Dorfe Grüneberg, eine halbe verbunden gewesen. Stunde von Zehden, hat ein Kloster gestanden, von da sollen auch

Amt.

unterirdische Gänge nach der Peterskirche gegangen sein.

17.

Carlstein.

Eine gute Viertelstunde von Zehden liegt das Rittergut Carl¬ dessen Feldmark befindet sich ein kleiner See, der schwarze See genannt, dort hat früher eine Kirche gestanden, die ist versunken. — In der Johannis-Mittagsstunde läutet's dort unten stein; auf

im See. 18.

Markenduhu.

Markenduhn (Einige sagen Markenzaun, Markgrafenzauu, Marienduhn) ist eine Thalschlucht in den Bergen von Hohen-Lübbichow, die

in das Zehdener Bruch mündet, dort ist

eine Fischerhütte.

Man sagt,

von Markenduhn bis nach Wutzen oder Saatheu sei ein Zaun

ge¬

wesen, der habe die Neumark von der Uckermark geschieden.

(Schluß folgt.)

Von

stecke

werden, denn als

hervor.

Die Sprengung des GießhauseS wurde verhindert durch das Flehen des Magistates, der den General Tottleben bat, in der Stadt selbst keine Sprengungen vorzunehmen, weil dadurch ganze Theile Berlins vernichtet werden würden, und Tottleben erhörte denn Er begnügte sich damit, alle vorhandenen Werk¬ auch die Bitten. zeuge und die Utensilien in den Arbeitslokalen zu vernichten. Wenn die Russen sich aus dem Zeughause Beutestücke angeeignet hatten, so blieben die Oesterreicher auch nicht zurück. Waren ihre Transportanstalten besser, oder hatten ihre, mit dem Aussuchen der Exemplare beauftragten Offiziere mehr Geschmack — genug, sie wählten sich von den besten, vielmehr interessantesten Geschützen einige aus, und zwar nahmen sie von den 12 Kurfürsten — 4 Stück mit hinweg,

nur noch 7 dieser Rohre im Besitz des Zeughauses blieben. Von den 12 Kurfürsten fehlte jedoch im Zeughause Einer: „Albrecht Achill", welcher heut noch unter den vorhandenen Geschützen paradirt. Wahrscheinlich befand er sich überhaupt nicht in Berlin, so daß

in einer Festung zum Gebrauch.

Ziergeschütze

wurden nicht

selten für den Festungsdienst verwendet, wie z. B. die prachtvoll gearbeitete, mit den schönsten Ornamenten bedeckte „Pallas". Sie war von Benning

in

George Iliktk.

für ihn unheilvoll

die Russen in Berlin einrückten, forschten sie eifrig nach dem Artillelisten, welcher die Geschütze in beiden Thorschanzen so gut bedient habe. — Es ward ihnen bald bekannt, daß Fuchs jener Schütze gewesen sei, und dieser, der sich auf harte Behandlung durch die Feinde gefaßt machen mußte, suchte sich so gut und sicher als möglich zu verbergen. Er wählte zum Versteck einen der im Gießhause befindlichen Oefen. Hier verborgen, stand er wahre Höllenqualen der Angst aus, denn er vermochte Alles zu hören, was um und neben ihm vorging. Die Russen schleppten Fässer voll Pulver herbei, bohrten Löcher für Sprengpatronen in die Mauer und bereiteten Alles zur Vernichtung des Gießhauses vor. Auch die Explosion der Pulver¬ mühle vernahm der eingesperrte Fuchs, der bereits einige Tage ohne Nahrung in dem Ofen gesteckt hatte. Er hörte ferner, wie die Ma¬ schinen unter den wuchtigen Schlägen der Zerstörer vernichtet wurden. Erst nach dem Abmarsche der Russen wagte er sich aus dem Ver¬

sondern

Das Königliche Zeughaus ;u Berlin.

Diese Fähigkeiten sollten

stützen.

Lübeck

auf Befehl

des

Großen Kurfürsten gegossen und wahrschein¬

transportirt. Von dort schaffte man sie Danzig, woselbst sie bis in die neueste Zeit stand und benutzt ward, um endlich in dem jetzigen, im Erdgeschosse des Zeughauses lich später nach Magdeburg

VI.

nach

Dieses unglückliche Ereigniß schien nur ein Vorläufer von noch

nur Berlin im All¬ Es wurde Generals die Sprengung des Gie߬

größerem Unheil werden zu sollen, welches nicht

befindlichen Geschützmuseum als eins der hervorragendsten Kunstwerke

gemeinen, sondern besonders noch dem Zeughaus drohte.

der Gießerei zu glänzen.

nämlich von Seiten des russischen hauses befohlen.

Da daffelbe hinter der

schönsten

anheimfallen. störung der

dem Zeughause lag, so mußte letzteres, eine

baulichen Zierden

Berlins, offenbar

der Vernichtung

Die Russen hatten bereits Alles gethan, um die Zer¬ Bohrmaschinen und der Oefen zu bewirken. Da dies

Ein

anderes, ebenfalls von Bennig gegossenes Geschütz

„Pluto",

ward von Magdeburg nach Berlin geschafft und daselbst, uiit einer Gribauval'schen Wall-Laffette versehen, aufgestellt. Die „Pallas" kann

für das

älteste active Geschütz der preußischen Armee angesehen

werden.

Was die Wegführung der obengenannten 4 Kurfürsten betrifft, hatten die Oesterreicher in der Folge davon keinen Nutzen, keine Freude an der Beute, denn als die Franzosen unter Napoleon I. nach

aber ziemlich schwierig und zeitraubend war, meinte man viel schneller zum Ziel gelangen zu können, wenn die Sprengung durch Pulver

so

stattfand.

Wien kamen, und bekanntlich nicht blöde im Aussuchen und Fort¬ schaffen von Beutestücken waren, nahmen sie die im Jahre 1760 aus Berlin von den Oesterreichern entführten 4 Geschütze ebenfalls unter ihre Obhut, um sie nach Frankreich zu transportiren. Sie hatten auch selbst in Berlin trefflich eingepackt, und die dort befindlichen 7 Kurfürsten, endlich auch das 13. Stück in der Serie, den „Ersten König von Preußen", abgeführt. Bis auf den uns erhalten gebliebenen Albrecht Achill, befinden sich also diese Ge¬ schütze sämmtlich in ftanzösischen Händen. Sie wurden zunächst nach Straßburg gebracht, aber in der Folge nach Paris gesendet, um vor dem Jnvalidenhause Aufstellung zu finden. Wahrscheinlich entführten die Franzosen auch jenes merkwürdige,

Hier ist

es

am Orte, eines Mannes zu gedenken, den bei dieser

Es war im Gießhause angestellte Kanonengießer Fuchs. Er hatte seine artilleristischen Kenntniffe verwerthet, indem er am 3. Oktober in der, am Cottbuser Thore befindlichen Flesche sich freiwillig zum Dienste gemeldet, um die Geschütze bediene» zu helfen. Es war Mangel an Artilleristen vorhanden, und so nahm das Kom¬ Gelegenheit ein schreckliches Schicksal zu erreichen drohte. der

mando sein Anerbieten gern an.

Fuchs rechtfertigte das Vertrauen

auch in bester Weise. Seine Geschütze thaten außerordentliche Wir¬ kung, und im Verlaufe der Begebenheiten wurde er auch nach dem Halleschen Thore gesendet, um dort ebenfalls die Vertheidigung zu unter¬

107 von Neuwert

(1646), „der Brandenburgische Das Rohr war in Form einer gewundenen Säule gearbeitet; das Langfeld zeigte die Gestalt eines Lindwurms, der einen sägeförmigen Rücken trug, sein Schweif wand sich um das Rohr und endete am Stoße in einer Pfeilspitze; aus seinem Rachen ragte die Mündung des Geschützes hervor. Nach Beendigung der Befreiungskriege blieb nicht Zeit, an

(?)

gegossene Geschütz

Drache" genannt.

die innere Ausschmückung des Zeughauses oder Ergänzung der Lücken

vidiren,

sie

in

eine

Art von Catalog bringen und etwaige

Defekte

ausbessern lassen sollte.

Die Commission bestand, nach Wahl des Prinzen August, aus Majoren v. Safft und Sasse und dem Hauptmann Rosenberg. Später trat noch Major Tiedecke hinzu. Die vorhandenen Gegenstände wurden nun einer besonderen Prüfung unterzogen und das Wcrthvollste zur Aufbewahrung bestimmt, den

Waffenstücken, verschiedene Geschütze

die minder werthvollen Stücke zur Verwendung für Dekoration der Pfeiler, Fensterbogen rc. ausgesucht. Der Prinz erließ darüber feine Verfügungen, und die Ausbesserung der lädirten Eremplare begann. Es ist zu bedauern, daß bei dieser sicher verdienstlichen Arbeit nicht größere Vorsicht auf die Erhaltung der an den einzelnen Stücken befindlichen Etikettes verwendet wurde. Diese enthielten in aller Kürze oft höchst schätzenswerthe Notizen, welche fast sämmtlich ver-

fürsten — und Modelle von militärischen Bauten rc. ausgesucht, um

loren gingen.

unter die alliirten Mächte zu vertheilen. Es war freilich noch lange nicht so viel, als die Franzosen aus Deutschland entführt hatten, indeß fand sich doch manch werthvollcs Stück dabei und der Major der Artillerie v. Grevenitz wurde beordert, dergleichen Dinge

Für Aufstellung des Werthvollsten hatte die Commission den Platz in der Mitte des Waffensaales auf der Nordfront bestimmt, hier sollte eine Art von Museum errichtet werden, in welchem die

zu denken.

Man hatte Nothwendigeres

Allein das Zenghaus erhielt

zu thun und

dennoch außer seinen

anzuschaffen.

von früherer Zeit

herstammenden Schätzen und Beständen an Waffen aller

Art,

einen

ziemlich bedeutenden Zuwachs.

Man hatte im Jahre 1815 in Paris eine große Anzahl von — leider nur nicht die 12 Kur¬

solche

zu sammeln und ihre Absendung nach

Berlin

zu leiten.

Grevenitz hatte auch eine Anzahl mittelalterlicher Waffen, welche durch

Alter,

schöne

Arbeit

zeichneten, dem musee

oder merkwürdige Construction

d’artillerie

entnommen.

sich

aus¬

Diese Sendung von

Anfang zu der eigentlichen Waffensammlung des dem, was bereits vorhanden war, konnte immerhin Nennenswerthes erreicht, eine wirkliche Sammlung errichtet werden, deren Lücken allmählig auszufüllen waren. Die Trophäen, welche nur sparsam vorhanden und aus den von 'Schlachtfeldern den des siebenjährigen Krieges aufgelesenen, theils

Paris bildet

den

Zeughauses.

Mit

aus den daselbst erbeuteten Stücken bestanden, erhielten ebenfalls Zu¬ wachs von Waffen und Fahnen aus den Kämpfen der

1814 und 1815. Allein, wie

Jahre 1813,

schon oben

Erbeuteten und Vorhandenen Aufmerksamkeit geschenkt werden konnte. Alles, was Grevenitz von Paris entsendet, gerieth bald in Unordnung. Es ward nicht zu dem Nothwendigen gezählt, hatte also auch in den Augen Vieler keinen reellen Werth und lief bereits Gefahr,

für „Gerümpel" angesehen zu werden. Im Jahre 1820 sollte jedoch glücklicherweise der werthvolle Bestand seinen Retter finden. Der Prinz August von Preußen, ein ebenso intelligenter Soldat, als Mann von Geschmack und Sinn für Kunst, besuchte das Zeughaus und sah mit Erstaunen daß nicht nur die daselbst in Verwahrsam befind¬ lichen Gewehre, Geschütze und Modelle, sondern auch die von Grevenitz dem musee d’artillerie entnommenen Waffen aus dem Mittelalter, sowie sonstige Merkwürdigkeiten, in einer totalen Unordnung, in

die Werke der

Mißbilligung,

wüstem Durcheinander lagen.

Das Chaos muß ganz erstaunlich

ge¬

Menge, aus einzelnen Theilen sich bestehende Gegenstände/ z. B. Rüstungen, kaum noch zusammensetzen. Der Prinz war über diesen Zustand äußerst ungehalten und stellte sofort bei dem Kriegs-Ministerium den Antrag: eine dem Werthe wesen sein,

des

denn es ließen

eine

Vorhandenen würdige Aufstellung

aller

dieser

Gegenstände

zu

veranlassen.

Das Kriegsministerium ging sofort darauf ein.

Es

schien zu¬

Sonderung der mittelalterlichen Waffen, Harnische rc. von den modernen geboten. Hierzu sollte ein bestimmmter Raum des Zeughauses verwendet und der Geheime Ober-Baurath Schinkel er¬ sucht werden: sich mit den speziellen Anordnungen, der Aufstellung nächst eine

der

Waffen in

Gitter abzuschließen. Die Verhandlungen über all' schaffung

der

Glasspinden rc.

Gruppen rc. zu beschäftigen.

sion von Offizieren ernannt,

Es ward

eine Commis¬

welche die vorhandenen Gegenstände re-

diese

zogen

sich

Einrichtungen, über Be¬ gewaltig in die Länge.

Außerdem konnte man den Kostenanschlag der Commission nicht billigen. die Schränke, zu hoch, das

Er erschien, iramentlich in Bezug auf Gitter ward ebenfalls nicht genehmigt. erließ König Friedrich Wilhelm

Anschaffung

der

III.

Allein am 4.

eine Cabinetsordre,

Juli

1826

welche

die

von der Commission vorgeschriebenen Glasschränke

befahl.

Die Arbeiten zur Reinigung und Rcparirnng der Waffen und Modelle gingen unterdessen ihren regelmäßigen Gang. Die Kosten dafür betrugen 2821 Thlr. 14

angeführt, war man zu sehr mit der Wiederherstellung des Nothwendigen beschäftigt, als daß einem be¬ sonderen Zweige der Waffenkunde, einer systematischen Ordnung des

und

zum großen Theil sehr kostbaren Waffenstücke in Glasspinden ihre Aufbewahrung fanden, auch beabsichtigte man, den Raum durch ein

Sgr.,

was zu jener Zeit als

be¬

deutend genug angesehen werden mochte.

In

der Commission traten

Veränderungen ein, da an Stelle Hauptmanns Rosenberg der Lieutenant v. Reichwitz trat. Auch Hanptmann Gehrmann und Lieutenant v. Prittwitz waren für das Museum thätig. Letztgenannten ersetzte später Prem.-Lieutenant Kehl, und für den Major Sasse trat der Zeugkapitain Jost ein. Ein Antrag des Prinzen August: „es möge ein nicht mehr felddienstfähiger, aber sonst geeigneter Artillerie-Offizier zum Aufseher für das Museum ernannt werden" ward höheren Ortes nicht genehmigt. des abgegangenen

(Fortsetzung folgt.)

Die Urnenfundstiitten bei Dölkendorf und auf den Inseln des parstein-Zee's. Bericht

des Lehrers

Bölkendorf,

Herrn Leinrick Lange in Oderberg i. M.

ungefähr 2 Meilen nördlich von Oderberg im

Kreise Angermünde gelegen, ist ein ziemlich wohlhabender

Ort

und

wird von drei Seiten, West, Süd und Ost, von Höhenzügen, aller¬ dings nicht sehr bedeutenden, umgeben, während es auf der Nordseite ein mehr länglicher als breiter See begrenzt. Der Boden, obwohl hügelig, ist durchgängig gut, meist Weizenäcker, und daher findet man auch bei den Bewohnern eine gewisse Wohlhabenheit und Behäbigkeit, die man in manchen andern Orten des Kreises leider sehr vermißt. Außerdem muß ich den Bewohnern, einfach leben und von der beleckt zu sein scheinen,

die übrigens sehr schlicht und

Cultur, wie man

zu sagen

pflegt, wenig in

die schöne Tugend der Gastfreundschaft

sehr hohem Grade rühmend zuerkennen, welche Tugend sie nicht blos gegen Bekannte, sondern auch gegen Fremde

zuvorkommendsten Weise üben.

Da

ich

Dörfchen und seinen Bewohnern erzähle, so

in

der freundlichsten und

doch

nun einmal von dem

will

ich gleich, ehe ich meine

108

schulze Eichstedt, ein recht biederer und

über 8000 Morgen, nicht erreichen. Ueber seine Entstehung geht folgende Sage. Das Dorf Parsdin oder Barsdin stand ftüher in

kommender lieber Herr,

Der Lehn¬ in jeder Beziehung sehr zuvor¬ Aussage ich in keiner Weise zu

der Gegend des heutigen See's.

zweifeln Ursache habe, erzählte mir Folgendes: Früher, d. h. vor 30 bis 40 Jahren, wurde hier viel Taback gebaut, aber es gab dessen¬

einen Brunnen graben, und als sie nach langer Zeit und vieler Mühe

ungeachtet hier keinen Raucher im Orte, weder Wirth noch Knecht rauchte, und kam ja ein Knecht, der von außerhalb hier zuziehen wollte,

Brunnen vorläufig 24 Stunden mit Brettern zudecken, und dabei ja aufpassen, daß während dieser Zeit Niemand in den Brunnen sehe; dann würden sie iuimerdar einen unversiegbaren, mit dem besten Wasser angefüllten Brunnen haben; erfüllten sie aber diese Bedingung nicht, dann würden sie schrecklich gestraft werden. Die allzu große Neugierde veranlaßte jedoch einige Bewohner, vor Ablauf der 24 Stunden in Derselbe hatte Wasser, viel Wasser, und den Brunnen zu sehen. dasselbe quoll immer höher und höher, erreichte den Brunnenrand,

eigentliche Aufgabe beginne, noch Folgendes mittheilen. an dessen

der aber als Raucher bekannt war, so wurde er lieber nicht geniiethet.

Sitte hat sich nun zwar in letzter Zeit nicht mehr so streng durchführen lassen, jedoch giebt es immer noch mehr Nichtraucher als Raucher im Dorfe, und letztere sind in der Regel Fremde. Diese

Femer: Die männliche Bevölkerung ist ein kräftiger, derber Menschenschlag, und hat ihre Militairzeit meistens bei den Garde¬ regimentern abgeleistet; ja mein Gewährsmann konnte mit Bestimmt¬ heit angeben, daß die kleineren Männer nicht geborne Bölkendorfer, sondern Zugezogene seien.

S.



Südlich vom Dorfe liegen, in der Richtung von N. O. nach W., drei See'n: der tiefe See, der Schulzen- und der Apfel-See.

Sage: Der HünenUeber den Ursprung fürft sei auf die Bewohner des Dorfes Brodowin, jenseits des Parsteiner See's gelegen, erzürnt gewesen, weil sie einen Thurm und Glockengeläute hatten, und auch Sonntags, statt in den Krug, in die Kirche gingen; er habe sie deshalb strafen und dazu einen Damm geht

derselben

durch den Sec schütten wollen.

folgende

Hierzu machte er den Anfang, indem

Bei der dritten Schürze er drei Schürzen voll Erde in den See warf. Vernichtungsplan nun unter¬ voll sei er aber verunglückt und sein blieben. Dort, wo er die Erde hergeholt, sind jene drei See'n, (jede Schürze voll ein See), wo er sie hingeworfen aber der Sturz- oder

Die Bewohner

des

Dorfes wollten

endlich auf Wasser kommen, da erscheint ein Mönchlein und heißt sie den

Dorf mit allen Bewohnern elendiglich zu Grunde ging. So ist der heutige ParsteinSee der Sage nach entstanden. (Es ist merkwürdig, daß nach dieser Sage die Bewohner des jetzigen Parstein den Ortsnamen von jenem

und überfluthete die ganze Gegend, so daß auch das

Dorfe ableiten und denselben mit einem a schreiben, während in Ver¬ fügungen von Behörden zwei a geschrieben stehen.) Südlich wird der Parstein-See von dein Königlich Lieper Forst begrenzt, während er im Osten, Westen und Norden von den Feld¬ marken fünf verschiedener Ortschaften eingeschlossen wird. Er ist Eigen¬ thum des Staates und sehr reich an Fischen; man hat Welse über 100 Pfund schwer in ihm gefangen, und öfter schon Bleizüge gethan, deren Werth aus mehrere hundert Thaler geschätzt worden. Bei heran¬ nahendem Sturme ist er seines hohen Wellenschlages wegen sehr ge¬

fürchtet, und die Bewohner Parstein's meinen: Gewitter, die über den See kommen, was zwar seltener geschieht, sind immer sehr schwer,

mit Hagel begleitet.

Schürzenwerder, jetzt eine Halbinsel, entstanden. Die drei See'n werden von Höhenzügen umgrenzt, und aus einem derselben, vielleicht 2000

meist

Schritt südlich von: Apselsee, wurde in diesem Frühjahr ein Urnengrab bloßgelegt. Dasselbe hat die Form eines Rechtsecks, ist 9 Dezm.

die ihrer Größe nach heißen: Pehlitz -Werder, 60 Morgen groß;

lang, 7 Dezm. tief und 5 Dezm. breit. Die vier Seiten werden durch Granitplatten gebildet, die ungefähr 6—'8 Centm. breit und mit der Erdoberfläche gleich sind, welcher Umstand auch wohl das Finden desselben erleichtert hat. Der Fund im Innern hat aus

Werder

5 Urnen bestanden,

die so ansgestellt waren, daß

in jeder

Ecke eine

Die vier ziemlich große und in werden während erhalten können, nicht größeren Urnen haben leider Reuter in Bölkendorf er¬ Lehrers ich die kleinere durch die Güte des der

Mitte

eine kleine gestanden hat.

halten und an das Märkische Provinzial -Museum abgegeben habe. Der Inhalt sämmtlicher Urnen bestand aus Asche und Knochcnpartikelchen, Stein- oder Metallgeräthe wurden nicht gefunden. Die noch vorgefundenen Scherben, von dunkler Färbung, waren alle grob gearbeitet und ohne jede Verzierung.

Von hieraus untersuchte

ich noch zwei Gräberstätten

in

der Rich¬

tung westlich nach dem Parsteiner-See zu. An beiden Stellen fand ich Urnenscherben, und an einer außerdem den Vordertheil eines Schädels

M. Pr.» Mus. schon eingesandt). Gleichzeitig will ich hier constatiren, daß die Feldmark Bölkendorf reich an Urnenstätten ist; nur ist das Bloßlegen derselben mit ungeheurer Schwierigkeit ver¬ bunden, weil solche Hügel mit vielen Schachtruthen Feldsteinen be¬ (dem

in

auf der Feld¬ mark Parstein aus, wo die Besitzer die Steine, eben weil sie in der Beackerung hinderten, aus dem guten Boden entfernt und auf jene Eine wirthschastliche Verwendung dieser Hügel geworfen haben. Steine hat sich des schwierigen Transports wegen noch nicht ermög¬ lichen lassen, dürfte jedoch, da die Eisenbahn Angermünde-Frankfurt

packt sind.

Ebenso sieht es auch

diese Gegend kreuzt,

dieser Beziehung

bald in Aussicht stehen und einen regen Verkehr

hierherziehen.

Der Parstein-See. Derselbe ist wohl der größte des Angermünder Kreises, indem der Grimnitz» und Werbellin-See seine Größe,

Im

Parstein-See befinden

5 Morgen groß; Fischer-Werder,

sich

4 Inseln, hier Werder genannt,

l'/

2

Wuning, Morgen groß und der Kiebitz.

Morgen groß. Den Pehlitz-Werder zu beschreiben, kann nicht meine Aufgabe sein, indem derselbe bereits von kundigeren (Am 16. August 1874 waren dort: die Forschern durchsucht ist. Herren Stadtrath Friedet, DOr. Bartels, Thorner, Liebe, O. Rein¬ hardt, Albert Voß und Alfred Tuckermann aus Berlin.)

'/2

I. Ich wende mich zunächst „Wuning" Wohnung, wohnlich

zu dem

Wuning. Ob

die Benennung

oder wonnig bedeutet, wage ich nicht

zu entscheiden und muß das zu bestimmen den Sprachforschern über¬ lassen; ich kann nur feststellen, daß diese

Insel, wenn in grauer Vor¬

zeit nicht bewohnt, so doch als Begräbnißort benutzt worden ist, was aus den daselbst gefundenen Urnenscherben deutlich hervorgeht. Die

Insel liegt ungefähr 300 Schritt von

dem Ufer der Bölkendorfer Feldmark, also aus der Ostseite des See's, und ist im ganzen Umfange gegen 5 Morgen groß, wovon auf das Plateau, das ftüher geackert wurde, 2 Morgen zu rechnen sein dürften; sie ragt bei jetzigem niedrigen Wasserstand gegen 5' über die Wasserfläche hervor. Es ist ein schönes Eiland, umsäumt von niedrigem Baumwuchs, Birken, Linden, Pappeln, Weiden, Schwarzdorn re., während zwei wilde Birnbäume (Knödeln), der eine am West-, der andere am Ostrande, in Höhe von 40h als Beherrscher des Ganzen, Wache zu halten scheinen. Auch der bunte

I.

Blumenteppich war, als ich die Insel im Juni v. zuerst betrat, kaum, denselben durch das prächtig, und ich wagte Aufwühlen der Erde zu zerstören, umsomehr, da ich schon auf den Maulwurfshügeln fand, was ich suchte, namentlich Ueberreste von Urnen. Bei näherer

Nachgrabung an den verschiedensten Stellen förderte ich Urnenscherben in einer Tiefe von 1—2' zu Tage; Geräthe rc. habe ich aber nicht gefunden. Unzweifelhaft steht nunmehr fest, daß die Insel als Begräbnißstätte benutzt worden ist. Am westlichen Ende, nicht auf dem Plateau, fondern am Fuße desselben, zum Theil auch im Wasser, lagen recht viele und große Steine ungeordnet neben- und übereinander,

109

Insel

und ich vermuthe, Laß dieselben bei der Urbarmachung der

Seit

hin geschafft sein müssen. erzählte

und

mir

der Fischer,

dort¬

Lleement. Eine abenteuerliche Geschichte aus den Tagen Friedrich Wilhelms I.

vielen Jahren liegt dieselbe aber wüste,

vor 40 und

daß

mehr Jahren hier

und er noch sehr gut wisse, daß die Jungen aus dem Dorfe sich die Eier geholt und daraus Eierpiemen (Eierkuchen) gebacken hätten.

viele Möwen genistet,

H. Der Fischwerder. See's gelegen,

ist bei

trocknen Fußes

zu

Insel, am

Diese

dem jetzigen,

ungemein kleinen Wafferstandc

Sie ist ungefähr

erreichen.

Ende des

südlichen

l'/

2

Morgen groß,

Erzählt von Luckovica Kcsellick.

(Schluß.) flüsterte der Eine seinem Kameraden zu; „das ist heut das Ende von unserm Abenteuer im Reuß'schen Garten."

„Du, Hans",

Hütte,

„Weiß wohl, Lippold", entgegnete Hans Stechow und nickte mit .General von Forcade Excellenz hat mir's schon gesagt." Es wurde still in der Menschenmenge, der Tritt der Soldaten

und hier erwachte die Neugierde, zu untersuchen und nachzusehen, ob aus dieser Insel nicht auch Spuren von menschlichen: Dasein aus früheren

nach dem Schloße; dort angelangt, begannen die Schulkinder zu singen,

und in stüherer Zeit von einem Fischer, als

Hütte steht,

eine

beackert worden.

Ein

dessen

Obdach hier noch

Regenschauer trieb mich auf

meinem Gange nach Bölkendorf in den Michaelisferieu

in

diese

Zufällig war ein Spaten dort, und Die Arbeit begann, und was ich vermuthete, bestätigte sich. Ich fand gleichfalls Urnenscherben in einer Tiefe von 2—2 l /2 ', Stein- und Metallgeräthe leider nicht. HI. Der Kiebitzwerder. Derselbe liegt ungefähr 200 Schritt westlich von dem Fischwerder. Als ich dem Fischer, den ich nachher traf, und der niich anfänglich für einen närrischen Kerl hielt, weil er Zeiten zu finden sein dürften.

ein Visitireisen hatte ich mitgebracht.

gar nicht begreifen konnte, wie ich nrich über die Topfscherben so freuen konnte, einigermaßen befriedigende Auskunft gegeben, wurde der sonst etwas schweigsame Mann recht gesprächig und erbot dem Kiebitzwerder zu fahren und

mir den

Stuhl im

sich,

mich nach

Stein

großen

dem Kopfe,

hallte wieder auf dem unebenen Pflaster, der ganze Zug bewegte aus der Menge ließ sich ein leises Schluchzen vernehmen. öffnete sein Gesangbuch und sang mit den Schulkindern:

„Schwing Dich auf

Du

zu Deinem

sich

Kleement

Gott,

hoch betrübte Seele,

Warurn liegst du, Gott zum Spott, In der Schwermuthshöhle?"

. Nur als sie unmittelbar vor dein Schloß vorbeischritten, hob er Augen; da stand Er droben, der gewaltige Friedrich Wilhelm, wie aus Stein gehauen; die Blicke Beider trafen sich, es war kein Zorn mehr in des Königs Auge, seine Hände waren gefaltet, er betete für die

Verurtheilten.

Gnade war, nach

zu zeigen; auch solche Scherben wie hier, meinte er, würden

den Anschauungen jener Zeit, nicht möglich für Kleement, die Könige betrachteten die Majestäts¬ beleidigungen, deren er sich durch Lug und Trug schuldig gemacht hatte,

betrieb, sowie überhaupt über die Krebse, ihre Lebensweise, Begattung,

viel weniger als gegen ihre Person, sondern als gegen die ganze ge¬ heiligte Institution des Königthums gerichtet, die zu schützen ihre Pflicht war. Als Stellvertreter Gottes war in: König aber auch

wir dort finden. Wir fuhren ab, trotz des heftigen Regens, und gab mir der Fischer hierbei über seinen Krebsfang, den er mit Hollunderbeeren Unterschied der Geschlechter, dem Kiebitzwerder,

der

bereitwilligst belehrende Auskunft. Auf '/2 Morgen groß ist, trifft man

ungefähr

auf

Inseln, sowie auch große Steine. Was den Stuhl im Stein betrifft, von dem der Fischer gesprochen, so fand ich in einem Stein von ungefähr sechs Kubikfuß Inhalt eine Vertiefung, groß genug, um bequem darin sitzen zu können. Die Seiten standen so hoch vor, daß die Unterarme darauf ausruhen konnten. Ob dieses Gesäß auf natürlichem oder künstlichem Wege entstanden, wage ich direkt nicht zu entscheiden; nur denselben Pflanzenwuchs wie

den beiden vorigen

bemerke ich, daß die noch recht scharfen Kanten und Ecken den

Schluß bleibt mir dann aber der Zweck deffelbeu wieder unverständlich. Der Stein liegt am Fuße der Insel, und hat mau von ihm aus keine große Fernsicht; nur einen Theil des See's, des Pehlitz- und Fischerwerders vermag

auf eine künstliche Entstehung recht wohl zulassen;

es

man zu übersehen. Urnenfunde habe ich hier nicht gemacht, und dürfte dies darin

Grund haben, daß diese Insel viel niedriger liegt, als die vorhin genannten, denn sie ragt kaun: 2‘/2 Fuß aus dem Wasser hervor. Wie :nir nachträglich von Herrn Stadtrath Friedet mitgetheilt

seinen

worden, sind ^dergleichen

Stuhl-

oder Gesäßsteine

in

der

Mark

mehr¬

Churund Mark Brandenburg, 1. Band, Berlin, 1752) berichtet. Einer lag in der Nähe des Teufelssee's, am Abhange der Müggelsberge, ohnweit Cöpenick, bis er etwa in den vierziger Jahren von Stein¬ Man hält sie theils schlägern in vandalischer Weise gespalten wurde. für Opfersteine, theils für Sitzplätze der Häuptlinge oder Oberpriester. Gewöhnlich knüpfen sich Teufels- oder ähnliche unheimliche Sagen an fach beobachtet, was schon der alte Bekmann (Beschreibung der

diese

Findlings blöcke.

daß alle noch

Im

Interesse der Nachwelt wäre es zu wünschen,

vorhandenen derartigen Steine

zeichnet würden,

da sie zu

mit ihren Sagen

den merkwürdigsten Denknialen

grauesten Vorzeit unseres Vaterlandes gehören.

ver¬

aus der

den

Gott

war Gotteslästerung das schwerste Ver¬ Alle diese Umstände muß man mit in Erwägung ziehen, ehe man voreilig den Stab über Friedrich Wilhelm's Grausamkeit bricht; noch weniger fallen die mit der Vollstreckung des Urtheils ver¬ bundenen barbarischen Nebenumstände ihm zur Last; sie waren voll¬ selbst beleidigt, und noch

brechen.

ständig gesetzmäßig.

Endlich war der Zug auf den: Neuen Markt angelangt; die Soldaten bildeten Spalier, die Schulkinder ordneten sich; langsam, aber festen Schrittes stieg Kleement auf das Gerüst, zitternd folgte Lehmann, und Heydekam wurde in seinem Sessel hinauf getragen. Droben stand der Hofrichter und las mit lauter Stimme das Urtheil vor, das die Menge athemlos und schweigend anhörte. Nach der Verlesung des Urtheils trat Kleenrent an den Rand des Gerüstes vor; er hatte Erlaubniß erbeten und erhalten, vor seinen: Ende noch zum Volke sprechen zu dürfen. Ein Murnieln ging durch die Versammlung, die stattliche, vornehine Erscheinung :nit den: ernsten Gesicht voll Ergebung und Ruhe, verfehlte ihren Eindruck nicht. Als er mit der feinen, schmalen Hand winkte, lagerte sich die vorige du:::pfe Stille über die Menge, mit weithin tönender Stimme aber sprach Kleement: „Wir stehen hier als ein Schauspiel der Welt, ich als ein Fremder und dieser hier" — er deutete auf Lehman:: —

„als ein

Landeskind,

und sollen nun aus dem Lande der Lebendigen

ausgerottet und in die Ewigkeit geschickt werden.

Daher siehet uns Keiner anders an, als verloren. Aber durch die Barmherzigkeit des höchsten Gottes sind wir auch Kinder Gottes geworden. Ich detestire hier öffentlich alle n:eine Sünden, damit ich meinen Gott beleidiget und sein heilig Wort verlassen, auch mich aller seiner Gnade verlustig Dieses ist der Ursprung

meines ganzen Falles, daher Sünde in die andere gefallen, und den Hochmuth oder Ehrgeiz über Alles geliebet und in meinem Eigensinn in:n:er weiter fortgegangen, so daß nach meinem ambitiösen Gedanken ich mich unterstanden, was eine fleischliche Weltklugheit nur immer thun kann. gemachet.

ich aus einer

preise die unendliche Barmherzigkeit Gottes, welcher mich durch seine heiligen, gerechten Wege dahin geführet, daß ich nunmehr zur Er¬ kenntniß meiner Sünden gekommen und, um Christi willen, Gnade und Vergebung derselben verlanget. Ich detestire aber auch zugleich alles Dasjenige, womit ich meinen angeborenen Landesherrn, den römischen Kaiser, den König in Preußen, wie auch den König von Polen und Churfürsten zu Sachsen, desgleichen auch etliche andere hohe Personen,

„Um

Ich

durch meine falschen Ränke oder politische Gaukeleien zu hintergehen

„Der

schlimmer," fuhr der Arnim auf.

so

ist der Kleement,

Beste

der

die Rede

hielt,"

bemerkte

Stechow.

„Drum wird

er auch

nur hingerichtet," sagte Arnim und die

beiden Andern nickten.

Das wackere Kleeblatt erblickte in der Entehrung die härtere Strafe, und Kleement theilte vielleicht diese Ansicht, denn nur während der Bestrafung Hevdekam's sah man ihn zittern.

getrachtet, daß ich Unruhe und Feindseligkeiten unter Puissancen an¬

Unterdessen hatten Kleement und Lehmann die Oberkleiber ab¬

richten möchte, worüber ich hier öffentlich meine ernste und herzliche

gelegt; ein Musketier, ein Landsmann Kleement's, half ihm und die Augen des Verurtheilten schimmerten iui feuchten Glanz, als noch

Reue bezeuge. Sie aber, meine Freunde, ermahne ich um Gottes¬ willen, daß Sie alles boshafte und treulose Wesen mit mir wollen zu¬ gleich an den Galgen henken lasten; wie auch, daß Sie Ihrem König und dem Vaterland wollen getreu sein. Denn wenn ja das Gute von einem Könige nicht allemal seinen Ausfluß hat, so haben es wohl die Unterthanen selber verdient mit ihren lieblosen und schädlichen Ur¬ theilen. Daher bedenken Sie selbst, wie viel daran gelegen, daß Treue und Unterthänigkeit gegen die Obern beobachtet werde, und nehmen an meinem Falle allezeit einen Spiegel, wie es Denen ergeht, so sich in fremde Händel mischen wollen. Insonderheit aber fürchten Sie Gott und ehren den König, damit Alles wohl und glücklich zu¬ gehe, und das Land in Frieden von seinem König möge regieret werden. Die, so ich durch mein Beginnen beleidigt, und durch mein Exempel geärgert, bitte ich, daß sie mir Alles vergeben wollen um Christi willen, und vor mich ein andächtiges Vaterunser beten, wie auch vor dieses verführte Lamm, den hier neben mir Stehenden meinend, daß uns Gott, ob wir gleich eines schmählichen Todes sterben müßen, zu Gnaden annehmen und uns Kraft verleihen wolle, ritterlich zu kämpfen, um unserer Schmach getrost entgegen zn gehen, weil dieser Zeit Leiden nicht werth ist der Herrlichkeit, die an uns soll geostenbaret werden. Amen!" „Amen, Amen!" scholl es von unten herauf, wie von den Dächern herab; von Bredow beugte sich auf den Hals seines Pferdes hinab, als habe er da etwas ganz Besonderes zu suchen, von Stechow hatte wirklich die hellen Thränen in den hellen Augen. Da zeterte ein Schrei durch die Menge — hinter dem unglückseligen Hcvdekam war der Scharftichter erschienen und ohrfeigte ihn, nach dem Urtheil, rechts und links. Bredow schnellte empor aus seiner gebückten Haltung und starrte mit verglasten Augen aus die Scene; Stechow biß die Zähne aufeinander und sein Gesicht nahm eine noch dunklere Röthe an, als ihm von Natur schon eigen. „Gott bewahre den rothen Schild mit der Sturmleiter vor solchem Makel, wie das Jagdhorn und die blaue Blume dort trifft!" stammelte Bredow mit zitternden Lippen. „Eher müßten die blanken Kleeblätter auf den schwarzen Balken für alle Zeiten blutroth werden, ehe ich das überlebte!" flüsterte Hans Stechow. Der Scharftichter hatte den unglücklichen Menschen geohrfeigt, wegen „von Ihrer Majestät von Preußen geführter ohnziemlicher und höchst unverantwortlicher Rede", wie es im Urtheil hieß; der ihm eben¬ falls zuerkannte Staupbesen aber war aus „mildester Gnade Seiner Königlichen Majestät von Preußen" erlasten, doch erhielt er drei Streiche mit demselben über den Rücken, dann zerbrach ihm der Henker den Degen und warf ihm die Stücke vor die Füße, und endlich wurde er auf einem Schinderkarren nach der Festung Spandau, später nach

Peitz gebracht.

„Reitet Sie der Teufel, Lieutenant von Bredow?" herrschte der Rittmeister von den Dragonern, ein alter Haudegen mit zerfetztem Gesicht — c§ war ein Arnim — den jungen Mann an. „Packt Sie das Mitleid mit der Canaille?"

„Es ist immer

ein Edelmann, wenn auch neuesten

gab Bredow zur Antwort.

Datums,"

einmal in der Todesstunde die Laute der Heimath, die Sprache der Geliebten in sein Ohr klang. Er schenkte dem Manne, der ihm, dem Brauche gemäß, nun die Arme entblößte und eine Mütze von weißer Leinwand aufsetzte, seine Kleider, während er dem tief ergriffenen Geist¬ lichen seine Uhr zum Andenken gab.

Nun kam

der schwerste Augenblick: die beiden Unglücklichen wurden

mit glühenden Zangen gebrannt, dann in Bewegung, die Geistlichen beteten laut. Am Spandauer Thor wurden die glühenden Zangen noch ein¬ mal angewendet; Lehmann schrie und jammerte laut, Kleement ver¬ auf

den

Karren

setzte sich der

gesetzt

und

Zug wieder

zog keine Miene.

Draußen vor dem Thor, auf der Richtstätte, fiel Alles auf die Knieen zum Gebet. Lehmann, als Preußisches Landeskind, erhielt die härtere Strafe, er ward enthauptet und dann geviertheilt; Kleement wurde

gehängt.

Seine letzten Worte waren: „Ich habe einen guten Kampf gekämpfet, Glauben gehalten, hinfort ist mir beigeleget die Krone der

ich habe

Gerechtigkeit."

Der Geistliche neigte wie bejahend das Haupt, sein Gefährte Im Munde eines Verbrechers dünkte ihm dieser Kleement und sein Beichtiger aber hatten nur an seltsam. Spruch

schüttelte den Kopf.

Kamps der letzten Tage gedacht und an den Schächer, dem auch das Paradies verheißen wurde. Von Bredow und von Stechow sammt ihrem Rittmeister waren den

unzufrieden mit der Vertheilung der Strafe.

„Hätte dem Kleement lieber den Tod durch's Schwert gegönnt, als durch den elenden Strick", murrte Arnim. „Schade um den Kerl, warum kam er nicht in meine Schwadron, aus dem hätte ich einen tüchtigen Dragoner gedrillt." Rittmeister von Arnim war der Ueberzeugung,

Individuum, aber

es

könnte kein

als einen Dragoner seiner Schwadron; war's doch schon eine Ehre, die weiße Montur tragen zu dürfen. Friedrich Wilhelm's Reiterei war bekannt¬ lich, mit Ausnahme des Königlichen Corps des Gensd'armes, alle nützlicheres

auch kein glückseligeres geben,

weiß niontirt.

So war aus deffen Eindruck

dem

ein

Jntriguenspiel ein schauerliches Drama geworden, geblieben ist für König Friedrich

nachhaltiger

Wilhelms ganzes Leben. An die Treue feiner Umgebung glaubte er wieder, aber das Mißtrauen blieb doch. Ohne Kleement wäre das Haupt des unglück¬ lichen Katte vielleicht nicht gefallen, das ganze furchtbare häusliche Trauer¬

und Sohn anders ausgefallen; Kleement hat König Friedrich Wilhelm's arglose Seele vergiftet, und das ist vielleicht

spiel zwischen Vater

sein schwerstes Verbrechen gewesen.

Was das Uebrige anbetrifft, so ist es gekommen, wie Marschall Bieberstein ahnte: es ist bis auf den heutigen Tag nicht Alles von klar geworden in dem Bilde des Abenteurers. Ganz hat sich auch die

Intrigue

zwischen Dresden und Wien nie fortleugnen lasten; wer weiß,

König Dienst geleistet. Dieser angeregte Zweifel hat den gewaltigen Herrscher nie verlasten; der Gedanke, ob er nicht doch einen wozu

sie

ohne Kleement geführt hätte, und dann hätte er dem

doch einen

111

ihm ergebenen Diener habe ungerechterweise hinrichten lassen, quälte ihn so, daß er jede Erwähnung Kleement's vermied. Für die Fabeln, die sich bald an die Person des Abenteurers

Gott tröst' die betrübten Aeltern mein, Erhalt' mein' liebe Schwesterlein, Beschütz' mit Deiner starken Hand Die elend Kirch und Vaterland."

hängten, und die ihn heut zum Sohn des Königs von Dänemark, morgen zu deui des Herzog-Regenten von Frankreich machten, hatte

König kein Ohr. Bieberstein hatte ihm seine letzten Gespräche mit Kleement mitgetheilt, dann war der Todte todt für ihn. Friedrich Wilhelm hat nie wieder, auch nur annähemd, für einen Menschen solche Zuneigung empfunden, wie für Kleement; es hat ihm nie wieder in ähnlicher Weise Jemand imponirt, wie der kühne Magyar. Sonst ist es geschehen wie der Geheimerath von Bieber¬ stein sagte: Oesterreich, Sachsen und mancher andere Hof haben zuweilen noch gegen Preußen intriguirt — aber Gott war mit uns, und

4.

In

der

Preußen blieb oben!

der Pfarrkirche

zu Tangermünde verewigt eine Grabschrift

nur kurze kriegerische Laufbahn des am 18. August 1713 ge¬ Königl. Preuß. Fahnenjunkers Georg Ernst von Röhl. Sie lautet: „Zur geistlichen Ritterschaft wohl angeführt, erlangt zu Kriegs¬ diensten sonderbare Geschicklichkeit. Aber der König aller Könige nahm in der Marterwoche 1728 eine selige Revue mit ihm vor, da er nicht in 3 Monaten exerzirt, sondern in 3 Tagen schwerer Krankheit seine Erercition der Buße, des Glaubens und der Hoffnung wohlgemacht." die

borenen

5.

Sonderbare Grabschrifteu. Gesammelt von Ferdinand iWcycr.

1.

In

trug das Epitaphium

der hiesigen Nikolaikirche

und Lehrers am Gymnasium zum grauen Kloster, gende

Inschrift: „Allhier hat

seine irdische

des

Kantors

Dithmar,

Hütte abgelegt und indeß

den

fol¬

Geist

in die ewige Hütte vorangeschickt der wohledle und wohlgelehrte Herr Jacob Dithmar. Poltzin in Pommern gab ihm das Leben 1665, Berlin nahm ihm dasselbe 1728. Dieser Kirche und dem Klostergymnasio diente er zugleich, diesem im Singen, jener im Lehren, beiden fast in die 33 Jahre. Hier sang er vor der hiesigen Gemeinde, dort singet er noch mit den Engeln. Hier sang er aus der Tiefe, nun singet er: Ehre sey Gott in der Höhe. Leser, singe hier dem Herrn in Deinem Herzen, so wirst Du dort das neue Lied mitsingen. Text: Ps. 13, 6." 2.

Zu Salzwedel, in

der Altstädter Marienkirche,

liest man auf

dem Grabstein eines Postmeisters:

„Eile nicht, -Wandersmann! als mit schwindeste Post erfordert Verzug

der Post.

Auch die ge¬

im Posthause. Hier ruhen die Ge¬ Königl. Preuß. 25jährigen

Mathias Schulzen,

beine des Herrn

unterthänigst treu gewesenen Postmeisters zu Salzwedel. Er kam allhier 1655 als ein Fremdling an. Durch die heilige Taufe ward

in die Postkarte zum himmlischen Kanaan eingeschrieben. Darauf reifete er in der Lebenswallfahrt durch Schulen und Academien mit er

löblichem Verzug.

Hernach, bei eingetretenem Postamte und andern

Berufs-Sorgen, bewies

er sorgfältig sein Christenthum;

bey vor¬

kommenden Unglückspoften richtete er sich nach dem göttlichen Trost¬ briefe. Endlich bey seiner Leibesschwachheit, dem gegebenen Zeichen der ankommenden Todespost, machte er sich fertig. Die Seele reiste den 2ten Junii 1711 hinauf in's Paradies; der Leib Hernachmals

in

dies Grab.

Gedenke, Leser! bey Deiner

die prophetische Todespost.

Jesaia

XXXYIII. I.

diesem Ruhebettelein

Schlaf ich, des Pfarrers Hänselein. Die Zeit, so ich lebt' überall Auf Erd' in diesem Jammerthal, War das ganze sechs und sechzigste Jahr, Dazu das siebend' halb, nimm wahr; Groß Unfall mich mein Eltern nahm kam. Durch Christi Darf nicht mehr fürchten Unfallsnoth, Den Teufel, noch gefährlich Tod;

....

Aehre,

erfüllt mit Früchten

des Geistes.

Nebenähre,

und nahm zur Ehe

dieser Ehe

wuchsen 6

Er

neigte

sich

zu einer

Anna Sophia Nädlerin.

Aus Kinder als Sprößlinge, wovon bald 3 ver¬ welkten; 3 wachsen noch im Segen Gottes. Aber es folgte eine trübe Aerndte, da der knöchrichte Mäher diese Aehre abhieb. Doch waren bald die Engel Gottes da, und führten sie in Gottes Scheune."

Literatur. Potsdamer Lieder-Chronik von A. Höpsner. von Alfred Weile. Preis 1 Mk. 50 Pf.

Berlin, Verlag

Der vorgenannte Liedercyklus ist kein Erstlingswerk des Herrn Verfassers, sondern bereits 1871 machte sich derselbe im 5. Hefte der Schriften des „Vereins für die Geschichte der Stadt Berlin" durch eine „Kleine Berlinische Reim-Chronik" bekannt, die auch in einer besonderen zweiten Ausgabe erschienen

ist; und ein Jahr früher, 1870, Reim-Chronik. Vom

erschien von demselben Verfasser eine Perleberger

erstgenannten unterscheiden

sich die

frühern Werke des Herrn Verfassers

fast lediglich durch den historischen Stoff der einzelnen bezüglichen Städte, sonst zieht durch alle drei Sammlungen das patriarchalische

Wirken und Schaffen der Hohenzollern in betreff der drei Städte in besonders treffender Sprache und mit liebenswürdig anhänglichem

Sinne hindurch; im obengenannten Merkchen ist auch vieler Ereignisse in gleicher Weise von 993 bis 1412 gedacht. Dem patriarchalischen Schaffen unserer Hohenzollern, ist in der Potsdamer Lieder-Chronik gerade zu ein Ehrendenkmal gesetzt.

Der Dichter spricht

es

selbst

im Schlußliede: „An Potsdam" aus: „Potsdam, du wandertest lange von Einem zum Andern als Pfandstück,

Wallfahrt beständig an

3. Die Marienkirche zu Königsberg in der Neumark enthält den Leichenstein eines schon frühzeitig verstorbenen Sohnes des dortigen Predigers Fuchs, mit den Versen:

„In

Sonderbar auch ist eine Grabschrist in der Marienkirche zu Stendal: „O Leser! bei dem Grabe des seel'gen Jacob Ahrenberg siehe drey Aehren. Dabey gedenke dessen dreyfache Aerndte. Er ging auf zur Erndte-Zeit zu Berendt bey Werben, und wuchs zur vollen

Aber

Wir

es machte dich

möchten behaupten,

frei Friedrichs erhabenes Geschlecht." daß der

Marmor zu

solchem Ehren¬

denkmale nicht schöner gewählt werden konnte, als durch Gedichte im

Volkstone dem Reim-Chronisten es gelungen ist, daß es auch kein gewandterer Meister es so schön vollenden konnte, als Herr Höpfner, der, selber in Potsdam geboren und erzogen, in der von den Hohen¬ zollern so begünstigten Stadt mit der Lust auch die Liebe zu den Fürsten einathmete, die ihn zum beredten, die Verdienste verherrlichen¬ den Dichter macht. — Mit Recht ist die Liedersammlung eine Pots¬ damer Chronik, da

sie die Geschichte der

Entstehung dieser

Stadt

und

ihrer Merkwürdigkeiten bringt mit einem so warmen, als wahren Gefühle für Kunst und Natur, gleich einem gebildeten Cicerone, der mit edlem Humor seine Erzählung spickt. Der Huuior Herrn Höpfners ist naturmäßig und eigenartig, aber

man oft ein Stück Fritz Reuters darin, und das gereicht ihn: nicht zum Schaden. Wenn Julian Schmidt in seinen „neuen Bildern" bezüglich Fritz Reuter behauptet, wir könnten in unsrer hochdeutschen Sprache den Humor nur künstlich hervorbringen, der plattdeutsche Humor aber liege eben im abwechselnden Hervortreten der bilder- und empfindungsreichen hochdeutschen Sprache neben der mundartig platten Sprache mit ihrem unmittelbar sinnlichen Bewußt¬ sein, so kann man dies nur theilweis zugestehen, sonst wäre Fritz doch sieht

Reuters Humor ein leichtes Kunststück. Wir suchen den wahren Humor in den kontrastirenden Gedanken und dem zur Darstellung derderselben treffenden, kurzen Ausdrucke, der bald von naturtreuer Frische,

im Handeln mit

denen der Fürsten vor

100 und vor 200 Jahren.

Außerdem unterstützen Herrn Höpfner der Meistersänger-Reim und eine

in

glückliche, treffende Abwechselung

der

Strophenbildung neben solchen

Liedern, in denen der Dichter niehr nach Legendenart erzählt, wie ein

wahrer Chronist.

Durch den

Studium vertieft reichen

Stoff

der Lieder und die beigegebenen historischen

ein langjähriges,

bezeugt Herr Höpfner auch

merkungen,

der Chroniken einzelner Orte der

Be-

fleißiges

Mark. Der Geschichtsfteund

sich gern in die Einzelzüge im Leben der Fürsten, und aus den: Borne solcher Studien schöpfend, weiß der Reim-Chronist uns

anzuziehen und uns selber über den werthvollen Schatz, den

wir in

bald von einnehmender Zartheit ist. diesen: Sinne ist oft Aehnlichkeit in Hopfners Humor mit

den Thaten unsrer Fürsten haben, die wenig bekannt sind, aufzuklären.

den: Fritz Reuter's zu finden, wenigstens hat der Herr Verfaffer Fritz

fürsten der Mark in einem Zusammenhange^, niit ihren Unterthanen, wie wir's von manchen kleinen deutschen Fürsten sehn, nur daß diese

In

Reuters Werke studirt, denn er versteht oft, wie dieser, auch einen unübertrefflich schönen elegischen Ton anzuschlagen. So z. B. im

im Schluß von No. 115:

„In

Paretz am 20.

Mai 1810":

Wir

In Summa,

sie geht die Höh' hinab leiser Thräne — an dem Arm des Gatten. Wer weiß, wie bald! — Zu bald schon nahm das Grab

edle

Dulderin auf in

seine

wir empfehlen

„Potsdamer Lieder-Chronik" an¬ Julian Schmidt

die

des Wilibald Alexis wünscht, es sollte in der Mark Brandenburg kein Haus zu finden sein, in dem man sie nicht besäße! C. Hartung.

den Werken

Der Humor liegt in Herrn Höpfners Liedern theils in der Ab¬ naiv kindlicher Sprache und Anschauung, mit ange¬ messener Breite der Erzählung, theils in unserer eignen Vorstellung, wenn wir von unsern heutigen Anschauungen her unwillkürlich Ver¬

wechselung von

In

Dergleichen aber übt auch einen besondern

gelegentlichst und möchten ihr dasselbe.wünschen, was

Schatten."

gleiche anstellen zwischen der heutigen Ausdrucksweise

hier unsre historisch berühmten Heldenfürsten als Klein¬

darin ihr Genüge hatten. Zauber auS. —

„Der König mahnt;

Mit

Die

sehen

und der Weise

Briefkasten. Geschichtsfteund. Das Palais des Kaisers Wilhelm wurde 1834—36 von Langhaus erbaut. Meldungen zur inneren Besich¬ tigung beim Haushofmeister. — Das Nähere über die Bedingungen zur Besichtigung des Zeughauses findet sich angeschlagen am Portale deffelben, nach der hinteren Straße gelegen.

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Potsdamer

Mark

Brandenburg unter

Hailer .Stars

Von

IV. bis zu ihren ersten Sdohenzollernsthen Aegenlen,

U. Höpfner,

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Die Guihows unä ihre Zeit. Von

K. F. von Kloeden. Zweite Auflage.

gr. 8.

Preis der 4 Bände: 12 Mark.

Im Verlage von Wilhelm Violet in Leipzig erschien

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Frederle le Brand, choisies.

Tome

Oeuvres historiques

I.: Memoires pour servir

ä

l’histoire de JBrandebourg. Nouvelle edition, revue et corrigee. 3 Mark. Tome II.: Histoire de mon temps, 1. partie 2 Mark. Diese Ausgabe der historischen Werke Friedrichs des Grossen hat den Zweck, dieselben möglichst populär zu machen, der Text ist von deu anstössigen Stellen gereinigt, so dass jede Familie, jede Schule diese Ausgabe be¬ nutzen kann; etwaige Alterthümlichkeiten und Fehler der Sprache sind von Herrn Prof. Semmig mit gewissen¬

Diese von dem bekannten Reimchronisten Berlins und Perlebergs herausgegebenen historischen Gedichte sind auf Veranlaffung des Vereins für die Geschichte Potsdams entstanden und wird bei den anmuthigen Versen und der Fülle des historischen Stoffs diese Sammlung den vielen Freunden der allbekannten Stadt eine willkommene Gabe sein. Zu den ersten 40 Gedichten, bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts reichend, hat der Verfaffer kurze erklärende Anmerkungen gegeben, die bei den weiteren, intereffantestcn und oft humorvollsten Gedichten durch das Bekanntsein der Thatsachen unnöthig erscheinen.

A.

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Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck: Bahlke u.

Hinderfin in Berlin.

15.

II.

Juni 1876.

Jahrgang.

Nr.

12.

Unter Mitwirkung von Dr. Drecht, Prof. Dr. Paulus Kassel, Stadt-Archivar Ziidicill, Wcod. Iantane, Geh. Regier.-Nath Freiherr Dr. von Scdcbm Geh. Hofrath A. Schneider, Archidiaconus Schwcbel in Cüstrin re. re. herausgegeben von

George Daß

Blatt

KM

und

Ierdinand Weyer.

ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. 8) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Verlagßhandlung von Alfred Weile welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro 3gesp. Petitzerle 25 Pfg., werden von den Herren Haasenstein u. Vogler, Rud. Mosse, Bernh. Arndt, sowie von der Verlagshandlung (Puttkamerstr. 8) entgegengenommen.

in Berlin zu senden,

Inhalt.

Die Glends-Gilden und Kalands-Brüderschaften, von Oscar Schwebe!. (Mit 3 Abbildungen.) — Ueberlieferungen aus dem Heidenthum, von A. Lieber. — Nachlese zu den Sagen und alten Geschichten der Mark Brandenburg, von Dr. W. Schwartz. (Schluß.) — Die JnselActiengesellschaft zu Berlin, von Richard Beringuier, 8tud. jur, — Miscellen. — Literatur. — Briefkasten.

Die Elends-Gilden und Kalands-Kriiderfchasten. Ein

kirchliches

Bild

aus der

Mark Brandenburg.

(Mit

Aer

Aufschwung, welchen die Wohlthätigkeitspflege heut zu Tage

j

genommen hat, läßt es wohl gerechtfertig erscheinen, einen Blick rück¬

wärts auf die ersten Gestaltungen des christlich-mildthätigen Sinnes bei uns zu werfen. Vom 14. bis 16. Jahrhundert begegnen wir einer Menge von gleichlautenden kirchlichen Urkunden in der Mark. Vor den Bürgermeistern und Rathmannen, welche gewöhnlich die Collatoren der Altäre in den Pfarrkirchen waren, erscheinen ritterliche oder bürgerliche Ehepaare, um einer frommen

Sie

schenken, Angesichts des

Gilde

oder

den

Stiftung

eine Zuwendung zu machen.

Rathes, den Gildemeistern einer Elenden-

Vorstehern

einer

Kalands-Gesellschaft

gewisse Geldsumme, verpflichten sich, das

eine

Geld nimmer wieder zu hei¬

alljährlich von den Zinsen dieser Summe eine Tonne Bier und eine Anzahl von Scheffeln Korn an dje Armen vertheilt werden soll. Dafür aber soll, gewöhnlich in einem Abend¬ gottesdienst, für sie gebetet, und nach ihrem Tode ihrer mit einer

schen, und bestimmen, daß

Oft

Seelenmesse gedacht werden.

außerdem noch eine

Stiftung

ein Hymnus aus die heilige

anch

erscheint

zu Gunsten des

Bon Hscar

8

August ausgeführten Streifereien Belling's, Kleist's u. A., abgesehen

144 Heinrich blieb noch 14 Tage unangerührt, und hätte

von dem in Böhmen gestifteten Schaden, nur der Zweck erreicht, eine Berbindung des Reichsheeres mit den Oesterreichern zu hindern. Da

Arbeitskräften, in dieser Zeit gut verschanzen können. Das ließ sich nun freilich nicht thun, und als endlich am 14. und 15. Oktober bei Freiberg ernstliche Gefechte vorsielen, mußten diese, so wie das Mißverhältniß der Kräfte war, für den Prinzen ungünstig ausgefallen. Er ging nun nordwestwärts bis in eine Position zwischen Reichenbach und Groß-Voigtsberg zurück, und blieb hier, nur 1 % Meile von Frei¬

sich eine solche direkt und baldigst nicht ermöglichen ließ, sie aber doch das Ziel seiner Wünsche blieb, so mußte er sie auf

nun für Stolberg

mit Zeitverlust suchen. Er begab sich also über Eger Karlsbad, und schwenkte dann, nach einem langwierigen Marsche »ach durch das nördliche Böhmen, links ein, um wieder nach Sachsen zu

Umwege» und

gelangen, und

sich

am 6. September südlich von Dresden mit dem

berg, seines Momentes harrend, stehen.

Prinz Heinrich wußte zu

Kaiserlichen Heere zu verbinden.

Die Preußische Offensive hatte seit

dem

Juli,

wo

sie

gnügt darüber sein,

Serbelloni, welchem man, nicht ganz irrthümlich, die Schuld solcher Mißerfolge beimaß, verlor im September den Oberbefehl, und General Haddik wurde an seine Stelle gesetzt. Derselbe besaß wirklich mehr Umsicht und Energie, und da er das in ihn gesetzte Vertrauen rechtfertigen wollte, und nun

ihm

theilte einerseits die Aufmerksamkeit der Oesterreicher und forderte immer einen Bruchtheil ihrer Streitkräste heraus, andererseits wurde dadurch

über den Besitz von Sachsen

aus dem Hauptkriegsschauplatze die Be-

forderten jetzt einen Hauptschlag, und es lag Alles daran, dem Gegner zuvorzukommen. Er begann sonach schon in der Nacht vom 28. zum

gestoßen

war,

welcher

so schien jetzt die

der

Katastrophe

entscheiden würde, nahe zu liegen. sich

gebnisse wunderbar widersprechend, aber schließlich doch

immer

!

29. Oktober gegen die Spittelwälder und Michelsberge bei Freiberg

noch zu

Gunsten Friedrichs, entwickelt. Friedrich wollte, nachdem sich ihm der Russe in einen Freund verwandelt hatte, Colberg in seinen Besitz zurückgekehrt und er den Schweden los geworden war, zunächst Schweid¬

!

Als, für

III. entthront und gestorben, auf den Thron gestiegen sei, und hiermit sich Rußland neuerdings von uns abwende. Czernitschef verheimlichte, aus Achtung für Friedrich, diese Nachricht drei Tage lang, und blieb, während der am 21. Juli stattgefundeneu Schlacht von Burkersdorf, als Zuschauer die Nachricht ein, daß Peter

auf dem Platze; Friedrich siegte und Daun wurde von Schweidnitz abgedrängt. Die Kaiserin Katharina bestätigte den Petersburger Frieden, entzog sich aber dem Bündnisse mit Preußen, und rief ihre Truppen vom Kriegsschauplätze zurück; Friedrich stand jetzt in Schlesien ziemlich frei und günstig, aber das Oesterreichische Hauptheer forderte immer noch seine Aufmerksamkeit und die Belagerung von Schweidnitz, welche

'

1400 Verwundete und Todte. Unmittelbar nach der Schlacht von Freiberg schrieb Prinz Heinrich über dieselbe an den König; diesen Brief, welcher durch seine Kürze und Präcision charakteristisch war, überbrachte des Prinzen General¬ adjutant, der damalige Oberstlieutenant Gras Kalkreuth. Es heißt

bis zum 9. Oktober dauerte, nahm so viel Kraft und Mühe in An¬ spruch, daß Friedrich den Prinzen Heinrich in dieser Zeit noch nicht unterstützen konnte.

Haddik versammelte nun, um sein neues Amt rüstig zu beginnen, im letzten Drittheile des September, bei Dresden 68 Bataillone und 126 Schwadronen; außerdem hatte er noch bei Altenburg und Teplitz

mit unternehmen. Ein am 27. September begonnener allgemeiner

ansehnliche Reserven, und deutendes

einer solchen Streitmacht ließ sich Be¬

sich am 29. Oktober bei Groß-Schirma an Mulde, sein rechter stieß an Hennersdorf, und der Feind Der stand gegenüber zwischen der Mulde und dem Spittelwalde. Flügel linken an; Prinz griff bei letzterem zumeist den feindlichen hier und am Fuße der Michelsberge, also auf der West- und Süd¬ Die feindlichen westseite von Freiberg, fand der Hauptkampf statt. Linien wurden überall durchbrochen, und Seydlitz leuchtete dabei ganz Freiberg lag offen, das Reichsheer wurde, als der besonders hervor. Spittelwald genommen war, auch im Rücken gefaßt, die ganze feindliche Armee, von der ein großer Theil gar nicht zum Schlagen ge¬ kommen war, retirirte, nach ansehnlichem Verluste, westwärts auf Frankenstcin. Die ganze Schlacht dauerte nur drei Stunden, und dieser schöne Sieg, welchen eine nur kleine Preußische der viel größeren feind¬ lichen Streitmacht abgerungen hatte, kostete dem Prinzen Heinrich nur

Sein linker Flügel lehnte

der Freiberger

Behuf,

Juli Katharina II.

vorzumarschiren, und ging jetzt an ein ähnliches Entweder-Oder, wie von Dessau vor 17 Jahren bei Kesselsdorf gehabt hatte.

es Leopold

nitz gewinnen, und hierzu mußte das Daun'sche Heer aus seiner Position bei Burkersdorf, durch die jene Festung geschützt war, vertrieben werden. Czernitschef mit seinem Hülsscorps eintraf, -ging diesen

am 19.

schon, daß Schweidnitz am

Prinz zu erueuetem Vorgehen impulsirt. Prinz Heinrich verfügte gegenwärtig, bei Reichenbach, nur über 29 Bataillone und 60 Schwadronen, aber der Entscheibungspunkt war da; Staatsklugheit und Waffenehre, sogar der Selbsterhaltungstrieb

eines großen Zusammenstoßes,

Inzwischen hatten

Zeit

GrafWied zu Neuwied mit einem Preußischen Corps von 10,000 Mann auf Bautzen und strebte sodann der Elbe zu, um diese überschreiten und sich mit Heinrich vereinigen zn können; diese Operation aber

großen Streitkräste so fruchtlos gegen ein

kleines Preußisches Corps opcriren zu sehen.

auch das Reichsheer zu

dieser

9. Oktober genommen sei und Friedrich einen nach Sachsen bestimmten Succurs abgesandt habe. Wirklich marschirte jetzt der Generallieutenant-

geplant

wurde, keine besonderen Fortschritte gemacht; aber die Preußischen Waffen waren dennoch im Vortheil, und der Wiener Hof mußte sehr mißver¬ seine

sich, bei genügenden

in j

diesem Schreiben:

„Ich

marschirte gestern Nacht auf Wegefurth und ließ den

Spittelwald links, um von

dem Michelsberge Besitz zu nehmen,

als ich das feindliche Heer traf.

Ich

machte zwei wirkliche

die Preußischen Positionen, nöthigte doch den Prinzen Heinrich, sein Pretschendorfer Lager zu verlassen, und sich am 31. September bei Teplitz und am linken Muldeufer aufzustellen. Dabei schob er nord- und südwärts Detachements vor, und namentlich hatten Hülsen und Forcade mit 14 Bataillonen bei Meißen Stellung genommen, um hier die Linie des Flüßchens Trübitsch zu vertheidigen. Im Ganzen

und zwei Scheinangriffe; der Feind widerstand hartnäckig, mußte Die Zahl aber nach dreistündigem Kanpffe überall weichen. der Gefangenen, welche wir machten, beläuft sich etwa auf

war das zu, vertheidigende Terrain für Heinrichs Streitkräste zu ausgedehnt, und doch gestattete ihm die ganze Sachlage nicht, irgend einen Punkt, welchen er besetzt hielt, zu versäumen; das Uebel lag eben nur in seinen zu geringen und des Gegners zu bedeutenden Streitkräften. Der Prinz hatte bei Freiberg kaum 20,000 Mann, und sein Gegner verfügte dort über mehr als das Doppelte; eine schnelle Vorwärts¬ bewegung des Letzteren würde ihn in Verlegenheit gesetzt haben. Aber dergleichen lag nicht im Charakter der Oesterreichischen Kriegführung;

Spitze des Fußvolkes und zeichnete sich glänzend aus. Belling und Kleist thaten ihr Bestes; die ganze Infanterie kämpfte bewunderungswürdig, und kein Bataillon wurde zurückgetrieben. Mein Adjutant Kalkreuth erhielt den Auftrag, an Leitung des

Angriff auf

4000; die Reichsarmee hat wenig Verluste, der Hauptstoß traf die Oesterreicher. Seydlitz leistete den höchsten Dienst; an einer für Kavallerie unzugänglichen Stelle trat er an die

-Angriffs auf den Spittelwald Theil zu nehmen, und benähn, sich gut; sein Avancement wird befürwortet/ Aehnliche Gesuche werden in Betreff vieler anderer Offiziere, die sich auszeichneten, vorgelegt werden rc."

145 Friedrich erwiderte hierauf am 2. November von Löwenberg aus:

Das Königliche Zeughaus zu Berlin.

„Die Ankunft Kalkreuth's mit Ihrem Briefe, hat mich um 20 Jahre jünger gemacht. Ich danke Gott, daß Alles fo gut abgelaufen ist. Sie befolgten die gute Marinier die¬

Von George Kiltk.

VIII.

jenigen anzugreifen, welche einen Angriff gegen Sie beabsich¬

tigten, und haben durch Ihre guten Anordnungen alle Schwie¬ rigkeiten einer starken Stellung und eines tapferen Widerstandes überwunden. ist

so

Der Dienst, welchen Sie dem Staate geleistet,

wichtig, daß

ich

meine Dankbarkeit nicht hinlänglich

will, bis

in Person thun kann. Wenn das Glück unsere Absichten auf Dresden begünstigt, werden wir diesen Winter oder nächstes Frühjahr unzweifelhaft Frieden haben, und ehrenvoll hervorgehen aus einer gefährliche» Lage, die uns oftmals au de» Rand des auszudrücken vermag, und warten

ich es

Burg

Verderbens brachte.

wird Ihnen

Lenzen.

Durch das, was Sie jetzt gethan haben, der Oesterreichischen

allein die Ehre gebühren,

Hartnäckigkeit den letzten Stoß versetzt, und den Grund des öffentlichen Glückes gelegt zu haben, welches die Folge des Friedens sein wird." Das war wieder eine hervorragende Anerkennung Heinrichs, und der große König wußte genau, daß ersterer hierdurch in seinem eigenen Bewußtsein und in seinem Ruhm und Rufe voll belohnt werden konnte. Womit hätte der König ihn äußerlich zu belohnen vermocht? — Durch die Erhebung zum Feldmarschall? —

es

war gegen Friedrichs

Principien, einen Prinzen seines Hauses zu diesem Range zu erheben, und wenn dies nicht gewesen wäre, Heinrich würde dadurch zu keiner höheren Geltung gelangt sein. Sein historisches Ansehen beruhte auf seinen Thaten, sein äußeres Ansehen vor der Welt gründete sich auf den hohen Geburtsrang, — beide waren von der Charge, die «r bekleidete, unabhängig.

(Fortsetzung folgt.)

Das

nächste Geschäft

war nun eine Untersuchung der vorhandenen

Gewehre und Pistolen: ob solche nicht etwa noch geladen seien; sodann sollte die Aufstellung der Waffenstücke vorgenommen

werden,

was

in Folge vielfacher anderer Geschäfte der Commission noch Da indessen nicht allzulange gezögert werden unterbleiben niußte. durfte, begann man mit den Vorbereitungen. Es wurden zunächst die Geschützrohre zusammengebracht, welche im unteren Raum des Zeughauses ihren Platz finden sollten. Hierauf schied man diejenigen Eremplare, welche für die Nordfront bestimmt waren, von den für die Südfront auserlesenen. Für Aufbewahrung jedoch

Text S. 140.

der

zur

sogenannten Mustersammlung

gehörenden

Eremplare ward

Südfront ausersehen. Sie waren bis zur Zeit ihrer Verwendung in einem besonderen Lokale untergebracht gewesen. So umfangreich dieses Geschäft auch war, wurde es doch am 14. Juni ebensalls die

beendet.

König Friedrich Wilhelm 111. die nunmehrige Waffen- und Modellsammlung, und äußerte sich sehr anerkennend über das bereits Hergestellte, obwohl die Zahl der Gegen¬ stände großen Theils erst zur Aufstellung vorbereitet worden. Wahrscheinlich in Folge dieses hohen Besuches und der damit verbundenen anerkennenden Worte des Königs, wurde von Seiten des Kriegs-De¬ partements die Anschaffung vergoldeter Gitter zur Einrichtung der Stände bewilligt; diese Gitter, sofort in Arbeit gegeben, konnten

Etwa zwölf Tage später

besuchte

Theil am 1. Dezember eingesetzt werden. Man scheint sich mit dieser Arbeit sehr beeilt

schon zum

die Vergoldung

zu haben, denn war noch nicht ganz „trocken", als die Girier ein¬

geliefert wurden.

Der

erste

Schrank sollte Pistolen enthalten.

Es wurde zur

146 am 15. Januar 1829 Januar eine Besichtigung deS ersten Schrankes vornehmen konnte. Der Prinz musterte denselben Er sand jedoch nichts Tadelnswerthes an der Auf¬ äußerst genau. das Zeughaus, zufrieden mit dem bisher Ge¬ verließ stellung, und

Ordnung derselben

geschritten und dieselbe

!

Vollendet, so daß der Prinz August am 26.

haben mochte.

Es fand sich nämlich, daß eine Scheibe des Eckfensters auf der Seite eingebrochen war, um die Riegel desselben zu öffnen. Spuren von Fußtritten in dem, auf dem breiten Gesimse lagernden Schnee zeugten, daß der wahrscheinlich in diebischer Absicht Eingedrun¬

rechten

Theilen der Waffen, und gewiß Die Waffe soll entweder — wenn

geschehen können, indem man die ganze Waffe, ohne deren Zer¬ legung in einzelne Theile, zur Anwendung bringt. Alle andere VerWendung zeugt von schlechtem Geschmacke und wird nie eine große

nur

gene aus dem Fenster des Treppenflures heraus gestiegen und so nach Ob irgend ein dem Fenster der Waffensammlung gekommen war. sich

Namentlich

Cabinetstück, also zur künstlerischen Belehrung sowohl, als zur militairischen dienen soll — in einem Schranke oder frei, doch der¬ gestalt aufgestellt werden, daß der Beschauer sie vollkommen betrachten kann. Hat sie minderen Werth, soll sie daher zur Dekoration verwendet werden, so muß sie durch sich selbst in ihrer Totalität wirken. Die Herstellung von Figuren, wie die oben angeführten, aus Gewehrhähnen, Pfannen, Säbelklingen, Gefäßen, Abzugsbügeln und dergl., ist entschieden zu verwerfen. Wenn z. B. ein Stern, eine Sonne, ein Fächer :c. aus Waffenstücken gebildet werden soll, wird es immer

Kurz vor seinem Erscheinen war eine sonderbare Entdeckung gemacht worden, welche jedoch trotz aller Untersuchung zu keinem Re¬ sultate über die etwaige Absicht führte, die hier zum Grunde gelegen

ließ

durchgeführt wissen.

von Figuren, wie: Adler, Zahlen,

sie

leisteten.

Gegenstand entwendet worden,

Er wollte das Ganze großartiger war er gegen die Zusammensetzung Arabesken u. s. w. aus einzelnen hatte er darin vollkommen Recht.

Wirkung erzielen.

ohne sehr weitläufige und

In

der umständliche Vergleichung der Verzeichnisse nicht ermitteln. Folge stellte sich jedoch heraus, daß in der Nordfront das Paar Ter-

hatte durch den Baucondukteur Hampel eine Zeichnung erhalten, welche die Waffendecoration darstellte, die der Deco-

Nr. 212 fehlte. 27. Januar stattete Se. Königliche Hoheit Prinz Carl Preußen der Sammlung einen Besuch ab, und Tags darauf von

rateur

wurden drei Stück 6pfü»dige Kanonen an das Depot zurückgegeben. Es war übrigens nothwendig geworden, eine neue Aufnahme der ganzen Sammlung zu veranstalten, um etwaige fehlende Stücke er¬ mitteln zu können, und in Folge dieser Aufnahme gab man eine Anzahl russischer Waffen an das Departement ab. Der sehr verdienstvolle Mojor Plümicke trat am 31. März 1829 aus der Commission, da er zum Kommandeur der 4. Artillerie-

im Zeughause aufzustellen. Derselbe erklärte sich hierzu bereit, und ordnete hinter dem Standbilde Blüchers zunächst eine Fahnengruppe, auch drei Pfeiler decorirte er probeweise mit Gewehren, Säbeln :c. Das ganze Arrangement wurde von Schinkel gut geheißen den Auftrag erhielt: und sand überhaupt so viel Beifall, daß übernehmen, was er im Fronten zu aller vier die Ausschmückung die später bewerkstelligte. Auch Verlaufe von 2 Jahre» denn auch erfolgte Aufstellung der Harnische wurde durch ihn ausgeführt. Das Jahr 1830 führte eine wesentliche Vervollständigung der Durch das Wohlwollen und Interesse, Waffensammlung herbei. welches der Kriegsminister, General der Infanterie, Herr von Hake für die Sammlung hegte, gelang es, die Allerhöchste Bestimmung auszuwirken, daß wiederum ein großer Theil der Waffen der Königl. Kunstkammer an die Waffensammlung des Zeughauses abgegeben

Schinkel

zerole

in

!

neuen Cataloges.

Plümicke's fleißige Arbeit, die Feststellung des materiellen Be¬ Sammlung, gestatteten nunmehr, zur genaueren Classifi-

standes der

kation und Aufstellung der Collection selbst schreiten zu können. Es fanden sich jedoch bei näherer Besichtigung so vielfache Lücken vor, noch

!

[

Artillerie-Depot zu Berlin sich befindenden, verschiedenartige», theils aus dem Zeughause stam¬ die

in

so hohen

zur Feier des Festes der freiwilligen Jäger auf Die Art dieser Decorirung fand Schinkel's

Grade, daß er

Hiltl

Tivoli Beifall

aufforderte, eine Probedecoration

Hiltl

Brigade ernannt worden war. Es verblieben demnach noch der Major von Gelbcke und der Premier-Lieutenant von Staff als Corumifsions-Mitglieder. Der Capitain Jost übernahm die Geld- und Rechnungsangelcgenheiten, Staff die spezielle Einrichtung, Instand¬ setzung und Aufstellung der Sammlung, sowie die Anfertigung eines

daß es rathsam erschien,

Hiltl

gemacht hatte.

Am

dem

*

alten Bestände einer nochmaligen Revision zu unterwerfen. Die hierauf verwendete Mühe belohnte sich reichlich und ergab

menden

wurde, wogegen letztere ebenfalls einige Gegenstände an jene aus¬ liefern mußte. Der Kriegsminister verfügte außerdem, daß der Premier-Lieutenant von sich auf einige Zeit nach Dresden begeben durste, um sich von der Einrichtung der dortigen Rüstkammer zu unterrichten, historische Nachrichten über ältere Waffen einzuziehen, und schließlich den Versuch zu machen, einen Austausch der Doubletten beider Samm¬

Staff

200 Gegenständen, theils aus Geschützröhren, kleinen Feuer- und blanken Gewehren, als auch verschiedenem Kriegs geräth bestehend. Die Reparaturen und die Instandsetzung sämmt¬ licher Waffen wurde hierauf ungesäumt betrieben, zugleich auch die

lungen zu Stande zu bringen. Das Letztere gelang vollkommen, und sowohl hierdurch, als durch die aus der Kunstkammer abgegebenen Waffen, erhielt die Sammlung

Aufstellung von drei Gcwehrschränken bewerkstelligt.

sowohl durch Alter als künstlerische Arbeit auszeichneten, und wodurch

einen Zuwachs von

Mit

der äußeren Ausschmückung des Lokales der Nordfront war ebenfalls vorgeschritten und dieselbe ward vollendet. Schinkel man war indessen der ganzen Sache, auf Wunsch des Prinzen August, näher getreten. Von ihm stammt die Angabe der schönen, aus blanken

Gewehrläufen zusammengesetzten, mit goldenen Lorbeerzweigen umwnndenen Säulen. Der Baukonducteur Hanf war ebenfalls dabei thätig gewesen. Im September 1829 nahm der König die Samm¬ lungen in Augenschein, und es zeugt von dem lebhaften Jutereffe, welches der hohe Herr für die Sache an den Tag legte, daß er

befahl:

es

solle außer

der

bereits

eine Vermehrung

,

!

!

| :

|

|

der

Nordftont fand nicht

den

Beifall Schinkel's.

:

welche

sich

Samuilung wesentlich gefördert ward.

Eine zweite Bereicherung wurde ihr dadurch zu Theil, daß mit Genehniigung des Kriegs-Departements die im Zeughause befindliche, auf königlichen Befehl veranstaltete Collection der reglementsmäßigen Militairwaffen europäischer Mächte, vom Jahre 1827, (180 Stück) derselben einverleibt wurde.

Ankäufe seltener Waffen wurden höheren Orts genehmigt. Nach Abzug verschiedener, ausgelieferter Exemplare, zählte daher die Waffenfammlung am Schluffe des Jahres 1830 446 Gegenstände mehr, sie

beim Abschluß der Bestandesliste und bei dem Ausscheiden

Plümicke's Die in

Festungen befindlichen Materialien angelegt werden.

Die Dekorirung

die Vervollständigung der

als

vorhandenen Geschützsammlung

auch eine solche laffettirter, regleinentsmäßiger Geschütze der verschiedenen europäischen Staaten und den, in den sämmtlichen preußischen

von 150 verschiedenen Gegenständen,

besessen

hatte.

den unteren Räumen des Zeughauses

vorläufig deponirte

Geschützsammlung, und die aus den verschiedenen Festungen eingetrof» senen laffettirten Geschütze europäischer Staaten wurde vom Haupt-

147

Jost

mann sehen

geordnet,

die Geschützrohre wieder

und das Ganze übersichtlich aufgestellt.

mit Unterlagen

Mit

und schrecklich an zu lawen und zu mawen, gleich als wolle sie den Boten ausschelten, springt flugs zum Fenster hinnaus, dass man nicht gewust, wo sie gestoben oder geflogen, und hat sich nicht mehr sehen lassen. Der Name Churt ist bezeichnend; als Abkürzung von Konrad,

ver¬

Ende des Jahres

1830 war die Instandsetzung und Aufstellung der Waffen auf der Nordfront beendet. Der Kriegsminister befahl die Legung großer Teppiche und die Anfertigung schrankartiger Blenden für das Lokal der Südfront. Die Sammlung vermehrte sich im Laufe der Jahre bald um größere

oder

kleinere

Quantitäten, um

gehört er zu den Namen, welche Hexenprozeßakten dem Buhlteufel bei¬ legen. Die Katze ist ein ausbündiges Teufels- und Herenthier (ur¬ sprünglich war sie der Freyja heilig), und spielt als solches eine große

mehr oder weniger seltene

Rolle in vielen Sagen; unter ihrer Gestalt erscheinen auch Kobolde und Hausgeister, die deßwegen häufig Polterkater, Katermann, Stiefel¬ kater, Hinzelmann (Heinzelmann) heißen; ein Hausgeist letzteren Namens blieb stets unsichtbar, in seinem Bett fand sich aber jeden Morgen ein kleines Grüblein, wie von einer Katze (Grimm, deutsche Sagen

Einen erheblichen Zuwachs erhielt sie nicht, denn es fehlte wohl die Gelegenheit zu größeren Einkäufen. Bekannt genug ist leider die gefahrdrohende Attacke, welche im Jahre 1848 auf das Stücke.

ehrwürdige und prachtvolle Gebäude des Zeughauses gemacht wurde.

Jndeffen wurde noch rechtzeitig genug Hülfe gebracht, um größeres

No. 76), und ganz dasselbe berichtet die Sage von dem an eisernen Ketten in den Kasematten von Küstrin aufgehängten Bett des fagenberühmten Markgrafen Hans von Küstrin (Kuhn u. Schwartz, nord¬

Unheil zu verhüten. Wesentlicher Vortheil entstand für die Sammlung dadurch, daß die historischen und

Luruswaffen, welche

sich

in den Schränken

be¬

in neuerer Zeit einer genauen und deshalb nutzbringenderen Betrachtung unterzogen werden können, da man sie in den Vorder¬

Sagen re. p. 36). Scenen, wie die vom Chronisten mit¬ getheilte: nächtliche Zusammenkünfte gespenstiger Wesen, Frage nach

fanden,

grund gestellt hat, wo

sie

das treffliche,

voll eindringende Licht erhalten,

während

deutsche

dem Treiben eines Ausgebliebenen, und dessen plötzliches Verschwinden,

durch die mächtigen Fenster

früher

so

Manches

wenn ihm später diese Frage zn Ohren kommt, wiederholen

dem

falls in

Märkische Sagen und Gebräuche. Eine Nachlese von Dr. D. 8ello. (Fortsetzung.)

7.

Auch Joachims Bruder, Erzbischof Albrecht, stand mit den Mächten des schnellen

Wie er das Magdeburger Beierlein gewann, haben wir eben

Hafftitz berichtet aber noch mehr von ihm. Er erzählt: Vieser Bischoff hat eine Katze gehabt, die hat Churt ge¬ heissen, und ist stets nebenst dem Bischofs auf einem Sammeten Polster am Tische gesessen, das beste müssen fressen, des nachts für seinem bette auf den antrit liegen und ist ein böser geist gewesen, welchs Niemand am hose, auch der Herr selbst nicht, gewust, bis es endlich also offenbar worden. Es hat der Bischofs auf eine Zeit einen reitenden boten abgefertigt, welcher nach ver¬ richten geschefften sich verspät, dass er die nacht über im felde hat bleiben müssen. Hellt derwegen sein pferdt an einen bäum, legt sich nidder zur rüge und befhielt sich unserm Herrn Gott. Was geschieht? Ehe er sich kaum niddergelegt, kumpt ein gross geschwurm böser Geister auf den bäum, die stellen eine Inquisition und umbfrage an, was ein Jeder den tag ausgerückt, Und do dis geschehen, hat einer gefragt, wie es doch körnen muste, dass sich der Mentzische Churt absentirt bette? Darauf! ein anderer geindwort: Er müsse was sonderliche und wichtiges fürhaben, sonsten Ktirde er nicht aussen blieben sein. In was grossen engsten und sorgen dieser man muss gewesen sein, hat ein Jeder leichtlich verachten, und wen Ihn der almechtige Gott durch den schütz «iner Heil. Engel nicht sonderlich bewart hätte, würde seiner ibel sein gewart worden. Als sie aber nun mit einem grossen [etümmel und ungestüme Widder hingefahren, dessen der Bote so worden, und Gott gedanckt, dass er Ihn so gnädig behüt »eite, säumt er sich nicht lange, sitzt auf sein pferdt und reit eine wege. Als baldt er nun auf den Mittag zu haus kumpt, -ost Ihn der Bischofs für sich fordern für den Tisch, fragt Ihm, sie es komme, dass er nicht zeitlich ankommen were. Do Ihm lu der Bote alle Sachen bericht, wie es Ihme die nacht ergangen, ras er gehört, und wie die andern sonderlich nach dem Mentzischen !hurt gefragt betten, Do erhebt sich die Katze vom Polster gar ■Ogestümlich in alle Höhe auf den hintersüssen, sengt grewlich

den

Grausamste bei langsamem Kohlenfeuer geröstet wurde, gehört nicht hierher, und ist auch von Grässe I, 301 mitgetheilt worden. Da

(i). 107.)

rer Unterwelt auf freundschaftlichem Fuße.

Erzbisthum mit Hülfe

sich eben¬

Sagen; namentlich gehört hierher die Sage bei Eifel, Sagenb. d. Voigtlandes No. 392. Auch sonst hatte Albrecht allerlei teuflische Anfechtungen; so durch den Juden Pfefferkorn, der, mit dem Teufel im Bunde und von ihm durch die Luft in das Schloß zu Halle geführt, ihn vergiften wollte. Wie der Erzbischof durch feinen Narren gerettet, die Schuld Pfefferkorns ermittelt, und dieser dann auf das

Betrachtenden verloren ging, da die Schränke sich in unvortheilhafter Stellung befanden. (Forts, folgt.)

gerade vom >

Teufel die Rede war,

so mögen sich

einige Teufels- und

Hexensagen anschließen.

gesehen;

8.

(p. 153.)

die höllische Majestät im Jahre 1594 in Spandau trieb, und ein so gewaltiges Aufsehen machte, daß es noch heut sprüchwörtlich im Volksmunde lebt (Kuhn, märk. Sagen No. 124. Diese Zeitschrift I, p. 38) — eine darauf bezügliche intereffante gleichzeitige Flugschrift ist in diesen Blättern I, p. 30 mitgetheilt worden, — äußert sich Hafftitz wie folgt: Kurtz für der Zeit hat sieh die Daemonomania und das Teufelische abergleubische wesen in Spandow angefangen, welchs ein Herrischer Hutmachergeselle, Gabriel Kummer genant, der doch hiebevor zu Berlin geschwemmt mit seiner Fantaseie, und was Ihm des nachts getrenmet, und seinem Narrenkopfe eingefallen, vermehrt und befestigt, dass also dem Teufel Thore und Fenster sind auffgesperret, seine werck in den Kindern des Unglaubens deste besser zuvorrichten, bis endlich mit Gottes gnaden wegen sehnlichs und hertzlichs seuffzen zu Gott fromer Christen und der Herrn Theologen rasch dis wesen ein ende genomen und dem Teufel nicht mehr hoffirt worden. Grässe (I, 87) giebt aus Angelus noch mehr Details; auch Kuhn, märkische Sagen No. 124, hat den Vorfall besprochen. Wie

Ueber das Unwesen,

welches

großes Aufsehen er bei den Theologen erregte, erweist die bei Grässe

mitgetheilte ältere Literatur. 9.

(p. 157.)

In

diesem Jahre (1595) hat der Teufel im Stedtlein Lyndow gleicher gestalt wie zu Spandowr die Leute zu plagen angefangen.

10. p. 143.)

In diesem Jahre (1586) ist im Dorffe Hopfgarten,

1

Meile

von Moncheberg gelegen, der Teufel in der gestalt eines kurtz zuvor verstorbenen Weibes umbhergangen, mit freunden und Frembden geredt und grosse hermschar getrieben, ohne Zweifel eine Newe abgottereie und aberglauben dadurch anzustiften, wel-

-

148

eher sich doch letzlich verloren als Ihm die Predikanten mit Gottes wort hart zugesetzt haben. Tod und Teufel sind häufig iu den Sagen identisch (Kuhn, inärk. Sagen No. 129). Um Männer zu verführen, nimmt der Teufel bis¬ weilen Franengestalt an (Kuhn n. Schwartz, nordd. Sagen No. 23, Temme, pomm. Sagen p. 304. Wolf, niederl. Sagen No. 183.

Sagen No. 93, 215, 316, 359. Grässe, Sagend, Anch Luther ist davon überzeugt, daß der d. preuß. St. No. 701). Teufel nach Belieben als Mann oder Frau erscheinen könne (Tisch¬ reden, 1566 fol. 300 a.).

Wolf,

ihm, daß sein Geschlecht in dortiger Gegend iinmer blühen solle. Die Kohlen verwandelten sich sofort in Gold, und die Bier's leben noch

i

j

heut dort zahlreich und wohlhabend.

Die Sage zeigt

richtet, sind jenem eigen.

Teufel, dankte seinem Fährmann, Verlag von

Alfred

schenkte

ihm die Kohlen und verhieß

von diesem

be-

begleitet, oder an der Spitze des wilden Heeres pflegt Wuotan durch

viator.

|

(Ueber diese Wanderungen vergleiche man Hertz, deutsche

im Elsaß p. 38

ff.;

S.

zum Kinderschreck und Kinderspott ist der wandernde

Gott in unserm weihnachtlichen Knecht Ruprecht geworden).

I

Er war

ihm wurden Pferdeopfer gebracht; be¬ rühmte Sagenrosse stammten von seinem Schimmel Sleipnir ab. Er steht an der Spitze ganzer Heldengenealogien, er wählte sich aber auch

den Germanen ein Rossegott;

einzelne Schützlinge aus, und schuf ihnen, als Wunschgott, Glück und

Er ist Herr des Meeres und-der Winde und damit Gott der Schiffahrt. Glühende, sich nachher in Gold ver¬ wandelnde Kohlen sind ein beliebtes Geschenk des Teufels, wenn der (Forts, f.) alte Segensgott Wuotan unter seiner Maske auftritt. irdisches Wohlergehen.

12. (p. 150.) diesem Jahre (1593) sind zu Friedeherg in der New-Marcke viel personen heiderley geschlechts vom Teufel mit schweren ge-

Bier aus Phöben, und dieser, ein muthiger Mann, willigte in sein Begehren. Als sie mitten auf dem Wasser waren, leuchtete mit einem Mal der Kahn von lauter glühenden Kohlen. Bier erschrak, der Teufel sprach ihm aber Muth ein. Am andern Ufer verabschiedete sich der

sie

die Lande zu ziehen; den Skandinaviern hieß er deßwegen Gangleri,

Miscellen.

In

dancken und grossen anfechtungen hart geplagt worden, dass man auf alle Cantzlen in der Chur-Brandenburg lange für sie hat bitten müssen, welchs alles durch Zeubereie ist angestifft worden. Es ist auffällig, daß gerade die Neumark, und besonders Königs¬ berg in derselben, vom Teufel und anderm Spuk heimgesucht erscheint. Ich erinnere an die schon anderwärts mitgetheilten Feuererscheinungen, den Dohlen- und Rabenkrieg, das gespenstige Pferd in Königsberg, die von einer. Wettermacheri» zu allerlei Mißhandlungen angestifteten unsaubern Geister zu Hansberg bei Königsberg, die verherte Magd in Frankfurt a. O.; Küstrin stellt auch ein großes Contingent. 13. (p. 105.) Im Jahre 1542 wurden in der Mark wiederholt Mordbrenner ergriffe», welche sich jedesmal, doch stets ungerechtfertigter Weise, auf Befehle des Herzogs Heinrich von Braunschweig beriefen, «verwegen hahens viel die leute dafür gehalten, dass der Teufel diese Eben•thewr dem reinen Worte Gottes zuwidder, allerley Uneinigkeit und Zweyspalt dadurch anzurichten, fürgenomen bette. 14. (p. 112.) In den Heiligen Ptingstfeiertagen (1551), als das Volk in einem Dorffe bey Wittstock zum liiere gesessen und ein weih an¬ gefangen greulich zu fluchen und den Teufel offtmals zu nennen, Ist sie Zusehens von der Erde zur Thüre hinaus gefürt, und her¬ nach widder todt auf die Erde nidder geworfen, allen gotslesterern und fluchenden zum abscheulichen exempel. In Spandau wurde ein Wirth, welcher den Teufel anrief, von demselben entführt (Grässe I, 218). Ich schließe hier zwei Teufelssagen aus der Nähe von Potsdam an, von denen die erstere eine hübsche Variante der von Kuhn, märk. Sagen No. 129, mitgetheilten Sage ist. 15. (Mündlich.) Der Teufel pflegte oft in Phöben einzukehren, weil es dort viel böse Leute gab; man zeigt noch den Weidenbaum, an welchen er sein Pferd zu binden pflegte, wenn er seinen Geschäften im Dorf nachging. Er wollte anch geni nach der gegenüberliegenden Insel Töplitz hinüber, um die Göttiner Fischer zu besuchen, Niemand aber wagte es, ihn über die Havel zu setzen. Endlich traf er eines Abends den Fischer

Alle Züge, die

Bald einsam, bald von geringem Gefolge

j

deutsche

11. (p. 150.) Hafftitz erwähnt die Vermittelungsversuche Kurfürst Johann Georgs in den kryptokalvinistischen Streitigkeiten in Sachsen, und theilt mit einer gewissen Befriedigung mit, daß Dr. Krell und seine Anhänger verhaftet worden seien. Dann fährt er fort: Miller weile (1592) ward ein Schuldiener an einem furnemen ort, der ein fleissiger Jünger des Calvini war (jedoch heimlich aus furcht) vom Teufel übel geschlagen, dass er weder hende noch süsse hat regen können.

recht deutlich, wie der alte Götterkönig Wuotan

zum Teufel verbösert worden ist.

Die Sterndentung Von

bürg viele Verehrer. auch die Geistlichen

fand ehemals auch in der Mark Branden,

den Landesherren selbst begünstigt, bezeugte»

in Predigten und Schriften ihren Eifer dafür.

So

Kurfürftin Elisabeth Charlotte, betitelt: „Der erste Cypressenbaum von des Todes Tyranney, gesetzt und gepflanzt auf das Grab der Durch¬ kommen in

einer Denkschrift auf den Tod der

lauchtigsten Fürstin Elisabethe Charlotte,' Georgs Wil¬ helms Gemahlin, von Georg Bruchmann, Pfarrern zu Göritz", folgende Stellen vor:

„Wenn wir

die Astrologos, so

consuliren, so schreiben

sie solche

in

des

Himmelslauf erfahren

Glückseligkeit der

sey»,

Nativität und

burtsstunde zu, daß ein Mensch zur glückseligen Stunde

sey

Ge-

zur Welt

j

Welche himmlische Kunst denn keineswegs zu verachten, ob wohl wegen eingeschlichenen Mißbrauchs von vielen gelehrten Leute» geistlichen und weltlichen Standes ist getadelt worden; sintemal hin¬ gegen tausendmal mehr gelehrte Leute, wie Wilhelmus Avianus in seiner Geburtsstunde redet, aus allen Facultäten gesunden werden, so diese, wenn sie in ihren Schranken bleibet, stattlich defendiret habe», und mit wichtigen documentis dargethan, daß sie in der Natur mit geboren.

sie

Erfahrung genugsam gegründet, wie unter andern Klerus gethan, so einen deutschen Tractat und Warnung geschrieben wider etliche Theo¬ logos, Medicos und Philosophen, so die Sternkunst verwerfen. Nu» giebt uns auch einigermaßen die Astrologin und Sternkunst aus ihm Geburtsstunde und thernate natatitio Nachricht, daß sie werde zu große», Ehren erhoben werden, weil der Mond, ein Regent des Horosooxi und ersten Himmelshauses, nämlich des Krebses, hat mitten im Himmel

im Jovialischen Zeichen der Fische, wie auch zugleich der Drachenkopf der naturam Jovis und Yeneris in sich begreift, wie dir Astrolog! davon wissen. Und hiervon hat David Origanus, ei» weiland vornehmer Mathematicus und Professor zu Frankfurt, ii Ephemeridihus parte HI. pag. 397 gesagt: domina prima in deciml “ domo et decima in prima confert magnas dignitates. gestanden

Literatur. Im

I.

Meidinger

hier, ist aus Anlaß de! bevorstehenden 80jährigen Dienst-Jubiläum des Feldmarschall Gr»! Wrangel ein Reiterportrait des greisen und populären Ma»m-

Verlage von H.

auszeichnet erschienen, das sich durch guten Farbendruck und Aehnlichkeit Die Richtigkeit des Portrait ist durch seinen persönlichen Adjudantc»,

Herrn Rittmeister von Rabe, approbirt. ein angemessener.

Weile in Berlin. — Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck von

_,

Der Preis von 5 Mark

Julius Bahlke

in Berlin.

ii

II.

15. August 1876.

Jahrgang.

Nr. 16.

Unter Mitwirkung von Dr. Vrecht, Prof. Dr. Paulus Kassel, Stadt-Archivar Jidicin, Khcod. Aontanc, Geh. Negier.-Rath Freiherr Dr. von Ledebur Geh. Hofrath L. Schneider, Archidiaconus Schwebe! in Cüstrin :c. :c. herausgegeben von

George Das

Blatt ist

KM

und

Aerdwand Weyer.

durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. 8) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Verlagshandlung von Alfred Weile zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro 3gesp. Petitzelle 25 Pfg., werden von den Herren Ha äsen stein u. Vogler, Rud. Mosse, Bernh. Arndt, sowie von der Verlagsyandlung (Puttkamerstr. 8) entgegengenommen.

in Berlin

Inhalt.

Der Bär als Stadtwappcn von Berlin, von Dr. Paulus Cassel. — Prinz Heinrich, der Bruder Friedrichs des Großen, von A. v. Crousaz. — Der Bischof der Berliner Schmiedegesellen. Mündlichen Ueberlieferungen nacherzählt von Eduard Krause. (Mit (Fortsetzung.) — Stadt und Burg Lenzen an der Elbe, von Ferdinand Meyer. II. — Märkische Sagen und Gebräuche. Eine Nachlese von Dr. Abbildung.) G. Sello. (Fortsetzung.)

Der Diir als Äadtwappen von Serlin Von Dr. J)aufus fiulfcf.

Berlin Einwanderer aus

in seinem Briese vom 11. Januar 1549 Er meint Berlin, die Bärenstadt (von arctos, den Namen verdient sie nicht etwa durch ihre Etymologie, aber Bär), sondern durch ihr Wappen. Seit dem 13. Jahrhundert, in welchem der Name Berlin's in den bisher bekannt gewordenen Urkunden zuerst erscheint, kommt auch der Bär auf den Siegeln der Stadt vor. Auf einem derselben, aus dem Jahre 1280, sind zwei Bären die Schild¬ halter des rothen Adlers. ^) Es ist ein Gewerksprivilegium der Kürschner, an dem es mit der Inschrift „Sigillum Burgensium Berlin sum“ erscheint und dadurch bezeugt, daß es nicht etwa diesem Jahre, sondern dem stehenden Gebrauche des städtischen Lebens an¬ gehört. Riedels hatte Recht, wenn er bemerkte, es müsse Berlin schon länger nicht unbedeutend gewesen sein, wenn es schon in der Mitte des 12. Jahrhunderts mit städtischen Rechten belehnt erscheint. Seine Entwickelung datirt offenbar aus dem 12. Jahrhundert, und gerade dieses ist der Schauplatz der Erneuerung der Mark durch Albrecht den Bären. Es kann nicht urkundlich erwiesen werden, daß

auch

') Corpus Reformatorum 7. 328. 2 ) Ich berufe mich dabei zumal auf den Vortrag Fidicin s, den er am 11. März 1865 im Berlinischen Geschichteverein gehalten hat, und der in der Spenerschen Zeitung erschienen ist. Er bespricht das Siegel von 1253, 1280, 1338, wo der Bär das Schild an einem Bande hinter sich herzieht, und 1448, wo der Bär den Adler trägt, was bis 1709 im Gebrauch war. Im Jahre 1710 trat das neue Wappen ein, in deffen oberen Schildern der Preußische und brandenburgische Adler, in dem unteren aber der aufgerichtete Bär war, der ein silbernes Halsband trägt. Auch das Wappen von 1839 behielt den Bären mit dem Halsband — ein Symbol, das von besonderer

und Abhängigkeit ausdrücken.

'Älelanchton')

redet

von der urbs arctoa.

»ach

kommen sind,

Deutschlands

daß der Name

ge¬

Köln's

sich herleitet, zumal auch der Name Brühl, von Berlin's unzweifelhaft gebildet ist, zumal im Westen Deutschlands vorkommt?) Man würde im 13. und 14. Jahr¬ hundert das Wort Colonia nicht gebraucht haben, wenn die Meinung von einer Colonie aus der Ferne nicht noch vorhanden war; denn das heimische Wort, von dem man den Namen Köln ableitet, muß noch im Munde des Volkes gewesen sein. Es ist gewaltsam, die Bedeutung Albrecht's auch für die beiden Städte an der Spree zurück¬

Colonia

dennoch von

dem derjenige

zuweisen : das Wappen des Bären kann aus Niemand anders zurück¬

geführt werden. Es ist nicht denkbar, daß man für Berlin — einen Bären als redendes Wappen gewählt hätte; inan würde dann eine Perle gewählt haben, welche im Mittelhochdeutschen berle, berlin

„ein netz von kleinen berlin“ (nach Tristan) heißt, und Perlen im Wappen sind nicht selten. Ein französischer Hofmann, Collier, legte um den Hahn eine Perlenschnur (Collier) als Wappen. Nicht selten auch kommt es

Bedeutung, und daher in Folgendem besonders besprochen ist. 2 ) Mark Brandenburg 1. 400.

dem Westen

aber unmöglich ist es nicht,

Stellung böhmischen

vor, daß

die Wappen die

geschichtliche Dankbarkeit

So trug Erfurt

sein Rad von seiner Mainz; Leobschütz und Löwenberg seine Löwen vom König; Stolp in Meißen sein Bischofsantlitz von

zu

seinem geistliche»

Wohlthäter^);

so

begleitet der

Bär

auf dem ältesten

st Wenigstens ist die sprachliche Herleitung von Cöln noch sehr un¬ Das Rheinische Cöln wird ebenso im Volksauedruck genannt. Ob

gewiß.

!

es eine Colonie gewesen oder nach Cöln benannt ist, läßt sich einstweilen nicht entscheiden. Ich hoffe ausführlich darauf zurückzukommen. Ueber die Rheinischen Brühl vgl. mein „Berlin und sein Name' p. 19. st Vgl. Gercken': Historie der Stadt Stolpen (Leipzig 1764) p. 331.

Siegel den rothen Brandenburgischen Adler. Was nun der Adler in Bezug auf das Markgrafenthum bedeutete, das stellte der Bär in Beziehung zu der Person Albrecht's dar: er erinnerte an die Dank¬ Wenn Albrecht der diesen heldenmüthigen Fürsten. — und Berlin, das in seiner Zeit vorwärts kam, einen „Bär" hieß Bären im Wappen mit dem Adler verbindet, so wird dies Wappen auf Niemand sonst zurückgeführt werden können, zumal der Name Bär für Albrecht nicht blos ein gleichgiltiger Zuname, sondern das barkeit gegen

für

Abbild seiner ganzen Bedeutung

charakteristische

das nördliche

macht

Berlin

wenn

einen

tiefgehenden interessanten Charakterzug aus,

das Wappen des Bären

mit Berufung

aus den Ge¬

danken annahm, in welchem er Albrecht beigelegt und von

ihm

ge¬

tragen wurde.'')

Mir weshalb

scheint,

es

Albrecht

sei

nicht

noch

diesen

ganz

Beinamen trage.

klar dargelegt worden,

In

Urkunden

kommt

ihn erst in seiner letzten Wirksamkeit Bernburg kann er nicht entlehnt sein, da Von zu haben. erhalten Sein sein Vater und er selbst in jüngeren Jahren nicht so hieß. Wappen ist der Bär nicht gewesen, dessen Zuname nur ihm allein und keinem Andern aus seinem Geschlecht eigen gewesen. Wenn Helmold ihn dem Fürste» beilegt, so ersieht man, daß er im Munde des zeit¬ Man wird ihn eben auch in Chroniken genössischen Volkes war.') nicht nachweisen, ehe sein Kampf mit den Welfen begann. Ohne er nicht

vor,

scheint er

auch

Heinrich den Löwen hätte

es

nie einen Zunamen des

Bären

ge¬

Heinrich, und ein geben, mit tieferliegender, historischer Gedanke ausgedrückt ist. Es sollte darin dem der ganze politische Gegensatz zu

der Gegensatz des

Nordens

zum

das Fremde ausgedrückt sein.

Tante Heinrichs

des

Stolzen,

Süden,

War so

des Einheimischen gegen

auch seine

contrastirte er

Mutter Eilika

die

doch sein Geschlecht

zu dem des Welfischen Hauses,

als eines nordisch-sächsischen zu dem der deutschen Vorstellung dem — gegenüberstand. ausländischen Thiere, Löwen, dem er selbst pflegte und Aber auch der stolze Name Heinrichs, den südlich-fremden — wie der

feierte, hat seine politische,

Bär in

so

zu

sagen

staatsrechtliche Bedeutung.

Gewiß war er zumeist dem Norden zu und Albrecht entgegen ge¬ richtet. Heinrich war ein Knabe von drei Jahren, als sein Vater, der stolze Herzog von Baiern und Sachsen, mitten im Kampfe mit Gegen das Erbe des Knaben richtete sich dem Kaiser Conrad starb.

nun auch der Angriff Markgraf Albrecht's; aber grade das erwarb 8 dem Kinde die Sympathie der Fürsten. Aus Liebe, „filii parvuli“ ) Heinrich war aus dem. Geschlechte der erhoben sie sich für ihn. Welfen; Welf aber bedeutet im Allgemeinen ein Junges, zumeist °) Auf andere Ortsnamen, wie Bern, Bernburg, Bernstadt einzugehen, war hier keine Bcranlaffung. Sie leiten sich nicht vom .Bären" ab, und ihr Wappen ist offenbar ein anderes. Auch muffen wir für jetzt auf alle die Wappenbildcr, die einen Bären haben, einzugehen, verzichten. Zeit und Mittel sind im Augenblick nicht parat. Ueber einen eigenthümlichen Fall, daß die Familie von Behr aus dem Hause von Gützkow nicht blos den Bären, sondern, wie man meinte, Schwanhälse im Wappen haben, ist von mir 1863 im .Berliner Wochenblatt" gehandelt worden. ES waren keine Schwanenhälse und hatte nichts mit Swantibor zu thun. sondern Gänsehälse, da gus, guzka, guska wendisch, russisch, slovenisch die Gans heißt, und die Familie Behr ans dem Hause Gutzkow war. Die Umschrift de des Siegels von 1283, welche verstüninielt war Borens . . . ene“, konnte daher nicht in Berenswene ausgelöst werden, sondern in Berenstein, da sic Herren von Bernstein waren. (Vgl. Ledebur im Archiv für AdelSwiffensch. p. 107, und Lisch: die Familie Behr, 2. p. 23.) Meine Auslegung ist von den betreffenden Schriftstellern freundlich acceptirt

„Lippoldi.

worden.

') Ich glaube 1. 88. zuerst, was G. W. von Raumer Reg. Hist. Br. „Orientalem LIavium tenebat Adelbeitus Marchio, cui cognomento Ursus, qui etiam propitio sibi Deo amplissime fortunatus est etc.“ Spätere Chroniken haben es häufig. zu 1163 stellt:

) Anonym. Weingartens, bei Hess. monn. 1. 35.

8

was in der Sage noch immer deutlich durchschimmert, war gegen Albrecht gerichtet, in

dessen

Angriff

der Welflewe erwuchs.

Deutschland kannte keinen Löwen, sein stärkstes Thier war der

Bär,

der Repräsentant des Nordens

in weiten Sagen

der Völker,

wie wir noch sehen werden.

Deutschland geworden ist.

Es

Wie ein junger Leu erhob er sich, um seine Die Welfen leiteten sich aus südlicher Heimath ab; Heinrich nahm das Omen an, und richtete stolz und drohend sein Welfenbild, den Löwen, in Braunschweig (1166) auf. Er hat — seinen Löwenmuth bewahrt bis an das Ende, aber sein Name,

einen jungen Löwen?) Rechte zu vertheidigen.

Wie der Löwe König der Thiere war, und durch den Einfluß Literatur diese Würde auch da be¬ hauptete, wo es keine Löwen gab, so stand ihm im Norden der Bärgegenüber. Treffend nennt sich Wildifer (Waldbär), der als Mann und Bär erscheint, Weißlöwe.'°) Der Held Asprian, den man, wie in der Sage erzählt wird, durch einen Löwen in Constantinopel erschrecken will, scheint ihn für einen gelben Bäre» zu halten, indem er verächtlich den Verweis, den jungen Bären, an die Wand wirft.") Eine Fabel mit historischem Hintergrund läßt statt des Löwen den Bären als König erscheinen, dem alle Thiere gehorchen.' 3) Sie stammt merkwürdiger Weise aus Baiern. Eine tapfere Schaar kommt dahin zurück, in ihr uraltes Heimathland, aus dem sie früher ver¬ trieben; sie läßt sich frei und stark nieder und will dem Römischen Kaiser den Zins nicht geben. In der Parabel werden die Heim¬ der Römischen und Griechischen

gekehrten zum freien starken Hirsch, der Unterhändler zum Fuchs, der

Kaiser aber wird mit dem

Bären

verglichen.

ganz deutlich an die Sage der Welfen, wie

garten erzählt. seien

„auf ihre

Mönch von Wein¬

in ihr Land gekommen, Kräfte vertrauend" (proprüs viribus confisi,

Deren Vorfahren, als eigenen

Die Fabel erinnert

sie der

sie

wie vom Hirsch gesagt wird „fidens“), mächtig geworden und hätten dem Kaiser den Zins versagt. 13) Was dort vom Römischen Kaiser sagen¬

haft erzählt wird, geht hier ohne Zweifel auf den Sächsischen Kaiser, der dann mit Recht mit dem Bären verglichen wird. Es mögen die Kämpfe gegen die Sächsische Herrschaft unter Otto dem Großen den Hintergrund gewähren. Wunderbar genug stellen sich auch in Baiern ähnliche Stimmungen dar, wie sie späterhin Albreä)t gegen Heinrich Hier erscheint der „Bär" als Tyrann und den Welfen gehegt hat. Römischer Kaiser. Der Nanie Brun, den der Bär in der Thiersage trägt, erinnert an den altsächsischen Namen Bruno (Brun), den zumal In den der „große Bischof", der Bruder Otto des Ersten, trug. Versionen der Dichtung von Reinecke Fuchs ist zwar der Schauplatz ein anderer, als auf dem Heinrich der Löwe und Albrecht sich be¬ kämpften, allein es wird doch auf historische Verhältnisse angespielt, wenn Reinecke von Verschwörungen spricht, in denen der Bär als Haupt gegen den Löwen stand. Sein Vater wäre zum Bären in das wilde Ardennenland gegangen; er solle lieber, sprach er zu ihm, Froh war Brun, denn das nach Flandern, wolle er König sein. war von jeher sein Verlangen. Es war ein Bund des Nordens, der geplant ward, denn „die (Hessen) Katze» und die Bären Braun's

Sold insgesammt begehren; und

die Füchse

mit

den Dachsen

von

Ich kann nichts Bcfferes thun, als auf Müller im Mhd. Wörter¬ Stellen in Fülle hat. Vgl. Sck)meller 4. 66.: „Dar weif des Lewen“, „Der Leon weif grimm ent“, „Die weiser des Leon“. Ebenso bedeutet scymnus im Griech., wenn auch ®)

buch 3. 563. zu verweisen, der die betreffenden

jedes Junge, doch zumal das Junge des Löwen. ,0

) Wilkinasage cap. 142. Vizleo. Grimm: Reinhart Fuchs p. XLYH. ,2 der Parabel von Cervus und Ursus, wie sie aus Der tbesaurus ) Grimm im Reinhart Fuchs p. L. mitgetheilt hat. Vcrgl. mein Büchlein vom Frieden. Berlin 1871. p. 15. ,3 Anonymus Weingart, bei Hess. Monn. Guelf. 1. ) p. 3. §. III.:

")

I.

In

„linde in tantmn ditati sunt, ut divitiis et honeribus regibus prcstantiores, ipsi quoque Romano imperatori hominium facere recusabant. Et proprüs viribus confisi.“

*

Thüringen und Sachsen durch einen Eid sie sich verpflichten, würde ihnen nian vorher entrichten den Sold von zwanzig Tagen, dann werden sie gleich zieh» heran und Alles thun dann Braun zu Lieb."") Auch die Scherze, welche erzählt werden, wie Reinecke den Braun betrog, haben ihre Beziehung auf den Trug, dem die groben und starken Norddeutschen

Heinrich mit jener an den Sieg von Freiberg geknüpften literarischen Aeußerung seines Königlichen Bruders, die anfänglich mitgetheilt wurde.

Es war !

durch die Tücke des Fuchses unterlegen sind,

insbesondere damals, als er

Braun in

die Klemme brachte,

in

Dis

der er

beinah erschlagen ward.

traf :

I

Bär einen Stumpfschwanz hat, erzählt desgleichen Fabel: weil er im Wasser eingefroren war und nun

sich

Bär

Z,i

Der Friedcnscongreß trat

Cassel zurück; durch die 1

:

|

schon

sich

ohnmächtig und

im Dezember 1761

mit Ansang November

eintretenden Friedens-

Präliminarien zwischen Frankreich und England wurden auch die Feindseligkeiten des Englisch-Hannoversche» gegen das in Deutschland befindDer am 10. Februar 1762 ratificirte liche Französische Heer sistirt. Friedensschluß von Paris endigte den siebenjährigen Krieg auch »ach der Westseite hin.

In Betreff jener fünfzehnjährigen Friedenszeit, welche zwischen Hubertsburg und dem Bayerischen Erbfolgekriege liegt, kann Heinrich's militärische Arbeit hier nicht in Betrachtung kommen. Ein Feldherr seines Standpunktes steht nur da, wo die eisernen Würfel fallen, im

des Großen.

vollen Lichte.

von K. v. Erou8üz.

Die wirkliche Lebensbeschreibung mag auch in das Detail nur den Brennpunkten

seiner Friedenspraris eingeh», hier aber, wo es

(Fortsetzung.)

und Hauptsachen gilt, würden die Eindrücke dieser dadurch geschädigt werden. Dagegen springen einige politische Facten dieser Zeit so in's

Am 4. November traf Friedlich in Meißen, am 9. in Freiberg ein und hielt, vom Prinzen geführt, hier seine Umschau auf dem Schlachtfelde. Zollte schon obiger Brief dem Sieger von Freiberg

Auge, daß

sie

zur allseitigen Kennzeichnung unseres Helden auch hier

erwähnt werden müssen.

eine große Anerkennung, so geschah dies jetzt um so mehr durch das

Sehr originell war es vorerst, daß im September 1764 eine Partei Polnischer Patrioten den Prinzen Heinrich für den Königsthron zu Warschau erbat. Das Sächsische Kurhaus sah sich von diesem,

seine bedeutendste Ehrenkrone aber empfing

M cf. Gayder, Reinhart Fuchs, Breslau 1844. No. 2255, 2468 rc. ) p. 60—66. 1S ) cf. Reineke Voß in der Ausgabe von Hoffman» von Fallersleben, Breslau 1852 v. 725. p. 17. Weder Soltau und auch nicht Goethe geben den naiven Reiz des Originals wieder. Uebrigens ist er hier als gericht¬ licher Büttel wider den Fuchs gebraucht, wie er in der Ecbasis gegen den

nach dem Tode August's

III.,

verdrängt; Polen war zerfahren und

anarchisch, und von Rußland wurde ihm der von

Katharina begünstigte

Graf Stanislaus August Poniatowsky als König zugedacht. Während dies in der Schwebung war, erschien im Sommer 1764 eine Polnische Deputation zu Potsdam, und stellte dem großen Könige die Petition: „Donnez-nous le prince Henri pour roi“, wurde aber von Friedrich,

Wolf verwandt wird. ’ 6 Aus Asbiörnsen, auch aus Scheible Kloster 9. 955. ) Aus der Ecbasis in Grimm und Schwellers Lat. Gedichten des Mittelalters, Gott. 1838, p. 299. — In einer litth. Sage wird die Ueberlegenheit des Bären über den Wolf drastisch dargestellt. Schleicher, Litth. Sagen p. 6. 7. einem Bolksliede kommt er mit einem Faß von Alus angefahren, um dem Wolf Hochzeit zu machen, es. Rhesa: Dainos, p. 69.

unter Forderung eines gänzlichen Stillschweigens über

diese

Sache,

kurz abgewiesen.

Die Berechtigung und Zweckdienlichkeit eines

In

Abendland, p. 141.)

redncirt war,

Was die Franzosen betrifft, so hatte der Herzog Ferdinand auch 1762 Westphalen und Niedersachsen gegen sie gut vertheidigt, und sie waren nur in den Besitz Hessens gelangt. Schließlich eroberte Ferdinand

für das Wappen Berlin's.

,8 Vom Bären wird im Mittelalter gesagt: brimmen, erbrimmen ) (Wackemagel voce, ani malium p. 60). In der Ecbasis v. 508 wird von ihm gesagt, native murmure natus, wie etwa von Otto dem Großen gesagt wird, daß er in der Abtei von Emmeram „ore Secunde saxonizans“, cf. Hirsch, Heinrich II. p. 6. Im zweiten Targum zu Esther wird, wie im lateinischen, der Ausdruck saeviunt von ihnen gebraucht, und es müßen doch wohl Bären verstanden werden. (Vgl. mein Morgen- und

so

ein, die Friedensurkunde zwischen Preußen und Oesterreich wurde am 15. Februar 1763 auf Schloß Hnbertsburg unterzeichnet.

Ein vaterlandshistorisches Gedenkblatt

Wort Friedrich's;

es dem Letzteren,

am 24. November einen Waffenstillstand mit Friedrich; das

preisgegeben.

(Schluß folgt.)

Prinz Heinrich, der Sruder Friedrichs

Wied beim Prinzen Heinrich ein, und wird

Reich riß sich von Oesterreich los, und war an

angewendet.

Albrechts — und wurde zu einer Ehre

auch

schloß

der lateinischen Fabel der

Jean Paul redet von der Bärensprache'^) der Deutschen, wie er die Residenz die Bären grübe für die Provinzialen nennt, weil sie darin gefangen und dann gezähmt werden. Nicht blos Lessing, wie Grimm meint, läßt die Daja den Tempelherren einen deutschen Bären nennen, das thut auch Calcagno in Schillers „Bären, die Deutschen, pflanzten sich vor den Alten wie Fiesko: die Felsen!" Aus solchen Vorstellungen und Gedanken erwuchs der Name

mündliche

Reichs-

da er allerdings ehrgeizig war, erwünscht gewesen sein, den Sieg, auch ohne jene Verstärkung, so vollständig errungen zu haben. Jetzt, wo

Heinrich verstärkt und Haddik in seinen Streitkräften

tragen,") als Waldbär, und den Büttel gegen den Wolf machen, obschon er doch diesem näher wie dem Fuchs steht. Ueberall, wo man den Norden, das Nord¬ deutsche und zuletzt Deutschland selbst bildlich bezeichnen wollte, wurde der

sich die

konnte Letzterer auch selbst eine belangreiche Defensive kaum mehr in Aussicht nehmen. Oesterreiä) wurde seiner Niederlagen müde, und

der

losreißen muß. ,(i) Ecbasis muß er aus Gehorsam Holz

mit Gewalt

Sieges war, daß

Erstere ging nach Böhmen zurück, Haddik aber concentrirte sich, um Verstärkungen von Daun abzuwarten, bei Dresden. Zwei Tage nach der Freiberger Schlacht

de stunden al na Brunen lyve. 15)

Warum

nächste Folge des Freiberger

armee von den Oesterreichern trennte.

Geholt mit de krummen Vingern linde syn swager kuckelrei aldermest siegen dessen zwei. Abel Quak und dartö vrun Jutte Unde Talke Lewen Quaks, de siech mit der butte nicht dessen allene, men al de vywe

die norwegische

die stets wirksamste Würdigung des Genie's durch das Genie; Feldherr des vorigen Jahrhunderts ist von einem größten Meister kein der Kriegskunst so verständnißvoll und von Herzen gerühmt worden, wie hier der Prinz Heinrich.

solchen

Verhaltens

liegt zu nahe, als daß

sich darüber eine falsche Meinung bilden könnte. Friedrich würde seinem erleuchteten und vielgeliebten Bruder einen

glücklichen Thron nicht blos gegönnt, sondern ihm, i

;

|

'

!

ständen,

in geeigneten UmHier aber

auch den Weg zu einem solchen geebnet haben.

handelte es

sich

um ein Objekt, welches nur auf halsbrechendem Pfade

zu erreichen, und dann schließlich doch nur ein Scheingut und eine Dornenkrone war. Das Polnische Königsthum konnte, seitdem Polen

ein Wahlreich geworden, nur für ein Martyrium gelten; die Parteiungen und Leidenschaften zerrten es hin und her, und es stand auf der Pulver-

152 Heinrich's cortectc Natur und der Polnische Wirrwarr standen Widerspruch; Preußen würde an solchem Regime dieses grellem in Prinzen nur einen Kummerpunkt gehabt, und eine widersinnige Com¬ mitte.

bination dieser Art

sich

schnell und unter Convulsionen wieder gelöst

Und wenn dies Alles nicht gewesen, wenn Heinrich nicht,

haben.

so

Fall war, blos von einer Polnischen Partei, sondern von der ganzen und einmüthigen Nation Polens gewählt worden wäre, — die augenblicklichen Verhältnisse waren von solcher Art, daß dieser Weg sich nur bei äußerster Gefährdung unseres Preußischen Vaterlandes betreten ließ. Wenn Friedrich jetzt seinen Bruder zur Polnischen wie

es

der

Thron Schwedens besteigen, 'und auf ihm den von seiner Mutter ererbten thatkräftigen Geist geltend machen sollte, lag zu dieser Zeit Heinrich blieb, wohl unter gemischten Eindrücken, schon ganz nahe. in Schweden bis gegen Mitte Oktober, und ging dann nach Peters¬ burg, wohin ihn die Czarin Katharina eingeladen hatte. Daß sein Besuch in Schweden mit, und derjenige in Rußland »nr durch politische Gründe bestimmt war, ist unverkennbar. Man recognoscirte eben den ganzen Horizont unserer vorherigen Gegnerschaft direct, während es durch den diploinatischen Verkehr immer nur inden

direct geschehen konnte.

Mit

dem jetzigen Oberhaupte Oesterreichs ver¬

Friedrich unmittelbar; nach Schweden und Rußland sandte

Thronkandidatnr gelangen ließ, so widersprach dies den Absichten Ru߬ lands in solcher Weise, daß dies sofort seinen Bruch mit Preußen herbeiführen mußte. Dann öffnete sich der kaum geschlossene Jannstempel wieder. Oesterreich stand noch grollend bei Seite, und würde

ständigte

vielleicht die Gelegenheit benutzt haben, neuerdings gegen uns aufzu¬ treten; von England ließ sich jetzt keine Hülfe erwarten, — dann

allgemeinen, nur noch das speziellere Motiv zu Grunde gelegen, in Be¬ treff des schwebenden Krieges zwischen Rußland und der Türkei eine Mediation auszuüben; — aber eben so deutlich ist es, daß dort von der Czarin die ersten Anregungen zu einem auf Polen bezüglichen Projekte ausgingen. Eine Frage dieser Art wurde zwischen ihr und dem Prinzen Heinrich ventilirt, der Letztere berichtete an den König und dieser nahm die Sache in weitere Erwägung. Die 1773 statt¬ gefundene erste Theilung Polens entwickelte sich allerdings, wie es bei so großen Katastrophen stets der Fall ist, aus Verhältnißstellungen und Combinationen des Völkerlebens, denen auch die Lenker der Staaten untergeordnet sind; — so weit aber die Antriebe zu dergleichen über¬ haupt einzelnen Personen und Momenten zugeschrieben werden können, muß für jenes tief eingreifende Ereigniß das Grundmotiv in den zwischen Heinrich und der Czarin gepflogenen Erörterungen gesucht werden. Fünf Jahre später, nämlich im April 1776, erschien Prinz Heinrich neuerdings, und zwar gerade zu der Zeit, wo der Czarewitsch Paul seine erste Gemahlin verloren hatte, in Petersburg. Die Czarin und Prinz Heinrich stimmten darin überein, daß eine zweite Verheirathung des Russischen Thronfolgers wünschenswerth sei; die Wahl des Letzteren wurde, durch Heinrich's Einfluß, auf die Prinzessin Sophie Dorothea von Württemberg gelenkt, und der Großfürst verheirathete sich dann mit dieser im October 1777. Da die in Rede stehende Prinzessin Friedrich's zweitgradige Nichte war, und der Prinz Heinrich bei dieser Gelegenheit die Wünsche der Czarin erfüllt, auch gleichzeitig eine zwischen ihr und dem Thronfolger gewesene Ver¬ stimmung geschlichtet hatte, so gab dies Alles für ein ferneres freund¬ schaftliches Zusammengehen Preußens mit Rußland neue Hülfen und

Die Finanzen waren erschöpft, Land und Volk dürsteten nach Erholung, ein neuer Krieg aber würde sie ruinirt haben; man hätte für jenes Phantom eine factische goldene Krone auf's Spiel gesetzt — das ging absolut nicht. Prinz Heinrich soll, als er erst später von dieser Sache erfuhr, es bitter empfunden haben, daß diese ihn angehende Schicksalsfrage ohne sein Mitwissen abgewiesen war. Die Nothwendigkeit ihrer Verneinung an sich einzusehen, war er scharfsinnig genug, und diese seine Verstimmung darf also nicht mißverstanden werden. Poniatowsky wurde am 7. Sep¬ tember 1764, durch Rußlands und Preußens einmüthige Mediation, zum König von Pole» erwählt, und als solcher von allen Europäischen Mächten anerkannt; Preußen conservirte sich den Frieden, und der Prinz Heinrich war aus der größten Gefahr, die ihn in dieser Zeit bedrohen stand man wieder auf dem alte» Fleck.

konnte, errettet.

Im

August 1769 war Prinz Heinrich bei der immerhin belang¬ reichen Zusammenkunft Fricdrich's mit Kaiser Joseph II., welche in Neiße stattfand, gegenwärtig, und hier befand er sich in der Mitte zwischen einer schon über ihren Zenith hinausgekommenen und einer erst

emporblühenden Größe des Erdkreises.

Friedrich war zu dieser

Zeit 57, Joseph 28, Heinrich 43 Jahre alt;

der Kaiser stand vor

einem majestätischen Brüderpaare, welches allen Völkern imponirt, den

alten Reichsboden erschüttert, das Kaiserhaus in Schrecken gesetzt und es doch zur Bewunderung hingerissen hatte. Der Kaiser war während des ersten Schlesischen Krieges geboren, und hatte sein bisheriges Leben theils inwährend der Oesterreichisch- Preußischen Kriegsdonner, theils doch unter den Eindrücken politischer Spannung zwischen Habs¬ burg und Hohenzollcrn, hingebracht; — um so schöner, daß er jetzt einen Schritt vorwärts that, um den alten Groll auszulöschen. Das Genie gravitirte zum Genie; — es waren drei außerordentliche Männer,

sich

Vertrauensmann, um die dortigen Getriebe und Stiinmungen erkunden und seine Politik danach modeln zu können.

er seinen eigensten

Gewiß hat auch der Reise Heinrich's nach Petersburg, außer diesem

Haltpunkte.

Heinrich's betreffende Mediation stellt

sich demnach

als

eine weitgreifende politische Handlung dar, durch welche der Preußische

Besitz Schlesiens und die neue Preußische Großmachtstellung gewisser-

maßen

garantirt wurden; wenn Preußen und Rußland einträchtig

welche hier, scharf beleuchtet, zusammenstanden, und durch deren Be¬

blieben,

so

der jetzige äußere auch zu einem inneren und festen Frieden

werden.

gegnung

sich

Deutschlands zu gestalten schien.'

Im September 1770 begab sich Prinz Heinrich, während sein Königlicher Bruder den vorjährigen Besuch des Kaisers in MährischNenstadt erwiederte, nach Schweden, um seine Schwester Louise Ulrike, die an den König Adolph Friedrich von Schweden verheirathet war, Er hatte sie seit seiner Knabenzeit nicht wiedergesehen, zu besuchen. und was lag Alles zwischen jetzt und damals! Die Ereignisse von 26 Jahren thürmten sich bergehoch, Zeiten und Menschen waren ver¬

wandelt; Ulrike hatte es nicht verhindern können, daß ihr neues gegen ihr altes Vaterland, ihr Gatte gegen ihre Brüder Krieg führte. Prinz Heinrich fand seine Schwester früh gealtert; sie war, von den Schwierigkeiten jener damaligen inneren Politik Schwedens und an der Seite eines ihnen nicht gewachsenen Monarchen, niedergebeugt, besaß aber stolze kräftige Söhne und eine blühende Tochter. Ein Wendepunkt ihres Lebens, in welchem ihr ältester Sohn (Gustav III.)

konnte Oesterreich allein unserem Vaterlande nie bedrohlich

Zwanzig Jahre nach ihrer Verheirathung bestiegen Paul und Sophie Dorothea den Russischen Kaiserthron, und aus dieser Verbindung entsprangen die Czare des bisherigen neunzehnten Jahr¬ hunderts. Die unter Katharina II. i»’§ Werk gesetzte Harmonie zwischen

Rußland und Preußen ist in dem seither vergangenen Jahr¬

hunderte wirklich und eigentlich nicht wieder gestört worden, denn das

Intermezzo von 1812 war nur von Außen erzwungen, von kurzer Dauer, und ein zu festerer Vereinigung führender Durchgang. Die Geschichte zeigt nur selten eine so dauernde und solide Staaten¬ freundschaft wie diejenige, welche, seit Friedrich's letztem Decennium, zwischen Preußen und Rußland besteht, und wenn man sich der daraus hervorgegangenen allgemeinen und speciellen Vortheile bewußt wird, so

muß dabei auf den Prinzen Heinrich, der

für

die ursprüngliche

Gestaltung solcher Verhältnisse erfolgreich mitgewirkt

mit Pietät zurückgeblickt werden. Der Bayerische Erbfolgekrieg (1778—79)

hat,

auch

in

diesem Punkte

versetzte den

Prinzen

153 Heinrich aus seiner politischen in die kriegerische Action zurück; er

rungen

fünfte Lebensdecennium begonnen war, doch Seinem Feldherrnthuine schon seinen letzten Kursus der Waffen. haben sich also überhaupt keinerlei Schwierigkeiten des Alters, wie sie späterhin einen Braunschweig und Möllendorf k. behelligten, in

Elbufer, bis zur Sächsischen Prinz Heinrich Gabel genommen hatte, ging Laudon südwärts bis in die Gegend von Jung-Bunzlau zurück, während auch andererseits das linke Elbufer geräumt wurde. Der General-Lieutenant v. Möllendorf, welcher an der Elbe den äußersten rechten Flügel von Heinrich's Operationslinie bildete, nahm am 8. August Leitmeritz, wo ihm bedeutende Kriegsvorräthe in die Hände fielen; der Prinz Heinrich selbst rückte am 9. in die von den Oesterreichern verlassene Position von Niemes. Seine ganze Stellung stützte sich jetzt auf Reichenberg, Niemes und Leitmeritz, und der Feld¬ zug war von ihm glänzend eröffnet worden. Was geschah unterdessen bei dem Hauptheere, wo dem König der Kaiser Joseph persönlich gegenüberstand? Das Heer des Letzteren nahm, vour rechten Ufer der oberen Elbe, etwa zwischen Jarrmirz und Königgrätz, eine sehr feste Stellung ein, während auch die nord¬

machte jetzt, wo erst das

den

Mau

Weg gestellt.

sah jetzt, daß der

Politik

Oesterreichs noch

nicht zu trauen, der Kaiser Joseph, gerade vermöge seines Genies und Thatendranges,

war.

Als

sich,

auch

zu politischen Ausschreitungen

hinneigend

bezüglich des Bayerischen Erbrechtes, welches Oester¬

wollte, deffen Verständigung mit Preußen nicht ließ, fand schon im April 1778 die Mobilisirung unserer Streitkräfte statt, und Friedrich bildete zwei Armeen, von denen er die Schlesische selbst übernahm, und diejenige in Sachsen wiederum reich an sich reißen

erreichen

Die alten Feldherrn standen, dem alten Feinde gegenüber, wieder in ihren früheren Territorien, aber

dem Prinzen Heinrich anvertraute.

man verfügte jetzt über größere Streitkräste und hatte nur den Oester-

Front; man hegte größere Projekte und vollbrachte viel kleinere Kriegshandlungen, als zur Zeit des siebenjährigen Krieges. „Friedrich soll aus Schlesien und Prinz Heinrich aus Sachsen in das Land der oberen Elbe und Moldau rücken; diejenige Armee, welche auf des Feindes Hauptmacht trifft, wird sich defensiv, die andere desto offensiver verhalten; man findet den Vereinigungspunkt, siegt in einer Hauptschlacht, erobert Prag, gewinnt Brünn und dann die Donau rc." Dieses Programm Friedrich's blieb danials eine Theorie, und ist erst 88 Jahre später, dann aber sehr präcise und schnell, ausgeführt worden. reicher vor der

die Preußischen

Regimenter;

Juli

sie

belief

sich

auf 73,000 Mann und

mit 85000 Mann schon am 5. Juli, zunächst auf Nachod dirigirt, in Böhmen eingerückt war. Was die Oesterreicher betrifft, so wurde ihr auf 116,000 Mann veranschlagtes Hauptheer, welches der Kaiser stand am 8.

bei Dresden concentrirt, nachdem der König

Joseph selbst befehligte, im nordöstlichen Böhmen Friedrichs directer

Widerpart; der jetzt schon betagte Laudon stand mit 59,000 Mann n cheval der Elbe und bedrohte die Oberlausitz; ein nur 12,000 Mann zählendes Beobachtungscorps endlich war nach Mähren detachirt. Im Ganzen beliefen sich sonach die jetzt im Felde stehenden Oesterreichischen Streitkräfte auf 187,000 Mann, und ihnen standen nur 158,000 Preußen gegenüber, die durch ein Sächsisches Hülfscorps von 18,000 Mann bis auf 176,000 verstärkt wurden. Bestand hiemach ein ziemliches Gleichgewicht der äußeren Kräfte, so fielen für Oesterreich die HaltPunkte, welche in Böhmen sein eigenes Land und Volk darbot, sammt den dort vorbereiteten festen Positionen ziemlich schwer in die Wag¬ schale; noch viel mehr aber galt Friedrich's Geist und Kraft, die überlegene Preußische Führung, Schule und Disciplin. Prinz Heinrich brach ani 19. Juli von Dresden auf, und wendete sich südostwärts

ihm, vom 28.

Juli

ab,

gegen

das Lausitzer Gebirge,

welches von

in mehreren Kolonnen und unter Ueberwin¬

dung der äußersten Schwierigkeiten, überschritten wurde.

Er umging

und vertrieb die nach Rumburg und Gabel vorgeschobenen feindlichen

Posten, ließ bei Gabel,

welches befestigt wurde, die Sachsen zurück,

und erschien, wie ein „deus ex

machina“ vor

der Front Laudon's.

Dieser Uebergang Heinrich's über ein ganz unwegsames und von vperirenden Truppen vorher noch nie beschrittenes Gebirge, war ein

und kann, in seinem allerdings viel immer einigermaßen mit den vielbewunderten Alpenübergängen Hannibal's und Bonaparte's verglichen werden; selbst der umsichtige Laudon hätte eher alles andere, als solch' ein Experiment seines Gegners erwartet. Meisterstück der Kriegskunst,

engeren Rahmen,

doch

Laudon stand, in der Mitte Juli, mit seiner Hauptmacht bei Niemes, und breitete sich, west- und südwestwärts, mit seinen Detachi-

aus, daß auch Leitmeritz, Aussig und Peterswalde von

Grenze hin, beherrschte.

Als

indessen

westlicheren Elbübergänge von seinen Detachirnngen besetzt waren.

Seine ganze Front wendete

doch

Zu der zweiten Preußischen Armee, welche Prinz Heinrich be¬ fehligte, gehörten die Westphälischen, Magdeburgischen und theilweise

so

diesen besetzt waren, und er also beide

Jung-Bunzlau

die seinige

nach

sich

ostwärts, während Laudon bei

Nordwest

kehrte,

und

die

beiden

Für den König, der bei Welsdorf lagerte, war ein direkter Angriff auf das Oester¬ reichische Hauptheer, bei dessen fester Stellung, kaum rathsam; da aber die Subsistenzmittel seiner Truppen, in der engen Region, welche

Oesterreichischen Heere so eigentlich dos-ä-dos stauben.

er

einnahm,

täglich

knapper wurden,

auch einer Vereinigung

beiden Oesterreichischen Heere eigentlich Nichts

mußte

dem

gegenüber

durchaus

der

im Wege stand,

etwas Ernstliches

geschehen.

so

In

Sinne beabsichtigte Friedrich vorerst die Elbübergänge bei Arnau und Hohenelbe zu gewinnen; über letzteren Punkt hin konnte ihm dann Prinz Heinrich, wie es in seiner Absicht lag, die Hand diesem

reichen,

und wenn dann die beiden Preußischen Heere früher als die

beiden Oesterreichischen vereinigt waren, so ließ sich für diesen Fall eine überwältigende Offensive in Aussicht nehmen. Die Ausführung dieses Projektes verzögerte sich indessen durch neue und doch wieder unannehmbare Friedensvorschläge, welche der Kaiser that. bis zum 15. August; zu dieser Zeit aber hatte sich das Heer Joseph's in

solcher Weise nach seinem linken

Flügel hin concentrirt, daß

die beab-

sichtigten Vorstöße gegen Aman und Hohenelbe nickst mehr ausführ¬

(Schluß folgt.)

bar erschienen.

Der Bischof der Berliner Schmiedegesellen. Mündlichen Ueberlieferungen nacherzählt von Es. jirausc.

(Mit Abbildung.) Der Bischof ist eine in Holz geschnitzte, sitzende Figur, 39 Ctm. hoch, in Hemdsärmeln, schwarzer Weste mit goldenen Knöpfen, schwarzen Kniehosen, weißen Strümpfen und Holzschuhen, mit einem Schurz¬ leder und Pelzmütze angethan.

In

der Rechten schwingt er einen

Hammer an langem Stiele, die Linke hält ein gewaltiges Hufeisen, auf welches er mit dem Hammer zu schlagen im Begriff ist. Im Munde hält er eine kurze Holzpfeife. Er trug ftüher auf der Pelz¬ Um de» mütze noch eine Krone, die aber abhanden gekommen ist.

Hals hängt

eine Kette von Messingperlen, an der 9

zugsorden, ein Tempelhofer Ordenskreuz von

Stralauer

Fisch¬

Blei mit Inschrift —

Erinnerung an Tempelhof — und eine länglich runde Messingmedaille angebracht sind. Letztere hat auf jeder Seite das Kniestück eines Heiligen, auf der einen Seite die Umschrift: 8. FRAN. XAVER IN. A. auf der andern: 8. IGNAT. LOS. I. Der „Bischof" hat schon weite Reisen gemacht, und es sind seinetwegen sogar auch Prozesse geführt worden., Er befand sich früher

154

in

der Schmiedeherberge zu Breslau, aus welcher er eines Tages ver¬

Mehrere Jahre später wurde er beim Fischen

mit

Germanicus, künstlich angelegt worden sei.

Für

den

römischen Ur.

dem Netze

sprung spreche der Umstand, daß dieser Erdhügcl, selbst in der größten

aus der Oder gezogen.

Der Fischer hatte oft von dem hochgerühmten Bischof der Schmiedegesellen gehört, erkannte ihn sofort nach der ihm

Tiefe, von vielen Baumstämmen durchschnitten und durch dieselben be. festigt sei.')

gewordenen Beschreibung wieder und übergab ihn seinen rechtmäßigen

Auf folchen Erhöhungen wurden römische Siegeszeichen an hohen, dazu eingegrabenen Bäumen errichtet — sie gaben, als Ehrendenkmäler,

schwand.

Darüber herrschte nun unter Letzteren so große Freude, daß drei Tage lang in ganz Breslau kein Schmiedegeselle arbeitete, son¬ dern alle in Festkleidern zur Herberge eilten und ihren Bischof in feierlichen Umzügen durch die Stadt trugen. Doch Nichts ist beständig in der Welt, nicht einmal der Besitz eines Bischofs, denn dieser wurde später — der Attentäter, ein Schmiedegesell, soll noch leben — von Breslau nach Berlin gebracht. Daraus hätten sich dann Prozesse entsponnen, jedoch mit ungünstigem Erfolge für die Breslauer. Der Bischof blieb in Berlin, mit Herren.

kleinen

einer

Kunde von dem siegreichen Vordringen der Römer in Deutschland.

Als DrusuS Germanicus in jenem Jahre

Malen,

zu wiederholten

von Gallien aus, über den Rhein in Germanien eindrang, nahm er seinen Marsch

Vor ihm flohen

das Land der Katten (Hessen) bis zur Elbe. die Longobarden von dem linken auf das rechte Ufer

durch

dieses Flusses, und ihnen nach sandte

Drusus seinen Feldherrn Aheno¬

barbus, um Nachrichten über die wilden, waldreichen Gegenden einzuziehen, in w eiche vorzu-

Unterbrechung,

dringen Kaiser Augustus streng

Auf

wo er auf dieselbe Weise, wie

verboten hatte.

Breslau nach Berlin, Hamburg nach verreiste. Doch nur aus kurze Zeit; dann kam er ans ebendieselbe Weise in Begleitung eines Berliner Schmiedegesellen, der in Ham¬

gewordenen Berichte mag Dru¬

von

Ufer

von

Lenzen

burg und Gartow aufgeschla¬ gen haben.

Berlin sofort erkannte, nach Berlin zurück. Doch ist der „Bischof"

denn

Zank und

Streit

Hiernach

in

Löknitz,

auf dem

mischen Siegesdenkmals, wie Drusus geschichtlich deren meh-

habenden Leuten haben mache»

mit

Abzüge

am

mußte

den sein,

auf

während man

den

Die Burg, an welcher

liche Geschenk empfangen hatte,

Bischof treten; darauf

wurde ein Hoch

seinem

Hügel stehen ließ.

nämlich, nachdem er das üb¬ den

Main,

Nach

Drusus stürzte bei Würzburg,

jene Trophäen vernichtet wor¬

Jeder neu

Geselle



dem Pferde und starb bald darauf — werden dann

ihnen zu Haus

und Hof verholfen.

vor

Burg

gewesen, er

rere errichtete.

zugewanderte

die

steht, den Uebcrrest eines rö-

So soll er Gute gestiftet. unter Anderm, wie man sagt, die Herbergsväter zu wohl¬ und

wir

erblickten

dem Erdhügel an der

zu

hat im Gegentheil auch vieles

helfen,

gekommen

und sein Lager in den Umgegenden von Schnaken¬ sein,

kannten aus

nur Veranlassung

ihm

sus auch bis zum jenseitigen

burg seinen lieben, alten Be¬

nicht

die

die Löknitz als

ausgebracht

Gewässer

dicht

ein

schmales

vorüberfließt,

löbl. Herbergsvater, dann auf die in Arbeit stehen¬

lag ftüher hart an der Elbe,

und

bis auf 3500 Fuß zurück¬ gedrängt worden sind. Schon unter den Askanischen Fürsten entstanden Deich-Ordnungen,

den

den

fremden

schließlich

Gesellen,

auf die

neu

deren Ufer

zu¬

gereisten.

Jeder von diesen Letzte¬ ren mußte dem Bischof einen

Kuß geben und darauf, nachdem ein Spruch hergesagt war, ein ZwölftelThalerstück deponiren.

Diese wurden

in einer offenen Büchse gesammelt

und später dem Gambrinus geopfert, vorläufig aber vom Herbergsvater

in Verwahrung genommen. Daher Haus und Hof! Der Bischof hat jetzt seine hoffentlich bleibende Stätte im Märkischen ProvinzialMuseum gefunden.

Stadt und öurg Lenzen an der Elbe. Von jcräiaanä Meyer.

II.

Ulrici, in

seiner historisch.topographischen :c. Darstellung der

Pricgnitz und der Stadt Lenzen, hält es für wahrscheinlich, daß die Anhöhe, auf der die Burg Lenzen erbaut ist, im Jahre 10 v. Chr. Geburt durch Lucius Domitius Ahenobarbus, dem Feldherrn des Dmsus

im Laufe

der Zeiten

und die 1467 zu Tangermünde König Friedrich I. im Jahre 1695, und unter Friedrich Wilhelm I., 1736, erneuert. Eine alte Schauregel aus dem 17. Jahrhundert lautet: „Merkt dis Ir Schauer gar eben, Dieweil Ir sult achtung geben Uf die Elb- un Ackterdeiche, Damit nich die tiet verstreiche; Halt ja Schau, wie sichs gebühret, Dass nich schaden wird verspüret. Um Johanns, Herbst und Martin Alle Schau soll gehalten sien.“ gegebene wurde noch unter

So bildete

die Löknitz, welche ehedem schon jenseits Wustrow die

*) Bei Anwesenheit des Direktors des Mark. Provinzial-Museums, Herrn Stadtrath Friedet, ließ Herr Rentier Jahn vor einigen Wochen Nach¬ grabungen anstellen, durch die obige Angabe bestätigt, auch außerdem einige intereffante Gegenstände aus heidnischer Zeit zu Tage gefördert wurden.

155 Elbe erreichte, erst später bei Lenzen, dicht neben der Stadt vorbei¬

ihr jetziges Bett.

fließend,

Gegen die Annahme Ulrici's, daß die

Burg,

und größere Befestigung durch die Sachsen schon

deren Ausbesserung

im Jahre 987

er¬

folgte (I. Abschnitt), ans einem römischen Siegesdenkmalhügel erbaut sei, hegen wir einen bescheidenen Zweifel. Denn es ist nicht wohl anzunehmen, daß man den 70 Fuß hohen, von mächtigen Baumstämmen zu größerer Befestigung durchschnittenen Erdhügel von oben herab ausgegraben habe, um so den runden, noch einige Fuß sichtbaren

Unterbau von Feldsteinen zu errichten, auf dem die obere,

10 Fuß

in einer Höhe von 70 Fuß, unweit der Burg, ein gleiches

starke Umfasiungsmauer aus Ziegelsteinen, sich

erhebt.

Im

klebrigen befindet

sich,

Mauerwerk von schwindelnder Tiefe, das bis zur Oberfläche des Hügels reicht, dessen Zweck jedoch nicht bekannt ist. Es darf daher wohl an¬ genommen werden, daß der Erdhügel erst nach erfolgtem Fundamentbau der Burg, zu deren größerer Befestigung, nach römischer

Art mit

eingelegten Baumstämmen errichtet und, wie aus einem Gemälde vom umgeben worden ist.

mit Mauern aus Feld- und Ziegelsteinen Bei der Auffahrt zur Burg befand sich eine

mit

einer Thurmhaube, während eine Zugbrücke über

Jahre 1640 ersichtlich, gewölbte Pforte

einen tiefen Wassergraben führte.

Nicht unwahrscheinlich, daß

Karl

der Große als

der eigent¬

licke Gründer von Lenzen angesehen werden kann.

Denn während des 33 jährigen Kampfes gegen die Sachsen ging er 789 den Wenden

mit einzelnen sächsischen Horden den ftänkischen in mehreren Kämpfen widerstanden hatten, drang bis zur Elbe

selbst entgegen, welche

Heeren

vor, schlug zwei Brücken über dieselbe und legte bei ihnen, zu größerer Sicherheit und Vertheidigung, zwei Kastelle an. Diese können — nach dem Zuge Karls gegen diese Völker zu schließen — nur Lenzen und Dömitz oder Werben gewesen sein.

Daß allerlei Gethier sich im wilden Heere, welches bisweilen vom Nachtraben oder der Eule Tut-Ursel geführt wird, befindet, ist bekannt; der richtige Spruch wird in andern Sagen dem einsamen Wanderer vom wilden Jäger selbst zugerufen; er lautet: den

„Mitten in

Weg!" 18. (Mündlich; am angeführten Ort p. 345 mitgetheilt.)

Zuweilen sieht man über einem Hause eine feurige Harke stehen; in diesem Hause ist etwas Böses. Die feurige Harke ist nichts anderes, als die auch sonst in der Grafschaft Ruppin nachgewiesene Frau Harke, die anderwärts unter den Namen Frau Holle, Fru Gauden, Frau Frick bekannte Gemahlin Wuotans, Frigg oder Fria; im Uebrigen liegt eine Verwechselung mit der

„Drük"

genannten feurigen Lufterscheinung vor; wo dieselbe

sich

niederläßt, ist eine Hexe im Hause (Kuhn und Schwartz, norddeutsche

Sagen p. 422). 19. (Mündlich aus Potsdam.) Am Tage nach der Hochzeit muß das junge Ehepaar Milchreis essen, dann hat es zeitlebens viel Geld. Anderwärts müssen Bräutigam oder Braut um desselben Zweckes willen bei der Trauung Getreidckörner im Schuh tragen oder sie werden beini Eintritt in die Kirche mit Getreide überschüttet. (Kuhn. märk. S. p. 357. Nork, Sitten u. Gebr. d. Deutschen p. 162. 759 Anm.) Frigg, die Götterkönigin, und Freyja, die Göttin der Liebe und Ehe, beide ursprünglich eines Wesens, sind Göttinnen des Reichthums, der Fruchtbarkeit. An ihnen geweihten Tagen pflegte man daher Speisen zu essen, welche diese Eigenschaften der Göttinnen symbolisch andeuten — Körnerspeisen (in Potsdam am Weihnachtsabend sog. Mohnpielen) und rogcnreiche Fische.

20.

Ob in

(Forts, folgt.)

(p. 112.)

Hafftitz erzählten Sage im Schimmelreiter Wuotan zu denken ist, taffe ich

der folgenden, wiederum vom

Grunde auch an den dahingestellt.

Märkische Lagen und Gebräuche. Eine Nachlese von vr. ®. Sctto. (Fortsetzung.)

16.

Daß

der

(Mündlich.) Teufel einen Pferdefuß hat (hinkt), findet seinen Grund

in folgender Sage: Eines Tages kehrte er bei einem Müller ein, und bat, sich aus¬ ruhen zu dürfen. Dieser wies ihn auf den Mühlstein; kaum aber hatte er

sich gesetzt, so ließ der

Müller

die

Mühle an, und

der Teufel,

in Angst, seinen Sitz zu verlieren, steckte einen Fuß zwischen die sich drehenden Steine, der ihm natürlich arg gequetscht wurde. Man könnte meinen, hier wieder eines jener Reiseabenteuer Wuotans zu hören, bei denen es ihm nicht immer gut erging (es. Hertz, l. c. p. 41). Teufel und Müller werden häufig in sagenhaften Zusammen¬ hang gebracht (weil Letzteren der Volkswitz allerlei Böses nachredet, vergl. diese Zeitschrift H, p. 19); gespenstige Mühlen, auf denen der Teufel sich einen Mahlgang reservirt hat, kommen häufig vor; auch von übernatürlich begabten Mühlknappen weiß die Sage vielfach zu melden; in der Ucker- und Neumark ist besonders des Müller Pump¬ fuß (der Name hat einen teuflischen Beigeschmack) bekannt (Schwartz, Sagen und alte Geschichten p. 42).

Da Wuotan

und das wilde Heer genannt worden sind, mögen

entstellte Berichte über Letzteres und die Götterkönigin folgen. 17. (Mündlich; von mir in den Mittheilungen des Vereins für die gleich zwei ziemlich

Geschichte Potsdams, Neue Folge

In

Wusterhausen bei Neustadt a.

In werender belagerung der Stadt Magdeburg (1551) hat alle Zeit wen man scharmützelt, ein weisser Reuter für den Magde¬ burgischen Reutern sich sehen lassen, und im abzuge alle Zeit der Letzte gewesen, dass es viel dafür gehalten haben, dass es ein Engel gewesen sey. Bei Wolf (deutsche

erzählt man sich: Nachts im Walde geschieht es bisweilen, daß eine Menge greu¬ licher Thiere über einem dahin durch die Luft jagen; wenn man dann den richtigen Spruch nicht weiß, so ist man verloren.

No. 387)

stehen

einem ungenannten

Herzog gegen seine Feinde eine große Menge weißer Ritter auf weißen

Pferden bei, die

sich

als Seelen zu erkennen gaben,

denen er durch

Gebete und Almosen geholfen.

Auf

den Teufel lasse ich die Schaar seiner Anhänger männlichen

und weiblichen Geschlechts folgen,

von denen

es

in

der

Mark

eine

große Anzahl gegeben zu haben scheint, und deren man bisweilen

in

den ernstesten Angelegenheiten nicht entrathen zu können meinte, wie z.

B.

bei dem Berliner Domdiebstahl in der Weihnachtsnacht 1590.

(es. hierüber Leutingers Bericht, diese Zeitschr.

II.

29.)

21.

(p. 146.) Ehe man aber hinter den Thäter kommen, sind von allen orten, wo man nur gewusst, Schwartzkünstler und Teufelsbanner versamlet, die den Thäter selten offenbaren, und were umb ein wenig zuthun, dass auf Ihre falsche aussage und bezichtigung un¬

schuldige Leute weren angenommen, toi’quirt und auf die Fleisch¬ bank geopfert worden. Und war damals zu hose kein Prophet, der gesagt bette: Lieben Herrn, was habt Ihr für? Womit geht Ihr umb? Kann man auch dis ding für Gott verandworten? Sed de hoc verbum nullum et altissimum silentiuml

22. (p. 103.)

I, p. 343, mitgetheilt.)

D.

S.

Als

das Treiben des Kohlhase dem Kurfürsten zu arg wurde

„hat er alsofort Meister Hansen, dem Scharfixichter, welcher ein ausbündiger Schwartzkünstler war (an anderer Stelle — p. 93 — erzählt der Chronist von ihm einen hübschen Schwank, wie er simu-

156 27.

lirende Krüppel gehen lehrte), befohlen, dass er ihm die Gäste solle

in die Stadt Berlin schaffen. — Darumb hat Meister Hanss, der Scharff Richter, durch seine Kunst so viel zu wege gebracht, dass Kohlhase mit seiner Gesellschaft hat müssen gen Berlin kommen. Scharfrichter standen und stehen noch heut in dein Rufe, magische Kenntnisse zu besitzen (cs. Eisel, Sagend, d. Voigtl. No. 112, 149,

Im

220, 222, 225.).

vergangenen Sommer

wendeten

sich

zwei

Potsdamer Wäscherinnen, denen wiederholt die Wäsche ans dem Trocken¬ platz beschmutzt worden war, an einen alten Scharfrichter, damit er ihnen den unbekannten Thäter mit Hülfe seiner Kunst ermittele.

Kuriosität wegen

sei

mitgetheilt, daß 1718 in Halle

eine

Der

Frau mit

3 Tagen Gefängniß bestraft wurde, weil sie, um einen Dieb zu er¬

mitteln, zu einer Wahrsagerin gegangen war. (Märk. Forsch.

I. p. 263.)

23. (p. 103.) Einer von Kohlhases Gesellen war aber dem Scharfrichter ge¬ wachsen, Hanss Grassmus, der auch ein Aushündiger Schwarz¬ künstler gewesen, ist hin und wieder auf den Dächern als eine

Kattze laufend gesehen, bis er endlich entkommen. Auch der weibliche Hofstaat, den sich der Teufel in der Mark hielt, war nicht gering,

doch

scheint derselbe wenig mehr als das Wetter¬ eine Kunst, deren Geheimnisse die Ver¬ malleus maleficarum ansgeplaudert habe».

machen betrieben zu haben, fasser des bluttriefenden

24. (p. 115.) Eben umb diese Zeit (Mai 1552) ist auch eine alte Wettermacheriu von Blumberg für Berlin gebrandt, und da das fewr an¬ gegangen, ist eine Weihe, so zuvor umbs fewr geflogen, hinein¬ gefallen und so lange, dass man ein Vaterunser indes helle beten mögen, darin geblieben, und nachmals ein stück von Ihrem Belize, einer Ellen lang, mit sich hinweg gefürt, dass alle, so dabei und über gewesen, es dafürgehalten, dass sie der Teufel hinwegge¬

führt habe. Als die Klosterhexe Sidonia v. Borke enthauptet und danach ver¬ brannt wurde, entflog ihre Seele in Gestalt einer Elster (Temme, pomi». S. p. 291. Der Prozeß Sidouias ist ausführlich mitgetheilt bei Förster, Handb. :c. des preuß. Staates II. p. 389 ff. Geäste, 1. c.

II.

p. 433 ff.).

In

andern Fällen erscheint ein Rabe (Temme,

1.

c.

p. 293) oder eine Krähe. (Grimm, Myth. p. 1052.) 25. (p. 121.) Anno Christi 1562, den 19. Augusti, als Herr Wentzel Kiel¬ mann, Pfarher zu Cüstrin, in Gott verstorben, hat sich folgenden Tages umb

1

Uhr, als mau ihm hat wollen zu Erden bestätigen,

ein solch ungewitter mit Donner, blitzen und regen erhoben, dass man vermeint, die Stadt würde untergehen. Es haben aber etliche Zauberinnen, auf welche er zuvor hefftig gepredigt, solches zu¬ wege» gebracht (wie Sie hernach selbst bekandt), das man mainen sollte, des Pfarhers seele were vom Teufel im Wetter hingeführt.

26. (p. 141.) Im October (1583) ist in der New-Marke ein starcker Windt gewesen 3. gantzer tage lang, in welchem man zu Königsberg in der New-Marke 2 Weiber, so wegen der Zauberei berüchtigt gewesen, beide in einem Hause todt liegen funden, und hat Nie¬ mand gewusst, wie sie zu tode körnen. Der die Seelen im Sturmwind entführende Teufel ist kein anderer, als der im Sturm einherbrausende Todesgott Wuotan. Als er unter der Herrschaft des Christenthnms zum ruhelosen wilden Jäger degradirt wurde, kamen in seine Schaar nur noch Verbrecher oder Selbstmörder. Darum sagt man noch heut in Fahrland bei Potsdam, wenn ein plötzlicher Wirbelwind entsteht, es habe

sich

einer erhängt

(Engelien und Lahn, Volksmund in der Mark Brandenburg p. 280). Auch in Schwaben ist dieser Glaube verbreitet (Birlinger, aus

In

D. lebte vor gar nicht langer Zeit Frau, die allgemein für eine Here gehalten wurde. Der Gutsjäger sah einmal auf dem Felde einen Hasen aufspringen, schoß nach ihm und traf auch, denn der Hase überschlug Der Jäger folgte, fand zwar die sich und stürzte in einen Graben. aber verschwunden, der Hase war und an seiner Stelle saß Blutspur, die besagte alte Frau mit einem Schrotschuß im Bein; sie war der Hase gewesen, und durch den Schuß in ihre menschliche Gestalt zurück¬ gerufen worden. — Als sie im Sterben lag, wollte Niemand bei ihr wachen, denn zu Fußenden ihres Bettes saß eine große Eule, die klappte mit den Flügeln und nickte mit den Augen. Es gehört hierher Eisel, l. e. No. 375, 377, namentlich aber 376, wo ebenfalls ein Hase angeschossen wird, der sich nachher als eine alte Frau entpuppt. Die Eule ist überall ein gespenstiges Thier; verwünschte Menschen erscheinen in ihrer Gestalt, ebenso in der Schweiz Frau Holle (Lütolf, Sagen der fünf Orte re. p. 355, 125). eine alte einzelnstehende

28. (Mündlich.) Als Hase, und zwar als dreibeiniger, spukt zum Schrecken des Nachtwächters ans dem Rittergut Satzkorn bei Potsdam ein Herr von Hünicke (die Familie war seit Mitte des 15. Jahrhunderts im Besitz des Gutes) aus Aerger darüber, daß er das Gut auf Befehl König Friedrich Wilhelms I. an einen Vorfahren des jetzigen Besitzers hatte verkaufen müssen.

Namentlich bei Lebzeiten unbestraft gebliebene Verbrecher spuken

oft als dreibeinige Hasen (Eisel, l.

No. 379, 380).

c.

29. (p. 132.) Dis Jahr (1576) am 11 Sontag nach Trinitatis, hat der Pfarherr zu Königsberg in der New-Marcke eine lebendige Heydechs nicht weit vom Kelche unter dem Altar tuche gefunden, welche er sampt dem Altartuche gefast und hinweg getragen hat, ist davon kranck worden, sehre geschwollen und im Folgenden Jahre gestorben. Man hats dafür gehalten, sie sei von Zauberinnen dahin gelegt. Daß die Eidechsen einem buhlerischen Verkehr zwischen Teufel und Heren ihre Entstehung verdanken, erzählt Wolf, deutsche Sagen No. 453. Mit aus solchem Verkehr geborenen Eidechsen hat im Jahre 1687 ein Mädchen aus Arendsee Menschen und Vieh geschädigt. (Märk. Forsch. I, 260). Luther erzählt in den Tischreden, eine Frau habe ihren Mann verzaubert, daß er fortwährend Eidechsen ausgebrochen habe. Dazu ist das von Grimm, Mythol. p. 113 mitgetheilte finnische Lied zu vergleichen.

Auch sei darauf aufmerksam gemacht, daß holländ.

hagedisse sowohl Eidechse als Here bedeutet (Grimm, D.

W.-B.

HI, 83. Mythol. 992). (Fortsetzung folgt.)

S

oeben erschien in meinem Verlage:

Fürst Friedrich Karl zu Hoheniohe-Waldenburg.

Das heraldische 2t« ganz umgearbeitete

md iekoratiTe Pelzwerk.

mit

100 Holzschnitten versehene Auflage. Preis 4 Mark 25 Pf. Der Name des auf dem Gebiete der Heraldik rühmlichst be¬ kannten Herrn Verfassers bürgt zur Genüge für dies ausgezeich¬ nete Werk. — Jedem Alterthumsforscher unentbehrlich! Ferner von demselben Herrn Verfasser: Oer heraldische Rautenkraoz. 4 Mark. Der Doppeladler. 2 Mark. „ Oie Helmzierden. 3 Mark. „ Stuttgart, August 1876.

Julius Weise’s Königs. Wnrttemb. Hofbuchhandlung

I, p. 100). Verlag von Alfred Weile in Berlin. — Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. —

Schwaben

(Mündlich.)

Segelest bei Neustadt a.

(Adolf Schmidt). Druck von

Julius Bahlke

in Berlin.

Di*.

Unter Mitwirkung von Drecht, Pros. Dr. Paulus Kassel, Stadt-Archivar Aidicin, Whcod. Fontane, Geh. Regier.-Rath Freiherr Dr. von Kedebur Geh. Hofrath L. Schneider, Archidiaconus Schwebet in Cüstrin :c. rc. herausgegeben von

George

Kiltl

und

Ferdinand Weyer.

Das Blatt ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. 8) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Verlagshandlung von Alfred Weile in Berlin zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro 3 gesp. Petitzelle 25 Pfg., werden von den Herren Haasen st ein u. Vogler, Rud. Mosse, Bernh. Arndt, sowie von der Aerlagshandlung (Puttkamerstr. 6) entgegengenommen.

Inhalt.

Stralauer Fischzug in Berlin, von Richard Böringuier. — Der Bär als Stadtwappen von Berlin, von vr. Paulus Cassel. (Schluß.) — Prinz Heinrich, der Bruder Friedrichs des Großen, von A. v. Crousaz. (Schluß.) — Märkische Sagen und Gebräuche. Eine Nachlese von vr. G. Sello. (Schluß.) — Berliner Theaterplaudereien aus den zwanziger Jahren. (Fortsetzung.)

Ztralauer Fischzug in Lerlm. Vortrag, gehalten in der Wanderversaminlung

des

Vereins

ür die Geschichte Berlin's in Grünau am 24. August 1876.

Von lü-tiarcl Keringllicr.

Der 24. August

ist

für

die beiden Hauptstädte

Berlin und Paris ein

historischer Tag ; allerdings hatte er für Berlin, bis vor wenigen Jah¬ ren, eine viel angenehmere Bedeutung, als für Paris, wo er als Tag

Bluthochzeit in trauriger Erinnerung steht: für Berlin war es der Tag , wo ein großer Theil der Bürger mit Weib und Kind, zu Roß und zu Fuß, hinauszog nach den Strohdächern Stralau's mit feinen uralten 11 Höfen, die älter sind, als das jetzt so mächtige

man bei jeder historischen Forschung erfahren. haben die

Bis vor

einigen Jahren war es so, allerdings nicht in dem

Maaße, wie am Ende des vorigen und am Anfang dieses Jahrhun¬

— Gehört das Fest nun auch der Vergangenheit an, so wollen wir doch, gemäß der Aufgabe des Vereins, es vor der unverdienten Vergessenheit schützen, indem wir die gewiß interessante und viel be¬ derts.

sprochene Frage über seinen

Ursprung aufzuhellen versuchen werden, und

so

Fast nirgends aber

üppig gewuchert, als bei der Untersuchung

über den Ursprung unseres Festes.

Fast in jedem sogenannten Wegweiser und Führer durch Berlin wir die stereotype Behauptung sich immer wiederholen, und zwar

der

Berlin.

Irrthümer

finden

in apodictischer Form,

daß das Fest wendischen Ursprungs sei,

daß man den geringsten historischen Beweis

für

diese

ohne

Behauptung

er¬

hält. Um nur ein Beispiel anzuführen, so steht in einem dieser Weg¬ weiser der Satz: „Daß der Fischzug sich aus den Zeiten der Wenden herschreibt, ist eine geschichtliche Wahrheit, welches aber seine eigent¬ liche Bedeutung sei, läßt sich nicht ganz genau bestimmen." Wir wollen dieses „sich nicht genau bestimmen lassens" dennoch versuchen, zur Aufhellung der Frage beizutragen.

trotz

Letzterer hat zuerst das Verdienst gehabt, das alte Märchen zu widerlegen, daß der stralauer Fischzug nnt einer alten

Daß das Dorf Stralau allerdings ein altwendisches Dorf ist, unterliegt keinem Zweifel. Haben doch wendische Sitten und Ge¬ bräuche, nach dem so sorgfältigen und gewisienhaften Nicolai, sich lange darin erhalten, liegt doch die Andeutung schon im Namen. Es ist gewiß nicht erst 1159 gegründet worden, was sich auch in keiner Urkunde findet, sondern hat schon lange vorher bestanden; gewiß hat auch Albrecht der Bär hier Wenden vorgefunden, allein es ist nichts darüber bekannt, daß er einem Astralowe das Recht, dort zu

Pflichtleistung der stralauer Fischer gegenüber dem berliner Magistrat Nach seinem- Ausweis hat der Magistrat niemals zusammenhinge. etwas von diesem Fischzuge erhalten, wobei er sich auf die eigene

bleiben, überließ, wofür er den Ertrag seines ersten Fischzuges dem jungen Berlin abgeben sollte, sondern es ist diese Nachricht nichts als eine in den „Bildem aus Berlins Nächten"') allerdings unmuthig er¬

Einsicht in die Magistrats-Akten und protokollarische Aussagen stützt. Dies hat nicht verhindert, das alte Märchen immer wieder auszutsschen, wie überhaupt eine Wahrheit Mühe hat, sich Bahn zu brechen, der Irrthum aber unzerstörbar wie Unkraut fortwuchert. Dies kann

zählte poetische Erdichtung, die weit entfernt ist, Anspruch auf histo¬ rische Wahrheit zu machen. Aus jenen Zeiten klingt weder der Name

von dem

Verlauf des Festes selber so viel geben, als es unserem Zwecke, Sitten und Gebräuche Berlins der Nachwelt zu erhalten, entspricht. Die erwähnte Frage ist, wie gesagt, vielfach besprochen wor¬ den. Wir nennen hier nur zwei Autoritäten der Berliner Geschichts¬ schreibung: Fidicin und Klöden, die sich mit ihr befaßt haben, und die in der Untersuchung derselben zu einem sehr verschiedenen Resultate die

gekommen sind.

Berlin *)

noch

Stralow

L. Schneider,

zu uns herüber,

wenngleich die Gegend ohne

Bilder aus Berlin's Nächten. Berlin 1835, pag.

13.

158 Zweifel längst bewohnt war, und um die Zeit von 1150 gehörte sie unbedenklich zur Herrschaft des wendischen Fürsten Jaczo, der zu Cöpenick restdirte und dessen Besitzungen bis an die Oder reichten. Erst lange nach Albrechts des Bären Tode nennt die Geschichte den Namen Stralau zum ersten Male, aber nicht den des Dorfes, sondern den seines wahrscheinlichen Besitzers.

Im

Zahre 1240 nämlich wird ein Dietrich von Stralau in einer Ohne Zweifel führte er den Namen nach seiner Besitzung. Zum zweiten Male erscheint der Name im Jahre 1261, wo ein Ritter Rudolf von Astralowe an die Stadt Cölln die Haide Myrica abtrat. Es muß allerdings befremden, daß ein Ritter seinen Namen von einem so geringen Fischerdorfe abgeleitet hat. Dieser Umstand führt zu der Vermuthung, daß neben diesem Dorfe ein guts¬ herrlicher Hof gleichen Namens bestanden habe. Zum ersten Male wird das Dorf selbst erwähnt in einer Grenzberichtigungs - Urkunde des Dorfes Rosenfelde, jetzt Friedrichsfelde, vom Jahre 1288, wo der stralowsche Damm angeführt wird. Im Jahre 1358 sehen wir Stralow im Besitz eines Rathes von Crastino und der Gebrüder von Barolsdorp, und von ihnen kaufte am Sonntag nach Kreuz-Erfindung, wie es in der Chronik, des Posthius heißt,') der Rath von Berlin und Cölln Las Dörflein oder Curiam Stralow. So war denn nun das Dorf ein berlinisches Rathsdorf geworden. Zum Ausgang des 14. Jahrhun¬ derts bestand es, nach dem alten berlinischen Stadtbuche, aus 11 Höfen. Wenn das Dorf also auch wendischen Ursprungs ist, so läßt sich doch zeigen, daß dem Fischzug dieser Ursprung nicht zukommt, son¬ 'Wäre dern daß er erst nach Erbauung der Kirche stattgefunden hat. der Fischzug schon vor dieser Erbauung abgehalten worden, so würde seiner ohne Zweifel in irgend einer Urkunde, namentlich solcher, welche Urkunde als Zeuge genannt.

die Fischereien auf jenen Gewässern betreffen,

Erwähnung

geschehen

sein. Das ist jedoch nirgends der Fall, und zum Beweis möge Folgendes dienen. Im Jahre 1400 wurde den Kalandsherren, welche vom Rath zu

Berlin

den

Stralauer-, jetzige» Rummelsburger See gekauft hatten,

erlaubt, den See, so oft sie wollten, befischen zu können, die Lanken sollten nur an vier Tagen befischt werden. Diese vier Tage waren, wie sich aus dem alten Stadtbuch von Berlin ergiebt, der Tag vor

Tag vor St. Michael, der Tag vor St. Martin und Es ergiebt sich hieraus, daß die da¬ malige Zeit der Fischerei voni 24. Juli bis Ostern währte. Hier wird also kein Fischzug am St. Bartolomäustage (24. August) erwähnt. Nachdem der See von den Kalandsherren dem Rath von Berlin wieder verkauft worden war, schloß der letztere im Jahre 1423 einen Vertrag init den Fischern von Stralow, daß letztere den See vom Maria-Magdalenen-Tage (22. Juli) bis Ostern befischen könnten. Auf den Lanken sollten sie nur fünf Würfe thun dürfen, nämlich um Jacobi, Michaeli, Martini, gegen Weihnachten und gegen Jnvocavit. Auch hier ist von einem Fischzug am 24. August nicht die Rede. Im Jahre 1424 überließ der Rath von Berlin den wieder erkauften See der Gemeinde von Stralow mit allen Gerechtigkeiten gegen eine jährliche Abgabe von 6 Schock böhmischer Groschen (ungefähr 100 Mark); außerdem erhielt sie die Aufgabe, ihren Herren, den Rathsleuten von Berlin, jährlich drei Mal zu überreichen „redliche und gute Geschenke von Fischen", nämlich einmal am Aschermittwoch, die anderen Male nach dem Gefallen der Rathsleute. Auch hier keine Spur von einem Fischzuge am 24. August, noch weniger von einem, der für den Ma¬ gistrat abgehalten wurde. Allerdings ist hier nur von dem stralowVielleicht haben für schen See die Rede und nicht von der Spree.

St. Jacob,

der

ein Tag in der Marterwoche.

diese ähnliche

Bestimmungen bestanden, leider sind sie aber nicht be¬ Hätte indessen auf der Spree ein solcher solenner

kannt geworden.

Fischzug stattgefunden, so würde ohne Zweifel

in jener Zeit

der

Rath

von Berlin seinen Theil daran gehabt haben, so gut wie er bei Ver¬ leihung des stralowschen See's seine jährlichen Abgaben und Geschenke

*) Schriften

des Vereins

für

die Geschichte der

Stadt Berlin Heft 4, p.

8.

sich

bedungen hat.

Bekannt ist ja, daß der Besitzer oder Oberherr

der Gewässer sich dergleichen Naturalleistungen vorbehielt. Wir sehen So heißt es in einer Urkunde des Kur¬ dies überall wiederkehren.

I., von 1420, worin festgestellt wurde, was die Wen¬ auf dem Kieze bei Wrietzen jährlich zu entrichten haben, neben den Geldleistungen: „wir sollen auch unser Theil an den Fischen, die Wenn sie sahen, wenn sie mit dem großen Garne fischen, haben".') also ein Fischzug dieser Art stattgefunden hätte, so hätte jedenfalls der Rath von Berlin seine Gebühren erhaltene Das alte berliner Stadtbuch aber, welches sehr genau sämmtliche Einkünfte aus dem Dorfe Stralau um das Jahr 1397 enthält, zeigt uns zwar die Ab¬

fürsten Friedrich den

gaben, die jeder von den 11 Höfen zahlen mußte, aber keine Ein¬ nahme von Fischen, wie überhaupt keine Einnahme von der Spree,

und wahrscheinlich besaßen die Fischer zu

Stralow

die Spree-Fischerei

innerhalb gewisser Grenzen, als ein altes, verjährtes Recht, wofür sie nichts zu zahlen hatten. Man kann daher mit einiger Gewißheit be¬ haupten, daß bis in den Anfang des 15. Jahrhundert, weder auf dem stralowschen See, noch auf der Spree ein solcher Fischzug abgehalten

für den Rath von Berlin. Er kann also nicht aus altwendischer Zeit stammen, sondern datirt von später. Man könnte nun wohl annehmen, daß er vielleicht nur darum so solenn gefeiert wurde, weil mit ihm überhaupt der Fischfang eröffnet worden ist, am wenigsten aber

sei; aber dies ist nicht gut anzunehmen, weil sonst dies Fest nach und nach auf andere Tage verlegt worden wäre, denn es ergiebt sich

aus den obigen Mittheilungen, daß der Fischfang im 14. und 15. Jahrhundert bereits am Maria-Magdalenen- und Jacobi-Tage, also im Juli, eröffnet wurde, und man also den Fischzug an diesen Tagen hätte begehen müssen. Wir sehen sogar noch im 16. Jahrhundert aus einer Fischer-Ordnung des Kurfürsten Joachim, vom Jahre 1551,") daß alle Gewässer bis Jacobi von jeder Fischerei durchaus verschont bleiben sollten. Erst sein Nachfolger Johann Georg bestimmte am 23. Februar 1574,'") daß auf allen märkischen Flüssen zwischen Grün¬ donnerstag bis Bartholomäi mit großen Garnzügen nicht gefischt wer¬ Wir sehen hier zum ersten Male den 24. August als den dürfe. Anfang der Fischerei erwähnt. Den 3. März 1690 wird diese FischereiOrdnung bestätigt durch eine neue des Kurfürsten Friedrich III. ff) Man sieht also, daß der Fischzug, als Beginn der Fischzeit, erst seit 1574 am 24. August abgehalten werden konnte, und daß er vorher theils am 22., theils am 24. Juli gefeiert worden wäre, was nicht recht wahrscheinlich ist.

Wahrscheinlicher ist, daß der Fischzug von Anfang an eine an¬ Bestimmung hat. Wir sehen nämlich aus der Kirchenmatrikel von dere 1574, daß der Pfarrer des Orts von den 5 Zügen, die am Fischzugs¬ Es tage gethan wurden, ehemals den. Ertrag der 4 ersten erhielt. Geist¬ war also der Fischzug dazu bestimmt, die geringe Besoldung des lichen zu verbessern,

ohne daß es der Gemeinde

in

den geldarmen

Hatte nun von Anfang an der Tag diese kann er nicht früher gefeiert worden sein, als von

Zeiten baares Geld kostete.

Bestimmung,

so

der Stadt Wrietzen. cap. IV. pag. 184: Erstlich, das alle vnd jtzliche waffer, die leichzeit ober, bis auff Jacobi mit allerley garnezogen, flakerey vnd vischerey durch aus sollen verschonet werden, domit die leych

*) Urkunde in Ulrichs Beschreibung

**) Mylius corp.

const.

IV. II.

vngeirret zu gcdey kommen möge. ***) Mylias corp. const IV. II. pag. 192. pr. Vnd anfenglich wollen, setzen vnd Ordnen wir, das alle vnd jetzliche waffer, mit großen Garntzögen vom Grünen Donnerstag an, bis auf Bartholomäi, mit den Flaken von gemelten Grünen Donnerstag, bis auff Johannis durchaus sollen verschone: werden, damit die Fischerey zu schäde des Leichs, vnd jungen Fisches nicht zu vnzeiten gebraucht werde.

ordnen ff) Mylius eodem pag. 248. Anfangs und zum Ersten, setzen, und wollen Wir, daß alle und jede Waffer mit grossen Garn-Zügen von Ostern bis auf Bartholomäi, mit den Flacken aber nach der Ordnung von Ostern bis Pfingsten durchaus sollen verschonet werden, damit die Fischere? zu Schade des Leichs und jungen Fisches nicht zur Unzeit gebrauchet werde.

159

Zeit cmf wo Stralow einen Geistlichen, hatte und es käme nur darauf an, diesen Zeitpunkt zu ermitteln. Nach Nicolai eristirt die Kirche seit dem Jahre 1464, und es ist dies die einzige glaubwürdige Notiz. Nach Allem, was wir darüber wissen, ist es nicht wahr¬

Es trat nämlich

der

Dorf vorher

einmal eine Kirche und einen eigenen Pfarrer gehabt habe, sondern, daß die Einwohner die Küche von Rosenfelde, jetzt Friedrichsfelde, benutzten, deren Filiale Stralow war. scheinlich, daß das

Nachdem nun das

Dorf

schon

eine eigene Kirche erhalten hatte, mußten

natürlich für die von nun an größere Mühewaltung die Einkünfte des Pfarrers erhöht werden, und es niag der armen Gemeinde wohl schwer geworden sein, denn das Dorf blieb gering und bestand noch im Jahre

1769 aus

den früheren 11

Höfen'), wie im Jahre 1397.

wodurch dies der Gemeinde erlaubt wurde, ist verloren gegangen,

sie

würde Alles erklären, aber in Ermangelung ihrer wird die Muthmaßung Fischzug werden.

für

sie

habe die Bestimmung

den Geistlichen solle

Für

enthalten, jener alljährlich am Kirchweihfest abgehalten

eine Fischergemeinde mußte das Fest dadurch, und wegen

der Bestinimung des Fanges, um so bedeutender erscheinen. es

Nun war

nicht ungewöhnlich, das Kirchweihfest am Tage des Schutzheiligen

war für Stralow kein anderer, als heilige Bartholomäus, der neben Petrus immer als Schutzheiliger Fischergemeinden erscheint, weil er, wie dieser, nach der Legende Somit würde denn seit dem Jahre 1464 Fischer gewesen war. 24. August oder St. Bartholomäustage zu Stralow das Kirch¬

der Kirche zu begehen, und dieser der der

ein

am

weihfest begangen und ein großer Fischzug, wahrscheinlich nicht ohne feierliche Ceremonien, abgehalten worden sein.

Allerdings steht

es

nicht

fest, daß der Fischzug schon von dieser Zeit an die Bedeutung hatte, der Gemeinde die Erhaltung des Pfarrers zu erleichtern. Denn erst

seit dem Jahre 1574 erhält der Pfarrer,

matrikel

dieses

Jahres

sehen,

wie wir aus der Kirchen¬

sein Gehalt aus dem Ertrage der vier

während er bis dahin nur Geldabgaben der Fischer er¬ halten zu haben scheint. Daß aber der Fischzug schon früher, ohne diese Bestimmung zu haben, doch ein Bestandtheil des Kirchweihfestes ersten Züge,

war, können wir annehmen.

Allerdings hörten mit der Reformation

die Heiligenfeste und die Kirchweihen auf, dafür erhielt aber der Tag seine Bedeutung, als Anfangstag der Fischzeit, durch die obenerwähnte

Fischereiordnung Johann Georgs; und wie früher der Tag als Bestand-

theil des katholischen Heiligensestes seine Bedeutung hatte, so erhielt Dies gab er jetzt diese durch die Bestimmung der Fischereiordnung. allen Denen, welche heimlich das Aufhören der lustigen Kirchweihen

in Stralow mit allen ihren begleitenden Nebenumständen bedauert hatten, die willkommene Veranlassung, die alte liebgewonnene Ge¬ wohnheit beizubehalten und unter anderem Vorwände nach Stralow zu pilgern. Man ging nicht zur Kirchweih, man beging nicht das Fest der Schutzheiligen, — denn wer hätte in der Zeit des heftigsten Glaubenshasses gewagt, solche katholische Feste zu feiern? — man ging

von nun an zum Fischzuge, um den mit anzusehen, um ebenso fröhlich Man kannte keine andere Ver¬ zu sein, als in katholischen Zeiten. anlassung des Festes, als den Fischzug; so ging

sie

natürlich den Nach¬

und der Fremde erhielt auf seine Frage nach dem Ursprünge desselben, keine andere, als jene unbefriedigende Antwort. kommen verloren,

Und als die Gemeinde endlich den Ertrag des Fischzuges dem Geist¬ lichen

in

eine Geldvergütigung verwandelte, ging jede Bedeutung desselben

verloren, da zufällig auch alle darauf Bezug habende Papiere abhanden gekommen sind.

Die Forschung über die ganze Frage ist überhaupt deshalb eine so schwierige, weil wir erst Näheres über das Fest aus Aktenstücken vom Ende des vorigen Jahrhunderts wissen, also aus einer Zeit, wo das Fest schon seinen ursprünglichen Charakter längst verloren hatte.

*) Küster .Alt

und neu

Berlin' Th. IV. pag. 51.

die Oeffentlichkeit

seitdem

Mit¬

Im Jahre Prinz Ferdinand, der

an ihm zu betheiligen. schrieb der

-

damals in dem nicht fern von Stralau gelegenen Friedrichsfelde den Magistrat, er und seine Gemahlin nebst vielen hohen Personen vom Hofe wollten dem Stralauer Fischzuge beiwohnen, wes¬ sich

aufhielt, an

halb er wünsche, Anordnungen zu treffen, daß das Fest etwas später Der Magistrat suchte dies zu bewerkstelligen, traf aber zugleich Vorkehrungen, daß durch das Reinigen der Dorsstraße und dgl.

beginne.

Der Prinz wohnte hier¬ Familie niehrere Jahre dem Fischzuge bei.

die Sache ein festlicheres Ansehen erhielt. nach

mit

seiner

Wahr¬

ihr freigegeben, seiner kärglichen, Besoldung durch einen für ihn bestinimten Fischzug zu Hülse zu kommen. Die Urkunde,

sich

in

1780, kurz vor dem Fischzugstage,

Der

scheinlich wurde

nicht gewagt erscheinen,

erst mehr

glieder des Hofes anfingen,

öiir

(Schluß folgt.)

als Lta-tivappen von Berlin.

Von Dr. jtauku» Easfck. (Schluß.) Albrecht, der Fürst der Nordmark, war der nordische Streiter der Heimath, welcher mit dem fremden Löwen des Südens rang; im

Namen des „Bären" betonte Albrecht seinen unaufhörlichen Widerstand gegen die Welfen. Heinrich bekundete in seinein Namen die Macht

Das Mittelalter redete als in Diplomen. Gedanken, die in

und den Anspruch, sein Erbe zu behaupten.

in Symbolen oft deutlicher, Zahlen und Daten, Aktenstücken fehlen, treten in Zunamen heraus. auch in Annalen und Urkunden, sind zuweilen falsch, während Namen und Sagen ein helles Licht verbreiten.

Nicht ganz vergeblich dürfte daher auch folgende Erläuterung werden. Der Bär auf den Siegeln der Stadt Berlin trägt einen Ring um den Hals. Fidicin meint, es sei dies eine Selbstironie mit Bezug auf den Ausruhr im Jahre 1448. Ich glaube nicht, daß jemals Wappen aus Selbstironie angenoninien sind, und hier um so weniger, als das Zeichen immer geblieben ist. Aber dem fleißigen Patrioten ist entgangen, welch' sinnige Bedeutung der Ring um den Hals des Bären, und dieser selbst in mythologischer und ethischer Beziehung überhaupt hat. Die Wappenbilder aus der Thierwelt staminen nicht nur aus den poetischen, sondern auch sittlichen Gedanken der Völker, und der nor dischen zumal. Sie lebten in der Natur mit den Thieren des Waldes; kannten besser, als der moderne Naturforscher, Charakter und Art der Thiere, mit denen sie täglich Umgang pflogen; sie fanden in den Sitten und Gelüsten der Thiere ihr eigenes Abbild. Die Natur von

sie

Fuchs, Ochs und

Bär

fanden

wieder; cs war für

sie

und an dem

sie

schied,

sie

in ihren

eigenen Brüdern und Söhnen

kein Charakterzug vorhanden, der sie treffender

erkannt sein wollten, als das Thier, dem

sie

zu

gleichen schienen, und das sie gern hatte». Aus dieser Beziehung zur Thier¬

welt, die nicht genug erforscht werden kann, gingen nicht blos die Eigen¬ namen hervor, welche sie sich beilegten, sondern auch das Wappen. Es war Letzteres im Grunde nichts anderes, als der gemalte Name.'°) Aber noch tiefer ging die Lehre von den Thieren. Ich will hier nicht aus¬ Thier- und Menschen Verhältniß der greifen in Betrachtungen über das Völkern überhaupt, wie in den religiösen Vor¬ stellungen der Indisch-Buddhistischen Welt, sondern nur auf die eigen¬ thümliche Lehre deuten, welche auch die nordischen Völker hatten, von den Fylgien, d. i. den Schutzengeln oder Begleitgeistern der Menschen, welche man sich, je nach dem Charakter der Menschen, als Thiergestalt dachte. Njäl, wie es in der Niassaga e. 41 heißt, sieht einen blutigen seele bei den heidnischen

Bock und spricht zu Thord: „ Sieh dich vor, du bist dem Tode nahe, “ Ein Ochse stürzt auf den Thron Gudmunds Einarr erkannte ihn als eines Menschen und bricht dort zusammen. das ist deine Fylgie.

Fylgie. Denselben Tag kam Gudmund, sein Bruder, nach Haus und sank

auf seinem Hochsitz entseelt zusaim»en?0)

") Ich erlaube mir dabei auf die Einleitung zu meinen Erfurter Bil¬ dern und Bräuchen zu verweisen p. 2 re., die vielleicht dort übersehen wird. Vgl. Mannhardt, Germanische Mythen, p. 306.

*1 2 —

160 kleid an und verstellt sich als Bär, um einen andern Helden aus der Gefangenschaft des Osantrix (offenbar eines slavischen Königs) zu

Es hat offenbar auf seinen Namen Bezug, wenn von einem Thorstein erzählt wird, daß er als Knabe einmal hastig in die Stube kam und hinfiel. Der alte Geitin fing an zu lachen. „Ich sah", sprach er, „was Du nichtsahst: Dir lief voran ein Bärenwelf, ein weißes; es blieb stehn, als cs mich sah, und Du fielst darüber." Es war seine Fylgie, und hat offenbar auf Thür, der den Stein im Haupt trägt, selbst Bezug. Er heißt selbst Biörn Bär?') Dieses nach seiner Kraft und Größe gewaltigste nordische Thier bildete die Fylgie des Gottes gleichsam ab, und wird dadurch auch das Abbild der von Thür abstammenden nordischen Welt, denn von einem Bären leitet OIau8 magnus die Gothen ab. Das Märchen hat später, komisch und

Art Als Peter Bär und Hans Bär33 )

satyrisch, die riesenhafte und gewaltige

wiedergegeben.

Thores

retten, und thut dabei ebenso große Thaten — wie er vorher gut zu

Ueberlieferungen,

so stellte er

Bär, bald als ein Der Bär mit Kraft, Berlin

und seines Volkes

sich

seine maßlose, tölpische Stärke, wie das in Utgardloki's Hause thut. Er hat einen unbändigen Appetit, wie er gleichfalls am Thor geschildert mrfc? 3) Dabei ist er treuherzig, nicht ohne Klugheit, und macht mit Heren und bösen

dem

darin aus.

Bären.

der zahm und menschlich sein kann.

Bär

bei Strackerjan. 2. 326. aus Schwaden

Birlinger. I. 315. Ich verweise auf meine Abhandlung über Thor im Sunem, 1875.

p. 26 je. 21 ) Genaueres werde ich mir gestatten können bei der Publikatton mei¬ ner Abhandlung über „den Ring in Dichtung und Sage." ”) Vgl. meine Schrift: der Schwan in Sage und Leben nott. p. XXV. >

von Trier hat dieselbe

Bär

den

Wort des Geistes gezähmt und gebildet ist. Die größte Weisheit, welche sie bezwang, war die Liebe. Wäre diese immer vorhanden gewesen, hätte es mehr christliche Bären gegeben. Eine reizende Sage ist die von Schambach und Müller 33) mitgetheilte Erzählung von dem Vater, der eine Rose seiner Tochter mitbringen will, sie einem Rosengarten heimlich entnimmt, aber dadurch einem Bären in die Hände fällt, der ihn nur dann lebendig entläßt, wenn er ihn> die Hand der jüngsten Tochter verspricht, die ihn um die Rose gebeten. Der Vater thut's, der Bär holt sie. Alles weint; das Mädchen ist ruhig. Sie wird des Bären Gemahlin. Obschon ein Bär, hegt er sie sanft. Sic leben in Frieden — sie verliert Furcht und Scheu. Da wird er krank. Sie pflegt ihn sanft. Er stirbt; da rollen die Thränen der getreuen Gattin auf das Haupt des Bären und er er¬ wacht. Der Zauber ist aus, der Baun ist gelöst, er wird ein herr¬ licher Mensch. Das kann eben die Liebe. Sie wandelt Bären in Menschen, hoffentlich auch in Berlin zu aller Zeit. Diesen Gedanken, wenn auch in andrer, seiner Form, drücken eine Reihe von Sagen von älterer Herkunft aus. 8axo Grammaticus 29) erzählt von einem Schweden Ulvo, daß seine Großmutter, als ein reizendes Mädchen, von einem Bären geraubt war, der aus Liebe seine Wildheit zu mildern verstand. Dieser Ulvo wird von Adam v. Bremen Wolf genannt und sei der Urvater des Königs Harald von England geworden, dem Bruder des Tostig und Sohnes Goodwin's; Browpton berichtet von einem Bären¬ Andere sohn, der Bcrnus geheißen und ein Vater Siwards war.

I

Ein Pcler Bär

dem Oldenburgischen ein Hans

J6

Marimin

Dasselbe that Humbert, als ihm der

durch das

j

sind menschlich, wenn sie den

bei

den

Florentius (Bischof von Straßburg) hütete ein Bär die Schafe, wie er auch abgebildet wird. Ein Bild stellt dar, wie ein Bär dem Cerbonius die Füße leckt. Als Columba» eine Höhle brauchte, trieb er den Bären heraus, der ihm Platz machte. Ein Bär hütete das ab¬ geschlagene Haupt des Königs und Märtyrers Eadmund in Ost-England, der 870 getödtct ward. Ein Bär zieht Jacobus von Tarent den Pflug auf dem Felde; den GeriuS und Remcdius begleiten Bären auf ihren Pilgerreise» als Begleiter. Alle diese Bären sind Abbilder des wilden, starken Volkes, das

aus.

Grimm, Mytholog., p. 633. aus dem Odenwald in Wolf Myth. 2. 67., aus

Bären

Maulesel nahm, und der heilige Frinnius mit einem Bären, der ihm Der treue Genosse und Gefährte des heil. Gallus war der Bär, dem er den Dorn aus dein Fuße zog. Dem heiligen

Notker unterscheidet den wilden Eber von dem, der den Schwan¬

”)

sagen von einem bösen

von Bären werden. Corbinian zwang einen Bären, der ihm seinen Esel zer¬ rissen, selber das Gepäck zu tragen.

darf

Die Schwanjungfrauen Ring tragen. Die Männer, welche jeden zehnten Tag von der Wolfsnatur frei sein können, tragen an diesem Tage Ringe. Im Hyudlulied wird eine Königstochter in eine Hündin verwünscht. Als sie befreit ward, geschieht dies dadurch, daß man einen Ring um die Schnauze legt. Zuweilen wird dies auch umgewendet, und Gürtel und Ring machen zu Thieren, allein die Erzähler der Sage haben sie dann mißverstanden. Das Sprüchwort: Jemand Ring und Larve abziehen, ist daher zu deuten. Nimmt man Beides weg, findet man das richtige Thier. Als man einmal einen alten Bären fing, fand man einen Gürtel bei ihm. Man hatte längst vermuthet, daß es einer war, der auch ein Mensch sein konnte?") Die älteste und schönste Darstellung findet sich in der Wilkina- oder Wiltinasagc, die im Norden Deutschlands unter Deutschen und Slaven bekannt worden ist. Dort wird ein Held genannt, Wildifer, eigentlich wie Grimm fest¬ stellt, Wildpero Waldbär — die frühere Uebersetzung Hagen's „Wildeber" ist ungenau, — da nur von einem Bären schon darum, weil er tanzen kann, die Rede ist. Dieser trägt einen dicken Ring, zieht ein Bären-

Halsring bedeutet die gesittigte und gezähmte Natur des Thieres aus. Daß

Die nordischen Völker

seinen Ochsen zerrissen.

ring hat,

dar, welcher bald als seine Thaten thut.

führt und

durch Albrecht christianisirt und germanisirt worden ist, spricht

Aber die Völker haben nicht blos die Aehnlichkeit mit den Thieren, sondern auch die Verschiedenheit ihrer Menschen von den Bären erkannt; ganz ein Bär kann der alte Held nicht sein. Nicht immer

)

Jsung

drückt die menschlich gewordene

Geistern nicht viel Umstände.

ring

den Bärensohn

Mensch sein Leben

Macht über

33

Bären im Wappen.

„es sei kein

edler

sich Wüthen, Streiten, Fressen und Faulheit offenbaren; eine Sättigung muß eintreten , das Thier im Menschen muß gebändigt Es waren zwar Nachkommen des Bären, die cs auch selbst werden. sein konnten, aber nicht immer können sie als Bären wandeln: das Mittel der Zähmung ist der Ring oder Gürtel. Als Prometheus überwunden wird und, von Herakles befreit, Es fesselt sich Zeus unterwirft, muß er einen eisernen Ring tragen. Mit dieser den dämonische» Schlangenwidcrstand in dem Titanen?^) seinem Siegelring bändigt Salomo, der König in der orientalischen Sage, die bösen Geister zum Gehorsam. Dasselbe drückt der Schwan -

auch einen

christlicher Bär." Der Berliner Bär bezeugt sich durch den Ring als solcher. Auch die Legenden werden erst in solchem Sinn recht verstanden, in denen Heilige die Herren und Bändiger

beweist er bei Bauern,

denen er zu dienen kommt,

Thür

Er hat

tanzen gelernt hatte.

hatte ihm das Halsband angelegt??) Er ist das wahre Abbild des Berliner Wappens. Vergleicht man seine Sage mit den nordischen

Grimm, Mythol., p. 1051.

In

2 der Uebersetzung von der Hagen cap. 117 re. Vgl. Raßmann, ’) Deutsche Heldensage 2, 280, wo keine Erklärung versucht ist. Eine eigen¬ thümliche, aber mit anderen Elementen gemischte Nachbildung findet sich bei

Halttich, Deutsche Volksmärchen in Siebenbürgen n. 40. p. 217. “) Nicdeisächsische Sagen, p. 263. Vgl. meine Rose und Nachttgall, p. 1. Dieselbe Sage, aber mit anderen Elementen vermischt, Toppen, Aberglauben aus Masuren, p. 143. (Danzig 1867.) Histor. Dan, lib. 10. ed. P. E. Müller, p. 72.

“)

*34 1 161 nennen den Großvater Ulvo's

Styrbiörn,

was ans den Namen

Bär führt?") Ebenso naiv ist des Bären Verehrung und-Dichtung

bei den

Kou, für den Donnergott, geht auf einen Namen des Bären zurück"'), wie Thor den Namen Biörn trug. Der weiße Bär ist das Abbild Thor's (vergl. den wei¬ ßen Berwels Thorstein), und dieser vertreibt, nach Norwegischen Mär¬ chen, in Finnmarken, wie dies auch anderwärts ihm zugeschrieben ist, böse Trollen und Geister."") Er genießt eine ungemeine Vereh¬ rung bei den Finnen. Seine Herkunft wird ans den Wohnsitzen der finnischen Völkern.

Der

esthnische Name

Sonne, des Mondes und des großen Bären (Otava, Otso, Ohto, Breit¬ stirn ist einer seiner Namen) abgeleitet. Eine Tochter der Luft wanderte

auf einer Wolke in blauen Strümpfen und bunten Schuhen, wäh¬ rend sie in der Hand einen Korb mit Wolle trug. Sie ließ Wolle Wasser und fallen, der Wind wiegte diese zu einem honigreichen in's Waldufer hin. Mielikki, des Waldes Herrin, hob die Wolle aus dem Wasser, legte sie in Wickelbänder, that sie in eine Ahornwiege, und befestigte sie mit einem goldenen Band an dem Zweig einer blühenden Fichte. Hier wiegte sie das Kind, bis es zum schönen Ohto heranwuchs. Mielikki wollte ihm keine Zähne geben, aber Ohto schwor, er wolle nichts Böses damit thun; sie schenkte ihm nun solche aus den goldenen Zweigen der Föhre, doch hielt Ohto feinen Eid nicht; deswegen erlauben sich die Finnen, ihn zuweilen zu tobten, aber doch nie, ohne feinen Tod und seinen Geist durch ein Fest

für gottlos gehalten, das Die Ostjakeu trauen ihm zu, daß er feinen Feind kenne und suche. Sie nennen ihn mit dem Ehrentitel „alter Mann"" 4) und schwören, indem sie auf eine Bärenhaut knieen. Es ist daher kaum Beleidigung für die Lappen, wenn man ihnen nach¬ sagt, sie könnten sich alle in Bären verwandeln, denn es bedeutet nur, daß sie von Bären abstammen. Bei allen sibirischen Völkern, sagt Falck,"") ist der Bär „ehrwürdig." Sie erlegen ihn nicht ohne besondere Ceremonien, haben Fabeln von ihm und seinen Verwand¬ lungen, und glauben, daß er nach dem Tode wieder lebe und opfere. Bei den Kirgisen, die ihn auch den Alten nennen, war er ehedem ein zu ehren.

tanzten." Auf der Insel Tarakai, am Amurstrom, fand Krusenstern"') allerdings auch unter den Ainos eigenthümliche Zustände. In jedem Hause waren junge Bären, die sorgfältig aufgezogen wurden. Nie¬ mand war zu bewegen, einen zu verkaufen. Es ging die Erzählung, daß die Weiber sie säugten.

Kaukasus werden

sie

zu Wächtern,

Ein Reisender fand den Hof der russi¬

schen Poststation am Engpaß des Terek, der über Darielan nach Tistis führt, von einem Bären an langer Kette bewacht. Schlimm für sie ist es, wenn sie gebraucht werden, den Weingarten, den sie selbst lieben, zu bewachen. Derselbe, der verstorbene Dr. Bickiug, erzählte mir, daß man auch in der Walachei im Volke mit ihm, wie mit einem Menschen, verkehre. Ein Mädchen eilt mit ihrem Rechen, um Heu zu machen, vor ihr aber trollt auf dem schmalen Weg ein gro¬ Sie gab ihm einen derben Schlag auf ßer Bär langsam einher. den Rücken, schalt ihn ordentlich ans, und der Bär folgte ganz ge¬ horsam, indem er rascher ging, bis er Platz gemacht hatte. Als Herr von Kirchmann in Italien war, fragte man ihn einmal naiver Weise, ob denn in Preußen die Leute so aussehen und angezogen gingen, wie die wilden Männer auf dem preußischen Wappen. Es würde keine mehr glückliche Vermuthung sein, wenn sich Fremde aus dem Bärenwappen Berlins eine Vorstellung von den Bürgern Berlin's

machen wollten.

Die Eigenschaften,

Bären zuschreibt,

die man dem

passen doch

nicht ganz mehr auf unser Volk.

Noch heute, sagt Castrsn, wird es

Thier anzugreifen!"")

Im

statt der Haushunde, benutzt.

Aber men; an

es

hat auch den Bäre» vom Namen Albrechts angenom¬ organisirende und chriftianisirende Macht mag auch

dessen

Bild

erinnern. Den Ring des Geistes, welcher Wildheit und Rohheit bändigt, zu tragen, wird immer Ehre machen. — Vom Bären sagt Konrad v. Megenberg, wie sehr er die Bienenkörbe liebte, wegen des Honigs, „wan er izt nihts so gern“. 38) Daß mau in Berlin das Süße

das

liebt, darf man sagen. Möge man nicht vergessen, daß da, wo gab, auch der Honig vom Hymettns floß.

Die Arbeit

es das Attische

des Gedankens giebt Frieden und

Salz

Süßigkeit.

Chan, der seiner Tochter nachstellte, deren Gebet die Verwandlung ihres

Vaters veranlaßte. Er schlich sich in Wilduiffe, nnd schämte sich feines Fehlers und seiner Verwandlung immer. Freilich ist das immer noch poetischer, als was Seltner aus Sagen und Fabeln der Dardu"") in Indien mittheilt, worin die Bären ursprüng¬ lich die Nachkommen eines Mannes seien, besten Unfähigkeit, seine Schulden zu bezahlen, ihn wahnsinnig gemacht, und der tief in die

Hügel ging, um feinen Gläubigern zu entfliehen. Ich gestehe, daß dies sehr europäisch und beinahe berlinisch klingt, weil doch auch das Sprüchwort „Bären anbinden" und Schulden machen wahrscheinlich nicht in Indien entstanden ist. Jnterestant ist, was ein Mullah von einer Bärenhochzeit erzählte, „wo einige auf den

Hinterpfoten standen,

"") Vgl. 31

)

Vgl.

P. E. Müller

den

zu

Stock in den Vordertatzen hielten und

Saxo p. 313.

die Anmerkung von F. Löwe zu Kreuzwalds Esthnischen Mär¬

Halle 1869. p. 123.

chen.

Kuhn & Schwarz, ) Vgl. aus Asbiöruseu Scheible Kloster 9, 314. Norddeutsche Sagen p. 303. Panzer, Myth., 2, 161. Grimm, Myth., 447. 3S

"") Castren's Vorlesungen über finnische Mythologie. St. Petersburg 1853. p. 201. 34 ) Daher erklärt sich auch, wenn die Zigeuner den Bären „Alten" oder „Großvater" nennen, ck Grimm, Myth., 633, uott. 3 °) Beiträge zur Topographischen Kenntniß des Russischen Reichs. 3.287. Gmelin in. der Sibirischen Reise fand bei den Katschinzen (3. 279—283) eine Steinsculptur, die er einen Bärengötzen nennt. Ein Bär ist in Stein gehauen, auf den Hinterschenkeln sitzend, 1 Elle hoch, und in eine Felshöhle gestelll. 3

°)

ck Ritter, Geographie 2, 1092. Ausland 1875. n. 32.

priiy

Heinrich, der Lruder Friedrichs des Großen. Ein vaterlandshistorisches Gedenkblatt von K. ». Crousaz.

(Schluß.)

Prinz Heinrich war kaum

besser

situirt, als

stand einem stark verschanzten Feinde, welchem

der sich

König;

auch er

nicht beikommen

ließ, gegenüber, und auch sein Heer konnte, da es mehrwöchentlich auf dieselben Territorien beschränkt blieb, von denselben kaum mehr

ernährt werden. Allerdings regte sich der Prinz, wie es in diesen Umständen möglich war, aber eben nur mit Detachiruugen. Die Fühlung nach Osten hin wurde gesucht; Belling streifte über die Jser und es gab hübsche Reitergesechte; von Möllendorf's rechter Flügelkolonne gelangten einzelne Abtheilungen, am linken Elbufer entlang, bis in die Nähe von Prag :c., aber die geschickten Contremineu Laudon's einer-, die starken Oesterreichischen Positionen bei Arnau und HohenIm elbe re. andererseits, vereitelten doch durchgreifende Erfolge.

Großen und Ganzen ließ sich, so lange das Preußische Hauptheer nicht vorwärts kam, hier nichts unternehmen; eS war eine für Heinrich sehr peinliche Kriegslage, und seine Verstimmung mußte

täglich größer werden.

Die Verpflegung beider Preußischen Heere wurde endlich so schwer, König »ach Schlesien zurückzugehen beschloß. Der Rückmarsch

daß der

"') Krusenstern, 4.

Reise um die

Welt.

II.

97—108.

477-78. ) Buch der Natur, p. 163. ed. Pfeiffer.

M

ck.

Ritter, Geographie

162 Hauptheeres begann am 6. September über die Aupa hin,

unseres

und da das Terrain schwierig war und Seitens der Oesterreicher eine lebhafte Verfolgung stattfand, fo brauchte es hier großer Energie und

Beide zeigten

Geschicklichkeit.

Disciplin trat

sich

in vollem Maße; die Altpreußische

gerade bei dieser Rückwärtsbewegung sehr glänzend her¬

vor, und viele Truppentheile haben sich mehr als je ausgezeichnet. Der zu dieser Zeit erst 34 Jahre alte Generalmajor, Prinz von Preußen, führte seine allseitig von Oesterreichern umschwärmte Abtheilung so heldenmüthig und meisterhaft nach der Höhe von Pilnikau hindurch, raß der König ihn außerordentlich belobte; der Feind wurde überall

mit blutigen Köpfen

zurückgewiesen, und Friedrich räumte den Böh¬

Mitte October gänzlich.

mischen Kriegsschauplatz erst gegen

Die Armee des Prinzen Heinrich konnte, da das Hauptheer zurück¬ ging, nicht in ihrer Stellung bleiben. Sie trat am 10. September den Rückmarsch an, und dirigirte sich nordwestwärts, aus Lowositz, wäh¬ rend die Oesterreicher wieder in ihre Position von Niemes einrückten und den Rückzug Heinrich's, namentlich auch nach dessen rechter Flanke

hin, zu gefährden suchten. Der Prinz schob Detachements gegen die Eger vor. Man scharmützelte viel und die Preußischen Waffen waren Am 17. September concentrirte sich das dabei stets im Vortheil. Heer bei Tschieschkowitz, südlich von Lowositz, blieb hier bis zum 24. und erreichte dann, unter steten Arrieregarden-Gefechten, die Sächsische

Prinz Heinrich nahm nun

Grenze am 28. September.

seine

Kanto-

nirungen in Sachsen, und es trat in dieser Region des Kriegstheaters, nachdem Laudon den Oberbefehl an Haddick abgegeben hatte, eine fast vollständige Waffenruhe ein. Auch dieser Rückzug Heinrich's ist, wie derjenige seines König¬

Streng genommen stand Prinz Heinrich, nach dreißigjährigem Vorcursns, nur 22 Jahre aus der öffentlichen Bühne, und dieser re¬ lativ kurzen Werkzeit folgte, bis zu seinein Lebensende, noch ein vierundzwanzigjähriger Feierabend. Wenn diese Vertheilung von Unterricht, Arbeit und Ruhe im gewöhnlichen Dasein nicht richtig wäre, so braucht es doch für den hier in Betrachtung stehenden Ausnahmemenschen und seine Zeit eines anderen Maßstabes. Jene dreißigjährige Periode, welche für Heinrich's Vorschule gelten muß, da sie zumeist durch Dasjenige, was er in sich aufnahm, bestimmt wurde, enthielt,

wenn man Einzelnes in's Auge nehmen

äußeren Anstrengung, und das politische schloß sich ebenbürtig an das Vollbringen. Diese 22 Jahre unseres Helden sind voll

kriegerische

Stoff und Geist, Arbeit und Erfolg, Kummer und Genugthuung; in ihnen wurden große Fruchtbäume gepflanzt, die Werke eines halben Jahrhunderts gethan. Alles war Tiefe und Quintessenz; der Prinz verdiente diesen frühen Feierabend, und hat

die

Man hat

dem großen Könige nachgesagt,

diesem Feldzuge an Geist und

sei, wie

Kraft nicht mehr

früher; aber das kann aus

daß er

derselbe gewesen

dem hier Geschehenen nicht recht¬

mäßig gefolgert werden; seine Böhmische Operation von 1744 hatte

viel mehr gegen

sich,

als die jetzige, und

tag von Hohenfriedberg auf dem Fuß,

doch

doch

folgte ihr der Ehren¬ trat Friedrich's Genie

damals in seine Blüthe. Prinz Heinrich begann diesen Feld¬ zug von 1778 mit jener Meisterthat seines Gebirgsüberganges, und endete ihn mit einem nicht minder berühmten Rückzüge; daß über¬ schon

haupt ein Rückzug nöthig war, ging aus der ganzen und unabänder¬ lichen Sachlage hervor.

Bei

dem Preußischen Hauptheere gab es noch viel lebhafte

Sowohl

Hin-

als die gegnerischen Truppen in Oberschlesien wurden verstärkt, und es fielen, dort und im Oesterreichi¬ und Herbewegung.

schen Schlesien,

seine,

mancherlei Gefechte vor.

Der König ging nach Bres¬

lau und rüstete sich für den nächsten Feldzug; seine von der Lausitz ab bis zur Oppa gegen Oesterreich vorgeschobenen Detachements scharmützelten auch während des Winters, und in der Grafschaft Glatz wurde

mit

abwechselndem Glücke gekämpft.

Prinz Heinrich nahm

schon

im November 1778 seinen Winter¬

aufenthalt zu Dresden, und wenn hier beim Westheere die Waffen lange ruhten, so ist ihre Thätigkeit doch erst im Februar 1779, durch einen gelungenen Vorstoß, welchen Möllendorf von Freiberg aus gegen

Brüx

machte, absolut beendet worden.

Nachdem endlich die Friedensunterhandlung ernstlich begonnen war,

trat mit Anfang März 1779 auf allen Punkten volle Waffenruhe ein; der definitive Friedensabschluß fand erst am 13. Mai zu Teschen statt.

erste Kennzeichnung

des

am Lebensabend lieber

Revolutionsstnrmes zurückdrängte,

ver¬

So lange der große König lebte, blieb Prinz Heinrich noch immer in einiger Wechselwirkung mit dem Hose und den Staatsgeschäften; er liebte diesen Bruder nicht eigentlich, beugte sich aber vor seiner Außerordentlichkeit und respektirte ihn allseitig. Als Friedrich 1786 gestorben war, änderten sich Heinrich's Beziehungen mit dem Staatsober¬ haupte, dem Heere und der

Politik, von

denen er sich jetzt

absolut

Theils ist dies sein freier Wunsch und Wille ge¬ wesen, theils wurde er von Oben her in diese Position genöthigt. König Friedrich Wilhelm II., Heinrich's Brudersohn, hatte vor seinem Regierungsantritt diesen Oheim stets für eine Autorität an¬ sehen müssen; er konnte sich jetzt, wo er den Thron bestieg, nicht von der Besorgniß losmachen, daß ein an Alter, Erfahrung, Geist und Ruhm so überlegener Held, wie der Prinz Heinrich war, ihn ver¬ dunkeln und seinen hohen Autoritätsstandpunkt gefährden würde. Daß dies so war, ging schon aus der von Friedrich Wilhelm an den Ge¬ neral v. Möllendors gestellten Frage hervor: „Spricht man viel zurückzog, gänzlich.

von meinem Oheim?" Durch

dieselbe sollte offenbar nichts Neues

erkundet, sondern nur ein Gefühl ausgedrückt, und ein bezüglicher

nnngsausdruck herausgefordert werden.

Mei-

Der König wußte, daß man

vom Prinzen Heinrich viel sprach, und er von der öffentlichen Mei¬

nung an die Spitze des vaterländischen Kriegswesens gestellt war; sein hierdurch verletztes Selbstgefühl strebte nach Ausdruck,

und die

Frage, welche er that,

war eigentlich nur das Haschen nach irgend einem Troste. Daß Friedrich Wilhelm II. seinen Autoritätsftandpunkt zu wahren suchte, war an sich richtig; daß er aber, aus Furcht sich das Mindeste zu vergeben, seinen hochverdienten Oheim ganz fern hielt und auch dessen gerechteste Wünsche unerfüllt ließ, kann nur tief be¬ dauert werden. Am Neujahrstage von 1787 wurde der Herzog von Braunschweig, und 1793 auch der General v. Möllendorf Feldmarschall; der Heros des siebenjährigen Krieges

Der Friede von Teschen bildet den Schlußstein von Heinrich's Kriegslaufbahn; ja man kann noch mehr sagen: der ganze Zeitraum seines öffentlichen Wirkens ging hier im Wesentlichen schon zu Ende.

sich

mit seinen großen Erinnerungen, als mit dem öffentlichen Leben einer ihm ftemd werdenden Zeit und Menschheit beschäftigt. Wenn Prinz Heinrich sich, seiner Natur nach, zu der Französischen Bildung und Gesellschaft neigte, so ist wohl zunächst hierdurch eine von ihm im Sommer 1784 unternommene Reise nach Frankreich, welche ihn mehrmonatlich an den Hof Ludwigs XVI. fesselte, — weiter¬ hin sogar sein Wunsch, ganz nach Paris überzusiedeln, den aber schon ursacht worden.

in

bereits mehr Action,

That; in ihr wurden Herknlesarbeiten verrichtet und in manchem Stundenschlage Jahre ausgewogen; — die geistige wetteiferte mit der

wo der Laie nur leere Blätter der Kriegsgeschichte zu haben glaubt, da findet der Kenner die Verzeichnungen hoher Beispiele und goldener Regeln.

doch

aus

lichen Bruders, selbst vom Feinde sehr gerühmt und bewundert wor¬

den;

will,

als in der Gesammtheit manches gewöhnlichen Lebenslaufes zu finden ist. In Heinrich's zweiundzwanzigjähriger Arbeitszeit drängte sich That

aber blieb ohne

Beförderung.

Ueberdies waren Oheim und Neffe

zwei ganz heterogene Naturen.

Letzterem fehlte die geniale Anlage,

welche Ersterer besaß, gänzlich;

seine

in

der sinnlichen Liebe, der minderen Selbstständigkeit und dem

Hange zum Geheimnißvollen beruhenden Schwächen standen dem Pla¬ tonismus. der inneren Unabhängigkeit und der liberalen Begriffsweise Heinrich's diametral entgegen; der Eine konnte im Frieden und Kriege nur ein Künstler, und der Andere nur ein Genußmensch und ein Hau¬

Zwei

degen sein.

Antipoden stießen

solche

sich

Der

natürlich ab.

Neffe mied den Oheim, aus Scheu vor seiner Ueberlegenheit und nicht begriffenen Complication; der Oheim den Neffen, aus gekränktem Selbst-

gefühl, aus Abneigung gegen seine Lebensweise und aus Mißbilligung der Rcgierungsmarimen desselben. Aber der Neffe war König, und der Oheim jetzt nur ein Privatmann; es blieb dem Letzteren nichts

übrig, als

in

sich

seine innere

samkeit zurückzuziehen.

Man

ging 1792 zu Felde, ohne

Welt und in

Ein-

seine Rheinsberger

begehrte seine Dienste nicht mehr und

den einzigen großen Feldherrn, welchen

man

in Betrachtung zu ziehen. Auch würde Prinz Hein¬ rich den Oberbefehl im Rheinseldzuge, wenn ihm selbiger offerirt wor¬ den wäre, schwerlich angenommen haben, denn er billigte diesen Krieg nicht, und wollte das einmal in die Scheide gesteckte Schwert nicht zur Abendzeit und für neue und unsichere Unternehmungen nochmals besaß, irgendwie

Auch hätte er sich dem jetzigen Kriegsherrn, den er so mit Braunschweig und Möllen¬

herausziehen.

sehr überragte, kaum unterzuordnen, und

dorf, die noch unlängst tief unter ihm und jetzt Feldmarschälle waren, Verhältniß zu finden gewußt.

kein richtiges

Auf

Insel, zu Rheinsberg, führte Prinz Heinrich, noch 16 Jahre lang (1786— 1802) ein nur verfeinertes und illustrirtes Eremitenleben. Seine Vormittage waren der Arbeit, nämlich seiner Beschäftigung mit den Kriegswissenschaften und der schönen Literatur gewidmet. Die Werke der Französischen Philosophen und Dichter beschäftigten ihn lebhaft; er schrieb selbst Verse und führte eine ausgedehnte Correspondenz. Seine militairischen Aufzeichnungen sind nicht in die Oeffentiichkeit gelangt. Von den Helden der Französischen Revolutionskriege interessirte ihn nur Moreau. Bonaparte's große Siegeslaufbahn er¬ seiner grünen

während ringsum ungeheure Stürme tobten,

lebte Heinrich nicht mehr; wenn dies aber gewesen wäre,

so

würde

Glück mehr bewundert haben, als seine Verdienste. Nachmittag Den und Abend füllten zn Rheinsberg Tafel und

er gewiß

dessen

Conversation, Concerte und Theatervorstellungen aus. Heinrich liebte weder die Frauen noch den Wein; die Unterhaltung seines Cirkels be¬

Die Hauptpersonen, welche unseren Helden zu Rheinsberg um¬ in der ersteren Zeit: Baron Franz Carl von dem Knese¬ beck, Graf Ludwig von Wreech und Bogislav von Tauentzien, der spätere Graf Tauentzien von Wittenberg, Sohn des Vertheidigers von Breslau, Letzterer als Adjutant. Von 1769 an that Knesebeck, obgleich er gegenwärtig blieb, keinen Dienst mehr, und außer ihm gehörten nur der Hofmarschall Graf Reeder und der Adjutant Graf La Roche-Aymon gaben, waren

i

j

j

zum engsten Cirkel.

-

Letzterer, ein emigrirter Franzose von bedeutenden Eigenschaften, war Heinrich's letzter Adjutant und genoß seiner An¬ erkennung in solchem Grade, daß noch des Prinzen „dernieres

dispositicms“ ihn hervorhoben. Nachmals schrieb dieser Offizier, unter dem Titel: „ Vie privee, politique et militaire du Prince Henri de Prasse, Frere de Frederic II. (Paris 1809)“, die einzige in Betracht kommende Biographie Heinrich's. Er brachte es im Preußischen Kriegs¬ dienste bis zum Generalmajor, glänzte als Reiterführer und Militairschriftsteller, und starb 1849 in Frankreich. Prinz Heinrich trat nach dem Baseler Frieden (1795) in ein glimpflicheres Verhältniß mit dem Könige und erschien wieder in Berlin, aber doch nur selten, kurz vorübergehend und ohne Vorliebe. Daß er auch den Nachfolger Friedrich's noch überleben und über die Grenze eines neuen Jahrhunderts schreiten würde, hätte man nicht geglaubt. Er war, als Friedrich Wilhelm II. 1797 starb, schon 71 und beim ersten Stundenschlag des neunzehnten Jahrhunderts schon 74 Jahre alt; über seine Beziehungen mit König Friedrich Wilhelm III. kann hier nichts mehr gesagt werden.

Dieser berühmte Prinz, der letzte Träger des Fridericianischen Zeitalters, starb am 3. August 1802, und wurde in der Grabmals¬ pyramide des Rhcinsberger Parkes, welche er sich erbaut hatte, be¬ stattet. Die von ihm selbst verfaßte Grabschrift lautet, in's Deutsche übertragen: „Durch seine Geburt in die Wirbel dieses leeren Dunstes gezogen, welchen der Gewöhnliche Herrlichkeit und Größe nennt, dessen

Nichtigkeit aber der Weise zu erkennen versteht; in der

Prosa aller menschlichen Uebel gequält durch die Leidenschaften Anderer, und aufgeregt durch seine eigenen; oft der Verläumdung und Ungerechtigkeit ausgesetzt; luste theurer Verwandten,

gebeugt durch die Ver¬

zuverlässiger und treuer Freunde,

mit der Kunst, WisienSeinen eigenen Thaten die Conversation zuzu¬ lenken, war Heinrich zu stolz; er sah es jedoch nicht ungern, wenn dies in feiner Manier durch Andere geschah. Der regelmäßige Lebensturnus wurde ab und zu durch Besuche, welche man empfing, oder durch Ausflüge und Festlichkeiten variirt. Die Prinzessin Amalie und der Prinz Ferdinand erschienen oft im Rheinsberger Schlosse, und mit ganz besonderer Liebe empfing Heinrich

aber auch oft getröstet von der Freundschaft; glücklich in der Sammlung seiner Gedanken, glücklicher noch, wenn seine Dienste

auch stets seinen Neffen, den blanken und schneidigen Louis Ferdinand,

heit giebt.

welcher schon 4 Jahre nach seinem großen Oheim so tragisch endigen

so habe

schäftigte sich, bei innerer Freiheit, zumeist

schuft und

sollte.

Politik.

Nach

Berlin kam Prinz Heinrich fast gar nicht mehr;

seine

Ausflüge beschränkten

Jede sich meist auf den nächsten Umkreis. Festlichkeit, welche zu Rheinsberg stattfand, hatte ein inneres und geistiges Motiv. Der Jahrestag der Schlacht von Freiberg wurde

alljährlich gefeiert, und am 6. Mai 1787 gab Prinz Heinrich, zum Gedächtniß der Schlacht von Prag, allen Offizieren und Mannschaften des Infanterie-Regiments von Jtzenplitz, welches sich dort unter seiner Führung ausgezeichnet hatte, ein glänzendes Fest. Am 4. Juli 1791 wurde der große Obelisk, welchen Heinrich, gegenüber dem Rheins¬ berger Schlöffe und am jenseitigen Seeufer,

zum Andenken seines

Bruders August Wilhelm errichten ließ, festlich eingeweiht. Der große König hatte jenen Prinzen von sich gestoßen, und Heinrich feierte ihn monumental; Friedrich Wilhelm II., der Sohn Desjenigen, welcher hier gefeiert wurde, ließ damit von dem zurückgesetzten Oheim einige glühende Kohlen auf sein Haupt sammeln.

dem Vaterlande, oder der leidenden Menschheit nützen konnten:

so

ist der Lebensabriß Friedrich Heinrich Lud-

wig's, Sohnes König Friedrich Wilhelms von Preußen, und der Sophie Dorothea, Tochter Georg's I. von Großbritannien. Vorübergehender! gedenke, daß es auf Erden keine Vollkommen¬ ich

Wenn ich nicht der Beste der Menschen sein konnte, auch nicht zu den Schlechten

gehört.

Lob und

Tadel berühren Denjenigen nicht mehr, welcher in der Ewig¬ keit ruht; aber süße Hoffnung verschönt die letzten Augenblicke Dessen, der seine Pflicht gethan hat. Sie ist auch bei mir

in meiner Todesstunde."

Sie enthält viel Weisheit und hohe Gesinnung, viel Bitterkeit und viel Selbst¬ erkenntniß; sie sagt mit wenig Worten mehr, als ganze Bücher sagen könnten und giebt Außerordentliches zu denken. Wenn sich darin kein eigentlich religiöses Wort findet, so darf dies nicht mißverstanden werden. Prinz Heinrich war, wie der große König, der pietistischen Kirchgläubigkeit und dem religiösen Formenwesen abgeneigt, an dem innersten Wesen der Religion haben Beide festgehalten. Wenn Friedrich kurz vor seinem Tode, der untergehenden Sonne gegenüber, auf der Terrasse von Sanssouci aussprach: „Bald werd' ich dir näher sein", so gedachte hier Heinrich seines Ruhmes in der Ewigkeit und seiner Diese Grabschrift vertritt eine Selbstbiographie.

164

Hoffnung in der Todesstunde. Auf wen konnte er in dieser hoffen, als auf Gott den Herrn, und auf was, als auf den jenseitigen Lohn der Pflichttreue?! Literarisch ist Prinz Heinrich, nächst jener Lebensbeschreibung des Grafen La Roche-Aymon, noch durch Heinrich v. Bülow's „Kritische Geschichte seiner Feldzüge" (Berlin 1805, 2 Theile) gefeiert und in allgemeinen Werken, generell oder nach dieser oder jener Richtung hin,

den Leuten schaden zu können.

auf dem Hof behalten.

Gerade auf den Viehstand ihrer Nachbarn hatten es Zauberer

Graf

eine

paralleli— — An dem Denkmal! ein kleines, aber immerhin originales sirt, Fußgestell des Berliner Friedrichs-Denkmales tritt die Reitcrstatue Prinz Heinrich's heraus, und im Garten von Bellevue bei Berlin, welcher früher dem Prinzen Ferdinand gehörte, befand sich ein Bronze-Brustbild

Inschrift kurz

33. (p. 139.) Von Thurneisser („seiner Landart ein Schweitzer, und seines handwercks ein Goldtschmidt, ein durchtriebener, unverschampter, verschmitzter geselle“) erzählt der Chronist: Fs haben viele leute davor gehalten, dass Er die Herrschafft also bezaubert bette, dass sie Ihm so grossen Glauben geben betten, wie es auch wohl vermuthlich, denn Er hat einen Hund gehabt, der stets in der Thür seines gemaches gelegen, den Er allezeit das erste stücke Fleisch auss der Schüssel, wo er gewesen, fürgeworffen, und sind viel der Meinung, dass es malus Spiritus sey gewesen, wie auch der Bube Cornelius Agrippa, welcher de vanitate Scientiarum geschrieben, einen solchen Geist in der Ge¬ stalt! eines Hundes stets bey und umb sich gehabt; und ist glaub¬ würdig , dass nach seiner Flucht derselbe Hund sich auff den Mühlentam solle ins wasser gestürtzet haben. Ein schwarzer Hund mit glühenden Augen war Kunkels Gefährte auf der Pfaueninsel bei Potsdam (von Reinhard, Potsdams Sagen und Märchen p. 137). Der durch Göthe berühmt gewordene Pudel des Br. Faust, welchen das Volksbuch Prästigiar nennt, ist bekannt.

|

angegeben und

|

Friedrich's Lieblingsbruder, sondern auch sein kriegerischer und geistiger

Zwilling war, dem Prinzen Heinrich, welcher die Großmachtsstellung Preußens mit erringen und befestigen half, in Schrift und Erz und Tradition bald derjenige Nachruhm, welchen er verdient hat, in ganzer Fülle zu Theil werden.

Märkische Sagen und Gebräuche.

Schwarze gespenstige, feuerspeiende, an glühenden Ketten liegende Hunde sehr häufig in Sagen aus allen Theilen Deutschlands. Der

Eine Nachlese von Br. ®. Sclto.

sind

(Schluß.)

gelehrte Henricus Cornelius Agrippa von Nettesheim, ein Schützling der

p. 120.)

In diesem Jahre (1559) hat man auf dem

grossen Leuche

künftigen grossen Sterbens gehalten, wie

es

auch der aus-

Statthalterin

der Niederlande,

Margaretha's von Parma, gerietst

wegen seiner tiefen Gelehrsamkeit und seiner staunenerregenden Beredsam¬

bey Bellin an der Fehre viel manspersonen, die keine heupter gehabt, grass mehen sehen, welchs viel gelerten für ein fürspiel eines

Mittelalters vornehmlich abgesehen (Grimm, Myth. Allerlei Lähmung schrieb man den Heren zu; der Hcrenschuß

wurde eben erwähnt.

Heinrich's, ist aber entwendet und nicht wieder herbeigeschafft worden. Möge dem Sieger von Freiberg, dem Fabius des siebenjährigen Krieges, dem hochstrebenden Denker und Staatsmann, der nicht blos

30.

Vieh Der Schmidt in Kl. Beuthen, welcher ihm

und Heren des

Großen Kurfürsten und des Prinzen Heinrich errichten, und dabei

Französische und eine Lateinische

wenn ihn

wie ein Stock werden.

Ludwig von Wreech auf Tamsel, Heinrich's Kammerherr und treuer Anhänger, ließ im Tamsler Schloßparke einen Altar mit den Büsten werden die Verdienste dieser beiden Fürsten durch eine Deutsche,

selbst verschwor sich:

an seinen Bienen geschadet habe, solle verdorren und an seinen Beinen

1025).

Auch seine monumentale Feier läßt zu wünschen übrig.

Er

der Teufel erst geholt habe, solle sein Schwiegervater keine Klaue

besprochen worden.

des



keit in den

Ruf

eines Zauberers.

Die Sage erzählt,

j

zu nennen pflegte, zugerufen:

„Packe dich weg, du arges Thier, du

gang erwiesen.

bist an meiner Verdammung schuld!"

Angelus (cf. Grässe I, 35, Kuhn, märk. Sagen p. 130) berichtet ausführlicher darüber, verlegt den Vorfall aber in die Nähe Berlins. Ich denke dabei an die Bilsen- Binsenschnitter, die Pilwizen, ursprünglich

nekromantisches Halsband

die allmählich zu Unholden geworden sind, und den

er habe kurz

vor seinem Tode seinem schwarzen Hunde Paredrius, den er „dominus“

Wasser gestürzt.

Nachdem er ihm

abgenommen, habe

dann ein

sich der Hund

in das

(Lerchheimer, christl. Bedenken und Erinnerungen von

Zauberei, in Scheibles Kloster

II, p. 214.)

und Hcrenschuß werden ihnen zugeschrieben (Grimm,

34. (p. 126.) Jahre 1567 wurde Hans Frölichs Ehefrau, genannt die „schremige Kathrine", weil sie einen Juden ermordet hatte, in Berlin

W. Müller,

hingerichtet.

gute Geister, Getreidefeldern schaden, auch sonst allerlei Unheil stiften; Weichfelzopf

Myth. 441 ff., Syst. d. altdeutsch. Relig. p. 307). Nach Voigtländischer Sage trägt der Binsenschnitter ein eigenthümliches dreieckiges Hütchen; wird er von Jemand angeredet, so muß er noch in demselben Jahre sterben, oder auch umgekehrt sterben Diejenigen, die zuerst von ihm angeredet, resp. erblickt werden. (Eifel 1. c. No. 550). Nach märkischem Aberglauben verzaubern die Bihlweisen auch das Vieh. (Kuhn, märk. Sagen p. 375, cf. Eisel 1. c.) Gesch. und

In Potsdamer Crimiualaktcn des

vorigen Jahrhunderts ist mehr¬

fach von allerlei Gaukelei und Zauberei die Rede.

31. Eine des Kindesmordes angeklagte Person ließ

Und ist damals eine starcke sage gewesen, dass man Sie etliche tage bette sehen umb den Eabenstein gehn und das haupt in henden tragen, zuvoraus in der Mittagsstunde. Daß Hingerichtete am hellen Tage erscheinen, ist mir sonst un¬ bekannt; wohl aber zeigen sich bisweilen die weißen schatzhütenden Jungftauen am Mittag (Grimm, Myth. 916, 918, 1114). Nach mittelalterlichem Volksaberglauben müssen die, welche ein gewaltsames Ende gefunden, fo lange spukend umgehen, als ihnen ursprünglich zu leben bestimmt war (Hertz, deutsche Sagen im Elsaß p. 33).

35.

sich

im Jahre 1766

von einer klugen Frau „eine Tafle Coffee gießen", um zu erfahren,

im wievielten Monat sie Das Weissagen ans

Im

schwanger sei. dem Kaffeesatz ist auch heut noch

in Uebung.

32.

Der Müller Bäthe in Gr. Beuthen, der im Jahre 1729 wegen Blasphemie und Mißhandlung seiner Frau bestraft wurde, stand nach den Zeugenaussagen allgemein in dem Rufe, durch magische Künste

(p. 114.) Jahre 1552 wurde ein Schneidergeselle in Berlin fälschlich des Diebstahls beschuldigt: Barumb er gehengt worden und zum Zeichen seiner unschuldt lange am Gericht geblut hette. Ebenso berichtet Hafftitz von Kohlhase (p. 104), daß derselbe nach der Hinrichtung lange frisch geblutet habe, daß man das Blut habe auf Papier auffangen können. Wie das Bluten des Körpers nach dem Tode, fo zeigte auch das Ergrünen eines trockenen Reises,

Im

165

in die Erde gesetzten Baumes Das Fortbluten des unschuldig Justi.

das fröhliche Gedeihen eines verkehrt

die Unschuld der Gerichteten an.

ficirten ist analog der fest im Volksglauben eingewurzelten Anschauung, auf's Neue an zu bluten sangen, wenn der Mörder sie berührt. Es ist auch eine Art Bahrrecht, welches

daß die Wunden eines Erschlagenen

darthat, daß kein gerechtes, Gott gefälliges Urtheil gefällt, sondern Auf einer andern Vorstellung beruht ein Justizmord begangen sei. es, wenn aus dem Halse des unschuldig Geköpften, statt Blut, Milch fließt (Grimm, deutsche Sagen No. 479). 36. (Mündlich; von mir bereits in den Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams l. c. p. 364 mitgetheilt.) In einer Pfingstnacht zog ein Potsdamer Fischer in der Nähe der Nedlitzer Brücke mit dem Netz ein prächtiges Schwert aus dem Wasser. Erfteut über den seltenen Fang, wollte er es bergen, seine Kameraden aber warnten ihn, da es ihm Unglück bringen könne, und so warf er es wieder in's Wasser zurück. Angeblich wäre es das Schwert mit räthselhaster Goldinschrift gewesen, welches bei den Baggerarbeiten an der Nedlitzer Brücke am 16. October 1874 gesunden wurde, und sich jetzt, soviel ich weiß, im Märkischen Provinzialmuseum in Berlin befindet. Gaben der Waflergeifter erscheinen stets verhängnißvoll; noch nicht genügend auf¬ geklärt ist die auch sonst sich findende Beziehung zwischen Wasser¬ geistern und Schwertern (Temme, pomm. Sagen No. 252). Pfingsten war in Süddeutschland, aber auch bei den Slaven, den Wassergöttern heilig, die in dieser Zeit ihre Opfer verlangten (Grimm, Myth. 460, 562, 745); sonst spielt im heidnisch-germanischen Festkalender der Johannistag diese Rolle. 37.

Auf

die,

dem Menschen Verderben drohenden dämonischen Be¬

wohner der feuchten Tiefe deutet auch der märkische Name jener Zierde

stiller Seebuchten, der Nymphäe — geister werden häufig,

um

sie

Mummelitzke.

Die

Wasser¬

zu versöhnen und milde zu stimmen,

mit allerlei vertraulichen Namen wie Mummel, Mümmelchen, Mühmchen bedacht; ja die Blume heißt anderwärts geradezu Wasser¬ männlein und wird für eine verwandelte Seejungfrau erklärt (von Perger, deutsche Pflanzensagen p. 160). Man warnt die Kinder, Nymphäen zu pflücken, sonst ziehe sie der Nix in's Wasser; und in That, wenn man die glatten, biegsamen, fest am Boden wurzelnden Stiele ergreift, hat man die Empfindung, als werde man von un¬ widerstehlicher Gewalt in die Tiefe gezogen.

der

38.

(p. 92.)

In diessem Jahre (1528) hat eine Erbare Frawe zu Collen

40. (p. 77.) Dieser Bischofs (Dietrich v. Bülow, Bischof von Leims) hat zu Hoffe einen Ritter gehabt, mit nahmen Sigmund Nieverschrocken, welcher zu Mittenwalde wohl bekandt, daselbst gestorben und hänget sein Schilt noch in der Kirchen. Derselbe, oh Er gleich klein von Person gewesen, so ist er doch eines grossen kecken Muths gewesen, dass er auf keinem gegeben, Er sey so gross gewesen als er gewollt, deshalben ihn die andern am Hoffe alle¬ zeit geneidet, und als der Bischof einmal vorm Gamin gesessen, haben sie ihn gebeten, Er möchte doch den Nieverschrocken zu sich ruffen, als wollten ihn I. F. G. etwas heimliches sagen und alsdann anschnarchen, und wenn er. sich entsetzen würde, hatten sie Ursach, ihn verzagt zu schelten. Der fromme Bischof lässt sich bereden, rufst ihn zu sich, und als er ihn das Ohr hinan hält und der Bischofs ihn grewlich anschnarcht, schlägt er den Bischofs mit der Faust ins Gesicht, dass er mit dem Sessel umhfällt, und sagt; ich meinte, du wärest ein Mensch, so hist du ein Hund worden! und gehet davon. Da nun die andern Diener zulauffen, und den Herrn wieder zum Beinen bringen und mein¬ ten, er würde eine grosse Ungnade auf ihn werffen, lässt Er ihn wieder fordern und sagt: du solt hinfort mein vertrauter Diener sein, auf welchen ich mich kühnlich darf verlassen, denn weil du meiner nicht schonest, wirstu meiner Feinde viel weniger schonen! hat ihn lieber als zuvor gehabt und ist ihme mit allen Gnaden gewogen gewesen. dessen

Name

verwandt anklingt (cs. des Knaben Wunderhorn, Hrsg. v. Wendt,

1873.

AeHnliches wird von Thedel Unversehrt berichtet,

II,

p. 132). Wegen seiner Kleinheit und seines gewaltigen Helden¬ muthes war Graf Conrad von Niederlahngau, der kühne Kurzebold,

in Sagen berühmt (Grimm, deutsche Sagen No. 471. Hertz, 1. c. p. 127, 300. Grässe II, No. 809). Auch das Märd)en von dem, der das Gruseln erlernen wollte, spielt in dieses Gebiet hinein (Grimm, Kinder- und Hausmärchen No. 4). Durch ganz Deutschland ist der Glaube verbreitet, daß in gewiffen heiligen Nächten (St. Andreasabend, Weihnachtsabend, Sylvester¬ abend) dem Menschen eine Frage an das Schicksal freistehe, und vor¬ züglich werden diese Zeiten von jungem heirathslnstigem Volk zu Ehe-

orakeln benutzt, die oft in der wunderlichsten Weise ausgeführt werden,

Wolf, deutsche Sagen No. 356, 357, niederländ. Sagen No. 272. Grimm, deutsche Sagen No. 115 — 118. P. Cassel, Weihnachten p. 273, 275. Nork, der Festkalender p. 704). In Wusterhausen (cs.

a.

D. kennt man

folgendes Eheorakel:

41. (Mündlich.) nimmt man irgend ein hölzernes Gefäß

an der Sprewe einer armen lüsterigen Schwanger frawen ein stück

In

vom Kalbernbradten versagt, welches zum Zeichen Ihrer unbarm-

hertzigkeit ist zum steine worden. Darumb sie denselben aus Papistischer poenitentz hat ins Leichhaus der Cölnischen Kirchen an einer eisern Ketten lassen aufhengen, bis entlieh nach offen¬ barten hellen licht des gütlichen worts, als man auf das Papistische Narrwerck nicht so gross gepast, ein bürger zum Berlin, mit namen Heinrich Spalt, denselbigen herraus genomen und lange Zeit in seiner stuhen hat hengen gehabt, und heutiges tages in Daniel Hubers, weiland Stadtrichter zum Berlin, behaussung noch zu sehen. AeHnliches findet sich bei Grimm (Deutsche Sagen No. 241: zu Stein) und Wolf (Deutsche Sagen No. 196: Fleisch

Brot wird und Brot

werden zu

Stein).

Auch das Folgende als Beispiel

be¬

straften Geizes gehört hierher:

39. (p. 118.) Eben damals hat sich auch die geschichte mit der Edlen frawen in der Marcke zugetragen, die einer armen frawen 1 schfl. rogken zu leihen abgeschlagen und darüber von Gott grewlich ist gestrafft, dass die würme all Ihr Korn aufgefressen haben.

(Eimer

der Neujahrsnacht

oder bergt.), scheuert dasselbe stillschweigend mit einem Strohsich heran und denkt dabei recht lebhaft an die Person,

wiepen an

welche einen interessirt.

Ist

dieselbe einem vom Schicksal bestimmt,

Sie entfernt sich nur, wenn man stillschweigend von Gefäß ebenso das sich weg scheuert. Einem Mädchen bei den Soldaten stand, erschienen; Liebster, der ist einmal so ihr vor Freude hat sie laut seinen Namen gerufen, da ist er trotz alles so

wird

sie

unfehlbar erscheinen.

Scheuerns nicht wieder von ihr gewichen; als ein Schatten „in blauem Rock" ist er stets um sie gewesen, und sie ist bald gestorben. Der Reinigungsprozeß scheint wesentlich für die Beschwörung zu sein; in Luzern kehrt die männersüchtige Maid Nachts um 12 am Andreasabend rückwärtsgehend die Stube aus, um ihren Bräutigam Häufig wird verlangt, daß man zu erkunden (Lütolf 1. c. p. 103). die Beschwörung im

bloßen Hemd

oder ganz

nackt vornehme,

dies auch bei vielen andern Zaubererperimenten gefordert wird.

wie

Dem

Ansichheran- und dann Wiederwegscheuern entspricht das Rückwärtslesen der

Bannformel, *) um eitirte Geister wieder verschwinden zu

*)

(cs.

Mark. Forsch.

VIII

p. 184.)

lassen.

166

42. (Mündlich.)

In

in

derselben Gegend denkt man sich Len Alp als einen Kobold Gestalt eines nicht näher bezeichneten schwarzen Thieres. Man kann

sich gegen ihn schützen, wenn man eine Flachshechel auf die Brust legt mit den Spitzen nach oben. Einem Mädchen, welches dies Mittel anwenden wollte, hat aber der Alp die Hechel umgekehrt, und ihr die

Spitzen in die Brust gedrückt. Der Alp heißt auch Nachtmar, ein Wort, das noch keine ge-

Erklärung gefunden hat (Grimm, Myth. 433), in Nord¬ in der Regel Wahrt (Kuhn u. Schwartz p. 418), woraus in der Altmark ein Marder geworden ist (Kuhn, märk. Sagen p. 374). Anderwärts in der Mark ist es eine Katze, die langsam von den Füßen nach der Brust zu kriecht (mündlich). Zu weit geht meines Erachtens Kuhn (märk. Sagen 1. c.), wenn er unter Alp nur den männlichen incubns, unter Mahre den weiblichen succubus versteht; richtig ist allerdings, daß die Mahre sich häufig als ein schönes weibDazu würde die Katze stimmen, welche eine liches Wesen entpuppt. Das an¬ beliebte Heren-Metamorphose ist (Grimm, Myth. 1051). gegebene Schutzmittel kennt man auch in der Urschweiz (Lütolf 1. c. nügende

deutschland

p. 117).

43. (Mündlich.) Ebenfalls in Wusterhausen erzählt man den s. g. Vorkiekern: Es giebt Leute, welche stets eine gewisse Zeit vorher wissen, wann Jemand im Orte sterben soll; sic sehen nämlich vorher aus dem be¬ treffenden Hause einen Leichenzug herauskommen.

Hierzu ist zu vergleichen Wolf, nieder!. Sagen No. 320, Sagen No. 341, 379, 382. 44.

Im

ganzen späteren

Mittelalter, und

auch jetzt noch,

deutsche

war der

Glaube verbreitet, daß man durch gewisse Mittel sich hieb- stich- und schußfest machen könne; man nannte dies die Passauer Kunst, weil der Scharfrichter Kaspar Neidhart zu Pasiau im Jahre 1611 dieselbe in größerem Maßstabe betrieben haben soll (Birlinger, 1. c. Ip. 484). Inter¬

Laden 2 junge hänlein, so aller erst für 2 oder 3 tagen aus¬ geheckt, den gantzen tag und folgende nacht (welchs doch ein ungewöhnlich ding ist) gekrähet, derhalben es auch von Jeder¬ mann für ein gut und gar glücklich Zeichen des zukünftigen siegs ist gehalten worden. Leutinger erwähnt im Vorübergehen dieses Vorfalls (es. diese Zeitschrift II p. 15), mit der unsagenmäßigen Variante, daß junge Hühner gegackert hätten. Klassische Vorbilder können ihn kaum inducitt haben, da den Römern bereits der cantus galiinae ein un¬ günstiges Vorzeichen war. Nach deutschem Aberglauben bedeutet das Krähen des Hahnes Glück, das Schreien der Henne Unglück (Grimm,

Myth. 1087). 46. (Mündlich.) Den Schluß möge eine aus der Altniark stammende Thiersage machen.

Hamster und Igel waren gute Freunde. Ersterer hatte sich zur Winterszeit eine warme Höhle bereitet, während der Igel es leicht¬ sinnig versäumt hatte. Er suchte daher Zuflucht bei seinem Freunde, der ihm auch bereitwillig ein Plätzchen an seiner Seite einräumte. Während der Hamster in sanftem Winterschlaf lag, begann der Igel sich auszudehnen und mit seinem Stachelkleide dem Hausherrn lästig zu fallen. Anfangs ahnte dieser nichts Böses, kratzte sich, wenn es ihn stach, und sprach zwischen Wachen und Träumen: Das werden doch keine Flöhe sein? Schließlich trieb es der Igel so arg, daß der gutmüthige Wirth dem frechen Eindringling die Höhle räumen mußte. Abrahanr a Santa Clara (auserlesene Werke, Wien und Leipzig 1846. I, p. 52) erzählt dasselbe vom Hasen und Igel. Dem gesammten Alterthum war der Igel in feiner Fürsorge für reichlichen Wintervorrath das Vorbild eines guten Hausvaters; ebenso erscheint er im Deutschen Thierepos; die s. g. Ecbasis schildert ihn als reichen Burgenbesitzer aus altköniglichem Geschlecht. Zugleich war er aber unsern Vorvätern (auch Älian nennt ihn einen Schelm) Symbol bos¬ hafter Schlauheit: per ericium malitiosi siguificantur, womit zu¬

Kurfürsten, v. Buch, in seinem Tagebuche anläßlich der Einnahme von Rathenow darüber zu berichten weiß, (ok. Kähler, der große Kurfürst. 1875. p. 175, Ave-Lallemand, das Festmachen gegen Hieb und Schuß, im „Haus¬ freund" Bd. XVIII. p. 188 ff.): Die Unfrigen hatten viel Mühe mit Einigen, ja selbst der größte

sammenhängt, daß Reinmar v. Zweier ihn von

Theil davon war, wie man sagt,

der lange

essant ist, was der kluge Kammerherr des großen

glauben wollen, daß

fest, was ich bis jetzt niemals habe

es solche Leute

gäbe; ich habe es aber

mit meinen

Augen gesehen; sie hatten 10 oder 12 faustgroße Wunden auf dem Rücken und Bauch, und wurden endlich nur mit Kolben getödtet oder mit Knüppeln. Lehrreiche Beispiele von solchen „festen" Leuten geben Birlinger (I. c. I p. 110) und Grimm (Deutsche Sagen No. 256). Auch die Sage vom Nothhemd gehört hierher. eigenen

Von wunderbaren

rühmen läßt:

min hüt ist linde; seit ich ez bi dem eide sagen, sie möchte ein kaiserinne tragen ze nächste an

ir.

Ja, Abraham a Santa Clara vergleicht ihn, unter Benutzung in

den Naturgeschichtsbüchern spukenden Fabel, daß er seine

Stacheln wie Pfeile schleudern könne, mit dem Verleumder. Diese beiden Charaktereigenschaften: Häuslichkeit (auf Kosten Anderer) und Schlauheit, legt ihm auch unsere altmärkische Sage bei, die um so interessanter ist, als des mhd.

sie

erwünschtes Licht auf eine bisher dunkele

Dichters Spervogel

Stelle

wirft:

Weistu wie der igel sprach? „vü guot ist eigen gemach!“

Zeichen und vordeutenden Erscheinungen, Ko¬

meten, geharnischten Männern, Schwertern und Fahnen am Himmel

weiß unser Chronist viel zu berichten; ich habe das Alles als Aus¬

geburten einer erhitzten Phantasie oder als ungenau beobachtete Thatsachen übergangen.

sich selbst

Nur zwei auguria seien mitgetheilt wegen ihrer unleug¬ mit den germanischen Thierorakeln.

baren Verwandtschaft

44. (p. 90.) Anno Christi 1525 hat man öffentlich in lüfften die krähen mit einander kriegen und kempfen gesehen und gehört, dass auch etliche davon sind todt auf die Erde herunter gefallen, welches sonder Zweifel des aufiauffs und tumults der auffrhürischen Pauren, so dis Jahr darauf erfolgt, ein Fürspiel ist gewesen. 45. (p. 99.) Als Kurprinz Joachim im Jahre 1532 zum Türkenfeldzug aus Berlin auszog:

Mit

Adalbert Kuhn's Worten habe ich diese „Nachlese" ein¬ sie mit den Motten Kuhn's, die, wie eine Pro¬ phetie in einer politisch-erregten Zeit geschtteben, in welcher die Morgen¬ röthe deutscher Einigkeit dämmette, ohne daß damals die hochgespannten Ermattungen der Zeitgenossen erfüllt worden wären, erst jetzt ihre volle Verwirklichung erreicht haben: „So mögen denn diese Blätter hingehen und von der alten ver¬ geleitet, ich schließe

gangenen Zeit zeugen, aber indem sie das Leben derselben als in der Gegenwatt noch nicht ganz erstorben nachweisen, mögen sie zugleich eine Mahnmig sein, recht bald alle noch übrigen, die an den noch hie und da grünenden Aeften des einst gewaltigen Baumes sitzen, zu

sammeln,

ehe sie

der

Sturm unwiederbringlich dahinrafft

Ist

das

dann mag die Windsbraut der neuen Zeit den morschen Stamm zerschmettern, ein neuer Baum erhebt sich, herrlicher und

geschehen,

kräftiger, der seine Zweige über das ganze, einige Vaterland aus¬ breitet; möge es denn unter seinem schützenden Dache einer glücklichen Zukunft entgegengehen. “

stets zur vollen Geltung kam, weil ihm damals viele, nicht zu unter-

Seite standen!"

schätzende Nebenbuhler zur

„Ein Einwand,

den wir auch gegen Madame Wolff äußerten, ihr streng zurückgewiesen wurde. Schiller sei von Allen, behauptete sie, mit wahrer Liebe getragen worden, wie dies durch sein

der aber von

Berliner Theaterplaudereien aus

den zwanziger

Jahren.

liebenswürdiges, anspruchsloses Wesen auch gar nicht anders möglich Besonders sei Göthe darin Allen vorangegangen, denn, selbst

gewesen.

(Fortsetzung.)

Baron M. hatte seinen Hausarzt durch den Tod verloren und, in Folge unserer gleichen Verehrung für das Theater ihm näher getreten war, mich zum Nachfolger deffelben ausersehen, — ein Amt, da ich

das, wie sehr es mich auch ehrte, doch meine Zeit vielfältig

in Anspruch

nahm; indem der Baron bei meinen Besuchen weniger von seinem Gesundheitszustände, als von Theaterangelegenheiten sprach. Heute erwartete er mich gewiß

mit Ungeduld, um

sich

nach der gestrigen

Aufführung von „Isidor und Olga" auszusprechen. „Nun Doktor, gut, daß Sie kommen! Haben Sie heut' die schöne

den armen

legte ich

Hut und Stock

„Ja

gegenüber und sagte gleichmüthig:

Seite, wohl!" bei

setzte

Auch war Göthe nicht so unnahbar, fuhr sie fort, wie man ihm oft

schon

und

„Wie haben die Darsteller aber auch gespielt!" fiel der Baron «in. „Wie glänzten in feuchtem Schimmer die Augen der Damen, wie ernst und sinnend folgte das männliche Auditorium dem Gange des Stückes; ja selbst die scharfe linke Sperrsitzecke, wo, wie wir sie nennen wollen, die Dilettanten-Kritiker sitzen, selbst sie waren schweigsam

unter ihnen, ließ es sich jedoch auch gefallen, wenn diese, zuweilen mit Ostentation behauptete Ruhe aus die natürlichste Weise unter¬

begann er nach einer

„Am Arme des Baron Litwitz, auf dem Wege zu Lutter." „Litwitz, mit dem Regenschirm", lächelte der Baron, „gehört Lutterclub? Nun, wie nahm Devrient Ihre Bewunderung

entgegen?"

„Ich

lieh derselben keine Worte, sondern suchte nur durch eine

tiefe Verbeugung meine Verehrung auszudrücken. Er erwiederte sie zerstreut, schien mit der heutigen Rolle schon beschäftigt zu sein, denn

in

seinen Augen lag jene scheue,

sie

heut Abend wiederfinden werden."

furchtsame Freundlichkeit, wie

wir

„Ja,

wer würde in dem armen Pantoffelhelden heut' Abend, den von gestern wiederkemien! Und die Wolfs! Wie vortrefflich versteht sie es, das Unangenehme, ich möchte sagen das Widerwärtige der Rolle zu mildern, und die Wirkung mehr in's Komische hinüber zu spielen. Man merkt es ihr jetzt an, daß sie mit Freuden die

Ossip

unsere ist.

Das war nicht immer so;

sie

soll

sich

anfänglich nicht

heimisch bei uns gefühlt haben."

„Wenn Madame Wolff

hatte aussprechen lassen.

sich

wir Alle andächtig diesen lebhaft vorgetragenen Erinnerungen. Sic nur, Herr Baron: Schiller in frohem Jugendmuthe ge-

so lauschen

kannt, mit ihm vertraulich verkehrt zu haben, unter seiner Leitung die erste „Jungftau von Orleans", wie bei vielen ersten Aufführungen seiner Dramen betheiligt gewesen zu sein, muß das nicht für ein ganzes langes Leben ausreichender Genuß sein?"

„Freilich wohl! Aber

vergessen

Als nun ini Jahre 1806

Sic

der Kanonendonner

beliebte es Göthe, wenigstens äußerlich, keine Notiz davon zu nehmen. Wie gewöhnlich waren wir, wenige Bevorzugte, um ihn versammelt,

Nur mit Widerstreben war ich — damals eine sehr junge, lebhafte Frau — an jenem Tage zu ihm gegangen; aber Göthe hatte befohlen, und so mußte ich gehorchen.

ein Stück oder Gedichte vorzulesen.

Ich hörte und sah nichts! Als ich aber nun lesen sollte, und der Donner der Geschütze das Haus, ja den Stuhl, auf dem ich saß, erbeben ließ, war es mit meiner mühsam erkämpften Ruhe vorbei. Aufspringend und das Buch zur Erde werfend, rief ich vor Erregung zitternd: „Nein, Herr von Göthe, das dürfen Sie mir nicht übel nehmen! Während draußen bei Jena die Menschen zu Tausenden erschoffen werden,

kann ich nicht Gedichte lesen!"

nicht, daß Schiller wohl nicht

Damit war

ich zur

Thür hinaus. „Und Göthe?" fragten wir einstimmig. herzliches Lachen

verhinderte ihre augenblickliche Antwort,

— mir war, als

sähe ich die lebhafte junge Frau vor mir, so launig blitzten die braunen Augen uns an, — Göthe zuckte die Schultern und äußerte zu meinen mir erstarrt nachblickenden College»: „Amalie ist eben eine Schauspielerin und — Schauspielern muß man Vieles nachsehen." Damit stand die Erzählerin auf, musterte vor dem Spiegel ihr Kostüm und fuhr seufzend fort: „Ja, es war eine schöne, eine große Zeit, damals in Weimar! Könnte ich es Ihnen nur so recht anschaulich machen, welch' ein humaner, ich möchte sagen naiv-kindlicher Sinn oft jene hohen Geister beseelte und uns leider verleitete, das Gewohnte nicht nach seinem vollen Werth zu schätzen. Ich hatte Briefe von Schiller, Göthe, Herder, Wieland und Anderen erhalten — wo sind sie geblieben? Was machte Amalie Maleolmi sich damals aus all' den Perrücken und Zöpfen? Freilich, Amalie

dann sagte

Wolff

sie

würde

„Und

sie

Umgang an, den

Zeit

heut' anders zu würdigen wissen!"

doch merkt

man ihrer Iphigenie, ihrer Sappho wohl den und wenn sie, bescheiden genug, ihrer

sie genossen;

auch nicht genug gethan zu haben

meint,

Schöne und Edle davon ihr doch geblieben.

hier fremd fühlte, so möchte ich dies durch die große Vergangenheit, die hinter ihr liegt, gerechtfertigt finden. Wenn sie gut gelaunt ist, und von dem Leben in Weimar erzählt, Denken

den

mehr, als dieser ihm achtungsvoll und schmeichelnd seine Anerkennung

Ein

Pause.

auch zum

Es ist bekannt, daß Göthe in Napoleon mehr

brochen wurde.

und ernst geworden."

Devrient?"

versanunelte um sich die verschiedensten in seiner vornehmen Ruhe als König

Menschen, und thronte allerdings

der Schlacht bei Jena zu uns herüber drang und uns erzittern machte,

mich ihm

„Und wo, Doktor, wo?" „Madame Stich und Herrn Wolff im Schauspielhause, wo ich den Garderobe-Inspektor Gasparini sprechen wollte, und die Anderen auf der Probe sah. Beide fühlte» sich sehr beftiedigt von der gestrigen Ausnahme des Stückes, und um so mehr, als dies Gefühl noch gehoben wurde durch das Wohlwollen Sr. Majestät des Königs, welches er allen Betheiligten aussprechen ließ."

„Und wo trafen Sie unsern

Er

zum Vorwurf machte.

hervorragenden Geist, als den Unterdrücker Deutschlands sah; um so

Olga-Stich, den rachsüchtigen Ossip-Devrient Isidor-Wolfs gesehen?"

Lächelnd

wenn er Schiller weniger geneigt, sei er doch viel zu stolz, zu selbst¬ bewußt gewesen, um auf irgend ein Menschenkind neidisch zu sein.

so

ist das wahrhaft

Nun, was

sehen Sie Doktor, wir haben noch Zeit bis zur Theaterstunde; oder wollen Sie noch zu Stehely?" „Nein, nein", fiel ich eifrig ein, „der Besuch bei Stehely, ist mir für's Erste gründlich verleidet worden." „Ei, der Tausend, wodurch Doktor, wodurch? Stehely, die „neutrale Schweiz", wie ich die kleine, einladende Conditorei nenne,

nach der Uhr,

«eil

die heterogensten Geister sich dort ftiedlich und freundlich zu¬ sammenfinden —

„Eine Neutralität, die Herr von bringt!" fiel ich verstimmt ein.

Maltitz

täglich mehr in Gefahr

168 „ Nun, was hat es denn gegeben? Reden

„Ich trat

schon

Sie!"

Lemm einer ist, muß man nur gastiren lassen, wenn man

Daß der

Inhalt

eigene

begleitet,

Ihnen Ich verließ also verstimmt

deutsche Zustände

wohl nicht zu sagen, denn

brauche ich

Sie

kennen den

war,

Mann.

„Der Intendant mag in seinen, Verhältniß nicht Unrecht haben. Es ist mir aber doch lieb, daß wir in Berlin weniger begrenzten Ansichten huldigen dürfen. Unsere Künstler können sich niit den be¬ rühmtesten des Auslandes meffen; es hat ihnen nicht geschadet, wenn wir einem Eßlair, einer Sophie Schröder zugejubelt; die reiz¬ lose Lindner durfte der schönen Neumann so zu sagen auf dem Fuße folgen, ohne das Urtheil eines kunstsinnigen Publikums zu scheuen;

denn wohin soll es führen,

den Laden,

wenn dergleichen bei öfterer Wiederholung die Maske des Scherzhaften

abstreift?"

„Sie

haben Recht, Doktor!

Ich

sehe den

kleinen

Maltitz

sonst

gern; er ist ein Ehrenmann, der es nur zuweilen beklagt, daß feine oft irrthümlichen Ansichten und Meinungen, die er natürlich für die allein richtigen hält, nicht zur Geltung kommen. So hat er sich oft

und wenn wir entzückt den Tönen eines

beklagt, daß man sein Stück „Hans Kohlhaas" von der Aufführung

gelauscht,

Endlich ist

ausgeschlossen.

Leistung

der kranke

Eduard Devrient's,

und die Hauptscene des Stückes, als

so

Verlegen wandte ich niich dem Fenster zu, um ein Lächeln zu des Barons naives Abschweifen von dem Thema

sie

denke, was wohl weniger Enthusiasmirte sagen möchten,

uns hörten." lieber

Gott, Doktor, Sie meinen, man würde uns

Kein Licht ohne Schatten! Warum aber sollen wir, wenn wir im Sonnenschein wandeln, des Schattens gedenken? Glauben Sie mir, mit zunehmendem Alter und richtiger Einkehr in uns selbst werden wir milde Richter. Doch nun lassen Sie uns gehen!"

Auf der

„Aline, Königin von Golkonda" Hoguct und Rönisch ihn

die schöne

solche

aber man hat es ihm abgeschlagen." !

ten

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der burgisch

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Leniiöre,

Als wir uns trennten,

(Fortsetzung folgt.)

Kaupt-Depot

das

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Männer fehlen möchten, die allem künstlerischen Schaffen zum

Alfred Weile, Buchhandlung, Berlin SW., Puttkamer Strasse Nr. 8.

Stadt und Land auf

zu sprechen; wie die

Gedeihen nothwendig sind.

ja nicht möglich!" „Herr von Lüttichau äußerte: Vorzügliche Künstler, wie Herr

Hakender für

es

vermochte ich den Wunsch nicht zurückzudrängen, daß dem Theater nie

„Doch nicht! Allerdings beabsichtigte er, dort Gastrollen zu geben,

o

Baron

dem Wege nach dem Schauspielhause konnte der

nicht unterlassen, mit Entzücken von der gestrigen Balletvorstellung

„Er ist seit einigen Tagen zurück", erwiederte ich. „Er war ja wohl in Dresden? mich dünkt, davon gehört zu haben."

1>

der

Uebertreibung zeihen, uns Vergötterung vorwerfen?

in mir hervorgerufen hatte. „Nun, Doktor", fuhr er fort, „was starren Sie so zum Fenster hinaus, haben Sie auch Roffe unten stehen?" „Nein, Herr Baron, ich bin nicht so glücklich; ich grüßte um Herrn Le mm, der eben vorüberging." „Ist Le mm nicht auf Urlaub? ftagte eifrig der Baron, sichtlich ftoh, Maltitz und Kohlhaas hinter sich zu haben.

Deutschen D e i ch s

Haizinger

eine

„Du

unterdrücken, das

„Abgeschlagen? Mann, das ist

eines

ironisch?"

wenn

Baron auf.

wir

„Ich

mehr? frage ich."

der

Wild,

waren wir uns doch vollkommen der Verdienste unseres

Stümer, Bader

wenn

Kohlhaas vom Fenster in den Hof hinabsieht und jubelnd in die Worte ausbricht: „Junker von Zaschwitz, füttert meine Rosse!" wurden vom Publikum mit donnerndem Applaus begrüßt. Was will er denn

„Was!" fuhr

so

und Mantius bewußt. Denken Sie nur, Doktor, Schachner nicht gehört haben sollten, weil die Milder unser eigen ist! Wenn Sophie Müller uns ftemd geblieben wäre, weil Auguste Stich daffelbe Fach spielt! Doch, was lächeln Sie

worden; Rebenstein war Kurfürst eine hervorragende

es doch gegeben

ein vortrefflicher Kohlhaas;

die

am Hoftheater zu

seiner Rede, von grotesken Bewegungen

auf Deutschland und

kein Loblied

für

Bühne gewinnen kann. Berlin engagirt ist, und ich für sein Fach im Augen¬ blick keinen ihm würdigen Gegner besitze, so muß ich es vermeiden, im Dresdener Publikum Wünsche zu erregen, die zu erfüllen ich nicht im Stande bin."

unter wüstem Stimmengewirr in den Laden, und

gewahrte gar bald, daß Herr von Maltitz der Hauptredner war. Endlich hob man ihn auf einen Stuhl, um ihn deutlicher sehen und hören zu können.

sie

Da nun Herr Lemm, lebenslänglich

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Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck von

Julius Bahlke

in Berlin.

vr. Brecht, Prof. vr. 'Paulus

Unter Mitwirkung von

Zidicin, Kheod. Iontane, Geh. Regier.-Rath Freiherr Schneider, Archidiaconus Schwebe! in Cüstrin rc. rc.

Kassel, Stadt-Archivar

Geh. Hofrath

L.

George

Mtl

vr.

von Ledebur

herausgegeben von

und

Jerdinand Weyer.

Ta8 Blatt ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch-die Expedition (Puttkamerstr. 8) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Verlagshandlung von Alfred Weile in Berlin zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro 8gesp. Petitzelle 25 Pfg., werden von den Herren Haasenstein u. Vogler, Rud. Mosse,

Beruh. Arndt,

sowie von der Verlagsyandlung (Puttkamerstr. 8) entgegengenommen.

Ueber Berlinische und Märkische Hinrichtungswerkzenge im Märkischen Provinzial-Museum au Berlin, von Ferdinand Meyer. Mit Abbil¬ dungen von Ed. Krause. — Der Stralauer Fischzug, von Richard Böringuier. lSchluß.) — Das goldene Civil-Ehrenzeichen der Gemeinde Lunow und Stützkow. — Stadt und Burg Lenzen an der Elbe, von Ferdinand Meyer. III. — Miscellen.

Inhalt.

Ueber Lerlimsche und Märkische Hinrichtungswerkzeuge im Märkischen Provinzial- Museum zu Berlin. Bon Feräinaml

Mit Gine für

die

Kulturgeschichte hochinteressante

Wand

-

Abbildungen von Ed. Krause.)

Wenn Du in Tugend Dienste übest wohl, Spandovia MCCCXXXIY.

Dekoration,

wie solche durch unsere Abbildung in Vis der natürlichen Größe ver¬ gegenwärtigt wird, fesselt die Aufmerksamkeit des Beschauers in ganz besonderem Grade. Jahrhunderte mit den Bildern einer oft grausamen Rechtspflege ziehen beim Anblick dieser Richtwerkzeuge an unserm Geist

vorüber, und gewähren das Material zu einer Statistik von Verbrechen und Strafgerichten, dessen erschreckende Reichhaltigkeit — im Hinblick

auf die damaligen Bevölkerungsverhältniffe — die sogenannte „gute alte" Zeit keineswegs wieder herbeisehnen läßt. Selbstverständlich können wir nur bei den Todesstrafen verweilen, wie solche durch die in Betracht kommenden Hinrichtungswerkzeuge vollzogen wurden. Der Feuertod, das Braten in der eisernen Küpe, die Strafen des Einmauerns, des Lebendigbegrabens, des Säckens oder Ersäufens und des Hängens — zuerst „mit der Weide strafen" be¬ zeichnet, weil man die Zweige derselben, zu Stricken geflochten, ur¬ sprünglich in Anwendung brachte, — so wie die verschiedenen Arten

Folter oder Tortur müssen unerörtert bleiben, da von den Peinigungs¬ mitteln derselben bis jetzt leider keines hier vorhanden ist. Von einem, schon in der frühesten Zeit zur Anwendung gekommenen, der sogenannten der

„eisernen

Jungfrau",

ersehen

wir

aus einem Inventar, daß dieselbe

im Jahre 1718 in dem Gefängniß des Stadthofes, dessen Terrain von dem heutigen Großen Friedrichs-Waisenhause in der Stralauer-

noch

straße eingenommen wird, sich befand. Das älteste unserer Hinrichtungswerkzeuge ist das

Spandauer

Es ist ein Geschenk des dortigen Magistrats, und trägt auf der vorderen Seite die Inschrift:

Richtschwert (Fig. g.),

aus dem Jahre 1334.

Dies Richtschwert

Auf

Dir

nicht treffen soll.

der Rückseite:

könovatum Spandow 1833. Seine Länge, einschließlich des Griffes, beträgt 1,20 in., die Breite der Klinge 6 cm. Enthauptungen mit dem Schwert wurden in jener Zeit, und auch später noch, an Mördern, Brandstiftern, Räubern, Friedensbrechern und allen Denen vollzogen, welche

sich der

des Ehebruchs schuldig gemacht hatten.

die

Saat zum vierten Male mit

Freiheitsberaubung

so

wie

Auch sollte jeder Hirte, welcher

den Schafen

zur Unzeit behüten

würde, ohne Gnade hingerichtet werden.

Mit

welcher furchtbaren Strenge die „wisen und creftigen" Rath¬

mannen zu

Berlin

die

Kriminal-Justiz vom Jahre 1391 bis

zu

1448, handhabten, geht aus den stattgefundenen 114 Erecutionen hervor, unter denen sich 22 Enthauptungen durch Für jede dieser Letzteren erhielt der Scharf¬ das Schwert befanden. richter 5 Schillinge. Die Annahme und Vereidigung desselben erfolgte übrigens erst nach abgelegter „Blutprobe" oder dem Meisterstück im Kopfabschlagen. Deshalb begab sich der „Jungmeister" — wenn er

deren Entziehung,

in

jenen abergläubischen Zeiten nicht zu anderen vermeintlichen Hülfs¬

mitteln griff, um seine Zaghaftigkeit zu überwinden — mit den: Schwert unterm Mantel in die Kirche, um durch ein Gebet sich zu stärken.

Gleichwohl wirkten zuweilen mancherlei äußere Umstände aus

das Mißlingen der Hinrichtung ein, so daß der Scharfrichter von den.

**)

megten Volke das Schlimmste zu gewärtigen hatte. Ein Beispiel läßt sich aus dem Jahre l 655 anführen, als ein Schmied, Namens Sprenger, in Berlin wegen Diebstahls gehängt werden sollte, kurz vor der Execution aber zum Tode durch das Schwert begnadigt wurde. Der hierauf nicht vorbereitete Scharfrichter Gottfried hieb zweimal, und schnitt erst beim dritten Male mit dem Schwerte den Kopf her¬ unter. Noch in einem Berliner Lehnsbriefe vom 28. August 1728 heißt es: der Pöbel solle den Scharfrichter wegen derartiger Fehler nicht mißhandeln — die Obrigkeit bestrafe ihn. Noch im 16. Jahr¬ hundert mußte er, um vor Andern erkannt zu werden, einen wei߬ grauen Hut mit rother Binde, nach später erfolgter Ablegung desselben aber sein Schwert, als Erkennungszeichen, im Arme tragen. Alles was er, neben dem Körper eines Selbstmörders stehend, mit diesen! seinem Schwerte ringsum erreichen konnte, war in älterer Zeit sein Eigenthum. Das Berlinische Richtschwert (Fig. a), 1,05 in. lang, 6 cm. in der Klinge breit, trägt auf beiden Seiten die gleiche (incorrecte)

ohne der

Jahreszahl. früheren

Rüstkammer

(dem

heutigen

bis 1701, in welchen Jahren die Berliner Bevölkerung von 6000 bis auf 29,000 Köpfe stieg, 134 Todesvollstreckungen statt; unter ihnen 66 Enthauptungen durch das Schwert, und nur eine mittelst des Rades.

Als Beigabe zu

alten Gebrauche nicht mehr als deren

sich

einhundert mit

die Abnutzung

gefundene Fessel.

in

Zeitraume

der

wurde nach

jeder Erekution ein Thaler gezahlt.

Das Richtschwert aus Schwedt (Fig. h), 1,13 m. lang, 5,5 cm. breit, trägt ebenfalls eine gleiche Inschrift auf beiden Seiten:

Yive la Justice,

Möglicherweise haben wir es hier

!

wir aus

9 Frauen

Vilter.

unteren Ringen befestigt,

während zwei Gehülfen des Scharfrichters Körper, im Augenblick des Todesstreiches, mit an den Füße« befestigten Stricken nach sich zogen. Die Todesart des Rädern s stand in frühester Zeit auf Brand¬ den

stiftung mit Mord, auf Raub, Kirchen- und Kirchhofsdiebstahl, so Diese Strafe wurde überhaupt nur an Männern vollzogen, und der Leichnam im Verfchärfungsfalle auf das Rad

wie auf Verrath. geflochten.

Fig. c giebt uns die Abbildung eines solchen — 0,98 m. im Durchmesser, — das in Berlin zur Anwendung gekommen. An einem Theil der oberen Fläche (1. 1.) mit einem scharfen (Holz-) Kamm versehen, griff der Scharfrichter in die Speichen und schlug damit auf die Gliedmaßen des Delinquenten; zuerst, wenn die Hin¬ richtung „von unten herauf" erfolgte, auf das linke Bein und den rechten Oberarm, dann auf den linken Oberarur und das rechte Bein. Drei Schläge zermalmten hierauf die Brust. Bei dem Rädern „von

Jahre 1391

dem vom

in diesem wegen Diebstahls lebendig begraben daß

Der Ztralauer Fischig?) Vortrag, gehalten in der Wanderversammlung des Vereins für Geschichte Berlin's in Grünau, am 24. August 1876, von Ri-liarä Löriaguier, 8tuä. für.

Bis

Die Hinrichtungen mit dem Schwerte erreichten in Berlin zu Anfang dieses Jahrhunderts ihr Ende. In einer Concession vom Jahre 1815 wird dem Scharfrichter nach jeder Hinrichtung mit dem Beile 1 Thlr. 15 Gr. für die Abnutzung desselben zugesichert, während er für die Vollziehung selbst 5 Thlr. erhielt. Die letzte öffentliche Hinrichtung mit dem Beil fand in Berlin 1839 an dem Mörder Gurlt statt, und zwar auf dem heutigen Garten¬ platz, von wo am 5. Juli 1842 das Hochgericht entfernt wurde. Fig. b zeigt uns das (Reindel'sche) Berlinische Richtbeil; Fig. i dasjenige aus Schwedt, nebst Futteral (Fig. Ir) — letzteres ebenfalls ein Geschenk des Herrn Vilter. Der Berlinische Richtblock (Fig. d) mit der Spur eines Beil¬ hiebes (2. 2.), 0,64 m. hoch, enthält oben die Vertiefung für das festgeschnallte Haupt des hinter dem Block knieenden Delinquenten. Die Arme desselben wurden bei den Handgelenken an den beiden

in einem

wurden.

1720.

und ist ein Geschenk des Herrn Kommissionsraths

6, eine Ber¬

mit einer „Ein¬

bis 1448 geführten Verzeichnisse bestrafter Personen,

jedem Schwerte

desselben

wir, Fig.

am Tegeler See

mauerung" zu thun, aus welche Strafe schon eine Berlinische Nach¬ richt vom Jahre 1433 hindeutet, nach welcher ein Lorenz Biberstorp im Thurme starb. Hiermit wäre auch das Auffinden menschlicher Gerippe in den vermauerten Kellerräumen, die man 1720 beim Ab¬ bruch des alten Gefängnißthurmes (jetzt Spandauerstraße Nr. 21) vorfand, in Verbindung zu bringen. Welche Verbrechen durch einen solchen Hungertod gesühnt wurden, läßt sich wohl schwer¬

j

Für

k eine

unterirdischen Gewölbe, und zwar bei einem menschlichen Gerippe vor¬

Breiten Straße). Vom Scharfrichter Coblentz bis aus den Enkel vererbt, diente dasselbe zu 196 Hinrichtungen, obgleich nach einem vollzogen werden sollten.

diesen Werkzeugen finden

liner Hand- und Fußschelle; Fig.

lich noch feststellen; dagegen ersehen

Marstallgebäude in

Nach Wendlandt's Auf¬

17 Personen die Todesstrafe des Räderns.

j

Ein älteres, mit silbernem Griff, befand



zerstoßen,

zeichnungen fanden dann von 1648

Inschrift: SOLE DEO GLORIA

Brust zuerst

doch ging in beiden Fällen gewöhnlich eine unvermerkte Erdrosselung vorauf. In dem vorerwähnten Zeitraum, von 1391 bis 1448, erlitten

oben herab" wurde die

die

(Schluß.) dahin hatte am Feste gar keine polizeiliche Beaufsichtigung

stattgefunden.

Man sieht hieraus,

daß die

nicht sehr bedeutend gewesen sein konnte.

Betheiligung der Berliner

Bald wurde dies anders.

Alle Thatsachen weisen bestimmt darauf hin, daß erst seit dem Jahre 1780 sich eine allgemeinere Theilnahme an dem Stralaucr Feste ent¬ wickelt und von der

Hof

Jahr

zu

Jahr vergrößert hat.

Erst dadurch, daß

diesem Feste seine Aufmerksamkeit schenkte, und die städtischen

Behörden demselben einen feierlichen Anstrich zu geben

sich

bemühten,

fing es an, in den Augen der Menge eine Bedeutung zu gewinnen. Zuerst mochte nur Neugierde zum Besuche des Festes gereizt haben,

bis das Anziehende eines bunten Gewühls in einer anmuthigen, ftischen

Im Jahre nöthig, mit polizeilicher Beaufsichtigung nicht zurückzubleiben, und nian sandte einen Kreislandreiter mit mehreren Gehilfen dahin. Dieses Jahr führte einen neuen hohen Besuch dem Feste zu. Es weilte damals in Berlin Herzog von Port"), zweiter Sohn Georgs HI. von England, der Bräutigam der Prinzessin Friederike, ältesten Tochter Friedrich Wilhelms II.'") Es war damals eine glänzende Zeit am berliner Hose, — es war, als ob der Glanz der alten, absoluten Monarchien, bevor die Folgen der französischen Revolution über sie herstürmten, noch einmal in ihrer vollsten Glorie strahlen sollte. Da¬ mals fing sich an die erste Coalition gegen Frankreich zu bilden, und die Verbindung"") des Herzogs von Jork mit der Prinzessin war ein Mittel zum Bündniß zwischen dem englischen und preußischen Hofe. Man suchte dem Herzog alle möglichen Aufmerksamkeiten zu erweisen. Welch' größeres Vergnügen konnte man ihm, dem geborenen Insulaner bereiten, als durch eine Wafferfahrt. Er fuhr mit seiner Gegend die Menge der Besuchenden schnell vergrößerte.

1791 war

es

schon

*) Durch ein Versehen des Setzers hat der erste Theil dieses Aussatzes in der vorigen Nummer einen etwas widersinnigen Titel erhalten: Stralauer Fischzug in Berlin. Er muß natürlich obigen Titel haben. **) Geb. 16. August 1763, 5. Januar 1827.

*"* )

***»)

t

f

Geb. 1767, 6. August 1820. 29, Dezember 1791.

Braut auf

So

einer stattlichen, geschmückten und von einem Dutzend Matrosen in Uniform geruderten Gondel nach Stralau. In seiner Begleitung befand sich ein damals sehr bekannter Held, der Sieger über die russische Flotte bei Swenskasund') und späterer Sieger Napoleons"), Sir William Sidney Smith. Erzog die Blicke aller Berliner auf sich, wie er in schwarzgelocktem Haar und seiner glän¬ zender Uniform am Steuerruder stand, den ernsten Blick aus den Strom gerichtet, der von einer Menge Gondeln und Kähne, die sich dem Zuge anschlosien, bedeckt war. Von dieser Zeit an machte das Fest

historischen Höfen kann die Besucher nicht saffen.

immer mehr Aufsehen, und da jüngere Mitglieder des Königlichen Hauses fortfuhren, am 24. August Stralau zu besuchen, wurde der

keine Nase, die sich nicht

Zudrang immer größer.

Tausende ist es ein schönes, unvergleichliches Fest.

Diese Betheiligung des Königlichen Hauses dauerte bis in die vierziger Jahre dieses Jahrhunderts. Wie lebhaft sich auch Friedrich Wilhelm III. für das Fest intercssirte, ergicbt sich daraus, daß er von

keit des Festes; er stammt aus einer Zeit, wo die Berliner in ihren Ver¬

dem

talentvollen Dichter Julius von Voß das Fest in einem zweiDieser jetzt fast ganz vergesiene, roman¬

aktigen Stücke schildern ließ.

in diesem Stück'") zwei beliebte un¬ sterbliche Volksfiguren: den dünnen philisterhaften, gutmüthigen Onkel aus der Pfeisenbude, und die dicke, redselige Tante aus dem Fleischer¬

tische, räthselhafte Dichter schuf

in allen Bild von seiner Zeit giebt, Wie

scharren.

er

seinen Lustspielen so

entrollt er

ein sehr charaktervolles

es auch

in

diesem von dem

Fischzuge.

Noch im Jahre 1842 besuchte unser jetziger Kaiser mit seinen Brüdern, den Prinzen Carl und Albrecht, das Fest, iui folgenden Jahre dieselben Herrschaften mit dem Prinzen Waldemar, der Prinzessin Carl und dem Prinzen von Württemberg. Seine größte Betheiligung scheint das Fest 1841

gehabt zu haben, denn es waren nach Angabe der

Polizeiakten 50,000 Menschen anwesend, und wer das Terrain kennt, der wird nicht zweifeln können, daß bei dieser Menge

gedrängt stehen mußte, daß

so dicht

Bei

sie sich

Mann an Mann

kaum zu regen vermochten.

einem solchen Zudrange scheint es erklärlich, daß seit 1839

tairischer Schutz nöthig war.

Bei

mili-

dem bekannten Charakter der un¬

auf der Wiese

eine eigene

erhebt

sich denn

Zeltstadt von Würfelbuden, Gauklern, Bier¬

mit sauren Gurken spielen, wie auf dem Schützenplatze, die Hauptrollen. Die Musik, der Lärm der Ausrufer sind ohrenzerreißend, das Gedränge lebensgefährlich; zelten und Wursttischen, Knoblauchwürste

mancher Kahn, mit Angeheiterten überfüllt, schlägt bei der Rückkehr um und Unglücksfälle bleiben nicht aus. Ueberall sind Hausirer, die bleierne Fischzugsmedaillen und stralauer Brillen ausbieten, sie machen

daist kein Knopfloch, das nicht den Orden trägt, mit der glaslosen Brille schmückt. Viele, sehr Viele erzielen an diesem Tage eine glänzende Einnahme, für glänzende Geschäfte;

Dieser Bericht zeugt noch von einer verhältnißmäßigen Harmlosig¬

gnügungen noch anspruchsloser und deshalb gesitteter waren. sahen die Meisten diesen Tag nur noch

für

einen

Bald aber

Tag der Ausgelassenheit ,

an, und so trat denn besonders bei der unteren Klasse eine Zügellosigkeit hervor, deren Endresultat verrenkte Glieder, blutige Köpfe und sonstige

Handarbeiter aller Art, Gesellen, Lehrjungen, Straßenjungen, Dienstmädchen, lüderliche Frauenzimmer, mit einem Worte die Hefe des Volkes bildete in den letzten Jahren das Haupt¬ publikum, deffen einzige Lust in unmäßigem Essen und Trinken und Singen obscöner Lieder, in höchst frivolen Spielen und Neckereien, im gegenseitigen Ausschimpfen und endlich in Ransereieu bestand. Wie¬ wohl die eigentliche Art des Fischens schon mit Ausgang der Sonne begann, so nahm der Volksjubel erst Nachmittag seinen Anfang, die Wer den gemeinen Wiese glich dann einem großen Volks-Bivouak. Berliner in seinem Element sehen wollte, inußte ihn an diesen: Tage beobachten. Vorzugsweise nahm man den Kirchhof in Beschlag. Hier stolzirte das schöne Geschlecht in seinen Galaanzügen, lagerte sich ungeuirt auf irgend einem Grabhügel, verzehrte ruhig und niit Selbst¬ bewußtsein die mitgebrachten Vorräthe, so daß am nächsten Morgen Verletzungen waren.

der Küster keinen

angenehmen Anblick vom Kirchhofe gewann;

wo

teren berliner Stände bei Begehung solcher Feste, fehlte es auch bald

liebende Hand den Todten Blumen gepflanzt hatte, da lagen Papier

nicht an der gewöhnlichen Ausgelassenheit und Wildheit, sogar trotz

und andere Ueberreste der gefeierten Orgien. Man sah neben diesem wilden Treiben auch friedlichere Bilder, sogar von idyllischer Art, die deshalb aber nicht gesitteter waren. Es

der zeitweiligen Anwesenheit der hohen Persönlichkeiten.

So

kamen

auch manche Unglücksfälle vor, besonders bei Gelegenheit der Wasser¬

Polizei genöthigt sah, hiergegen Maßregeln zu treffen. So wurde schon seit 1841 für diesen Fall ein Rettungs¬ apparat construirt, der von Berlin aus jährlich hingeschickt wurde, ebenso wie mehrere Chirurgen zu diesem Zwecke beordert wurden. Um

waren dies die, bei solchen Gelegenheiten nie fehlenden zahlreichen Pärchen von Liebenden, die, soviel wie möglich, die Menge mieden, um

Ungehörigkeiten zu steuern, wurde den Fischern verboten, wie man

Die Gasthäuser des Dorfes waren mit Gästen aller Art gefüllt. Man drängte sich Stunden lang nach einem Glas Bier und wog es durch Geld auf, ja man mußte sogar oft den Stuhl bezahlen, aus

fahrt,

so daß sich die

ebenfalls aus den Akten ersieht, die Gäste zum Ueberfahreu durch

„ungestümes Geschrei zu nöthigen und zu zwingen", widrigenfalls sie mit Geld- oder verhältnißmäßiger Leibesstrase belegt wurden, so nach der Verordnung vom 22. August

1822. Diese Ungehörigkeiten,

ebenso

wie mehrere andere, z. B. das Abbrennen von Feuerwerken und das ungenirte Baden im Freien, erscheinen noch gering im Vergleich zu

ungestört zu kosen und sie sich

sich

eine goldene

Zukunft auszumalen, in der

jeden Tag so, wie den heutigen, wünschten.

dem man sich

nur einige Augenblicke ausruhte. Wenn man

Massen beobachtete, so konnte es einem kaum entgehen,

die wogenden

daß

weder

des

wahrhafte Fröhlichkeit noch innere, frische Lebenslust diese Maffe be¬ wegte, daß jeder bei der größten Heiterkeit abgeschlossen für sich dastand und nur deshalb Theilnehmer des Festes war, weil ein altes Herkommen diesen Tag zu einem Festtage gemacht hatte. Darin liegt eben das Oberflächliche der berliner Fröhlichkeit, daß unter Hunderten

vergleicht.

kaum einer weiß, warun: er vergnügt ist, und während alle äußeren Geberden für einen inneren Frohsinn sprechen, ist das Herz doch kalt und bleibt kalt und wird nie warm werden. Dies sah mau nirgends

denen, die sich später

allmälig entwickelten.

Volksfeste, so fand auch dieses seinen Verfall

Denn wie viele berliner

in

der Ausgelaffenheit

Pöbels, besonders seitdem sich die hohen Gäste und überhaupt Ein Bild dieses die gebildeteren Stände vom Feste zurückzogen. Berichte wenn man die von Augenzeugen wilden Treibens erhält man,

Sobald

der

Tag angebrochen,

so

heißt es in einem Bericht,

be¬

ginnt eine Wallfahrt nach Stralau zu Kahn, zu Wagen, zu Roß Spree und Wege find schwarz von Menschen und die

und zu Fuß.

Schulen müssen den Unterricht aussetzen; das kleine Dorf mit seinen

*)

7.

Juli

1790.

**) Bei Der Belagerung von St. Jean d'Arc 1798. ***) Zuerst aufgeführt Mittwoch, den 7. November 1821, im Opernhause zu Berlin.

Königlichen

Stralauer Fischzuge. Tausende ver¬ brachten an diesem Tage ihr letztes Geld, Tausende bereicherten die Pfandleihen, um nur für diesen Tag alle Vergnügungen mitmachen zu können. Unzählige hatten den Vormittag hindurch aus allen Kräften gearbeitet, sich abgemüht und ihre Arbeit abgeliefert, damit der Nach¬ mittag so recht unt Lust genoffen werden konnte. Alles dies wäre zu entschuldigen, wenn in dem Feste Einheit und eine durchgreifende Tendenz herrschte, aber so war das Ganze ein lange zurückgehaltener beffer und deutlicher, als auf dem

172 Ausbruch individueller Leidenschaften, und nur in dem Namen des Festes lag das volksthümliche und originelle desselben.

Unten Tod und oben Leben, Leben, wie im Tollhaus fast,

Welchen Ruses sich übrigens das Fest in der ganzen berliner Be¬ völkerung erfreute, ersieht man aus dem Umstand, daß es alljährlich

Fressen,

sogar zu poetischen Beschreibungen Veranlassung gab.

Wir

Macht

Er ist im Zweifel, wo ihm

finden

im „Beobachter an der Spree", einem jetzt verschollenen, aber jedem älteren Berliner wohlbekannten und wohlbefteundeten Blatte. Wenn auch die Machwerke nicht viel poetisches Gehalt in sich bergen, diese Poesien

so geben sie

Es

Tage.

ein desto treueres sei

uns erlaubt,

Epen anzuführen. die den

Bild

von dem berühmten und berüchtigten

des bedeutungsvollen Tages beseelen:

Sey willkommen hier auf Erden Vierundzwanzigster August! Heute muß gejubelt werden, Heut' regieret Freud' und Lust! Ja, wir taumeln kümmeltrunken, Kreuzfidel zum Thor hinaus; die Sonne ist gesunken,

Leben

als Poet vergißt er nicht, daß das Geld die Grund¬ bedingung zu jeder Fröhlichkeit ist, und so singt er denn: Glücklich, dem eS heut' gelungen, Daß nicht leer die Tasche ist, Und wer soviel hat errungen, Daß er voll sich trinkt und ißt, Ja, wenn auch nur in der Tasche Ein Viergroschenstück erklingt. Aber weh! wem leer die Flasche, Und wer bloßes Wasser trinkt.

Hinfahrt

auf der die Kümmelbeschreibt bei der Ankunft aus spielt, er flasche eine bedeutende Rolle Nachdem er die

beschrieben hat,

der Wiese die verschiedenen Elemente, die sich hier zusammengefunden

die meiste Freude

winft;

etwa da,

Leider findet er die gesuchte Freude auf keiner dieser Stellen. Doch lassen

wir hier

den Dichter und wenden

wir uns wieder

dem letzten Historischen zu, was nns noch zu erwähnen bleibt.

wir in Saus und Braus.

Auch

Contrast.

Bei modernden Gebeinen Die Branntweinflasche blinkt. Vielleicht, wo auf der Wiese Die Köchin Liebe fühlt, Und wie im Paradiese Die Unschuld Spiele spielt?

Zuerst schildert der Dichter gewöhnlich die Gefühle,

Bis

doch dies eben

Wo auf der Gräber Grün Bei Gurken, Wurst und Schinken Die Nasen kupfem glühn; Wo auf Leichensteinen Mau tüchtig schmaust und trinkt,

hier einige charakteristische Proben der

Berliner beim Erscheinen

Saufen,

den herrlichsten

Es war am 23.

Juli 1873,

wo der Ortsvorstand von

Stralau

dem Polizeipräsidium anzeigte, daß das Wiesenterrain um die Kirche

Stralau,

bisher zur Abhaltung des Volksfestes benutzt wurde, eine andere Bestimmung erhalten habe, und deshalb beschlossen zu

sei,

welches

die Feier des gedachten Festes nicht mehr zu gestatten.

So

ver¬

spur- und klanglos, ohne viel betrauert zu werden, dieser an Berlins alte Zeit erinnernde Gebrauch.

losch

Wie fortträgt,

Zeit ein Stück nach dem andern von dem alten Berlin wird auch der Stralauer Fischzug bald nur noch in dunkler

die so

Erinnerung leben. Um so mehr hat der Forscher für Berlins Ge¬ Pflicht, dergleichen in Berlins altem Leben und Geschichte wurzelnde Institutionen in den Annalen fortleben zu lassen, nachdem sie auf ein reales Leben haben verzichten müssen. — schichte die

haben:

Bürstenbinder, Schornsteinfeger, Schlächter, Brauer und Barbier, Rattenfänger, Schneider, Jäger, Musikant und Tapezier, Schuster, Weber, Kaufmannsdiener, Schleifer, Bäcker und Friseur, Bruder Leipziger und Wiener, Maler, Tabagist, Marqueur, Kümmeltürken, Vagabunden, Schweinetreiber, Straßenbrut, Alles divertirt sich gut In des Fischzugs schönen Stunden.

Dann wendet er seine Aufmerksamkeit den materiellen Genüssen Knoblauch und Bier preist er in folgendem Vers: Branntwein, zu, Branntwein trinken alle Wesen Höchstfidel auf Stralau's Flur, Alle Guten, alle Bösen Folgen hier der Knoblauchs-Spur, Sauer Bier, statt Saft der Reben, Prügel, statt der Haruionie, Das, das ist das Fischzugs Leben, Anders feiert man ihn nie. Statt der Freude Götterfunken

Giebt

es

höllischen Rumor,

Und der frechen Säufer Chor Von dem edeln Kümniel trunken.

Sehr

Das goldene Civil-Ehrenzeichen der Gemeinde Lunow und Stützkow. No. 8 Seite 82

Amtsblattes der Königlichen Kurmärkischen „Aus¬ zeichnung der Gemeinden Lunow und Stützkow. Des Königs Majestät haben den Gemeinden in Lunow und Stützkow an der Oder, welche ausgezeichnete Beweise ihres Patriotismus und treuer Anhänglichkeit an den Staat gegeben haben, zwei goldene Civilehrenzeichen als Aus¬ zeichnung zu bewilligen geruht, welche in Stützkow am 9. August, in Lunow am 8. November v. (1812) von den Herrn Ortspredigern daselbst mittelst einer angemessenen religiösen Feierlichkeit, an welcher in Lunow auch der Herr Superintendent Richter Theil nahm, nachdem zuvor in letzterem Orte die Medaille, der Allerhöchsten Bestimmung gemäß, in den Becher des Abendmahlskelches, den die Gemeinde zu diesem Behufe neu angeschafft hatte, eingefaßt worden war, übergeben worden." des

Regierung, vom Jahre 1813, bringt die amtliche Nachricht:

I.

Inzwischen ist das damalige Civil-Ehrenzeichen

Rothen Adlerorden

IV.

die Gemeinden Lunow und Stützkow

treten; als

solche

führt

I.

Klasse in den

Klasse umgewandelt worden, und sind somit

in

die Reihe der Ordensritter ge¬

Ordensliste, und zwar als die Unter dem 29. August 1812 verfügte

sie die neueste

nunmehr fast ältesten, auf.

die Geistliche- und Schul-Deputation der Kurmärkischen Regierung zu

wird der Contrast beschrieben, der zwischen dem Treiben hier oben und der Ruhe der Todten auf dem Kirchhof unten poetisch

herrscht:

Vor des Kirchhofs heil'ger Stätte Heget Niemand heut' Respekt, Und es ist mit Kochgeräthe Jedes Grab ganz dicht bedeckt.

Potsdam an den Superintendenten, Probst Richter zu Angermünde, wie folgt: „Des Königs Majestät haben den Gemeinden zu Lunow und Stützkow, welche sich im letzten Kriege durch oft wiederholtes, gefahrvolles Uebersetzen von ranzionirten Truppen über die Oder ver¬ dient gemacht haben, eine Auszeichnung mittelst der hierbeikommenden beiden goldenen Civil-Ehrenzeichen erster Klaffe

bewilligt und bestimmt,

daß solche

in

den Becher der Abendmahlskelche eingefaßt werden sollen.

Wir tragen Ihnen auf,

nachdem

Sie für

die geschickte Einfassung

gesorgt haben werden, bei einer zweckdienlichen Feierlichkeit,

mit Hinzu¬

Es ist am heutigen, von

dem

Probst und Superintendenten Herrn

Richter Angermünde zur Uebergabe des von des Königs Majestät der hiesigen Gemeinde allergnädigst geschenkten Civil-Ehrenzcichens

I. Klaffe

ziehung der Ortsprediger, die Gemeinden nicht nur mit dieser Aeußerung

bestimmten Tage diese vaterländische Feierlichkeit unter folgenden Um¬

Königlicher Huld bekannt zu machen, sondern auch auf eine erbauliche

ständen vollzogen werden.

Berlinische und Märkische Hinrichtungswerkzeuge im Märkischen Provinzial-Museum zu Berlin.

Weise zu belehren und zu ermahnen,

für

sich

selbst und ihre Nach,

Sinn zu bewahren, welcher die Pflichten christlicher Gottes¬ furcht und Religiosität mit den Pflichten der Vaterlandsliebe und Ehr¬ furcht gegen den Monarchen in unzertrennliche Verbindung setzt." kommen den

Die Urkunde über diese Feier lautet: „Actum Lunow, den 8. November 1812.

Es hatte die Gemeinde auf ihre Kosten das derselben

geschenkte

Ehrenzeichen in einen geschmackvollen silbernen Kelch also einfaffen

laffen, daß in dem Becher des Kelches die Medaille von beiden Seiten zu sehen, mit der Ueberschrift aus mattem Grunde: „Zum Gedächtniß Königlicher Huld." Unter der Medaille stehen die Worte, gleichfalls aus mattem Grunde:

„Der

Kirche verehrt von den Familien-Vätem

174 der hiesigen Gemeinde.

Lunow, den 1. November 1812."

In

der

Stadt und öurg Lenzen an der Elbe.

Schulzenwohnnng waren daher alle Diejenigen versammelt, welche un¬

Von fccdimmil iHcycr.

mittelbaren Antheil an diesem huldreichen Königlichen Gnadengeschenke hatten, als: die sämmtlichen Familien-Väter des Ortes, von Seiten des

m.

Amtes Neuendors der Sohn des verstorbenen Ober-Amtmannes

Karbe und der unterzeichnete Prediger des Orts. Nachdem der Letztere eine kurze Anrede an die Versammlung

ge¬

halten hatte, worin er die Mitglieder derselben zur Bewahrung fernerer patriotischer Gesinnung, sowie zu deren Fortpflanzung auf Kinder und Enkel ermahnt hatte, deren Wirkung

sich

in

der natürlichen, von dem

Kirchenvorsteher Schmidt zuerst hervorgebrachten und von der Gemeinde

„Es lebe der König!" aussprach, ging der Zug zur Kirche, zu desien Empfang vor der Kirchthür der Prediger des Orts sich zum Voraus schon dahin begeben hatte. Wäh¬ rend des Ganges dahin sang die vorangehende Schuljugend, von ihrem wiederholten Aeußerung ganze

Lehrer geführt, den letzten Vers aus dem Liede:

O heil'ger Geist

kehr'

„Gieb, daß in reiner Heiligkeit :c." Den Zug führte im ersten Gliede der Herr Karbe aus Neuendorf, welcher Namens der Gemeinde der von ihr der Kirche geschenkten Kelch trug, und ihm zur Seite der Schulze des Dorfes und der bei dieser Feierlichkeit anwesende Herr Amtmann Scholze aus Wittstock. Hierauf folgten die sämmt¬ lichen Familien-Väter und dann alle Einwohner des Dorfes. An der Kirchthür übergab Herr Karbe den schönen Kelch in die Hände des Predigers, welcher ihn zum heiligen Gebrauch mit wenigen Worten weihte. Der Herr Probst und Superintendent Richter hielt darauf vor dem Altare eine für die Feier des Tages zweckmäßige Rede, nach bei uns ein :c.

deren Beendigung den Genuß des

der Prediger die Gemeindeglieder ermahnte,

heiligen Abendmahls

in

sich

den schon

durch

öfter bewiesenen

christlichen Gesinnungen der Königs- und Vaterlandsliebe zn bestärken

und das Band noch mehr zu befestigen,

wodurch die Religion den

treuen Unterthanen an seinen Monarchen und an sein Vaterland knüpft. Nachdem dies geschehen,

beschloß

sich die

Nach der Ermordung des christlichen Slavenkönigs Gottschalk

Ortes Lenzen oder Lenzin erst um die Mitte des 13. Jahr¬ hunderts in glaubhaften Geschichtsquellen wieder Erwähnung. Mit geschieht des

Feier durch ein frei¬

williges Opfer für unsere im Felde erkrankten Krieger, welches in 1 Friedrichsd'or und 5 Thlr. 10 Gr. Courant bestand, und Jeder suchte dann im stillen Kreise der Seinigen diesen Tag als einen Ge¬ dächtnißtag Königlicher Gnade zu verherrlichen und das Andenken des¬ selben auf seine Nachkommen zu bringen. Gez. Pehlemann, Schulze; Joachim Matthes, Gerichtsmann; Niethe, Kirchcnvorstehr; Christian Werdermann, Dermützel, Schmidt, Gerichtsmann." Gleichzeitig wurde auch dem Prediger Kopp dasselbe goldene Civil-Ehrenzeichen verliehen. Eine andere patriotische That aus diesem Dorfe dürfte von Jnteresie sein. Der Invalide Pehlemann, Bruder des Schulzen, hatte ein meist

Kapital von 400 Thlrn. dem Könige in 1806 geliehen, das treue Preußenherz hatte weder auf Zinsen noch auf Rückzahlung des Kapitals gerechnet. In dem¬ selben Jahre 1812 wurde Kapital nebst Zinsen zurückgezahlt, und eine goldene Medaille als besonderes Königliches Gnadengeschenk bei¬ gefügt. War es Zufall oder Absicht — auf der Medaille befand sich ein Bienenstock mit lustig vorspielendem Volke — es ist die Huldigungs¬ durch Bienenzucht erworbenes der Bedrängniß nach

1798. Auf der Hauptseite derselben das Brustbild Königs mit der Umschrift: Friedrich Wilhelm HL, König von Preußen; auf der Rückseite ein schwebender Adler, einen Lorbeerkranz im Schnabel über eincui Tische, auf welchem der Bienenstock mit aus-

Prignitz, durch Albrecht den Bären, soll Lenzen an Putlitz pfandweise ausgethan, dann aber wieder

dem Erwerb der

die edlen Herren zu

eingelöst und von Albrecht

II.

den

Grafen von Schwerin zu Lehen

Die Grafen Günzel und Bernhard von Schwerin traten die Stadt an Albrechts Söhne, Johann I. und Otto III., wieder ab, und nunmehr wurden durch die vom Markgrafen Otto unterm 11. Juli 1252 zu Salzwedel ausgestellte Urkunde „seinen geliebten Bürgern zu Lenzen alle Rechte, die sie bis jetzt genoffen, auch für die Zukunft zugesichert, zugleich auch denselben die Zollfrei¬ heit in seinem ganzen Herrschaftsgebiete beigelegt, und ihnen insonder¬ heit diejenigen Rechte und Freiheiten in der Elbe und Elde für die Zukunft bestätigt, welche sie zur Zeit der beiden vorerwähnten Grafen gegeben worden sein.

von Schwerin, da diese die

Stadt

Lenzen zu Lehen gehabt, durch deren

Gnade genossen".

Hinzugefügt war dieser Verordnung, daß der Magistrat zu Lenzen Stadt Salz wedel sich Rath holen sollte, wenn er ungewiß

aus der

und zweifelhaft über sein Recht wäre.

Hieraus erhellt, daß der alte slavische Ort Lenzen unter jenen Grafen das deutsche Stadtrecht, und zwar von Salzwedel her, über¬

in den Rang einer Stadt getreten war. Als ein Graf Heinrich von Schwerin zum heiligen Grabe eine Pilgerfahrt angetreten hatte, erhob König Woldemar, der Sieger von

kommen hatte, und damit

Dänemark, Ansprüche auf die halbe Grafschaft Schwerin und brachte dieselben sofort zur Geltung. Deshalb von der Gräfin Margarethe mit Vorwürfen überhäuft, auch wegen anderer ungeziemender Forderungen zurückgewiesen,

beschimpfte sie der König auf eine entehrende Weife.

Heinrich von Schwerin eilte auf die Kunde hiervon aus dem heiligen Lande zurück,

nahm den König auf deffen eigenem Lustschloffe durch

List gefangen und brachte ihn in Fesseln nach Schwerin, dann aber, zu größerer Sicherheit, nach der Burg Lenzen, wo er fast ein halbes

Jahr hindurch in Verwahrsam

sich

befand.

Von hier aus

nach

Dannenberg übergeführt, gewann er endlich durch ein schweres Lösegeld

Freiheit wieder. Schon im 13. Jahrhundert stand auch Lenzen mit der Hansa in Verbindung, wenngleich es selbst nicht zu jenem Bunde gehörte, der 85 deutsche Städte umfaßte. Es führte damals Eichenholz aus der Kuhblank, Hopfen aus Lanz, rohe und gegerbte Felle, so wie rohe Wolle auf der Elbe aus. seine

Im

Jahre 1298 hatten die Markgrafen Otto und Herrmann

dem Bischof von Havelberg Schloß und

für

den

würde;

Fall diese

Stadt

Lenzen nebst Zubehör

verschrieben, daß die markgräfliche Familie aussterben

Verschreibung wiederholte dann Markgraf Woldemar am

Eintritt

medaille von

12. August 1319, also kurz vor dem

des

Bisthum. Gleichwohl trat die Schenkung nicht in Kraft, denn schon im folgenden September jenes Jahres befanden sich ein Ritter und ein Knappe Gumpert von Alsleben, Vater und Sohn, im Besitze von Stadt und Burg Lenzen, die sie nebst den dazu gehörigen Landen und Gütern dem Schutze des Fürsten Heinrich von Mecklenburg und Stargard, so wie des Herzogs Rudolph von Sachsen übergaben, denen sie sich gleichzeitig zu treuen Diensten verpflichteten. In jener Zeit hatte die Stadt viel unter den Schrecknissen des Krieges zu erdulden, als die Russen und Polen 1322 in die Mark eindrangen und ihren Weg

mit Adler und Baumzweigen; Die Umschrift lautet: „Den Treuen Schutz und Liebe. Huldigung 1798." Die

fliegendem Volke zwischen der Fahne

ein aufgeschlagenes Buch lehnt an dem Bienenstock.

Medaille, ein Heiligthum der Familie, hat die Größe eines Guldens.

Oderberg.

Lange,

Lehrer.

dieses

Falles, an das

durch Verheerung und Plünderung bezeichneten.

Nach einer Urkunde vom 13. November 1354 bekennt dann Lud¬ wig der Römer, bei seiner Anwesenheit zu Pritzwalk, daß er dem

175

1503; Georg

Herzog Albrecht von Mecklenburg Haus, Stadt, Land und Mannschaft

wiederum als Hauptleute auf: die von Alvensleben,

Lenzen „nach deren alten Grenzen, wie die von Alsleben diesen Besitz

von Platen (Plato), 1520; Hans und Paul Schenk, 1528 und 1538. Zwei Jahre später befinden die Quitzow's sich abermals im Besitze Unter ihnen zerstörte eine furchtbare FeuerSder Hauptmannschaft.

für 3000 Mark verpfändet

Die Verpfändung währte zwar nicht lange, doch gerieth der Ort noch oftmals in den Besitz von Gläubigern des Markgrafen. So im Jahre 1363 an den Ritter Kerstian Bösel; dann unter Markgraf Otto, 1368, an die Ge¬ gehabt hätten",

habe.

brüder Gebhard und Albrecht von Alvenslebcn, deren Lehnsherr der Herzog von Braunschweig-Lüneburg war, infolge

dessen Lenzen demselben

Nunmehr erhielt die Stadt, 1367, den ersten

huldigte.

Haupt¬

mann, Martin diesen

von Wenkstern, welchen Kaiser Karl IV. einsetzte. Unter Hauptleuten nahmen indeß die Raubzüge nach den benachbarten

brunst am 8. September 1558 die ganze Stadt, mit Ausnahme der Kirche und Schule. Im Jahre 1570 erhielt dann die Wittwe eines Dietrichs von Quitzow 4000 Gulden Pfandschilling und 1100 Gulden Meliorationsgelder als Ablösung, welche Summe der demnächstige Hauptmann von Lenzen, Karl von Bardeleben, vorgeschossen hatte. Doch auch in seinen Händen blieb der Besitz nicht lange, denn es werden bald darauf die von Karstädt's als Hauptleute von Lenzen genannt.

Mecklenburgischen Landen dermaßen überhand, daß König Albrecht von

Schrecklich waren die Drangsale, welche die

Stadt während des im Oktober 1635

Schweden, aus dem Hause Mecklenburg, gegen die Raubritter zu Felde

dreißigjährigen Krieges zu erdulden hatte.

zog, eiuer Sage nach deren dreizehn rund um den

Thurm der Lenzener Burg aufhängen und, wie Cranz (Yandalia lib. IX. 38) wenigstens

gegen

berichtet, dieselbe 1396 zerstören ließ.

lichen Truppen bei Dömitz wurde das Unternehmen vereitelt,

Zu Anfang

15. Jahrhunderts wurde Lenzen von dem Mark¬

des

grafen Jobst an den Edlen Jaspar zu Putlitz, welcher zugleich Haupt¬

mann der Prignitz war, für etwa 10,000 Thlr. verpfändet. In die Gefangenschaft des Kurfürsten Friedrich I. von Hohenzollern gerathen,

Putlitz durch

löste sich

die Uebergabe der

Stadt, 1421.

Bedeutende

Forderungen an die Markgrafschast brachten indeß bald darauf Burg und

Stadt mit

dem

Elbzoll :c. an Hans von Quitzow, unter der

Bedingung, daß Lenzen dem Kurfürsten stets ein offenes Schloß sei, daß die Quitzow's das Land daraus nicht schädigen sollten — gleich¬

wohl aber, als mächtige Dynasten, durch Räuberei und Wegelagerei ihren Untergang herbeiführten, — und daß sie Lenzen, nach halb¬ jähriger Aufkündigung, dem Kurfürsten für 3000 Schock wieder aus¬ antworten sollten.

Ein Bruder jenes Hans von Quitzow war Dietrich, der mächtigste Widersacher Berlins, welcher am Tage Mariä - Geburt, 1410, die städtischen Viehheerden von der sogenannten Bullenwiese, die sich vom

heutigen Monbijou bis zur Karlsstraße hin erstreckte, wegtreiben ließ.

Von

der

Berliner streitbaren Mannschaft verfolgt und bei

der Tegeler

Wassermühle eingeholt, kam es zu einem Scharmützel, bei dem die

Berliner zum Weichen gezwungen wurden. Sechszehn Gefangene, unter ihnen der Rathmann Nikolas Wins, blieben in den Händen des Feindes

zurück;

sie

wurden gefesselt nach Quitzow's Schloß zu

Oranienburg mitgeschleppt, wo

Bis

sie

lange Zeit im Kerker schmachteten.

15. Jahrhunderts blieben die Quitzow's im Pfandbesitz von Lenzen. Wie diese Dynasten gehaust haben mögen, davon spricht eine Sage, die sich noch jetzt in der Umgegend erhalten hat. Zwar ist dieselbe nur eine mündliche Ueberlieferung, aber die zu Ende

des

Fesseln befinden sich gegenwärtig noch

eingemauert.

Die

in

dem

Thurm

des Verbrechens

Geschichte ist folgende:

Nachdem

200 Sachsen daselbst verweilt, um eine Brücke über die Elbe zu schlagen — durch den Sieg der Schweden über die sächsisch-kaiser¬



plün¬

im folgenden Jahre die Letzteren acht Tage lang in der Stadt. Am 5. Oktober 1638 trieb eine schwedische Patrouille das Vieh der Bürger von der großen Wiese. Eine Anzahl beherzter Männer, ge¬ führt von dem Kantor Lamprecht, setzte ihnen nach, mußte aber, unter derten

Darauf sprengten in größerer Anzahl das See¬

Zurücklassung von 7 Todten, der Uebermacht weichen. die Schweden am folgenden Tage und

thor, drangen in die Stadt und richteten eine an.

Ihnen folgte, am 25.

desselben

schreckliche

Monats,

Verwüstung

die kaiserlich-sächsische

Armee, um ihre Quartiere in Lenzen und den umliegenden Ortschaften aufzuschlagen.

Qual

Ueberall brandschatzend und „schändliche Kurzweil"

mit

Einwohner treibend, zogen die Un¬ holde endlich am 21. November in die Altmark, nachdem sie in Lenzen der

der armen, unglücklichen

56 Häuser und eine Menge Ställe und Scheunen niedergebrannt hatten. Dann folgten, am 25. Dezember, die nicht minder bar¬ barischen Schweden, und hauseten in der unglücklichen Stadt auf eine so entsetzliche Weise, daß die Mehrzahl ihrer Bewohner theils nach Salzwedel zog, theils sich auf die damals ausgedehnteren Elbwerder und in den großen Eichenwald inmitten der „Kuhblank" flüchtete. Hier fristeten die Aermsten ihr Dasein in Erdhöhlen — Eichelbrod war ihre einzige Nahrung.

1639, kam ein

Abermals dann, am Tage der heiligen drei Könige, Streifcorps nach Lenzen, plünderte, marterte

schwedisches

warf die Kinder lebendig in's Feuer. Dann Vieh nach Parchim fort, während die größere Truppenzahl in Lenzen verblieb. Diese wurde plötzlich, am 7. Juni 1640, von den Brandenburgern überrascht, welche zwei Geschütze mit sich führten und die Schanze jenseits der Seebrücke nahmen. Nunmehr kapitulirten die Schweden und wurden als Gefangene mit fortgeführt. Zum letzten Male in jenem Kriege zog dann, 1643, eine schwedische Soldateska durch

die Leute zu Tode und

auf's neue zurückkehrend, trieben sie am 15. November das

überfällt denselben mit seinen Leuten bei Nacht, läßt ihn binden und in den Eldenburger Thurnl werfen, wo er mit eisernen Fesseln angeschmiedet wurde. — Durch

Lenzen, um den Kaiserlichen die Veste Dömitz zu nehmen. —

Pforte in den altersgrauen Thurm gelangend, erblickt man, etwa zwölf Fuß über der Erde, ein Halseisen in der Wand; darunter ist ein rundes Eisen zum Sitzen angebracht, während rechts und links

wie mit Zauberkraft einen blühenden

Hier nun der Unglückliche Jahre lang bei Wasser und Brod, bis der un¬ natürliche Bruder ihm auch dies entzog, um seinen Tod schneller her¬ beizuführen. Doch von Gewissensbissen gefoltert, schreckte der Mörder von seinem nächtlichen Lager auf, verfolgt von dem ruhelosen Geiste seines Bruders. Da beschloß er, eine Pfarre auf dem Eldenburger Grund zu erbauen, und so wurde Seedorf, das als eine Filiale zu

wendend, berief er auch den Niederländischen

Lenzen gehörte, eine besondere Pfarrgemeinde.

Von allen Hauptleuten dieses Amtes war van der Lyr unbe¬ stritten der hervorragendste. Ihm, dem eigentlichen Urheber des Planes

Ein Quitzow, eifersüchtig auf

seinen Bruder,

eine

noch zwei Eisen zuin Befestigen der Arme sichtbar sind.

schmachtete

Nach den Quitzow's kam Hans von der Schulenburg, welcher

1300 Thaler zur Ablösung jener Pfandinhaber hergegeben hatte, 1484 in den Besitz von Land, Stadt und Mannschaft Lenzen. Dann treten

Der wilde Kampf in Deutschland hatte ausgetobt; aus seinem wüsten, verödeten Lande begann Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst, preußische Monarchie

Unermüdet seine

auf's

Staat —

die brandenburgisch-

neue zu schaffen.

Sorgfalt

und Aufmerksamkeit dem Lande zu¬

Admiral und Geheimen in seine Dienste, und setzte ihn 1651 zum Hauptmann des Amtes Lenzen ein. Er sollte dasselbe, an Stelle der Besoldung und unter dem Beding, große Verbesserungen daran vorzunehmen, 6 Jahre hindurch als erbliches Eigenthum frei besitzen, dann aber jährlich 800 Thaler davon

Rath Arnold Gisel van der Lyr mit

gleichem Range

entrichten.

zur Aufrichtung der brandenburgischen Marine, verdankte Lenzen große Verbesserungen und manch' wohlthätige Einrichtung.

So

bewirkte

176

Erlaß,

in jedem

der dortigen

Amtsdörfer Schulunterricht ertheilt werden, und aus jedem Hause ein Kind daran Theil nehmen sollte. Es geschah dies zu einer Zeit, in der weder Schulzen noch Schöffen, ja oft Niemand in ganzen Dörfern des Lesens und Schreibens kundig waren. Dann wirkte er aus eine größere er den kurfürstlichen

daß

Heilighaltung der Sonntagsfeier hin, veranlaßte einen weiteren Anbau der Stadt, und ergriff kräftige Maßregeln zur Reinigung der Straßen so

wie zur Wiederherstellung der schadhaft gewordenen Elbteiche.

Aus

Magistrat die Bürger und Landbewohner mit Erfolg zur Vertilgung der damals in der Umgegend zahlreich hausenden Wölfe aus. Er war es endlich, welcher» als ein Vorläufer des Christian Thomasius, den Greueln der Herenproceffe nach Kräften entgegentrat, die auch in der Priegnitz noch sehr ver¬ breitet waren, — bis König Friedrich Wilhelm I. unterm 13. De¬ zember 1713 jenes Mandat gegen die Mißbräuche in der KriminalJustiz erließ, in Folge dessen aller Orten die Brandpfähle verschwan¬ sein Betreiben auch bot der Lenzener

Projecten abtrünnig zu machen — bis er, zu früh für die Ausführung derselben, im Jahre 1676 durch den Tod feinem Wirkungskreise entrissen wurde.

In der Kirche zu Mödlich, bei Lenzen, befinden sich sein Helm, Schwert und Panzerhandschuhe, während der Leichnam in einem stei¬ nen Anbau beigesetzt wurde, wo er noch, mumienartig erhalten, neben

So in

seinem Wirkungskreise sich hoch verdient machend,

er als ein milder Richter

mit Land und Leuten in Frieden.

lebte Auch

am Hofe des Kurfürsten war v. d. Lyr eine beliebte Persönlichkeit, besonders wegen seiner Liebe zur

Als

Malerei.

Lenzen aber fiel nach feinem Tode

(Schluß folgt.)

an den Kurfürsten zurück.

Miscellen. Kurfürst Joachim

II.

fragte einst den Jesuiten Lamzert Clop Dieser antwortete:

nach seinem Glauben.

„ Meine Konfession kommt

mit

dem Concilio zu Trident überein."

„Wollt Ihr denn dabei verbleiben?" „Ja, mein gnädigster Kurfürst! Ich will

lieber mit dem Con¬

cilio dumm, als mit der Augsburgischen Konfession klug sein." „Und Ihr wollt dabei bleiben?" wiederholte Joachim. „Ja, gnädigster Kurfürst und Herr!" „So möget Ihr", entgegnete dieser, „mit Eurem Concilio zum Teufel fahren — ich will bei meinem Herrn Christo bleiben!"

Beschützer und Förderer der Künste und Wiffenschaften hatte

Kurfürst, neben einem Kunst-, Münzen- und AntiquitätenDie auch eine Gemäldesammlung im Schloß angelegt. Meisterwerke eines Titian, van Dyk, Guido Reni, Paul Veronese u. A. waren für dieselbe erworben — ja selbst ein angeblich von der

Georg Strube, Diakonus

der große

Kabinet,

Hand des

ruht.

dem seiner einzigen Tochter

den, an denen die vermeintlichen Hexen und Zauberer den Feuertod

erlitten.

Gleichwohl hatte er das hohe Alter von 97 Jahren

erreicht.

Evangelisten Lucas

Sollt Ihr mir

herrührendes Gemälde wurde als

Ich

Merkwürdig dagegen ist die Entstehung eines Gemäldes — unzweifelhaft dasjenige Nr. 978 im

Bei Gelegenheit feiner Vermählung mir der Schwester des Fürsten Friedrich Heinrich von Oranien — so erzählt der

Jesuit Daniel Pazcnbroch — inachten die Jesuiten dem Kurfürsten zwei Gemälde des vortrefflichen Blumenmalers, Fraters Daniel Sephers, zum Geschenk. Friedrich Wilhelm gab dabei zu verstehen, daß ein ähnliches Geschenk ihm sehr lieb und für die Jesuiten selbst nicht ohne Nutzen sein würde.

Städte Jesuiten, denen

Zudem habe er in einigen seiner Clevischen er die freie

Ausübung ihrer Religion gestatte.

Darauf hin erhielt er innerhalb Jahresftist ein von demselben Künstler und E. Quellinus gefertigtes Gemälde: die Jungfrau Maria mit Dem dem Christuskinde und Johannes, von Blumen umgeben.

andäch¬

nicht zum Dezem schicken;

predige Euch das

Wort Gottes lauter und rein,

Und so soll auch mein Dezem sein!"

die Perle dieser Kunstschätze betrachtet.

Berliner Museum.

rief seinen

zu Havelberg,

tigen Zuhörern einst von der Kanzel zu: „Drespen, Raden und Dogelwicken

Tilemann Heinrich Siegel, im Jahre 1718 Prediger zu Küstrin, war einer der sonderbarsten Geistlichen in der Mark. Dort predigte er wohl ein halbes Jahr hindurch über das Zeichen, welches Gott

dem

Kain

gesetzt,

gelangte

und

suchungen zu dem Schluß, daß es ein

endlich

Hund

vielen Unter¬

nach

gewesen sei.

fessor und Prediger zu Frankfurt a. d. Oder wählte

Als Pro¬

Zeit lang das Thema über den Pfahl, der Paulo in's Fleisch gegeben war. Von feiner bilderreichen Sprache zeugt das „Blümlein Praris, welches er aus der Zwiebel des Glaubens" erwachsen ließ. Dann er eine

wieder äußerte er in einer Predigt: die Leute seien so commode, dächten

mit

der Portechaise

in

den

sie

Himmel getragen zu werden.

Dankschreiben des Kurfürsten war ein ungewöhnliches Geschenk bei-

gefügt: zwei Finger des heiligen Märtyrers Laurentius in vergoldeter Silbereinfaffung, und ein Pilgerhalsband, ebenfalls aus vergoldetem Silber, mit kostbaren Steinen und Partikeln heiliger Gebeine daran. Diese Reliquien befanden sich, nebst anderen Kleinodien aller Art, in der alten Dom (ehemaligen Dominikaner-) Kirche auf dem Schloßplatz. Als Friedrich Wilhelm diese seine Galerie durch Städteansichten zu vermehren beschlossen hatte, erwarb van der Lyr für ihn eine große Anzahl derartiger Gemälde, und der

auf

seine Veranlassung wurde

Maler Pinnacker an den Hof berufen, nachdem Stadt Lenzen gemalt hatte. Noch mehr aber befestigte der Admiral sich in

er als Probestück

eine Ansicht der

der Gunst seines

Gebieters dadurch, daß er die glänzenden Anerbietungen Schwedens, Frankreichs und Hamburgs zurückwies, die ihn für ihre Dienste zu gewinnen suchten.

Damals trug

der

Kurfürst

sich

mit

dem großartigen Plan, einen

Handel in's Leben zu rufen, der dann später die aftikanische Koloniebesitzung zur Folge hatte. Einen gleichen Zweck verfolgte Dänemark, und suchte den Admiral schon 1653 dafür überseeischen brandenburgischen

zu gewinnen; doch vermochte Nichts, ihn dem Kurfürsten und dessen

Verlag von

Alfred Weile in Berlin.

Die Redaction

des

„Bär"

richtet an alle Freunde

der vaterlän¬

Bitte, das im Entstehen begriffene märkische Provinzial-Museum mit Einsendung von Gegenständen, welche zu der Geschichte der Mark in kulturhistorischer Beziehung stehen, bedenken zu wollen. Grabfunde, wie: Urnen, Stein- und Bronze-Werkzeuge, dischen Geschichte die

Waffen re. sind besonders erwünscht. Desgleichen: Münzen, Wirth, fchaftliche Geräthe, Waffen, Glas und Oelgemälde, Bücher re., auch wenn solche bereits dem Mittelalter angehören. Ferner: Urkunden auf Pergament und Papier, Siegel, kirchliche Geräthschaften. Gegenstände, welche nicht der Mark angehören, sind der Vergleichung wegen ebenfalls willkommen. vielen Familien- und amtlichen Wohn- und Geschäftsräumen finden Gegenstände vor, welche dort fast unbeachtet unter Staub und in noch sich dem Dunkel der Corridore, der Böden rc. begraben liegen, für eine Samm¬

In

lung aber immerhin werthvoll sind.

Ein Hervorziehen solcher Gegenstände lohnt sich fast immer und die dem Museum überlassenen Objecte werden, mit dem Namen der Geber versehen, einen würdigen Platz in dm Reihen der Sammlung erhaltm. Die Redaction des „Bär" nimmt dergleichen Zusendungen bereitwilligst entgegen.

Adresse:

Alfred Weile,

Puttkamerstraße 8.

in Berlin, S.W., Die Redaction des „Bär."

Verlagsbuchhandlung

— Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck von

Julius Bahlke

in Berlin.

Di*. Brecht, Pros.

Unter Mitwirkung von Dr. Baulus Kassel, Stadt-Archivar Jidicin, Kheod. Fontane, Geh. Regier.-Rath Freiherr Dr. von Ledcbm Geh. Hofrath L. Schneider, Archidiaconus Schwebe! in Cüstrin :c. rc. herausgegeben von

George DaS

Blatt ist in Berlin

Inhalt.

KM

und

Ferdinand Weyer.

durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition lBahnhofstr. :> zu beziehen. — Literarisch- Beiträge sind a» die VerlagSbandlung von Alfred Weile zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Jmerate. pro bgesp. Betltzeile 25 Vfg. werde» von den Herren Haajenstein u. Vogler, Rud. Masse, Bernh. Arndt, sowie von der BerlagShandlung (Bahnhofstr. 1) entgegengenommen.

Der Gesundbrunnen bei Berlin, von Or. C. Brecht. Mit Abbildung. — Die Knokenhouwer Berlins, von Ferdinand Meyer. — Die v. Katte'sche Familiengruft in Wust bei Jerichow, von Th. Fontane. — Eine Sommer-Residenz Joachim Friedrichs von Brandenburg, von P. Quandt. — Ein Berliner Literat aus dem 17. und 18. Jahrhundert, Skizze von G. Hiltl. — Berliner Theater - Plaudereien aus den dreißiger Jahren. (Fortsetzung der „Plaudereien aus den zwanziger Jahren.") —

Der Gesundbrunnen bei Berlin. Von Dr. L. iircAl.

„Luise!"

Professor Gubitz,

der

zu

Entstehungsgeschichte dieses

einer

Jubelfeier

des

die

Stadttheils in Versen einer Cantate gab,

klagt darüber, daß dieser „Friedrichs-Gesundbrunnen" , der als ein anmuthig Fleckchen mitten im reichlichsten Sande der Mark eine um¬ ständliche Geschichte haben müsse, dem Forscher nur dürftiges Material bietet. Da lohnt

Material zusammenzustellen und vielbesuchten, zukunftsreichen Stadttheil zu

es sich also, dieses

die Arbeiter über diesen

vermehren.

Die Vorzeit zeigt uns hier eine einsame Wasiermühle an der Panke, und daneben ein mächtiges Jagdrevier. Das ist das erste Bild. Diese Pankmühle ist für die Geschichte der Stadt Berlin gar nicht unwichtig, sondern hat ihre historische Bedeutung. Später waren Die eine lag auf dem linken es zwei Mühlen, nachbarlich gesellt. Ufer der Panke, da, wo jetzt das Wohnhaus (Restauration) neben dem neuen Brunnenhause steht; die andere war auf der kleinen Insel der Panke, die, etwa 15 Morgen groß, damals mit vielen Elsen be¬ wachsen war.

In

der Nähe der ersten

Mühle lag das fürstliche Jagd-

revier, 60 Morgen groß, ringsum eingehegt; hier wurden damals wilde Kaninchen, Fasanen, Hasen und Hühner gehalten. Da Kaninchen den Hauptbestandtheil bildeten, so hieß dieser

Wildpark der Kaninchen¬

garten. König Friedrich I. liebte es, hierzu jagen. So auch 1701. Ermüdet von der Jagd, hielt er bei der Mühle an und forderte ein

Glas Wasser zur Erfrischung.

Müllergarten sprudelte ein Quell, wild, uneingefaßt, der dem Brunnen ersparte, indem er aus dem Quell seinen Wasser¬ bedarf für Küche und Haus schöpfte. Aus diesem Quell erhielt der König den begehrten Trunk. Friedrich I. fand das Waffer trefflich an Geschmack und bemerkte seinen Eisengehalt. Im Auftrage des Fürsten wurde daffelbe chemisch untersucht, dann der Quell gereinigt,

Müller

Gubitz.

Luisenbades

(Mit Abbildung.)

Im

Es hauchen die Stimmen vom Paradiese: „Luise?" Und es flüstert die Quelle der Wiese:

den

eingefaßt und bald ab und zu von Kranken mit Nutzen gebraucht.

Selbst die Akademie der Wissenschaften forderte 1752 einen Bericht über die Quelle von dem berühmten Chemiker Marggraf — ein Name, der noch heut von tüchtigen Bürgern dieses Berufes getragen wird (Rothe Apotheke). Von den Analysen des Waffers sei hier von dem vielgenannten Apotheker Rose, aus dem Jahre 1796, mitgetheilt:

In

30 Pfd. Wasser sind enthalten: Kochsalz 4 Gran, salzsanre Kalkerde 2 Gr., schwefelsaure „ 3V2 Gr.,

28 Gr., luftsaure „ luftsaures Eisen 3 15/] 6 Gr.,

Kieselerde „ 11 Gr., Thonerde 2 Gr. und „ harziger Extraktivstoff 2 Gr.

l‘/

V/

Da das Gedicht von Gubitz bei der Jubelfeier Rolle gespielt hat, so schließen wir dies Kapitel mit Versen jener Cantate:

Weit vor dem jagenden Trosse Sprenget, auf schäumendem Roffe, Der Preußen erster König daher.

seine historische den betreffenden

178

In

das Dickicht stürzt er verwegen, will die Beute erlegen:

sof ende vvel gheraect.

In

in Bezug auf Form und Schmuck der Glocke irgend welche Vorschriften gemacht hat. Es wird nichts weiter ausbedungen, als daß die neue Glocke „möglichst in gleicher Größe und Sd)were wie die alte" und außerdem „helltönend, dauerhaft und, soweit dies möglich ist, i» Harmonie mit den übrigen Glocken der Kirche" hergestellt werden müsse. So ist es noch im Jahre 1840 geschehen. Hoffentlich verfährt man in solchen Fällen heutzutage anders. Ueber diese drei Glocken müssen nun noch ein paar zusammen¬

in

den Lieferungs-Kontrakten

fassende Bemerkungen gemacht werden.

Beispiele von

benannten

Zunächst haben

wir hier

drei

Glocken; die alte Jnsd)rift des Salvator

bezieht sick) sogar ansdrückliä) auf die mit ihm vorgenommene Taufe. Dergleichen sind, wie von Ledebur in dem oben angeführten Aufsatze

Mark sehr selten. Man erkennt auch Grund dafür. Glocken, die noch aus dem Mittelalter stammen, sind in der Mark verhältnißmäßig selten gegenüber der Fülle aus Die Mehrzahl der letzteren sind aber dem 17. und 18. Jahrhundert. sicherlich nur Umgüsse älterer Glocken, und bei solcher Gelegenheit auch nur die alten Inschriften aufzubewahren, wie es bei unserm Salvator geschehen ist, fehlte es ohne Zweifel bei den Gießern wie bemerkt und nachweist, in der den

bei den Kirchenvorständen an dem erforderlichen archäologischen Interesse

Form und Ansstattung diesem Johannes sehr verwandt, ist die etwas größere Maria von 1515, deren Höhe 1,12 in., der Durch¬ messer unten 1,48 in., oben 0,86 m. beträgt. Die Inschrift steht

und Verständniß.

gleichfalls zwischen gothischen Kreuzblumenfriesen, aber etwas größeren

B. eine aus dem Dorfe Tarmow bei Fehrbellin von 1529, deren Inschrift sagt: Lantus onorius is min name, und den schönen Spruch hinzufügt: min gelut si gode bequemt. Sodann tritt das Magische und Abergläubische in Bezug auf Unwetter, Pest und böse Geister, sowie der Heiligenkultus bei diesen Glocken fast ganz zurück. Nur der Salvator deutet auf Ersteres hin. Johannes begnügt sich mit einem einfachen Lobe Gottes, und die

Formats. Hier findet sich hinter jedem Worte eine kleine Rose, die beiden Haupttheile der Inschrift sind dann noch durch größere Rosetten Sie enthält zunächst das Distichon: abgeschloffen.

Inferior imto resufi svnr lavde marin

jllivs

et

nostrum

sic

sonvs exvperat.

der Hyheit des Sohnes in Demuth sich beuget Maria Also geht auch sein Klang weit über meinen hinaus.)

(Etwa: Wie vor Darauf folgt

die chronologische

Notiz:

Mlhekmvs et jospor utoer fres me tecervt anno domini Accccc xv.

Früher ist daher das Verhältniß der benannten And) gegenwärtig werden

Glocken ohne Zweifel ein anderes gewesen.

zu den von Ledebur'schen Aufzeichnungen gewiß noch mand)e nachzu¬

tragen sein, z.

Maria spricht in einer, gegenüber der ausgebildeten Mariolatrie jener Zeiten sehr auffälligen Weise ihre Subordination unter den göttliche» Sohn aus. Endlich sind

diese drei Glocken

nicht ursprünglich für den Thurm

200 sämmtlich sehr fraglich;

Derselbe hatte früher vier Glocken,

der Katharinenkirchc gegossen.

gloriac Christe veni cum pace, (deutsch: O König Christ, komm mit deinem Frieden); eine von 14 und Gewicht. lich

Diese sind

zertrüinmert

der Ehren, Jesu

eine von 5

bei dem Einsturz des Thurmes

worden,

mußten neue Glocken angeschafft werden. der alten Bcumichen'schcn

1582

Ctrn.

sämmt¬

Die Zahl

1585 in Thurmes

nach

Schrift über jenen Einsturz des in Gottschling's Beschreibung

Stadt Alt-Brandenburg nicht

sammen

2750 fl. 27 gr.

7

Pf.

angegeben, sondern nur, daß sie zu¬ gekostet haben.

Einführung

der

licher Erscheinung und

derselben ist

und in dem daraus entnommenen Abschnitt der

mir nicht bekannt geworden.

Reformation, freilich dann auch in sehr statt¬ mit tüchtigen, charakteristischen Werken. Es sind das die beiden Moldenhewer oder Muldcnhewer, Andreas und Merten, wahrscheinlich Brüder, die in den Jahren 1557 — 1571 theils einzeln, theils zusammen auf Glocken sowohl in Brandenburg, Andreas ist als sonst in der Mark als Gießer genannt werden.

beim Neubau des Thurmes

und

sind

andere

Daß es indessen an einheimischen Gießern nicht gefehlt hat, ist z. B. daraus zu ersehen, daß in der bei Riedel cod. dipl. A. IY. S. 297 sqq. abgedruckten Heberolle des Ruthenzinses zu Neu-Ruppin, von 1365, die easa Henningi Klocken gitcr mit 1 solidus, und Michahel fusor campanarum mit 10 Denaren angesetzt ist. In Brandenburg aber be¬ gegnen uns einheimische Gießer urkundlich und mit ihren Werken erst

nämlich eine 50 Ctr. schwere von 1287, mit der Inschrift: Sanctae Catharinae laus sit sine fine, (etwa: Der heiligen Katharinen will ich zu Ehren dienen); eine 35 Ctr. schwere mit der Umschrift: 0 rex

Es unterliegt aber

in der Neustadt 332 berichtet aus hand¬ S. bei dem 1567 auf kurfürst¬

gar keinem Zweifel, daß es eben die drei Glocken sind, die uns hier

als Kämmerer,

beschäftigen. Der Preis für diese drei etwa ein Gewicht von 105 Ctrn. rcpräseutirenden ist denn angesichts der sonstigen gleichzeitigen Preise grade

ansässig gewesen.

Nach Otte, Glockenkunde S. 47 hat z. B. die 420 Ctr. schwere Maricnglocke zu Straßburg (1519) nur 10,000 fl., die 29 Ctr. schwere zu Regensburg (1595) nur 662 fl. gekostet. Wo aber diese theils 70, theils über 100 Jahre älteren Glocken damals erworben find, ist in den genannten Quellen völlig mit Stillschweigen übergangen. Adler, Backsteinbauten 1, S. 18 giebt an, sie seien in

lichen Befehl abgehaltenen Manöver der städtischen Bürgerwehren sich beim Laden eines Geschützes, das von selbst losgegangen, die rechte

Hand verwundet habe, so daß ihm dieselbe davon lahm geblieben sei. Nach dem Taufregister der Katharinenkirche hat er noch 1572 zu Anfang des Jahres einen Sohn taufen lassen, wobei er ausdrücklich als Mitglied des senatus bezeichnet wird und, wie auch bei seinen anderen Kindern, oder wo er selbst als Pathe auftritt, als mit den

Mastricht gekauft, seine Quelle ist aber offenbar einzig die Bemerkung Hefftcr's in der Geschichte von Brandenburg S. 341: „Die neuen Glocken sollen von Mastricht in Holland — dort sollen sie im Thurme des Doms gehängt haben — erkauft und über Hamburg zu Wasser

Es handelt

sich

da also nur um ein

Soll, von

Familien der Stadt und dem umwohnenden Adel eng Nach diesem Jahre kommt er im Taufregister nicht mehr vor, sein Todesjahr läßt sich aber nicht feststellen, da die Leichen¬ Ueber Merten fehlt es bücher aus jener Zeit nicht mehr exiftiren. an allen näheren Nachrichten. Ledebur bemerkt, daß die Familie aus Süddeutschland nach Brandenburg verzogen sei, ohne anzugeben, ob dies nur Vermuthung oder urkundlich nachgewiesen ist. Ein Kaplan Konrad Mildenhower (was doch wohl derselbe Name ist) kommt bereite 1359 in einer hiesigen Urkunde vor. Die Glocken der Moldenhauer sind tüchtige, solide Arbeiten, von untadlig reinem und sorgfältigem Gusse, machen aber einen etwas prosaischen Eindruck, ganz der Weise des tüchtigen Bürgerthums der Reformationszeit entsprechend. Das etwas nüchterne Profil ist durch zahlreiche Reifen sowohl um den Kranz, als um die Haube und oben auf der Platte belebt. Als Ornament wird hauptsächlich, sowohl

angesehensten

liirt

dem

nicht zu ermitteln ist, ob es auf einer Lokaltradition beruht hat, oder

nur, wie so manches Andere, eigene Hypothese Hefftcr's gewesen, das aber jedenfalls im höchsten Grade unwahrscheinlich ist. Wenn man auch die Möglichkeit zugeben wollte, daß unter den Wirren und Greueln des niederländischen Befreiungskampfes ein so schwerfälliges Kirchengut, wie diese Glocken, in Mastricht hätte zum Berkauf stehen und auf dem weiten Wasserwege

!

tief aus dem Binnenlande heraus ungefährdet

bis nach Brandenburg kommen können,

so

würde es doch eine

in jenen

Zeiten ganz singuläre Erscheinung sein, daß man sich wegen Erwer¬ bung so schwerfälliger Objekte in so weite und gefährliche Ferne ge¬

wandt hätte, noch dazu um verhältnißmäßig theuren Preis, während man doch damals in Brandenburg selbst und in der Nähe Glockengießer genug hatte, bei denen man bequemer und billiger hätte zum Zwecke kommen können.

Man wird vielmehr annehmen

müssen, daß

damals in einer durch die Reformation aufgehobenen geistlichen Stiftung der Nachbarschaft, für welche sie ursprünglich von niederländischen, nach damaliger Sitte ihr Handwerk im Umherziehen

Sinn

|

Brandenburg sind die Meister mit vier Glocken vertreten. Zwei kleine hängen als Uhrglocken auf dem Thurme des Neustädtischen Rathhauses. Von ihnen ist die kleinere (überhaupt die kleinste von

Und da wendet

Blick unwillkürlich wieder zu dem in der allernächsten Nähe gelegenen Marienberge hinauf mit der Frage, ob nicht in den Thürmen seiner Kirche, die eben um jene Zeit ihrer letzten Schätze beraubt wurde, wie die 1575 nach Berlin geschaffte größte Glocke, so auch diese drei

sämmtlichen hiesigen Glocken;

sich der



vorkommen.

15. Jahrhunderts auf Glocken wohl überhaupt nicht Die wenigen von Ledebur angeführten Beispiele sind

B.

noch zwei ausgezeichnet« Glocken

hoch bei

0,38 m.

bei einem Durchmeffer von

oben.

Da

sie

keine Henkel, sie

auch



sie ist nämlich nur 0,87 m. unten und von

keine Ochse zum

Auf¬

offenbar von vornherein nicht als

Läut-, sondern als Uhrglocke bestimmt gewesen, und scheint ihre Form ;

für

die letzteren

in jener Zeit

die übliche gewesen zu sein.

Die von

Joachim Genderich 1590 gegoffene Stundenglocke des Altstädter Rath¬ hauses hat ganz dieselbe Gestalt und Einrichtung, auch, bei etwas größeren Maßen, dieselben Proportionen: Höhe 0,65 m., Durchmesser

sind nachweislich in jener Zeit auch in die Mark gekommen, der berühmte Gerhard Wou van Campen, von dem außer den sonst

bekannten zu Neu-Ruppin und Kruscmark in der Marienkirche zu Stendal hängen.

hoch

hängen des Klöppels hat, ist

*) Solche z.

ist nur 0,29 m.

dagegen durch ihre breite und niedrige Gestalt

0,52 m. 0,47 m.

3. Jedenfalls sind diese Glocken, wie die Namen und bei dem Johannes auch die Sprache beweisen, nicht von in der Mark heimi¬ schen Meistern gegossen worden. Solche dürften mit ihren Namen des

sie

unterem Durchmesser), von Merten 1569 gegossen, dadurch auffällig, daß sie noch gothische Minuskeln zur Inschrift verwendet, die größere

gehangen haben sollten?

bis zu Ende

einer neuen Zeit aus.

In

finden konnte, die fertigen alten Glocken zu kaufen, statt auf das

zweifelhafte Gelingen deö Gusses neuer zu warten.

erscheint.

einzeln (auch als Interpunktionszeichen), als auch zu ganzen Friesen vereinigt, eine sehr gefällige lilienartige Figur verwandt; daneben, wie dies nun allgemein Mode wird, zahlreiche Abgüsse von großen und kleinen gleichzeitigen Geld- und Schaumünzen. Die Buchstaben der Inschriften sind nicht mehr gothische Minuskeln, sondern latei¬ nische Uncialen; auch in ihrem Inhalt spricht sich vielfach Geist und

|

diese Glocken

treibenden Gießern') an Ort und Stelle gegoffen waren, zum Ver¬ kaufe standen, wo man denn wegen der Nähe es bequemer

Hefftcr, Geschichte re.

schriftlicher Nachricht über ihn, daß er

kein billiger gewesen.

hergebracht sein."

Büchsenschäfter und Glockengießer

|

unten 0,97 m., oben 0,55 m. Kirchenglocken sind von denselben Gießern gleichfalls zwei

vor-

201 Handen:

die sogenannte Apostelglocke der Gotthardtskirche von 1557

(Höhe 1,26 m., Durchmesser unten 1,52 m.) und die etwas kleinere Stundenglocke der Pauli-Kirche von 1564 (Höhe 0,76 m., Durch¬ messer unten 1,03 m.). Beide sind einander außerordentlich ähnlich. dem erwähnten Lilienfriese unter den Inschriften haben sie auf der Vorderseite die Crucifirusgruppe (Maria und Johannes ohne Nimbus) in Relieffiguren von ansehnlicher Größe (der Crucifirus ist 0,183 w. lang). Die Umschrift ist bei beiden zweizeilig. Auf der Apostelglocke gehört je die Hälfte der oberen und der unteren Zeile zusammen; die eine Hälfte enthält die Herameter: En . ego campana . nvnquam . denvncio . vana . Lavdo . devm . vervm . plebem . voco . congrego . clervm . (Etwa: Nimmer dem Wahn will ich dienen; nur Gotte dem wahren

Außer

zu Lobe,

Notiz:

Anno . dom. 1.5.57 . iare . v. d. m. i. M: Andreas .30. Mvldenhewer, worauf der übrige Raum

mit

diese Glocken

nebst so manchen anderen zur

Ausstattung der Kirchen

mit Kelchen, Taufsteinen, Kanzeln, Altargemälden u. s. w. damals in löblichem Wetteifer aller Stände gestifteten Stücken Zeugniß davon, daß die Reformation in unsern Gegenden in Bezug aus kirchliche Kunst und Kirchenschmuck keineswegs nur negativ und das Vorhan¬ dene beraubend und zerstörend ausgetreten ist, vielmehr nicht nur den alten Bestand, soweit er für die veränderten Bedürsiiiffe brauchbar blieb, pietätvoll konservirt, sondern auch ein eigenthümliches neuschas-

Es hat

feudes Regen und Streben wachgerufen hat.

sich

allerdings

dabei meistentheils nur um mehr oder minder beschränkte Handwerkssich Mancherlei darunter, das als Zeugniß von dem eigenthümlichen Leben der deutschen Re¬

leistnngen gehandelt, doch findet schönes

Rufend dem Volk und sammelnd die Priester erklinget die Glocke); die zweite die chronologische

Christenthums in unsere Gegenden — in einer selbständig aktiven Weise in die kirchliche Bewegung mit eingriff. Ueberhaupt geben

naissance auch in unsern Gegenden beachtet und bekannt gemacht zu

Erst die Fluthen

dreißigjährigen Krieges haben Es ist daher auch kein Wunder, daß nach den Moldenhauer'schen Glocken mehr als ein Jahrhundert vergeht, ehe werden verdiente.

des

das Alles in Elend und Verwüstung begraben.

e.

von

uns neue Glockengüsse in

6 Münzen verschiedener

Brandenburg begegnen. Bedarf durch Zerspringen alter Glocken ist wohl

einer

Größe

Reihe

ausgefüllt

zwischen denen noch

ist,

ein

Reliefbild einer Glocke mit Helm und Klöppel steht. Was die 30 bedeuten soll, erhellt

kleines

eingetreten,

nicht

auch

war die Noth der Zeiten so

groß, daß man kaum

das

des Konservirung Alten, geschweige denn

Lebensalter des Meisters.

an Neubeschaffnngen den¬

Aus der Rückseite steht

ken

Andreas Sch vier Bvrgerm. Die Umschrift

jenen wilden Zeiten auch

nicht

— vielleicht

au

noch

der Glocke von

tu

St. Pauli

aber

prangt, den Titel

Scholl.

Simon dessen

dem

der

Ende

Stadt

sich kein

Pfarrer

auch

Eine Hohenzollcrn'sche Siegelschnle.

nur das niagistratualische und später das

domkapitularische Patronat,

zum Theil sehr anspruchsvoll, verewigt. Das V. D. M. J. E. — verbum domini manet in aeternum, das alte lutherische Stichwort, kommt auch auf der Moldenhauer'schen Glocke zu Linum von 1558 vor. Auch die Auswahl des ersten Herameters gegenüber der auf mittelalterlichen Glocken gewöhnlicheren Form: consona campana debellat singula vana erscheint fast

wie

ein absichtlicher Ausdruck protestantischer Gesinnung, und die etwas renommiftische Bemerkung über die Betheiligung der Bürger bei der Stiftung der Glocke von St. Pauli ist ganz charakteristisch für

Stimmung, in welcher gerade das Bürgerthum der märkischen Städte damals — eigentlich zum ersten Male seit Einführung des

die

gelebt,

des

Krieges

Umgegend vorkommt.

und Kirchenvorsteher, die anderwärts, namentlich auf den ländlichen Glocken jener Zeit und später nicht zu fehlen pstegen, kommen auf den Brandenburger Glocken sich

Kolle

Name gleich nach

aus einigen Glocken der

voranstel¬

nicht vor; hier hat

In

Brandenburg hat um jene Zeit ein Gießer

lend: Der Bvrgerrneister

Lvcas

cinge-

Davon

Kirchenchroniken.

der Rückseite

nachdrücklich

Kanonengut

erzählen hie und da alte

richtigung: Die.Bvrger. haben . avch . viel. zv . dieser . klocken . gege¬

Auf

manche

schmolzen worden.

Benach¬

ben.

Marken

den

zu

Notiz:

Andreas. Moldenhewer. Merten . M. Anno. Dom. 1564, in der unteren die anspruchsvolle

Es ist in

Kirchenglocke geraubt und

hat in der oberen Zeile die chronologische

konnte.

selbst

In

findet

Werk von ihm,

sind weitere Nach¬

richten über ihn nicht zu

ermitteln gewesen.

wir

neue

Erst gegen Ende

und sehr interessante Güsse,

des

17. Jahrhunderts finden

die von der Besserung

der

allgemeinen Lage Zeugniß geben, übrigens in jeder Hinncht als Kinder einer völlig anders gewordenen Zeit und Kunst auftreten. Ueber einige der merkwürdigsten unter diesen vielleicht ein anderes

Mal.

Eine Hohenzollcrn'sche Ziegelschale. ('Nit Abbildung.)

laut, aus den Schon vor schönsten Hohenzollern-Siegeln eine Zusammenstellung für eine Siegel¬ längerer Zeit wurde der Wunsch

schale vorzunehmen, um ein künstlerisch dekoratives Schmuckstück dar¬

aus fertigen zu lassen. Zu diesem Behuf wurden 35 Siegel von Hohenzollern-Urkunden ausgewählt, und der Gießerei in Jlsenburg zur Anfertigung einer Schale übergeben. Genanntes Institut hat sich

202 der Aufgabe zendste gelöst.

mit allem Eifer unterzogen und dieselbe auf das Glän¬ Die Schale, für deren Herstellung Se. Kais. Hoheit

lebhaft interessirte, ist vom feinsten Gußeisen, und hat einen Durchmesser von 66 nz.; sie zeigt die unten genannten 35, durch Rankenverzierungen miteinander verbundenen Siegel in kaum

der

Kronprinz

Der

vertieft

dieselbe,

sich

größere und demnächst

8

äußere Rand der Schale enthält deren

16;

und trägt im zweiten Siegelkran;

10

kleinere Siegel,

welche

das

in

der

befindliche prächtige Reitersiegel des Burggrafen Friedrich

VI.

Mitte

19)

bergen. Friedrich, Markgraf zu Brandenburg (später Kurfürst 1471. Friedrich II.), geb. 1413 dei. gra. marchionis brade1418—1440. 8. Friderici.

f

burgen et burgvi. nurberg. Friedrich I., Kurfürst zu Brandenburg, geb. 1372

20 )

1447.

mit ihren Umschriften

haben hierbei Verwen¬

1)

1226.

Sigillurn. Friedrich

-j-

21 )

1450.

22 )

1491.

17)

1246.

j

23)

1504.

24)

1515.

S-

Friedrichs I. zu Brandenburg), -h 1442. Fridric dei gia marchis: brandenburgensis: sacri 1437.

romaui

imperii

archicamerarius

burggravius

nuerenb’rgens’. Friedrich

I., Kurfürst zu Brandenburg,

geb.

1372

f 1440.

1486.

8igillu. Friderici dei gra marchionis bradburgesi et burgrauii nurebergensi. Friedrich II., Kurfürst zu Brandenburg, gb. 1413 -f-1471. 8. elsabet vo. gots. gnad. geborn, marggrafin zu bradeborch. grefin. un. frau. zo. henebg. Elisabeth, Gräfin zu Henneberg, geb. Markgräfin zu

mitis de Zolre. Frideric. . . . Burggraf von Nürn¬ Zollern, II., Graf von

berg 1255. Cunradi Burgravii. D. rindere, e.t. comit. de. Z. n. Conrad III., Burggraf von Nürnberg ch 1261. 1296. Fide.xi. Burgravii. de. nu. berg. 3) Friedrich III., Burggraf von Nürnberg, geb. 1218 ch 1297. 4) 1296. 8. Job'is Burgravii. de. nurnbec. Johann I., Burggraf von Nürnberg (Sohn des Burg¬ grafen Friedrich III.), geb. 1280. 5) 1302—1326. 8. Frideric . . rggravii. de nuerenberg. Friedrich IV., Burggraf von Nürnberg, gb. 1287 -j- 1332. 6) 1340. 8. Katherine. comitis. d. Werth. Katharina, Gräfin Werthheim, Tochter des Burggrafen -j- 1373. Friedrid) IV. von Nürnberg 7) 1342. 8. 8eeret. Job'. Burgravii de nurenb’g. Johann II., Burggraf von Nürnberg 1357. 8) 1348. 8. Johannis. Burcgravii. de nurenberch. Johann II., Burggraf von Nürnberg -j- 1357. 9) 1366. 8. Friderici. dei. gracia. comitis. et. Burgrafii. in. nurenberg. Friedrich V., Burggraf von Nürnberg, gb. 1332 -j- 1398. 10) 1378. Sigill. Friderici dei gracia Bnrggrafii nurinbergencis. Friedrich VI., Burggraf von Nürnberg (später Kurfürst -j- 1440. Friedrid) I. zu Brandenburg), geb. 1372 11) 1374. 8. Anne. Ducisse. Stetinensis. etc. Anna, Herzogin in Pommern, Tochter des Burggrafen Albrecht des Schönen von Nürnberg -j- 1413. 12) 1388. 8. secretu Joh’is. burgravii nurinberg. n. Johann HL, Burggraf von Nürnberg -j- 1420. 13) 1397. 8. secr. frid. borgravi. de norenbeg. -j- 1398. Friedrid) V., Burggraf vonNürnberg, geb. 1332 14) 1404. sec: friderici. burggravii. de nuremberg. Friedrich VI., Burggraf von Nürnberg, gb. 1372 -j-1440. 15) 1417. 8. Friderich graef ze zolr. Friedrich der Aeltere, gen. der Oettinger, Graf zu Zolre ch 1443. 16) 1418. 8. elisabet dei gracia marchonisse brandburg. en. et. burggrafie nuerenbergen. Elisabeth, Herzogin zu Bayern (Gemahlin Kurfürst

2)

1440.

8. albert d. g. marchio. brande, bürgn, et bgravi

nurenburg.

Siegeln zu, polirt.

dung gesunden:



Albrecht (Achilles), Kurfürst zu Brandenburg, geb. 1414

schließen

Folgende Siegel

8.

um¬

— wie solches auf unserer Abbildung in der, aus der Siegel¬ schale dargestellten Größe wiedergegeben ist. Das Ganze ist matt gehalten, und nur die Jnuenbeugung, vom Rande nach den inneren

ac burggii nueren¬

1437.

sich

glaublicher Schärfe. dann

Fridrici di marchio brandeb.

18)

Brandenburg, geb. 1474 -h 1507. 8. Fridrici d. g. march. brandbur. stetti.pomer. dux. bürg, nurberg. i. pruss. Friedrich der Aeltere, Markgraf zu Anspach und Bay¬ reuth, geb. 1460

ch

1536.

8. Johans. dei. gracia. marchio brandenburgen.

Johannes, Markgraf zu Brandenburg, Bieekönig von

25)

1518.

Valencia, geb. 1493 ch 1526. 8. Casimiri et Georg} dei. gra. marchionu. Bndn. 7

Gemeinschaftlich

Casimir, Markgraf von Bayreuth, geb. 1481

1527,

und Georg (der Fromme), Markgraf zu Anspach,

f

26)

1523.

27)

1528.

28)

1530.

29)

1530.

30)

1541.

geb. 1484 1543. 8. Johan. Alberti. marchionis. Brandenburgensis. Johann Albrecht, Markgraf zu Brandenburg (1545), 1550. Erzbischof zu Magdeburg, geb. 1499 8. Georgi. dei. gra. marchiois. brandenburgen. etc.

ratbaresis. in. silesia. Ducis. et. ut. tutoris. infantis. Alberti. marchionis. fris. nostri. fili. Georg (der Fromme), Markgraf zu Anspach, geb. 1484 -j- 1543. Joachim marchion. bradeburgen. sacri. romaui. 8. imperii archicaerarii principis eloctor ducis. stetinen, pomeranie. cassubie. slavie. burgravii nureburgen’. p. rugie. Joachim I. (Nestor), Kurfürst zu Brandenburg, geb. 1484 -j- 1535. 8. Joachim, d. g. marchiois. brandeburgn. sacri. rom. impii. archiaerarii pncip. elctor. stetin. poeranie. Joachim I. (Nestor), Kurfürst zu Brandenburg, geb. 1484 ch

B.

1535.

G. Georgius marchio Brandenb. Stetin. Ferner.

Sclavor. ac. in. Silesiis. Carnov. dux ducat. opol. et. dnus. burgrav. norenb. rugiae. cassu.

princ. Georg (der Fromme), Markgraf zu Anspach, geb. 1484 -j-

31)

1550.

1543.

Georg Fridricks. margk. zu Brandenburgk herezog

in slesis. Georg Friedrich, Markgraf zu Anspach und Bayreuth, geb. 1539 -j-

32)

1562.

1603. mar. Brand. 8. ro. imp. Arch. p. 8. Joachimus. dec. Stet. Pom. et. dux . . bürg, Joachim II. (Hektor), Kurfürst zu Brandenburg, geb. 1505 1571.

II.

i

nor.

203

33)

1568.

V. G. G. Albrecht. Friderich. marggrave. zu. Brandenburgk. in. Preussen. Herczog. C. Albrecht Friedrich, Herzog in Preußen, geb. 1553 -j-

34)

1573.

1618.

etcet. Herzog.

35)

1579.

i

Eine urkundlich Antwort kann auf diese Frage nicht gegeben werden. Sie dürfte jedoch in den eigenthümlichen Verpflichtungen gesucht werden, die das Gewerk in anderen deutschen Städten der Gemeinde gegenüber hatte, und die auch dieselben in Berlin gewesen sein mögen. In jenen Zeiten nämlich, die noch keine stehenden Heere kannten, war die Bürgerschaft einer Stadt in Kriegs- und Belagernngszeiten auf die Selbstvertheidigung ihrer Mauern angewiesen — auf die Bewachung der Thore, die Vertheidigung von den Thürmen und die Ausfälle auf die Bei Letzteren galt es persönlichen Muth mit Schwert Belagerer. und Hellebarde, und solche Ausfälle waren von einer Art schwerer Bürger-Kavallerie unterstützt, welche nur diejenigen Bürger bilden konnten, deren Erwerbszweig das Halten von Pferden erforderlich machte. besondere bei den Einholungsfeierlichkeiten, zu erscheinen? sichere

Albrecht Friderich. margre. zu. Brand, in. Preussen. Friedrich,

Albrecht

Woher nun wiederum die alte Bevorzugung des Schlächtergewerks: an der Spitze der übrigen Gewerke, bei festlichen Aufzügen und ins¬

Herzog

in Preußen,

geb.

1553

1618.

y. G. G. Georg Friedrich, marggraff zu Branden¬ burg, in Preussen und Schlesien zu Jegernd: Hertzog etc. Georg Friedrich, Markgraf zu Anspach und Bayreuth, geb. 1539 -j- 1603.

Ein Exemplar dieser Hohenzollern - Siegelschale, dem GeheimSekretair Brose gehörig, ist in dem Lokal des Vereins für die Ge¬ schichte Berlins (im Deutschen Dom) zur Besichtigung aufgestellt

So waren

die Schlächter nicht allein zum städtischen Kavalleriedienste

verpflichtet, sondern in mehreren Städten sogar verbunden, ein besonderes

worden.

Die LnoKenhouwer Serlins. Von «fcriliiumil .fllci|cr.

Ceremonie schließen, die von den Schlächtern

(Fortsetzung.)

Bildeten die Gewerke im 14. Jahrhundert die Grundpfeiler, auf in denen die bürgerliche Gesell¬

denen das ganze städtische Wesen ruhte,

schaft den Ausgangspunkt

für

rative Ordnung fand, so läßt für die sociale Entwickelung hatten die sogenannten

Pferd zu diesem Zweck zu halten. Aus dem Umstande ferner, daß unsere Handwerksvorfahren kräftige und muthige Streiter im Kampfe gewesen, läßt siä) mit ziemlicher Sicherheit auf die Entstehung einer

jeden geselligen Verkehr und jede corpo-

hieraus auch auf ihre hohe Bedeutung Namentlich der alten Städte schließen. (Bäcker, Schlächter, Schuh¬

der

Die Königüberger und die Berliner Schlächter führen dagegen Bevorzugung auf eine specielle Heldenthat zurück.

wurde. diese

Im

sich

Vier-Gewerke

in allen Städten

alten Monarchie stets als eine Bevorzugung in Anspruch genommen

schwedischen

Kriege, unter dem großen Kurfürsten, sollen die

Ersteren thätigen Antheil genommen und in einem Kavalleriegefecht ein schwedisches Reitergeschwadcr niedergemacht habe».

Der Kurfürst hätte

macher und Tuchmacher) auf Berlin einen großen politischen Einfluß, der ihnen in allen Gemeinde-Angelegenheiten eine bedeutende Stimme

ihnen, als Anerkennung dieser Heldenthat, die Gerechtsame verliehen,

einräumte. Wann die Theilnahme dieser Gewerke an den Verhand¬ lungen des Rathes mit der Gemeinde ihren Anfang genommen, läßt In der frühesten Zeit fanden sich mit Gewißheit nicht nachweisen. dieselben bei voller Gemeindeversammlung statt, bis nach und nach,

Gelegenheiten in die

um den Gang der sich mehrenden Berathungen zu vereinfachen und die gesummte Bürgerschaft nicht ihrem Berufe zu entziehen, die ge¬ schworenen Altmeister der Hauptgewerke zu den Berathungen hinzu¬

und Standarte

Aus dem sogenannten „ruhenden" Rathe, d. h. den¬ jenigen Rathmännern, welche ans dem Magistrat geschieden waren, bildete sich dann nach und nach, in Gemeinschaft mit den Deputirten der Vier-Gewerke und denen der übrigen gemeinen Bürgerschaft, ein Mittelglied zwischen dem Magistrat und der Einwohnerschaft, — eine gezogen wurden.

controlirende Corporation, ohne deren Zustimmung kein gemeinverbindlicher

Schritt

geschehen

durfte.

Hauptsächlich wachte die Corporation

darüber, daß die Kräfte der Steuerpflichtigen zum Gemeinwohl nicht übermäßig angestrengt wurden.

Die corporativen Mitglieder waren erfahrene und besonders würdige Aus der Wahl des ganzen Gewerks mit Bestätigung des Magistrats hervorgegangen, hatten sie auch die Geschäfte der Gewerks¬ Personen.

lade

zu führen, und eine fast unbeschränkte Macht bei allen Entscheidungen

innerhalb der Gilde. Sie mußten Grundstücke in der Stadt besitzen und wurden, nach erfolgter Wahl als Altmeister und Verordnete, in feierlichem Umzuge um die Stadt geführt, damit sie die Grenzen der¬ selben genau ihrem Gedächtniß einprägen und deren Recht zu jeder

Zeit bezeugen könnten. In der ältesten Zeit betrug die Zahl der Verordneten 24, und zwar 16 für Berlin, 8 für Kölln. Bei Ergänzung derselben hielten die Vier-Gewerke sehr eifrig darauf, daß solche aus ihrer Mitte er¬ folgte; und da die Verordneten, als Repräsentanten der gesammten Bürgerschaft, zu den

Huldigungen

gezogen wurden, die jedem neuen

Landesherrn zu leisten waren, so erscheinen auch in dieser Beziehung die Vier-Gewerke mit den in ihrer Mitte zahlreich vertretenen Reprä¬ sentanten bevorrechtet.

beritten und bewaffnet die Monarchen für ewige Zeiten bei feierlichen

Armatur

Stadt

zu geleiten,

auch

schenkte er

der Besiegten, sowie die eroberte Pauke und

ihnen die

Standarte.')

Dieser Annahme entsprechend, erschien das Königsberger Gewerk bei

der Krönung König Friedrid)s

I. in

Brustharnischen, eine Pauke

in ihrem Zuge führend.

Einholung dieses ihrerKönigsberger Kollegen nach. Auf prächtigen Pferden erschienen sie, in glänzenden Brust¬ In dem Musikcorps harnischen und neuen elennsledernen Kollers. Auch die hiesigen Schlächter ahmten bei der

Monarchen, am 6.

Mai 1701,

dem Beispiele

paradirten zum ersten Male zwei mit prächtigen Decken ausgestattete Pauken, deren Einführung dem Gewerk durch ein besonderes Privile¬

gium des Königs gestattet worden war. Die Compagnie hielt mit der Bürgerschaft und den übrigen Gewerken vor dem Georgen (späteren Königs-) Thor im Felde, und schloß sich bei dem Herannahen des Königs unmittelbar dem Gefolge desselben an. Bei dem Siegeseinzuge Friedrichs des Großen, nach Beendigung 30. März 1763, erschien das Schlächter¬ auf grünen mit Bändern geschmückten Chabraquen. Es bildete zwei Corps; dem älteren, auS sechs Zügen und je fünfzehn Meistern bestehend, ritt ein Trompetercorps vorauf, dem die rothe, goldgestickte Standarte in Begleitung der Altmeister

des siebenjährigen Krieges, am

gewerk ebenfalls

zu Rosse,

Das jüngere Corps formirtc vier Züge, jeder aus zwölf Gesellen bestehend, von den Altgesellen angeführt. Ihnen voran eben¬ falls ein Trompetercorps, die neue gold- und silbergestickte Standarte

folgte.

Sie trugen von rothem Atlas inmitten des Zuges aufgepflanzt. sämmtlich braune Röcke mit silbernen Knöpfen und rothseidene Band¬ schleifen an den

Hüten;

besetzt, ebenso die Röcke.

mittelbar page des

die der

Anführer waren mit silbernen Tressen

Auch hier folgte das Schlächtergewerk un¬

Hof- und Staatsbeamten, und zwar hinter der Equi¬ Kriegs mini stets Grafen von Reuß. Der Held des Tages, den

*) König Friedrich II. soll ihnen später die Küraffe mit dem Bemerken abgefordert haben, daß er sie beffer brauchen könne.

204 der bescheidene Sieger, schloß den Zug

Mannschaft.

Am Vormittage

deß

mit einer Deputation

der

Der Altmeister

Kauf.

folgenden Tages empfing der König

Bevollmächtigten des Gewerks, die Altmeister Glöckner und Heb eisen, in besonderer Audienz. Von den beiden Standarten, welche das Gewerk gegenwärtig besitzt, scheint die der Meisterschaft, einen schwarzen Adler führend, aus der Zeit des Regierungsantritts

quardt,

Die Standarte

der Gesellschaft

führt

einen silbergestickten Ochsen.

Bei der Einholung Friedrich Wilhelms II., am 26. September 1786, hatte sich die Berlinische Stadtkavallerie, nämlich das aus mehreren Innungen bestehende Schlächtergewerk, die Schützengilde und Kaufmannschaft, nach Hohen-Schönhausen begeben; die Schlächter in einer Stärke von 110 Mann, auf stattlichen Pferden mit rothen Schabracken. Ihre Kleidung bestand aus braunen Röcken und schwarzen

eines Schirrmeisters

mit

sich

zu Pferde,

und unter dem

zu dürfen."

Noch aus von den Campagnen, ich zur Hilf mußt' eilen

Dem tapferen Vetter von Oranien.

Sie rauben und sie brennen, Allwo sie kamen hin, Sie werden bald berennen Auch meine Stadt Berlin. Es nah'n die wüsten Schaaren Heran auf allen Seiten; Wer soll aus den Gefahren Meine Prinzeß hinaus geleiten? Schnell zogen da die Schlächter

Die Pferde aus den Ställ'u:

„Wir

Und Trutz dem Feinde bieten — Wir Schlächter sind gewohnt an Schlachten!

Sind wir

König und

der

Stadtrath Krug,

Königin durch den Leiter der be¬ die Führer derselben vorgestellt

werden dürften.

Nach der Allerhöchst ertheilten Genehmigung erfolgte die Vor¬ stellung des Obermeisters der Schlächter-Innung, Rengert :c., und

alsdann

Genehmigung, daß die Spitze des Zuges stellen durften. die

berittenen Corps

sich

an die

mit

dem Messer,

Sie dankt für ihre Dienste Und sprach gedankenvoll: „Die edlen Ritterkünste, Fürwahr, versteht ihr wohl! Wacker zu reiten wißt ihr, Zu stechen und zu schlagen; Eins fehlt euch nur: nun müßt ihr Ein schmuckes Banner tragen."

Kleidung, dreieckige Hüte und Säbel.

dem

auch

Dem Spieße nur bewehrt, Ein braves Herz ist besser, Als wie das schärfste Schwert. So dachten sie und ritten Und stiegen nicht vom Rosse, Bis daß in ihrer Mitten Die Holde kam zum sichern Schlöffe.

Bei der Einholung des jetzt regierenden Herrscherpaares, am 22. Oktober 1861, waren die Deputirtcn des Gewerks in einer Stärke von 120 Mann — die Meister unter Führung des ersten Altmeisters Reugert, die Gesellenschaft unter der des Meisters Fischer — mit ihren Trompetercorps und den beiden Standarten gegenüber der Em¬ pfangshalle an der Frankfurter Chaussee aufgestellt. Sie trugen schwarze

M. M.

sind die besten Fechter,

Von Meister und Gesell'n; Wir wollen die Fürstin hüten Bei Tage und bei Nachten,

Und kommt der Tag — Gott mög ihn abwärts leiten! — Wo Eurem Throne Unbill feindlich naht, Das ganze Volk im Sturme wilder Zeiten Wird aufstehn, wie ein Mann, auf Dein Gebot! Das alte Recht, Euch freudig zu geleiten, Wird zwiefach theuer uns im Drang' der Noth. Zum Festtag kamen wir in vollen Schaaren — Doch Keiner fehlt am Tage der Gefahren!

rittenen Corps,

I.

Da

ordnung :

I. Z.

der Redner

„Der Kurfürst spricht mit Grämen: Rings kommt der Feind daher, Und will das Land mir nehmen, Das daliegt ohne Wehr. Mein Heer ruht viele Meilen

Am 21. September 1840, dem Einholnngstage des verewigten Königs, hatten sich die berittenen Gewerke und die Kaufmannschaft an der Festrotunde vor dem Frankfurter Thore (am Weichbilde der Stadt) aufgestellt; das Schlächtergewerk, durch eine Deputation von 70 Meistern und einer gleichen Anzahl Gesellen vertreten — in braunen, goldgestickten Uniformen, mit weißen Federn auf den Hüten, — nahm Nachdem der Stadtsundicus Moewes, dem den rechten Flügel ein. seitens des Gewerks der Schlächtermeister Wagner beigeordnet, dem Königspaare nach Friedrichsfelde entgegen geritten war und um die Genehmigung gebeten hatte, daß die berittenen Corps sich an die Spitze setzen und Ihre Königliche Majestäten nach dem Schlosse führen dürften, überreichte in der Rotunde selbst der Schlächtermeister Fickert auf seidenem Kissen ein auf weißem Atlas gedrucktes, mit einer Guir¬ lande von goldenem Eichenlaub und Kornblumen verziertes Gedicht. Die letzten Strophen desselben lauteten, mit Bezugnahme auf das königliche Wort Friedrich Wilhelms III. in seiner letztwilligen Ver¬

eingenommenem Dejeuner, und nachdem Se. Majestät Generals-Uniform angelegt hatte, überreichte der Bürger¬ meister Hedemann Se. Majestät dem Könige den Rapport über die aufgestellten berittenen Corps und bat um die Erlaubniß, daß

daß

weißen Seidenkiffen ein Gedicht

6 Postillonen folgte das Schlächtergewerk,

Nach

Mar»

mit folgenden Worten:

wir Aller-

M. der Königin auf einem in einem prachtvollen rothen Sammet¬ einbande mit reicher Goldverzierung, deren Mitte in Gold die beiden Seiten der Krönungs-Medaille enthielt. Das auf Pergament gedruckte Gedicht, dessen auf einem besonderen Blatte befindliche Widmungs¬ schrift in buntein Prachtdruck ausgeführt war, lautet: Damit präsentirte

Vorritt

große

Schlächtermeister

I. M. der Königin

Berliner Schlächtergewerks unterthänigst zu Füßen legen. Zugleich wollen Ew. Majestät aus diesem Buche ersehen, aus welchem Grunde wir um die Gnade bitten, Allerhöchstderselben Krönungswagen geleiten

dem sich die Schützengilde und demnächst die Kaufmannschaft anschlossen.

die

des Schlächtergewerks,

hierauf

höchstderselben ein kleines Zeichen von der Treue und Verehrung des

Westen; rothe Kokarden, gleichfarbige und schwarze Federn zierten die Nach Entgegennahme eines auf weißem Atlas gedruckten Hüte. Gedichtes, setzte der König

sich

„Ew. Majestät wollen Allergnädigst gestatten,

auch die

Friedrichs des Großen herzustammen.

näherte

'

Von bunter Seide stickt sie's Wohl mit der eignen Hand, Den braven Wächtern schickt sie's, Als Dankes Unterpfand. Die haben's aller Zeiten Festlich vorangetragen, Wenn's galt, herzugeleiten Einer geliebten Fürstin Wagen. Laß uns, gleich unsern Ahnen,

Erhab'ne Königin, Auch Dir den Weg heut bahnen Nach Deinem Schlöffe hin.

205 Heut gilt's nur Lust und Scherzen, Doch nahen einst Gefahren,

„Wer ausgiebt,

Den historischen Nachweis für diese verherrlichte That zu führen, wir dem Gewerk überlassen.

müssen

Die Spitze des Königlichen Zuges bildete von hier aus die Deputation der Schlächter, geführt von dem Stadtrath Krug und dem ihm

Oppen.

(Forts, folgt.)

Berliner Theaterplaudereien aus (Fortsetzung der „Plaudereien aus den

„Willkommen, Doktor!

den dreißiger Jahren. zwanziger Jahren".)

Sie wohl zu sehen, denn einmal auf Ihre Hülse an¬ gewiesen, da Sie sich nicht blicken ließen." „Ich muß deshalb um Ihre Verzeihung bitten, Herr Baron. Mancherlei außergewöhnliche Geschäfte nahmen meine Zeit in An¬ fürchtete

schon

ich,

Sie

spruch; ich hoffe jedoch, daß

Sie

Freue mich,

seien

auch

Sie

sich

inzwischen wohl befanden,

„Richtig! Ich klage nicht gern über Kleinigkeiten. das Alter anfängt, sich fühlbar zu machen, so will ich

„Das ist allerdings

da

Wiewohl doch schon

wird Sie dort das Alter nicht empfinden

laffen", entgegnete ich.

„Nun, das möge dahingestellt bleiben. Aber wir haben viel nachzuholen; ich konnte Ihnen nicht einmal meine innerste Zufriedenheit, ja niein Entzücken über Charlotte von Hagn aussprechen. Das Künstlerin!" „Und die beiden Stich's?" „Ja wohl, Alle ganz vortrefflich! Man sucht auf's Beste die Lücken auszufüllen, und es wird auch an Stücken nicht fehlen, damit die neu Engagirten richtig placirt werden. Vor allen Dingen aber sagen Sie mir, Doktor, was ist kürzlich in „Jurist und Bauer" nenne ich eine

vorgegangen?

Ich hörte davon sprechen, mochte aber nicht stagen, und das Ganze blieb mir unklar." „O, einmal wieder ein Scherz, wodurch die alten Kollegen sich ihrer Jugend erinnerten; denn sie sind älter, ernster geworden, und viel stemde Elemente haben sich ihnen beigesellt. Unser Gern liebt es jedoch noch,

wenn

sich die

Gelegenheit darbietet, seiner Laune den

wir uns „Stumme

So hatte er sich angewöhnt, als Schreiber im „Jurist und Bauer" seinen Freund Krüger mit Citaten aus „Hamlet" zu unterbrechen und, da Krüger den Hamlet spielt, natürlich die Lacher für sich gewonnen. Da Krüger dies einige Mal ohne Rüge hingehen ließ, so nahmen diese Ertempora immer größere Dimensionen an. An einem Abend nun, als Fräulein von Hagn die Rosine in besagtem Stück spielte — das Haus war erdrückend voll, — schien Gern sich einen Hauptschlag vorbehalten zu haben. tänzelte von seinem Tisch zu demjenigen Krüger's hinüber, nahm

deffen

Dintenfaß, um daraus das seinige zu füllen, und als Krüger

fragte: „Was soll das heißen, was untersteht Er sich?" erwiederte Gern: „Hamlet sagt „Dein Maaß ist voll!" Diese Worte erregten natürlich Lachen. Nachdem daffelbe jedoch verstummt war, begann Krüger von neuem: „Weiß Er auch, was Hamlet noch sagt?"

deffen

Aber da wir dies Glück besitzen, sollen Habe neulich „Oberon" und die

freuen.

auch

Portici" angehört, nur um

von

von Bader

und

mädchen,

die

die Schätzet als Meer-

Schlummer-Arie singen zu hören.

Gras Redern war gleichfalls anwesend, und ich glaube wohl, daß, da diese Oper sein erstes Debüt als Intendant war, er sich gern des Beifallssturmes erinnert, den sie errang. — Sie lächeln über alten Enthusiasten?

den

daß ich

auch

Nun, ich leugne

der Fehler und des

es

ja keinen Augenblick,

Nichtgelingens denke;

aber,

wie

warum bei so viel Schönem und Gelungenem die Rüge laut werden laffen? Ihnen freilich, der Sie Allem näher stehen, mag sich das Urtheil schärfen." „Doch weniger, als Sie vielleicht glauben, Herr Baron. Denn bei allen künstlerischen Schwächen erkenne ich gleichwohl so viel Wahrheit und allgemeines Kunstintcrcffe, daß ich leicht versöhnt bin. gesagt,

schon

Und wie wißen

sie es

zu schätzen,

in einem

neuen Stück eine Rolle

zu schaffen, gleichsam zu sagen: das ist Heinrich

mir

VIII.,

wie ich ihn

nach des Dichters Zeichnung gedacht!"

„Ja,

liegt aber auch ein bedeutender Vortheil für den Schauspieler darin, der erste Darsteller einer hervortretenden Rolle es

zu sein; keine Erinnerung steht hindernd daneben, ihm den

Sieg zu

entreißen oder doch zu schmälern."

Zügel schießen zu lassen.

Er

und Gern

ein seltener Glücksfall."

„Zugegeben, Doktor!

zufrieden sein, wenn ich nicht an dem Besuche des Theaters verhin¬ dert bin." reger Geist

einzunehmen verstehn,

Wie ist dasselbe ausgefallen, Herr Baron?" „Daß er vortreffliche Mittel besitzt, und daß eine Erscheinung, wie die seinige, sich auf jeder Bühne die Theilnahme und Aufmerk, samkeit des Publikums erringen muß. Sein Heinrich VIII. in „Die kluge Königin", sein Carl Anjou in „König Conradin" sind Schöpfungen, die ihn zum Künstler stempeln. Die Vorstellung des ersteren Stücks zeigt überhaupt den Reichthum unserer Bühne in allen Rollenfächern. Denken Sie nur des mustergültigen Wolff und Beschort! Und „König Conradin!" — Nicht leicht dürften Sie eine andere Bühne finden, die Ihnen zwei gleich schöne, jugendlich, imposante Gestalten, wie Madame Crelinger und Unzelmann, als Conradin von Schwaben und Friedrich von Baden, als SemiramiS und Alilat in der „Tochter der Luft", als Chriemhild und Brunhild im „Nibelungenhort" auszuweisen vermöchte."

mich sonst hätten rufen laffen."

„Ihr

auch

aber der Citate aus Hamlet wird er sich künftig wohl enthalten. — Doch nun zu Herrn Rott, den Sie inzwischen ge¬ nugsam gesehen haben, um sich ein Urtheil über ihn zu bilden.

Dann woll'n mit treuen Herzen Die Schlächter ihre Kön'gin wahren.'

beigeordneten Schlächtermeister

muß

verstand cs;

„Nun, Herr Baron, so gar schlimm ist es auch nicht! Wer außer Ihnen, noch täglich das Theater? Wer erinnert so lebhaft der Dahingegangenen, als Sie? Die Welt hat

besucht, sich

andere Sorgen,

und die herankommende Zeit andere Interessen, als

das Theater oder die Kunst überhaupt."

„Wahr, wahr!" sagte seufzend der Baron. „Die neue Zeit wird auch ein anderes Publikum niitbringen. — Doch was geht das mich an! Gleichwohl bleibt es wahr, daß eine neue Rolle für den Schauspieler kein

zu unterschätzendes Geschenk ist,

und ohne dem

Talent unserer jungen Schauspielerinnen zu nahe treten zu wollen, so

haben

sie

doch Ursache,

Karl Blum für

sagen zugeschriebenen Rollen dankbar zu sein.

die ihnen,

man kann

„Goldschmieds Töchter-

brummte betroffen „nein", und Krüger fuhr fort: „Er sagt „Und die bei Euch die Narren spielen, laßt sie nicht mehr sagen, als in ihrer Rolle steht!" Jetzt war er der Sieger, denn einer Sturmfluth gleich durchbrauste ein Lachen und Bravorufen daS Haus, so daß selbst das Auftreten der Hagn die Ruhe nur mühsam wieder

der „Ball zu Ellerbrunn", „Capriciosa", die „Herrin von der Else", „Vicomte Letoriöres", sind diese Stücke nicht alle für das Talent zugeschnitten?" „Und für Clara Stich „Ich bleibe ledig!" „Ja, Doktor, da muß ich mit Schneider sagen: Ausgezeichnet! Wie wird sie aber auch von Weiß, Stawinsky, Crüsemann und Grua unterstützt! Traurig nur, daß der junge Lombard so früh

herzustellen vermochte."

sterben mußte, er wäre wohl ein würdiger Vertreter Reben stein's und

Gern

„Doch später?" fragte der Baron.

lein",

Grua's geworden."

206

„Man ich

fahndet

nach einer

anderen,

ebenbürtigen Kraft,

wie

höre."

„Und wer ist das, Doktor?" „Ein junger Frankfurter, mit Namen HendrichS." „Hm! Wäre mir lieber, wenn er ein Berliner wäre! Die verschiedenen Dialekte fangen an, sich fühlbar zu machen." „Wenn der Norden uns im Stich läßt, müssen wir froh sein, uns aus dem Süden versorgen zu können. Auch hatten Sie ja früher der Fremden — wenn Sie Deutsche überhaupt so nennen wollen — viele unter dem alten Personal: Jffland, die Gern's, die Eunicke's und Andere, waren

sie

bezweifeln,

daß

sie

ist eine zu kluge Frau, um das Richteramt hierin nicht dem einzig glaubwürdigen Richter, dem Publikum, zu überlassen."

„Und daran thut

sie sehr

nicht Nacheiferung

wohl.

Daß Jugend und Schönheit wir nur zu oft erlebt,

anstrebte?

Geist

Ja,

offenbaren!

sich

Recht der Beurtheilung,

Die Nachkommenden sollen nur Studium auch schon der eigene

es kommen andere

gleich uns,

Generationen, die

beanspruchen;

für

ihr

diese mögen

sie die großen Vorbilder nach eigenen Kräften nutzen, und wenn dann unter ihnen wieder ein Meister von Gottes Gnaden hervortritt, ihn lieben und verehren, wie wir es gethan."

„Nun,

wirklich deren Schülerinnen sind. Gewiß haben sie, so zu sagen, die Anfangsgründe durch dieselbe erhalten, aber mehr und mehr stellt sich doch das selbstständige Fühlen und Denken heraus. Besonders scheint mir die Jüngere ein Charakter, der nur der eigenen Ueberzeugung folgt, und die Mutter möchte

sie

treue Jünger sein, dann wird beim

nicht alle Süddeutsche?"

„Hatten sich aber schon dermaßen akklimatisirt, daß man es ihnen nicht anhörte", erwiederte mißlaunig der Baron. „Möglich, daß unser Ohr sich daran gewöhnt, und ein gegenfettiger Ausgleich stattgefunden. Dem Fräulein von Hagn scheinen Sie die süddeutsche Abkunft schon verziehen zu haben." „Eine so außerordentliche Künstlerin —" „Nun, die beiden Stich's sind echte Berlinerinnen, die wahr¬ scheinlich bei fortgeschrittener Bildung weniger als angehende Schul¬ kinder mit Mir und Mich, Sie und Ihnen zu kämpfen gehabt, als Sie und ich." „Vaterlandsverräther!" drohte lächelnd der Baron und ließ sich behaglich in seinen Sesiel nieder. „Doch Karl Blum ist es nicht allein, der für das reizende Schwesternpaar sorgt; wir wollen doch Eduard Devrient's „Treue Liebe" nicht vergessen, worin Beide so wahr, so lebenstreu spielen. Die Aelteste erinnert mich immer leb¬ haft an ihren Vater; die Aehnlichkeit ist nicht nur äußerlich, derselbe seine Geist, der Stich's Gestaltungen belebte, scheint auch ihr inne zu wohnen — stets das richtige Maßhalten, ohne kalt zu sein. Jedenfalls würdige Schülerinnen ihrer Mutter!"

„Ich

Allen fehlte? Sie hat übrigens diesen Muth nicht nöthig; wer sich als Künstlerin so bewährt hat, wie Madame Crelinger, darf keine Vergleiche scheuen. Wozu schafft die Natur die großen Meister, wenn

dazu dürfte schon der nächsten Generation Hoffnung zu

machen sein."

„Hoho, Doktor, wo wollten Sie ein solch' Meteor entdeckt haben?" noch nicht, sonst würden Sie wohl schon von ihm gehört haben; aber ich müßte mich sehr irren, wenn er nicht einst am Kunsthimmel als heller Stern glänzen würde."

„Ein Meteor ist's

„Nun?" „Als ich vor Kurzem in Hamburg war, Schauspieler, Namens

Döring,

der

sah ich einen jungen

mir ein eiftiger Jünger Ludwig

Devrient's zu sein schien. Und wo er etwa noch sehlgehen möchte, da wird ihn Schmidt schon zurechtführen. Jedenfalls dürfte er eine längere Zukunft vor sich haben, als sein berühmter Meister, denn er scheint frisch, gesund an Leib und Seele zu sein."

„Möge

er

in

seinem

Streben nie erlahmen, und seines großen

Meisters würdiger Schüler sein!"

„Nun, Herr Baron, wollen Sie gar nichts von Herrn Seydelmann hören?" „Seydelmann, ist er denn schon hier?" habe ihn heut' auf der ersten Probe gesehen." „Und damit kommen Sie erst so spät zum Vorschein?

„Ich Sie

Setzen

Sie nicht fort. Wie gefällt er Ihnen?" „Das Wort „gefallen" scheint mir bei Seydelmann nicht zulässig. Er ist ein Schauspieler, von deffen geistiger Kraft man erst sich,

denn jetzt dürfen

nach öfterem Sehen überzeugt sein muß, um die sich uns aufdrängende Frage: wie kam der Mann dazu, Schauspieler zu sein? zurückweisen

Man war sehr gespannt, ihn zu sehen, nachdem er öfteren Einladungen ausgewichen, und erst auf vieles Zureden der Stuben¬ rauch, die ebenfalls hier gaftirt, sich dazu entschloffen. Sein erstes zu können.

nicht allein ein Publikum beherrschen, haben

Erscheinen hatte, seinen Kollegen gegenüber, etwas gehaltenes, reser-

um irgend Etwas zu befürchten. Denken Sie der nichts weniger als schönen Lindner! Freilich hatte sie ein paar Augen und ein Organ, daß wir zuletzt doch meinten, eine Schönheit ersten Ranges vor uns zu sehen, so mächtig verstand sie in Herz und Seele zu

virtes.

Das Organ ist's auch, wodurch Rott zumeist unsere Gunst erwarb; er geht nur noch, sich seiner Kraft voll bewußt, zu ver¬ schwenderisch damit um. Eiu so glücklich begabter Schauspieler muß zu Jahren kommen, um einzusehen, daß eine weise Eintheilung seiner Kräfte der Wirkung durchaus keinen Eintrag thut. Hierin könnte die Wolfs eines Jeden Lehrmeisterin sein, und dies hat Rott schon Als Heinrich VUL, neben der Wolfs, welche selbst herausgefühlt. mit ihrem schwachen Organ die Katharina Parr so sein und unver¬ gleichlich spielt, tritt er nicht mehr, wie Sie einst richtig bemerkten, aus dem Rahmen heraus; er fügt sich — fühlt er doch den Sieg dringen.

des

„Wie sie

verschieden

die Künstler

beweist ein Ausspruch

ftagte, ob

Er trug einen enganschließenden, langen dunkelgrünen OberHut in der Hand, sich leicht gegen die ihm vorgestellten

den

Künstler verneigend, konnte man nicht umhin, sein Auftreten imponirend genug zu finden. Die Probe von „Clavigo", worin er den Carlos spielt, begann — er fing an zu sprechen, doch schien ein Zungenfehler ihm dies zu erschweren, bis seine Rede wie ein leichter

Strom dahinfloß. Sie

verstehen jedes

Wort und haben das Gefühl,

vom Dichter so empfunden und gedacht worden sein muß. Das war der vornehme, geistig überwältigende Verführer des armen, daß es

schwachen

welke

Clavigo, deffen glänzende Rede die kargen Einwürfe wie

Blätter mit hinwegnimmt. Herr Baron,

ich habe solch' einen

Carlos nie zuvor gesehen! Herr Heinrich Beer — Sie kennen diesen treuesten aller Mäcene — *

„Ja

wohl, den Bruder Michael und Meyer Beers." er hat Seydelmann schon in Stuttgart gesehen und kennen gelernt, ist so entzückt von ihm, daß er bereits die ganze

„Nun wohl,

Geistes!"

urtheilen,

rock;

sie

ihr Talent

und ihre Kräfte

der Madame Crelinger.

be¬

Als man

nicht auch die Medea spielen wolle, lautete ihre

Antwort: „Die Medea, wie sie von Sophie Schröder dem Publikum dargestellt ist, steht in der Meinung desielbeu, und mit Recht, unum¬ Um den Muth zu haben, nach ihr dieselbe zu spielen, stößlich da. muß mau eine andere Generation abwarten können."

„Was aber sollte

werden, wenn der

Muth zur Nacheiferung

Berliner Theaterwelt dermaßen alarmirt, daß die gehegten Erwar¬ tungen mich beinahe für den Erfolg fürchten lassen." „Warum nicht gar! Wenn der Mann, trotz seines Sprach¬ fehlers, bei einem geübten Theatergänger den von Ihnen geschilderten Eindruck hervorgebracht hat, dann ist Nichts zu fürchten."

„Ja,

aber die weniger Geübten?

Ich

sagte

haben es hier einzig und allein mit einer geistigen

Ihnen Kraft

wir thun."

schon,

zu

207

„Mag

sein!

Unser Publikum ist

mit

seinem

Urtheil nicht vor¬

schnell, und auch die weniger Geübten müssen den Eindruck des Un¬

gewöhnlichen doch empfangen.

glaube von dem Vater unseres Verfassers,' erschienen, welches, sogar zur zweiten Auflage gediehen, nunmehr veraltet und vergriffen ist. Diese Lücken auszufüllen, ist das Bestreben unseres Verfassers gewesen;

Nun, und das zweite Stück?"

weil er, in Lehnin geboren und in Lehnin wirkend, mit warmer Liebe an seinem ehr¬ würdigen Geburtsort hängt, und die Geschichte desselben nach Kräften

„Ahnenstolz in der Küche", worin er den Vütel spielt. Ja, das ist Ahnenstolz, wozu allerdings nur ein Franzose in der Küche gelangen kann! Doch Sie werden ihn selbst morgen sehen und mich

seit Jahren

berichtigen, wenn ich geirrt haben sollte."

sich

„Sie

blicken nach der Uhr, es treibt

Sie

er erscheint dazu besonders berufen,

anzueignen gesucht hat.

Publikums giebt uns das Recht,

lungszimmer, wo Sie steilich eine bessere Unterhaltung finden, als bei einem alten Podagristen." „Nein, Herr Baron, das Versammlungszimmer hat die meisten

sprechung zu unterziehen.

seiner belebenden Gäste beinahe verloren,

mit

haben den Jugendmuth eingebüßt. zeiten seiner

und die Uebriggebliebenen

Ja, wenn Holtet,

der bei Leb¬

Frau ein permanenter Gast war, nicht auch fehlte!" oder was treibt er jetzt?"

daß

in

wir

es

der histo¬

Literatur beansprucht; von historischer Kritik darf darum nicht die Rede sein, und manche Behauptung, welche sonst zum Widerspruch rischen

schränkung zur Erklärung des Bestehenden nothwendig mitzutheilenden historischen Thatsachen, und absolute Zuverlässigkeit und Vollständig¬ keit in der Beschreibung der noch vorhandenen Baulichkeiten und Alter¬ thümer erwarten und verlangen.

hören; denn selbst, wenn

seines anerkannten Fehlers gedacht wurde,

man sogleich hinzu: „Ja, das kann man auch von Holtei nicht verlangen", oder: „Holtei ist nun einmal nicht anders!" Genug, er besaß einen Freibrief für diese Vergeßlichkeitssünden, und machte eistig Gebrauch davon. Als Schauspieler hatte er nie viel Glück, und „Lorbeerbaum und Bettelstab" nie die Rolle

Die Scene, wo besser spielen, als von ihm. Frau zurückkehrt, war tief Begräbniß seiner erschütternd. er vom eigentlicher Charakter. Holtei fühlt Und das ist auch sein sich nie wohler, als wenn er tief im Elend sitzt und sein Leid ergreifend mit¬ theilen kann; wahrscheinlich weil er fühlt, daß er dann, wie selten ein Mensch, die Herzen im Sturm mit sich davonführt. Wie wäre es sonst möglich, daß ein Mann von seinem vielfältigen Talent, seinem Wissen, seiner Liebenswürdigkeit so auf den Wogen des Lebens stürmisch umhergeworfen worden! Wie lächelnd sich ihm das Glück auch genaht, er war nicht der Mann, es an sich fesseln zu wollen — des

sein,

welches einen Platz

Nie habe ich einen Tadel über ihn aussprechen

vermag Niemand zu sagen.

setzte

seinem

wir uns klar darüber

Holte!

ist einer der liebenswürdigsten,

in

müssen

keinem Buch zu thun haben,

unzuverlässigsten und darum merk¬

er gegenwärtig Dichter, Vorleser, Schau¬

spieler oder Schauspieldirektor,

doch sah ich

Von vornherein

seine

mit Stillschweigen übergangen werden. Bei des Verfaffers lediglich praktischen Zwecken müssen wir aber von ihm Uebersichtlichkeit der Darstellung, Richtigkeit der mit Vorsicht und Be-

„Holtet! Wo ist er, „Wer weiß es! Ob

würdigsten Menschen.

allgemeine Theilnahme des Arbeit einer eingehenderen Be¬

Dieses redliche Bemühen und die

nach dem Versamm¬

jungen Dichters

reizen würde, kann

Diesen Ansprüchen ist indessen nicht durchweg genügt. Die An¬ ordnung des Büchleins, welches mit einem wohlgemeinten, aber nicht

„Markgraf Otto von Brandenburg" vom Seminardirektor Fr. W. Kritzinger beginnt, ist keine glückliche. Bunt besonders gelungenen Gedicht

durcheinander werden äußere und innere Klostergeschichte, Beschreibung

Alterthümer, Sagen, Baugeschichte der Kirche mitgetheilt, sodaß Bild von den Schicksalen des Klosters nicht zu ge¬ winnen ist. In der Auswahl des historischen Materials ist der Ver¬

der

ein übersichtliches

mit weiser Mäßigung zu Werke gegangen; ganz überflüssig für Seiten füllende Abdruck aus des Abtes Stich Gedenkbuch, betreffend die Streitigkeiten des Klosters mit Dietrich und Hans von Quitzow. Was der Schreiber des 15. Jahrhunderts in umständlicher, ermüdender Breite erzählt, ließ sich in wenige Sätze fasser

seinen Zweck ist der 9

zusammenfassen.

an Nichts gebunden sein, heute vollauf, morgen darben, so ist's ihm gerade recht. Doch wo er auch war, und was er getrieben, sein

Von thatsächliche» Unrichtigkeiten und Irrthümern erwähne ich hier folgende, mir ihre eingehendere Besprechung für einen besonderen Artikel vorbehaltend. Nicht eine Gcrichtsdeputation kommt allmonatlich

Weggehen wird stets austichtig beklagt."

von Brandenburg nach Lehnin, sondern

die Ruhe,

bas Behagen, der Ueberfluß sind ihm bald lästig.

Frei,

„Er

hätte in eine frühere Zeit gepaßt", sagte lächelnd der Baron. „Holtei hatte das Talent, sich seine Zeit zu machen, wie er sie wünschte.

Möchte,

wenn

die Last

der

Jahre den Humor herab¬

gestimmt, ihm, trotz aller Flüchtigkeit, sein nie erlahmender Fleiß ein warmes Nestchen bereiten, wo er der Erinnerung leben kann! Aus Wiedersehen, Herr Baron, morgen

— im „Clavigo"!"

(Schluß folgt.)

Literatur. Kloster Lehnin und seine Sagen.

Im

Selbstverläge des Herausgebers.

Lehnin 1876.

68 Seiten.

dem allmählichen Fortschreiten der Restaurirungsarbeiten an

der Klosterkirche zu Lehnin hat das Jntereffe auch des größeren Publi¬

für die Geschichte unserer Mark in erfreulicher Weise zugenommen.

kums an diesem werk

werden dort von einem

Im

Jahre 1262 wurde

die Kirche nicht um den im s. g. Uebergangsstil gebauten westlichen Theil verlängert; die damals stattgehabte Einweihung bezog sich viel-

in ihren jetzigen Dimensionen. Ob 1707 Seboldus noch vorhanden gewesen, ist nach der Grabstein des Abtes den vorhandene» Dokumenten mindestens zweifelhaft; sicher ist aber, daß die den Abtmord darstellenden Gemälde 1707 nicht im Refectorium des Klosters, sondern in diesem Jahre und spätestens bis 1709 in mehr auf die ganze Kirche

Stelle belegenen großen Speisesaal des kurfürst¬ Der verstümmelte Name auf dem Abtgrabstein von 1509, welcher nicht blos kunsthistorisches Jntereffe hat, kann nicht Erasmus bedeuten, weil er deutlich auf — stinns endigt. Nicht Otto IV. (mit dem Pfeil), sondern Otto V., der Lange, liegt in Lehnin begraben; dessen ebenfalls dort bestatteter Sohn Albrecht führt nicht die Bezeichnung des Dritten; Albrecht III., Bruder Otto's V., wurde allerdings auch in Lehnin beigesetzt, später aber dem an ganz anderer

Herausgegeben von Ludwig

Kritzinger, Cantor und erster Lehrer zu Lehnin.

Mit

es

Gerichtskommissar Gerichtstage abgehalten.

so

wichtigen Bau¬

Unter diesen Umständen kann ein Buch, welches knapp und kurz den Besucher auf die geschichtliche Entwickelung und Bedeutung des

Ortes aufmerksam macht, nur willkommen sein; denn nicht Jeder ist im Stande oder in der Laune, sich mit den Arbeiten Riedels, Heffters, Winters, Dohmes vertraut zu machen, und auch die vielgelesenen Schilderungen Fontane's machen einen Specialführer nicht überflüssig. Diesem Bedürfniß abzuhelfen, war früher ein Büchlein, wie ich

lichen Schlosses gehangen haben.

nach

Himnielpsort gebracht (beide Irrthümer stammen aus Heffter,

was kaum unserm Verfasser zur Entschuldigung gereichen dürfte). Friedrich's I. von Hohenzollern Leiche hat sich nie in Lehnin befunden. König Friedrich I. ließ für seine Gemahlin neben dem Jagdschloß zu

Wortes „Kuh¬ bier" von excubare ist sehr gewaltsam und sicher unzutreffend; der Schluß aus den Nahmitzer Kirchenglocken, auf ihre Herkunft, ist ge¬

Lehnin kein besonderes Haus bauen.

Die Ableitung

des

-

208

wagt. Unglücklich ist der Ausdruck, daß die Gebeine in den geöffneten Gräbern „nicht mehr in der sonst üblichen Ordnung" gelegen hatten; der Verfasser wollte sagen: in ihrer ursprünglichen, natür-

Die Wiedergabe der Inschriften auf

den beiden alten

Bildern,

welche eine diplomatisch getreue hätte sein niüffen, ist nicht zuverlässig. Die Inschrift auf den der Marienerscheinung beigegebenen Spruch¬ bändern lautet beide Male: redeatis, nichil (nicht niMI) deerit vobis. In dem längeren leoninischen Gedicht muß es Zeile 4 statt quando antecessisti heißen: quando Mt cristi; es steht Zeile 5 8iboldo, nicht Seboldo; Zeile 9 muß das et hinter iacet ausfallen.

Wünschenswert!) wäre es gewesen, wenn der Verfasser der Be¬ schreibung der noch vorhandenen Klosterbaulichkeiten und Ruinen, die

wie die Thorkapelle im Conventsgarten, und die Reste

der alten Deckenmalerei, ihrem baldigen Untergang entgegensehen, den

an vielen Orten noch leicht festzustellenden, weitreichenden alten Funda¬ menten größere Aufmerksamkeit gewidmet, wenn er aus dem in seinen

Händen befindlichen alten Plan eine Darstellung der zahlreichen Ge¬ bäude und der Gartcnanlagen,

wie

sie

noch

hundert eristirten, gegeben hätte.

Eine

welcher der Verfasser vermöge seiner

Stellung

im vergangenen Jahr¬ Jnventarisirung, zu

solche

besonders berufen war,

hätte ihm mehr Dank erworben, als beispielsweise seine Erörterungen über die

Schriften

Stellung

der Wenden zum Christenthum,

die

durchaus der

Berichtigung bedürfen. Nach allen diesen zum Theil nicht unerheblichen Ausstellungen, nebst einer Reihe häßlicher Druckfehler, eine zweite Auflage hoffentlich beseitigen wird, soll zum Schluß rühmend erwähnt werden,

welche,

1876. Verlag der Kgl. Geh. Ober-Hof¬ (R. v. Decker). Das soeben erschienene XIV. Heft, Preis 1.50 M., dieser Schriften enthält unter dem Kollektivtitel: „Berlinische Nachrichten' von Louis Schneider, eine Serie höchst interessanter Aufsätze und Schilderungen, welche lokalhistorische Begebenheiten aus der Zeit von 1661 —1698 behandeln und nicht nur einen werthvollen Beitrag für die Geschichte der Stadt Berlin, sondern auch für die Kultur¬ geschichte des deutschen Volkes bilden. Die Angabe der Ueberschriften dürfte genügen, um den Inhalt zu charakterisiren. Sie lauten: „Der brennende Marienthurm mit Kettenkugeln eingeschossen" (1661); „Berlin eine Universal-Universität" (1667); „Der große Kurfürst befährt zuerst den Mühlroser Kanal" (1668); „Brandenburg-Venetianisches Ceremoniel" (1671); „Abermals Schweden vor Berlin"

(1675); „Von Fehrbellin nach Berlin" (1675); „Ein offizielles Feuerwerk" (1676); „Raule's Hos" (1678); „Sieghafter Einzug des Kurfürsten in Dero Residenz und Festung Berlin am 2. December 1677"; „Ein tartarischer Gesandter in Berlin" (1679); „Feuers¬ brunst und Geister-Erscheinung" (1680); „Berliner Schweinezucht' (1681); „Zwei Berliner Schützenkönigs-Prätendenten" (1682); „Ehemalige Sittlichkeits-Verordnungen (1688); „Eine heimliche Prinzessinnen-Heirath" (1688); „Das alte Leipziger Thor vom Blitz getroffen" (1688); „Barfuß und Schöning" (1689); „Unruhige Schuster" (1690); „Eine Pulverthurm-Erplosion" (1691); „Eine unhöfliche polnische Prinzessin" (1694); „Eine abgebrochene SchloßOper" (1695); „Die Gräfin Salmour" (1695); „Die sich in die Elbe stürzende Spree" (1695); „Eine militärische Hinrichtung' (1698). — Noch sei bemerkt, daß diese Aussätze re. bereits in der

„Spener'schen Zeitung" erschienen sind und sich ihrer Zeit einer sehr günstigen Ausnahme und Beurtheilung von Seiten der Leser zu ersteuen hatten. chem.

Es sind dies seine, theils in wichtigen Varianten, theils in neuen Sagen bestehenden danken swerthen Beiträge zum märkischen Sagenschatz. Aus diesem Grunde, und weil es immerhin, trotz seiner Irr¬ thümer, manchen Besucher Lehnins Aufklärung und Belehrung bieten unserem Verlage ist soeben erschienen:

Die MedlalUen



Mit

Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg

einem Titelbilde.

17'/- Bogen 8°. Geh. Preis 2,25 M.

Dr. A. von Sallet.

Ferner sind erschienen:

Werner Hahn, fricdrirfi Wilhelm III.

und .Luise,

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_(R.

Berlin._

v. Decker) in Im Verlage Ton Wilhelm Violet in Leipzig erschien

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Frederle le Grand,

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Diese Ausgabe der historischen Werke Friedrichs des Grossen hat den Zweck, dieselben möglichst populär zu machen, der Text ist von den anstössigen Stellen gereinigt, so dass jede Familie, jede Schule diese Ausgabe be¬ nutzen kann; etwaige Alterthiimlirhkeiten und Fehler der Sprache sind von Herrn Prof. Semmig mit gewissen¬ hafter Sorgfalt beseitigt und historische Irrthümer be¬ richtigt worden, — Das Buch empfiehlt sich daher ebenso¬ wohl für das Studium der französischen Sprache als unserer vaterländischen Geschichte. Jeder Band der Oeuvres historiques wird auch einzeln abgegeben.

~

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der Erste" König von Preußen,

2

Vereins für die Geschichte der Stadt

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was dem Büchlein einen selbständigen Werth verleiht.

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Berlin. Berlin,

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Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck von

Julius BaHlke

in Berlin.

CRÖHUtö*

Dr. Drecht, Prof. Dr.

Unter Mitwirkung von Z-idicin, Thcod. I-outanc, Geh. Regier.-Rath Freiherr Dr. von Ledebur, Geh. Hofrath L. Schneider, Archidiaconus Schwebe! in Cüstrin :c. k.

'Paulus

Kassel, Stadt-Archivar

herausgegeben von

Keorge

KM

und

Jerdmand Weyer.

Das Blatt ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Bahnhofftr. 1) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Verlagkhandlung von Alfred Weile in Berlin zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro 3gesp. Petttzeile 25 Pfg. werden von den Herren Haasenftein u. Vogler, Rud. Mosse, Bernh. Arndt, sowie von der Verlagshandlung (Bahnhofftr. 1) entgegengenommen.

Inhalt.

Johann von Buch. Vortrag gehalten in der Sitzung des Vereins für die Geschichte Berlins, am 28. Oktober 1876, von F. Budczies. — Merian's Brandcnburgische Topographie, von vr. G. Sello. — Die Knokenhouwer Berlins, von Ferdinand Atevcr. (Fortsetzung). — Eine verlaufene Bombe (1767). — Zum Artikel von A. Hoffers in Nr. 21.

Johann von Luch. Vortrag, gehalten in der Sitzung

des

Vereins für die Geschichte Berlins, am 28. Oktober 1876, von

Wachdem früher, zum Zweck der Erläuterung einer Urkunde Ludwig's des Römers, vom 29. Oktober 1355, die allgemeinen Ver¬ hältnisse der Mark Brandenburg nach dem Absterben der anhaltinischen

Markgrafen und während

der Regierungszeit der ersten beiden Mark¬

grafen aus dem bayerischen Hause in einigen Vorträgen darzulegen

Sie mit dem Manne etwas näher bekannt zu machen, zu dessen Gunsten Markgraf Ludwig die genannte Urkunde ausstellt.*) Er wird hier einfach „der ehrbare Mann Johann von Buch" genannt, und es mangelt jede nähere Bezeichnung, die ihn von den etwa sechs gleichzeitig lebenden und den gleichen Vornamen tragenden Bnch's unterscheiden ließe. versucht wurden, ist es nun zunächst meine Aufgabe,

ausführliche Darstellung des Lebens dieses Mannes gegeben hat.

des gedruckt vorliegenden urkundlichen

stand, daß Klöden's

sachen erkennen

leisteten Dienste

sich

in

Gunst und Dank seines Landesherrn derart

er¬

warb, daß er ihn mit fast fürstlichem Besitz ausstattete. Das Andenken an diesen Namen ist schon mehrfach ansgeftischt

worden; Eichhorn, Homeyer, Kühns u. A. beschäftigen sich mehr oder ihm; vor Allem aber ist hier der um die

weniger eingehend mit

Direktor v. Klöden zu nennen, welcher als vor nun mehr 30 Jahren, im 2. Bande der vom Verein für die Geschichte der Mark Brandenburg herausgegebenen Forschungen eine märkische Geschichte hochverdiente

Arbeit in Folge früherer, falscher Datirung mancher

läßt,

schien

mir ein

genügender.

Selbstverständlich

abweichende sich geltend machen.

Johann v. Buch entstammt einem Geschlechte, das seit der Mitte

ist.

den höchsten Aemtern ge¬

einmal in kurzen

wird meine Arbeit im Großen und Ganzen sich an Klöden's Darstellung anlehnen müssen; nur hin und wieder wird eine, von dessen Auffassung

hin berühmtesten Träger dieses Namens zu thun der als Verfasser der „Gloffe „Richtsteigs" bei seinen Zeitgenossen in und des Sachsenspiegel" zum hohem Ansehn stand, und der durch die

»och

Schon allein der Um¬

Urkunde verschiedene Unrichtigkeiten in der Aufeinanderfolge der That¬

des

mit jenem Johann von Buch,

Materials,

Zügen ein Lebensbild Johann's zu entwerfen.

aus dem Zusammenhange, in dem unsere Urkunde mit einigen andern steht, ergiebt es sich auf das Unzweifelhafteste, daß wir cs hier mit haben,

Wenn

nun auch seitdem nur wenig neues Material bekannt geworden ist, so habe ich es dennoch für keine überflüssige Arbeit gehalten, ans Grund

Dennoch ist es nicht schwer, seine Persönlichkeit genau festzustellen:

dem aus lange Zeit

/iuilqics.

13. Jahrhunderts in der Altmark bekannt, und in dem in der Nähe von Tangermünde gelegenen Flecken Buch angesessen gewesen

Bisher war man allgemein der Meinung, daß

dieser

Ort

auch

die Stammheimath des Geschlechts sei; doch hat neuerdings der Archiv-

rath v. Mülverstedt in Magdeburg nachgewiesen, daß die Urheimath der Herren v. Buch nicht in der Altmark, sondern weiter südlich, in dem in der Nähe vom Eckartsberge gelegenen Orte Bucha zu suchen sei. Die hier in Thüringen noch bis zum Ende des 15. Jahrhunderts vorkommenden Buch's führen dasselbe Schildzeichen, wie die gegen Ende des 14. Jahrhunderts ausgestorbenen altmärkischen Bnch's, und Beides, die Uebereinstimmung nicht bloß des Namens, sondern vornehmlich die Wappens stellt die Zusammengehörigkeit beider Familien außer Zweifel. Dagegen ist der früher viel behauptete genealogische Zusammen¬

des

hang der altmärkischen mit der noch heute blühenden uckermärkischen

Familie von Buch, welcher letzteren der berühmte Leopold von Buch

In

derselben verpfändet der Markgraf gewisse Hebungen aus den *) Wassern bei Spandau und aus den Mühlen zu Berlin an Johann v. Buch.

entstammt, entschieden zu bestreiten, da jene einen Querbalken, einen Löwen

im Wappen führen.

diese

210

mit Gewißheit als Besitzer von Buch in der Altiuark in den Jahren 1261 — 1275 häufig genannte Johann v. Buch, — derselbe, welchen unzweifelhaft die Magdeburger Chroniken meinen, wenn sie in der Erzählung von der Auslösung des in Magdeburgifche Gefangenschaft gerathenen Mark¬ grafen Otto IV., durch den in der Kirche zu Tangermüde veruiauerten Schatz, einen „Alten v. Buch" als denjenigen nennen, der allein Kunde Bon den Söhnen dieses Johann von diesem Schatz gehabt habe. hatte der ältere, Nikolaus, der gleich seinem Vater in hochangesehener Stellung am Markgräflichen Hofe lebte, ein tragisches Geschick. Nach Das

zeichnet wird, was er, wie gesagt, erst

erste,

der

1335 wurde, macht

es

wahr¬

scheinlich, daß die Urkunde erst nach diesem Jahre ausgestellt worden

anzusehende Glied des Geschlechts, ist der

ist. — Auffallend aber bleibt es, daß nicht eine einzige Urkunde aus diesem zehnjährigen Zeitraum uns Kunde von irgend welcher Theil¬ nahme Johann s am öffentlichen Leben giebt.

Keineswegs wird er

sich eine so lange Zeit von aller öffentlichen Thätigkeit enthalten und Werk sich in die Stille und Einsamkeit zurückgezogen haben, um das

ihm hohen Ruhm und Ehre bringen sollte. Denn wenn es auch nicht blos wahrscheinlich, sondern mit einiger Sicher¬ heit zu erweisen ist, daß dasselbe in dieser Zeit seine Entstehung ge-

zu bearbeiten, das

Erzählung einiger Chronisten, namentlich des Heinr. v. Herford, Wahl König Ludwigs von Baiern

funden habe,

so sind es doch

nicht leere Worte, wenn er am Schluß

seiner Arbeit wegen der Mängel derselben um Entschuldigung bittet,

soll er durch sein Verhalten bei der

Landesherr»,

weil mancherlei Geschäfte, Kriegsfahrten, Vormundschaften, Rechtseut-

des Markgrafen Waldemar, zugezogen haben. Derselbe ließ ihn in's Gefängniß werfen und verbot bei Todesstrafe, ihm etwas Anderes, als einen Apfel, zur Speise vorzusetzen. Nikolaus soll schließlich des Hungertodes gestorben sein (Heinr. v. Herford, Ausgabe v. Potthast,

fcheidungen, Gerichtsverhandlungen und andere öffentliche Angelegen¬

und Friedrichs von Oesterreich

sich

die Ungnade seines

heiten ihn schwer belastet haben.

Das Werk selbst ist, wie schon angedeutet wurde, unter der Bezeichnung „Glosse", d. i. Erläuterung zu dem von Ecke v. Repgau im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts verfaßten Rechtsbuche, das den Namen „Sachsenspiegel" führt, bekannt. Es steht mir nicht zu, über die Bedeutung dieses Werkes und über den Einfluß, den dasselbe seiner Zeit auf die Entwickelung des Rechts im nördlichen Deutsch¬

p. 231 u. 232). Dieser Nikolaus nun war wahrscheinlich der Vater unseres Johann und eines zweiten Sohnes, Beringar, dessen übrigens nur einmal, in einer Urkunde vom Jahre 1334 (Riedel God.

dipl. I, 7, 124), nicht ermitteln,

ge-

Wann Johann geboren ist, läßt sick) muß er bei dem Tode des Vaters schon ziemlich erwachsen gewesen sein, denn schon sechs Jahre nachher sehen wir ihn in öffentlichen An¬ gelegenheiten thätig. Er unterzeichnet jene drei Verträge mit, durch welche während der (schon früher geschilderten) Unruhen, die nach dem Tode des Markgrafen Waldemar in der Mark eingetreten waren, die Städte Stendal, Tangermünde und Werben, so wie die rittermäßigen Einsassen in der Nachbarschaft am 21. Dezember 1321 (Riedel I, 15, 74 u. I, 16, 6) eine Einigung zur Sicherheit des Landes schlossen. Freilid) steht dort Henning, nicht Johann v. Buch, aber jenes ist nur Unter derselben Namensform eine andere Form für diesen Namen. und mit derselben Bezeichung als Knappe, finden wir ihn als Zeugen in einer von der Herzogin Agnes, der Wittwe Waldemar's und nun¬ mehrigen Gemahlin Otto's von Braunsd)weig, zu Tangermünde zu Gunsten der Stadt Sandow ausgestellten Urkunde vom 23. Juni 1322 (Riedel II, 6, 55). Auck) am 27. Januar 1324 bezeugt er wiederum eine zu Tangermünde von derselben Fürstin ausgestellte Urkunde, in welcher sie Albrecht von Alvensleben mit der Bede aus einigen Dörfern dacht wird.

belehnt (I, 17, 58). Das sind auf lange hin die einzigen Spuren eines öffentlichen

Auftretens unseres Johann; während eines Zeitraums von 10 Jahren hören wir nichts mehr von ihm. Zwar findet sich im Riedelschen God. dipl. (I, 17, 479) noch eine Urkunde vom 8. Februar 1324, in welcher Kaiser Ludwig dem Johann, dem treuen Hauptmann der Mark Branden¬ burg, und seinen drei Töchtern, der willigen Dienste halber, die er dem Reiche und ihm geleistet habe und noch leisten werbe, und

feiner

Bitte

das halbe

Dorf Buch vercignet. Aber

in Erfüllung

diese Urkunde

ist

Vereignung stattgefunden, nur 14 Jahre später, am 25. Februar 1337 (I, 17, 489). Auch erhielt Johann die Würde eines Hauptmanns frühestens am 16. Oktober 1335, als er sich im Gefolge des Markgrafen Ludwig am Kaiserlichen Hofe offenbar gefälscht.

Allerdings hat

land gehabt hat, miä) irgendwie zu äußern; ich begnüge mich damit, das in der Kürze wiederzugeben, was der Verfasser selber, sowohl über die Entstehung, wie über den Zweck seines Werkes und über die Grund¬

doch

diese

ihn bei Abfassung derselben geleitet haben, in der poetischen Vorrede ausgesprochen hat. Herzog Otto von Braunschweig, sagt er,

sätze, die

habe ihn zur Abfassung des Werkes aufgefordert,

ebenso die

Rittter

Konrad und Siegfried von Buch, die er späterhin die Brüder seines Vaters nennt; sein Bestreben fei gewesen, die Rechtslehren mit dem j

;

Herkommen in Uebereinstimmung zu bringen und zu einem richtigen Verständniß des Sachsenspiegels anzuleiten. — Daß auch der mit der

„Glosse" in Verbindung stehende „Richtsteig" \

!

des Landrechts,

„Scheve-

klod" genannt, unsern Johann zum Verfasser habe, ergiebt sich nicht blos aus den Schlußworten der eben erwähnten Vorrede, sondern auch aus dem Prolog zum „Richtsteig", in welchem er sagt, daß seine Vettern, Herr Kurd und Herr Siewert v. Buch, ihn gebeten hätten, ihnen eine schlichte Lehre für ihr Verhalten als Richter zu geben; sie wollten keine Beweise, keine Begründung der Rechtsgrundsätze, das

im Sachsenspiegel und in dem Apparat der Glossen, den er, Johann, darüber gemacht habe. Mit dem Jahre 1334 beginnt nun in dem Lebeusgange Johann's ein neuer Abschnitt; er ist, aus welck)er Veranlassung bleibt uner¬ sichtlich, in den Dienst des Markgrafen Ludwig von Brandenburg ein¬ getreten, als dessen „lieber getreuer Heimlicher". Er nahm damit eine Stellung ein, die in den lateinischen Urkunden jener Zeit mit dem Worte Zoorstarius bezeichnet wirb, nach unserer jetzigen Beamtenscala aber mit der eines Wirklichen Geheimen Raths oder eines Ministers zu vergleichen sein dürfte. Die erste Urkunde, die ihn uns in seiner neuen Stellung und zugleich auch in der inzwischen erworbenen Ritter¬ würde zeigt, ist aus Prenzlau, vom 3. März 1334, datirt (Riedel II, 2, 85). Sie giebt uns Nachricht von einer zwischen dem Markgrafen hätten

|

sie

Alles

schon

zu Nürnberg befand.

und Johann stattgehabten und für den letzteren äußerst wichtigen Ver¬ handlung. Wir erinnern uns, daß Kaiser Ludwig, mittelst Urkunde

der Urkunde

vom 4.

Uebrigcus macht schon Riedel bei Mittheilung darauf aufmerksam, daß hier eine Fälschung vorliege: das dem Pergamente angehängte Siegel fei allem Anschein nach zwar echt, der Coutext der Urkunde verrathe aber durch Form und Inhalt, ebenso wie die Schrift, daß sie in einer spätere» Zeit, etwa in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts angefertigt sein müffe. Eine andere von Riedel (II, 2, 73) mitgetheilte und dem Leipziger Copialbuche der Vogtei Havelberg entnommene Urkunde, ohne Ort und Datum,

ist von ihm irrthümlich mit der Jahreszahl 1332 versehen worden.

Schon allein der Umstand, daß Johann darin als Hauptmann

be¬

Mai 1323,

abgedruckt

in unserm

Urkundenbuche, dem Herzog

Otto von Braunschweig und dessen Gemahlin Agnes, für die Summe von 2000 Mark, einen diesem.Werthe entsprechenden, beliebig auszuwählenden Landestheil — Berlin ausgenommen — als Pfandbesitz versprochen hatte. Es fehlt der directe urkundliche Nachweis, welche Gegend Otto gewählt habe; indessen ist anzunehmen, daß er eine solche vorgezogen haben werde, die dem Leibgedinge seiner Gemahlin, Stendal, Tanger¬ münde :c. nahe lag. Aus der citirten Urkunde erfahren wir nun, daß Herzog Otto seiner Zeit das Land Jerichow als Pfandobjekt ausgewählt

211

-

habe; zugleich hören wir, daß Johann v. Buch dasselbe aus eigenen

aufeinander folgenden Jahren an fast denselben Tagen in Kyritz an¬

Mitteln um 2000 Mark Silber

wesend gewesen sein sollen.

Bemerkenswerth ist übrigens dieser Revers Johann hier in einer neuen Würde erscheint: er nennt sich Hoferichter des Markgrafen, während er in der Belehnungöurkunde vom 3. März blos „Heimlicher, Secretarius", genannt wird. (Schluß folgt.)

wieder eingelöst, und Markgraf Ludwig

verpfändet ihm nun Haus, Weichbild und das Land Jerichow; doch

noch dadurch,

be¬

hält er sich vor, dasfelbe für eine geringere Summe, nämlich für 1700 Mk. wieder zurückzukaufen, ja sogar für nur 1200 Mk., falls Johann ohne Lehnserben absterben sollte. Johann erhält übrigens das- Recht, den ritterlichen Mannen ihre Lehen zu ertheilen und in dem Falle sie auszukaufen, wenn sie von ihm, dem ihnen Gleich¬ stehenden, die Belehnung nicht in Empfang nehmen wollten. Das Amt, das Johann übernommen, machte es nothwendig, daß er stets sich in der Nähe des Fürsten befand; und so sehen wir ihn im Gefolge feines Herrn, der nach damaliger Sitte Regiernngs- oder Verwaltungsgeschäfte fast immer an Ort und Stelle abmachte, das

Merian's Srandenburgische Topographie. Von Dr.

die Entwickelung der gesammten europäischen Geistes- und Lebensver¬

hältnisse. Abgesehen von den großen Errungenschaften auf politischem und religiösem Gebiet, von den ftaunenerregendcn, neue Bahnen weisenden Leistungen in Kunst und Wissenschaft, von den großartigen Erfindungen in

von seiner Theilnahme an den Regierungsgeschäften.

ihn allerdings nur unter den Zeugen einer Ver¬ handlung, obgleich er, zufolge feiner Stellung, den bedeutendsten An¬ theil daran gehabt haben mochte. Hier sollen nun, um den Rahmen dieser Skizze nicht zu weit zu spannen, alle diejenigen Urkunden, in denen er nur als Zeuge erscheint, unerwähnt bleiben. Gegen das Ende des Jahres finden wir ihn wieder in der Ucker¬ mark, in Templin; am 9. November nimmt hier Markgraf Ludwig, auf Johanu's Empfehlung und Fürsprache, den Johann v. Wanzleben mit feinen Vesten in feinen Dienst und Schutz (Riedel II, 2, 91 u. I, 6, 455). Klöden führt irrthümlich diese Urkunde erst später, unterm 28. September 1335, auf. Vier Wochen darauf ist Johann in Brandenburg, woselbst der Markgraf ihm und seinem Bruder Beringar sowie dem Dietrich von Kerkow, mittelst Urkunde vom 10. Dezember (Riedel I, 7, 124), das Dorf Garditz, frei von allem Dienst, als Lehen übergiebt. Auch eine Tochter Johann's, Elisabeth, empfängt eine Gnadenbezeigung, indem der Markgraf ihr, durch Urkunde vom

Häufig nennen

den Besitz einiger Hebungen

von Braunschweig zur gesammten Hand zu Lehen

(Riedel zember,

I, 17, 483). An in Bezug auf

dung des

allen Zweigen der Industrie, von den für Handel und Gewerbe folgen¬ schweren geographischen Entdeckungen, zeigte sich in allen Kreisen der

sie

in der Nähe der Elbe, im Betrage von 30 Stücken, die ihr von dem Ritter Rudolf v. Wedel überlassen worden waren, bestätigt (Riedel I, 17, 483). Am 22. De¬ zember ist Johann im Gefolge des Markgrafen in Kyritz. Er erhält hier, und mit ihm Gerhard v. Kerkow, vom Markgrafen ein Bestäti¬ gung über den Besitz derjenigen Güter, welche sie vom Herzog Otto gleichen Tage,

demselben

Ort

erhalten

haben

stellte Johann am 26. De¬

März an ihn erfolgte Verpfän¬ Landes Jerichow, einen Revers aus, in welchem die Be¬ die unterm 3.

Gesellschaft eine Rührigkeit und Thätigkeit, eine Freude am Leben, ein ernstes Interesse

für alle Erscheinungsformen

hundert vorher geherrscht hatte. ist eine

Was uns besonders in's Auge fällt,

lebhafte Theilnahme an der Natur,

!

landschaftliche Skizzen getreu nach der

zu fertigen, anspruchslose

eines Löwen oder Rhinozeros, in Holzschnitt unter dem Volke zu verbreiten. Ueberall zugleich ein reger Eifer für das Sammeln von Natur¬ merkwürdigkeiten, und in Folge dessen ein großer Aufschwung der be¬ Au liebevollem Vertiefen in das Leben schreibenden Naturgeschichte. der

Natur in ihren

kleinsten und unscheinbarsten Erscheinungen,

an

sorgsamer, wenn auch bisweilen noch ungeschickter, aber deswegen nicht

weniger anheimelnder Wiedergabe des Beobachteten in kann

mit

sich keiner der

dem

messen,

Bild

und

Schrift,

alten und kaum einer der neueren Naturkundigeu

was einfache Männer, wie Fuchs und Bock, im

16. Jahrhundert auf diesem Gebiet geleistet haben.

In

eigenen Vaterlande umzusehen.

Folge dieser Freude an der Natur, unterstützt durch den

die nicht bloß

sich

sich

überall eine seltene Reiselust,

in fremde Länder strebte, sondern

auch

trieb,

sich

im

Kaufleute durchzogen Deutschland, um auf den Messen der großen Handelsstädte ihre Geschäfte zu betreiben, und zugleich anderer Gegen¬ den Sitten kennen zu lernen; Künstler und Gelehrte wanderten bald hier- bald dorthin, dem Ruf einer Universität oder eines fürstlichen Gönners folgend; fahrende Schüler und Studenten pilgerten jauchzend und singend von einer Stadt, von einer Schule zur andern; auf allen

beginnende Jahresrechnung angewendet worden sei; wäre dies nicht der

Straßen

Fall, dann wäre die natürliche Folge der Thatsachen verkehrt und der Revers drei Monate früher ausgestellt worden, ehe die Verpfändung erfolgt war. Zuerst geschah die Verpfändung, darauf folgte die Aus¬

herrschte das regste Leben.

sich auch aus dem Wortlaut des — dat ik gelost hebbe — unde dat letztem: Dant tu Jerichowe — ik tu lehne hebbe von deme Margreuer Ludowicb etc. Auch ist nicht zu übersehen, daß der Markgraf und sein Diener schon am 22. Dezember in Kyritz anwesend waren, und es ist auch die Annahme, daß beide dort in demselben Jahre einen mehrtägigem Aufenthalt hintereinander genommen, viel wahrscheinlicher, als die, daß sie in zwei

Natur

Ungeheuers,

1333. Er geht davon aus, daß in jener Zeit in der Mark der Jahresanfang am Weihnachtsfeste stattgefunden habe, so daß also eine

stellung des Reverses, das ergiebt

sowohl dem

sie

Repräsentanten der heimischen Fauna, ein Rebhuhn, ein Kaninchen sorgfältig nachzubilden, oder das Abbild irgend eines ausländischen

mächtig hebenden Wohlstand, regte

Jahr beginnenden Zeit¬ rechnung, noch in das vorhergehende, 1333. Jahr gesetzt werden müsse. Dem ist indeß zu entgegnen, daß die mit dem Weihnachtsfeste be¬ ginnende Jahresrechnung nicht allgemein Anwendung fand; in dem vorliegenden Falle ist der Beweis leicht, daß die mit dem I. Januar

wie

Alterthum, als dem Mittelalter völlig fremd gewesen war. Die Landschaftsmalcrei nimmt ihren Anfang. Große Meister auf dem Gebiet der Historien- und Portraitmalerei (die man bisher für die einzig berechtigten selbständigen Zweige der ars Apellea gehalten hatte), wie Dürer, verschmähten es nicht, auf ihren Wanderungen allerlei klassischen

dingungen, unter denen dieselbe stattgefunden, noch einmal aufgefrischt II, 2, 95). Klöden setzt diese Urkunde in das Jahr

unserer, erst mit dem 1. Januar das neue

desselben, welches wohl¬

absticht gegen den mystischen Quietismus auf der einen, die schrankenlose Liederlichkeit auf der andern Seite, wie sie in dem Jahr¬

thuend

werden (Riedel

Urkunde, welche das Datum vom 26. Dezember 1334 trage, nach

(ß. Seite.

Das 16. Jahrhundert war von einer seltenen Fruchtbarkeit für

Land von einem Ende zum andern durchziehen, und hunderte von 11rkünden zeugen

daß

des

deutschen Reiches,

so

schlecht

sie

auch sein

mochten,

Eine natürliche Folge davon, im Verein mit der durch Gutenberg's Erfindung geweckten allgemeinen Schreib- und Leselust, war, daß Künstler und Schriftsteller sich zusammenthaten, um denen, welche von weiter, mühseliger Reise heimgekehrt waren,

Bild

eine

Erinnerung an das

eben

denen, welche zu reisen beabsichtigten,

in Wort und

Durchlebte zu gewähren,

und

eine Anleitung und eine Vor¬

bereitung auf das zu Schauende zu gewähren. Zu den ersten Unter¬ Art gehört in gewissem Sinne die berühmte, in

nehmungen dieser

Nürnberg

erschienene

Weltchronik Dr. Hartmann Schedel's,

deren

212

Bilder, unter welchen die Städteansichten eine besondere Erwähnung verdienen, in der Werkstatt von Dürer's Lehrer, Wolgemuth, entstan¬ Den größten Ruhm aber hat sich der in das Ende der eben den. Basel

Sprüchwort) nach Pommern, Schweden, Preußen und Liefland aus¬ geführt, weswegen man sang: de Lteudaler trinken gerne win,

Kupferstecher

wobei freilich dahingestellt bleiben muß, ob darunter Landwein oder

(geb. 1593, gest. 1651) durch seine, alle Gaue Deutschlands umfassenden, reich mit Städteansichten geschmückten

würdigkeiten mittheilt, kulturhistorische und gewerbsstatistische Notizen

importirter gemeint sei. Ans dem 16. und 17. Jahrhundert haben wir ausführliche Weinmeister-Ordnungen unserer Kurfürsten, und noch aus dem vorigen Jahrhundert wird berichtet, daß um Potsdam ein „zimblicher" Wein wachse, der oft und namentlich, wie Beckmann angiebt, der rothe, »ach Hamburg verschickt werde. Ja, ein glaub¬ würdiger älterer Mann hat mir versichert, daß in seiner Jugend die Werderschen Weinbauern den von ihnen gekelterten Wein regelmäßig in großen Quantitäten an Berliner Weinhändler verkauft hätten. Ob übrigens das, was eine hübsche Anekdote von der Vortrefflichkeit

giebt, hier und da auch wohl nachweist, wo man Unterkommen findet und wie man von einem Ort zum andern gelangt.

des Potsdamer Landweins erzählt, welcher seit den Zeiten des großen Kurfürsten in den Kellern unter der Heil. Geistkirche zu Potsdam

geschilderten

Periode

ans

fallende,

gebürtige

Matthias Merlan sen.

Topographien erworben. Der Tert zu denselben ist noch ein recht dürftiger, selten auf eigener Beobachtung, meistens aus Mittheilungen

dritter Personen oder lokalhistorischen Werken beruhend; der Schwer¬ punkt liegt eben in den Bildern. Und doch kann der fleißige Heraus¬ geber insofern ein Vorgänger Bädecker's genannt

jedem einigermaßen bedeutenden

Ort

werden, als er von

Geschichte

die

und die Merk¬

Uns interessirt hier vornehmlich seine

„Topograpliia electoratus Brandenburgici et ducatus Pomeraniae,

d.

nembsten und bekantisten

i. Beschreibung der vorund Plätz in dem

Stätte

hochlöblichsten Churfürstenthnm und Mark Bran¬ denburg und dem Herzogtum Pommern." Das Buch (der 13. Band in der ganzen Reihenfolge der To¬ pographien; der Tert ist, Beckmann' s Angabe zufolge, von dem Ulmer Gymnasiallehrer Martin Zeller verfaßt), nach dem Tode des älteren Merlan erschienen und Friedrich Wilhelm dem großen Kurfürsten ge¬ widmet, welcher, der Vorrede zufolge, den Herausgebern des Buches mancherlei Hülfe und

Vorschub

hatte angedeihen lassen, ist datirt

vom Jahre 1652, und behandelt die Ortschaften Brandenburgs und

Pommerns promiseue nach dem Alphabet,

sowie

in zwei getrennten

Anhängen Preußen und Pomerellen und Liefland. Die beigefügten Karten sind sehr mangelhaft — so liegt nach der von Brandenburg,

Pommern und Mecklenburg beispielsweise Potsdam (Potstain) auf dem linken Havelufer, und bei Welmsdorff (Wilmersdorf) ist ein großes Dorf Grünewald verzeichnet. Die häufig blattgroßen Kupferstiche

dagegen



zum Theil

Maler Matthias Merlan jun. und (so,

nicht Georg,

schreibt er

sich

von

dem

dem

nicht unberühmten

Ingenieur Johann Gregor

selbst) Memmhardt

— sind von

Werth. Was mir in diesen Beschreibungen märkischer Städte des allge¬ meinen Interesses werth schien, theile ich im Folgenden mit, und füge Notizen und Erläuterungen hinzu, wie sie sich aus der Natur des

dem größten künstlerischen

Gegenstandes ergeben.

Zuerst einige allgemeine Bemerkungen über das Land und seine Bewohner, für welche als Quelle Welch. Nehel, ebrouograpb. decennalis, angegeben ist:

„Die Alte-Marck ist noch zimblich fruchtbar, ingemein aber hat die Marck, und was derselben anhängig, leichten Acker¬ bau, jedoch ist er mehrentheils sogut, daß er den Haußwirt nickst verderben last.

ohne

was

von

Die Nutzung

Schäffercyen

der Viehzucht ist schlecht,

kompt.

Der Weinwachs

bei

Frankfurt, umb Berlin und Brandenburg gehet wol hin; von dem Alt-Märkischen aber hat man das Sprichwort: Vimtm auß der Alten-Mark calefacit ut Quarck. " An einer anderen Stelle des Buches wird der Weinbau bei Werder rühmend erwähnt, doch meint Beckmann, daß der Potsdamer bester gewesen sei; im Allgemeinen galt aber das Sprüchwort: virmm de Älarelriea terra transit guttur tamquam serra. Daß der

Weinbau in der Mark seit Albrecht d. B. und vornehmlich durch die Bemühungen der Lehniner Mönche, welche zweifelsohne zuerst die Werderschen Wein- und Obstgärten in Cultur nahmen, und überhaupt in Norddeutschland früher eine große Rolle gespielt hat, ist bekannt; der Stendaler Wein wurde sogar (entgegen dem oben mitgetheilten

lagerte, und von Friedriä) Wilhelm I. an seine Grenadiere verschenkt wurde, nur damit man nicht sagen könne, er finge an aus Geiz

Landwein zu trinken, in Wahrheit beruht, bin ich nicht im Stande

Qualität des in früheren Zeiten berich¬

zu entscheiden; was sonst zuverlässige Quellen über die

meisten in Deutschland gewonnenen Weines

ten,

tautet

eben

nicht

verlockend,

wenn

auch

meint,

Beckmann

namentlich der weiße Potsdamer Wein komme, wenn er lange liege,

Sorten gleich. Sonst standen die Marken in keinem besonderen Ansehen, wie die alten Leoninischen Hexameter bekunden, welche u. A. Gräße in seinem Sagenbuche des preußischen Staates mittheilt: Pisces, languores, Schorst, febres atque dolores, Strohdach, Knappeasei sunt hic in Marchia multi; Et si videres nostras glaucas mulieres, Kobiscum fleres, si quid pietatis haberes, Neque venires ad nos, quia sumus in insula Patbmos, Et caveas tibi, quia Grützwurst est etiam ibi. dem Frankenweine und anderen ausländischen

Als modernes Seitenstück dazu, setze ich einige Zeilen aus Göthe's „Musen und Grazien in der Mark" hierher: Liebes Mädchen! laß uns waten, Waten noch durch diesen Quark.

Dann im Sand uns zu verlieren, Der uns keinen Weg versperrt! Dich den Anger hinzuführen, Wo der Dorn das Röckchen zerrt! Zu dem Dörfchen laß uns schleichen Mit dem spitzen Thurme hier; Welch ein Wirthshaus sondergleichen! Trocknes Brod und saures Bier!

Selbst die Wissenschaft verlieret Nichts an ihrem raschen Laus, Denn bei uns, was vegetiret, Alles keimt getrocknet auf.

„Die Märcker,

so

fährt unser Gewährsmann fort,

seynd

gemeiniglich gutthätig und diensthasttig, sonst aber thumbkühn."

Daran anschließend citirt er aber das Urtheil eines Reisenden aus der Zeit vor dem 30jährigen Kriege, in welchem unsere Lands¬ leute übel wegkommen:

„Die

Lenthe,

sonderlich

in

unanrichtiz, daß sie ihnen Fisch- und Wildpretreichthum wissen.

Es

daß sie den

Flecken und diese

Dörffern,

seyen

herrliche Gelegenheit

so

(den

des Landes) nit nutz zu machen in etlichen Dörffern so freygebige Wirth, Gästen die Suppen mit Wasser schmelzten, und

gebe

wenn sie Eyer sötten,

wer ein frisches

die Brühe um Gotteswillen

Stroh zu

geben;

seinem Nachtläger haben könne, der

mög sich glückseelig schätzen und für einen großen Herren halten." Dazu paßt vorzüglich die humoristische Beschreibung, welche Luther in seinen Tischgesprächen von der Gastfreundschaft der Nord¬ deutschen giebt:

„ Sachsen ist gar unfreundlich und unhöfflich, da man weder

gute Wort noch zu

nicht,

wat

ick

gibt; sagen: Ave Gast, Ick weit geven soll, dat Wis ist nicht

essen

ju to

eten

Laheime. Ick kan jhu nicht Herbergen." Zur Erläuterung der den Märkern vorgeworfenen „Thumbkühnheit" gebe ich die Worte eines Recesses Joachims II., vom Jahre 1536: „was belanget die muthwilligen mord- und Totschläge, so in vielen Ortern, (welches wohl zu erbarmen) der Mark zu

Brandenburg durch

Adel unterlängst

den

sich

Bei Bernau (mit Stich von Caspar Merian) wird das „über¬ aus herrliche" Bier erwähnt, welches, nach einer Lokalsage, bereits Albrecht d. B. so vortrefflich gemundet haben soll, daß er den Bau der Stadt beschloß, und über das Beckmann ein langes Lobgedicht mittheilt, in welchem es u. A. heißt: , Dich muß billig jeder loben, O du edler Nektarsaft, Denn durch deine Wunderproben Wird verdoppelt Geist und Kraft. Mancher wär vor 20 Jahren Schon in Nobis Krug gefahren, Wenn er dich nicht brav gelecket Und den Tod so abgeschrecket. (Schluß folgt.)

begeben und

geschehen."

Wenig Rühmens weiß auch Abt Tritheim von den Märkern zu machen:

„sie seien zwar gute unb des Gottesdienstes geflissene, iedoch dem

Müßigang und Trunk

ergebene, auch großentheils rohe und

Die Lnokenhomver Berlins.

ungelehrte Leute."

Zu den einzelnen „Stätten und Plätzen" übergehend, billig mit Berlin den Ansang, von dem es heißt:

„Es seynd da die Häuser aus die Art mit den Bänken vor den Thüren gebaut."

wie zu Spandau,

Spandau folgen:

„Die Stadt ist

schlecht (d. h. einfach), hat ist umbs Jahr 1605 fast kein Haus

von Gebäuen

grosse lange Gassen und

allhie gewesen, da nicht vor der Thür zwo Bänke mit Lehnen, die Länge heraußgebauet, gestanden daß auch vier und sünff Personen auff jeder haben sitzen können."

Eine andere Sitte aus alter Zeit ist die des Umzuges von vor¬ züglichem, mit Kränzen und Bändern geschmückten Rindvieh durch die Stadt. Entweder ist es der Jungmeister, welcher sein Meisterstück daran ablegen will, oder es geschieht hin und wieder, um dem kaufenden

Publikum

zu zeigen, welch' auserlesenes

schlachtet.

Diese

wird dann fortgefahren: seynd alle mit Gibeln vornen herauß und die Gassen daran breit und sauber. Es ist diese Stadt nicht sonderlich groß, und ist von schlechten Gebäuen." Das Schloß in Cöln wird ausführlich, als „zimlich regalisch und weitläufftig, mit viel inventionen und Schlitten, mit welchen man biß für die Losamenter hinauf¬ fahren kann", beschrieben; der große Saal im Schloß wird verglichen mit dem Saal in Padua und dem berühmten, nunmehr leider verschwundenen Lusthaus in Stuttgart: „Alles am Dachstuhl hangend." Die große Anzahl der dort befindlichen Lucas Cranach'schen Gemälde wird rühmend erwähnt, und der daselbst erscheinenden weißen Frau gedacht. Dieselbe sei auch im December 1626 in einem weiblichem Frauen-Habit erschienen (ich habe dieses Jahr sonst nicht

„Die Häuser

angemerkt gefunden; sollte eine Verwechselung mit dem 1. December

1619 vorliegen, da die nächste Erscheinung erst in das Jahr 1667

„Yeni, werden

Prcuß. folgen¬

„es sind drey grosse Linden, welche vor einer Kirchen nach einander stehen, die den ganzen Platz, so 90

breit,

Vieh

der betreffende

Meister

an die großartigen Feste des Mittel¬

nachdem man zuvor die Thiere

mit Pauken- und Trompetenschall

durch

die Straßen geführt.

Eine Vergleichung fahren mit dem

dea

des

Fleischconsums unserer damaligen Vor¬

Jetztzeit, führt zu ganz abnormen Resultaten.

Im

Jahre 1397 waren in Berlin 46 Schlächter und drei Wurst¬ in Kölln deren acht. Die Ersteren zahlten jeder 24 Schillinge oder, nach heutigem Gelde, 86 Mk. 40 Ps. Gewerks¬ zins; die köllnischen dagegen 92 Mk. 80 Ps. und die Wurstmacher je 108 Mk. Dies läßt, nach Klöden, aus einen Reingewinn von jährlich 167,770 Thlr. und, nur zu 10 Procent des Kapitals an¬ geschlagen, auf den enormen Umsatz von 1,677,600 Thlr. bei einer Bevölkerung von etwa nur 8000 Köpfen schließen. Während der macher vorhanden,

jetzige Fleisch-Consum,

nach einer Durchschnittsberechnung der letzten

Jahre, sich täglich pro Kops aus */* Pfd. herausgestellt, betrug derselbe damals drei Pfund pro Tag und Kopf. Noch im Jahre 1515 verordnete der Rath in Frankfurt, daß acht

wenn ein Bäckermeister seinen Gesellen zur Mühle schickte, um dort zu mahlen, er demselben pro Tag 4 Psd. Fleisch, 8 Quart Bier und für 4 Pfennige Brot mitgeben sollte. Bei diesem enormen Verbrauch sind allerdings auch die billigen Fleischpreise in Anschlag zu bringen, welche um die Mitte des 14. Jahr¬ hunderts in Nürnberg für 1 Pfund Rind-, Schaf- und Kalbfleisch zwei Heller, für Schweinefleisch 2'/z Heller betrugen; in Bremen galt zwischen 1405 bis 1410 ein ganzes Lamm 3 und ein Schinken

Um den Werth dieser Preise im Verhältniß der Arbeit zum Lohn kennen zu lernen, sei nur angeführt, daß ein Maurergeselle in der letzteren Stadt 2 Grot Tagelohn erhielt, der Verdienst desselben 2 Grot.

dermaßen beschrieben:

und 20

Sitte erinnert

alters, bei denen auf offenem Markte ganze Ochsen gebraten wurden,

Mit Berlin

fällt?) und habe, während sie sonst stumm gewesen, gesprochen: indica vivos et mortuos." Als Wahrzeichen beider Städte die drei Brüderlinden auf dem Heil. Geistkirchhofe (es. Grüße, Sagenh. I. Nr. 24, Kuhn, Märk. S. Nr. 116) erwähnt und

Meiner,

(Fortsetzung.)

Um dies zu erklären, möge gleich die entsprechende Stelle aus dem Bericht über

Von Fcräinllnä

mache ich

bedecken,

welche

an

Schritt lang

vielen Orthen,

Alters

halber, mit Ketten gebunden seyn, auf einem hultzern Gerüste

ruhen und unter solchen an die Kirchen ein Predigstul und

viel Bäncke herumb." Der zugehörige, von Memmhardt gezeichnete Plan zeigt bei der Heil. Geistkirche 8 große Bäume. Als Abbildungen sind außerdem beigegeben eine vortreffliche Ansicht von Cöln, von den Linden aus (die Abbildung des Doms in dieser Zeitschrift I. x. 5. ist eine Copie danach) und Vorder- und Hinterstont des Lusthauses im Lustgarten; letzteres Blatt ist ebenfalls von der Hand Memhard's, der zugleich Erbauer dieses Lusthauses war.

also einen Schinken pro Tag repräsentirtc.

Nach der Fleischerordnung vom Jahre 1656 galt ein Pfund Rind¬

Qualität, 7 bis 10 gute Pfennige, das Pfund Hammelund Schweinefleisch einen Groschen, Kalbfleisch Pf., gute 9 Pfennige. Wer sechs Pfund Rindfleisch kaufte, sollte einen halben Fuß, gewogen, dazu nehmen. fleisch, je nach der Leber 5

Die Taxnormen wurden durch obrigkeitliches Probeschlachten fest¬ So am 6. Juli 1772, auf Vorstellung des Schlächtergewerks. Von den auf dem Breslauer Johannismarkt für das hiesige Gewerk eingekauften 411 Stück Ochsen wurden von Seiten des Königlichen Polizei-Directoriums vier der schwersten und besten, vom Gewerk da¬ gestellt.

gegen vier der geringsten Ochsen ausgezeichnet, gesiegelt und nach dem

Berliner Rathhause gebracht, wo dieselben im Beisein

des

Königl.

I

Spree, geben hiermit allen und jeden Scharn- und zugelaffeneu FreySchlächtern, auch denen sonsten solches zuwissen von Nöthen, zu ver¬

Geh. Kriegsraths Philipp: und eines vom Gouvernement kommandirten Majors geschlachtet und gewogen wurden. Es ergab sich ein Durch-

nehmen:

schnittsquantuin von 525% Pfd. pro Ochsen, und nach Abzug der Haut mit 2% Thlr., der Steuern und des Schlachtgroschens, kostete

größerer Taxa,

dem Schlächter das

Pfund Fleisch 20 Pfennige.

Hinzu wurden

ge¬

Nach

welcher gestalt

in

Klagten vorgegangen, beyden Städten nicht allein das Fleisch in

zeithero

dem diesen

als wie

allerhand

es wöchentlich

von den verordueten Schatz-

Herren gewürdiget, und auff der Tafel angehänget worden, verkaufft, sondern auch

den Leuten

allerhand Zulagen, welche

sie

dem Fleische

Kalb- und

rechnet: sein und der Seinigen Unterhalt, Gesindelohn und Kost, zur

gleich bezahlen müssen, auff gedrungen, und wann sie das

Abtragung der bürgerlichen Lasten, au Futter und Hüterlohn auf jedes

Hammelfleisch an Pfunden kauffen wollen, ihnen solches versaget würde:

Pfund 3 Pfennige, festsetzte.

2

Sgr.,

Im Güte

so daß die

Taxe

für

ein Pfund Rindfleisch 23

Pf.

Nach denselben Verhältniffen wurde das Hammelfleisch auf Schweinefleisch auf

Jahre 1835

2% Sgr.

kostete

pro Pfund berechnet.

das Pfund Rindfleisch von besonderer

2% Sgr.

Bei keiner anderen Profession fanden wohl so viel Streitigkeiten und Reibungen mit der Obrigkeit statt, als bei den Schlächtern. Und dies aus naheliegenden, natürlichen Gründen. Die fortwährende Be¬ rührung zwischen Producenten und Consumenten, zwischen Verkäufern und Käufern bei deni in unseren nordischen Gegenden wichtigsten Nahrungsmittel machte es nothwendig, daß die Behörde bald beauf¬ sichtigend, bald prüfend und strafend einschritt. Groß ist die Zahl der hieraus bezüglichen Gesetze und Verordnungen; sie speciell bis zu der Altväter Zeiten auszubeuten, kann nicht unsere Aufgabe sein; nur

Uns aber, als der ordentlichen Obrigkeit dieser beyden Städte, zu Er¬ haltung guter Policey und Ordnung obligen wil, solchen allen bei

So haben wir vor nötig, erachtet, die in anno 1623 gemachte Fleischer-Ordnung zu revidiren, und dieselbe durch öffent¬ lichen Druck absonderlich Krafft dieses zu publiciren.

zeiten zu remediren:

Wollen demnach daß diejenige, so sich des kauff und verkauffen in diesen Städten gebrauchen, alle demselben was in folgender Ordnung gesetzet schuldigst nachleben, und sich darnach in Verkauff und Kauffung des Fleisches achten, oder in Verbleibung dessen ernster animaäversion und Abstraffung gewärtig sein sollen. Dann do einer oder der ander, unter diesen Vorwandt, sampt

des Fleisches

ihme ja frey stände,

ob er das Fleisch wegen

lasten,

vor das Fleisch bieten und geben, auch wir jedesmal nach

einige der wichtigsten und Bruchstücke von besonderem Interesse mögen

als in dieser Ordnung

hier folgen.

also den Fleischern wieder diese Ordnung (welche

Des Eides der Kuochenhauer, wenn sie das Werk gewonnen, ist bereits Erwähnung geschehen. Dann folgt das Fleisch-Statut für die Juden, vom 7. April 1343, nach welchem die Schlächter von jenen nicht beeinträchtigt werden sollen. Dasselbe beginnt, weit ausholend: „Aristoteles schrivet in dem irsten Bote von der stederegirunge (äe republica), also dat niensche

gelegenheit zu verbessern, zu mindern,

ist aller Dyrren (Thiere) dat beste, dat sick dem Gesetz gebrüket (bedient); so is dat aller ergste mensche, dat von der Gerechtigkeit is geschieden :c." Nach diesem Statut sollten die Juden den Viehhänd¬ lern nicht entgegen gehen, sondern das Schlachtvieh auf offenem Markte kaufen; weder übelriechendes, noch Fleisch von zu altem, zu jungem — bei den rituellen oder zu mageren: Vieh verkaufen. Die Hinterviertel — durften von ihnen nur im ausgeschlossen Israeliten vom Genuß Ganzen veräußert werden, ebenso

war den Käufern derselben verboten,

oder über das

Gewichte dem Verkäuffer ein mehres dafür geben wolte, dieser Ord¬ nung zu wieder, das Fleisch ungewogen nehmen, oder ein mehrers, gesetzet,

und zu mehren uns hiermit

vorbehalten haben wollen) zu handeln Anlaß geben würde, sol dem¬ selben ohne Ansehen der Person das Fleisch von den Dienern ge¬ nommen, im Hospital gesand, und der Verkäuffer und Käuffer exem-

plariter abgestrafet werden. Wird sich dannenhero ein jeder hiernach zu achten, und vor Schaden zu hüten wissen.

Sollen die Fleischer in beyden Städten darauff bedacht sein, daß sie die Bürger und Einwohner mit gutem Fleisch versorgen, und kein Mangel erfunden werde. §. 2. Sollen alle Fleischer, ob sie gleich Hoffraum genung hätten, denoch ihre Viehe auf dem Schlachthause, und zum wenigsten ein §. 1.

jeder alle 14 Tage einen Ochsen schlachten.

Sollen die Fleischer gut srisch und gesund Viehe, keines §. 3. weges aber Bezogen und Trächtig: Item: Pockende Viehe: Weniger

das Fleisch mit Andern zu theilen. — Um die Güte des Fleisches überhaupt controliren zu können, durfte daffelbe nur in den Scharren ausgelegt werden; that dies ein Anderer, so verfiel er in 21 Schillinge Strafe, von denen die Stadt Eine Ausnahme fand nur zur dem Gewerke ein Drittel überließ.

Kälber, so tolle Kühe gesogen, schlachten, noch in die Scharnen bringen bei Verlust des Meister-Rechts: Und weil den Winter über das Zucht Viehe meisteutheils Trächtig: Als soll von Nicolai bis Ostern, keinem zugelaffen sein, Kühe oder Schafe zu schlachten, bei

Osterzeit und auf den Jahrmärkten statt, wo Jedermann Fleisch ver¬ kaufen durfte. Wer über den Hausbedarf eingeschlachtet hatte, durste

Vermeidung eines E. E. Raths Straffe. (Schluß folgt.)

ebenfalls davon veräußern; dagegen war selbst den Garköchen, bei Strafe von 5 bis 7% Schillinge untersagt, weder rohes Fleisch zu verkaufen, noch auch an Thüren oder Fenstern aufzuhängen, selbst wenn der Verkauf desselben nicht in ihrer Absicht lag. Da der Bedarf an Fleisch sich aus der Praxis ergab, so schrieb

Rath vor, wie viel geschlachtet werden sollte. Nur unter besonderen Umständen — wenn fürstliche Personen oder sonstiger angesehener Be¬ der

war —

durfte über diese Bestimmung such in der Stadt anwesend hinausgegangen werden. Der Jahreszeit angemeffen, mußte stets zweierlei Fleisch vorhanden sein, auch dasjenige, welches keinen Absatz fand, in Salz gelegt werden, um anderen Tages frisch zum Verkauf zu gelangen.

Belautet modificirt, wörtlich: theils von Neuem einschärft, stimmungen theils „Wir Bürgermeistere und Rathmannen der Churfürstlichen Brandenburgischen Resitzdentz und Haupt-Städte Berlin und Cölln an der

Die Fleischer-Ordnung vom 6. März 1656,

welche ftühere

solche

Eine verlaufene Lombe (1767). Der „ordinaire" Exerzierplatz der Berliner Artillerie befand sich in der Mitte des vorigen Jahrhunderts auf dem Wedding vor dem Die Erreichung dieses Platzes hat, späteren Oranienburger Thore. bei den grundlosen Wegen, „jederzeit viele Schwierigkeiten gehabt", deshalb wählte man zu Ende des Jahres 1767 zum Proben eines Diese Mortiers einen „Orth vor der Rosenthaler Landwehr".

Probe sollte der Berliner Cämmerey-Kasse theuer zu stehen kommen, wie die Rechnungen besagen.

Es hatte sich nämlich eine Bombe aus diesem Mortier verlaufen und war nolens volens in das Hochgericht, welches seit 1752 auf dem Wedding befindlich, eingeschlagen, hatte darin natürlich arg gewüthet, und sogar „die Gebeine von 4 auf den Rädern gelegenen Delinquenten" nicht verschont.

Da ein

solches

Institut,

wie ein Hoch-

215 gericht,

nicht

in einem desolaten Zustande

lange

belassen

werden

konnte,

„wegen der an einigen zum Tode verurtheilten Dieben zu vollführenden Erecution", die schon wieder vorräthig waren, so mußte

Bürger-Meister und Rath allhier, daran und Schaden machen den ausbessern lassen, zumal der stch General-Major von Dieskau, welcher die Angelegenheit von militäri¬ scher Seite vertrat, einen Ersatz aus dem Grunde, „daß Wind und Wetter den unrichtigen Flug der Bombe, und dadurch erfolgte Be¬ schädigung des Hochgerichts veruhrsachet habe", ablehnte.

Die Rechnungen

sprechen

Bit. A.

für

.1 Rthl. .

1

2

Rthl. 12 Gr. — Pf.

Waßer-Fäßer.1 8

1

Musicanten.8 Fahnen-Schwenksr.2 3

10

Revision der Arbeit

2

Berlin,

.

.

.

Summa dem Maurer-Gewerck den 15ten Decbr. 1767.

-



-

-



-

8

-



-

-

8

-



-

Johann George Brause Jung-Gesell beym hochlöbl. Mauer-Gesellschaft. Berlin, d. 14. Decbr. 1767. Bit. B. Auf Befehl Eines HochEdlen Nagistrat habe ich die mir auf¬ getragene Schloßer-Arbeit au Reparatur am Hochgerichte verfertigt.

-



-



-

wißen können die Unkosten indem mehr zerbrochen

Weil

-



-

-

-

-

— —

-



-

-

— — —

-



-

-

als ich angesetzet habe.

-

Denn



-



-

habe das Schloß müßen abbrechen von

Thüre und 2 große Schlitze! darzu

der

8 Gr. — Pf. Alt-Meister.

bey der Zusammenkunff der Meister 2 mahl

Rthl. 16 Gr. — Pf. — - — 5 — - — 2 -

zusammen kommen, habe ausgeben im

Rausgehn in

allen.3

Vor Fuhrlohn und

.2 vor die Nnsicanten

4

Boutellien Wein, die Boutellie 8 Gr. und 8 Gr. Auf den hin- und her Nasch 6 Boutellien Wein vor die Thüre, weil sie sind mit die Fahne zurück gekommen 3 Boutellien Wein .

Semmel.

vor die Alt-Gesellen, Zung-Gesellen

1

1

-

16

-



-



-

— -

-

.



-



-



-

-

18

-



-

Summa

-

-

10

-





Rthl.

in Anschlag stehet, und die Nnsicanten auch so viel haben wollen 5 Rthl. weil es in der Stülle nicht wollen angehen also bitte das Ein hochEdler Nagistrat noch was accordiren wolte hierzu denen Gesellen und Nnsicant en

.

13

-



-



-

Summa Summarum 42 Rthl. 22 Gr. — Pf. Johann Michael Döltz den 19ten Decbr. 1767. dercornpenirten Schloßer-Gewerks Alt-Meister.

Berlin,

Rechnung Vor Vor die

-

6

-

— -

Vor meine

2



29 Rthl. 22 Gr. — Pf.

die

Nnsicanten.15 Rthl. verzehret.15 Fahnen-Spieler.5

Maß die Gesellen

Von 10 Uhr bis 4 Uhr ist Licht ver-

Mühewaltung die Stuben wieder zu fchauren und renoviren . .

-

derer Schloßer- Gesellen.

und

vor.—

Oassen-Schreiber das Mittag-Eßen

— Pf.

12

nichts

Kutschen habe

Summa

— Gr.

-

gebraucht.

73 Rthl. — Gr. — Pf.

Tonnen.18 Rthl.

1

ist verzehret worden, und den Tag in meinem Hauße sein die Meister auch

2 Gr. Spundt-Geld, macht vor die Tonne

zum Früh-Stück

Bley

ein Dach gemacht vor das Regen-Wetter

Und da vor unfern Gesellen nur 8

die 6

ge¬

den Knopf ist verlohren gangen, und von der einen Stangen 4 Fuß gefehlet, so kann von Anschlag wohl nichts abgehen 25 Rthl. — Gr. — Pf.

machen, und über das Schloß von -

und entzwey

halbe Eiserne Pfeiller

der

mit

an frey Bier ist aufgeleget worden, 6 Tonnen, die Tonne 2 Rthl. 22 Gr. und

brandt,

ich aber mein Anschlag so genau eingerichtet, und vorher nicht

gangen,

Was vor das hochlöbliche Maurer-Gewerck

Rthl.,

im Nahmen der Alt-Gesellen

Gewerck der Gesellen zum Aufzug erbothen

16

1.

3

Rthl. — Gr.

12. Decbr. 1767.

den

-

1.25 ... .

-

-

40 Rthl. Johann Gallischer. Hierzu die Auslagen der Alt-Gesellen

den Jnng-Gesellen suh 3

8

Summa 2 Rthl.

Summa

.

5

-

Specification Was ich als Jung-Gesell bei der Mauer, im Nahmen des gantzen Magistrats, und im Nahmen des gantzen MauerGewercks des Herrn Alt-Meisters und im Nahmen des ganzen Mauer-

So

Zusammenkunft, und Ergötzlichkeit . . Zweymahliges Fuhrlohn zu Besichtigung

laut Rechnung suh für ihre Bemühung suh 2

4 Rthl. 16 Gr.



-

Denen sämmtlichen Meisters vor 3 mahlige

des Schadens, und

....

Gr. beträgt



zur

Hebe-Meister

Besichtigung des Schadens mit Fuhrloh»

Die Der

8

Tag

-

8 Kutschen Las Gewerck heraus zu fahren und

1

12 —

-

Die Klinker und Kalck heraus gefahren, wie auch den Gips Vor Staken, Mollen Kalck-Kasten und

Meister

J'^Tage LTag

3.

Gr. Kalck.2 Gr.1

Alt

jeder

Summa

2 Scheffel Gips ä 20

2

Vier Alt-Gesellen

Berlin,

welche

300 Klinker ä 20

1

Was Wir sämmtliche Alt-Gesellen vor Mühe Waltung und Versäumniß zu fordern wie folget.

selbst:

sich

gefertiget worden, als: 3 Handlanger jeder 2 Tage ü 6 Gr.

ä

1767.

2.

und an den Gassen-Schreiber

per ordre Eines HochEdlen Magistrats, an dem hiesigen Hochgerichte vor der Oranienburger Landt-Wehre an¬

Vor

den 12. Decbr.

Rechnung

Maurer-Arbeith

Wir sämmtliche Alt-Gesellen Friedrich Schempp. Jacob Hanholdt. George Wagner,

der Praesideut Kircheisen,

schon

der

George Baspe.

die

Alt-Gesellen.



-



-

25 Rthl. 16 Gr. — Pf.



2

-

-

Summa 37 Rthl.

Berlin -

.

-

den 12.

Decbr. 1767. George Heinrich Wesemann Alt-Geselle.

Johann Caspar Langkirch Alt-Jünger.

Lit.

lung abdrucken lassen, welche von jedem Freunde der märkischen Ge¬

C.

Auf

ergangene Verordnung Eines hochEdlen

Magistrats hiesiger

allerunthänigst hiermit anzeigen wollen, wie groß sich der Schade an der Justiz durch die geworfene Bombe an S-tein-Metz-Arbeit verursachet wie folget:

Residenzien habe

1 .

ich

Wird an Werck-Steinen dazu erfordert in der Länge 15 Fuß in der Breite 4 Fuß, thut ä 60 Quadrat Fuß, pro Fuß incl. Stein- und Arbeits - Lohn

Gr.35

14

Rthl. — Gr. — Pf.

pro Fuß 14 Gr. . . . 3. An Bley 45 entgegengenommen.

Inhalt.

Die Berlinische Zuckersiederei-Compagnie. Von Ernst Rühl. — Johann von Buch. Von F. Budczics. (Fortsetzung.) — Merian's Bran¬ denburgische Topographie, von Dr. G. Sello. (Schluß.) — Die Knokenhonwer Berlins, von Ferdinand Meyer. (Fortsetzung.) — Berliner Theaterplaudereien aus den dreißiger Jahren. (Mit Abbildung.) (Schluß.) — Literatur. — Briefkasten.

Die Lerlinische Zuckersiederei-Compagnie. Von Külik *).

3m Jahre 1745 las der berühmte Marggraf, geboren zu Berlin 1709,

Chemiker Andreas Sigismund

in

Schluffe

des

18. Jahrhunderts höchst ungünstigen Zeitverhältniffe, den

der Hauptsitzung der Akademie

Versuch beschloß, in Schlesien eine fabrikmäßige Erzeugung des Rüben¬

der Wissenschaften in Berlin einen Aufsatz vor, in welchem er darthat, daß in dem Safte vieler einheimischen Pflanzen, namentlich aber in der Runkelrübe ein Stoff sich vorfinde, der mit dem indischen Rohr¬

in Gang zu bringen. Der König von Preußen hatte die neue Erfindung und deren Weltbedeutung erkannt, er hatte die Mittel ge¬ währt, daß Achard's Ideen praktisch verwirklicht werden konnten, er

eins und dasselbe sei; er bewies durch vorgelegte

begünstigte den Versuch, den Zucker in seinen Staaten aus dem eigenen Bodenerzeugniß herzustellen, weil er den günstigen Einfluß dieser

zucker vollkommen

Proben und umständliche Auseinandersetzung seiner Methode, daß die

fabrikmäßige Darstellung eines Zuckers aus einheimischen Stoffen nicht allein möglich, sondern auch gewinnbringend sei. Wenn Marggraf's hochwichtige Entdeckung nicht schon damals ungeheueres Aufsehen unter dem gewerbetreibenden Publikum rnachte, so trug hauptsächlich der Umstand dazu bei, daß alle Verhandlungen der gelehrten Anstalten,

zuckers

Fabrikation auf die Bodenkultur voraussah, und eS war weder die Schuld der preußischen Regierung noch des Erfinders, daß das neue Gewerbe sich nicht erhalten konnte. Das Schicksal desselben in Mähren und Böhmen, wohin es von Schlesien aus übergesiedelt, war dasselbe

unmöglich, also lächerlich wären.

wie in Preußen: wegen niedriger Zuckerausbeute und sehr schwieriger Arbeit mit unvollkommenen Apparaten, ferner wegen des mangelnden Beiraths und Beistandes der Wissenschaft und Kunst, namentlich der Chemie und Mechanik, mußte diese Fabrikation überall wieder ein¬ gestellt oder konnte nur kläglich fortgesetzt werden. Um diese Zeit kain der Zuckersiedermeister Johann Burchard R ö n nenkamp um die Concession zur Anlegung einer neuen Zuckerfabrik in Berlin ein, und erhielt auch dieselbe unterm 2. September 1792 be¬ stätigt. Da er aber nicht die nöthigen Mittel besaß, um dieselbe in größerem Umfang zu betreiben, so entschloß er sich, seine Concession einer Anzahl Mitgliedern aus der „Berliner Kaufmanns-Gilde der

Als Marggraf 1783 gestorben war, schien seine segensreiche Entdecküng mit ihm zu Grabe gegangen zu sein, und Niemand sprach mehr davon; bis endlich Achard, ein Schüler Marggraf's und nach

Nachdem sich diese bereit erklärt hatten, eine Zuckerfabrik in Berlin anzulegen und auf gemeinschaftlichen Gewinn und Verlust fort¬

ihm Direktor der Akademie, die oben erwähnte Abhandlung zu glücklicher Stunde wieder in die Hände bekam und, trotz der damals am

Ueberlassung seiner Concession und seines in der Neuen Münz-Straße

der Arbeitsfitzung des Vereins für die Geschichte Ber¬ lins am 25. November 1876 von Herrn 8luck. zur. Berinzuier.

der Kaufmannschaft

Berliner Akademie, in lateinischer Sprache geführt wurden, wodurch es eben denjenigen Personen, für welche Marggraf's Erfindung von Wichtigkeit sein mußte, unmöglich gemacht

mithin

auch

der

wurde, dieselbe kennen zu lernen.

Ja,

die gelehrten Collegen

Marg-

graf's, eifersüchtig auf seinen immer wachsenden Ruhm, suchten sogar die Meinung zu verbreiten, daß der vorgelegte Zucker nicht wirklich aus Runkelrüben u. s. w. erzeugt sei, und daß, wenn auch dies in der That der Fall wäre, die Idee, den Colonial-Zucker durch einheimischen ersetzen zu wollen, zu denjenigen gehöre, welche in der Ausführung

*) Vorgetragen in

Spezerei- und Material-Handlung hiesiger Residenzien" abzutreten.

zusetzen,

so

schlossen

belegenen Hauses.

sie

mit Rönnenkamp einen Vertrag

wegen

Es existirten nämlich zu jener Zeit zwei Gilden in Berlin. Die eine nannte sich „die teutsch und

In

französische combinirte Tuch- und Seidenhandlung hiesiger Residenzien",

Summe von Thlr. 11,412. 15 Sgr.

Jahren

des

und die andere „die Spezerei- und Material-Handlung hiesiger Resi-

Bestehens hatte die Gesellschaft, trotz des Aufblühens der neuen

In¬

Beide Gilden hatten ihren besonderen Vorstand; die Vor¬ standsmitglieder hießen bei der ersteren „Aeltermänner" und bei der anderen „Aeltesten". Beide Gilden wurden bekanntlich im Jahre 1820

dustrie,

Lenzicn".

Berliner Kaufmannschaft, vereinigt. Die Gesellschaft constituirte sich, unter der Firma „Berlinische Zuckersiederei-Compagnie", am 1. Oktober 1793. Das Aktien-Kapital wurde vorläufig auf 60,000 Thaler festgesetzt und konnte bei größerer Entwickelung des Geschäfts auf 80,000 Thaler erhöht werden. Zuerst wurden 240 Stück Aktien ä 250 Thaler, auf den Namen des ersten Die Bestimmungen der Statuten in Zeichners lautend, ausgegeben. Betreff der Mitgliedschaft lauten ziemlich streng: „Nur christliche Kauf¬ leute, welche allhicr oder anderswo wohnen und das Gilderecht bei der hiesigen Materialhandlung gewonnen haben, können in der Regel und so lange sie Mitglieder der Kaufmannsgilde bleiben, sich bei der Zuckersiebcrei - Compagnie als Aktionaire interessiren und Aktionaire werden. Wer aufhört, Mitglied der Gilde zn sein, hört dadurch eo ipso auf, Aktionair zu sein, und muß bei Cassation feiner Aktie und Ver¬ lust aller ihm daraus zustehenden Rechte binnen 3 Monat, von dem Tage an gerechnet, an welchem er seiner Rechte als Kaufmann sich begeben hat, seine Aktie einem andern qualificirten Besitzer selbst über¬ lassen, oder solche durch das Comite an einen andern qualificirten Be¬

Aeltestcn

der

Kaufmannschaft

sein,

wenn

wären, und zwar ohne weitere Wahl.

Aktionaire

zur

Seite

gesetzt.

Dies

sie

zugleich

Ihnen wurden Comite

hatte

Entgegengesetzt unseren heutigen Bestimmungen des Handelsge¬

Reingewinn, nach Abschreibung aus Im¬ mobilien und Waarcnbeständc, und nach Dotirung des Reservefonds

setzbuches, nach welchem der

unverkürzt an die Aktionäre vertheilt wird, beschloß man in dieser Generalversammlung, nicht den Reingewinn zu vertheilen, sondern den

Buchwerth der Aktien nach Aufnahme der Inventur festzustellen, und ermittelten Capitalwerthe ein bestimmtes Zinserträgniß zu ge¬

diesem

jeweiligen Diskonto richten solle. Der Vortheil dieser Einrichtung bestand nämlich darin, daß auch in schlechten währen, welches

I

und stieg im Jahre 1812 auf den Werth von 1225

in Folge

der

Thlr., haupt¬

Continental-Sperre, welche die inländische

Zucker¬

fabrikation bedeutend begünstigte.

In

Statuten,

Die ersten Direktoren wurden von Generalversammlung der Aktionaire gewählt, und zwar als erster Direktor Carl Le Coc, als zweiter Jean Touffaint, und als dritter oder Fabrikdirektor, Rönnenkamp. Festgesetzt wurde aber, daß künftig¬

sich nach dem

Jahren, in denen die Gesellschaft mit Verlust gearbeitet hatte, Zinsen an die Aktionäre vertheilt werden konnten. Der Bücherwerth der Aktien war im Jahre 1801 circa 381 Thlr. für 250 Thlr. nominal, sächlich

nach

Beziehung eine größere Befugniß.

in der Holzmarktstraße 12, 13, 14 darbot. den Preis von 14,000 Thlr., und begann neuen Fabrik, da die räumlichen Verhält-

niffe in der alten Rönnenkamp'schen eine Vergrößerung und Ausdeh¬

Aktionaire

der

mit mancherlei

nung nicht gestatteten.

acht andere sich,

der politischen Unruhen und Kriege

kämpfen.

Sie erwarb dasselbe für sofort mit dem Bau der

um die Angelegenheiten der Compagnie zu be¬ treiben, wenigstens einmal, und zwar Len ersten Donnerstag jeden Monats zu versammeln. Es vertrat daffelbe demnach die Stelle unseres heutigen Verwaltuugs-Rathes, besaß jedoch in geschäftlicher §. 8 der

zu

des großen Grundstückes

statutenmäßig verkaufen lassen."

Zunächst wurde ein Comite gebildet, um die Geschäfte der Ge¬ sellschaft zu leiten. Mitglieder desselben sollten die jedesmaligen

ersten

Daher beschloß man, vorläufig nur 5 Procent Zinsen auf die Aktien zu vertheilen, und den über¬ schießenden Reingewinn zur Consolidirung des Unternehmens zu ver¬ wenden. In der Generalversammlung vom 14. Mai 1800 wurde die Erhöhung des Grund-Capitals von 60,000 Thlr. auf 80,000 Thlr. beschloffen, weil sich ein für die Gesellschaft vortheilhaster Kauf, der Mißgeschick

zu einer Corporation, der

sitzer

in Folge

den

der Generalversammlung vom

Statuten

der Gesellschaft,

25. März 1831 wurden die

den Zeitverhältnissen Rechnung

tragend, modisicirt, und erlangte die Gesellschaft auf Grund dieser verbesserten Statuten unterm 13. Mai 1836 die Rechte einer juristischen Person, j

Erwerbung des Eigenthums von Grundauf den Collektivnamen der Gesellschaft. In dem Nachtrag Statuten wurde die Zahl der Direktoren auf fünf festgesetzt,

jedoch lediglich zum Zweck der

'

stücken

zn den

und außerdein zur Leitung der Zuckerfabrikation ein Fabrikdirektor in

hin die Direktoren direkt vom Comitö gewählt werden sollten. Die Bescheidenheit der damaligen Direktoren, in Bezug auf ihr Gehalt

der Person des Herrn Körber ernannt, welcher bis zur Auflösung der

ist nach unseren Begriffen sehr bemerkenswerth;

schaft machte sich während dieser Zeit der verstorbene Commerzien-

so

erhielt der erste

Direktor 500 Thlr., der zweite 200 Thlr., und der Fabrikdirektor war auf Tantieme angestellt. Ihre Leistungen waren dagegen sehr be¬ Der §. 6 der Statuten läßt sich darüber folgender Maßen deutende. aus: „Der erste und zweite Direktor, welche der Buchhalterei und der Correspondenz,

sowie überhaupt der Aufsicht über die Fabrik ge¬

Gesellschaft seine Stelle verwaltete.

Sehr verdient um

Rath Kupfer.

Im

Jahre 1842 wurde der Betrieb mit Dampfmaschinen in

der Fabrik eingeführt, und der mächtige Auftchwung, den die Zucker¬

industrie jetzt nahm, ist außer wesentlichen Verbesserungen in der Darstellung des Zuckers, hauptsächlich in den Zollverhältnissen zu

führen die Correspondenz, die Bücher in dop¬ pelten Partien (doppelte Buchführung), und insbesondere haben sie die Kaffe unter ihren gemeinschaftlichen Verschluß; sie müsien sich freund-

suchen,

in ihre Geschäfte theilen und sich wechselseitig assistiren, auch soll ihnen künftig, wen» die Entreprise Segen bringt, ein Buch¬ halter zur Hülfe gegeben werden." Als Curiosum will ich noch den §. 28 erwähnen: „Wer durch Dazwischenreden oder durch ein anderes nicht anständiges Betragen die Ruhe in der Generalversammlung stört oder die eingeführte Ordnung unterbricht, bezahlt 16 Groschen zur Strafkasse" — eine Bestimmung, die auch bei unseren heutigen

ber 1859 die Auflösung der Gesellschaft.

wachsen sein müssen,

schaftlich

Generalversammlungen zuweilen angebracht wäre. Dies sind im Allgeineinen die wesentlichsten Punkte in der inneren Verwaltung der Gesellschaft, nach den alten Statuten derselben. Die Gesellschaft übernahm, wie schon oben angedeutet, die in

Münz-Straße belegene Fabrik des Zuckerfiedermeisters Rönnenkamp. Sie zahlte für vorhandene Waaren und Geräthschaften in der Siederei, laut der Inventur vom 18. December 1793, die der

Neuen

die Gesell¬

durch welche die

Einfuhr

des

Colonial-Zuckers ziemlich hoch

besteuert wurde.

Die Generalversammlung der Aktionäre beschloß aai 12. Novem¬ Die Gründe, die hierfür maßgebend waren, bestanden vornehmlich darin, daß im letzten Jahre mit einem Verluste von 16,000 Thlr. gearbeitet worden war, und größere Neuanschaffungen von Dampfmaschinen,

Vakuumpfannen rc.

nothwendig wurden, um der immer mehr auftretenden Concurrenz gegnen zu können.

be¬

Andrerseits war der Vortheil, welcher den Aktio¬

nären bei der Auflösung der Gesellschaft erwuchs, sehr bedeutend, da

mittlerweile auf circa 1260 Thlr. gestiegen Zu Liquidatoren wurde die Direktion unter Vorsitz des Herrn

der Buchwcrth der Aktien

war.

Commerzien-Rathes Gustav Keibel gewählt.

In

den 67 Jahren des Bestehens der Gesellschaft sind im Ganzen verkauft worden 121,799,062 15/i 6 Pfund Zucker. Der Geldbetrag hierfür war Thlr. 23,807,605. 6. —. Mit Gewinn hat die Ge-

sellschaft

in 44 Jahren gearbeitet:

derselbe beträgt

.Thlr.

989,172. 20. 5. Verlust dagegen in 22 Jah ren „ 523,6 05. 10. —. so daß ein Netto-Gewinn von . Thlr. 465,567. 10. 5. übrig bleibt, wozu aber bei der Vertheilung noch die Zinsen von 5 Procent von dem jedesmaligen Buchwerth der Aktien hinzukamen. In Folge dessen wurde an Dividende und Aktien-Zinsen im Ganzen gezahlt: Thlr. 1,014,387. 2. 10, so daß jede der 320 Aktien ä 250 Thlr. an Dividende erhielt Thlr. 3169. 28. 9., was für daS Anlage-Capital eine durchschnittliche Verzinsung von 18 62/e 7 Procent p. annum ergiebt. Die Aktie selbst wurde mit Thlr. 1200 einge¬ löst. Hierbei kommt allerdings in Betracht, daß die Grundstücke der

Hoferichter ihn in richterlicher Beziehung vertrat. Uebrigens wurde Johann ja auch erst später, nachdem er schon längst Hoferichter ge¬

war, zu jener andern Würde berufen; das würde überflüssig Titel ein und dasselbe Amt bezeichnet hätten. Im ersten Viertel des Jahres 1335 finden wir Johann ab¬ wechselnd in Spandau und Berlin. An letzterem Orte belehnte ihn Ludwig mit den Dörfern Steckelsdorf und Buckow bei Rathenow auf so lange, bis der Markgraf oder seine Erben die 60 Mk., die Johann für ihn an Dietrich v. Zickow bezahlt hatte, ihm ersetzt haben würde (Riedel I, 17, 484). Am 18. April war Johann in Begleitung deS Markgrafen in Torgelow. Auch hier fanden wiederum zwei Ver¬ pfändungen an ihn statt. Die eine betraf das Haus zu Stoltzenhain. Wie die betreffende Urkunde vom 18. April (nicht 15. wie bei Klödcn) sagt, hatte Johann v. Buch dem Markgrafen 200 Mk. vorgeschossen, damit derselbe das im Pfandbesitz Heinrichs von Kröcher und seines Bruders befindliche Haus Fretzdors einlösen könne (Riedel I, 2, 306). Die andere, am gleichen Tage ausgestellte Urkunde, betraf die Ver¬ wesen

gewesen fei», wenn beide

und Utensilien höher verwerthet wurden, als zuletzt in den Büchern angegeben worden war. Es würde demnach der erste Zeichner (und es giebt ja mehrere Familien, in deren Besitz die Aktien von der

Gründung bis zur Auflösung der Gesellschaft verblieben sind) für die 250 Thlr., welche er bei der Gründung gezeichnet hatte, jetzt bei der Auflösung im Ganzen Thlr. 4369. 28. 9. an Capital und Zinsen Eine in unseren Tagen gewiß seltene Erscheinung, zurückerhalten. indem die meisten heutigen Aktionäre sehr zufrieden wären, wenn sie überhaupt nur einen Theil ihres eingezahlten Capitals bei der Liqui¬ dation zurück erhielten. Die Fabrik ging für den niedrigen Preis von

pfändung eines Hofes zu Pitzenburg mit dem Glitz an Johann von Buch und Albert v. Woldenhagen, für eine Summe von 300 Mark brandenb. Silbers (Riedel I, 13, 322). Es ist bis jetzt noch nicht ge¬ lungen, die Lage der beiden Pfandobjekte mit Sicherheit nachzuweisen.

90,000 Thlr. in den Besitz der Herren Schulze & Kahlbaum über. Möge es mir an dieser Stelle gestattet sein, ein gewiß seltenes Beispiel anzuführen, wie eine ganze Generation einer Familie, von der Gründung bis zur Auflösung der Gesellschaft, mit diesem Unter¬ nehmen innig verknüpft war. Der erste Mitbegründer und ComiteMitglied war Pierre Louis Böringuier; der Gemahl seiner Enkelin Herr Stadtrath Will). Keibel, bekleidete bis zu seinem Tode die Stelle eines Direktors, und fein Sohn, der Herr Commerzien-Rath Gustav Keibel, war einer der Liquidatoren der Gesellschaft. Der Güte des letztgenannten Herrn verdanke ich vielfach Mittheilungen über die Ge¬ sellschaft, und ist mir namentlich die Benutzung der Bücher mit großer Bereitwilligkeit zugestanden worden. So hat diese Gesellschaft, die erste, welche in Berlin auf Aktien

Von

ein auf streng solider Grundlage

welche Resultate

Unternehmen zu erzielen

im Staude ist, und

es

,

>

dustrie

in Berlin

des

Vereins für die Geschichte Berlins,

(Fortsetzung.)

Das Amt eines Hoferichters war ein sehr hochstehendes. Das Hofgericht hatte die Jurisdirektion über alle Ritterbürtigen in der Mark; den Vorsitz in demselben führte anfänglich der Markgraf selber, später indeß, an seiner Stelle, der Hoferichter. Es find uns noch einige andere Urkunden erhalten, die von der Wirksamkeit Johann's in diesem Amte Zeugniß geben. Er nennt sich oder wird genannt, entweder wie hier: „Hoferichter", eurie nostre judex, meyner (i. e. allgemeiner) ricliter des hoves tu Brandenburg, oder judex generalis curiae illustris principis. Daß Johann aber auch, wie Kühns in seiner Geschichte der Gerichtsverfassung in der Mark Brandenburg Th. I, 204 annimmt, statt des Titels „Hoferichter" den eines eapitaneus marchiae brandenburgensis generalis geführt, daß also Hoferichter und Hauptmann die gleiche Würde bezeichnet habe, ist ein Irrthum, der sich nur daraus vielleicht erklären läßt, daß in Johann v. Buch zeitweise beide Würden vereint waren, und daß er einmal mit der einen, ei» andermal mit der andern bezeichnet wird. Der Landeshauptmann hatte eine ganz andere Amtssphäre, als der Hoferichter: er war Stellvertreter des Fürsten in Verwaltungsangelegenheiten und in der Kriegführung, während der

leiten, p. 3 9, noch eines Schlosses Stolzenhagen im Jerichow'schen, das um die Mitte des 14. Jahrhunderts vom Erzbischof Otto von

Durchaus

das unserem Johann verliehene Schloß gewesen nicht nachzuweisen ist die Lage von Pitzenburg mit

Gliez; letzterer Name kommt in verschiedenen Gegenden der Mark vor. Auf der, durch die im vorigen Jahrhundert erfolgte Oderregulirung entstandenen größeren Insel bei Wrietzen liegt Alt-Glietzen, und an der Elbe im Jerichow'schen findet sich der Ort Klytz, aber weder au dem einen, noch an dem andern Orte sind Spuren von Pitzenburg zu entdecken. Ich möchte letztere» Namen für eine Corrumpirung von dem

In¬

am 28. Oktober 1876, von S. Kuckczics.

war ebenfalls im klösterlichen Besitz und gehörte nach Chorin. Ein drittes Stolzenhagen, auf das Pastor Winter auf¬ merksam macht, kaun, als außerhalb der damaligen Grenzen der Mark, an der schwarzen Elster gelegen, ebenfalls hier nicht in Betracht kommen. Doch gedenkt Walther im 4. Theile seiner Magdeburgischen Merkwürdig-

sein.

gewesen zu sein.

Vortrag, gehalten in der Sitzung

Mark vorhandenen Stolzenhagens

Magdeburg zerstört worden, und dies allein kann, wie auch Herr von

errichtetes

Johann von Luch.

der

Ledebur vermuthet,

muß ihr das Ver¬

dienst zugeschrieben werden, die Trägerin einer neuen, bedeutenden

in

Uckermark belegen,

gegründet wurde, nach einem 67 jährigen Bestehen den Beweis gelie¬

fert,

den beiden noch heute

kann keines hier in Betracht gezogen werden; denn das im Barnim gelegene gehörte zu jener Zeit dem Kloster Lehuin, das andere, in der

j

Boitzcnburg halten, um so eher, als Johann v. Buch, späterhin als Mitbesitzer des uckermärkischen, jetzt den Arnim's gehörigen Boitzcnburg erscheint; doch fehlt hier wieder der Glietz. v. Buch's

in Frankfurt

a.

O.

gedenke ich

Einer Anwesenheit Johann nur deshalb hier, weil der

Umstand, daß er in einer hier am 19. Mai (nicht, wie bei Klöden, am 25.) ausgestellten Urkunde (Riedel I, 23, 28,) statt Johann, wie auch sonst wohl Henning genannt wird, Kühns in seinem angeführten Werke (Bd. II, 263) zu der Annahme verleitet hat, daß es sich hier um eine, von unserm Johann verschiedene Person handle; selbst die ausdrückliche Bezeichnung als eurie nostre judex überzeugt ihn nicht von der Identität beider Namen; er leitet Henning nicht von Johann ab, sondern von Hahn, und hält es für gleichbedeutend mit Hähnlein. Es ist aber in der That ein und derselbe Name, was leicht durch eine Menge urkundlicher Belege bewiesen werden könnte. —

Im folgenden Monat befindet sich Johann wieder in Berlin. Hier bestätigt Markgraf Ludwig am 29. Juni (Riedel I, 17, 485), eine Schenkung Johann's au das Kloster Jerichow, die derselbe zu seinem eigenen, wie zum Seelenheil seiner Vorfahren und Nachkommen gemacht hatte, und die in 8 Hufen (nicht Höfen, wie bei Klödcn ge¬

sagt wird) zu Stenitz, 2 Stücken in Maiensdorf und einer Wein¬ lieferung von 3 Eimern aus einem Weinberge zu Garditz bei Branden¬

burg bestand.

„Trium amarum vini

e vinea

ville Garditz“,

heißt

in einer in unserm Urkundenbuch zur Berliner Chronik p. 26 (Riedel I, 12, 490) abgedruckten Urkunde vom 8. Deebr. 1335, durch welche Markgraf Ludwig einem Altar in der Marienkirche einige Hebungen vereignet, mit denen Rath und Bürgerschaft von Berlin

Das sind nun nicht, wie Klöden nur 3 Eimer Wein aus einem Weinberge. meint, 3 Weinberge, sondern Vom 1. Juli ist eine Urkunde datirt (Berl. Urkunden-Buch p. 67, Riedel I, 12, 489), welche uns Johann in seiner Stellung als Hoft¬ richter, und zwar in einer für Berlin und Köln höchst wichtigen An¬ Es handelt sich hier um die Herbeiführung und gelegenheit zeigt.

genannt

Wiederherstellung eines guten Einvernehmens zwischen dem Bischof von

wird das capitaneus generalis durch Feldhauptmann wiedergegeben. — Uebergehen wir nur eine Reihe von Dokumenten, in denen Jo¬ hann v. Buch nur als Zeuge genannt wird, so tritt uns zunächst

es

in

der betreffenden

Urkunde.

und Köln die Gedächtnißfeier des ermordeten Probstes Nikolaus von

Tm den Kaiserlichen

selben Tage, am 16. Oktober,

Hier fanden an ein und

Hof.

eine Urkunde vom 13.

dem¬

In

der einen, am genannten Tage ausgestellten Urkunde (Riedel I, 17, 485) überantwortet Ludwig, und zwar, wie er ausdrücklich sagt, aus Geheiß seines Vaters, „dem festen Ritter, Johann v. Buch, seinem Hauptmann und besondern Heimlichen" das Schloß zu Aelosen mit allem Zubehör, wiederkäuflich, für die beträchtliche Summe von 1000 Mk. Silber. In einer zweiten Urkunde (a. a. O. 486), erklärt Herzog

zerstört sei,

ersteuten,

dieser

erscheint, an die Schöppen der

sich

Stadt

wir

des verstorbenen

„Wir e. Sachsenspiegel) entgegen, für ungültig erklärt". wollen auch und befehlen", sagt der Markgraf weiter, daß die ganze Gerichtsbarkeit des Landes, sowohl die Edelleute als die Bauern

be¬

treffend, nach unserm Markgräflichen Rechte und nach dem Rechte des Sächsischen Privilegii von Allen und in allen Zeiten gehandhabt werde.

Wenn aber die gedachten Schöppen, wegen Irrthums oder Unwissen¬ heit, den Einwohnern dieses Landes zur Appellation Veranlassung geben, so sollen diese nirgend anderswo appelliren, als bei den Burgmannen des Schlosses zu Jerichow, die unter Vorsitz des Schloßherren oder

einer Urkunde

seines Beamten die Sentenz zu fällen haben.

Dafür

sind 8

Schill,

Eine weitere Appellation kann dann noch an den Mark¬ grafen selbst oder an feinen Hostichter stattfinden. Wird alsdann das Urtheil der Schöppen ungerecht befunden, so haben sie eine Strafe von 14 Schill., ist aber das Urtheil der Burgmannen ein irrthümliches, so haben diese 28 Schillinge zu zahlen. Wer aber Schöppen oder Burgmannen ungerecht beschuldigt, hat dieselbe Strafe zu entrichten, die jene im Fall der gerechten Beschuldigung hätten zahlen müssen". Endlich bestätigt der Markgraf den Bürgern die Zollfreiheit, die sie in einigen Städten von Alters her gehabt hatten. — Klöden zu zahlen.

macht bei dieser Urkunde die Bemerkung, daß sie das einzige Beispiel einer ausdrücklichen Legalisirung des Sachsenspiegels

Daß

dieses Rechtsbuch

andern Theilen der

in

der

Mark

sei.

übrigens, außer im Lande Jettchow, auch in

Mark,

insbesondere hier

in Berlin Anwendung

gefunden habe, beweist unter Anderm auch das durch Fidiein editte alte Berliner Stadtbuch aus dem Ende des 14. Jahrhunderts, das

Schon oben ist darauf hinge¬

Kühns, judex generalis

irrthümliche

Letztere Bezeichnung Buch's ist, seit der Nürnberger sei. auf längere Zeit die vorherrschende; er wird z. B. gleich so

Jerichow aber sollen

saxoniae i.

und capitaneus generalis bezeichnen ein und dieselbe Würde, eine

Reise,

oder wenn wegen eines Urtheilsspruches

Bruder oder Schwester noch leben, das wird, als dem kaiserlichen Rechte und dem Sächsischen Privilegio (Privilegio

I, 17, 487) den überzeugendsten Be¬ Markgraf Ludwig bezeugt in derselben, daß er dem Johann weis. v. Buch von dem Tage, an, an welchem derselbe von seinem Vater zum Hauptmann ernannt worden sei, bis zum Ausstellungstage der Urkunde 1500 M. Brand. Silber schuldig geworden. Es ist ein Irrthum Klödens, wenn er behauptet, daß Johann bei Erlangung dieser neuen Würde das Hofrichter-Amt habe niederlegen müssen; wir finden ihn vielmehr noch öfter in diesem Amte wirksam und nach demselben benannt; so beispielsweise am 7. März 1336 (Riedel I, 20, 208), wo er zu Frankfurt a. O. als Markgräflicher Hofrichter die 4 Mühlen zu Tzschetzschnow, namentlich den Ansprüchen der v. Lossow gegenüber, für frei erklärt. „Wi her jan van buck, eyn ridder unde eyn meyne richten des hoves to brandenborch des edclen vorsten marcgreven Lodewighes“ nennt er sich hier selbst. Ebenso später noch in einer Urkunde vom 8. Nov. 1339 (Riedel I, 10, 244), die von Klöden selber citirt wird, ihm allerdings aber nur in schlechter Uebersetzung vorlag, in welcher das Judex generalis curie des lateinischen Textes mit „Landrichter" wiedergegeben ist, was Klöden freilich stutzig machen mußte.

in

des Landes

zweifelhaften Rechtsfällen,

sind, wenn des Vaters

vom folgenden Jahre (Riedel,

wiesen worden, daß die Behauptung von

sondern von der Neustadt Brandenburg holen.

Vatergeschwisterkindes von der Erbschaft des Großvaters ausgeschlossen

und es ist sehr wahrscheinlich,

wir in

Burg,

hiermit auf, und ganz insbesondere, daß die Kinder



darüber finden

Indeß

werden.

und nach alter und erprobter Gewohnheit des Landes ist, heben

Aufenthalts in Nürnberg, vom Kaiser Würde erhoben worden sei. Daß Letzterer selbst die Er¬

nennung vorgenommen habe,

w.,

Stadt übertragen

Jerichow wenden und dafür 2 Schillinge brandenb. Pfennige zahlen. „Alles", fährt dann der Markgraf sott, „was nicht nach alter Weise

daß er, eben während seines zu

s.

Stadt

deren sie sich bisher

Die Edelleute und Bauern eine Appellation nothwendig

wird Johann v. Buch zum ersten

bezeichnet,

Alle Freiheiten, Rechte u.

weil

gänzlich

an einem beliebigen anderen Orte eine neue

sollen auf diese neue

lehrungen von

w. mit seinem guten Willen, auf seinen Rath

Haupt mann

der Elbe

durch eine Ueberfluthung

sollen die Einwohner fortan nicht mehr, wie früher, ihre Rechtsbe¬

Güter, wie sie heißen und wo sie liegen mögen, für sich einzulösen, mit der Bedingung allerdings, daß die fürstliche Familie die Freiheit behalten solle, seder Zeit die Güter wieder von ihm einzulösen. In einer fünften Urkunde endlich (a. a. O. 487) erklärt Kaiser Ludwig ausdrücklich und ganz förmlich für sich und feine Söhne, daß alle vom Markgrafen Ludwig an Johann v. Buch geschehenen Verleihungen,

Male als

sich

erbauen dürsen.

deten

den angeführten Urkunden

2, 104), die derselben

In

ihr bisheriger Wohnort

und seiner Brüder, dem Johann das Recht, alle anderweitig verpfän¬

In

II,

die landesherrliche Genehmigung dazu gebe, daß die Einwohner,

Stephan von Bayern, für sich und seine Brüder, seine Einwilligung zu der genannten Uebertragung; in einer dritten Urkunde verpfändet Markgraf Ludwig dem Johann das Gericht der Dörfer Görne und Palsdorf für eine Summe von 100 Mk. In einer vietten Urkunde von demselben Tage ertheilt Ludwig, mit Zustimmuug seines Vaters

und auf sein Geheiß geschehen seien.

entgegen (Riedel

unser Interesse

theils unmittelbar vom Kaiser selbst, theils auf sein Geheiß durch seinen Sohn, den Markgrafen Ludwig.

s.

Mai 1336

in größerem Maße in Anspruch nimmt. erklärt Markgraf Ludwig, daß er auf inständiges Bitten des Ritters, Herrn Johann v. Buch, seines geliebten Capitaneus nnd Secretarius, sowie auf Bitten der Bürger der demselben gehörigen Stadt Jerichow

mehrfache Verleihungen und Gnaden-

bezeugungcn an Johann statt,

Verpfändungen u.

der, dem Abdruck dieser Urkunde beige¬

gebenen neueren Uebersetzung

Brandenburg und den Städten Berlin und Köln, das durch die Er¬ mordung des Propstes Nikolaus von Bernau getrübt worden war. Im Herbst dieses Jahres begleitete Johann seinen Herrn nach

Nürnberg

In

Bernau gestiftet haben.

|

in fast allen Pattien mit dem Sachsenspiegel wöttlich übereinstimmt. Ich kann mir nicht versagen, noch eine weitere Bemerkung Klöden'S zu dieser Urkunde hier anzufügen: „Die Verfügung des Markgrafen, welche, wie ausdrücklich gesagt wird, auf Johann's Bitten erlassen wurde, zeigt, mit welcher Vorliebe er den Rechtszuftand seines Besitzes be-

221 achtet und behandelt.

Sein ganzes Verfahren ist

Glosse und des Richtsteiges

angemessen

des Verfassers der

und würdig,

und übersehen

Albrecht Achilles im Jahre 1488 aus, 1513 betrug die Bierziese 12 Pf. — ca. 2,7 Mk. pro Tonne), stets große Aufmerksamkeit;

wollen wir es nicht, daß hier wirklich ein Fortschritt zum Bessern durch Rückkehr zum Alten, nämlich durch Beseitigung einer unzweck¬

namentlich suchten

sie

verwendet werde.

Zahlreiche Brauordnungen und Brauconstitutionen

mäßigen Gewohnheit und Feststellung eines sicheren, geregelten Rechts¬

seit

ganges sichtbar wird, was in jenen Zeiten

diesem Bemühen; sogar Friedrich der Große kümmerte sich um Bier¬ angelegenheiten: im Jahre 1743 verbot er den Ruppinschen Knechten,

schritt konnte damals

sich

sich selten

Ein Fort¬

zeigt.

nie anders zeigen, ohne allgemeinen Wider¬

stand zu finden, als wenn er sich in die Form einer Rückkehr zum Alten kleidete. Damals sah man nur rückwärts und beachtete die

Zukunft wenig, weil man

sie

nicht anders, als in der Form einer un-

veränderten Fortsetzung der Vergangenheit denken konnte.

Jetzt blicken

dafür zu sorgen,

daß nur guter Hopfen dazu

16. bis in das vorige Jahrhundert hinein

dem

Berlin

das nach

zu transportirende

Bier mit Wasser zu

zeugen

von

versetzen.

Bernauer Biers ist bereits mitgetheilt; von dem Gardelegener Garley (der von besonderem Einfluß auf den Ehesegen

Das Lob

des

Topographie: wird Gardelegen „Es um viel Hopfen gebaut (Gardelegen führt fünf Hopfenranken im Wappen) und ein Bier daraus gekocht, welches herlich gut und gesund ist, auch von ver¬ ständigen Medicis dem Wein vorgezogen wird, weil es den ealorem nativura in humide radicali vermehrt und den

sein sollte) berichtet unsere

Viele nur vorwärts und beachten die Vergangenheit wenig, weil sie sich dieselbe nur als ein Abgethanes, von der Zukunft gänzlich Ver¬ schiedenes denken können. Das Eine ist so einseitig als das Andere, und der klare Blick in die Gegenwart, die Vermittlerin zwischen Ver¬ gangenheit und Zukunft, geht dabei verloren."

Lebensbalsam fomentirt."

Merian's Srandenburgische Topographie.

Vor

Von Dr. G. 8-llo. (Schluß.)

Im

Mittelalter und bis auf

späteren

das vergangene Jahr¬ hundert herab waren die Marken, vornehmlich die Altmark, durch ihre Biere berühmt, die zuni Theil so wunderliche Namen führten, daß

ein Schriftsteller des 16. Jahrhunderts indignirt ausruft: nomina per deum muscarum, quamvis plane ridicula, tarnen bibonibus et

birolatronibus istis adeo amabilia, adeo auditu iucunda, ut, quoties talium quippiam nominetur, meras Sirenas sese audire putent, et iam tum ad ipsas voces sitiant. (Namen, die, beim Fliegen¬ gott ! vollkommen lächerlich sind, aber doch so angenehm

klingen, daß

sie

dem dreißigjährigen Kriege

wurde

in Gardelegen

so

viel

Bier gebraut, daß täglich etliche hundert Wagen ausgeführt wurden, und in Folge des dadurch in die Stadt gekommenen Reichthums be¬

den Schlemmern und

Demmern

bei Nennung derselben die Sirenen

zu hören vermeinen und anfangen zu dürften.) Eines besonderen Rufes genossen das Ruppiner

hauptet wurde:

„de Kardeleger veilen Junker sin.“ Wie das Bernauer, so hat auch das Gardeleger Bier seinen Dichter gefunden: Vivere quis tecum nollet totaliter? audin? Urbs bene sic dulci tota liquore scates. Dum tua uectareum spirat cerevisia potum. Caetera, quae victus postulat, hinc sät habes. (Sag, wer möchte nicht stets in dir leben, o Stadt, die du überströmst von so lieblichem Getränk? Alles, was man zum Leben gebraucht, stießt reichlich dir zu ob deines Bieres nektarischer

Bier

Kraft.)

(dasselbe

Auch der gelehrte Heinrich Meibom verfaßte ein Lobgedicht in

hatte aber nach Beckmann „mehrentheils braunstigen Geschmack" und war „durch das Mischen heruntergebracht"), das Berliner Kufenbier, der Frankfurter Büffel, der Gardelegener Garley, der Salzwedelsche Soltmann, Tangermünder Kuhschwanz, Kyritzer Mord und Todtschlag (so genannt wegen seiner Stärke, er wurde besonders gern am kur¬ fürstlichen Hofe getrunken, im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts wurden jährlich 5—6000 Tonnen ausgeführt, vornehmlich nach Lübeck

lateinischen Hexametern auf das Gardelegische Bier, welches Beckmann

und Hamburg),

Kyritzer Fried

und

Einigkeit,

Nauener Zitzenille,

Brandenburger alter und neuer Klaus, s. g. nach den ersten Brauern. Später, im 18. Jahrhundert, braute man in dem von Friedrich

Wilhelm I. an haus

ein

Wilhelm

als

II.

dem

„Brauhausberge" bei Potsdam angelegten Brau¬

„Königsbier"

sehr

berühmtes

Getränk.

hob aber die Brauerei wieder auf, weil

sich

Friedrich die

Stadt-

brauer über die gefährliche Concurrenz beschwerten. Auch Breihahn, schwedisches und englisches Bier, wurde damals in Potsdam gebraut. Als von besonders lieblichem Geschmack rühmt Beckmann das Bornstädter Bier, von welchem jährlich 3500 Tonnen in der setzt

Stadt

abge¬

im Tert, hochdeutscher und altmärkischer Uebersetzung mittheilt, in welch letzterer es u. A. heißt: Neck leket borg er, buer, gelehrte mit den dummen, Hellt se meck up der fust, sau supt se braff herummen; Se segget, wenn de wien so schelle nich geraen, Sau könn eck ohne spott in seiner städde staen.

Der Analogie halber mögen hier des Pasewalker

Von Salzwedel heißt es: „Das Bier allhie gesotten, so

wegen seiner

wird, gar nicht

führlich von

burger Land

und

schmacks und

den damals schon geübten

Verfälschungsmethoden, welche dazu dienen sollten, das Getränk

be¬

zu machen, „weil der gemeine Mann dafür hält, daß dasjenige ein gutes Bier sei, so wohl zu Kopf liege und gute Räusche mache." Ein in seinem Manuscript befindliches Verzeichniß märkischer rauschender

Biernamen enthält der ehrsame Verfasser seinen Lesern vor, „weil viel Benennungen zum Scherz und groben Scherz, einige gar zur Beschimpfung gemeinet sein und einen pöbelhaften Erfinder verrathen." Unsere Fürsten zollten der Bereitung des Bieres, von dem sie eine nicht unbedeutende Steuer bezogen (das erste Biergeld schreibt

Preise

Ipsa Ceres coquere et pingues distendere cellas Nectare, quo nullum Pomerano rure coloni Suavius Hyblaei sorbent de more liquores. (Fruchtbares Pasewalk, welches Ceres selbst Brauen lehrte und die strotzenden Keller mit dem Nektar zu füllen, welcher den Leuten des Pommerlandes süßer dünkt als Hybläischer Honig.)

Der im Vorhergehenden wiederholt citirte Beckmann handelt im ersten Bande seiner Geschichte der Chur und Mark Brandenburg aus¬ Bieren,

die Verse zum

Fertile Paswalcum, succos cui tradidit igni

wurden.

den märkischen

noch

Bieres, Pasenelle genannt, stehen:

Krafft

ob es

ein Königin

wol dem Gardelebischen, alles andern gehalten

zu vergleichen, so ist es doch so guten Ge¬

nahrhafft, daß vorgezogen

es

und

allen andern gegen dem Lüne¬ deßwegen

stetigS

dahin mit

Burger Vertrieb gebracht wird." (Daher der Spruch: de Seltwedler hebben dat goth). Straußberg dagegen findet in den Augen der Bierverstän¬ digen keine Gnade: male per iecum audit ob cerevisiam mendacem sive mendaces efficientem. (Scherzweise steht es in schlechtem Rufe wegen seines lügnerischen, oder vielmehr verlogen machenden grossem der

Bieres).

Die Ansichten über die Zuträglichkeit des Bieres überhaupt, wir gesehen haben, in dem Verfasser unserer Topographie

welche, wie

-

222

— befehlen wir ernstlich und in Gnaden der Obrigkeit genannter Stadt, daß sie sich fürderhin solch ungerechten und unbilligen Beginnens enthalte; wir gestatten und erlauben

einen eifrigen Vertheidiger gefunden hat, da er nichts als Lobsprüche

die Neige zu trinken

übrigens in Deutschland selbst getheilt. Erfinder des Bieres eine pestis Germauiae, (während dagegen der gelehrte Nürnberger Arzt und Geschichtschreiber Hartmann Schedel behauptet, Bachus selbst habe die Deutschen den zu berichten weiß,

waren

Martin Luther nannte

Gerstentrank

bereiten

den

gelehrt),

und

der

unbekannte

dissertatio de generibus ebriosorum äußert

ferner allen Einwohnern gedachter Stadt, und allen ihren Gästen

Trinkfreiheit,-und zwar dem, welcher

sich noch stärker:

in

Norddeutschland wachse kein Wein — der Landwein scheint ihm nicht der Rede werth zu sein — indessen werde sehr guter importirter ge¬

die Neige getrunken hat, den

ersten Schluck aus dem frisch gefüllten Humpen.

Verfasser der

unserer

Satzung

zuwider

handelt,

der

Wer aber dieser

Strafe von zur Hälfte dem Ma¬

soll

eine

trefflichen französischen Rothwein berühmt ist); sed praedominatur cerevisia, crassus ille et bumano corpori noxius humor, quem

100 Solidi, zur Hälfte an unsere Kasse, gistrat zahlen.) Wer dieser Waldemar dei gratia princeps Neomarcbicus ge¬ wesen. ist unklar; ein Kointhur des deutschen Ordens? 1455 wurde bereits die Neumark seitens des Ordens an Kurfürst Friedrich II. von

(ut credere par est) daemon aliquis malus excogitavit in hominum perniciem, ut eo non secus ac veneno quodam pestifero

trotzdem zu behaupten.

pleraque clarissima Ingenia extinguerentur. (Doch es überwiegt der Verbrauch des Bieres, jener dicken und dem menschlichen Orga¬

zahl falsch abgeschrieben sein, jedenfalls brauchen wir das Ganze nicht, wie Mylius will, für eine scherzhafte Verordnung anzusehen.

nismus schädlichen Flüssigkeit, welche zweifelsohne zum Verderben der Menschen ein böser Dämon erfunden hat, um in ihrer giftigen Fluth

Eine große Anzahl deutscher Weisthümer schildert ausführlich, wie der Gerichtsherr und seine Leute, wie die Gerichtsschöppen mit Speise und Trank bewirthet werden mußten, wie eingezogene Gerichtsbußen

ja

trunken (wie

noch jetzt die gesammte Ostseeküste durch ihren vor¬

die strahlendsten Geister zu ersäufen).

Rolle spielte das Bier im Leben der Märker Wunderblut zu Zehdenick, wie unser Brauexperiment seine Entstehung ebenfalls weiß, einem Topograph — verdankt), eine so wichtige, feierliche Handlung waren die Trinkgelage ich erinnere dabei an die von Luther aufbewahrten Worte eines sächsischen Edelmannes, als Spalatin ihm erzählte, daß schon Tacitus vom vielen Trinken der Deutschen berichtet hätte: „O lieber Herr, weil Volsauffen also ein alt ehrlich herkommen ist, so laffets uns itzunder nicht abbringen!" — daß in einer neumärkischen Stadt eine Art Zecheomment unter Brief und Siegel der Obrigkeit aufgestellt Eine

so

große

(es sei dabei erwähnt, daß das

Lippenische Recht: „daß, wer die Neige von Bier ausgetrunken, von

wurde, das

s.

g.

Kunden wieder zu trincken ansähe."

der vollen

Es ging daher das

Sprüchwort: qui bibit ex negis, ex friscbibus incipit ille. Die Urkunde, welche dieses ins bibaculis late famosum, wie Leutinger es nennt, anordnete, und welche im Original anscheinend nicht mehr eristirt, ist so interessant, daß ich bei

sie nach dem

Wortlaut

Mylius mittheile: Nos Waldemar dei gratia princeps Neo-Marcbicus etc. notum facimus universis et singulis mandatum hoc nostrum Postquam percepimus querelas, quas fidelis lecturis. uoster civis ex oppido Lippenum dicto in Neo-Marchia sito, Petrus Wadepbul, attulit, et iniurias a consulibus et senatoribus dicti oppidi sibi illatas, quod inter potandum ultimum semper baustum sive negam ebibere coegerint; idcirco mandamus serio et simul dementer praefectis istis Lippenensibus, ut ab iniusto et iniquo hoc conatu imposterum abstineant; concedimus et permittimus omuibus incolis nominal! oppidi nec non alienigenis libertatem potandi et quidem eo, qui negam ebibit, primum baustum e cantbaro rursus impleto. Qui vero mandato buic nostro non obedierit, mulctam centum solidorum, quorum dimidia nostro aerario, altera vero magistratui oppidano attribuenda persolvere teneatur. Datum in arme nostra Calisiensi feria tertia Pascbatos. Anno 1479. (Wir Waldemar pp. eröffnen allen und jedem der diese Ur¬ kunde liest: Alldieweil vor uns gekommen sind die Klagen, welche

Bürger der Stadt Lippehne in die Unbill, welche ihm Bürger¬ meister und Rath gedachter Stadt zugefügt haben, indem sie ihn vergewaltigt haben, au der Kneiptafel stets den letzten Schluck oder unser getreuer Peter Wadephul,

der Neumark,

erhoben

hat, und

Brandenburg

Mylius

verkauft.

Mag

die Zulässigkeit des

sucht

Titels

er Recht haben, oder mag die Jahres¬

von den Gerichtspersonen vertrunken wurden,

wobei der Vorsitzende Richter den Antrunk hatte, und die Reihenfolge des Weitertrunks

jedenfalls nach der Aneiennetät bestimmt wurde; ja in Norddeutsch¬ land pflegte man die Bußen gleich in Bier anzusetzen. So mußte

B.

der Richter Klaus Schulte zu Klofterfelde, welcher sich LehninKlostergut angeeignet hatte, „dem erwerdigen berrn, berrn Arnoldus abte und den gemeynen herren des closters to Lenyn“ z.

sches

Tonnen Bernauer Bier

sechs

zu

einer

„fruntbliken süne"

geben

(Urk. v. 27. Apr. 1458. Riedel, cod. diplom. Brandenb.1.10. p. 291). Die Regelung einer solchen juristischen Kneiperei, nicht die Consti-

tuirung eines allgemeinen Zechcomments ist der Zweck der merkwür¬ digen Urkunde, und darum dürfen wir sie, ihre Echtheit vorausge¬ setzt, auch für vollkommen ernst gemeint halten. Was unser Gewährsmann von dem Harlungerberg bei Bran¬ denburg und der daran sich knüpfenden Sage weiß, ist bereits in einem früheren Aussatz mitgetheilt worden (diese Zeitschr. II., 58) Von dem Rolande in der Neustadt Brandenburg berichtet er nach Gareäus, aber mit einer willkommenen Zeitangabe: „er ist gar groß von Stein, und noch vor dem nächsten (dreißigjährigen) Krieg übersilbert ge¬ wesen." Von andern Rolandsbildern in der Mark erwähnt er noch zwei, die beide jetzt verschwunden sind.

„Es

berichtet einer, daß eine Rolandssäule zu

berg i./NM. seyn lassen.

gesehen werde,

Königs¬

wir aber dahin gestellt

welches

Zöpsl in seinem ausführlichen Buche über die

Rulandsäule kennt den Königsberger Roland nur aus Beckmann's

Notiz.

Dasselbe ist der

dem Umstand,

daß

(der Topograph

wirft

die

Fall mit dem Roland von Preuzlau; aus Stadt 1138 vom Wendenkönig Pribislav

den

Brandenburger Fürsten und den Obotriten-

könig gleichen Namens zusammen) erbaut sei, schließt der Verfasser „daß solche statuae nit vom Carol. M. dem Kaiser, ihren

Ursprung haben." Am Rathhause zu Treuenbriezen soll

sich

folgende

Inschrift

befinden:

Haee urbs hoc meruit, quod Brezia dicta fidelis; Principibus belli tempore fida fuit. (Diese

Stadt hat

es

verdient, das treue Briezen zu heißen,

denn Treue erwies sie ihren Fürsten

in Kriegszeiten).

Sie

bezieht sich auf die bekannten Begebenheiten unter der Re¬ gierung Ludwigs des Baiern (ck. Kuhn, märk. S. Nr. 85).

Bei Erwähnung Ealbes a./S. wird

die Geschichte von dem

wunderbaren Ringe in der Familie v. Alvensleben mitgetheilt (ck. Gräffe,

I. Nr. 538).

Von dem in dieser Zeitschrift I. p. 103 erwähnten „Bärenkasten" bei Oderberg berichtet unser Topograph, Markgraf

II.

der Oder während der Pom¬

begehret, ein Pfund vor sechs gute Pfennige gelassen, die Zunge aber

von Frieden hat man solches biß auff dte gevierdte Mauer lasten untergehen, ja etliche Bären drein versperret,

umb 3 Groschen verkaufft werden. §. 8. Und damit unter dem guten und geringen Rindfleisch kein Unterschleiff möge gebrauchet werden: Sollen die Fleischer, wann

Albrecht

habe auf dem Werder

in

mernkriege ein festes Schloß erbaut;

„in Zeit auch

eine

Bärenkasten dran gebauet, dahero man

einen

Zeit laug

Die Schönheit

den

sie

auch

es

Oranienburgs wird mit

priesen, und dabei ein merkwürdiges Verständniß

ein jeder bei seiner Scharn eine Taffel halten, worauf der Marckt-

beredten Worten ge¬

für das, was wir

„Der

Prospect

Schloß ist von allen Seiten gar

vom

anmutig; von

der einen

Seite

stehet man gleich

Garten und das dabey ligcnde Städtlein; von der andern Seite siehet man in der Rivier, auf welcher sich allzeit viel Schwanen auffhalten, und dann weiters auff schöne Wäiden und rundherumligendes Ackerfeld, welches Feld wide-

in

etwas mißglückten Vogelperspective

ein

getreues

Bild

des

Schlo߬

gartens mit seinen kunstvollen Beeten, Laubengängen und Colonaden

gewährt.

Ich

Streifzug mit

der

„Matthäi Meriani

deß

schließe diesen litterarischen

die Herausgeber unseres Buchs

Bitte,

welche

Aeltern

seel.

Hinterbliebene samptliche Erben" am Schluß der Dedication ausge¬ sprochen haben:

„Diese unsere zwar geringe, jedoch aber gehorsamst wolgcmeynte Arbeit als ein Pfand unserer unterthänigsten Devo¬ tion gnädigst auff- und anzunehmen."

Von Ferdinand 4.

Es sollen auch Schatz Herren verordnet, und die beyden

Alt-Meister darzu vereydet werden,

ohne derer beysein,

kein Viehe,

soll auffgehawen werden: Massen denn, wenn ein Viehe am Eingeweide oder sonsten ungesund, daß es zu effen nicht dienet,

befunden wird,

sie dasselbe, bei Vermeydung höchster Straffe, verwerffen, das gesunde

und untadelhaffte Viehe aber, so, wie in folgenden Punkten verordnet, schätzen sollen.

§. 5. das gantze

Ein Pfund Fleisch von einem gut gemesteten Rinde, sol Jahr durch vor zehen gute' Pfennige gegeben, und keiner

mit Zunehmung

der Kaldaunen, wieder seinen

Willen,

[

gute Pfennige gegeben, auch die Nieren und Talch dabey gelassen: nebest den Füßen, Geschlinge, und der Kaldaunen,

Die Köpfe aber

wer es begehret, absonderlich nach

Billigkeit verkauffet

werden.

Das Seugersleisch sol halb, oder nach Viertheilen wie

§. 11.

Käuffers Gelegenheit gibt, nach dem Gesichte, doch auf vor¬ hergehende Schätzung, damit keiner überschätzet werden möge, verkauffet: Das Bock und Schaf-Fleisch aber, ein Pfund vor acht Pfennige ge¬ es des

lassen werden.

Das Kalb-Fleisch sol das gantze Jahr auch gewogen, §. 12. und jedes Pfund mit neun guten Pfennigen bezahlet: Der Kopff aber mit den Füssen, Geschlinge und Gekröse absonderlich verkauffet, und die Nieren nicht ausgestopffet, dem Käuffer

noch

auf eine andere Art und Weise

ein falscher Schein gegeben werden.

So sollen auch alle Kälber in den Thoren, und in der §. 13. Wagenbnden gewogen, und keines, so nicht mit Haut und Haaren und dreißig Pfund hält, es gehöre wem es wolle, herein ver¬ stattet oder geschlachtet, sondern dieselben genommen, und im Spittal,

sechs

die Fleischer einem jeden, der es nach dieser Ordnung zahlen

dRejjcr.

(Fortsetzung statt Schluß.)

beschweret, son¬

dern allein das Pfund Kaldaunen um acht gute Pfennige, Leber und

Lunge aber das Pfund vor sünff gute Pfennige verkaufft werden: Das

Maul,

>

wie vor Alters gebräuchlich, gegeben werden. Wann in den Bäncken Fleisch außgehangen wird, sollen §. 14.

Die Knokenhouwer Berlins.

§■

!

den

rumb auf allen Seiten von schönen Wäldern umbschloffen ist, also daß nichts da mangelt, so einen Prospect lieblich machen könnte." Der beigegebene von Meinhard gezeichnete Kupferstich ist von besonderem Interesse dadurch daß er uns, Dank der bei ihm beliebten

gesetzte Tax seines Fleisches geschrieben habe. Das 9. Pfund gemestet Schweinefleisch, wenn es rein be§. funden, sol vor einen Silbergroschen gczahlet, und weder von den Fleischern, Jahr-Köchen, noch anderen, höher gesteigert werden. §. 10. Das Hammel »Fleisch sol das gantze Jahr durch, es werde an gantzen oder halben Viertheilen geholet, nach dem Gewichte verkauffet, und das gemeste Fleisch, von Weyhnachten bis aus Pfingsten umb einen Groschen, und von Psyngsten bis Weynachten, umb zehen

Meister ihmc die

heut noch als das Malerisch-Schöne unserer Havelgegenden erkennen, und als solches von Fontane in seinem Einleitungsgedicht zum „Ost-Havelland" so trefflich geschildert worden ist, dokumentirt: schön und

einen feisten und geringen Ochsen zugleich schlachten, den geringen

erst auffhawen, und nach der gesetzten Taxa besonders verkauffen, auch

Bären-Kasten genandt."

Hertz und Nieren sollen zu den besten Stücken geleget,

ge¬

wil,

bey

des Raths wilkürlicher Strafe, solches zu kommen lassen, und sol der Behelff, als wann cs von anderen albcreit bestället wäre, oder das der Käuffer sonsten von dem Fleischer nichts nehmen pflegte, hierin

Im

übrigen sol ein jeder sich eines redlichen und auffrichtigen Gewichts gebrauchen: Denn sollte Jemand mit falschen Gewichte betroffen werden: Wird er schwere Straffe zu erwarten haben. Sollten die Fleischer die Fleisch Tage richtig halten, 15.

gar nicht gelten.

§. und Winters Zeit umb 6 Uhr, des Sommers aber umb 5 Uhr in den Schärnen auffwarten: Damit ein jeder Fleisch bekommen, und

Zeit zum Fewer bringen und gaar machen lassen übrigen sind sie ihren Jnnungs- und Articuls Briefe

solches zu rechter

könne.

Im

nach zu leben verbunden.

Urkundlich haben wir der Rath beyder Städte hierunter Unsere

Llajor Siegel

wogen, und gleich dem Fleische vor zehen gute Pfennige verkaufft werden: Welcher sechs Pfund Rind-Fleisch niiumet, sol einen halben

Geschehen

Fuß gewogen darzu nehmen, und gleich dem Fleische bezahlen. Die Zunge von solchem Ochsen sol gegeben werden umb 4'/2 oder 5 Schillinge.

Auf

drücken lasten.

Cölln an der Spree, den 6. Martii Anno 1656.

die Vorstellung des Rathes zu

Kölln, daß die Fleischer

stch

§. 6. Das Pfund Rindfleisch nechst dem besten sol umb neun gute Pfennige und das etwas geringer, wie auch das Fleisch von einer

an keine Ordnung binden wollten, und sogar die Freischlächter, welche den übrigen entgegengesetzt worden, gleichen Ungehorsam bezeigten, gestattete der so daß die armen Einwohner sehr bevortheilt wurden,

Kuh umb acht gute Pfennige, und ein Pfund Kaldaunen vor sieben gute Pfennige verkaufft, mit Lunge und Leber sol es, wie vor angedeutet, gehalten werden. Die Zunge sol gelten 3 Groschen

Kurfürst unterm 17. Oktober 1660, daß in Kölln zwei Fleischbuden erbaut werden konnten, um darin allerhand Fleisch wohlfeil und nach Auch sollte dem Rath beim Einkauf rechter Ordnung zu verkaufen.

6 Pfennige oder 4 Groschen.

des Viehes durch die Schlächter der

gemesten

Demnächst wurde,

Vorkaus zustehen.

durch Verordnung vom 1.

§. 7. Das Fleisch von einem geringen Ochsen und ungemesten Kühe, sol das Pfund thewrer nicht, als vor sieben gute Pfennige ge-

Schlächtern bei schwerer Strafe verboten, im

geben, die Kaldaunen nach dem Gewichte verkauffet, und dem, der es

weder Kälber, Hammel noch Lämmer

April 1722,

den

Umkreise von 4 Meilen

aufzukaufen, damit

solche

224 von den Landleuten selbst zum Verkauf in die Auch sollte

könnten.

finniges

Stadt

„Damit aber",

gebracht werden

Schweinefleisch nur dann zum Ver¬

Grasung

in

die

verfiel noch außerdem in Geldstrafe. ist jetzt, nach einer Bekanntmachung des Königlichen Polizei-Präsidii, aufgehoben und das Feilhalten von finnigem Fleisch, neben Confiscation

als die obrigkeitlich festgesetzten. Außer¬ dem heißt es in der Fleischer-Ordnung vom Jahre 1591: Rindvieh, Schweine, Schöpse, welche allhier gemästet oder auf des Raths oder Bürger-Acker und Wiesen getrieben, sollen nicht an fremde Orte, son¬

Das

in

der

Stadt

geschlachtet und verkauft werden.

köllnische Gewerk behüthete seit alter

Zeit

den

vor dem

ehemaligen Halle'schen- und Kottbuser Thore gelegenen „Plan" oder „Urban"; das berliner Gewerk die „Stadtfreiheit", von dem alten

Stadtgraben westlich über die Panke, nördlich bis Pankow (das Territoriuin, von dem Quitzow die Viehheerden hatte wegtreiben lassen), Weißensee und Lichtenbcrg,

und östlich bis Boxhagcn.

Nach einer

Bestimmung aus dem Jahre 1624 durften jedoch die Berliner Schlächter, bei 3 Thlr. Strafe, die Stoppeln nicht eher behüthen noch betreten lassen, bevor nicht das Gemeinde - Bürgervieh dieselben zuvor acht Tage belaufen und darauf gehüthet hatte. Diese Behüthung mußte natürlich im Laufe der Jahre, als die Grenzen der Stadt sich mehr und mehr erweiterten, an Boden ver¬ lieren. Dazu kam noch die Zersplitterung der beiden Gewerke, als die Friedrichs- und die Dorotheenstadt eigene Innungen erhielten. Denn als 1745 die Fleischprcise so hoch gestiegen waren, daß sie von der ärmeren Klaffe der Einwohner nicht mehr bestritten werden konnten, ließ Friedrich der Große, auf die Erklärung der Schlächter, daß dem Uebelstande nur durch Gewährung einer umfangreichen fteien Weide

für das vorräthig zu haltende Schlachtvieh abzuhelfen fei, durch KabinetsOrdre vom 22. Juni 1747, u. dem Köllnischen Gewerk (das noch den Urban besaß) in der köllnischen Stadthaide

300 Morgen,

l). dem Berlinischen in der Köpenicker Forst 1105 Morgen, o. dem Friedrichsstädtischen ebendaselbst 1104 Morgen, und ä. dem Dorotheenstädtischen Gewerk im sogenannten „kleinen Thiergarten" 269 Morgen 127 Hi Ruthen Weide, auf den Gesanmitbedarf von 220 Ochsen und 4050 Hammeln unentgeldlich anweisen.

Außerdem wurde durch Kabinets-Ordre vom

25. Oktober 1746 die Abgabe von 10 Thlru. für jedes von außer¬ halb hier einkommende Stück Rindvieh aufgehoben, zugleich aber auch der Preis des Fleisches durch eine vorgeschriebene Taxe niedriger gestellt. dem General-Privilegium und Gildebriefe vom 9. Juni 1784, Artikel 15, wird dann noch die ftühere Verordnung bezüglich der Weidegerechtsame recapitulirt.

In

wir ferner,

genoffen, das Beste

der allgemeinen Gewerbefteiheit kam auch die

so

wurde die letztere denn den Schlächtern gekündigt.

In

Folge der von denselben geltend gemachten Eigenthumsrechte auf jene

den kommunalen Rechten, welche die Schlächter vorzugsweise

dern allhier

Einführung

Weideplätze sahen die Behörden

keine höheren Preise zu fordern,

verordnen

Stadt.

hatte, und

sechs

in Anspruch nahmen, gehörte die Weidegerechtsame oder das Hütungsrecht. Es hing dafielbe mit der stüheren Gewerbeverfassung und insbesondere mit der Verpflichtung zusammen, die Einwohner der Stadt mit gutem Fleisch zu versorgen und bei dem Verkaufe defielben

Fleische

ungewiffenhafter

Fleischertaxe in Wegfall, welche wiederum die Weidegerechtigkeit bedingt

Wochen Gefängniß bedroht.

Zu

so

auf der Stadt Grund und Boden

Mit

Diese Erlaubniß des Verkaufs

50 Thlr. event, bis zu

und

auswärts verkaufen, das Schlimmste aber zum Debit in der Stadt behalten soll. Würde sich ein Schlächter deffen unterstehen, soll er nach befundenen Umständen bestraft werden". Die Kämmerei erhielt die Hälfte, die Gewerkslade und der Denunziant je ein Viertel von Zur Ausübung der Controle wurde die der Contraventionsstrafe. Stückzahl des Viehes, beim Austreiben nach der. Weide, von einem Steuerbeamten am Thore registrirt, und eben so beim Zurücktreiben

Eigenschaft desselben, vor Abschluß des Handels, bekannt gemacht hatte. War dies unterblieben, so mußte Jener das Fleisch zurücknehnien und

zu

Stadt mit gutem

gewinnsüchtiger

daß kein Schlächter von seinem zusammengekauften Vieh, welches die

Tafel, auf der eine Sau abgebildet, für Jedermann leicht erkennbar gemacht werden. Wer derartiges Fleisch zu Wurst, besonders Bratnnd Rauchwurst verwendete, verfiel in Geldstrafe und in den Verlust der Waare. — Noch bis in die jüngste Zeit ist der Verkauf derartigen Fleisches erlaubt gewesen, sobald der Verkäufer den Käufer mit der

mit einer Geldbuße bis

heißt es wörtlich, „die

Betrügereien

Schlächter desto mehr vorgebeugt werden möge,

kauf ausgelegt werden, wenn es von den verordneten Markthcrren und Altmeistern vorher besichtigt und als „bankwürdig" erkannt worden. Die Auslegung desselben mußte aber auf einem besonderen Tisch er¬ folgen, und zum Zeichen, daß es finnig sei, durch eine aufgehängte

der Waare,

und

versorget

|

;

f

sich

zur Beschreitung des Rechtsweges

genöthigt, und so kam die Angelegenheit, bezüglich des Urbans im Jahre 1752, in betreff der übrigen Weideplätze aber erst im vorigen Jahrzehnt, mit einer theilweisen Entschädigung des Gewerks, zum (Schluß folgt.) Abschluß.

Berliner Theaterplaudereien aus den dreißiger Jahren. (Schluß.)

Baron längere Zeit nicht gesehen; Familienverhält¬ nisse, geschäftliche Vortheile, welche sogar mein gänzliches Verlaffen Berlins in Aussicht stellten, hatten mich fern gehalten. So eilte ich

Ich hatte

den

denn, nach den wenigen Tagen seit meiner Rückkehr die erste Frei¬ stunde benutzend, meinen alten liebenswürdigen Enthusiasten wieder zu begrüßen.

„Ach, Doktor, sind Sie endlich zurück?" empfing er mich freund„Wie viele Ihrer Patienten sind denn inzwischen ohne Ihre Hülse in die Ewigkeit spedirt worden? Kommen Sie, setzen Sie sich lich.

mir, Sie wiffen ja, wie ich es meine. Ich habe Sie, Gott Dank, als Arzt nicht entbehrt, denn ich — doch zuerst: wie steht zu

werden

wir Sie verlieren,

oder bleiben

Sie

sei

es,

der Unsere?"

„Darüber, Herr Baron, vermag ich noch nichts zu bestimmen. Die Vortheile müßten doch nach allen Seiten hin sehr verlockend sein, ehe ich mich entschließen könnte, Berlin für immer zu verlassen." „Recht! Es ist ein eigen Ding um solch' einen Wechsel; Berlin, immer sagen möge, und wie unfteundlich man uns Berman was liner auch oft beurtheilt: Berlin bleibt Berlin, und wir selbst doch bester, als unser Ruf. Wie wollten Sie auch, der Sie ja mit Leib und Seele daran hängen, das Theater entbehren? Unsere Bühne, trotz der herben Verluste, die wir erlitten, steht doch immer noch oben an." „Gewiß! Aus alle dem höre ich zu meiner Freude heraus, daß Sie, Herr Baron, bereits ein Anhänger Seydelmann's geworden sind." „Ob ich es bin! Und zwar ein so großer, daß ich Herrn Heinrich Doch vergeffe ich darum die

Beer wenig darin nachzugeben glaube. Dahingegangenen nicht!

Will Ihnen

ganz im Vertrauen meine Ge¬

danken darüber mittheilen, Doktor, ohne

mir deshalb

eine kunstgerechte

Kritik anmaßen zu wollen. Unsere unvergeßlichen Todten gaben aus ihrem Herzen, aus ihrer tiefsten Seele alle ihre Schätze heraus, ohne vielleicht genug den Verstand zu hören, der ihnen zurief: Wie weit willst Du reichen? Damit aber begeisterten und mußten sie uns begeistern! Seydelmann ist in erster Reihe der Verstandesmensch: da ist alles scharf durchdacht und wohl überlegt; dazu sein tonreiches Organ, wo¬ wenn nicht zu vergeffen,

durch er uns zwingt sein Sprachgebrechen, doch zu verzeihen

und uns daran zu gewöhnen."

„Sie haben zuerst seinen Mephisto im Auge?" „Bitte um Entschuldigung, Doktor, ich werde nie

einen Schau-

225 spielet nach seiner Auffassung des Mephisto beurtheilen; das über¬ den

lasse ich

Philosophen, die mögen sehen, wie sie damit zurecht doch einmal von Seydelmann's Mephisto

Da wir aber

kommen.

sprechen, so gestehe ich, daß ich wissen möchte, was er

pfeifenden Ton sagen

Sie

schickt.

sind

will,

mit

ja befreundet uiit ihm, Doktor,

dem zischend-

Auftreten voraus

den er seinem jedesmaligen

können

Sie

mich

darüber belehren?" wäre wohl zu viel gesagt;

„Besteuudet,

wenn er mich auch

öfterer Unterhaltung würdigt, und ich mich derselben freue, weil nicht nur stets belehrend, sondern auch nicht selten humoristisch ist,

sie

wage ich deshalb doch nicht, mich seiner Freundschaft zu rühme».

Er

auch durch seine scharf

Auf

und angenehm ist.

das ist hier, wo der Dichter schon die Grenze des Erlaubten streift, zu

viel."

„Ich

so

ist ein feiner, schmiegsamer Geist, der scharf beobachtet, sich das Kleinste nicht entgehen läßt und es zu benutzen weiß. Seinen Kollegen steht er etwas reservirt gegenüber, während er für die Damen der stets aufmerksame Cavalier ist, und ihnen nicht nur durch sein Wissen im-

ponirt, sondern

„Kinder pflegen vom Kuchen das Beste immer zuletzt zu essen. Ich bin solch' ein altes Kind, Doktor; ich wollte nur zuerst mit diesen monströsen Gestalten fertig sein. Also: Seydelmann's KlingSberg ist mir doch etwas zu sehr Don Juan; er ist nicht der alte liebenswürdige Rous, dem wir gern die eingefleischten Thorheiten verzeihen, wenn sie uns nur in feinkomischer Art vorgeführt werden., Seydelmann wirkt weniger komisch, er meint die Liebeleien etwas zu ernst, und

pointirte Aufmerksamkeit gefällig

fürchte,

Sie

können sich der Vergleiche nicht erwehren."

„Und wenn ich es nicht kann, wer trägt die meiste Schuld? Darum bleibt er doch einer der größten Künstler seiner Zeit. Sein Cromwell in Raupach's „Royalisten" läßt uns den vom Dichter, ge¬ schichtlichen Ueberlieferungen treu wiedergegebenen, Charakter durchweg

Hier stellt

bewundern.

er uns, sowohl

Erscheinung den Usurpator vor, der

sich

das

die von

gewünschte Auskunft aber

Ihnen

im Ton, wie in seiner mäßigen wohl bewußt ist, wodurch er Volk niederhält und be¬

Hier trifft sein Studium

herrscht.

vermag ich nicht zu antworten,

über

denn ich gestehe, daß ich nie wagte,

schichtlichen

will

Ansicht nach

mit

Meiner

ihn darum zu fragen.

er das Dämo¬

Charakter

den

Größe

dieser so

Intentionen

den

fassers zusammen, daß

ge¬

glücklich des

Ver¬

Sie

diese

nische, das Nahen des Bösen, Un¬

Gestalt in vollendetem Guß vor

gewöhnlichen damit markiren."

sich

„Ja, aber

wir

das denken wissen es

wir uns,

eben

zu sehen glauben.

nicht!

ein

Nun, wo selbst die Kritik nicht einig ist, müssen auch wir uns

eben

so

Als

Ge¬

Michel Perrin:

gensatz dann sein

wahrheitsgetreues,

als ergreifendes Spiegelbild jener entarteten großen französischen Re¬

Naivität,

bescheiden; jedenfalls macht er Len

volution!

Eindruck eines geistreichen,

bewußtlose kindliche Unschuld des

vor¬

Diese

diese

nehmen Teufels, der das verkör¬

einfach frommen Mannes, der

perte Böse mit Geschick und Humor

so

in

Verhältnisse

außerordentliche

als Mephisto darzustellen weiß.

hineingeschleudert wird, ist rüh¬

Er ist

rend und muß uns zu ihm hin¬

deten

der Mephisto der

Welt,

Devrient,

während

gebil¬

Ludwig

Was mir aber von allen

ziehen.

im Klingemann'scheu

seinen Gebilden am höchsten steht,

Faust, den des Volkes repräsen-

ist der alte Advokat Wellenberger

tirte. Ich war damals ein Bursch' von vierzehn oder sechszehn Jah¬

in Jffland'S „Advokaten". „Eine Schöpfung, die

ren, aber der Eindruck ist mir bis auf die heutige Stunde ge¬ blieben. Das Gesicht eingerahmt

von ihm noch nicht kenne."

„ Sie werden sie kennen ler¬ mir Recht geben! Hier

üarl SryLtlmmi», geboren am 24.

Aprtt

1795, gestorben am 17.

März 1643.

nen und

fühlt

von einer feuerrothen Kappe, die zugleich den

Hals umschloß,

der

den

Hut mit der rothen Hahnenfeder, Wamms und Beinkleid mit schwarzen Puffen, darüber der kurze, schwarze spanische Mantel. Devrient war damals noch ein ganz junger Mann und in voller Kraft; da hätten Sie die gewaltigen Augen sehen sollen! Er war, mit einem Wort, der Teufel, an deffen Persönlichkeit man glaubte,

ich

er, ehe er

auch

denft; das wer¬ Der

Sie empfinden.

schwarze

alte Wellenberger, die personificirte Ehre, von seinen Kollegen geachtet

roth

und hochgestellt, sieht sich mit einem Male derZumuthung zur Theilnahme an einem Verbrechen gegenüber gestellt. Hier ist sein Ton, sein Spiel

der aus der Hölle direct

gekommen zu sein schien.

Ich war ein

muthiges Blut, konnte aber lange Zeit den Eindruck nicht los werden, und wich der rothen Farbe aus, wo ich sie nur immer von weitem auftauchen sah."

„Und worin haben Sie

Seydelmann

während meiner Ab¬

wesenheit außerdem noch gesehen?"

„In

verschiedenen Rollen.

Sein Hassan, in „Fiesko", läßt an

thierischer Ueberwucherung dieser Menschengestalt nichts zu wünschen

unvergleichlich.

Wie er die armen kranken, vom Hiragra geplagten

Hände vor jeder Berührung ängstlich zu schützen sucht, so liest man

in

seinen Augen, seinen Zügen, wie er die Seele vor so verbrecherischer

Nähe zu retten bemüht ist."

„Und wie nahm das Publikum das Stück, sein Spiel auf?" können Sie fragen! Das Publikum möchte ich sehen, das darüber nicht einig und entzückt wäre!" „Und doch hört man zuweilen bei alten Stücken den Ruf:

„Nun, Doktor, wie

„Veraltet!" „Das

verstehe ich nicht,

Doktor.

Historische Stücke sind von

übrig; in „Eugen Aram" spielt er den verkommenen Menschen, welchen sie den „Bunten" nennen, ganz vortrefflich, und hier nimmt er das

vornherein von diesem Vorwurf ausgeschlossen.

allein in Anspruch." „Und sein Klingsberg, sein Michel Perrin? Wiffen Sie mir darüber Nichts zu sagen?"

durch menschliche Leidenschaften;

Vorrecht des Schaffens für

sich

schildern das Leben der es zu

Jffland's Schauspiele Familien in ihren Conflicte», hervorgerufen menschliche Leidenschaften aber wird

allen Zeiten geben, die werden nie veralten.

eine andere Gewandung

geben, sie höher stellen,

Sie sie

können ihnen

gebildeter sein

226 lassen, das Verbreche» aber

wird

Es wäre also nur

dasselbe bleiben.

die Sprache, die der Neuzeit nicht mehr mundet; diesem Uebel aber,

sollte ich meinen, müßte abzuhelfen sein.

Schauspieler erzieht,

Gerade diese

die sie

ist es,

die

Venn die

Situation zwingt und ermuthigt

sie,

Art von Stücken

fühlen und denken lehrt;

schneidend,

mit,ihrem Gefühl heraus¬

müssen

Längen

in

ja nur gehört und nicht geurtheilt.

habe

zugeben,

doch

den

daß

außer

älteren Stücken

sich

Das aber

der Sprache auch

herausstellen.

zuweilen

Beispielsweise

find in den „Hagestolzen" die ersten drei Akte doch zu viel Vor¬

Dorf-Idylle genießen zu lassen." „Warum nennen Sie gerade dies Stück? Sie

bezeichnen die

ausgeprägte» Charakterbilder in den drei ersten Akten als ein Vor¬

Gut;

aber dieses Vorspiel giebt

mir

erst ein klares

Bild

von

nur die Schwach¬ zu beurtheilen, und der darum den

dem elenden Leben eines guten, edlen Menschen, der

heit hat, alle Menschen nach

sich

plumpen Machinationen gemeiner Seelen in feiner Umgebung

ver»

Hofraths mit Mademoiselle Sternberg, ferner die Hauptsccne Reinholds machten es mir glaublich, daß der feinge¬ bildete, zartfühlende Manu, nur um seinem bisherigen Sein zu ent¬ fliehen, das schlichte, einfache, zur Arbeit erzogene Mädchen heirathet.

fällt.

Die Scene

des

Ich glaube es, denn

ich

habe

den

Mann und

sein Elend

bei der

Steruberg erst richtig würdigen lernen, habe ihn, verarmt an jeder Lebenshoffuung, sagen hören: „Scheint Ihnen Rache — Sieg, so leben

Sie

heute einen vollendeten

„Ich

werde

mit all' dem gelehrten Kram plagen, ich Schauspieler!" Sie meinen, nur auswendiglernen und dann

mich

nicht langer

hinaustreten zu dürfen. Wie viele aber sind nicht an diesem Aus¬ wendiglernen und Hinaustreten, ohne der anderen Schwierigkeiten zu gedenken, gescheitert?!"

„Kommen Sie, kommen Sie, Doktor, laffen Sic uuS in's und Seydelmann als Richelieu im „Kardinal und Jesuit" bewundern; erst wenn ich ihn lebend wieder vor mir sehe, werde ich den mir von Ihnen eingejagten Schrecken wieder los! Welch' ein Geist weht durch diese Schöpfung! Wie steht er, schein¬ bar dienend, doch als eigentlicher Herrscher dem schwachen Ludwig zur Seite! Wie ergeben macht er den König auf die von ihm an¬ geknüpften Bündnisse zu Gunsten Frankreichs aufmerksam und fügt, da er sein Werk als entlassener Minister doch nicht vollenden kann, Theater eilen

ihn als Richelieu."

kenne

„Was, Sie wollen nicht mitgehen?" „Gewiß, wer weiß, wie lange wir ihn

In

noch

haben!"

kürzerer Zeit, als ich geglaubt, war es entschieden, daß ich

Berlin verließ — mit

schwerem Herzen,

Ich

gendsten Gründe dazu genöthigt. abschiedet,

sogar heute

ftüh

und nur durch

die zwin¬

hatte mich bereits überall ver¬

den letzten Liebesgruß dem verstorbenen

in sein Grab nachgerufen; jetzt wollte ich zu dem mir theuersten alten Freund — zu dem Baron. Lange Zeit standen wir uuS wortlos gegenüber, daun begann er: „Bin auch draußen gewesen, unbemerkt, habe ihn in die Gruft senken sehen, und ihm meinen Dank tiefinnig nachgerufen für die vielen heiteren und erhebenden Stunden, die er mir und lausend An¬ deren geschaffen. Habe sie Alle auf ihrem letzten Weg begleitet, denn Seydelmann

Kunst und die Künstler stets hochgehalten, die uns auf Stunden die Misere des Lebens vergessen machen, oder uns durch die Worte der Dichter zu ich habe die darstellende

weil

sie doch

die Tröster sind,

wir vermeiden, veredeln und wie ertragen können. Darum bleiben auch Sie ihr ein treuer Freund, wie bisher; und wenn Sie auch keine Berliner Bühne finden, so werden Sie doch mahnen wissen, wie

überall genug

des Schätzeuswerthen antreffen,

um

sich

dafür zu inter-

Und nun, was wissen Sie Neues von Ihrem Freunde Döring ?" „Daß er eifrig, und zwar mit glücklichem Erfolg, unserm De-

essiren.

Tag, denn Sie haben mich zu

— Sie haben mich zu gar nichts gemacht!" Und ich sollte diese Scene mit der Sternberg fortwünschen? Wodurch soll denn der Schauspieler wirken, wenn Sie ihm die Charakter- und Gefühlsscenen nehmen? Nein, Doktor, ich wünsche unseren Künst¬ lern viel derartige Stücke. Doch lassen Sie uns auf Seydelmann zurückkommen; mir scheint, daß er nicht mehr so kräftig, so geistesfrisch ist, als da er herkam." „Ich fürchte, Herr Baron, Sie haben recht gesehen! Bin ich doch selbst vor der Veränderung erschreckt, die seit Kurzem mit ihm vorgegangen ist; er scheint geistig und körperlich mehr als herab¬ gestimmt." „Um Gotteswilleu, Doktor, woran liegt es denn, daß alle unsere großen Künstler hier so früh zu Grunde gehen? Da möchte man ja wahrlich auch für Rott fürchten!" „Nun, der geht wohl noch einen längeren Weg; da ist noch Leib und Seele gleich kräftig; Seydelmann aber scheint mir jetzt seelisch zarter besaitet, als ich Anfangs glaubte. Ich muß immer lächeln, wenn ich von jungen Leuten leicht hinwerfen höre: „Ich Boden geschlagen

mag

ihm aufgeladen werden, ihn zu bleiben bittet uud dann

letzten und

spiel, um uns die

spiel.

so scharf ein¬

erschöpft zusammenbricht."

klar zu legen. Lassen Sie auch einen Künstler einmal zu viel oder zu wenig thun, das schadet nichts, beim zweiten Mal findet er sich schon zurecht. Das feine Conversationsstück eignet sich weniger dazu, eS erfordert schon mehr den fertigen Künstler, oder ist mehr die Schule des Gehens, Stehens und Sichbewegens. „ Veraltet!" „Aber, Herr Baron, warum auf mich die Schale Ihres Zornes

Ich Sie

tief,

ergeben und doch so

daß der arme schwache König vor diesem Wust von Ge¬

schäften, die

zugehen, ihre Gedanken

leeren?

Rath hinzu — ruhig,

seinen

vrient nacheifert." „Das freut mich herzlich!

Sagen Sie ihm,

er soll dabei

bleiben;

er soll hierher kommen, und wenn ich noch lebe, werde ich einer der Ersten sein, die ihn freudig anerkennen, denn meine Erkenntniß für Er das Gute und Schöne ist, Gott fei Dank, noch jugendfrisch.

für sich, und wenn man eine Bühne, die noch die Namen Stawinsky, Rott, Weiß, Rüthling, Gern, Crüsemanu, Schneider, Wauer, Grua und Krüger Sohn, die Wolff, Schreck, Crelinger, Unzelmann, Wrochem, Charlotte Hagn, die beiden Stich's und an¬ findet freies Feld

aufführen kann, auch nicht verarmt nennen darf, so sind doch viele unserer tragbaren Säulen gefallen. Er komme und fange an, sie wieder aufzurichten, dann werden Andere seinem Beispiel folgen. „Ich möchte Sie, Herr Baron, um Ihre stets junge Hoffnung dere mehr

Mir

ist das gerade heut' nicht möglich." Sie daran?" hindert „Was „Das frische Grab! Noch vor Kurzem als Advokat Wellenberger

beneiden!

bewundert, ahnte er wohl kaum, daß er zum letzten Male den des

Publikums empfing.

Diese seine letzte Rolle lag denn auch, auf

auf seinem Sarg. vielbedeutend — was ist er heut?"

Wunsch des Grafen von Redern, kurzer Zeit

so

Beifall

Noch vor so

Unterschätzen Sie diese nicht! Sie ist nicht mehr aber ihre milden Strahlen werden Sie er¬ Sonne, die Leben weckende wärmen für die Lebenszeit. Ich hoffe für die Kunst und die Künstler Berlins, und was ich noch nicht sehe, das will ich muthig glauben." Tief ergriffen reichte ich ihm zum Abschied die Hand, und, der

„Erinnerung!

Worte nicht mächtig, eilte

ich nach der

sich dem Fenster zu, und indem er

mit

Thür.

Der Baron wandte

der Hand noch einmal Adieu

winkte, tönte es mir nach:

„Kurz ist

der Abschied

für

die lange Freundschaft!

Valet!"

227

Literatur.

er freut sich, in dem vorliegendem Pracht-Werke

thologie zu kennen;

Kulturhistorische Bilder aus der alten Mark Branden¬ burg. Von Oskar Schwebet. VI, 374. Preis 7 Mk. Berlin 1877. Verlag von Alfred Weile.

Hohenlohe-Waldenburg „das heraldische und dekorative Pelzwerk im Mittelalter" (Stuttgart. Julius Weise's Hofbuchhandlung), eine ganz vortrefflich gearbeite Mono¬

In demselben Geist, in dem Theodor Fontane seine „Wändernngen durch die Mark Brandenburg" schrieb, hat Oskar Schwebe! seine „Kulturhistorischen Bilder" entworfen. Gründliche gelehrte Bil¬

graphie über einen ebenso wichtigen Gegenstand der heraldischen Wissen¬ schaft kennen gelernt zu haben. Mit einer Sachkenntniß, welche sich

des

über die mittelalterliche

auch

Kultur

anderer Länder erstreckt,

der Herr Verfasser nach, daß die bis jetzt sogenannten

sind ihm eigenthümlich, und herzliche

dung und tiefes Verständniß

Fürsten

weist

„Eisenhütlein"

Liebe zu seiner märkischen Heimat hat ihm bei seiner mühevollen

und „Wolken" zum größten Theil nichts anderes sind als geometrisch

Arbeit die Hand geführt. Ist so der Geist in Fontane's wie in Schwebel's Werken

Herrn Verfasser darin völlig Recht; wir wiffen, daß die Schilde des Mittelalters sehr häufig mit Pelz belegt waren; da mußte doch ein decorativcs Muster für Die herkömmliche Heraldik wird zum dieselben gefunden werden.

selbe, sinden

wir

der¬

bei Beiden neben tüchtigem Wissen auch denselben

warmen poetischen Zug wieder,

so

sind

doch

ihre Arbeiten stofflich

Schloß zu Schloß, und namentlich das biographische und landwirthschaftliche Element skizzirt er glänzend; Schwebe! hält sich vornehm¬ lich an das Geschichtliche und Kulturhistorische. getreuen Bildern

führt

er uns die

In farbenreichen und

Kämpfe

'der

Slaven und

die

Zeit

des

Titel

allgemein interessirenden Studie über das Pelzwerk, welches einst auch

den Werth des trefflichen Buches noch erhöht, ist Schwebel's würdige Objektivität. Diese ist darum nicht in gesuchter Farb¬ losigkeit gehalten; man merkt auf jeder Seite, daß der patriotische

Briefkasten. ans der

Sammlung in Stahlstich

hundert Jungfrauen" gehuldigt

Tom.

M. ermäßigte Preis

erscheint als

mit

Pag. 76).

durch den Kaiser.

heiten des antiken Lebens vertieft haben, zeigen uns Germanisten da Recensent hat anderen Ortes (s. Johanniterden rechten Weg vor.

Blatt, Jahrgang 1876) darauf

hingewiesen, wie nothwendig

eS

zum

Verständniß heraldischer Figuren ist, die Symbolik der deutschen My¬

historisch nicht

aus

M.

s.

der

das

Bild

einer Belehnung, welches Riedel's

Geschichte

ist, während das Gefolge des Fürsten das Hohenzollernsche, quadra¬ tisch schwarz und weiß in vier Felder getheilte Banner trägt.

Märkisches Museum.

Beitrag zum Verständniß mittelalterlichen Lebens.

in die unbedeutendsten Einzel¬

Art geführt hätten, ist

der Ahnherren des Preußischen Königshauses", Berlin 1851, enthält. Nach demselben hält der Kur¬ fürst eine Fahne, aus der im weißen Felde der rothe Adler abgebildet

„Zehn Jahre

der geschichtlichen' Hülfswisfenschaften ist mehr gesündigt

deutscher Gründlichkeit

dipl. Brandenb.

silbernen Schilde führen, die drei Farben: weiß, schwarz und roth an¬ genommen worden. Die Lehnsfahne trug der Kurfürst bei Belehnungen

möge nicht geringschätzig über den verhältnißmäßig minutiösen

welche sich

v. Raumer's Cod.

Daß beide Schwesterstädte schon damals eine

ja selbst zweifelhaft, da die Bürger später noch, bei Aufzügen und im Felde, die Hohenzollernschen Haussarben an Schärpen und Binden getragen haben. Erst in neuerer Zeit ist der Mangel der Stadtfarben zur Sprache gekommen, und es sind, mit Rücksicht auf das Wappen beider Städte, die den rothen Brandenburgischen Adler und den schwarzen Bär (später and) den schwarzen Adler) im

ein

Gegenstand denken; ich meine, die Kenner der klassischen Archäologie,

das zweite

zu beweisen,

dieses, wenn auch vor einer längeren Reihe

worden, als in der edlen Heroldskunst. Da begrüßen wir jeden Versuch wiffenschaftlicher Forschung und Deutung ächter, alter Wappen als einen

Man

I.

(S.

Fahne der im Bilde dargestellten

überaus billiger.

schätzbaren

die Lehnsfahne, welche der

weiß), heraldisch genau sei? Die Städte Berlin und Cöln haben nicht dem Kurprinzen Johann, sondern dem Kurfürsten Friedrich I. am Dienstag nach den „elf¬

L. F.

lich für die Freunde unserer märkischen Heimath. Von den 60 Blät¬ tern bringen 11 Ansichten Berliner Bauten und gehören diese zu den besten Stichen, die wir kennen; von Potsdam sind 9 Ansichten ausgenommen und geben die übrigen 40, Bilder märkischer Städte oder einzelner Bauten in denselben, wie Domkirche in Brandenburg, Rathhaus in Frankfurt, Schloß in Schwedt u. A. Der von der

sehr

hier. Ob

das erste den rothen Brandenburgischen Adler enthaltend,

von Jahren erschienen, behält wegen der vortrefflichen künstlerischen Ausführung in Zeichnung und Stich seinen bleibenden Werth, nament¬

In keiner

iß.

schwarz, das dritte unter dem Adler ebenfalls schwarz, und das vierte

ausgeführter Ansichten der Städte, Architecturcn und Denk¬ mäler. Herausgegeben und verlegt von B. S. Verend söhn

Verlagshandlung auf 18

Kurprinz Johann „Huldigung National-Galerie dem Schrader'schcn Bilde in der Städte Berlin und Kölln, im Jahre 1415", trägt (vier Felder:

entgegengenommen.

Joachim Friedrich's Kost- und Kleiderordnung für die Städte Berlin und Cölln vom Jahre 1604. Von Paul Quandt. — Die St. Nicolai¬ kirche in Berlin, bau- und kunstgeschichtlich. Von Th. Prüfer. — Die Knokenhouwer Berlins, von Ferdinand Meyer. — Das Berliner Theater unter K. Th. Döbbelin. In Briefen des Kriegsraths Bertram an F. L. 23. Meyer. Mitgetheilt von vr.(Schluß.) Hermann Uh de. — Literatur.

Joachim Friedrich's Lost- und Lleiderordnung für die Städte Berlin und Cölln vom Jahre 1604. Don Pauk Dullnät.

Nicht erst in den letzten Jahrzehnten, sondern wohl so lange schon, wie Berlin überhaupt als Haupt- und Residenzstadt der brandenburgischen Lande besteht, ist es auch als das Babel des Luxus, als Vorbild in allem, was Leichtsinn und Verschwendung für des Leibes Nahrung und Nothdurft zu erfinden vermag, gehalten worden. Nicht nur heutzutage, wo dies bei der drückenden und arbeitslosen Lage eines großen Theiles der Bevölkerung gerade am wenigsten zu erwarten wäre, hört man wieder und wieder tadelnde Stimmen über die Verschwen¬ dung und den Lurus, besonders der Frauen: nein, bis in den Ansang des

siebenzehnten Jahrhunderts hinein lassen

verfolgen; nur daß

sie

in damaliger Zeit

sich

solche

eine bei

Stoßseufzer

weitem andere

Wirkung äußerten, als jetzt. Denn haben sich heute die Tadler eine Zeit lang heiser gepredigt, haben sich die öffentlichen Blätter todt¬ geschwiegen, dann — ist die Sache wieder beim Alten, oder »och schlimmer.

Damals wurde ganz einfach

eine Verordnung von Oben

herab gegen den zu großen Luxus erlaffen, und wer dann nicht hören

wollte, der mußte eben fühlen. — Eine solche, höchst originelle und interessante Verordnung ist die „Policey vnd Ordnung, wie es mit Kost, Kleidungen vnd etzlichen andern Sachen hinsürd in Vnsern beyden Städten Berlin vnd Cölln an der Spree soll gehalten werden", von Joachim Friedrich, d. d. 1. Januar 1604, oder auch kürzer ausgedrückt „Joachim Friedrich's

Kost- und Kleiderordnung vom Jahre 1604". — Die Gründe zu dieser Verordnung, die nach dem soeben Gesagten sehr nahe liegen und auch dieselben sind, die Joachim Friedrich hierzu

mehr und mehr befunden, in welche Armuth , „Vngedey vnd Vor¬ ringerung Bürgerlicher Nahrung" die Einwohner von Berlin und Cöln gerathen seien. Die Erfahrung habe ergeben, daß dies nicht allein aus Mißbrauch und Ueberfluß an Kost, Esten und Getränken, sondern wegen der übermäßigen Pracht an „allerhand frembder köstlicher Tracht, Geschmuck, Geschmeide vnd Kleidungen" herrühre, die dem größeren Theile, ihrer Herkunft nach, zu tragen nicht gezieme. Diesen wohlüberlegten Gründen verdankt die Kost- und Kleider¬ ordnung ihre Entstehung, und zwar vorläufig nur für die beiden Haupt-

Berlin und Cöln, „als in welchen etwa vor andern die größte Hoffart, Verschwendungen vnd Vppigkeiten in schwang gehen". Wie es wohl überall der Fall sein mag, daß die reichere Klasse

städte

einer Bevölkerung auch in ihrem Aeußeren einen größeren Wohlstand

zur Schau zu tragen pflegt, und Cöln der

Fall; je

so

war dies auch zu jener Zeit in Berlin

reicher der

Mann,

desto kostbarer das

Kleid.

Aber nicht minder suchten die weniger Bemittelten, da Keiner gern dem Anderen etwas nachgeben mochte, diesem Lurus nachzueifern, wenn¬ gleich ihre

Mittel

hierzu oft genug nicht ausreichten; —

ja

die Dienstmägde suchten ihren Herrschaften nicht nachzustehen

selbst

— ein

Umstand, der ganz besonderes Aergerniß erregt haben muß, da Joachim Friedrich in seiner Verordnung gerade auf sie wiederholt und mit be¬ sonderer Strenge zurückkommt.

Daß

es gerade

in

diesem

Punkt heute

nicht besser, wohl eher noch ärger ist, bedarf keiner näheren Begründung. Um diese Nachahmungssucht im Lurus zu hintertreiben, und

bewogen haben, giebt er selber

Jede» in seinen Ausgaben auf die Schranken seines Standes hinzu¬ weisen, theilte Joachim Friedrich die großstädtische Bevölkerung in

Nicht ohne

drei Klassen.

in der Einleitung kurz, wie folgt, an: Mißfallen und Betrübniß seines Gemüthes habe er täglich

230

Zur ersten Klasse gehörten der Probst, Dechand und Lenior, die Prädikanten und Canonici des inarkgräslichen Stiftes und am Hofe, die Pröbste und Kapläne in den Psarrkirchen, die Doctores und die markgräflichen Beamten. Ferner die Secretarien, die Beamten der

die Ausgaben bei Verlobungen, Hochzeiten und Kindtansen, und so¬

festlichkeiten, wie die eben gedachten, sind

Derartige Familien¬

ja vor Allem geeignet,

größtmöglichsten Aufwand zu entfalten, und

sie sind es

wie er

sich

Es sollte von nun ab bei Verlöbnissen nur eine Abendmahl¬ zeit gegeben werden, und waren dem ersten Stande hierbei nicht mehr denn vier Essen — was wir heute „Gänge" nennen — gestattet ; außer¬ heiten.

Butter und Käse, Obst, einerlei Wein und Bernawisch oder Zerbster Bier. Die Städte Bernau und Zerbst waren bekanntlich dem

!

bei Hochzeiten des zweiten Standes sollte nur aus „Trummeln und Pfeiffen" und, wenn es hoch herging, auch aus „Trummeten" ge¬

stattet werden.

Zu Kiudtaufen sollten höchstens fünf Gevattern geladen werden, — was übrigens auf die Anzahl, die man vor dieser Verordnung zu laden pflegte, schließen läßt; auch durften als Kindtaufsgäste nur acht Frauen, die Gevattern und die verwandten Freunde gebeten werden, die aber immerhin eine recht erkleckliche Anzahl ausmachen konnten.

zu jener Zeit wegen ihres vorzüglichen Bieres berühmt.

Dem zweiten Stande waren drei, und der dritten Klaffe nur nebst Butter und Käse und Berlinisch oder Eöllnisch Bier dazu. — Man ersieht hieraus, daß schon damals die

zwei Essen gestattet,

Tages die dritte zu geben.

derte, fo sollte dies wichtige Ereigniß erst dem regierenden Bürger¬ meister gemeldet und dessen Bescheid erwartet werden. Die Musik

ausdrückt, oft soviel aufgewendet und

verzehrt würde, daß man die halbe Hochzeit davon ausrichten könnte. Insonderheit widmet er seine Aufmerksamkeit dem unmäßigen oder viel¬ mehr verschwenderischen Essen und Trinken bei dergleichen Gelegen¬

Auch bei

den Begräbnissen

„den Todten damit nichts gedienet"; insbesondere wurde das Tragen der sogenannten Trauerschleier sehr beschränkt,

heißt,

trinken gestattet war, während für die übrigen Stände die „einhei¬ mischen" als gut genug befunden wurden.

rechtes Leid tragen sollen".

Eine Uebertretung dieser Eß- und Trinkordnung zog eine Strafe

Verlobungen blieben streng verboten, was sich gottlob Tag erhalten hat! Nur dem Bräutigam durfte eine Gabe, i» Gestalt eines mit einer Goldschnur verzierten Kranzes, dargereicht werden; doch durfte auch diese güldene Schnur, selbst bei Geschenke bei

bis ans

den heutigen

den Vornehmsten, nicht über eine Unze

Gold enthalten.

in bescheidenere Grenzen Beide Theile, also Braut und Bräutigam oder auch deren Eltern, sollten als sogenannte „llmbitter" nicht mehr als zwei Auch die Hochzeitsfeier wurde von nun ab

zurückgewiesen.

nur mit einfachen Blumen¬ durften; die Jungfern aber konnten am Donnerstag vor der Hochzeit durch eine Frau gebeten werden. Die Umbitter sollten sich genau an den einzelnen Stellen erkundigen, ob die Geladenen auch kämen, damit an ihrer Stelle noch rechtzeitig Andere geladen werden könnten, was man heutzutage bei den schrift¬ lichen Einladungen mit den vier Buchstaben U. A. w. g. abzumachen pflegt. Für de» Kirchgang selber wurde nur bestimmt, daß die Braut¬ leute des Montags, um Punkt zwei Uhr, in der Kirche sein sollten, widrigenfalls sie dieselbe geschlossen fanden oder eine Strafe von zwei Thalern zu entrichten hatten. Die Hochzeitsgeschenke mußten des Dienstags vor der Mittagsmahlzeit mit gebührlichen Glückwünschen

Männer und

kränzen

zween Gesellen benutzen, die

geschmückt werden

dargereicht werden, ohne daß jedoch

Qualität

in Bezug auf ihre Quantität und

Beschränkungen auferlegt wurden.

Bei der Anzahl der Hochzeitsgäste und

dem Hochzeitsschmaus

sollte hinfürder nicht solcher Luxus

getrieben werden wie vordem, „sintemal", wie Joachim Friedrich sagt,

„hiesigen" Biere in keiner besonderen Achtung standen, vielmehr den „fremden" der Vorzug gegeben wurde, da letztere der ersten Klaffe zu

von drei Thalern nach sich, was im Anfang des siebenzehnten Jahr¬ hunderts immerhin ein ziemlich bedeutendes Stück Geld ausmachte.

Der war gestattet, am Montag

von Fremden, sondern nur von den „Stadtpfeifern" ausgeführt werden, und wenn einmal Jemand vom Oberstande „alle Instrumenta" for¬

einen

deshalb auch

zunächst, auf die Joachim Friedrich sein Augenmerk richtete; zumal bei Verlöbnissen,

acht Tische laden; ihm

maligen Zeitverhältniffe enormen Strafe von zwanzig Thalern geahndet. Der zweiten Klaffe waren ebenfalls drei Mahlzeiten erlaubt, aber nur fünf Tische und höchstens drei Essen mit Butter, Käse und Stadt¬ bier, während der dritte Stand nur eine Mahlzeit am Montag Abend mit drei Tischen, drei Essen und Stadtbier geben durfte. Diesem Stande auch blieb es untersagt, sich bei der Trauung vom Eantor vorsingen zu lassen. Getanzt sollte bei Hochzeiten nur im Hause werden und, nach altgewohnter Sitte, des Dienstags nach der Hoch¬ zeit auf dem Rathhause; der Tanzboden dagegen wurde streng ver¬ boten. Die Musik bei der Hochzeit, besonders beim Tanz, sollte nicht

hin: einmal in Bezug auf

dann in Betreff der Kleidung im Allgemeinen.

Stand durfte

Mittag die zweite und am Abend Bei jeder Mahlzeit waren ihm vier Essen, Butter und Käse, Bernawisch und Zerbster Bier und auch Wein gestattet, doch wurde eine Ueberschreitunz mit der für die da¬

Ausgaben der Einzelnen

sich die

erste

desselben

Die zweite Klasse wurde aus den Schöffen, Gemeinde- Verordneten, den vier Werken, den Bierbrauern, Handelsleuten und gemeinen be¬ sessenen Bürgern, d. h. den Herren Hauseigenthümern, gebildet. Zur dritte» und letzten Klaffe endlich gehörten die Vorstädter, Miethsleute, Tagelöhner und das Gesinde. Nach diesen Rangklassen sollten

dann wieder der Unterschied der drei Rangklaffen zu Tage.

Abend eine Mahlzeit, am Dienstag

Kanzlei, Bürgermeister und Rathsherren, geschworene KammergerichtsAdvokaten, die Stadt-Einnehmer, Rectores, Conrectores, promoti Magistri an beiden Schulen, und vornehme Handelsleute.

richten, und zwar nach zwei Richtungen

tritt

womit in jener Zeit ein

großer Aufwand getrieben fei» muß, indem die

„oft

ein gantzes Lacken das

Jahr

was mehr eine Hoffart scheinet, denn daß

„Wittwen", wie

ober vmb den sie des

es

Hals tragen,

Verstorbenen halben

Es wurde deshalb den Frauen verboten, länger als ei» Vierteljahr nach dem Begräbniß verschleiert zu gehen, außer, wenn der Ehemann, die Eltern oder Kinder gestorben waren. Wurden hierbei die Frauen schon etwas hart mitgenommen, so geschah dies noch mehr i» dem Kapitel, welches über die Kleidung im Allgemeinen handelt. Hören wir, wie drastisch Joachim Friedrich „Wer die jetzige newe Manier und Pracht sich hierüber ausdrückt. mit Kleidungen vnter Mannen, Gesellen, Weibern, Jungfern vnd sonderlich vnter den Dienstmägden in diesen beyden Städten allent¬ halben ansihet vnd kegen die vorige trachten, so ehermals allhier brauchlichen gewesen, helt und aostimirot, muß billich mit Vorwunderung bekennen vnd sagen, daß die Hoffarth schier vber alles der Leute Ver¬ mögen gestiegen vnd zugenommen habe, auch also, daß noch teglichen damit kein Aushörens ist, bevoraus bey den Weibes-Personen, die fast

alle Monat gleich newe Trachten annemen oder selber auffbringen, vnd

in deine etwas zuvor geben will." Wenn auch die Beschränkungen in der Tracht für die einzelnen Klaffen ziemlich bedeutend waren, so gewährten sie den Einzelnen doch viel freien Spielraum, um ihnen auf geschickte Weise aus dem Wege keine der andern, wie oben erwehnt,

Es sollte von nun an der erste Stand keinen Sammet, Seiden-Atlaß, Zobel- und Marderfelle zu ganzen Röcken, Mänteln (d. i. eine Art langer Gewänder für Männer und Frauen), Pelzen, Hosen und Kleidern benutzen, sondern er sollte sich begnügen mit zu gehen.

Damaschken (Damast), Tobin (eine Art gewelltes Seidenzeug), Tafft und mit gutem Lündischen oder feinem Tuch; feiner sollten keine seidenen

Strümpfe, Perlenschnüre oder Schnüre von goldenen Rosen um die Hüte und Mützen getragen werden.

Allzugroß ist

diese Beschränkung

für

den ersten

Stand nicht, denn

dies mag in den ersten Jahren des 13. Jahrhunderts geschehen sein;

1244 wird eines Probstes Simeon von Berlin Erwähnung

wenn auch die ganzen Röcke und Kleider nicht aus den gedachten

denn schon

Stoffen getragen werden durften,

gute Geschmack

gethan, deffelben Simeon, der bereits 1237 urkundlich als Pfarrer uou

hinreichend freies Feld, um dies durch einen breiten Besatz von eben

Köln genannt wird. Daß Berlin vornehmlich ein Handelsplatz war, erkennt man auch darin, daß diese älteste Kirche zuni Hanptpatron den heiligen Nicolaus, den Schutzheiligen der Kaufleute, erhielt; doch war sie neben diesem noch dem heil. Martinus und der heil. Katharina geweiht. Dann erfahren wir erst im Jahre 1292, daß unter Papst Nico¬ laus IV. elf Bischöfe den Pfarrkirchen zu St. Nicolai und St. Marien einen 40 tägigen Ablaß für alle Diejenigen ertheilen, welche an den

so

hatte

doch der

Stoffen re. zu umgehen. Mehr beschränkt war schon der zweite Stand, dem zu seiner Tracht nur Zindeldort (ein halbseidenes, durchsichtiges Zeug), Schamlot

diesen

(Camlot) mit eineni Füchsen- oder Schmaschen-Futter (Felle von

un¬

geborenen Lämmern und Ziegen) gestattet war. Die Dienstmägde aber sollten gar keine seidenen Kleider oder

mit Sammet verbrämt tragen,

solche

auch keine goldenen

Borten und

hohen Festen und an den Heiligen-Tagen die Kirche besuchen würden.

VIII.,

Schnüre, woraus zu ersehen ist, daß es diese Klaffe auch damals schon ziemlich weit gebracht hatte, und ihrer Herrschaft eben so wenig nach¬

sechs

zustehen suchte, wie heutigen Tages.

wenn es aus diesen Kirchen zu den Kranken getragen würde, nach¬

Und im Jahre 1294, unter Papst Bonifacius

folgen und dabei das pater noster sammt dem „Englischen Gruße"

Um eine Uebertretung dieser Verbote möglichst zu erschweren, wurde auch den Schneidern bei hoher Strafe untersagt, irgend wem

beten würden.

gegen diese Ordnung Kleider zu machen — ein entschieden wirksames Mittel! Falsche Haartouren scheinen zu jener Zeit noch nicht in der Mode gewesen zu sein, denn sonst wäre wohl Joachim Friedrich nicht

und 1332 ertheilt; jedenfalls doch

so

Jedenfalls wäre

stillschweigend darüber hinweggegangen.

Bau und Zu diesem

Ständen geregelt, da solches doch wohl nach der „Quantität" einzig und allein hätte bemessen werden können. sich

ein Jeder

in

einem

Staate, in

dem

er nach seiner Fa^on selig werden kann, auch nach seiner Faqon kleiden mag, macht Joachim Friedrich's „Kost- und Kleiderordnung" wohl nur einen komischen Eindruck. Der damaligen Zeit aber war sie angemessen, und eine gewisse Beschränkung hierin möchte sich auch heute noch empfehlen, wenngleich der betreffende Gesetzgeber, unseren Damen gegenüber, einen minder leichten Standpunkt haben dürfte, wie Joachim Friedrich.

Aehnliche Ablaffe wurden auch in den Jahren 1300

der Einrichtung

nur, um

den Kirchen resp. dem

derselben eine Unterstützung zu gewähren.

Zweck ertheilte auch Bischof Cono, anno 1335, einen 40tägigen Ablaß Allen, welche die Kirche mit Andacht besuchen, ihm hülfreiche Hand leisten und zu den neu geweihten Altären Etwas bei¬ steuern, auch der consecrirten Hostie und dem heiligen Oele, wenn es zu den Kranken getragen würde, nachfolgen, um die Kirchhöfe drei Mal herumgehen und für die Seelen der gläubig Verstorbenen beten würden; und Bischof Heinrich zu Brandenburg ertheilte 1345, am 18. April, einen Ablaß Allen, die zur Erbauung der Nicolaikirchc

es sehr

interessant, zu wissen, in welcher Weise er diese nach den verschiedenen

Heutigen Tages, wo

ertheilen wiederum

Bischöfe einen gleichen Ablaß allen denen, so dem Venerabile,

!

i

eine mildreiche Leistung thun würden. der Kirche,

zu den Fenstern,

Dann wird, 1348,

den zum

Bau

Büchern, Kelchen, Meßgewändern oder

anderen nothwendigen Zierrathen

Beitragenden wiederum ein Ablaß

gewährt, und in einem Ablaßbriefe des Erzbischofs Petrus

de

von Magdeburg, vom Jahre 1379, heißt es: es ist sicher,

Bruma daß die

Parochialkirche des heiligen Nicolaus in Berlin in ihren Bantheilcn

Die St. Nicolaikirche in öerlin, bau- und kunftgeschichtlich.*)

und verschiedenen Schmnckwerken noch großen Mangel leidet, und daß der Chor, den die

Bürger gegründet und errichtet haben, wegen seiner Mildthätigkeit der Gläubigen, durch-

VvN Tli. Prüfer.

zu großen Armseligkeit, ohne die

Es ist bekannt, daß die Nicolaikirche einer umfassenden baulichen Veränderung und Restauration in allernächster Zeit entgegengeht. Wenn es auch in der Absicht der Kirchenbehörden liegt, überall dies Gottes¬

aus nicht vollendet werden könne.

haus wieder in seiner ursprünglichen Gestalt herzustellen, und es aller

arg.

der neuen

hat

und neueren Zuthaten und Entstellungen zu besteien,

doch die

so

Erfahrung stets gezeigt, daß ein gut' Theil historischen

Charakters bei solcher Gelegenheit verloren geht und Vieles von dem, was uns trotz seiner Mißgestalt und Unnatur, eben weil wir es zu sehen gewohnt waren, anheimelte, nachher ans das Schmerzlichste ver¬

So Berlins,

mißt wird. schichte

schien es denn eine seine

Pflicht

des

Vereins für die Ge¬

Mitglieder und Freunde hier

versammeln, um ihnen ein anschauliches

Bild

noch

von dem heutigen Zu¬

stande des Gebäudes und seiner Kunstwerke zu geben, weil

wissen,

wie

es nachher aussehen

wird, und

einmal zu

wir nicht für

welche Gegenstände

würdig und werth befunden werden können, das neugestaltete Gottes¬ haus auch ferner noch zu schmücken. — Schwierig ist die Aufgabe: das Bauwerk in seinem allmähligen Werden und Wachsen historisch vor¬ zuführen; schwierig deshalb, weil einmal wenig oder gar keine sicher beglaubigten historischen Daten über den Bau auf uns gekommen sind, dann aber auch — und dies ganz besonders, — weil wenige Kirchen so unendlich viel Bauepochen in buntestem Gemisch aufzu¬ weisen haben, wie gerade unsere

St.

Nicolaikirche.

Nachdem die heidnisch-wendische Bevölkerung der christlich-ger¬ manischen hatte weichen müffen, war es natürlich, daß sofort zur Be¬

festigung des neuen Christenglaubens eine Kirche gegründet wurde, und

Vortrag, in dem Verein für die in der Nicolaikirche gehalten.

Geschichte

Berlins, am 18. Septbr. d.

I.,

Im verwüstete

In

Jahre 1380, am Tage Laurentii und Hubertii (10. August), der große Brand auch die beiden Pfarrkirchen in Berlin Folge

dessen

ertheilte Papst Urban

VI. in

dein

darauf

folgenden Jahre einen Ablaßbrief, welchen Cardinal Milens zu Prag,

im November

Jahres ausgehen ließ, und zwar zum Besten — reedificationem et reformationem — der

desselben

der Wiedererbauung

Nicolaikirche.

Eine Zeit der Blüthe und des Wohlstandes muß diesen Drang¬ salen der Kirche gefolgt sein, denn sie konnte dem Markgrafen Friedrich

zwanzig Schock märkische Groschen darleihen —

für

II.

Zeit immerhin eine ansehnliche Summe. Doch scheint dieser Wohlstand von nicht langer Dauer gewesen und die Kirche bald wieder in Verfall gerathen zu fein, denn die Proconsule, der Bürgermeister und die Kirchenvorsteher wenden sich, weil sie in der Kirche wegen ihrer Bau¬ die damalige

fälligkeit sich nicht mehr sicher fühlten, an den Bischof Dietrich von Brandenburg um Beihülfe. Bemerkt ist in diesem Schreiben, daß sie die Kirche einreißen und eine neue an ihrer Stelle setzen wollten. Der Bischof ertheilte denn auch im Jahre 1460 einen Ablaßbrief für solche, welche sich willig finden würden, selber Hand anzulegen oder Materialien zuzuführen; und zwar für eines Werkeltages Arbeit und für die Arbeit, so einer am Sonntage nach der Mahlzeit selber ver¬ richtete oder verrichten ließe, einen 40 tägigen, denen aber, so nur vier Stunden arbeiteten, einen zehntägigen Ablaß. Es wäre ja besser, so setzt der Bischof sehr charakteristisch hinzu, solchergestalt dem Herrn zu dienen, als am Sonntag in den Schenken große Humpen einander zuzutrinken (quam in taberna ad aequales haustus polare).

Unter dem Papste Jnnocens VIII., der von 1484—1492 regierte, erließen dann noch acht Cardinäle einen Ablaßbrief, damit die Kirche in allen ihren Theilen, wie es sich zieme, reparirt und im baulichen Zustande erhalten werden könne, und die gläubigen Christen um so lieber zu dieser Kirche zur Andacht zusammenströmen möchten.

Das

sind fast alle histo¬

bis zur Zeit der Reformation aus uns gekommen. Im Jahre 1539 war es, wo hier, am 2. November, der gesummte Rath von Berlin und viele Bürger zuerst das Abendmahl unter beiderlei Gestalt aus den Händen des ehrwürdigen Probstes Georg Buchholzer, rischen Nachrichten, die

Lnther's und Melanchton's Freund, empfingen. Von Neubauten und Erweiterungen des Kirchengebäudes konnte natürlich nicht mehr die Rede sein, um so mehr aber vernehmen wir nun von Beschädigungen s. w. durch Blitz, Sturm und nagendes Alter. Auch im Innern mußte sich das Gebäude manche Veränderung So wurde z. B. 1613 die ganze und Entstellung gefallen lassen. Kirche, die bis Dato, in den Haupttheilen wenigstens, das schöne Ziegelmaterial unverdeckt gezeigt hatte, aus dem sie errichtet, gründlich ausgeweißet, und diese Tünche im März des Jahres 1677, als die

am Thurm, an den Dächern u.

Kirche, wie es heißt, sehr schwarz geworden und einige Liebhaber daran

Im

Jahre 1770 wurde die Abtragung

des

sehr schadhaft ge¬

wordenen kleinen Thürmchens aus dem Dache der Kirche beschlossen,

Knopf und die Wetterfahne, welche die Jahres¬ zahlen 1538, 1600, 1674 und 1750 trug, wieder auf, und im Jahre 1791 bekam die Kirche zuerst einen sogenannten Gewitter-Ableiter. Der letzte große Umbau des Innern unserer Kirche wurde im Jahre 1817, unter Leitung des Stadtbaurathes Langerhans und dem Beirathe Schinkel's, vollzogen und erhielt im Wesentlichen die Gestalt, in der wir sie heute noch erblicken; nnr wurde im Jahre 1825 der kleine Altar zwischen dem Chor und Schiff ausgestellt, und später eine neue Orgel von Buchholz erbaut. Jener größere Ausbau hatte über 12,000 Thalern erfordert, von denen 9973 Thaler durch König Friedrich Wilhelm III. gedeckt wurden. Dies wären in Kürze die historischen Daten, deren noch mehr zu geben, in den Rahmen dieser kurzen Schilderung nicht wohl passen würde. Deshalb lasse ich sogleich die Beschreibung des Gebäudes jedoch stellte man den

selber folgen. Unsere Kirche ist eine sogenannte Hallenkirche, d. h. ein Gebäude, dessen Schiffe sämmtlich gleiche Höhe haben, im Gegensatz zu der

Anstoß genommen,

Basilikalen-Anlage, bei

ein Faß

Seitenschiffe hervorragt, und über diesen noch eine Reihe von Fenstern,

vom Maurermeister Braun um 160 Thaler und „gutt Berlinisch Bier" erneuert; bei dem Contraete aber machte man es ihm zur Pflicht, die Arbeit bis zu Johanni zu vollenden, widrigenfalls ihm für jede Woche, die er länger arbeiten würde, zwei

Thaler abgezogen werden sollten. Die noch vorhandene Kanzel ist die Stiftung eines Studiosus Beer, welcher zu diesem Zweck ein Legat von 800 Thalern hinter¬ lassen hatte. Die Schreiner- und Schnitzarbeit wurde im Jahre 1677 an einen gewissen Augustinus Plöß, der in den Akten „Baumeister" titulirt wird, um 380 Thaler verdungen. Interessant ist es, aus diesem Contraete zu ersehen, daß das Eichenholz sowohl wie das Linden¬

holz, aus dem die feineren Schnitzereien verfertigt wurden, mindestens 5 Jahre getrocknet haben sollte.

Die vier Bilder

der Evangelisten

sollten von Alabaster auf das Künstlichste ausgearbeitet und gezieret sein. Zum Schluß des Contractes heißt es: „Vor diese vorbenannte

Er

Ruhm und ehren, besser als speciticiret, ehrlich und künstlich mit Fleiß machen will", sind ihm dreihundert Thaler verpflichtet. Man vertraute damals also noch auf das Selbstgefühl und den Stolz des Handwerkers, mehr, als es leider heut zu Tage bei uns sein kann! Die Malerarbeit ver¬ fertigte Christof Boye, 1679, um 300 Thaler, und wurden ihm die Farben Gold, Mattgold, Weiß und Blau zur Verwendung vorgeschrieben. Im Oetober des Jahres 1713 begannen die Verhandlungen zwischen der Kirchenbehörde, dem Magistrat und Consistorium in Betreff der Ausstellung eines neuen Altares, den ein gewisser Döbel projectirt hatte. Der Contract kam erst nach Dvbel's Tode mit dessen Wittwe 1715 zu Stande, und zwar sollte sie das Werk für 1200 Thaler liefern. Die Malereien, mit Ausnahme der architektonischen Bemalung, die von einem Maler Grosmann geliefert wurden, rühren bekanntlich von dem Hofmaler Samuel Theodor Gerike, und einige kleinere, 1795 erst angebrachte, von dem bekannten Hofmaler Bernhard Rhode her. Der alte Schnitzaltar, auf dem die Jungfrau Maria zwischen der heil. Katharina und der heil. Anna, und rechts und links der heil. und beschriebene Arbeit, so

sich

selbst zum

Stanislaus und einer der Erzengel dargestellt waren, wurde leider 1715 an die Kirche in Teltow geschenkt. Anno 1715 wurden auch auf beiden Seiten der Kirche Emporen angebracht, und zwar auf der nördlichen, der Kanzel gegenüber, zwei übereinander; dieselben reichten

nicht, wie die jetzigen, bis an die Pfeiler, sondern ein bedeutendes Stück darüber hinaus, so daß die schlanken Pfeiler fast ganz ihrer schönen Wirkung beraubt wurden. Schon im Jahre 1707 hatte mau im Westen eine Orgelempore angelegt, während es von der damaligen

Orgel heißt, sie hätte Cymbel-Stern und schöne Claviere gehabt.

verschiedene Register, Pfeifenwerk,

Vogel-Gesang,

der das mittlere

Ein Beispiel

den sogenannten Lichtgaden, hat.

haben

wir hier in Berlin in

Schiff bedeutend über

die

der letzteren Anlage

der alten Klosterkirche,

während die

Marienkirche gleichfalls die Hallenform ausweist. Die älteste größere Hallenkirche in Deutschland ist die schöne, im Jahre 1235 begonnene

St.

Elisabethkirche in

Marburg;

diese

Form ist dann ungemein oft,

namentlich bei städtischen Pfarrkirchen in Deutschland, zur Anwendung gekommen, während die bischöflichen Dome und die Klosterkirchen fast

immer das basilikale Schema beibehielten, zumeist verbunden mit einem Querschiff von der Höhe des Mittelschiffs, und einem vielseitigen Chor mit niederem Umgänge und Kapellenkranze. Diesen Kranz von Kapellen hat in einfachster Weise auch unsere Kirche, indem zwischen den Strebe¬ pfeilern, die die Mauern

des Chores gegen den

Schub der Gewölbe

stützen sollen, außen eine niedrige Mauer gezogen worden, und dieser Raum, mit einem kleinen oblongen Kreuzgewölbe bedeckt, sich nun nach Innen öffnet. Eine ähnliche Reihe von kleinen Kapellen haben später auch die Seitenschiffe erhalten. Das Innere der Kirche, oder vielmehr die Gewölbe, ruhen auf schlanken, achtseitigen Pfeilern, an die sich halbkreisförmige Dienste, je eines an jeder Seite gleichsam anlehnen, um oben die Gurte und Rippen des Gewölbes aufzunehmen; je acht Pfeiler stehen in einer Reihe, und zwei kleinere im Chor schließen diesen im Achteck ab; der Umgang aber um den Chor ist aus 9 Seiten des Sechszehnecks gebildet. Die Breite des Mittel¬ schiffes beträgt ca. 26 ’/2 Fuß, die der Seitenschiffe ca. 17 Fuß, während die Länge der ganzen Kirche 171 Fuß, und die Höhe bis

zum Schlußstein des Gewölbes 48 V* Fuß mißt. Im Westen legt sich ein rechteckiger, aus behauenen Granitfteinen in vier Etagen auf¬

Thurm vor, der nur auf der Südseite in späterer Zeit höher geführt und dann mit einem steilen Helm versehen ist, während der übrige Theil mit einem einfachen Satteldache, mit dem Giebel nach der Front zu, bedeckt ist. Ein spitzbogiges, sehr einfach dreimal aus¬ geecktes Portal führt in eine gewölbte Vorhalle, die nach beiden Seiten durch eingebaute Erbbegräbnisse verengt worden ist. Das Innere des Thurmes wird nur durch einige rundbogige Fenster unten, und durch einige kreisrunde Fenster darüber erhellt. Zu einer besonderen Zierde gereicht unserer Kirche die südwestliche, im Jahre 1452 von dem Küchenmeister steigender

des

Kurfürsten Friedrich

II.,- Ulrich

Zeuschel, erbaute Marienkapelle,

Vorhalle zur Kirche bildet, aber dem Eintretenden, zur Linken, eine kleine zierlich gewölbte Kapelle, die heutige Registratur,

die gleichsam eine

und darüber einen ehemals nach Innen zu durch zwei Bogenstellungen geöffneten hohen Raum hat, neben dem

kapelle" befindet,

so

sich

dann noch die kleine „Wachs¬

genannt, weil der Küster im vorigen Jahrhundert

233 dort die für die Kirche nöthigen Wachslichter gegossen, wovon das Heute ist dieser ganze schwarze Aussehen derselben Zeugniß ablegt. Vorbau in einen unteren und oberen Raum getheilt, durch ein Kreuz¬ gewölbe mit Stuckrippen besetzt, das wahrscheinlich erst damals ein¬ gespannt wurde, als man unten zwei Erbbegräbnisse einrichtete, d. i. am Ende des 16. Jahrhunderts. Wie dann allerdings früher der Zu¬ gang zu der oberen Seitenkapelle bewerkstelligt worden ist, bleibt un¬

aufgeklärt. An diese Kapelle war im vorigen Jahrhundert die Küsterwohnung westlich angebaut, und wurden zu dem Zwecke die Fenster an dieser Seite der Kapelle sämmtlich vermauert.

Als man das

Küsterhaus aber abtrug, blieb hier der Haupteingang in die Registratur, und wurde auch der Treppenaufgang nach dem Thurm dahin verlegt,

Selbst wer gewohnt ist,

ein Gebäude stets als ein Ganzes

zu betrachten, ohne sich um das Geschichtliche desselben zu bekümmern,

wird sofort zwei ganz und gar verschiedene Bautheile hier erkennen: den Thurmbau in seinem rechteckigen Aufbau, und das Schiff sowie den Chor der Kirche; ersterer aus felsenfestem Granitstein, mühsam zu kleinen Quadern behauen, letzterer aus dem, einer mannigfaltigeren Formen-Behandlung zugänglichen, in unserer norddeutschen Tiefebene mit besonderem Glück kultivirten Backstein errichtet. Schauen wir aber näher zu, vergleichen und prüfen wir genaueren Blickes die Einzel¬

wir auf die Verschiedenheit der Profile, auf die Kraft und Zartheit der Behandlung der Gliederungen, Console, Gesimse u. s. w., so werden sich auch hier einzelne Theile heiten unseres Backsteinbaues, achten

während man sonst auf einer kleinen Wendeltreppe, die jetzt verfallen,

merklich voneinander sondern: die Pfeiler des Schiffes in ihrer massigen

in

und kräftigen Gliederung, die Mauern der Seitenschiffe mit ihren auf

der Südmauer des Thurmes emporstieg.

Au

der Nordseite, mehr dem Chore zu, befindet sich die sogenannte oben

Consolen aufsetzenden Wanddiensten, zur Aufnahme der Gewölbe, die

Der Zugang

sasiuugen, meist nur aus Rundstab und Kehle bestehend; Alles dies

Kreuzkapelle angebaut, in deren unterem Raume die Sakristei, aber die Bibliothek seit dem Jahre 1589 angelegt ist. zu der Letzteren ist von dem cessions-

einfache

Profiliruug und Gliederung

der Fenster-

und Nischen-Ein-

„Pro-

unterscheidet sich wohl von den zier¬

aus,

licheren Gliederungen, den dünneren

oder Mönchsgange"

der sich um den ganzen Chor über

Gewölbediensten, den schraubenartig

den kleinen Kapellen herumzieht und

als Einfassung dienenden, sich em¬ porwindenden Stäben im Chor.

dem Ganzen zu einer noch größeren

Zierde gereichen würde, wenn er

mit

Charakteristisch

einer kunstvollen Brustwehr, die er

wohl niemals würde.

in den

südlichen

hat, versehen Man steigt zu ihm empor besessen

nur

mit

beiden kleinen, das Kirchenschiff

denen sich jetzt

ältere,

dünner

massive Helmbedachung

Wand¬

die

Gliederung

massigere

Stab

aufsetzt,

oder

wo,

wie an einigen Fenstern der Seiten¬

In

schiffe,

plötzlich

das

Einfassungs¬

profil

sich oben oder an einer Seite merklich ändert. So hätten wir

den kleinen Kapellen um den Chor,

in

Chorscheide,

zeigen und plötzlich dann ein ganz

noch an dem südlichen erhalten

resp. bereits restaurirt worden ist.

wie an der

dienste unten die schwerere und da¬

flankirenden Treppenthürmchen, deren malerische,

wird

insbesondere

der Unterschied da, wo,

nur Erbbegräbniffe,

man möchte sagen, eingenistet haben,

schon zwei

ursprünglich in katholischer Zeit Altäre aufgerichtet. Mehrere derselben sind uns dem Namen nach noch bekannt; so der Altar Mariae

dieses

waren

Theile, Schiff und Chor,

aber nur in seinen Hinteren

und oberen Theilen;

dazu kommt

als dritter die Gewölbe, deren dünne und vielgegliederten Rippen auch nicht mit den Pfeilern harnoch

Yirginis, Andreae, Yalentini, Camoniren. Wenn wir dann noch tharinae und Gertrudis, den die die Kapellen der Seitenschiffe, die Schuster und Lohgerber im Jahre fast alle im Rundbogen nach 1451 gestiftet hatten; der Altar sich dem Innern öffnen, betrachten und Beatae Yirginis, St. Barbarae, St. 1793. Berliner im Jahre Scene vom Veihnachlsmarkl den nördlichen Anbau mit Sakristei Dorotheae, St. Laurentii und Conund Bibliothek damit vergleichen, dessen Thüren und Fenster unten fessoris Bembardi, von der Bäckergilde 1461 gestiftet; der Altar Jacobi, Georgii, Barbarae und Christinae, von der Schneidergilde 1467 gestiftet; der Altar 8t. Orueis vom Markgraf Otto 1367, der Altar Mariae Yir¬ ginis und der heil, drei Könige, von dem Bürger und Kaufmann Peter um 1350 gestiftet; der Altar Unserer lieben Frauen 1326, der Altar Jacobi 1327 und der Altar Johannis des Täufers, gestiftet 1336, u. s. s. Das Aeußere der Kirche ist ungemein einfach und schlicht ge¬ halten, fast ohne jeden Zierrath, und das breite und hohe Satteldach, das durch die Hallen-Anlage bedingt ist, wirkt etwas schwer und drückend,

namentlich da das Mauerwerk jetzt bedeutend niedriger

er¬

scheint als ehemals; denn nach und nach hat sich das Erdreich durch die Gräber und durch Aufschüttungen um mehr wie zwei Fuß erhöht,

weshalb auch namentlich das Westportal

so

gleichfalls bereits den, immer die späteste Periode der Gothik verkünden¬ den Rundbogen zeigen, und auch als Einfassung derselben das schwäch¬ liche Lindenblattprofil haben, so werden wir ohne irgend welche Skrupel

in eine Zeit verlegen können. Die nordwestlich an¬ gebaute Marienkapelle endlich mit ihren zierlichen Giebeln, sie könnten wir diese

Bautheile

auch

Zeit nach, zwischen die Chor- und die KreuzkapellenBauperiodc setzen; der quadratische Thurmbau aber, mit seiner wenig subtilen und charakteristischen Gliederung, ist jedenfalls das späteste

wohl am

besten, der

Machwerk des ganzen Baues.

— Wenn wir nun auf diese

sich

uns

erge¬

benden Resultate die wenigen, oben mitgetheilten historischen Nachrichten

anwenden,

so möchte

Wir glaubten

unverhältnißmäßig breit

das Ergebniß ungefähr folgendes sein.

die

Gründung unserer Kirche in die ersten Jahre

gut sein, zunächst

13. Jahrhunderts verlegen zu können, und wenn wir voraus¬ setzen, daß der Bau der Kirche bei dem Chor — wie natürlich — begonnen und beim Thurme geendigt, auch andere ähnliche Granit-

diejenigen Theile zu trennen, die ein wesentlich selbstständiges Gepräge

bauten der Mark, etwa das Kloster Zinna, zum Vergleiche heran¬

an sich tragen.

ziehen, so irren

und schwer erscheint.

des

Fragen wir nun nach dem Alter und der Entstehungszeit der einzelnen Bautheile von

St. Nikolai,

so

wird

es

wir jedenfalls nicht

bedeutend, wenn

wir

den

Thurm-

lichen Restaurationsplan für die Kirche zu entwerfen. Diese Pläne fertigte Stühler auch im Jahre 1863, und sind dieselben im Wesent¬ lichen dem bevorstehenden Umbau, mit geringen Modifikationen, zu Grunde gelegt worden. Darnach soll sich über dem granitnen Thurm¬ unterban, der glücklicher Weise als Denkmal der ältesten Baukunst in Berlin erhalten bleibt, ein Thurmpaar erheben, von hohen schlanken Maaßwerkfenstern unterbrochen und durch mannigfach gruppirte Nischen

bau in die Zeit um 1240 setzen. Wie die Kirche, diesem Thurmbau entsprechend, ausgesehen hat, können wir nur nach Analogie ähnlicher Kirchenbauwerke dieser Zeit vermuthen; es mag eine schlichte Basilika

mit

gewesen sein

einem einfachen quadratischen Chor,

an den sich

Den Thurm haben

vielleicht noch eine Apsis als Chorschluß anlehnte.

mir uns aber mit einem einfachen Satteldache bedeckt zu denken, dessen Giebel an der Nord- und Südseite aufstiegen. Die alte Kirche kann

fahren wir aus dem oben mitgetheilten Ablaßbriefe des Bischofs Cono,

in ziemlich steilen, massiven Helmen endigend. Eine durch¬ Galerie bekrönt das quadratische Mauerwerk, da wo die achtseitige Spitze aufsitzt, und die Ecken werden durch schlanke Fialen ausgefüllt; die ganze Höhe der Thürme soll bis zur Spitze der Kreuze Abgesehen von vielen Schönheiten dieses ca. 210 Fuß betragen. neuen Aufbaues, scheint es aber doch sehr bedenklich zu sein, auf den schweren Unterbau plötzlich einen so ungemein leichten und luftigen Aufbau zu setzen, der in seinen Formen und Details nicht den For¬

vom Jahre 1335, und aus dem des Bischofs Heinrich von Branden¬

derungen des Backsteinbaustiles entspricht, sondern mehr die Sandstein-

burg, vom Jahre 1345, Laß zur Hilfeleistung am Kirchenbau auf¬

Architektur nachzuahmen sucht.

nicht groß gewesen sein, denn die ganze Breite des Thurmes beträgt

belebt und

nur 64 Fuß 10'/r 3oK, und dieser pflegte noch über die Seitenschiffsmauern um etwa 1 Fuß vorzustehen. Daher mag sie denn bald der

brochene

schnell anwachsenden Gemeinde zu enge geworden sein, und man sah sich

genöthigt, zu einem Neubau zu schreiten.

licherweise nicht

Altardienst

mit

dem

Chor,

sondern

mit

Dieser begann natür¬ der Westseite, um den

lange wie möglich noch abhalten zu können.

so

gefordert wird,

und

wir

werden unter diesem Kirchenbau,

obigen Erläuterungen, nur das Schiff der Kirche

und Seitenschiffsmauern verstehen können.

In

mit

Auch er¬

nach den

seinen

Pfeilern

dem Ablaßbriefe vom

Jahre 1379 ist nun von dem Neubau eines Chores die Rede, den Bürger begonnen, aber aus Mangel an Geld nicht haben vollenden können. Es wird dieser Chor im Wesentlichen noch der heutige sein, die

wir

Erbauungszeit um und nach 1379 setzen können. Allerdings heißt es, daß der Brand des Jahres 1380 die St. Nicolaikirche eingeäschert habe, doch werden wohl nur das Dach und das Gewölbe damals gelitten haben, vielleicht auch eingestürzt sein. Sie wurden, wie es scheint, nur flüchtig und schlecht ergänzt, und erst in der Zeit »ach 1460, wo wir aus einem Ablaßbriefe sahen, daß zur werkthätigen Unterstützung des Baues aufgefordert wurde, in der heute »och erhaltenen Form in solider Weise aufgeführt. Von der Marienkapelle wissen wir, daß sie Zeuschel im Jahre 1452 gegründet hat, und die heil. Kreuzkapelle sowie die meisten Seitenkapellen werden wahrscheinlich um 1490 errichtet sein, wo in dem Ablaßbriefe der so

daß

seine

!

I

I

!

j !

Die kleinen Fialen zur Bekrönung

viel zu schwächlich, und machen unvermittelt, den Eindruck des nur zeitweise Hingesetzten und Zufälligen; auch fürchte ich, wird die bedeutende Höhe der Thürme die Kirche selbst in ihrem Ansehen noch mehr herabdrücken, sie noch niedriger und winziger erscheinen lassen wie bisher. Dem Stil des Alten aber durchaus entsprechend wird die Restauration des übrigen Bauwerkes vor sich gehen; vor Allem soll das Innere der Kirche von der Tünche und dem die Gliederungen fast vollständig verdeckenden Putze befreit werden und wieder, wie ehemals, den Backstein in seiner natürlichen Form und Farbe zeigen. Die Emporen, die nur Licht wegnehmen und die Plätze darunter unbrauchbar machen, werben ebenfalls verschwinden, und über¬ haupt alle barocke Zuthaten einer, jedes Verständnisses für die mittel, alterliche Kunst baarer Zeit, soweit die Pietät es gestattet, sorgfältig entfernt werden, wofür wir der Einsicht der Kirchenbehörde nicht genug erscheinen gar zu

auch

|

!

dankbar sein können.

Es ist unsere Nicolaikirche allerdings kein Bauwerk, das auf eine hohe Bedeutung in der Kunstgeschichte Anspruch machen kann, j

8 Cardinäle von Reparatur und würdiger Ausstattung der Kirche die

denn es |

erhebt sich schlicht und einfach, ohne jeglichen besonderen sie umgebenden Profanbauten, ja wird

mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit, kurz zusammengefaßt, folgende Daten in der Baugeschichte unserer Kirche zu verzeichnen: Um 1240 der Thurm in seinen granitnen Untergeschoffen, 1340 Neubau des Schiffes, 1379 Neubau des Chores, 1452 die Liebfrauenkapelle; nach 1460 die Gewölbe der Kirche, und um 1490

Schmuck, nur wenig aus den

die heil. Kreuzkapelle und die Seitenkapelle des Schiffes.

Pracht, wie

Im Jahre 1514 endlich wurde die Thurmspitze vom Meister Peter Ottner aufgesetzt, die freilich oft Umgestaltungen und Repara¬ turen, wie schon inst Jahre 1551, erfahren hat. — Noch möchte ich

Bauwerk zeugt ehrlich von der Armuth, aber auch von der tüchtigen und soliden Arbeit und schlichten Frömmigkeit unserer Bürger von damals; sie will nicht mehr sein, sie will nicht reicher erscheinen, als sie wirklich ist — eben sie ist aber ein treuer Ausdruck damaligen Könnens

So hätten wir

Rede ist.

also

vielfach noch von diesen an Höhe überragt.

gegangenes Streben, das Bauwerk in Giebeln,

Thürmen hinauf in

|

nachträglich des aus Zinn gegoffenen Taufgefäßes erwähnen, das der

Meister Stephan Lichtenhagen und sein Geselle Paul Herrmann verfertigt, und mit vielen biblischen, auf die Taufe bezüglichen Dar¬ stellungen verziert haben. Nach diesen geschichtlichen Erhebungen .wollen

wir

noch

einige

Augenblicke der Neuzeit widmen, denn auch diese hat an der Kirche

gearbeitet, und

will

jetzt wiederum ein großes Werk unternehmen.

Da ist

kein kühnes, aus

schwärmerischer Begeisterung der Erbauer und der Baumeister hervor¬

;

sie

den

Zacken, Fialen und

Himmel zu erheben; kein Glanz,

keine falsche

ein Bischof oder hoher Kirchenfürst liebt, nein, unser

Hätten wir nur in der Weise fortgearbeitet, wie die Steinmetzen an dem alten Thurm, die so mühsam, so solide und tüchtig Stein auf Stein setzten und mit dem einmal gegebenen Material das Beste zu leisten sich bestrebten, — sie keine andere Wirkung — erzielen wollten, als ihr Material in richtiger Verwendung, es zuließ ! Sehen wir also nicht achselzuckend auf diesen einfachen und so schlichten Bau herab, sondern arbeiten wir wieder wie unsere Vorfahren, die nicht mehr fcheinen wollten, als sie wirklich waren, und nicht mehr zeigten, als sie wirklich hatten — dann werden auch wir wieder einer Blüthe und Vermögens.

wir zuerst der schönen Gabe Sr. Majestät des Kaisers und des Magistrats unserer Stadt gedenken, die jene in Farbenprachr schimmernden und das ganze Innere der Kirche in ein geweihtes, andachtenegendes Dunkel versetzenden gemalten Fenster im Chore ge¬

der Kunst und des

stiftet haben. Freilich wäre wohl zu wünschen gewesen, daß sie etwas klarer und lichter, die Figuren leuchtender und weniger abschattirt, wie es

Pfund, das uns Norddeutschen in Kunst und Reichthum von der Natur übergeben worden, wird uns sicherlich reiche Zinsen tragen!

Da

der

müssen

Stil

der Glasmalerei erfordert, gehalten wären;

hiervon werden

Kunstgewerbes entgegengehen, und das geringe

aber abgesehen

Die Knokerchouiver Berlins.

immer eine schöne Zierde unseres Gotteshauses bleiben. Der unvollkommene und unsymmetrische Thurmbau, der schon sie

längere Zeit viele schadhafte Stellen und Riffe aufwies, veranlaßte die Kirchenbehörde, den Oberbaurath Stühler aufzufordern, einen gründ¬

Von Fcrckinanä Meyer.

Die Privilegirung auch

die Errichtung

der

Innungen in

von Scharren

(Schluß.) den neuen

daselbst

Stadttheilen machte

erforderlich.

Auf

dem

235

Friedrichs werder etablirten

sich die Schlächter in zerstreut an den Straßen umherstehenden Buden; bis auf die Vorstellung des Rathes: daß es etwas Unanständiges sei, wenn die Straßen mit derartigen Buden angefüllt wären, daß ferner Tumult und Ungclegenheiten durch

die Fleischerhunde entstanden seien, welche öfters Menschen angefallen

hätten, durch Kabinets-Ordre vom 18. Schlächtern anbefohlen wurde, die

Mai 1718

sechs

den widerstrebenden

neuen Scharren neben dem

«

Innungen des Schlächtergewerks, nachdem dieselben schon 1690 gleich¬ lautende Privilegien für sämmtliche Stadttheile erhalten hatten, durch das General-Privilegium vom 7. Juni 1634 zu einem Gewerk vereinigt, welches sich nunmehr das „combinirte" nannte. — Hatten wir zu Anfang gesehen, wie die Abgeordneten der VierGewerke, mehr als die Deputirten der gesammten Bürgerschaft, die Kraft einer vollkommen gegliederten Organisation fühlten und zeigten,

Rathhaufe') zu beziehen. Das Dorotheen städtische Gewerk hatte feine Scharren in dem 1699 erbauten Rathhause, wo heute das Haus No. 54 in der Dorotheen¬

so muß auch hervorgehoben werden, daß sie ein

straße sich erhebt.

darüber haben

Aus dem damaligen Friedrichsstädtischen Neuen (dem heutigen Gensdarmen-) Markte standen 1734, längs der Gensdarmerie-Ställe, 36 Magistrats-Scharren. Nachdem dieselben 1765 baufällig ge¬ worden, sahen die Pächter sich zu einer Eingabe an den Magistrat

veranlaßt, worin

es

heißt, daß

sie

von Fleisch aufhängen konnten,

in

den Scharren nicht das Mindeste

ohne daß selbiges nicht vom Regen

verdorben oder vom Ungeziefer aufgefressen würde.

Bei starkem Winde

ständen sie Lebensgefahr aus und müßten, wenn drinnen Fleisch auf¬

gehängt wäre, in steter Furcht leben, daß ihnen die Scharren über dem Kopf zusammenbrechen. Nachdem zwei derselben wirklich eingestürzt,

unterm 17. März 1766 drei Meistern die Genehmigung zur Errichtung von fünf massiven Scharren.

ertheilte der Magistrat

In

„Bullenwinkel," am Ende der Taubenstraße, Jahr 1758 28 Erbzins-Scharren, welche den In¬ habern durch Schenkungsbrief vom 12. Mai 1790, gegen einen jähr¬ lichen Zins von 6 Thlrn., überlasten wurden. dem sogenannten

entstanden um das

GildehauS

besaßen,

Verhältnisse der Stadt

von wo aus

gemeinschaftliches

ihr politischer Einfluß auf

die

sich

Wo das GildehauS gestanden, keine Nachrichten erhalten. Mit Errichtung der

„Zwingburg," wie

die Bürgerschaft das von Friedrich dem Eisernen

sich

gestaltete.

endigte auch die politische Macht der Zwar blieben sie noch ein Collegium, das aber jede entscheidende Einwirkung auf den Magistrat verlor. Ihre Benennung überdauerte auf lange hin den Verlust ihres Einflusses auf die Stadt¬ verwaltung, und erinnerte nur noch an die einst besessene corporative Macht. Von den späteren Gildehäusern knüpften sich nur au dasjenige auf dem früheren „Rondeel" (dem heutigen Bellealliance Platz) histo¬ angelegte feste Schloß nannte,

Vier-Gewerke.

Erinnerungen. König Friedrich Wilhelm I. hatte, neben andern gemeinnützigen und wohlthätigen Schenkungen, auch zur Errichtung und Unterhaltung eines Findelhauses unterm 7.. März 1740 ein Kapital von 107,220 Thlrn. bestimmt, und dem Königl. Armen-Directorium, unter Androhung des

rische

zeitlichen und ewige» göttlichen Fluches anbefohlen, dies keinem andern Zwecke zu verwenden,

auch

Stiftung

die

Kapital

zu

stets heilig

auf königlichen Kosten massiv erbaut und 20/25. März 1790, gegen einen Zins von jährlich 6 Thlrn., als Grundeigenthum überlassen wurden. Beim Köll irischen Rat Hause standen 26 Mieths- und 2 Pri¬

Das Bedürfniß und die Nothwendigkeit eines solchen Hauses war aber damals für Berlin weniger fühlbar, weil das Große Friedrichs-Waisenhaus bereits Abhülfe gewährte. Dagegen hatte das Un¬ wesen der Bettelei nach und nach in beunruhigender Weise überhand ge¬ nommen, und es entstand der Plan zur Errichtung eines Arbeitshauses, um leichtsinnige Bettler in demselben zur Arbeit und Ordnung anzuhalten. Dieser Plan wurde von Friedrich dem Großen genehmigt und der Findelhausfonds dazu bestimmt. Zuvörderst sollte jedoch nur ein passendes Haus gemiethet werden, und als ein solches fand die Kommission das am Bellealliance Platz Nr. gelegene Gildehans des Schlächtergewerks geeignet, welches vom 30. April 1742 ab, für einen jährlichen Betrag von 180 Thlrn., gemiethet wurde. Ueber den

Erstere waren in gleicher Weise, wie die des Berlinischen

Ursprung dieses Hauses, das nach seinem Schilde der „Ochsenkopf"

Rathhauses, an die Inhaber gegen einen Gesammtzins von 302 Thlrn. jährlich verpachtet. Im Jahre 1839 fielen auch diese Scharren, und

hieß, meldet das alte Hypothekenbnch: „Diesen Platz haben die Fleisch¬

Aus dem Hofe des

Berlinischen Rathhauses

befanden sich

Jahre 1769, gegen einen Zins von theils aus unbestimmte, theils aus jährlich, die Pächter 16 Thlr. 1839 wurden die Scharren gänzlich Lebenszeit überkommen hatten. beseitigt und der Raum zu einem Spritzenhause umgewandelt. Inzwischen waren seit dem Jahre 1761 in der Poststraße (längs des Platzes vor der Nikolaikirche) 11 hölzerne Privat-Scharren 7 Miethsscharren,

die seit dem

entstanden, welche 1789

den Besitzern durch Schenkungsurkunde vom

vatscharren.

Terrain fand theils zur Errichtung des Waagegebäudes, theils für das Köllnische Gymnasium Verwendung. Die Scharren auf dem Neuen Markt stammten aus dem Jahre 1771 her, zu welcher Zeit ihre Anzahl sich auf 43 belief, die einen jährlichen Zins von 227 Thlr. 16 Sgr. gewährten. Der Substanz nach waren sie Eigenthum der Inhaber, jedoch nicht rück¬

das

zum Hofraum

sichtlich des Grund und Bodens.

Beides war jedoch der Fall mit den 8 Scharren auf dem Haakeschen Markte, welche um 1799 ungetheiltes Eigenthum ihrer Erbauer wurden, die 1 Thlr. jährlichen Zins zu entrichten hatten.

Außer den vorgenannten Scharren entstanden beiderJerufalemer Kirche im Jahre 1768 11 Miethsscharren, die 38 Thlr. Zins gewährten, im Jahre 1836 aber wieder beseitigt wurden.

In

zu halten.

II

Juni 1733 zu bebauen angewiesen bekommen, und ist hierauf ein Haus erbauet." Die stetige Zunahme der Bettler und Obdachlosen machte dann die Erbauung des jetzigen Arbeitshauses erforderlich, welches nach jener hauer am 1.

früheren Bezeichnung im Volksmunde noch heutigen Tages der „Ochsen¬

kopf" genannt wird. Nachdem 1758 die Uebersiedelung dorthin stattgefun¬ den, ging das ehemalige Gewerkshaus 1775 an die Servis-Commission für 4,200 Thlr., und 1806 zur Jurisdircction des Kammergerichts über. Soviel im Allgemeinen, bis zur neueren Zeit, über das Ent¬ stehen und den

Entwickelungsgang, die Sitten, Gebräuche und Zustände

einer Beschäftigung, die, wie keine andere, einen gleich systematisch geregelten und fortwährenden Vertilgungskampf

Natur führt —

sich

mit

der schöpferischen

und Anderen zum Nutzen.

Das Lerliner Theater unter ü. Th. Döbbetin. Briefen des KricgSraths Bertram an F. L. W. Meyer.

„Stelzenkrug" oder Jnvaliden-Gasthof (Ecke der Alexander- und Neuen Königsstraße) befanden sich 1746 neun, von der König!. Invaliden Kasse in Erbpacht gegebene Scharren. Im Ganzen waren 1796 in Berlin 170 Scharren vorhanden, welche sich 1839 bis auf 57 vermindert hatten. Bald nach Verschmelzung der städtischen Verwaltung in den fünf

In

Stadttheilen zu einer Behörde (1709) wurden

Töchterlein') bei sich im Hause, und producirt es Jedem, der es sehen

dem sogen.

auch

die einzelnen

*) Das Friedrichwerdersche Rathhaus nahm bekanntlich die Stelle des heutigen alten Münzgebäudes ein.

Mitgetheilt von Or. Kcrmann Illulc.

Lertram, Herausgeber der Literatur- und TheaterZeitung u. s. w. an Megcr (von Bramstedt),

„— — Mlle. Döbbelin *) Man kennt uneheliche Kinder.

Berlin, 23. Angust 1783. geht ihren alten Gang. Sie hat

die Schwäche der Tochter des

Als

sie

ihr

ihr

Berliner Prinz-paks für

zweites geboren hatte, glaubte

Karl Theophi!,

-

«

Mit

236

hinkt es seit Jahr und Tag sehr; die Liebhaberei daran nimmt monatlich ab, mithin auch die Döbbelinschc Kasse. Im Monat Juni dieses Jahrs, da es anfing, will, gar

gern.

unserm Theater

gar zu schlecht zu werden, gerieth Hr. Döbbclin daher auf den Ein¬ fall, ein Sommertheater in dem Grast. Reußischen Garten, welches jetzt ein öffentlicher Ort ist, der stark besucht wird, zu errichten. Bei

hat er mehr Schaden, als Vortheil, da ihn die Erbauung der Bude an 6 bis 700 Thaler kostet und das schlimme Wetter manchmal Querstriche macht; denn Sie müssen wiffen, daß dieser Unternehmung

das Sommertheater nur ein Dach von Leinewand hat, und die Seiten¬

Die Illusion wird auch dabei auf die grausamste Art gestört, da ohne Licht, bei hellem Tage gespielt wird. Seit 8 Tagen hat er wegen eingefallenen Regens und kalten Wetters wieder in der Stadt gespielt, und ich glaube fast, daß er gar nicht mehr ini Sommertheater wird spielen können. Die Abende

wände aus grünen Hecken bestehen.

nehmen schon zu sehr ab, und die Witterung fängt an, rauh zu werden.

vorhin: die Theaterliebhaberei nehme hier ab, und ich habe Selbst die bezaubernde Kehle einer Nie las vermag selten mehr ein volles Haus herbeizulocken. Fleck, den Sie, glaube ich, aus Hamburg kennen werden, ist jetzt einigermaßen der Zugvogel. Des Mannes Aehnlichkeit im Spiel mit Schröder machte, daß man Scholzen über ihn bald vergaß. Er hat all die Scholzeschcn Rollen mit solchem Beifall gespielt, daß man nicht wüßte, ob man ihm oder seinem Vorgänger den Preis zuerkennen sollte. Unzelmann scheint

Ich

sagte

nicht unrecht.

uns noch der alte Unzelmann zu sein, und ist nicht mehr angesehen, als ehedem." Derselke an Denselben. Berlin, d. 23. October 1783.

— Ich zittere allemal, wenn der sich unser Theater ansetzt befindet.

ich die Lage überdenke,

Seit

in

einem halben Jahre schon

so daß Viele in Rest ge¬ Abzahlung auch jetzt, da doch die Einnahmen geworden, noch nicht gedacht wird. Es kann endlich

wurden die Gagen nicht ordentlich gezahlt, blieben sind, an wieder besser

dessen

keinen guten Ausgang

mit

sieht jeder Kluge jetzt ein,

unserer Theatcrwirthschaft nehmen,

nur

das

sei der unglückliche Augenblick, meiner

Freundewegen, noch weit entfernt. Döbbelinen sind vor Kurzem für die Ab¬ tretung seines Werks 15,000 Thl. und eine jährliche Pension von 1000 Thl. geboten worden, und ungeachtet seiner Übeln Lage hat er diese sehr

vortheilhaste Offerte nicht angenommen? Was sagen Sie dazu?" Derselbe an Denselben.

Berlin,

— Ich glaube, Ihnen Madame

Mecour

schon

d. 13. December 1783.

geschrieben zu haben,

daß

bereits seit sieben Monaten hart danieder liegt, und

zwar ohne Hoffnung, je die Bühne wieder betreten zu können. Demihr Döbbelin nach wie vor ihre Gage und bestimmte

uugeachtct reicht

ihr vor einigen Tagen

den dritten Theil einer Einnahme, wodurch sie Thaler auf Einem Brette erhielt. Solche Handlungen können Einen mit unserm Theophilus wieder aussöhnen. Sagen Sie mir einen Direkteur, der das Vermögen, oder auch nur den Willen hat, 10 Thaler wöchentlich um nichts und wieder nichts wegzugeben? Ueberdem hat Madame Mecour nicht den Sommer ihrer Tage bei Hrn. Döbbelin zugebracht."

denn noch 65

Derselbe an Denselben. Berlin, d. 5.



— —

Mit

Juli

unserm Theater ist es noch beim Alten.

1784.

Die

rück¬

ständigen Gagen werden nicht ausgezahlt, und die laufenden fallen als Großvater wider Willen, den abermaligen Fehltritt und das Erscheinen dieses zweiten unnöthigen Kindes vordem Publikum entschuldigen zu sollen, trat vor die Rampe und begann: „Vcrehrungewürdige Versammlung! Tugend — „Aber nicht zwei Mal!" kann straucheln; Tugend kann fallen rief eine Stimme aus dem Parterre, und Großvater Döbbelins Entschuldigungsredc batte ein Ende.

..."

Verlag von

Alfred Weile in Berlin.

auch

nicht

ordentlich,

so

daß der Rückstand

immer höher steigt.

Lanzens haben jetzt bereits über 200 Thaler zu fordern.

meiner Freunde

mir

macht

Wegen dieser

unsrer Schaubühne

die Lage

manchen

Kummer, und oft eine schlaflose Nacht." Derselbe an Denselben.

Berlin, d. 5. November 1785. , — Die Lage der hiesigen Bühne ist seit Jahr und Tag immer schlechter, und Döbbelin immer mehr schuldig geworden. Die besten Leute, wie Sie wissen werden, sind fortgegangen. Auch Lille. Döbbelin verläßt das Theater ihres Vaters in drei Monaten wieder.

Was

sie

zum zweitenmal aus Berlin zu gehen genöthigt,

noch nicht so ganz

klar,

doch

sagt man

ist zwar

sich die Ursache schon ziemlich

laut in's Ohr. Die Götter mögen es wissen, ob man ihr zu viel thut! An ihrer Stelle ist bereits Mad. Gensike engagirt, die eben wie gerufen vor 14 Tagen aus Mannheim nach Berlin kam. Was soll ich Ihnen sagen von den Umständen der guten Lanzischen Familie, was Ihnen eine Beschreibung machen, wie sorgenvoll ihr Leben zeither gewesen ist? Lanz hat anjetzt 500 Thaler Gage bei Döbbelin stehen. Dies wird Ihnen eine Vorstellung von der Lage dieser Leute geben können."

Leider brechen die intereffanten Briefe hier ab, zu deren voll¬

ständiger Aufklärung nur noch zu bemerken wäre, daß

Scholz,

Maximilian

einst berühmter Heldenspieler der Berliner Bühne,

I. I.

Engel (in der „Mimik") gesessen hat, wie Engel Fr. L. Schmidt erzählte. (Vergl. deffen „Denk¬ würdigkeiten" I, 100.) Bei dem Schauspieler Lanz wohnte Ehr. Brandes während seines Aufenthaltes in Berlin um jene Zeit; später erschoß sich in dem Zimmer der Brandes'schen Tochter Minna ein un¬ glücklicher Liebhaber derselben. (Vergl. Chr. Brandes II, 335 flg.) zu dessen Gemälde des

„Otto von Wittelsbach"

I.

I.

Literatur. Friedrich der Erste, König in Preußen

von Werner Hahn. 3. Auflage. Mit einem Titelbilde. Berlin 1876, Verlag der König!. Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei R. v. Decker. ES ist keine neue Erscheinung in der Literatur, auf die wir die Leser des „Bär" aufmerksam machen möchten, sondern ein alter, lieber Freund, der zum Weihnachtsfeste sich mit einem neuen Kleide in den Häusern des Preußischen Vaterlandes zeigen möchte. Einer Empfehlung bedarf ein Buch von Werner Hahn kaum noch; seine populäre, ge¬ wissenhafte und anziehende Darstellungsweise, die namentlich auch auf Unser erster, viel verkannter die Jugend wirkt, ist bekannt genug. König steht manchem sonst reibt patriotischen Hause noch immer ferner als sein Nachfolger; Werner Hahn hat nicht etwa blinde Bewunderung für, aber er wird ihm gerecht nach jeder Seite hin. Die Leser des „Bär" wird namentlich auch der dritte Abschnitt: „Von den Zuständen, Sitten und Gesetzen der damaligen Zeit" interessiren, in dem ganz Ueberhaupt dürfte für Berlin besonders von Berlin die Rede ist. Friedrich der Erste besonders anziehend sein, verdankt es ihm doch mehr als einen künstlerischen Schmuck. Was Hiltl in seinen Romanen, die unseren Lesern gewiß Allen bekannt und lieb sind, an der Hand der Dichtung gethan, die Gestalt Friedrich's I. lebensvoller zu machen, das thut Hahn an der Hand der Geschichte.

Berichtigung. In dem Aufsatz „Merian's Brandenburg. Topographie" p. 213, Zeile 21 von unten muß es heißen: Trauerhabit statt Frauenhabit. Als werthvolles und interessantes Weihnachtsgeschenk empfiehlt die Verlagshandlung allen Abonnenten des „Bär": schwebet Kulturkistor. Kilder au8 äer alten Mark iknndcnfmrg. Elegant gebundene Eremplare sind zum Preise von 8,50 Mk. durch alle Buchhandlungen sowie auch direct von der Verlagshandlung von Alsted Weile in Berlin S.W. Bahnhofstr. 1 zu beziehen. Keim schlaffe des 2. Zakrgangs spricht äie Kerkagssianäkung allen Denen ihren Dank aus, äie das Unternekrnen dieser Seitschrist unterstützt und gefördert Kaken und kittet um weitere fictkätigung des dankeaswertken Interesses. — Um ganz das Siel zu erreichen, das Redaction und Verlagskandlung sich uorgezeichnet Kake», kedars es auch der Unterstützung sortgesetzter Abonnements und kittet die Uerlagskandlung um eine Fortsükrung derselken.

— Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck von

Julius Bahlke

in Berlin.